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Urteilskopf 105 Ib 301 47. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. Juni 1979 i.S. Kraft gegen Generaldirektion SBB (Revisionsgesuch)
Regeste Ausstand von Gerichtspersonen ( Art. 22, 23 und 26 OG ). Ausstandsbegehren, die den Zweck des Ablehnungsverfahrens oder die verfassungsrechtliche Stellung des Bundesgerichts in Frage stellen, sind unzulässig und deshalb ausser Betracht zu lassen.
Sachverhalt ab Seite 302 BGE 105 Ib 301 S. 302 Am 7. Februar 1979 reichte Kraft beim Bundesgericht ein Revisionsgesuch mit folgenden Rechtsbegehren ein: 1. Vorgängig der Prüfung des Revisionsgesuches ist das nachstehend unterbreitete Ablehnungsbegehren gegen sämtliche ordentlichen Bundesrichter und ordentlichen Ersatzrichter zu behandeln. 2. Die Urteile vom 26. Oktober 1978 in Sachen A 336/78 und vom 9. Dezember 1977 in Sachen A 69/77 sind aufzuheben, und es ist eine neue und gesetzmässige Beurteilung mit durchzuführender Schlussverhandlung gemäss Art. 112 OG vorzunehmen. In seiner Begründung bezichtigt der Gesuchsteller sämtliche ordentlichen Bundesrichter und Ersatzrichter der Befangenheit gemäss Art. 23 lit. c OG . Zudem macht er gegen alle Richter, die bisher an den Entscheiden in seiner Sache mitgewirkt haben, Ausstandsgründe im Sinne von Art. 22 Abs. 1 lit. a und Art. 23 lit. b OG geltend. Kraft vertritt sinngemäss die Auffassung, dass die Bundesrichter bzw. Ersatzrichter, die an den Urteilen vom 9. Dezember 1977 und 26. Oktober 1978 mitwirkten, sich - durch den in seinen Augen falschen Entscheid - verbrecherischer Handlungen gegen ihn schuldig machten. Es sei deshalb auszuschliessen, dass die übrigen Bundesrichter und ordentlichen Ersatzrichter noch über die vom Gesetz geforderte Unbefangenheit verfügten, da sie zu den von ihm schwer angegriffenen Bundesrichtern in einem kollegialen Verhältnis stünden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Gesuchsteller lehnt sämtliche ordentlichen Mitglieder und Ersatzmänner des Bundesgerichts ab und verlangt die Bildung einer beschlussfähigen Gerichtsabteilung durch Bezeichnung ausserordentlicher Ersatzmänner im Verfahren nach Art. 26 Abs. 3 OG . Es stellt sich die Frage, ob dieses Gesuch zulässig ist. a) Nach dem Wortlaut des Gesetzes können die Ausschliessungs- und Ablehnungsgründe der Art. 22 und 23 OG lediglich BGE 105 Ib 301 S. 303 gegen einzelne Mitglieder oder Ersatzmänner des Bundesgerichts und gegen bestimmte Justizbeamte geltend gemacht werden, nicht aber gegen das Bundesgericht und dessen Abteilungen und Kammern als solche (vgl. Urteil Kissling vom 1. Februar 1966 E. 2; so auch schon REICHEL, Kommentar zum OG von 1893, Anmerkungen zu den Art. 32 und 28). Das in Art. 26 Abs. 3 vorgesehene Verfahren zur Bestellung ausserordentlicher Ersatzmänner dient einzig für den Fall, dass aufgrund als geeignet erkannter Ausstandsgründe soviele Mitglieder und Ersatzmänner in den Ausstand zu treten haben, dass keine gültige Verhandlung über die hängigen Ausstandsbegehren stattfinden kann. Diesem Verfahren kam vor allem in der Gründerzeit des Bundesgerichts aufgrund des zahlenmässig kleinen Richterkollegiums erhöhte Bedeutung zu. b) Bei der Beurteilung von Ausstandsbegehren sind verschiedene Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Einerseits ist nicht zu verkennen, dass ein abgelehnter Richter, der über die ihn betreffenden Ausstandsgründe selber urteilt, eher geneigt sein könnte, ein gegen ihn gerichtetes Ausstandsbegehren abzulehnen (Urteil Schindler vom 25. September 1978 E. 5 c); aus diesem Grund sollen Ausstandsbegehren grundsätzlich durch Richter beurteilt werden, gegen die kein streitiger Ausstandsgrund vorliegt. Anderseits darf das Verfahren nicht missbraucht werden, und namentlich nicht zur - wenn auch vorläufigen - Ausschaltung der Rechtspflegeinstanz und damit zur Lahmlegung der Justiz führen (Urteil Schindler, E. 5 b und c; Urteil Stettler vom 7. März 1979, E. 4 b). Die Eignung der geltend gemachten Ausstandsgründe ist vorab nach dem Zweck des Ablehnungsverfahrens zu beurteilen. Dieser besteht darin, eine objektive Rechtsprechung durch unabhängige Richter zu gewährleisten ( BGE 92 I 276 ). Sodann ist die verfassungsrechtliche Stellung und Aufgabe des Bundesgerichts zu berücksichtigen. Diesem ist vom Verfassungsgeber aufgetragen, letztinstanzlich Streitsachen zu entscheiden. In dieser Funktion kann das Bundesgericht nicht leichthin in seiner ordentlichen Besetzung von einer Partei in den Ausstand versetzt werden. Aus dem Sinn und Zweck dieser beiden Gesichtspunkte ergeben sich Grenzen, die das Recht, den Ausstand eines Mitglieds des höchsten Gerichts zu verlangen, einschränken. Schliesslich ist beim Gesuchsteller - wie bei jedem Rechtsuchenden überhaupt - ein loyales Verständnis für das BGE 105 Ib 301 S. 304 von ihm ausgeübte Rechtvorauszusetzen; der Rechtsschutz wird ihm nur gewährt, wenn er von seinen Rechten in der vom Gesetzgeber verstandenen Art Gebrauch macht. c) Nach diesen Beurteilungskriterien betrachtet, kann ein einzelner Richter lediglich wegen seiner früheren Mitwirkung an einem andern Bundesgerichtsurteil in der Sache des Gesuchstellers nicht als befangen abgelehnt werden, und dies selbst dann nicht, wenn er sich anlässlich der Verhandlung gegen das Rechtsbegehren des Gesuchstellers eingesetzt haben sollte (Urteil Gutweniger vom 23. März 1979 E. 3; auch Urteil Kissling, E. 2 b). Aus den gleichen Gründen kann dem Richter die Unabhängigkeit nicht abgesprochen werden, weil er der gleichen Gerichtsabteilung angehört, die früher schon in der Sache des Gesuchstellers geurteilt hat. Es müssten vielmehr in beiden Fällen zusätzliche Ausschliessungsgründe vorgebracht und im einzelnen begründet werden. Das Gesamtgericht und seine Abteilungen ihrerseits können nicht aus dem einzigen Grund abgelehnt werden, weil es - bzw. eine seiner Abteilungen oder Kammern - schon zuvor in der Sache des Gesuchstellers geurteilt hat. In all diesen Fällen sind die derart gestellten Ablehnungsgesuche unzulässig, und es fehlt damit die Voraussetzung für die Durchführung eines Ausstandsverfahrens. Da keine Ermessensausübung durch die Richter erforderlich ist, um die Untauglichkeit der erwähnten Ausstandsgründe zu erkennen, genügt es in solchen Fällen, wenn eine Gerichtsabteilung - in der Regel die in der Sache selbst zuständige - feststellt, dass keine nach Massgabe des Gesetzes geeigneten Ausstandsgründe geltend gemacht werden und dass damit die Eintretensvoraussetzung für ein Ausstandsverfahren fehlt. Dieser Abteilung können auch jene Richter angehören, die von einem solchen Ausstandsbegehren betroffen sind. d) Der Gesuchsteller beschränkt sich im vorliegenden Fall darauf, einen Teil der Bundesrichter wegen früherer Mitwirkung in seiner Sache als befangen zu erklären und den übrigen Richtern sowie ordentlichen Ersatzmännern die Unabhängigkeit wegen ihrer Zugehörigkeit zum Gericht und den sich daraus ergebenden kollegialen Gefühlen abzusprechen. Diese Gründe sind - wie dargelegt - untauglich. Das Ausstandsbegehren ist deshalb unzulässig und ausser Betracht zu lassen.
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Urteilskopf 104 Ib 358 56. Urteil vom 24. November 1978 i.S. Kravarik gegen Regierungsrat des Kantons Thurgau
Regeste Entzug des Führerausweises; Bedeutung eines Strafurteils für den Entscheid über eine Administrativmassnahme, welcher der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt. 1. Zurückhaltung der Verwaltungsbehörden hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen durch die Strafbehörden (E. 1, 2). 2. Bei der rechtlichen Würdigung des Sachverhaltes ist die Verwaltungsbehörde grundsätzlich nicht an das Erkenntnis des Strafrichters gebunden. In Fällen hingegen, in denen die rechtliche Beurteilung stark von der Würdigung der Tatsachen abhängt, die der Strafrichter besser kennt, rechtfertigt es sich, dass die Verwaltungsbehörde auch in bezug auf die rechtliche Würdigung nur mit Zurückhaltung vom Standpunkt des Strafrichters abweicht (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 359 BGE 104 Ib 358 S. 359 Juraj Kravarik fuhr am Morgen des 23. Mai 1977, ungefähr um 7.30 Uhr mit seinem Personenwagen auf der Zürcherstrasse in Frauenfeld stadtauswärts in westlicher Richtung. Zur gleichen Zeit befand sich die siebenjährige Corinne Eugster auf dem Gehweg am rechten Rand der Zürcherstrasse (in Fahrtrichtung von Kravarik gesehen) auf dem Schulweg. Unmittelbar westlich der Talbachstrasse beabsichtigte das Mädchen, die Zürcherstrasse gegen Süden zu überqueren. Dabei trat es in einer Art und Weise, die umstritten ist, auf die Fahrbahn, blieb in der Strassenmitte stehen und ging, als es Kravarik herannahen sah, wieder gegen den Gehweg zurück. Bei dieser Gelegenheit wurde Corinne Eugster vom rechten vorderen Kotflügel des von Kravarik gesteuerten Personenwagens erfasst, auf den Gehweg geschleudert und verletzt. Kravarik hatte kurz zuvor bei einem Lichtsignal seine Geschwindigkeit herabgesetzt. Nach seinen Aussagen beschleunigte er anschliessend wieder, bremste jedoch ab, als er das Mädchen auf die Strasse springen sah. Weil er der Ansicht war, das Mädchen werde die Strasse ganz überqueren und er könne hinter ihm durchfahren, bremste er nicht voll. Er tat dies erst, als das Mädchen sich umgedreht hatte und im Begriffe war, zum Gehweg zurückzugehen. Aufgrund dieses Vorfalls büsste das Bezirksamt Frauenfeld Kravarik mit Fr. 50.- (Strafverfügung vom 10. Juni 1977). Im Einspracheverfahren wurde die Strafverfügung jedoch mit Entscheid vom 4. August 1977 aufgehoben. Bereits am 21. Juni 1977 hatte das Strassenverkehrsamt des Kantons Thurgau Kravarik wegen des gleichen Vorfalls den Führerausweis für die Dauer eines Monats entzogen. Dieser Entscheid wurde am 31. Januar 1978 vom Regierungsrat des Kantons Thurgau bestätigt. Kravarik verlangt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheides. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat die Verwaltungsbehörde beim Entscheid über einen Führerausweisentzug sämtliche feststehenden Tatsachen zu berücksichtigen. BGE 104 Ib 358 S. 360 In diesem Rahmen hat sie, wenn ein Strafurteil vorliegt, auch auf die im Strafverfahren festgehaltenen tatsächlichen Feststellungen, soweit diese für den Entzug des Führerausweises erheblich sind, Bezug zu nehmen, ohne dass sie dadurch bereits an diese Feststellungen gebunden wäre. Erfolgte indessen die Bestrafung durch ein Urteil, das in einem ordentlichen Strafverfahren mit einer öffentlichen Gerichtsverhandlung unter Anhörung der Parteien und Einvernahme der Zeugen ergangen ist, so erscheint angesichts der unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Sachnähe des Strafrichters sowie der strafprozessualen Garantien, auf denen das Strafurteil in dieser Hinsicht beruht, eine Zurückhaltung der Verwaltungsbehörde grundsätzlich als gerechtfertigt. Die Verwaltungsbehörde wird daher in diesem Fall in aller Regel auf die Feststellung der Tatsachen im Strafurteil abstellen können, es sei denn, es bestünden klare Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit dieser Tatsachenfeststellung. In diesem Fall hat sie nötigenfalls selbständige Beweiserhebungen durchzuführen. Eine entsprechende Zurückhaltung rechtfertigt sich auch gegenüber einem Strafurteil, das zwar bloss im Strafbefehlsverfahren ergangen ist, für das indessen die Strafbehörde eine eigene Untersuchung durchgeführt und insbesondere die Parteien und Zeugen selber einvernommen hat. Hingegen rechtfertigt sie sich nicht im selben Ausmass gegenüber einem Strafmandat, bei dem die Strafbehörde lediglich auf den Polizeirapport abstellte. Soweit aber der Polizeirapport auf Wahrnehmungen der Polizeibeamten an Ort und Stelle beruht und sich auf unmittelbar nach dem für die Bestrafung bzw. den Entzug des Führerausweises massgeblichen Vorfall protokollierte Aussagen von Beteiligten und Augenzeugen stützt, hat dies die Verwaltungsbehörde auch in diesem Fall entsprechend zu berücksichtigen ( BGE 103 Ib 105 f. mit Hinweisen). 2. a) Im vorliegenden Fall belegte das Bezirksamt Frauenfeld den Beschwerdeführer aufgrund des Polizeirapports mit einer Busse von Fr. 50.-. Als der Beschwerdeführer gegen diese Strafverfügung Einsprache erhob, wurde er vom Statthalter hinsichtlich des strittigen Verkehrsunfalls einvernommen. Nach dieser Einvernahme und der Einholung von Vorstrafenberichten hob der Statthalter am 4. August 1977 seine Strafverfügung gegen Kravarik auf. Im Einspracheentscheid wird ausgeführt, die Darstellung des Sachverhaltes, welche der Einsprecher BGE 104 Ib 358 S. 361 anlässlich der Einvernahme gegeben habe, weiche in einigen Punkten von derjenigen des Polizeirapports ab. Nach den im Einvernahmeprotokoll des Bezirksamtes festgehaltenen Aussagen hatte das Mädchen den Blick auf den Beschwerdeführer gerichtet, als es auf die Strasse sprang. Im Polizeirapport wird hingegen gesagt, das Mädchen habe in westlicher Richtung und somit nicht gegen den Beschwerdeführer geschaut. Auch das Verhalten des Beschwerdeführers wird im Einvernahmeprotokoll abweichend vom Polizeirapport geschildert. Nach seinen eigenen Aussagen hat der Beschwerdeführer gebremst, als das Mädchen auf die Strasse sprang. Weil er jedoch angenommen habe, das Mädchen werde seinen Weg über die Strasse fortsetzen und er könne dann ohne Gefährdung an ihm vorbeifahren, habe er nicht eine Vollbremsung eingeleitet. Erst als das Kind sich umgedreht habe und zurückgesprungen sei, habe er voll gebremst. Im Polizeirapport wird demgegenüber nur ausgeführt, der Beschwerdeführer habe gebremst, nachdem das Mädchen wieder zum Gehweg zurückgeschritten sei. Im Einvernahmeprotokoll wird im übrigen ausgeführt, Corinne Eugster sei auf die Strasse "gesprungen"; auf der Leitlinie angelangt, habe sie sich plötzlich umgedreht und sei wieder zum Gehweg zurück und dabei genau vor das Auto des Beschwerdeführers "gesprungen". Im Polizeirapport ist die Rede davon, dass das Mädchen auf die Fahrbahn "gegangen" und anschliessend rasch rückwärts "geschritten" sei. Nach den Aussagen des Beschwerdeführers spielte sich der ganze Vorgang möglicherweise etwas rascher und unvorhergesehener ab, als er im Polizeirapport dargestellt wurde. Im Einspracheentscheid wird nicht ausdrücklich begründet, warum die ursprüngliche Strafverfügung aufgehoben werde. Der Statthalter weist, wie erwähnt, nur auf die Unterschiede der Sachverhaltsdarstellungen im Polizeirapport und im Einvernahmeprotokoll hin. Daraus kann geschlossen werden, der Statthalter habe die durch die Einvernahme des Beschwerdeführers bewirkte Änderung der Sachverhaltsdarstellung als glaubhaft und massgebend betrachtet und sei aufgrund des veränderten Sachverhaltes zu einer Aufhebung der Strafverfügung gelangt. b) Der Regierungsrat war demgegenüber in seinem Entscheid der Ansicht, die im Polizeirapport und im Einvernahmeprotokoll BGE 104 Ib 358 S. 362 enthaltenen Sachverhaltsdarstellungen wichen nur unwesentlich voneinander ab. Der Regierungsrat legte darum sowohl den Polizeirapport als auch das Einvernahmeprotokoll seinem Entscheid zugrunde. Er betrachtete aber die Darstellung des Einvernahmeprotokolls, insbesondere in bezug auf das Verhalten von Corinne Eugster kaum. Er machte sich vielmehr die Darstellung des Polizeirapports zu eigen, wonach das Mädchen den Beschwerdeführer nicht gesehen hatte, als es auf die Fahrbahn trat. Die Feststellung, die beiden Sachverhaltsdarstellungen wichen nur unwesentlich voneinander ab, ist nicht in jeder Hinsicht zutreffend. Wie dargelegt, entstehen in einzelnen Punkten nicht unbedeutende Widersprüche, wenn die beiden Darstellungen verglichen werden. Nachdem der Statthalter nach einer einlässlichen Einvernahme offenbar die Darstellung des Beschwerdeführers als massgebend betrachtet hat, hätte der Regierungsrat sich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf diese Sachverhaltsdarstellung stützen sollen, sofern keine klaren Anhaltspunkte für deren Unrichtigkeit bestanden haben. Solche macht der Regierungsrat keine geltend. Somit hat er die bundesgerichtlichen Grundsätze, die in diesen Fällen für die Sachverhaltsfeststellung gelten, in dem Masse verletzt, indem er in seinem Entscheid nicht eindeutig von dem im Einvernahmeprotokoll geschilderten Sachverhalt ausgegangen ist. 3. In reinen Rechtsfragen ist die Verwaltungsbehörde nicht an die Beurteilung durch den Strafrichter gebunden, da sonst die Verwaltung in ihrer freien Rechtsanwendung beschränkt würde ( BGE 103 Ib 106 ). Eine andere Lösung ist höchstens gerechtfertigt, wenn die rechtliche Würdigung eines Falles sehr stark von der Würdigung von Tatsachen abhängt, die der Strafrichter besser kennt als die Verwaltungsbehörde ( BGE 102 Ib 196 mit Hinweisen). Der Regierungsrat hat dem Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 26 Abs. 2 SVG (ungenügende Vorsicht gegenüber einem Kind) und von Art. 32 Abs. 1 SVG (Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die gegebenen Umstände) vorgeworfen. Die Beurteilung der Frage, ob die Vorsichtspflicht gegenüber einem Kind verletzt und ob die Geschwindigkeit den gegebenen Umständen angepasst worden ist, hängt stark von der Würdigung der Tatsachen ab. Je günstiger die Feststellung des Sachverhaltes für den Beschwerdeführer ausfällt, desto geringer BGE 104 Ib 358 S. 363 wird die Verletzung der Sorgfaltspflicht gegenüber einem Kind zu beurteilen sein und desto weniger wird ein Nichtanpassen der Geschwindigkeit an die Umstände vorliegen. Je ungünstiger der Strafrichter hingegen den Sachverhalt einschätzt, desto eher wird sich ein Schuldspruch in den genannten Punkten aufdrängen. Ist in solchen Fällen ein Entscheid so kurz begründet wie der angefochtene, kann oft nicht zwischen der Sachverhaltsfeststellung und der rechtlichen Würdigung unterschieden werden. Diese beiden Vorgänge spielen sich zwar im Überlegungsprozess des Richters ab, fliessen aber zum Teil ineinander über. Fest steht am Schluss, in Form eines Frei- oder Schuldspruchs, nur das Resultat, das gewisse Rückschlüsse auf den Sachverhalt und die rechtliche Würdigung zulässt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist hier die Sachverhaltsfeststellung kaum von der rechtlichen Würdigung zu trennen. Es wäre allerdings wünschbar, dass Straferkenntnisse, die von Administrativbehörden bei der Auflage von Massnahmen mitberücksichtigt werden müssen, eine etwas ausführlichere Würdigung der Tatsachen enthielten, als es beim Einspracheentscheid des Bezirksamtes Frauenfeld der Fall ist. Bei den geschilderten Fällen, wo die Feststellung des Sachverhaltes und deren rechtliche Würdigung so eng zusammenhängen, rechtfertigt es sich, dass die Verwaltungsbehörden auch in bezug auf die rechtliche Würdigung nur mit grosser Zurückhaltung vom Standpunkt des Strafrichters abweichen, sofern dieser den Sachverhalt besser kennt als die Verwaltungsbehörde. Dies trifft im vorliegenden Fall zu, da der Statthalter den Beschwerdeführer persönlich einvernommen hat. Im übrigen muss berücksichtigt werden, dass Corinne Eugster nach den vom Strafrichter offenbar als glaubhaft betrachteten Aussagen den Beschwerdeführer gesehen hat, als sie auf die Strasse sprang. Nichts liess zudem darauf schliessen, dass sie sich plötzlich umdrehen würde, als sie im Begriffe war, scheinbar zielbewusst die Strasse zu überqueren. Das Mädchen war nicht im Spiel begriffen. Es herrschte auch kein Gegenverkehr, der es hätte veranlassen können, auf das soeben durchschrittene Strassenstück zurückzuspringen. Art. 26 Abs. 2 SVG schreibt vor, dass gegenüber Kindern besondere Vorsicht geboten ist. Dies hat zur Folge, dass hier eine Berufung auf das Vertrauensprinzip grundsätzlich selbst BGE 104 Ib 358 S. 364 dann versagt, wenn keine konkreten Anzeichen vorliegen, dass sich die Kinder unkorrekt verhalten würden. Für einen Fahrzeuglenker ist darum auch dann besondere Vorsicht geboten, wenn keine Anzeichen bestehen, dass sich ein Kind unvorsichtig oder verkehrswidrig verhalten werde ( BGE 104 IV 31 , R. VON WERRA, Du principe de la confiance dans le droit de la circulation routière..., ZWR 4/1970, S. 200). Im vorliegenden Fall bestehen aber dennoch gewisse Zweifel, ob der Beschwerdeführer unter den geschilderten Umständen damit rechnen musste, dass das Mädchen die Strasse nicht in normaler Weise überschreiten werde und ob er darum nicht nur hätte abbremsen, sondern voll bremsen sollen. Auf alle Fälle war die dem Beschwerdeführer angelastete Verletzung von Verkehrsregeln nicht so offensichtlich, dass es sich für den Regierungsrat gerechtfertigt hätte, vom Standpunkt des Strafrichters abzuweichen. Da nach der Überzeugung des Bundesgerichts ein Verstoss gegen das SVG nicht bewiesen ist, muss die Beschwerde gutgeheissen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Thurgau vom 31. Januar 1978 aufgehoben.
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Urteilskopf 121 III 46 13. Estratto della sentenza 6 gennaio 1995 della Camera delle esecuzioni e dei fallimenti nella causa P c. Y Assicurazioni & litisconsorti (ricorso)
Regeste Art. 79 Abs. 1 OG . Anforderungen an die Begründung eines Rekurses. Beruht der angefochtene Entscheid auf zwei selbständigen Begründungen, so kann der Rekurs nur dann geprüft werden, wenn er sich gegen beide richtet.
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 121 III 46 S. 46 Il 20 settembre 1993 la Y Assicurazioni ha chiesto, nell'ambito dell'esecuzione in via di realizzazione del pegno immobiliare promossa contro P, la vendita della particella n. xxx RFD di Tenero-Contra di proprietà dell'escusso. Il 14 marzo 1994 l'Ufficio di esecuzione e fallimenti di Locarno ha spedito, quale invio raccomandato, a P la BGE 121 III 46 S. 47 comunicazione dell'elenco oneri. Il predetto invio postale è stato preso in consegna il giorno seguente al domicilio dell'escusso dalla figlia adulta L. Il 19 marzo 1994 l'avv. A ha contestato, in nome proprio e quale rappresentante di P, l'elenco oneri notificatogli il 15 marzo 1994. Con sentenza del 4 ottobre 1994 la Camera delle esecuzioni e dei fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha respinto, in quanto ricevibile, un reclamo con cui P faceva, fra l'altro, valere che l'elenco oneri non gli era stato notificato personalmente. Il 24 ottobre 1994 P ha inoltrato al Tribunale federale un ricorso, con cui postula che gli venga assegnato un nuovo termine per contestare l'elenco oneri. Le controparti, nella misura in cui hanno presentato una risposta, propongono la reiezione del gravame. Erwägungen Dai considerandi: 2. Giusta l'art. 79 cpv. 1 prima frase OG l'atto di ricorso deve indicare le modificazioni della decisione impugnata che sono proposte ed esporre in modo coinciso le norme di diritto federale violate dalla decisione e in che consiste la violazione. Questa norma riprende quindi l'esigenze di motivazione previste dall'art. 55 cpv. 1 lett. c seconda frase OG per il ricorso per riforma (POUDRET/SANDOZ-MONOD, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, vol. II, n. 1.2.2 ad art. 79 OG ; BIRCHMEIER, Handbuch des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, n. 3 e 4 ad art. 79 OG ), motivo per cui può essere applicata la giurisprudenza sviluppata nell'ambito di tale rimedio. Nella giurisdizione per riforma il Tribunale federale entra nel merito del gravame, qualora la decisione impugnata contenga due motivazioni indipendenti, unicamente se il ricorrente censura entrambe le argomentazioni dell'autorità cantonale ( DTF 116 II 730 consid. a, DTF 115 II 302 consid. 2 e DTF 115 II 72 consid. 3 con rinvii). L'autorità di vigilanza cantonale ha dichiarato tardivo il reclamo del 13 aprile 1994 diretto contro l'elenco oneri, poiché quest'ultimo stato notificato il 15 marzo 1994 alla figlia dell'escusso che vive nella medesima abitazione. A titolo abbondanziale i giudici cantonali hanno ritenuto che la contestazione del predetto elenco oneri effettuata il 19 marzo 1994 dall'avv. A - a nome proprio e quale rappresentante del ricorrente - costituisce un sicuro indizio per il fatto che l'escusso lo ha effettivamente ricevuto il 15 marzo 1994, non potendo egli altrimenti incaricare un legale. Nella sede federale il ricorrente si limita a censurare la motivazione principale della decisione impugnata, affermando BGE 121 III 46 S. 48 che la figlia maggiorenne a cui è stato consegnato l'invio raccomandato contenente l'elenco oneri non può essere considerata un membro della sua famiglia ai sensi dell' art. 64 cpv. 1 LEF , poiché la stessa non vive con lui, senza tuttavia spendere una parola sulla motivazione abbondanziale dell'autorità cantonale. In queste circostanze il ricorso si rivela inammissibile.
null
nan
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Urteilskopf 106 IV 283 72. Urteil des Kassationshofes vom 28. Oktober 1980 i.S. S. gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 9 Abs. 1 VRV . Ein am Fahrbahnrand abgestelltes Fahrzeug ist ein Hindernis im Sinne dieser Bestimmung, gleichgültig ob Parkfelder markiert sind oder nicht und unabhängig davon, in welchem Masse der Fahrbahnrand als Abstellfläche benützt wird. Der Fahrzeugführer, in dessen Fahrbahnhälfte ein Fahrzeug abgestellt ist, hat daher dem Gegenverkehr den Vortritt einzuräumen, wenn durch dieses Hindernis das Kreuzen erschwert wird.
Sachverhalt ab Seite 283 BGE 106 IV 283 S. 283 A.- S. bog am 2. Juli 1979 in Zürich aus der Triemlistrasse nach rechts in die Strasse "In der Wässeri" ab. Auf dieser 6,10 m breiten Strasse sind in der Fahrtrichtung des S. gesehen dem rechten Strassenrand entlang Parkfelder markiert, die damals belegt waren. Als S. unmittelbar nach dem Einbiegen am ersten parkierten Wagen vorbeifahren wollte, stiess er mit dem "In der Wässeri" entgegenkommenden, von Frau H. gelenkten Personenwagen zusammen. BGE 106 IV 283 S. 284 B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirks Zürich büsste S. am 21. Februar 1980 wegen Widerhandlung gegen Art. 9 Abs. 1 VRV gestützt auf Art. 90 Ziff. 1 SVG mit Fr. 40.--. Das Obergericht des Kantons Zürich wies eine von S. gegen diesen Entscheid eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 31. Juli 1980 ab. C.- S. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Soweit der Beschwerdeführer vom Bundesgericht verlangt, dass es selber ihn freispreche, ist sein Begehren unzulässig. Gemäss Art. 277ter Abs. 1 BStP ist bei Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Begehren des Beschwerdeführers ist deshalb in diesem Sinne entgegenzunehmen. 2. Die Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde ist in dieser selber anzubringen. Die Verweisung des Beschwerdeführers auf seine Ausführungen in der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde ist unzulässig ( BGE 100 IV 187 E. 1a). 3. Zur Entscheidung steht die Frage, ob die auf den Parkfeldern der Strasse "In der Wässeri" aufgestellten Fahrzeuge für den Beschwerdeführer ein "Hindernis" im Sinne des Art. 9 Abs. 1 VRV darstellten, das ihn verpflichtete, der entgegenkommenden Fahrzeuglenkerin den Vortritt zu lassen. Die Vorinstanz hat die Frage bejaht, was der Beschwerdeführer als Verstoss gegen Bundesrecht rügt. Der angefochtene Entscheid kann sich auf BGE 94 II 180 und BGE 91 IV 38 E. 2a stützen, die im einschlägigen Schrifttum keiner Kritik gerufen haben (BUSSY/RUSCONI, N. 4 zu Art. 1 VRV ; SCHULTZ, ZBJV 102/1966 S. 374). Nach diesen ausdrücklich bzw. sinngemäss an Art. 1 Abs. 4 VRV anschliessenden Entscheidungen ist unter Fahrbahn auf Strassen, die - wie hier - auf beiden Seiten mit einem Trottoir versehen sind, die ganze Fläche zwischen den Trottoirs zu verstehen, gleichgültig ob am Fahrbahnrand Fahrzeuge abgestellt sind oder nicht und ob das Parkieren durch markierte Parkfelder geordnet wird oder nicht. Entsprechend wurde die Frage, wann eine Fahrbahn im Sinne des Art. 41 Abs. 1 aVRV schmal sei, nach BGE 106 IV 283 S. 285 deren Gesamtbreite, gemessen von einem Fahrbahnrand zum anderen und unabhängig von der Breite jenes Teils der Fahrbahn beantwortet, der dem fliessenden Verkehr offenbleibt, wenn die seitlichen Parkierungsmöglichkeiten ausgenützt werden. Derselben Linie folgend wurde auch angenommen, dass der Vortrittsberechtigte sein Recht nicht verliere, wenn er auf der Fahrbahn markierte Parkfelder befahre. Zu Recht wird denn auch in der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde nicht mehr behauptet, dass am Fahrbahnrand markierte Parkfelder dem ruhenden Verkehr vorbehalten seien und vom fliessenden Verkehr nicht benützt werden dürften. Unter welchen Voraussetzungen nicht belegte Parkfelder vom fliessenden Verkehr unter dem Gesichtspunkt des Gebots des Rechtsfahrens ( Art. 34 Abs. 1 SVG ) benützt werden müssen, ist hier nicht zu untersuchen. Geht man vom oben umschriebenen Begriff der Fahrbahn aus, so wird man folgerichtig in der Fahrbahn abgestellte Fahrzeuge als Hindernisse im Sinne des Art. 9 Abs. 1 VRV verstehen müssen, und zwar selbst dann, wenn sie auf markierten Parkfeldern stehen. Der Einwand des Beschwerdeführers, eine solche Betrachtungsweise widerspreche dem Empfinden der Verkehrsteilnehmer, schlägt nicht durch, jedenfalls nicht für Strassen, bei denen der Raum zwischen seitlich markierten Parkfeldern und dem gegenseitigen Strassenbord bzw. bei diesem ebenfalls markierten Abstellplätzen nicht so breit ist, dass ein Kreuzen bequem, d.h. ohne Herabsetzung der zulässig eingehaltenen Geschwindigkeit und Änderung der bisher befugterweise eingehaltenen Fahrlinie sowie mit zureichendem Abstand möglich ist. Auf solchen Strassen, auf welchen nicht belegte Parkfelder regelmässig vom fliessenden Verkehr als Fahrbahn benutzt werden, ist ein auf einem Parkfeld abgestelltes Fahrzeug als Hindernis im Sinne von Art. 9 Abs. 1 VRV anzusehen. Daran ändert nichts, dass die Parkfelder "In der Wässeri" nach der Behauptung des Beschwerdeführers meist belegt sind, so dass sie vom fahrenden Verkehr nur selten (streckenweise) als Teil der Fahrbahn benützt werden können. 4. Damit ist freilich noch nicht gesagt, dass der Beschwerdeführer der entgegenkommenden Fahrzeuglenkerin den Vortritt lassen musste. Dazu war er nur gehalten, wenn das Kreuzen durch das Hindernis, nämlich durch die in seiner Fahrbahnhälfte parkierten Fahrzeuge erschwert wurde. Das war BGE 106 IV 283 S. 286 hier der Fall. Frau H. hat ihre Fahrbahnhälfte ordnungsgemäss benutzt. Nach dem bei den Akten liegenden Plan war die linke vordere Ecke ihres Wagens ("Alfasud") vom Trottoirrand auf ihrer Seite 2,23 m entfernt. Bei einer Breite der (nicht mit einer Leitlinie versehenen) Fahrbahn von insgesamt 6,10 m befand sie sich somit noch 82 cm von der Strassenmitte entfernt (halbe Fahrbahn 3,05 m), während der Abstand der rechten vorderen Ecke des "Alfasud" zum Trottoirrand unter Berücksichtigung der auf dem Plan ebenfalls vermerkten Wagenbreite von 1,59 m 64 cm betrug. Anderseits musste aber der Beschwerdeführer, um an dem in seiner Fahrbahnhälfte befindlichen Hindernis vorbeizukommen, die linke Fahrbahnhälfte in Anspruch nehmen. Angesichts dessen war es nicht bundesrechtswidrig anzunehmen, das Kreuzen sei durch das Hindernis in der Fahrbahnhälfte des Beschwerdeführers erschwert gewesen, weshalb S. hätte anhalten sollen; denn erschwert ist ein Kreuzen, wenn es nicht bequem im oben umschriebenen Sinne durchgeführt werden kann. Die Berufung des Beschwerdeführers auf Art. 9 Abs. 2 VRV geht fehl. Diese Bestimmung ist im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das Kreuzen war nicht deshalb erschwert, weil die Strasse "In der Wässeri" schmal im Sinne von Art. 9 Abs. 2 VRV wäre, sondern weil sich auf der Fahrbahnhälfte des Beschwerdeführers ein Hindernis im Sinne von Art. 9 Abs. 1 VRV befand. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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9746b911-03f5-4a5d-a828-74b135215e5a
Urteilskopf 117 III 67 20. Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 6. Dezember 1991 i.S. Konkursamt Luzern-Stadt (Rekurs)
Regeste Sicherheit für die Durchführung des Konkurses ( Art. 230 Abs. 2 SchKG ). Das Konkursamt darf den Kostenvorschuss für die Durchführung des Konkurses so hoch ansetzen, dass damit auch nicht genauer abschätzbare Kosten gedeckt werden können. Hingegen verbietet es der Zweck der vom Gesetz vorgesehenen Sicherheitsleistung, dass durch sie Kosten gedeckt werden, die in der Vergangenheit angefallen sind und wegen einer Fehleinschätzung durch das Konkursamt einen grösseren als ursprünglich angenommenen Betrag erreichen.
Sachverhalt ab Seite 67 BGE 117 III 67 S. 67 A.- Im Zusammenhang mit dem am 4. Dezember 1985 eröffneten Konkurs über L. B. ist schon in einem früheren Verfahren, das durch Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 29. Januar 1991 abgeschlossen wurde, über die Kostenüberbindung gestritten worden. Mit Verfügung vom 28. August 1991 verlangte das Konkursamt Luzern-Stadt von einer Gläubigerin, welche die Durchführung des Konkurses verlangt hatte, einen weiteren Kostenvorschuss von Fr. 7'000.--. Es ging dabei davon aus, dass mit dem verlangten Kostenvorschuss die bisher aufgelaufenen Massekosten und konkursamtlichen Gebühren und Auslagen wie auch die noch bis zum Verfahrensabschluss zu erwartenden Kosten gedeckt würden. Über die Auferlegung dieses Kostenvorschusses beschwerte sich die Gläubigerin beim Amtsgerichtspräsidenten III von Luzern-Stadt als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung BGE 117 III 67 S. 68 und Konkurs, der die Beschwerde guthiess und die Kostenverfügung aufhob. Das Konkursamt wurde angewiesen, von der Beschwerdeführerin lediglich einen Kostenvorschuss im Umfang der seit 29. August 1991 angefallenen bzw. mutmasslich noch anfallenden Konkurskosten zu erheben, verbunden mit der Androhung, dass bei Nichtleistung des Vorschusses innert einer Frist von zehn Tagen das Konkursverfahren als geschlossen gelte. B.- Das Konkursamt Luzern-Stadt zog die Beschwerde an die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern weiter, wurde aber von dieser mit Entscheid vom 5. November 1991 abgewiesen. Desgleichen wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts den bei ihr erhobenen Rekurs des Konkursamtes ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 230 Abs. 2 SchKG hat das Konkursamt mit der öffentlichen Bekanntgabe der Einstellung des Konkurses die Gläubiger, die dennoch die Durchführung des Konkurses begehren, aufzufordern, für die Kosten hinreichende Sicherheit zu leisten. Im vorliegenden Fall hat das Konkursamt Luzern-Stadt diese hinreichende Sicherheit auf Fr. 4'000.-- beziffert und ein Nachforderungsrecht vorbehalten. Die Gläubigerin hat den genannten Betrag bezahlt und das Nachforderungsrecht des Konkursamtes ausdrücklich anerkannt. Indessen hat sie sich geweigert, eine Nachforderung von Fr. 7'000.-- für inzwischen aufgelaufene Prozess- und Anwaltskosten zu bezahlen; diese sind im Zusammenhang mit einem Prozess, in welchem die Gläubigerin und das Konkursamt Luzern-Stadt als Beklagte ins Recht gefasst wurden, entstanden. Sie ist nur bereit, für weitere künftige Kosten Vorschuss zu leisten. b) Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern hat - unter Hinweis auf die Ausführungen der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde - gestützt auf BGE 64 III 166 ff. und die (unterschiedliche Auffassung vertretenden) Lehrmeinungen vor allem jüngeren Datums eine unter bundesrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstandende Lösung getroffen. Der in Art. 230 Abs. 2 SchKG vorgesehene Kostenvorschuss hat in der Tat nichts anderes als die "frais futurs éventuels" (GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage 1988, BGE 117 III 67 S. 69 S. 317) zu decken. Nach pflichtgemässer Beurteilung der Umstände, die das Konkursverfahren allenfalls mit weiteren Kosten belasten werden, ist das Konkursamt befugt, den Kostenvorschuss so hoch anzusetzen, dass damit auch nicht genauer abschätzbare Kosten (so zum Beispiel Gerichts- und Anwaltskosten bei Aktiv- und Passivprozessen) gedeckt werden können. Der Gläubiger, der die Durchführung des Konkursverfahrens verlangt hat und dem die Höhe der zu leistenden Sicherheit wie auch ein allfälliges Nachforderungsrecht bekannt sind, mag dann seinerseits abwägen, ob er noch immer auf der Durchführung des vom Konkursrichter oder vom Konkursamt als nicht lohnend betrachteten Konkurses bestehen will. Hingegen verbietet es der Zweck der vom Gesetz vorgesehenen Sicherheitsleistung, dass durch sie Kosten gedeckt werden, die in der Vergangenheit angefallen sind und wegen einer Fehleinschätzung durch das - mit der Sachlage am besten vertraute - Konkursamt einen grösseren als ursprünglich angenommenen Betrag erreichen. Die Ausführungen in BGE 64 III 169 f. E. 2 sind in dieser Hinsicht unmissverständlich; es wird dort ausgeführt, dass es sinnvollerweise nicht angehe, nachträglich ein mehreres zu verlangen, einfach weil man sich anfänglich verrechnet hatte. Ähnliches ergibt sich aus dem von der Vorinstanz ebenfalls zu Recht angerufenen BGE 113 III 152 . Das Konkursamt hätte nach der Feststellung im angefochtenen Entscheid genügend Zeit gehabt, um rechtzeitig einen weiteren Kostenvorschuss einzufordern, zumal der Prozess wiederholt sistiert worden sei und der vom Konkursamt beigezogene Rechtsanwalt grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, seinerseits einen Kostenvorschuss einzufordern. Es sei dem Konkursamt bei der Erhebung der Beschwerden bekannt gewesen, dass bereits Kosten entstanden seien, für die keine Deckung vorhanden war. Auch wenn die Gläubigerin im Prozess selber Beklagte gewesen sei - so die Vorinstanz -, habe sie nicht damit rechnen müssen, für allfällige Kosten der Konkursmasse über ihren Kostenvorschuss hinaus und ohne Ankündigung aufkommen zu müssen. Das Konkursamt aber wäre berechtigt gewesen, einen weiteren Kostenvorschuss zu verlangen; da es dies nicht rechtzeitig getan habe, könne es die Gläubigerin nicht zwingen, die Fr. 7'000.-- noch zu bezahlen. c) Das Konkursamt Luzern-Stadt bringt nichts vor, was den angefochtenen Entscheid als gesetzwidrig oder als im Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung erscheinen lassen könnte. Statt dessen setzt es sich - zum Teil jedenfalls - in Gegensatz zu BGE 117 III 67 S. 70 den tatsächlichen und damit für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81 OG ). Im übrigen verkennt das Konkursamt die Rechtsprechung, wenn es BGE 64 III 171 entnehmen zu können glaubt, es stehe ihm das Recht zu, die Leistung eines weiteren Kostenvorschusses nötigenfalls zu erzwingen. Das Konkursamt kann mit der Einforderung von Vorschuss für künftige Konkurskosten höchstens die Androhung verbinden, dass bei Nichtleistung des Kostenvorschusses der Konkurs eingestellt werde. Die Folgen der Nichtleistung werden im übrigen in BGE 64 III 171 f. genannt.
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1,991
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974ea012-75e1-48ee-b1f9-75aec813afe2
Urteilskopf 82 III 101 28. Entscheid vom 5. November 1956 i.S. Erne & Heine.
Regeste Fristwahrung durch Postaufgabe. Art. 31 und 32 SchKG . Der Aufgabestempel der Post gilt als Datumsausweis für und gegen den Absender. Macht dieser geltend, er habe den Brief am Vortag in einen Postbriefkasten geworfen, so hat er es zu beweisen.
Sachverhalt ab Seite 101 BGE 82 III 101 S. 101 A.- Gegen die am 4. September 1956 zugestellten Zahlungsbefehle Nr. 18675, 18780 und 18789 erhoben die Rekurrentin und ihre Teilhaber Rechtsvorschlag mittels eines eingeschriebenen Briefes, dessen Aufgabe das Postamt Basel 2 am 27. September 1956, 9 Uhr, durch Stempel bescheinigt hat. Da die durch die Betreibungsferien bis zum 26. September erstreckte Frist als versäumt erschien, wies das Betreibungsamt die drei Rechtsvorschläge als verspätet zurück. Die Rekurrentin brachte hierauf vor, sie habe den Einschreibbrief schon am 26. September, um 21 Uhr, in den Postbriefkasten Güterstrasse 163 eingeworfen, mit Leerungszeit um 21 Uhr 30, und verwies zur Stützung dieser Behauptung auf folgende Erklärung des Postamtes Basel 2: "Erklärung Da Einschreibsendungen aus dem Briefkasten, die in der Spätleerung aufkommen, bisweilen erst am folgenden Morgen behandelt werden, so ist es im vorliegenden Fall nicht ausgeschlossen, dass R 953 aus Basel 2 schon am 26. September 1956 in einen Nebenbriefkasten gelegt wurde." Das Betreibungsamt fand diese Bescheinigung jedoch zu unbestimmt, um den behaupteten Sachverhalt zu beweisen, und hielt an der Rückweisung der Rechtsvorschläge fest. BGE 82 III 101 S. 102 B.- Die Beschwerde der Rekurrentin an die kantonale Aufsichtsbehörde hatte keinen Erfolg. Deren Entscheid vom 20. Oktober 1956 geht davon aus, dass die Postaufgabe vermutungsweise zu der durch den Aufgabestempel ausgewiesenen Zeit erfolgt sei. Den ihr obliegenden Gegenbeweis habe die Rekurrentin nicht zu erbringen vermocht; denn wenn ihre Sachdarstellung nach der Erklärung der Post "nicht ausgeschlossen" sei, so könne sie doch nicht als erwiesen gelten. C.- Diesen Entscheid zieht die Rekurrentin an das Bundesgericht weiter mit dem Antrag, die drei Rechtsvorschläge seien in Wirksamkeit zu setzen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Seit der Aufhebung von Art. 31 Abs. 4 SchKG durch Art. 169 OG steht nun auch im Gebiete des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes der letzte Tag einer Frist nicht mehr nur bis abends 6 Uhr, sondern bis zu seinem Ablauf, also bis Mitternacht, zur Verfügung (vgl. dazu BGE 71 III 129 ff., Ziff. 3). Und da die binnen der Frist erfolgte Postaufgabe genügt ( Art. 32 SchKG ), ist auch sie rechtzeitig, wenn sie vor Mitternacht des letzten Tages geschieht. Der Aufgeber mag also auch nach 6 Uhr abends dieses Tages einen Postschalter aufsuchen, sei es bis zum Schalterschluss oder, wenn das Postamt hiefür eingerichtet ist, noch später (vgl. Art. 66 und 96 Abs. 2 der VV I vom 23. Dezember 1955 zum Postverkehrsgesetz). Ebenso kann er den Brief in einen der zur allgemeinen Benutzung dienenden Postbriefkasten legen. Im letztern Falle nimmt er jedoch das Risiko auf sich, die rechtzeitige Aufgabe allenfalls nicht nachweisen zu können, wenn der Kasten nicht noch gleichen Tages geleert oder sein Brief erst am folgenden Morgen auf einem Postamt abgestempelt wird. Zu welcher Zeit die Postaufgabe erfolgte, ist Tatfrage. Die darüber von der kantonalen Aufsichtsbehörde getroffene Feststellung ist für das Bundesgericht verbindlich BGE 82 III 101 S. 103 (Art. 81 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2 OG ). Wie die Vorinstanz mit Recht erklärt, gilt der Aufgabestempel der Post als Datumsausweis für und gegen den Aufgeber. Ein Gegenbeweis bleibt vorbehalten; ob er aber durch eine postalische Bescheinigung, wonach die Sachdarstellung der Rekurrentin bloss "nicht ausgeschlossen" ist, erbracht sei, war eine Frage der Beweiswürdigung. Zu Unrecht beruft sich die Rekurrentin auf BGE 70 III 70 ff., wo ausgesprochen wurde, das Betreibungsamt habe seinen allfälligen eigenen, an der Türe angebrachten Briefkasten jeden Tag am Ende der Bureauzeit zu leeren und den Inhalt festzustellen oder bereitzulegen; unterbleibe dies, so könne einem Benutzer dieses Briefkastens der Nachweis für rechtzeitigen Einwurf nicht auferlegt werden. Diese Entscheidung betraf die rechtliche Stellung des Betreibungsamtes als Zustellungsempfänger hinsichtlich der in seinen Briefkasten gelegten und ihm damit zugegangenen Briefe. Sie kann nicht gelten für die Postverwaltung, deren für das Publikum aufgestellte Briefkasten besondern, nicht von den Betreibungsbehörden aufzustellenden Vorschriften unterworfen sind. Hätte die Rekurrentin übrigens ihren Brief, nach Bureauschluss des Betreibungsamtes vom 26. September 1956 und nach der damals im Sinne der erwähnten Entscheidung erfolgten Leerung, in den Kasten des Betreibungsamtes selbst eingeworfen, so läge ihr gleichfalls der Beweis dafür ob, dass es noch am 26. und nicht erst am 27. September geschehen sei. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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9751811b-e8e5-4807-a563-d6eafdb2996d
Urteilskopf 134 I 257 30. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Egli-Oberholzer gegen Genossame Lachen (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_717/2007 vom 18. Juni 2008
Regeste Weitergabe des Korporationsbürgerrechts ( Art. 8 BV ). Eine öffentlichrechtliche Korporation verletzt das Diskriminierungsverbot nicht, wenn nach ihren Statuten die Mitgliedschaft einer im Jahre 1970 verstorbenen Frau nicht auf ihre Nachfahren weitergegeben werden kann (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 134 I 257 S. 257 Charlotte Egli-Oberholzer, geboren 1941, ist seit ihrer Geburt wohnhaft in Lachen. Ihr Grossvater mütterlicherseits war Mitglied der Genossame Lachen. Ihre Mutter, Gertrud Oberholzer-Spieser, geboren BGE 134 I 257 S. 258 1905, war ebenfalls Genossenbürgerin, verlor jedoch infolge Heirat in den 30er Jahren ihre Zugehörigkeit zur Genossame Lachen. Sie verstarb 1970. Am 10. Februar 2006 ersuchte Charlotte Egli-Oberholzer um Aufnahme in die Genossame Lachen. Der Genossenrat der Genossame Lachen wies das Gesuch am 28. Februar 2007 ab. Gegen diesen Beschluss gelangte Charlotte Egli-Oberholzer an den Regierungsrat des Kantons Schwyz, welcher die Sache an das Verwaltungsgericht überwies. Die Beschwerde wurde am 30. Oktober 2007 abgewiesen. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 30. November 2007 ist Charlotte Egli-Oberholzer (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht gelangt. Sie beantragt, den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom 30. Oktober 2007 aufzuheben und die Genossame Lachen zu verpflichten, sie als Mitglied aufzunehmen, so dass ihr rückwirkend ab 1. Januar 2006 die Nutzungsrechte und ab sofort die Mitwirkungsrechte zustehen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde (als Beschwerde in Zivilsachen) ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 In den Statuten vom 23. September 2003 wurde die Zugehörigkeit zur Beschwerdegegnerin wie folgt geregelt: "§ 4 Der Genossame Lachen gehören Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Lachen, Altendorf und Galgenen als Genossenbürger an, die infolge Geburt, Abstammung oder Adoption einen nachbezeichneten Familiennamen tragen und gleichzeitig Mitglieder oder Nachkommen der bisher im Genossenregister eingetragenen Familien sind. Die Familiennamen sind Schwiter (Schwyter), Stählin, Marty, Hegner, Rauchenstein, Spieser, Schwander, Kessler und Gruber. § 5 Der Verlust des angestammten Gemeindebürgerrechts von Lachen, Altendorf oder Galgenen hat den Verlust der Zugehörigkeit zur Genossame zur Folge. Ausgenommen hiervon sind die von Genossenbürgern abstammenden Töchter, welche infolge Heirat vor dem 1.1.1998 das Bürgerrecht der Gemeinde Lachen, Altendorf oder Galgenen verloren und dieses nicht wiedererlangt haben. § 6 Genossenbürger behalten das Genossenbürgerrecht, auch wenn sie durch Heirat oder Namenswahl ( Art. 30 und Art. 160 Abs. 2 ZGB ) nicht mehr Träger eines Genossengeschlechtes sind. BGE 134 I 257 S. 259 § 7 Eine Weitergabe des Genossenbürgerrechts durch verheiratete Genossenbürgerinnen ist ausgeschlossen." 2.2 Am 10. August 2005 erklärte das Verwaltungsgericht die Anknüpfung der Mitgliedschaft bei der Beschwerdegegnerin an den Familiennamen und an das Bürgerrecht als verfassungswidrig. Das Bundesgericht wies eine gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde am 3. Februar 2006 ab ( BGE 132 I 68 ). 2.3 Daraufhin nahm die Beschwerdegegnerin am 10. November 2006 eine Statutenrevision vor, welche dem Regierungsrat zur Genehmigung vorgelegt wurde. Die Mitgliedschaft wurde nunmehr wie folgt geregelt: "§ 5 Mitglieder der Genossame Lachen sind a) Personen, die im Genossenregister der Genossame Lachen als passive oder aktive GenossenbürgerInnen eingetragen sind. b) Personen, welche unmittelbar von einer Person abstammen, die im Genossenregister der Genossame Lachen als passiver/e oder aktiver/e GenossenbürgerIn eingetragen ist. Passive GenossenbürgerInnen sind diejenigen Genossenbürger, welche nicht mitverwaltungs- und nutzungsberechtigt sind." Die Aufnahmebedingungen lauten neu: "§ 6 [Abs. 1] Personen, welche neu ins Genossenregister aufgenommen werden wollen, haben beim/bei der GenossenpräsidentIn ein schriftliches Gesuch einzureichen und darin den Nachweis zu erbringen, dass sie in einem Kindsverhältnis im Sinne von Art. 252 ZGB zu einer im Genossenregister eingetragenen Person stehen." In den Übergangsbestimmungen wurde überdies festgelegt: "§ 35 Im Rahmen einer Übergangsregelung überprüft der Genossenrat bis Ende 2010 jährlich die Richtigkeit und Vollständigkeit des Genossenregisters. Bei der Überprüfung des Registers auf Richtigkeit und Vollständigkeit hält er sich an folgende Regel: a) Der Genossame Lachen gehören Bürgerinnen und Bürger der Gemeinden Lachen, Altendorf und Galgenen an, die infolge Geburt und Adoption einen nachbezeichneten Familiennamen tragen und gleichzeitig Mitglieder oder Nachkommen der bisher im Genossenregister eingetragenen Familiennamen sind. Die Familiennamen sind Schwiter (Schwyter), Stählin, Marty, Hegner, Rauchenstein, Spieser, Schwander, Kessler und Gruber. b) Der Genossame Lachen gehören überdies sämtliche Schweizer Bürgerinnen und Bürger an, die infolge Geburt oder Adoption unmittelbar von BGE 134 I 257 S. 260 einer Person abstammen, welche per Stichtag 14. Juni 1981 die in Bst. a erwähnten Voraussetzungen erfüllt hat." Der Regierungsrat genehmigte die Statutenänderung im Sinne der Erwägungen. Dabei hielt er insbesondere fest: "5.2 Mit dem Erfordernis der unmittelbaren Abstammung von einem im Register eingetragenen passiven oder aktiven Genossenbürger (weiblich oder männlich; § 5 Abs. 1 lit. b [der Statuten]), wird die Aufnahmemöglichkeit auf eine Generation beschränkt. Diese Regelung erscheint insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit und der Verwaltungsökonomie vertretbar (...). Ausgeschlossen ist damit die Weitergabe der Mitgliedschaft von Grosseltern an Enkel bzw. von Urgrosseltern an Urenkel. Immerhin wird in der Übergangsbestimmung § 35 der Abstammung von eingetragenen Genossenbürgern bis zurück zum Stichtag 14. Juni 1981 Rechnung getragen." 2.4 Die Beschwerdeführerin ist die Enkelin eines Genossenbürgers und die Tochter einer bis zur Verheiratung Genossenbürgerin gewesenen Mutter. Selber ist sie weder durch Geburt noch durch Adoption Genossenbürgerin geworden. Dass ihr die im Zeitpunkt der Gesuchseinreichung oder im Zeitpunkt der Ablehnung des Aufnahmegesuchs geltenden Statuten keine solche Stellung verschaffen können, stellt sie denn auch nicht in Frage. Hingegen vertritt sie die Ansicht, dass das einzige ihr fehlende Erfordernis für die eigene Mitgliedschaft, die unmittelbare Abstammung von einem Genossenbürger, mit dem in Art. 8 Abs. 2 BV und in Art. 14 EMRK verankerten Gleichstellungsgebot und dem in Art. 14 BV und Art. 12 EMRK garantierten Recht auf Eheschliessung nicht vereinbar sei. Daher müssten ihr von Verfassungs wegen die Nutzungs- und Mitwirkungsrechte bei der Genosssame eingeräumt werden. 3. Da die Beschwerdeführerin aus der Berufung auf Art. 14 EMRK keinen über Art. 8 Abs. 2 BV hinausgehenden Rechtsschutz ableitet, ist ihre Rüge einzig aus bundesverfassungsrechtlicher Sicht zu prüfen. Zudem kommt dem in Art. 14 EMRK verankerten Diskriminierungsverbot - im Gegensatz zu Art. 8 Abs. 2 BV (vgl. BGE 129 I 217 E. 1.1 S. 220) - kein selbständiger Charakter zu, sondern es setzt die Anwendbarkeit einer andern Grundrechtsgarantie der EMRK voraus ( BGE 130 II 137 E. 4.2 S. 146). Dies ist vorliegend nicht der Fall (nicht publ. E. 4). 3.1 Das Gebot rechtsgleicher Behandlung nach Art. 8 Abs. 1 BV ist ein selbständiges verfassungsmässiges Recht. Demnach ist Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Jede Ungleichbehandlung ist durch sachliche Gründe zu rechtfertigen. Dies ist der Fall, BGE 134 I 257 S. 261 soweit die massgeblichen tatsächlichen Verhältnisse, die einer Regelung oder Entscheidung zugrunde liegen, auch aus verfassungsrechtlicher Sicht verschieden sind. Die hierfür notwendige Wertung richtet sich nach der herrschenden Rechtsauffassung und Wertanschauung. Gemäss Art. 8 Abs. 2 BV darf niemand diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. Die Diskriminierung stellt eine qualifizierte Art der Ungleichbehandlung von Personen in vergleichbaren Situationen dar ( BGE 132 I 68 E. 4.1 S. 74; BGE 129 I 392 E. 3.2.2 S. 397). 3.2 Die Vorinstanz gestand der Beschwerdegegnerin aufgrund ihrer Autonomie ( § 13 Abs. 1 KV/SZ [SR 131.215]) zu, in ihren Statuten die Mitgliedschaft anhand der unmittelbaren Abstammung festzulegen, wenn auch andere Lösungen denkbar wären. Die Beschwerdeführerin verlange im Ergebnis, dass ihre verstorbene Mutter als Genossenbürgerin anerkannt werde. Dies wäre indes nur möglich, sofern die Statutenänderung, mit welcher nicht mehr länger der Name und das Bürgerrecht die Voraussetzung für die Mitgliedschaft bildeten, rückwirkend vorgenommen worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall bzw. gemäss § 35 lit. b der Statuten von 2006 beschränkt bis zum 14. Juni 1981, dem Datum der Annahme des Gleichstellungsartikels ( Art. 4 Abs. 2 aBV ) in der Volksabstimmung. Aus der grundsätzlichen Zulässigkeit der Rückwirkung eines begünstigenden Erlasses könne ohnehin kein Anspruch auf Rückwirkung abgeleitet werden. Auch aus dem Gebot der Rechtsgleichheit, welches eine Statutenänderung erforderlich gemacht hatte, folge nicht, dass eine sich aufdrängende Anpassung rückwirkend zu gelten habe. 3.3 Dagegen bringt die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, sie werde durch das Aufnahmeerfordernis der unmittelbaren Abstammung von einem Genossenbürger oder einer Genossenbürgerin im Vergleich zu ihren Altersgenossen diskriminiert, deren Väter oder Mütter im Genossenregister verzeichnet seien oder nach dem 14. Juni 1981 noch hätten verzeichnet werden können. Es fehle ein sachlicher Grund, sie anders als die Mitglieder ihrer Generation zu behandeln. 3.4 Zu entscheiden ist einzig, ob der Beschwerdeführerin ungeachtet der statutarischen Anforderungen und direkt gestützt auf Art. 8 BGE 134 I 257 S. 262 Abs. 2 BV ein Anspruch auf Erwerb der Genossenbürgerschaft zusteht. 3.4.1 Weder aufgrund der bei Einreichung des Gesuchs geltenden Statuten noch beim Entscheid darüber konnte die Beschwerdeführerin die Aufnahme in das Genossenregister verlangen, womit der Zeitpunkt der massgeblichen Rechtsgrundlage vorliegend nicht von Belang ist. Ob die Beschwerdeführerin sinngemäss verlangt, ihre verstorbene Mutter als Genossenbürgerin anzuerkennen, wie die Vorinstanz ausführt, braucht nicht weiter erörtert zu werden. Jedenfalls konnte für die im Jahre 1970 verstorbene Mutter weder nach den Statuten von 2003 noch von 2006 rückwirkend das Genossenbürgerrecht (wieder-)erlangt werden, weil eine derartige Rückwirkung nicht vorgesehen ist und ein solcher Anspruch nur besteht, wenn er vom Gesetz bzw. den Statuten vorgesehen ist. Damit erweisen sich ihre Ausführungen zu einer allfälligen Rückwirkung der Statutenrevision der Beschwerdegegnerin als nicht hilfreich. Der Aufnahme der Beschwerdeführerin in die Genosssame steht einzig der Umstand entgegen, dass ihre Mutter das Genossenbürgerrecht mit der Heirat verlor und nie mehr wieder erlangt hat oder nach der zu ihren Lebzeiten geltenden Verfassung und Rechtsanschauung nie wieder hätte erlangen können. 3.4.2 Diese Ausgangslage unterscheidet sich wesentlich von derjenigen der Altersgenossen der Beschwerdeführerin, die von einem Genossenbürger oder einer Genossenbürgerin abstammen und damit selber Mitglied sind oder den Eintrag ins Register beanspruchen können, wie dies die Statutenrevision der Beschwerdegegnerin vom 10. November 2006 denn sogar ausdrücklich vorsieht. Auch kann der vorliegende Fall keineswegs mit der vom Bundesgericht am 3. Februar 2006 beurteilten Konstellation verglichen werden. Damals stand die verfassungsmässige Beurteilung der Aufnahmekriterien, nämlich die zivilstandsabhängige Weitergabe von Namen und Bürgerrecht und die damit einhergehende Benachteiligung von Kindern verheirateter Genossenbürgerinnen und lediger Genossenbürgern zur Diskussion ( BGE 132 I 68 E. 4.3.4 S. 79); zudem war in jenem Fall das Genossenbürgerrecht der Mutter nicht erloschen. Im vorliegenden Fall geht es um die Abfolge der Generationen, die es zuweilen mit sich bringt, dass bestehende Rechte nicht ohne weiteres und unbegrenzt übertragen werden. Können sie von einem Inhaber nicht weitergegeben werden, so gehen sie verloren, sofern der Gesetzgeber keine entsprechende Rückwirkung anordnet oder kein Eintrittsrecht des Nachkommen BGE 134 I 257 S. 263 vorsieht, wie dies beispielsweise im Erbrecht der Fall ist ( Art. 457 Abs. 3 ZGB ), oder die gesetzlichen Voraussetzungen zur Wiedererlangung untergegangener Rechte nicht erfüllt sind (vgl. Art. 8b SchlT ZGB betreffend Bürgerrecht der nach altem Eherecht verheirateten Frauen). 3.4.3 Es besteht somit ein wesentlicher Unterschied zwischen der unmittelbaren und der bloss mittelbaren Abstammung von einem Genossenbürger oder einer Genossenbürgerin. Das verfassungsmässige Diskriminierungsverbot setzt indes eine tatsächliche Ungleichbehandlung voraus, welche im hier zu beurteilenden Fall zwischen Kindern mittelbarer und solchen von unmittelbarer Abstammung von einem Genossenbürger oder von einer Genossenbürgerin gerade nicht gegeben ist. Die Berufung auf die Verfassung kann der Beschwerdeführerin daher nicht zur angestrebten Mitgliedschaft bei der Beschwerdegegnerin verhelfen. Eine Prüfung der weiteren im Rahmen von Art. 8 BV erhobenen Rügen erübrigt sich damit.
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2,008
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97526f2f-265c-41b5-bae4-d019e1bce655
Urteilskopf 103 II 186 32. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1977 i.S. Hochstrasser gegen Victoria Feuer-Versicherungs-AG
Regeste Erwerb einer gestohlenen Sache; Art. 934 ZGB . Der Käufer einer beweglichen Sache, der weiss, dass diese dem Berechtigten gestohlen wurde, ist bösgläubig und hat auch dann keinen Anspruch auf Vergütung des für die herauszugebende Sache bezahlten Preises, wenn der Veräusserer guten Glaubens war.
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 103 II 186 S. 186 Die Firma Kapsreiter & Koch hatte bei der Victoria Feuer-Versicherungs-AG (im folgenden Victoria Feuer genannt) einen Personenwagen Mercedes 280 SE gegen Diebstahl versichert, BGE 103 II 186 S. 187 der in der Nacht vom 20. auf den 21. Juli 1974 in Italien aus einer Hotelgarage gestohlen wurde. Der Wagen gelangte in der Folge über einen Mailänder namens Gaetano Nicolasi in die Schweiz, wo er vom Automobilhändler Job erworben wurde. Dieser verkaufte ihn am 25. Juli 1974 an Henri Hüni weiter, der in Zürich eine Garage betreibt und ebenfalls mit Automobilen handelt. Einige Tage später teilte Job Hüni mit, er habe erfahren, dass der Mercedes gestohlen sei. Hüni versuchte umsonst, Job zur Rücknahme des Fahrzeuges zu bewegen, das er schliesslich zum Preis von Fr. 30'000.-- Arnold Hochstrasser verkaufte. In Ziffer 8 des Kaufvertrages vom 19. August 1974 wurde folgendes festgehalten: "Der Käufer hat Kenntnis davon, dass das von ihm gekaufte Automobil gestohlen gemeldet ist. Er verzichtet gegenüber dem Verkäufer auf sämtliche Schadenersatz-Ansprüche unter allen Titeln." In der Folge kamen Hochstrasser und die Victoria Feuer als Rechtsnachfolgerin der Geschädigten, der sie den Schaden inzwischen ersetzt hatte, überein, den Erlös von Fr. 28'000.--, der beim zwischen ihnen vereinbarten Verkauf des Wagens erzielt worden war, bei der Schweizerischen Kreditanstalt auf einem Sperrkonto zu deponieren. Sie legten fest, dass der Betrag dem gemäss einem Gerichtsurteil oder einem Vergleich Berechtigten auszuzahlen sein werde. Am 14. Oktober 1975 leitete die Victoria Feuer beim Bezirksgericht Zürich gegen Arnold Hochstrasser Klage ein mit dem Rechtsbegehren, dieser sei zu verpflichten, seine Einwilligung zur Auszahlung der Summe durch die Bank zu geben. Der Beklagte beantragte, die Klage sei abzuweisen; eventuell sei festzustellen, dass die Klägerin einen Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeuges gehabt habe und ihm ein Lösungsrecht im Sinne von Art. 934 Abs. 2 ZGB in der Höhe von Fr. 30'000.-- zustehe. Das Bezirksgericht Zürich (7. Abteilung) wies die Klage am 5. Oktober 1976 ab. Dieses Urteil zog die Klägerin vor das Obergericht des Kantons Zürich, das am 11. März 1977 Berufung und Klage guthiess. Gegen diesen Entscheid hat der Beklagte beim Bundesgericht Berufung erhoben mit dem Antrag, die Klage sei abzuweisen. BGE 103 II 186 S. 188 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Wieweit der Besitzer einer vom Nichtberechtigten erworbenen beweglichen Sache geschützt ist, hängt einerseits von den Umständen ab, unter denen der Besitz des (früheren) Berechtigten unterging (freiwilliger oder unfreiwilliger Besitzesverlust), und andererseits von den Umständen, unter denen der Besitzer die Sache erwarb (guter oder böser Glaube). War die Sache dem Veräusserer - wenn auch ohne Ermächtigung zur Weiterübertragung - anvertraut worden, ist der gutgläubige Erwerber in seinem Eigentum oder beschränkten dinglichen Recht an ihr zu schützen ( Art. 933 ZGB ). Der gute Glaube muss sich dabei auf die Berechtigung des Veräusserers beziehen, über die Sache zu verfügen (STARK, N. 55, und HOMBERGER, N. 25 zu Art. 933 ZGB ; HINDERLING, in Schweizerisches Privatrecht, Band V/1 S. 478). Demgegenüber kann der frühere Besitzer, dem eine bewegliche Sache gestohlen worden, verlorengegangen oder sonst ohne seinen Willen abhanden gekommen ist, sie während fünf Jahren jedem Empfänger abfordern ( Art. 934 Abs. 1 ZGB ). Dem gutgläubigen Empfänger, der die Sache an einer öffentlichen Versteigerung, auf dem Markt oder von einem Kaufmann, der mit Waren der betreffenden Art handelt, erworben hat, steht jedoch der Anspruch auf Vergütung des von ihm entrichteten Preises zu (sog. Lösungsrecht; Art. 934 Abs. 2 ZGB ). b) Unbestritten ist, dass der Mercedes der berechtigten Firma Kapsreiter & Koch gestohlen worden war, wovon der Beklagte laut Ziffer 8 des Vertrages im Zeitpunkt des Kaufes Kenntnis hatte. Eine den Rechtsmangel heilende Ersitzung durch Hüni oder einen seiner Vormänner war aus zeitlichen Gründen nicht möglich ( Art. 934 Abs. 1 und Art. 714 Abs. 2 ZGB ). Der Beklagte anerkennt denn auch, zur Herausgabe des Wagens verpflichtet gewesen zu sein, doch erhebt er Anspruch auf Ersatz des bezahlten Kaufpreises mit der Begründung, er habe Hüni gutgläubig für berechtigt gehalten, ihm das Automobil zu verkaufen. Dass er gemeint habe, jener sei Eigentümer gewesen, scheint er - angesichts seines mit der deliktischen Herkunft des Fahrzeuges zusammenhängenden vertraglichen Verzichts auf allfälligen Schadenersatz zu Recht - BGE 103 II 186 S. 189 nicht geltend machen zu wollen. Da er wusste, dass der Mercedes der Berechtigten gestohlen worden und somit ohne deren Willen in Hünis Besitz gelangt war, durfte er aber auch nicht in guten Treuen annehmen, jene habe diesen zur Übertragung des Wagens an ihn ermächtigt. Guter Glaube war in Anbetracht des Wissens um den Diebstahl schlechterdings ausgeschlossen. Die Behauptung des Beklagten, der Polizeibeamte Keller habe ihm erklärt, es könne ihm bei einem Kauf des Fahrzeuges nichts geschehen, ist daher unbehelflich. Die Vorinstanz sah mit Recht davon ab, Keller als Zeugen einzuvernehmen, so dass der deswegen gegen sie erhobene Vorwurf der Verletzung von Art. 8 ZGB von vornherein unbegründet ist. Ebensowenig kann der Beklagte daraus etwas zu seinen Gunsten ableiten, dass ihm das Strassenverkehrsamt für den Mercedes ohne weiteres Kontrollschilder und einen Fahrzeugausweis abgab. c) Ist der Beklagte mithin als bösgläubig zu betrachten, war er gemäss Art. 934 Abs. 2 ZGB verpflichtet, den Wagen ohne Anspruch auf Entschädigung herauszugeben, ungeachtet der (unbestrittenen) Tatsache, dass Hüni ein Kaufmann ist, der mit Automobilen handelt. Dass dieser demgegenüber ein Lösungsrecht gehabt haben könnte, ist bedeutungslos, da ohnehin nur der gutgläubige Rechtsnachfolger desjenigen, dem ein solches zustand, seinerseits die Vergütung des entrichteten Erwerbspreises verlangen kann (vgl. STARK, N. 41 zu Art. 934 ZGB ). Mit Recht hat die Vorinstanz dem bösgläubigen Beklagten diesen Anspruch nicht zuerkannt und ihn verpflichtet, die Schweizerische Kreditanstalt zu ermächtigen, der Klägerin den hinterlegten Betrag auszuzahlen.
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Urteilskopf 118 IV 342 60. Urteil des Kassationshofes vom 11. Dezember 1992 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen T. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 63 StGB ; Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ; qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz; Strafzumessung. Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens führen, dürfen innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden (Doppelverwertungsverbot). Der Richter darf aber das Ausmass eines qualifizierenden oder privilegierenden Tatumstandes berücksichtigen. Die erhebliche Drogenmenge darf bei der Festsetzung der Strafe innerhalb des qualifizierten Strafrahmens straferhöhend berücksichtigt werden (E. 2b). Der Drogenmenge kommt bei der Strafzumessung keine vorrangige Bedeutung zu (E. 2c). Sanktionen, die den Verurteilten aus einer günstigen Entwicklung herausreissen, sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Hat sich der Verurteilte von der Drogensucht befreit, darf der Richter im Rahmen der Schuldangemessenheit die Heilung berücksichtigen und, wenn der Vollzug einer unbedingten Freiheitsstrafe zum Rückfall in die Drogenabhängigkeit führen könnte, eine Strafe verhängen, deren Dauer den bedingten Vollzug zulässt (E. 2f). Generalpräventive Überlegungen dürfen in die Bemessung der Strafe insoweit einfliessen, als damit die schuldangemessene Strafe nicht überschritten wird. Wo aus spezialpräventiven Gründen eine 18 Monate übersteigende und damit unbedingte Strafe vermieden werden soll, darf eine den bedingten Strafvollzug ausschliessende Straferhöhung allerdings nicht vorwiegend mit Gesichtspunkten der Generalprävention begründet werden (E. 2g).
Sachverhalt ab Seite 344 BGE 118 IV 342 S. 344 A.- T. handelte in der Zeit von Januar 1989 bis Ende Januar 1990 mit insgesamt rund 350 Gramm Heroin und 250 Gramm Kokain. B.- Am 8. August 1991 erklärte ihn das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft schuldig der qualifizierten und der wiederholten und fortgesetzten einfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie der wiederholten Verletzung von Verkehrsregeln und bestrafte ihn, in Ausfällung einer teilweisen Zusatzstrafe zu einer Vorstrafe von 20 Tagen Gefängnis, mit 17 Monaten und 10 Tagen Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren, und mit einer Busse von Fr. 300.--. C.- Am 7. April 1992 bestätigte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft dieses Urteil in Abweisung einer Appellation der Staatsanwaltschaft. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Neufestsetzung des Strafmasses an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerin richtet sich einzig gegen die Strafzumessung. Sie ist der Ansicht, die dem Beschwerdegegner auferlegte Strafe sei unhaltbar mild. a) Die Vorinstanz legt dar, aus der Betäubungsmittelmenge ergebe sich nicht das Strafmass. Es sei nicht nur die Tat-, sondern auch die Täterkomponente zu würdigen. Eine vorwiegend auf die Betäubungsmittelmenge abstellende Strafzumessung sei gesetzwidrig. Die Betäubungsmittelmenge sei bei der Strafzumessung als Umstand mitzuberücksichtigen, habe aber keine vorrangige Bedeutung. Es widerspreche nicht dem Doppelverwertungsverbot, bei der Strafzumessung in Rechnung zu stellen, in welchem Ausmass die Betäubungsmittelmenge über der vom Bundesgericht für den schweren Fall gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG festgelegten Grenze von 12 Gramm Heroin und 18 Gramm Kokain liege. In der bisherigen Praxis sei der Drogenmenge eine erhebliche Bedeutung zugekommen. Bei 350 Gramm Heroin und 250 Gramm Kokain seien in der Regel Freiheitsstrafen von mehr als 18 Monaten ausgesprochen worden. Die starke Gewichtung der Betäubungsmittelmenge habe jedoch immer wieder zu Unbehagen geführt. Ergäbe sich aus einer BGE 118 IV 342 S. 345 bestimmten Drogenmenge ein bestimmtes Strafmass, wäre eine blosse Erfolgshaftung gegeben. Richtigerweise sei danach zu fragen, inwieweit der Täter den Erfolg verschuldet habe. Die Betäubungsmittelmenge sei ein unzuverlässiges Kriterium. Feststellungen hinsichtlich der Drogenmenge stützten sich in der Regel auf die Aussagen der Angeklagten oder Mitbeteiligter und ergäben sich häufig erst aufgrund aufwendiger und mühsamer Berechnungen. Lese man in Einvernahmeprotokollen, gewinne man nicht selten den Eindruck, die Mengen hätten etwas Zufälliges. Oft könnten sich die Betroffenen nicht mehr genau an die verschiedenen strafbaren Tätigkeiten erinnern und liessen sich - möglicherweise deshalb, um sich nicht dem Vorwurf widersprüchlichen Aussageverhaltens auszusetzen - auf eine bestimmte Menge festlegen. Auch deshalb sei es fragwürdig, der Betäubungsmittelmenge bei der Strafzumessung entscheidendes Gewicht beizumessen. Die übrigen Strafzumessungskriterien seien stärker als bisher in die Waagschale zu legen. Strafmindernd seien hier die Beweggründe zu würdigen. Der Beschwerdegegner sei schwer drogenabhängig gewesen. Er habe die Straftaten nicht in erster Linie aus finanziellem Interesse begangen, sondern zur Deckung seines Drogenbedarfs. Den weitergehenden Erlös habe er teilweise zur Zahlung alter Schulden verwendet, vorwiegend aber für den Lebensunterhalt. Dass er diesen nicht durch Arbeitserwerb habe decken können, sei auf seine Sucht zurückzuführen. Die Art und Weise der Tatbegehung falle ebenfalls nicht straferhöhend ins Gewicht. Die Tätigkeit des Beschwerdegegners sei weder organisiert noch von Druckausübung begleitet gewesen. Seine Abnehmer seien mehrheitlich Bekannte gewesen. Die Vorstrafen fielen nicht ins Gewicht. Sowohl seine persönlichen Verhältnisse wie sein Verhalten nach der Tat seien zu seinen Gunsten zu würdigen. Von erheblicher Bedeutung sei seine heutige Strafempfindlichkeit. Er sei Ende Februar 1990 aus der Untersuchungshaft entlassen worden und konsumiere seither - also schon seit mehr als zwei Jahren - keine Drogen mehr. Seine Mutter und seine Freundin hätten ihm geholfen, drogenfrei zu leben. Positiv zu werten sei auch, dass er anerkenne, noch einer weiteren Festigung zu bedürfen. Er habe deshalb jede Verbindung zu den ehemaligen Bekannten aus der Drogenszene abgebrochen. Er lebe mit seiner Freundin, die er nach der Untersuchungshaft kennengelernt habe und die selber nie etwas mit Drogen zu tun gehabt habe, in geordneten Verhältnissen. Kurz nach der Entlassung aus der Untersuchungshaft habe er eine Stelle als BGE 118 IV 342 S. 346 Hilfsarbeiter annehmen und in der Folge eine vierjährige Berufslehre als Schreiner beginnen können. Seine Lehrfirma stelle ihm gute Noten aus. Die Strafempfindlichkeit falle daher stark ins Gewicht. Strafmindernd seien schliesslich sein Geständnis, sein kooperatives Verhalten im Verfahren und seine Einsicht zu berücksichtigen. Unter diesen Umständen habe sich die Strafe an der unteren Grenze des Strafrahmens zu bewegen. Die beachtliche Betäubungsmittelmenge wirke sich zwar straferhöhend aus, jedoch nicht in dem Ausmass, wie das die Beschwerdeführerin beantrage. Eine Strafe von 17 Monaten und 10 Tagen Gefängnis sei dem Verschulden angemessen. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe in Ermessensüberschreitung die Tatkomponente zu wenig berücksichtigt. Sie habe das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Herbeiführung dieses Erfolges, die Willensrichtung, mit der der Beschwerdegegner gehandelt habe, und seine Beweggründe zu leicht gewichtet. Das Ausmass der Gefährdung sei im Rahmen des Verschuldens zu berücksichtigen. Auf der objektiven Seite stehe es an erster Stelle der Zumessungsgründe. Dies gelte besonders im Betäubungsmittelrecht. Die hier in Frage stehenden Mengen seien ausgehend von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach 0,6 Gramm Heroin bzw. 0,9 Gramm Kokain einen Menschen süchtig machen könnten, geeignet, die psychische Abhängigkeit von 861 Personen herbeizuführen. Diese Zahl mache das Gefährdungspotential der Drogentransaktionen des Beschwerdegegners deutlich und zeige, welch hohes Verschulden ihn in objektiver Hinsicht treffe. Das angefochtene Urteil habe zur Folge, dass jemand, der sich einer Betäubungsmittelwiderhandlung im Bereich von 12 Gramm Heroin oder 18 Gramm Kokain schuldig mache, gemäss BGE 109 IV 143 ff. trotz allen vom Obergericht angeführten Strafminderungsgründen zu einem Jahr Freiheitsentzug zu verurteilen sei, während derjenige, der das 30 bis 40fache an Heroin bzw. Kokain umsetze und über eine entsprechend erheblich grössere kriminelle Energie verfüge, nur sechs Monate Freiheitsentzug mehr erhalte. Mit dem gesetzgeberischen Grundgedanken von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei das nicht zu vereinbaren. Entgegen der Vorinstanz dürften auch generalpräventive Überlegungen nicht ausser acht gelassen werden. Die Vorinstanz habe ferner den Beweggründen ungenügend Rechnung getragen. Der Beschwerdegegner habe über die Finanzierung seines Eigenkonsums hinaus einen Gewinn von Fr. 30'000.-- bis Fr. 40'000.-- erzielt und diese Einnahmen für seine persönlichen Zwecke verwendet. Er habe damit den Rahmen der Beschaffungsdelinquenz BGE 118 IV 342 S. 347 verlassen und sich zum "Money-Dealer" entwickelt. Zur Milderung der Härte einer längeren unbedingten Freiheitsstrafe bestehe die Möglichkeit der Begnadigung durch die dafür zuständige Behörde. Der Richter dürfe diese Ausnahmekompetenz nicht durch Überschreitung seines Strafzumessungsermessens faktisch an sich reissen. 2. a) Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen ( Art. 63 StGB ). Dem Sachrichter steht bei der Gewichtung der im Rahmen der Strafzumessung zu beachtenden Komponenten ein erheblicher Spielraum des Ermessens zu. Das Bundesgericht greift in dieses auf Nichtigkeitsbeschwerde hin, mit der ausschliesslich eine Verletzung von Bundesrecht geltend gemacht werden kann ( Art. 269 BStP ), nur ein, wenn der kantonale Richter den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausgegangen ist oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtet hat ( BGE 118 IV 15 ; BGE 117 IV 114 mit Hinweisen). b) Der Beschwerdegegner macht geltend, die erhebliche Drogenmenge habe bereits zur Anwendung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG geführt. Die Mindeststrafe steige damit von Busse auf ein Jahr Gefängnis und die Höchststrafe von drei Jahren Gefängnis auf 20 Jahre Zuchthaus. Mit dieser Erhöhung des Strafrahmens sei der Drogenmenge Rechnung getragen. Es gehe nicht an, die Menge innerhalb des erhöhten Strafrahmens ein weiteres Mal straferhöhend zu berücksichtigen. Das widerspreche dem Doppelverwertungsverbot. Umstände, die zur Anwendung eines höheren oder tieferen Strafrahmens führen, dürfen innerhalb des geänderten Strafrahmens nicht noch einmal als Straferhöhungs- oder Strafminderungsgrund berücksichtigt werden. Sonst würde dem Täter der gleiche Umstand zweimal zur Last gelegt oder zugute gehalten (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil II, § 7 N 21 ; TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 63 N 17 ). So ist es beispielsweise unzulässig, bei Annahme der Bandenmässigkeit bei Diebstahl die "ganze Mitwirkung in dieser Gesellschaft" erneut zuungunsten des Verurteilten zu gewichten ( BGE 72 IV 114 ). Mit dem Wechsel des Strafrahmens ist die Bandenmässigkeit abgegolten. Der Richter ist dagegen nicht gehindert zu berücksichtigen, in welchem Ausmass ein BGE 118 IV 342 S. 348 qualifizierender oder privilegierender Tatumstand gegeben ist (STRATENWERTH, a.a.O.). Hat somit etwa der Räuber das Opfer grausam behandelt und erhöht sich deshalb der Strafrahmen gemäss Art. 139 Ziff. 3 StGB auf fünf bis 20 Jahre Zuchthaus, darf der Richter die Strafe wegen der grausamen Behandlung des Opfers zwar nicht noch einmal anheben. Er ist hingegen bei der Festsetzung der Strafe innerhalb des erhöhten Strafrahmens nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet zu gewichten, wie grausam der Räuber das Opfer behandelt hat (STRATENWERTH, a.a.O.). Der Richter verfeinert damit nur die Wertung, die der Gesetzgeber vorgezeichnet hat. Entsprechendes gilt bei einer Verurteilung gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Hier ist für die Festsetzung der Strafe innerhalb des erhöhten Strafrahmens von Bedeutung, in welchem Ausmass der Täter eine abstrakte Gefahr für die Gesundheit vieler Menschen geschaffen hat. Das hängt sowohl von der Art als auch von der Menge der Droge ab. Die Vorinstanz hat deshalb Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie die erhebliche Betäubungsmittelmenge zulasten des Beschwerdegegners gewichtet hat. c) Der Drogenmenge kommt nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanz bei der Strafzumessung allerdings keine vorrangige Bedeutung zu. Wie das Bundesgericht bereits in BGE 107 IV 62 dargelegt hat, ist die Strafe nicht allein nach der Gefährlichkeit einer Droge, sondern auch und in erster Linie nach dem Verschulden des Täters zu bemessen (ebenso Appellationsgericht Basel-Stadt, BJM 1977 S. 196 f.). Neben der Menge und der daraus folgenden Gesundheitsgefährdung sind namentlich zu berücksichtigen die Art und Weise der Tatbegehung, die Willensrichtung, mit der der Täter gehandelt hat, die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen sowie das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren (dazu eingehend BGE 118 IV 24 f. E. 2b und BGE 117 IV 113 E. 1, je mit Hinweisen). Diese weiteren Gesichtspunkte können im einen Fall erheblich straferhöhend, im andern stark strafmindernd ins Gewicht fallen. Deshalb lässt sich unter Hinweis allein auf die Drogenmenge das Strafmass nicht begründen. Die Menge ist nur ein Gesichtspunkt der Strafzumessung neben andern. Soweit die Praxis vom Gegenteil ausgehen sollte (so JENNY, Strafrecht in der Drogenpolitik: eine kritische Bilanz, in: BÖKER/NELLES, Drogenpolitik wohin?, Bern 1991, S. 172; ähnlich ALBRECHT, Die Strafzumessung im Spannungsfeld von Theorie und Praxis, ZStR 108/1991, S. 54/5), wäre das mit Art. 63 StGB nicht zu vereinbaren. BGE 118 IV 342 S. 349 d) Die Vorinstanz hat auch die weiteren für die Strafzumessung wesentlichen Gesichtspunkte gewürdigt, ohne ihr Ermessen zu überschreiten. Zu Recht hat sie strafmindernd berücksichtigt, dass der Beschwerdegegner zur Tatzeit schwer drogenabhängig war, erst 20 bzw. 21 Jahre alt war, keine wesentlichen Vorstrafen aufwies, sich im Untersuchungsverfahren wie vor den Gerichten kooperativ verhielt, ein umfassendes Geständnis ablegte, Reue zeigte und einsichtig war. Bundesrechtlich nicht zu beanstanden ist es auch, wenn sie im Rahmen der Würdigung der persönlichen Verhältnisse gemäss Art. 63 StGB in erheblichem Ausmass strafmindernd gewichtet hat, dass der Beschwerdegegner sich aus eigener Kraft von der Drogensucht gelöst, sich aufgefangen und im Arbeitsleben wieder Fuss gefasst hat (vgl. BGE 102 IV 233 ). e) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Strafe hätte erhöht werden müssen, da dem Beschwerdegegner nach Abzug des für den eigenen Drogenbedarf ausgegebenen Geldes aus dem Betäubungsmittelhandel ein Gewinn von Fr. 30'000.-- bis Fr. 40'000.-- verblieben sei; er habe damit den Rahmen der blossen Beschaffungsdelinquenz verlassen. Wie die Vorinstanz verbindlich feststellt ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ), hat der Beschwerdegegner diesen Erlös zum Teil zur Zahlung alter Schulden, überwiegend aber zur Finanzierung seines Lebensunterhaltes verwendet; es sei ihm aufgrund seiner Sucht nicht möglich gewesen, einer geregelten beruflichen Tätigkeit nachzugehen und den Lebensunterhalt durch Arbeitserwerb zu decken. Bei dieser Sachlage verletzt es Bundesrecht nicht, wenn sie von einer Straferhöhung abgesehen hat. Die Strafe wäre dann zu erhöhen gewesen, wenn es der Beschwerdegegner abgelehnt hätte zu arbeiten, obgleich ihm das möglich gewesen wäre, und es vorgezogen hätte, durch Drogenhandel seinen Lebensunterhalt zu verdienen. f) Die Vorinstanz hat bei einer Einsatzstrafe von 20 Tagen Gefängnis eine teilweise Zusatzstrafe von 17 Monaten und 10 Tagen Gefängnis ausgesprochen. Sie hat der Grenze von 18 Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs gemäss Art. 41 Ziff. 1 StGB damit Rechnung getragen. Das ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden ( BGE 118 IV 339 E. 2c). Sanktionen, die den Verurteilten aus einer günstigen Entwicklung herausreissen, sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Hat sich der Verurteilte, wie der Beschwerdegegner, selber von der Sucht befreit, ist der Richter deshalb berechtigt, der Heilung Rechnung zu tragen und mit Blick darauf, dass der Vollzug einer unbedingten Freiheitsstrafe zum Rückfall ins BGE 118 IV 342 S. 350 Drogenelend führen könnte, eine Strafe zu verhängen, deren Dauer den bedingten Vollzug zulässt. Unstatthaft ist dies nur dann, wenn diese Strafe dem Verschulden nicht mehr gerecht wird. Das trifft hier nicht zu. Mit der Aussprechung einer bedingten Freiheitsstrafe lässt es sich im übrigen auch vermeiden, dass der Täter, der sich aus eigener Kraft von den Drogen gelöst hat, benachteiligt wird gegenüber jenem, dem das erst aufgrund einer Behandlung gemäss Art. 44 StGB gelungen ist. Denn die zugunsten einer Massnahme nach Art. 44 StGB aufgeschobene Strafe wird nach einer erfolgreichen Behandlung in der Regel nicht mehr vollzogen ( BGE 107 IV 24 ). g) Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Vorinstanz hätte generalpräventive Gesichtspunkte nicht ausser acht lassen dürfen. Nach der Lehre lässt sich eine Strafe gegenüber dem Betroffenen ausschliesslich in dem Masse rechtfertigen, wie ihm ein Schuldvorwurf gemacht werden kann. Deshalb darf die schuldangemessene Strafe nicht aus Gründen der Prävention überschritten werden (vgl. STRATENWERTH, a.a.O., § 7 N 64 ; SCHULTZ, Bericht und Vorentwurf zur Revision des Allgemeinen Teils (...) des Schweizerischen Strafgesetzbuches, Bern 1987, Art. 46 Abs. 3 und S. 116 ff.). Es ist nicht statthaft, über die nach dem Tatschuldprinzip bemessene Strafe aus generalpräventiven Gründen hinauszugehen (DUBS, Die analytische Bewertung als Grundlage richterlicher Strafzumessung, Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, Basel 1963, S. 19; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, 2. Band, 4. Aufl., S. 76 und 78; STRATENWERTH, a.a.O.; vgl. auch TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 63 N 8 mit Hinweisen). Zulässig ist die Berücksichtigung generalpräventiver Erwägungen somit nur insoweit, als damit die schuldangemessene Strafe nicht überschritten wird ( BGE 118 IV 16 ). Generalpräventiven Überlegungen ist bei der Gewichtung des das Verschulden bestimmenden gesamten Unrechts- und Schuldgehalts der konkreten Straftat (vgl. dazu BGE 117 IV 113 E. 1) grundsätzlich in dem Sinne Rechnung zu tragen, dass die Strafe geeignet sein muss, die Allgemeinheit zu veranlassen, sich an die Strafrechtsnormen zu halten, und so zur Verbrechensverhütung beiträgt. Dort wo, wie im vorliegenden Fall, aus spezialpräventiven Gründen eine 18 Monate übersteigende und damit unbedingte Strafe vermieden werden soll (siehe E. f hievor), darf eine den bedingten Strafvollzug ausschliessende Straferhöhung indessen nicht vorwiegend mit Gesichtspunkten der Generalprävention begründet werden. Insoweit ist der Verhütung weiterer strafbarer Handlungen beim konkreten Täter vor der allgemeinen Verbrechensbekämpfung, mit anderen BGE 118 IV 342 S. 351 Worten der Spezial- vor der Generalprävention der Vorrang einzuräumen. Die Vorinstanz hat deshalb Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie von einer Erhöhung der Strafe aus generalpräventiven Gründen abgesehen hat. h) Da die Vorinstanz ihr Ermessen nicht überschritten hat, ist auch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Grundlage entzogen, sie habe sich durch die Aussprechung einer unhaltbar milden Strafe faktisch die Befugnisse der Begnadigungsbehörde angemasst.
null
nan
de
1,992
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Urteilskopf 140 I 50 2. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. W. gegen Pensionskasse Swatch Group (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_1033/2012 vom 8. November 2013
Regeste Art. 29 Abs. 2 BV ; Art. 34a Abs. 1 BVG ; Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 (in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung); Ermittlung des anrechenbaren Einkommens. Zu den Modalitäten der Gewährung des rechtlichen Gehörs mit Bezug auf persönliche Umstände und die tatsächliche Lage auf dem im Einzelfall relevanten Arbeitsmarkt gemäss BGE 134 V 64 E. 4.2.1 S. 70 f. (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 140 I 50 S. 50 A. Der 1948 geborene W. ist gelernter Feinmechaniker und war seit 1982 als Werkzeugmacher bei der Firma X. SA angestellt und bei der Pensionskasse Swatch Group (nachfolgend: Pensionskasse) berufsvorsorgeversichert. Mit Verfügung vom 12. Mai 2009 sprach ihm die IV-Stelle Bern rückwirkend ab 1. Juli 2003 eine ganze Rente zu (Invaliditätsgrad von 68 % bis 31. Dezember 2003 bzw. 70 % ab 1. Januar 2004). Am 5. Juni 2009 beendigte die X. SA das Arbeitsverhältnis auf den gleichen Tag. Die Pensionskasse anerkannte im BGE 140 I 50 S. 51 Grundsatz den Anspruch des W. auf eine Invalidenrente der beruflichen Vorsorge. Sie verweigerte jedoch die Auszahlung mit der Begründung, die Rente sei wegen eines Vorbezugs für Wohneigentum und zufolge Überentschädigung zu kürzen (Schreiben vom 10. März 2009 und 15. Dezember 2009). B. B.a Am 29. Mai 2012 liess W. beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn gegen die Pensionskasse Klage erheben und beantragen: "1. Die Beklagte sei zu verpflichten, dem Kläger spätestens ab 1. Juli 2003 und weiterhin die gesetzlichen und reglementarischen Leistungen nach Massgabe einer Erwerbsunfähigkeit von mindestens 68 % resp. 70 % und in der Höhe von mindestens Fr. 9'536.- jährlich oder Fr. 795.- monatlich zuzüglich einem Verzugszins zu 5 % seit wann rechtens und zuzüglich Teuerungszulage auszurichten; diesbezüglich sei zu berücksichtigen, dass sich die Frage der Überversicherung mit Wegfall des Erwerbseinkommens mit Austritt des Klägers aus den Diensten des Arbeitgebers per 5. Juni 2009 ohnehin nicht mehr stellt." B.b Anlässlich der Hauptverhandlung vom 5. November 2012 liess W. zusätzliche Rechtsbegehren stellen. Im Hauptpunkt modifizierte er seinen Antrag insoweit, als er die gesetzlichen und reglementarischen Leistungen spätestens ab 6. Juni 2009 verlangte. B.c Soweit das Versicherungsgericht auf die Klage eintrat bzw. diese nicht gegenstandslos geworden war, wies es sie mit Entscheid vom 12. November 2012 wegen Überschreitung der Überentschädigungsgrenze ab. C. W. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, die Pensionskasse sei zu verpflichten, ihm spätestens ab 6. Juni 2009 und weiterhin die gesetzlichen und reglementarischen Leistungen nach Massgabe einer Erwerbsunfähigkeit von 70 % und ohne Anrechnung eines fiktiven Ersatzeinkommens in der Höhe von mindestens Fr. 9'536.- jährlich oder Fr. 795.- monatlich zuzüglich Verzugszins zu 5 % seit wann rechtens und zuzüglich Teuerungszulage auszurichten; eventualiter sei die Beschwerdesache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie ihn von Amtes wegen befrage sowie die IV-Akten beiziehe und beweisrechtlich würdige. Vorinstanz und Pensionskasse schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung. (...) (Auszug) Erwägungen BGE 140 I 50 S. 52 Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Nach Art. 34a Abs. 1 BVG erlässt der Bundesrat Vorschriften zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Gestützt darauf ist in Art. 24 Abs. 1 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) geregelt, dass die Vorsorgeeinrichtung die Invalidenleistungen kürzen kann, soweit sie zusammen mit anderen anrechenbaren Einkünften 90 Prozent des mutmasslich entgangenen Verdienstes übersteigen. Bezügern von Invalidenleistungen wird das weiterhin erzielte oder zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbs- oder Ersatzeinkommen angerechnet ( Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 in der seit 1. Januar 2005 geltenden Fassung [ab 1. Januar 2012 eingefügte Ergänzung hier nicht relevant]). 3.2 3.2.1 Gemäss BGE 134 V 64 E. 4.2.1 S. 70 f. basiert das zumutbarerweise erzielbare Erwerbseinkommen im Sinne von Art. 24 Abs. 2 Satz 2 BVV 2 - insofern abweichend vom Invalidenversicherungsrecht mit der Beurteilungsgrundlage des ausgeglichenen Arbeitsmarktes - allein auf dem Zumutbarkeitsgrundsatz (zum genannten Urteil siehe auch: HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 380 f. Rz. 1036-1038; STAUFFER/MOSER, Berufliche Vorsorge; Überentschädigungskürzung; Anrechnung des zumutbarerweise erzielbaren Einkommens, AJP 2008 S. 619 f., insbes. S. 621; SCHMID/WÜRMLI, Das mutmassliche Erwerbseinkommen nach Art. 24 BVV 2 , AJP 2008 S. 719 f., insbes. S. 722; zur Thematik: MARC HÜRZELER, Die Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung und der beruflichen Vorsorge, in: Personen-Schaden-Forum 2008, S. 217 f.; MOSER/STAUFFER, Die Überentschädigungskürzung berufsvorsorgerechtlicher Leistungen im Lichte der Rechtsprechung, SZS 2008 S. 91 f.; UELI KIESER, Zumutbares Resterwerbseinkommen in der beruflichen Vorsorge, AJP 2005 S. 226 f.). Nach E. 4.2.1 (letzter Absatz) dieses Entscheides verlangt der Zumutbarkeitsgrundsatz bezogen auf das noch erzielbare Erwerbseinkommen, dass die Vorsorgeeinrichtung, welche eine Kürzung ihrer obligatorischen Invalidenleistungen beabsichtigt, dem teilinvaliden Versicherten vorgängig das rechtliche Gehör hinsichtlich jener arbeitsmarktbezogenen und persönlichen Umstände gewähren muss, BGE 140 I 50 S. 53 die ihm die Erzielung eines Resterwerbseinkommens in der Höhe des Invalideneinkommens erschweren oder verunmöglichen. Solche subjektiven Gegebenheiten, denen unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten Rechnung zu tragen ist, sind alle Umstände, welche - im Rahmen einer objektivierenden Prüfung - für die effektiven Chancen des betreffenden Versicherten, auf dem jeweiligen tatsächlichen Arbeitsmarkt eine geeignete und zumutbare Arbeitsstelle zu finden, von wesentlicher Bedeutung sind. 3.2.2 Verfahrensrechtlich steht gemäss E. 4.2.2 S. 71 f. des erwähnten Urteils dem Recht der versicherten Person, mit subjektiven Gegebenheiten und tatsächlichen Arbeitsmarktchancen gehört zu werden, welche die Erzielung eines dem Invalideneinkommen quantitativ entsprechenden Resterwerbseinkommens erschweren oder verunmöglichen, eine diesbezügliche Mitwirkungspflicht gegenüber. Die versicherte Person hat die im konkreten Einzelfall massgebenden persönlichen Umstände und tatsächlichen Arbeitsmarktchancen, welche der Erzielung eines mit dem Invalideneinkommen äquivalenten Resterwerbseinkommens entgegenstehen, im Überentschädigungsverfahren zu behaupten, zu substanziieren und hiefür soweit möglich Beweise anzubieten, namentlich durch den Nachweis erfolglos gebliebener Stellenbemühungen. Dies führt zu einer Umkehr der Beweislast. 3.2.3 Somit darf nach BGE 134 V 64 E. 4.3 S. 72 die Vorsorgeeinrichtung bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Umfang die Invalidenleistung aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge für eine Teilinvalidität zu einer Überentschädigung führt, von der gesetzlichen Vermutung (aus Richterrecht [vgl. dazu SPÜHLER/DOLGE/GEHRI, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl. 2010, 10. Kap., § 43 Rz. 58]) ausgehen, dass das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen mit dem von der IV-Stelle ermittelten Invalideneinkommen übereinstimmt. Sie hat vorgängig der versicherten Person das Gehörsrecht mit Bezug auf persönliche Umstände und die tatsächliche Lage auf dem im Einzelfall relevanten Arbeitsmarkt zu gewähren. Die versicherte Person trifft dabei eine Mitwirkungspflicht im umschriebenen Rahmen. 4. Vorab stellt sich die Frage, ob dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Überentschädigungsberechnung das rechtliche Gehör ( Art. 29 Abs. 2 BV ) hinreichend gewährt wurde. BGE 140 I 50 S. 54 4.1 Im Lichte des in E. 3.2 Gesagten ist die koordinationsrechtliche Kürzung einer BVG-Invalidenrente nicht ein rein rechnerischer Entscheid. Vielmehr hat die Pensionskasse den Versicherten ins Verfahren einzubeziehen, d.h. zu prüfen, ob von den Kriterien der Invalidenversicherung abzuweichen ist, und einen eigenen Ermessensentscheid zu fällen (SCHMID/WÜRMLI, Das mutmassliche Erwerbseinkommen nach Art. 24 BVV 2 , AJP 2008 S. 724 vor Ziff. 4). Nachdem das Klageverfahren der ursprünglichen Verwaltungsrechtspflege, wie sie im Berufsvorsorgeprozess gemäss Art. 73 Abs. 1 BVG stattfindet, keine Verfügung zum Ausgangspunkt hat ( BGE 138 V 86 E. 5.2.3 S. 97; BGE 129 V 450 E. 2 S. 452) und das Bundesrecht zum dargelegten Vorgehen bei der Überversicherungsberechnung nichts Weiteres vorschreibt - das Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) erfasst die berufliche Vorsorge grundsätzlich nicht -, liegen Form und Modalität des Einbezugs der versicherten Person im Rahmen der verfassungsmässigen Schranken im Ermessensbereich der Vorsorgeeinrichtung. Bei der Wahl ist den spezifischen Fallkonstellationen und der konkreten Interessenlage Rechnung zu tragen. Das Verhältnismässigkeitsprinzip gebietet, jene Lösung zu wählen, die nach den Umständen als angemessen erscheint (MICHELE ALBERTINI, Der verfassungsmässige Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren des modernen Staates, 2000, S. 332). In jedem Fall darf die Gehörsgewährung nicht ihres Gehalts beraubt werden, weshalb es grundsätzlich mehr bedarf, als in einem blossen Schreiben die Kürzung mitzuteilen. Ihre hinreichende Umsetzung erfordert in der Regel eine ausdrückliche Einladung, sich zur Möglichkeit, ein Resterwerbseinkommen in der Höhe des Invalideneinkommens effektiv erzielen zu können, zu äussern, wobei es der Vorsorgeeinrichtung freisteht - es sich der Klarheit halber und mit Blick auf eine beförderliche Erledigung aber empfiehlt -, eine angemessene Einwendungsfrist einzuräumen. Jedenfalls genügt die Gewährung einer Äusserungsgelegenheit; die Pensionskasse ist nicht verpflichtet, die tatsächliche Ausübung des Einwendungsrechts herbeizuführen. Umstände, die sich aus den Akten ergeben, hat sie aber - in Nachachtung des Verbots des überspitzten Formalismus ( Art. 29 Abs. 1 BV ) - von sich aus zu berücksichtigen. 4.2 Die IV-Stelle Bern sprach dem Beschwerdeführer mit Verfügung vom 12. Mai 2009 rückwirkend ab 1. Juli 2003 eine ganze Invalidenrente zu, und zwar bei einem Invaliditätsgrad von 68 % bzw. 70 % BGE 140 I 50 S. 55 (ab 1. Januar 2004). In der Folge wurde sein Arbeitsverhältnis mit der X. SA am 5. Juni 2009 mit sofortiger Wirkung aufgehoben. Im besagten Schreiben wurde auf Art. 13.4 des Personalhandbuchs verwiesen, wonach das Arbeitsverhältnis mit dem Erhalt einer ganzen IV-Rente der Invalidenversicherung ende. In der Austrittsmeldung zuhanden der Pensionskasse vom 5. Juni 2009 war entsprechend vermerkt, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus gesundheitlichen Gründen erfolge. Von einer rechtsgenüglichen Gehörsgewährung kann in diesem Zusammenhang nicht gesprochen werden, zumal es um eine Angelegenheit zwischen Pensionskasse und Versichertem und nicht zwischen Arbeitgeber und Versichertem (Aufhebungsvertrag) bzw. Arbeitgeber und Pensionskasse (Austrittsmeldung) geht. Soweit die Vorinstanz gestützt auf letztere Mitteilung davon ausging, die Pensionskasse habe nicht ohne Weiteres annehmen müssen, dass der Beschwerdeführer, der zuvor 26 Jahre bei der X. SA angestellt gewesen sei, nun von einem Tag auf den anderen jegliche Erwerbstätigkeit eingestellt habe, so beschlägt dies den - hier (noch) nicht zur Diskussion stehenden - Zumutbarkeitsgesichtspunkt (nicht publ. E. 5). 4.3 Auch die blosse Berechnung vom 3. Juli 2009, in welcher die Pensionskasse für die Zeit ab 6. Juni 2009 von einem möglichen Erwerbseinkommen ausging, das gemäss vorinstanzlicher Feststellung "nahezu dem zuvor bis 5. Juni 2009 erzielten Verdienst entsprach", lässt sich nicht als Aufforderung verstehen, sich zum aktuell anrechenbaren Erwerbseinkommen zu äussern (vgl. E. 4.1). 4.4 Mit Schreiben vom 15. Dezember 2009 wies die Pensionskasse unter Nennung von E. 6 des Urteils 9C_347/2008 vom 21. Oktober 2008 auf die vom Bundesgericht geschaffene gesetzliche Vermutung hin, wonach das zumutbarerweise noch erzielbare Erwerbseinkommen mit dem von der IV-Stelle ermittelten Invalideneinkommen übereinstimmt (vgl. E. 3.2.3). Gleichzeitig hielt sie fest, der Versicherte habe die Möglichkeit, sich bei der Arbeitslosenversicherung anzumelden und könne damit zeigen, dass er versuche, eine Anstellung zu finden, um die Resterwerbsfähigkeit zu verwerten. Diesfalls werde sie nicht mehr das mögliche Erwerbseinkommen anrechnen, sondern die tatsächlich bezogenen Arbeitslosengelder. Diesem Schreiben, das an den (damaligen) Rechtsvertreter des Beschwerdeführers gerichtet ist, ging ein solches von dessen Seite vom 15. Oktober 2009 voraus. Zwar wurde darin BGE 140 I 50 S. 56 ausschliesslich die Behandlung des Vorbezugs kritisiert, wie die Vorinstanz festgestellt hat (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG ). Dessen ungeachtet hielt der Rechtsvertreter im Kontext mit der von ihm vertretenen Berechnungsweise fest, dass sich die Frage nach der Überversicherung durch den Wegfall des Erwerbseinkommens mit dem Austritt des Versicherten per 5. Juni 2009 nicht mehr stelle. Indem die Pensionskasse in ihrer Antwort vom 15. Dezember 2009 von der fraglichen Anrechnung nicht Abstand genommen, sondern die erwähnte Vermutungsbasis explizit unterstrichen hat, wie sie sich auch aus E. 6.2 des im Schreiben zitierten Urteils ergibt, war für den beschwerdeführerischen Anwalt das Einwendungsrecht erkennbar oder er hätte es bei gebührender Aufmerksamkeit erkennen müssen. Es findet ebenfalls in E. 6.2 des Urteils 9C_347/2008 Erwähnung. Selbst wenn dessen Konsultierung nicht erwartet werden darf, was hier offengelassen werden kann, muss ein Anwalt - in Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Art. 8 ZGB , der auch im öffentlichen Recht gilt ( BGE 138 II 465 E. 6.8.2 S. 486; BGE 138 V 218 E. 6 S. 222) - wissen, dass eine gesetzliche Vermutung der Widerlegung zugänglich ist. Eines ausdrücklichen Hinweises auf das Einwendungsrecht bedurfte es unter diesen Umständen nicht (ALBERTINI, a.a.O., S. 334). Es trifft nicht zu, dass der Anwalt des Beschwerdeführers dadurch zum "Informationsbeauftragen" oder "Erfüllungsträger" der Pensionskasse mutierte. Vielmehr dürfen die Anforderungen an die Gehörsgewährung geringer gehalten werden, wenn die Parteien durch einen Anwalt vertreten sind. 4.5 Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, selbst die Vorinstanz habe der Pensionskasse eine unklare Ausdrucksweise vorgeworfen, so übersieht er, dass sich diese Erwägung auf die reglementarische resp. überobligatorische Berechnungsweise bezieht. Demgegenüber steht hier ein Aspekt der BVG-Regelung im Zentrum. Das rechtliche Gehör muss in zeitlicher Hinsicht nicht vorgängig - vor dem Zeitpunkt der Anrechnung - gewährt werden. Eine Rentenkürzung wegen Überentschädigung kann ohne Weiteres auch für den Zeitraum vor der erstmaligen Einräumung des Gehörsrechts erfolgen. Die weitergehende Funktion einer Voranzeige in dem Sinne, dass erst mit Wirkung für die Zukunft gekürzt werden dürfte, ist der nach der Rechtsprechung erforderlichen Einräumung des rechtlichen Gehörs jedenfalls nicht beizumessen (SVR 2010 BVG Nr. 45 S. 171, 9C_592/2009 E. 3.3). BGE 140 I 50 S. 57 Wenn auch das Schreiben vom 15. Dezember 2009 in französischer Sprache abgefasst ist, obwohl der Beschwerdeführer deutscher Muttersprache ist und auch die übrige Korrespondenz in Deutsch erfolgte, darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Pensionskasse, die ihren Sitz im französischsprachigen Raum hat, nicht nur Arbeitnehmer in der Deutschschweiz, sondern auch in der Romandie versichert. Im Kanton Solothurn ist zwar Deutsch Amtssprache. Diese ist jedoch allein im Behördenverkehr massgeblich, während die Leistungserbringung im nichtstreitigen Verfahren grundsätzlich nach privatrechtlichen Grundsätzen ausgestaltet ist (vgl. E. 4.1). Dessen ungeachtet durfte der Beschwerdeführer nach Treu und Glauben nicht über zwei Jahre zuwarten, bis er erstmals (vor dem kantonalen Gericht) geltend machte, das in französischer Sprache verfasste Schreiben nicht verstanden zu haben. Der vorinstanzliche Verzicht auf die Abnahme verschiedener Beweise, welche die Annahme entkräftigen sollten, dass jeder Solothurner und jede Solothurnerin Französisch verstehe, ist demnach nicht zu beanstanden. 4.6 Nach dem Gesagten steht fest, dass die Pensionskasse dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer in hinreichender Weise das rechtliche Gehör gewährt hat.
public_law
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
975f62c2-81f6-49d8-b7f6-2b3aa13de9ee
Urteilskopf 103 IV 283 78. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 1er juillet 1977 dans la cause R. S.A. contre L. et cst.
Regeste Art. 162 StGB , Art. 13 Bst. f und Bst. g UWG. Begriff des Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisses.
Erwägungen ab Seite 283 BGE 103 IV 283 S. 283 Extrait des considérants: 2. a) Dans la partie de son recours consacrée au pourvoi en nullité et aux moyens qui le fondent, la recourante invoque la fausse application des art. 162 CP et 13 litt. f et g LCD. Elle fait valoir qu'il y a bien eu de la part de M. révélation de secrets de fabrication et de secrets commerciaux qu'il était tenu de garder en vertu d'une obligation contractuelle et que les intimés ont mis à profit cette révélation. Elle invoque également une violation de l'art. 13 litt. e LCD en soutenant que G. et L. ont amené M. à manquer à ses devoirs dans l'accomplissement de son travail chez R. S.A. et qu'ils lui ont offert des avantages qui ne devaient pas lui revenir. b) Conformément à l'art. 162 CP, celui qui aura révélé un secret de fabrication ou un secret commercial qu'il était tenu de garder aux termes d'une obligation légale ou contractuelle, ainsi que celui qui aura mis à profit une telle révélation sont punissables. L'est également, en vertu de la LCD, celui qui aura induit des employés, mandataires ou auxiliaires, à trahir ou surprendre de tels secrets de leur employeur ou mandant, ou qui aura exploité ou divulgué de tels secrets qu'il BGE 103 IV 283 S. 284 a surpris d'une autre manière contraire à la bonne foi (art. 13 litt. f et g LCD). Constitue un secret, au sens du ces dispositions, toute connaissance particulière qui n'est pas de notoriété publique, qui n'est pas facilement accessible, dont un fabricant ou un commerçant a un intérêt légitime à conserver l'exclusivité et qu'en fait il n'entend pas divulguer (cf. ATF 80 IV 27). Il faut entendre par secrets de fabrication et secrets commerciaux des informations qui peuvent jouer un rôle sur le résultat commercial. Par secrets de fabrication, on entend les recettes et moyens de fabrication qui ne sont pas publics et qui revêtent une grande valeur pour le fabricant; par secrets commerciaux, on entend la connaissance de sources d'achat et de ravitaillement, et celles relatives à l'organisation, la calculation du prix, la publicité et la production (cf. MARTIN-ACHARD, FJS 887, p. 3; SCHWANDER, n. 622; HAFTER, Bes. Teil, p. 390). De telles informations ne doivent être tenues secrètes que lorsque le chef d'entreprise a exigé le respect du secret expressément ou tacitement. c) En l'espèce, la recourante invoque une clause du contrat qui la liait à M. et selon laquelle celui-ci s'était engagé à considérer comme confidentiels les instructions, renseignements et informations qui lui seraient communiqués par R. S.A. au sujet de l'outillage, des appareils et des machines qu'elle produit, cet engagement valable pour toute la durée du contrat devait subsister sans limitation de durée après la fin de celui-ci. Le respect du secret avait donc été expressément exigé par la recourante et le champ d'application de celui-ci clairement défini. Si l'on se réfère aux constatations de l'autorité cantonale, qui ne peuvent être remises en cause (art. 277bis al. 1 PPF), on ne peut exclure que M., en participant à la construction de machines semblables dans leur but à celles de R. S.A., ait révélé aux autres intimés des informations constituant des secrets de fabrication ou des secrets commerciaux. Cela peut être notamment déduit de la conservation des plans, puisqu'il ressort des constatations de l'autorité cantonale que des machines ont été construites avec l'aide de ceux-ci, et cela même si elles sont différentes de celles de R. S.A. et si aucune pièce non commerciale des machines E. n'a été exécutée selon ces plans. En effet, dès lors que certains éléments BGE 103 IV 283 S. 285 des machines de R. S.A. ont été adaptés, ils ont été exploités et divulgués. Cela suffit à réaliser l'élément objectif de l'infraction réprimée à l'art. 162 al. 1 CP (ZR 57 p. 25). De plus, les listes de fournisseurs que M. a gardées par-devers lui et probablement utilisées peuvent également, on l'a vu, contenir des renseignements constituant des secrets d'affaires. Si l'autorité cantonale a réellement acquis la conviction qu'il n'en est rien, elle devait indiquer clairement pourquoi sans se limiter à affirmer le contraire, car il s'agit là d'une question de droit. Malgré les différences de conception, qui selon les experts apparaissent à l'examen des machines, on se trouve bien, au vu des constatations de l'autorité cantonale, dans une situation où l'apport de l'expérience professionnelle a constitué une part importante de la prestation de M.; or cette expérience repose en bonne partie sur l'activité déployée durant de nombreuses années au service de R. S.A. et elle lui est si étroitement liée qu'elle représente en soi un secret au sens de l'art. 162 CP (cf. TREADWELL, Der Schutz von Geschäfts- und Fabrikationsgeheimnissen im schweizerischen Wettbewerbsrecht, thèse Zurich 1956, p. 26 ss; DRUEY, in RDS 92 (1973) I 473). L'autorité cantonale relève d'ailleurs elle-même que la connaissance que M. avait des défauts présentés par les machines RT 61 et 62 lui a permis de restreindre au minimum les études de variantes nécessaires à la mise au point de ses propres produits. Dans ces conditions, il était contraire au droit fédéral, en l'état de l'instruction et des constatations de fait, d'exclure l'existence d'infractions aux art. 162 CP et 13 litt. f et g LCD. M. doit donc être renvoyé en jugement et ne saurait bénéficier d'un non-lieu. Il en va de même de L. et de G., car si leur coïnculpé doit être jugé en application de l'art. 162 al. 1 CP, ils doivent l'être également, conformément à l'alinéa 2 de cette disposition.
null
nan
fr
1,977
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
97634c00-154f-4148-9e70-394526e03cba
Urteilskopf 126 IV 91 14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. April 2000 i.S. X. gegen A., B., Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 32 Abs. 1 SVG , 4 Abs. 1 VRV; Anpassung der Geschwindigkeit an die Sichtweite. Diese Regel gilt auch auf Autobahnen, insbesondere nachts beim Fahren mit Abblendlicht (E. 4; Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 126 IV 91 S. 91 Frau C. fuhr mit einer Beifahrerin am 20. April 1997, um ca. 00.20 Uhr, am Steuer eines Personenwagens Seat Ibiza auf der Normalspur der Autobahn von Gossau in Richtung Wil. Bei Oberbühren näherte sich von hinten der alkoholisierte D. mit seinem Personenwagen Volvo. Er kollidierte mit dem Auto von C., welches ins Schleudern geriet, mit der Mittelseilanlage zusammenstiess, umkippte, sich um 270 Grad drehte, mit dem Boden in Richtung auf die herannahenden Fahrzeuge auf der Fahrerseite liegen blieb und dabei mindestens zwei Meter in die Überholspur ragte. Die beiden Frauen befreiten sich aus dem Fahrzeug und hielten sich kurze Zeit unmittelbar hinter diesem (in der Fahrtrichtung gesehen) auf, als X., der soeben E. überholt hatte, mit seinem Personenwagen Mercedes und einer Geschwindigkeit von 130 km/h auf der Überholspur herannahte und mit dem liegenden Unfallfahrzeug zusammenstiess. Durch die Wucht des Aufpralls begann sich dieses zu drehen. Dabei wurden C. und ihre Beifahrerin erfasst und auf die Überholspur der Gegenfahrbahn geschleudert. C. zog sich einen Genickbruch zu, BGE 126 IV 91 S. 92 was zum sofortigen Tod führte. Die Beifahrerin erlitt Brüche an Oberarm, Schulterblatt, Rippen und an einem Finger. Auch X. wurde schwer verletzt. Die Gerichte des Kantons St. Gallen verurteilten X. wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung unter anderem zu einer bedingten Gefängnisstrafe von einer Woche. Dagegen richtet sich die vorliegende eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. a) aa) Art. 117 bzw. 125 StGB stellen die fahrlässige Tötung und die fahrlässige Körperverletzung unter Strafe. Nebst dem Eintritt des Erfolgs müssen für eine Verurteilung zwei Bedingungen erfüllt sein. Der Täter muss fahrlässig gehandelt haben, und es muss zwischen der Fahrlässigkeit und dem eingetretenen Erfolg ein Kausalzusammenhang bestehen. Gemäss Art. 18 Abs. 3 StGB handelt fahrlässig, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat; pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beobachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. Bei der Bestimmung des im Einzelfall zugrunde zu legenden Massstabes des sorgfaltsgemässen Verhaltens kann auf Bestimmungen zurückgegriffen werden, die - wie die Strassenverkehrsregeln - der Unfallverhütung und der Sicherheit dienen ( BGE 122 IV 225 S. 227). bb) Die Geschwindigkeit eines Fahrzeugs ist stets den Umständen und insbesondere den Sichtverhältnissen anzupassen ( Art. 32 Abs. 1 SVG ; SR 741.01). Der Fahrzeuglenker darf nur so schnell fahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke anhalten kann (Art. 4 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11]). Dies gilt auch auf Autobahnen (vgl. Art. 43 Abs. 3 Satz 3 SVG i.V. mit Art. 36 VRV ), insbesondere nachts beim Fahren mit Abblendlicht ( BGE 93 IV 115 ). An diesem Grundsatz ist festzuhalten und seine Bedeutung mit Nachdruck in Erinnerung zu rufen. cc) Das Bundesgericht hat bereits in BGE 93 IV 115 festgehalten, es sei nicht zu sehen, wie der in Art. 32 Abs. 1 SVG aufgestellte Grundsatz verwirklicht werden könnte, wenn nicht auch nachts und auf Autobahnen auf die Sichtweite abgestellt würde. In diesem BGE 126 IV 91 S. 93 Präjudiz ging es um einen Automobilisten, der mit Abblendlicht fuhr und einem Stuhl, der auf der Fahrbahn lag, ausweichen wollte, dabei aber ins Schleudern geriet und verunfallte. Das Bundesgericht führte dazu aus, auch auf Autobahnen sei die Gefahr des Zusammentreffens mit unbeleuchteten Hindernissen nicht so selten, dass ihre Möglichkeit unberücksichtigt bleiben dürfe; insbesondere gäben immer wieder Motorfahrzeuge, die nach einem Unfall die Fahrbahn versperrten und nicht oder nur schlecht beleuchtet seien, Anlass zu Kollisionen; es wäre unverantwortlich, trotz der Möglichkeit solcher Hindernisse um der Erreichung hoher Geschwindigkeiten willen auf das Gebot des Fahrens auf Sicht ganz oder teilweise zu verzichten, denn die Sicherheit des Verkehrs und insbesondere der Schutz von Menschenleben gehe dem Streben nach Zeitgewinn vor (vgl. BGE 93 IV 115 S. 117/118). Einige Jahre später bestätigte das Bundesgericht ausdrücklich, nachts sei die Geschwindigkeit eines mit Abblendlicht auf der Autobahn fahrenden Fahrzeugs nur dann den Verhältnissen angepasst, wenn der Lenker in der Lage sei, innert der kürzesten beleuchteten Strecke, "d.h. auf der linken Fahrbahnseite innert 50 m", anzuhalten ( BGE 100 IV 279 , worin zudem festgehalten wird, ein Lenker, der ein Hindernis, welches er auf 50 m hätte sehen können, erst auf 20 m wahrnehme, sei unaufmerksam). An dieser Rechtsprechung hat das Bundesgericht in seiner neuesten Rechtsprechung festgehalten (vgl. nicht amtlich publiziertes Urteil des Bundesgerichts vom 4. Juli 1997, veröffentlicht in SJ 1997 S. 668 und JdT 1997 I Nr. 43), in einem Fall, wo der Lenker mit Abblendlicht und 120 km/h auf der Autobahn fuhr und mit einem rechtwinklig zur Fahrbahn stehenden Auto, dessen Scheinwerfer nicht funktionierten und dessen Rücklichter für ihn nicht sichtbar waren, zusammenstiess. In Bestätigung der Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung des ausgestiegenen Beifahrers führte es erneut aus, ein Fahrzeuglenker müsse auf der Autobahn immer damit rechnen, nachts auf unbeleuchtete Hindernisse und insbesondere auf unbeleuchtete und stehende Fahrzeuge zu stossen, und habe seine Fahrweise und Aufmerksamkeit dieser möglichen Gefahr anzupassen. Gegen diese Rechtsprechung wird gelegentlich der Vorwurf erhoben, sie trage der üblichen Fahrweise und den tatsächlichen Verhältnissen auf den Autobahnen keine Rechnung und sei überdies nicht praktikabel. Dem Einwand steht jedoch die klare und eindeutige gesetzliche Regelung entgegen, die, wie gesagt, der Verkehrssicherheit und dem Schutz von Menschenleben dient. Gerade der BGE 126 IV 91 S. 94 hier zu beurteilende Unfall mit seinen schwerwiegenden Folgen - im Übrigen kein Einzelfall - zeigt, wie berechtigt die gesetzliche Regelung ist. dd) Entsprechende Vorschriften bestehen in Frankreich und Deutschland. Wenn die Sichtweite weniger als 50 m beträgt, reduziert sich in Frankreich auf dem ganzen Strassennetz, also auch auf Autobahnen, die höchste zulässige Geschwindigkeit auf 50 km/h (COUVRAT/MASSÉ, Code de la route, Codes Dalloz, Paris 1996, S. 74). Auch in Deutschland darf ein Fahrzeuglenker nur so schnell fahren, dass er innerhalb der übersehbaren Strecke halten kann (§ 3 der deutschen Strassenverkehrsordnung StVO). Für das Fahren auf Autobahnen wird dieser Grundsatz wie folgt konkretisiert (§ 18 Abs. 6 StVO): Wer auf Autobahnen mit Abblendlicht fährt, braucht seine Geschwindigkeit nicht der Reichweite des Abblendlichts anzupassen, wenn (1) die Schlussleuchten des vorausfahrenden Kraftfahrzeugs klar erkennbar sind und ein ausreichender Abstand von ihm eingehalten wird, oder (2) der Verlauf der Fahrbahn durch Leiteinrichtungen mit Rückstrahlern und, zusammen mit fremdem Licht, Hindernisse rechtzeitig erkennbar sind. Nach der Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofes (BGH) zu den Pflichten der Verkehrsteilnehmer auf Autobahnen bei Dunkelheit ist es selbstverständlich, dass sie auf Sicht fahren müssen; es mache bezüglich des Verschuldens keinen Unterschied, ob es infolge Unachtsamkeit oder wegen zu schnellen Fahrens im Hinblick auf die überschaubare Strecke zu einem Auffahren selbst eines unbeleuchteten, gegebenenfalls auch haltenden bzw. stehenden Hindernisses komme; anders liege es unter ganz besonderen Umständen nur, wenn plötzlich von der Seite her ein Hindernis in den Fahrbereich gelange oder wenn wegen ihrer besonderen Beschaffenheit Hindernisse - etwa wegen fehlenden Kontrastes zur Fahrbahn oder wegen hoher Lichtabsorption - ungewöhnlich schwer zu erkennen seien; dies könne der Fall sein, wenn ein Baumstamm weit nach hinten aus einem unbeleuchteten Anhänger herausrage, wenn eine Absperrstange eines Weidenzaunes spitzwinklig in den Verkehrsbereich hineinrage sowie wenn ein Gegenstand von der Grösse etwa eines halben Lastwagenreifens auf der Fahrbahn liege; zu den aussergewöhnlich schwer erkennbaren Gegenständen gehörten jedoch Fahrzeuge nicht, und zwar auch dann nicht, wenn sie unbeleuchtet seien (vgl. BGH in Neue juristische Wochenschrift NJW 1984 S. 2412; bestätigt in Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht NZV 1996 S. 235, 2000 S. 49; vgl. dazu auch JOACHIM BOHNERT, Sichtgeschwindigkeit auf Autobahnen, Deutsches Autorecht DAR 1986 S. 11 ff.). BGE 126 IV 91 S. 95 b) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz fuhr der Beschwerdeführer mit 130 km/h, obwohl das Abblendlicht, das er wegen des vorangehenden Überholmanövers eingeschaltet hatte, die vor ihm liegende Strecke nur 50 Meter weit ausleuchtete. Er fuhr also viel zu schnell. Obwohl er den unbeleuchteten Seat Ibiza nach den Feststellungen der Vorinstanz spätestens dann hätte erkennen können, als dieser 50 Meter weiter vorn in den Lichtkegel des Abblendlichtes geriet, hat er ihn nach seinen eigenen Angaben erst aus einer Entfernung von 30 bis 35 Metern wahrgenommen. Er widmete der Fahrbahn folglich offensichtlich nicht genügend Aufmerksamkeit. Wäre er, wie es Art. 4 Abs. 1 VRV ausdrücklich vorschreibt, nur so schnell gefahren, dass er innerhalb der überblickbaren Strecke hätte anhalten können, und hätte er der vor ihm liegenden Fahrbahn genügend Aufmerksamkeit gewidmet, so dass er den Seat Ibiza sofort wahrgenommen hätte, als dieser in den Lichtkegel des Autos geriet, dann wäre der Unfall vermieden worden. Die vom Beschwerdeführer im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde hauptsächlich aufgeworfene Frage, ob er den Unfall bzw. den Erfolg hätte vermeiden können, ist zu bejahen.
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Urteilskopf 83 I 273 38. Auszug aus dem Urteil vom 15. November 1957 i.S. Nyffeler gegen Militärdirektion des Kantons Bern.
Regeste Militärpflichtersatz: Anrechnung des elterlichen Vermögens im Falle, wo der Vater des Ersatzpflichtigen seinerzeit gemäss Art. 2 lit. b MStG vom Ersatz für immer befreit und nach Vollendung des 60. Altersjahres aus der Wehrpflicht entlassen worden ist.
Sachverhalt ab Seite 273 BGE 83 I 273 S. 273 Aus dem Tatbestand: Der im Jahre 1891 geborene Vater der Beschwerdeführer wurde, nachdem er Militärdienst geleistet hatte und zum Offizier befördert worden war, bei der Kriegsmobilmachung 1914 dienstuntauglich erklärt und im gleichen Jahre nach BGE 83 I 273 S. 274 Art. 2 lit. b MStG vom Militärpflichtersatz gänzlich befreit. Auf Ende 1951 wurde er aus der Wehrpflicht entlassen. Die Beschwerdeführer unterliegen der Militärsteuerpflicht. Bei der Veranlagung für 1957 wurde ihnen gemäss Art. 5 lit. A Ziff. 2 MStG ein Anteil am elterlichen Vermögen angerechnet. Ihr Rekurs wurde von der Militärdirektion des Kantons Bern abgewiesen. Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde machen die beiden Ersatzpflichtigen unter Berufung auf Art. 32 Abs. 2 MStV geltend, das elterliche Vermögen dürfe in ihrem Falle nicht besteuert werden, da ihr Vater gemäss Art. 2 lit. b MStG vom Militärpflichtersatz befreit worden sei. Dass der Vater das 60. Altersjahr überschritten habe, sei unerheblich. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 5 lit. A Ziff. 2 MStG fällt in die Steuerberechnung auch die Hälfte des Vermögens der Eltern im Verhältnis der Zahl der Kinder, es sei denn, dass der Vater des Steuerpflichtigen "persönlichen Militärdienst leistet oder die Ersatzsteuer bezahlt". Die Verwaltungspraxis nimmt seit langem an, es entspreche dem Sinn dieser Ordnung, das elterliche Vermögen ausserdem dann nicht anzurechnen, wenn der Vater vom Militärpflichtersatz nach Art. 2 lit. b MStG enthoben ist. Dieser Standpunkt ist bestätigt in dem durch BRB vom 14. April 1950 (AS 1950 S. 310) eingefügten Abs. 2 des Art. 32 MStV . Der gleiche Absatz sieht vor, dass die Zurechnung elterlichen Vermögens immer auch dann unterbleibt, wenn der Vater im Auszug, in der Landwehr, im Landsturm oder im Hilfsdienst eingeteilt ist. Die neuere Verwaltungspraxis geht noch einen Schritt weiter; sie sieht von dieser Zurechnung ferner in den Fällen ab, wo der Vater nach Art. 2 lit. c, d oder e MStG von der Ersatzpflicht befreit ist. Indem das Militärsteuergesetz von der Besteuerung des elterlichen Vermögens den Fall ausnimmt, wo der Vater BGE 83 I 273 S. 275 des Ersatzpflichtigen persönlichen Militärdienst "leistet" oder die Ersatzsteuer "bezahlt", stellt es auf die gegenwärtigen, im betreffenden Steuerjahre bestehenden Verhältnisse ab. Entsprechend ist Art. 32 Abs. 2 MStV gefasst; er bestimmt, dass das elterliche Vermögen ausser Betracht fällt, wenn der Vater in der Armee "eingeteilt ist" oder die Ersatzabgabe "bezahlt" oder davon nach Art. 2 lit. b des Gesetzes "enthoben ist". Die Ausnahmebestimmung am Schluss von Art. 5 lit. A Ziff. 2 MStG beruht offenbar auf dem Gedanken, dass es sich sachlich nicht rechtfertigt, dem Ersatzpflichtigen elterliches Vermögen anzurechnen, solange sein Vater der Armee zur Verfügung steht oder seinerseits die Ersatzabgabe entrichtet. Nach dem Wortlaut und Sinn des Gesetzes kann das elterliche Vermögen von der Besteuerung beim Sohne auf keinen Fall über den Zeitpunkt hinaus befreit sein, in dem der Vater aus der Wehrpflicht austritt. Die Befreiung fällt daher in der Regel spätestens dann weg, wenn der Vater das 60. Altersjahr erreicht hat. Eine Verlängerung kommt nur in Frage, wenn und solange der Vater über das wehrpflichtige Alter hinaus in der Armee eingeteilt bleibt, wie es Art. 36 Abs. 3 MO für die Offiziere ermöglicht. Im Falle, wo der Vater vom Ersatz nach Art. 2 lit. b MStG enthoben worden ist, läge es nahe, bei der Veranlagung des Sohnes das elterliche Vermögen nur solange ausser acht zu lassen, als der Vater überhaupt ersatzpflichtig sein könnte, also nach gegenwärtiger Ordnung nicht über das Jahr hinaus, in dem er das 48. Altersjahr vollendet, dies jedenfalls dann, wenn er seither nicht in der Armee eingeteilt ist. Indessen geht die Verwaltungspraxis davon aus, dass der Wehrpflichtige, dessen Gesundheit infolge des geleisteten Dienstes geschädigt worden ist und der daher die Diensttauglichkeit eingebüsst hat, dem Wehrwesen ein Opfer gebracht habe, das der Dienstleistung bis zum 60. Altersjahr gleichwertig sei; sie sieht deshalb von der Besteuerung des elterlichen Vermögens auch hier stets bis zum Austritt des Vaters aus dem wehrpflichtigen BGE 83 I 273 S. 276 Alter ab. Auf alle Fälle schliesst das Gesetz es aus, dem Ersatzpflichtigen, dessen Vater infolge des Dienstes militäruntauglich geworden und daher vom Ersatz befreit worden ist, die Steuerfreiheit für das elterliche Vermögen über das Jahr hinaus zu gewähren, in dem der Vater ohnehin, auch als Diensttauglicher, aus der Wehrpflicht entlassen worden wäre.. ..
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Urteilskopf 139 IV 186 24. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A. contre Ministère public de la République et canton de Genève (recours en matière pénale) 1B_36/2013 du 6 mars 2013
Regeste Art. 227 Abs. 7 und Art. 231 Abs. 2 StPO ; keine periodische automatische Überprüfung der Sicherheitshaft während des Berufungsverfahrens. Mangels Verweis auf Art. 227 Abs. 7 StPO erfolgt keine periodische Überprüfung der Sicherheitshaft, sobald das Berufungsgericht mit der Sache befasst ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 139 IV 186 S. 186 A. Par jugement rendu le 27 septembre 2012, dont le dispositif a été notifié séance tenante, le Tribunal correctionnel de la République et canton de Genève a (...) reconnu A. coupable d'entrave à l'action BGE 139 IV 186 S. 187 pénale ( art. 305 CP ), ainsi que d'entrée et de séjour illégaux au sens de l' art. 115 al. 1 let. a et b LEtr (RS 142.20) et l'a condamné à une peine privative de liberté de 18 mois, sous déduction de 533 jours de détention subie avant jugement, assortie du sursis avec un délai d'épreuve de trois ans, sa libération étant en conséquence ordonnée. Le Ministère public a annoncé appeler de ce jugement aussitôt après son prononcé et a requis le maintien de A. en détention pour des motifs de sûreté. Par décision du même jour, le Tribunal correctionnel a ordonné sa mise en détention provisoire à titre de sûreté. Sur requête motivée du Ministère public, la Présidente de la Chambre pénale d'appel et de révision de la Cour de justice de la République et canton de Genève a ordonné le 2 octobre 2012 le maintien de A. en détention pour des motifs de sûreté, précisant dans les considérants de sa décision qu'elle vaudrait jusqu'à droit connu en appel. Par ordonnance du 15 janvier 2013, la Chambre pénale a fixé les débats aux 12 et 13 mars 2013. B. Par acte du 8 janvier 2013, A. a requis sa mise en liberté immédiate. La Présidente de la Chambre pénale d'appel et de révision a rejeté cette demande par ordonnance du 18 janvier 2013. Elle a considéré qu'aucune disposition du code de procédure pénale ne prévoyait un contrôle périodique de la détention pour motifs de sûreté ordonnée pendant la procédure d'appel. La systématique de la loi ne laisserait pas présumer de renvoi aux dispositions relatives à la détention provisoire prévoyant un tel contrôle périodique. C. Agissant par la voie du recours en matière pénale, A. demande au Tribunal fédéral d'annuler cette décision, de constater l'illégalité de la détention qu'il a subie depuis le 3 janvier 2013 et d'ordonner sa mise en liberté immédiate. (...) Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Une mesure de détention préventive n'est compatible avec la liberté personnelle ( art. 10 al. 2 Cst. et art. 5 CEDH ) que si elle repose sur une base légale ( art. 31 al. 1 et art. 36 al. 1 Cst. ). Elle doit en outre correspondre à un intérêt public et respecter le principe de la proportionnalité ( art. 36 al. 2 et 3 Cst. ; ATF 123 I 268 consid. 2c p. 270). Pour que tel soit le cas, la privation de liberté doit être justifiée par les besoins de l'instruction, un risque de fuite ou un danger de BGE 139 IV 186 S. 188 collusion ou de réitération (cf. art. 221 al. 1 let. a, b et c CPP). Préalablement à ces conditions, il doit exister à l'égard de l'intéressé des charges suffisantes, soit de sérieux soupçons de culpabilité ( art. 221 al. 1 CPP ; art. 5 par. 1 let . c CEDH; arrêt 1B_63/2007 du 11 mai 2007 consid. 3, non publié in ATF 133 I 168 ). 2.1 Le recourant ne critique pas que les conditions énumérées à l' art. 221 CPP soient réalisées en l'espèce. Ses griefs sont exclusivement dirigés contre l'absence alléguée de titre de détention depuis le 3 janvier 2013. Le recourant invoque en effet une violation de l' art. 31 al. 1 Cst. , ainsi que des art. 229 al. 3 let. b et 227 al. 7 CPP. Il fait valoir que la durée de la détention pour des motifs de sûreté, sur demande du Ministère public dans le cadre de la procédure d'appel et après acquittement par le tribunal de première instance, doit, à l'instar de la détention provisoire, être fixée pour une durée maximale de trois mois, renouvelable. Tel n'ayant pas été le cas le concernant, la détention qu'il subit depuis le 3 janvier 2013, soit depuis l'écoulement de trois mois à compter de la décision de la Cour de justice, serait illégale. 2.2 Selon la jurisprudence, la nature de la détention demeure la même, qu'il s'agisse de détention provisoire ou pour des motifs de sûreté. Dès lors, un contrôle périodique de l'adéquation aux principes de célérité et de proportionnalité de la détention pour des motifs de sûreté doit pouvoir être opéré par le tribunal des mesures de contrainte ( ATF 137 IV 180 consid. 3.5 p. 186). 2.2.1 Cette jurisprudence a été rendue pour régler les questions liées à la détention pendant la période comprise entre la notification de l'acte d'accusation ( art. 220 al. 2 CPP ) et le prononcé du jugement de première instance. Elle est fondée sur le renvoi à l' art. 227 al. 7 CPP prévu à l' art. 229 al. 3 CPP et justifiée par une interprétation littérale de ces dispositions. A ce stade de la procédure, le contrôle périodique de la détention est examiné par le Tribunal des mesures de contrainte ( art. 227 CPP ); ses décisions sont susceptibles de recours auprès de l'autorité cantonale de recours ( art. 222 et 393 al. 1 let . c CPP). 2.2.2 Dans un arrêt plus récent ( ATF 139 IV 94 ), le Tribunal fédéral a eu l'occasion d'examiner les questions de détention pour des motifs de sûreté liées à la période comprise entre le prononcé du jugement de première instance et la saisine de la juridiction d'appel. Au moment du jugement, il appartient en effet au tribunal de BGE 139 IV 186 S. 189 première instance de déterminer si le prévenu qui a été condamné doit être placé ou maintenu en détention ( art. 231 al. 1 CPP ). Quant au jugement sur la culpabilité du prévenu, les sanctions et les autres conséquences, il est motivé et notifié dans les 60 jours, exceptionnellement dans les 90 jours à compter de la remise du dispositif (art. 351 en lien avec l' art. 84 al. 2 et 4 CPP ). Dans le système ainsi prévu par le code, la question de la prolongation de la détention pour une durée supérieure à trois mois après la notification du dispositif de première instance ne devrait pas se poser. Dans l'hypothèse - précisément réalisée dans l'arrêt précité - où le tribunal de première instance tarde à motiver son jugement de condamnation, il lui appartient alors de réexaminer lui-même d'office l'adéquation aux principes de célérité et de proportionnalité de la détention pour des motifs de sûreté (arrêt précité, consid. 2.3.1). Afin d'assurer un contrôle de telles décisions, une voie de recours est assurée auprès de l'autorité cantonale de recours ( art. 393 al. 1 let. b CPP ). 2.2.3 Dès que la juridiction d'appel est saisie ( art. 399 al. 2 CPP ), les art. 231-233 CPP confèrent à la direction de la procédure de cette juridiction différentes compétences en matière de détention pour des motifs de sûreté: elle peut revenir sur la libération ordonnée par le tribunal de première instance après un jugement d'acquittement ( art. 231 al. 2 CPP ), ordonner une mise en détention en raison de faits nouveaux apparus pendant la procédure d'appel ( art. 232 CPP ) et statuer sur les demandes de libération formées durant la procédure d'appel ( art. 233 CPP ). A teneur de la jurisprudence, elle est également compétente pour maintenir le prévenu en détention si l'autorité de première instance a omis de se prononcer sur ce point (arrêt 1B_683/ 2011 du 5 janvier 2012 consid. 2.3, in Pra 2012 n° 113 p. 791). Dans tous les cas, elle doit rendre, par référence à l' art. 226 al. 2 CPP , une décision écrite et sommairement motivée ( ATF 138 IV 81 consid. 2.5). La question de savoir si un contrôle périodique de la détention pour des motifs de sûreté doit également intervenir à compter de la saisine de l'instance d'appel n'a pas encore été tranchée par le Tribunal fédéral. Certains auteurs rejettent l'obligation d'un contrôle périodique, se référant à l'absence de renvoi à l' art. 227 CPP devant l'instance d'appel (DANIEL LOGOS, in Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, n° 23 ad art. 231 CPP avec renvoi au n° 17 ad art. 229 CPP ; cf. également NIKLAUS SCHMID, Handbuch des BGE 139 IV 186 S. 190 schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, n. 1048). D'autres auteurs admettent que la procédure de prolongation périodique de la détention s'applique en appel (PIQUEREZ/MACALUSO, Procédure pénale suisse, 3 e éd. 2011, p. 436 n. 1245; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3 e éd. 2012, n. 975). Ils émettent néanmoins des critiques, dénonçant, pour l'un, le formalisme d'un tel contrôle qui serait inutile et ne renforcerait pas la position juridique du détenu (OBERHOLZER, op. cit., n. 976) et attirant, pour les autres, l'attention sur les problèmes liés à l'incompatibilité entre la fonction juge du contrôle de la détention et celle de juge du fond (PIQUEREZ/MACALUSO, op. cit., n os 1247-1250; cf. cependant: ATF 138 I 425 consid. 4.4 p. 432). Devant l'instance d'appel, la question de savoir qui doit saisir la direction de la procédure d'appel en vue de la prolongation de la détention pour des motifs de sûreté n'est pas réglée par la loi. La transposition du système institué par la jurisprudence pour la procédure devant le tribunal de première instance (cf. supra consid. 2.2.2) entraînerait un contrôle d'office par la direction de la procédure d'appel elle-même. Contrairement à ce qui prévaut devant la première instance, une voie de recours cantonale ne serait cependant pas ouverte contre de telles décisions (art. 393 al. 1 a contrario et art. 233 CPP ). Dès lors, le contrôle par une juridiction cantonale supérieure du respect des principes de célérité et de proportionnalité de la détention préventive ne serait pas assuré. Quant au recours en matière pénale auprès du Tribunal fédéral, il ne permet pas un contrôle aussi étendu que celui procuré par le recours cantonal (cf. art. 393 al. 2 CPP , art. 95 et 97 al. 1 LTF ). Ce résultat ne serait d'ailleurs pas différent si la saisine de la direction de la procédure d'appel en matière de prolongation de la détention pour des motifs de sûreté était donnée au Ministère public, par application analogique des art. 225 et 227 CPP (dans ce sens: OBERHOLZER, op. cit., n. 982). Ces éléments, inhérents aux spécificités de la procédure d'appel, amènent le Tribunal fédéral à considérer que le principe du contrôle périodique de la détention pour des motifs de sûreté n'est pas transposable en deuxième instance. Contrairement à la situation évoquée sous consid. 2.1.1 ci-dessus, le texte de la loi ne contient aucun renvoi à l' art. 227 al. 7 CPP . En outre, l'examen des art. 231 al. 2, 232 et 233 CPP et des travaux préparatoires y relatifs (Message du 21 décembre 2005 relatif à l'unification du droit de la procédure pénale, FF 2006 1216 s. ad art. 230) ne laisse aucune place à l'introduction d'un contrôle périodique de la détention à ce stade-là du procès pénal. A ce moment-là de la procédure, un jugement de condamnation BGE 139 IV 186 S. 191 a d'ailleurs déjà été rendu, ce qui renforce l'existence de forts soupçons au sens de l' art. 221 al. 1 CPP et réduit d'autant l'obligation périodique d'en contrôler l'existence. A cela s'ajoute le fait que l'organisation des débats d'appel devrait en règle générale être moins lourde qu'en première instance (cf. art. 404 CPP ), ce qui devrait réduire la durée de cette procédure. Enfin, dans la mesure où le prévenu peut en tout temps demander sa libération auprès de la direction de la procédure d'appel ( art. 233 CPP ), sa position juridique n'est pas affectée par la présente solution. 2.3 En l'espèce, la détention litigieuse a été ordonnée le 2 octobre 2012 en application de l' art. 231 al. 2 CPP par la juridiction d'appel, laquelle a indiqué qu'elle vaudrait jusqu'à droit connu en appel. Pour les motifs qui viennent d'être évoqués, une telle manière de procéder ne viole pas le droit fédéral. S'agissant au demeurant ici d'une prévention, notamment, d'actes d'ordre sexuel commis sur une personne incapable de discernement ou de résistance, avec la circonstance aggravante de la commission en commun autorisant le prononcé d'une peine maximale de 15 ans ( art. 191 et 200 CP ), la fixation des débats d'appel pour les 12 et 13 mars 2013, soit avant l'échéance du délai de six mois prévu à l' art. 227 al. 7 2 e hypothèse CPP, respecterait les principes de célérité et de proportionnalité de la détention pour motifs de sûreté.
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Urteilskopf 125 I 14 3. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. Dezember 1998 i.S. Ella Aegerter und Mitbeteiligte gegen Kanton Basel-Stadt und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ; Art. 17 Gleichstellungsgesetz; Lohngleichheit. (Keine) intertemporalrechtliche Anwendung des Gleichstellungsgesetzes (E. 2). Der Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn kann im Rahmen der Verjährung auch nachträglich geltend gemacht werden. Einschränkung auf Grund von Treu und Glauben (E. 3)?
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 125 I 14 S. 14 A.- Am 27. Oktober 1987 beantragten 19 im Kanton Basel-Stadt tätige Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen dem Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, es sei ihnen gestützt auf Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ab dem Jahr 1986 ein höherer Lohn zu bezahlen. Den ablehnenden Entscheid des Regierungsrates zogen sie an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt weiter, welches die Beschwerde abwies. Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde wurde vom Bundesgericht am 31. Mai 1991 gutgeheissen ( BGE 117 Ia 262 ). In der Folge hiess das Appellationsgericht mit Urteil vom 9. Juli 1993 die 19 Rekurse teilweise gut und wies den Kanton an, die damaligen Rekurrentinnen ab 1. November 1987 um zwei Lohnklassen höher zu entlöhnen, da die bisherige Lohneinstufung geschlechtsdiskriminierend sei. Nachdem das Bundesgericht auf eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde des Kantons Basel-Stadt nicht eingetreten war ( BGE 120 Ia 95 ), reihte der Kanton alle Kindergärtnerinnen und Kindergärtner bzw. Arbeits- und Hauswirtschaftslehrerinnen und -lehrer auf den 1. August 1994 um zwei Lohnklassen höher ein. BGE 125 I 14 S. 15 Am 29. April 1994 reichten 582 am ersten Verfahren nicht beteiligte Kindergärtnerinnen, Arbeits- und Hauswirtschaftslehrer und -lehrerinnen den Antrag ein, sie seien rückwirkend per 1. Mai 1989 in die entsprechenden höheren Lohnklassen einzureihen und es sei ihnen ab 1. Mai 1989 die sich aus dieser Neueinreihung ergebende Lohndifferenz nachzuzahlen. Mit Entscheid vom 21. November 1995 beschloss der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt, den Antragstellerinnen eine Lohnnachzahlung für die Zeit vom 1. Mai 1994 bis 31. Juli 1994 zu leisten. Im Übrigen wies er die Begehren ab. Dagegen erhoben 581 der Gesuchstellerinnen Rekurs an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt mit dem Antrag, es seien ihnen die entsprechenden Lohnnachzahlungen seit 1. Mai 1989 auszurichten. Das Appellationsgericht hiess mit Urteil vom 16. Mai 1997 die Rekurse teilweise gut und stellte fest, die Rekurrentinnen seien ab 1. November 1993 um jeweils zwei Lohnklassen höher einzustufen und entsprechend zu entlöhnen. Im Übrigen wies es die Rekurse ab. Den Rekurrentinnen wurde eine Gebühr von je Fr. 50.-- auferlegt. Das Gericht erwog, dass die im alten Lohngesetz von 1970 vorgesehene Einstufung der drei Fachrichtungen das Gleichheitsgebot ( Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV ) verletze und jeweils eine um zwei Lohnklassen höhere Einreihung angemessen wäre. Der Anspruch auf geschlechtsneutrale Entlöhnung könne grundsätzlich auch rückwirkend geltend gemacht werden. Diese Befugnis werde aber nicht nur durch die Verjährung, sondern auch in weiteren Fällen eingeschränkt. Erst mit der im Oktober 1993 erfolgten Eröffnung des Urteils vom 9. Juli 1993 habe der Kanton Kenntnis von Vorliegen und Ausmass einer Verletzung von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV erhalten. Diejenigen Bediensteten, die vor diesem Zeitpunkt ihre Lohneinstufung nicht angefochten hätten, hätten nach Treu und Glauben ihre Ansprüche eingebüsst. Zum Kostenpunkt erwog das Gericht, die in Art. 12 (recte: Art. 13 Abs. 5) des Bundesgesetzes vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151) vorgesehene Kostenfreiheit komme nicht zum Tragen, da dieses Gesetz noch keine Anwendung finde. B.- 558 der ursprünglichen Gesuchstellerinnen erhoben am 15. August 1997 staatsrechtliche Beschwerde und Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragen sie, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Mai 1997 aufzuheben. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellen sie den Antrag, dieses Urteil bezüglich des Kostenentscheids aufzuheben. BGE 125 I 14 S. 16 Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut und erklärt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für gegenstandslos. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Beschwerdeführerinnen haben beide Rechtsmittel in einer einzigen Beschwerdeschrift erhoben, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Welches Rechtsmittel zulässig ist, ob vorliegend beide Rechtsmittel ergriffen werden können und in welchem Umfang darauf einzutreten ist, prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition. Entsprechend der subsidiären Natur der staatsrechtlichen Beschwerde ist zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht ( BGE 123 II 289 E. 1a S. 290, mit Hinweis). b) Die Beschwerdeführerinnen rügen hauptsächlich eine Verletzung von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV . Der in dieser Bestimmung statuierte Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit ist - soweit es wie vorliegend um öffentlichrechtliche Arbeitsverhältnisse geht - ein verfassungsmässiges Recht, welches vorbehältlich anderslautender Regelungen mit staatsrechtlicher Beschwerde durchzusetzen ist ( BGE 124 II 409 E. 1a S. 411 f.; BGE 120 Ia 95 E. 1c/bb S. 98 f.; je mit Hinweisen). Dieser Anspruch wird heute durch das am 1. Juli 1996 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann konkretisiert, welches bezüglich öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse öffentliches Recht des Bundes darstellt und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde durchgesetzt werden kann ( BGE 124 II 409 E. 1d). Vorliegend stehen jedoch einzig Lohnansprüche für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes zur Diskussion. Da der erstinstanzliche Entscheid des Regierungsrates bereits am 21. November 1995, mithin vor dem Inkrafttreten des Gleichstellungsgesetzes erging, ist dieses Gesetz gemäss seinem Art. 17 auf die vorliegende Streitsache nicht anwendbar, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist. Auf die staatsrechtliche Beschwerde ist daher einzutreten. c) Wie es sich mit der Nichtanwendung von Art. 13 Abs. 5 GlG bezüglich der Kosten für das verwaltungsgerichtliche Verfahren verhält, kann angesichts des Ausgangs der staatsrechtlichen Beschwerde offen bleiben. 3. a) Nach dem insoweit rechtskräftigen Urteil des Appellationsgerichts haben die Beschwerdeführerinnen Anspruch auf den um zwei Lohnklassen höheren Lohn, da die im Lohngesetz vorgesehene Besoldung diskriminierend ist. Zur Diskussion steht einzig, BGE 125 I 14 S. 17 ob dieser Lohnanspruch - wie das Appellationsgericht entschieden hat - erst für die Zeit seit dem 1. November 1993 besteht, oder aber - wie die Beschwerdeführerinnen vorbringen - bereits seit dem 1. Mai 1989. b) Das Bundesgericht hat am 3. Juli 1998 in einem ähnlich gelagerten Fall entschieden, dass das Lohngleichheitsgebot eine zwingende Bestimmung ist und ein sich daraus ergebender Anspruch im Rahmen der Verjährungsfrist auch nachträglich noch geltend gemacht werden kann. Das ergibt sich aus der Natur des Lohngleichheitsgebots als unmittelbar anwendbares subjektives Individualrecht ( BGE 124 II 436 E. 10d/e S. 450 ff.). Zwar gibt das Diskriminierungsverbot grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte Lohnhöhe, sondern nur darauf, dass keine diskriminierenden Lohnunterschiede bestehen. Da es aber rechtlich nicht zulässig ist, rückwirkend Löhne zu reduzieren, kann eine in der Vergangenheit erfolgte Diskriminierung nur dadurch beseitigt werden, dass den rechtswidrig Benachteiligten eine entsprechende Lohnnachzahlung geleistet wird ( BGE 124 II 436 E. 11 S. 456 ff.). c) Im zitierten Urteil war bereits das Gleichstellungsgesetz anwendbar, während der vorliegende Fall einzig nach Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV zu entscheiden ist. Das ändert jedoch nichts an der Beurteilung. Das Bundesgericht ist schon in früheren Entscheiden davon ausgegangen, dass unter der Herrschaft von Art. 4 Abs. 2 BV ein Anspruch auf Nachzahlung besteht (vgl. BGE 124 II 436 E. 10c S. 450, mit Hinweisen). Das entspricht der Rechtslage bei privatrechtlichen Arbeitsverhältnissen, wo das Lohngleichheitsgebot als zwingende Bestimmung im Sinne von Art. 341 Abs. 1 OR gilt (vgl. BGE 124 II 436 E. 10e/bb S. 451 f., mit zahlreichen Hinweisen). Die Tragweite des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Lohngleichheit kann nicht weniger weit gehen als diejenige des privatrechtlichen ( BGE 124 II 436 E. 10e/cc S. 452). d) Das Appellationsgericht ist grundsätzlich gleicher Ansicht. Es geht jedoch davon aus, die Zulässigkeit der Nachforderung werde nicht nur durch den Eintritt der Verjährung, sondern auch in weiteren Fällen eingeschränkt. Soweit keine klare Verletzung des Gleichheitsgebots vorliege, würde die Rechtssicherheit in unerträglicher Weise verletzt, wenn der Arbeitgeber gezwungen wäre, rückwirkend Lohnnachzahlungen zu gewähren. Er müsse deshalb auf die geltende Rechtslage, wie sie durch Lohnabrede oder rechtskräftige Lohnverfügung geschaffen worden sei, vertrauen können und brauche nicht mit rückwirkenden Lohnforderungen zu rechnen. Vorliegend habe BGE 125 I 14 S. 18 der Kanton erst im Oktober 1993 mit der Eröffnung des verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 9. Juli 1993 Kenntnis von der Verletzung der Lohngleichheit erhalten. Diejenigen Bediensteten, die nicht vorher bereits eine Lohnnachforderung gestellt hätten, hätten nach Treu und Glauben ihre Ansprüche für die Zeit bis zum Erlass des die Ungewissheit beendenden Gerichtsurteils eingebüsst. Das Appellationsgericht beruft sich damit nicht auf eine kantonalrechtliche Verjährungsbestimmung, sondern auf die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Das sind bundesverfassungsrechtliche Grundsätze, deren Anwendung das Bundesgericht frei prüft. e) Im zitierten Urteil vom 3. Juli 1998 hat das Bundesgericht entschieden, dass die im Rahmen des Gleichstellungsgesetzes anwendbare Verjährungsfrist eine bundesrechtliche sei ( BGE 124 II 436 E. 10k S. 456). Das muss auch gelten für die unmittelbar aus Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV fliessenden Ansprüche. Es ist somit zu prüfen, ob die vom Appellationsgericht angerufenen verfassungsrechtlichen Grundsätze die bundesrechtliche Verjährungsfrist abzukürzen vermögen. f) Der Hinweis des Appellationsgerichts auf die Rechtssicherheit läuft darauf hinaus, dass der Zeitraum, für welchen eine Nachzahlung geschuldet ist, davon abhängt, ob die Rechtslage klar und sich der Schuldner seiner Zahlungspflicht bewusst war. Eine solche Auffassung ist willkürlich. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen sich ein Schuldner auf Grund einer unklaren Rechts- oder Sachlage seiner Schuld nicht bewusst ist und deren Bestand oder Umfang auch nicht kennen kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es um neuere Gesetze geht, deren Auslegung und Tragweite mangels gefestigter Praxis noch nicht ohne weiteres klar ist. Damit ist unausweichlich eine gewisse Rechtsunsicherheit verbunden. Das ist keine Besonderheit des Diskriminierungsverbots, sondern gilt in vielen anderen Bereichen gleichermassen und kann keinen Einfluss auf den Bestand oder die Durchsetzbarkeit einer Forderung haben. Der Zustand der Rechtsunsicherheit wird durch die Verjährung zeitlich begrenzt. Das subjektive Bewusstsein des Schuldners kann diese Frist nicht zusätzlich verkürzen. Dass der Kanton keine Rückstellungen gebildet hat, vermag daran nichts zu ändern. Die Durchsetzbarkeit einer Forderung kann klarerweise nicht davon abhängen, ob der Schuldner Mittel für die Bezahlung bereitgestellt hat. Das gilt auch, wenn der Schuldner ein Gemeinwesen ist; Zahlungen, die sich aus übergeordnetem Recht bzw. aus gerichtlichen Urteilen ergeben, sind gebundene Ausgaben und müssen unabhängig von finanzrechtlichen BGE 125 I 14 S. 19 Gegebenheiten des betreffenden Gemeinwesens geleistet werden ( BGE 124 II 436 E. 10h S. 455, mit Hinweisen). g) Auch die Geltendmachung von Lohnansprüchen ist an die Schranke des Rechtsmissbrauchsverbots bzw. des Gebots von Treu und Glauben gebunden. Wie das Bundesgericht im privaten Arbeitsrecht entschieden hat, ist jedoch das blosse Zuwarten mit der Geltendmachung eines Anspruchs kein Rechtsmissbrauch ( BGE 110 II 273 E. 2 S. 275; BGE 105 II 39 E. b S. 42). Generell darf innerhalb der Verjährungsfrist eine Anspruchsverwirkung wegen rechtsmissbräuchlicher Verzögerung nur mit grosser Zurückhaltung angenommen werden ( BGE 94 II 37 E. 6b S. 41). Zum Zeitablauf müssen weitere Umstände hinzutreten, welche die Rechtsausübung mit der früheren Untätigkeit des Berechtigten in einem unvereinbaren Widerspruch erscheinen lassen ( BGE 116 II 428 E. 2 S. 431; 95 II 109 E. 4 S. 116; BGE 94 II 37 E. 6c S. 42). Der Umstand, dass eine in diskriminierender Weise entlöhnte Stelle angetreten und beibehalten wurde, ohne eine Nachzahlung zu fordern, kann für sich allein nicht als gültiger Verzicht auf die Geltendmachung des Anspruchs auf Lohngleichheit betrachtet werden, wäre doch sonst das Diskriminierungsverbot praktisch nicht durchsetzbar ( BGE 124 II 436 E. 10e/dd S. 453). Auch dass sich die Beschwerdeführerinnen am ersten, im Jahre 1987 von 19 Lehrkräften eingeleiteten Verfahren nicht beteiligt haben, vermag keinen rechtsgültigen Verzicht darzustellen. Eine Anspruchsverwirkung infolge Rechtsmissbrauchs kann nicht schon darin liegen, dass die Beschwerdeführerinnen ihren Anspruch später geltend gemacht haben als andere Personen in ähnlicher Situation. Besondere Umstände, welche die Annahme eines Rechtsmissbrauchs begründen könnten, werden vom Kanton nicht vorgebracht. h) Dass der fragliche Lohn durch die damals anwendbare Besoldungsregelung rechtssatzmässig festgelegt worden war, vermag die Nachforderung ebenfalls nicht auszuschliessen. Denn im Rahmen der Beurteilung individueller Lohnbegehren ist vorfrageweise zu prüfen, ob die für die fragliche Zeitdauer anwendbare generelle Besoldungsregelung mit dem in Art. 4 Abs. 2 BV enthaltenen (seit 1981 in Kraft stehenden) Diskriminierungsverbot vereinbar ist ( BGE 124 II 436 E. 10f S. 453 f.). i) Im Verwaltungsrecht gilt zwar der Grundsatz, dass eine formell rechtskräftige Verfügung ein Rechtsverhältnis verbindlich regelt. Namentlich kann sie in einem späteren Verantwortlichkeitsverfahren nicht mehr in Frage gestellt werden (vgl. Art. 12 VG ). In diesem Lichte liesse sich fragen, ob nicht ein Lohn, der durch rechtskräftige BGE 125 I 14 S. 20 Anstellungsverfügung festgelegt wurde, als verbindlich zu gelten hat (vgl. auch das obiter dictum in BGE 105 Ia 120 , 122). Jedoch schafft schon nach den Regeln des allgemeinen Verwaltungsrechts eine Verwaltungsverfügung nicht in gleicher Weise materielle Rechtskraft wie ein gerichtliches Urteil. Sie kann unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich widerrufen oder angepasst werden, wenn sie sich als rechtswidrig erweist ( BGE 121 II 93 E. 3b S. 95, mit Hinweisen; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 3. Aufl. Zürich 1998, S. 200 ff.; BLAISE KNAPP, Précis de droit administratif, 4. Aufl. Basel 1991, S. 248 ff.; RENÉ RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel 1990, S. 121 ff.). Im Bereich des Lohngleichheitsgebots hätte zudem die Annahme einer materiellen Rechtskraft von Anstellungsverfügungen eine Ungleichbehandlung privatrechtlicher und öffentlichrechtlicher Arbeitsverhältnisse zur Folge. Auch innerhalb der öffentlichrechtlichen Verhältnisse ergäben sich Ungleichbehandlungen je nachdem, ob die Höhe des Lohnes in der Anstellungsverfügung festgelegt ist oder ob diese auf generelle Besoldungsregelungen verweist. Insgesamt würde so die Durchsetzbarkeit des verfassungsrechtlichen Lohngleichheitsgebots in einem unerträglichen Mass von Zufälligkeiten in der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses abhängen. Das Bundesgericht hat daher schon mehrmals entschieden, dass das Verbot der Lohndiskriminierung im öffentlichen und privaten Arbeitsverhältnis unterschiedslos gilt, und - ausser in dem genannten obiter dictum in BGE 105 Ia 120 - nie darauf abgestellt, ob eine formelle Anstellungsverfügung vorliegt oder nicht (vgl. BGE 124 II 436 E. 10e/cc/dd S. 452 f.; BGE 117 Ia 262 E. 3c S. 267, 270 E. 2b S. 272 f.). Im Gegenteil wurde in BGE 118 Ia 35 die staatsrechtliche Beschwerde einer Berufsberaterin gutgeheissen, welche 1982 durch Regierungsratsbeschluss in eine bestimmte Lohnklasse eingereiht worden war und erst im Jahre 1988 eine Nachforderung gestellt hatte. Das setzt voraus, dass eine Nachforderung auch zulässig ist, wenn die ursprüngliche Einreihung mit förmlichem Beschluss festgesetzt wurde. k) Der in Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV enthaltene Anspruch auf diskriminierungsfreien Lohn kann somit im Rahmen der ordentlichen Verjährungsfrist auch nachträglich geltend gemacht werden. Das Appellationsgericht hat diese Bestimmung verletzt, indem es den Anspruch der Beschwerdeführerinnen auf Lohnnachzahlung erst seit dem 1. November 1993 anerkannt hat.
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
976b0ac5-2691-41c3-90f4-489d1b5fc319
Urteilskopf 102 Ia 372 54. Arrêt du 18 février 1976 dans la cause Chambre genevoise immobilière et consort contre Genève, Grand Conseil
Regeste Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Mieterschutz. Art. 34septies Abs. 2 BV , Art. 6 BB über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, Art. 19 und 502 OR . 1. Voraussetzungen, unter denen der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, des Privat- und öffentlichen Rechts, gewahrt ist (E. 2). 2. Die eidg. Regelung des Mieterschutzes ist nicht abschliessend (E. 3). 3. Öffentliches Interesse, das kant. Massnahmen zum Schutze der Mieter rechtfertigt (E. 4a). Gewähren die Bestimmungen des OR über die Bürgschaft keinen genügenden Schutz (E. 4b)? 4. Vereinbarkeit kant. Massnahmen mit dem Prinzip der Vertragsfreiheit ( Art. 19 OR ) (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 373 BGE 102 Ia 372 S. 373 La loi genevoise du 19 avril 1963 "protégeant les garanties fournies par les locataires" obligeait le bailleur à déposer à un office de consignation les espèces ou valeurs reçues du preneur à titre de garantie, le retrait de tout ou partie des sommes ou valeurs déposées ne pouvant s'effectuer que sous la double signature du bailleur et du locataire ou en vertu d'une décision judiciaire. Mais la pratique s'est introduite de demander au locataire de fournir une garantie non pas sous forme d'espèces ou de valeurs, mais sous forme de cautionnement solidaire, généralement souscrit par une banque, laquelle se faisait autoriser par le locataire (débiteur principal) à payer le bailleur sur simple réquisition et sans discussion; comme le locataire devait généralement être titulaire d'un compte auprès de ladite banque, celle-ci pouvait, aux termes d'un accord dit "de blocage", prélever directement par compensation sur ce compte les sommes qu'elle aurait versées en vertu du cautionnement. BGE 102 Ia 372 S. 374 Saisi d'un projet de loi destiné à mettre fin à une telle pratique, le Grand Conseil a adopté, le 18 avril 1975, une nouvelle loi protégeant les garanties fournies par les locataires, dont l'art. 1er dispose: "Toute garantie en espèces ou en valeurs fournie à un bailleur par un locataire ou par une tierce personne au profit d'un locataire, doit être constituée sous la forme d'un dépôt bloqué auprès de la caisse des consignations de l'Etat ou dans un établissement bancaire reconnu comme office de consignation, au sens de l'art. 633, alinéa 3, du Code des obligations. Le recours au cautionnement simple est, toutefois, autorisé pour les baux à usage d'habitation, à la demande du locataire. Ce dernier peut en tout temps se mettre au bénéfice de l'alinéa 1. Le recours au cautionnement simple ou solidaire est autorisé pour les baux à usage exclusivement commercial." Agissant par la voie du recours de droit public, la Chambre genevoise immobilière et la S.I. Le Nouveau Mur requièrent le Tribunal fédéral d'annuler les alinéas 2 et 3 de l'art. 1er de ladite loi, en tant que ces dispositions interdisent le cautionnement solidaire en matière de baux d'habitation. Ils allèguent la violation du principe de la force dérogatoire du droit fédéral, d'une part au regard du Code fédéral des obligations, d'autre part au regard de l'arrêté fédéral du 30 juin 1972 "instituant des mesures contre les abus dans le secteur locatif" (en abrégé: AF), dont l'art. 6, figurant au chapitre 2 intitulé: Dérogations aux prescriptions du Code des obligations sur le bail à loyer, dispose: "Lorsque le preneur est tenu de fournir des sûretés en espèces, celles-ci doivent porter intérêt pour le moins au taux usuel pour les dépôts d'épargne pratiqués par la banque cantonale du canton où la chose louée est située. Les sûretés à fournir ne doivent pas dépasser un montant équivalant à trois loyers mensuels. Les cantons peuvent compléter les dispositions de l'alinéa précédent." Erwägungen Considérant en droit: 1. En tant qu'association privée ayant la personnalité juridique et constituée en vue de la défense des intérêts de ses membres, la Chambre genevoise immobilière a qualité pour recourir contre une loi qui lèse prétendument les intérêts juridiques de ses membres, dont la plupart sont propriétaires BGE 102 Ia 372 S. 375 d'immeubles ou de biens fonciers dans le canton de Genève ( ATF 99 Ia 239 consid. 1c, 539 consid. 2). Cette qualité appartient aussi à la société immobilière "Le Nouveau Mur", propriétaire d'immeubles dans ce même canton. 2. Les recourantes allèguent essentiellement la violation du principe de la force dérogatoire du droit fédéral. Pour respecter le principe de la force dérogatoire du droit civil fédéral, la législation cantonale doit, selon la jurisprudence, satisfaire à certaines exigences: elle ne peut intervenir que dans des matières que le législateur fédéral n'a pas entendu réglementer de façon exhaustive; elle doit consister en des règles de droit public et se justifier par un intérêt public pertinent; elle ne doit pas éluder le droit civil fédéral ni en contredire le sens ou l'esprit ( ATF 101 Ia 505 consid. 2b, ATF 99 Ia 626 , ATF 98 Ia 495 ). L'arrêté fédéral du 30 juin 1972 contient, ainsi que le Tribunal fédéral l'a relevé dans de récents arrêts, des règles qui ressortissent en partie au droit public, en partie au droit privé ( ATF 101 Ia 505 consid. 2a, ATF 99 Ia 626 ). Les recourantes ne prétendent pas que l'art. 6 AF - en cause ici - soit une norme de droit public, tandis que le Conseil d'Etat lui attribue ce caractère. Il faudrait alors, pour que les dispositions cantonales attaquées soient compatibles avec le principe de la force dérogatoire du droit public fédéral, qu'il s'agisse aussi d'une matière non réglée de façon exhaustive par le législateur fédéral et que les dispositions cantonales n'empêchent pas la réalisation du droit public fédéral, mais que les deux réglementations convergent ( ATF 101 Ia 506 consid. 2b, ATF 97 I 503 s. consid. 3a et c, ATF 88 I 170 consid. 3c et les arrêts cités). 3. Les recourantes soutiennent que le législateur fédéral a réglé de façon exhaustive la protection des locataires, qu'il avait mission de mettre sur pied en vertu de l' art. 34septies al. 2 Cst. , et que la seule réserve en faveur des cantons (art. 6 al. 2 AF) ne vise que les sûretés en espèces, ce qui n'est pas le cas du cautionnement solidaire que la loi attaquée entend prohiber pour les loyers d'appartements. On ne saurait les suivre sur ce point. Il ressort des travaux préparatoires, notamment du Message du Conseil fédéral du 10 mai 1972 (FF 1972 I 1232, ad art. 8 du projet, devenu l'art. 6 AF), que le législateur fédéral n'a BGE 102 Ia 372 S. 376 pas entendu réglementer en détail la question des sûretés fournies par le bailleur, ce qui eût été "hors de proportion avec l'importance du problème sur le plan fédéral" (FF, loc.cit.), mais qu'il s'est contenté d'en régler les deux points les plus importants: l'intérêt des sûretés en espèces et la valeur maximale des sûretés. Aussi a-t-il ajouté, au cours des débats, la réserve de l'al. 2 en faveur des cantons. Il est vrai que la première phrase de l'art. 6 al. 1 ne parle expressément que des sûretés en espèces. Mais cet article a pour titre "Sûretés fournies par le preneur"; il concerne donc les sûretés en général, de sorte que l'al. 2, qui donne aux cantons la possibilité de compléter (ergänzen, emanare disposti completivi) les dispositions de l'alinéa précédent (et non seulement d'en édicter les dispositions d'application), doit être interprété comme visant également les sûretés autres que les sûretés en espèces. 4. Il n'est pas contesté que les dispositions cantonales attaquées ressortissent au droit public. C'est ce que l'on peut déduire d'ailleurs de l'arrêt S.I. Chailly Vallon A S.A. ( ATF 98 Ia 491 ss), dans lequel le Tribunal fédéral a examiné la constitutionnalité de la loi vaudoise du 15 septembre 1971 "sur les dépôts de garanties en matière de baux à loyer", laquelle était calquée en grande partie sur la loi genevoise du 19 avril 1963. N'est pas non plus contesté le caractère d'intérêt public de la protection des locataires contre les prétentions abusives du bailleur en période de pénurie de logements, ce que le Tribunal fédéral a déjà reconnu à plusieurs reprises ( ATF 101 Ia 510 , ATF 99 Ia 614 et 620; cf. également ATF 88 I 170 consid. 3b et 254), notamment aussi en matière de sûretés exigées des locataires ( ATF 98 Ia 496 ). a) Les recourantes contestent en revanche la pertinence, en l'espèce, du motif d'intérêt public invoqué, savoir la pénurie de logements, laquelle avait été retenue pour justifier les mesures cantonales dans l'arrêt Chailly Vallon, et soutiennent que la pénurie de logements s'est considérablement atténuée à Genève depuis le dépôt du projet de loi en novembre 1970 et l'arrêt précité du 3 mai 1972; elles semblent vouloir en tirer la conclusion que l'état de dépendance des locataires vis-à-vis des bailleurs se serait affaibli à tel point que toute mesure de protection en faveur des premiers serait devenue inutile. S'il est vrai que, selon les statistiques, la pénurie de logements BGE 102 Ia 372 S. 377 s'est atténuée à Genève, elle n'a cependant pas disparu, notamment pas dans les catégories d'appartements à loyer abordable. Cette atténuation n'est en tout cas pas telle, dans ces catégories, qu'elle ait éliminé la situation de dépendance des locataires et qu'elle puisse enlever le caractère d'intérêt public pertinent aux mesures prises pour protéger les locataires contre les prétentions abusives des bailleurs. b) Les recourantes semblent également prétendre que les dispositions actuelles du Code des obligations sur le cautionnement, telles qu'elles doivent être correctement interprétées, protègent suffisamment les locataires contre les abus auxquels le législateur genevois prétend mettre un terme et que dès lors les dispositions attaquées ne sont pas justifiées par un intérêt public pertinent. Elles relèvent en effet qu'aux termes de l' art. 502 CO , la caution a l'obligation - et non seulement le droit - d'opposer au créancier toutes les exceptions appartenant au débiteur; elles soutiennent que cette obligation est de droit impératif et qu'une clause d'exonération générale de la responsabilité de la caution (y compris pour la faute lourde) serait nulle au regard des art. 19, 20 et 100 CO et que même la faute légère sans responsabilité serait en contradiction avec la notion de bonne et fidèle exécution du mandat, dont les règles s'appliquent aux relations entre la caution et le débiteur principal. Or le caractère impératif de l'obligation de la caution n'est pas établi et la thèse des recourantes est controversée, ainsi qu'il ressort des avis de droit versés au dossier par le Conseil d'Etat. Mais même si cette thèse devait prévaloir, les dispositions attaquées ne seraient pas inutiles pour autant et resteraient motivées par le but général auquel tend la loi. Il sied de rappeler ici qu'en exigeant la double signature du bailleur et du locataire pour tout prélèvement sur le montant remis en garantie, la loi de 1963 (reprise sur ce point par l'art. 4 de celle de 1975) visait à éviter au locataire d'avoir à introduire une action judiciaire pour récupérer les sommes qui auraient été prélevées indûment sur ce montant. La pratique du cautionnement solidaire (avec clause d'exonération de la caution et accord de blocage du compte en banque) a pour effet de priver le locataire de la protection voulue par le législateur, protection que le Tribunal fédéral a jugée comme étant d'intérêt public en raison de la pénurie de logements et BGE 102 Ia 372 S. 378 de la situation de dépendance qui en découle pour les locataires ( ATF 98 Ia 497 s.). Ce même caractère doit être reconnu à une prescription qui exclut une forme de garantie destinée à priver les locataires de cette protection. Or même si la nullité de la clause d'exonération de la caution devait être admise, le locataire qui voudrait rentrer en possession des sommes que la caution aurait néanmoins payées indûment devrait ouvrir contre elle une action en responsabilité ou contre le bailleur une action en enrichissement illégitime; on sait en effet que la banque se fait en général garantir par un compte bloqué avant de donner son cautionnement, ce qui lui permet de se payer par compensation sur ce compte. Ainsi, le but visé par la loi de 1963 ne peut pas être atteint, de sorte que l'exclusion du cautionnement solidaire pour les baux à usage d'appartement se révèle être une mesure nécessaire pour permettre aux locataires de bénéficier des effets voulus par la loi de 1963. On peut d'ailleurs présumer que bien souvent le locataire renoncerait à ouvrir action, en raison de la relative modicité des montants en cause, de la longueur présumée des procédures judiciaires et de la partie des frais de procès qui resteraient à sa charge même s'il obtenait gain de cause (cf. art. 129g de la loi genevoise de procédure civile). C'est là une raison de plus de reconnaître le caractère d'intérêt public aux mesures destinées à faire respecter le but visé par la loi de 1963. 5. Reste à examiner si les dispositions attaquées éludent les règles du Code des obligations sur la liberté des conventions (art. 19) ou sur le cautionnement (art. 492 ss) ou en contredisent le sens et l'esprit, bien qu'en réalité les recourantes ne prétendent pas expressément que tel soit le cas, concentrant leur argumentation sur le caractère exhaustif de la réglementation fédérale et sur l'absence de pertinence des motifs d'intérêt public invoqués pour justifier les mesures cantonales. Au sujet de l' art. 19 CO , on rappellera simplement que la liberté contractuelle n'est pas illimitée et que cet article n'empêche pas les cantons de faire usage de la faculté d'édicter des dispositions de droit public, reconnue par l' art. 6 CC ( ATF 101 Ia 509 consid. 3b, ATF 100 Ia 449 consid. 4, ATF 99 Ia 623 consid. 6c, ATF 98 Ia 497 consid. 4b); mais il faut évidemment que BGE 102 Ia 372 S. 379 ces dispositions se justifient par un intérêt public pertinent, ce qui est le cas en l'espèce, ainsi qu'on l'a vu ci-dessus. On notera d'ailleurs que la loi genevoise de 1975 n'empêche pas le bailleur d'obtenir des sûretés en garantie de ses créances découlant du contrat de bail; elle ne s'oppose qu'aux sûretés établies en une forme qui prive le locataire de la protection qu'entendait lui assurer la loi de 1963. Les recourantes n'ont au surplus pas prétendu que les sûretés réglées par cette loi fussent inadéquates et n'ont pas essayé de démontrer que seule la forme du cautionnement solidaire serait propre à garantir convenablement le bailleur. On ne saurait donc prétendre que l'atteinte à la liberté des contrats soit importante, ni qualifier de contraire à l'esprit du droit fédéral une disposition de droit public cantonal qui tend à s'opposer à l'utilisation abusive d'une institution du droit privé fédéral. Et si l'on devait considérer l'art. 6 AF comme une norme de droit public, on devrait constater que les dispositions cantonales attaquées, bien loin d'empêcher l'application du droit public fédéral, concourent au contraire à la réalisation du même intérêt collectif: la protection des locataires contre les abus dont ils peuvent être l'objet en période de pénurie de logements. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
9774b2b7-c782-42ba-8676-b4ef810e8d7f
Urteilskopf 107 Ia 193 39. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 12 mars 1981 dans la cause X. contre Caisse de pensions de l'Etat de Neuchâtel (recours de droit public)
Regeste Beamtenrecht; wohlerworbene Rechte gegenüber der Pensionskasse. Schutz der finanziellen Ansprüche von Beamten (E. 3a). Begründung wohlerworbener Rechte durch individuell abgegebene Zusicherungen (E. 3c und d). Widerruf von Verwaltungsakten (E. 3e).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 107 Ia 193 S. 193 Né le 30 juillet 1910, X. a été nommé en 1954 professeur à l'Université de Neuchâtel. A la suite de cette nomination, il a été affilié à la Caisse de pensions de l'Etat de Neuchâtel. Le 22 avril 1975 est entrée en vigueur la nouvelle loi neuchâteloise du 5 mars 1975 concernant la Caisse de pensions de l'Etat de Neuchâtel (LCP). Par lettre du 22 août 1977 signée de son vice-président et d'un de ses administrateurs, la Caisse de pensions a informé X. qu'en application de l'art. 119 LCP, la rente proportionnelle était augmentée d'un montant égal au 2% du traitement assuré pour chaque année complète d'âge accomplie après la clôture de l'année universitaire au cours de laquelle l'âge de 65 ans était atteint et que les cotisations cessaient d'être dues dès l'instant où la rente proportionnelle atteignait 50%, de sorte qu'un montant de Fr. 7'249.50 devait lui être restitué au titre de BGE 107 Ia 193 S. 194 cotisations payées en trop entre le 1er novembre 1975 et le 31 juillet 1977. X. ayant décidé de cesser ses activités universitaires à la fin de l'année 1978-1979, la Caisse de pensions entreprit d'établir le certificat de pension de son assuré. Les constatations qui furent faites lors de cet examen du dossier de X. firent l'objet d'une lettre adressée le 24 octobre 1979 à l'intéressé sous la signature d'un administrateur de la Caisse de pensions. Il résulte de cette correspondance que c'était non seulement à tort que l'assuré s'était vu restituer les cotisations versées après le 1er novembre 1975, mais encore que celles-ci étaient dues dans le cas particulier jusqu'au 15 novembre 1978, date à laquelle la pension de base avait atteint 50% du traitement assuré. La lettre en cause précisait encore qu'en application de l'art. 119 LCP, la pension de l'intéressé, qui équivalait à 45% du traitement assuré à la fin du semestre au cours duquel celui-ci était parvenu à l'âge de 65 ans, avait atteint, le 15 octobre 1979, 53% de ce traitement. X. a recouru auprès de la Commission de recours de la Caisse de pensions de l'Etat de Neuchâtel (ci-après: la Commission de recours). Se prévalant de la lettre que la Caisse de pensions lui avait fait tenir le 22 août 1977, il concluait à la dispense de tout rappel de cotisations et au versement d'une pension égale au 58% du traitement assuré. Statuant le 27 juin 1980, la Commission de recours a en substance retenu que la lettre du 22 août 1977 était manifestement erronée et devait paraître comme telle à son destinataire, de sorte qu'il était exclu qu'elle garantît un droit acquis à celui-ci. Partant, l'autorité saisie a rejeté le recours. X. a alors formé un recours de droit public que le Tribunal fédéral a admis. Erwägungen Extrait des considérants: 3. X. entend déduire les droits acquis dont il se prévaut des décisions que le vice-président et un administrateur de la Caisse de pensions lui ont communiquées officiellement par lettre du 22 août 1977, en exécution de l'art. 119 LCP. a) Les rapports de service des fonctionnaires sont soumis aux modifications législatives, également en ce qui concerne la rémunération. Le législateur est libre d'apporter des modifications légales aux prétentions pécuniaires des fonctionnaires, qui n'ont en BGE 107 Ia 193 S. 195 général pas le caractère de droits acquis. Il n'est par ailleurs pas nécessaire de faire une distinction entre les prétentions de salaire et les prétentions de pensions; dans les deux cas, des droits acquis ne naissent en faveur des fonctionnaires que si la loi fixe une fois pour toutes les situations particulières et les soustrait aux effets des modifications légales ou lorsqu'ont été données des assurances précises à l'occasion d'un engagement individuel ( ATF 106 Ia 166 , ATF 101 Ia 445 /446 et les arrêts cités). Autrefois, la violation de tels droits acquis était en général traitée principalement comme violation de la garantie de la propriété, également comme violation de l'égalité de traitement, alors qu'aujourd'hui c'est la protection de la bonne foi des fonctionnaires qui passe au premier plan (GRISEL, Droit administratif suisse, p. 256; SALADIN, Verwaltungsprozessrecht und materielles Verwaltungsrecht, in: Les voies de recours au Tribunal fédéral, RDS 1975 p. 339 n. 83). Toutes les prétentions patrimoniales des fonctionnaires sont en outre protégées contre les mesures du législateur par l' art. 4 Cst. Cette disposition constitutionnelle empêche que les prétentions des fonctionnaires ne soient arbitrairement modifiées, supprimées après coup ou réduites quant à leur montant, et que des atteintes à leurs droits interviennent unilatéralement et sans justification particulière, au détriment de quelques intéressés ou de certaines catégories d'entre eux ( ATF 106 Ia 167 , consid. 1b et c, ATF 101 Ia 446 et les arrêts cités). b) Avec raison, le recourant ne prétend pas déduire ses droits acquis du texte même de la loi. En effet, le législateur neuchâtelois n'a pas voulu établir une fois pour toutes la situation des fonctionnaires affiliés à la Caisse de pensions. Au contraire, il s'est toujours réservé la possibilité de modifier cette situation. Cela résulte très clairement de l'art. 5 des lois concernant la Caisse de pensions des 24 mai 1954, 9 décembre 1968 et 5 mars 1975; il ressort en effet de cette disposition, demeurée inchangée, que, sous réserve de dispositions transitoires, les membres de la Caisse de pensions sont soumis à toutes les modifications légales postérieures à l'affiliation. c) Il reste dès lors à examiner si le recourant peut faire état d'assurances précises qui lui auraient été données. Certes, la lettre du 22 août 1977, signée par des représentants autorisés de la Caisse de pensions, n'expose pas expressément que le droit de l'assuré à une pension de retraite avait atteint la limite de 50% le 1er novembre 1975, ni que ce taux augmenterait encore automatiquement BGE 107 Ia 193 S. 196 de 2% par année pour atteindre 58% à la fin de l'année universitaire 1978-1979. Mais ce sont là des déductions que X. pouvait faire, en toute bonne foi, à la lecture de cette lettre: dès lors que l'administration de la Caisse de pensions, après avoir rappelé que les cotisations cessaient d'être dues dès que la rente proportionnelle atteignait 50% du traitement assuré, décidait de restituer au recourant les cotisations versées dès le 1er novembre 1975, celui-ci pouvait conclure que son droit à une pension avait effectivement atteint à cette date le taux de 50%; de même pouvait-il raisonnablement comprendre que le taux continuerait à augmenter dès ce moment-là de 2% par année de fonction supplémentaire, puisqu'il est né le 30 juillet 1910 et que la lettre en cause faisait état d'une telle augmentation du taux pour les années accomplies après la clôture de l'année universitaire au cours de laquelle l'âge de 65 ans était atteint. A l'époque, la situation du recourant ne résultait pas clairement des textes légaux, car il ne faut pas oublier que, comme les autres professeurs de l'Université nés avant le 1er janvier 1915 ou nommés après avoir atteint l'âge de 50 ans révolus, il ne semblait pas être soumis à la règle de l'art. 42 LCP limitant le taux de la pension à 50% du traitement assuré; tout au moins, les dispositions transitoires - donc, en principe, plus favorables que les dispositions générales - de l'art. 119 LCP ne mentionnent pas cette limite. Il est d'ailleurs significatif de constater qu'aujourd'hui encore, la situation n'est pas claire, puisque pour certains représentants des autorités cantonales le recourant aurait droit à une pension égale à 53% du traitement assuré - donc supérieure à la limite prévue à l'art. 42 LCP -, alors que pour d'autres il n'aurait droit qu'à une pension limitée au taux maximum fixé au dit art. 42 LCP. C'est donc manifestement à tort que les autorités cantonales reprochent au recourant d'avoir été de mauvaise foi en n'attirant pas, dès réception de la lettre du 22 août 1977, l'attention de l'administration de la Caisse de pensions sur la prétendue erreur qui aurait été commise dans cette lettre. d) Dans ses mémoires de recours devant l'autorité cantonale comme aussi devant le Tribunal fédéral, X. a toujours dit avoir fixé la date de sa démission en se fiant aux assurances que les représentants de la Caisse de pensions lui avaient données officiellement en août 1977: il partait de l'idée qu'en prenant sa retraite en octobre 1979, il recevrait une pension égale au 58% de son traitement assuré. Il faut s'en tenir à ces allégués non seulement parce qu'ils n'apparaissent pas invraisemblables, mais encore BGE 107 Ia 193 S. 197 parce qu'il n'y a aucune raison de mettre en doute la parole du recourant. Sur le plan juridique, cela signifie que l'intéressé a pris une décision, sur laquelle il ne pouvait plus revenir - sa démission étant irrévocable -, en se fiant aux renseignements que des représentants autorisés de la Caisse de pensions lui avaient officiellement donnés le 22 août 1977. Comme, par ailleurs, la loi n'a pas changé depuis cette date, il faut bien admettre que les conditions d'application du principe de la bonne foi sont remplies ( ATF 99 Ib 101 /102) et que, dès lors, l'autorité intimée ne peut pas aujourd'hui se prévaloir d'une prétendue erreur dont elle est seule responsable. Même si cela n'est pas conforme à une stricte interprétation de la loi - ce qui, d'ailleurs, n'est pas démontré -, l'administration de la Caisse de pensions doit respecter les assurances données en août 1977 et payer ainsi au recourant une pension égale au 58% de son dernier traitement assuré. e) Enfin, c'est à tort que l'administration de la Caisse de pensions entend aujourd'hui révoquer sa décision de rembourser au recourant les cotisations encaissées après le 1er novembre 1975 et exige le paiement de celles-ci jusqu'au 15 octobre 1978. Une décision administrative qui n'est pas ou qui n'est plus conforme au droit en vigueur n'est pas, nécessairement et de ce seul fait, révocable. Il convient au contraire de mettre en balance d'une part l'intérêt qui s'attache à une application sans faille du droit objectif, d'autre part les exigences de la sécurité du droit. Ce sont, en principe, ces dernières qui l'emportent lorsque la décision en question a créé un droit subjectif au profit de l'administré, ou lorsque celui-ci a déjà fait usage d'une autorisation qui lui avait été délivrée, ou encore lorsque la décision est intervenue au terme d'une procédure au cours de laquelle les divers intérêts en présence ont fait l'objet d'un examen approfondi. Il ne s'agit toutefois pas d'une règle absolue. Une révocation peut en effet intervenir - moyennant juste réparation - même dans l'une des trois hypothèses précitées lorsqu'un intérêt public particulièrement important le commande. A l'inverse, les exigences de la sécurité du droit peuvent être prioritaires même lorsqu'aucune de ces trois hypothèses n'est réalisée ( ATF 103 Ib 244 , ATF 100 Ib 302 /303 et les arrêts cités). Or, en l'espèce, non seulement il n'est pas démontré à l'évidence que la décision du 22 août 1977 fût contraire au droit en vigueur, BGE 107 Ia 193 S. 198 mais il faut encore considérer qu'en raison des circonstances particulières du cas, les exigences de la sécurité du droit sont nettement prioritaires. 4. Sur le vu de l'ensemble de ce qui précède, il y a lieu d'admettre le recours (...).
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nan
fr
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977c78e7-f3fb-4e21-9a05-99cbe0df420d
Urteilskopf 137 IV 249 36. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) 6B_46/2011 vom 27. September 2011
Regeste a Widerruf der bedingten Strafe; Änderung der Vorstrafe zur Bildung einer Gesamtstrafe in Anwendung von Art. 49 StGB ( Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB ). Es widerspricht der ratio legis der Bestimmung von Art. 46 Abs. 1 StGB , eine (rechtskräftige) Vorstrafe zulasten des Verurteilten zu ändern. Das Verfahren ist nicht anwendbar, um eine Vorstrafe in eine schwerere Sanktion umzuwandeln (E. 3.4.3). Regeste b Sicherungseinziehung ( Art. 69 Abs. 1 StGB ); Zwecktauglichkeit der Einziehung von Gegenständen, die jederzeit ohne nennenswerte Schwierigkeiten wieder beschaffbar sind. Die Frage, ob die Einziehung von Gegenständen, die jederzeit ohne nennenswerte Schwierigkeiten wieder beschaffbar sind, zwecktauglich ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Die Einziehung des Fahrzeugs eines chronischen Verkehrsdelinquenten ist zumindest geeignet, weitere Widerhandlungen gegen das SVG zu verzögern oder zu erschweren (E. 4.5.2).
Sachverhalt ab Seite 250 BGE 137 IV 249 S. 250 A. Der Gerichtspräsident des Bezirksgerichts Lenzburg sprach X. mit Urteil vom 27. April 2010 wegen verschiedener Widerhandlungen gegen das SVG schuldig. Er widerrief den vom Bezirksamt Baden mit Urteil vom 7. Januar 2009 gewährten bedingten Vollzug für eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu Fr. 60.- und verurteilte X. als Gesamtstrafe mit einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten sowie mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 20.-. Zudem bestrafte er ihn mit einer Busse von Fr. 400.-. Im Weiteren ordnete der Gerichtspräsident die Einziehung der Traktoren Case-Int. National 885 AXL und Valmet 8350-4Hitech an. B. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess am 11. November 2010 die von X. erhobene Berufung teilweise gut und sprach ihn vom Vorwurf des Inverkehrbringens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs durch Führen eines Fahrzeugs, das den Vorschriften nicht entspricht, frei. Im Übrigen, und damit zur Hauptsache, wies es die Berufung ab und bestätigte das Strafmass. C. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X., das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. Er sei zu einer bedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe von 9 Monaten und einer Busse von Fr. 400.- zu verurteilen. Auf den Widerruf des bedingten Vollzugs der Geldstrafe und auf die Einziehung der Traktoren sei zu verzichten. Zudem ersucht X. um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. Des Weiteren stellt er ein Gesuch um aufschiebende Wirkung, welches mit Präsidialverfügung vom 17. Februar 2011 gutgeheissen wurde. BGE 137 IV 249 S. 251 D. Die Oberstaatsanwaltschaft verzichtet auf Vernehmlassung, während das Obergericht die Abweisung der Beschwerde beantragt. X. wurde das Replikrecht gewährt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Rügen des Beschwerdeführers richten sich gegen die unbedingt zu vollziehende Freiheitsstrafe von 9 Monaten und die zu widerrufende Geldstrafe von 50 Tagessätzen, welche zusammen die Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten bilden. Vorliegend ist von Amtes wegen zu prüfen, ob die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe bundesrechtskonform ist ( Art. 106 Abs. 1 BGG ; BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen). 3.1 Nach der Konzeption des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches stellt die Geldstrafe die Hauptsanktion dar. Freiheitsstrafen sollen nur verhängt werden, wenn der Staat keine anderen Mittel hat, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, und die gemeinnützige Arbeit bedarf der Zustimmung des Täters. Aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip folgt, dass bei alternativ zur Verfügung stehenden Sanktionen im Regelfall diejenige gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft ( BGE 134 IV 97 E. 4.2.2 S. 101 mit Hinweisen). Die Geldstrafe als Vermögenssanktion wiegt prinzipiell weniger schwer als ein Eingriff in die persönliche Freiheit. Sie ist unabhängig von der Dauer der Freiheitsstrafe bzw. der Höhe des Geldstrafenbetrages gegenüber der Freiheitsstrafe milder ( BGE 134 IV 82 E. 7.2.2 S. 90 mit Hinweisen). 3.2 Die Vorinstanz ändert die zu widerrufende Geldstrafe zur Bildung der Gesamtstrafe in eine Freiheitsstrafe und somit in eine schwerere Sanktion um. Ob dies bundesrechtskonform ist, hängt von der Interpretation von Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB ab. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei BGE 137 IV 249 S. 252 befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben ( BGE 137 V 369 E. 4.4.3.2 S. 371; BGE 137 V 13 E. 5.1 S. 17; je mit Hinweisen). 3.3 Das Bundesgericht setzte sich in BGE 134 IV 241 mit der Entstehungsgeschichte der Bestimmung von Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB auseinander. Es legte dar, dass im Anschluss an die Verhandlungen der eidgenössischen Räte das Institut des "Aussetzens der Strafe" fallen gelassen wurde und Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB des bundesrätlichen Entwurfs folgerichtig ersatzlos hätte gestrichen werden müssen (E. 4.1). Das Bundesgericht erwog im weiteren, soweit Art. 46 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 49 StGB zum Ausdruck bringen sollte, dass das Gericht für die Gegenstand der früheren Verurteilung bildenden Straftaten einerseits und die während der Probezeit begangenen neuen Straftaten andererseits eine Gesamtstrafe nach dem Asperationsprinzip bilden könne, wie wenn es alle Straftaten gleichzeitig zu beurteilen hätte, erscheine dies als wenig sachgerecht. Der Fall, dass ein Täter nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer bedingten Freiheitsstrafe während der Probezeit weitere Delikte verübe, unterscheide sich wesentlich vom Fall eines Täters, der sämtliche Taten begangen habe, bevor er wegen dieser Taten (siehe Art. 49 Abs. 1 StGB ) bzw. zumindest wegen eines Teils dieser Taten (vgl. Art. 49 Abs. 2 StGB betreffend die retrospektive Konkurrenz) verurteilt worden sei. Eine Gleichstellung dieser Fälle bei der Strafzumessung erscheine als sachfremd, weil damit der straferhöhend zu wertende Umstand, dass der Täter einen Teil der Taten während der Probezeit nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer bedingten Strafe begangen habe, bei der Strafzumessung zu Unrecht unberücksichtigt bliebe (E. 4.3). Das Bundesgericht kam zum Schluss, das Verfahren nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sei nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung ("... kann ...") fakultativ. Es finde einzig Anwendung, wenn die bedingte Vorstrafe und die neue Strafe nicht gleichartig seien und daher das Gericht die Art der Vorstrafe ändere (E. 4.4). 3.4 Das Bundesgericht musste in BGE 134 IV 241 nicht auf die Problematik der Änderung der Vorstrafe zulasten des Verurteilten eingehen. Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB ist vorliegend insbesondere unter diesem Blickwinkel zu prüfen. BGE 137 IV 249 S. 253 3.4.1 In der Lehre wird eine Umwandlung der Vorstrafe zulasten des Verurteilten als rechtsstaatlich höchst bedenklich kritisiert. Zudem sei problematisch, für eine rechtskräftig beurteilte Tat (res iudicata) eine neue Strafe zu verhängen. Die überwiegende Lehre spricht sich dafür aus, die Änderungsformel nicht oder nur als ultima ratio anzuwenden (STRATENWERTH/WOHLERS, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, 2. Aufl. 2009, N. 3 zu Art. 46 StGB ; TRECHSEL/STÖCKLI, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 6 zu Art. 46 StGB ; SCHNEIDER/GARRÉ, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 30 zu Art. 79 StGB ; JÜRG-BEAT ACKERMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2007, N. 35 zu Art. 49 StGB ; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafrecht, Bd. II, 8. Aufl. 2007, S. 145 f.; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allgemeiner Teil, Bd. II, Strafen und Massnahmen, 2. Aufl. 2006, § 5 N. 96; ANNETTE DOLGE, Geldstrafen als Ersatz für kurze Freiheitsstrafe - Top oder Flop, ZStrR 128/2010 S. 77; ROY GARRÉ, Die bedingten Strafen nach dem revidierten Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuchs, Anwaltsrevue 2005 S. 302; a.M.: GEORGES GREINER, Bedingte und teilbedingte Strafen, Strafzumessung, in: Zur Revision des Allgemeinen Teils des Schweizerischen Strafrechts und zum neuen materiellen Jugendstrafrecht, Bänziger/Hubschmid/Sollberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2006, S. 127 ). 3.4.2 In systematischer Hinsicht nennt die Bestimmung von Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB zur Bildung der Gesamtstrafe die "sinngemässe Anwendung von Art. 49 StGB ": Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen ( Art. 49 Abs. 1 Satz 1 StGB ). Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären ( Art. 49 Abs. 2 StGB ). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung greift das sogenannte Asperationsprinzip nur, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen. Das Gericht kann somit nur eine Gesamtfreiheitsstrafe ausfällen, wenn es im konkreten Fall für jede einzelne Tat eine Freiheitsstrafe ausfällen würde. Diese Voraussetzungen gelten auch für die Bildung BGE 137 IV 249 S. 254 der Zusatzstrafe bei der retrospektiven Konkurrenz. Der Zweitrichter ist in Bezug auf die Strafart an den rechtskräftigen ersten Entscheid gebunden (vgl. BGE 137 IV 57 E. 4.3.1 S. 58 mit Hinweisen; JÜRG-BEAT ACKERMANN, in: Basler Kommentar, a.a.O., N. 36 zu Art. 49 StGB ). Die Bildung der Gesamtstrafe gemäss Art. 49 StGB unterliegt somit dem Verhältnismässigkeitsprinzip ( BGE 134 IV 97 E. 4.2.2, s. E. 3.1 hiervor). Im Falle der retrospektiven Konkurrenz ist der Zweitrichter nicht befugt, die Strafart des rechtskräftigen ersten Entscheides zu ändern. Bei analoger Anwendung dieser Grundsätze im Verfahren nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB ist die Änderung der Vorstrafe - insbesondere zulasten des Beschuldigten - ausgeschlossen. 3.4.3 Wie bereits in BGE 134 IV 241 dargelegt, entspricht Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB nicht dem historischen Willen des Gesetzgebers (s. E. 3.3 hiervor). Die teleologische Auslegung führt zum gleichen Ergebnis. Insgesamt widerspricht es der ratio legis der Bestimmung, eine (rechtskräftige) Vorstrafe zulasten des Verurteilten zu ändern. Das Verfahren nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 StGB ist somit nicht anwendbar, um eine Vorstrafe in eine schwerere Sanktion umzuwandeln. Nach dem Gesagten verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, indem sie die frühere Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe ändert, um den Beschwerdeführer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe zu verurteilen. 4. Der Beschwerdeführer rügt weiter die Verletzung von Bundesrecht durch die Einziehung seiner beiden Traktoren. 4.1 Das Gericht verfügt ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung von Gegenständen, die zur Begehung einer Straftat gedient haben oder bestimmt waren oder die durch eine Straftat hervorgebracht worden sind, wenn diese Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden ( Art. 69 Abs. 1 StGB ). 4.2 Die Vorinstanz erwägt, dem Beschwerdeführer sei der Führerausweis mit Wirkung ab 1. November 2008 auf unbestimmte Zeit entzogen worden. Dennoch sei er mit den Traktoren Case-Int. National 885 AXL und Valmet 8350-4Hitech mehrmals unterwegs gewesen. Bei der Fahrt vom 10. Januar 2009 habe er eine qualifizierte Blutalkoholkonzentration aufgewiesen, seine Geschwindigkeit nicht den Strassenverhältnissen angepasst und einen Selbstunfall mit beträchtlichem Sachschaden verursacht. Auch am 13. Juni 2009 habe er die Traktoren in alkoholisiertem Zustand gefahren. Werde BGE 137 IV 249 S. 255 von der Einziehung abgesehen, sei wahrscheinlich, dass er in naher Zukunft erneut unter Verwendung des einen oder anderen Traktors den Tatbestand von Art. 91 Abs. 1 SVG bzw. Art. 95 Ziff. 2 SVG erfülle und damit die Sicherheit von Menschen gefährde. Der Beschwerdeführer sei in keiner Weise einsichtig oder reuig. Es sei nicht auszuschliessen, dass er sich wieder einen neuen Traktor beschaffe. Da für ihn die Hürde, ein sofort verfügbares Fahrzeug trotz Entzugs des Führerausweises zu benutzen, aber deutlich tiefer liege, als wenn er zuerst ein neues Fahrzeug kaufen und einlösen müsse, sei die Einziehung dennoch zur Erreichung ihres Zweckes geeignet. Es sei keine mildere Massnahme ersichtlich, um den Beschwerdeführer von einem neuerlichen Verstoss gegen das SVG abzuhalten. Insbesondere sei ihm der Führerausweis bereits auf unbestimmte Zeit entzogen worden. Schliesslich überwiege das öffentliche Interesse der Sicherheit den finanziellen Verlust, welchen er bei der gerichtlichen Verwertung der Traktoren erleide. 4.3 Der Beschwerdeführer wendet ein, die Vorinstanz stütze ihre Prognose der Gefährdung in einseitiger Weise auf seine angeblich fehlende Reue und Einsicht. Diese beurteile sie aufgrund seines Verhaltens während des gerichtlichen Verfahrens und vernachlässige seine Bemühungen, welche er seither unternommen habe (Verzicht auf die AHV-Rente zur Wiedergutmachung eines Schadens, Kauf eines Generalabonnements der SBB, Benutzung der Traktoren ausschliesslich auf den Feldern). Da er seit beinahe eineinhalb Jahren mit den Traktoren nicht mehr auf öffentlichen Strassen fahre, sei davon auszugehen, dass er sich auch in Zukunft wohlverhalten werde. Weiter verletze die Einziehung das Prinzip der Verhältnismässigkeit. Er könnte sich einen Traktor kaufen oder sich umgehend einen solchen von einem befreundeten Bauern aus der Umgebung leihen. Deshalb sei die Einziehung ungeeignet, den Sicherungszweck zu erreichen. Zudem erlitte er bei einer gerichtlichen Verwertung der Traktoren einen hohen Verlust, weil dabei wesentlich tiefere Preise erzielt würden als bei Freihandverkäufen. 4.4 Die Sicherungseinziehung ist eine sachliche Massnahme zum Schutz der Allgemeinheit vor rechtsgutgefährdender (Wieder-)Verwendung von gefährlichen Gegenständen. Das Gericht hat im Sinne einer Gefährdungsprognose zu prüfen, ob es hinreichend wahrscheinlich ist, dass der Gegenstand in der Hand des Täters in der Zukunft die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährdet ( BGE 130 IV 143 E. 3.3.1 S. 149 mit Hinweisen). BGE 137 IV 249 S. 256 Die Vorinstanz begründet ihre Gefährdungsprognose entgegen dem Einwand des Beschwerdeführers nicht nur mit seiner fehlenden Reue bzw. Einsicht in das Unrecht seiner Taten. Sie verweist auf die einschlägigen Vorstrafen und Administrativmassnahmen, welche den Beschwerdeführer nicht von weiteren Widerhandlungen gegen das SVG abzuhalten vermochten. Ungeachtet des Führerausweisentzugs auf unbestimmte Zeit und des laufenden Strafverfahrens hat er wiederholt seine Traktoren auf öffentlichen Strassen benutzt ( Art. 95 Ziff. 2 SVG ). Teilweise war er in alkoholisiertem bzw. fahrunfähigem Zustand unterwegs ( Art. 91 Abs. 1 SVG ) und gefährdete dadurch das Leben und die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer. Dieses Verhalten des Beschwerdeführers zeugt von einer derartigen Unbelehrbarkeit bzw. Uneinsichtigkeit, dass die Vorinstanz trotz seines Wohlverhaltens seit August 2009 und der Tatsache, dass er eine mehrmonatige Freiheitsstrafe zu verbüssen hat, es als wahrscheinlich erachtet, dass er seine Traktoren weiterhin unerlaubt einsetzen und damit die öffentliche Ordnung oder sogar die Sicherheit von Menschen gefährden werde. Die vorinstanzliche Gefährdungsprognose verletzt kein Bundesrecht. 4.5 Die Sicherungseinziehung stellt einen Eingriff in die Eigentumsgarantie nach Art. 26 BV dar und untersteht deshalb dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit ( Art. 36 BV ). Dieser verlangt, dass die in das Eigentum eingreifende Massnahme geeignet ist, das angestrebte Ergebnis herbeizuführen, und dass dieses nicht durch eine mildere Massnahme erreicht werden kann. Er verbietet alle Einschränkungen, die über das angestrebte Ziel hinausgehen, und erfordert ein vernünftiges Verhältnis zwischen diesem und den betroffenen öffentlichen und privaten Interessen ( BGE 135 I 209 E. 3.3.1 S. 215 mit Hinweisen). 4.5.1 Die Vorinstanz begründet, weshalb es kein milderes Mittel als die Einziehung der Traktoren gibt, um den Beschwerdeführer von weiteren Widerhandlungen gegen das SVG abzuhalten. Wie sie mit Recht ausführt, besteht bei Herausgabe des Erlöses der gerichtlichen Verwertung kein Missverhältnis zwischen dem Sicherungszweck und dem Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers. 4.5.2 Zu prüfen ist, ob die Einziehung zur Erreichung des Sicherheitszwecks geeignet ist, obschon sich der Beschwerdeführer mit dem Verwertungserlös einen neuen Traktor beschaffen könnte. Das Bundesgericht hat die Frage, ob die Einziehung von Gegenständen, die jederzeit ohne nennenswerte Schwierigkeiten wieder BGE 137 IV 249 S. 257 beschaffbar sind, zwecktauglich ist, bisher noch nicht abschliessend beantwortet ( BGE 117 IV 345 E. 2c S. 349; BGE 81 IV 217 E. 3 S. 220; Urteile 6S.527/1991 vom 25. November 1991 E. 4b; 6S.451/1991 vom 18. Mai 1992 E. 5c; 6S.308/1995 vom 19. Juni 1995 E. 2b; 6S.410/1995 vom 29. August 1995 E. 1d; je mit Hinweisen). In der Literatur wird mehrheitlich die Auffassung vertreten, die Eignung sei diesfalls nicht grundsätzlich auszuschliessen, sondern nach den Umständen des Einzelfalles, wie etwa dem Wert des Gegenstandes, zu beurteilen (so etwa TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 3 zu Art. 69 StGB ; NIKLAUS SCHMID, Kommentar Einziehung, Organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 68 zu Art. 69 StGB ; ALBIN ESER, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, Tübingen 1969, S. 276 f.). Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den einzuziehenden Gegenständen um Fahrzeuge, mittels welchen der Beschwerdeführer Widerhandlungen gegen das SVG beging. Dieser fuhr trotz Führerausweisentzugs auf unbestimmte Zeit weiterhin mit seinen Traktoren auf öffentlichen Strassen, teilweise in alkoholisiertem Zustand. Das Bundesgericht hielt in einem Entscheid mit vergleichbarem Sachverhalt fest, das Verhältnismässigkeitsprinzip widerspreche nicht in jedem Fall der Einziehung eines Fahrzeuges (Urteil 6S.308/1995 vom 19. Juni 1995 E. 2b). Die Lehre nimmt zur Frage, ob das Fahrzeug eines chronischen Verkehrsdelinquenten eingezogen werden könne, eine eher kritische Haltung ein. Sie schliesst dies jedoch nicht konsequent aus bzw. erachtet die Notwendigkeit der Wiederbeschaffung eines neuen Fahrzeugs trotz Führerausweisentzugs als Hürde, welche die Einziehung rechtfertigen könne (siehe dazu FLORIAN BAUMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 14b zu Art. 69 StGB ; MADELEINE HIRSIG-VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Code pénal, Bd. I, 2009, N. 24 zu Art. 69 StGB ; SCHWARZENEGGER/HUG/JOSITSCH, Strafrecht, Bd. II, 8. Aufl. 2007, S. 203; MARTIN SCHUBARTH, Konfiskation des Autos - angemessene Sanktion gegen "Raser"-, in: AJP 5/2005 S. 532). Bei den Traktoren des Beschwerdeführers handelt es sich um wertvolle Gegenstände. Auch wenn sie leicht ersetzbar sind, wäre eine Wiederbeschaffung mit erheblichen Kosten verbunden. Die Einziehung ist zumindest geeignet, weitere Widerhandlungen des Beschwerdeführers gegen das SVG zu verzögern oder zu erschweren (vgl. Urteil 6S.410/1995 vom 29. August 1995 E. 1d mit Hinweis; ESER, a.a.O.). BGE 137 IV 249 S. 258 In Gesamtwürdigung der konkreten Umstände ist es bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz die Einziehung der Traktoren zur Erreichung des Sicherungszwecks als geeignet erachtet. Der Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers erweist sich als verhältnismässig.
null
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de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
978219ec-9b22-4ce4-bbb4-edcf8c38d3bf
Urteilskopf 82 III 26 10. Entscheid vom 3. Mai 1956 i. S. Mühlethaler.
Regeste Lohnpfändung. 1. Was für Verpflichtungen des Schuldners erhöhen seinen Notbedarf? Wie verhält es sich insbesondere mit Abzahlungsquoten und Mietzinsraten für unentbehrliche Sachen? (Erw. 1). 2. Beitragspflicht der Ehefrau nach ehelichem Güterrecht ( Art. 192 und 246 ZGB ) als zusätzliche Einkommensquelle. Bemessung der Beiträge (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 27 BGE 82 III 26 S. 27 A.- In der Betreibung Nr. 6932 für Alimente des Sohnes Gerhard laut Scheidungsurteil pfändete das Betreibungsamt Zürich 11 am 17. Oktober 1955 vom Stundenlohn des Schuldners Mühlethaler je 43 Rappen. Der Schuldner ist seit dem 29. April 1954 neu verheiratet und hat für keine Kinder ausser jenem Sohn aus erster Ehe, geboren.am 6. Februar 1940, zu sorgen. Das Betreibungsamt berechnete das Existenzminimum des Schuldners und seiner gegenwärtigen Ehefrau nebst dem Unterhaltsbeitrag an Gerhard auf jährlich Fr. 7525.80. Das Arbeitseinkommen des Schuldners bemass es auf netto Fr. 5936.40 und fügte einen Haushaltsbeitrag der Ehefrau von Fr. 600.-- bei (monatlich Fr. 50.- bei einem Monatslohn von Fr. 100.--, netto Fr. 98.-, den sie als Spetterin verdient). So ergab sich für den Sohn eine pfändbare Lohnquote von Fr. 1042.23 im Jahr oder 43 Rp. pro Arbeitsstunde. B.- Über diese Lohnpfändung beschwerte sich der Schuldner, weil kein Grund bestehe, die Hälfte des Arbeitsverdienstes der Ehefrau heranzuziehen, und weil die von ihm für unentbehrliche Haushaltungsgegenstände (zwei Schlafcouches) laut Kaufvertrag zu leistenden monatlichen Abzahlungen von Fr. 20.- bis Fr. 25.- in das Existenzminimum einzubeziehen seien. Infolge dieser beiden Korrekturen ergebe sich eine für den betreibenden BGE 82 III 26 S. 28 Alimentengläubiger pfändbare Lohnquote von 38 Rp. pro Arbeitsstunde. C.- Die obere kantonale Aufsichtsbehörde ermässigte die Lohnpfändung mit Entscheid vom 23. März 1956, zugestellt am 12. April 1956, auf 42 Rp. pro Arbeitsstunde, weil der bei Lohnpfändungen für die Berechnung des Existenzminimums zu beachtende Teuerungszuschlag von bisher 65% auf 75% erhöht worden sei. Die vom Schuldner vorgebrachten Beschwerdegründe bezeichnete der Entscheid dagegen als unzutreffend. D.- Mit vorliegendem Rekurs hält der Schuldner an der Beschwerde fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Der Rekurrent will die ihm obliegenden Abzahlungen aus einem Möbelkauf als eine zum Notbedarf gehörende Aufwendung betrachtet wissen. Die gegenteilige Entscheidung der kantonalen Aufsichtsbehörde würde ihn, wie er ausführt, daran hindern, diesen Verpflichtungen nachzukommen. Dadurch wäre er gezwungen, einen gutgläubigen Verkäufer zu schädigen. Anderweitige Verpflichtungen des Schuldners können indessen nach ständiger Rechtsprechung bei der Lohnpfändung grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Ausgenommen sind durch Lohnabtretung gedeckte Schulden, ferner solche aus dem Kauf unpfändbarer Sachen, sofern sich der Verkäufer das Eigentum vorbehalten hat, und endlich Schulden aus dem Bezug von Lebensmitteln ( BGE 69 III 17 , BGE 77 III 160 , BGE 79 III 156 , nicht veröffentlichte Entscheidungen vom 17. Dezember 1954 i.S. Sacchi und vom 17. Januar 1955 i.S. Brenn). Dem Ankauf unpfändbarer Sachen mit Eigentumsvorbehalt des Verkäufers ist die blosse Miete solcher Sachen (mit oder ohne Klausel, wonach der Mieter nach Bezahlung einer bestimmten Reihe von Mietzinsraten Eigentümer werde) gleichzuachten, so dass die Mietaufwendungen für Kompetenzstücke ebenfalls in BGE 82 III 26 S. 29 Betracht fallen ( BGE 60 III 175 und Entscheid vom 7. März 1956 i.S. Gebr. Rosenzweig *, der stillschweigend einen Eigentumsvorbehalt voraussetzt). Im vorliegenden Fall geht jedoch aus der vom Rekurrenten vorgelegten Rechnung des Verkäufers der beiden Schlafcouches kein Eigentumsvorbehalt hervor, und es ist das Bestehen eines solchen gar nicht behauptet. Unter diesen Umständen dürfen die Abzahlungsraten für diese Möbelstücke, wiewohl es sich unstreitig um Kompetenzstücke im Sinne von Art. 92 Ziff. 1 SchKG handelt, nicht zum Notbedarf des Schuldners gerechnet werden. Denn weder läuft dieser Gefahr, bei Zahlungsverzug die Möbel wieder zu verlieren, noch verdient der Verkäufer, der sich kein Privileg gesichert hat, vor andern Gläubigern begünstigt zu werden. 2. Gegen die Annahme und Berücksichtigung eines Beitrages der Ehefrau an die ehelichen Lasten in der Höhe ihres halben Arbeitsverdienstes wendet der Rekurrent ebenfalls nichts Triftiges ein. Über Bestand und Umfang einer solchen Beitragspflicht, sei es nach Art. 192, insbesondere Abs. 2, oder Art. 246 ZGB haben die Betreibungsbehörden beim Vollzug einer Lohnpfändung vorfrageweise zu entscheiden, falls, wie hier, nicht etwa schon die nach Art. 246 Abs. 2 ZGB zuständige Behörde geurteilt hat (vgl. die in BGE 79 I 116 zu Erw. 3 angeführten Entscheidungen). Eine solche Beitragspflicht besteht grundsätzlich ohne weiteres, sofern nicht die Arbeit der Ehefrau im Haushalt und allenfalls im Geschäft des Ehemannes bereits als ausreichender Beitrag erscheint. Im vorliegenden Fall ist die Ehefrau angesichts des zu knappen Lohneinkommens des Ehemannes zweifellos verpflichtet, etwas von ihrem Arbeitsverdienst an die ehelichen Lasten beizutragen, und dieser von ihr geschuldete Beitrag ist bei der Lohnpfändung zu berücksichtigen, gleichgültig welcher Art die in Betreibung stehende Forderung ist, also nicht nur in der Betreibung für Haushaltschulden ( BGE 63 III 108 , BGE 73 II 98 , * Siehe Seite 25 hievor. BGE 82 III 26 S. 30 BGE 79 III 152). Was die Bemessung des Beitrages anbelangt, so erscheint es bei den nicht ausreichenden Einkünften des Ehemannes keineswegs übersetzt, ihn auf die Hälfte zu bestimmen. Es bedarf hiefür gar keiner besonderen Begründung, wie sie BGE 78 III 124 für die Verpflichtung der Ehefrau zu "aussergewöhnlich hohen" Beiträgen verlangt. Denn ein Monatsbeitrag von Fr. 50.- = ungefähr der Hälfte des Arbeitsverdienstes der Ehefrau ist bei den gegebenen beiderseitigen Einkommensquellen der Ehegatten durchaus normal und nicht aussergewöhnlich hoch. Die Vorinstanz stellt übrigens fest, dass sich auch ein zusätzlicher Beitrag mit Rücksicht auf die Rechtsnatur der in Betreibung stehenden Forderung aus den im soeben erwähnten Entscheid erörterten Gründen rechtfertigen liessen. Die betreffenden Erwägungen sind nach dem Gesagten nicht notwendig, um den in Rechnung gestellten Beitrag von monatlich Fr. 50.- als zutreffend erscheinen zu lassen. Auf die vom Rekurrenten in dieser Hinsicht vorgebrachte Kritik braucht daher gar nicht eingegangen zu werden. Sie scheitert übrigens an der Würdigung der Tatsachen durch die Vorinstanz, woran das Bundesgericht gebunden ist (Art. 81 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2 OG ). Der Rekurrent bringt freilich noch vor, die Ehefrau sei leidend und habe ihre Stelle als Spetterin deshalb angenommen, um die Arztkosten bezahlen zu können. Aber diese neuen Vorbringen fallen nicht mehr in Betracht ( Art. 79 SchKG ), ganz abgesehen davon, dass nichts ausgeführt wird, was darauf hindeuten würde, dass sich die Arztkosten nicht aus dem der Ehefrau belassenen Teil ihres Verdienstes decken liessen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
97881f63-368a-49df-8959-38059252da4c
Urteilskopf 108 II 550 102. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Oktober 1982 i.S. Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft gegen N. (Berufung)
Regeste Art. 6 VVG . Rücktritt vom Versicherungsvertrag wegen Anzeigepflichtverletzung. Erteilt die Versicherung dem Arzt den Auftrag, den Fragebogen auszufüllen, so kommt ihm die gleiche Stellung zu wie einem von der Versicherung beauftragten Vermittlungsagenten. Dass der Antragsteller den Arzt selber wählen konnte, ändert daran nichts. Die Versicherungsgesellschaft muss sich daher allfällige Fehler des Arztes anrechnen lassen. Ist der Antragsteller der deutschen Sprache nicht mächtig, so kann die Versicherung aus dem Umstand, dass der Antragsteller den Fragebogen unterschrieben hat, nicht ableiten, er bestätige, dass die vom Arzt in das Formular eingesetzten Antworten richtig seien.
Sachverhalt ab Seite 551 BGE 108 II 550 S. 551 A.- V. N., ein in Zürich wohnhafter italienischer Staatsangehöriger, stellte am 9. März 1977 bei der Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft einen Antrag auf Abschluss einer Rentenversicherung. Danach sollte er im Falle der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf eine jährliche Rente von Fr. 12'000.-- haben, und zwar nach einer Wartefrist von 90 Tagen. Unter den gleichen Voraussetzungen sollte er auch von der Bezahlung der Prämien befreit sein. Die Versicherung sollte am 15. März 1977 beginnen und eine Dauer von 20 Jahren haben. Zur Prüfung des Antrages verlangte die Versicherungsgesellschaft eine ärztliche Untersuchung. Sie liess dem Antragsteller zu diesem Zweck ein in deutscher Sprache abgefasstes Formular mit dem Titel "Bericht des Vertrauensarztes" zukommen und stellte ihm die Wahl des Arztes frei. N. begab sich damit zu seinem Hausarzt, Dr. med. V. Dieser übersetzte ihm die im Formular unter der Rubrik "Erklärungen der zu versichernden Person" aufgeführten Fragen in die italienische Sprache und setzte die Antworten auf deutsch ein. Dieser Teil des Fragebogens wurde von beiden unterzeichnet, währenddem der Arzt die Antworten auf die unter der Überschrift "Ärztliche Untersuchung" enthaltenen Fragen allein unterzeichnete. Nach Erhalt des Arztberichtes stellte die Versicherungsgesellschaft am 7. April 1977 die Versicherungspolice Nr. 330 557 aus, die in allen Teilen dem von N. gestellten Antrag entsprach. Am 26. August 1977 meldete N. der Versicherungsgesellschaft einen Unfall an, den er am 12. April 1977 erlitten habe. Für die dadurch bedingte Arbeitsunfähigkeit erhielt er einen Betrag von Fr. 1'712.90 ausbezahlt. Ein am 18. Oktober 1977 angemeldeter Anspruch auf Versicherungsleistungen wegen erneuter Arbeitsunfähigkeit veranlasste die Versicherungsgesellschaft zu Nachforschungen betreffend eine allfällige Verletzung der Anzeigepflicht. Mit Schreiben vom 10. April 1978 teilte sie N. mit, dass dieser schon vor dem Abschluss des Versicherungsvertrages in ärztlicher Behandlung gestanden sei, wovon sie bisher keine Kenntnis gehabt habe; unter diesen Umständen habe sie das Risiko beim Vertragsschluss nicht richtig abschätzen können. Sie sehe sich deshalb veranlasst, jegliche Leistungen zu verweigern und gestützt auf Art. 6 VVG vom Vertrag zurückzutreten; der von ihr bereits früher ausbezahlte Betrag von Fr. 1'712.90 sei ihr zurückzuerstatten. BGE 108 II 550 S. 552 B.- Am 24. Januar 1979 reichte V. N. beim Bezirksgericht Zürich gegen die Basler Lebens-Versicherungs-Gesellschaft Klage ein, mit der er vorerst das Begehren um Zusprechung einer Forderung stellte. Im Laufe des Verfahrens wandelte er das ursprüngliche Begehren in eine Feststellungsklage um. Er verlangte nunmehr, es sei festzustellen, dass er gegenüber der Beklagten auf Grund des Rentenversicherungsvertrages anspruchsberechtigt sei. Das Bezirksgericht schrieb hierauf die ursprüngliche Klage als durch Rückzug erledigt ab. Die Feststellungsklage hiess es mit Urteil vom 11. Dezember 1980 gut. Das Obergericht des Kantons Zürich wies am 9. Februar 1982 eine von der Beklagten gegen dieses Urteil eingereichte Berufung ab und stellte fest, dass der Kläger gegenüber der Beklagten aus dem in der Police Nr. 330 557 verurkundeten Rentenversicherungsvertrag vom März/April 1977 anspruchsberechtigt sei. C.- Gegen das obergerichtliche Urteil hat die Beklagte Berufung an das Bundesgericht erhoben, mit dem Antrag, die Klage sei vollumfänglich abzuweisen. Der Kläger beantragt die Abweisung der Berufung und die Bestätigung des angefochtenen Entscheids. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In der Berufung wird in erster Linie gerügt, dass die Vorinstanz das Recht der Beklagten verneinte, gestützt auf Art. 6 VVG vom Versicherungsvertrag zurückzutreten. a) Im angefochtenen Urteil wird festgestellt, dass verschiedene, im Formular "Bericht des Vertrauensarztes" enthaltene Fragen, die an den Kläger als zu versichernde Person gerichtet waren, falsch beantwortet wurden. So fehlte nicht nur eine Angabe über die ärztliche Behandlung des Klägers wegen Lumboischialgie, sondern es wurde die Frage nach einem allfälligen Spitalaufenthalt des Klägers zu Unrecht verneint. Der Kläger war seit Februar 1974 wegen Rückenbeschwerden in der Orthopädischen Universitätsklinik Balgrist in Behandlung gestanden; es war ihm dort eine physikalische Therapie verordnet worden, und vom 18. Mai bis 5. Juni 1976 war er sogar dort hospitalisiert gewesen. Im Zeitpunkt der Fragenbeantwortung lag dieser Klinikaufenthalt weniger als ein Jahr zurück, so dass der Kläger und sein Arzt sich damals zweifellos noch daran erinnerten oder erinnern mussten. BGE 108 II 550 S. 553 Was die Ausfüllung des Formulars "Bericht des Vertrauensarztes" anbetrifft, wird im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Arzt dem Kläger die im Fragebogen auf deutsch formulierten Fragen in dessen italienischer Muttersprache wiedergegeben habe, wobei nicht sicher sei, ob dies auch hinsichtlich der unrichtig beantworteten Fragen geschehen sei. Die Glaubwürdigkeit des Arztes sei mehr als fragwürdig. Dieser hätte bei der Ausfüllung des Fragebogens die Krankengeschichte des Klägers konsultieren müssen, habe dies aber zugegebenermassen nicht getan. Ein Arzt, der derart unsorgfältig vorgehe, sei im höchsten Grad unglaubwürdig, besonders wenn seine Aussagen wie im vorliegenden Fall unsicher und teilweise widersprüchlich seien. Auf Grund der lückenhaften und unglaubwürdigen Aussagen des Arztes könne nicht mehr festgestellt werden, ob der Kläger die Erkrankung und Hospitalisierung verschwiegen oder ob er den Arzt darauf hingewiesen habe. Was die Sprachkenntnisse des Klägers anbelange, sei auf Grund von Zeugenaussagen davon auszugehen, dass der Kläger nicht Deutsch verstehe. Über die Rechtsbeziehungen zwischen dem Arzt und den beiden Parteien wird im angefochtenen Urteil folgendes ausgeführt: Obwohl der Arzt vom Kläger ausgewählt worden sei, habe er mit der Übergabe des Formulars "Bericht des Vertrauensarztes" die Stellung eines unabhängigen Gutachters erhalten, der eine selbständige Aufgabe zu erfüllen gehabt habe. Die Beantwortung der von der Beklagten gestellten Fragen sei zu deren Handen und mindestens vorwiegend auch in deren Interesse erfolgt. Sei aber der Arzt nicht Hilfsperson des Klägers, sondern ein unabhängiger Dritter gewesen, so müsse sich der Kläger dessen Fehlleistungen nicht anrechnen lassen. Dies sei um so mehr gerechtfertigt, als es nicht angehe, dass die Versicherungsgesellschaft es dem Versicherungsnehmer freistelle, einen von ihm gewählten Arzt beizuziehen, und auf diese Weise die Verantwortung auf den Versicherungsnehmer abschiebe; die Versicherungsgesellschaft müsse sich vielmehr den Titel des Formulars entgegenhalten lassen. Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, es sei nicht sicher, ob der Kläger sich über den Sinn und die Bedeutung der Fragestellung überhaupt im klaren gewesen sei. Habe er aber die Tragweite seiner Erklärungen nicht verstanden oder lasse sich wenigstens nicht nachweisen, dass er sie verstanden habe, so könne von einer wissentlichen Verletzung der Deklarationspflicht nicht die Rede sein. BGE 108 II 550 S. 554 b) Das Rücktrittsrecht des Versicherers setzt nach Art. 6 VVG voraus, dass der Anzeigepflichtige eine erhebliche Gefahrstatsache, die er kannte oder kennen musste und die Gegenstand einer schriftlichen Frage des Versicherers im Sinne von Art. 4 VVG bildete, unrichtig mitgeteilt oder verschwiegen hat. Soweit in der Berufung ausgeführt wird, der Kläger wäre verpflichtet gewesen, dem Arzt gegenüber die "Erklärungen der zu versichernden Person" richtig zu beantworten, und es stehe fest, dass er dies nicht getan habe, handelt es sich um eine unzulässige Kritik an dem für das Bundesgericht verbindlich festgestellten Sachverhalt ( Art. 63 Abs. 2 und Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Die Vorinstanz ist in Würdigung der Aussagen des Zeugen Dr. V. zum Schluss gelangt, es lasse sich nicht mehr feststellen, ob der Kläger den Arzt auf die Erkrankung und Hospitalisierung hingewiesen habe. Sie hat somit den Beweis dafür, dass der Kläger dem Arzt falsche Angaben gemacht oder etwas verschwiegen habe, als nicht geleistet betrachtet. Diese Beweiswürdigung könnte in einer Berufung an das Bundesgericht selbst dann nicht in Frage gestellt werden, wenn sie geradezu willkürlich wäre. Für einen solchen Fall bleibt ausschliesslich die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV vorbehalten. Auf die Ausführungen der Beklagten zur Würdigung der Aussagen des Zeugen Dr. V. ist daher nicht näher einzugehen. Unbeachtlich ist auch der Einwand, der Kläger habe nie behauptet, den Arzt auf die Erkrankung und Hospitalisierung hingewiesen zu haben. Es ist eine Frage des kantonalen Prozessrechts, inwieweit der Richter auf Umstände abstellen darf, die von keiner Partei behauptet worden sind. Eine ungerechtfertigte Anwendung der Offizialmaxime könnte höchstens auf dem Wege einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen willkürlicher Anwendung des kantonalen Prozessrechts gerügt werden. Und was schliesslich die Beweislast für die Verletzung der Anzeigepflicht anbetrifft, geht die Beklagte fehl, wenn sie ausführt, diese habe den Kläger getroffen. Da die Beklagte aus der von ihr geltend gemachten Anzeigepflichtverletzung Rechte ableitet, obliegt ihr der Beweis dafür, dass der Kläger die Deklarationspflicht verletzte (ROELLI-KELLER, Kommentar zum VVG, Bd. I, S. 125F f.). c) Ist es aber nach der im vorliegenden Verfahren nicht überprüfbaren Auffassung des kantonalen Richters möglich, dass die Falschbeantwortung der im "Bericht des Vertrauensarztes" enthaltenen Fragen auf ein Versehen des Arztes, der den Fragebogen ausfüllte, zurückzuführen war, so ist zu prüfen, ob ein allfälliges BGE 108 II 550 S. 555 Fehlverhalten des Arztes dem Kläger anzurechnen sei. Dies wird in der Berufung im Gegensatz zum angefochtenen Urteil bejaht. Es wird geltend gemacht, der Arzt habe als Beauftragter des Klägers bzw. als dessen Hilfsperson gehandelt. Der in diesem Zusammenhang erfolgte Hinweis der Beklagten auf BGE 52 II 297 f. ist nicht stichhaltig. Im dort beurteilten Fall hatte der Arzt die im Fragebogen des Versicherers enthaltenen Fragen im Einverständnis des Antragstellers diesem vorgelesen und die Antworten niedergeschrieben. Wenn das Bundesgericht den Arzt diesbezüglich als Beauftragten des Antragstellers bezeichnete, so deshalb, weil der Arzt eine Aufgabe übernommen hatte, die normalerweise dem Antragsteller oblag. Im vorliegenden Fall verhielt es sich jedoch anders. Aus dem Formular, das die Beklagte dem Kläger zuhanden des Arztes zukommen liess, geht hervor, dass nicht nur die Antworten auf die Fragen im Zusammenhang mit der ärztlichen Untersuchung, sondern auch jene, die unter dem Titel "Erklärungen der zu versichernden Person" einzusetzen waren, vom Arzt niederzuschreiben waren. Es war somit der Wille der Beklagten, dass der Arzt den Fragebogen ausfülle. Wenn Dr. V. dieser Aufforderung nachkam, handelte er diesbezüglich im Auftrag der Beklagten. Dass die Beklagte die Auswahl des Arztes dem Kläger überlassen hatte, vermag daran nichts zu ändern. Dr. V. ist trotzdem als Vertrauensarzt der Beklagten tätig geworden. Die Vorinstanz hat deshalb die Ausführungen in BGE 72 II 130 f. E. 4 über die Rechtsstellung des Vertrauensarztes des Versicherers zu Recht auch im vorliegenden Fall als massgebend betrachtet. Dem Arzt kam somit in bezug auf die Ausfüllung des Formulars die gleiche Rechtsstellung zu wie einem vom Versicherer beauftragten Vermittlungsagenten (vgl. auch ROELLI-KELLER, a.a.O., S. 95 oben). Dies führt dazu, dass sich die Beklagte allfällige Fehler des Arztes grundsätzlich anrechnen lassen muss. d) Nun hat der Kläger den vom Arzt ausgefüllten Fragebogen allerdings mitunterzeichnet, und zwar unterhalb folgender Erklärung, die auf dem Formular enthalten war: "Ich erkläre hiermit, dass ich die vorstehenden Fragen in Gegenwart des Arztes wahrheitsgetreu beantwortet und nichts verschwiegen habe. ..." Nach der Rechtsprechung hat sich der Befragte über die richtige Ausfüllung des Fragebogens durch den Arzt zu vergewissern und darf die Augen vor einer unrichtigen Angabe nicht verschliessen ( BGE 72 II 132 ). Diese Pflicht setzt jedoch voraus, dass dem BGE 108 II 550 S. 556 Befragten eine solche Nachkontrolle überhaupt möglich ist, d.h. dass er die Fragen und die vom Arzt eingesetzten Antworten lesen und verstehen kann (vgl. KIENTSCH, Die Auskunfts- und Mitwirkungspflicht des Arztes gegenüber dem privaten Versicherer, Diss. Bern 1967, S. 76). Im vorliegenden Fall ist auf Grund der für das Bundesgericht verbindlichen Feststellung der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Kläger der deutschen Sprache nicht mächtig war. Unter diesen Umständen war es ihm aber nicht möglich, eine Nachprüfung vorzunehmen und die falsche Beantwortung einzelner Fragen zu erkennen. Die Beklagte kann deshalb aus dem Umstand, dass der Kläger den Fragebogen unterschrieb, nichts zu ihren Gunsten ableiten. In einem solchen Fall trifft den Vertrauensarzt oder Agenten des Versicherers die alleinige Verantwortung für die richtige Ausfüllung des Fragebogens. Eine Verletzung der Anzeigepflicht läge nur vor, wenn nachgewiesen wäre, dass der Antragsteller die ihm vom Arzt oder Agenten gestellten Fragen diesem gegenüber falsch beantwortet hätte. Das ist hier nicht der Fall. Mit der von ihm unterzeichneten Erklärung bescheinigte der Kläger nur, die im Fragebogen enthaltenen Fragen in Gegenwart des Arztes wahrheitsgetreu beantwortet und nichts verschwiegen zu haben. Den Nachweis, dass der Kläger die ihm vom Arzt gestellten Fragen nicht wahrheitsgemäss beantwortet habe, konnte die Beklagte nicht erbringen. Aus seiner Unterschrift konnte sie unter den gegebenen Umständen nicht ableiten, dass der Kläger die vom Arzt eingesetzten Antworten als richtig bestätige. Die vorgedruckte Erklärung enthielt übrigens auch keine dahingehende Aussage. Fehlt es aus den dargelegten Gründen am Nachweis einer Verletzung der Anzeigepflicht durch den Kläger, hat die Vorinstanz Art. 6 VVG nicht verletzt, wenn sie feststellte, dass die Beklagte nicht berechtigt war, von dem mit dem Kläger abgeschlossenen Versicherungsvertrag zurückzutreten.
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Urteilskopf 123 IV 75 11. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 19. Februar 1997 i.S. K. gegen Eidg. Untersuchungsrichter
Regeste Art. 110 Ziff. 4 StGB , Art. 320 StGB . Entbindung vom Amtsgeheimnis. Der ausserordentliche Eidgenössische Untersuchungsrichter ist Beamter (der Rechtspflege) im Sinne von Art. 110 Ziff. 4 StGB (E. 1b). Die Anklagekammer hat auch nach Beendigung des Amtsverhältnisses über die Entbindung des (ordentlichen/ausserordentlichen) Eidgenössischen Untersuchungsrichters vom Amtsgeheimnis zu befinden (E. 1c). Grundsätzlich hat der Geheimnisträger selber bei der vorgesetzten Behörde um die Einwilligung zur Offenbarung des Amtsgeheimnisses nachzusuchen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 75 BGE 123 IV 75 S. 75 A.- Die in Bremen/D wohnhafte Historikerin K. recherchiert seit einiger Zeit für eine Biographie über P. Im Laufe ihrer Nachforschungen stellte sie eine Verbindung fest zwischen P. und dem früheren Inspektor der Bundespolizei U., welchen das Bundesstrafgericht am 9. Mai 1958 wegen politischen Nachrichtendienstes und Verletzung des Amtsgeheimnisses zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilte. Die vorausgegangene eidgenössische Voruntersuchung wurde durch den am 30. März 1957 durch das Bundesgericht zum ausserordentlichen eidgenössischen Untersuchungsrichter ernannten W. geführt und mit Schlussbericht vom 9. September 1957 abgeschlossen. B.- Am 25. Oktober 1986 ersuchte K. das Generalsekretariat des Eidg. Justiz- und Polizeidepartementes, W. von seiner BGE 123 IV 75 S. 76 Geheimhaltungspflicht zu entbinden, um ihr ein Gespräch mit W. über die Angelegenheit D. (damals Bundesanwalt; er nahm sich zu Beginn der polizeilichen Ermittlungen das Leben) zu ermöglichen, in deren Zusammenhang sie lediglich das Beziehungsgeflecht zwischen den Herren M. und P. einerseits sowie dem Bundespolizisten U. andererseits interessiere. C.- Am 4. Februar 1997 übermittelte die Bundesanwaltschaft das Gesuch von K. vom 25. Oktober 1986 samt der bisherigen Korrespondenz zuständigkeitshalber der Anklagekammer des Bundesgerichts als vorgesetzter Behörde im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 StGB zum Entscheid. Die Anklagekammer ist auf das Gesuch nicht eingetreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) ... Gemäss der (weiten) Umschreibung von Art. 110 Ziff. 4 StGB gelten als Beamte im Sinne der Bestimmungen des StGB u.a. auch Personen, die vorübergehend amtliche Funktionen ausüben. Dass der ausserordentliche eidg. Untersuchungsrichter eine solche ausübt und in diesem Sinne als Beamter zu bezeichnen ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Er ist daher Beamter im Sinne von Art. 320 StGB und als solcher auch nach Beendigung des amtlichen Verhältnisses ohne weiteres dem Amtsgeheimnis unterworfen (vgl. auch HANS SCHULTZ, Die Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss StrGB Art. 320, in: Kriminalistik 1979, S. 370). c) Die Anklagekammer des Bundesgerichts führt die Aufsicht über die Voruntersuchung ( Art. 11 BStP ). Sie ist daher die vorgesetzte Behörde im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 StGB , die auch nach Beendigung des amtlichen Verhältnisses darüber zu entscheiden hat, ob der ehemalige (ausserordentliche oder ordentliche) eidg. Untersuchungsrichter für die während seiner Amtszeit in amtlicher Stellung gewonnenen Erkenntnisse vom Amtsgeheimnis zu entbinden sei oder nicht. d) Im Unterschied dazu wäre die Anklagekammer nicht zuständig, über ein Gesuch um Akteneinsicht zu befinden; denn mit der Zulassung der Anklage ging die Verfahrensherrschaft auf das Bundesstrafgericht über, welches somit über die Einsicht in Akten dieses abgeschlossenen und ausdrücklich als "geheim" bezeichneten Verfahrens zu befinden hätte. 2. a) Die sich aus Art. 320 StGB ergebende Pflicht zur Wahrung des Amtsgeheimnisses endet nicht mit der Aufgabe des BGE 123 IV 75 S. 77 Amtes sondern besteht auch nach Ausscheiden des Amtsinhabers aus seinem Amt bis zu seinem Tod (ANNA MARIA GROSSMANN, Die Verletzung des Amtsgeheimnisses auf Grund des Art. 320 des schweizerischen Strafgesetzbuches, Diss. Bern 1946, S. 25 f.). b) Es ist grundsätzlich Sache des Geheimnisträgers, bei der vorgesetzten Behörde um die Einwilligung zur Offenbarung des Amtsgeheimnisses nachzusuchen (ROLAND HAUENSTEIN, Die Ermächtigung in Beamtenstrafsachen des Bundes, Diss. Bern 1995, S. 119 mit Hinweisen; HANS SCHULTZ, a.a.O., S. 376; PERRIN, Le secret de fonction en droit fédéral suisse, Diss. Neuchâtel 1947, S. 120 f.; VITAL SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Zürich 1964, Nr. 623), denn es liegt in seinem Interesse, sich um die Bewilligung zu kümmern, um zu verhindern, dass er sich wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses strafbar macht (HANS SCHULTZ, Der Beamte als Zeuge im Strafverfahren, in: ZBl 86 [1985], S. 194). Das Gesuch hat ausser dem Begehren um Einwilligung auch eine Darlegung der tatsächlichen Verhältnisse zu enthalten, um der vorgesetzten Behörde eine Grundlage für ihre Entscheidfindung zu geben (GROSSMANN, a.a.O., S. 44). c) Die Gesuchstellerin hat keinen Anspruch darauf, dass ihr W., auch wenn er vom Amtsgeheimnis entbunden worden wäre, die gewünschten Auskünfte erteile. Dies zu entscheiden, liegt in seinem alleinigen Ermessen. Ist er bereit, der Gesuchstellerin Auskunft zu geben, liegt es an ihm, bei der Anklagekammer ein begründetes Gesuch um die Einwilligung zur Offenbarung des Amtsgeheimnisses einzureichen.
null
nan
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1,997
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9790ebef-1eee-4192-b574-005c4cd37ad1
Urteilskopf 135 III 670 98. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Bank X. S.p.A. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_530/2008 vom 22. Oktober 2009
Regeste Vollstreckbarerklärung von ausländischen vorsorglichen Massnahmen gemäss LugÜ. Zulässigkeit der Beschwerde in Zivilsachen und Beschwerdegründe (E. 1). Der Sequestro conservativo nach italienischem Zivilprozessgesetz stellt als vorsorgliche Massnahme eine Entscheidung im Sinne von Art. 25 LugÜ dar, die in der Schweiz nach Art. 31 LugÜ vollstreckt werden kann. Der Gesuchsteller hat im Rahmen von Art. 29 Abs. 2 BV Anspruch darauf, dass sein Gutachten zur Vollstreckbarkeit im Ursprungsstaat vom schweizerischen Richter berücksichtigt wird (E. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 670 BGE 135 III 670 S. 670 A. A.a Am 25. April 2007 ordnete die Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi/Italien gestützt auf Art. 671 (Sequestro conservativo) und Art. 669 sexies (Procedimento) des italienischen Codice di procedura civile (im Folgenden: it. CPC) auf Begehren der Bank X. BGE 135 III 670 S. 671 S.p.A. die sofortige vorbeugende Verarrestierung der beweglichen und/oder unbeweglichen Gegenstände, die Y. gehören, oder der Beträge und/oder Dinge, welche diesem geschuldet sind, unter Einschluss derjenigen, die in seinem Eigentum stehen und am 1. September 2005 in einen Vermögenskomplex überführt wurden, bis zum Betrag von 400 Mio. Euro an. Mit diesem Vorgehen bezweckt die Bank X. zivilrechtliche Ansprüche gegen Y. infolge wirtschaftskrimineller Handlungen zu sichern. A.b Mit Eingabe vom 1. November 2007 stellte die Bank X. bei der Einzelrichterin im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich das Begehren, es sei der Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 nach Art. 31 ff. LugÜ für vollstreckbar zu erklären. Weiter sei ihr (bei Vollstreckbarerklärung) als Sicherungsmassnahme gestützt auf Art. 39 Abs. 2 LugÜ für eine Forderung von Fr. 33'488'000.- nebst Zins der Arrest zu bewilligen. Für den Fall, dass die Vollstreckbarkeit nicht erklärt werde, verlangte die Bank X., gegen Y. einen Arrestbefehl gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziffern 1 und 4 SchKG (mangelnder fester Wohnsitz bzw. ausländischer Wohnsitz des Schuldners) zu erlassen. A.c Die Einzelrichterin wies das Begehren um Anerkennung des Sequestro conservativo mit Verfügung vom 9. November 2007 ab. Zur Begründung der fehlenden Vollstreckbarkeit nach Art. 31 LugÜ hielt die Einzelrichterin im Wesentlichen fest, dass der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 nach italienischem Recht nicht mehr wirksam bzw. vollstreckbar sei, weil er nicht innert 30 Tagen nach Ausfällung zur Vollstreckung gebracht worden sei. Mangels Vollstreckbarerklärung wurde kein Arrest als Sicherungsmassnahme gestützt auf Art. 39 Abs. 2 LugÜ angeordnet. A.d Der Eventualantrag, einen Arrest gestützt auf Art. 271 Abs. 1 Ziffern 1 und 4 SchKG zu erlassen, wurde von der Einzelrichterin in ein separates Verfahren verwiesen . B. Gegen die Verfügung der Einzelrichterin vom 9. November 2007 erhob die Bank X. Rekurs. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, wies das Rechtsmittel und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung mit Anordnung der anbegehrten Sicherungsmassnahme mit Beschluss vom 10. Juli 2008 ab. C. Mit Eingabe vom 13. August 2008 führt die Bank X. Beschwerde in Zivilsachen gegen den Beschluss des Obergerichts vom 10. Juli 2008. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, den BGE 135 III 670 S. 672 angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 gestützt auf Art. 31 ff. LugÜ für vollstreckbar zu erklären. Eventualiter sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) D. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat auf die von der Bank X. (ebenfalls) am 13. August 2008 erhobene Nichtigkeitsbeschwerde mit Beschluss vom 20. April 2009 nicht ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in Zivilsachen gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Angefochten ist der Beschluss des Obergerichts, mit welchem der Rekurs gegen die Verweigerung der Anerkennung des Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 gestützt auf Art. 31 ff. LugÜ (SR 0.275.11) abgewiesen wurde. Gegen die Entscheidung, die über den in Art. 40 LugÜ vorgesehenen Rechtsbehelf ergangen ist, findet in der Schweiz nur eine Beschwerde an das Bundesgericht statt ( Art. 41 LugÜ ; Erklärung der Schweiz vom 12. Dezember 2006, AS 2007 1339); dies ist die Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 BGG). 1.2 Das Kassationsgericht hat die Nichtigkeitsbeschwerde als unzulässig erachtet, weil gegen Entscheide über den Rechtsbehelf nach LugÜ ausschliesslich die Beschwerde an das Bundesgericht möglich und ein weiteres kantonales Rechtsmittel ausgeschlossen ist. Beim angefochtenen Beschluss des Obergerichts handelt es sich um einen Entscheid der gemäss LugÜ ( Art. 40 Abs. 1, Art. 41 LugÜ ) sowie BGG vorgesehenen Vorinstanz ( Art. 75 Abs. 1 BGG ), der das Verfahren abschliesst ( Art. 90 BGG ). In der vorliegenden vermögensrechtlichen Angelegenheit ist die Streitwertgrenze offensichtlich erreicht und die Beschwerdeführerin ohne weiteres beschwerdeberechtigt ( Art. 74 Abs. 1 lit. b, Art. 76 Abs. 1 BGG ). Die innert 30 Tagen seit der (am 14. Juli 2008 erfolgten) Zustellung des Beschlusses erhobene Beschwerde ( Art. 100 Abs. 1 BGG ) ist grundsätzlich zulässig. 1.3 Die Beschwerdegründe sind beschränkt, wenn es sich beim angefochtenen Entscheid um eine vorsorgliche Massnahme handelt, wogegen nur die Rüge der Verletzung verfassungsmässiger Rechte BGE 135 III 670 S. 673 zulässig ist ( Art. 98 BGG ). Vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 98 BGG sind einstweilige Verfügungen ( BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400; Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4336 Ziff. 4.1.4.2). 1.3.1 Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist die Vollstreckbarerklärung nach Art. 31 Abs. 1 LugÜ . Durch die Anerkennung eines ausländischen Urteils wird grundsätzlich die Gleichstellung mit einem inländischen Urteil bewirkt, und mit der Vollstreckbarerklärung kommt dem ausländischen Urteil zusätzlich die Qualität eines Vollstreckungstitels im Inland zu. Die Vollstreckbarkeit eines Urteils im Urteilsstaat wird - im Gegensatz zu den anderen Urteilswirkungen - nicht automatisch auf die Schweiz erstreckt, sondern durch Vollstreckbarerklärung begründet (vgl. Urteil 5P.253/2001 vom 13. September 2001 E. 2a; STAEHELIN, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 2 zu Art. 31 LugÜ ; DONZALLAZ, La Convention de Lugano, Bd. II, 1997, Rz. 1859; vgl. SCHWANDER, Einführung in das internationale Privatrecht, Bd. I: Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 2000, Rz. 697; MEIER, Internationales Zivilprozessrecht und Zwangsvollstreckungsrecht, 2. Aufl. 2005, S. 43/44). 1.3.2 Die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils ist keine einstweilige Verfügung. Der Exequaturrichter befindet in keiner Art über den Bestand einer Forderung, sondern über die Frage, ob das ausländische Urteil zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden kann ( BGE 118 Ia 118 E. 1b S. 122). In seiner Funktion ist das Exequaturverfahren mit der Rechtsöffnung verwandt, obschon diese an sich bereits ein Teil der durch das Exequatur erst noch zu bewilligenden Vollstreckung ist (AMONN/WALTHER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8. Aufl. 2008, § 19 Rz. 27). Die Vollstreckbarerklärung muss aber nicht vorfrageweise im Rechtsöffnungsverfahren ( Art. 81 Abs. 3 SchKG ), sondern kann auch - wie hier - im speziellen (Exequatur-) Verfahren erfolgen (vgl. BGE 135 III 324 E. 3 S. 326). In Anbetracht der Rechtsnatur der Vollstreckbarerklärung rechtfertigt sich, gegen das selbständige Exequatur - wie bei der Rechtsöffnung ( BGE 133 III 399 E. 1.5 S. 400) - die Beschwerdegründe nicht einzuschränken, sondern die allgemeinen Beschwerdegründe zuzulassen ( Art. 95-97 BGG ), unabhängig davon, ob der ausländische Entscheid einstweiligen Charakter hat oder nicht. BGE 135 III 670 S. 674 1.4 Mit der Beschwerde in Zivilsachen kann vorliegend die Verletzung von u.a. Bundesrecht einschliesslich Bundesverfassungsrecht sowie von Völkerrecht gerügt werden ( Art. 95 lit. a und b BGG ). Da der vorliegende Entscheid eine vermögensrechtliche Streitsache betrifft, kann nicht gerügt werden, das nach dem schweizerischen internationalen Privatrecht massgebende ausländische Recht sei nicht richtig angewendet worden ( Art. 96 lit. b BGG ), sondern ist nur die Rüge der Verletzung des Willkürverbotes ( Art. 9 BV ) möglich ( BGE 133 III 446 E. 3.1). 1.5 In der Beschwerdebegründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt ( Art. 42 Abs. 2 BGG ). Die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten ist in der Beschwerdeschrift vorzubringen und zu begründen ( Art. 106 Abs. 2 BGG ), wobei das Rügeprinzip gilt ( BGE 133 III 589 E. 2 S. 591). 2. 2.1 Das Obergericht hat angenommen, dass der Sequestro conservativo des Tribunale Ordinario von Lodi vom 25. April 2007 grundsätzlich eine nach dem LugÜ anerkennbare Entscheidung sei. Im konkreten Fall könne diese in der Schweiz jedoch nicht vollstreckbar erklärt werden, weil sie in Italien nicht vollstreckbar sei. Nach Art. 675 it. CPC verliere die betreffende Massnahme ihre Wirksamkeit, wenn sie nicht innert 30 Tagen seit ihrer Ausfällung vollzogen werde. Diese Frist sei durch das Begehren um Exequatur vom 1. November 2007 beim Bezirksgericht Zürich nicht gewahrt worden. Ob die (im Sequestro conservativo angesetzte) Verhandlung vom 29. Mai 2007 vor der Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi oder deren Entscheid vom 12. Juli 2007 sich auf den Fristenlauf ausgewirkt habe, brauche nicht geprüft zu werden. Daran ändere nichts, dass der Beschwerdegegner keinen Antrag auf Suspendierung der Vollstreckbarkeit gestellt habe. Die Beschwerdeführerin mache zwar geltend, dass sie bereits am 27. April 2007 in Italien um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht habe und dies (unter Hinweis auf das von der Beschwerdeführerin vorgelegte Gutachten von Prof. A. vom 21. November 2007) zur Fristwahrung nach Art. 675 it. CPC genüge. Ein Bestätigungsverfahren zur Überprüfung der einstweiligen Massnahme sei jedoch nicht durchgeführt worden. Aus den angeblichen Vollstreckungen vom 18. und 25. Oktober 2007 könne die Beschwerdeführerin nichts für sich ableiten, da der Zeitpunkt des Vollstreckungsbegehrens massgebend sei. Da der umstrittene Sequestro conservativo vom 25. April 2007 BGE 135 III 670 S. 675 nach Art. 675 it. CPC nicht mehr vollstreckbar sei, fehle die Voraussetzung nach Art. 31 LugÜ zur Vollstreckbarerklärung in der Schweiz. 2.2 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung des LugÜ, weil das Obergericht die Vorfrage, ob der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 vollstreckbar sei, entgegen der einschlägigen Normen des italienischen Prozessrechts verneint habe. Die Voraussetzungen zur Vollstreckbarkeit gemäss it. CPC seien unter Hinweis auf das Gutachten A. im Einzelnen dargelegt worden. Die Beschwerdeführerin macht (unter Hinweis auf das neue Gutachten B.) geltend, dass die Auslegung des it. CPC durch das Obergericht willkürlich und die Vorinstanz vom Gutachten A. in unhaltbarer und aktenwidriger Weise abgewichen sei. Das Obergericht habe ihren Gehörsanspruch verletzt, wenn es sich über ihre Vorbringen bzw. das Gutachten A. hinweggesetzt habe. 3. 3.1 Gemäss Art. 31 Abs. 1 LugÜ werden die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Anlass zur Beschwerde gibt der Sequestro conservativo nach Art. 671 it. CPC, welcher am 25. April 2007 von der Einzelrichterin des Tribunale Ordinario von Lodi/Italien erlassen wurde. Streitpunkt ist die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Vollstreckbarerklärung in der Schweiz. 3.1.1 Vorliegend steht die Anwendbarkeit des LugÜ nicht in Frage. Die Beschwerdeführerin hat die Vollstreckbarerklärung eines gerichtlichen Entscheides verlangt, welcher in Italien - als einem Vertragsstaat - zur Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen, mithin in einer Zivil- und Handelssache gemäss Art. 1 Abs. 1 LugÜ ergangen ist (vgl. DASSER, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 33 und 36 zu Art. 1 LugÜ ). 3.1.2 Der Sequestro conservativo gemäss Art. 671 it. CPC stellt eine Anordnung des Gerichts dar, mit welcher einer Partei vor oder während des ordentlichen Prozesses vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird (SATTA/PUNZI, Diritto processuale civile, 13. Aufl., Padua 2000, S. 780 f., 810 f.; CARPI/TARUFFO, Commentario breve al Codice di procedura civile [...], 5. Aufl., Padua 2006, N. 1 zu Art. 671 it. CPC). Es ist unstrittig, dass der Sequestro conservativo als BGE 135 III 670 S. 676 vorsorgliche Massnahme eine Entscheidung im Sinne von Art. 25 LugÜ darstellt, die vollstreckt werden kann (vgl. STAEHELIN, a.a.O., N. 13 ff., 16 zu Art. 31 LugÜ ); dies wurde in der kantonalen Praxis bereits zu Recht erkannt (vgl. BGE 131 III 660 S. 661). Es steht weiter nicht in Frage, dass dem Beschwerdegegner bei Erlass der vorsorglichen Massnahme das rechtliche Gehör gewährt wurde (vgl. BGE 129 III 626 E. 5.2 S. 631 ff.); das Obergericht hat bestätigt, dass das Begehren um Vollstreckbarerklärung nach der (am 29. Mai 2007 erfolgten) Anhörung des Beschwerdegegners durch das Tribunale Ordinario von Lodi verlangt wurde. Ebenso wenig sind Sachverhalte umstritten, welche die Anerkennung ausschliessen (Art. 34 Abs. 2 bzw. Art. 27 f. LugÜ), oder sich gegen die Zustellung der Entscheidung richten ( Art. 47 Ziff. 1 LugÜ ). 3.1.3 Umstritten ist einzig, ob der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 in Italien vollstreckbar ist. Gemäss Art. 47 Abs. 1 LugÜ kann sich die Vollstreckbarkeit entweder aus der Entscheidung selbst, aus einer Vollstreckbarkeitsbescheinigung des Gerichts oder aus den Gesetzen des Urteilsstaates ergeben (STAEHELIN, a.a.O., N. 22 zu Art. 31 LugÜ ; NAEGELI, in: Kommentar zum Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2008, N. 9 zu Art. 47 LugÜ ). 3.2 Das Obergericht hat die Auffassung der Erstinstanz und der Beschwerdeführerin geteilt, dass Art. 675 it. CPC massgebend ist. Nach dieser Bestimmung verliert der Sequestro conservativo seine Wirksamkeit, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen seit seiner Ausfällung vollzogen wird. Diese Frist erachtet das Obergericht im konkreten Fall als nicht gewahrt. Die Beschwerdeführerin hält demgegenüber fest, sie habe vor dem Obergericht (in der ergänzenden Rekursbegründung) unter Hinweis auf das Gutachten A. und die einschlägigen Bestimmungen insbesondere dargelegt, dass der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 vollstreckbar sei, weil bereits am 27. April 2007 die Vollstreckung der Massnahme verlangt und diese (nach Verhandlung vom 29. Mai 2007) am 12. Juli 2007 vom Tribunale Ordinario von Lodi bestätigt und weiter innert angesetzter Frist am 26. Oktober 2007 beim gleichen Gericht das Hauptsacheverfahren eingeleitet worden sei. Die Beschwerdeführerin wirft dem Obergericht vor, sich darüber und über die einschlägigen italienischen Vorschriften betreffend Vollstreckbarkeit trotz des ihm vorgelegten Gutachtens A. hinweggesetzt zu haben. BGE 135 III 670 S. 677 3.3 Zu prüfen ist vorab die Rüge der Beschwerdeführerin, ihre Vorbringen, insbesondere das Privatgutachten A. seien in Verletzung ihres Gehörsanspruchs übergangen worden. 3.3.1 Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ( Art. 29 Abs. 2 BV ) verlangt, dass die Behörde die Vorbringen des Betroffenen tatsächlich hört, sorgfältig und ernsthaft prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Die Behörde darf sich in ihrem Entscheid auf die wesentlichen Gesichtspunkte und Leitlinien beschränken und braucht sich nicht mit jedem sachverhaltlichen oder rechtlichen Einwand auseinanderzusetzen (vgl. BGE 126 III 97 E. 2b S. 102; BGE 130 II 530 E. 4.3 S. 540; STEINMANN, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 27 zu Art. 29 BV ). Nach konstanter Rechtsprechung des Bundesgerichts ist Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ( BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88; BGE 127 I 73 E. 3f/bb S. 82; BGE 97 I 320 E. 3 S. 325). 3.3.2 Das Obergericht hat festgehalten, dass die Beschwerdeführerin geltend mache, bereits am 27. April 2007 - also innerhalb von 30 Tagen seit der Ausfällung - um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht zu haben, und dass am 24. Mai 2007 die Verhandlung vor dem Vollstreckungsrichter stattgefunden habe. Es hat auch ausgeführt, dass gemäss Gutachten A. das blosse Vollzugsbegehren innert 30 Tagen zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit genüge, und ist zum Schluss gekommen, dass dies "mit der in der älteren Literatur beschriebenen Praxis" im Einklang steht (wobei auf den Kommentar von CARPI/COLESANTI/TARUFFO zum it. CPC aus dem Jahre 1984 hingewiesen wird). Die Beschwerdeführerin hat im Gutachten A. unter Berücksichtigung der Änderungen des it. CPC von 1990 (Gesetz Nr. 353/1990) die Voraussetzungen dargelegt, damit der Sequestro conservativo seine Wirksamkeit nicht verliert (Arrestvollzug innert 30 Tagen nach Erlass, Anhebung der Klage zur Sache innert Frist, keine Einstellung des Sachverfahrens, keine Aufhebung der einstweiligen Massnahmen durch den Instruktionsrichter im Sachverfahren; Art. 669 octies ff. it. CPC). Sie hat in ihrer Eingabe an das Obergericht vom 18. Dezember 2007 anhand des Gutachtens A. mit Bezug auf das konkrete Begehren um Vollstreckbarerklärung ausgeführt, dass die Voraussetzungen erfüllt seien. Das Obergericht führt jedoch mit keinem Wort aus, dass die Parteivorbringen bzw. das Gutachten A. falsch, ungenügend oder nicht rechtserheblich seien oder die Konsultation einer BGE 135 III 670 S. 678 aktuellen Kommentierung zu einem anderen Schluss führe. Insoweit fehlt es insgesamt an einer Begründung für das Ergebnis der Vorinstanz, dass die Frist von Art. 675 it. CPC nicht eingehalten und der Sequestro conservativo vom 25. April 2007 nicht wirksam sein soll. Es wird auch nicht gesagt, die Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach der Beschwerdegegner keinen Antrag auf Suspendierung der Vollstreckbarkeit des Sequestro conservativo gestellt habe, unzutreffend seien. Insoweit ist nicht haltbar, wenn das Obergericht die tatsächlichen Vorbringen und rechtlichen Schlussfolgerungen der Beschwerdeführerin zum Vollstreckungsbegehren vom 27. April 2007 überhaupt nicht in die Entscheidfindung einbezogen hat, sondern es fehlt die Überlegung, wieso die Frist nach Art. 675 it. CPC nicht gewahrt sein soll. 3.3.3 Weiter hat das Obergericht erwogen, dass das Bestätigungsverfahren, das zur Überprüfung der einstweiligen Massnahmen diente, im Jahre 1990 aufgehoben worden sei. Zu diesem Bestätigungsverfahren habe sich das Gutachten A. nicht geäussert; zudem habe die Beschwerdeführerin weder geltend gemacht, dass ein Bestätigungsverfahren durchgeführt worden sei, noch seien Anhaltspunkte für die Durchführung in den Akten ersichtlich. Es ist zu Recht unbestritten, dass mit dem Gesetz Nr. 353/1990 das separate Bestätigungsverfahren gemäss Art. 680 ff. it. CPC (Convalida) aufgehoben und durch ein neues System - die Kontrolle durch Bestätigung im Hauptverfahren - ersetzt wurde (vgl.SATTA/PUNZI, a.a.O., S. 814, S. 791; CARPI/TARUFFO, a.a.O., N. 3 zu Art. 669 octies it. CPC). Dass es das separate Bestätigungsverfahren nach der Gesetzesänderung im Jahre 1990 nicht mehr gibt, wird im Urteil selber festgehalten. Unter diesen Umständen kann das Obergericht der Beschwerdeführerin - wie diese zu Recht rügt - jedoch nicht vorhalten, sich zum Bestätigungsverfahren nicht geäussert zu haben, und gleichzeitig mit keinem Wort auf ihre Vorbringen zur aktuellen Rechtslage eingehen. In der Tat hat die Beschwerdeführerin vor dem Obergericht (unter Angabe von Belegen) vorgebracht, fristgemäss das Hauptverfahren eingeleitet zu haben, um die Wirksamkeit des Sequestro conservativo aufrechtzuerhalten. Wenn das Obergericht sich über diese sachverhaltlich und rechtlich erheblichen Vorbringen hinweggesetzt hat, ist dies mit dem Gehörsanspruch der Beschwerdeführerin nicht vereinbar. 3.3.4 Das Obergericht hat weiter erwogen, die Beschwerdeführerin könne aus dem Umstand, dass am 18. und 25. Oktober 2007 BGE 135 III 670 S. 679 weitere Vollstreckungen des Sequestro conservativo vom 25. April 2007 erfolgt seien, nichts für sich ableiten, weil das erste Vollstreckungsbegehren innert 30 Tagen gestellt werden müsse und die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt, in dem die Vollstreckungsbegehren gestellt wurden, nichts gesagt habe und im Gutachten A. von zeitlich unbegrenzten Vollstreckungsbegehren nicht die Rede sei. Das Fristerfordernis von Art. 675 it. CPC sei auch unter diesem Blickwinkel ausser Acht gelassen worden. Die Beschwerdeführerin bestreitet, vor dem Obergericht vorgebracht zu haben, dass gemäss Gutachten A. weitere Vollstreckungsbegehren "zeitlich unbegrenzt" möglich seien. Tatsächlich wird im betreffenden Gutachten ausgeführt, dass auch nach Ablauf der Frist von 30 Tagen weitere Vollzugsbegehren und Vollzüge (bis spätestens zum Zeitpunkt der Beweisaufnahme) möglich sind, sofern nur der erste Vollzug innerhalb von 30 Tagen nach Erlass der Massnahme eingeleitet worden ist. Die Beschwerdeführerin hat im Einzelnen dargelegt, dass die Prosequierung durch die Einleitung des Hauptverfahrens in Italien erfolgt sei. Dass die Beschwerdeführerin bereits am 27. April 2007 - also innerhalb von 30 Tagen seit der Ausfällung - um Vollstreckung des Sequestro conservativo ersucht habe und dass gemäss Gutachten A. das blosse Vollzugsbegehren innert 30 Tagen zur Aufrechterhaltung der Wirksamkeit genüge, hat das Obergericht selber festgehalten. Wenn die Vorinstanz auf die Vorbringen der Beschwerdeführerin, welche sich auf diese Rechtslage und die weiteren Voraussetzungen der Wirksamkeit beruft, nicht eingegangen ist und sich auf die Aussage beschränkt, durch die Eingabe vom 1. November 2007 (an das Bezirksgericht Zürich) sei die Frist von Art. 675 it. CPC nicht gewahrt, hat sie den verfassungsmässigen Anspruch der Beschwerdeführerin auf ernsthafte und sorgfältige Prüfung ihrer Vorbringen - und damit das rechtliche Gehör - verletzt. 3.4 Nach dem Dargelegten fehlen im angefochtenen Beschluss an entscheidender Stelle die Überlegungen, von denen sich das Obergericht leiten liess, um die Vollstreckbarerklärung zu verweigern. In wesentlichen Gesichtspunkten hat das Obergericht die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erheblichen Vorbringen der Beschwerdeführerin übergangen. Ihre Rüge einer Verletzung von Art. 29 Abs. 2 BV ist begründet.
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Urteilskopf 134 II 308 36. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Kanton Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_73/2008 vom 1. Oktober 2008
Regeste Art. 2, 11-17 OHG , Art. 12 OHV , Art. 98 und 125 StGB ; Entschädigung und Genugtuung nach OHG, Geltungsbereich des OHG bei Straftaten mit grossem zeitlichem Abstand zwischen Tathandlung und Erfolgseintritt (Asbestopfer). Bei fahrlässigen Erfolgsdelikten mit grossem zeitlichem Abstand der Tathandlung zum Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs ist unter "Begehung einer Straftat" im Sinne von Art. 12 Abs. 3 OHV die Verwirklichung der subjektiven und der objektiven Tatbestandsmerkmale zu verstehen. Für den zeitlichen Geltungsbereich der opferhilferechtlichen Bestimmungen über Entschädigung und Genugtuung ist somit nicht allein auf das sorgfaltswidrige Verhalten abzustellen. Entscheidend ist vielmehr der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs solchen Verhaltens (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 309 BGE 134 II 308 S. 309 Y., geboren 1947, reichte am 18. Juli 2006 bei der kantonalen Opferhilfestelle ein Gesuch um Opferhilfe (Entschädigung und Genugtuung in noch zu bestimmender Höhe) ein. Er begründete sein Gesuch damit, dass er seit Dezember 2005 an einem malignen Mesotheliom leide. Dieses führte er auf seinen ungeschützten Umgang mit Asbest zurück, als er in den Jahren 1963 bis 1967 als Elektromonteur-Lehrling bei der Z. AG in Zürich gearbeitet habe. Mit Verfügung vom 2. August 2006 trat die Opferhilfestelle auf das Gesuch um Genugtuung und Entschädigung nicht ein, da die mutmassliche Straftat vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 1991 über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG; SR 312.5) am 1. Januar 1993 begangen worden sei. Gegen die Verfügung der Opferhilfestelle gelangte Y. an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und die Opferhilfestelle sei zu verpflichten, auf das Gesuch einzutreten. Y. starb am 6. Juli 2007. Das Sozialversicherungsgericht wies seine Beschwerde mit Urteil vom 7. Januar 2008 ab. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 13. Februar 2008 beantragt X., die Witwe und eingesetzte Alleinerbin von Y., das Urteil vom 7. Januar 2008 sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass das Opferhilfegesetz anwendbar sei. BGE 134 II 308 S. 310 Dementsprechend sei die Opferhilfestelle anzuweisen, auf das Gesuch vom 18. Juli 2006 einzutreten. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die kantonalen Instanzen hätten den zeitlichen Geltungsbereich des Opferhilfegesetzes falsch ausgelegt und damit Bundesrecht (OHG und Art. 124 BV ) verletzt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Zu prüfen ist im Hinblick auf die erst rund 40 Jahre nach der geltend gemachten Asbestexposition aufgetretene schwere Erkrankung, in welchem Zeitpunkt die mutmassliche Straftat gegen den verstorbenen Ehemann der Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 12 Abs. 3 der Opferhilfeverordnung vom 18. November 1992 (OHV; SR 312.51) "begangen" wurde. Die Vorinstanzen verstehen unter der Begehung der Straftat im Sinne von Art. 12 Abs. 3 OHV den Zeitpunkt, an dem der mutmassliche Täter die strafbare Handlung oder Tätigkeit ausgeführt hat. Sie halten somit den Zeitpunkt des tatbestandsmässigen Verhaltens und nicht den Zeitpunkt des Eintritts des zur Vollendung eines Delikts erforderlichen Erfolgs für massgebend. Diese Auffassung entspricht der im Strafrecht vorherrschenden täterbezogenen Betrachtungsweise, welche unter anderem dazu führt, dass fahrlässige Erfolgsdelikte verjähren können, bevor der tatbestandsmässige Erfolg eingetreten und somit der Straftatbestand erfüllt ist (zum Ganzen: BGE 134 IV 297 E. 4.2 und 4.3 mit zahlreichen Hinweisen). Aufgrund der von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen ist zu prüfen, ob die dargelegte, von der strafrechtlichen Betrachtungsweise beeinflusste Auffassung der Vorinstanzen mit dem Opferhilferecht vereinbar ist. 5.1 Das geltende Opferhilferecht des Bundes enthält keine Definition des Begriffs der Begehung der Straftat. Auch das revidierte Opferhilfegesetz vom 23. März 2007, das auf den 1. Januar 2009 in Kraft tritt (AS 2008 S. 1607 ff.), bringt diesbezüglich keine Klärung. Das Bundesgericht hatte bisher noch nie zu beurteilen, in welchem Zeitpunkt eine Straftat "begangen" wurde, wenn das tatbestandsmässige Verhalten vor Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes erfolgte und der strafrechtlich relevante Erfolg nach dessen Inkrafttreten eintrat. Im Fall der AIDS-Erkrankung eines Vergewaltigungsopfers fielen die Tathandlung und der Erfolgseintritt in einen Zeitraum nach dem 1. Januar 1993 ( BGE 126 II 348 ). Mit Urteil 1A.139/1997 vom 10. November BGE 134 II 308 S. 311 1997 beurteilte das Bundesgericht die Zulässigkeit des Opferhilfegesuchs von Angehörigen eines Mordopfers, das erst nach Inkrafttreten des OHG aufgefunden wurde, dessen Tod jedoch vor dem 1. Januar 1993 eingetreten war. In diesem Fall wurden opferhilferechtliche Entschädigungsansprüche der Kinder des Opfers verneint, weil sowohl die Tathandlung als auch der Erfolgseintritt und somit die Straftat zeitlich vor dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes abgeschlossen waren. Im Lichte von Art. 12 Abs. 3 OHV stand deshalb ausser Frage, dass die Straftat vor Inkrafttreten des OHG begangen worden war. Ob dies auch im vorliegenden Fall zutrifft, in welchem das mutmasslich tatbestandsmässige Verhalten vor Inkrafttreten des OHG stattfand und der strafrechtlich relevante Erfolg erst nach dessen Inkrafttreten eintrat, muss gestützt auf eine Auslegung der entsprechenden Verordnungsbestimmung beurteilt werden. 5.2 Die Verordnung ist wie ein Gesetz in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zu Grunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode auszulegen. Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die zu ermitteln dem Gericht allerdings nicht nach den subjektiven Wertvorstellungen der Richter aufgegeben ist, sondern nach den Vorgaben des Gesetzgebers. Die Auslegung des Gesetzes ist zwar nicht entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt, sondern aus den Absichten des Gesetzgebers abzuleiten ist, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut allein die Rechtsnorm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis mit Blick auf die ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen. Die Gesetzesmaterialien können beigezogen werden, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben ( BGE 133 III 175 E. 3.3.1 S. 178; BGE 133 V 314 E. 4.1 S. 316; BGE 129 II 114 E. 3.1 S. 118; BGE 128 I 34 E. 3b S. 40 f., siehe auch BGE 134 V 202 E. 3.2 S. 205 mit Hinweisen). BGE 134 II 308 S. 312 5.3 Das Opferhilferecht geht auf eine Volksinitiative der Zeitschrift "Der Schweizerische Beobachter" aus dem Jahr 1980 zurück, welche ein Gesetz über eine Entschädigung von Opfern von Straftaten gegen Leib und Leben durch den Staat forderte. Ein dieser Volksinitiative gegenübergestellter inhaltlich weiter gehender Gegenvorschlag der Eidgenössischen Räte wurde am 2. Dezember 1984 in der Volksabstimmung mit grosser Mehrheit angenommen ( Art. 64 ter aBV ). Die entsprechende Verfassungsbestimmung wurde in die neue Bundesverfassung vom 18. April 1999 mit nur wenigen redaktionellen Anpassungen als Art. 124 BV übernommen (PETER GOMM/DOMINIK ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, 2. Aufl., Bern 2005, N. 13 ff. der Einleitung; LUZIUS MADER, Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl., Zürich 2008, N. 1 zu Art. 124 BV ). Nach dem Übergang des Strafanspruchs auf den Staat hat sich dieser vorwiegend mit den Tätern auseinandergesetzt und dabei für diese umfangreiche Mittel unter anderem für das Strafverfahren, den Strafvollzug und die Resozialisierung von Straftätern aufgewendet (Täteroptik des Strafrechts). Das Opferhilferecht wurde demgegenüber nach international verbreiteter Erkenntnis, dass die Opferinteressen im Strafrecht nur mangelhaft beachtet wurden, auf die Milderung der Folgen einer Straftat für das unfreiwillig davon betroffene Opfer ausgerichtet. Das Opferhilferecht strebt mit seinem opferbezogenen Ansatz einen Ausgleich des täterbezogenen staatlichen Engagements zu Gunsten der Opfer an. Opfer von Straftaten und deren nahe Angehörige erleiden vielfach über den unmittelbaren Schaden hinausgehende, erhebliche und unter Umständen langwierige Beeinträchtigungen, die durch die Strafverfolgung mitunter eher noch verschlimmert als gelindert werden. Die Stellung des Opfers wurde daher innerhalb und ausserhalb des Strafverfahrens gestärkt. Seine Probleme, Bedürfnisse und Interessen nach einer Straftat sollten mehr beachtet werden. Diesen Anliegen dient das Opferhilfegesetz mit den drei Hauptpfeilern der Beratung, des Ausbaus der verfahrensrechtlichen Stellung des Opfers sowie der Entschädigung und Genugtuung durch den Staat (Botschaft des Bundesrats zum OHG vom 25. April 1990, in: BBl 1990 II 964 ff.; EVA WEISHAUPT, Die verfahrensrechtlichen Bestimmungen des OHG, Diss. Zürich 1998, S. 3 ff.; PETER GOMM/DOMINIK ZEHNTNER, a.a.O., N. 5 ff. der Einleitung). 5.4 Der historische Wille des Gesetzgebers zur Opferhilfe bei Erfolgsdelikten, bei denen tatbestandsmässiges Verhalten und Erfolgseintritt zeitlich weit auseinanderliegen, lässt sich weder den BGE 134 II 308 S. 313 Gesetzesmaterialien noch dem Gesetzeswortlaut entnehmen. Aus der Botschaft des Bundesrats zum OHG vom 25. April 1990 ergibt sich jedoch, dass die Anwendbarkeit des Gesetzes das Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale einer Straftat voraussetzt (BBl 1990 II 977). Dass der Geltungsbereich des OHG sich nach dem Zeitpunkt des strafwürdigen Verhaltens richten sollte, welches dem Erfolgseintritt zu Grunde liegt, ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien nicht. 5.5 Zweck des OHG ist die Gewährleistung von wirksamer Hilfe an Opfer von Straftaten und die Verbesserung ihrer Rechtsstellung mittels Beratung, Schutz des Opfers und seiner Rechte im Strafverfahren sowie Entschädigung und Genugtuung ( Art. 1 OHG ). Die Opferhilfeleistungen knüpfen an das Vorliegen einer Straftat an, wozu das Vorliegen der objektiven Straftatbestandsmerkmale gehört. Nach Art. 2 Abs. 1 OHG erhält jede Person, die durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt worden ist (Opfer), Hilfe nach dem Opferhilfegesetz, und zwar unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat. Der Begriff der Straftat ist im Opferhilferecht grundsätzlich gleich wie im Strafgesetzbuch definiert. Man versteht darunter ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten. Eine schuldhafte Tatbegehung wird indessen nur vom Strafrecht verlangt und spielt im Opferhilferecht als täterbezogenes Kriterium bei der Bestimmung der Opferqualität keine Rolle ( BGE 127 II 33 E. 5.4 S. 36; BGE 122 II 211 E. 3b S. 215). Nach dem aktuellen Stand von Rechtsprechung und Lehre werden Vorsatz und Fahrlässigkeit im Strafrecht nicht mehr als Schuldformen betrachtet, sondern zum typischerweise rechtswidrigen Verhalten, d.h. zum subjektiven Tatbestand gezählt. Der Begriff der Straftat im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG setzt deshalb neben der Verwirklichung eines objektiven Straftatbestands auch vorsätzliches oder fahrlässiges Handeln voraus ( BGE 134 II 33 E. 5.4 und 5.5 S. 36 ff. mit zahlreichen Hinweisen). Anders als im Strafrecht ergibt sich aus dem Regelungszweck und der gesetzlichen Umschreibung des Geltungsbereichs des OHG somit ein opferbezogener Ansatz ( BGE 126 II 348 E. 5d S. 355; BGE 125 II 265 E. 2a/aa S. 268; DOMINIK ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 2005, N. 2 zu Art. 2 OHG ). Das Vorliegen der objektiven und der subjektiven Tatbestandsmerkmale eines Delikts ist Anknüpfungspunkt für die Gewährung der Opferhilfe. Die Straftat stellt somit opferhilferechtlich den anspruchbegründenden Sachverhalt dar (FRANZISKA WINDLIN, Grundfragen staatlicher Opferentschädigung, BGE 134 II 308 S. 314 Diss. Bern 2005, S. 132 ff.). Entscheidend für die Anwendung des Opferhilferechts ist, ob die Beeinträchtigung des Geschädigten in seiner körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität das legitime Bedürfnis begründet, die Hilfsangebote und die Schutzrechte des Opferhilfegesetzes - ganz oder zumindest teilweise - in Anspruch zu nehmen ( BGE 126 II 348 E. 5d S. 355; BGE 125 II 265 E. 2a/aa S. 268). Aus dieser opferbezogenen Sichtweise heraus, in Verbindung mit dem in Art. 5 Abs. 3 BV verankerten Grundsatz von Treu und Glauben, hat das Bundesgericht entschieden, dass ein Opfer die massgebende Schädigung bzw. Verletzung erkennen können muss, bevor es sich auf das Vorliegen einer Straftat im Sinne des OHG berufen kann. Anders zu entscheiden hiesse, dem Sinn und Zweck des OHG zuwiderlaufende Anforderungen an die rechtzeitige Einreichung eines (substanziierten) Opferhilfegesuches zu stellen ( BGE 126 II 348 E. 5d S. 355 mit Hinweis; vgl. WINDLIN, a.a.O., S. 131 f., 150). Diese Rechtsprechung hat Eingang in Art. 25 Abs. 1 des revidierten Opferhilfegesetzes vom 23. März 2007 gefunden, welches am 1. Januar 2009 in Kraft treten wird (AS 2008 S. 1607). Danach ist ein Gesuch um Entschädigung und Genugtuung innert fünf Jahren nach der Straftat oder nach Kenntnis der Straftat einzureichen; andernfalls verwirken die Ansprüche. Mit dieser Präzisierung hat der Gesetzgeber die Weitergeltung des opferbezogenen Ansatzes bei der Auslegung des OHG bekräftigt (vgl. Botschaft zur Totalrevision des OHG vom 9. November 2005, BBl 2005 S. 7229). 5.6 Der beschriebene opferbezogene Ansatz lässt erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der von den Vorinstanzen vertretenen Argumentation zum zeitlichen Geltungsbereich des OHG aufkommen. Zwar handelt es sich beim gesetzlich nicht geregelten zeitlichen Geltungsbereich des OHG nicht um die gleiche Problemstellung wie bei der Frage der Rechtzeitigkeit eines Gesuchs um Entschädigung oder Genugtuung. Indessen wird das Opferhilferecht insgesamt von einer opferbezogenen Betrachtungsweise beherrscht, weshalb auch der zeitliche Geltungsbereich aus der Opferperspektive zu beurteilen ist. In der Literatur wird dargelegt, ein Delikt, dessen Begehung aus strafrechtlicher Sicht vor dem Inkrafttreten des Gesetzes liege, dessen schwerwiegende Folgen jedoch wegen einer langen Inkubationszeit erst danach aufträten, könne aus opferhilferechtlicher Sicht in der Weise beurteilt werden, dass von einer eigentlichen Tatbegehung erst im Zeitpunkt des Ausbruchs der Krankheit gesprochen werden könne (z.B. Auftreten von Krebs nach einer Asbestexposition). Art. 12 Abs. 3 BGE 134 II 308 S. 315 OHV sei im Hinblick auf die Opferbezogenheit des OHG nicht nachvollziehbar. Für ein Opfer sei eine Straftat im Gegensatz zur Sicht des Täters und der Strafverfolgungsbehörden klar erfolgsbezogen (ZEHNTNER, a.a.O., N. 6 zu Art. 19 OHG ; s. auch EVA WEISHAUPT, a.a.O., S. 55 f.). 5.7 Die erörterten Gesichtpunkte der Auslegung sind anhand des vorliegenden Sachverhalts zu würdigen (E. 5.2 hiervor). Ausgangspunkt für die opferhilferechtliche Beurteilung der Sache ist eine behauptete fahrlässige Verletzung des Ehemanns der Beschwerdeführerin. Während das angeblich als fahrlässige Körperverletzung ( Art. 125 StGB ) einzustufende Verhalten in der Verletzung von Sorgfaltspflichten durch den früheren Arbeitgeber des Verstorbenen in den Jahren 1963-1967 bestehen soll, wurde die vom Verstorbenen und der Beschwerdeführerin aus der Sorgfaltswidrigkeit abgeleitete Erkrankung erst im Januar 2006 festgestellt. Der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung im Sinne von Art. 125 StGB setzt voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat ( BGE 134 IV 193 E. 7 S. 203 f. mit Hinweisen; s. auch BGE 127 IV 34 E. 2a S. 38; BGE 126 IV 13 E. 7a/bb S. 16 f.). Eine Straftat im Sinne der Rechtsprechung zu Art. 2 Abs. 1 OHG (E. 5.5 hiervor) konnte somit erst mit dem Eintritt des strafrechtlich relevanten Erfolgs vorliegen, da erst in diesem Zeitpunkt der objektive Tatbestand erfüllt war. Das angeblich sorgfaltswidrige Verhalten kann grundsätzlich eine tatbestandsmässige Begehung oder Unterlassung im Hinblick auf eine fahrlässige Körperverletzung darstellen (vgl. nicht publ. E. 2 und E. 5 hiervor). Aus der im Opferhilferecht massgebenden Opferperspektive kann hingegen bei Beendigung des sorgfaltswidrigen Verhaltens noch nicht von der Begehung einer Straftat im Sinne des OHG gesprochen werden, solange noch kein tatbestandsmässiger Erfolg vorliegt. Fahrlässigkeit allein ohne Erfolgseintritt stellt im Hinblick auf Art. 125 StGB keine Straftat dar, da es an der Verwirklichung der objektiven Tatbestandsmerkmale mangelt. Gestützt auf Art. 125 StGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 OHG können somit gar keine Ansprüche auf Opferhilfe entstehen, solange der strafrechtlich relevante Erfolg des fahrlässigen Verhaltens nicht eingetreten ist. Die Auslegung von Art. 12 Abs. 3 OHV führt somit vor dem Hintergrund des geschilderten Sachverhalts und unter Beachtung der Zielsetzungen des Opferhilfegesetzes zum Ergebnis, dass zur "Begehung einer Straftat" im Sinne von Art. 12 Abs. 3 OHV nicht bloss das fahrlässige Verhalten als Ursache des Erfolgseintritts gehört. Vielmehr muss darüber BGE 134 II 308 S. 316 hinaus der strafrechtlich relevante Erfolg des Fahrlässigkeitsdelikts vorliegen, welcher in der Realisierung der objektiven Tatbestandsmerkmale besteht. Für den zeitlichen Geltungsbereich der Art. 11-17 OHG ist somit nicht allein das sorgfaltswidrige Verhalten massgebend. Entscheidend ist vielmehr der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs solchen Verhaltens. 5.8 Dieses Auslegungsergebnis lässt ein unterschiedliches Verständnis der "Begehung einer Straftat" nach Art. 12 Abs. 3 OHV und der "Ausführung der strafbaren Tätigkeit" bei den Verjährungsregeln von Art. 98 StGB (in der Fassung vom 13. Dezember 2002, in Kraft seit 1. Januar 2007) erkennen. Dieses unterschiedliche Verständnis liegt in den nicht identischen Zielsetzungen des OHG und der Verjährungsbestimmungen des StGB begründet. Die strafrechtlichen Verjährungsregeln sind massgeblich unter täterbezogenen Gesichtspunkten zu würdigen (vgl. BGE 134 IV 297 E. 4.3.4). Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass das staatliche Strafbedürfnis unter Berücksichtigung praktisch aller Strafzwecke in der Regel umso mehr zurückgeht, je länger das Täterverhalten zurückliegt. Sie können dazu führen, dass die Verfolgung von Fahrlässigkeitsdelikten oder von Delikten, deren Strafbarkeit vom Eintritt einer objektiven Strafbarkeitsbedingung abhängt, verjähren kann, bevor sie hätte beginnen können (vgl. GÜNTHER STRATENWERTH/WOLFGANG WOHLERS, Handkommentar zum StGB, Bern 2007, N. 1 zu Art. 98 StGB und N. 1 der Vorbemerkungen zu Art. 97 ff. StGB ; BGE 134 IV 297 ). Mit dem OHG sollte hingegen den durch eine Straftat unmittelbar in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität beeinträchtigten Personen die gesetzlich vorgesehene Hilfe gewährleistet werden. Zur Erreichung dieses Ziels wird im Opferhilferecht in verschiedener Hinsicht von strafrechtlichen Grundsätzen abgewichen. So wird die Opferhilfe insbesondere unabhängig davon gewährt, ob die Täterschaft ermittelt worden ist und ob sie sich schuldhaft verhalten hat ( Art. 2 Abs. 1 OHG ). Gleichermassen kann es für die opferhilferechtliche Geltendmachung von Entschädigung und Genugtuung nicht darauf ankommen, ob der Strafanspruch des Staates verjährt ist. Das Opfer kann von einem strafrechtlich verjährten Delikt bei späterem Erfolgseintritt in derselben Weise betroffen sein, wie wenn im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG keine Täterschaft oder kein schuldhaftes Verhalten nachgewiesen werden kann. Es erscheint daher BGE 134 II 308 S. 317 gerechtfertigt, das Vorliegen einer Straftat im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG auch dann zu bejahen, wenn der Täter wegen der strafrechtlichen Verjährungsregeln vom Strafrichter nicht mehr verurteilt werden kann. 5.9 Der opferbezogene Ansatz hat insofern Auswirkungen auf den zeitlichen Geltungsbereich des OHG, als die Straftat dann als begangen zu gelten hat, wenn der strafrechtlich und aus Opfersicht relevante Erfolg eingetreten ist. Diese Auffassung liegt auch den Bestimmungen betreffend den zeitlichen Geltungsbereich der Vorschriften über die Hilfe der Beratungsstellen und den Schutz und die Rechte des Opfers im Strafverfahren zu Grunde ( Art. 12 Abs. 1 und 2 OHV ). Danach hängt die Gewährung der Opferhilfe in diesen Bereichen nicht vom Zeitpunkt des strafrechtlich relevanten Verhaltens ab. Es ist kein unter opferhilferechtlichen Gesichtspunkten massgebender Grund ersichtlich, für die Anwendung der Bestimmungen über die Entschädigung und Genugtuung ( Art. 11-17 OHG ) auf den Zeitpunkt der Tathandlung abzustellen. Jedenfalls erscheinen die von der kantonalen Opferhilfestelle angeführten Gründe der Rechtsgleichheit (nicht publ. E. 3.3) nicht überzeugend. Indessen ist einzuräumen, dass bei grosser zeitlicher Differenz zwischen Täterverhalten und Erfolgseintritt in Bezug auf die Beurteilung von Entschädigungs- und Genugtuungsforderungen in verschiedener Hinsicht Beweisschwierigkeiten auftreten können (Sorgfaltsmassstab, Kausalität usw.; vgl. BGE 134 IV 297 E. 4.3.4). Solche Schwierigkeiten haben mitunter negative Auswirkungen auf den Erfolg der Geltendmachung der Opferhilfe. Sie dürfen jedoch nicht dazu führen, dass das Opfer, das nach dem Inkrafttreten des OHG in seiner Integrität unmittelbar beeinträchtigt wurde, keine Entschädigungs- und Genugtuungsansprüche geltend machen darf, nur weil das schädigende Täterverhalten, das für sich noch keine Straftat im Sinne des OHG darstellt, vor Inkrafttreten des OHG stattfand. Wäre eine solche Beschränkung vom Gesetzgeber beabsichtigt gewesen, hätte er sie zumindest im Rahmen der Revision des geltenden OHG in das neue Gesetz eingefügt. 5.10 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass bei fahrlässigen Erfolgsdelikten mit grossem zeitlichem Abstand der mutmasslichen Tathandlung zum Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs unter "Begehung einer Straftat" im Sinne von Art. 12 Abs. 3 OHV die Verwirklichung der subjektiven und der objektiven BGE 134 II 308 S. 318 Tatbestandsmerkmale zu verstehen ist. Für den zeitlichen Geltungsbereich der Art. 11-17 OHG ist somit nicht allein auf das sorgfaltswidrige Verhalten abzustellen. Entscheidend ist vielmehr der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs solchen Verhaltens.
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Urteilskopf 103 Ib 247 39. Urteil vom 9. September 1977 i.S. Schweiz. Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe) gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Gesetzgebung über die Forstpolizei, Elektrizitätsgesetz. Welche Ordnung ist anzuwenden, wenn die PTT-Betriebe Waldareal für den Bau von Telefonleitungen in Anspruch nehmen? 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts. Zulässig ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, nicht die staatsrechtliche Klage nach Art. 83 lit. a OG (E. 1 und 2). 2. Massgebend sind die Vorschriften über die Forstpolizei, nicht die Art. 5 - 7 ElG . Zuständigkeit der kantonalen Behörde (E. 3 - 5). 3. Gebühren für die Entscheide der kantonalen Instanzen. Massgebend ist das kantonale Recht (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 103 Ib 247 S. 247 Am 16. Juli 1974 stellte die Stadtforstverwaltung Winterthur im Namen Kreistelefondirektion Winterthur beim BGE 103 Ib 247 S. 248 kantonalen Oberforstamt zuhanden der kantonalen Direktion der Volkswirtschaft das Gesuch, die Erstellung einer Telefonkabelleitung längs der Wildparkstrasse im Areal des Stadtwaldes von Winterthur zu bewilligen. Das Kabel sollte eine störungsanfällige und die Bewirtschaftung des Waldes behindernde Freileitung ersetzen. Die Volkswirtschaftsdirektion entsprach am 24. Juli 1974 dem Gesuch. Für die Bewilligung hatte die Kreistelefondirektion Gebühren im Betrag von Fr. 68.40 zu entrichten. Gegen die Verfügung der Volkswirtschaftsdirektion legte die Generaldirektion der PTT-Betriebe (GD PTT) namens des Bundes Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Zürich ein. Sie beantragte, die Verfügung sei aufzuheben, die erhobenen Gebühren seien zurückzuerstatten und es sei festzustellen, dass die Inanspruchnahme von Waldungen für Telegrafen- und Telefonleitungen nicht bewilligungs- und gebührenpflichtig sei. Der Regierungsrat wies den Rekurs am 29. Dezember 1976 ab. Die Kosten des Rekursverfahrens, bestehend aus einer Staatsgebühr von Fr. 1'000.-- und den Ausfertigungsgebühren, wurden dem Bund auferlegt. Die GD PTT erhebt im Namen der Eidgenossenschaft Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid des Regierungsrates und gleichzeitig staatsrechtliche Klage gemäss Art. 83 lit. a OG gegen den Kanton Zürich. In beiden Eingaben verlangt sie die Aufhebung des Entscheides des Regierungsrates, die Rückerstattung des Gebührenbetrages von Fr. 68.40 und die Feststellung, dass die Inanspruchnahme von Waldungen für Telegrafen- und Telefonleitungen keiner Rodungsbewilligung gemäss Forstpolizeigesetz bedürfe. Die Begründung stützt sich auf die Art. 5 - 7 ElG . Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde und der Klage. Das Eidg. Departement des Innern teilt die Auffassung des Regierungsrates. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 102 lit. a OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig, wenn die verwaltungsrechtliche Klage nach Art. 116 oder jede andere Klage oder Beschwerde an das Bundesgericht ausser der staatsrechtlichen Beschwerde offen steht. Hier fragt sich, ob die staatsrechtliche Klage, welche die GD PTT gestützt auf Art. 113 Ziff. 1 BV und Art. 83 lit. a OG neben einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhebt, zulässig BGE 103 Ib 247 S. 249 sei. Das Gericht hat zu prüfen, ob die ihm unterbreitete Streitigkeit, nach Massgabe der Rechtsbegehren und ihrer Begründung, als Kompetenzkonflikt im Sinne dieser Bestimmungen zu qualifizieren sei (vgl. BGE 91 I 122 , BGE 78 I 379 f.; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, 2. Aufl. S. 79). Solche Kompetenzkonflikte sind Anstände zwischen dem Bund und einem oder mehreren Kantonen über die Ausscheidung der beiderseitigen Hoheitssphären; sie haben die Abgrenzung der Souveränität des Bundes einer- und der Kantone anderseits zum Gegenstand ( BGE 81 I 39 ; BURCKHARDT, Komm. der BV, 3. Aufl. S. 773 f.; BIRCHMEIER, Handbuch des OG, S. 290; IMBODEN, Staat und Recht, S. 267). Nach der Gesetzgebung des Bundes über die Forstpolizei sind die kantonalen Behörden in bestimmten Fällen für die Bewilligung von Rodungen zuständig ( Art. 31 Abs. 2, Art. 50 Abs. 2 FPolG , Art. 25bis FPolV ). Als Rodung gilt auch jede Beanspruchung von Waldboden, die eine dauernde oder vorübergehende Zweckentfremdung zur Folge hat ( Art. 25 Abs. 1 FPolV ). Der Regierungsrat des Kantons Zürich nimmt an, in die allgemeine Zuständigkeit, welche die eidgenössische Forstpolizeigesetzgebung den kantonalen Behörden zuweist, falle auch der Entscheid darüber, ob Waldareal für den Bau von Telegrafen- und Telefonleitungen beansprucht werden dürfe. Dagegen ist die GD PTT der Meinung, hierüber hätten nach den Art. 5 ff. des eidgenössischen Elektrizitätsgesetzes die PTT-Betriebe selber - unter Vorbehalt eines allfälligen Entscheids des Bundesrates nach Art. 7 Abs. 2 ElG - zu befinden; diese besonderen Bestimmungen gingen der allgemeinen Ordnung der Forstpolizeigesetzgebung vor. Die Beteiligten streiten demnach nicht über die bundesstaatliche Ausscheidung der Staatsgewalt zwischen Bund und Kantonen, sondern über die Abgrenzung des Geltungsbereiches von Erlassen des Bundes auf dem Gebiete des Verwaltungsrechtes (Forstpolizeigesetzgebung und Elektrizitätsgesetzgebung) und der bundesrechtlich geordneten Zuständigkeit zur Anwendung dieser Erlasse. Daraus folgt, dass nicht ein Kompetenzkonflikt im Sinne von Art. 113 Ziff. 1 BV und Art. 83 lit. a OG vorliegt (vgl. BGE 49 I 283 f.). Auf die staatsrechtliche Klage ist daher nicht einzutreten. 2. Der angefochtene Entscheid des Regierungsrates des Kantons Zürich ist eine auf öffentliches Recht des Bundes BGE 103 Ib 247 S. 250 (Forstpolizeigesetzgebung) gestützte Verfügung im Sinne des Art. 5 VwVG . Er unterliegt als Verfügung einer letzten kantonalen Instanz der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ( Art. 97, 98 lit. g OG ). Die Zuständigkeit des Bundesgerichtes nach Art. 97 ff. OG erstreckt sich auch auf die Frage, ob die kantonale Instanz nach Bundesrecht zum Entscheid im vorliegenden Fall kompetent war. Das Bundesgericht hat im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insbesondere darüber zu befinden, ob für die Anwendung von Erlassen des Bundes auf dem Gebiete des Verwaltungsrechts primär eidgenössische oder kantonale Instanzen zuständig sind (vgl. BGE 97 I 855 ). Gerade diese Frage ist hier streitig. Die Eidgenossenschaft (PTT-Betriebe) ist zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Auf die erhobene Beschwerde ist einzutreten. 3. Das Elektrizitätsgesetz regelt in Art. 5 - 7 entgegen der Auffassung der GD PTT den vorliegenden Sachverhalt nicht. Nach Art. 5 ElG ist der Bund berechtigt, für die Erstellung von Telegrafen- und Telefonlinien öffentliche Plätze, Strassen, Fahr- und Fusswege sowie auch öffentliche Kanäle, Flüsse, Seen und deren Ufer, soweit diese dem öffentlichen Gebrauche dienen, unentgeltlich in Anspruch zu nehmen. Dieses Recht bezieht sich also auf öffentlichen, im Gemeingebrauch stehenden Grund und Boden (TUASON, Das Recht der PTT-Betriebe, 2. Aufl. S. 132). Der Wald zählt jedoch nicht zu den Sachen im Gemeingebrauch, selbst wenn er Eigentum einer Gemeinde ist (GRISEL, Droit administratif suisse, S. 283 f.; vgl. BGE 97 II 377 ). Er wird denn auch in Art. 5 ElG , der den mit der Befugnis zur Inanspruchnahme belasteten öffentlichen Grund konkret umschreibt, nicht erwähnt. Im allgemeinen dürften auch Flur- und Waldwege nicht zu den Sachen im Gemeingebrauch zu rechnen sein (vgl. hinsichtlich der Flurwege IMBODEN/RHINOW, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl. S. 20, 813). Wie es sich mit den Waldwegen verhält, braucht indes hier nicht entschieden zu werden, da die in Frage stehende Kabelleitung ausserhalb der Wildparkstrasse zu liegen kommt. Ebensowenig kann die Beschwerdeführerin sich für ihren Standpunkt auf Art. 6 ElG berufen. Diese Bestimmung betrifft die Beanspruchung des Luftraumes über privatem Eigentum für oberirdische Telegrafen- und Telefonleitungen (Freileitungen), nicht für Kabelleitungen. Übrigens könnte dem BGE 103 Ib 247 S. 251 Art. 6 ElG auch nicht entnommen werden, dass der Bund berechtigt wäre, Waldareal für Telegrafen- und Telefonleitungen ohne Berücksichtigung der Forstpolizeigesetzgebung - in materieller und organisatorischer Hinsicht - in Anspruch zu nehmen. Auch aus BGE 97 I 527 ff. kann die Beschwerdeführerin nichts für ihre Auffassung ableiten. Zwar hat das Bundesgericht dort erklärt, die Vorschriften der Art. 5 - 7 ElG enthielten nicht nur öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkungen, sondern auch eine Befreiung der PTT-Betriebe vom kantonalen Baupolizeirecht. Das bedeutet jedoch gerade keine Befreiung des Bundes von seiner eigenen Gesetzgebung. Vielmehr hat das Bundesgericht in jenem Entscheid nur zum Verhältnis von kantonalem und Bundesrecht Stellung genommen, sofern kantonales Recht der Erfüllung von Bundesaufgaben hinderlich sein könnte (vgl. auch BGE 99 Ia 257 f., BGE 97 I 593 f., BGE 92 I 210 f., BGE 91 I 423 f.). Aus dem Elektrizitätsgesetz kann somit nicht der Schluss gezogen werden, dass die Vorschriften der eidgenössischen Forstpolizeigesetzgebung, zumal die Bestimmungen über die Walderhaltung, für den Bund nicht massgeblich wären (vgl. auch BGE 98 Ib 218 f.; Art. 22 Abs. 2 Verordnung des Bundesrates über die Nationalstrassen). Wo der Gesetzgeber Vorschriften zum Schutz bestimmter Interessen aufstellt, hat das betreffende Gemeinwesen selbst sich ebenfalls an diese Ordnung zu halten ( BGE 91 I 422 f.). 4. Die Forstpolizeigesetzgebung regelt die Frage nicht besonders, wer zur Bewilligung zuständig ist, wenn Waldareal für Bundeszwecke in Anspruch genommen wird. Es wäre denkbar, dass dann, wenn darüber zu befinden ist, ob das öffentliche Interesse an der Walderhaltung gegenüber den Bedürfnissen des Bundes auf dem Gebiete des Bauwesens - insbesondere des Leitungsbaues der PTT-Betriebe - zurückzutreten habe, die zuständigen eidgenössischen Amtsstellen sich ins Einvernehmen zu setzen haben und mangels einer Verständigung eine ihnen gemeinsam übergeordnete Instanz zu entscheiden hätte. Indes wäre selbst dann der Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung nicht entbehrlich, weil der Waldeigentümer mitbetroffen ist. Nicht zu erwägen wäre dagegen, dass die PTT-Verwaltung über die Angelegenheit völlig eigenständig entscheiden könnte. Gerade weil aber auch die Interessen der Waldeigentümer zu berücksichtigen sind, besteht BGE 103 Ib 247 S. 252 kein zwingender Anlass, die allgemeine Zuständigkeitsordnung der Forstpolizeigesetzgebung nicht gelten zu lassen, wenn sich die Frage stellt, ob Waldareal für Telegrafen- oder Telefonleitungen in Anspruch genommen werden darf. Das Beispiel der Verordnung über die Nationalstrassen (Art. 22 Abs. 2) zeigt, dass eine Notwendigkeit, von dieser Zuständigkeitsordnung abzuweichen, wenn es um die Ausführung baulicher Aufgaben des Bundes geht, nicht besteht. Zu diesem Schluss ist auch das zur Vernehmlassung eingeladene Eidg. Departement des Innern nach Konsultation des Eidg. Oberforstinspektorates gelangt. 5. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die PTT-Betriebe müssten nach Art. 25bis FPolV dann, wenn das für den Bau einer Telefonleitung beanspruchte Waldareal im Schutzwaldgebiet mehrerer Kantone läge, ein Bewilligungsgesuch beim Eidg. Oberforstinspektorat stellen und im Streitfall Beschwerde beim Eidg. Departement des Innern und beim Bundesgericht einlegen, wenn der Auffassung des Regierungsrates gefolgt würde; ein solches Verfahren sei aber "nicht möglich". Bestände diese Möglichkeit nicht, so wäre dies aber kein ausreichender Grund anzunehmen, dass in der Zuständigkeitsordnung der Forstpolizeigesetzgebung eine Lücke bestehe, die vom Richter auszufüllen wäre. Es wäre diesfalls Sache des Bundes, die interne Koordination divergierender Verwaltungsinteressen herbeizuführen (vgl. E. 4 hiervor) oder die Zuständigkeitsordnung zu ändern. Die Beschwerdeführerin weist auf Art. 7 Abs. 2 ElG hin, wonach der Bundesrat entscheidet, wenn die PTT-Betriebe keine Einigung mit dem Grundeigentümer über die Linienführung erzielen. Sie macht geltend, die Auffassung des Regierungsrates hätte zur Folge, dass auch noch das Bundesgericht über die Linienführung zu befinden hätte, falls sich in forstpolizeilicher Hinsicht Schwierigkeiten ergeben; es könnte daher zu Kompetenzkonflikten zwischen Bundesrat und Bundesgericht kommen. Auch dieser Einwand schlägt nicht durch. Wie gesagt, treffen die Art. 5 - 7 ElG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Es ist Sache der nach der Forstpolizeigesetzgebung für die Bewilligung von Rodungen zuständigen Behörden, darüber zu befinden, ob Telegrafen- und Telefonlinien durch Waldareal geführt werden dürfen. 6. Soweit die Entscheide der Vorinstanzen den Bund mit Gebühren belasten, stützen sie sich auf kantonales Recht. Die BGE 103 Ib 247 S. 253 Gesetzgebung des Bundes enthält in dieser Beziehung keine Vorschriften. Die vom Eidg. Departement des Innern aufgeworfene Frage, ob die Belastung des Bundes mit den Kosten des Verfahrens vor dem Regierungsrat gegen Art. 63 Abs. 2 VwVG verstosse, stellt sich nicht; denn diese Vorschrift ist hier nicht anwendbar, wie sich aus Art. 1 Abs. 3 VwVG ergibt. Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde hinsichtlich der Zuständigkeitsfrage nicht durchdringt und nicht geltend gemacht wird, dass die Regelung der Kostenfrage durch die kantonalen Instanzen willkürlich oder sonstwie verfassungswidrig sei, kann das Bundesgericht auch den Entscheid des Regierungsrates über die Kosten nicht aufheben oder ändern ( Art. 157 OG ; BGE 99 Ib 215 oben). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die staatsrechtliche Klage wird nicht eingetreten. 2. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 102 II 385 55. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. September 1976 i.S. Erbschaft der Frau Marie Boog-Bähny gegen Darlehenskasse Ebikon-Buchrain
Regeste Parteifähigkeit einer unverteilten Erbschaft im Aberkennungsprozess. Kann eine Erbschaft als solche nach Art. 49 SchKG betrieben werden, muss ihr auch die Passivlegitimation im Rechtsöffnungsverfahren zuerkannt werden. Ist die Erbschaft aber auch berechtigt, im nachfolgenden Aberkennungsprozess als Klägerin aufzutreten? Frage offen gelassen.
Sachverhalt ab Seite 385 BGE 102 II 385 S. 385 A.- Die am 20. Oktober 1969 verstorbene Marie Boog-Bähny hinterliess als gesetzliche Erben ihren Ehemann, Alois Boog-Bähny, und vier Kinder, von denen das jüngste noch minderjährig ist. Die Erbschaft ist bis heute unverteilt. Am 15. März 1972 verlangte die Darlehenskasse Ebikon-Buchrain von Alois Boog als dem Vertreter der Erbengemeinschaft die Rückzahlung von Darlehen, welche sie der Verstorbenen in den Jahren 1963 und 1964 gewährt hatte. Da die Rückzahlung nicht erfolgte, leitete die Darlehenskasse mit BGE 102 II 385 S. 386 Zahlungsbefehl Nr. 2736 des Betreibungsamtes Luzern vom 26. April 1972 gegen die "Erbschaft der Frau Marie Boog-Bähny, wohnhaft gewesen in Goldau, mit Zustellung an den Erbenvertreter: Alois Boog-Bähny, Rigihaus, Parkstrasse, 6410 Goldau" Grundpfandbetreibung für den Betrag von Fr. 74'368.85 nebst Zins zu 6 1/4% seit 21. April 1972 ein. Alois Boog-Bähny erhob dagegen Beschwerde und machte geltend, die am 1. Mai 1972 an ihn erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls sei ungültig, weil er zur Vertretung der Erbschaft nicht befugt sei. Diese Beschwerde wurde von den kantonalen Aufsichtsbehörden und letztinstanzlich von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts am 17. August 1972 abgewiesen. Alois Boog hatte gegen den Zahlungsbefehl ausserdem Rechtsvorschlag erhoben, worauf der Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Stadt der Gläubigerin mit Entscheid vom 5. Dezember 1972 die provisorische Rechtsöffnung in der anbegehrten Höhe von Fr. 46'000.-- nebst 6 1/4% Zins seit 21. April 1972 erteilte. Ein Rekurs gegen diesen Rechtsöffnungsentscheid wurde vom Obergericht des Kantons Luzern am 26. Januar 1973 abgewiesen; die von Alois Boog dagegen beim Bundesgericht eingereichte staatsrechtliche Beschwerde wurde mit Verfügung vom 17. Mai 1973 als durch Rückzug erledigt abgeschrieben. B.- Alois Boog-Bähny erhob am 16. März 1973 bezüglich der Forderung der Darlehenskasse Ebikon-Buchrain von Fr. 46'000.-- nebst 6 1/4% Zins seit 21. April 1972 rechtzeitig Aberkennungsklage. Dabei verwendete er für die Klägerin die Parteibezeichnung ""Erbschaft" der Frau Maria Boog-Bähny, sel., wohnhaft gewesen in Goldau, zwangsweise vertreten durch den unterzeichneten Alois Boog-Bähny, Rigihaus, Parkstrasse, Goldau/SZ". Die Klage wurde vom Amtsgericht Luzern-Stadt am 6. März 1974 abgewiesen. Das Obergericht des Kantons Luzern wies eine von Alois Boog als Vertreter der Klägerin erhobene Appellation mit Entscheid vom 20. Oktober 1975 ab. C.- Gegen das obergerichtliche Urteil reichte Alois Boog für die Erbschaft der Frau Marie Boog-Bähny beim Bundesgericht Berufung ein. Er beantragte, das Urteil vom 20. Oktober 1975 sei aufzuheben und die Forderung von Fr. 46'000.-- BGE 102 II 385 S. 387 nebst 6 1/4% Zins seit 21. April 1972, wofür das Obergericht Luzern mit Entscheid vom 26. Januar 1973 die provisorische Rechtsöffnung erteilt habe, sei gerichtlich abzuerkennen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In der Berufungsschrift wird eingewendet, eine Erbschaft als solche könne nicht Prozesspartei sein, sondern es müssten die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft persönlich als Kläger oder Beklagte auftreten, sofern nicht ein behördlich bestellter Erbenvertreter, Erbschaftsverwalter oder ein Willensvollstrecker vorhanden sei. Ein solcher fehle aber im vorliegenden Fall, da Alois Boog nicht als Vertreter ernannt worden sei. In der Tat haben Lehre und Rechtsprechung bisher stets den Standpunkt eingenommen, weder die Erbengemeinschaft noch auch die Erbschaft als Sondervermögen seien prozessfähig, weil beiden die Rechtspersönlichkeit fehle ( BGE 53 II 354 und BGE 79 II 115 ; TUOR/PICENONI, N. 32, und ESCHER, N. 55 ff. zu Art. 602 ZGB ). Diesen Standpunkt kritisiert SPINNER, Die Rechtsstellung des Nachlasses in den Fällen seiner gesetzlichen Vertretung, Diss. Zürich 1966, S. 76 ff. (vgl. dazu aber ESCHER in SJZ 63/1967 S. 15). Doch erkennt auch dieser Autor dem Nachlass nur unter der Voraussetzung die Prozessfähigkeit zu, dass ein Willensvollstrecker, Erbschaftsverwalter oder Erbenvertreter ernannt worden ist (SPINNER, a.a.O., S. 79). Diese Auffassung entspricht jedoch weitgehend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 79 II 116 und BGE 93 II 14 ). Eine weitere Ausnahme vom Grundsatz, dass eine Erbschaft mangels Rechtspersönlichkeit nicht parteifähig sei, findet sich in Art. 49 SchKG , wonach eine unverteilte Erbschaft betrieben werden kann. Die Zustellung der Betreibungsurkunden kann in diesem Fall gestützt auf Art. 65 Abs. 3 SchKG an irgendeinen der Erben gültig erfolgen, wenn ein für die Erbschaft bestellter Vertreter nicht bekannt ist. Entgegen der vom Vertreter der Klägerin im kantonalen Verfahren hartnäckig verfochtenen Auffassung ist eine Betreibung gegen eine Erbschaft nicht nur dann möglich, wenn sie schon vor dem Tode BGE 102 II 385 S. 388 des Erblassers angehoben worden ist. Ein solcher Schluss kann nicht aus Art. 59 Abs. 2 SchKG gezogen werden; diese Vorschrift will lediglich klarstellen, dass im Falle des Todes des Betriebenen die Betreibung gegen die Erbschaft weitergeführt werden kann und nicht etwa erlischt. Ist eine Erbschaft als solche passiv betreibungsfähig, so folgt daraus zwingend, dass ihr auch die Passivlegitimation im Rechtsöffnungsverfahren zuerkannt werden muss. Der summarische Charakter und die rasche Abwicklung des Rechtsöffnungsverfahrens erfordern, dass der Erbe, dem der Zahlungsbefehl zugestellt worden ist, die Erbschaft auch in diesem Verfahren zu vertreten hat. Das ergibt sich übrigens auch aus dem Umstand, dass das Rechtsöffnungsverfahren einen Bestandteil des Betreibungsverfahrens bildet. Im vorliegenden Fall ist denn auch die Pflicht und die Befugnis des Alois Boog, die Erbschaft der Maria Boog-Bähny im Rechtsöffnungsverfahren zu vertreten, rechtskräftig festgestellt worden. Hievon rechtlich verschieden ist die Frage, ob die Erbschaft als solche auch im Aberkennungsprozess als Klägerin auftreten und von einem Erben vertreten werden könne. Das Bundesgericht hatte diese Frage bisher nicht zu entscheiden. In der Doktrin wurde einzig von SPINNER, a.a.O., S. 77/78, auf dieses Problem hingewiesen. Beide kantonalen Instanzen haben indessen überzeugend dargetan, dass die Erbschaft als solche im Aberkennungsprozess parteifähig und ihre Vertretung durch einen einzelnen Erben zulässig sein muss. Wenn laut Gesetz eine unverteilte Erbschaft betrieben und gegen sie provisorische Rechtsöffnung erteilt werden kann, muss ihr auch die Möglichkeit offen stehen, die Forderung in eigenem Namen aberkennen zu lassen. Eine andere Lösung würde zu unabsehbaren Schwierigkeiten führen; denn in vielen Fällen wird es dem Erben, der die Erbschaft im Betreibungs- und Rechtsöffnungsverfahren vertreten hat, nicht möglich sein, innert der kurzen Frist von zehn Tagen für die Einreichung der Aberkennungsklage entweder das Einverständnis sämtlicher Erben zur Prozessführung einzuholen oder aber die amtliche Bestellung eines Erbenvertreters zu erwirken. Zum mindesten müsste einem einzelnen Erben das Recht zugestanden werden, sei es in eigenem Namen, sei es im Namen der Erbengemeinschaft oder der Erbschaft eine Aberkennungsklage einzureichen, wie dies das Bundesgericht bereits bezüglich der BGE 102 II 385 S. 389 Widerspruchsklage entschieden hat ( BGE 58 II 195 ). Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang auch BGE 93 II 14 , wo für den Fall, dass ein Erbe für eine angebliche Schuld der Erbengemeinschaft haftet, entschieden wurde, dass dieser Erbe legitimiert ist, selbständig, ohne Mitwirkung der Miterben, auf Feststellung des Nichtbestehens einer solchen Schuld zu klagen. Im vorliegenden Fall muss jedoch zur Frage, ob Alois Boog zur Einreichung der Aberkennungsklage legitimiert war, nicht abschliessend Stellung genommen werden. Wäre nämlich Alois Boog, wie er behauptet, nicht berechtigt gewesen, sei es für sich persönlich, sei es im Namen der Erbengemeinschaft oder als Vertreter der Erbschaft eine Aberkennungsklage einzureichen, so hätte das Fehlen einer gültigen Klage zur Folge, dass die provisorische Rechtsöffnung zu einer definitiven geworden wäre. Damit wäre aber die Rechtslage gleich wie bei Abweisung der Aberkennungsklage durch die kantonalen Instanzen. Dieser Einwand führt daher für die Klägerin nicht zum Ziele.
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Urteilskopf 102 Ia 574 77. Extrait de l'arrêt du 5 mai 1976 dans la cause Société des grands travaux de Marseille contre République populaire du Bangladesh, Bangladesh industrial development corporation et Genève, Cour de justice
Regeste Schiedsverfahren. Rechtsnachfolge. Schweiz. ordre public. Art. 4 BV , 8, 9, 28, 36 lit. b und f, 40 Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit, 17 BZP. 1. Nichtigkeitsbeschwerde gemäss Art. 36 ff. des Konkordats: grundsätzlich rein kassatorische Natur (E. 4). 2. Zuständigkeit des Schiedsgerichts: Prüfungsbefugnis der kant. Beschwerdeinstanz (E. 5). 3. Verletzung von Treu und Glauben: Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 6). 4. Vorbehalt des schweiz. ordre public (E. 7 und 8). 5. Rechtsnachfolge (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 575 BGE 102 Ia 574 S. 575 Par contrat du 7 octobre 1965, l'"East Pakistan industrial development corporation" (EPIDC) a chargé la "Société des grands travaux de Marseille" (SGTM) de la construction d'un gazoduc dans une région du Pakistan oriental qui fait aujourd'hui partie de la République populaire du Bangladesh. Le contrat prévoyait que tout différend portant sur une quelconque question relative au contrat serait soumis à l'arbitrage de la Chambre internationale du commerce à Genève. Un litige ayant surgi au sujet d'un montant de 12'312'772 F. réclamé par la SGTM à l'EPIDC et contesté par celle-ci, les parties ont désigné un arbitre unique domicilié à Londres. Lors d'une conférence avec l'arbitre tenue à Londres le 20 juillet 1970, il fut convenu que le for de l'arbitrage serait a Genève et que l'arbitre appliquerait la procédure civile du canton de Genève. Le compromis arbitral soumis par l'arbitre aux parties a été signé par elles le 7 mai 1972. Le Pakistan oriental s'est détaché de la République pakistanaise en 1971 pour former la République populaire du Bangladesh, dont l'indépendance a été déclarée le 26 mars 1971 et proclamée le 10 avril 1971. Par arrêté du 9 mai 1972, le Président du Bangladesh a ordonné la création d'une nouvelle société dénommée "Bangladesh industrial development corporation" (BIDC), destinée à reprendre les actifs de l'EPlDC. L'ordonnance du gouvernement pakistanais du 4 juin 1962, par laquelle avait été fondée cette dernière société, continuait à s'appliquer à la BIDC, sauf dérogation apportée par l'arrêté du 9 mai 1972, lequel stipulait notamment que les dettes étaient considérées comme reprises par la BIDC (à moins que le gouvernement n'en décide autrement), mais que les procédures arbitrales auxquelles l'EPIDC était partie seraient considérées comme devenues caduques, une sentence ou décision rendue dans de telles procédures étant sans effet, que toute clause arbitrale serait considérée comme dépourvue de tout effet juridique, à moins que les litiges faisant l'objet d'une procédure arbitrale puissent être liquidés par un accord avec la BIDC. L'ordonnance présidentielle du 4 juillet 1972 a décrété que l'EPIDC devait être dissoute dès l'entrée en fonction de la BIDC. Lors des audiences tenues à Genève les 20, 21 et 22 novembre 1972, il se révéla qu'un arrêté présidentiel promulgué le 15 novembre 1972 et entré en force avait prononcé la BGE 102 Ia 574 S. 576 dissolution de la BIDC, attribuant tous les actifs de la société au gouvernement et déclarant que ce dernier examinerait les requêtes alléguant une dette, responsabilité ou obligation de la société et aurait le pouvoir d'effectuer à bien plaire des paiements d'indemnisation, si et dans la mesure où la réclamation apparaîtrait comme justifiée. Quelques jours auparavant, le gouvernement du Bangladesh avait décrété que toute dette, responsabilité ou obligation encourue par la ci-devant EPIDC, résultant de n'importe quel contrat, serait considérée comme n'ayant pas été encourue, assumée ou faite par la BIDC, si elle était l'objet d'un litige. Par décision de procédure du 15 décembre 1972, l'arbitre a autorisé la SGTM à substituer la BIDC à l'EPIDC en qualité de défenderesse et à mettre en cause la République populaire du Bangladesh en qualité de seconde défenderesse. Saisie d'un recours en nullité formé par les défenderesses, la Cour de justice de Genève a déclaré irrecevable au fond le recours de la BIDC, dépourvue d'existence légale, mais a admis celui de la République populaire du Bangladesh, annulé la sentence arbitrale du 15 décembre 1972 et déclaré que l'arbitre n'avait pas la compétence d'autoriser la mise en cause, dans le présent arbitrage, de la République populaire du Bangladesh, ni la substitution de la BIDC, personne morale inexistante, à l'EPIDC, également dissoute. Saisi d'un recours de droit public formé par la SGTM, le Tribunal fédéral l'a rejeté dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 4. La recourante se plaint de ce que la Cour de justice ait violé le concordat intercantonal sur l'arbitrage (en abrégé: conc.) en ne se bornant pas à casser la sentence arbitrale, mais en excluant elle-même la compétence de l'arbitre pour étendre l'arbitrage à la BIDC et à la République populaire du Bangladesh. Il est vrai qu'en principe le recours en nullité prévu aux art. 36 ss conc. n'a qu'un caractère purement cassatoire. Cela découle clairement du texte de l'art. 40, lequel ne prévoit une exception que si la sentence est simplement renvoyée au Tribunal arbitral pour rectification ou complément (art. 40, al. 1 et art. 39), ou lorsqu'il s'agit de la fixation des honoraires des arbitres (art. 40 al. 3 et art. 36 let. i). BGE 102 Ia 574 S. 577 Mais lorsque l'autorité de recours constate que l'arbitre n'est pas compétent pour statuer sur un litige, il lui incombe en général de prendre elle-même les mesures qui s'imposent à la suite de cette constatation. Il en va de même en matière de recours de droit public, dont le caractère en principe purement cassatoire n'empêche pas le Tribunal fédéral d'y faire exception, le cas échéant, et de désigner lui-même l'autorité compétente ou de prendre les mesures qui s'imposent ensuite de la constatation de l'incompétence de l'autorité dont la décision est attaquée (cf. BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 388 let. b). On observera d'ailleurs que l'arrêt attaqué ne fait que reprendre, dans son dispositif - sans doute pour bien la mettre en évidence - la constatation d'incompétence de l'arbitre telle qu'elle ressort des considérants de droit. L'absence de ce point dans le dispositif n'aurait rien changé au fait que l'arbitre, obligé de s'en tenir aux considérants de l'arrêt de la Cour de justice, ne pouvait plus se déclarer compétent pour autoriser la mise en cause de la BIDC et de la République populaire du Bangladesh dans l'arbitrage en cours, ni la substitution de la BIDC, personne morale inexistante, à l'EPIDC, également dissoute. 5. La recourante reproche à la Cour de justice d'avoir considéré la question qui lui était soumise comme une question de compétence au sens de l'art. 8 conc. (susceptible de faire l'objet d'un recours immédiat: art. 9 et 36 let. b conc.) et d'avoir statué librement sur le recours en nullité, alors qu'il ne s'agirait pas d'une question de compétence, mais de qualité pour défendre - soit une question de fond -, le recours en nullité contre une telle décision ne pouvant être formé que pour arbitraire ( art. 36 let . f conc.). Elle reproche donc à la Cour de justice d'avoir statué librement, alors qu'elle n'aurait dû le faire que sous l'angle de l'arbitraire. Elle prétend aussi que l'autorité cantonale aurait dû déclarer irrecevable le recours immédiat fondé sur l'art. 9 conc.; elle reconnaît cependant que le juge peut, selon l'art. 108 de la loi genevoise de procédure civile, se prononcer tout de suite non seulement sur la question de compétence, mais aussi sur tous les autres chefs. Elle semble donc admettre que la sentence arbitrale incidente pouvait faire immédiatement l'objet d'un recours en nullité à la Cour de justice. Finalement, c'est donc uniquement le libre examen exercé par la Cour de justice qu'elle BGE 102 Ia 574 S. 578 qualifie de violation du concordat (art. 8, 9, 36 let. b et f) et qui l'amène à demander l'annulation de la décision attaquée. Elle soutient que la Cour de justice n'aurait jamais qualifié d'arbitraire la sentence incidente du 15 décembre 1972. Il ressort déjà du libellé des art. 8 et 9 conc. et de leur place dans le concordat (chap. II intitulé "Convention d'arbitrage") que la question de compétence de l'arbitre, qui est une condition de recevabilité de la procédure arbitrale ( ATF 96 I 338 consid. 2), est étroitement liée à des problèmes relevant du droit matériel. C'est ainsi que la compétence de l'arbitre peut dépendre du point de savoir si les personnes qui ont signé le compromis arbitral disposaient des pouvoirs de représentation nécessaires: mais cette dernière question n'est qu'une question préjudicielle par rapport au problème principal de procédure ( ATF 101 II 170 consid. 2). Or, si l'autorité cantonale de recours examine librement la décision de l'arbitre statuant sur sa propre compétence, cela implique qu'elle examine tout aussi librement les questions de droit matériel dont dépend la décision sur la compétence. En l'espèce, l'arbitre a manifestement voulu trancher, le 15 décembre 1972, un "incident de procédure", à savoir très précisément quelle est la conséquence de la dissolution de la BIDC "sur la présente procédure et sur ma compétence à poursuivre l'arbitrage" (ch. 4 des motifs de sa sentence). Pour répondre à cette question de procédure, il a certes statué, mais à titre préjudiciel, sur des problèmes liés au droit de fond, à savoir ceux qui se posent en relation avec la succession de la BIDC à l'EPIDC et à la dissolution de ces deux entités juridiques. Il est caractéristique à cet égard que la sentence de l'arbitre se réfère expressément à la position comme partie (défenderesse) à la procédure de la BIDC, respectivement de la République populaire du Bangladesh. Il s'agit là d'une notion de procédure, distincte en soi de la question de qualité pour défendre. Admettre une partie (ou autoriser sa mise en cause) comme défenderesse à la procédure n'équivaut nullement à la reconnaître débitrice de la créance invoquée par la demanderesse; cela implique en revanche de la part de l'arbitre, comme l'a exposé la juridiction cantonale, la volonté "d'étendre son pouvoir de décision", ce qui est proprement une décision sur la compétence au sens de l'art. 8 conc. Cela résulte aussi de l'ordonnance de l'arbitre du 12 octobre 1972; BGE 102 Ia 574 S. 579 il en ressort que, pour la BIDC, le seul motif de sa participation aux discussions en vue de l'audience à fixer était d'exposer que l'arbitre n'était pas compétent pour se prononcer sur la requête de la SGTM ni pour rendre aucune autre décision à l'avenir. C'est donc avec raison que la Cour de justice a statué librement sur le recours en nullité qui lui était soumis. 6. La recourante se plaint d'une violation du principe de la bonne foi, qui serait formulé implicitement par l'art. 25 conc. et qui découle de l' art. 4 Cst. C'est bien dans la perspective de l' art. 4 Cst. qu'il faut examiner ce grief. Le principe de la bonne foi, appliqué à l'activité de tous les services de l'Etat, découle directement de l' art. 4 Cst. ; dans la mesure où il constitue une norme pour l'activité des autorités, il revêt en effet le caractère d'un principe constitutionnel et le Tribunal fédéral examine librement s'il a été respecté ( ATF 98 Ia 432 , ATF 97 I 497 , ATF 94 I 520 ss). S'agissant de l'application du principe de la bonne foi en procédure civile, il faut opérer une distinction selon qu'il impose des obligations au juge ou aux parties (cf. GULDENER, Treu und Glauben im Zivilprozessrecht, RSJ 1943, p. 389). Dans la mesure où il fixe une règle de comportement général du juge, il découle directement de l' art. 4 Cst. et le Tribunal fédéral examine librement s'il a été violé. Lorsque, en revanche, on invoque les règles de la bonne foi relativement au comportement des parties dans le cadre du procès civil (c'est l'usage qui en est fait généralement), il ne s'agit plus d'un principe constitutionnel, mais d'une norme de procédure, bien admise aujourd'hui par la jurisprudence et la doctrine, mais dont le Tribunal fédéral saisi d'un recours de droit public ne connaît que sous l'angle restreint de l'arbitraire (cf. ATF 83 II 348 ss). La recourante semble vouloir invoquer d'une part la violation d'un principe constitutionnel direct, en imputant à la juridiction cantonale de n'avoir elle-même pas respecté le principe de la bonne foi. Mais elle n'allègue rien qui permettrait de dire que la Cour de justice, en instruisant le recours en nullité et en le jugeant, aurait commis un abus de droit manifeste. Si elle s'est trompée, si même elle a versé dans l'arbitraire, cela ne signifierait pas encore qu'elle l'ait fait de mauvaise foi, en usant de procédés inadmissibles et injustifiables. La recourante n'ayant pas prétendu que la juridiction cantonale BGE 102 Ia 574 S. 580 aurait violé ses obligations découlant du principe constitutionnel de la bonne foi au sens de ce qui précède, son grief est irrecevable sur ce point. En réalité, la critique de la recourante porte bien plutôt sur le fait que la Cour cantonale n'aurait pas reconnu que les intimées ont été de mauvaise foi dans toute leur manière d'agir et n'en aurait pas tiré les conséquences dans sa décision. Ce grief est lié étroitement à celui que la recourante adresse à la juridiction cantonale de n'avoir pas opposé l'ordre public suisse à l'application sans réserve, au cas d'espèce, des ordonnances de l'Etat du Bangladesh. Ces deux griefs n'ont pas de portée différente: ils signifient tous deux que la juridiction cantonale a violé l' art. 4 Cst. en tombant dans l'arbitraire. 7. L'arbitre a admis que son pouvoir de décision - sa compétence - soit, sur requête de la SGTM, étendu à la BIDC ainsi qu'à la République populaire du Bangladesh, lesquelles n'étaient formellement pas parties à la convention d'arbitrage. Constatant que les conditions des art. 28 conc. et 17 al. 1 PCF ne sont pas remplies, l'arrêt attaqué nie qu'aux termes du droit du Bangladesh - à l'application duquel on ne saurait opposer l'ordre public suisse - il puisse y avoir une "succession universelle" ou des "dispositions légales spéciales" entraînant une substitution de parties. La recourante reproche essentiellement à la juridiction cantonale d'avoir appliqué aveuglément des ordonnances du Bangladesh incompatibles - en partie du moins - avec l'ordre public suisse. a) Les parties et la juridiction cantonale ont admis avec raison que tous les problèmes relatifs à la condition juridique de la personne morale sont régis par le droit de l'Etat dans lequel elle a son siège et auquel elle doit sa personnalité ( ATF 95 II 448 consid. 1, ATF 91 II 125 ). C'est ce même droit qui s'applique lorsqu'il s'agit de personnes morales de droit public ( ATF 76 III 62 ss). b) Le Tribunal fédéral a parfois déclaré que le droit public étranger ne saurait, en tant que tel, être pris en considération en Suisse. On peut se dispenser de revoir cette question en l'espèce; il suffit en effet de se fonder sur l'ordre public suisse pour examiner s'il y a lieu d'exclure, le cas échéant, l'application du droit public étranger (cf. F. VISCHER, Droit international privé, in Traité de droit privé suisse, I 4, p. 29/30; LALIVE, BGE 102 Ia 574 S. 581 Sur l'application du droit public étranger, Annuaire suisse de droit international, 1971, p. 103 ss). c) La Cour de justice a déclaré que la clause d'ordre public ne s'appliquait pas en l'espèce, en raison de l'absence de toute relation territoriale de la présente affaire avec la Suisse. On peut se demander si le fait que le for de l'arbitrage est en Suisse - où ont été tenues des audiences du Tribunal arbitral - et que des règles du droit suisse ont été appliquées n'est pas suffisant pour créer une relation territoriale au sens requis par la jurisprudence ( ATF 94 II 303 s. et les arrêts cités). La question peut cependant rester indécise, car même si la clause de l'ordre public pouvait s'appliquer en l'espèce, elle ne permettrait pas de faire échec à la solution adoptée par la Cour de justice, ainsi qu'on va le voir. d) La clause d'ordre public a une fonction essentiellement négative; elle permet au juge d'exclure l'application du droit étranger, lorsqu'elle heurterait de manière intolérable le sentiment du droit tel qu'il existe généralement en Suisse et violerait les règles fondamentales de l'ordre juridique suisse, ce qui n'est pas déjà le cas lorsque la règle étrangère est contraire à une disposition impérative de droit suisse ( ATF 97 I 256 , ATF 96 I 391 et 397, ATF 93 II 382 consid. 4a, ATF 87 I 194 ). Est notamment incompatible avec l'ordre public suisse l'application d'une règle de droit étranger dont le résultat impliquerait une violation manifeste du principe "pacta sunt servanda" (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Kommentar V 1a, 3e éd., Allg. Einleitung, n. 130) ou de la règle de la bonne foi et de l'interdiction de l'abus de droit (idem, n. 131). La réserve de l'ordre public suisse s'applique également à l'égard de mesures de spoliation, quels que soient les termes dont elles sont désignées (idem, n. 132). Le fait qu'un Etat s'approprie les actifs d'une société qui lui est soumise, sans égard aux passifs dont ils répondent, est incompatible avec l'ordre public suisse ( ATF 53 III 58 , 51 II 264). Mais les atteintes qu'un Etat ordonne sur des biens situés sur son territoire doivent en principe être reconnues à l'étranger, sauf dans le cas exceptionnel où elles seraient contraires à des règles de droit fondamentales, en particulier si elles revêtent un caractère discriminatoire au détriment de certaines personnes (F. VISCHER, op.cit., p. 165 s. et la jurisprudence citée, p. 168). 8. a) Selon l'art. 28 conc., l'intervention et l'appel en BGE 102 Ia 574 S. 582 cause d'un tiers ne peuvent résulter que d'une convention d'arbitrage entre le tiers et les parties en cause. Selon l'art. 17 al. 3 de la loi fédérale de procédure civile fédérale, du 4 décembre 1947 (PCF), applicable en vertu du renvoi de l'art. 24 al. 2 conc., le changement des personnes n'entraîne pas substitution de parties lorsqu'il s'opère par succession universelle ou en vertu de dispositions légales spéciales. Les arrêtés de l'Etat du Bangladesh des 9 mai et 11 novembre 1972 n'instituent pas une succession universelle, ni ne constituent des dispositions légales spéciales au sens de l' art. 17 al. 3 PCF . Mais on ne saurait nier que, concrètement, ils ont pour effet de priver la recourante de la possibilité de faire valoir ses prétentions conformément à la procédure arbitrale prévue dans le contrat du 7 octobre 1965. Ils ont ainsi un caractère discriminatoire, du fait que la recourante est pratiquement la seule visée par l'exception à la succession universelle contenue dans ces arrêtés. Si ces mesures discriminatoires devaient s'appliquer directement dans une sentence arbitrale suisse et à l'égard de créanciers suisses, on devrait s'y opposer en vertu de la clause d'ordre public suisse. Cette clause a précisément pour fonction de refuser l'application de règles légales étrangères ayant concrètement des conséquences spoliatrices. Mais le problème ne se pose pas de cette façon en l'espèce, où il s'agit uniquement de savoir si l'on peut obliger la République populaire du Bangladesh - qui a indirectement repris, par le canal de la BIDC, les actifs de l'EPIDC, signataire du contrat - à se soumettre à la clause arbitrale contenue dans ce contrat et à participer comme défenderesse à une procédure arbitrale à laquelle elle a d'emblée et constamment refusé de se soumettre. A défaut de convention au sens de l'art. 28 conc. et en l'absence de succession universelle ou de dispositions légales spéciales au sens de l' art. 17 al. 3 PCF , un tel refus ne saurait être considéré comme incompatible avec l'ordre public suisse. Aucune règle impérative et bien établie de l'ordre juridique suisse n'oblige quelqu'un à se soumettre contre son gré à une procédure arbitrale. D'ailleurs, en raison de la fonction négative de la clause de l'ordre public suisse, l'arbitre ne pouvait pas se fonder sur cette clause pour contraindre la République populaire du Bangladesh à se soumettre à la procédure arbitrale. BGE 102 Ia 574 S. 583 C'est donc avec raison que la Cour de justice a annulé la sentence incidente du 15 décembre 1972. b) La négation de la compétence de l'arbitre pour mettre en cause la République populaire du Bangladesh dans la procédure d'arbitrage n'empêche cependant pas la recourante de faire valoir ses prétentions par d'autres voies que celle de l'arbitrage; elle n'implique pas davantage la reconnaissance - et encore moins l'approbation - par les autorités suisses des procédés par lesquels l'intimée viserait à se soustraire aux obligations découlant de la reprise des actifs de l'EPIDC, puis de la BIDC. 9. La recourante invoque encore, en plus de l'ordre public suisse, l'"ordre public international", qui ferait lui aussi obstacle à l'application, en l'espèce, des ordonnances du Bangladesh. Cette notion semble n'avoir jamais été utilisée par le Tribunal fédéral (cf. cependant ATF 101 Ia 530 ). Il s'agit bien plutôt d'une formule proposée par certains auteurs qui ne lui attribuent d'ailleurs pas une signification bien précise et univoque (cf., par exemple, SCHNITZER, Handbuch des internationalen Privatrechts, 4e éd., I, p. 229 s.; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, op.cit., n. 115; LALIVE, ASDI 1971, p. 137; GENTINETTA, Die lex fori internationaler Handelsschiedsgerichte, 1973, p. 264 et 266). On ne voit pas en quoi cet "ordre public international" limiterait l'application du droit étranger davantage, ou d'une autre manière, que ne le fait la réserve de l'ordre public suisse. Comme la recourante ne donne aucune indication dans ce sens, il n'y a pas lieu d'examiner cette question de manière plus approfondie.
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Urteilskopf 107 Ia 266 54. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. Dezember 1981 i.S. Herzog gegen Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich und Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG ; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Der Richter kann den Entscheid, mit dem ein gegen ihn eingereichtes Ablehnungsbegehren gutgeheissen wurde, nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten.
Sachverhalt ab Seite 267 BGE 107 Ia 266 S. 267 Die Jugendanwaltschaft des Bezirkes Zürich lehnte die Bezirksrichterin lic. iur. Marianne Herzog, Mitglied des Jugendgerichts des Bezirkes Zürich, in drei bei diesem Gericht hängigen Prozessen wegen Befangenheit ab. Die Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich hiess die Ablehnungsbegehren der Jugendanwaltschaft mit Beschlüssen vom 13. Januar und 5. Februar 1981 gut. Marianne Herzog führt hiegegen staatsrechtliche Beschwerde. Erwägungen Erwägungen: Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Beschlüsse der Verwaltungskommission des Obergerichts beruhten auf einer willkürlichen Sachverhaltsfeststellung und auf einer willkürlichen Anwendung des kantonalen Rechts; ausserdem verletzten sie die Meinungsäusserungs- und die Pressefreiheit sowie den Grundsatz der Gewaltentrennung. Es stellt sich die Frage, ob die Beschwerdeführerin legitimiert ist, gegen einen Entscheid, mit dem ein gegen sie eingereichtes Ablehnungsbegehren gutgeheissen wurde, staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte zu führen. Dass sie im Ausstandsverfahren zur Vernehmlassung aufgefordert wurde, ist ohne Belang. Die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde bestimmt sich ausschliesslich nach dem Bundesgesetz über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) und nicht danach, ob ein Beschwerdeführer im kantonalen Verfahren Parteistellung hatte ( BGE 104 Ia 159 mit Hinweisen). Zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ( Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ) sind Bürger (Private) und Korporationen befugt, wenn sie durch den angefochtenen Hoheitsakt in einem ihnen persönlich zustehenden Individualrecht betroffen sind ( Art. 88 OG ). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn die angefochtene Verfügung lediglich Befugnisse und Obliegenheiten zum Gegenstand hat, die einem Bürger BGE 107 Ia 266 S. 268 in seiner Eigenschaft als Beamter oder Mitglied einer Behörde zukommen. Soweit nicht die private Rechtssphäre eines Beamten oder Behördemitgliedes betroffen ist, sondern einzig jene öffentlichrechtliche Stellung in Frage steht, kann eine kantonale oder kommunale Verfügung nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger angefochten werden ( BGE 91 I 115 E. 2 mit Hinweisen; Urteile vom 2. Juni 1976 i.S. Bachofner in ZBl 77/1976 S. 507 ff., vom 5. Oktober 1960 i.S. Schneeberger in ZBl 62/1961 S. 46 f., vom 14. November 1956 i.S. Joller in ZBl 58/1957 S. 52 f., vom 24. Februar 1949 i.S. Dübi in ZBl 50/1949 S. 240; BIRCHMEIER, Über die Legitimation des Staates, der Gemeinde und der Behörden zur staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht, ZBl 51/1950 S. 130 f.). Mit den angefochtenen Beschlüssen der Verwaltungskommission des Obergerichts wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin in drei beim Jugendgericht hängigen Prozessen in den Ausstand zu treten habe. Sie kann somit in jenen Fällen nicht mitwirken. Die Befugnis, in den Streitsachen zu amten, die in die Zuständigkeit des Jugendgerichts fallen, kommt der Beschwerdeführerin aufgrund ihrer Stellung als Justizbeamtin und Mitglied der genannten Gerichtsbehörde zu. Wird ihr diese Befugnis in einem bestimmten Fall entzogen, indem ein gegen sie eingereichtes Ablehnungsbegehren gutgeheissen wird, ist sie dadurch ausschliesslich in ihrer öffentlichrechtlichen Stellung als Beamtin und Behördemitglied betroffen; ihre persönliche, private Rechtssphäre wird durch den Ausstandsentscheid nicht berührt. Die Vorschriften der kantonalen Gerichtsverfassungsgesetze über den Ausstand der Justizbeamten dienen in erster Linie dem öffentlichen Interesse an einer unabhängigen und unparteiischen Rechtsprechung sowie dem privaten Interesse der Parteien, dass ihre Angelegenheit von einem unbefangenen Richter beurteilt wird. Soweit sie ferner auch den Interessen des Justizbeamten dienen, indem sie ihn davor bewahren, in einem Falle urteilen zu müssen, in welchem er sich befangen fühlen könnte, handelt es sich nicht um seine privaten Interessen, sondern um jene, die er in seiner Eigenschaft als Beamter oder Behördemitglied hat. Zum Schutze solcher Interessen steht aber die staatsrechtliche Beschwerde ihrer Rechtsnatur nach nicht zur Verfügung. Sie ist ein Rechtsmittel zum Schutze der individuellen Rechtssphäre gegen staatliche Eingriffe, und es lässt sich mit diesem Charakter der Beschwerde nicht vereinbaren, sie auch da zuzulassen, wo sich nicht der Staat und eine Privatperson, sondern ein allein in seiner öffentlichrechtlichen Stellung betroffener BGE 107 Ia 266 S. 269 Beamter und der Staat gegenüberstehen. So wenig ein Richter befugt ist, sich mit diesem Rechtsbehelf dagegen zur Wehr zu setzen, dass sein Entscheid von einer kantonalen Rechtsmittelinstanz zum Beispiel wegen Willkür aufgehoben wurde, so wenig kann er gegen die Gutheissung eines gegen ihn eingereichten Ablehnungsbegehrens staatsrechtliche Beschwerde führen. In beiden Fällen wird er durch den kantonalen Hoheitsakt ausschliesslich in seiner amtlichen Stellung und nicht in seiner Rechtssphäre als Bürger und Privatperson betroffen. Hingegen ist ein Beamter dann zur staatsrechtlichen Beschwerdeführung legitimiert, wenn gegen ihn mit einer kantonalen Verfügung eine Disziplinarmassnahme (Verweis, Ordnungsbusse, Einstellung im Amte etc.) ausgesprochen wurde, denn im Gegensatz zu den beiden erwähnten Fällen ist er durch eine solche, Strafcharakter aufweisende Verfügung nicht nur in seiner öffentlichrechtlichen Stellung als Beamter, sondern zugleich in seiner privaten Rechtssphäre (Privatehre, Vermögen) berührt (BIRCHMEIER, in ZBl 51/1950 S. 131; BGE 30 I 248 f.; Urteil vom 6. Dezember 1944 i.S. Roth). Bei den hier in Frage stehenden Beschlüssen der Verwaltungskommission des Obergerichts handelt es sich aber nicht um Disziplinarentscheide, sondern um Ausstandsentscheide, mit denen bloss festgestellt wird, dass der Anschein der Befangenheit besteht und gegen welche, wie ausgeführt, der betroffene Justizbeamte keine staatsrechtliche Beschwerde erheben kann. Auf die vorliegende Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
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Urteilskopf 114 V 258 48. Arrêt du 22 novembre 1988 dans la cause C. contre Caisse-maladie du personnel de la Confédération et des entreprises suisses de transport et Tribunal cantonal valaisan des assurances
Regeste Art. 12 Abs. 2 KUVG , Art. 21 Abs. 1 Vo III. Die Krankenkassen haben die bei einer Herztransplantation notwendigen Kosten als Pflichtleistungen zu übernehmen.
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 114 V 258 S. 258 A.- Louis C., né en 1940, est assuré contre la maladie auprès de la Caisse-maladie du personnel de la Confédération et des entreprises suisses de transport (ci-après: CPT). En 1986, il a subi une transplantation cardiaque à l'Hôpital universitaire de Zurich. Le 26 avril 1986, la CPT lui a notifié une décision par laquelle elle refusait de prendre en charge les frais en relation avec cette intervention, motif pris que celle-ci ne donnait pas lieu à des prestations obligatoires des caisses-maladie reconnues. BGE 114 V 258 S. 259 B.- Louis C. a recouru contre cette décision devant le Tribunal des assurances du canton du Valais. En cours de procédure, la CPT a accepté de prendre à sa charge les frais de traitement encourus par son assuré jusqu'à concurrence de 36'566 francs, au titre de prestations bénévoles. Considérant que ce dernier avait obtenu satisfaction, la juridiction cantonale a déclaré sans objet le recours et elle a radié l'affaire du rôle par jugement du 18 septembre 1986. C.- Tant Louis C. que la CPT ont formé un recours de droit administratif contre ce jugement. Par arrêt du 30 mars 1987, le Tribunal fédéral des assurances a renvoyé la cause à l'autorité cantonale pour nouveau prononcé. En bref, il a constaté que le versement de 36'566 francs n'était pas de nature à mettre fin au litige entre les parties. Il s'agissait de prestations bénévoles, auxquelles l'assuré n'avait aucun droit juridiquement protégé et qui, au demeurant, ne suffisaient pas à couvrir la totalité des frais médicaux découlant de l'intervention litigieuse. D.- A la suite de cet arrêt, le tribunal cantonal des assurances a, le 3 novembre 1987, rejeté le recours contre la décision du 26 avril 1986. En résumé, il a considéré que la transplantation cardiaque ne représentait pas une prestation obligatoirement à la charge des caisses-maladie, faute d'une décision expresse du Département fédéral de l'intérieur sur ce point. E.- Louis C. interjette un recours de droit administratif dans lequel il conclut à l'annulation de ce jugement et demande au Tribunal fédéral des assurances d'ordonner à la CPT "de payer à titre obligatoire les prestations dues (...) au titre de la transplantation subie". La CPT conclut au rejet du recours, ce que propose également l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS). F.- Dans sa séance du 28 août 1986, la Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie a traité notamment de la question de la transplantation cardiaque. A la demande du juge délégué, l'OFAS a versé au dossier diverses pièces en relation avec cette prise de position. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Pouvoir d'examen: art. 132 OJ .) BGE 114 V 258 S. 260 2. En vertu de l' art. 12 al. 2 LAMA , les prestations à la charge des caisses-maladie au titre de l'assurance des soins médicaux et pharmaceutiques sont dues en cas de traitement médical. Par traitement médical, il faut entendre, notamment, les soins donnés par un médecin. Ceux-ci comprennent, selon l'art. 21 al. 1 Ord. III, toute mesure diagnostique ou thérapeutique, reconnue scientifiquement, qui est appliquée par un médecin. En outre, dans sa version en vigueur depuis le 1er janvier 1986, ladite disposition réglementaire prévoit que la mesure doit être appropriée à son but et économique. Ces principes s'appliquent aussi bien au traitement ambulatoire qu'au traitement dans un établissement hospitalier ( ATF 113 V 44 consid. 4b, ATF 112 V 305 consid. 2b). Selon la jurisprudence, une méthode de traitement est considérée comme éprouvée par la science médicale, c'est-à-dire réputée scientifiquement reconnue, si elle est largement admise par les chercheurs et les praticiens. L'élément décisif à cet égard réside dans le résultat des expériences et dans le succès d'une thérapie ( ATF 114 V 23 , ATF 113 V 45 consid. 4d/aa, ATF 105 V 185 consid. 3; ATFA 1962 p. 116). Si le caractère scientifique, la valeur diagnostique ou thérapeutique ou le caractère économique d'une mesure est contesté, le Département fédéral de l'intérieur décide, sur préavis d'une commission de spécialistes (Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie), si la mesure doit être prise en charge obligatoirement par les caisses ( art. 12 al. 5 LAMA , art. 21 al. 2 Ord. III). 3. a) Le point de savoir si une transplantation cardiaque doit être considérée comme une mesure obligatoirement à la charge des caisses-maladie n'a pas encore été examiné par le Tribunal fédéral des assurances. La question a été laissée indécise en 1985, dans une affaire où le principe de la territorialité - qui est exprimé notamment par l' art. 19bis al. 1 LAMA , selon lequel l'assuré a le libre choix parmi les établissements hospitaliers suisses faisait de toute manière obstacle à une prise en charge, l'intervention en cause ayant été pratiquée hors de Suisse (RAMA 1986 No K 656 p. 12). Il n'existe pas non plus de décision du Département fédéral de l'intérieur à ce sujet. En particulier, les mesures thérapeutiques énumérées dans l'Ord. dép. 9, relative aux opérations du coeur et aux dialyses, n'incluent pas les transplantations cardiaques, ce qui ne saurait surprendre si l'on considère que cette ordonnance a été BGE 114 V 258 S. 261 édictée en 1967. Mais contrairement à ce qu'admettent les premiers juges, cela ne signifie pas que les transplantations de ce genre échappent d'emblée au domaine des prestations obligatoires: en ce qui concerne les soins donnés par un médecin, ils ne font l'objet d'une décision du département que s'ils prêtent à discussion. Cela ressort clairement de l'art. 21 al. 2 Ord. III, précité, et le Conseil fédéral l'a d'ailleurs rappelé dans son message sur la révision partielle de l'assurance-maladie du 19 août 1981 (FF 1981 II 1119). En fait, ce sont les traitements administrés par le personnel paramédical qui sont désignés d'une manière exhaustive (art. 21a Ord. III; Ord. dép. 7). b) La Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie s'est, quant à elle, prononcée dans sa séance du 28 août 1986. L'OFAS avait préparé à son intention un rapport dont il résulte ce qui suit: aa) La transplantation cardiaque peut être indiquée pour des cardiopathies parvenues au stade terminal chez des patients âgés de moins de cinquante à cinquante-cinq ans. bb) Les centres de transplantation cardiaque doivent répondre à certains critères de sélection qui sont les suivants: justifier d'une expérience suffisante et d'une organisation adéquate (au niveau du personnel pluridisciplinaire et du choix des transplants notamment); rassembler, dans toute la mesure du possible, des informations sur les interventions qu'ils effectuent. cc) Les problèmes techniques de l'opération sont maintenant résolus, mais il n'en a pas toujours été de même tout de suite pour les problèmes immunologiques (réactions de rejet). Toutefois, la cyclosporine, apparue en 1981, a permis, dans une large mesure, de résoudre ces difficultés. Le taux de survie des patients s'en trouve nettement augmenté; le recouvrement de la capacité de travail demeure cependant aléatoire. dd) Le coût global d'une transplantation (comprenant celui de l'intervention et celui du traitement postopératoire) devrait se situer, en Suisse, entre 60'000 francs et 80'000 francs. ee) En transposant sur le plan suisse les estimations américaines (selon lesquelles 5 à 60 patients par million d'habitants seraient susceptibles de subir l'opération), il faudrait s'attendre à un nombre de transplantations compris entre 30 et 360 par année dans notre pays. ff) La transplantation effectuée dans des centres expérimentés (c'est-à-dire procédant à plus de 12 interventions par an) doit être BGE 114 V 258 S. 262 considérée comme une mesure scientifiquement reconnue, si les critères de sélection des patients (en tenant compte des indications et contre-indications) et des donneurs sont respectes. L'OFAS a néanmoins estimé, en conclusion, que la transplantation cardiaque ne saurait, pour le moment, être mise obligatoirement à la charge des caisses-maladie. La commission des spécialistes s'est ralliée à cette conclusion. Ses motifs, résumés par l'OFAS dans le RAMA 1987 p. 79, sont les suivants: "La transplantation cardiaque (ci-après TC) constitue une mesure thérapeutique scientifiquement reconnue, dans la mesure où elle est effectuée dans un centre suffisamment expérimenté dans ce domaine et disposant d'une organisation adéquate ainsi que dans la mesure où les critères de sélection des patients (indications resp. contre-indications) et des donneurs sont respectés. D'après la Commission des prestations, la TC ne saurait actuellement en Suisse être mise obligatoirement à la charge des caisses-maladie, et cela pour les motifs suivants: - petit nombre de TC faites en Suisse jusqu'à maintenant (une dizaine); - manque de structures appropriées et par là même d'expériences (pas de centres correspondants; non-inclusion de la TC dans le programme de "Swisstransplant"/Fondation suisse pour la transplantation d'organes); - indisponibilité actuelle de données épidémiologiques sur la TC; - absence d'informations sur le coût réel de la TC et du traitement postopératoire à moyen et à long terme." Au bas de ce texte, il était indiqué que la Caisse de réassurance pour longues maladies (CLM) avait décidé, le 14 août 1986, que les transplantations cardiaques seraient prises en charge "à bien plaire", cela pour les patients assurés par une caisse-maladie elle-même affiliée à la CLM. 4. a) Selon la jurisprudence, les avis de la commission des spécialistes ne lient pas le juge. Toutefois, lorsqu'il s'agit d'apprécier des situations qui relèvent exclusivement de considérations d'ordre médical, le juge n'est généralement pas en mesure de se prononcer sur la pertinence des conclusions auxquelles sont arrivés les spécialistes en la matière. Aussi doit-il alors s'en remettre à l'opinion de ceux-ci, à moins qu'elle ne paraisse insoutenable ( ATF 114 V 23 consid. 1b, ATF 113 V 46 consid. 4d/cc, ATF 112 V 306 consid. 2c). Appliquant ces principes, le Tribunal fédéral des assurances s'en est tenu à l'avis de la commission dans les cas de l'amniocentèse ( ATF 112 V 303 ), de la procréation artificielle par fécondation in vitro et transfert d'embryon ( ATF 113 V 42 ) et de la thérapie BGE 114 V 258 S. 263 musicale ( ATF 114 V 22 ). Il s'en est récemment écarté s'agissant d'actes chirurgicaux en relation avec l'opération de changement de sexe ( ATF 114 V 153 et 162), après avoir constaté que l'opinion des spécialistes ne se fondait pas, en l'occurrence, sur des considérations d'ordre strictement médical, propres à lier le tribunal, mais surtout sur des appréciations générales ou de nature juridique, que ce dernier revoit librement. b) Comme on l'a vu, la commission admet que la transplantation cardiaque satisfait, en principe, à l'exigence du traitement scientifiquement reconnu. Cela n'est du reste guère contestable. On sait en effet que les transplantations cardiaques remontent maintenant à une vingtaine d'années, la première opération de ce genre ayant été pratiquée en 1967 par le professeur Barnard. La technique a, depuis lors, été éprouvée et améliorée dans un certain nombre de pays, notamment aux Etats-Unis, en France et en Allemagne. Ainsi, selon la documentation médicale déposée au dossier, 2062 transplantations du coeur avaient été effectuées aux Etats-Unis à la date du 31 mars 1986, dans 86 centres médicaux différents. En 1985, l'on en a recensé 750 dans le monde, dont 75 en Allemagne et plus de 100 en France. Les problèmes techniques et immunologiques ayant été en grande partie résolus, le taux de réussite a très sensiblement augmenté ces dernières années: selon une étude du professeur Cabrol, la courbe de survie actuarielle à trois ans a passé de 15 pour cent à plus de 85 pour cent pour les interventions pratiquées au centre hospitalier de La Pitié, à Paris; ce dernier taux est supérieur à celui rencontré dans nombre d'opérations cardiaques de routine et il est susceptible de progresser encore si l'on respecte scrupuleusement toutes les contre-indications et si, d'autre part, l'on évite des erreurs dans le choix du receveur et du donneur. c) On peut donc tenir pour établi que la transplantation cardiaque est aujourd'hui reconnue par le corps médical comme une thérapie adéquate et efficace. A cet égard, et pour ne citer qu'un exemple, il n'y a pas de comparaison possible avec le cas de la fécondation in vitro, qui a fait l'objet de l' ATF 113 V 42 : cette méthode de procréation artificielle revêtait encore un caractère essentiellement expérimental (ce qui, par définition, signifiait qu'elle n'était pas véritablement éprouvée par la science médicale); le taux de réussite était extrêmement faible, d'une manière générale (10 pour cent environ), et la méthode présentait en outre, en cas BGE 114 V 258 S. 264 de succès de la fertilisation, un risque non négligeable de grossesse anormale. Certes la commission des spécialistes a-t-elle en l'espèce exprimé des réserves, en ce qui concerne les traitements effectués en Suisse, lesquels laisseraient planer quelques incertitudes. Mais ces réserves, qui ne sont du reste pas toutes d'ordre médical, n'apparaissent pas déterminantes d'un point de vue juridique; en cela, elles ne sauraient lier le juge. aa) Il en est ainsi du faible nombre de transplantations cardiaques (une dizaine recensées en août 1986) et du fait que l'on ne dispose pas encore de centres médicaux jugés suffisamment expérimentés. Que la technique en cause n'ait été pratiquée en Suisse qu'avec un retard certain ne signifie pas qu'elle soit mal maîtrisée. En outre, le nombre d'interventions possibles est forcément limité dans un pays comme le nôtre, vu l'effectif restreint de patients qui, en théorie, seraient susceptibles de bénéficier d'une telle technique. Entrer dans les vues de la commission reviendrait à refuser la prise en charge par les caisses-maladie d'une mesure thérapeutique, pourtant reconnue scientifiquement, jusqu'à ce qu'un certain seuil quantitatif soit franchi, ce qui comporterait un risque important d'arbitraire. En d'autres termes, on ne voit pas pour quelle raison le droit à des prestations devrait être dénié à ceux des assurés qui, par un pur hasard, seraient les premiers à bénéficier du traitement. Cela d'autant moins qu'il semble admis que la position de la commission devra être reconsidérée à brève échéance. bb) Quant à l'objection tirée de l'indisponibilité de données épidémiologiques, elle est certainement fondée en ce qui concerne la Suisse, mais elle ne l'est apparemment pas si l'on prend en considération - comme il se doit - les données étrangères. cc) La commission relève d'autre part l'absence d'information sur le coût réel des transplantations cardiaques et sur celui du traitement postopératoire à moyen et à long terme. Cette affirmation mérite toutefois d'être nuancée. En effet, il ressort du dossier que le coût de l'intervention est fonction de divers facteurs, en particulier du lieu où s'effectue le prélèvement. Lorsque le donneur se trouve sur place, ce coût peut être estimé à 25'000 francs ou 30'000 francs. Si le prélèvement a lieu à distance, il est majoré du prix du transport de l'organe par hélicoptère. Au coût de l'opération proprement dite, s'ajoutent celui du traitement anti-rejet et celui d'un traitement au "long cours", impliquant du BGE 114 V 258 S. 265 deuxième au troisième mois un bilan hebdomadaire, du troisième au sixième mois un bilan par quinzaine, puis, dès le sixième mois, un bilan mensuel. Le coût global de l'intervention et du traitement anti-rejet devrait se situer entre 60'000 francs et 80'000 francs, comme l'a du reste indiqué l'OFAS dans son rapport à l'intention de la commission. En fait, les objections soulevées ici par la commission sont à mettre en relation avec l'exigence du caractère économique du traitement. Mais il faut rappeler à ce propos que le but du traitement médical, dans les limites de l'assurance-maladie, est d'éliminer de la manière la plus complète possible les atteintes physiques ou psychiques à la santé ( ATF 111 V 234 consid. 3b). Les caisses-maladie doivent donc prendre en charge même des mesures coûteuses, lorsqu'il n'existe pas d'autre méthode de traitement ou, à tout le moins, pas de méthode plus économique, et que le coût de la mesure est acceptable au regard du principe de la proportionnalité ( ATF 109 V 43 consid. 2b et les références). Or, dans le cas particulier, la commission ne prétend pas qu'il existe une disproportion évidente entre le montant des frais estimés et le résultat que l'on peut attendre de la thérapeutique en cause. Dans ce contexte, il n'est au surplus pas sans intérêt de constater que les transplantations cardiaques sont prises en charge par l'assurance-maladie sociale dans d'autres pays européens, notamment en France et en Allemagne, comme cela résulte d'une documentation versée au dossier par l'Institut suisse de droit comparé, à la demande du tribunal. d) Enfin, il sied de relever que la pratique actuelle n'est pas dépourvue de toute ambiguïté, puisque les transplantations cardiaques sont prises en charge, à titre bénévole, par les caisses-maladie affiliées à la CLM. Certes, il est loisible aux caisses-maladie d'allouer des prestations bénévoles, notamment dans les cas de rigueur; bien que ces prestations échappent en principe au contrôle judiciaire, elles ne doivent pas être accordées arbitrairement, au mépris du principe d'égalité entre les assurés (v. p.ex. RJAM 1973 No 177 p. 156). Mais une telle pratique ne saurait guère être généralisée dans le cas d'un traitement particulièrement coûteux. Car, même bénévoles, les prestations sont financées au moyen des cotisations versées par les assurés et subventionnées par les pouvoirs publics. Dès lors, de deux choses l'une: ou bien la mesure est scientifiquement reconnue et elle relève de l'assurance-maladie sociale; ou bien elle est à cet égard contestable et il n'y a BGE 114 V 258 S. 266 pas de motif de la prendre en charge de manière presque systématique. e) Force est donc d'admettre, au vu de ces considérations, que la transplantation cardiaque représente une prestation obligatoirement à la charge des caisses-maladie reconnues. Encore faut-il, bien entendu, qu'un certain nombre d'exigences soient remplies, notamment en ce qui concerne les critères de sélection des patients et des donneurs. A ce propos, il serait souhaitable que ces conditions fassent l'objet d'une ordonnance du Département fédéral de l'intérieur, fondée sur l'art. 21 al. 3 Ord. III (disposition introduite par la novelle du 20 décembre 1985), qui donne à cette autorité la compétence de subordonner la prise en charge obligatoire de soins à des conditions destinées à garantir leur valeur diagnostique ou thérapeutique et leur caractère économique. 5. Cela étant, et comme il n'apparaît pas que les critères de sélection aient été en l'espèce inadéquats, tant en ce qui concerne le patient que le donneur, le recours de droit administratif se révèle bien fondé. Il y a donc lieu de renvoyer la cause à la caisse intimée pour décision sur les prestations dues au recourant.
null
nan
fr
1,988
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
97bed344-8030-4b1c-9416-c2668e3f6be6
Urteilskopf 94 I 621 86. Urteil vom 8. November 1968 i.S. Marcandella gegen die Eidg. Oberzolldirektion.
Regeste Zollstrafverfahren; Verteidigung des Beschuldigten. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (gemäss Art. 99 Ziff. VIII OG ) gegen Entscheide der Oberzolldirektion betreffend Untersuchungshandlungen im Zollstrafverfahren (Erw. 1). 2. Natur der Untersuchungshandlungen, die Beamte der Zollverwaltung gemäss Art. 286 ff. BStP durchführen (Erw. 2). 3. Schweigen des Gesetzes hinsichtlich des Beizuges eines Verteidigers während der Vernehmung des Beschuldigten; Auslegung: a) im Sinne des historischen Gesetzgebers (Erw. 3); b) nach dem heutigen Stand des Strafprozessrechtes (Erw. 4a) und der Lehre (Erw. 4b); c) nach Sinn und Zweck eines Administrativverfahrens (Erw. 4c).
Sachverhalt ab Seite 622 BGE 94 I 621 S. 622 A.- Alfons Marcandella wurde wegen Verdachtes von Zoll delikten im September 1966 in ein zollamtliches Untersuchungsverfahren einbezogen. Im Laufe der Untersuchung stellte Marcandella das Begehren, die Einvernahmen seien in Gegenwart von Rechtsanwalt Gerold Meier durchzuführen.Am 5. Dezember 1966 begleitete Rechtsanwalt Meier seinen Klienten zur Einvernahme und wohnte der Befragung bei. Die Zollkreisdirektion Schaffhausen teilte Marcandella am 6. Dezember 1966 mit, der Verteidiger dürfe bei weiteren Einvernahmen nicht mehr zugegen sein. BGE 94 I 621 S. 623 Marcandella zog diese Verfügung durch Beschwerde an die Eidg. Oberzolldirektion weiter. Diese bestätigte am 15. Mai 1968 den von der Zollkreisdirektion angeordneten Ausschluss von Drittpersonen bei Einvernahmen. B.- Gegen diesen Entscheid der Oberzolldirektion reichte Marcandella binnen der gesetzlichen Frist Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Er beantragte, es sei der Beizug eines Anwaltes zu den weiteren Einvernahmen im hängigen Zollstrafverfahren zu gestatten. Zur Begründung macht der Beschwerdeführer geltend, es bestehe ein allgemeiner Anspruch auf Zulassung der Verteidigung; ein Ausschluss des Verteidigers müsse entweder in einem allgemein verbindlichen Erlass ausdrücklich vorgesehen sein oder sich im Einzelfall durch besondere Umstände (z.B. Kollusionsgefahr) rechtfertigen. C.- Die Eidg. Oberzolldirektion beantragt Abweisung der Beschwerde. Sie weist insbesondere darauf hin, dass der vom Beschwerdeführer behauptete Anspruch auf Beizug eines Verteidigers zu den Einvernahmen sich weder aus den Vorschriften über die Zollstrafuntersuchung ergebe noch aus allgemeinen rechtsstaatlichen oder strafprozessualen Grundsätzen hergeleitet werden könne. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Art. 99 Ziff. VIII OG sieht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Entscheide der Oberzolldirektion mit bestimmten Ausnahmen allgemein vor. Die Ausnahme betreffend Strafen wegen Zollvergehen kann nicht auf Untersuchungsmassnahmen in solchen Sachen ausgedehnt werden; sonst liessen sich die vorangehenden Untersuchungshandlungen höchstens im gerichtlichen Verfahren in die richterliche Kontrolle einbeziehen. Als Sicherung gegen ungesetzliche Untersuchungshandlungen in dem durch die Verwaltung geführten Ermittlungsverfahren hat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde daher ihren guten Sinn. Eine über den Wortlaut der Ziff. VIII von Art. 99 OG hinausgehende Beschränkung der Zulässigkeit lässt sich weder mit dem Zweck des Rechtsmittels noch mit praktischen Überlegungen rechtfertigen. Untersuchungshandlungen im Rahmen eines Zollstrafverfahrens sind somit selbständig anfechtbar; auf die vorliegende Beschwerde ist einzutreten. BGE 94 I 621 S. 624 2. Die Untersuchung von Fiskaldelikten durch Beamte der Verwaltung gemäss Art. 286 ff. BStP dient der Erforschung des Sachverhaltes und der Beweissicherung. Die zuständige Verwaltungsbehörde soll auf Grund des Ergebnisses darüber entscheiden können, ob eine Strafverfügung zu erlassen oder die Untersuchung einzustellen sei ( Art. 293 BStP ). Kommt es durch Einsprache des Beschuldigten oder auf Antrag der Verwaltung (vgl. Art. 300 BStP ) zu einem gerichtlichen Verfahren, so ist der Richter an das Ergebnis der administrativen Untersuchung nicht gebunden ( Art. 303 BStP ). Die Möglichkeit, durch Strafverfügung das Verfahren ohne gerichtliche Beurteilung zu beenden, ist nach Zweck und Ausgestaltung dem Institut des bedingten Strafbefehls gleichzustellen: Es wird ein vorläufiger Entscheid gefällt, der mit Zustimmung des Betroffenen in Rechtskraft erwachsen oder durch Einsprache umgestossen werden kann ( Art. 298 und Art. 300 ff. BStP ). Unter diesen Umständen kommt der Untersuchung von Fiskaldelikten durch Verwaltungsorgane der Charakter eines administrativen Ermittlungsverfahrens zu, vergleichbar einer gemäss Art. 108 Abs. 1 und 2 MStGO vom Kommandanten durchgeführten Beweisaufnahme (MKGE 1 Nr. 90, 6 Nr. 38; HAEFLIGER, Komm. zur MStGO, N. 2 zu Art. 108). 3. Die Mitwirkung eines Verteidigers ist weder im Zollgesetz noch im IV. Teil des Bundesstrafprozesses geordnet noch überhaupt erwähnt. Man hielt im Zeitpunkt der Ausarbeitung dieser Erlasse den Beizug eines Verteidigers im administrativen Untersuchungsverfahren nicht für erforderlich, weil man eine genügende Verteidigungsmöglichkeit des Betroffenen darin sah, dass er nach Abschluss dieser Ermittlungen eine gerichtliche Beurteilung mit allen Sicherheiten des Strafprozesses verlangen könne. Nur für die richterliche Voruntersuchung im Rahmen des Bundesstrafverfahrens wurde bei der Ausarbeitung des BStP die Parteiöffentlichkeit (vgl. BBl 1929 II S. 578, 610-614) erörtert und beschränkt von den Räten in Art. 118 BStP verankert (vgl. Sten.Bull. NR 1931 S. 723; Sten.Bull. StR 1932 S. 661). Das Schweigen hinsichtlich der Verteidigung bei der administrativen Untersuchung von - durchschnittlich weniger schwer wiegenden - Fiskaldelikten bedeutete somit in den Augen des historischen Gesetzgebers zweifellos einen Ausschluss (vgl. auch PFENNINGER, Das Bundesgesetz über die Bundesstrafrechtspflege vom 15. Juni 1934, in SJZ 31 S. 164); das BGE 94 I 621 S. 625 Schweigen ist aber heute nach den jetzigen Anschauungen zu würdigen und auszulegen. 4. Der Beschwerdeführer macht geltend, im Rechtsstaat habe der Beschuldigte in jeder Verfahrensstufe Anspruch auf die Gegenwart eines Verteidigers, wenn er befragt werde. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden. a) Im Bundesstrafprozess ermöglicht Art. 27 VO über die Militärstrafrechtspflege vom 29. Januar 1954 an sich die Verbeiständung des Beschuldigten durch einen Verteidiger während der ersten Verfahrensstufe. Diese Ordnung gilt indessen nur für die vorläufige Beweisaufnahme, also für die vom Untersuchungsrichter in den Formen und mit den Mitteln der Voruntersuchung geführte Ergänzung des von der Truppe bereits ermittelten Sachverhalts (Art. 108 Abs. 3 MStGO in Verbindung mit Art. 23 VO über die Militärstrafrechtspflege). Nach dem Wortlaut des Art. 107 MStGO erscheint es zudem als fraglich, ob der Verteidiger auch der Vernehmung des Beschuldigten beiwohnen dürfe. - Im kantonalen Recht bildet bei einfachern Straftaten der direkte Übergang vom polizeilichen Ermittlungsverfahren zur gerichtlichen Beurteilung mehr und mehr die Regel. Übertretungen, sogar Vergehen, die lediglich mit einer Geldbusse zu ahnden sind, werden vielfach in einem polizeilichen Ermittlungsverfahren abgeklärt - unter Ausschluss oder erheblicher Beschränkung der Verteidigungsrechte (vgl. z.B. das Verzeigungsverfahren im Kanton Basel-Stadt § § 211 ff. StPO ; Aargau § § 194 ff. StPO ; Graubünden Art. 170 ff. StPO vom 8. Juni 1958, insbesondere Art. 171 und 178; Schaffhausen Art. 179 a StPO vom 3. März 1909/4. Mai 1964). Im Kanton Zürich könnte einem Verteidiger gestattet werden, der polizeilichen Vernehmung des Beschuldigten beizuwohnen; gewöhnlich wird das aber nicht bewilligt (WALDER, Die Vernehmung des Beschuldigten, S. 115). Art. 166 der neuen Strafprozessordnung des Kantons Waadt (vom 12. September 1967), die auf den 1. April 1968 in Kraft gesetzt worden ist, bestimmt dagegen ausdrücklich, dass das polizeiliche Ermittlungsverfahren geheim sei. Auch während der zweiten Verfahrensstufe, der formellen, richterlichen Voruntersuchung, ist die Mitwirkung des Verteidigers bei der Einvernahme des Beschuldigten vielfach (ausdrücklich oder stillschweigend) begrenzt oder sogar ausgeschlossen (vgl. Bern Art. 93 in Verbindung mit Art. 98 StPO ; BGE 94 I 621 S. 626 Luzern § 65 der Strafprozessordnung vom 3. Juni 1957; Glarus Art. 22 StPO vom 2. Mai 1965; Basel-Stadt § 114 Abs. 2 StPO ). In einer Reihe von Kantonen kann die Anwesenheit des Verteidigers bei der Befragung des Beschuldigten - ähnlich wie in Art. 118 BStP - durch den Verfahrensleiter im Interesse der Untersuchung abgelehnt werden (vgl. Wallis Art. 57 StPO vom 22. Februar 1962; Neuenburg Art. 131 StPO ; St. Gallen Art. 65 StPO ; Schaffhausen Art. 43 und 133 StPO ; Zürich § 17 Abs.2 StPO vom 4. Mai 1919). b) Nach ZELLWEGER sollte der Verteidiger im Stadium der Voruntersuchung von Anbeginn an am Verfahren mitwirken können; der Autor räumt aber ein, dass im polizeilichen Ermittlungsverfahren für die Ausübung der Verteidigungsrechte wenig Raum bleibe (ZStR 1951 S. 369). Zum gleichen Schlusse kommt CLERC (vgl. Le Procès pénal en Suisse romande, S. 122 unten), was daraus hervorgeht, dass er auf die Nachteile verweist, die der im Kanton Genf eingeführten kontradiktorischen Untersuchung innewohnen (vgl. hiezu GRAVEN, Similitude et divergence des procédures pénales genevoise et française, in Mémoires publiés par la Faculté de droit de Genève, Nr. 22 - 1967 -, S. 116 Anm. 54 und PONCET, L'instruction contradictoire dans le système de la procédure pénale genevoise, Diss. Genf 1967, S. 174-176). Die Teilnehmer des Internationalen Kongresses für Strafrecht (Rom 1953) forderten mehrheitlich die kontradiktorische Untersuchung mit Gegenwart eines Verteidigers, aber erst von der richterlichen Voruntersuchung an, nicht schon während des polizeilichen Ermittlungsverfahrens (vgl. GRAVEN, Les droits de l'accusé dans le procès pénal, in ZStR 1956 S. 128/9). In diesem Sinne wurde 1964 die Strafprozessordnung der Bundesrepublik Deutschland geändert (Gesetz über die Änderung der Strafprozessordnung vom 19. Dezember 1964; BGBI 1964 I S. 1067): Das Anwesenheitsrecht des Verteidigers wird gemäss § 169 in Verbindung mit § 192 StPO nur für richterliche Vernehmungen zuerkannt (ESER, Aussagefreiheit und Beistand des Verteidigers im Ermittlungsverfahren, in Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft 1967 Heft 3 S. 253/4). Zwar kann dem Verteidiger die Anwesenheit ausnahmsweise bereits im Ermittlungsverfahren gestattet werden; es müssen jedoch hiefür besondere Gründe vorliegen (SCHWARZ-KLEINKNECHT, Strafprozessordnung, 27. Aufl. 1967, N. 1/F zu BGE 94 I 621 S. 627 § 163). Der französische Code de procédure pénale vom 31. Dezember 1957 sieht in Art. 118 Abs. 1 das Recht des Verteidigers vor, an Vernehmungen des Beschuldigten durch den Untersuchungsrichter teilnehmen zu können; ein gleiches Recht wurde hinsichtlich der Polizeiverhöre nicht eingeräumt (vgl. LARGUIER, in Revue Internationale de Droit Pénal, 1966 S. 135). c) Während der administrativen Abklärung gemäss Art. 286-292 BStP , die eine möglichst einfache und rasche Erledigung der Übertretungen fiskalischer Bundesgesetze anstrebt, ist ein kontradiktorisches Untersuchungsverfahren mit ausgebauten Verteidigungsrechten nicht gerechtfertigt. Ein Anwesenheitsrecht des Verteidigers bei den Einvernahmen könnte das Verfahren übermässig verzögern, da bei jeder Vorladung auf den Terminkalender des Anwaltes Rücksicht genommen werden müsste. Eingriffe des Verteidigers in einem Verhör, das von einem juristisch nicht gebildeten Beamten geführt wird, helfen nicht immer mit, den wahren Sachverhalt zu erforschen. Die Gegenwart eines Verteidigers mag zwar geeignet sein, ungenaue Protokolle zu verhindern. Sie kann aber zum Schaden der Wahrheitserforschung unbeeinflusste Aussagen des Beschuldigten hemmen und eine Vertrauensbeziehung zum Untersuchungsbeamten in Frage stellen. 5. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, dringt nicht durch. Fehl geht insbesondere die Verweisung auf Art. 118 BStP und seine Überlegung, wenn schon im kriminellen Prozess grundsätzlich der Verteidiger zugelassen sei, müsse das erst recht im Übertretungsverfahren gelten. Einmal gibt Art. 118 BStP keinen grundsätzlichen Anspruch, sondern überlässt den Entscheid dem Untersuchungsrichter. Sodann ist das Bedürfnis nach einem Verteidiger zweifellos umso geringer, je niedriger die Strafandrohung ist, besteht also im Übertretungsverfahren weniger als im kriminellen. Selbst wenn es zuträfe, dass nach Art. 118 BStP der Verteidiger zuzulassen sei, falls nicht besondere Gründe wie Kollusionsgefahr dagegen sprächen, so wäre das nicht auf die administrative Untersuchung anzuwenden und erübrigt sich die Frage, ob hier solche Gründe vorliegen. Der Streit darüber, ob sich Rechtsanwalt Meier am 5. Dezember 1966 in die Befragung eingemischt oder nur eine richtige Protokollierung gesichert habe, ist daher gegenstandslos. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers besitzen weder die Protokolle BGE 94 I 621 S. 628 über die einzelnen Untersuchungshandlungen ( Art. 287 BStP ) noch das zusammenfassende Strafprotokoll ( Art. 292 BStP ) besondere Beweiskraft (vgl. JAEGER, Das Zollstrafrecht und das Zollstrafverfahren, in SJZ 1952 S. 286). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
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Federation
97c1e9e0-a332-4fde-8ae1-1fe5d5be09c6
Urteilskopf 94 I 435 59. Urteil vom 2. Oktober 1968 i.S. Pensionskasse Maggi gegen Kanton Thurgau.
Regeste Steuerliche Behandlung des versicherungstechnischen Deckungskapitals beim verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzugs. Wie bei der Lebensversicherung mit bestimmter Leistungspflicht im Einzelfall, ist auch bei der Rentenversicherung das versicherungstechnische Deckungskapital unter dem Gesichtspunkt von Art. 46 Abs. 2 BV als Schuld zu betrachten. Das gilt auch im Falle einer genossenschaftlich organisierten Pensionskasse, sofern diese das Deckungskapital für die auszuzahlenden Renten nach den Regeln der Versicherungsmathematik ermitteln kann. Der verhältnismässige Schuldzinsenabzug ist bei solchen Pensionskassen ebenfalls nach dem mittleren Hypothekarzinsfuss zu berechnen.
Sachverhalt ab Seite 436 BGE 94 I 435 S. 436 A.- Die Pensionskasse Maggi (im folgenden "Kasse" genannt) hat ihren Sitz in Kempttal, Gemeinde Lindau (Kt. Zürich). Sie ist eine Genossenschaft im Sinne des Obligationenrechts, deren Zweck Art. 2 der Statuten folgendermassen umschreibt: "Die Kasse verfolgt keine Erwerbsabsichten; sie bezweckt für den Fall des Alters und des Todes die Ausrichtung von Leistungen entsprechend den Bestimmungen eines Reglementes, das einen integrierenden Bestandteil dieser Statuten bildet, an a) das Personal (Angestellte und Arbeiter) der Maggi AG und der mit ihr alliierten Gesellschaften, dessen Aufnahme in die Kasse vom Vorstand beschlossen worden ist; b) die Hmterlassenen dieses Personals: Witwen, Waisen, Abhängige." Die Einnahmen der Kasse setzen sich zusammen aus Arbeitgeberbeiträgen, den Beiträgen der Mitglieder und dem zum Zwecke des Einkaufes von Mitgliedern einbezahlten Kapital (Art. 4 der Statuten). Die Kasse ermittelt ihr Deckungskapital nach den Richtlinien, die von der Vereinigung schweizerischer Versicherungsmathematiker aufgestellt werden. BGE 94 I 435 S. 437 Im Jahre 1967 liess die Kasse in Kreuzlingen (Kt. Thurgau) einen Wohnblock erstellen, der seit dem 1. Oktober 1964 vermietet ist. Die thurgauischen Steuerbehörden veranlagten sie in der Folge für die Jahre 1964 bis 1966. Dabei anerkannten sie für die Berechnung des steuerbaren Reinvermögens den 15-fachen Betrag der laufenden Jahresrenten als Schuld. Hingegen lehnten die Steuerbehörden es ab, das Deckungskapital für die blossen Anwartschaften der noch prämienbezahlenden Kassenmitglieder als Schuld zu behandeln. Sie berücksichtigten für die Berechnung des steuerbaren Ertrages einen Schuldzins in der Höhe von 5% des 15-fachen Betrages sämtlicher Jahresrenten. B.- Einspracheweise verlangte die Kasse, dass das ganze versicherungstechnische Deckungskapital als Schuld anerkannt und auch ein entsprechender Passivzins berücksichtigt werde. Im Einspracheentscheid hielt die thurgauische Steuerverwaltung an ihrem Standpunkt fest. Dieser wurde auf Beschwerde der Kasse hin auch von der kantonalen Steuerrekurskommission geschützt. C.-Die Pensionskasse Maggi führt staatsrechtliche Beschwerde. Sie macht geltend, die angefochtene Besteuerung verletze den Art. 46 Abs. 2, den Art. 4 BV sowie den Grundsatz der Gewaltentrennung. Die einzelnen Rügen und ihre Begründungen sind, soweit notwendig, aus den nachfolgenden Erwägungen ersichtlich. D.- Steuerrekurskommission und Regierungsrat des Kantons Thurgau beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Eintretensfragen). 2. a) Die Befugnis der thurgauischen Behörden, die Besteuerung an die Tatsache des Liegenschaftsbesitzes im Kanton anzuknüpfen, wird in der Beschwerde nicht angefochten. Unbestritten ist sodann, dass der Kanton Thurgau das Nettovermögen und -einkommen besteuert und sein Anteil an den Gesamtaktiven und -passiven der Beschwerdeführerin für 1964/65 3,79%, für 1966 3'667% beträgt. Die Auffassungen der Parteien gehen einzig darüber auseinander, in welchem Umfange das versicherungstechnische Deckungskapital für die laufenden Renten und die Anwartschaften der noch nicht BGE 94 I 435 S. 438 rentenberechtigten Kassenmitglieder als Schuld zu behandeln sei. Als Deckungskapital wird nach Lehre und Rechtsprechung derjenige Teil der bezahlten Prämien bezeichnet, dessen der Versicherer bedarf, um damit zusammen mit den zukünftigen Prämien und den Zinsen die ihm gemäss Versicherungsvertrag obliegenden Leistungen zu erbringen ( BGE 93 I 242 Erw. 3 mit Hinweisen). b) Wie das frühere, enthält auch das geltende thurgauische Steuergesetz keine Vorschrift, die sich mit der Behandlung des Deckungskapitals befasst. Die bisherige Praxis liess dieses zum Abzug als Schuld zu. Auf den 1. Januar 1965 änderten indessen die thurgauischen Steuerbehörden ihre Auffassung. Nunmehr wurde entweder der 15-fache Betrag der jeweiligen Summe der Jahresrenten, oder aber die Hälfte des ganzen versicherungstechnischen Deckungskapitals berücksichtigt. Von diesen beiden Berechnungsmethoden wird jeweils die für den Steuerpflichtigen günstigere gewählt. Die Beschwerdeführerin hält dafür, die neue Praxis verletze das Doppelbesteuerungsverbot. Demgegenüber berufen sich die Steuerbehörden des Kantons Thurgau darauf, das Bundesgericht habe zwar das Deckungskapital von Lebens- und Rentenversicherungsverträgen, nicht aber dasjenige für die Anwartschaften der Mitglieder genossenschaftlicher Pensionskassen zum Abzug als Schuld zugelassen. Bei einer Lebensversicherung trete eben der Versicherungsfall bestimmt ein; ungewiss sei nur der Zeitpunkt des Eintrittes. Bei genossenschaftlich organisierten Pensionskassen dagegen seien die Rechte und Verpflichtungen von noch völlig ungewissen Bedingungen abhängig. 3. Freilich hat das Bundesgericht in BGE 54 I 400 (Doppelbesteuerungsbeschwerde der La Suisse-Versicherungsgesellschaft gegen den Kanton Luzern) jene beiden Fälle so unterschieden. Es wollte aber damit nur dartun, dass sein Entscheid demjenigen vom 14. Juni 1924 i.S. Pensionskasse des aarg. Revisionsverbandes gegen das Obergericht des Kantons Aargau nicht widerspreche. Dort war u.a. festgestellt worden, die Auffassung lasse sich "wohl" vertreten, dass man es im Falle des Deckungskapitals einer Pensionskasse "nicht sowohl mit einer Schuld der Kasse, sondern mit einer Art zweckgebundenen Vermögens derselben zu tun habe, das zwar den Mitgliedern verfangen ist, aber doch zum Vermögen der Genossenschaft als solcher BGE 94 I 435 S. 439 gehört". Die bundesgerichtliche Prüfung war auf Willkür beschränkt, und ein Widerspruch zu BGE 54 I 400 - wo mit freier Kognition entschieden wurde - bestand schon aus diesem Grunde nicht. Ebenfalls unter dem beschränkten Gesichtswinkel des Art. 4 BV hat das Gericht in seinem Urteil vom 4. April 1935 i.S. Stiftung Altersfürsorge für die Angestellten der Bally-Schuhfabriken AG und Mitbeteiligte entschieden. Immerhin warf es bereits bei jener Gelegenheit die Frage auf, ob nicht die in BGE 54 I 395 ff. für die steuerliche Behandlung des Deckungskapitals privater Versicherungsgesellschaften aufgestellten Grundsätze auch für das Deckungskapital von Pensionskassen anzuwenden seien. Die Frage wurde dann verneint, weil der gegenteilige Standpunkt, der dem damals angefochtenen Entscheid zugrunde lag, nicht als geradezu willkürlich bezeichnet werden konnte. In BGE 76 I 218 /9 hatte das Bundesgericht Bestimmungen des Wehrsteuerbeschlusses auszulegen. Es stand ihm somit - gleich wie im vorliegenden Fall - die freie Prüfung zu. Das Gericht gelangte dabei zum Schluss, dass auch das Deckungskapital für eine lebenslängliche Rente steuerlich als Schuld zu behandeln sei. Es komme nicht darauf an, dass im Gegensatz zur Lebensversicherung mit zum vornherein bestimmter Leistung bei der Rentenversicherung sowohl die Leistung als auch deren Zeitpunkt ungewiss seien. Eine solche Unbestimmtheit wirke sich nämlich nur im einzelnen Fall, nicht aber inbezug auf die Gesamtheit der Policen aus. Hier trete an die Stelle der Ungewissheit vielmehr die auf Grund von Lebenserwartungstabellen rechnerisch erfassbare Wahrscheinlichkeit. An dieser Erwägung, die BGE 76 I 218 /9 übrigens nicht etwa ausdrücklich nur auf den Wehrsteuerbeschluss beschränkte, muss festgehalten werden. Für die Gesamtverpflichtung des Versicherers ist es in der Tat belanglos, ob im Einzelfall die Leistung und deren Zeitpunkt, oder nur dieser ungewiss sind. Die Gewissheit kann stets durch die Wahrscheinlichkeit ersetzt werden, sofern sich nur das Gesetz der grossen Zahl anwenden lässt. Die technische Reserve für die Deckung fälliger und künftiger Verpflichtungen des Versicherers kann somit bei der Rentenversicherung ebenso genau ermittelt werden wie bei der Lebensversicherung mit im Einzelfall bestimmter Leistungspflicht. Gleich dem Deckungskapital dieser Versicherungsart (vgl. BGE 93 I 242 Erw. 3 mit Hinweisen) ist auch dasjenige BGE 94 I 435 S. 440 bei der Rentenversicherung demnach wirtschaftlich und steuerlich als Schuld zu betrachten. An dieser Betrachtungsweise ändert nichts, dass wegen der Ungewissheit von Leistung und Zeitpunkt im Fall der Rentenversicherung beim einzelnen Versicherten die Anwartschaft nicht besteuert werden kann. Einmal unterliegen die ausbezahlten Renten regelmässig der Einkommenssteuer am Wohnsitz des Rentenempfängers. Abgesehen davon wird nach dem Gesagten bei der vorgenannten Gleichbehandlung ohnehin nicht auf den Einzelfall abgestellt, sondern auf die Gesamtheit der Policen. 4. Die oben dargelegten Grundsätze gelten für die Rentenversicherung schlechthin. Sie sind somit auch anwendbar auf eine genossenschaftlich organisierte Pensionskasse, sofern diese gross genug ist, um das Deckungskapital für die auszuzahlenden Renten nach den Regeln der Versicherungsmathematik ermitteln zu können. Das trifft bei der Beschwerdeführerin unbestrittenermassen zu. a) Die Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau behauptet selber nicht, das im Falle der Beschwerdeführerin als Schuld zugelassene Deckungskapital (d.h. der 15-fache Betrag der ausbezahlten Jahresrenten) entspreche den nach anerkannten versicherungsmathematischen Grundsätzen errechneten Reserven, die nötig sind, um die gegenwärtigen und zukünftigen Ansprüche gegen die Kasse zu decken. Anderseits hat aber auch die Beschwerdeführerin nicht nachgewiesen, dass gerade der in ihrer Steuererklärung angegebene Betrag richtig ist. Zwar ist das ganze Deckungskapital zum Abzug zuzulassen, jedoch nur dasjenige, das den gegenwärtigen oder aufgeschobenen Rechtsansprüchen der Kassenmitglieder entspricht. Die Steuerrekurskommission wird in diesem Sinne die Berechnungen der Beschwerdeführerin nachprüfen müssen. b) Nach ständiger Rechtsprechung stellt das Deckungskapital eine verzinsliche Schuld dar ( BGE 93 I 243 Erw. 3 mit Hinweisen). Die darauf berechneten Zinsen sind mithin vom Roheinkommen abzuziehen. Einen solchen Abzug hat die Rekurskommission zugelassen. Sie wird indes auch diese Position neu zu prüfen haben. Einerseits bewirkt die neue Festsetzung des Deckungskapitals im Sinne der vorstehenden Ausführungen als solche schon eine Änderung des entsprechenden Schuldzinsenbetrages. Beim Zinssatz - der im vorliegenden Verfahren mit 5% an sich nicht bestritten ist - wird BGE 94 I 435 S. 441 anderseits zu berücksichtigen sein, dass das Bundesgericht im Urteil vom 13. Juni 1967 i.S. Vita ( BGE 93 I 245 ) auf den mittleren Hypothekarzinsfuss abstellte. Zwar ging es dort nicht um die steuerliche Behandlung des Deckungskapitals für das Rentengeschäft einer genossenschaftlichen Pensionskasse. Da dieses aber unter den genannten Voraussetzungen nach den selben Grundsätzen zu ermitteln ist, wie dasjenige für Ansprüche aus Lebensversicherungen mit bestimmter Leistungspflicht, muss auch der gleiche Satz für die Berechnung der Schuldzinsen gelten. 5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der angefochtene Entscheid das Verbot der Doppelbesteuerung insofern verletzt, als die Steuerrekurskommission nicht das volle, nach den versicherungsmathematischen Regeln zu errechnende Deckungskapital für bereits bestehende Rentenansprüche und Anwartschaften berücksichtigt hat. Unter diesen Umständen erübrigt es sich zu prüfen, ob die auf 1. Januar 1965 eingeleitete neue Veranlagungspraxis noch andere Verfassungsgrundsätze verletze. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid der Steuerrekurskommission des Kantons Thurgau vom 28. Dezember 1967 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
97cbcb1e-0504-4c85-b340-caf4091d1dbd
Urteilskopf 111 Ia 23 7. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 27 mars 1985 dans la cause Hôtel Astoria SA et La Réserve immobilière SA contre Genève, Grand Conseil (recours de droit public)
Regeste Verbot des Abbruchs, des Umbaus und der Zweckänderung von Hotelgebänden; Art. 22ter und 31 Abs. 1 BV . 1. Verfassungskonforme Auslegung einer kantonalen Bestimmung im Rahmen einer abstrakten Normkontrolle (E. 1). 2. Prüfung der Verfassungsmässigkeit von Bestimmungen, die die Grenzen des Eigentumsrechts festlegen; Berücksichtigung der den rechtsanwendenden Behörden zustehenden Prüfungsbefugnis (E. 3). 3. Ein generelles Verbot, Passantenhotels - d. h. Gebäulichkeiten, die nicht in erster Linie den überwiegenden Interessen der Bevölkerung i. S. von Art. 3 Abs. 2 lit. b des angefochtenen Erlasses dienen - in Geschäftsräume umzuwandeln, stellt eine gemäss Art. 31 BV unzulässige wirtschaftspolitische Massnahme dar (E. 4c).
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 111 Ia 23 S. 24 Le 26 juin 1983, le corps électoral genevois a accepté en votation populaire la loi cantonale sur les démolitions, transformations et rénovations de maisons d'habitation (LDTR). En son article 5, cette loi énonce le principe suivant: "Afin de préserver l'habitat existant et le caractère actuel des zones urbaines, nul ne peut, sous réserve de l'article 6, démolir ou transformer, en tout ou en partie, une maison d'habitation au sens de l'article 2, occupée ou inoccupée, ni en changer l'affectation." L'article 6 auquel il est fait mention prévoit que le département chargé des travaux publics peut accorder des dérogations lorsqu'elles s'imposent pour des motifs de sécurité ou de salubrité, ou sont justifiées par des motifs d'intérêt public ou d'intérêt général. En outre, l'article 3 al. 2 LDTR dispose: "Par changement d'affectation, on entend toute modification, même en l'absence de travaux, qui a pour effet de remplacer des locaux à destination de logements par des locaux à usage commercial, artisanal ou industriel. Sont également assimilés à des changements d'affectation: a) ... b) le remplacement de résidences meublées ou d'hôtels par des locaux commerciaux, lorsque ces résidences ou ces hôtels répondent aux besoins prépondérants de la population." Le 30 août 1983, agissant par la voie du recours de droit public, l'Hôtel Astoria SA et La Réserve immobilière SA, propriétaires d'hôtels à Genève, demandent au Tribunal fédéral d'annuler la loi en question en tant qu'elle interdit la démolition, la transformation ou le changement de destination des hôtels. A l'appui de leur recours, elles invoquent une violation des art. 22ter et 31 Cst. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Saisi d'un recours contre un arrêté de portée générale, le Tribunal fédéral contrôle librement la conformité de cet arrêté avec le droit constitutionnel cantonal ou fédéral ( ATF 106 Ia 132 consid. 1b; SJ 1984, p. 9/10 consid. 3b). BGE 111 Ia 23 S. 25 Il examine, dans ce contexte, s'il est possible, selon les principes généraux d'interprétation, de donner à la norme attaquée une portée qui la fasse apparaître conforme aux droits constitutionnels invoqués. Ce n'est que si la disposition cantonale ne se prête à aucune interprétation conforme à la Constitution que le Tribunal fédéral l'annulera; il s'en abstiendra si l'une des interprétations peut être admise de façon soutenable ( ATF 109 Ia 69 , ATF 109 Ia 121 , 301; ATF 107 Ia 294 ; ATF 106 Ia 137 ; ATF 104 Ia 99 , 249 et les arrêts cités). Il n'est, en effet, pas possible, dans la procédure de contrôle abstrait des normes, d'envisager d'emblée tous les effets de l'application d'un texte légal, notamment lorsqu'il laisse une certaine marge d'appréciation à l'autorité qui est chargée de l'appliquer. Si, dans les circonstances normales que le législateur devait considérer, une disposition semble, comme telle, compatible avec la Constitution, l'éventualité qu'elle y soit contraire dans des cas particuliers ne suffit pas pour que le juge constitutionnel l'annule. Il ne le fera que si la perspective d'un contrôle ultérieur n'offre pas des garanties suffisantes à celui qu'elle touche ( ATF 102 Ia 109 consid. 1b ATF 100 Ia 105 ). Le Tribunal fédéral ne saurait en tout cas laisser subsister une norme dont la teneur permet de présager, avec vraisemblance, qu'elle puisse être interprétée contrairement à la Constitution ( ATF 109 Ia 302 et les arrêts cités, SJ 1984, p. 9/10, consid. 3b; NIKLAUS MÜLLER, Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Grundsatz der verfassungskonformen Auslegung, Berne 1980, p. 135; CAMPICHE, Die verfassungskonforme Auslegung, Zurich 1978, p. 100 ss; J.P. MÜLLER, Elemente einer schweiz. Grundrechtstheorie, Berne 1982, p. 70 ss). La conformité d'une norme avec le droit constitutionnel fédéral et cantonal s'apprécie principalement en fonction du texte même de la disposition attaquée. Si la formulation en est claire et non équivoque, le sens littéral ne peut être modifié au moyen d'une interprétation conforme. Celle-ci n'est donc admissible que dans la mesure où le sens de la loi contestée apparaît ambigu, imprécis ou lacunaire ( ATF 105 Ib 125 consid. 3, ATF 102 IV 155 ; HÄFELIN, Die verfassungskonforme Auslegung und ihre Grenze, in: Festschrift für Hans Huber, Berne 1981, p. 245 ss; NIKLAUS MÜLLER, op.cit., p. 104; CAMPICHE, op.cit., p. 116). Pour déterminer si une règle litigieuse se prête à une interprétation conforme ou si elle doit être annulée, il s'impose tout d'abord d'apprécier la gravité de l'atteinte dont sont menacés les droits constitutionnels des recourants et la possibilité que ces BGE 111 Ia 23 S. 26 derniers ont encore de faire respecter leurs droits lors d'un contrôle concret de la norme à l'occasion d'un cas d'application ( ATF 109 Ia 302 , ATF 106 Ia 138 , ATF 102 Ia 109 ). Le juge constitutionnel doit ensuite regarder dans quelles circonstances pratiques la disposition en cause sera appliquée et ne pas se borner à traiter le problème de manière purement abstraite. La façon dont la loi sera vraisemblablement mise en oeuvre, de même que la qualité de ses organes d'exécution jouent, dès lors, un rôle important dans l'examen de la conformité de la disposition à la Constitution ( ATF 106 Ia 138 , SJ 1984, p. 9/10)... C'est dans ce cadre qu'il y a lieu d'examiner si les dispositions litigieuses de la loi genevoise du 26 juin 1983 résistent au grief d'inconstitutionnalité soulevé contre elles par les recourantes. 3. Selon l' art. 22ter Cst. , la propriété est garantie; les cantons peuvent cependant édicter des restrictions à son endroit par voie législative et pour des motifs d'intérêt public. Dans le cas particulier, indiscutablement, l'interdiction de principe de remplacer des hôtels par des locaux commerciaux, telle qu'elle résulte de l'art. 5 LDTR en relation avec l'art. 3 al. 2 lettre b LDTR, ne porte aucune atteinte à l'institution même de la propriété ( ATF 103 Ia 418 ss). Il y a lieu d'examiner seulement si elle restreint de manière illicite les droits des propriétaires ( ATF 99 Ia 37 ). a) Définissant le but de la loi, l'art. 1 LDTR déclare que celui-ci vise à "préserver l'habitat et les conditions de vie dans les quatre premières zones de construction au sens de l'article 11 de la loi sur les constructions et les installations diverses, du 25 mars 1961... A cette fin, et tout en assurant la protection des locataires, elle prévoit notamment ... des restrictions à la démolition, à la transformation et au changement d'affectation de maisons d'habitation." En dehors de son aspect tendant à offrir une protection accrue aux locataires, cette loi s'inscrit principalement dans le cadre de la lutte contre la pénurie de logements. Le Tribunal fédéral a reconnu à de nombreuses reprises que la politique du logement relève de l'intérêt public ( ATF 106 Ia 412 ; ATF 102 Ia 376 ; ATF 101 Ia 511 ; ATF 89 I 460 ). En l'espèce, le souci de préserver un nombre suffisant de résidences meublées et d'hôtels à Genève obéit aux mêmes préoccupations dans la mesure où les résidences et les hôtels touchés servent de maisons d'habitation répondant aux besoins prépondérants de la population et pas simplement de lieu de séjour temporaire, comme le sont, par exemple, les hôtels à vocation essentiellement BGE 111 Ia 23 S. 27 touristique. Dès lors, il ne fait aucun doute que l'art. 3 al. 2 lettre b LDTR réponde à un intérêt public. b) Selon la jurisprudence, une restriction à la propriété ne doit pas entraîner une atteinte plus grave que ne l'exige le but d'intérêt public recherché. Si l'Etat peut obtenir le même résultat par l'emploi de moyens moins rigoureux, la restriction en cause devra être considérée comme contraire au principe de la proportionnalité; elle le sera aussi s'il n'existe pas de rapport raisonnable entre la limitation de la propriété et le résultat recherché ( ATF 101 Ia 511 ; ATF 99 Ia 41 , 475). Bien que le Tribunal fédéral se prononce en principe librement sur l'application de ces deux conditions, il fait néanmoins preuve de réserve lorsqu'il procède, comme en l'espèce, au contrôle abstrait de normes aménageant un large pouvoir d'appréciation aux autorités d'exécution ( ATF 106 Ia 260 ). En l'occurrence, les dispositions attaquées respectent les conditions posées par la jurisprudence dans la mesure où elles se bornent à prévoir la possibilité d'une restriction à la propriété en raison du but social visé et à laisser, pour le surplus, aux autorités d'exécution un vaste pouvoir d'appréciation. L'ampleur concrète de la restriction dépend par conséquent essentiellement de la manière dont les autorités d'exécution appliqueront la loi. Il s'avère dès lors prématuré de vouloir examiner dès maintenant des griefs relevant d'un cas d'application postérieur de la loi. En effet, les dispositions attaquées n'assimilent le remplacement d'hôtels par des locaux commerciaux à un changement d'affectation, interdit en principe, qu'à la condition que "ces hôtels répondent aux besoins prépondérants de la population" (art. 3 al. 2 lettre b LDTR). C'est donc, en vertu du texte légal non équivoque, uniquement les hôtels qui remplissent cette condition qui pourront être touchés. Il n'est pas nécessaire de statuer dès maintenant sur l'interprétation qui pourra être donnée à la clause susmentionnée, qui laisse à l'autorité chargée de son application une marge d'appréciation sans doute large, mais raisonnable et justifiée ( ATF 101 Ia 514 /515; arrêts non publiés du 10 février 1982 en la cause Somarco A.G., p. 8/9 et du 29 septembre 1982 en la cause Pensionskasse Eternit, consid. 5). L'autorité administrative devra, dans chaque cas concret d'application, procéder à la pesée des intérêts en présence et se prononcer sur le point de savoir si, compte tenu des circonstances de la cause, l'hôtel en question "répond aux besoins prépondérants de la population". C'est à ce BGE 111 Ia 23 S. 28 moment seulement que pourra être examinée et appréciée l'importance de maintenir l'affectation de l'hôtel en cause, de même que la proportionnalité des mesures entreprises. Hormis le pouvoir d'appréciation aménagé par l'art. 3 LDTR, le Département des travaux publics peut, en outre, accorder, en vertu de l'art. 6 LDTR, des dérogations à l'interdiction générale de changer l'affectation des maisons d'habitation, notamment lorsqu'elles sont justifiées par des motifs d'intérêt public ou d'intérêt général. L'al. 5 de cette disposition précise: "Le maintien ou le développement du commerce et de l'artisanat lorsqu'il est souhaitable et compatible avec les conditions de vie du quartier, peut également être considéré d'intérêt général. Le département tient compte en outre, lors de l'octroi de dérogations, de la proportion de locaux affectés à un usage autre que l'habitation dans le bâtiment." Il n'est ainsi nullement exclu que les recourantes puissent bénéficier d'une dérogation selon la situation concrète du quartier dans lequel est situé leur hôtel, au moment où elles en formuleraient la demande. Le Département des travaux publics devra veiller à ne pas priver de sens, en formulant des exigences excessives, cette possibilité légale de dérogation. Dans les cas où le développement du commerce apparaîtrait souhaitable et compatible avec les conditions de vie du quartier, il devra en principe, si le maintien de l'exploitation hôtelière ou sa transformation en logements ne peut raisonnablement être imposé au propriétaire du point de vue économique, autoriser par dérogation la transformation de l'hôtel en locaux commerciaux ordinaires. Ainsi que l'expose le Conseil d'Etat dans sa réponse au recours, il incombera à l'autorité concernée d'examiner chaque demande d'autorisation pour elle-même et d'appliquer la loi avec discernement et souplesse, de cas en cas, ce qui exclut le recours à des principes d'application schématisés. Dès lors, considérant l'importance du pouvoir d'appréciation des autorités chargées d'appliquer les dispositions querellées, il faut reconnaître que la loi ne consacre aucune violation de la garantie de la propriété au sens de l' art. 22ter Cst. et qu'elle respecte, dans le cadre d'un contrôle abstrait des normes, le principe de la proportionnalité. Les reproches des recourantes à cet égard apparaissent ainsi mal fondés. 4. Les recourantes soutiennent que l'art. 3 al. 2 lettre b LDTR constitue une violation grave de leur liberté économique protégée par l' art. 31 Cst. BGE 111 Ia 23 S. 29 a) Le Tribunal fédéral a constaté à plusieurs reprises qu'une même mesure peut apporter simultanément une restriction à la garantie de la propriété et à la liberté économique ( ATF 103 Ia 592 ; ATF 102 Ia 113 ; ATF 99 Ia 618 ). Si la validité des restrictions affectant ces deux droits fondamentaux est subordonnée à certaines conditions communes telles que l'existence d'une base légale - question qui ne se pose pas en l'espèce - et le respect du principe de la proportionnalité, il n'en demeure pas moins que les raisons d'intérêt public opposables à chacun des deux droits ne sont pas exactement les mêmes. Alors que les limitations à la propriété peuvent être fondées sur des motifs très variés, y compris des considérations de politique économique (ZBl 1980, p. 410; 1976, p. 362), les limitations de l'activité économique ne doivent pas, sous réserve d'habilitation constitutionnelle spéciale, s'appuyer sur de tels motifs (ZIMMERMANN, Das Verhältnis von Wirtschaftsfreiheit und Eigentumsgarantie, thèse Zurich 1979, p. 56 ss; H. SCHMID, Die Unterscheidung zwischen wirtschaftspolizeilichen und wirtschaftspolitischen Massnahmen in schweiz. Recht, thèse St-Gall 1974, p. 267; AUBERT, Supplément 1967-1982, p. 279). b) Comme il a été dit précédemment, le souci de préserver un nombre suffisant de résidences meublées et d'hôtels à Genève répond à un intérêt public relevant de préoccupations de politique sociale, dans la mesure où les résidences et hôtels concernés servent de maisons d'habitation répondant aux besoins prépondérants de la population et pas simplement de lieu de séjour temporaire. Or, le Tribunal fédéral a admis que les mesures de politique sociale prises par les cantons, tant qu'elles n'ont pas pour objectif d'intervenir dans la libre concurrence, sont compatibles avec l' art. 31 Cst. , à la condition qu'elles se conforment aux principes constitutionnels auxquels doivent obéir toutes les restrictions des libertés individuelles ( ATF 99 Ia 619 ; ATF 97 I 504 ). Considérant qu'en l'espèce il est prématuré d'examiner, dans le cadre du contrôle abstrait des normes, la proportionnalité des restrictions en cause, ces dernières doivent être reconnues conformes à l' art. 31 Cst. pour autant qu'elles répondent à l'intérêt public décrit ci-dessus. c) La question se présenterait différemment si l'interdiction de transformer les hôtels en locaux commerciaux affectait également les hôtels destinés principalement à recevoir des gens de passage. On peut considérer qu'une pareille mesure constituerait une intervention économique de l'Etat ayant pour but de favoriser le BGE 111 Ia 23 S. 30 tourisme à Genève. Comme la Constitution ne contient aucune disposition autorisant clairement les cantons à intervenir de cette manière dans l'économie, l'art. 3 al. 2 lettre b LDTR violerait l' art. 31 Cst. s'il limitait la possibilité de transformer des hôtels s'adressant à une clientèle de passage (SCHMID, op.cit., p. 284; ZIMMERMANN, op.cit., p. 60). Cette interprétation de la loi contraire à la Constitution n'est toutefois pas préconisée par le Conseil d'Etat qui restreint, dans ses observations, le champ d'application des dispositions contestées aux hôtels servant de logement à une clientèle hôtelière "atypique". Il est inutile, dans le cadre du contrôle abstrait des normes, de définir d'ores et déjà, de manière exhaustive, quelles catégories de personnes entrent sous ce concept. Il appartient à l'autorité d'application de la loi de le faire. Il suffit, à ce stade, d'exclure simplement de l'art. 3 al. 2 lettre b LDTR les hôtels qui ne servent pas à satisfaire les "besoins prépondérants de la population"; principalement les hôtels recevant les touristes et autres gens de passage. Sous cette réserve, la restriction apportée à la liberté économique des recourantes respecte les conditions de l' art. 31 Cst. En conséquence, tous les motifs invoqués par Hôtel Astoria SA et La Réserve immobilière SA sont mal fondés et leur recours doit être rejeté.
public_law
nan
fr
1,985
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
97cfa437-8947-4018-8820-294c173177fa
Urteilskopf 100 III 1 1. Schreiben an die kantonalen Aufsichtsbehörden Lettre aux autorités cantonales de surveillance Lettera alle autorità cantonali di vigilanza (3.2.1974)
Regeste Kosten der Beschwerdeführung.
Erwägungen ab Seite 1 BGE 100 III 1 S. 1 Nach Art. 67 des Gebührentarifs zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 7. Juli 1971 (GebT) ist das Beschwerdeverfahren vor den Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs grundsätzlich gebührenfrei. Die Behörde kann jedoch einer Partei oder ihrem Vertreter für böswilliges oder mutwilliges Handeln oder Verletzung des Anstandes eine Busse bis zu Fr. 300.--, die Schreibgebühren und die Auslagen auferlegen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer musste kürzlich feststellen, dass kantonale Instanzen in solchen Fällen die Höhe der Schreibgebühren und Auslagen nach kantonalen Vorschriften festlegen. Dies ist nicht zulässig. Da es eine Frage des Bundesrechtes ist, ob und wie weit im Beschwerdeverfahren einer Partei oder ihrem Vertreter die Verfahrenskosten und Ordnungsbussen BGE 100 III 1 S. 2 auferlegt werden dürfen, ist für deren Berechnung ebenfalls das Bundesrecht massgebend. Anwendbar sind also die Art. 7 und 12 GebT. L'art. 67 du tarif des frais applicable à la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite du 7 juillet 1971 (Tarif) prévoit que la plainte et le recours aux autorités de surveillance pour les offices de poursuites et de faillites sont en principe francs d'émolument. L'autorité peut cependant condamner la partie ou son représentant qui use de mauvaise foi ou de procédés téméraires ou enfreint les convenances, à une amende allant jusqu'à 300 francs, ainsi qu'au paiement des émoluments pour pièces, et des débours. La Chambre des poursuites et des faillites a récemment constaté que certaines autorités cantonales fixent le montant des émoluments et débours en application de prescriptions cantonales. Cela n'est pas admissible. C'est le droit fédéral qui est applicable pour décider si et dans quelle mesure il y a lieu de mettre à la charge d'une partie ou de son représentant les frais de la procédure de plainte ou de recours ainsi qu'une amende d'ordre; c'est donc également le droit fédéral qui est déterminant pour calculer le montant de ces frais, savoir les art. 7 et 12 Tarif. Secondo l'art. 67 della tariffa applicabile alla legge sull'esecuzione e sul fallimento (Tar. LEF), la procedura di reclamo davanti alle autorità di vigilanza sull'esecuzione e sul fallimento è gratuita. Le autorità possono tuttavia infliggere alla parte, o al suo rappresentante, che usa di malafede o di procedimenti temerari oppure offende la convenienza, una multa fino a fr. 300.--, esigendo in pari tempo le tasse di cancelleria e il rimborso delle spese. Questa Camera di esecuzione e dei fallimenti ha recentemente costatato che, in tali casi, delle istanze cantonali determinano l'ammontare delle tasse e delle spese in applicazione di norme cantonali. Ciò non è lecito. Poichè la questione di stabilire quando e in che misura possono essere esposte a carico di una parte o del suo rappresentante delle spese di procedura e delle multe disciplinari è di diritto federale, la determinazione del relativo ammontare deve pure essere fondata sul diritto federale. Sono applicabili in proposito gli art. 7 e 12 Tar. LEF.
null
nan
fr
1,974
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
97d13577-e2cc-4e0b-a2fe-0945bc0fdd93
Urteilskopf 112 Ib 417 67. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. September 1986 i.S. Imfeld gegen Schweiz. Eidgenossenschaft und Eidg. Militärdepartement (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 33 EntG , Bewilligung des abgekürzten Verfahrens; Art. 27 EntG , Werkplan. Über Gesuche um Bewilligung des abgekürzten Verfahrens gemäss Art. 33 EntG kann ohne vorgängige Anhörung der Interessierten entschieden werden (E. 2a). Die Eidg. Schätzungskommissionen sind Schiedskommissionen im Sinne von Art. 98 lit. e OG (E. 2b). Die Entscheide ihrer Präsidenten über die Zulässigkeit des abgekürzten Verfahrens sind mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar (E. 2c). Pflicht zur Vorlage eines Werkplanes (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 417 BGE 112 Ib 417 S. 417 Die Schweizerische Eidgenossenschaft betreibt seit etlichen Jahren in der Nähe von Ulrichen einen Militärflugplatz. Um die Flugsicherheit der Anlage zu erhalten, arbeitete die Abteilung der Militärflugplätze (heute Bundesamt für Militärflugplätze) im Jahre BGE 112 Ib 417 S. 418 1970 einen Sicherheitszonenplan 1:5000 aus. Nach diesem ist beidseits der Pistenachse ein Streifen von 90 m Breite frei von Hindernissen zu halten; auf einer weiteren Breite von 8 m sind Bauten ansteigend von 0-12 m zulässig und für die anschliessende, 76 m breite Zone gilt die Maximalhöhe von 12 m. Jenseits der Zonengrenze kann diese Höhe um 14% des Abstandes zur Zone überschritten werden, doch dürfen Bauten nicht höher als 45 m sein. Dieser Sicherheitsplan ist nie veröffentlicht worden. Die Abteilung der Militärflugplätze hat ihn jedoch mit Schreiben vom 20. Februar 1970 dem Gemeinderat Ulrichen zur Kenntnis gebracht. Die Geschwister Pius Imfeld, Agnes Imwinkelried-Imfeld und Ida Burgener-Imfeld haben die Absicht, auf ihrer Parzelle Nr. 25 in Ulrichen ein Ferienhaus zu erstellen. Auf die Ausschreibung des Baugesuches im Amtsblatt erhob das Bundesamt für Militärflugplätze Einsprache gegen das Projekt, da das Grundstück mit Rücksicht auf die Flugsicherheit von Hindernissen freigehalten werden müsse. Wie schon in anderen Fällen erteilte jedoch die kantonale Baukommission am 24./27. Oktober 1980 die Baubewilligung und wies die Einsprache des Bundesamtes ab mit der Begründung, dass das Baugrundstück gemäss Art. 36 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG) als Bauland zu charakterisieren sei und die Einwendung der Flugplatzbehörde erst geschützt werden könne, wenn diese die zur Freihaltung der Sicherheitszone benötigen Rechte entweder durch gütliche Vereinbarung oder auf dem Enteignungswege erworben habe. Das Bundesamt für Militärflugplätze verzichtete auf Anfechtung dieses Entscheides, gelangte aber innert der Rekursfrist an den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 4, und ersuchte ihn im Namen des Eidgenössischen Militärdepartementes (EMD) um Eröffnung eines Enteignungsverfahrens gegenüber den Eigentümern der Parzelle Nr. 25 sowie um Bewilligung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens im Sinne von Art. 33 des Bundesgesetzes über die Enteignung (EntG). Der Schätzungskommissions-Präsident erteilte diese Bewilligung mit Verfügung vom 12. November 1980. Nach der persönlichen Anzeige verlangt die Eidgenossenschaft die Einräumung einer die Parzelle Nr. 25 belastenden Grunddienstbarkeit unter dem Stichwort "Bau- und Hindernisverbot und Pflanzbeschränkung für die Sicherung des Flugbetriebes", welche die Vornahme aller baulicher Massnahmen sowie das Pflanzen von Bäumen und Sträuchern untersagt. BGE 112 Ib 417 S. 419 Der Anzeige war lediglich ein "Enteignungsplan" beigelegt, auf welchem die Parzelle Nr. 25 farblich hervorgehoben wird. Die Geschwister Imfeld erhoben gegen die Enteignung Einsprache, die das EMD am 24. März 1983 abwies, soweit es auf sie eintrat. Gegen diesen Entscheid haben die Enteigneten Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht und den Antrag gestellt, die Enteignung sei zu verweigern oder die Sache allenfalls zur Durchführung des gesetzlichen Verfahrens zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde nach Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführer machen unter anderem geltend, es hätte kein abgekürztes Verfahren im Sinne von Art. 33 EntG durchgeführt werden dürfen, sondern das ordentliche Verfahren mit öffentlicher Planauflage und öffentlicher Anzeige angeordnet werden müssen ( Art. 27-31 EntG ). Diese Einwendung ist vorab zu untersuchen, denn wäre sie zulässig und begründet, müsste dies zur Aufhebung des Enteignungsverfahrens führen. Das EMD hält die Beschwerdeführer nicht für legitimiert, eine öffentliche Planauflage zu verlangen, da sie mit diesem Begehren keine eigenen schutzwürdigen Interessen ( Art. 103 lit. a OG ), sondern die Anliegen der allenfalls zusätzlich ins Verfahren einzubeziehenden Dritten verträten. Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Nach der Rechtsprechung gilt als schutzwürdiges Interesse jedes Interesse rechtlicher oder auch nur tatsächlicher Natur, das der durch die Verfügung Betroffene an deren Änderung oder Aufhebung hat, ohne dass verlangt würde, dass dieses mit dem Interesse, welches durch die als verletzt bezeichnete Norm geschützt wird, übereinstimmen müsse ( BGE 111 V 152 E. 2a, BGE 110 Ib 100 f. E. 1a, BGE 108 Ib 93 ). Zudem hat der Enteignete zweifellos ein unmittelbares Interesse an der Einhaltung von Verfahrensregeln, die in erster Linie dazu dienen, ihm die Verteidigung seiner Rechte und die Vertretung der mit dem Werk in Widerstreit stehenden öffentlichen Anliegen zu ermöglichen (vgl. BGE 100 Ib 408 ff.). Damit ist noch nicht entschieden, ob die Einwendungen der Einsprecher gegen das abgekürzte Verfahren zulässig seien. Die Beantwortung dieser Frage bedarf vorweg einiger grundsätzlicher Überlegungen: BGE 112 Ib 417 S. 420 a) Das abgekürzte Verfahren im Sinne von Art. 33 EntG kann nur mit Bewilligung des Präsidenten der Schätzungskommission durchgeführt werden, der von Amtes wegen zu prüfen hat, ob eine der in Art. 33 lit. a-d umschriebenen Voraussetzungen erfüllt sei. In diesem Zusammenhang fragt sich, ob vorgängig der Bewilligung die Betroffenen nicht entsprechend der Vorschrift von Art. 30 VwVG anzuhören seien. Zwar erklärt Art. 2 Abs. 3 VwVG nur die Fristbestimmungen von Art. 20-24 für das Verfahren vor Schätzungskommission anwendbar, doch wird in Art. 3 der Verordnung des Bundesgerichtes für die eidgenössischen Schätzungskommissionen vom 24. April 1972 (SR 711.1) auf die Vorschriften des zweiten Abschnittes des Verwaltungsverfahrensgesetzes verwiesen, die im Verfahren vor dem Präsidenten oder der Kommission - soweit es nicht um einen Prozess zur Feststellung eines Rechtes geht ( Art. 69 Abs. 2 EntG ) - Nachachtung finden müssen. Zu diesen Bestimmungen des zweiten Abschnittes gehört Art. 30 VwVG , der die Ausnahmefälle, in denen auf eine vorgängige Anhörung der Parteien verzichtet werden kann, abschliessend aufzählt (Abs. 2 lit. a-e; BGE 104 Ib 134 ). Bei der Bewilligung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens geht es um keinen dieser Fälle: weder handelt es sich um eine Verfügung, die durch Einsprache anfechtbar ist (lit. b), noch um eine solche, mit der den Begehren der Parteien voll entsprochen wird (lit. c), noch um eine Vollstreckungsverfügung; es kann auch keine Rede davon sein, dass "Gefahr im Verzuge" wäre (lit. e), und schliesslich ist die Bewilligung als Zwischenverfügung - wie sich noch zeigen wird - selbständig anfechtbar (lit. a). Dass auf eine Anhörung der Betroffenen verzichtet werden kann, ergibt sich jedoch aus dem Zweck des Artikels 33 EntG selbst: Dieser liegt gerade darin, dem Enteigner die öffentliche Bekanntmachung des Verfahrens unter bestimmten Umständen zu ersparen, und würde durch die an sämtliche Interessierte gerichtete Aufforderung zur Stellungnahme völlig vereitelt. So muss Art. 30 VwVG im Enteignungsverfahren vor der Schätzungskommission wohl grundsätzlich Anwendung finden, doch geht ihm Art. 33 EntG als spezielle, wenn auch ältere Norm vor und befreit den Präsidenten beim Entscheid über das durchzuführende Planauflageverfahren von der Anhörungspflicht. b) Nach der ursprünglichen Fassung des Enteignungsgesetzes vom 20. Juni 1930 konnte der Entscheid des Präsidenten, das abgekürzte Verfahren zu bewilligen, nur mit Aufsichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (vgl. Art. 63 EntG ; FRITZ BGE 112 Ib 417 S. 421 HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, N. 14 zu Art. 33 EntG ). Mit der Revision des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom 20. Dezember 1968 und der nachträglichen - nur noch formalen - Anpassung des Enteignungsgesetzes im Jahre 1971 sind auch die Entscheide der Schätzungskommissionen grundsätzlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterstellt worden (vgl. Art. 77 EntG in der Fassung vom 18. März 1971), gelten doch diese Kommissionen nach der Lehre, nach der Systematischen Gesetzessammlung (vgl. SR 173.3) sowie nach der neuesten bundesgerichtlichen Praxis als Schiedskommissionen im Sinne von Art. 98 lit. e OG (GRISEL, Traité de droit administratif, S. 969, GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. A., S. 283, 286; Urteile vom 18. Juni 1986 i.S. Stiftung "die neue zeit", nicht zu publ. E. 1a, und vom 11. Oktober 1985 i.S. Ricklin E. 1). Die durch BGE 100 Ib 184 E. 1 geschaffene Rechtsprechung - welche in BGE 104 Ib 291 E. 2a, BGE 109 Ib 31 und 132 sowie im Entscheid Schinznach Bad vom 6. Mai 1982 (ZBl 84/1983, S. 421) übernommen worden ist - muss als überholt gelten, insoweit die Eidgenössischen Schätzungskommissionen als "andere eidgenössische Kommissionen" ( Art. 98 lit. f OG ) bezeichnet worden sind und daraus geschlossen worden ist, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen deren Verfügungen nur gegeben sei, wenn das Bundesrecht sie ausdrücklich vorsehe. Sind die Schätzungskommissionen Schiedskommissionen, so sind ihre tatsächlichen Feststellungen - wie oben erwähnt (E. 1) - vom Bundesgericht frei überprüfbar, da die in Art. 105 Abs. 2 OG vorgesehene Kognitionsbeschränkung nur gegenüber Rekurskommissionen oder kantonalen Gerichten gilt ( BGE 97 I 479 ; GYGI, a.a.O., S. 114). Im weiteren ist an die Ausführungen im zitierten Urteil Schinznach Bad (ZBl 84/1983, S. 421 ff.) zu erinnern, wonach unter den Entscheiden "eidgenössischer Kommissionen" im Sinne von Art. 98 lit. e und f OG sowohl jene Verfügungen zu verstehen sind, die die Kommission als ganze trifft, als auch jene, welche als Zwischenentscheide prozess- oder materiellrechtlicher Natur vom Präsidenten allein ausgehen. Eine gegenteilige Auslegung im streng wörtlichen Sinne stünde mit der Systematik des Gesetzes in Widerspruch, das in Art. 101 und nicht in Art. 98 regelt, inwieweit Verfügungen je nach ihrem verfahrensrechtlichen Inhalt der Verwaltungsgerichtsbarkeit entzogen sind. c) Da es sich beim Entscheid des Schätzungskommissions-Präsidenten über die Zulässigkeit des abgekürzten Verfahrens um BGE 112 Ib 417 S. 422 eine Zwischenverfügung handelt, kann er nur dann selbständig mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde weitergezogen werden, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 und 45 VwVG ). Diese Voraussetzung wird anders als im staatsrechtlichen Verfahren schon als erfüllt betrachtet, wenn der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Aufhebung oder Abänderung der Verfügung hat ( BGE 109 Ib 132 mit Hinweisen auf weitere Urteile). Ein solches darf ohne weiteres angenommen werden, wenn umstritten ist, welches das nach dem Gesetze einzuschlagende Verfahren sei, das ordentliche oder das abgekürzte ( BGE 109 Ib 132 mit Hinweisen auf weitere Urteile; GYGI, a.a.O., S. 108). Die Bewilligung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens im Sinne von Art. 33 EntG ist demnach mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde und nicht nur mit Aufsichtsbeschwerde anfechtbar. Der gegenteiligen Auffassung, die im neuen Kommentar HESS/WEIBEL (Das Enteignungsrecht des Bundes, Bd. I, N. 15 zu Art. 33 EntG , s. auch N. 3 und 4 zu Art. 77 EntG ) noch gestützt auf BGE 100 Ia 184 f. vertreten wird, kann nicht mehr gefolgt werden. d) Im vorliegenden Fall hat der Präsident der Schätzungskommission die Bewilligung zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens am 12. November 1980 erteilt. Die Enteigneten sind in der persönlichen Anzeige vom 17./20. November 1980 auf diese aufmerksam gemacht worden. Nun enthielt zwar die persönliche Anzeige keine Rechtsmittelbelehrung und darf den Parteien daraus kein Nachteil erwachsen ( Art. 35 und 38 VwVG , Art. 107 Abs. 3 OG ), doch bedeutet dies nicht, dass der Betroffene mit der Ergreifung eines Rechtsmittels beliebig lange zuwarten dürfe und sich jederzeit noch an den Richter wenden könne; vielmehr ist er nach Treu und Glauben verpflichtet, die zur Verteidigung seiner Rechte notwendigen Schritte ohne Verzug zu unternehmen und die Verfügung innerhalb einer vernünftigen Frist in Frage zu stellen ( BGE 107 Ia 76 , BGE 106 V 97 , 104 V 167). Nun haben die Beschwerdeführer gegen die Bewilligung des Präsidenten zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens weder Verwaltungsgerichtsbeschwerde noch Aufsichtsbeschwerde eingereicht und erst in der Beschwerde gegen den Einspracheentscheid Kritik am gewählten Verfahren geübt. Diese Kritik ist verspätet (vgl. auch VPB 46 III Nr. 52, S. 280 E. 1). Auf die Beschwerde ist insoweit nicht einzutreten. 5. Die Beschwerdeführer beanstanden mit Recht, dass das Departement nicht von Anfang des Verfahrens an einen Werkplan BGE 112 Ib 417 S. 423 vorgelegt hat, obschon Art. 34 Abs. 1 lit. d EntG den Enteigner ausdrücklich anweist, in der persönlichen Anzeige anzugeben, wo ein Plan über das Werk während der Eingabefrist eingesehen werden könne. Von dieser Auflagepflicht wurde das EMD, nur weil es im Jahre 1970 den Sicherheitszonenplan der Gemeinde zur Kenntnisnahme zustellte und die Bauverbotszonengrenze als Linie im kommunalen Nutzungsplan eingezeichnet wurde, keineswegs befreit. Auch kann der den Beschwerdeführern zugestellte "Enteignungsplan" nicht zugleich als Werkplan betrachtet werden, da er keinerlei Angaben über die Sicherheitszone und die einzelnen damit verbundenen Beschränkungen enthält. Trotz dieser schwerwiegenden Unterlassung rechtfertigt es sich jedoch nicht, die Beschwerde gutzuheissen und das Verfahren aufzuheben, weil der Sicherheitszonenplan vom EMD zusammen mit der Beschwerdeantwort zu den Akten gegeben und den Beschwerdeführern Gelegenheit geboten worden ist, hiezu Stellung zu nehmen. Der Verfahrensmangel kann deshalb als geheilt gelten. In der Sache selbst ist festzuhalten, dass sich die Enteigneten in ihrer Replik zum Plan nicht näher geäussert und insbesondere ihre in der Einsprache erhobene Einwendung, die projektierte Baute liege nicht in der Auffangszone oder am Pistenende und behindere daher den An- oder Wegflug nicht, nicht erneuert haben. Aufgrund der allgemeinen Erfahrung kann denn auch ohne weiteres gesagt werden, dass eine Baute, die sich nur 40 m vom Pistenrand entfernt befindet, ein gefährliches Hindernis für den Flugbetrieb darstellt, ohne dass hiefür weitere Untersuchungen vorgenommen oder Expertisen beigezogen werden müssten. Die Einräumung der verlangten Bau- und Pflanzverbotsdienstbarkeit erweist sich somit für die Erhaltung der Flugsicherheit auf der bestehenden Piste als notwendig. Die Beschwerde muss insofern als unbegründet abgewiesen werden. Um Missverständnissen vorzubeugen, ist klarzustellen, dass dieser Entscheid nur die Parzelle Nr. 25 betrifft und aus ihm keine allgemeinen Schlüsse für andere Grundstücke oder die Sicherheitszone insgesamt gezogen werden können.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
97d1d0dd-28cd-48dd-899a-d00c2b470036
Urteilskopf 101 V 22 5. Urteil vom 19. Februar 1975 i.S. Ausgleichskasse Basel-Stadt gegen Bundesamt für Sozialversicherung und Eidgenössisches Departement des Innern
Regeste Streitigkeiten betreffend die Zugehörigkeit zu einer Ausgleichskasse. - Ausschliessliche Zuständigkeit des Bundesamtes für Sozialversicherung zum Entscheid auf Verwaltungsebene kraft des Art. 127 AHVV (Erw. I 1a). - Verfügungscharakter (Art. 5 VwG) und Beschwerdefähigkeit des bundesamtlichen Entscheides (Erw. I 1b). - Aktivlegitimation der betroffenen Ausgleichskassen zur Beschwerde gemäss Art. 48 lit. a VwG und 103 lit. a OG (Erw. I 2). - Bedeutung der Mitgliedschaft bei einem Gründerverband gemäss Art. 64 AHVG (Erw. II). - Kein Anspruch einer Ausgleichskasse auf Aufrechterhaltung einer gesetzwidrigen Mitgliedschaft (Erw. I 3 und II).
Sachverhalt ab Seite 22 BGE 101 V 22 S. 22 A.- Mit Verfügungen vom 14. bzw. 15. Februar 1973 hat das Bundesamt für Sozialversicherung die in Basel domizilierten Firmen Eugen Spitteler, Robert Blum, Fjord AG, Bruno Wagner, Hostettler Transport, Georges Kinzel, Hans-Ulrich Huggel, Phoebus-Verlag GmbH, Max Sutter-Schüeli und BGE 101 V 22 S. 23 Transexchange AG, die bis anhin der Ausgleichskasse Basel-Stadt angeschlossen waren und im Herbst 1971 von der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes als Mitglieder angefordert wurden, auf den 1. Januar 1973 der letztgenannten Kasse unterstellt. Die von der Ausgleichskasse Basel-Stadt gegen diese Verfügungen erhobenen Beschwerden sind vom Eidgenössischen Departement des Innern am 19. Dezember 1973 abgewiesen worden. B.- Die Ausgleichskasse Basel-Stadt führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die Verfügungen des Bundesamtes für Sozialversicherung bzw. diejenige des Eidgenössischen Departements des Innern seien aufzuheben, und es sei festzustellen, dass die erwähnten 10 Firmen weiterhin Mitglieder der Beschwerdeführerin seien. Eventuell sei der Mitgliedschaftswechsel nicht vor dem 1. Januar 1975 zuzulassen ... Die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes lässt beantragen, es sei auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht einzutreten, weil die Ausgleichskassen zum Weiterzug von Kompetenzentscheiden des Bundesamtes nicht legitimiert seien. Eventuell sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen ... Das Bundesamt stellt den Antrag auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: I. I.1. Zunächst stellt sich die Frage, ob es sich bei den Verfügungen des Bundesamtes über die Kassenzugehörigkeit überhaupt um beschwerdeweise anfechtbare Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwG handelt. Nach dieser Bestimmung gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten, Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten oder Pflichten sowie Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten oder Pflichten oder Nichteintreten auf solche Begehren. BGE 101 V 22 S. 24 a) Auf der untersten Verwaltungsstufe haben sich notwendigerweise und von Amtes wegen die Ausgleichskassen mit der Frage der Kassenzugehörigkeit der Arbeitgeber zu befassen (vgl. SOMMERHALDER, Die Rechtsstellung des Arbeitgebers in der AHV, S. 28 ff.). Der Bundesrat hat aber den Entscheiden der Ausgleichskassen über die Kassenzugehörigkeit von allem Anfang an nicht den Charakter von weiterziehbaren Verfügungen im Sinne des Art. 84 Abs. 1 AHVG zuerkannt, sondern in Art. 127 AHVV bestimmt, dass über Streitigkeiten betreffend die Kassenzugehörigkeit das Bundesamt befindet und dass dessen Entscheid von den "beteiligten Ausgleichskassen" sowie vom "Betroffenen" angerufen werden kann. Diese Regelung ist von der Gerichtspraxis unter dem seinerzeit geltenden Verfahrensrecht, d.h. unter der Herrschaft des Bundesbeschlusses vom 28. März 1917 betreffend die Organisation und das Verfahren des Eidgenössischen Versicherungsgerichts sanktioniert worden (vgl. SOMMERHALDER S. 38 f.). Noch in seinem Urteil vom 30. August 1966 i.S. Stoffel (ZAK 1966 S. 612) hat das Eidg. Versicherungsgericht erklärt, es sei Sache des Bundesamtes und nicht der ordentlichen Gerichtsbehörden im Sinne des Art. 84 Abs. 2 AHVG , Streitigkeiten über die Kassenzugehörigkeit zu beurteilen. Wenn auf Grund der seitherigen Entwicklung des Verfahrensrechts (Inkrafttreten des revidierten OG und des VwG) angenommen werden müsste, bei den Entscheiden der Ausgleichskasse über die Kassenzugehörigkeit handle es sich um eigentliche Verfügungen, so ergäbe sich der ordentliche Rechtsweg der Beschwerde an die kantonalen Rekursbehörden mit der Wirkung, dass Art. 127 AHVV als gesetzwidrig erklärt werden müsste. Am 13. November 1972 hat indessen das Gesamtgericht entschieden, dass das Bundesamt zuständig ist, durch eine Weisung verwaltungsintern verbindlich über die Kassenzugehörigkeit zu entscheiden, wenn zwischen verschiedenen Ausgleichskassen eine entsprechende Streitigkeit entsteht, bevor eine materielle Verfügung ergeht. Der Grund liegt darin, dass die Ausgleichskassen einander grundsätzlich gleichgestellt sind und daher keine Ausgleichskasse einer andern gegenüber autoritativ feststellen kann, ein Arbeitgeber oder Selbständigerwerbender gehöre ihr und nicht der andern Ausgleichskasse an (vgl. SOMMERHALDER S. 41 f.). Insoweit also eine Ausgleichskasse notwendigerweise direkt oder indirekt BGE 101 V 22 S. 25 eine Mitgliedschaft bejaht oder verneint, kann in der betreffenden, für die - positiv oder negativ - konkurrierende Ausgleichskasse nicht verbindlichen Feststellung auch keine Verfügung im Sinne der Legaldefinition von Art. 5 VwG erblickt werden. b) Hingegen handelt es sich bei dem in Anwendung von Art. 127 AHVV erlassenen Entscheid des Bundesamtes über die Kassenzugehörigkeit um eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwG. Insoweit die Kassenzugehörigkeit lediglich unter dem Gesichtspunkt der materiellen Funktionen der Ausgleichskassen (insbesondere auf dem Gebiet Beiträge und Renten) betrachtet wird, kann allerdings kaum von einem "Recht" bzw. einer "Pflicht" der Ausgleichskasse zur Aufnahme eines bestimmten Arbeitgebers bzw. Selbständigerwerbenden im Sinne von Art. 5 VwG gesprochen werden. Vielmehr handelt es sich um eine - öffentlich-rechtliche - Kompetenz jeder einzelnen Ausgleichskasse, die gesetzmässig ihr zugehörigen Mitglieder voll zu erfassen, wobei das Interesse der betreffenden Ausgleichskasse hieran völlig unerheblich ist, weil die Kompetenz von Amtes wegen ausgeübt werden muss. Eher liesse sich im Sinne von Art. 5 VwG ein "Recht" der Kassenmitglieder auf Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kasse bzw. eine "Pflicht" dazu annehmen, denn der Adressat von Verwaltungsakten hat im Prinzip Anspruch darauf und allenfalls auch ein schützenswertes Interesse daran, von dem für ihn zuständigen Verwaltungsorgan behandelt zu werden. Es erübrigt sich indessen, auf diesen Fragenkomplex näher einzugehen, weil die Kassenzugehörigkeit jedenfalls im Lichte der organisatorischen Normen des AHVG im Sinne von Art. 5 VwG als "Recht" bzw. "Pflicht" sowohl der Ausgleichskasse selber als auch der Kassenmitglieder zu betrachten ist, worüber das Bundesamt durch Feststellungsverfügung zu entscheiden hat. Die kantonalen und Verbands-Ausgleichskassen geniessen eine sehr weitgehende organisatorische Selbständigkeit, insbesondere auch bezüglich ihrer internen verwaltungstechnischen Organisation und der Verwaltungskosten. Zu deren Deckung dürfen sie innerhalb eines bestimmten Rahmens zweckgebundene Beiträge erheben und aus deren Zuschüssen ein eigenes - zweckgebundenes - Vermögen äufnen. Mit diesen organisatorischen Problemen steht die BGE 101 V 22 S. 26 Frage der Kassenzugehörigkeit in unmittelbarem Zusammenhang: hohe Beitragssummen bedeuten hohe Verwaltungskostenbeiträge. Die Art der Mitglieder ist entscheidend dafür, ob die Kasse mehr oder weniger rationell geführt werden kann, d.h. dass bei optimaler Verwendung von Personal und Einrichtungen die Verwaltungskosten niedrig gehalten werden können. Die Kassenmitglieder ihrerseits haben ein gleichgerichtetes Interesse an der Tiefhaltung der Verwaltungskosten, allenfalls auch am Verkehr mit einer Kasse, die mit ihren spezifischen Problemen besonders vertraut ist und eine optimale verwaltungsmässige Abwicklung gewährleistet. Ausserdem kann die Kassenzugehörigkeit für den Beitragspflichtigen rechtlich bestimmend sein für seine Zugehörigkeit zu den allfälligen besondern Einrichtungen der betreffenden Ausgleichskasse, welche diese neben der AHV führt (vgl. Art. 63 Abs. 4 AHVG ). Für die Verbandsausgleichskassen sodann ist die Wahrung eines Mindestbestandes von Mitgliedern geradezu Voraussetzung für ihre Existenz (vgl. Art. 53 Abs. 1 lit. a und 60 Abs. 2 AHVG). Bei dieser Interessenlage rechtfertigt es sich, die Entscheide des Bundesamtes über die Kassenzugehörigkeit im Hinblick sowohl auf die Ausgleichskasse selber als auch auf ihre Mitglieder als Anordnungen über Rechte und Pflichten gemäss Art. 5 VwG, somit als Verfügungen im Sinne der zitierten Bestimmung zu betrachten. I.2. Eng verbunden mit der Frage des Verfügungscharakters ist jene nach der Aktivlegitimation der Ausgleichskasse zur Beschwerdeführung gegen Entscheide des Bundesamtes über die Kassenzugehörigkeit. Das Departement des Innern hat die Aktivlegitimation der Ausgleichskasse mit zutreffender Begründung bejaht, der folgendes beizufügen ist: Sowohl die kantonalen als auch die Verbandsausgleichskassen stehen organisatorisch, also in dem hier massgeblichen Bereich, ausserhalb der Bundesverwaltungshierarchie (abgesehen von den Aufsichts- und Eingriffsrechten des Bundes nach Art. 72 Abs. 2 und 3 AHVG , welche sich auf das zur Gewährleistung der Durchführung der AHV unerlässlich Notwendige beschränken). Organisatorische Träger der Ausgleichskassen sind die Kantone bzw. die Gründerverbände, und selbst diesen gegenüber sind die Ausgleichskassen organisatorisch weitgehend verselbständigt (vgl. SAXER, Die AHV-Ausgleichskassen BGE 101 V 22 S. 27 als neue Organisationsform der schweizerischen Sozialversicherung, S. 212 f.; WINZELER, Die Haftung der Organe und der Kassenträger in der AHV, S. 54 f.; SCHMIDT, Organisation und rechtliche Stellung der kantonalen AHV-Ausgleichskassen, S. 57 f.). Diese Stellung ausserhalb der Bundesverwaltung, die organisatorische und insbesondere finanzielle Selbständigkeit der Ausgleichskassen, die in direktem Zusammenhang mit der Kassenmitgliedschaft steht, und das demzufolge selbständige und schützenswerte Interesse an der Kassenmitgliedschaft rechtfertigen es, die Aktivlegitimation der Ausgleichskasse zur Beschwerdeführung im Sinne von Art. 48 lit. a VwG (bzw. Art. 103 lit. a OG und 86 AHVG) zu bejahen. I.3. Da es sich nach dem Gesagten beim Entscheid des Bundesamtes um eine anfechtbare Verfügung handelt und die Ausgleichskasse Basel-Stadt zu deren Anfechtung legitimiert ist, bestand die Möglichkeit, die Verfügungen vom 14. bzw. 15. Februar 1973 beschwerdeweise an das Eidgenössische Departement des Innern weiterzuziehen und danach den Departementsentscheid vom 19. Dezember 1973 auf dem Wege der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten (Art. 47 Abs. 1 lit. c VwG und Art. 98 lit. b OG ). Aus diesen Erwägungen ergibt sich ohne weiteres, dass das Hauptbegehren der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes auf Nichteintreten wegen Fehlens der Aktivlegitimation der Ausgleichskasse Basel-Stadt unbegründet ist. Der Grundsatz, dass Verwaltungsbehörden kein wohlerworbenes Recht auf ihren Zuständigkeitsbereich besitzen und dass sie demnach Kompetenzentscheide ihrer Aufsichtsbehörden hinzunehmen hätten, lässt sich auf den vorliegenden Fall wegen der erwähnten organisatorischen Selbständigkeit der Ausgleichskassen und ihrer Stellung ausserhalb der Bundesverwaltung nicht anwenden. Dass die Ausgleichskassen als solche an niedrigen Verwaltungskosten nicht interessiert seien, sondern nur die Gesamtheit ihrer Mitglieder, kann nicht gesagt werden. Wenn eine Verwaltungseinheit derart verselbständigt ist, wie dies bei den kantonalen und den Verbandsausgleichskassen der Fall ist, die sogar eigenes - wenn selbstverständlich auch zweckgebundenes - Verwaltungsvermögen bilden können, so muss auch ein selbständiges und schutzwürdiges Interesse an der Höhe der BGE 101 V 22 S. 28 Verwaltungskostenbeiträge anerkannt werden. Hieran ändert nichts, dass unter Berücksichtigung des Aufgabenbereichs und der Struktur der Ausgleichskasse zur Vermeidung von übermässigen Differenzen bei den Verwaltungskostenansätzen Zuschüsse ausgerichtet werden können, was vor allem bei den kantonalen Ausgleichskassen der Fall ist; denn mit diesen Zuschüssen werden die Differenzen nicht voll ausgeglichen. Die weitgehende Selbständigkeit der Ausgleichskassen den Trägern gegenüber lässt auch den Eventualstandpunkt der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes nicht zu, dass eventuell nur die Kassenträger zur Beschwerde legitimiert wären. II. II.1. Die Vorinstanz hat die geltenden allgemeinen Grundsätze über die Kompetenzabgrenzung zwischen den Ausgleichskassen bezüglich der Kassenzugehörigkeit richtig dargestellt: Den Verbandsausgleichskassen werden alle Arbeitgeber und Selbständigerwerbenden angeschlossen, die einem Gründerverband angehören ( Art. 64 Abs. 1 AHVG ). Den beiden Ausgleichskassen des Bundes gehören das Personal der Bundesverwaltung und der Bundesanstalten sowie die freiwillig versicherten Auslandschweizer und die übrigen im Ausland wohnenden Versicherten an ( Art. 62 AHVG ). Den kantonalen Ausgleichskassen sind alle übrigen Personen angeschlossen ( Art. 64 Abs. 2 AHVG ); diese erfüllen insoweit die Funktion von Auffangkassen. Verbandsausgleichskassen können gegründet werden entweder von Arbeitgeberverbänden oder aber als sogenannte paritätische Ausgleichskassen, bei deren Verwaltung nebst den Arbeitgeberverbänden auch Arbeitnehmerverbände mitwirken ( Art. 53 und 54 AHVG ). Das Besondere dabei ist, dass die Kassengründung im freien Belieben der Gründerverbände steht und bewilligt werden muss, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Die kantonalen Ausgleichskassen und die Ausgleichskassen des Bundes dagegen sind auf Grund zwingender Bestimmungen von den Kantonen bzw. vom Bund zu errichten. Im Rahmen dieser allgemeinen Ordnung stützt sich die Beschwerdeführerin im wesentlichen auf die folgenden beiden BGE 101 V 22 S. 29 Argumente zur Beibehaltung der durch das Bundesamt und das Departement der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes zugewiesenen Arbeitgeber: a) Der Begriff der Verbandszugehörigkeit dürfe nicht im bisher praktizierten weiten Sinn aufgefasst werden, und b) die Anforderung der fraglichen Arbeitgeber durch die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes sei unter den gegebenen Umständen rechtsmissbräuchlich. II.2. Die Beschwerdeführerin ist der Meinung, dass es einem Missbrauch des Verbandsbegriffs und einem Verstoss gegen Treu und Glauben gleichkomme, wenn der Verbandsbegriff in der bisher praktizierten Weise ad absurdum geführt würde. Zur Begründung ihrer These führt sie das Beispiel der betroffenen Arbeitgeberfirma Huggel an, die lediglich indirekt, d.h. als Mitglied der Ortsgruppe Basel des Bundes Schweizer Architekten, diese ihrerseits Kollektivmitglied des Basler Volkswirtschaftsbundes, ebenfalls als Verbandsangehörige gilt und vom Bundesamt der Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes zugewiesen worden ist. Die Firma soll sich dieser Zugehörigkeit nicht einmal bewusst gewesen sein; auch sei nicht mehr bekannt, wann und aus welchem Grund der Beitritt der erwähnten Ortsgruppe zum Basler Volkswirtschaftsbund erfolgt sei; der Kollektivmitgliederbeitrag betrage nur Fr. 50.-- pro Jahr, was bei den mehr als 50 Mitgliedern der Ortsgruppe, darunter solche von europäischem Ruf mit mehreren 100 Arbeitnehmern, weniger als einen Franken pro Jahr und Mitglied ausmache. Die Beschwerdeführerin knüpft damit an ihre schon im vorinstanzlichen Verfahren vorgetragene Argumentation an, die Mitgliedschaft bei einem Gründerverband oder einem ihrer Unterverbände sollte für die Kassenzugehörigkeit nur entscheidend sein, wenn der Beitragspflichtige sich seiner Mitgliedschaft bewusst sei und ein verbandsmässiges oder berufliches Interesse und eine Gemeinsamkeit in der Zielsetzung des Gründerverbandes bestehe. Die Beschwerdeführerin verlangt im Grunde genommen eine qualifizierte Mitgliedschaft, die ihrerseits nach subjektiven Kriterien definiert wird. Dafür fehlt jedoch, wie schon die Vorinstanz richtig bemerkt, die rechtliche Grundlage: abgesehen davon wäre diese Lösung kaum praktikabel. Daran vermag das von der Beschwerdeführerin angeführte Beispiel der Firma Huggel nichts zu ändern. Jedenfalls lässt sich mit diesem Beispiel BGE 101 V 22 S. 30 weder ein Missbrauch des Verbandsbegriffs und noch weniger ein Verstoss gegen Treu und Glauben dartun. II.3. Das Hauptargument der Beschwerdeführerin geht dahin, der geforderte Anschluss der fraglichen 10 Arbeitgeber an die Ausgleichskasse des Basler Volkswirtschaftsbundes verstosse unter den gegebenen besonderen Umständen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Kassenzugehörigkeit beruht auf der gesetzlichen Regelung des Kompetenzbereiches der Ausgleichskassen und ist daher der freien Vereinbarung zwischen diesen Kassen entzogen. Jede Ausgleichskasse hat von Amtes wegen zu prüfen, welche Personen zu ihrem Mitgliederbestand gehören, und den kantonalen Ausgleichskassen obliegt überdies die Kontrolle über die Erfassung aller Beitragspflichtigen (Ausnahmen im Sinne eines Wahlrechtes der Beitragspflichtigen selbst sind in Art. 64 Abs. 1 AHVG und Art. 120 AHVV ausdrücklich vorgesehen und durch das Organisationssystem bzw. politisch bedingt). Hat sich eine Kasse selbst während langer Zeit bewusst oder unbewusst nicht an die gesetzliche Ordnung gehalten, so wird weder ein gewohnheitsrechtlicher noch ein wohlerworbener Anspruch der Ausgleichskasse oder des Beitragspflichtigen auf eine gesetzwidrige Kassenzugehörigkeit geschaffen, sondern es ist im Prinzip der Fehler zu beheben, sobald er entdeckt wird (selbstverständlich im Rahmen der konkreten Bestimmungen über den Kassenwechsel). Ob in extremen Fällen die Berichtigung einer gesetzwidrigen Kassenzugehörigkeit gänzlich oder doch zeitweilig nach dem Grundsatz von Treu und Glauben unterbleiben kann, braucht heute nicht geprüft zu werden. Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für die Anrufung des Vertrauensschutzes allein schon deshalb nicht erfüllt, weil kein schutzwürdiges Interesse an der Erhaltung des gesetzwidrigen Zustandes besteht, das den Vorrang vor dem Interesse an der Herstellung des gesetzmässigen Zustandes verdienen würde. Dies gilt sowohl in bezug auf die Beschwerdeführerin selber als auch in bezug auf die betroffenen Arbeitnehmer. Für die Ausgleichskasse bedeutet der Wegfall der 10 Mitglieder weder eine ins Gewicht fallende Einbusse an Verwaltungskostenbeiträgen noch einen bedeutenden organisatorischen Nachteil wegen daraus entstehender Überkapazität von Personal und Einrichtungen. Sollten sich für die betroffenen Arbeitgeber aus dem Kassenwechsel BGE 101 V 22 S. 31 künftig höhere Verwaltungskostenbeiträge ergeben, so entsteht für sie dadurch keine Benachteiligung, sondern es würde nur eine ungerechtfertigte Vorzugsstellung beendet. Das wohl vorwiegend emotionelle Element, lieber mit der bisherigen und vertrauten kantonalen Ausgleichskasse als mit der den Betroffenen noch unbekannten Verbandsausgleichskasse verkehren zu wollen, fällt zum vorneherein als unerheblich ausser Betracht ... Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
97dc48c5-ea4e-4f58-97ea-e8e9dc14bf35
Urteilskopf 80 I 344 55. Urteil vom 8. Dezember 1954 i.S. Blass gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich und Obergericht des Kantons Zürich.
Regeste Ausserdienstliche Verwendung von Militärfahrrädern. Eine kantonale Vorschrift, nach der vom Militärradfahrer für die Zulassung seines Militärrades zum Verkehr die gleichen Ausweise und Gebühren verlangt werden wie vom Zivilradfahrer, ist nicht bundesrechtswidrig. Art. 2 Üb.-Best. z. BV, 4 BV, 165 MO, 71 Abs. 5 MFG, 9 und 12 der eidg. VO betr. die Militärfahrräder vom 14.3.1939, 60 der eidg. VO über die Mannschaftsausrüstung vom 20.7.1954.
Sachverhalt ab Seite 345 BGE 80 I 344 S. 345 A.- Nach der zürch. Verordnung über den Verkehr mit Fahrrädern vom 2. November 1944 (FV) bedarf es für die Benützung eines Fahrrades im öffentlichen Verkehr eines Ausweises, der stets mitzuführen ist, und eines Kennzeichens, das am Fahrrad gut sichtbar anzubringen ist (§§ 1, 2). Ausweis und Kennzeichen werden von der zuständigen Behörde erteilt, wenn der Eigentümer des Fahrrades eine den gesetzlichen Erfordernissen entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen hat (§ 3). Die jährliche Gebühr für den Ausweis beträgt Fr. 2.-, die Gebühr für das Kennzeichen 50 Rp. (§ 16). Den Bestimmungen der FV unterliegen für den ausserdienstlichen Gebrauch auch Militärfahrräder (§ 23). B.- Der Beschwerdeführer Heinz Blass in Zürich besitzt ein Militärfahrrad, das Eigentum des Bundes ist. Da er für 1952 wohl eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen, aber den kantonalen Ausweis und das Kennzeichen nicht eingelöst hatte, wurde er, als er das Militärfahrrad am 30. September 1952 ausserdienstlich benützte, vom Polizeirichter der Stadt Zürich wegen Übertretung der FV mit Fr. 6.- gebüsst. Blass verlangte gerichtliche Beurteilung und machte geltend, die FV verstosse inbezug auf Militärfahrräder gegen Bundesrecht. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Zürich gab ihm recht und sprach ihn von Schuld und Strafe frei, das Obergericht des Kantons Zürich dagegen, bei dem das Polizeirichteramt BGE 80 I 344 S. 346 Nichtigkeitsbeschwerde führte, erklärte ihn durch Urteil vom 29. April 1954 der Übertretung der § § 1, 2 und 23 FV schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldbusse von Fr. 6.- in der Annahme, dass die Unterstellung der Militärfahrräder unter die FV weder gegen die für solche Fahrräder geltenden bundesrechtlichen Vorschriften noch gegen den Grundsatz der Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ) verstosse. C.- Mit der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde beantragt Heinz Blass, dieses Urteil des Obergerichts sei wegen Verletzung der Art. 2 Üb.-Best.z. BV und Art. 4 BV aufzuheben. Zur Begründung wird vorgebracht: a) Die Anwendung kantonaler Vorschriften über die Zulassung zum Verkehr auf Militärfahrräder sei bundesrechtswidrig. Die eidg. Verordnung über Militärfahrräder vom 14. März 1939 (MilFV) gestatte dem Militärradfahrer den ausserdienstlichen Gebrauch seines Militärfahrrades (Art. 12) und verpflichte ihn, dafür eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen (Art. 9). Sei der Militärradfahrer demnach von Bundesrechts wegen ausserdienstlich zum Verkehr zugelassen, so bleibe kein Raum für eine kantonale Vorschrift, welche ihm als Voraussetzung für den ausserdienstlichen Gebrauch seines Dienstfahrrades den Abschluss einer Haftpflichtversicherung vorschreibe. Wenn Art. 9 MilFV anordne, dass allfällige Kennzeichen der kantonalen Haftpflichtversicherung auch während des Dienstes am Fahrrad belassen werden müssten, so könne sich diese Vorschrift nur auf den Fall beziehen, wo der Militärradfahrer für den ausserdienstlichen Gebrauch eine kantonale, d.h. durch Vermittlung der kantonalen Regierung abgeschlossene Haftpflichtversicherung benütze. b) Da die kantonalen Ausweise und Kennzeichen nur gegen eine Gebühr abgegeben werden, sei auch Art. 165 der Militärorganisation verletzt, der für Militärfahrräder sowohl Steuer- als auch Gebührenfreiheit vorschreibe. Das Obergericht nehme zu Unrecht an, diese Vorschrift sei durch Art. 71 Abs. 5 MFG teilweise aufgehoben worden. c) Die im angefochtenen Entscheid vertretene Auslegung BGE 80 I 344 S. 347 der massgebenden bundesrechtlichen Bestimmungen führe zu einer rechtsungleichen Behandlung der Militärradfahrer in den verschiedenen Kantonen und verstosse daher auch gegen Art. 4 BV . D.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht hat auf Vernehmlassung verzichtet. E.- Da die Streitsache sich gleichzeitig als Anstand im Sinne von Art. 111 lit. a OG charakterisiert, wurden die Akten dem Regierungsrat des Kantons Zürich und dem eidg. Militärdepartement zugestellt. Beide lehnen den Standpunkt des Beschwerdeführers ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer leitet aus der eidg. Verordnung betreffend die Militärfahrräder vom 14. März 1939 (MilFV) zu Unrecht ab, dass er von Bundesrechts wegen zum Verkehr mit seinem Militärfahrrad zugelassen sei und daher keiner kantonalen Bewilligung mehr bedürfe. Diese Verordnung wurde erlassen in Ausführung von Art. 89 MO , der im Abschnitt VIII (Bewaffnung und persönliche Ausrüstung) enthalten ist und bestimmt, dass der Bund den Militärradfahrern die Fahrräder liefert und der Bundesrat das Rechtsverhältnis hinsichtlich dieser Fahrräder ordnet. Art. 12 Abs. 1 MilFV, wonach der Militärradfahrer zum ausserdienstlichen Gebrauch seines Dienstrades berechtigt ist, stellt eine Ausnahme von dem im gleichen Abschnitt der MO enthaltenen Art. 91 Abs. 2 dar, der dem Wehrmann die ausserdienstliche Benützung der persönlichen Ausrüstung grundsätzlich verbietet. Es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass Art. 12 Abs. 1 MilFV eine über den Wortlaut und die gesetzliche Grundlage hinausgehende Bedeutung hat und nicht nur den Militärradfahrern die ausserdienstliche Verwendung der Militärfahrräder gestatten, sondern deren Zulassung zum Verkehr regeln und damit kantonale Vorschriften hierüber ausschliessen will. BGE 80 I 344 S. 348 Dass Art. 12 Abs. 1 solche kantonalen Vorschriften im Gegenteil vorbehält, ergibt sich aus Abs. 2, wonach der Militärradfahrer beim ausserdienstlichen Gebrauch der Militärfahrräder wie die übrigen Zivilradfahrer den eidgenössischen und kantonalen Verkehrs- und Polizeivorschriften untersteht. Etwas anderes folgt auch nicht aus Art. 9 MilFV, welcher den Militärradfahrer verpflichtet, für den ausserdienstlichen Gebrauch des Fahrrads eine Haftpflichtversicherung abzuschliessen. Damit wird nur zum Ausdruck gebracht, dass der Bund für den bei ausserdienstlichem Gebrauch von Militärfahrrädern verursachten Schaden keinesfalls haftet, dass also, wie Art. 60 der auf 1. Januar 1955 in Kraft tretenden Verordnung über die Mannschaftsausrüstung vom 20. Juli 1954 nun ausdrücklich sagt, die "ausserdienstliche Benützung der Militärfahrräder unter ausschliesslicher Verantwortung des Militärradfahrers erfolgt". Die Annahme, dass der diesem deshalb zur Pflicht gemachte Abschluss einer Haftpflichtversicherung von Bundesrechts wegen seine Zulassung zum Verkehr zur Folge habe, verbietet sich schon deshalb, weil Art. 9 über den Inhalt der abzuschliessenden Versicherung nichts besagt. Dessen Festsetzung konnte und wollte aber nicht einfach dem Ermessen des einzelnen Radfahrers überlassen werden, weshalb hier das kantonale Recht, dem die Fahrradhaftpflichtversicherung ja ohnehin untersteht, ergänzend eingreift. Und zwar kann dieses nicht nur Höhe, Umfang, Geltungsdauer usw. der Versicherungspflicht bestimmen, sondern auch die der Kontrolle der Erfüllung dieser Pflicht dienenden Ausweise uud Kennzeichen vorschreiben. Dass solche Kennzeichen der kantonalen Haftpflichtversicherung auch während des Dienstes am Fahrrad belassen werden müssen (Art. 9 MilFV) bzw. können (Art. 60 der erwähnten Verordnung vom 20. Juli 1954), ist bedeutungslos, da sich aus dieser für den dienstlichen Gebrauch geltenden Vorschrift nichts für die ausserdienstliche Verwendung ableiten lässt. § 23 der zürch. Fahrrad-Verordnung, wonach die Militärfahrräder BGE 80 I 344 S. 349 für den ausserdienstlichen Gebrauch den Bestimmungen dieser Verordnung und damit auch den in den §§ 1-3 enthaltenen Vorschriften über die Zulassung zum Verkehr unterliegen, widerspricht somit keiner Vorschrift des Bundesrechts. Der Militärradfahrer, der sein Dienstrad ausserdienstlich verwendet, bedarf daher wie der Zivilradfahrer eines amtlichen Fahrradausweises und eines amtlichen Kennzeichens. 2. Nach § 16 der zürch. Fahrrad-Verordnung beträgt die jährliche Gebühr für den Fahrradausweis Fr. 2.-, die Gebühr für das Kennzeichen 50 Rp. Dass es sich dabei um wirkliche Gebühren und nicht um Steuern handelt, steht nach dem Zweck und der Höhe der Abgaben ausser Zweifel und wird denn auch vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Er ist jedoch der Auffassung, dass auch die Erhebung von Gebühren gegen Bundesrecht verstosse, da nach Art. 165 MO die Diensträder der Radfahrer nicht mit kantonalen Steuern und Gebühren belegt werden dürfen. Diese Bestimmung ist jedoch, wie der angefochtene Entscheid zutreffend ausführt, abgeändert worden durch Art. 71 Abs. 5 MFG, der für Fahrräder des Bundes und Militärfahrräder nur Steuerfreiheit vorschreibt, also die Erhebung von Gebühren nicht ausschliesst ( BGE 66 I 203 ; STREBEL, N. 21 zu Art. 71 MFG). Die Berufung des Beschwerdeführers auf das Protokoll der Expertenkommission zum Vorentwurf des MFG vermag dagegen nicht aufzukommen; daraus, dass dort gegenüber dem Antrag auf Steuer- und Gebührenfreiheit für Fahrräder des Bundes und Militärfahrräder auf die für eine allfällige Haftpflichtversicherung zu entrichtenden Prämien hingewiesen wurde, kann nicht abgeleitet werden, dass nur die Erhebung solcher Prämien, nicht dagegen der Bezug von Gebühren für die der Kontrolle der Erfüllung der Versicherungspflicht dienenden Ausweise und Kennzeichen zulässig wäre. 3. Steht den Kantonen demnach die Befugnis zu, vom Militärradfahrer für die ausserdienstliche Verwendung seines Militärrades die gleichen Ausweise und Gebühren zu BGE 80 I 344 S. 350 verlangen wie vom Zivilradfahrer, so erweist sich auch die Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV als unbegründet, da darin, dass einzelne Kantone von dieser Befugnis keinen oder nur beschränkten Gebrauch machen, keine rechtsungleiche Behandlung erblickt werden kann. Art. 4 BV ist nicht verletzt, wenn das kantonale Recht von Kanton zu Kanton verschieden ist ( BGE 65 I 257 Erw. 12, BGE 69 I 185 Erw. 5). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
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CH_BGE_001
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Federation
97df8c8e-0134-46a9-9c1f-5add60d282d9
Urteilskopf 99 V 90 30. Arrêt du 11 octobre 1973 dans la cause Rochat contre Caisse cantonale neuchâteloise de compensation et Commission cantonale neuchâteloise de recours pour l'AVS
Regeste Medizinische Massnahmen bei angeborener Zuckerkrankheit. Art. 2 Ziff. 451 GgV , der den Begriff der angeborenen Zuckerkrankheit (diabetes mellitus) einengt, ist gesetzeskonform (Erw. 2). GgV vom 20. Oktober 1971: Übergangsrecht. Die Verwaltungsverfügungen, die gemäss den inzwischen aufgehobenen GgV-Bestimmungen erlassen worden sind, gewähren keine "wohlerworbenen Rechte" (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 99 V 90 S. 91 A.- Jacqueline Rochat, née le 11 janvier 1962, est atteinte d'un diabète sucré, qui a été constaté le 11 octobre 1970 et a entraîné une hospitalisation du 12 au 22 octobre 1970. Saisie le 15 octobre 1970 d'une demande de prestations, et après que le médecin traitant eut affirmé le caractère congénital de l'affection, la Commission de l'assurance-invalidité du canton de Neuchâtel a accordé les mesures médicales requises - traitement à l'Hôpital Pourtalès à Neuchâtel et par le Dr A. - jusqu'au 31 janvier 1982, sur la base de l'art. 2 ch. 451 OIC du 10 août 1965. Ce prononcé a été notifié par décision de la Caisse de compensation du canton de Neuchâtel du 8 avril 1971. Le 15 novembre 1972, le père de l'enfant a annoncé une aggravation de la maladie et demandé que l'assurance-invalidité prenne en charge des consultations à l'Hôpital cantonal de Lausanne, ainsi que les frais de transport avec personne accompagnante. Mais la commission de l'assurance-invalidité a constaté que le nouvel art. 2 ch. 451 OIC du 20 octobre 1971 ne permettait plus en l'espèce d'octroyer des prestations. Elle a donc refusé de prendre en charge les consultations et décidé en sus de supprimer les prestations précédemment accordées avec effet dès la notification de son nouveau prononcé, notification qui a été faite par décision de la caisse de compensation du 21 novembre 1972. B.- Me R. a recouru au nom de l'assurée représentée par ses parents. Il concluait à l'annulation de la décision du 21 novembre 1972, à la prise en charge par l'assurance-invalidité des consultations à l'Hôpital cantonal de Lausanne et au maintien des prestations octroyées par la précédente décision. Par jugement du 19 juin 1973, la Commission de recours pour l'AVS du canton de Neuchâtel a rejeté le recours dans la mesure BGE 99 V 90 S. 92 où il concernait la nouvelle demande de prestations et confirmé sur ce point la décision attaquée. Elle a en revanche admis partiellement le recours dans la mesure où il concernait les prestations précédemment accordées, en ce sens qu'elle a prolongé jusqu'au 31 décembre 1974 le bénéfice de ces prestations. C.- Me R. interjette recours de droit administratif et reprend ses conclusions de première instance. Il fait valoir en fait que l'affection est incontestablement congénitale et en droit, d'une part, que les prestations promises par la décision du 8 avril 1971 ont le caractère de droits acquis et, d'autre part, que le Conseil fédéral a outrepassé ses pouvoirs en restreignant, à l'art. 2 ch. 451 OIC du 20 octobre 1971, la portée de l'art. 13 LAI. Alors que la caisse de compensation, à l'instar de la commission de l'assurance-invalidité, déclare n'avoir aucune observation à formuler, l'Office fédéral des assurances sociales propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'art. 2 ch. 451 OIC du 10 août 1965, dans sa teneur en vigueur à partir du 1er janvier 1968, comptait le diabète sucré au nombre des infirmités congénitales ouvrant droit à prestations selon l'art. 13 LAI, "si celui-ci est constaté dans les quatre premières semaines de la vie ou s'il est incontestablement congénital". Mais cette ordonnance a été abrogée et remplacée dès le 1erjanvier 1972 par l'OIC du 20 octobre 1971, dont l'art. 2 ch. 451 ne reconnaît le diabète sucré que "si celui-ci est constaté dans les quatre premières semaines de la vie ou s'il était sans aucun doute manifeste durant cette période". Le médecin traitant, dont l'avis repose apparemment sur l'anamnèse familiale, a affirmé en l'espèce le caractère congénital du diabète sucré, constaté pour la première fois alors que l'enfant avait près de 9 ans. La commission de l'assuranceinvalidité était donc en droit d'admettre, à la date de son premier prononcé, que le droit à prestations selon l'art. 13 LAI était donné. L'Office fédéral des assurances sociales soutient certes que tel n'était pas le cas. Mais il n'est pas besoin d'élucider la question, vu le sort qui doit être réservé à la cause (consid. 3 ci-dessous). Il est en revanche évident que le droit à prestations n'est plus donné, aux termes du nouvel art. 2 ch. 451 OIC en vigueur depuis le 1er janvier 1972. Le diabète ne s'est manifesté et n'a été constaté qu'en octobre 1970; les contrôles periodiques auxquels BGE 99 V 90 S. 93 l'enfant était soumise, en raison des antécédents familiaux, avaient toujours eu jusqu'alors des résultats négatifs. 2. Le mandataire de la recourante fait valoir que, en ne s'en tenant plus au sens médical de la congénitalité et en restreignant la portée de l'art. 13 LAI, l'art. 2 ch. 451 OIC du 20 octobre 1971 serait contraire à la loi. L'interprétation littérale de l'art. 13 LAI, en sa version française, pourrait laisser entendre que le principe du droit des assurés mineurs au traitement des infirmités congénitales ne supporte aucune limitation - hormis pour des infirmités peu importantes -, voire interdit toute définition autre que purement médicale. Mais, si le texte français se borne à dire que "le Conseil fédéral établira une liste de ces infirmités", les textes allemand et italien précisent qu'il s'agit d'une liste des infirmités "pour lesquelles de telles mesures sont accordées" ("Der Bundesrat bezeichnet die Gebrechen, für welche diese Massnahmen gewährt werden..."; "Il Consiglio federale designa le infermità per le quali sono concessi tali provvedimenti..."). Pareille délégation de compétence emporte à l'évidence pouvoir de définir les infirmités congénitales dont l'assurance-invalidité assume le traitement et de poser des critères qui pourront déborder le cadre strictement médical. Ce pouvoir n'autoriserait certes pas le Conseil fédéral à faire abstraction des connaissances médicales et, par exemple, à écarter de la liste une infirmité dont le corps médical unanime reconnaîtrait le caractère nécessairement congénital. Mais il est des affections à propos desquelles la science médicale est partagée, notamment lorsque l'affection ne se manifeste que bien après la naissance. Ainsi en va-t-il du diabète sucré, au sujet duquel la science n'est apparemment point en mesure, en l'état actuel des connaissances, de faire avec certitude le départ entre affection existante à la naissance et simple prédisposition, si aucun trouble quelconque n'est apparu durant les premières semaines de. vie; l'anamnèse familiale peut certes fournir un indice, mais non pas une preuve. Le principe de l'égalité exigeant des normes, iln'est donc pas arbitraire de poser pour critère que, lorsque le diabète sucré n'a pas été constaté ni ne s'est manifesté durant les quatre premières semaines de la vie, son caractère congénitaln'est pas établi à satisfaction de droit. Ce faisant - et comme le Tribunal fédéral des assurances l'a admis déjà, du moins tacitement (p.ex. arrêt Schläpfer du 1er mai 1969, non BGE 99 V 90 S. 94 publié) -, le Conseil fédéral n'a pas outrepassé les bornes de la délégation légale. Le recours ne peut par conséquent qu'être rejeté, dans la mesure où il conclut à l'octroi de nouvelles prestations. 3. Le mandataire de la recourante fait valoir que, la décision du 8 avril 1971 ayant octroyé des prestations jusqu'au 31 janvier 1982, ces prestations ont le caractère de droit acquis. L'OIC du 20 octobre 1971 ne contient aucune disposition transitoire. Il faut donc examiner ce qu'il advient des décisions rendues sous l'empire de l'ancienne réglementation, lorsque le droit à prestations n'est plus donné selon la nouvelle réglementation. Le Tribunal fédéral des assurances a eu l'occasion déjà de procéder à cet examen; rejetant implicitement la thèse des droits acquis, il a considéré que, si ces décisions ne devenaient certes pas automatiquement obsolètes, les principes de la légalité et de l'égalité devant la loi exigeaient qu'elles fussent expressément adaptées à la réglementation nouvelle (arrêt Binggeli du 12 avril 1973 [RO 99 V 37]). Il n'existe aucun motif de s'écarter de cette jurisprudence. Vu l'impossibilité, pour l'administration, de revoir sans délai l'ensemble des décisions en cause, lors de l'entrée en vigueur de l'OIC du 20 octobre 1971, l'Office fédéral des assurances sociales a édicté des instructions propres à garantir au mieux le respect de la loi et l'égalité de traitement (Circulaire concernant les mesures médicales de réadaptation, valable dès le 1er janvier 1972, ch. 302; complétée par Bull. AI No 151, RCC 1973 p. 22). Le principe en est la limitation au 31 décembre 1974 des prestations accordées sous l'empire de l'ancienne réglementation, lorsque la réglementation nouvelle ne permet plus un tel octroi. Bien que ces instructions ne le lient pas, le Tribunal fédéral des assurances a reconnu qu'elles étaient en harmonie avec les principes généraux du droit fédéral (arrêt Binggeli précité). En l'espèce, le juge cantonal s'est tenu aux règles ainsi exposées, en prolongeant jusqu'au 31 décembre 1974, mais aussi en limitant à cette date le bénéfice des prestations précédemment accordées. Le recours ne peut par conséquent qu'être rejeté, dans la mesure également où il conclut au maintien de ces prestations au-delà du 31 décembre 1974. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours de droit administratif est rejeté.
null
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1,973
CH_BGE
CH_BGE_007
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97e23a45-0d49-489c-8133-8064325683bd
Urteilskopf 119 IV 125 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Juli 1993 i.S. F. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 63 und Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB ; Strafzumessung; Berücksichtigung der Rechtsfolgen (Widerruf der bedingten Entlassung aus dem Strafvollzug). Wird ein bedingt aus dem Strafvollzug Entlassener nach einem Rückfall innerhalb der Probezeit mit vier Monaten Gefängnis (unbedingt) bestraft, ist zu berücksichtigen, dass dies zwingend zum Widerruf der bedingten Entlassung führt. Fall eines Verurteilten, der sich seit der Tatbegehung weitgehend aufgefangen hat.
Sachverhalt ab Seite 125 BGE 119 IV 125 S. 125 Am 8. September 1992 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich F. wegen Hehlerei und Missbrauchs von Ausweisen und Schildern zu vier Monaten Gefängnis (unbedingt), abzüglich 14 Tage Untersuchungshaft. F. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. b) Die Vorinstanz verletzt Bundesrecht auch aus folgendem Grund: Sie legt dar, der Beschwerdeführer werde nicht nur die neue Strafe zu verbüssen haben, sondern unter Umständen auch mit dem Widerruf des ihm bedingt erlassenen Restdrittels der vom Obergericht BGE 119 IV 125 S. 126 im Jahre 1984 ausgefällten Strafe von dreieinhalb Jahren Zuchthaus zu rechnen haben. Damit geht sie von einer unzutreffenden rechtlichen Annahme aus. Von der Rückversetzung Umgang nehmen kann die zuständige Behörde nur dann, wenn die neue unbedingte Freiheitsstrafe drei Monate nicht übersteigt ( Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB ). Bei einer neuen Freiheitsstrafe von vier Monaten unbedingt wäre der Widerruf also zwingend. Wie das Bundesgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung dargelegt hat, dient das Strafrecht in erster Linie nicht der Vergeltung, sondern der Verbrechensverhütung. Sanktionen, die den Betroffenen aus einer günstigen Entwicklung herausreissen, sind deshalb nach Möglichkeit zu vermeiden ( BGE 118 IV 349 , 340, 336). Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) ist der Beschwerdeführer jetzt über fünfzig Jahre alt. Die Vorinstanz legt dar, er habe sich in den letzten Jahren persönlich und beruflich weitgehend aufgefangen; seine Schulden habe er, nachdem im März 1988 der Privatkonkurs über ihn eröffnet worden sei, inzwischen praktisch getilgt. Bei dieser Sachlage hätte sich die Vorinstanz damit auseinandersetzen müssen, ob eine schuldangemessene Sanktion gegeben sei, die den Resozialisierungserfolg möglichst nicht beeinträchtigt. Sie hätte berücksichtigen müssen, dass bei einer neuen unbedingten Strafe von vier Monaten Gefängnis der Widerruf des bedingt erlassenen Strafrests von 14 Monaten zwingend ist, der Beschwerdeführer - nach Abzug der erstandenen Untersuchungshaft von vierzehn Tagen - folglich insgesamt rund siebzehneinhalb Monate zu verbüssen hätte und damit aus seiner vorteilhaften Entwicklung herausgerissen würde. Sie hätte dem Umstand Rechnung tragen müssen, dass bei einer neuen Strafe von nicht mehr als drei Monaten Gefängnis die zuständige Behörde - die die persönliche und berufliche Festigung des Beschwerdeführers ebenfalls zu berücksichtigen und überdies der Warnungswirkung der neuen Strafe Rechnung zu tragen hätte - vom Widerruf des bedingt erlassenen Strafrests Umgang nehmen könnte und die neue Strafe bei einem Verzicht auf den Widerruf in Halbgefangenschaft vollzogen werden könnte ( Art. 4 VStGB 1 , Art. 1 VStGB 3 , Verordnung des Regierungsrates des Kantons Zürich über die Halbgefangenschaft vom 30. April 1986), wodurch sich eine Beeinträchtigung der beruflichen Wiedereingliederung vermeiden und die Gefahr des Rückfalls entsprechend verringern liesse. Bei der Strafzumessung sind auch die Rechtsfolgen, die sich aus einem bestimmten Strafmass ergeben, zu berücksichtigen (vgl. BGE 118 IV BGE 119 IV 125 S. 127 339 ff., wonach der Grenze von 18 Monaten für die Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei der Strafzumessung Rechnung zu tragen ist, wenn eine Freiheitsstrafe von nicht erheblich längerer Dauer in Betracht fällt und die Voraussetzungen des bedingten Vollzugs im übrigen erfüllt sind).
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1,993
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CH_BGE_006
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97e96628-790c-4704-9a21-ca8b10c69eb3
Urteilskopf 97 III 39 10. Sentenza del 19 marzo 1971 nella causa Banca del Sempione SA
Regeste Kollokationsplan und Lastenverzeichnis. Anmerkung und Haftung der Zugehör. 1. Über den Umfang der Pfandhaft hat im Verfahren nach Art. 250 SchKG nicht die Aufsichtsbehörde, sondern der Richter zu entscheiden (Erw. 1). 2. Die Anmerkung der Zugehör im Grundbuch gilt zugunsten eines jeden Pfandgläubigers, unabhängig vom Zeitpunkt der Pfandbestellung. Will das Amt für ein bestimmtes Pfandrecht die Ausdehnung der Pfandhaft auf die Zugehör verneinen, so hat es das klar und eindeutig zu erklären und dem betreffenden Gläubiger eine Spezialanzeige zuzustellen (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 40 BGE 97 III 39 S. 40 A.- Nel fallimento della ditta Reinmetall SA la Banca del Sempione notificò un credito di Fr. 216 854,20. Essa precisò ch'esso era garantito da due cartelle ipotecarie al portatore di Fr. 100 000.-- ciascuna gravanti le particelle n. 388 - 390 di Capolago, di proprietà della fallita. Il 29 gennaio 1970 l'Ufficio di esecuzione e fallimenti di Mendrisio allestì l'elenco degli oneri, che poi depositò, come parte integrante della graduatoria, il 4 febbraio successivo. In tale elenco l'ufficio indicò che gli immobili comprendevano accessori per un valore complessivo di Fr. 939 300.--. Nel punto in cui riferì il credito notificato dalla Banca del Sempione, precisando le cartelle ipotecarie che lo garantivano, l'ufficio non menzionò affatto gli accessori. Per contro, a proposito dei diritti di pegno esposti dalla Banca popolare svizzera, l'ufficio di Mendrisio indicò esplicitamente ch'essi si riferivano anche agli accessori. L'elenco degli oneri non venne impugnato, cosicché l'ufficio poté indire l'incanto degli immobili e degli accessori per il 17 giugno 1970. Gli uni e gli altri furono globalmente aggiudicati quello stesso giorno a una ditta di Lugano per il prezzo complessivo di Fr. 520 000.--. Il 5 novembre 1970 l'ufficio depositò lo stato di riparto. Dallo stesso risulta che il ricavo della vendita degli accessori venne suddiviso tra i creditori chirografari, la Banca popolare svizzera essendo già stata completamente soddisfatta con il provento della realizzazione dei fondi. La Banca del Sempione rimaneva con ciò scoperta per un importo di Fr. 58 979,70.-. B.- Mediante reclamo alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del cantone Ticino, quale autorità di vigilanza, la Banca del Sempione impugnò il suesposto stato di riparto; essa chiese che il ricavo della vendita degli accessori fosse girato a favore dei creditori pignoratizi. L'autorità di vigilanza respinse il gravame. Nella sua decisione del 9 febbraio 1971 essa rileva che lo stato di riparto viene allestito sulla base della graduatoria, la quale è in concreto divenuta definitiva, in assenza di un'impugnazione valida. La precedente istanza si chiede invero se l'avvenuta mancata menzione degli accessori a proposito del credito della reclamante BGE 97 III 39 S. 41 bastasse ad escluderli dalle garanzie a suo favore. A tale domanda essa ritiene di rispondere affermativamente, l'art. 60 cpv. 3 RUF disponendo che la graduatoria deve indicare esattamente, per ogni pretesa di pegno, l'oggetto cui esso si riferisce. C.- La Banca del Sempione impugna questa decisione mediante un tempestivo ricorso al Tribunale federale. Essa chiede l'annullamento del giudizio e l'assegnazione a suo favore del ricavo della vendita degli accessori. Dei motivi addotti a sostegno del gravame si dirà, ove occorra, nei considerandi. Erwägungen Considerando in diritto: 1. La ricorrente non contesta che la graduatoria e l'elenco degli oneri siano cresciuti in giudicato. Essa adduce. tuttavia che tale circostanza non si oppone affatto alla ripartizione del ricavo da lei postulata. Occorre dunque esaminare quale modo di riparto corrisponde alla graduatoria allestita dall'ufficio: come si desume esplicitamente dall'art. 88 RUF, la soluzione di tale quesito rientra nelle competenze dell'autorità di vigilanza. Invece, quest'ultima autorità non è competente a statuire sull'estensione del pegno come tale, tale quesito potendo essere deciso solo dal giudice nella procedura dell'art. 250 LEF (RU 40 III 322, 55 III 42). 2. Giusta l'art. 805 cpv. 1 CC, la garanzia del pegno immobiliare si estende automaticamente agli accessori del fondo. Sono ritenuti accessori gli oggetti che nell'atto costitutivo del pegno e nel registro fondiario sono menzionati come tali, così le macchine o la mobilia di un albergo, finché non sia dimostrato che per disposizione di legge non può esser loro attribuita questa qualità (art. 805 cpv. 2 CC). Quando gli accessori si aggiungono al fondo dopo la costituzione di un pegno immobiliare, quest'ultimo beneficia anche della loro garanzia: ne consegue che la menzione di accessori contenuta nel registro fondiario vale a favore di ciascun creditore pignoratizio, indipendentemente dalla data di costituzione del pegno. Una eccezione sussiste solo per il caso in cui l'estensione del diritto di pegno agli accessori sia esplicitamente esclusa per determinati crediti, e questa esclusione sia annotata tanto nel registro fondiario quanto sul titolo (LEEMANN, N. 62 e 49 all'art. 805 CC; MEIER-HAYOZ, N. 47 e 48 agli art. 644 e 645 CC). Nella fattispecie, nessun elemento par la nel senso di una siffatta esclusione, che non risulta essere stata convenuta, e che comunque non figura BGE 97 III 39 S. 42 annotata nel registro fondiario. Pertanto, dal profilo del diritto materiale, l'ufficio avrebbe dovuto considerare, all'atto di allestire la graduatoria, che il diritto di pegno notificato dalla ricorrente si estendeva anche agli accessori del fondo, indipendentemente dal fatto che la stessa li avesse o meno menzionati nella sua notificazione (art. 246 LEF). L'ufficio di esecuzione e fallimenti di Mendrisio non è partito da questa considerazione, e nel punto della graduatoria, rispettivamente dell'elenco degli oneri, riferentesi al diritto di pegno della ricorrente, non ha menzionato gli accessori e la loro inclusione nelle garanzie. Secondo la giurisprudenza, la graduatoria non contestata entro il termine (art. 250 LEF) acquista forza di cosa giudicata e non potrebbe essere più tardi corretta per un errore scoperto posteriormente (RU 87 III 84, 88 III 132). Pertanto, un creditore pignoratizio che intenda contestare il collocamento del suo credito nella graduatoria o l'estensione della garanzia deve farlo entro il termine legale (v. RU 86 III 74), se non vuole più tardi vedersi opporre l'eccezione di cosa giudicata. Perchè la graduatoria, almeno per quel che riguarda l'estensione del diritto di pegno, possa crescere in giudicato, occorre tuttavia che essa racchiuda al riguardo una vera e propria decisione dell'ufficio (RU 55 III 42 e seg., 58 III 140 e seg., 86 III 74). Questo requisito non è adempiuto in concreto. Contrariamente all'opinione della precedente istanza, l'elenco degli oneri, parte integrante della graduatoria, manca della necessaria chiarezza. L'ufficio di Mendrisio avrebbe dovuto, anche senza una speciale richiesta della ricorrente, indicare esattamente se riconosceva che il diritto di pegno a favore della stessa si estendesse pure agli accessori, o se invece negava questa estensione (v. art. 246 LEF, 125 RFF, 60 cpv. 3 RUF; cfr. pure, per quel che riguarda quest'ultima norma, RU 40 III 322 e seg). Certo, a proposito del pegno professato dalla Banca popolare svizzera, l'ufficio ha esplicitamente precisato ch'esso si riferiva pure agli accessori, mentre una siffatta menzione manca per quel che riguarda il diritto di pegno della ricorrente: ma tale circostanza non basta a dare il carattere di decisione alla determinazione dell'ufficio. Se esso voleva negare, per quel che riguarda il diritto di pegno della ricorrente, l'estensione della garanzia agli accessori del fondo, doveva dirlo in modo chiaro ed univoco, dandone speciale avviso alla creditrice interessata (art. 249 cpv. BGE 97 III 39 S. 43 3 LEF, art. 68 RUF). Invece, l'elenco degli oneri allestito dall'ufficio di Mendrisio appare a tale riguardo non solo poco chiaro, ma addirittura equivoco e ingannevole. Nella speciale rubrica intitolata "Altri oneri", l'esistenza di accessori è indicata senza alcuna limitazione della loro garanzia: in particolare, non è precisato che della stessa avrebbe beneficiato solo un creditore ipotecario, ad esclusione degli altri. La ricorrente poteva quindi dedurre che l'ufficio ammetteva l'estensione della garanzia sugli accessori per tutti i crediti ipotecari notificati e riconosciuti, in particolare per il suo (conclusione in senso contrario in RU 58 III 140). L'ufficio di esecuzione e fallimenti di Mendrisio dovrà pertanto completare la graduatoria, rispettivamente l'elenco degli oneri, e depositarli ancora una volta pubblicamente (v. RU 55 III 39 e seg.). Nell'ambito di tale procedura, gli incomberà di prendere una chiara decisione sull'estensione della garanzia agli accessori, e precisare esplicitamente se intende riconoscerla a favore della ricorrente. A seconda della sua decisione, la ricorrente o i titolari dei crediti chirografari potranno allora adire, se del caso, il giudice. Dispositiv La Camera di esecuzione e dei fallimenti pronuncia: Il ricorso è parzialmente accolto nel senso dei considerandi e la decisione impugnata è annullata.
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Urteilskopf 136 II 149 15. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Spielbankenkommission gegen Spielbank X. AG (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_123/2009 vom 1. Oktober 2009
Regeste Art. 106 Abs. 3 BV ; Art. 3, 27, 28 Abs. 2, Art. 40 und 41 Abs. 1 SBG ; Art. 77 und 78 VSBG ; Art. 32 GSV ; Berechnung der Spielbankenabgabe bei Checkbetrug und Automatenmanipulation. Rechtsgrundlagen der Spielbankenabgabe (E. 2). Verletzt die Betreiberin eines Casinos aufsichtsrechtliche Sorgfaltspflichten im Umgang mit Checks, ist ihr Bruttospielertrag zu berechnen, wie wenn das Spiel und der Geldeintausch rechtens erfolgt wären (E. 3-6). Der Bund muss sich als Konzedent das mit dem unmittelbaren Spielbetrieb an Apparaten verbundene Risiko rechtswidrigen Handelns Dritter abgaberechtlich anrechnen lassen, falls der Spielbankenbetreiber seinen aufsichtsrechtlichen Vorgaben nachgekommen ist und er den Geldwert der entsprechenden Einsätze nachträglich nicht anderweitig erhältlich machen kann; "normale" apparateinhärente Risiken gehen zulasten des Konzessionärs (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 136 II 149 S. 150 Die Spielbank X. AG wurde im September 2007 Opfer eines Checkbetrugs: Ein französischer Spieler löste bei ihr drei gefälschte Bankchecks über je EUR 400'000.- (Fr. 1'932'000.-) ein; nach dem Spiel liess er sich Fr. 247'525.- in bar und Fr. 344'000.- per Check (EUR 213'600.-) auszahlen. Im Dezember 2007 gelang es verschiedenen Tätern zudem, sich mit einem elektronischen Gerät an gewissen Geldspielautomaten "Credits", d.h. Spielmittel, ohne Einwurf von Geldstücken zu verschaffen und hernach gewisse Auszahlungen zu erwirken. Im Zusammenhang mit diesen Vorkommnissen ersuchte die Spielbank X. AG die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK), den für die Berechnung der Spielbankenabgabe relevanten Bruttospielertrag (im Weiteren auch: BSE) um Fr.1'302'375.- (Checkbetrug) bzw. Fr. 15'749.- (Automatenmanipulation) zu reduzieren. Es sei bei den entsprechenden Spielen zu keinem werthaltigen Einsatz BGE 136 II 149 S. 151 gekommen, weshalb der Bruttospielertrag angepasst werden müsse. Die ESBK wies die Begehren am 4. Juli 2008 ab und setzte die Spielbankenabgabe auf insgesamt Fr. 62'126'511.91 fest; sie bezifferte den nach den Akontozahlungen noch zu leistenden Betrag auf Fr. 1'054'498.91. Die ESBK begründete ihren Entscheid im Wesentlichen damit, dass steuertechnisch der Spielvorgang (als Verbrauch) erfasst werde und nicht das wirklich vereinnahmte Entgelt. Der Umtausch von Geld in Jetons sei "eine Art Devisentausch", der nicht zum Spielvertrag gehöre; Erfüllungsprobleme bei diesem seien für das Spiel irrelevant, weshalb die Einsätze der Spielbankenabgabe unterstünden. Die Spielenden hätten mit gültigen Jetons bzw. Credits gesetzt und gewonnen oder verloren. Der Spielvertrag könne seiner Natur wegen nicht rückabgewickelt werden, doch bestünden für die Spielbank schadenersatz- bzw. bereicherungsrechtliche Ersatzansprüche, die allenfalls erfolgreich durchgesetzt werden könnten. Das Bundesverwaltungsgericht hob am 12. Januar 2009 die Verfügung der ESBK auf und wies die Sache mit der Begründung "zur neuen Beurteilung" an die Vorinstanz zurück, dass sich weder dem historischen Willen des Gesetzgebers noch der Spielbankengesetzgebung entnehmen lasse, dass die Spielbanken nicht nur das Ausfallrisiko unrechtmässig ausbezahlter Gewinne zu tragen hätten, sondern darüber hinaus auch Abgaben auf deliktisch oder zumindest rechtswidrig generierten Spielumsätzen entrichten müssten, denen kein realer vermögensrechtlicher Einsatz gegenüberstehe. Der Begriff "Bruttospielertrag" setze voraus, dass der Spieler einen der Spielbank real zufliessenden geldwerten Spieleinsatz leiste, was hier nicht der Fall gewesen sei, weshalb die umstrittenen Beträge nicht zum Bruttospielertrag hätten gerechnet werden dürfen. Das Bundesgericht heisst die von der Eidgenössischen Spielbankenkommission hiergegen eingereichte Beschwerde teilweise gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und weist die Sache zur Neuveranlagung der Spielbankenabgabe 2007 im Sinne der Erwägungen an die Eidgenössische Spielbankenkommission zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Nachdem in der Volksabstimmung vom März 1993 das verfassungsrechtliche Spielbankenverbot aufgehoben worden ist, erhebt der Bund seit April 2000 eine "ertragsabhängige BGE 136 II 149 S. 152 Spielbankenabgabe". Diese darf 80 Prozent der "Bruttospielerträge" aus dem Betrieb der Spielbanken nicht übersteigen und ist zur Deckung des Bundesbeitrags an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung bestimmt ( Art. 106 Abs. 3 BV ). Als Bruttospielertrag gilt die Differenz zwischen den "Spieleinsätzen und den ausbezahlten Spielgewinnen" (Art. 40 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1998 über Glückspiele und Spielbanken [SBG; SR 935.52]). Der Bundesrat legt den Abgabesatz so fest, dass "nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen geführte Spielbanken eine angemessene Rendite auf dem investierten Kapital erzielen können" ( Art. 41 Abs. 1 SBG ). Er kann für die beiden Kategorien von Spielbanken (Casino A und B) "unterschiedliche Abgabesätze festlegen und diese progressiv gestalten" ( Art. 41 Abs. 2 SBG ). Der Abgabesatz beträgt mindestens 40 und höchstens 80 Prozent ( Art. 41 Abs. 3 SBG ). Im Übrigen sieht das Spielbankengesetz gewisse - hier nicht relevante - Ermässigungsmöglichkeiten vor ( Art. 42 und 43 SBG ). Der Basisabgabesatz beträgt für A-Casinos (Grand Casinos) 40 % bis 20 Mio. Fr. Bruttospielertrag bzw. für B-Casinos 40 % bis 10 Mio. Fr. Bruttospielertrag. Für jede weitere Million steigt der Satz jeweils um 0,5 % bis zum Höchstsatz von 80 % ( Art. 82 und 83 der Verordnung vom 24. April 2004 über Glücksspiele und Spielbanken [Spielbankenverordnung, VSBG; SR 935.521] ). Im Jahr 2008 erreichte der Bruttospielertrag der Schweizer Casinos 991,9 Mio. Fr. Die Spielbankenabgabe betrug insgesamt rund 517 Mio. Fr., wovon 437 Mio. Fr. an die AHV flossen und 80 Mio. Fr. an die Kantone gingen. Der ROA ("Return on assets") der A-Spielbanken betrug Ende 2006 rund 13 % bei einem Durchschnitt aller Branchen von 5 %; im Jahre 2007 erhöhte er sich auf über 17 % (Angaben gemäss Antwort des Bundesrats vom 20. Mai 2009 auf die Interpellation 09.3163). Die Veranlagung und der Bezug der Abgabe ist Sache der Spielbankenkommission ( Art. 44 Abs. 1 SBG ). 2.2 Der Bruttospielertrag als Steuerobjekt ( Art. 77 VSBG ) ist die Differenz zwischen den Spieleinsätzen und den von der Spielbank rechtmässig ausbezahlten Gewinnen ( Art. 78 Abs. 1 VSBG ). Als rechtmässig gilt ein Gewinn, der unter Einhaltung der Spielregeln, der technischen Vorschriften und der Gewinntabellen erzielt wurde ( Art. 78 Abs. 2 VSBG ). Die von der Spielbank bei Tischspielen erhobenen Kommissionen ("droits de table") bilden Bestandteil des Bruttospielertrags; nicht dazu gehören der "Tronc" (gemeinsame Trinkgelder; Art. 78 Abs. 3 und 4 VSBG ) und allfällige BGE 136 II 149 S. 153 Eintrittsgelder. Gibt eine Spielbank zu Werbezwecken Spielmarken gratis ab oder ermöglicht sie durch andere Mittel die unentgeltliche Teilnahme an Glücksspielen, so unterbreitet sie der Kommission ein Verfahren zur Aussonderung dieser Einsätze vom Bruttospielertrag; die Spielbankenkommission legt die Bedingungen der Gratisabgabe fest. Die unentgeltliche Teilnahme darf nicht mit einem Eintrittspreis verbunden werden ( Art. 81 VSBG ). 2.3 Die Spielbankenkommission hat weitere Details zum Abrechnungs- und Meldeverfahren in sog. "Mitteilungen" präzisiert: 2.3.1 Die Mitteilung Nr. 5 vom 25. September 2003, welche bei der Berechnung der Spielbankenabgabe 2007 noch gültig war, sieht vor, dass die ESBK für die Ermittlung des Bruttospielertrags der Glücksspielautomaten auf die elektronischen und die elektromechanischen Zähler sowie auf die Daten des Elektronischen Abrechnungs- und Kontrollsystems abstellt (EAKS; vgl. hierzu Art. 23 ff. VSBG und Art. 8 ff. der Verordnung des EJPD vom 24. September 2004 über Überwachungssysteme und Glücksspiele [Glücksspielverordnung, GSV; SR 935.521.21] ). Die EAKS-Daten müssen durch jene der elektronischen sowie elektromechanischen Zähler plausibilisiert werden können und sind bei Abweichungen zwischen den einzelnen Datenquellen auszuweisen. Bestehen keine Abweichungen oder betragen sie pro Automaten weniger als 0,2 % zu jenen des EAKS, so sind dessen Daten für die Bruttoertragsbestimmung massgebend. Erachtet eine Spielbank einen anderen Bruttospielertrag für relevant als den mittels des EAKS oder der Zähler belegten, muss sie beweisen, dass der aufgrund der anderen Basis berechnete Bruttospielertrag der Realität entspricht (Ziff. 3.3.). 2.3.2 Als vom Bruttospielertrag abziehbare Gewinne im Sinne des Gesetzes gelten nur Auszahlungen, die rechtmässig zustande gekommen sind und korrekt geleistet wurden. Vorteile, die den Spielgästen aufgrund eines Bonussystems zugestanden werden, gelten nicht als Spielgewinne (Ziff. 3.4). Werden bei Tischspielen "auf Grund von Spielbetrug oder Fehlern der Croupiers oder Dealer unrechtmässige Gewinne ausbezahlt, werden diese in der Regel wie rechtmässig zustande gekommene Gewinne behandelt (d.h. sie müssen nicht zum Bruttospielertrag addiert werden), sofern die Gelder trotz zumutbarer Anstrengungen der Spielbank nicht zurückerstattet wurden und die Spielbank über angemessene interne Prozeduren verfügt, um solche Ereignisse zu verhindern"; die entsprechenden Auszahlungen BGE 136 II 149 S. 154 sind in der Monatsabrechnung separat aufzuführen und zu dokumentieren (Ziff. 3.4.1). Gewinnauszahlungen, welche aufgrund einer Fehlfunktion (z.B. fehlerhafte Programmierung eines Glücksspielautomaten oder eines Jackpotsystems) erfolgen, sind keine Gewinne im Sinne des Gesetzes. Dasselbe gilt für Auszahlungen, die getätigt werden, obwohl gemäss den Spielregeln, Auszahlungstabellen und technischen Vorgaben kein Gewinn vorlag oder sich dieser nicht nachweisen lässt; entsprechende Auszahlungen können daher "in der Regel" nicht vom Bruttospielertrag abgezogen werden (Ziff. 3.4.2). 2.3.3 Die Mitteilung Nr. 5 ist mit der Mitteilung Nr. 6 vom 6. Dezember 2007 auf den 1. Januar 2008 aufgehoben worden. Diese kennt nur noch Regeln über die Berechnung des BSE bei Gratisspielmarken (Ziff. 6) und bei Sachgewinnen (Ziff. 7). 3. Umstritten ist die Frage, ob und allenfalls wie Erträge aus Spielen, denen ein rechtswidriges Verhalten bei der Beschaffung der Spieleinsätze zugrunde liegt, im Rahmen der Ermittlung des Bruttospielertrags zu berücksichtigen sind. Die Problematik ist im Gesetz nicht geregelt; die Lösung muss deshalb auslegungsweise ermittelt werden. Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, so muss nach der wahren Tragweite der Bestimmung gesucht werden, wobei alle Auslegungselemente zu berücksichtigen sind (Methodenpluralismus). Dabei kommt es namentlich auf den Zweck der Regelung, die dem Text zugrundeliegenden Wertungen sowie auf den Sinnzusammenhang an, in dem die Norm steht. Die Gesetzesmaterialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, den Sinn der Norm zu erkennen ( BGE 131 II 562 E. 3.5; BGE 129 II 114 E. 3.1 mit Hinweis). Vom Wortlaut darf abgewichen werden, wenn triftige Gründe für die Annahme bestehen, dass dieser nicht den wahren Sinn der Regelung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus Sinn und Zweck der Norm oder aus ihrem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben. Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten entspricht ( BGE 131 II 562 E. 3.5 S. 567 mit Hinweisen). 4. 4.1 Nach Art. 106 Abs. 3 BV bzw. Art. 40 SBG erhebt der Bund auf den Bruttospielerträgen eine Spielbankenabgabe. Der Bruttospielertrag berechnet sich aus der Differenz zwischen den Spieleinsätzen BGE 136 II 149 S. 155 und den ausbezahlten Spielgewinnen. Als Ertrag gilt gemeinhin etwas Erwirtschaftetes oder Erreichtes (etwa ein Gewinn). Zwar deutet der Wortlaut von Art. 40 Abs. 2 SBG ("Bruttospiel ertrag ") damit, wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, auf die Notwendigkeit einer gewissen Werthaltigkeit hin, doch steht diese Interpretation im Widerspruch zur Rechtsnatur der geschuldeten Abgabe: Diese gilt als zweckgebundene Sondersteuer bzw. als Sonderleistung mit dem Charakter einer Monopolabgabe (VEIT/LEHNE, in: Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, Ehrenzeller und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2008, N. 12 ff. zu Art. 106 BV ;GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 9 zu Art. 106 BV ). Steuerrechtlich wird sie teilweise zu den Wirtschaftsverkehrssteuern gezählt. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass als Steuergut (teilweise auch als "Steuerobjekt" bezeichnet) die Handlung gilt, die vom Gesetz definiert ist, d.h. es wird damit ein bestimmter Vorgang des Verkehrs ohne Rücksicht auf dessen wirtschaftliche Bedeutung erfasst (vgl.BLUMENSTEIN/LOCHER, System des schweizerischen Steuerrechts, 6. Aufl. 2002, S. 207; FISCHER/WALKER/PIFKO, Das schweizerische Steuersystem, 4. Aufl. 2008, S. 122). Zur Berechnung dient in diesen Fällen die Steuerberechnungsgrundlage (vgl. HÖHN/WALDBURGER, Steuerrecht, Bd. 1, 9. Aufl. 2001, S. 50 f.; DERKSEN UND ANDERE, Steuerrecht 1, Indirekte Steuern des Bundes, 2. Aufl. 2002, S. 21). Aus dem Begriff "Bruttosteuer ertrag " lässt sich zur hier umstrittenen Frage deshalb nichts Definitives ableiten: Bei den Wirtschaftsverkehrssteuern trägt der Steuer- bzw. Abgabeschuldner das mit dem besteuerten Vorgang verbundene wirtschaftliche Risiko, falls keine Sonderregeln bestehen. So schuldet der Importeur von Branntwein die Alkohol-Monopolgebühr selbst dann, wenn wegen einer Panne beim Abfüllen in seinem Betrieb die versteuerte Ware nicht mehr dem Verbrauch zugeführt werden kann (Urteil 2A.39/1994 vom 28. März 1996 E. 3). Wird das "Spielen mit Geld" als solches besteuert ("Steuerobjekt") und dient der Bruttospielertrag lediglich als Bemessungsgrundlage, trägt an sich der Betreiber sämtliche damit verbundenen Risiken, auch jene, die ihm aus dem Wechseln von Geld in Spielmittel (Jetons, Credits usw.) erwachsen, da der Vorgang des Spielens ohne Berücksichtigung der wirtschaftlichen Realitäten (Gewinn, Verlust usw.) steuerrechtlich erfasst wird. 4.2 Nach Art. 106 Abs. 3 BV und dessen Konkretisierung im Spielbankengesetz werden nicht die Unternehmenseinnahmen als solche BGE 136 II 149 S. 156 besteuert: Die "Abschöpfung" erfolgt nicht auf dem tatsächlich erzielten (Unternehmens-)Gewinn, sondern auf dem Bruttospielertrag. Die Spielbank hat nach Abzug der Spielbankenabgabe aus diesem ihre Kosten und Aufwendungen zu decken. Der verbleibende Gewinn unterliegt der ordentlichen Unternehmensgewinnsteuer (Botschaft vom 26. Februar 1997 zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbanken, in: BBl 1997 III 145 ff. Ziff. 11 S. 149). Die Spielbankenabgabe ist mit anderen Worten unabhängig davon geschuldet, ob der Konzessionär einen Gewinn erzielt oder nicht; sie wird zusätzlich zu den andern Steuern erhoben. Hingegen sind die entsprechenden Umsätze von der Mehrwertsteuer befreit (vgl. Art. 18 Ziff. 23 des Bundesgesetzes vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer [MWSTG; SR 641.21] ). Ziel der Aufhebung des Spielbankenverbots war es, die Bundesfinanzen zu sanieren; die Spielumsätze sollten nicht mehr im Ausland anfallen, sondern dem eigenen Fiskus zugutekommen. Der Verfassungs- bzw. Gesetzgeber wollte dabei aus sozialpräventiven und moralischen Gründen verhindern, dass den Spielbankenbetreibern ein übermässiger Gewinn aus dem (umstrittenen) Spielbetrieb zufliesst; gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass es zu keiner übertriebenen, die wirtschaftliche Existenz der Betreiber gefährdenden Ertragsabschöpfung kommt (vgl. PAUL RICHLI, in: Kommentar der Bundesverfassung, 1995, N. 5 und 25 zu Art. 35 aBV ). 4.3 Die Spielbankenabgabe will der privaten Bereicherung aus dem Glücksspiel Grenzen setzen und die abgeschöpften Gelder für gemeinnützige Zwecke verwenden (vgl. Art. 106 Abs. 3 BV und Art. 42 Abs. 1 SBG ), soweit sie nicht nach den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit dem Unternehmen selbst zu belassen sind, damit dieses auf eine angemessene Rendite kommt (vgl. DIEGMANN/HOFFMANN/OHLMANN, Praxishandbuch für das gesamte Spielrecht, Stuttgart 2008, N. 201). Der Bundesrat hielt in seiner Botschaft fest, dass er Betriebe anstrebe, deren wirtschaftliches Überleben bei guter Geschäftsführung und trotz hoher Besteuerung des Bruttospielertrages gewährleistet bleibe (BBl 1997 III 145 Ziff. 153.7); der Bruttospielertrag bilde das "Substrat der Spielbankenabgabe". Damit ist zwar wiederum nichts Abschliessendes darüber ausgesagt, wie der Bruttospielertrag zu bestimmen und was bei seiner Ermittlung im Rahmen von Art. 40 Abs. 2 SBG als "Spieleinsatz" bzw. ausbezahlter "Spielgewinn" zu berücksichtigen ist. Gestützt auf die Materialien, die Rechtsnatur der Steuer und den Sinn und Zweck der Spielbankenabgabe BGE 136 II 149 S. 157 ist aber davon auszugehen, dass nicht in erster Linie ein allfälliger Gewinn bzw. Ertrag Steuerobjekt der Abgabe bildet, sondern der Spielvorgang als solcher - dies jedoch nur im Rahmen der aufsichtsrechtlich vorgegebenen Regeln und einer "guten Geschäftsführung". 5. Zum gleichen Resultat führt die Berücksichtigung des Legalitätsprinzips im Abgaberecht (verfassungskonforme Auslegung) und der Zusammenhang von Art. 40 SBG mit den anderen Bestimmungen des Spielbankenrechts (systematische Auslegung): 5.1 Nach dem Legalitätsprinzip müssen Abgaben in rechtssatzmässiger Form festgelegt sein, so dass den rechtsanwendenden Behörden kein übermässiger Spielraum verbleibt und die möglichen Abgabepflichten voraussehbar und rechtsgleich sind (vgl. Art. 164 Abs. 1 lit. d und Art. 127 Abs. 1 BV ). Delegiert das Gesetz die Kompetenz zur rechtssatzmässigen Festlegung einer Abgabe an den Verordnungsgeber, muss es zumindest den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand und die Bemessungsgrundlagen der Besteuerung selber festlegen ( BGE 132 II 371 E. 2.1 S. 374; BGE 131 II 735 E. 3.2 S. 739 mit Hinweisen). Zwar hat der Gesetzgeber den Kreis der Abgabepflichtigen bei der Spielbankenabgabe selber umschrieben und den Gegenstand sowie die Bemessungsgrundlage bezeichnet, er hat aber die Frage offengelassen, ob er den Begriff des Spieleinsatzes rein abstrakt verstehen oder ob er die Einhaltung der Spielregeln - inklusive eines rechtmässigen, werthaltigen Einsatzes - voraussetzen will. Der Bundesrat als Verordnungsgeber (vgl. Art. 41 und 44 SBG ) hat sich für die zweite bei der Berechnung des Bruttospielertrags wesentliche Grösse - die ausbezahlten Spielgewinne - in diesem Sinn entschieden: Nach Art. 78 Abs. 2 VSBG gilt ein Gewinn nur als rechtmässig, wenn er "unter Einhaltung der Spielregeln, der technischen Vorschriften und der Gewinntabellen erzielt wurde" ( Art. 78 Abs. 2 VSBG ). Können bei der Berechnung des Bruttospielertrags somit nur rechtmässig erzielte und ausbezahlte Gewinne abgezogen werden, wäre es widersprüchlich - ohne abweichende gesetzliche Grundlage - sämtliche illegal erlangten, nicht werthaltigen Spieleinsätze als abgaberelevant zu erachten. Es ist davon auszugehen, dass der Bundesrat die Frage bei den Spieleinsätzen nicht zu Ungunsten der Casinobetreiber anders handhaben wollte als bei den Spielgewinnen. Vorbehältlich einer echten Gesetzeslücke sollen nicht durch eine extensive Auslegung bestehender Rechtsgrundlagen neue Steuerpflichten, neue Steuerregeln oder Steuertatbestände geschaffen werden; die in Art. 40 BGE 136 II 149 S. 158 Abs. 2 SBG gewählten Begriffe der "Spieleinsätze" und der "ausbezahlten Spielgewinne" sind bezüglich ihrer Rechtmässigkeit deshalb analog zu verstehen (vgl. auch BGE 131 II 562 E. 3.4 ff. mit Hinweisen [Annualisierung der Spielbankenabgabe]). 5.2 Auch die Gesetzessystematik spricht hierfür: Das Spielbankengesetz will einen sicheren und transparenten Spielbetrieb gewährleisten. Kriminalität und Geldwäscherei in oder durch Spielbanken sollen verhindert werden; zudem bezweckt das Gesetz, den sozialschädlichen Auswirkungen des Spielbetriebs vorzubeugen ( Art. 2 Abs. 1 SBG ). Nur im Rahmen dieser Zweckbestimmungen will das Gesetz dem Bund und den Kantonen Einnahmen verschaffen ( Art. 2 Abs. 2 SBG ). Mit dieser Zielsetzung ist es unvereinbar, bei der Berechnung der Spielbankenabgabe zwar die aufsichtsrechtliche Rechtmässigkeit der Auszahlungen (Gewinne) beim Bruttospielertrag zu berücksichtigen, indessen nicht auch jene der Spieleinsätze. Solange sich die Konzessionäre an ihre spielbankenrechtlichen Sorgfaltspflichten halten, soll der Staat sich nicht an einem rechtswidrigen Handeln (Betrug, Diebstahl usw.) von Spielern bereichern, selbst wenn es sich bei der Spielbankenabgabe um eine besondere Form einer Wirtschaftsverkehrssteuer handelt. Nach Art. 3 Abs. 1 SBG sind Glücksspiele Spiele, bei denen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn oder ein anderer geldwerter Vorteil in Aussicht steht, der ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dabei ist abgaberechtlich davon auszugehen, dass ein Einsatz in diesem Sinne nur vorliegt, wenn er bei der spielbankenrechtlich gebotenen Sorgfalt des Casinos als werthaltig gelten konnte oder zivilrechtlich als werthaltig gelten musste (Gutglaubensschutz [indossierter Check, Eigentumsvermutung des Besitzers von Chips usw.]). Der Staat, der bis zu 80 % des Bruttoertrags abschöpft, hat das Geschäftsrisiko der Spielbankenbetreiber mitzutragen, soweit diese ihren gesetzlichen bzw. konzessionsrechtlichen Sorgfaltspflichten nachgekommen sind; hingegen besteht kein Anlass, diese von der Abgabe zu befreien, wenn sie bei der gebotenen Sorgfalt den von ihnen geltend gemachten Ausfall auf dem Bruttospielertrag hätten verhindern können - in diesem Fall hat der Veranstalter letztlich selber die Durchführung des Spiels mit dem nicht werthaltigen Einsatz zu verantworten. 5.3 Sinngemäss ist auch die ESBK in ihrer Weisung Nr. 5 bisher bei den Tischspielen von einer ähnlichen - hinsichtlich der Rechtmässigkeit - relativierten Praxis ausgegangen. In Ziff. 3.4.1 hielt sie dort zu den Gewinnauszahlungen fest: "Wurden bei den Tischspielen auf BGE 136 II 149 S. 159 Grund von Spielbetrug oder Fehlern der Croupiers oder Dealer unrechtmässige Gewinne ausbezahlt, werden diese in der Regel wie rechtmässig zustande gekommene Gewinne behandelt (d.h. sie müssen nicht zum Bruttospielertrag addiert werden), sofern die Gelder trotz zumutbarer Anstrengungen der Spielbank nicht zurückerstattet wurden und die Spielbank über angemessene interne Prozeduren verfügt, um solche Ereignisse zu verhindern". Die entsprechenden Auszahlungen sind in der Monatsabrechnung separat aufzuführen und zu dokumentieren (kurze Beschreibung und evtl. Bilder des Kameraüberwachungssystems). Ähnliche Regeln gelten bei den Glücksspielautomaten und Jackpotsystemen: Danach sind Gewinnauszahlungen, welche wegen einer Fehlfunktion (z.B. fehlerhafte Programmierung) eines Glücksspielautomaten oder Jackpotsystems erfolgen, keine abziehbaren Gewinne im Sinne des Gesetzes. Dasselbe sah die ESBK für Auszahlungen vor, die getätigt wurden, obwohl gemäss den Spielregeln, Auszahlungstabellen und technischen Vorgaben kein Gewinn vorlag oder sich ein solcher nicht nachweisen liess. Diese Auszahlungen konnten daher "in der Regel nicht vom Bruttospielertrag in Abzug gebracht werden" (Ziff. 3.4.2). Die Weisung behielt aber auch in diesem Fall Ausnahmesituationen vor, was etwa dadurch zum Ausdruck kam, dass die ESBK den Spielbanken bis Ende 2007 die Möglichkeit offenliess, den Beweis zu erbringen, dass ein auf Grund einer anderen Basis als dem EAKS und den anderen Zählern berechneter Spielertrag als massgebend gelten muss (Ziff. 3.3). Entscheidend ist auch in diesem Fall die Einhaltung der aufsichtsrechtlichen Sorgfaltspflichten durch die Veranstalter. 6. 6.1 Vor diesem Hintergrund hat die ESBK hinsichtlich des Checkbetrugs das Gesuch zu Recht abgelehnt, den durch den mutmasslichen Checkbetrüger generierten Bruttospielertrag von Fr. 1'302'375.- zum Abzug zuzulassen: Anders als andere Spielbanken in der Schweiz war die Beschwerdegegnerin bereit, die von diesem in Aussicht gestellten (garantierten) Bankchecks anzunehmen. Dabei hat sie mit Blick darauf, dass es sich bei ihm um einen mutmasslichen "High Roller" (d.h. einen Spieler, der bereit war, grosse Beträge einzusetzen) handelte, offensichtlich die spielbankenrechtlich gebotene Sorgfalt vermissen lassen. Unbestrittenermassen bestanden zum Zeitpunkt des Vorfalls im Quality-Management-Handbuch keine Weisungen hinsichtlich der Entgegennahme von Checks, da bisher offenbar keine solchen angenommen worden waren und hier - wegen der Grösse BGE 136 II 149 S. 160 der vom Betrüger in Aussicht gestellten Spielsumme - eine Ausnahme gemacht werden sollte, was ein besonders sorgfältiges Vorgehen geboten hätte. Zwar wurden bei einem anderen Casino, wo der Spieler bekannt war, Abklärungen zu seinem bisherigen Spielverhalten gemacht, hingegen unterblieben "weitergehende, alternative und umfassendere Abklärungen bezüglich möglicher Hinweise auf einen gefälschten Bankcheck" (vgl. PriceWaterhouseCoopers, Bericht vom 7. Dezember 2007 an den Verwaltungsrat über den Betrugsfall vom 7. und 8. September 2007, S. 6 und 10 sowie Anhang A). Die internen Abläufe waren ungenügend geregelt, und die Wahrnehmung der aufsichtsrechtlichen Pflichten im Einzelfall erwies sich als unzweckmässig: Die Leiterin Buchhaltung und Wertverarbeitung empfahl die Entgegennahme der Checks, ohne sie selber gesehen oder sichergestellt zu haben, dass sie tatsächlich durch die Ausstellerbank (unwiderruflich) gedeckt waren; nach ihrer eigenen Aussage sei sie sich des Umstands, dass es sich um gefälschte Bankchecks hätte handeln können, "zu wenig bewusst" gewesen. 6.2 Die Entgegennahme der Checks lief unter diesen Umständen im Resultat auf die Einräumung eines Spielkredits hinaus, was nach Art. 27 SBG verboten ist. Bereits ein Blick auf die Checkpapiere hätte genügt, um Zweifel daran aufkommen zu lassen, ob es sich dabei tatsächlich um Bankchecks handeln konnte: Allein das entsprechende Wort war mitten auf dem Check aufgedruckt, ansonsten wurde in keiner Weise auf eine allfällige Garantie oder die Natur als Bankcheck hingewiesen; im Übrigen glichen die Papiere Kundenchecks, wie sie in "Check"-Ländern, wie etwa den USA und Frankreich, praktisch jedem Kontobesitzer ohne Bankgarantie abgegeben werden (vgl. EMCH/RENZ/ARPAGAUS, Das schweizerische Bankgeschäft, 6. Aufl. 2004, N. 2347 ff.). Auf dem Check fanden sich zwei unleserliche Unterschriften, wobei kein Hinweis darauf bestand, wer zu wessen Gunsten den Check ausstellte bzw. garantierte. Bei dieser Ausgangslage waren weitere Abklärungen spielbankenaufsichtsrechtlich unabdingbar. Waren solche nicht (mehr) möglich, musste auf die Einlösung der Checks verzichtet werden, auch wenn der Beschwerdegegnerin (und damit indirekt auch dem Bund) allenfalls ein lukratives Geschäft hätte entgehen können. Es besteht keine Veranlassung, die entsprechenden Spieleinsätze bei der Ermittlung des Bruttospielertrags nicht zu berücksichtigen, nachdem die Beschwerdegegnerin das damit verbundene Risiko unter Verletzung ihrer aufsichtsrechtlichen Sorgfaltspflichten eingegangen ist (vgl. zu den BGE 136 II 149 S. 161 Sorgfaltspflichten im Umgang mit Checks: BGE 121 III 69 E. 3c S. 72; Urteil 6S.928/1999 vom 28. Januar 2000 mit Hinweisen auf die Doktrin). Zwar erfolgte der Erwerb der Spieljetons, die in der Folge den Geldwert verkörperten, rechtlich nicht korrekt (vgl. Art. 1103 Abs. 1OR) und wurden diese - wie die Checks - vom Täuschenden selber beim Spiel eingesetzt (kein Gutglaubensschutz eines Dritten), doch kann nicht gesagt werden, dass die Spielbank über eine angemessene interne Prozedur verfügt hätte, um ein entsprechendes Ereignis zu verhindern. Nur soweit dies der Fall ist, rechtfertigt es sich, das systeminhärente Risiko bei der Festsetzung der Spielbankenabgabe abgaberechtlich zu berücksichtigen und das entsprechende nicht oder nur beschränkt werthaltige Spielaufkommen nicht abzuschöpfen. 6.3 Da die Betreiberin spielbankenrechtlich elementare Sorgfaltspflichten verletzt hat, ist der Bruttospielertrag zu berechnen, wie wenn das Spiel und der Geldeintausch rechtens erfolgt wären. Damit braucht nicht mehr geprüft zu werden, ob und wann zivilrechtlich der Spielvertrag als zustandegekommen zu gelten hat und ob der Umtausch des Geldes - wovon die Vorinstanz ausgegangen ist - einen wesentlichen Bestandteil des Spielvertrags in einem Casino bildet. Immerhin zwingt das öffentliche Recht Spieler und Bank dazu, bei Tischspielen nicht mit Geld, sondern mit Jetons oder mit Plaques zu spielen ( Art. 25 SBG ), womit ohne den entsprechenden Eintausch nicht gespielt werden kann und es damit auch zu keinem Spielvertrag kommt. Es erübrigt sich auch, darauf einzugehen, ob und allenfalls wie der Spielvertrag zivilrechtlich rückabzuwickeln wäre; auch kann dahingestellt bleiben, ob bereits in der Schadenersatz- bzw. in der Bereicherungsforderung gegen den Täuschenden - wie die ESBK einwendet - eine geldwerte Leistung bzw. ein Einsatz im Sinn von Art. 3 Abs. 1 SBG zu sehen ist (vgl. DETLEF KOCH, Gewinnspiele im Steuerrecht, Hamburg 2006, S. 25 f.). Hiergegen dürfte Art. 27 SBG sprechen, welcher der Spielbank verbietet, Darlehen oder Vorschüsse zu gewähren, und sie damit implizit anhält, andere Zahlungsmittel und -wege anlässlich der Abgabe der Spielmittel (Geldersatz) auf die Werthaltigkeit hin zu prüfen. 6.4 Das Bundesverwaltungsgericht hat im Zusammenhang mit dem Checkbetrug eine Sorgfaltspflichtverletzung der Beschwerdegegnerin verneint. Seine Sichtweise kann diesbezüglich - wie bereits dargelegt - nicht geteilt werden: Richtig ist, dass die Spielbank Checks, die der Aussteller oder die Ausstellerin auf ihren Namen ausgestellt hat, annehmen darf, wenn sie sich der Identität der Person BGE 136 II 149 S. 162 vergewissert und den Vorgang registriert hat ( Art. 28 Abs. 2 SBG ). Diese Bestimmung ist jedoch in erster Linie geldwäschereirechtlicher Natur ("Know your Client"; BBl 1997 III 145 Ziff. 233 S. 180); sie entbindet die Spielbank nicht davon, hierüber hinaus als spielbankenrechtliche Pflicht die übliche elementare Sorgfalt im Geschäftsverkehr walten zu lassen. Tut sie dies nicht, ist es an ihr, sich zivil- oder strafrechtlich beim Täuschenden schadlos zu halten. Es besteht keine Veranlassung, dem unsorgfältig handelnden Konzessionär die Spielbankenabgabe zu erlassen und ihn damit seinen Konkurrenten gegenüber zu bevorzugen. 7. 7.1 Zu Unrecht hat die ESBK indessen das Gesuch der Beschwerdegegnerin abgewiesen, unter Hinweis auf das Pannenmemorandum Nr. 70, "infolge Spielbetrug durch Manipulation an Geldspielautomaten" einen Abzug von Fr. 15'749.- zuzulassen: Zwar wird der Bruttospielertrag bei Automatenspielen aus der Differenz zwischen dem "Turnover" (Gesamtbetrag der eingesetzten Spielkredite in allen Spielen) und den "Total wins" (Gesamtbetrag der gewonnen Spielkredite in allen gespielten Spielen) ermittelt; der von der ESBK in diesem Zusammenhang angerufene Art. 32 GSV legt indessen nur fest, welche Daten durch die verschiedenen Zähler zu erfassen sind. Dass die manipulierten Geräte diesen Anforderungen nicht genügt hätten, macht die ESBK nicht geltend. Auch sind keine anderen Verletzungen aufsichtsrechtlicher Sorgfaltspflichten seitens der Beschwerdegegnerin dargetan oder ersichtlich: Nach Art. 24 Abs. 1 lit. d GSV muss ein Glücksspielautomat zwar gegen Beeinflussung von aussen, namentlich gegen elektromagnetische und elektrostatische Störungen, geschützt sein; doch darf sich ein Casinobetreiber diesbezüglich grundsätzlich auf die Konformitätserklärung verlassen, die bestätigt, dass dieser - auch hinsichtlich der Manipulationsgefahr - den spieltechnischen Anforderungen genügt (vgl. Art. 6 SBG und Art. 66 VSBG ). 7.2 Auch bei den Geldspielautomaten sind erschlichene, nicht werthaltige - da nicht real bzw. mit einer werthaltigen Gegenleistung erworbene - "Credits" nur zu berücksichtigen, wenn der Betreiber seinen aufsichtsrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht nachgekommen ist. Dabei spielt - entgegen den Ausführungen der Vorinstanzen - wiederum keine Rolle, ob die Erschleichung des Credits zivilrechtlich als Teil des Spielvertrags oder als separater Akt im Vorfeld von dessen Abschluss zu gelten hat; entscheidend ist, ob und wieweit der BGE 136 II 149 S. 163 Konzessionär, dessen Spielaufkommen im öffentlichen Interesse weitgehend abgeschöpft wird, Sorgfaltspflichten verletzt hat. Hielt er sich an sämtliche spielbankenrechtlichen Vorgaben, muss sich der Bund als Konzedent das mit dem unmittelbaren Spielbetrieb an Apparaten verbundene Risiko rechtswidrigen Handelns Dritter abgaberechtlich anrechnen lassen und den damit verbundenen Ausfall auf dem Bruttospielertrag insoweit hinnehmen, als der Spielbankenbetreiber seinerseits sämtliche aufsichtsrechtlichen Vorgaben eingehalten hat und den Geldwert der entsprechenden Einsätze nachträglich nicht anderweitig erhältlich machen kann. Andere, rein apparateninhärente Risiken gehen hingegen zu seinen Lasten und führen zu keiner Reduktion des Bruttospielertrags: Gewinnauszahlungen aufgrund einer Fehlfunktion (z.B. fehlerhafte Programmierung, Wartung, Bedienung durch das Personal usw.), sowie Auszahlungen, die erfolgen, obwohl gemäss den Spielregeln, Auszahlungstabellen und den technischen Vorgaben kein Gewinn vorliegt oder sich dieser nicht nachweisen lässt, können nicht vom Bruttospielertrag abgezogen werden. 8. 8.1 Die vorliegende Beschwerde ist somit insoweit gutzuheissen, als sie sich auf den Betrugsfall vom 7./8. September 2007 und den damit verbundenen Antrag bezieht, die dabei generierten Bruttospielerträge (Fr. 1'302'375.-) nicht zu besteuern; diesbezüglich ist das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und die Verfügung der ESBK vom 4. Juli 2008 zu bestätigen. Die Beschwerde ist indessen abzuweisen, soweit die Vorinstanz es abgelehnt hat, die Verfügung der ESBK bezüglich der Manipulation an den Geldspielautomaten im Dezember 2007 (Fr. 15'749.-) zu schützen. Nachdem die Spielbank X. AG unpräjudiziell die Spielbankenabgabe 2007 in der von der ESBK am 4. Juli 2008 festgelegten Höhe bezahlt hat, ist die Sache zur rechnerischen Bereinigung und definitiven Festsetzung der geschuldeten Abgabe und einer allfälligen Rückzahlung (oder Gutschrift) im Sinne der Erwägungen an die Eidgenössische Spielbankenkommission zurückzuweisen. Das Bundesverwaltungsgericht wird über die Kosten seines Verfahrens neu befinden müssen.
public_law
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
97eb10b5-2bc1-4beb-b0c9-6e7e77fbaf3f
Urteilskopf 111 Ib 192 39. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Dezember 1985 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen X. (verwaltungsrechtliche Klage)
Regeste Regress des Bundes gegen Angehörige der Armee (Art. 25 des Bundesgesetzes über die Militärorganisation). 1. Aufgrund von Art. 123 Abs. 2 des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee (BBVers; SR 510.30) hat die Schweizerische Eidgenossenschaft Regressansprüche aus der Verletzung oder Tötung von Zivilpersonen gegen Armeeangehörige auf dem Weg der verwaltungsrechtlichen Klage geltend zu machen (E. 1). 2. Begriff der groben Fahrlässigkeit nach Art. 25 MO (E. 3 und 4). 3. Berechnung des Regressbetrages (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 111 Ib 192 S. 192 Im Rahmen des Wiederholungs- und Ergänzungskurses 1978 standen dem Ls Rgt 41 alte Fabrikgebäude an der Seestrasse in Thalwil zu Übungszwecken zur Verfügung. Bereits vordienstlich wurden die Daten, an welchen Sprengungen geplant waren, festgelegt, publiziert und der Direktion der V. AG, welche auf der dem Abbruchobjekt gegenüberliegenden Strassenseite eine Grosswäscherei betreibt, brieflich mitgeteilt. Die in der Folge unter der Leitung des damaligen Oberleutnants und heutigen Hauptmanns X. durchgeführten ersten Sprengungen verliefen ohne BGE 111 Ib 192 S. 193 Zwischenfälle. Da verschiedene deckentragende Stahlgusssäulen den Zerstörungsversuchen widerstanden hatten, erhielt X. vom Kdt Ls Rgt 41 den Auftrag, am Montag, den 29. Mai 1978, d. h. ausserhalb der geplanten und bekanntgegebenen Sprengdaten, zusammen mit einem Detachement von 16 Mann Sprengversuche vorzunehmen, um festzustellen, auf welche Weise die Säulen im Zuge der für später vorgesehenen Truppenübungen zu Fall gebracht werden könnten. X. entschloss sich, an zwei Säulen verdämmte Hohlladungen von je 500 g Plastit anzubringen, von denen er sich eine wirksame Zerstörung bei einer relativ schwachen Druckwelle versprach. Am Vormittag des 29. Mai gab X. dem technischen Leiter der V. AG bekannt, er gedenke im Laufe des Tages zwei ungefährliche Detonationen auszulösen. Bauliche Massnahmen zur Begrenzung der Splitterwirkung, wie sie im Reglement 57.12, "Sicherheitsvorschriften für den Sprengdienst", vorgeschrieben sind, traf er nicht. Nach Abschluss der Sprengvorbereitungen trat X. auf die Seestrasse und rief den im ersten Stock der Wäscherei an den Fenstern stehenden Frauen zu: "Sprengung sparo!" Dazu förderte er sie mittels entsprechender Handbewegungen auf, sich von den Fenstern weg ins Gebäudeinnere zu begeben. Die Arbeiterinnen, die sich zwar entfernten, verstanden die Anweisung aber so, dass die Sprengung erst um 17.00 Uhr erfolgen werde. Nachdem X. sich vergewissert hatte, dass die Seestrasse für den Verkehr gesperrt war, liess er von einer Baumaschine drei Hornstösse geben und löste um ca. 14.30 Uhr die Sprengung aus. Die gewählte Methode führte zum beabsichtigten Einsturz der beiden Stahlgusssäulen. Anderseits hatte die Sprengung eine grosse Splitterwirkung zur Folge. Teile der geborstenen Säulen schlugen in die Fassade der Wäscherei; zwei Splitter durchdrangen die geschlossenen Fenster. Ein 83,5 g schweres Gusseisenstück traf die an einer Maschine (Tumbler) tätige 38jährige italienische Arbeiterin M. und zerschmetterte ihr das Gesicht, worauf es auch die Maschine leicht beschädigte. M. erlitt schwere Fleischwunden, Schädelzertrümmerungen sowie Verletzungen des rechten Auges, das erblindete. Trotz zahlreicher chirurgischer Eingriffe, die bereits stattfanden und noch durchgeführt werden müssen, bleiben schlimme Entstellungen und dauernde Schäden zurück. Frau M. ist durch diese Verletzungen derart schwer behindert, dass sie zu 100% arbeitsunfähig ist und bleibt. Am 29. Juni 1979 wurde X. von Divisionsgericht 11 der fahrlässigen Körperverletzung sowie der fahrlässigen Gefährdung durch BGE 111 Ib 192 S. 194 Sprengstoffe schuldig gesprochen und zu einer bedingten Gefängnisstrafe von 20 Tagen verurteilt. Für die finanziellen Folgen des Unfalls haftet die Schweizerische Eidgenossenschaft gestützt auf Art. 22 ff. des Bundesgesetzes über die Militärorganisation (MO, SR 510.10) . Der Schaden besteht in erster Linie aus Ansprüchen der verletzten M. Dazu kommt ein verhältnismässig geringer Sachschaden der V. AG von ca. Fr. 9000.--. Die vom eidgenössischen Militärdepartement anerkannten Forderungen von Frau M. belaufen sich auf Fr. 922'572.95. Hinzu kommen weitere Heilungskosten, deren Höhe sich noch nicht bestimmen lässt. Auch hinsichtlich der Genugtuungssumme konnte mit Frau M. noch keine Einigung erzielt werden. Die Direktion der Eidgenössischen Militärverwaltung rechnet mit einem Gesamtschaden von rund Fr. 1 Mio. Mit verwaltungsrechtlicher Klage vom 21. Mai 1984 erhebt die Direktion der Eidgenössischen Militärverwaltung gegen X. eine Rückgriffsforderung in Höhe von Fr. 70'000.-- nebst Zins zu 5% seit Klageeinreichung. Der Beklagte lässt in seiner Antwort beantragen, es sei auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen oder - subeventuell - der Rückgriff nach richterlichem Ermessen stark herabzusetzen. Das Bundesgericht heisst die Klage teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beklagte hält die Klage für unzulässig, weil die Militärverwaltung nach Art. 136a Abs. 1 der Verordnung über die Verwaltung der Schweizerischen Armee (SR 510.301) zum Erlass des erstinstanzlichen Entscheids über die Rückgriffsansprüche des Bundes gemäss Art. 25 MO zuständig sei. Er beruft sich in diesem Zusammenhang auf BGE 108 Ib 222 E. b, wo das Bundesgericht in diesem Sinn entschieden habe. Es trifft zwar zu, dass im genannten Entscheid ausgeführt wurde, die Militärverwaltung müsse ihre Regressforderung mittels Verfügung geltend machen, die gemäss Art. 97 in Verbindung mit Art. 98 lit. e OG letztinstanzlich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden könne. Diese Feststellung bezog sich allerdings auf einen Sachverhalt, bei dem die Rückgriffsforderung gegen den Urheber einer Verletzung einer Militärperson beurteilt werden musste. Es bestand damals kein Anlass, auf die BGE 111 Ib 192 S. 195 Zuständigkeitsregelung für die Erledigung von Rückgriffsstreiten bei Tötung oder Verletzung von Zivilpersonen einzugehen. In solchen Fällen richtet sich das Verfahren nach der Vorschrift von Art. 123 Abs. 2 des Bundesbeschlusses über die Verwaltung der Armee (BBVers; SR 510.30), wonach das Bundesgericht als einzige Instanz angerufen werden kann. Da somit die Klage zulässig ist und auch die übrigen prozessualen Voraussetzungen gemäss Art. 116 ff. OG erfüllt sind, ist der Hauptantrag des Beklagten auf Nichteintreten abzuweisen. 2. Gemäss Art. 22 Abs. 1 MO haftet der Bund ohne Rücksicht auf das Verschulden des Wehrmanns für den Schaden, den dieser einem Dritten in Ausübung einer dienstlichen Tätigkeit zufügt. Dem Geschädigten stehen gegenüber dem Wehrmann keine Ansprüche zu ( Art. 22 Abs. 3 MO ). Dagegen kann der Bund auf den schadenverursachenden Wehrmann Rückgriff nehmen, wenn dieser vorsätzlich oder grobfahrlässig gehandelt hat ( Art. 25 MO ). Da der Bund gegenüber dem Schädiger keinen subrogierten, sondern einen selbständigen gesetzlichen Anspruch besitzt, handelt es sich entgegen dem Wortlaut von Art. 25 MO nicht um einen eigentlichen Rückgriff. Um eine Begriffsverwirrung zu vermeiden, wird im folgenden trotzdem die vom Gesetz verwendete Terminologie übernommen. Nach den erwähnten Bestimmungen setzt der Rückgriff voraus, dass der Bund gemäss Art. 22 zu Schadenersatzleistungen verpflichtet war, wobei die Ersatzpflicht die adäquate Folge der widerrechtlichen Handlung des Wehrmanns gewesen sein muss. Sodann ist der Regress nur zulässig, wenn das Verschulden des Wehrmanns als vorsätzlich oder grobfahrlässig einzustufen ist. a) Unbestritten ist, dass der Bund verpflichtet war und ist, für den beim Sprengunfall vom 29. Mai 1978 entstandenen Schaden in Höhe von ca. Fr. 1 Mio. aufzukommen, hat doch Oblt X. im Rahmen eines dienstlichen Auftrags die Sprengladung gezündet, welche durch ihre Splitterwirkung M. schwer verletzte und an Gebäuden und Maschinen der V. AG Sachschaden anrichtete. Damit stehen aber auch die adäquate Kausalität (vgl. zu diesem Begriff BGE 107 II 243 ff.) und die Widerrechtlichkeit der schädigenden Handlung (vgl. zum Begriff der Widerrechtlichkeit: R. BINSWANGER, Die Haftungsverhältnisse bei Militärschäden, Diss. ZH 1969, S. 314 f.) ausser Frage: Einerseits war die ohne zureichende Splitterabdeckung vorgenommene Sprengung nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der allgemeinen BGE 111 Ib 192 S. 196 Lebenserfahrung geeignet, den entstandenen Schaden hervorzurufen und anderseits wurden dabei die absoluten Rechtsgüter Leib und Leben sowie Eigentum verletzt und militärische Dienstvorschriften missachtet. b) Strittig ist dagegen die Frage des Verschuldensgrades. Während sich die Militärverwaltung auf den Standpunkt stellt, Oblt X. habe grobfahrlässig gehandelt, vermag dieser in seinem Verhalten kein rechtserhebliches Verschulden im Sinne von Art. 25 MO zu erkennen. 3. Der Beklagte führt aus, grobe Fahrlässigkeit könne ihm nicht vorgeworfen werden, da ihn keinesfalls ein derart schwerwiegendes Verschulden treffe, wie dies vom Bundesgericht als Voraussetzung einer Regressnahme gefordert werde. Die bundesgerichtliche Umschreibung, welche zuletzt in den Urteilen 92 II 198, 79 II 419 und 78 II 431 verwendet worden sei, habe nach wie vor Gültigkeit, da mit der Gesetzesrevision von 1966/67 bloss eine Zusammenfassung des damals geltenden Rechts und keine materielle Erneuerung bezweckt worden sei. Anders als die Klägerin meine, könne deshalb die grobe Fahrlässigkeit nicht wie im Zivilrecht definiert werden. Dieser Auffassung des Beklagten kann nicht gefolgt werden. Es trifft zwar zu, dass Bundesrat (vgl. Botschaft vom 19. September 1966 in BBl 1966 II 423) und Parlament, welches den Vorschlägen des Bundesrates diskussionslos folgte, mit der MO-Revision keine Änderung der Haftungsgrundsätze herbeiführen wollten. Dies wäre auch kaum angezeigt gewesen, denn der Regress auf den Wehrmann war eben erst neu geregelt worden: Mit Änderung vom 15. Oktober 1965 (AS 1965, 890) ist in Art. 115 BBVers der Grundsatz eingefügt worden, dass ein Rückgriff nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit erfolgen darf. Diese Eingrenzung drängte sich auf, weil die damals gültige Fassung von Art. 29 MO einen Rückgriff bei jeglichem Verschulden, also auch bei leichter Fahrlässigkeit vorsah. Mit der Neufassung des BBVers sollte die Regelung der entsprechenden Bestimmung des Verantwortlichkeitsgesetzes (SR 170.32; Art. 7) übernommen werden (Botschaft des Bundesrates in BBl 1965 II 340; vgl. dazu BINSWANGER, a.a.O. S. 93 ff.). Nichts deutet darauf hin, dass mit dieser Änderung von herkömmlichen Begriff der groben Fahrlässigkeit abgewichen werden sollte. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber, der nur zwei Jahre später den neuen Art. 25 MO beschloss, an diesem Begriff festhalten wollte. BGE 111 Ib 192 S. 197 Der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen: Die vom Beklagten zitierten Fälle wurden nicht nach Art. 25 MO , sondern aufgrund von aArt. 29 MO beurteilt. Dies gilt auch für den in BGE 92 II 192 ff. publizierten Fall, obschon das Bundesgericht erst nach Inkrafttreten von Art. 115 BBVers in der Fassung vom 13. Oktober 1965 darüber urteilte. Da sich das Schadenereignis, welches in jenem Fall Anlass zum Regress auf einen Wehrmann gab, bereits 1960 zugetragen hatte, musste auch nach dem zu jenem Zeitpunkt geltenden Recht, d.h. nach aArt. 29 MO entschieden werden. Um diese weitgefasste Bestimmung einzugrenzen, hatte das Bundesgericht eigene Regresskriterien entwickelt; es behalf sich mit der vom Beklagten erwähnten Formel des besonders schwerwiegenden grobfahrlässigen Verhaltens ( BGE 92 II 198 ). Nachdem jedoch der Gesetzgeber mit Art. 115 BBVers bzw. mit Art. 25 MO sachgerechte Kriterien eingeführt hat, ist diese Formel hinfällig geworden. Es ist daher im folgenden davon auszugehen, dass grobfahrlässig im Sinne von Art. 25 MO handelt, wer elementare Vorsichtsgebote verletzt, die jeder verständige Mensch in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen beachten würde ( BGE 108 II 424 E. 2 mit Hinweisen). Dabei sind auch die besonderen Umstände des militärischen Einsatzes - ungewöhnliche Risiken, Entscheidungsdruck - zu berücksichtigen, weshalb ein Abweichen vom zivilrechtlichen Begriff der Grobfahrlässigkeit auch von der Sache her nicht erforderlich ist. 4. Es ist zu prüfen, ob das den Beklagten treffende Verschulden die von Art. 25 MO geforderte Schwere erreicht. a) Oblt X. war beauftragt, nach einer Methode zur Sprengung der auf dem Fabrikareal stehenden Stahlträger zu suchen. Es handelte sich um keine leichte Aufgabe, denn die Zerstörung von Stahl- und Eisenkonstruktionen gilt - verglichen mit der Zerstörung anderer Materialien - als besonders heikel und gefahrvoll. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass mit der Erschütterung praktisch keine Wirkung erzielt wird, so dass in der Regel relativ grosse Mengen Sprengstoff eingesetzt werden müssen, was zu starken und weitreichenden Druckwellen führt. Zur besonderen Gefahr wird die Sprengung von Stahl jedoch wegen des ausgeprägten Splitterwurfs. Dem Beklagten, der vor dem Unfall bereits in mehreren Truppenkursen als Sprengoffizier eingesetzt worden war und der die nötigen Fachprüfungen bestanden hatte, musste diese Besonderheit bekannt sein. Er macht nun allerdings geltend, er habe das Reglement 57.12, welches die zu beachtenden Sicherheitsvorschriften BGE 111 Ib 192 S. 198 enthält, nie erhalten. Diese Aussage ist jedoch als unglaubwürdig zu betrachten. Die Tatsache, dass dieses Reglement nicht in seinem Dienstbüchlein eingetragen ist, liefert für seine Darstellung keinen Beweis, denn Reglemente, die einem Offizier nach Absolvierung der Offiziersschule abgegeben werden, muss der Empfänger in der Regel selbst eintragen, weil sie ihm entweder von der Eidg. Drucksachen- und Materialzentrale oder von seinem Kommandanten zugestellt werden. Im vorliegenden Fall kommt folgendes hinzu: Das Reglement 57.12 trat auf den 1. Januar 1975 in Kraft. Selbst wenn es zutreffen sollte, dass es der Beklagte nicht erhalten hat, ist anzunehmen, dass er im Sprengbreveterneuerungskurs, den er in jenem Jahr zu besuchen hatte, auf die neuen Bestimmungen aufmerksam gemacht worden war. Im übrigen war der Beklagte gemäss Eintrag im Dienstbüchlein jedenfalls im Besitzt des Reglements 57.13, "Sprengdienst", Ausgabe 1957, das - wenn auch weniger ausführlich als das Reglement 57.12 - ebenfalls Sicherheitsbestimmungen enthält. So wird in Ziff. 41.22 ausdrücklich vor der mehrere hundert Meter weit reichenden Splitterwirkung bei Eisensprengungen gewarnt. b) Die Frage, ob und inwiefern der Beklagte vom Inhalt des Reglements 57.12 Kenntnis hatte, braucht indessen nicht weiter geprüft zu werden, weil sich seine Verantwortlichkeit bereits aus der Tatsache ergibt, dass er eine Gefahrenquelle schuf, weshalb er auch ohne besondere Vorschrift zur Abwendung oder Begrenzung der Gefahr verpflichtet war (vgl. BGE 81 II 569 ). Wegen der bei Eisensprengungen und namentlich bei Verwendung verdämmter Hohlladungen zu erwartenden direkten und indirekten Splitterwirkung hätte Oblt X. seinen Versuch nur durchführen dürfen, wenn er Vorkehren zur Abschirmung der Sprengherde getroffen hätte. Einen wirksamen Schutz hätten beispielsweise bereits mit Stroh abgedichtete Bretterverschläge oder Autoreifen gebracht, die rund um die Sprengpunkte gelegt worden wären. Oblt X. hat keine derartigen Massnahmen getroffen, weil er sich der Gefährlichkeit seines Vorgehens offensichtlich nicht ausreichend bewusst war. Gerade diese Fehleinschätzung muss ihm - dem ausgebildeten und erfahrenen Sprengoffizier - in besonderem Masse angelastet werden. Aufgrund seines Irrtums unterliess er ebenfalls die Orientierung der im Gefahrenbereich arbeitenden Angestellten der benachbarten Grosswäscherei. Seiner diesbezüglichen Pflicht genügte er weder mit der am Vormittag des Unfalltages erfolgten unbestimmten Mitteilung an den technischen Leiter des Betriebes noch BGE 111 Ib 192 S. 199 mit seinen Zurufen an die am Fenster stehenden Arbeiterinnen. Der Beklagte, der nicht bloss Sprengoffizier, sondern auch Objektchef und damit Hauptverantwortlicher für die Belange der Sicherheit war, hatte anlässlich der drei Tage zuvor durchgeführten Sprengungen selbst den Massstab gesetzt, den es in dieser Hinsicht zu beachten galt. Damals wurde die Wäscherei genauestens über die zu treffenden Vorkehren und die Zeitpunkte der Explosionen informiert. Ausserdem überwachte der Beklagte die Einhaltung der angeordneten Verhaltensregeln persönlich. Ein Grund, weshalb er diese Massnahmen am 29. Mai ausgerechnet bei einer Sprengung unterliess, mit der Stahlträger zum Bersten gebracht werden sollten, die früheren Zerstörungsversuchen widerstanden hatten, ist nicht ersichtlich. Das Verhalten des Beklagten erscheint umso weniger verständlich, als er weder bei der Vorbereitung noch bei der Durchführung des Versuchs unter Zeitdruck stand. Dem Beklagten ist in erster Linie vorzuwerfen, dass er sich keine Rechenschaft über die Gefährlichkeit seines Vorgehens gab. Ein vernünftiger Sprengoffizier hätte unter den gleichen Umständen - und ungeachtet der Vorschriften des Reglements 57.12 - entweder eine weniger gefährliche Methode gewählt oder aber die im Gefahrenbereich befindlichen Personen gewarnt und für einen wirksamen Splitterschutz gesorgt. Falls er zum Schluss gelangt wäre, der vom Rgt Kdt erteilte Auftrag lasse sich aus Sicherheitsgründen nicht verantworten, hätte er sich ausserdem weigern dürfen, die Sprengversuche durchzuführen. Da Oblt X. all dies unterliess, kann ihm der Vorwurf der Grobfahrlässigkeit nicht erspart bleiben. 5. Nach Art. 27 Abs. 1 MO hat der Richter bei der Festsetzung der Haftungssumme die Bestimmungen von Art. 43 Abs. 1 und 44 Abs. 1 OR sinngemäss anzuwenden. Massgebend sind deshalb neben der Art des Dienstes, der militärischen Führung und den finanziellen Verhältnissen des Wehrmanns auch die sonstigen Umstände des Falles sowie das Verschulden. a) Ausgangspunkt der Berechnung des Rückgriffsanspruchs des Bundes bildet das den Schädiger treffende Verschulden. Hat er vorsätzlich gehandelt, so darf von ihm voller Ersatz gefordert werden. In den übrigen Fällen bemisst sich der Betrag primär nach dem Grad der groben Fahrlässigkeit. Eine eigentliche Skala lässt sich jedoch deshalb nicht erstellen, weil auch die neben dem Verschulden zu berücksichtigenden Faktoren das Resultat entscheidend zu beeinflussen vermögen. So wird man sich vor allem in Fällen, in denen sehr hohe Schäden entstanden sind, selbst bei besonders grober BGE 111 Ib 192 S. 200 Fahrlässigkeit, nur mit wenigen Prozenten des Schadens begnügen müssen, denn durch den Regress des Bundes darf der Wehrmann nicht in den finanziellen Ruin getrieben werden (BINSWANGER, a.a.O, S. 95). Diese Forderung ergibt sich vor allem daraus, dass nicht der Wehrmann die sog. Militärgefahr zu vertreten hat, denn aufgrund der militärischen Kommandoordnung kann er auf die Art der ihm übertragenen Aufgaben keinen oder nur beschränkten Einfluss nehmen. Hinzu kommt, dass der Wehrmann auch unter Berücksichtigung des Erwerbsersatzes stets gewisse Einbussen erleidet. Dies trifft namentlich auf viele Milizoffiziere zu, die - ohne dafür entschädigt zu werden - ausserhalb des Dienstes erhebliche Arbeitsleistungen zu Gunsten der Armee erbringen. Käme es im vorliegenden Fall einzig auf das Verschulden an, so wäre die geforderte Summe von Fr. 70'000.-- angesichts der besonders groben, fast unbegreiflichen Fahrlässigkeit sicher angemessen. Aufgrund der finanziellen Verhältnisse des Beklagten muss der Regressbetrag indessen wesentlich tiefer angesetzt werden. Die eingeklagte Summe macht rund vier Fünftel eines Jahreseinkommens des Beklagten aus, der im übrigen über kein nennenswertes Vermögen verfügt. Sie hätte für ihn und seine Familie - X. ist verheiratet und Vater zweier Kinder, deren Berufsausbildung noch bevorsteht - eine ausserordentliche und schwere Belastung zur Folge und wäre daher mit den Leitgedanken von Art. 25 und 27 Abs. 2 MO nicht vereinbar. Auch die tadellose militärische Führung des Beklagten - er wurde trotz des von ihm verursachten Unfalls noch befördert - rechtfertigt eine erhebliche Ermässigung des Rückgriffs. Unter Berücksichtigung dieser Umstände gelangt das Bundesgericht zum Schluss, dass die Klage lediglich im Umfang von Fr. 20'000.-- gutgeheissen werden kann. b) Die Klägerin will bei der Regressnahme auch die Tatsache berücksichtigen, dass der Beklagte privat gegen Haftpflichtansprüche Dritter versichert ist. Dazu besteht jedoch nach der Praxis keine Veranlassung. Bei dem von der Klägerin zitierten Entscheid ( BGE 104 II 184 ff. insbesondere 188) wurde die von einem neunjährigen, aus bescheidenen sozialen Verhältnissen stammenden Knaben zu tragende Schadensquote von 1/3 auf 1/4 reduziert, weil der im gleichen Ausmass mitschuldige Spielgefährte eine Haftpflichtversicherung hatte. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rolle spielen, weil die Klägerin von ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit her nicht auf die Inanspruchnahme eines privaten Haftpflichtversicherers angewiesen ist.
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nan
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CH_BGE_003
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Federation
97efdcac-f743-4239-9089-884a9c98ae1b
Urteilskopf 137 V 13 2. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons Graubünden gegen S. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_65/2010 vom 17. Januar 2011
Regeste Art. 8 Abs. 2 und Art. 21 Abs. 2 und 4 IVG ; Art. 14 IVV ; Art. 2 Abs. 1 HVI ; Ziff. 1.03 HVI-Anhang; Kostenvergütung für definitive Brust-Exoprothesen als Hilfsmittel der Invalidenversicherung. Nach dem vom Wortlaut abweichenden Rechtssinn von Ziff. 1.03 HVI-Anhang erstreckt sich der Anwendungsbereich dieser Verordnungsbestimmung auch auf die Prothesenversorgung nach einer brusterhaltenden Tumorentfernung. Sämtliche versicherten Frauen, die organisch bedingt (Poland-Syndrom, Agenesie der Mamma) oder nach einer Krebsoperation (welcher Art auch immer) ein augenfälliges Brustvolumendefizit aufweisen, können gegenüber der Invalidenversicherung Brust-Exoprothesen in Form definitiver Voll- oder Teilprothesen beanspruchen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 137 V 13 S. 13 A. Die 1951 geborene S. musste sich am 22. Februar 2008 einer rechtsseitigen brusterhaltenden Tumorektomie mit Entfernung des Sentinel-Lymphknotens unterziehen. Im Oktober 2008 ersuchte sie die Invalidenversicherung um Kostenvergütung für die selbst angeschaffte Brust-Teilprothese. Mit Verfügung vom 12. März 2009 lehnte BGE 137 V 13 S. 14 die IV-Stelle des Kantons Graubünden (nachfolgend: IV-Stelle) das Hilfsmittelgesuch für die definitive Brust-Exoprothese ab, weil keine Brustamputation durchgeführt worden sei. B. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hiess die dagegen eingereichte Beschwerde mit Entscheid vom 2. Dezember 2009 gut und verpflichtete die IV-Stelle zur Kostenvergütung für die Brust-Teilprothese (einschliesslich Spezialbüstenhalter). C. Die IV-Stelle führt Beschwerde ans Bundesgericht mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. Während S. auf Abweisung der Beschwerde schliesst, soweit darauf einzutreten sei, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die versicherte Person, die infolge ihrer Invalidität für die Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspieliger Geräte bedarf, hat im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel ( Art. 21 Abs. 2 IVG ). Die Befugnis zur Aufstellung der Hilfsmittelliste und zum Erlass ergänzender Vorschriften im Sinne von Art. 21 Abs. 4 IVG hat der Bundesrat in Art. 14 der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) an das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) übertragen, welches die Verordnung vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51) samt anhangsweise beigefügter Hilfsmittelliste erlassen hat. Laut Art. 2 Abs. 1 HVI besteht - gestützt auf Art. 21 Abs. 2 IVG - im Rahmen der im Anhang aufgeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese u.a. für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt notwendig sind. Dieser Hilfsmittelanspruch besteht gemäss Art. 8 Abs. 2 IVG unabhängig von der Möglichkeit einer Eingliederung ins Erwerbsleben oder in den Aufgabenbereich. 2.2 Unter Hilfsmittel im IV-rechtlichen Sinne ist ein Gegenstand zu verstehen, dessen Gebrauch den Ausfall gewisser Teile des menschlichen Körpers zu ersetzten vermag ( BGE 131 V 9 E. 3.3 S. 13; BGE 115 V 191 E. 2c S. 194 mit Hinweis). Daraus ist zu schliessen, dass der BGE 137 V 13 S. 15 Gegenstand ohne strukturelle Änderung ablegbar und wieder verwendbar sein muss. Dieses Erfordernis bezieht sich jedoch nicht nur auf den Gegenstand selber, sondern auch auf den menschlichen Körper und dessen Integrität. Ein Gegenstand, der seine Ersatzfunktionen nur erfüllen kann, wenn er zuerst durch einen eigentlichen chirurgischen Eingriff ins Körperinnere verbracht wird und nur auf gleiche Weise wieder zu ersetzen ist, stellt kein Hilfsmittel im Sinne des IVG dar ( BGE 115 V 191 E. 2c S. 194; BGE 101 V 267 E. 1b S. 269 mit Hinweisen). Entsprechend dieser Definition kann einer implantierten Brustprothese (Endoprothese), die mittels Operation eingesetzt wird, kein Hilfsmittelcharakter im Rechtssinn zuerkannt werden. Demgemäss sind denn auch Brustimplantate in der vom EDI gestützt auf Art. 21 IVG und Art. 14 IVV erlassenen Hilfsmittelliste im Anhang zur HVI nicht aufgeführt (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 254/98 vom 3. März 1999 E. 1). 2.3 Hingegen werden laut Ziff. 1.03 HVI-Anhang definitive Brust-Exoprothesen nach Mamma-Amputation oder bei Vorliegen eines Poland-Syndroms oder Agenesie der Mamma gemäss Tarifvertrag mit dem Schweizerischen Verband der Orthopädie-Techniker (SVOT) bis zu einem Höchstbeitrag von Fr. 500.- pro Kalenderjahr für eine einseitige und Fr. 900.- für die beidseitige Versorgung vergütet. Diese kosmetischen, externen Prothesen (auch Brustepithesen genannt) dienen der Wiederherstellung der weiblichen Körperkonturen. Sie werden im (Spezial-)Büstenhalter getragen oder direkt auf die Haut geklebt, wobei sich die selbsthaftenden Modelle jederzeit vom Körper ablösen und wieder anbringen lassen (vgl. Brustprothesen - Die richtige Wahl, Ein Ratgeber der Krebsliga Schweiz für Frauen nach einer Brustoperation, 4. Aufl. 2008, S. 9 f.). 3. Es stellt sich die Frage, ob die Invalidenversicherung für die von der Versicherten selbst angeschaffte Brust-Teilprothese (einschliesslich Zubehör) aufkommen muss. Während Beschwerdegegnerin und Vorinstanz den Hilfsmittelanspruch bejahen, verneint die beschwerdeführende IV-Stelle ihre Leistungspflicht. Keines der in Ziff. 1.03 HVI-Anhang angeführten (alternativen) Anspruchserfordernisse sei gegeben; namentlich habe sich die Versicherte keiner Brustamputation unterziehen lassen müssen. 4. 4.1 Das Ausmass des operativen Eingriffs bei Brustkrebs wird von der bildgebenden Mammadiagnostik, vom präoperativ vorliegenden histopathologischen Befund und dem Wunsch der Patientin unter BGE 137 V 13 S. 16 Berücksichtigung des Verhältnisses von Tumorgrösse zum Brustvolumen bestimmt. Bei über 75 % der an Brustkrebs erkrankten Frauen gelangt heute ein brusterhaltendes Behandlungskonzept (mit nachfolgender Strahlentherapie) zur Anwendung, welches die chirurgische Tumorentfernung bei möglichst intaktem äusserem Erscheinungsbild und normaler Konsistenz der betroffenen Brust gewährleisten soll. Neben dieser brusterhaltenden Therapie, die sich weltweit zum operativen Standardverfahren mit noch zunehmender Indikationsstellung entwickelt hat, ist in rund 25 % der Fälle weiterhin eine Mastektomie (auch: Mamma-Amputation, Ablatio Mammae), d.h. die operative Entfernung der Brust erforderlich. Die heute gebräuchliche Form der modifiziert radikalen Mastektomie umfasst die Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes einschliesslich der Fascie des Musculus pectoralis major, der Haut, der Brustwarze und des Warzenvorhofs. Im Gegensatz zur früher üblichen Operationstechnik bleibt die Pectoralismuskulatur erhalten. Sowohl bei der brusterhaltenden Therapie als auch bei der modifiziert radikalen Mastektomie erfolgt zusätzlich eine Entfernung axillärer Lymphknoten oder allenfalls bloss des Sentinel-Lymphknotens. Sodann können beide operativen Behandlungskonzepte mit plastisch-chirurgischen Eingriffen bzw. mit einem simultanen oder sekundären sog. Wiederaufbau der Brust (mit Implantaten oder Eigengewebe) kombiniert werden (zum Ganzen: ILONA FUNKE UND ANDERE, Operative Therapie des primären Mammakarzinoms und Rekonstruktionsverfahren, in: Manual Mammakarzinome, 12. Aufl., München 2009, S. 119 ff., 119-123; HARALD MEDEN, Operative Diagnostik und Therapie beim Mammakarzinom, in: Mammakarzinom: Neue Aspekte zur Diagnostik und Therapie, Berlin 2009, S. 1 ff., 2-4; GEORGES VLASTOS UND ANDERE, Chirurgie du cancer du sein, Revue Médicale Suisse [RMS]2007 S. 2389 ff., 2389-2393; derselbe und andere , Innovations dans le traitement locorégional du cancer du sein, RMS 2010 S. 2016 ff.). 4.2 Den unterschiedlichen Operationsverfahren und den daraus resultierenden Veränderungen im Körperbild der betroffenen Frauen entsprechen die verschiedenen Arten von Brust-Exoprothesen, mit denen ein optischer Ausgleich angestrebt wird. Fachleute empfehlen, sich etwa sechs bis acht Wochen nach der Operation mit der Wahl einer definitiven Brustprothese zu befassen (die Narbe hat sich bis dann meistens stabilisiert und die Schwellungen sind abgeklungen). Bei Mastektomie ohne nachfolgende Brustrekonstruktion werden (serienmässig hergestellte, im Fachgeschäft individuell BGE 137 V 13 S. 17 abgestimmte) Vollprothesen getragen. Auch nach einer brusterhaltenden Operation (oder bei ästhetisch nicht befriedigendem Wiederaufbau nach Brustamputation) können hinsichtlich Form und Volumen beider Brüste augenfällige Unterschiede bestehen. Für eine kosmetische Angleichung an die gesunde Seite stellt die moderne Brustprothetik eine grosse Auswahl an Teil- oder Ausgleichsprothesen zur Verfügung (so körpergerecht geformte Büstenhalter-Einlagen aus Silikon; die ganze Brust oder Teile davon bedeckende Schalenprothesen etc.; vgl. den bereits erwähnten Ratgeber der Krebsliga Schweiz, S. 7 ff.). 5. 5.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut der Bestimmung. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Norm wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 135 II 78 E. 2.2 S. 81; BGE 135 V 215 E. 7.1 S. 229, BGE 135 V 249 E. 4.1). Eine historisch orientierte Auslegung ist für sich allein nicht entscheidend. Anderseits vermag aber nur sie die Regelungsabsicht des Gesetzgebers (die sich insbesondere aus den Materialien ergibt) aufzuzeigen, welche wiederum zusammen mit den zu ihrer Verfolgung getroffenen Wertentscheidungen verbindliche Richtschnur des Gerichts bleibt, auch wenn es das Gesetz mittels teleologischer Auslegung oder Rechtsfortbildung veränderten, vom Gesetzgeber nicht vorausgesehenen Umständen anpasst oder es ergänzt ( BGE 129 I 12 E. 3.3 S. 16; BGE 129 V 95 E. 2.2 S. 98). 5.2 Der IV-Stelle ist insofern beizupflichten, dass einer an Brustkrebs erkrankten Versicherten nach dem klaren Wortlaut von Ziff. 1.03 HVI-Anhang eine definitive Brust-Exoprothese nur "nach Mamma-Amputation" vergütet wird. Die französische und die italienische Sprachfassung ("après mammectomie"; "dopo mastectomia") stimmen diesbezüglich mit der deutschen Version vollständig überein. Es fragt sich indessen, ob diese rein grammatikalische Lesart der streitigen Verordnungsbestimmung einer zweckgerichteten, die Entstehungsgeschichte berücksichtigenden und systematischen Betrachtung standhält (was einen Leistungsanspruch der brusterhaltend operierten Beschwerdegegnerin ausschlösse). BGE 137 V 13 S. 18 5.3 5.3.1 Von entstehungsgeschichtlicher Warte aus lässt sich den Materialien (Erläuterungen des BSV) entnehmen, dass mit der auf den 1. Januar 1983 in Kraft gesetzten Änderung der HVI samt zugehöriger Hilfsmittelliste vom 21. September 1982 (AS 1982 1931) eine Erweiterung der Hilfsmittelansprüche einherging, insbesondere im Hinblick auf die Eingliederung auch ausserhalb der Arbeitswelt im Sinne einer sozialen Integration (ZAK 1982 S. 426 ff.). In diesem Zusammenhang ist denn auch die damalige Aufnahme definitiver Brust-Exoprothesen in die Hilfsmittelliste zu sehen. Für sie galt von Beginn weg, was für die bereits zuvor in die Liste aufgenommenen Ohrmuschel-, Nasen- und Kieferersatzstücke mit Wirkung ab Anfang 1983 neu geregelt wurde, nämlich dass deren Abgabe nicht (mehr) davon abhing, ob sie für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder einer Tätigkeit in einem verwandten Bereich notwendig waren. Es genügte, wenn die Brust- und Gesichtsepithesen "für die Pflege gesellschaftlicher Kontakte bzw. für das Auftreten in der Öffentlichkeit benötigt" wurden (erwähnte BSV-Erläuterungen: ZAK 1982 S. 429). Angesichts dieser (nach wie vor massgebenden) Regelungsabsicht des Verordnungsgebers vermag aus heutigem Blickwinkel nicht einzuleuchten, wenn das EDI gemäss Wortlaut von Ziff. 1.03 HVI-Anhang einen Anspruch auf eine Brust-Exoprothese (bei an Mammakarzinom erkrankten Versicherten) nur nach vorangegangener Mastektomie einräumte. Der damit einhergehende (vermeintliche) Ausschluss von brusterhaltend operierten Versicherten vom hier streitigen Hilfsmittelanspruch lässt sich denn auch nur entstehungszeitlich erklären: Bis tief in die Achtzigerjahre des vorigen Jahrhunderts war Brustoperation weitestgehend gleichbedeutend mit Brustentfernung (Mastektomie). Das seit 1984 erscheinende, 2003 in 5. Auflage herausgegebene Roche Lexikon Medizin (München und Jena) verzeichnet erst seit seiner 4. Auflage von 1998 einen Eintrag unter dem Stichwort "brusterhaltende Therapie, BET". So gesehen vermag es nicht zu erstaunen, dass das EDI bei seiner Verordnungsänderung vom 21. September 1982 als Anwendungsfall für die Versorgung mit einer Brust-Exoprothese nach Krebserkrankung einzig die Mamma-Amputation im Auge hatte. Bei einer diese Entstehungsgeschichte berücksichtigenden Auslegung der fraglichen Norm steht indessen nichts entgegen, den Hilfsmittelanspruch auch nach brusterhaltendem Operationsverfahren einzuräumen. 5.3.2 In systematischer Hinsicht ergibt sich bereits aus dem in der streitigen Ziff. 1.03 HVI-Anhang selber angeführten alternativen BGE 137 V 13 S. 19 Anwendungsbereich "bei Vorliegen eines Poland-Syndroms", dass der Verordnungsgeber nicht etwa nur bei vollständiger operativer Entfernung oder vollständigem Fehlen der Brust einen entsprechenden Hilfsmittelanspruch anerkennen wollte. Beim Poland-Syndrom handelt es sich um einen seltenen Fehlbildungskomplex, welcher sich u.a. in einer einseitigen Hypo- oder Aplasie der Brust äussern kann (Roche Lexikon Medizin, 5. Aufl. 2003, S. 1487). Neben dem Fehlen (Aplasie) kann also nach der Regelungsabsicht des EDI auch eine Unterentwicklung (Hypoplasie) der einen Brust (im Vergleich zur andern) Anspruch auf eine definitive Brust-Exoprothese geben. Die von einer Hypoplasie bei Poland-Syndrom betroffene Frau benötigt in gleicher Weise wie brusterhaltend operierte Krebspatientinnen oder solche, bei denen der Brustaufbau nach Mastektomie nicht zur Wiederherstellung des früheren Erscheinungsbildes führte, Teil- oder Ausgleichsprothesen im hievor (E. 4.2) umschriebenen Sinne. 5.3.3 Auch aus teleologischer (zweckbezogener) Sicht verbietet sich eine wortwörtliche Auslegung von Ziff. 1.03 HVI-Anhang. Das Eidg. Versicherungsgericht hat festgestellt, dass bei der Konkretisierung der Einfachheits- und Zweckmässigkeitsanforderung an ein bestimmtes Hilfsmittel auf die technische Entwicklung Rücksicht zu nehmen ist. Die Hilfsmittelversorgung muss zeitgemäss sein ( BGE 132 V 215 E. 4.3.3 S. 226 f.; FRIEDRICH BELLWALD, Hilfsmittel gemäss Art. 14 ATSG , SZS 2009 S. 461 ff., 462; derselbe , Der Begriff des Hilfsmittels in der Unfallversicherung, SZS 2005 S. 309 ff., 311). Diese Überlegungen sind gleichermassen im Zusammenhang mit dem in der Hilfsmittelliste vorgeschriebenen jeweiligen Anwendungsbereich eines Hilfsmittels anzustellen. Wenn der Verordnungsgeber - wie dargelegt (E. 5.3.1 hievor) - im Lichte des seinerzeitigen Erkenntnisstandes einzig die Mamma-Amputation als Anwendungsfall für die Versorgung mit einer Brust-Exoprothese nach Krebserkrankung zu erblicken vermochte, darf sich die Invalidenversicherung dem (damals nicht voraussehbaren) Fortschritt der operativen Therapie beim Mammakarzinom, namentlich des brusterhaltenden Behandlungskonzepts, nicht einfach verschliessen. Vielmehr verlangt die aufgezeigte Regelungsabsicht des EDI, nämlich die wesentliche Erleichterung bei der Pflege gesellschaftlicher Kontakte und beim Auftreten in der Öffentlichkeit, dass sämtliche versicherten Frauen, die organisch bedingt (Poland-Syndrom, Agenesie der Mamma) oder nach einer Krebsoperation (welcher Art auch immer) ein augenfälliges Brustvolumendefizit aufweisen, gegenüber der BGE 137 V 13 S. 20 Invalidenversicherung Brust-Exoprothesen in Form definitiver Voll- oder Teilprothesen beanspruchen können. 5.4 Nach dem Gesagten führt die Interpretation von Ziff. 1.03 HVI-Anhang aufgrund der übrigen normunmittelbaren Auslegungskriterien zum klaren Ergebnis, dass der Wortlaut der Verordnungsbestimmung zu eng gefasst ist und somit nicht deren wahren Sinn zum Ausdruck bringt. Entgegen dem reinen Wortsinn erstreckt sich der Anwendungsbereich der Norm nach ihrem allein massgebenden Rechtssinn auch auf die Prothesenversorgung nach einer brusterhaltenden Tumorentfernung. Unbestrittenermassen verlor die Beschwerdegegnerin durch die bei ihr vorgenommene Krebsoperation rund ein Drittel des Volumens der rechten Brust. Die Invalidenversicherung hat ihr daher die Kosten der zur Wiederherstellung eines ausgeglichenen Körperbildes selbst angeschafften definitiven Brust-Teilprothese (einschliesslich Zubehör) nach dem anwendbaren Tarifvertrag zu vergüten. Dies führt zur Abweisung der von der IV-Stelle erhobenen Beschwerde.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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Urteilskopf 116 Ib 465 56. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 5 novembre 1990 dans la cause World Wildlife Fund (WWF) Suisse contre Victor Piccand et commune de Grenilles (recours de droit administratif)
Regeste Art. 12 NHG , Art. 55 USG , Art. 103 lit. c OG , Art. 24 RPG , Art. 25 Abs. 2 RPV ; Beschwerderecht der gesamtschweizerischen ideellen Vereinigungen gemäss Art. 12 NHG gegen eine Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG (Motocrosstrainingpiste in einer Kiesgrube). Die klare Mitteilung bzw. die in Art. 25 Abs. 2 RPV vorgeschriebene Publikation einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG ist Voraussetzung zu deren Anfechtung durch eine ideelle Vereinigung gemäss Art. 12 NHG . Ist die genannte Voraussetzung erfüllt, so haben sich die Vereinigungen jedenfalls am letztinstanzlichen kantonalen Verfahren zu beteiligen, um zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht berechtigt zu sein (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 466 BGE 116 Ib 465 S. 466 En 1982, Victor Piccand a aménagé une piste de motocross dans une gravière, sise au lieu-dit "Chaney", sur le territoire de la commune de Grenilles. Afin de régulariser la situation, il a déposé le 8 novembre 1988 une demande de changement d'affectation de la gravière en piste d'entraînement provisoire. La demande a été mise à l'enquête publique du 3 au 16 février 1989. L'avis d'enquête ne mentionnait pas la nécessité d'une autorisation exceptionnelle. La fondation World Wildlife Fund Suisse ne s'est pas opposée au projet pendant le délai d'enquête. La Direction des travaux publics du canton de Fribourg a autorisé le changement de destination de la gravière sur la base de l'art. 24 al. 1 de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire du 22 juin 1979 (LAT). Cette décision a été publiée dans la Feuille officielle du canton de Fribourg du 2 juin 1989, conformément à l' art 25 al. 2 OAT . La fondation a formé un recours le 15 juin 1989 contre la décision cantonale auprès du Conseil d'Etat du canton de Fribourg qui l'a déclaré irrecevable par arrêté du 13 mars 1990. Agissant par la voie du recours de droit administratif, la fondation demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision cantonale. Le Tribunal fédéral a admis le recours et a renvoyé la cause au Conseil d'Etat. Erwägungen Considérant en droit: 2. Le Conseil d'Etat a déclaré le recours de la fondation irrecevable sur la base de l'art. 59 al. 2 de la loi fribourgeoise du 9 mai 1983 sur l'aménagement du territoire et les constructions (LATeC). Selon cette disposition, le requérant, la commune ou un opposant peuvent recourir contre les décisions de la Direction des travaux publics relatives aux constructions sises hors des zones à bâtir. Comme la fondation n'était pas intervenue pendant l'enquête publique concernant la demande du changement d'affectation de la gravière, le Conseil d'Etat a constaté qu'elle n'avait pas la qualité d'opposante et il a refusé d'entrer en matière sur son recours. a) La fondation recourante est une organisation d'importance nationale, qui se voue à la protection de la nature et du paysage par pur idéal au sens de l' art. 12 LPN . En vertu de cette disposition, elle a qualité pour recourir contre les décisions relatives à BGE 116 Ib 465 S. 467 l'accomplissement de tâches de la Confédération au sens de l' art. 2 LPN , notamment contre les autorisations délivrées sur la base de l' art. 24 LAT , lorsque les impératifs de la protection de la nature et du paysage ( art. 24sexies Cst. ) sont en cause ( ATF 116 Ib 121 ss consid. 2b; ATF 115 Ib 338 consid. 1 et 2, ATF 112 Ib 70 ss). Tel est le cas en l'espèce, ou, de plus, l'exploitation de la piste nécessite une installation d'arrosage avec une prise d'eau soumise aux exigences relatives à la protection des biotopes, prévues au chapitre quatre de la loi fédérale sur la pêche du 14 décembre 1973 ( ATF 109 Ib 217 consid. 3). La qualité pour recourir devant les instances cantonales doit être reconnue aux associations visées à l' art. 12 LPN , dans les mêmes limites qu'en matière de recours de droit administratif au Tribunal fédéral ( art. 103 OJ ; ATF ATF 112 Ib 71 consid. 2), ce qui résulte expressément de l' art. 33 al. 3 let. a LAT pour les décisions relevant de l' art. 24 LAT . b) Les organisations qui entendent exercer le droit de recours prévu par les art. 12 LPN et 55 LPE doivent participer à la procédure de dernière instance cantonale. Elles doivent donc être clairement informées, par exemple au moyen d'une publication adéquate conforme au droit cantonal, du fait qu'un projet exige une autorisation relevant du droit fédéral, soumise à cette voie de droit ( ATF 116 Ib 121 consid. 2b et c). Pour les autorisations selon l' art. 24 LAT , l'annonce spécifique exigée par l'art. 25 al. 2 de l'ordonnance sur l'aménagement du territoire du 2 octobre 1989 (OAT) est un moyen de publicité suffisant. En l'espèce, l'autorisation contestée a été publiée le 2 juin 1989 dans la Feuille officielle du canton de Fribourg. La recourante a attaqué cette décision dans les formes et délai prévus à cet effet. Il convient d'examiner si le Conseil d'Etat pouvait encore soumettre la recevabilité du recours à la condition que la fondation soit intervenue au stade de l'enquête publique, avant la publication prévue par l' art. 25 OAT . c) En matière de constructions hors des zones à bâtir, le droit cantonal peut réglementer la participation des organisations mentionnées aux art. 12 LPN et 55 LPE à la procédure cantonale, mais il doit veiller à ne pas rendre impossible ou excessivement difficile l'exercice du droit de recours garanti par le droit fédéral. La jurisprudence a ainsi posé le principe que le droit cantonal ne peut exclure de la procédure cantonale les organisations qui ne seraient pas intervenues avant la publication prévue par l' art. 25 al. 2 OAT ATF 116 Ib 433 E. BGE 116 Ib 465 S. 468 Le Conseil d'Etat ne pouvait donc subordonner la qualité pour recourir de la fondation à la condition qu'elle se soit opposée à la requête d'autorisation, déjà avant la publication de la décision cantonale, effectuée conformément à l' art. 25 al. 2 OAT . En refusant d'entrer en matière sur le recours, le Conseil d'Etat a donc empêché l'application du droit fédéral qui confère à la fondation le droit de recourir ( art. 12 LPN , 103 let. c OJ, 33 al. 3 let. a et 34 al. 1 LAT, 25 al. 2 OAT). Le recours doit dès lors être admis pour violation du droit fédéral ( art. 104 let. a OJ ). Au demeurant, on peut relever que l'art. 59 LATeC ne réglemente pas la participation des organisations mentionnées à l' art. 12 LPN à la procédure d'opposition pour les constructions hors des zones à bâtir, contrairement à ce qui est prévu en matière de plans d'affectation (art. 80 al. 2 et 3 LATeC). De plus, en l'espèce, l'avis relatif à la mise à l'enquête publique ne mentionnait pas la nécessité d'une autorisation spéciale au sens de l' art. 24 LAT pour le changement de destination de la gravière en piste de motocross.
public_law
nan
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1,990
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CH_BGE_003
CH
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Urteilskopf 111 II 281 56. Estratto della sentenza 21 maggio 1985 della I Corte civile nella causa X e Y contro Dipartimento di giustizia della Repubblica e Cantone del Ticino e società anonima Z (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 704 OR und Art. 85 HRegV : Auflegung der Gewinn- und Verlustrechnung und der Bilanz einer Aktiengesellschaft. 1. Die Forderung des Gesuchstellers gegenüber der Gesellschaft muss nicht bloss glaubhaft gemacht, sondern bewiesen werden, auch wenn diesbezüglich nicht zu strenge Anforderungen gestellt werden; dasselbe gilt für die Erhebung von Gegenforderungen durch die Gesellschaft (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2). 2. Das Handelsregisteramt oder die Aufsichtsbehörde haben den rechtserheblichen Sachverhalt nach dem Untersuchungsgrundsatz von Amtes wegen festzustellen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 282 BGE 111 II 281 S. 282 Il 13 settembre 1984, su istanza di X e Y, l'Ufficio del registro di commercio di Lugano invitò la società anonima Z a depositare l'ultimo bilancio e il conto profitti e perdite così com'erano stati approvati dall'assemblea generale e firmati dall'amministrazione. Diffidata il 15 novembre successivo, la ditta rifiutò di consegnare i documenti sostenendo di detenere anch'essa verso gli interessati un credito analogo a quello vantato dai medesimi nei confronti della società. Pertanto, il 20 novembre 1984 l'Ufficio del registro di commercio trasmise la controversia al Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino quale autorità di vigilanza, che il 27 novembre 1984 respinse la domanda di X e Y giudicando la loro pretesa non dimostrata e in ogni modo compensabile. X e Y introducono il 19 dicembre 1984 un ricorso di diritto amministrativo in cui chiedono che la decisione cantonale sia annullata, che alla società anonima Z sia imposto di presentare i noti rendiconti e che il Tribunale federale autorizzi la consultazione di questi atti. Erwägungen Dai considerandi: 2. L'esame del conto profitti e perdite e del bilancio di una società anonima che non pubblica tali consuntivi può essere domandato all'Ufficio del registro di commercio da ogni persona che si dimostra creditrice della società ( art. 704 CO e 85 ORC). La giurisprudenza ha già avuto occasione di stabilire che il credito verso l'azienda dev'essere non solo reso verosimile, ma provato, quantunque non si pongano al riguardo esigenze troppo severe (sul vecchio testo dell' art. 85 cpv. 1 ORC si veda DTF 78 I 174 ; cfr. altresì DTF 99 Ib 437 consid. 2; sentenze inedite del 7 novembre 1983 e 29 settembre 1983 in re O., del 20 maggio 1980 BGE 111 II 281 S. 283 in re G., consid. 1). a) La pretesa in questione è fondata su tre riconoscimenti di debito: due firmati dall'amministratrice unica della società anonima Z per complessivi Fr. 50'000.-- e uno di Fr. 10'000.-- sottoscritto dal marito di costei; nonostante un rimborso di Fr. 5'000.--, il mutuo conseguito dalla società ammonterebbe tuttora a Fr. 55'000.--. La ditta non contesta esplicitamente il mutuo: si limita a ribadire un credito identico, basato su una fattura 16 aprile 1984, a sua volta dedotto in esecuzione. Date simili premesse è indubbio che i ricorrenti possono valersi degli art. 704 CO e 85 ORC, le due dichiarazioni rilasciate dalla società per il tramite di una persona abilitata a rappresentarla bastando pienamente a giustificare la richiesta litigiosa. Certo, i ricorrenti non allegano una sentenza che rimuova l'opposizione sollevata dalla ditta al loro precetto esecutivo, tuttavia un requisito del genere non appare indispensabile né occorre attendere l'eventuale giudizio sul rigetto d'opposizione per decidere se una domanda è conforme agli art. 704 CO e 85 ORC. Sotto questo profilo l'opinione dell'autorità di vigilanza non può essere condivisa. b) Rimane da chiarire se la ditta ha fornito, nella specie, elementi idonei a inficiare la qualità di creditore documentata dai ricorrenti. Ciò si ravvisa, in genere, quando la società anonima eccepisce la compensazione della pretesa o invoca un vizio di volontà, a meno che tali argomenti si rivelino d'acchito insostenibili o privi di consistenza ( DTF 78 I 174 consid. 4 i.f.). Nondimeno, se la ditta è libera di contrastare il debito con i mezzi legali che più reputa opportuni, semplici affermazioni di parte non possono definirsi sufficienti. Pronunciandosi in materia di compensazione, il Tribunale federale ha già precisato che, per ostare al diritto di consultare il conto profitti e perdite e il bilancio, la pretesa avanzata dalla società non deve lasciar sussistere dubbi. Essa, in altri termini, dev'essere confortata alla stregua del credito certificato dal richiedente (sentenza citata in re G., consid. 2c). Ora, nel caso specifico la società non ha affatto provato l'esistenza del credito in compensazione. Una fattura e un precetto esecutivo (munito d'opposizione) costituiscono meri atti unilaterali; quanto ai documenti esibiti, essi si riferiscono a rapporti giuridici intercorsi fra i ricorrenti e terze persone proprietarie di un immobile d'appartamenti a Pregassona. Nulla avvalora l'evenienza, per contro, che la ditta sia titolare di un credito verso i richiedenti. Mancando ogni BGE 111 II 281 S. 284 equivalenza di prova - anzi, qualsiasi prova - sulla pretesa compensativa, la domanda formulata dai ricorrenti in base agli art. 704 CO e 85 ORC si palesa legittima e il gravame provvisto di buon fondamento. 3. L'Ufficio federale di giustizia propone che la causa sia rimandata all'autorità di vigilanza per completare l'istruttoria e statuire di nuovo ( art. 114 cpv. 2 OG ). La prima indicazione può esimersi. È vero che la procedura amministrativa è retta dal principio inquisitorio, stando al quale l'autorità deve accertare d'ufficio gli elementi di fatto suscettibili di influire sulla decisione e assumere di sua iniziativa le prove necessarie (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2a edizione, pag. 208 segg.; SCHWARZENBACH, Grundriss des allgemeinen Verwaltungsrechts, 9a edizione, pag. 140 e 150; art. 18 della legge ticinese di procedura per le cause amministrative; art. 12 PA ). Se non che, il principio inquisitorio non esonera l'interessato dal sostanziare le proprie tesi ( DTF 109 II 398 consid. 2c con rinvio). La società anonima Z ha avuto facoltà di dimostrare la contropretesa sul piano cantonale e federale; inoltre dalle sue osservazioni non emerge l'esistenza di ulteriori documenti atti a suffragare il credito compensativo, sicché l'assunzione di prove supplementari non lascerebbe presagire chiarimenti di rilievo. L'autorità di vigilanza deve così essere invitata a far rispettare, giusta l' art. 85 cpv. 3 ORC , la diffida emessa il 15 novembre 1984 dall'Ufficio del registro di commercio di Lugano. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto, la decisione impugnata è annullata e la causa è rinviata all'autorità cantonale di vigilanza perché esiga, dato il caso con ammende, che sia ottemperato alla diffida notificata alla società anonima Z dall'Ufficio del registro di commercio di Lugano.
public_law
nan
it
1,985
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
97fce66c-8c4d-49ca-8961-8bfbcc9f3d54
Urteilskopf 138 III 137 21. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. C.X. gegen D.X. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_155/2011 vom 10. Januar 2012
Regeste BEG, Art. 400 Abs. 1 OR ; Rechtsnatur und Herausgabe von Bucheffekten; intertemporales Recht. Rechtsnatur von Bucheffekten. Bucheffekten können weder vindiziert noch nach den Regeln des Besitzesschutzes herausverlangt werden. Eine Rückabwicklung hat nach schuldrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen (E. 5.2.1). Sammelverwahrte Wertpapiere, die einem Effektenkonto bei einer Verwahrungsstelle gutgeschrieben sind, wurden mit Inkrafttreten des BEG automatisch zu Bucheffekten (E. 5.2.2). Pflicht zur Herausgabe von Bucheffekten gestützt auf Art. 400 Abs. 1 OR (E. 5.3).
Erwägungen ab Seite 138 BGE 138 III 137 S. 138 Aus den Erwägungen: 5. Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe verkannt, dass er gar nicht im vollen Umfang der Klage passivlegitimiert sei, da die Hälfte des eingeklagten Betrags bzw. die Hälfte der Titel, welche herausverlangt würden, unbestrittenermassen an den gemeinsamen Bruder der Parteien geflossen seien. Selbst wenn er zur Zahlung des vollen Geldbetrags verurteilt werden könnte, gelte dies aber sicherlich nicht für die Herausgabe der Titel, welche gestützt auf Art. 641 Abs. 2 ZGB nur vom aktuellen Besitzer verlangt werden könne. 5.1 Die Vorinstanz hat ausgeführt, der Beschwerdeführer habe als direkter Stellvertreter des Beschwerdegegners (lediglich) dessen 1'833 Namenaktien zum zehnfachen Nennwert verkauft, obwohl der Auftrag des Beschwerdegegners auf Verkauf der Namenaktien, der Inhaberaktien sowie der Partizipationsscheine zum fünffachen Nennwert gelautet hatte. Ein ohne Ermächtigung geschlossener Vertrag könne aber vom Vertretenen genehmigt werden ( Art. 38 OR ), wobei eine solche Genehmigung als stillschweigend erteilt gelten könne, wenn wie im vorliegenden Fall der Stellvertreter für den Vertretenen ein günstigeres Ergebnis erzielt habe. Damit habe der BGE 138 III 137 S. 139 Beschwerdegegner gegenüber dem Beschwerdeführer grundsätzlich einen Anspruch auf Bezahlung des eingeklagten Betrages von Fr. 562'072.50 und auf Herausgabe der nicht verkauften 40 Inhaberaktien und 1'075 Partizipationsscheine, deren Eigentümer er geblieben sei. Was die Herausgabe der Inhaberaktien und der Partizipationsscheine angehe, sei zu beachten, dass diese zentral bei der SIX SIS AG (vormals SEGA) sammelverwahrt würden. Die Titel seien nach wie vor im Depot der Bank Y. eingebucht. Bei dieser Sachlage richte sich das Vindikationsbegehren des Beschwerdegegners zwar in erster Linie gegen die Bank Y. Ein dinglicher Herausgabeanspruch könne sich aber auch gegen einen mittelbaren Besitzer richten. Als solcher sei der Beschwerdeführer zu betrachten, nachdem dieser die Verwaltung des Depots von B.E. übernommen habe. Damit habe der Beschwerdeführer die 40 Inhaberaktien und 1'075 Partizipationsscheine herauszugeben. 5.2 Die Vorinstanz qualifizierte den Beschwerdeführer als mittelbaren Besitzer der Titel und demzufolge bezüglich sämtlicher Titel als passivlegitimiert. Die Argumentation der Vorinstanz setzt voraus, dass der Beschwerdegegner einen dinglichen Herausgabeanspruch gegen den Beschwerdeführer hat. 5.2.1 Das vorinstanzliche Urteil erging am 23. Dezember 2010. Am 1. Januar 2010 ist das Bundesgesetz über Bucheffekten (BEG; SR 957.1) in Kraft getreten. Bucheffekten sind vertretbare Forderungs- oder Mitgliedschaftsrechte gegenüber dem Emittenten, die einem Effektenkonto gutgeschrieben sind und über welche der Kontoinhaber nach den Vorschriften des BEG verfügen kann ( Art. 3 Abs. 1 BEG ). Sie sind Vermögensobjekte sui generis (Botschaft vom 15. November 2006 zum Bucheffektengesetz sowie zum Haager Wertpapierübereinkommen [im Folgenden: Botschaft BEG], BBl 2006 9339 Ziff. 2.1.1.1; HESS/STÖCKLI, Das Bucheffektengesetz: Grundzüge und Missverständnisse, Anwaltsrevue 3/2010 S. 115). Das an ihnen bestehende Eigentum ist nicht im engen sachenrechtlichen Sinn zu verstehen (Botschaft BEG, a.a.O., 9342 Ziff. 2.1.2 Art. 1 Abs. 2; vgl. zur rechtssystematischen Einordnung HANS KUHN, Schweizerisches Kreditsicherungsrecht, 2011, § 26 N. 20 mit Hinweisen; WIEGAND, Die Bucheffekte - Ein neues Vermögensrecht?, in: Festschrift für Helmut Koziol zum 70. Geburtstag, 2010, S. 1127, 1136 f.). Die sachenrechtliche Beziehung des Hinterlegers zu den Urkunden wird indessen nicht aufgehoben, sondern lediglich sistiert (HESS/STÖCKLI, BGE 138 III 137 S. 140 a.a.O., S. 115). Sie lebt wieder auf, wenn die Wertpapiere von der Verwahrungsstelle herausgegeben werden (vgl. Art. 8 BEG ). Diesen Grundsätzen entsprechend ist eine Vindikation von Bucheffekten und die Restituierung nach den Regeln des Besitzesschutzes ausgeschlossen (Botschaft BEG, a.a.O., 9378 Ziff. 2.1.6.3 Art. 29 Abs. 2; VON DER CRONE/BILEK, Aktienrechtliche Querbezüge zum geplanten Bucheffektengesetz, SZW 2/2008 S. 206; KUHN, a.a.O., § 26 N. 25). Eine Rückabwicklung hat vielmehr nach schuldrechtlichen Grundsätzen zu erfolgen, wobei sich ein entsprechender Anspruch etwa auch aus einem Vertragsverhältnis ergeben kann (Botschaft BEG, a.a.O., 9378 Ziff. 2.1.6.3 Art. 29 Abs. 2; VON DER CRONE/BILEK, a.a.O., S. 206). 5.2.2 Das BEG ist während des Rechtsmittelverfahrens in Kraft getreten. Neue Gesetzesbestimmungen sind grundsätzlich auch in Rechtsmittelverfahren zu berücksichtigen, wenn sie nach den intertemporalrechtlichen Regeln in der Sache anwendbar sind (vgl. MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, BGG, 2. Aufl. 2011, N. 30 zu Art. 99 BGG ; VON WERDT, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], Seiler/von Werdt/Güngerich [Hrsg.], 2007, N. 9 zu Art. 99 BGG ; SPÜHLER/DOLGE/VOCK, Kurzkommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2006, N. 5 zu Art. 99 BGG ). Das intertemporale Recht findet sich vorliegend in den Übergangsbestimmungen nach Art. 35 BEG und subsidiär im Schlusstitel zum ZGB (Botschaft BEG, a.a.O., 9385 Ziff. 2.1.9 Art. 35). Das BEG befasst sich in Artikel 35 Absatz 1 mit Wertrechten, auf welche das Gesetz nur anwendbar ist, wenn sie im Hauptregister einer Verwahrungsstelle eingetragen sind (vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. c BEG ). Übergangsrechtlich ist daher vorgesehen, dass Emittenten von Wertrechten, die einem durch eine Verwahrungsstelle geführten Effektenkonto gutgeschrieben sind, innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des BEG bei einer Verwahrungsstelle das Hauptregister einzurichten und die Wertrechte darin eintragen zu lassen haben ( Art. 35 Abs. 1 BEG ). Erst dann werden die Wertrechte in Bucheffekten umgewandelt und vom Geltungsbereich des BEG erfasst (Botschaft BEG, a.a.O., 9385 Ziff. 2.1.9 Art. 35 Abs. 1). Anders verhält es sich hingegen bei den sammelverwahrten Wertpapieren, die einem Effektenkonto bei einer Verwahrungsstelle wie einer Bank gutgeschrieben sind. Diese werden mit Inkrafttreten des BEG automatisch zu Bucheffekten (Botschaft BEG, a.a.O., 9385 Ziff. 2.1.9 Art. 35 Abs. 1; DALLA TORRE/GERMANN, 12 Antworten zum neuen BGE 138 III 137 S. 141 Bucheffektengesetz, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht [GesKR] 4/2009 S. 575; MARTIN LANZ, Aktientransfers unter dem neuen Bucheffektengesetz, in: Kapitalmarkttransaktionen IV, Reutter/Werlen [Hrsg.], 2009, S. 200; HARALD BÄRTSCHI, Die rechtliche Umsetzung des Bucheffektengesetzes, AJP 2009 S. 1085). Dies hat zur Folge, dass eine Vindikation von sammelverwahrten Wertpapieren, die einem Effektenkonto bei einer Bank gutgeschrieben waren, ab dem Inkrafttreten des BEG am 1. Januar 2010 nicht mehr möglich ist. Ein Wertpapier ist eine Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch auf andere übertragen werden kann ( Art. 965 OR ). Dazu gehören sowohl Inhaberaktien als auch Partizipationsscheine (FURTER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, 3. Aufl. 2008, N. 15 zu Art. 965 OR ; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, 2. Aufl. 2000, § 1 N. 17, § 2 N. 134, § 19 N. 64). Die streitgegenständlichen sammelverwahrten Inhaberaktien und Partizipationsscheine, welche auf dem Bankdepot eingebucht sind, wurden somit am 1. Januar 2010 zu Bucheffekten, mit der Konsequenz, dass eine Vindikation vorliegend nicht mehr möglich ist. Der Beschwerdegegner ist damit auf vertragliche Ansprüche verwiesen. 5.3 Die Parteien standen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Titel in einem Auftragsverhältnis. Zu prüfen ist daher, ob der Beschwerdegegner aus diesem Auftragsverhältnis einen vertraglichen Anspruch auf Herausgabe von als Bucheffekten ausgestalteten 40 Inhaberaktien und 1'075 Partizipationsscheinen hat. Zu prüfen ist zudem der vom Beschwerdeführer erhobene Einwand der teils fehlenden Passivlegitimation in Bezug auf diese Titel und den Geldbetrag von Fr. 562'072.50. 5.3.1 Durch die Annahme eines Auftrages verpflichtet sich der Beauftragte, die ihm übertragenen Geschäfte oder Dienste vertragsgemäss zu besorgen ( Art. 394 Abs. 1 OR ). Er hat alles, was ihm infolge seiner Geschäftsführung aus irgendeinem Grunde zugekommen ist, zu erstatten ( Art. 400 Abs. 1 OR ). Die Herausgabepflicht betrifft neben den Vermögenswerten, die der Beauftragte direkt vom Auftraggeber zur Erfüllung des Auftrags erhält, auch indirekte Vorteile, die der Beauftragte infolge der Auftragsausführung erlangt ( BGE 137 III 393 E. 2.1; BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464). Der Beauftragte soll durch den Auftrag - abgesehen von einem allfälligen Honorar - weder gewinnen noch verlieren. Er muss daher alle Vermögenswerte herausgeben, welche in einem inneren Zusammenhang zur BGE 138 III 137 S. 142 Auftragsausführung stehen. Wird ein Vermögenswert etwa teurer verkauft, als der Auftraggeber vorgegeben hat, steht der Vorteil diesem zu (VITO ROBERTO, Die auftragsrechtliche Herausgabepflicht des "Erlangten", ZSR 128/2009 I S. 35). Behalten darf der Beauftragte nur, was er lediglich bei Gelegenheit der Auftragsausführung, ohne inneren Zusammenhang mit dem ihm erteilten Auftrag, von Dritten erhält ( BGE 132 III 460 E. 4.1 S. 464 mit Hinweisen). Gegenstand der Herausgabepflicht können etwa Wertpapiere, Geld oder auch obligatorische Rechte sein (FELLMANN, Berner Kommentar, 1992, N. 129 zu Art. 400 OR ). 5.3.2 Die Vorinstanz hat festgestellt, dass der Beschwerdegegner den Beschwerdeführer ursprünglich damit beauftragt hatte, seine Namenaktien, Inhaberaktien sowie Partizipationsscheine zum fünffachen Nennwert zu verkaufen. Stattdessen hat der Beschwerdeführer lediglich die 1'833 Namenaktien des Beschwerdegegners verkauft, diese hingegen zum zehnfachen Nennwert. Diese Variante war für den Beschwerdegegner unbestrittenermassen günstiger, da daraus ein Erlös von Fr. 1'833'000.- resultierte und zudem die Inhaberaktien und Partizipationsscheine in seinem Eigentum verblieben, wogegen nach der von ihm gewünschten Variante sämtliche Titel zu einem Erlös von lediglich Fr. 1'265'250.- verkauft worden wären. Die Vorinstanz hat ausgeführt, dass der Beschwerdegegner den Abschluss des Kaufvertrags in dieser Form genehmigt hat. In Kenntnis des Kaufvertrags forderte der Beschwerdegegner von B.E. die Herausgabe seiner nicht verkauften hinterlegten Titel, worauf dieser mitteilte, die erwähnten Titel seien auf Anweisung des Beschwerdeführers diesem ausgehändigt worden. Festgestellt ist schliesslich, dass der Beschwerdeführer die Verwaltung des Bankdepots von B.E. übernommen hat und dass sich sämtliche Titel noch in diesem Depot befinden. 5.3.3 Sowohl der Differenzbetrag aus dem Erlös als auch die als Bucheffekten ausgestalteten Titel stellen Vermögenswerte dar und können Gegenstand der Herausgabepflicht sein. Den Erlös hat der Beschwerdeführer als Stellvertreter der Verkäufer und in Ausführung des Auftrags, die Wertpapiere zu verkaufen, entgegengenommen. Die Inhaberpapiere und Partizipationsscheine hat er vom damaligen Verwalter des Bankdepots, B.E., durch seine Stellung als Beauftragter zur internen Abrechnung des Aktienverkaufs erlangt, nachdem B.E. im Glauben war, der Beschwerdegegner hätte alle Titel verkauft. Sowohl den Erlös als auch die Titel des BGE 138 III 137 S. 143 Beschwerdegegners hat der Beschwerdeführer damit infolge der Auftragsausführung erlangt. Die Vermögenswerte stehen zudem in einem inneren Zusammenhang mit der Ausführung des Auftrags, der gerade im Verkauf der Titel des Beschwerdegegners bestand. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der von ihm nach Abschluss des Kaufvertrags vorgenommene Ausgleich durch Aufteilung der Erlösdifferenz und der Inhaberaktien und Partizipationsscheine auf sich und seinen Bruder sei ihm nicht vorzuwerfen, da der Beschwerdegegner schliesslich genau das erhalten habe, was er gefordert hatte. Er übersieht dabei, dass der Beschwerdegegner den von ihm geschlossenen Kaufvertrag wie von der Vorinstanz ausgeführt genehmigt hat, was auch konkludent möglich ist ( BGE 101 II 222 E. 6b/bb S. 230). Dies wird vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Nachdem der Vertrag aber vom Beschwerdegegner genehmigt wurde, kann der Beschwerdeführer den gestützt auf diesen Vertrag erzielten Erlös und die übrig gebliebenen Titel dem Beschwerdegegner nicht mit dem blossen Hinweis auf die ursprünglich beabsichtigte Lösung vorenthalten. Denn dies würde dem Grundsatz widersprechen, dass der Beauftragte durch den Auftrag keinen Vermögensvorteil erlangen soll. Der Beschwerdegegner verlangt lediglich die Herausgabe der nicht verkauften Titel und des Differenzbetrags zwischen dem erhaltenen und dem höheren Erlös, den der Beschwerdeführer durch den Verkauf der Namenaktien zum zehnfachen Nennwert erzielt hat. Dieser Vorteil steht dem Beschwerdegegner zu. Eine Herausgabepflicht ist damit zu bejahen. Der Beschwerdeführer hat dem Beschwerdegegner sowohl den Differenzbetrag von Fr. 562'072.50 aus dem Erlös als auch (nunmehr als Bucheffekten ausgestaltete) 40 Inhaberaktien und 1'075 Partizipationsscheine nach den Bestimmungen des BEG zu übertragen bzw. herauszugeben. 5.3.4 Daran ändert entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nichts, dass ein Teil dieses Geldbetrags sowie der Inhaberaktien und Partizipationsscheine an den gemeinsamen Bruder der Parteien geflossen ist. Der Anspruch des Beschwerdegegners auf Herausgabe des gesamten Erlöses und sämtlicher Titel stützt sich auf einen obligatorischen Anspruch, der einzig gegen den Beschwerdeführer kraft seiner Stellung als Beauftragter gerichtet ist. Ob der Beschwerdeführer einen Teil des Erlöses und der Titel auf einen Dritten übertragen hat, ist daher vorliegend für die Passivlegitimation nicht relevant. Die Rüge ist unbegründet.
null
nan
de
2,012
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Federation
980889b6-58ed-4804-aae2-d389c8e858fa
Urteilskopf 81 I 16 4. Extrait de l'arrêt du 9 février 1955 dans la cause Bourguignon et consorts contre Genève, Cour de justice.
Regeste Handels- und Gewerbefreiheit. Gesteigerter Gemeingebrauch des öffentlichen Grund und Bodens. Voraussetzungen, unter denen das Stationieren eines Fahrzeugs (Kleintaxis) auf der Strasse als gesteigerter Gemeingebrauch zu betrachten ist und von der für diesen besonders vorgesehenen Bewilligung abhängig gemacht werden kann (Abgrenzung zwischen Stationieren zu gewerblichen und Stationieren zu privaten Zwecken).
Sachverhalt ab Seite 17 BGE 81 I 16 S. 17 A.- Le règlement du canton de Genève des 17 mars/15 avril 1953 concernant le service des taxis contient notamment la disposition suivante: "Art. 1er. - Est soumis au présent règlement et doit être au bénéfice d'une concession du Département de justice et police, celui qui utilise la voie publique pour y faire stationner des voitures automobiles légères affectées au transport professionnel de personnes (taxis)." Pierre Bourguignon, Jean Hauser, Freddy Alleman et Roland Seiler sont chauffeurs de taxis. Ils sont au service de Robert Jolliet, garagiste à Genève, qui exploite l'entreprise des taxis "Bleu-blanc-rouge". Ils n'ont pas le permis de stationnement prévu par l'art. 1er du règlement concernant le service des taxis. Ils ont donc des taxis de garage (par opposition aux taxis de place). B.- Le 28 juin 1954, à 23 heures, Bourguignon, Hauser, Alleman et Seiler ont laissé leurs taxis en stationnement sur la voie publique, devant le garage Jolliet, à la rue du Simplon. Ils ont été condamnés de ce fait, le 14 juillet 1954, par le Département de justice et police, à une amende de 10 fr. chacun, "pour stationnement sans droit d'une voiture de location sur la voie publique". Ils ont fait opposition à ce prononcé et ont été cités devant le Tribunal de police, qui les a libérés par un jugement du 14 octobre 1954 relevant notamment qu'un chauffeur ne viole pas BGE 81 I 16 S. 18 l'art. 1er du règlement concernant le service des taxis lorsqu'il laisse stationner son véhicule devant son garage pendant le temps nécessaire pour se renseigner au sujet de la course qu'il aura à effectuer ou, éventuellement, en attendant le téléphone d'un prochain client. Le 6 novembre 1954, la Cour de justice du canton de Genève, statuant sur appel du Procureur général, a réformé le jugement du Tribunal de police et condamné Bourguignon, Hauser, Alleman et Seiler à 10 fr. d'amende chacun. A son avis, le chauffeur qui n'a pas de concession ne peut "user de la voie publique que pour faire des courses et ne pourra stationner que pendant celles-ci, selon la nécessité. la voiture devant être, après comme avant, remisée hors de ladite voie". C.- Les condamnés forment un recours de droit public contre les arrêts rendus par la Cour de justice, dont ils demandent l'annulation. Leur argumentation sera reprise pour autant que de besoin dans les considérants de droit ci-après. La Cour de justice et le Procureur général concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 3. Les recourants ont été condamnés pour avoir fait stationner une voiture de location sur la voie publique alors qu'ils n'y étaient pas autorisés par le permis spécialement prévu à cet effet par l'art. 1er du règlement concernant le service des taxis. Ils critiquent cette condamnation en se plaçant sur le terrain de l'art. 31 Cst. et soutiennent notamment que cette disposition leur permettait de faire stationner leurs taxis devant le garage de leur employeur après être rentrés d'une course et en attendant le téléphone d'un prochain client. Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral, l'art. 31 Cst. ne confère pas aux particuliers le droit de faire du domaine public un usage accru. Celui qui utilise la voie publique avec une intensité inhabituelle doit y être autorisé par le détenteur du domaine public (RO 79 I BGE 81 I 16 S. 19 336/7 ; 77 I 285 ss ; 76 I 296 , 297/8 ; 73 I 214 /5). S'il agit sans cette permission, les sanctions prévues par la loi peuvent être prises à son égard, autant qu'elles n'excèdent pas les limites fixées par l'art. 4 Cst. L'usage du domaine public est accru lorsqu'il cesse d'être conforme à la destination de la chose ou qu'il exclut un usage égal de la part des autres ayants droit. Revendique notamment un usage accru sur les voies publiques celui qui, soit à titre permanent, soit pour un temps déterminé, entend utiliser une partie de la route d'une façon qui empêche, dans une mesure correspondante, son usage par des tiers (RO 77 I 288). Partant de ces principes, le Tribunal fédéral a considéré qu'un particulier utilise la voie publique de manière accrue lorsqu'il y établit un banc de foire, y met les tables et les chaises d'un restaurant ou s'y arrête pour vendre les marchandises qu'il transporte dans un camion (RO 73 I 214 ; 76 I 296 ; 77 I 288 /9). De ces divers cas pratiques se dégage le principe que celui qui stationne sur la voie publique à des fins commerciales, c'est-à-dire pour servir ses clients, ou pour les attendre ou en rechercher d'autres, fait du domaine de l'Etat un usage accru. En revanche, lorsque le particulier utilise la chaussée pour y faire stationner son véhicule à des fins privées, parce qu'il se trouve par exemple à son domicile pour y prendre un repas ou y passer la nuit, dans un magasin pour y faire des achats personnels ou dans un établissement pour y prendre une consommation, il ne dépasse pas l'usage commun, tout au moins lorsqu'il n'excède pas certaines limites. Avec le Procureur général, il convient d'admettre que le stationnement à des fins commerciales peut être présumé, lorsqu'il s'agit de voitures qui portent, bien visible, l'inscription de "taxi". Il en serait autrement si, pendant le stationnement privé, cette inscription était cachée ou remplacée par exemple par l'indication que le taxi est hors service. Le critère qui vient d'être posé pour déterminer l'existence d'un usage accru en cas de stationnement doit souffrir une exception lorsqu'il s'agit d'un stationnement BGE 81 I 16 S. 20 qui, s'il a bien un but commercial, découle cependant normalement et même nécessairement de l'utilisation de la chaussée conformément à sa destination. En effet, pareille utilisation comprend notamment le transport des personnes et des choses (RO 77 I 288 ; 73 I 214 ). Or le particulier, qui utilise ainsi la voie publique, doit pouvoir y stationner pour charger et décharger ce qu'il transporte. Tant que ce stationnement ne dépasse pas de manière par trop manifeste le temps nécessaire à ces opérations, il ne constitue pas un usage accru. 4. En l'espèce, les recourants exposent qu'ils avaient laissé leur voiture devant le garage de leur employeur à la rue du Simplon "après être rentrés de course et en attendant les téléphones des clients". Ainsi ces taxis ne se trouvaient pas là pour des motifs tenant à la vie privée des chauffeurs, mais uniquement pour être à la disposition des clients qui en auraient besoin. Le stationnement avait donc manifestement des fins commerciales, sans qu'on puisse dire pour autant qu'il était nécessaire pour déposer un client arrivé à destination ou en prendre un nouveau. Dans ces conditions, il constituait bien un usage accru. Dès lors, les recourants n'ayant pas été autorisés à user ainsi de la voie publique, une sanction pouvait leur être infligée, à laquelle l'art. 31 Cst. ne saurait faire obstacle. Les recourants allèguent, il est vrai, qu'il y a fort peu de circulation dans la rue où stationnaient leurs véhicules. Mais ce fait est sans importance pour apprécier le caractère accru de l'utilisation que le particulier fait du domaine public. En effet, ce qui est décisif, c'est l'usage envisagé pour lui-même, quel que soit l'endroit où il s'exerce. On ne saurait dire que cet usage est normal dans une rue et accru dans une autre. L'intensité de la circulation sur une voie publique ne pourrait jouer de rôle que pour décider de l'octroi ou du refus d'un permis qu'un particulier solliciterait pour stationner avec un taxi en dehors des stations officielles que l'autorité genevoise a réservées aux "taxis concessionnés". Il s'agirait alors de savoir notamment si, bien qu'il puisse, en l'occurence, gêner la circulation, l'arrêt BGE 81 I 16 S. 21 d'une ou de plusieurs voitures de location sur la voie publique en un endroit donné peut néanmoins se justifier eu égard au rôle que jouent ces véhicules dans l'intérêt général. Mais cette question ne se pose pas ici, puisque les recourants n'ont précisément pas requis de permis de stationnement pour la rue du Simplon. 5. Les recourants font valoir que les arrêts attaqués violent également l'art. 31 Cst. parce qu'ils reviennent à accorder un monopole de fait aux chauffeurs de taxis qui sont au bénéfice d'un permis de stationnement. Ils s'appuient à cet égard sur le considérant 4 de l'arrêt Aspasa contre Genève (RO 79 I 337). Toutefois, c'est manifestement à tort. Dans ce passage de l'arrêt Aspasa, le Tribunal fédéral s'est occupé non du stationnement des voitures de location (qu'il a traité dans les considérants 2 et 3 sans se fonder sur l'art. 31 Cst.), mais uniquement de l'emploi du mot taxi et de l'utilisation d'un compteur horokilométrique. Or le droit de stationner, qui n'a rien à faire avec ces questions, est seul litigieux en l'espèce. 6. Enfin les recourants invoquent l'art. 4 Cst. Ils soutiennent tout d'abord que l'autorité cantonale a arbitrairement interprété l'art. 1er du règlement concernant le service des taxis en étendant l'interdiction de stationnement sans permis à des cas où le stationnement des taxis n'a pas de but commercial. Ils affirment ensuite que les arrêts attaqués créent une inégalité de traitement entre les chauffeurs qui n'ont pas de permis de stationnement et ceux qui bénéficient d'une "concession". Mais, sur ces deux points, toute leur argumentation revient à prétendre que, le jour où une contravention leur a été infligée, leurs véhicules ne stationnaient pas à des fins commerciales. Or cette opinion est contraire à une saine interprétation des faits. Elle ne saurait donc être retenue. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral rejette le recours.
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nan
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Urteilskopf 119 V 250 35. Auszug aus dem Urteil vom 17. November 1993 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen O. und O. gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 11 IVG : Eingliederungsrisiko. Der in Art. 11 IVG garantierte Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten ist keine Eingliederungsmassnahme im Sinne der Art. 8 ff. IVG (E. 1b). Art. 11 IVG , Art. 23 IVV : Ersatz der Heilungskosten für Behandlungen im Ausland. Da weder Art. 11 IVG noch Art. 23 IVV eine örtliche Beschränkung für die Durchführung von Krankenpflegemassnahmen enthält, sind die Heilungskosten auch dann zu vergüten, wenn die medizinischen Massnahmen im Ausland vorgenommen werden. Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit verlangt jedoch, dass die Durchführung einer Krankenpflegemassnahme im Ausland im Vergleich zu den in der Schweiz bestehenden Behandlungsmöglichkeiten geeignet und notwendig war (E. 3a). Art. 11 und 51 IVG : Ersatz der Reisekosten bei Behandlungen im Ausland, Lückenfüllung. Art. 51 IVG , der sich auf Eingliederungs- und Abklärungsmassnahmen bezieht, enthält keine Regelung über die Reisekosten für die Fälle von Art. 11 IVG . Es handelt sich dabei um eine echte oder rechtslogische Lücke. Lückenfüllung: Da das Gesetz einen Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten bei Durchführung der Krankenpflegemassnahmen im Ausland gewährt, müssen auch die damit verbundenen Reisekosten vergütet werden (E. 3b).
Erwägungen ab Seite 251 BGE 119 V 250 S. 251 Aus den Erwägungen: 1. a) Das IVG regelt im Dritten Abschnitt "Die Leistungen" unter "B. Die Eingliederung" in den Art. 8-11 IVG den Anspruch auf die gesetzlichen Leistungen. Im Sinne eines Grundsatzes (vgl. die Marginalie) räumt Art. 8 Abs. 1 IVG Invaliden oder von einer Invalidität unmittelbar bedrohten Versicherten Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen ein, soweit diese notwendig und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit wiederherzustellen, zu verbessern, zu erhalten oder ihre Verwertung zu fördern. Art. 9 IVG ("Besondere Voraussetzungen") schreibt vor, dass die BGE 119 V 250 S. 252 Eingliederungsmassnahmen in der Schweiz, ausnahmsweise auch im Ausland, gewährt werden. Dazu hat der Bundesrat, im Sinne einer begriffserläuternden Verordnungsbestimmung, den Art. 23bis IVG über Eingliederungsmassnahmen im Ausland erlassen. Diese Bestimmung lautet: "1 Erweist sich die Durchführung einer Eingliederungsmassnahme in der Schweiz nicht als möglich, insbesondere weil die erforderlichen Institutionen oder Fachpersonen fehlen, oder muss eine medizinische Massnahme notfallmässig im Ausland durchgeführt werden, so übernimmt die Versicherung die Kosten einer einfachen und zweckmässigen Durchführung im Ausland. 2 Wird eine Massnahme aus anderen beachtlichen Gründen im Ausland durchgeführt, so vergütet die Versicherung die Kosten bis zu dem Umfang, in welchem solche Leistungen in der Schweiz zu erbringen gewesen wären." b) Art. 11 IVG enthält eine Regelung zum Eingliederungsrisiko. Nach dieser hat der Versicherte Anspruch auf Vergütung der Behandlungskosten, wenn er im Verlaufe von Eingliederungsmassnahmen krank wird oder einen Unfall erleidet (Satz 1). Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen und den Umfang des Anspruchs (Satz 2). Gestützt auf diese Delegationsnorm hat der Bundesrat Art. 23 IVV erlassen, welcher, soweit vorliegend von Bedeutung, lautet: "1 Der Versicherte hat Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten für Krankheiten und Unfälle, die durch Abklärungs- oder Eingliederungsmassnahmen verursacht wurden, sofern diese von der Kommission angeordnet oder aus wichtigen Gründen vor der Beschlussfassung durchgeführt wurden." Gestützt auf diese Bestimmungen hat der Versicherte somit im Falle der Realisierung eines Eingliederungsrisikos und bei Bejahung der Haftungsvoraussetzungen, insbesondere des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhanges im Sinne der Rechtsprechung ( BGE 105 V 255 E. 3, BGE 103 V 161 mit Hinweisen; ZAK 1987 S. 97 E. 2), einen besonderen positivrechtlichen Heilungskostenersatz-Anspruch. Dieser in Art. 11 IVG stets garantierte, in Art. 23 IVV nunmehr seit der 9. AHV-Revision (vgl. ZAK 1979 S. 11 f.) in bestimmten Richtungen näher umschriebene Anspruch ist keine Eingliederungsmassnahme im Sinne des Gesetzes. Die Leistungen aus Eingliederungsrisiko werden in Art. 8 Abs. 3 lit. a-e IVG , welche die Eingliederungsmassnahmen abschliessend aufzählen ( BGE 99 V 35 E. 1), denn auch nicht erwähnt. Von diesen unterscheiden sich die BGE 119 V 250 S. 253 Ersatzleistungen nach Art. 11 IVG sachlich auch insofern, als sie reine Heilbehandlungen vergüten, währenddessen medizinische Massnahmen nach Art. 12 IVG bekanntlich unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet sein müssen. Daran kann die systematische Einordnung des Art. 11 IVG über das Eingliederungsrisiko bei den in E. 1a dargelegten Eingliederungsnormen nichts ändern. Als Zwischenergebnis steht demnach fest, dass der aus Art. 11 IVG in Verbindung mit Art. 23 IVV hergeleitete Heilungskostenersatz keine medizinische Eingliederungsmassnahme ist. c) Ebenfalls noch im Dritten Abschnitt betreffend die Leistungen, unter "F. Verschiedene Bestimmungen", regelt das IVG die Reisekosten. Nach Art. 51 Abs. 1 IVG werden die für die Abklärung des Leistungsanspruchs und die Durchführung von Eingliederungsmassnahmen notwendigen Reisekosten im Inland dem Versicherten vergütet, was in Art. 90 IVV konkretisiert wird. Nach Art. 51 Abs. 2 IVG können ausnahmsweise Beiträge an die Reisekosten im Ausland gewährt werden (Satz 1), wobei der Bundesrat die näheren Bedingungen ordnet (Satz 2). Gestützt darauf hat der Bundesrat Art. 90bis IVV erlassen, welcher vorsieht, dass das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Beiträge an die Aufwendungen für Fahrten vom Inland nach dem Ausland, vom Ausland nach dem Inland und im Ausland im Einzelfall festsetzt. Anders als im Bereich der Durchführung von Eingliederungsmassnahmen im Ausland (E. 1a) hat der Bundesrat somit den gesetzlichen Begriff "ausnahmsweise" nicht selber konkretisiert, sondern das Bundesamt für befugt erklärt, über die Reisekosten im Einzelfall nach Ermessen zu entscheiden. 3. a) Art. 11 IVG (sowohl in der alten wie in der neuen Fassung) garantiert den Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten ohne irgendeine örtliche Beschränkung. Obwohl der Bundesrat, gestützt auf Art. 11 Satz 2 IVG , zweifelsohne zuständig gewesen wäre, u.a. eine Einschränkung nach dem Durchführungsort vorzunehmen, enthält die einschlägige Regelung in Art. 23 Abs. 1-7 IVV keine entsprechende Bestimmung. Damit bleibt es, auch im Falle der Durchführung der Krankenpflegemassnahme im Ausland, beim in Art. 11 IVG angelegten formellgesetzlichen Grundsatz des Heilungskostenersatz-Anspruches. Eine sinngemässe Anwendung von Art. 9 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 23bis IVV scheidet aus, weil es sich hiebei, wie dargelegt (E. 1b), um Bestimmungen handelt, welche die Eingliederungsleistungen betreffen und nicht den Heilungskostenersatz-Anspruch aus Art. 11 IVG . Solange der BGE 119 V 250 S. 254 Verordnungsgeber diesen Anspruch in bezug auf den Durchführungsort nicht einschränkend regelt, besteht aufgrund der delegationsrechtlichen Lage keine auslegungsmässige Handhabe, welche eine analoge Anwendung von Art. 51 IVG rechtfertigen würde. Demgemäss sind Heilungskosten, welche durch die Realisierung eines Eingliederungsrisikos gemäss Art. 11 IVG entstanden sind, auch dann zu ersetzen, wenn die Krankenpflegemassnahmen im Ausland durchgeführt werden. Damit ist nicht gesagt, dass der Versicherte von sich aus, quasi nach freiem Wahlrecht, sich zur Behandlung von Folgen eines verwirklichten Eingliederungsrisikos ins Ausland begeben kann. Ein solcher unbeschränkter Anspruch scheitert am Verhältnismässigkeitsgrundsatz, der ein allgemeines, insbesondere im gesamten Leistungsrecht der Invalidenversicherung geltendes Prinzip ist ( BGE 116 V 81 E. 6a, BGE 115 V 205 E. 4b/cc, BGE 107 V 88 E. 2; MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, Diss. Bern 1985, S. 50 f. und S. 106) und der somit auch im Rahmen des Art. 11 IVG seine Teilgehalte der sachlichen, persönlichen und zeitlichen Angemessenheit entfaltet (MEYER-BLASER, a.a.O., S. 156). Es ist demnach zu prüfen, ob die Durchführung einer Krankenpflegemassnahme im Ausland im Vergleich zu den in der Schweiz bestehenden Behandlungsmöglichkeiten geeignet und notwendig war, um auf angemessene Weise den aus der Verwirklichung des Eingliederungsrisikos eingetretenen Schaden zu beseitigen. Es muss ferner in diesem Zusammenhang ebenfalls ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis beachtet werden ( BGE 116 V 81 E. 6a, BGE 101 V 53 E. 3d; MEYER-BLASER, a.a.O., S. 86). b) In bezug auf den Anspruch auf Vergütung der Reisekosten gilt das eben zu Art. 9 IVG / Art. 23bis IVV Gesagte, mutatis mutandis, auch für Art. 51 IVG in Verbindung mit Art. 90 und 90bis IVV : Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 51 IVG ohne weiteres ergibt (E. 1c), ist diese Norm einzig auf Eingliederungs- und Abklärungsmassnahmen zugeschnitten, nicht jedoch auf Reisekosten, welche im Zusammenhang mit der Durchführung von Krankenpflegemassnahmen gestützt auf Art. 11 IVG anfallen. Folglich enthält das Gesetz keine Regelung über die Reisekostenvergütung für die Fälle des Art. 11 IVG . Dieses Schweigen des Gesetzes kann nun aber nicht als unechte oder Wertungslücke (vgl. BGE 118 V 298 E. 2e mit Hinweisen) betrachtet werden, wie das BSV sinngemäss geltend macht. Das geltende BGE 119 V 250 S. 255 Recht, welches, wie dargelegt, dem Versicherten - in den Schranken des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes - den Heilungskostenersatz-Anspruch gemäss Art. 11 IVG selbst dann gewährt, wenn die Krankenpflegemassnahmen im Ausland durchgeführt werden, lässt die in einem solchen Fall sich unvermeidlicherweise stellende Rechtsfrage, was mit den damit verbundenen Reisekosten geschieht, unbeantwortet. Es liegt der Fall einer echten oder rechtslogischen Lücke vor ( BGE 113 V 12 , BGE 108 V 72 E. 2c, BGE 105 V 130 , 211 E. 2b; ZAK 1987 S. 163 E. 2b; MEYER-BLASER, Die Bedeutung von Art. 4 Bundesverfassung für das Sozialversicherungsrecht, in: ZSR NF, Bd. III (1992), S. 342). Diese hat der Richter nach jener Regel zu schliessen, welche er aufstellen würde, müsste er in diesem Punkte Gesetzgeber sein. Die Antwort liegt auf der Hand: Wenn schon das geltende Gesetz den Anspruch auf Ersatz der Heilungskosten auch bei verhältnismässiger Durchführung der Krankenpflegemassnahme im Ausland gewährt, dann muss sich daran die Reisekostenvergütung knüpfen, ansonsten der gesetzlich nach dem Durchführungsort nicht beschränkte Heilungskostenersatz-Anspruch auf dem Umweg über die Reisekostenvergütung vereitelt oder doch weitgehend zunichte gemacht würde.
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Urteilskopf 87 I 114 18. Extrait de l'arrêt du 3 mai 1961 dans la cause Sphinx-Film SA contre Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel.
Regeste Filmzensur. 1. Entscheidungsbefugnis des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verweigerung einer Polizeierlaubnis (Erw. 1b). 2. Die Unternehmungen des Kinogewerbes stehen unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit, doch kann die Ausübung ihrer Tätigkeit durch polizeiliche Massnahmen zum Schutze der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit eingeschränkt werden. Bedeutung des besonderen Charakters des Films (Erw. 2). 3. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung der Art. 4 und 31 BV auf dem Gebiete der Filmzensur (Erw. 3). 4. Film, der auf besonders zynische und eindrückliche Weise die Vorbereitung und die Ausführung zweier Mordtaten bis ins einzelne schildert und keinen positiven Gehalt aufweist (Erw 4).
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 87 I 114 S. 115 A.- D'après l'art. 8 de l'arrêté du Conseil d'Etat du canton de Neuchâtel du 5 novembre 1954 (revisant l'arrêté du 12 février 1929 concernant les représentations cinématographiques), les directeurs de salles ont l'obligation de communiquer leurs programmes de spectacles, au moins trois semaines à l'avance, au Département de police. Ce dernier interdit tout film et ordonne la suppression de toute scène, tout texte parlé ou écrit et toute publicité imprimée ou illustrée tombant sous le coup de l'art. 4 BGE 87 I 114 S. 116 de l'arrêté. Cette disposition interdit les spectacles contraires à la morale ou à l'ordre public, notamment ceux qui sont de nature à suggérer ou à provoquer des actes criminels ou délictueux. Avant de prendre une décision, le Département peut demander l'avis d'une commission de contrôle. B.- Cette commission a vu, le 8 novembre 1960, le film "Plein soleil", soumis à la censure par le loueur Sphinx-Film SA, à Lausanne. Elle constata que l'oeuvre était contraire à la morale, cynique et particulièrement suggestive dans la façon de présenter la préméditation des crimes et leur exécution. Le 10 novembre, le Département de police a interdit la projection du film sur le territoire neuchâtelois. Le 18 novembre, le Conseil d'Etat a rejeté un recours formé contre cette décision. C.- Agissant par la voie du recours de droit public, Sphinx-Film SA requiert le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêté du Conseil d'Etat et d'inviter celui-ci à accorder l'autorisation requise. La société anonyme se plaint d'une violation des art. 4 (égalité de traitement) et 31 Cst. Le Conseil d'Etat conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) ..... b) Celui qui, comme en l'espèce, attaque par la voie du recours de droit public une décision refusant une autorisation de police, peut non seulement demander l'annulation de ce prononcé, mais requérir aussi le Tribunal fédéral d'inviter l'autorité cantonale à donner le permis (RO 84 I 113). Les conclusions de la recourante sont dès lors recevables. Elles ne le seraient pas en revanche si elles tendaient à ce que la Chambre de droit public accordât elle-même l'autorisation. 2. Les entreprises de la branche cinématographique jouissent de la liberté du commerce et de l'industrie (production: arrêt Kunz du 7 décembre 1960, p. 7; distribution: BGE 87 I 114 S. 117 arrêt Gamma-Film Distribution SA du 3 mars 1954, p. 9; organisation de représentations: par exemple, RO 38 I 439, 39 I 15/16; cf., outre les arrêts cités, RO 40 I 174 et 480, 43 I 256 consid. 1, 47 I 42/43 consid. 2, 48 I 475, 49 I 91: "in jeder Beziehung", 50 I 173, 53 I 268, 83 I 112; voir aussi FF 1911 II 982/983). L' art. 31 Cst. , qui confère cette liberté, garantit l'égalité de traitement aux commerçants d'une même branche économique (RO 73 I 101 et les arrêts cités, 78 I 302 consid. 3). Si elle respecte la liberté du commerce et de l'industrie, une disposition ou une décision cantonale visant la protection de l'ordre public et des bonnes moeurs ne saurait violer une autre liberté constitutionnelle (liberté de croyance et de conscience, liberté de la presse et d'association). On ne peut notamment, pour l'attaquer, se fonder sur la liberté d'expression, qui constitue un principe fondamental du droit fédéral et cantonal, écrit ou non, et une extension de la protection assurée par la liberté de la presse. Il suit de là que l' art. 31 Cst. est seul déterminant (arrêts Praesens-Film A.-G., consid. 7 p. 23 sv., et Gamma-Film Distribution SA, consid. 2 p. 9/10). Conformément à l' art. 31 al. 2 Cst. et à la jurisprudence constante, les droits que la recourante possède à cet égard peuvent cependant être restreints par des mesures de police du commerce destinées à protéger l'ordre et la morale publique (RO 78 I 302, 84 I 110; en ce qui concerne le cinéma, voir les arrêts Gamma-Film Distribution SA et Kunz, déjà cités, et en outre RO 40 I 481, 41 I 42/43, 47 I 41 sv., 49 I 91, 50 I 173, 51 I 37 consid. 1). D'après les conceptions modernes, le pouvoir de police se restreint au maintien de l'ordre public; il a pour mission de le protéger contre les troubles qu'une liberté illimitée entraînerait; à cet effet, il lui appartient de prendre les mesures propres à sauvegarder la morale, la tranquillité, la sécurité et la salubrité publiques. L'autorité doit ainsi, secondant les parents et l'école, tenir compte, en autorisant la projection de films, de l'âge des spectateurs; la santé BGE 87 I 114 S. 118 des employés de la branche cinématographique ne lui sera pas étrangère (RO 49 I 93); d'autres mesures viseront le public en général. L' art. 31 Cst. interdit en revanche une démarche qui constituerait une entrave à la libre concurrence ou une intervention d'ordre économique, ou qui tendrait uniquement à la réalisation du bien-être général; il prohibe les lois somptuaires et la clause du besoin; il ne permet pas davantage qu'on prenne en considération les désirs d'une église particulière (RO 50 I 173). L'autorité peut sauvegarder l'ordre public, dans le domaine des représentations cinématographiques, de diverses façons; elle peut ainsi instaurer le régime de la censure préalable ou, le cas échéant, interdire la projection même après le début des séances (cf. arrêt A.-G. Forum Cinema, déjà cité). Elle doit néanmoins respecter la règle de proportionnalité (RO 53 I 268/269, 71 I 87, 73 I 10, 101 et 219, 78 I 304/305; arrêt Gamma-Film Distribution SA, p. 12). Le film exerce sur le grand public une influence considérable, plus forte, plus directe et plus variée qu'aucune autre oeuvre artistique. S'il est un élément de culture et d'expression artistique, s'il satisfait maintes fois d'heureuse façon le besoin d'évasion, il peut aussi, par son effet fascinant, jouer un rôle néfaste, sans que nécessairement chacune de ses images ou séquences soit par elle-même à déconseiller. Ce qui doit fonder l'attitude de l'autorité, c'est la réaction subjective probable du public ordinaire des salles de spectacle. Elle varie suivant des facteurs divers, dont l'âge du spectateur, l'époque et le lieu de la représentation paraissent être les plus importants. C'est ainsi qu'en période de recrudescence du crime (ou de certains crimes), l'autorité se montrera plus exigente à l'égard de telle catégorie de bandes filmées. Cette situation particulière de la branche cinématographique appelle, évidemment, des mesures spéciales de police du commerce. 3. La recourante attaque une décision concrète de l'autorité cantonale sans viser, à cette occasion, l'arrêté du BGE 87 I 114 S. 119 Conseil d'Etat sur lequel celle-ci se fonde. La constitutionnalité de l'art. 4 de cet arrêté - qui interdit les spectacles contraires à la morale ou à l'ordre public, notamment ceux qui sont de nature à suggérer ou à provoquer des actes criminels ou délictueux - ne saurait d'ailleurs être mise en doute. Il s'agit dès lors uniquement de savoir si la disposition de droit cantonal a été appliquée en l'espèce d'une manière conforme à la constitution. Lorsque le recourant soutient simplement que l'application du seul droit cantonal est erronée, le Tribunal fédéral ne recherche que si l' art. 4 Cst. a été violé (arbitraire et inégalité de traitement; RO 72 I 28, 84 I 172/173); cette restriction concerne d'ailleurs tant l'interprétation de l'arrêté sur les représentations cinématographiques et le lien qui peut être établi entre la décision attaquée et le texte qui lui a servi de fondement, que la fixation et l'appréciation des faits (arrêt C. Weber c. St-Gall du 23 avril 1945, p. 6; voir aussi RO 78 I 302); s'agissant de jugements de valeur sur la moralité d'un film, ces deux aspects se distinguent malaisément. Mais le recourant peut prétendre en outre que l'application du droit cantonal - même soutenable - viole l' art. 31 Cst ; sur ce point, le Tribunal fédéral revoit librement la décision attaquée (RO 78 I 302, 79 I 122). En cette matière spéciale toutefois, le contrôle de la juridiction constitutionnelle - qui n'est pas une commission supérieure de censure - est restreint à divers points de vue. En premier lieu, le maintien de l'ordre et de la moralité publique ressortit d'abord aux cantons; en ayant la charge, ils ont aussi toute latitude d'y pourvoir, dans le cadre des constitutions et des lois (RO 42 I 275). En second lieu, les exigences de l'ordre et de la moralité publique et les mesures propres à les sauvegarder varient au gré des circonstances et des conceptions locales; le droit fédéral ne saurait tracer une limite uniforme entre ce qui est permis et ce qui ne saurait l'être; peu importe, à cet égard, ce qui fait règle en dehors de tel canton (RO 43 I 260). Le domaine BGE 87 I 114 S. 120 du cinéma, enfin, présente de telles particularités (cf. consid. 2 in fine) que la projection d'un film, plus que d'autres manifestations publiques, est sujette à des appréciations diverses et contingentes. 4. De l'avis de la recourante, l'arrêté cantonal n'aurait été appliqué justement et la constitution fédérale ne serait pas violée que si les appréciations de la décision attaquée, dont les arguments sont en eux-mêmes pertinents, correspondaient en fait à l'exacte réalité. A cet égard, le Conseil d'Etat de Neuchâtel affirme d'abord que le film "Plein soleil", principalement, étale d'une façon particulièrement cynique et suggestive la préparation et l'exécution de deux crimes; l'oeuvre en outre, à son avis, ne contient pas de message valable, mais peut suggérer le crime, car elle laisse entendre que le meurtre parfait est possible sauf accident, sa révélation n'étant due, en l'espèce, qu'à une petite erreur technique lors du premier forfait et non à une suite de circonstances logique et inexorable. La recourante s'insurge contre ces appréciations. a) D'après le recours, toute histoire policière, parce qu'elle montre un crime, est cynique. Cet argument tombe à faux. Tout d'abord, "Plein soleil" n'est pas un film policier, dont c'est le propre, d'ordinaire, de faire participer le spectateur à la recherche du criminel. En l'espèce, cette recherche, sur l'écran, est quasi inexistante et la découverte n'est qu'un accident final, très bref. Ensuite, la décision attaquée qualifie la bande projetée de "particulièrement cynique". L'ayant vue, les membres de la Chambre de droit public se sont rendu compte que ce jugement n'était en tout cas pas arbitraire... b) La recourante prétend encore que le film interdit apporte un message valable. On ne saurait toutefois qualifier ainsi la découverte in extremis du crime, inattendue et présentée de manière extrêmement brève. Ce redressement accidentel et hâtif, comme en dehors de l'oeuvre, ne raye pas de l'esprit du spectateur le récit, qu'il vient de BGE 87 I 114 S. 121 voir, d'un crime parfait. Aussi n'est-il pas déraisonnable, de la part de l'autorité cantonale, de reprocher à l'oeuvre interdite d'être susceptible de porter au crime. Telle catégorie de spectateurs peut aisément conclure qu'avec un peu plus d'habileté, le héros eût échappé à la justice; s'il échoue, c'est par un hasard malheureux, non par l'enchaînement logique des faits, selon un dénouement naturel. Le Conseil d'Etat pouvait légitimement admettre que la satisfaction morale apportée par la dernière séquence n'est qu'apparente, superficielle, de pure forme, et qu'elle ne détournait pas de l'idée que le crime parfait est possible et paie largement. Il suit de ces considérations que le Conseil d'Etat neuchâtelois n'a pas agi arbitrairement en interdisant le film "Plein soleil".
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Urteilskopf 105 IV 152 40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1979 i.S. Bundesanwaltschaft gegen H. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 98 VStrR . In einem Verwaltungsstrafverfahren kann der Kanton vom Bund die Erstattung bestimmter Prozess- und Vollzugskosten fordern, zu denen der Beschuldigte nicht verurteilt worden ist oder die der Verurteilte nicht bezahlen kann. Der Kanton kann jedoch den Bund nicht durch gerichtlichen Entscheid zur Kostentragung verpflichten, sondern hat auf administrativem Weg die Vergütung zu verlangen.
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 105 IV 152 S. 152 A.- Durch Urteil vom 7. März 1979 hat die Gerichtskommission des Bezirksgerichts St. Gallen den wegen Hinterziehung der Warenumsatzsteuer verfolgten H. von der Anklage der Übertretung des BRB über die Warenumsatzsteuer freigesprochen und in Dispositiv Ziff. 2 folgenden Kostenentscheid getroffen: BGE 105 IV 152 S. 153 "2. Die Kosten Gerichtsgebühr Fr. 300.- Zuschlag Fr. 150.- Urteilsausfertigung Fr. 45.- ---------- zusammen Fr. 495.- sowie die Verfahrenskosten der Verwaltung von Fr. 20.- bezahlt der Bund bzw. die Oberzolldirektion." B.- Gegen diese Kostenauflage führt die Bundesanwaltschaft Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin macht in erster Linie geltend, gemäss Art. 98 VStrR könne der Bund nicht durch gerichtlichen Entscheid zur Kostentragung verpflichtet werden, sondern diese Frage sei auf administrativem Weg zu regeln, über Anstände entscheide die Anklagekammer des Bundesgerichts ( Art. 98 Abs. 2 VStrR ). a) Im Abschnitt über die Kosten ( Art. 94-98 VStrR ) bestimmt Art. 98 VStrR , nach den Vorschriften über die Kostenauflage im Verwaltungsverfahren (Art. 94-96) und im gerichtlichen Verfahren (Art. 97), unter dem Marginale "III. Kostenvergütung an den Kanton" folgendes: "Der Kanton kann vom Bund die Erstattung der Prozess- und Vollzugskosten fordern, zu denen der Beschuldigte nicht verurteilt worden ist oder die der Verurteilte nicht bezahlen kann. Besoldungen und Taggelder von Beamten sowie Gebühren und Stempel sind ausgenommen. Anstände zwischen dem Bund und einem Kanton über die Vergütung der Kosten entscheidet die Anklagekammer des Bundesgerichtes (Art. 25 Abs. 1)." b) In der Nichtigkeitsbeschwerde wird geltend gemacht, durch diesen veränderten Wortlaut der früher in Art. 320 BStP enthaltenen Vorschrift habe der Gesetzgeber klargestellt, dass die vom Bund an den Kanton zu leistende Vergütung nicht durch gerichtliche Kostenauflage sondern auf administrativem Wege festzusetzen sei. Die gleiche Auffassung wurde von PETER in der Kriminalistik 1974, S. 511 und in der ZStR 93 (1977), S. 374 vertreten. c) Art. 98 VStrR unterscheidet sich vom jetzt aufgehobenen Art. 320 BStP durch die Formulierung des ersten Satzes. Art. 320 BStP begann mit der Feststellung "Die Bundeskasse BGE 105 IV 152 S. 154 vergütet dem Kanton die Prozess- und Vollzugskosten, zu denen..." Dies ist in Art. 98 VStrR abgeschwächt durch die Wendung: "Der Kanton kann vom Bund die Erstattung... fordern." d) Unter der Herrschaft der früheren Bestimmung wurde es für zulässig erachtet, dass der kantonale Richter dem Bund durch Urteil Kosten auferlegte ( BGE 96 IV 34 ). Dass durch die Änderung des Wortlautes von Art. 98 Abs. 1 VStrR diese Möglichkeit eines richterlichen Kostenentscheides zu Lasten des Bundes ausgeschlossen werden sollte, ist nicht ohne weiteres klar. Allerdings gibt diese Interpretation der Neufassung der Vorschrift eine praktische Tragweite, während irgendein anderer Sinn der sprachlichen Änderung sich nicht erkennen lässt. Zudem ist dem BGE 96 IV 34 E. 5 zu entnehmen, dass die Bundesanwaltschaft sich damals gegen eine richterliche Festlegung der Kostenvergütung des Bundes wandte und für ein administratives Verfahren eintrat. Der Schluss ist daher naheliegend, die Bundesanwaltschaft habe bei der Vorbereitung des VStrR durch die abweichende Formulierung der Vorschrift über Kostenvergütungen des Bundes die richterliche Kompetenz ausschalten wollen. Die Entstehungsgeschichte und der Umstand, dass ein anderer Sinn für die sprachliche Änderung nicht erkennbar ist, sprechen somit für die von der Beschwerdeführerin vertretene Interpretation. e) Aber auch eine systematische Analyse weist in der gleichen Richtung. Während die unter Ziff. I und II zusammengefassten Bestimmungen die Kostenauflage gegenüber Beschuldigten regeln, wird die Kostentragung des Bundes für alle Verfahrensstufen (Verwaltungsverfahren, gerichtliches Verfahren, Vollzug) unter Ziff. III in Art. 98 geordnet. Der Bund kann also nicht gemäss Art. 97 VStrR vom Richter gestützt auf kantonale Vorschriften mit Kosten belastet werden; denn die Frage der Kostenpflicht des Bundes ist in Art. 98 separat geregelt. Art. 98 VStrR aber enthält keinen Anhaltspunkt für eine Zuständigkeit des kantonalen Richters zur Festsetzung der vom Bund zu zahlenden Kosten. Mit der Wendung, der Kanton könne "fordern", wird eher auf ein administratives Verfahren hingewiesen. Damit stimmt auch überein, dass gemäss Art. 98 Abs. 2 VStrR die Anklagekammer über Anstände entscheiden soll. BGE 105 IV 152 S. 155 Der Ausdruck "Anstände" ist nicht gebräuchlich, wenn es um die Anfechtung eines gerichtlichen Entscheides geht; hingegen passt er für die Ordnung der Erledigung administrativer Differenzen. Wäre der Strafrichter gemäss Art. 97 VStrR zuständig zur Festlegung von Kostenvergütungen des Bundes, so müsste dieser Punkt des Strafurteils - abweichend von dem auf das Urteil an sich anwendbaren Rechtsmittelverfahren - an die Anklagekammer weitergezogen werden ( Art. 98 Abs. 2 VStrR ). Ungelöst wäre dabei, ob der kantonale Instanzenzug erschöpft sein müsste, oder ob der Bund schon eine Kostenauflage durch eine untere Instanz direkt der Anklagekammer unterbreiten könnte. f) Systematische und praktische Überlegungen sprechen somit für die Auffassung der Beschwerdeführerin. Schliesslich ist noch zu beachten, dass der Bund gemäss Art. 98 VStrR nicht wie irgendein anderer Beteiligter zur Zahlung eines Anteils der nach üblichen Kriterien festgesetzten Verfahrenskosten verurteilt werden darf. Der Bundesgesetzgeber hat den Bund von der Belastung mit Gebühren (inkl. Gerichtsgebühr vgl. BGE 96 IV 34 ) und Stempel ausgenommen. Auch Besoldungen und Taggelder von Beamten sollen nicht auf den Bund überwälzt werden dürfen. In einem strafrichterlichen Kostenentscheid würden diese speziellen Grenzen einer Kostenbelastung des Bundes wohl leicht übersehen, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. 3. Aus diesen Erwägungen ist der Hauptantrag der Beschwerde gutzuheissen. Die Vorinstanz hat dadurch Bundesrecht verletzt, dass sie in ihrem Urteil dem Bund gestützt auf Art. 97 VStrR die Verfahrenkosten auferlegte. Der Kanton kann jedoch nur auf administrativem Wege im Rahmen von Art. 98 VStrR vom Bund eine Erstattung von Prozesskosten fordern. Die Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde führt zur Aufhebung von Dispositiv Ziff. 2 des angefochtenen Entscheides. Eine Rückweisung der Sache ist nicht erforderlich. Der Kanton wird von sich aus zu prüfen haben, ob und mit welcher Forderung er gemäss Art. 98 VStrR an den Bund gelangen will. 4. Bei diesem Ausgang erübrigt sich die materielle Prüfung der Frage, welche Verfahrenskosten richtigerweise vom Bund verlangt werden dürfen. Gegebenenfalls wird die Anklagekammer die Tragweite der in Art. 98 VStrR enthaltenen Schranken genau zu bestimmen haben. BGE 105 IV 152 S. 156 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: In Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde wird Ziffer 2 des Dispositivs des Urteils der Gerichtskommission des Bezirksgerichts St. Gallen vom 7. März 1979 aufgehoben.
null
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Urteilskopf 98 Ia 649 93. Urteil vom 22. November 1972 i.S. Steiner gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Art. 88 OG . Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Fremdenpolizeirecht. Der Ausländer, der keinen Rechtsanspruch auf Erteilung einer neuen Aufenthaltsbewilligung hat, ist zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen deren Verweigerung nicht legitimiert. (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 649 BGE 98 Ia 649 S. 649 Die österreichische Staatsangehörige Ingrid Steiner hält sich seit dem 30. August 1967 in der Schweiz auf und arbeitet seither mit fremdenpolizeilicher Bewilligung im Kanton Zürich. Die Aufenthaltsbewilligung wurde ihr jeweils auf die Dauer eines Jahres erteilt. Mit Verfügung vom 3. August 1971 lehnte es die Fremdenpolizei des Kantons Zürich ab, die am 31. August 1971 verfallende Aufenthaltsbewilligung zu verlängern, weil ihre weitere Anwesenheit in der Schweiz unerwünscht sei. Ingrid Steiner focht diesen Entscheid beim Regierungsrat des Kantons Zürich an, der den Rekurs am 3. Mai 1972 abwies. BGE 98 Ia 649 S. 650 Dagegen richtet sich die staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher die Aufhebung des angefochtenen Regierungsratsentscheids vom 3. Mai 1972 verlangt wird. Der Regierungsrat des Kantons Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 84 Abs. 2 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger nur zulässig, wenn die behauptete Rechtsverletzung nicht sonstwie durch Klage oder Rechtsmittel beim Bundesgericht oder einer andern Bundesbehörde geltend gemacht werden kann. Art. 18 des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 26. März 1931 (ANAG, SR 142.20) bestimmt, dass der eine fremdenpolizeiliche Bewilligung verweigernde kantonale Entscheid unter Vorbehalt von Art. 21 (Asylgesuch beim Bundesrat) endgültig ist. Gegen einen solchen Entscheid ist daher nach Art. 74 lit. e VwG auch die Beschwerde an den Bundesrat unzulässig. Unter bestimmten Voraussetzungen unterliegen Verfügungen auf dem Gebiete der Fremdenpolizei dagegen der Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäss Art. 97 ff. OG . Dies gilt namentlich für Ausweisungsverfügungen im Sinne von Art. 10 ANAG , aber auch für Verfügungen, mit welchen die Aufenthaltsbewilligung des Ausländers gestützt auf Art. 9 ANAG als erloschen erklärt oder widerrufen wird. Wird dem Bewerber jedoch die Aufenthaltsbewilligung verweigert oder lehnt es die zuständige Behörde ab, eine verfallende Aufenthaltsbewilligung zu erneuern, so ist nach Art. 100 lit. b Ziff. 3 OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen. Denn das Bundesrecht stellt in Art. 4 ANAG den Entscheid über die Erteilung oder Erneuerung einer Aufenthaltsbewilligung ins freie Ermessen der Behörde und räumt dem Betroffenen somit keinen Anspruch darauf ein. Eine Ausnahme gilt lediglich für die Angehörigen derjenigen Staaten, denen gestützt auf staatsvertragliches Sonderrecht ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zusteht ( BGE 97 I 533 , Urteil der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichts vom 3. November 1971 i.S. X., in ZBl 73/1972 S. 371 ff.). Zwischen der Schweiz und Österreich besteht keine solche Abmachung. Da der Beschwerdeführerin somit kein Rechtsanspruch auf Verlängerung der verfallenden Aufenthaltsbewilligung zusteht, kann sie den Regierungsratsentscheid vom BGE 98 Ia 649 S. 651 3. Mai 1972 nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechten. Als Rechtsbehelf fällt daher die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte in Betracht, die grundsätzlich auch dem Ausländer offensteht ( BGE 96 I 626 E. 1). 2. Nach Art. 88 OG ist zur staatsrechtlichen Beschwerde jedoch nur legitimiert, wer durch den angefochtenen Hoheitsakt in seinen rechtlich erheblichen Interessen berührt wird ( BGE 96 I 311 Erw. 1, BGE 95 I 106 je mit Verweisungen). Wie oben dargelegt, hat der Ausländer abgesehen von bestimmten, hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen nach dem geltenden Bundesrecht keinen Rechtsanspruch darauf, dass ihm eine Aufenthaltsbewilligung erteilt oder nach Ablauf erneuert wird. Sein Interesse an einer Bewilligung ist daher kein rechtliches, sondern ein bloss tatsächliches, und ein negativer Entscheid der Behörde trifft ihn nicht in einem ihm zustehenden Recht. Demnach fehlt es an der Voraussetzung für die Befugnis, sich mit staatsrechtlicher Beschwerde dagegen zu wenden. Die Beschwerdelegitimation des Ausländers, dem die fremdenpolizeiliche Bewilligung nach Art. 4 ANAG verweigert wird, ist jedoch insoweit gegeben, als Mängel des Bewilligungsverfahrens geltend gemacht werden und damit eine formelle Rechtsverweigerung in Frage steht. Denn das in Art. 4 BV , dessen Schutz auch der Ausländer geniesst ( BGE 96 I 626 Erw. 1), enthaltene Verbot formeller Rechtsverweigerung und insbesondere auch der daraus sich ergebende Anspruch auf rechtliches Gehör ist selbständiger Natur. Der Gehörsanspruch steht daher dem an einem Verfahren Beteiligten im Rahmen dieser seiner Rechtsstellung zu ohne Rücksicht darauf, ob er in der Sache selbst berechtigt ist ( BGE 93 I 5 , BGE 96 I 598 ff. je mit Verweisungen). In BGE 93 I 5 und erneut in dem genannten Urteil vom 3. November 1971 i.S. X. hat das Bundesgericht allerdings die Frage aufgeworfen, ob die Beschwerdebefugnis nicht doch auch auf die Geltendmachung materieller Mängel einer Bewilligungsverweigerung auszudehnen sei. Anlass dazu gab die an der bisherigen Rechtsprechung geübte Kritik, nach welcher berücksichtigt werden sollte, dass der Ausländer einen Anspruch, wenn auch nicht auf Erteilung der Bewilligung, so doch auf gesetzmässige und ermessensfehlerfreie Entscheidung und damit insofern ein rechtlich erhebliches Interesse habe (H. P. MOSER, BGE 98 Ia 649 S. 652 Die Rechtsstellung des Ausländers in der Schweiz, ZSR 86/1967 S. 471 f.). Dieser Überlegung kann bei näherer Prüfung jedoch nicht gefolgt werden. Wohl ist das in Art. 4 BV enthaltene Willkürverbot bei jeder Verwaltungstätigkeit zu beachten, und die Behörden haben insbesondere auch ein ihnen eingeräumtes Ermessen stets willkürfrei auszuüben. Das Willkürverbot ist jedoch im Gegensatz zum Gehörsanspruch materieller Natur und nicht selbständig. Der Anspruch auf dessen Beachtung ist mit der Berechtigung in der Sache selbst verbunden und stellt kein rechtliches Interesse für sich dar. Er kann deshalb nur von demjenigen geltend gemacht werden, den ein Entscheid der Sache nach in seiner Rechtsstellung trifft. Diese aus dem unterschiedlichen Wesen formeller und materieller Rechtsverweigerung sich ergebende Konsequenz betrifft z.B. auch den Anzeiger und Geschädigten im Strafprozess. Auch er kann mit der staatsrechtlichen Beschwerde nur eine Verletzung von prozessualen Vorschriften, die seine Stellung im Verfahren betreffen, geltend machen, nicht aber eine willkürliche Rechtsanwendung und Beweiswürdigung in der Sache selbst, weil der Strafanspruch allein dem Staate zusteht und mithin das rechtlich erhebliche Interesse fehlt ( BGE 96 I 600 mit Verweisungen). Würde aus Art. 4 BV ein selbständiger Anspruch aufwillkürfreie Rechtsanwendung abgeleitet und dementsprechend unabhängig von der jeweiligen Berechtigung in der Sache selbst ein rechtliches Interesse an der materiellen Überprüfung des Entscheides anerkannt, so führte man auf diesem Umwege eine Beschwerdelegitimation ein, die Art. 88 OG ausschliesst ( BGE 93 I 174 , BGE 90 I 230 , BGE 89 I 404 , zur Veröffentlichung bestimmtes Urteil vom 22. Juni 1972 i.S. X., je mit Verweisungen). Die Beschwerdeführerin ficht den Entscheid des Regierungsrats, mit dem ihre Aufenthaltsbewilligung nicht erneuert wurde, wegen Willkür an und macht keine formelle Rechtsverweigerung geltend. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 109 II 120 29. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Mai 1983 i.S. H. gegen G. AG (Berufung)
Regeste Art. 163 Abs. 3 OR , arbeitsvertragliches Konkurrenzverbot mit Konventionalstrafe, Herabsetzung der Strafe. Der Richter hat auch dann zu prüfen, ob die Konventionalstrafe herabzusetzen ist, wenn der Arbeitnehmer keinen entsprechenden Antrag stellt, seine Rechtsbegehren aber so weit gefasst sind, dass sie eine richterliche Herabsetzung in sich schliessen.
Erwägungen ab Seite 121 BGE 109 II 120 S. 121 Aus den Erwägungen: 2. Mit dem Eventualantrag der Berufung an das Bundesgericht verlangt der Beklagte, die Konventionalstrafe sei angemessen herabzusetzen. Das Obergericht hat eine materielle Prüfung dieser Frage mit der Begründung unterlassen, der Beklagte habe im kantonalen Verfahren keinen entsprechenden Antrag gestellt. Der Beklagte behauptet demgegenüber, im Antrag auf Abweisung der Klage als Ganzes sei auch ein Herabsetzungsbegehren enthalten. a) Gemäss Art. 163 Abs. 3 OR hat der Richter übermässig hohe Konventionalstrafen nach seinem Ermessen herabzusetzen. BECKER (N. 21 zu Art. 163 OR ) schliesst aus dem Wortlaut, der Richter müsse bei Vorliegen der Voraussetzungen die Herabsetzung vornehmen, auch wenn der Schuldner keinen besonderen Antrag stelle. Die Herabsetzung sei also nicht an die Geltendmachung in einem bestimmten Prozessstadium gebunden; vorausgesetzt werde aber, dass die Strafforderung bestritten sei. Von TUHR/ESCHER (OR Bd. II, S. 285) sind der Ansicht, der Richter könne die Konventionalstrafe auch ohne Antrag des Schuldners herabsetzen, sofern die Übermässigkeit der Strafe aus den Akten hervorgehe. Andere Autoren verlangen grundsätzlich einen Antrag des Schuldners, schwächen diese Auffassung aber wieder ab, indem sie es genügen lassen, dass Tatsachen vorgebracht werden, die zur Begründung einer Herabsetzung geeignet sind (vgl. ALBERT SCHERRER, Das richterliche Ermässigungsrecht bei Verträgen nach schweizerischem Obligationenrecht, Diss. Freiburg 1934, S. 30 ff.; ARTHUR HAEFLIGER, Das Konkurrenzverbot im BGE 109 II 120 S. 122 neuen schweizerischen Arbeitsvertragsrecht, 2. Aufl., S. 71). b) Die Frage, ob dem Wortlaut des Art. 163 Abs. 3 OR die von BECKER vertretene Tragweite zukomme, kann offen bleiben. Das Bundesgericht hat in BGE 83 II 152 E. 4a zu Art. 417 OR ausgeführt, die Herabsetzung müsse als verlangt betrachtet werden, falls der Schuldner sich nicht darauf beschränke, die Forderung dem Grundsatz nach zu bestreiten, sondern auch deren Höhe beanstande, indem er Herabsetzungsgründe nenne. Einer ausdrücklichen Berufung auf Art. 417 OR bedürfe es nicht, ebenso sei nicht erforderlich, dass ein gesondertes Herabsetzungsbegehren gestellt werde. Es genüge, wenn die Anträge so weit gefasst seien, dass sie auch eine richterliche Herabsetzung in sich schliessen, was bei einem Antrag auf gänzliche Klageabweisung der Fall sei. Diese Überlegungen müssen auch hier massgebend sein. Das gilt umso mehr, als Art. 417 OR im Gegensatz zu Art. 163 Abs. 3 OR die Stellung eines Antrages ausdrücklich erwähnt. Für die Prüfungspflicht des Obergerichts spricht zudem der Grundsatz, dass der kantonale Richter das Bundesrecht unabhängig von der Begründung der Parteianträge von Amtes wegen anzuwenden hat ( BGE 107 II 122 /3, BGE 99 II 76 ). Das Obergericht hätte demnach entscheiden müssen, ob eine Herabsetzung in Frage kam. Voraussetzung war allerdings, dass Herabsetzungsgründe behauptet und nachgewiesen oder nicht streitig waren. c) Das Obergericht stellt fest, aus den Akten ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine allfällige Herabsetzung. Das bestreitet der Beklagte; er verweist auf die kurze Anstellungsdauer von sieben Monaten und die Tatsache, dass die Klägerin keinen Schaden nachgewiesen hat. Ebenfalls zu berücksichtigen sei, dass das Interesse der Klägerin am Konkurrenzverbot weggefallen sei, weil sie kurz nach seinem Austritt selbst zu fabrizieren begonnen habe und seine Kenntnisse damit nutzlos geworden seien. Das sind in der Tat Umstände, die bei der Herabsetzung von Bedeutung sein können (vgl. BGE 103 II 108 /9) und auf die im angefochtenen Urteil selbst Bezug genommen wird. Überdies lässt sich den Akten entnehmen, welche Einkünfte der Beklagte bei der Klägerin erzielt hat. Auch das kann bei der Herabsetzung berücksichtigt werden (vgl. BGE 91 II 383 E. 11). Aus den angeführten Gründen ist dem Eventualantrag des Beklagten insoweit stattzugeben, als das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Prüfung der Herabsetzung der Konventionalstrafe an das Obergericht zurückzuweisen ist.
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Urteilskopf 87 II 65 11. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Februar 1961 i.S. A. gegen M.-I. und I.
Regeste Vaterschaftsklage ( Art. 307 ff. ZGB ). Beweis der Vaterschaft durch anthropologisch-erbbiologische Expertise. Anforderungen an diesen Beweis. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichtes.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 87 II 65 S. 65 A.- D. I., die heute verheiratet ist, gebar am 27. November 1954 ausserehelich das Mädchen M. I. Als Vater bezeichnete sie A., der ihr in der Zeit vom 6. Januar bis Ende Juni 1954 18mal beigewohnt habe. Von Mutter und Kind mit der Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen belangt, gab A. u.a. zu, die Mutter im Frühjahr 1954 vom Restaurant, wo sie servierte, nach Feierabend wiederholt mit seinem Auto an ihren Wohnort geführt und sie auch einmal zusammen mit einem andern Fräulein und einem seiner Freunde in Abwesenheit seiner Ehefrau in seine Wohnung eingeladen zu haben. Er bestritt dagegen jeden BGE 87 II 65 S. 66 Geschlechtsverkehr mit ihr und machte im übrigen geltend, sie habe um die Zeit der Empfängnis einen unzüchtigen Lebenswandel geführt. B.- Nach Vernehmung der Parteien und zahlreicher Zeugen und nach Einholung einer Blutexpertise, die keinen die Vaterschaft des Beklagten ausschliessenden Befund ergab, ordnete das Bezirksgericht St. Gallen mit Beweisdekret vom 24. August 1956 eine anthropologisch-erbbiologische Expertise an. Es liess sich dabei von der Erwägung leiten, der Beweis, dass der Beklagte der Mutter während der kritischen Zeit (31. Januar bis 31. Mai 1954) beigewohnt habe, sei bis dahin nicht geleistet. Zum Vaterschaftseid im Sinne von Art. 272 der st. gallischen ZPO sei die Mutter nicht zuzulassen, weil sie bei ihren Einvernahmen wiederholt wissentlich unwahre Angaben gemacht habe und keinen vollkommen guten Leumund besitze. Auch die Ablegung des Ergänzungseides im Sinne von Art. 264 ZPO müsse ihr schon deswegen verweigert werden, weil sie nicht vertrauenswürdig sei. Dagegen sei ihr die Möglichkeit zu geben, die Vaterschaft des Beklagten durch die von ihr beantragte anthropologisch-erbbiologische Expertise nachzuweisen. Die Expertin, Dr. Dora Pfannenstiel in Basel, prüfte bei Mutter und Kind und beim Beklagten im Frühjahr 1958 die Hautfarbe, die Merkmale des Kopfhaares und der Augenbrauen, Farbe und Struktur der Iris, die Merkmale der Augengegend, der Nase, der Mund- und Kinngegend und des Gesichtes, die Kopfform, den Bau der Ohren, Hände und Füsse sowie die Papillarlinien der Hände und Füsse und kam in ihrem Gutachten vom 24. März 1958 zum Schluss, nach den Ergebnissen der anthropologisch-erbbiologischen Untersuchung sei die Vaterschaft des Beklagten "mit dem höchsten Grade der Wahrscheinlichkeit (praktischer Sicherheit) anzunehmen." Das Bezirksgericht St. Gallen führte in seinem Urteil vom 16. Mai 1958 aus, auf diese Schlussfolgerung sei abzustellen. Daher sei anzunehmen, dass der Beklagte der BGE 87 II 65 S. 67 Mutter in der kritischen Zeit beigewohnt habe, woraus sich die Vaterschaftsvermutung gemäss Art. 314 Abs. 1 ZGB ergebe. Die Einrede des unzüchtigen Lebenswandels im Sinne von Art. 315 ZGB sei schon durch das Beweisdekret vom 24. August 1956 implicite verworfen worden. Dass die Mutter in der kritischen Zeit mit einem andern Manne geschlechtlich verkehrt habe, sei nicht nachgewiesen. Die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB sei somit nicht entkräftet. Aus diesen Gründen hiess das Bezirksgericht die Klage gut. Die Unterhaltsbeiträge für das Kind setzte es für die ersten 6 Lebensjahre auf Fr. 100.--, für die Folgezeit bis zum zurückgelegten 18. Lebensjahre auf Fr. 120.-- pro Monat fest. Der Mutter sprach es auf Grund von Art. 317 ZGB Fr. 300.-- zu. C.- Das Kantonsgericht St. Gallen, an das der Beklagte appellierte, fand wie das Bezirksgericht, durch die Zugeständnisse des Beklagten bezüglich seiner Bekanntschaft mit der Mutter und durch die Zeugenaussagen werde nicht bewiesen, dass der Beklagte der Mutter in der kritischen Zeit beigewohnt habe. Zum Vaterschaftseid könne diese nicht zugelassen werden. Anderseits seien aber auch keine Tatsachen erstellt, welche die Vaterschaft des Beklagten von vornherein ausschlössen oder die Annahme rechtfertigen könnten, dass die Mutter um die Zeit der Empfängnis einen unzüchtigen Lebenswandel geführt habe. Das Kantonsgericht stimmte dem Bezirksgericht auch darin bei, dass den Klägerinnen unter diesen Umständen die Beweisführung durch eine anthropologischerbbiologische Expertise zu gestatten sei, da sich dieses Beweismittel nicht von vornherein als untauglich bezeichnen lasse. Dagegen liess es sich vom bereits vorliegenden Gutachten nicht voll überzeugen, weil die Expertin über die wissenschaftlichen Grundlagen der von ihr gezogenen Schlüsse keine nähere Auskunft gegeben und sich mit den vom Bundesgericht in BGE 82 II 265 ff. geäusserten Bedenken nicht auseinandergesetzt habe. Deshalb beschloss es am 17. November 1958, ein Obergutachten einzuholen. BGE 87 II 65 S. 68 Der Oberexperte, Dr. med. habil. Dr. phil. Dr. iur. Albert Harrasser in Frankfurt a.M., äusserte sich im ersten Abschnitt seines Gutachtens vom 19. März 1960 unter Angabe zahlreicher Belegstellen aus der Fachliteratur sehr einlässlich über die Voraussetzungen der anthropologisch-erbbiologischen Begutachtung von Abstammungsfragen und über die Erkenntnismöglichkeiten, die dieses Verfahren heute bietet, und berichtete im zweiten Abschnitt ebenso ausführlich über die von ihm am 2. Oktober 1960 bei den Parteien erhobenen Befunde und deren erbbiologische Bedeutung. Neben den schon von der Erstbegutachterin gewürdigten Körpermerkmalen, unter denen er eine beim Kind und beim Beklagten, nicht aber bei der Mutter vorhandene, dominant vererbliche Anomalie (medianes Oberkiefertrema = Lücke zwischen den mittlern obern Schneidezähnen) besonders hervorhob, berücksichtigte er auch die im Blutgutachten festgestellten Bluttypenmerkmale (Beklagter: AB, MM, cc dd ee; Kind: AB, MM, Cc D- ee, Mutter: A, MM, CC D- ee). Seine Schlussfolgerung lautet: "Nach dem Wissensstand und den Erfahrungstatsachen der Erbbiologie des Menschen lässt sich auf Grund der Befunde der beiden Klägerinnen und des Beklagten in Erbmerkmalen des Blutes, in einer auf Vererbung beruhenden Anomalie des Kindes und in sonstigen bei den Beteiligten in Erscheinung tretenden, einwandfrei auf Vererbung beruhenden Merkmalen und Merkmalskomplexen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schliessen, dass die Klägerin M. I. vom Beklagten A. erzeugt wurde." Am 24. Mai 1960 hat hierauf das Kantonsgericht das erstinstanzliche Urteil bestätigt mit der Begründung, die Vaterschaft des Beklagten, die nicht nur mit Hilfe der Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB dargetan werden könne, sei durch das Obergutachten mit genügender Sicherheit nachgewiesen; bei dieser Sachlage sei für die Einrede aus Art. 314 Abs. 2 ZGB kein Raum mehr und werde die im Beweisdekret vom 17. November 1958 offen gelassene Frage der Zulassung der Klägerin zum Ergänzungseid gegenstandslos. BGE 87 II 65 S. 69 D.- Mit der vorliegenden Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte Abweisung der Klage. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Eine Vaterschaftsklage kann, wie aus ihrem Namen sowie aus Art. 307 ff. ZGB hervorgeht, nur auf Grund der Annahme gutgeheissen werden, dass der Beklagte der Vater des in Frage stehenden ausserehelichen Kindes sei (vgl. BGE 75 II 334 mit Zitaten und BGE 79 II 258 , wo in anderm Zusammenhang darauf hingewiesen wurde, dass die Feststellung der Vaterschaft, von der Art. 307 ZGB spricht, Rechtsgrund der in Art. 309 ZGB genannten Ansprüche ist). Nach Art. 8 ZGB hat die klagende Partei die Tatsache der Vaterschaft, auf die sie ihre Begehren stützt, im Falle der Bestreitung grundsätzlich nachzuweisen. Art. 314 Abs. 1 ZGB bestimmt jedoch, die Vaterschaft des Beklagten werde vermutet, wenn dieser nachweisbar in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tage vor der Geburt des Kindes (der sog. kritischen Zeit) der Mutter beigewohnt hat. Diese Vorschrift verfolgt unzweifelhaft den Zweck, der klagenden Partei den ihr obliegenden, in der Regel schwierig zu führenden Beweis der Vaterschaft zu erleichtern, indem sie ihr erlaubt, sich zunächst auf den Nachweis einer Beiwohnung in der kritischen Zeit zu beschränken. Art. 314 Abs. 1 ZGB hat also entgegen der Ansicht des Berufungsklägers keineswegs den Sinn, dass die Vaterschaft des Beklagten von Bundesrechts wegen nur durch den mit den üblichen Beweismitteln geleisteten Nachweis einer solchen Beiwohnung dargetan werden könne. Misslingt der klagenden Partei dieser Nachweis, so bleibt ihr vielmehr unbenommen, den Versuch zu unternehmen, die Vaterschaft des Beklagten ohne die Hilfe der Vermutung von Art. 314 Abs. 1 ZGB zu beweisen. Dieser Möglichkeit kam freilich bis anhin praktisch keine wesentliche Bedeutung zu. Dass der Nachweis einer Beiwohnung in der kritischen Zeit für die Gutheissung einer Vaterschaftsklage nicht unerlässlich ist, sondern dass BGE 87 II 65 S. 70 die Vaterschaft des Beklagten grundsätzlich auch auf anderm Wege dargetan werden kann, hat das Bundesgericht aber immerhin schon in BGE 70 II 70 ff. festgestellt, wo es (S. 73/74) ausführte, die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB lasse sich nur an eine Beiwohnung in der kritischen Zeit knüpfen; bei Spätgeburten, die auf eine mehr als 300 Tage zurückliegende Beiwohnung zurückgeführt werden, habe somit die klagende Partei nach der allgemeinen Regel des Art. 8 ZGB , soweit dies nach der Natur der Sache überhaupt möglich sei, den Beweis für die Vaterschaft des Beklagten zu erbringen. Es bedeutet demnach keine Verletzung von Art. 314 Abs. 1 ZGB , dass die Vorinstanzen den Berufungsbeklagten gestatteten, durch eine anthropologisch-erbbiologische Expertise unmittelbar die Abstammung des Kindes vom Berufungskläger zu beweisen. 2. Das Obergutachten, auf das die Vorinstanz abstellt, erklärt nicht, es sei absolut sicher, dass der Berufungskläger der Vater des Kindes M. sei, sondern sagt nur, aus dem Untersuchungsbefund lasse sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schliessen, dass er es erzeugt habe. Ob dieser Grad der Wahrscheinlichkeit genüge, um den nach dem Gesetz erforderlichen Beweis der Vaterschaft als geleistet anzusehen, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht prüfen kann (vgl. BGE 82 II 262 /263). Sie ist zu bejahen. An den Nachweis, dass der Beklagte der Vater sei, dürfen wie an den Nachweis, dass die Vaterschaft eines bestimmten Mannes (des Beklagten oder eines Dritten) ausgeschlossen sei, nicht so strenge Anforderungen gestellt werden, dass er praktisch überhaupt nie geleistet werden kann. Dies wäre aber der Fall, wenn ein absolut sicherer Beweis gefordert würde, da ein solcher auf diesem Gebiete der Natur der Sache nach nicht möglich ist. Es muss daher ausreichen, wenn die Vaterschaft bezw. ihr Ausschluss mit praktischer Sicherheit, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dargetan ist (vgl. BGE 77 II 31 , BGE 82 II 266 ). Mit einer BGE 87 II 65 S. 71 derartigen Wahrscheinlichkeit muss sich der Richter auch in zahlreichen andern Fällen begnügen (vgl. z.B. BGE 74 II 205 mit Hinweisen). 3. Welchen Grad der Zuverlässigkeit die Ergebnisse einer naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethode bieten können und welcher Sicherheitsgrad im konkreten Fall erreicht sei, ist eine naturwissenschaftliche Frage, die der Sachverständige zu beantworten hat. Der Tatsachenrichter hat die Expertise freilich auf ihre Schlüssigkeit zu prüfen, soweit er dazu in der Lage ist. Dem Bundesgericht als Berufungsinstanz kommt diese Befugnis dagegen grundsätzlich nicht zu, weil es sich hier eben nicht um eine Rechts-, sondern um eine Tatfrage handelt. Übernimmt das kantonale Gericht die Schlussfolgerung des Gutachtens, dass der zu beweisende Sachverhalt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gegeben sei, so kann das Bundesgericht nur nachprüfen, ob es angesichts der Grundlagen, auf welche der Schluss sich stützt, vertretbar sei, von einer derartigen Wahrscheinlichkeit zu sprechen, oder ob sich diese Beurteilung des Grades der Zuverlässigkeit der Untersuchungsergebnisse nur damit erklären lasse, dass der Sachverständige und die Vorinstanz den Begriff der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit und damit die gesetzlichen Anforderungen an den zu leistenden Beweis verkannten (vgl. zu diesen Fragen BGE 86 II 133 und 320 mit Hinweisen). Im vorliegenden Falle kann keine Rede davon sein, dass dem Obergutachten und dem ihm folgenden Urteil der Vorinstanz ein solcher Mangel anhafte. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Oberexperte angenommen hat, eine Tatsache sei dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als gegeben zu betrachten, wenn das Zutreffen des Gegenteils "nur so extrem selten erwartet werden könnte, dass sich in vernünftigem Denken allgemein vertreten lässt, letztere Eventualität praktisch auszuschliessen, auch wenn sie als Möglichkeit theoretisch offen bliebe". Seine Ausführungen enthalten nichts, woraus BGE 87 II 65 S. 72 geschlossen werden könnte, er habe sich nicht an diese Umschreibung gehalten, sondern sich in Wirklichkeit mit einem geringern Grade von Wahrscheinlichkeit begnügt, als er feststellte, die anthropologisch-erbbiologische Begutachtung könne unter Umständen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ein bestimmter Mann der Vater des in Frage stehenden Kindes sei; mit einem solchen Falle habe man es hier zu tun. Dem Obergutachten lässt sich, wie die darin enthaltenen Literaturangaben zeigen, auch nicht etwa entgegenhalten, die Auffassung, dass eine solche Expertise praktisch sichere Ergebnisse liefern könne, werde nur vereinzelt vertreten, was allenfalls ein Grund dafür sein könnte, der Methode die nach dem Gesetz erforderliche Zuverlässigkeit abzusprechen. Der Oberexperte weist darauf hin, dass die Fachwissenschaft seit den Arbeiten, auf welche die in BGE 82 II 266 angeführte Abhandlung von SCHWEIZER über "Die Leistung des Beweises im Vaterschaftsprozess..." (1936) sich stützt, wesentliche Fortschritte erzielt hat (vgl. hiezu auch die Angaben von H. SCHADE in BEITZKE, HOSEMANN, DAHR und SCHADE, Vaterschaftsgutachten für die gerichtliche Praxis, 1956, S. 103 ff., und von K. GERHARDT in SJZ 1959 S. 249 ff.). Um den nach dem Untersuchungsergebnis anzunehmenden Grad der Wahrscheinlichkeit der Vaterschaft des Berufungsklägers zu veranschaulichen, nennt der Oberexperte Zahlen, die zwar, von der Angabe über die allein schon durch den Blutbefund geschaffene Wahrscheinlichkeit abgesehen, nach seinen Ausführungen nicht auf mathematische Genauigkeit Anspruch erheben, aber doch ein Bild von der Grössenordnung des Wahrscheinlichkeitsgrades geben können (Wahrscheinlichkeit allein auf Grund des Blutbefundes mindestens 96,2%, auf Grund des Blutbefundes und der festgestellten dominant vererblichen Anomalie 99,68%, auf Grund des Blutbefundes, der eben genannten Anomalie und der Annahme, dass das Kind ausserdem noch wenigstens ein dominant vererbliches monogenes Merkmal von 30% BGE 87 II 65 S. 73 Häufigkeit mit dem Beklagten, nicht aber mit der Mutter gemeinsam habe: 99,89%; Wahrscheinlichkeit auf Grund der Übereinstimmung des Kindes mit dem Beklagten, nicht aber mit der Mutter in 8 dominanten, im einzelnen weit unterdurchschnittlich häufigen, aber nicht seltenen Merkmalen: 99'993%). Unter diesen Umständen lässt sich nichts dagegen einwenden, dass die Vorinstanz auf die Schlussfolgerung des Obergutachtens abgestellt hat. 4. Da hienach die Vaterschaft des Berufungsklägers nicht bloss zu vermuten, sondern als nachgewiesen zu betrachten ist, hat die Vorinstanz mit Recht angenommen, für die Einrede aus Art. 314 Abs. 2 ZGB bleibe im vorliegenden Falle kein Raum. Diese Einrede ist nur ein Mittel zur Entkräftung der Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB , die im Falle des positiven Nachweises der Vaterschaft des Beklagten keine Rolle spielt. Der Nachweis von Tatsachen, die erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten rechtfertigen, ist zudem von vornherein zum Scheitern verurteilt, wenn diese Vaterschaft nach dem Beweisergebnis mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht; denn in diesem Fall ist die Vaterschaft eines andern Mannes mit gleich hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Die Klage könnte daher selbst dann nicht auf Grund von Art. 314 Abs. 2 ZGB abgewiesen werden, wenn Mehrverkehr der Mutter in der kritischen Zeit dargetan wäre, was im übrigen nach dem erstinstanzlichen Urteil und den tatsächlichen Feststellungen, welche die Vorinstanz im Zusammenhang mit der Frage des unzüchtigen Lebenswandels getroffen hat, nicht zutrifft. 5. Auf Grund der eben genannten Feststellungen hat die Vorinstanz mit Recht verneint, dass die Mutter um die Zeit der Empfängnis einen unzüchtigen Lebenswandel im Sinne von Art. 315 ZGB geführt habe. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob es im gegenteiligen Falle unzulässig gewesen wäre, der klagenden Partei den Nachweis der Vaterschaft des Berufungsklägers durch anthropologisch-erbbiologische Expertise zu gestatten. BGE 87 II 65 S. 74 6. Die Feststellung, dass die Vorinstanz zulässigerweise ein solches Gutachten angeordnet und als schlüssigen Beweis für die Vaterschaft des Berufungsklägers gewürdigt hat, genügt zur Bestätigung des angefochtenen Urteils (das mit Bezug auf die Höhe der dem Berufungskläger auferlegten Vermögensleistungen nicht beanstandet worden ist). Ob und allenfalls unter welchen Voraussetzungen die Weigerung eines kantonalen Gerichts, ein solches Gutachten einzuholen, mit der Berufung als bundesrechtswidrig gerügt werden könnte, braucht heute nicht entschieden zu werden. Der vorliegende Fall bietet insbesondere auch nicht Anlass, zu den Problemen Stellung zu nehmen, die sich unter Umständen daraus ergeben können, dass eine anthropologisch-erbbiologische Begutachtung in der Regel erst durchgeführt werden kann, nachdem das Kind drei Jahre alt geworden ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichtes St. Gallen, I. Zivilkammer, vom 24. Mai 1960 bestätigt.
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nan
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1,961
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CH_BGE_004
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Federation
9823c05c-3090-4eea-a015-f6026298e451
Urteilskopf 121 III 18 6. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 17. März 1995 i.S. B. (Rekurs)
Regeste Anforderungen an den Zahlungsbefehl ( Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 und Art. 67 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG ). Bezeichnung des Forderungsgrundes: Mit dem Vermerk "Schadenersatz" wird der Forderungsgrund auf dem Zahlungsbefehl nur dann genügend umschrieben, falls dem Betriebenen aus dessen Gesamtzusammenhang klar wird, wofür er belangt wird.
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 121 III 18 S. 19 A.- Auf Begehren von S. stellte das Betreibungsamt Zürich 9 B. am 17. Oktober 1994 den Zahlungsbefehl Nr. 94/47647 über Fr. 900'000.-- zu; der Forderungsgrund wurde mit "Schadenersatz" bezeichnet. Das Bezirksgericht Zürich wies die von B. dagegen erhobene Beschwerde ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Beschluss vom 12. Januar 1995 den Standpunkt der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde. B.- Mit Rekurs vom 23. Januar 1995 ist B. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts gelangt. Er beantragt, den Beschluss des Obergerichts und denjenigen des Bezirksgerichts aufzuheben sowie den Zahlungsbefehl Nr. 94/47647 nichtig zu erklären, eventualiter diesen aufzuheben. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Ansicht des Rekurrenten genügt der ihm zugestellte Zahlungsbefehl den Anforderungen von Art. 67 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG nicht, da er als Forderungsgrund lediglich die Bezeichnung "Schadenersatz" enthalte. a) Mit der Zustellung des Zahlungsbefehls wird der Betriebene aufgefordert, sich zum Zahlungsbegehren des Betreibenden durch Leistung des geforderten Betrages oder durch Erhebung des Rechtsvorschlags zu äussern, andernfalls das Betreibungsverfahren seinen Fortgang nehme (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 5.A. Bern 1993, S. 115 N. 2). Zu diesem Zweck muss der Zahlungsbefehl bestimmte, gesetzlich vorgeschriebene Angaben enthalten ( Art. 69 Abs. 2 SchKG ). Der Forderungsgrund soll dem Betriebenen zusammen mit dem übrigen Inhalt des Zahlungsbefehls über den Anlass der Betreibung Aufschluss geben. Fehlt jeder diesbezügliche Hinweis, so erweist sich der Zahlungsbefehl noch keineswegs als nichtig; hingegen muss er auf Beschwerde aufgehoben werden, sofern für den Betriebenen der Grund der Forderung aus seinem Gesamtzusammenhang nicht erkennbar wird ( BGE 58 III 2 ; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3.A. Lausanne 1993, S. 131 N. 4). Demzufolge muss jede Umschreibung des BGE 121 III 18 S. 20 Forderungsgrundes genügen, die dem Betriebenen zusammen mit den weitern Angaben auf dem Zahlungsbefehl erlaubt, sich zur Anerkennung des in Betreibung gesetzten Betrages zu entschliessen (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, S. 196 N. 13); er soll nämlich nicht Rechtsvorschlag erheben müssen, um in einem anschliessenden Rechtsöffnungsverfahren oder in einem Forderungsprozess von der gegen ihn geltend gemachten Forderung Kenntnis zu erhalten. Nach Zustellung des Zahlungsbefehls kann der Betriebene vom Betreibungsamt überdies verlangen, dass der Betreibende aufgefordert werde, die Forderungsurkunde im Original oder in beglaubigter Abschrift innerhalb der Bestreitungsfrist beim Amt zur Einsicht aufzulegen ( Art. 73 Abs. 1 SchKG ). Auf diese Weise soll ihm die Prüfung und Beurteilung der gegen ihn in Betreibung gesetzten Forderung erleichtert werden (AMONN, a.a.O., S. 119 N. 18). Der Vermerk "Schadenersatz" auf dem hier interessierenden Zahlungsbefehl erlaubte dem Rekurrenten noch nicht, sich eine Meinung zu bilden, weshalb er nun betrieben wird; welche Forderungsurkunde der Betreibende auf Verlangen des Betriebenen vorzulegen hätte, wird dadurch ebenfalls nicht klar. b) Ist für den Betriebenen der Grund der Forderung aus seinem Gesamtzusammenhang erkennbar, so genügt es nach dem auch im Zwangsvollstreckungsrecht zu beachtenden Grundsatz von Treu und Glauben ( BGE 118 III 27 E. e S. 33), wenn der Forderungsgrund nur knapp umschrieben wird. Dies war indessen vorliegend nicht der Fall.
null
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1,995
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
9823fec6-03ce-468e-a634-5451d83449c5
Urteilskopf 120 Ia 147 21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Juni 1994 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Persönliche Freiheit. Verletzung durch die Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen. Eingriff in die persönliche Freiheit durch Erhebung und Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials (E. 2a). Gesetzliche Grundlage für die Erhebung und Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials im Kanton Basel-Stadt (E. 2c). Öffentliches Interesse an erkennungsdienstlichen Massnahmen (E. 2d). Verhältnismässigkeit der Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen (E. 2e, f, g). Verletzung der Unschuldsvermutung durch die Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen; Voraussetzungen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 148 BGE 120 Ia 147 S. 148 Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Stadt führten anfangs 1986 gegen B. ein Strafverfahren durch wegen Verdachts auf Anstiftung zu versuchter vorsätzlicher Tötung und ähnlicher Delikte. Die Kantonspolizei Basel-Stadt erstellte unter anderem Fotoaufnahmen von B.. Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt stellte mit Beschluss vom 10. März 1986 das Strafverfahren ein mit der Begründung, B. könne kein strafbares Verhalten nachgewiesen werden (auch gegen die Hauptverdächtige wurde das Strafverfahren mit demselben Beschluss eingestellt). Am 18. Januar 1993 vergass Z. am Bankautomat der Schweizerischen Bankgesellschaft, Filiale Claraplatz 2 in Basel, Fr. 500.-- mitzunehmen, welche sie von ihrem Konto abgehoben hatte. Eine unmittelbar nachher erscheinende unbekannte Frau nahm dieses Geld an sich und verliess die Bank, ohne ihre eigene Kontokarte zu benützen. Dabei wurde sie von einer automatischen Kamera in der Bank fotografiert. Nachdem Z. Anzeige erstattet hatte, verglich die Kantonspolizei die von der automatischen Kamera aufgenommenen Fotos mit den beim Erkennungsdienst vorhandenen Fotos von B.. Da die Polizei eine gewisse Ähnlichkeit feststellte, eröffnete sie gegen B. ein Strafverfahren wegen Diebstahls bzw. Unterschlagung. Nachdem bei einer Hausdurchsuchung bei B. festgestellt worden war, dass sie keine Kleider besass, wie sie auf den Fotos der unbekannten Täterin zu sehen waren, und dass sie ausserdem mit der Schweizerischen Bankgesellschaft keinerlei geschäftlichen Beziehungen pflegte, stellte die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt das Verfahren mit Beschluss vom 28. April 1993 ein. BGE 120 Ia 147 S. 149 Mit Eingabe vom 13. August 1993 an den Ersten Staatsanwalt stellte B. unter anderem den Antrag, das gesamte erkennungsdienstliche Material, welches im Zusammenhang mit dem Strafverfahren von 1986 erstellt worden war, sei zu vernichten. Der Erste Staatsanwalt wies diesen Antrag in Ziffer 3 seiner Verfügung vom 17. August 1993 ab. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 16. September 1993 stellt B. den Antrag, die Ziffer 3 der Verfügung des Ersten Staatsanwalts sei aufzuheben. Ausserdem sei der Erste Staatsanwalt zu verpflichten, das über sie vorhandene erkennungsdienstliche Material in ihrem Beisein zu vernichten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin beruft sich auf das ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit, auf ihren Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK sowie auf die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK . a) Das ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit schützt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als zentrales Freiheitsrecht und verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz nicht nur die Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung bilden ( BGE 119 Ia 101 E. b, mit Hinweisen). Indessen rechtfertigt nicht jeder beliebige Eingriff in den persönlichen Bereich des Bürgers die Berufung auf die persönliche Freiheit; diese hat nicht die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen kann. Daher ist eine Grenzziehung des Schutzbereichs der persönlichen Freiheit notwendig und im Einzelfall angesichts von Art und Intensität der Beeinträchtigung zu suchen ( BGE 115 Ia 246 ). Art. 8 Ziff. 1 EMRK gibt jedermann einen Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung gehört zum Schutzbereich der persönlichen Freiheit auch der Anspruch auf eine persönliche Geheimsphäre. Die Erhebung erkennungsdienstlicher Daten betrifft demnach die persönliche Freiheit, ebenso die Aufbewahrung und Bearbeitung solcher Daten (Urteil des BGE 120 Ia 147 S. 150 Bundesgerichts vom 27. März 1991 in ZBl 92 [1991] 545 E. 5a). Das Bundesgericht erkannte auch, dass sich persönliche Daten verändern können und nicht über unbeschränkt lange Zeit aufbewahrt werden dürfen. Die Aufbewahrung streng persönlicher Daten kann jedenfalls eine Verletzung der persönlichen Freiheit bedeuten, selbst wenn die Daten nicht öffentlich zugänglich sind ( BGE 113 Ia 263 f., mit Hinweisen). In gleicher Weise bedeutet die Aufbewahrung persönlicher Daten einen Eingriff in die Garantie von Art. 8 Ziff. 1 EMRK . b) Einschränkungen der persönlichen Freiheit sind zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen, verhältnismässig sind und den Kerngehalt des Grundrechts nicht verletzen. Nach ständiger Rechtsprechung prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts bei Eingriffen in die persönliche Freiheit nur dann frei, wenn der Eingriff als schwer zu betrachten ist. Die Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials bedeutet indessen keinen schweren Eingriff, weshalb das Bundesgericht bei der Auslegung kantonalen Rechts nur untersucht, ob die angefochtene Verfügung vor der Willkürrüge standhält ( BGE 118 Ia 177 E. 2, mit Hinweisen). Gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des in Ziff. 1 der Bestimmung genannten Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. Eingriffe in das Menschenrecht gemäss Art. 8 EMRK sind demnach unter ähnlichen Voraussetzungen zulässig wie Eingriffe in die persönliche Freiheit. c) Die Strafverfolgungsbehörden des Kantons Basel-Stadt finden die gesetzliche Grundlage der erkennungsdienstlichen Massnahmen in § 63 der kantonalen Strafprozessordnung vom 15. Oktober 1931 (StPO). Diese Bestimmung regelt die Voraussetzungen, unter welchen die körperliche Durchsuchung eines Angeschuldigten gegen seinen Willen angeordnet werden kann. Wie die Staatsanwaltschaft unter Hinweis auf die Materialien zu dieser Bestimmung ausführt, vertrat bereits der Gesetzgeber die Auffassung, dass die körperliche Durchsuchung auch erkennungsdienstliche Massnahmen umfasst und diese daher unter denselben Voraussetzungen wie die körperliche Durchsuchung im engeren Sinne zulässig sein sollen. BGE 120 Ia 147 S. 151 Nach Meinung der kantonalen Behörden soll die Bestimmung zudem nicht nur die Durchführung erkennungsdienstlicher Massnahmen unter den darin genannten Voraussetzungen für zulässig erklären, sondern - unter denselben Voraussetzungen - auch die Aufbewahrung und Bearbeitung des erkennungsdienstlichen Materials. Diese Auslegung von § 63 StPO ist insofern nicht willkürlich, als sich die Bestimmung ohne weiteres nach dem Grundsatz "in maiore minus" und "per analogiam" auf erkennungsdienstliche Massnahmen wie beispielsweise das Fotografieren eines Angeschuldigten anwenden lässt ( BGE 107 Ia 146 E. c). Sowohl nach ihrem Wortlaut als auch aufgrund einer Auslegung nach den Grundsätzen "in maiore minus" und "per analogiam" folgt aus der Bestimmung indessen bloss, dass erkennungsdienstliche Massnahmen innerhalb eines bestimmten Strafverfahrens zulässig sind. Soweit die Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials über den Abschluss eines Strafverfahrens hinaus umstritten ist, lässt sich § 63 StPO nichts entnehmen. Die Frage einer genügenden gesetzlichen Grundlage braucht aber im vorliegenden Fall nicht abschliessend beantwortet zu werden. d) Die Staatsanwaltschaft sieht das öffentliche Interesse an der umstrittenen Einschränkung der persönlichen Freiheit darin, dass die Aufbewahrung des erkennungsdienstlichen Materials der Kriminalpolizei die Bekämpfung zukünftiger Verbrechen und Vergehen im Interesse eines wirksamen Schutzes der Allgemeinheit erleichtere. Erkennungsdienstliche Unterlagen seien ein wichtiges Mittel zur Aufklärung von Straftaten. Verhinderung zukünftiger und Aufklärung geschehener Straftaten liegen immer im öffentlichen Interesse; Art. 8 Ziff. 2 EMRK nennt die Verhinderung strafbarer Handlungen ausdrücklich als zulässigen Grund, den Anspruch auf Achtung des Privat- und Familienlebens einzuschränken. Das Bundesgericht erkannte denn auch, dass erkennungsdienstliche Massnahmen und die Aufbewahrung sowie die Bearbeitung der Ergebnisse solcher Massnahmen grundsätzlich im öffentlichen Interesse liegen ( BGE 109 Ia 155 E. 6a, BGE 107 Ia 147 E. d). e) Die Staatsanwaltschaft hält die Aufbewahrung der über die Beschwerdeführerin erstellten Unterlagen für verhältnismässig, weil bei einer Einstellung der Strafuntersuchung mangels Beweises - im Gegensatz zu einer wegen erwiesener Unschuld erfolgten Einstellung - der Verdacht nicht beseitigt worden sei und deshalb die erhobenen Daten im Hinblick auf eine BGE 120 Ia 147 S. 152 jederzeit mögliche Wiederaufnahme der Ermittlungen während einer gewissen Zeit aufzubewahren seien. Ein Eingriff in die persönliche Freiheit ist verhältnismässig, wenn er zur Erreichung des Zieles, welches im öffentlichen Interesse vorgegeben ist, geeignet und erforderlich ist. Erkennungsdienstliche Unterlagen werden von der Polizei über den Abschluss des Strafverfahrens, in welchem sie erstellt worden sind, hinaus aufbewahrt, weil bei Personen, die sich eines strafrechtlichen Deliktes von einer gewissen Schwere schuldig gemacht haben, gegenüber dem Durchschnittsbürger eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit besteht, sie könnten auch in Zukunft in ein Delikt verwickelt werden. Bestehen über eine bestimmte Person erkennungsdienstliche Unterlagen, so fällt auf diese Person - wie es auch im vorliegenden Fall geschehen ist - immer ein Verdacht, wenn eine Straftat begangen wird, an welcher jemand mit ähnlichen erkennungsdienstlichen Merkmalen beteiligt ist. Der Verdacht, der nur deswegen auf eine bestimmte Person fällt, weil über sie erkennungsdienstliches Material vorhanden ist, rechtfertigt sich zunächst dann, wenn die betroffene Person tatsächlich einmal zur Erstellung des Materials Anlass gegeben hat, indem sie sich eines strafrechtlichen Deliktes schuldig gemacht hat. Ausserdem kann sich der Verdacht rechtfertigen, wenn die Person bloss durch seltsames Betragen Anlass für die Erhebung der Unterlagen gegeben hat. Schliesslich kann die Aufbewahrung des erkennungsdienstlichen Materials auch dann verhältnismässig sein, wenn das Verfahren bloss vorläufig eingestellt wird, weil der Sachverhalt nicht genügend abgeklärt werden konnte. Werden später neue Beweismittel gefunden, so kann bereits erhobenes erkennungsdienstliches Material für die Abklärung der Straftat geeignet oder sogar erforderlich sein. Darüber hinaus erkannte das Bundesgericht, es sei unverhältnismässig, erkennungsdienstliches Material über lange oder gar unbegrenzte Zeit aufzubewahren, selbst wenn die betroffene Person begründeten Anlass für die Erstellung des Materials gegeben habe. In leichteren Fällen scheine es vernünftig, erkennungsdienstliche Unterlagen nach fünf Jahren zu vernichten. Entscheidend für die Festsetzung einer derartigen Frist war, dass der Wert erkennungsdienstlicher Unterlagen mit der Zeit abnimmt. Eine Vernichtung nach diesem Zeitablauf rechtfertigt sich um so mehr, wenn sich die betroffene Person wohlverhalten hat und keinerlei Anlass gegeben hat, das erkennungsdienstliche Material in irgendeiner Weise zu verwenden. BGE 120 Ia 147 S. 153 f) Die von der Staatsanwaltschaft erwähnte Verordnung des Bundesrates vom 1. Dezember 1986 über den Erkennungsdienst des Bundesamtes für Polizeiwesen (VO; SR 172.213.57) trifft in diesem Zusammenhang Regelungen, welche die Anforderungen der Bundesverfassung und der Menschenrechtskonvention berücksichtigen. So werden nach Art. 17 Abs. 1 VO auf Gesuch der betroffenen Person hin Daten sofort gelöscht, wenn das Verfahren, in dem die erkennungsdienstlichen Daten erhoben wurden, wegen erwiesener Unschuld eingestellt oder mit einem Freispruch abgeschlossen worden ist. Hat das Verfahren jedoch mangels Beweisen nicht zu einer Verurteilung geführt, so sind die Unterlagen gemäss Art. 17 Abs. 2 lit. a VO erst nach fünf Jahren zu löschen. Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten nur für Verfahren betreffend den Erkennungsdienst des Bundesamtes für Polizeiwesen und lassen sich für die Beurteilung des vorliegenden Falles höchstens per analogiam heranziehen. Die ebenfalls von der Staatsanwaltschaft erwähnte, in der Volksabstimmung vom 28. September 1986 angenommene "Bewilligung eines Kredits für die Automatisierung der Informationsverarbeitung in der Strafverfolgung (AUTINFOS)" schreibt vor, dass Daten automatisch beim Eintritt der absoluten Verfolgungsverjährung des Deliktes gelöscht werden. Die Bestimmungen dieses kantonalen Erlasses gelten nur für elektronisch gespeicherte Daten, nicht aber für erkennungsdienstliches Material überhaupt. Wird der Erlass analog auch für die Bestimmung des Zeitpunktes herangezogen, zu dem erkennungsdienstliches Material vernichtet werden soll, so kann das zu Ergebnissen führen, welche die Bundesverfassung und die Menschenrechtskonvention verletzen. Die absolute Verfolgungsverjährung begründet zwar eine angemessene Frist für die Aufbewahrung der erkennungsdienstlichen Unterlagen, wenn die betroffene Person wegen der ihr vorgeworfenen Taten verurteilt oder wenn sonstwie durch Gerichtsentscheid rechtskräftig festgestellt worden ist, dass die Person die Taten begangen hat. Ist hingegen die Unschuld der betroffenen Person festgestellt worden, wäre der kantonale Erlass grundsätzlich nur dann verhältnismässig, wenn er die sofortige Löschung bzw. Vernichtung der Daten und Unterlagen vorsähe. Ebenso müsste er für den Fall, dass das Strafverfahren mangels Beweisen eingestellt wird, die Aufbewahrungsdauer gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich auf fünf Jahre begrenzen. BGE 120 Ia 147 S. 154 g) Gemäss Beschluss vom 10. März 1986 stellte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen die Beschwerdeführerin ein, weil der Tatbestand nicht hinreichend bewiesen und die Tat rechtlich von Art. 260bis StGB nicht erfasst würde. In der Begründung führte die Staatsanwaltschaft aus, es könne der Beschwerdeführerin "offensichtlich nicht nachgewiesen" werden, dass sie die Hauptverdächtige zu ihrem Vorgehen bestimmt habe. Es könne auch nicht nachgewiesen werden, dass das Verhalten der Hauptverdächtigen bereits "ins Stadium des Versuchs" getreten sei, und gemäss Art. 260bis Abs. 2 StGB bleibe die Hauptverdächtige und damit auch eine allfällige Gehilfin straflos, weil die Hauptverdächtige die Vorbereitungshandlungen nicht zu Ende geführt habe. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ist der frühere Verdacht gegen die Beschwerdeführerin somit nicht widerlegt worden und besteht immer noch. Das im Jahre 1986 über die Beschwerdeführerin erhobene erkennungsdienstliche Material wird schon seit mehr als acht Jahren aufbewahrt, womit die vom Bundesgericht als vernünftig bezeichnete Frist von fünf Jahren überschritten ist. Die Staatsanwaltschaft hält dafür, die Beschwerdeführerin sei eines schweren Deliktes verdächtigt worden, weshalb das erkennungsdienstliche Material wie auch die über die Beschwerdeführerin gespeicherten Daten erst nach Ablauf der absoluten Verfolgungsverjährung, welche im vorliegenden Fall 15 Jahre beträgt, vernichtet werden sollen. Aus den Akten des Verfahrens von 1986 geht hervor, dass die Untersuchung zwar wegen eines schwerwiegenden gesetzlichen Tatbestandes geführt wurde (Anstiftung zu versuchter vorsätzlicher Tötung, Art. 111 StGB ). Das Strafverfahren wurde indessen im Zusammenhang mit einem Strafverfahren eröffnet, welches gegen den damaligen Freund der Hauptverdächtigen geführt wurde, der nachgewiesenermassen einen Mitbewohner des Hauses getötet hatte. Die Hauptverdächtige äusserte in diesem Verfahren als Zeugin, sie sei von ihrem Freund oft mit dem Tode bedroht worden, weshalb sie zuletzt ihrerseits den Freund habe töten wollen. Die heutige Beschwerdeführerin habe ihr zu dieser Zeit ein Pflanzengift gegeben. Aus diesen Umständen geht hervor, dass der Verdacht, der einmal auf die beiden beteiligten Frauen gefallen ist, trotz der hohen gesetzlichen Strafdrohung selbst dann nur ein eher geringes Verschulden betroffen hätte, wenn er sich als zutreffend erwiesen hätte. Sowohl die Hauptverdächtige als auch die Beschwerdeführerin haben zudem aus eigenem Antrieb ihre allenfalls strafbare Tätigkeit nicht zu Ende geführt, weshalb der Richter gemäss BGE 120 Ia 147 S. 155 Art. 21 Abs. 2 StGB sogar auf eine Bestrafung hätte verzichten können. Im übrigen haftet der strafrechtlichen Beurteilung eines blossen Verdachtes und damit auch der Bestimmung der absoluten Verjährung noch vor Abschluss der Untersuchung immer etwas Zufälliges an. Art und Schwere des Verdachtes, der einmal gegen die Beschwerdeführerin bestanden hat, lassen die weitere Aufbewahrung des erkennungsdienstlichen Materials jedenfalls nicht als verhältnismässig erscheinen. 3. a) Nach Auffassung der Beschwerdeführerin könnte die Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Akten auch gegen die Unschuldsvermutung gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK verstossen. Das Bundesgericht erkannte im nicht veröffentlichten Urteil vom 18. Dezember 1989 i.S. E., E. 2d, die Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Daten verstosse nicht gegen die Unschuldsvermutung nach Art. 6 Ziff. 2 EMRK . Die Aufbewahrung solcher Daten bedeute bloss, dass gegen die betroffene Person einmal der Verdacht einer strafbaren Handlung bestanden habe. Selbst wenn die archivierten Daten in einem späteren Verfahren wieder verwendet werden, liege darin nur eine Verdachtsäusserung, welche die Unschuldsvermutung nicht verletze. b) Gemäss Art. 6 Ziff. 2 EMRK wird bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet, dass der wegen einer strafrechtlichen Handlung Angeklagte unschuldig ist. Eine Verfügung verletzt die Unschuldsvermutung, wenn aus der Begründung oder dem Dispositiv der Verfügung eine strafrechtliche Missbilligung hervorgeht, obwohl die von der Verfügung betroffene Person nicht im strafrechtlichen Sinn verurteilt wird. Das kann nach der Rechtsprechung unter bestimmten Umständen der Fall sein, wenn einem Angeschuldigten nach dem Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens Kosten auferlegt oder eine Entschädigung verweigert wird (vgl. BGE 115 Ia 309 E. 1a, mit Hinweisen). Auch die Verfügung über die Aufbewahrung erkennungsdienstlichen Materials kann gegen die Unschuldsvermutung verstossen, wenn die Behörden damit ausdrücken, die betroffene Person sei doch schuldig, obwohl sie freigesprochen oder das Strafverfahren eingestellt worden ist. Im vorliegenden Fall ist zwar der Beschwerdeführerin soweit zuzustimmen, als der einmal gegen sie bestehende Verdacht bis heute weiterbestanden hat, weil das erkennungsdienstliche Material aufbewahrt worden ist. Sie macht aber nicht geltend, die Verfügung über die Aufbewahrung des Materials BGE 120 Ia 147 S. 156 erwecke in ihrem Fall den Eindruck, sie sei doch schuldig, obwohl das Strafverfahren von 1986 eingestellt worden sei. Die Unschuldsvermutung ist daher im Fall der Beschwerdeführerin nicht verletzt worden. 4. Ziffer 3 der angefochtenen Verfügung, in welcher die Staatsanwaltschaft die Vernichtung der erkennungsdienstlichen Unterlagen ablehnt, verletzt somit die persönliche Freiheit der Beschwerdeführerin und ist aufzuheben. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt ist zu verpflichten, die im Jahre 1986 über die Beschwerdeführerin erhobenen erkennungsdienstlichen Unterlagen zu vernichten. Die staatsrechtliche Beschwerde ist demnach teilweise gutzuheissen. Soweit die Beschwerdeführerin verlangt, bei der Vernichtung des Materials anwesend zu sein, ist die Beschwerde abzuweisen.
public_law
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_002
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Urteilskopf 84 IV 1 1. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 27 mars 1958 dans la cause X. contre Ministère public du canton de Vaud.
Regeste Widerruf des bedingten Strafvollzuges, wenn der Verurteilte während der Probezeit Unzucht mit einem Kinde nach Art. 191 Ziff. 3 StGB begeht.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 84 IV 1 S. 1 A.- Le Tribunal de police correctionnelle a infligé à X., le 21 novembre 1952, trois mois d'emprisonnement, avec sursis pendant cinq ans, pour débauche contre nature. Le 20 novembre 1956, alors qu'il se trouvait dans un urinoir, X. a pris dans la main et frotté la verge de Y., né en 1942. Admettant que le prévenu avait cru, par une erreur évitable, le jeune homme âgé de 16 ans au moins et que sa responsabilité était légèrement restreinte, la Cour d'appel l'a condamné, le 20 septembre 1957, à quatre semaines d'emprisonnement, en vertu de l'art. 191 ch. 3 CP, avec sursis pendant cinq ans; elle a subordonné cette faveur à la condition qu'il se soumette à un traitement psychiatrique aussi longtemps que le médecin l'estimera nécessaire. B.- Eu égard au délit commis le 20 novembre 1956, le président du Tribunal de district a révoqué, le 10 décembre 1957, le sursis accordé en novembre 1952. La Cour de cassation vaudoise a maintenu cette décision le 7 janvier 1958. C.- X. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Contestant s'être rendu coupable d'un délit intentionnel et avoir trompé la confiance du juge du sursis, il soutient que BGE 84 IV 1 S. 2 les autorités vaudoises auraient dû prolonger le délai d'épreuve conformément à l'art. 41 ch. 3 al. 2 CP. Erwägungen Considérant en droit: Selon la théorie, l'intention doit porter sur tous les éléments constitutifs de l'infraction définie par la loi. Aussi, dans le cas de l'art. 191 CP, l'auteur doit-il avoir eu conscience du fait que la victime avait moins de 16 ans. Cette conscience ayant manqué en l'espèce, les premiers juges ont appliqué le ch. 3 de l'art. 191. Le recourant en déduit qu'ils l'ont condamné pour un délit commis par négligence. Il aurait pu se prévaloir du commentaire THORMANN/OVERBECK, selon lequel cette disposition légale vise un cas d'attentat à la pudeur des enfants commis par négligence (note 18 ad art. 191). Si le législateur avait entendu incriminer la négligence, il aurait adopté la formule usuelle: "La peine sera ... si le délinquant a agi par négligence" (cf. art. 223 ch. 2, 227 ch. 2, 230 à 233 ch. 2 etc.). Dans cette hypothèse le chiffre 3 actuel de l'art. 191 aurait été superflu: la punissabilité du délinquant qui se trompe sur l'âge de la victime aurait découlé de l'art. 19 al. 2. C'est précisément parce que l'art. 191 ne vise pas la négligence, tout au moins pure et simple, qu'il a fallu introduire une disposition spéciale afin de frapper celui dont l'erreur sur l'âge de la victime aurait pu être évitée. HAFTER estime que, malgré cette erreur évitable, l'acte constitue un délit intentionnel (Bes. Teil I, 129). Il est cependant plus exact d'admettre (cf. LOGOZ, note 5 ad art. 191) que l'art. 191 ch. 3 réprime un délit mixte, l'auteur agissant à la fois avec intention (il attente avec conscience et volonté à la pudeur d'enfants) et négligence (il ne voue pas une attention suffisante à leur âge). L'élément intentionnel est du reste prépondérant et détermine le caractère du délit, de sorte que l'art. 41 ch. 3 CP s'applique. Une autre raison commande cette assimilation. Si Y. avait eu 16 ans, ainsi que X. l'a cru, les agissements de BGE 84 IV 1 S. 3 ce dernier seraient tombés sous le coup de l'art. 194 CP. Ils auraient constitué un délit purement intentionnel et la révocation du sursis accordé en 1952 eût été sans conteste obligatoire. En réalité, le jeune homme n'avait pas encore 16 ans, de sorte que l'acte de X. était plus grave. Il serait choquant que cette circonstance lui vaille, selon l'art. 41 ch. 3, un traitement plus favorable que s'il avait été condamné pour débauche contre nature. Enfin, il ne s'agit évidemment pas d'un cas de très peu de gravité - le recourant n'ose pas soutenir le contraire - de sorte que les juridictions vaudoises n'ont pas violé le droit fédéral en ordonnant la mise à exécution de la peine prononcée en 1952. ....
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Urteilskopf 93 I 561 69. Arrêt de la Ie Cour civile du 26 septembre 1967 dans la cause Eurobel Handels G.m.b.H. contre Office fédéral du registre du commerce.
Regeste Art. 944 Abs. 2, 952 OR ; 45/46 HRegV. 1. Auf die Firmabezeichnung der schweizerischen Zweigniederlassung eines Unternehmens mit Hauptsitz im Ausland anwendbare Bestimmungen (Erw. 1). 2. Voraussetzungen, unter denen das eidgen. Amt für das Handelsregister ausnahmsweise die Verwendung einer nationalen Bezeichnung oder eines territorialen oder regionalen Zusatzes in einer Firma gestatten kann. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei verwaltungsgerichtlicher Beschwerde gemäss Art. 97 ff. OG (Erw. 2). 3. Die Nichtzulassung der Firma "Eurobel" bedeutet keinen Ermessensmissbrauch des eidg. Handelsregisteramtes (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 562 BGE 93 I 561 S. 562 A.- La société anonyme "Eurobel Holding" a été fondée le 31 juillet 1964 à Luxembourg où elle a son siège. L'art. 4 des statuts définit son but en ces termes: "La société a pour objet la prise de participations sous quelque forme que ce soit dans des sociétés luxembourgeoises ou étrangères, l'acquisition par achat, souscription ou de toute autre manière, ainsi que l'aliénation par vente, échange ou de toute autre manière, de valeurs mobilières de toutes espèces, la gestion ou la mise en valeur du portefeuille qu'elle possédera, l'acquisition, la cession et la mise en valeur de brevets et licences d'exploitation. La société peut prêter ou emprunter avec ou sans garantie, elle peut participer à la création et au développement de toutes sociétés et leur prêter tous concours. D'une façon générale elle peut prendre toutes mesures de contrôle, de surveillance et de documentation et faire toutes opérations qu'elle jugera utiles à l'accomplissement ou au développement de son objet, en restant toutefois dans les limites tracées par la loi du trente et un juillet mil neuf cent vingt-neuf sur les holdings companies." B.- La société anonyme "Eurobel Holding" a constitué d'autres sociétés de fabrication et de vente, à savoir: - Eurobel Paris S.à r.l., à Paris; - Eurobel Amsterdam N.V., à Amsterdam; - Eurobel Handelsgesellschaft m.b.H., à Munich. Elle a projeté de fonder à Lausanne une société qui aurait la raison "Eurobel Lausanne SA". Interpellé sur le point de savoir si cette raison sociale serait admise, l'Office fédéral du registre du commerce a répondu négativement le 5 août 1965. Il invoquait les art. 45 et 46 ORC, ainsi que l'arrêt publié au RO 86 I 243 dans lequel le Tribunal fédéral a jugé que le refus d'admettre la raison de commerce "Eurofiduciaire" ne comportait pas un abus du pouvoir d'appréciation que les dispositions précitées reconnaissent audit office. En décembre 1965, la société anonyme "Eurobel Holding" et l'associé gérant de la société à responsabilité "Eurobel" de Munich ont décidé que celle-ci fonderait une succursale à BGE 93 I 561 S. 563 Lausanne et désigné un fondé de procuration en la personne de Walter Kühnlein, à Pully. La requête d'inscription a été présentée au préposé au registre du commerce de Lausanne sous la raison "Eurobel Handels GmbH, à Munich, succursale de Lausanne". Le 22 février 1967, l'Office fédéral du registre du commerce a informé le mandataire de la requérante qu'il n'admettait pas l'inscription de la succursale sous la raison indiquée. Il s'est référé aux motifs de son avis du 5 août 1965. C.- Contre cette décision, Eurobel Handels G.m.b.H a formé un recours de droit administratif. Elle requiert le Tribunal fédéral d'autoriser l'inscription de la raison sociale "Eurobel Handels G.m.b.H., à Munich, succursale de Lausanne". Dans ses observations, l'Office fédéral du registre du commerce propose de rejeter le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. En vertu de l'art. 952 CO, qui leur est applicable (RO 90 II 200, consid. 4), les succursales suisses des entreprises dont le siège principal est à l'étranger sont tenues d'avoir la même raison de commerce que l'établissement principal; elles peuvent y apporter une adjonction spéciale qui ne s'adapte qu'à elles seules. Il faut en outre que la raison mentionne le siège de l'établissement principal et celui de la succursale, laquelle doit être désignée expressément avec sa qualité. Assurément, la raison de la succursale suisse d'une entreprise dont le siège principal se trouve à l'étranger, est régie en principe par le droit étranger (RO 37 II 374). Mais la succursale suisse ne peut être inscrite au registre du commerce que si elle est conforme aux prescriptions impératives du droit public suisse relatives à la formation des raisons de commerce (BURCKHARDT, Le droit fédéral suisse, trad. par BOVET, vol. III, No 1556 II al. 2, p. 986; DE STEIGER/FAVEY, Les raisons de commerce en droit suisse, p. 48). Il appartient dès lors à l'entreprise étrangère qui veut installer une succursale en Suisse de se conformer à la législation de ce pays (RO 90 II 201, consid. 4). 2. L'art. 944 al. 2 CO confère au Conseil fédéral le droit de régler par une ordonnance l'emploi des désignations de caractère national ou territorial dans les raisons de commerce. Fondé sur cette délégation législative, le Conseil fédéral a BGE 93 I 561 S. 564 édicté les art. 45 et 46 ORC, qui interdisent en principe les désignations nationales, ainsi que les adjonctions territoriales et régionales. L'Office fédéral du registre du commerce a toutefois la faculté d'autoriser exceptionnellement une dérogation à la règle, lorsque des circonstances spéciales le justifient. Il doit consulter au préalable l'organisme compétent du commerce, de l'industrie ou de l'artisanat. Savoir si des circonstances spéciales justifient l'emploi de désignations nationales, territoriales ou régionales dans une raison de commerce est une question d'appréciation. Mais l'Office fédéral du registre du commerce ne jouit pas en la matière d'un pouvoir illimité. Il doit fonder sa décision sur des motifs objectifs et appliquer les règles du droit et de l'équité, selon le principe général énoncé à l'art. 4 CC (RO 92 I 294, consid. 2). Quant au Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit administratif, il ne saurait substituer sa propre appréciation à celle de l'office. Il se borne à vérifier si la décision attaquée ne viole pas le droit fédéral (art. 104 al. 1 OJ), c'est-à-dire à examiner si l'autorité administrative s'est référée à des critères objectivement déterminants et si elle n'a pas outrepassé les limites que le droit assigne à sa liberté d'appréciation, ni abusé de ce pouvoir (RO 85 I 134, 86 I 248, 91 I 216, 92 I 294). 3. Contrairement au qualificatif "international", qui n'est pas une désignation nationale ou territoriale (RO 87 I 307), les deux syllabes "Euro", qui indiquent l'Europe, soit une partie du monde, rentrent dans les adjonctions territoriales visées à l'art. 46 ORC (RO 86 I 247 s.). L'Office fédéral du registre du commerce ne pouvait dès lors autoriser l'inscription de la raison de commerce "Eurobel" que si des circonstances spéciales justifiaient une dérogation à la règle. Consultés en vertu de l'art. 45 al. 2 ORC, le directoire de l'Union suisse du commerce et de l'industrie ainsi que la Chambre vaudoise du commerce et de l'industrie ont émis un avis négatif. Si la raison "Eurobel" se rapproche davantage d'une désignation de fantaisie que la raison "Eurofiduciaire" dont il est question dans l'arrêt publié au RO 86 I 243 ss., elle n'en suggère pas moins que l'entreprise qui s'en sert revêt un caractère officiel ou semi-officiel et exerce son activité dans toute l'Europe. Elle éveille ainsi l'idée d'une coopération économique ou technique sur le plan européen. Cela est d'autant plus vrai que la dernière syllabe "Bel" n'apporte aucune précision sur le genre BGE 93 I 561 S. 565 de l'activité déployée par l'entreprise. Dans son recours, la société affirme que le groupe dont elle fait partie a pour but de fabriquer et de vendre des eaux minérales. Mais sa raison de commerce ne renferme aucune indication dans ce sens. Qui plus est, le but défini par les statuts de la société mère, qui a son siège à Luxembourg, est beaucoup plus large. Il permet des activités propres à induire le public en erreur sur le caractère officiel ou semi-officiel de l'entreprise. 4. S'agissant d'appliquer les règles du droit suisse sur la formation des raisons de commerce, il est sans importance que la dénomination "Eurobel" ait été admise dans d'autres pays. L'enquête effectuée auprès de plusieurs ambassades de Suisse en Europe centrale et occidentale a du reste confirmé que la pratique diffère notablement, selon les pays, au sujet des désignations territoriales. Quant aux dénominations d'entités établies à Lausanne, qui comprennent le mot "Europe" ou ses deux premières syllabes, l'Office fédéral du registre du commerce déclare que deux raisons seulement sont inscrites, à savoir "Europhone SA", dont l'inscription a été opérée en 1958, soit avant la jurisprudence instaurée par l'arrêt "Eurofiduciaire" qui a été rendu en 1960 (RO 86 I 243 ss.), et "Euromart Investments SA", dont l'inscription a été autorisée en 1964 en vertu de circonstances spéciales, conformément à l'art. 45 al. 2 ORC. De toute manière, la recourante ne saurait tirer argument d'inscriptions qui auraient été admises à la suite d'une erreur de fait ou d'une méconnaissance des règles de droit (cf. RO 87 I 309). L'examen de la cause montre dès lors qu'en refusant l'autorisation requise par "Eurobel", l'Office fédéral du registre du commerce s'est fondé sur des motifs pertinents et n'a pas abusé de son pouvoir d'appréciation ni dépassé les limites que lui assigne la législation en vigueur. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 103 II 176 31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. September 1977 i.S. Akeret gegen Metz
Regeste Übertragbare Personaldienstbarkeit ( Art. 781 Abs. 2 ZGB ); Wohnrecht. Ein dem Wohnrecht entsprechendes, aber erbliches und übertragbares Benützungsrecht an einer Wohnung kann nicht in die Form einer übertragbaren Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 Abs. 2 ZGB gekleidet werden (E. 2). Konversion der nichtigen Personaldienstbarkeit in ein Wohnrecht (E. 3) oder in ein Mietverhältnis von unbestimmter Dauer (E. 4)?
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 103 II 176 S. 177 A.- Hermann Akeret ist Eigentümer des Hauses "Sur Punt" in St. Moritz-Bad. Am 12. September 1961 schloss er mit Arthur Metz einen schriftlichen Mietvertrag, gemäss welchem er diesem eine unmöblierte 3 1/2-Zimmer-Wohnung im Haus "Sur Punt" zu einem jährlichen Mietzins (ohne Nebenkosten) von Fr. 2'700.-- zur Benützung überliess. Es wurde eine feste Mietzeit von zwei Jahren vereinbart, die vom 1. März 1962 bis 29. Februar 1964 dauern sollte; ohne Kündigung seitens einer der Parteien sollte sich der Vertrag hernach automatisch um jeweils sechs Monate verlängern. In einem gleichentags unterzeichneten Anhang zum Mietvertrag erklärte sich H. Akeret bereit, A. Metz wahlweise an der von diesem gemieteten 3 1/2-Zimmer-Wohnung oder an einer im gleichen Hause befindlichen 4 1/2-Zimmer-Wohnung ein "Wohnungs-Eigentumsrecht" einzuräumen. Als Gegenleistung wurde die Übernahme eines unkündbaren Inhaberschuldbriefes im Betrage von Fr. 60'000.-- (resp. von Fr. 75'000.-- im Falle der Wahl der 4 1/2-Zimmer-Wohnung) durch A. Metz vorgesehen. Die näheren Bedingungen sollten in einem besonderen Vertrag festgelegt werden. Weil die Begründung von Stockwerkeigentum damals noch nicht möglich war, suchten die Vertragspartner nach einer möglichst ähnlichen Lösung. Zu diesem Zweck schlossen sie am 19. Januar 1962 einen Vertrag ab, der im wesentlichen folgendes bestimmte: "1. Herr Akeret räumt hiermit Herrn Metz an der unmöblierten 3 1/2-Zimmer-Wohnung im Osten des 2. Stockes der Liegenschaft "Sur Punt" ein unkündbares, erbliches und veräusserliches ausschliessliches Benutzungsrecht ein, das im Grundbuch als übertragbare Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB eingetragen wird. 2. Herr Metz verpflichtet sich, als Gegenleistung, einen bereits bestehenden Inhaberschuldbrief in der Höhe von Fr. 61'000.-- im 2. Rang (Vorrang Fr. 180'000) zu übernehmen, der durch die Einräumung des Benutzungsrechtes unverzinslich und für beide Teile unkündbar wird. Herr Akeret hat das Vorkaufsrecht. 3. (nähere Beschreibung der Wohnung und der vom Berechtigten mit benützbaren Räume und Einrichtungen). BGE 103 II 176 S. 178 4. Die Nebenkosten sind vom jeweiligen Wohnungsbenützer monatlich zu vergüten. Dies sind: ... 5. Da der von Herrn Metz zu übernehmende, bereits bestehende Inhaber-Schuldbrief den im Vertrag vom 12.9.61 festgesetzten Betrag von Fr. 60'000.-- um Fr. 1'000.-- übersteigt, wird Herr Akeret für den Betrag von Fr. 1'000.-- an der Wohnung wertvermehrende Verbesserungen (evt. Einbau eines separaten WC) vornehmen. 6. Sollte das mit diesem Vertrag festgesetzte Benutzungsrecht aus irgend einem Grunde aufgehoben oder als nichtig erklärt werden, hat Herr Metz Anrecht auf eine Entschädigung in der Höhe der bis zu jenem Zeitpunkt eingetretenen Wertsteigerung der Wohnung. Da der bei Vertragsabschluss festgesetzte Wert von Fr. 60'000.-- der Kapitalisierung der Miete von Fr. 2'700.-- zu 4 1/2% entspricht, gilt als Wert der Wohnung im Zeitpunkt einer allfälligen Aufhebung bzw. Nichtigerklärung ebenfalls der zu 4 1/2% kapitalisierte, im dannzumaligen Zeitpunkt erzielbare Mietpreis. 7. Nach Inkrafttreten der vorgesehenen Revision der Bestimmungen des ZGB über das Miteigentum und der Ergänzung mit Vorschriften über Wohnungs- bzw. Stockwerkseigentum ist Herr Metz berechtigt, sich als Eigentümer der unter 1. genannten Wohnung ins Grundbuch eintragen zu lassen, und zwar ohne zusätzliche Leistungen, auch wenn der dannzumalige Wert der Wohnung den Betrag von Fr. 61'000.-- übersteigt. 8. ... 9. ... 10. ... 11. Dieser Vertrag tritt am 1. Februar 1962 in Kraft, sofern der jetzige Mieter die Wohnung bis zu diesem Zeitpunkt verlassen hat, andernfalls wird die Übergabe der Wohnung bis spätestens 1. März 1962 hinausgeschoben. Der Vertrag hat auch für die Rechtsnachfolger der beiden Parteien Gültigkeit." Am 16. Februar 1962 liessen H. Akeret und A. Metz einen Dienstbarkeitsvertrag öffentlich beurkunden, worin sie die Errichtung folgender Personaldienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB vereinbarten: "Ausschliessliches Benützungsrecht an der 3 1/2-Zimmer-Wohnung im Osten des 2. Stockes des Hauses No. 59 auf Parzelle No. 1846, bestehend aus Wohnzimmer mit Cheminée, Wohndiele, zwei Doppelschlafzimmern, Küche mit elektr. Kochherd und eingebauten Küchenmöbeln, Badezimmer mit WC, sowie einem Estrich-Raum, zu Gunsten von Herrn Arthur Metz, Zürich. Dem Berechtigten wird ferner das Recht eingeräumt, die für die Bewohnung der Wohnung notwendigen Gebäudeteile, wie Treppenhaus, Waschküche mit vollautomatischer Waschmaschine, Trockenraum mit Wäschehänge, sowie ein Drittel der im 1. Stock gelegenen Terrasse, ferner Luftschutzkeller und ein Parkplatz, mitzubenützen. Das Recht ist unkündbar, vererblich und veräusserlich, d.h. übertragbar. Herr Arthur Metz ist berechtigt, die Wohnung durch von ihm bezeichnete Dritte benützen zu lassen. BGE 103 II 176 S. 179 Die Wohnung ist an die Zentralheizung und die zentrale Warmwasseranlage des Hauses No. 59 angeschlossen. Die Nebenkosten sind vom Berechtigten monatlich zu vergüten, gemäss separater Abmachung." Mit Nachtrag vom 12. Februar 1964 wurde dieser Dienstbarkeitsvertrag dahin abgeändert, dass das A. Metz eingeräumte ausschliessliche Benützungsrecht auf ein weiteres Zimmer sowie auf einen Kellerraum ausgedehnt wurde; demgegenüber wurde das Recht auf Benützung eines Teils des Estrichs aufgehoben. Als Gegenleistung für die Erweiterung des Benützungsrechts wurde der von A. Metz übernommene Inhaberschuldbrief gegen Bezahlung von Fr. 5'000.-- auf den Betrag von Fr. 66'000.-- erhöht. Sowohl der Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962 als auch der Nachtrag vom 12. Februar 1964 wurden im Grundbuch der Gemeinde St. Moritz auf Blatt Nr. 1114 eingetragen. B.- Am 27. Januar 1973 leitete H. Akeret beim Vermittleramt Oberengadin gegen A. Metz Klage ein. Er beantragte im wesentlichen, es sei festzustellen, dass der Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962 dahingefallen sei, und das Grundbuchamt St. Moritz sei anzuweisen, das zugunsten des Beklagten im Grundbuch eingetragene Wohnungsbenützungsrecht zu löschen. Der Beklagte hielt an der Gültigkeit des Benützungsrechts fest und verlangte für den Fall von dessen Aufhebung eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 242'666.--. Mit Urteil vom 30. August 1976 hiess das Kantonsgericht von Graubünden in zweiter Instanz die Klage teilweise gut. Es stellte fest, dass der zwischen den Parteien am 19. Januar 1962 geschlossene Vertrag sowie der Dienstbarkeitsvertrag vom 16. Februar 1962 und die dazu gehörige Ergänzung vom 12. Februar 1964 aufgelöst seien und verpflichtete den Kläger, dem Beklagten für die Auflösung des Benützungsrechtes eine Entschädigung von Fr. 89'180.-- zu bezahlen. C.- Gegen dieses Urteil erklärte der Kläger die Berufung ans Bundesgericht, worauf der Beklagte Anschlussberufung erhob. Das Bundesgericht weist sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. In materieller Hinsicht ist in erster Linie streitig, ob das von den Parteien als Dienstbarkeit im Sinne von Art. 781 BGE 103 II 176 S. 180 ZGB vereinbarte Recht des Beklagten auf Benützung einer Wohnung im Hause des Klägers unwirksam sei. Währenddem der Kläger in Übereinstimmung mit der Vorinstanz die Auffassung vertritt, die im Grundbuch eingetragene Servitut verstosse gegen zwingende Grundsätze des Sachenrechts und müsse daher gelöscht werden, hält der Beklagte sie für zulässig und verlangt in seiner Anschlussberufung die Feststellung der Gültigkeit des Grundbucheintrags. Seit dem Inkrafttreten des ZGB bis zur Einführung des Stockwerkeigentums am 1. Januar 1965 hat die Frage, ob sich mit Hilfe von Dienstbarkeiten eine dem Stockwerkeigentum wirtschaftlich entsprechende Lösung verwirklichen lasse, Praxis und Rechtswissenschaft immer wieder beschäftigt. Ursprünglich war die Meinung allgemein verbreitet, dass das ZGB es zulasse, ein mit dem Stockwerkeigentum vergleichbares Benützungsrecht an einem Stockwerk oder an einer Wohnung als übertragbare Personalservitut im Sinne von Art. 781 eintragen zu lassen, sei es in Verbindung mit der Begründung von Miteigentum zwischen den einzelnen Benützungsberechtigten, sei es ohne eine solche (zu den verschiedenen Lehrmeinungen und Lösungsvorschlägen vgl. H. SATTIVA, Recherches sur la propriété par étages, Diss. Lausanne 1954, S. 88 ff.). In einem Kreisschreiben vom 10. Oktober 1951 an die kantonalen Aufsichtsbehörden über das Grundbuch vertrat auch das eidgenössische Justiz-und Polizeidepartement unter Hinweis auf die einstimmige Entgegennahme eines Postulates Cottier (Lausanne) durch den Nationalrat die Auffassung, dass eine Änderung des ZGB nicht notwendig sei, weil dieses den Beteiligten Ersatzformen zur Verfügung stelle, die zwar nicht nach der rechtlichen Konstruktion, wohl aber in bezug auf die wirtschaftliche Auswirkung die Begründung von Stockwerkeigentum ermöglichten. Den kantonalen Aufsichtsbehörden wurde empfohlen, die Grundbuchämter auf diese im Kreisschreiben näher dargestellten Ersatzformen hinzuweisen (ZBGR 32/1951 S. 349/350). Die neuere Lehre ist demgegenüber einhellig zur Auffassung gelangt, das ZGB lasse eine dienstbarkeitsrechtliche Ersatzlösung für das Stockwerkeigentum nicht zu. Insbesondere FLATTET, LIVER, FRIEDRICH und SATTIVA gelangten zum Ergebnis, dass eine übertragbare und vererbliche Personaldienstbarkeit, die dem Berechtigten ein mit dem Stockwerkeigentum vergleichbares dauerndes und BGE 103 II 176 S. 181 ausschliessliches Benützungsrecht verleihen würde, nach dem ZGB nicht begründet werden könne (nebst dem bereits zitierten Werk von SATTIVA, S. 109 f., sei vor allem verwiesen auf FLATTET, La propriété par étages, ZSR 75/1956 II S. 591a ff., insbesondere S. 663a und 681a; LIVER, Das Stockwerkeigentum, Umwandlung und Neubegründung, ZBGR 35/1954 S. 67 ff., insbesondere S. 69 f., und Kommentar zum Sachenrecht, N. 64 der Einleitung sowie N. 6 ff. zu Art. 730 ZGB ; FRIEDRICH, Die Wiedereinführung des Stockwerkeigentums in der Schweiz, ZSR 75/1956 II S. 43a ff., insbesondere S. 47a). Die erwähnten Autoren gehen davon aus, dass das ZGB in den Art. 776-778 die Befugnis, ein Stockwerk oder eine Wohnung ausschliesslich zu benützen, in der Form des Wohnrechts als Personaldienstbarkeit abschliessend geregelt hat. Aus dem Umstand, dass das Wohnrecht nach der zwingenden Anordnung in Art. 776 Abs. 2 ZGB weder übertragen noch vererbt werden kann, leiten sie ab, dass es mit dem Sinn dieser Regelung nicht vereinbar wäre, ein Recht gleichen Inhalts als übertragbare Dienstbarkeit gemäss Art. 781 Abs. 2 ZGB begründen zu können. Diese Auslegung des Gesetzes vermag zu überzeugen. Es wäre in der Tat nicht einzusehen, weshalb das Wohnrecht als eine auf das Leben des Berechtigten begrenzte, unübertragbare Personaldienstbarkeit ausgestaltet worden wäre, wenn es zulässig sein sollte, das gleiche Recht gestützt auf Art. 781 ZGB als übertragbare und vererbliche Servitut zu begründen. Diese Überlegung erhält noch vermehrtes Gewicht durch den Umstand, dass das Sachenrecht des ZGB vom Grundsatz der geschlossenen Zahl der dinglichen Rechte beherrscht ist und dass die inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen Rechte, soweit eine solche durch das Gesetz überhaupt erfolgt ist, zwingenden Charakter aufweist (zum Prinzip der Typengebundenheit und Typenfixierung vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, Systematischer Teil, N. 35 ff. und 41; sowie LIVER, Kommentar zum Sachenrecht, N. 61 ff. der Einleitung). Das Wohnrecht gehört wie die Nutzniessung zu den inhaltlich näher bestimmten Dienstbarkeiten. Der Grund für die Regelung des Inhalts dieser Rechte und für die Begrenzung ihrer Dauer ist, wie besonders LIVER hervorhebt (a.a.O. N. 64), darin zu erblicken, dass sie wegen ihres umfassenden Charakters das Eigentum sehr stark einschränken. Es würde deshalb gegen den zwingenden Charakter BGE 103 II 176 S. 182 dieser gesetzlichen Ordnung verstossen, wenn inhaltlich gleiche Rechte als übertragbare irreguläre Personaldienstbarkeiten oder als Grunddienstbarkeiten, deren Dauer nicht begrenzt ist, begründet werden könnten (vgl. in diesem Sinne auch LEEMANN, N. 37 zu Art. 781 ZGB ; HOMBERGER und MARTI, SJK 567, Ziff. I; PIOTET, Dienstbarkeiten und Grundlasten, in: Schweizerisches Privatrecht, Band V/1, S. 549). Die Erkenntnis, dass ein dem Wohnrecht entsprechendes Benützungsrecht an einem Stockwerk oder an einer Wohnung nicht in die Form einer übertragbaren Personalservitut im Sinne von Art. 781 Abs. 2 ZGB gekleidet werden kann, bildete denn auch einen der rechtlichen Gründe für die Einführung des Stockwerkeigentums. Die bundesrätliche Botschaft vom 7. Dezember 1962 hob hervor, dass die Zulassung einer solchen Dienstbarkeit mit dem Prinzip der geschlossenen Zahl und der Typizität der Dienstbarkeiten unvereinbar wäre. Sie kam zum Schluss, dass es eine Ersatzform für das Stockwerkeigentum, "die allen praktischen Anforderungen genügen könnte und die sich dem geltenden Recht widerspruchslos einfügen liesse", nicht gebe (vgl. BBl 1962 II S. 1466). Mit der Einführung des Stockwerkeigentums hat sich der Gesetzgeber der Ablehnung von übertragbaren irregulären Personalservituten mit dem Inhalt des Wohnrechts oder der Nutzniessung durch die neuere Lehre angeschlossen. Heute besteht jedenfalls keinerlei Anlass mehr, eine servitutarische Ersatzform für das Stockwerkeigentum zuzulassen, die dem Dienstbarkeitsrecht widerspricht. Vor der Gesetzesrevision führte vor allem Art. 114 Abs. 2 der Grundbuchverordnung zu einer grossen Rechtsunsicherheit. Diese Bestimmung sah in ihrer ursprünglichen Fassung vor, altrechtliches Stockwerkeigentum könne in der Weise dem Grundbuchrecht des ZGB angepasst werden, dass zugunsten des einen Berechtigten das Eigentum an Grund und Boden und zugunsten des andern eine übertragbare Dienstbarkeit im Sinne von Art. 781 ZGB eingetragen werde. Die Tragweite dieser Vorschrift, die unter den Schluss- und Übergangsbestimmungen figurierte, beschränkte sich zwar bei richtiger Betrachtung schon auf Grund ihrer systematischen Stellung auf die Umwandlung von Stockwerkeigentum des bisherigen kantonalen Rechts. Trotzdem gab sie immer wieder zu Zweifeln Anlass, ob Art. 781 Abs. 2 ZGB nicht auch die Begründung neuer Benützungsrechte BGE 103 II 176 S. 183 an Stockwerken und Wohnungen in der Form übertragbarer Personalservituten zulasse. Im Zusammenhang mit der Einführung des Stockwerkeigentums ist Art. 114 Abs. 2 der Grundbuchverordnung jedoch geändert worden. In seiner heutigen Fassung erwähnt er die in Frage stehende Ersatzform für das Stockwerkeigentum nicht mehr. Dafür sieht der neu eingefügte Art. 22bis SchlT ZGB vor, dass das früher vom kantonalen Recht beherrschte Stockwerkeigentum den neuen Vorschriften des ZGB unterstellt ist. Heute besteht somit eine klare Rechtslage. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es angezeigt, dass sich das Bundesgericht der in der neueren Lehre vertretenen Auffassung vorbehaltlos anschliesst und übertragbare irreguläre Personalservituten, die inhaltlich einem Wohnrecht gleichkommen, als mit dem Gesetz unvereinbar und daher als nichtig betrachtet. Dass viele solche Dienstbarkeiten begründet worden sind, wie der Beklagte geltend macht, kann einer solchen Entscheidung nicht entgegenstehen, und zwar umso weniger, seitdem das Gesetz die Möglichkeit ausdrücklich vorsieht, ein dauerndes Benützungsrecht an Stockwerken und Wohnungen in Form von Stockwerkeigentum zu begründen. Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Eintragung der streitigen Dienstbarkeit im Grundbuch müsse aufrecht erhalten bleiben, selbst wenn sie zu Unrecht erfolgt sein sollte. Er beruft sich hiefür einerseits auf Heilung des Mangels durch ordentliche Ersitzung und andererseits darauf, die Geltendmachung der Nichtigkeit durch den Kläger sei rechtsmissbräuchlich. Dabei übersieht er jedoch, dass ein nicht eintragungsfähiges Recht wie die hier in Frage stehende Dienstbarkeit weder durch Ersitzung geheilt noch auf Grund des Verbots des Rechtsmissbrauchs unanfechtbar werden kann ( BGE 93 II 298 /299 E. 4; LIVER, N. 149 zu Art. 734 ZGB ). Es ist dies eine notwendige Folge des Grundsatzes der Typengebundenheit der dinglichen Rechte. Der Schutz des guten Glaubens kann nicht dazu führen, dass Rechte, die nicht mit dinglicher Wirkung begründet werden können, zufolge ihrer Eintragung ins Grundbuch oder wegen ihrer langjährigen unangefochtenen Ausübung eine solche Wirkung erlangen. 3. Erweist sich die im Grundbuch eingetragene Dienstbarkeit als mit dem Gesetz unvereinbar und daher unwirksam, haben die kantonalen Instanzen zu Recht deren Löschung BGE 103 II 176 S. 184 angeordnet, indem sie den vom Kläger als Eigentümer des belasteten Grundstücks erhobenen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs gestützt auf Art. 975 Abs. 1 ZGB schützten (vgl. dazu BGE 93 II 299 E. 6 und LIVER, N. 150 zu Art. 734 ZGB ). Der Beklagte wendet dagegen ein, die Unzulässigkeit der unbeschränkten Dauer der eingetragenen Dienstbarkeit bilde keinen ausreichenden Grund, den Grundbucheintrag als nichtig zu betrachten und zu löschen; es müsse vielmehr die Servitutsdauer auf das zulässige Mass herabgesetzt werden. Er beantragt allerdings nicht, die Berichtigung des Grundbuchs auf eine solche Herabsetzung der Dauer des eingetragenen Rechts zu beschränken, wie es dem von ihm eingenommenen Standpunkt eigentlich entsprechen würde, sondern er vertritt die Auffassung, dem Kläger stehe zur Zeit noch gar kein Anspruch auf Grundbuchberichtigung zu. Ungeachtet dieser offensichtlich unhaltbaren Schlussfolgerung wirft der Beklagte damit die Frage auf, ob der unwirksame Grundbucheintrag nicht dadurch in einen gültigen verwandelt werden könne, dass an seiner Stelle ein zeitlich begrenztes, unübertragbares Benützungsrecht - mithin ein Wohnrecht - im Grundbuch eingetragen werde. Eine solche Konversion der nichtigen irregulären Personaldienstbarkeit in ein Wohnrecht muss indessen allein schon deshalb abgelehnt werden, weil für die Eintragung eines Wohnrechts kein genügender Rechtsgrund vorhanden ist. Der von den Parteien am 16. Februar 1962 öffentlich beurkundete Dienstbarkeitsvertrag bildet, so wie er abgefasst ist, keine taugliche Grundlage für die Eintragung eines Wohnrechts. Eine Abänderung des Eintrages in ein Wohnrecht ist aber auch aus materiellen Gründen nicht möglich. Eine Konversion setzt voraus, dass die Parteien bei Kenntnis der Ungültigkeit des von ihnen abgeschlossenen Rechtsgeschäfts das Ersatzgeschäft gewollt hätten. Ein solcher hypothetischer Parteiwille kann nur angenommen werden, wenn das Ersatzgeschäft einen ähnlichen Zweck und Erfolg hat wie das nichtige ( BGE 93 II 228 E. 3 und 452 E. 5). Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Parteien bei Vertragsschluss beabsichtigten, dem Beklagten eine dem Stockwerkeigentum möglichst nahekommende Rechtsstellung zu verschaffen. Aus diesem Grunde vereinbarten sie ein übertragbares und vererbliches Wohnungsbenützungsrecht in der Form einer irregulären Personaldienstbarkeit. BGE 103 II 176 S. 185 Mit dem Wohnrecht hätten sie wegen dessem Unübertragbarkeit und beschränkten Dauer einen ähnlichen Zweck nicht erreichen können. Es kann deshalb nicht angenommen werden, die Parteien hätten ein Wohnrecht vereinbart, wenn sie gewusst hätten, dass die von ihnen gewollte Dienstbarkeitsart unzulässig sei. Es muss somit bei der Löschung der unwirksamen Servitut sein Bewenden haben, was gleichzeitig zur Abweisung der mit der Anschlussberufung gestellten Hauptanträge führt. 4. Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid auch die Frage geprüft, ob die Unwirksamkeit der streitigen Dienstbarkeit zur Nichtigkeit des Vertrages vom 19. Januar 1962 und des darauf beruhenden Dienstbarkeitsvertrages führe oder ob die von den Parteien getroffenen Vereinbarungen nach dem Grundsatz der Konversion in ein obligatorisches Rechtsverhältnis umgewandelt werden könnten. Sie ist dabei zum Schluss gelangt, der Vertrag vom 19. Januar 1962 sei in einen Mietvertrag von unbestimmter Dauer umzudeuten, der gemäss Art. 267 Abs. 2 Ziff. 1 OR kündbar gewesen und vom Kläger denn auch auf den 1. August 1973 durch Kündigung aufgelöst worden sei. Der Beklagte wendet ein, dass eine solche Lösung den Absichten, welche die Parteien bei Vertragsabschluss gehabt hätten, diametral widerspreche. Die Frage nach der Absicht der Parteien im Falle der Kenntnis der Nichtigkeit ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht prüfen kann, da es sich nicht um die Erforschung eines tatsächlichen, sondern eines hypothetischen Parteiwillens handelt ( BGE 80 III 57 , BGE 76 II 15 ; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des OR, Band I, S. 229 N. 38; JÄGGI, N. 90 zu Art. 11 OR ). Dabei ist darauf abzustellen, welchen Zweck die Parteien mit dem nichtigen Vertrag verfolgten. Es steht fest, dass die Parteien eine dem Stockwerkeigentum möglichst nahekommende Lösung suchten und deshalb ein dauerndes und übertragbares Wohnungsbenützungsrecht begründen wollten. Ein Mietvertrag von unbestimmter Dauer hätte aber diesem Zweck nicht in ähnlicher Weise dienen können. Ein solcher Vertrag hätte wegen der Möglichkeit einer Kündigung keinerlei Gewähr für eine lange Dauer geboten. Im angefochtenen Urteil wird anderseits zutreffend darauf hingewiesen, dass ein Mietvertrag nicht auf unbegrenzte Dauer abgeschlossen werden kann, weil dies zu BGE 103 II 176 S. 186 einer mit Art. 27 ZGB unvereinbaren Beschränkung der persönlichen Freiheit führen würde. Daraus ist der Schluss zu ziehen, dass mit einem rein obligatorischen Rechtsgeschäft wie der Miete ein ähnlicher Zweck wie mit der von den Parteien vereinbarten Dienstbarkeit nicht hätte erreicht werden können. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist daher eine Konversion des an einem Nichtigkeitsgrund leidenden Vertrages vom 19. Januar 1962 in ein Ersatzgeschäft obligatorischer Natur nicht möglich. Der Vertrag ist somit gemäss Art. 20 Abs. 1 OR wegen Unmöglichkeit seines Inhalts als nichtig zu betrachten (MEIER/HAYOZ, a.a.O. N. 38 des systematischen Teils). Wegen Formmangels nichtig ist zudem Art. 7 dieses Vertrags, wo dem Beklagten das Recht eingeräumt wird, sich nach Einführung des Stockwerkeigentums im Grundbuch als Eigentümer der Wohnung eintragen zu lassen. Eine solche Abrede hätte zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung bedurft ( Art. 712d lit. d Abs. 3 ZGB ).
public_law
nan
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1,977
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CH_BGE_004
CH
Federation
9834520a-e971-4f63-9310-898cbc0f846a
Urteilskopf 99 III 66 14. Entscheid vom 18. Dezember 1973 i.S. Konkursmasse IBZ Finanz AG und Wirtschaftsbank Zürich AG.
Regeste Lastenverzeichnis im Konkurs; Umfang der Pfandhaft. 1. Faustpfandberechtigte an Schuldbriefen sind im Konkurs des Grundeigentümers legitimiert, gegen eine Verfügung des Konkursamtes, die den Umfang der Pfandhaft betrifft, Beschwerde zu führen (Erw. 1). 2. Ein Lastenverzeichnis, das keine klare Entscheidung darüber enthält, ob sich die Pfandhaft auf die Zugehör erstrecke oder nicht, ist nachträglich zu ergänzen und neu aufzulegen (Erw. 2, 4). 3. Das Lastenverzeichnis kann durch die Steigerungsbedingungen nicht abgeändert werden (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 67 BGE 99 III 66 S. 67 A.- Der Wirtschaftsbank Zürich AG steht ein Faustpfandrecht an den am 29. Mai 1964 errichteten und der IBZ Finanz AG gehörenden Schuldbriefen im 4. Rang im Gesamtbetrag von Fr. 600 000.-- auf der Liegenschaft Hotel Continental in Lausanne zu. Gemäss dem Text der Pfandtitel umfasst die Pfandhaft auch die Hotelzugehör. Im Konkurs der Eigentümerin der Liegenschaft, der Kommanditgesellschaft W. Fuchs & Co., wurden die Schuldbriefe von der IBZ Finanz AG, die inzwischen ebenfalls in Konkurs gefallen war, angemeldet und kolloziert. Das Faustpfandrecht der Wirtschaftsbank wurde im Konkurs über die IBZ Finanz AG berücksichtigt. Hinsichtlich der Liegenschaft Hotel Continental enthält das Lastenverzeichnis im Konkurs W. Fuchs & Co. folgenden Vermerk: "Mention: Accessoires de Fr. 338 317.80 Dat. 5.11.1949 No. 234 632 Bemerkung: Diese Anmerkung betrifft das Mobiliar des alten, abgebrochenen Hotels; es ist nicht mehr vorhanden. Siehe Brief des Konkursamtes Lausanne vom 24. November 1965." Das Lastenverzeichnis wurde nicht angefochten. Die Versteigerung der Liegenschaft wurde auf den 25. März 1969 angesetzt. Die Konkursverwaltung im Konkurs der IBZ Finanz AG, die eine Steigerungsanzeige erhalten hatte, orientierte die Wirtschaftsbank darüber und teilte ihr mit, sie müsse ihre Interessen als Faustpfandgläubigerin der Schuldbriefe selbst wahrnehmen; insbesondere sei es an ihr, in die in Lausanne aufliegenden Steigerungsbedingungen Einsicht zu nehmen und allenfalls an der Steigerung mitzubieten. Bezüglich der Haftung der Zugehör ist in den Steigerungsbedingungen folgendes festgehalten: "Lors du dépôt de l'état des charges, les biens meubles se trouvant à l'Hôtel Continental n'ont pas été considérés comme étant des accessoires de l'immeuble. Ils seront néanmoins réalisés en bloc avec l'immeuble, mais la question de la répartition du produit de la vente est expressément réservée." Auch die Steigerungsbedingungen blieben unangefochten. Am 27. Juli 1972 nahm der Vertreter der Wirtschaftsbank Einsicht in den beim Konkursamt Altstetten-Zürich aufliegenden BGE 99 III 66 S. 68 Kollokationsplan im Konkurs W. Fuchs & Co. Bei dieser Gelegenheit erklärte ihm der Konkursbeamte, dass der IBZ Finanz AG für die fraglichen Schuldbriefe kein Treffnis aus dem auf die Zugehör entfallenden Teil des Zuschlagspreises zukommen werde. Mit Brief vom 3. August 1972 ersuchte die Wirtschaftsbank das Konkursamt, diese Frage nochmals zu prüfen und allenfalls das Lastenverzeichnis neu aufzulegen. Das Konkursamt teilte ihr jedoch mit Schreiben vom 31. August 1972 mit, es halte an seiner Auffassung fest und lehne die Neuauflage des Lastenverzeichnisses ab. B.- Mit Eingabe vom 11. September 1972 erhoben darauf die Konkursmasse der IBZ Finanz AG und die Wirtschaftsbank Beschwerde beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde mit dem Antrag, das Konkursamt Altstetten-Zürich als Konkursverwaltung im Konkurs der W. Fuchs & Co. sei anzuweisen, das Lastenverzeichnis über die Liegenschaft Hotel Continental in bezug auf die Haftung des Hotelmobiliars als Zugehör zugunsten der den Beschwerdeführerinnen zustehenden Schuldbriefe klarzustellen und neu aufzulegen. Das Bezirksgericht wies die Beschwerde am 20. Dezember 1972 ab, soweit es darauf eintrat. Einen Rekurs gegen diesen Entscheid wies das Obergericht des Kantons Zürich als obere kantonale Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 13. März 1973 ab. C.- Gegen diesen Beschluss rekurrieren die Wirtschaftsbank und die IBZ Finanz AG unter Erneuerung ihres Antrags an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht hat der Wirtschaftsbank die Legitimation zur Beschwerdeführung abgesprochen mit der Begründung, diese stehe als Faustpfandgläubigerin einer Pfandgläubigerin in keiner rechtlichen Beziehung zum Konkursverfahren über die W. Fuchs & Co; sie werde durch die Verwertung der Schuldbriefe nur tatsächlich berührt. Zur Beschwerde nach Art. 17 SchKG legitimiert sind die Parteien des Betreibungsverfahrens und solche Drittpersonen, die durch die angefochtene Verfügung in ihren rechtlich geschützten Interessen betroffen werden ( BGE 96 III 61 , BGE 87 III 4 mit Hinweisen). Als Faustpfandbesitzerin der Schuldbriefe hat die Wirtschaftsbank ein eigenes Interesse daran, dass sich die BGE 99 III 66 S. 69 Pfandhaft auf die Hotelzugehör erstreckt. Und zwar kann sie dieses Interesse im Konkurs des Eigentümers der verpfändeten Liegenschaft selbst wahrnehmen. Dritte mit Faustpfandrechten an Grundpfandtiteln sind gemäss Art. 40 Abs. 1 KV verpflichtet, diese Titel dem Konkursamt abzuliefern, wenn der Grundeigentümer in Konkurs fällt. Sie können ihre Faustpfandrechte in diesem Konkurs anmelden, auch wenn sich ihre Forderung nicht gegen den Gemeinschuldner richtet. Soweit möglich sind solche Pfandansprachen übrigens von Amtes wegen zu berücksichtigen ( Art. 246 SchKG ; BGE 64 III 70 ). Sie sind ins Lastenverzeichnis aufzunehmen und unterliegen dem Lastenbereinigungs- bzw. Kollokationsverfahren ( BGE 64 III 70 /71). Hat aber die Wirtschaftsbank das Recht, ihre Faustpfandansprache im Konkurs der W. Fuchs & Co. anzumelden, und unterliegt diese Ansprache dort dem Lastenbereinigungsverfahren, so ist sie durch eine Verfügung des Konkursamtes, welche den Umfang der Pfandhaft betrifft, in ihren rechtlichen Interessen tangiert. Ihre Beschwerdelegitimation ist daher zu bejahen. 2. Mit unbenutztem Ablauf der Frist von Art. 250 Abs. 1 SchKG erwächst das Lastenverzeichnis bzw. der Kollokationsplan, dessen Bestandteil es ist, in Rechtskraft. Dies setzt aber voraus, dass die Konkursverwaltung überhaupt über den angemeldeten Anspruch befunden hat. Als Entscheid im Sinne von Art. 245. SchKG kann nur eine Erklärung der Konkursverwaltung gelten. die in unmissverständlicher Weise zu erkennen gibt, ob und in welchem Ausmass der betreffende Gläubiger am Konkursergebnis teilnehmen soll. Fehlt es daran, so kann die Unterlassung der Kollokationsklage dem Gläubiger nicht schaden ( BGE 97 III 42 /43 mit Hinweisen, BGE 85 III 95 ff.). Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, enthält das Lastenverzeichnis im vorliegenden Fall keinen klaren und eindeutigen Entscheid darüber, ob sich die Pfandhaft auch auf die Zugehör erstrecke oder nicht. Der Vermerk, die Zugehöranmerkung im Grundbuch betreffe das Mobiliar des abgebrochenen Hotels, lässt die Frage offen, wie es sich mit demjenigen des neuen Hotels verhalte. Wenn die Konkursverwaltung die Haftung der Zugehör ausschliessen wollte, so hätte sie einen ausdrücklichen Entscheid treffen und der Eigentümerin der Schuldbriefe darüber eine Spezialanzeige zustellen müssen ( Art. 249 Abs. 3 SchKG , Art. 68 KV; BGE 97 III 42 /43). Als Faustpfandberechtigte BGE 99 III 66 S. 70 an den Schuldbriefen hatte überdies auch die Wirtschaftsbank Anspruch auf eine Spezialanzeige (vgl. BGE 64 III 68 ff.). Das Lastenverzeichnis weist somit in dieser Hinsicht einen Mangel auf. Wie in BGE 85 III 97 dargelegt wurde, kann ein solcher Mangel auch noch nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist gerügt werden, da ein Kollokationsplan, der keine klare Entscheidung über eine angemeldete Forderung oder, wie im vorliegenden Fall, über den Umfang eines geltend gemachten Pfandrechts enthält, als Grundlage für die Verteilung des Konkursergebnisses schlechthin untauglich ist (vgl. auchBGE 55 III 42/43). Im übrigen hatten die Rekurrentinnen keinen Anlass, gegen das Lastenverzeichnis Beschwerde zu führen. Da sie keine Spezialanzeige über die Abweisung ihres sich aus dem Text der Pfandtitel ergebenden Anspruchs auf Mithaftung der Zugehör erhielten und da sich auch aus dem Lastenverzeichnis keine Abweisung herauslesen lässt, durften sie der Meinung sein, das Konkursamt anerkenne diesen Anspruch. Ihre Beschwerde ist daher nicht verspätet. 3. Zu Unrecht nimmt das Obergericht an, das Lastenverzeichnis sei durch die Steigerungsbedingungen vervollständigt bzw. berichtigt worden, da darin die Auffassung des Konkursamtes, die im Hotel Continental befindliche Fahrnis sei nicht als Zugehör der Liegenschaft zu betrachten, klar zum Ausdruck komme. Gemäss Art. 45 Abs. 2 VZG , der auch im Konkursverfahren Anwendung findet ( Art. 130 Abs. 1 VZG ), ist das entsprechend dem Ausgang allfälliger Prozesse oder Beschwerden berichtigte oder ergänzte Lastenverzeichnis den Steigerungsbedingungen als Anhang beizufügen. Es kann daher durch diese nicht abgeändert werden. Den Rekurrentinnen kann deshalb kein Nachteil daraus erwachsen, dass sie keinen Einblick in die Steigerungsbedingungen nahmen und dagegen keine Beschwerde führten. 4. Gibt das Lastenverzeichnis keine eindeutige Auskunft über den Umfang der Pfandhaft, so ist es nachträglich zu ergänzen. Das Konkursamt ist daher anzuweisen, eine klare und unmissverständliche Verfügung darüber zu treffen, ob sich die Pfandhaft auch auf die Zugehör erstrecke oder nicht, und das berichtigte Lastenverzeichnis neu aufzulegen. Der endgültige Entscheid in dieser Frage bleibt dem Richter in einem allfälligen Kollokationsprozess vorbehalten ( BGE 97 III 43 ). BGE 99 III 66 S. 71 Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen und der angefochtene Beschluss aufgehoben; das Konkursamt Altstetten-Zürich als Konkursverwaltung im Konkurs der W. Fuchs & Co. wird angewiesen, den Kollokationsplan bzw. das Lastenverzeichnis über die Liegenschaft Hotel Continental in Lausanne durch einen eindeutigen Entscheid hinsichtlich der Haftung des Hotelmobiliars als Zugehör zu ergänzen und neu aufzulegen.
null
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1,973
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Federation
98345e93-ced5-4d39-bdc8-5191c0cb614a
Urteilskopf 88 II 371 51. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 23 octobre 1962 dans la cause Compagnie des montres Favre-Leuba SA contre Louis A. Leuba SA
Regeste 1. Firmabezeichnung einer Aktiengesellschaft, Art. 950 OR (Erw. 2). 2. Der Gebrauch einer Firmabezeichnung kann, selbst wenn diese den Anforderungen der gesetzlichen Vorschriften über die Bildung von Geschäftsfirmen entspricht, unter besonderen Umständen gleichwohl den Tatbestand des unlauteren Wettbewerbs erfüllen. Begeht Rechtsmissbrauch, wer Klage erhebt, nachdem er während langer Zeit die Verwendung der Firma durch den Konkurrenten geduldet hat? (Erw. 3). 3. Art. 6 MSchG . Verwechslungsgefahr (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 371 BGE 88 II 371 S. 371 A.- La société anonyme Compagnie des montres Favre-Leuba est inscrite au registre du commerce de Genève. Jusqu'en 1939, elle travailla surtout pour l'Inde et l'Extrême Orient; en raison de la guerre, elle prospecta d'autres marchés (Proche Orient, Afrique, Grande-Bretagne, Allemangne, Suisse). En 1911, 1919 et 1945, elle fit enregistrer une marque "Favre-Leuba", dans laquelle les mots sont disposés en arc de cercle de grand rayon. Actuellement, aucun de ses dirigeants ne porte le nom de Leuba. Louis A. Leuba fut employé par cette société, d'abord au comptoir de Bombay, puis au siège social. Le 2 juillet 1952, il reprit une maison Engel et se mit à son compte. Sa raison individuelle devint, le 17 juillet suivant, la raison sociale "Louis A. Leuba SA". Après son décès, survenu BGE 88 II 371 S. 372 en 1959, sa veuve développa l'affaire, sur le marché allemand notamment. La maison utilisa dès le début le nom "Leuba" comme marque. Le 5 mai 1960, elle déposa et fit enregistrer celle-ci dans une forme nouvelle; elle s'inscrit au centre d'un triangle très aplati; les lettres touchent les côtés; le volume du U est seulement dessiné (caractère ombré). Le 1er février 1960, la première société mit la seconde en demeure de changer sa raison et de ne plus utiliser sa marque. Par égard pour Louis A. Leuba et vu l'activité insignifiante de l'interpellée, elle avait, disait-elle, supporté les quelques confusions qui s'étaient produites jusqu'en 1959 mais, depuis lors, celles-ci s'étaient multipliées. Des plis ou colis correctement adressés à l'une des sociétés avaient été remis par la poste à l'autre; l'administration s'en est du reste excusée, excipant notamment de l'incompétence momentanée de son personnel. Des fournisseurs adressèrent leurs envois à la maison concurrente, bien qu'ils aient mentionné dans le texte celle qu'ils concernaient. De divers côtés enfin, en Allemagne spécialement, des clients ne différenciaient pas les deux sociétés genevoises ou se renseignaient. B.- Le refus de Louis A. Leuba SA a contraint sa concurrente à prier la Cour de justice genevoise, le 14 novembre 1960, de radier la raison et la marque litigieuses, d'interdire à la défenderesse de faire usage du mot "Leuba" sous quelque forme que ce soit et de la condamner à payer une indemnité. Le 9 mars 1962, statuant sur pièces, la Cour de justice a ordonné la radiation de la marque déposée le 5 mai 1960 et débouté la demanderesse de ses autres conclusions. C.- Celle-ci a formé un recours en réforme auprès du Tribunal fédéral. Elle y renonce à réclamer des dommagesintérêts. L'intimée a conclu au rejet du recours et formé elle-même un recours joint visant la radiation de sa marque ordonnée par la Cour cantonale. BGE 88 II 371 S. 373 Erwägungen Considérant en droit: 1. ..... 2. De par l'art. 950 CO, la société anonyme peut, sous réserve des dispositions générales sur la formation des raisons de commerce, former librement sa raison sociale; elle est autorisée, sous cette même réserve, à y faire figurer des noms de personne. En conséquence, la société doit respecter notamment le principe de véracité et la règle selon laquelle la raison ne doit pas induire en erreur ni méconnaître le droit exclusif d'une autre entreprise à sa raison de commerce (RO 79 II 187 consid. 1). Si elle fait un usage indu d'une autre raison, le titulaire peut demander au juge d'y mettre fin (art. 956 al. 2 CO). a) En l'espèce, le principe de véracité est sauvegardé. Louis A. Leuba, fondateur de l'intimée, lui a donné son nom patronymique et son prénom; sa veuve dirige actuellement l'entreprise. b) D'après la jurisprudence (RO 88 II 35 sv., 180 sv.), une société viole, en choisissant sa raison, le droit exclusif d'un tiers à la sienne propre, si elle risque par son choix de tromper le public et de provoquer des confusions entre les deux raisons. Pour qu'un tel danger existe, il n'est pas nécessaire que des erreurs se soient effectivement produites. Il suffit qu'elles soient vraisemblables étant donné la composition des raisons en présence et les circonstances du cas. Vu la liberté du choix, il y a lieu d'être exigeant. La protection attachée à la raison d'une société anonyme est en principe indépendante du siège, du but et de l'activité effective de cette société et de ceux du tiers recherché. Toutefois, comme le risque de confusion doit être apprécié d'après les circonstances particulières du cas, il faut prendre en considération, à ce titre, l'éloignement de leurs sièges, le cercle de leurs clientèles et le genre de leur activité. Enfin, pour juger du danger de confusion, il faut se fonder sur l'impression laissée par la raison sociale dans la mémoire de celui qui la lit avec l'attention usuelle en affaires. On ne doit pas comparer seulement les raisons en BGE 88 II 371 S. 374 présence considérées dans leur ensemble: des éléments particulièrement frappants, identiques dans les deux raisons, peuvent faire passer à l'arrière-plan, dans l'attention de la clientèle, les divergences d'éléments accessoires, au point que celles-ci ne restent pas dans le souvenir. En l'espèce, l'élément "Compagnie des montres", qui caractérise l'activité de la demanderesse, ne frappe guère, surtout dans les milieux horlogers d'une même ville. Le public, en outre, a tendance à abréger et simplifier ce qu'il lit ou entend. Mais, comme dans le cas analogue de Trey (RO 79 II 188), les noms patronymiques "Favre-Leuba" et "Louis A. Leuba", retenus par la clientèle acquise ou à prospecter, se distinguent suffisamment l'un de l'autre. Que des tiers et même la poste aient confondu parfois les deux sociétés ne permet pas de dire que la défenderesse a mal choisi sa raison. En effet, lorsque deux raisons contiennent en partie les mêmes noms patronymiques, quoi que l'entreprise la plus jeune ait fait pour se distinguer de l'ancienne, et quelque attention qu'on puisse exiger des cercles d'affaires intéressés, il subsistera toujours un risque de confusion. En l'espèce, d'ailleurs, la poste s'est excusée de l'incompétence momentanée de son personnel (voir RO 73 II 110) et le mot "Leuba" n'est que la seconde partie du patronyme "Favre-Leuba". C'est à tort par conséquent que la recourante a demandé qu'on lui reconnaisse un droit exclusif à l'emploi de ce nom (RO 79 II 188). 3. Quand bien même, au regard des dispositions légales concernant la formation des raisons de commerce, la raison "Louis A. Leuba SA" échappe à toute critique, il reste à examiner si son titulaire a violé la loi sur la concurrence déloyale, applicable concurremment (RO 73 II 117; 79 II 189 consid. 2; 85 II 330 consid. 3). Cette loi n'a pas pour but de corriger par le biais la réglementation des raisons de commerce. Mais le droit d'exploiter une affaire sous son propre nom n'est pas absolu; il a pour limites le droit des concurrents d'exiger que l'on agisse selon les règles de la bonne foi. A cet égard, l'art. 1er al. 2 litt. d LCD ne présuppose BGE 88 II 371 S. 375 toutefois pas que l'auteur veut créer des confusions (RO 88 II 183 consid. 6). Les circonstances qui ont entouré le choix de la raison déterminent s'il y eut procédé déloyal (RO 77 II 321; 82 II 340 ). De ce point de vue, on ne saurait admettre que l'action soit prescrite. En effet, le délai de l'art. 7 LCD ne commence pas à courir tant que l'atteinte subsiste (RO 79 II 313 consid. 2 a) et, jusqu'à l'introduction de la présente action, le trouble a persisté. On pourrait, en revanche, penser que la demanderesse a commis un abus de droit en intentant action après avoir toléré pendant sept ans, sans protester, l'usage de la raison de commerce litigieuse; la nouvelle maison a intérêt en effet à savoir le plus tôt possible si elle peut utiliser son nom. Cette cause de péremption a déjà été retenue par le Tribunal fédéral, notamment dans le cas où la loi sur la concurrence déloyale était invoquée pour protéger une marque ou une raison de commerce (RO 79 II 190 sv.; 79 II 313 consid. 2 a). Pour que le procès constitue un abus de droit, il faut en premier lieu que, par son usage prolongé, la marque ou la raison illicite ait réussi à s'imposer dans les milieux d'acheteurs; il est en outre nécessaire, en règle générale, que l'imitateur ait été de bonne foi et l'on doit tenir compte également des raisons que peut avoir eues le titulaire de la marque de ne pas réagir contre l'atteinte portée à son droit (RO 73 II 190 à 193; 76 II 395 ; arrêt Distillerie de la Suze SA c. Dumur, du 17 mai 1955). En l'espèce, la raison de l'intimée ne s'est pas encore imposée au sens de cette jurisprudence et la demanderesse a expliqué de manière quelque peu plausible son silence de 1952 à 1959. Celui-ci n'en demeure pas moins un indice sérieux qu'elle n'a pas cru à l'existence d'un acte de concurrence déloyale. Si Louis A. Leuba était libre, le 17 juillet 1952, de choisir sa raison, il pouvait aussi y faire figurer son nom, d'autant qu'il transformait en raison sociale une raison individuelle qui devait comprendre son nom (art. 945 CO; TROLLER, BGE 88 II 371 S. 376 Immaterialgüterrecht, I p. 263). Rien ne permet d'admettre, dans le jugement attaqué, qu'il faisait ainsi profiter de mauvaise foi son entreprise de la réputation de la maison concurrente, ni surtout qu'il en ait eu l'intention. Du reste, la demanderesse n'a établi aucune confusion avant 1959; la cause est ainsi fort différente du cas de Trey, où la raison protégée, en outre, était presque mondialement connue et où l'un des administrateurs de l'autre raison s'était engagé envers la première à ne pas collaborer avec la concurrence. La juridiction cantonale, enfin, constate que l'emploi du même nom patronymique est fréquent dans les raisons de l'horlogerie suisse. 4. L'intimée, par recours joint, reproche à la Cour cantonale d'avoir ordonné la radiation de la marque enregistrée le 5 mai 1960. De par l'art. 6 LMF, la marque dont le dépôt est effectué doit se distinguer, par des caractères essentiels, de celles qui se trouvent déjà enregistrées. Pour apprécier le danger de confusion, il faut se fonder sur l'impression d'ensemble que font les marques en présence (RO 87 II 35; 78 II 380 sv.; 84 II 446 ). On ne peut donc comparer séparément leurs divers éléments. D'autre part, ce qui est décisif, c'est l'impression des derniers acquéreurs, c'est-à-dire, en l'espèce, celle des clients qui achètent des montres, notamment en Allemagne et en Orient. Dans les marques verbales, cette impression dépend de l'effet auditif et visuel, du premier surtout (RO 78 II 381; 79 II 222 ; 82 II 234 ; 84 II 446 ; 87 II 37 ). Sur les marchés prospectés par les parties, le public atteint compare et prête quelque attention, mais cependant de façon de plus en plus superficielle (RO 73 II 187). Les marchandises étant identiques, les caractères distinctifs de la nouvelle marque doivent s'apprécier avec plus de rigueur (RO 73 II 59; sur ces principes: RO 88 II). Pour décider si un danger de confusion existe dans un cas concret, le juge se fonde sur les critères objectifs qu'il tire de son expérience de la vie et des choses (RO 78 II 383). BGE 88 II 371 S. 377 Partant, le tribunal peut revoir librement la question (RO 88 II 35 et les arrêts cités). Examinant, semble-t-il, le seul effet auditif, la Cour cantonale admet en l'espèce un risque de confusion en raison de la tendance du public à simplifier. En fait, quelques confusions se sont produites au sein de la clientèle, ou du moins celle-ci s'est parfois demandé si les deux marques "Leuba" et "Favre-Leuba" étaient identiques. On doit convenir que, dans la seconde, l'élément Leuba est phonétiquement le plus fort; prononcé en dernier lieu, il a peut-être tendance à s'imprimer plus longtemps et plus nettement dans la mémoire. Du point de vue visuel, le bord supérieur des lettres majuscules composant la marque "LEUBA" s'inscrit entre deux côtés d'un triangle très aplati. Mais vu l'absence d'un jambage médiant dans la lettre U, on peut aisément croire, au premier coup d'oeil, à un arc de cercle; or la marque "Favre-Leuba" se déploie selon une telle figure géométrique. Sur des cadrans, qui sont de petite dimension, le risque de confusion augmente. Aussi, du moins sur le marché oriental, la distinction entre les deux marques genevoises concurrentes ne doit pas être facile. Le risque de confusion étant admis, la défenderesse ne saurait rétorquer que la demande de radiation est abusive, car la marque n'a été déposée que le 5 mai 1960. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours principal et le recours joint et confirme le jugement attaqué.
public_law
nan
fr
1,962
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
983516e5-8d47-45aa-879a-51d415ff0b88
Urteilskopf 91 II 372 54. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Oktober 1965 i.S. Nahrin AG gegen Anderhalden.
Regeste Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden. Konkurrenzverbot. Konventionalstrafe. Ersatz der Reiseauslagen. 1. Ob einem Kleinreisenden ( Art. 3 Abs. 2 HRG ) ein Konkurrenzverbot auferlegt werden darf (Art. 5 Abs. 3 HRAG, Art. 356 OR ), beurteilt sich nach den besonderen Umständen des einzelnen Falles (Erw. 4). 2. Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Konkurrenzverbotes ( Art. 356 OR ). War ein Kundenkreis vorhanden? (Erw. 5). Erhielt der Reisende Einblick in diesen Kreis? (Erw. 6). Ist anzunehmen, er könnte den Dienstherrn durch Verwendung dieses Einblicks erheblich schädigen? (Erw. 7). 3. Einschränkung des Konkurrenzverbotes ( Art. 357 OR ) nach Ort, Gegenstand und Zeit (Erw. 8). Beginn der Frist, für die das Verbot gilt; Hinfall eines allfälligen Anspruchs auf Einstellung der verbotenen Konkurrenztätigkeit ( Art. 359 Abs. 3 OR ) infolge Ablaufs dieser Frist (Erw. 9). 4. Hinfall des Konkurrenzverbotes wegen Verschuldens des Dienstherrn im Sinne von Art. 360 Abs. 2 OR ? (Erw. 10). 5. Herabsetzung der Konventionalstrafe gemäss Art. 163 Abs. 3 OR (Erw.11). 6. Anspruch auf Ersatz der notwendigen Reiseauslagen (Art. 13 HRAG). Wann ist eine schriftliche Vereinbarung über die Höhe der Auslagenvergütung gemäss Art. 19 HRAG nichtig? Anforderungen an den vom Reisenden zu leistenden Beweis, dass die vereinbarte Vergütung nicht ausreicht (Erw. 12). 7. Pflichten des Reisenden im Falle, dass er diese Vergütung als ungenügend erachtet. Abweisung einer Nachforderung wegen Rechtsmissbrauchs (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 13).
Sachverhalt ab Seite 374 BGE 91 II 372 S. 374 A.- Die Nahrin AG in Sarnen stellt Nahrungsmittel her, die sie durch Kleinreisende fast ausschliesslich an Private verkaufen lässt. Am 3. Juni 1957 trat Karl Anderhalden in Sachseln als Reisender in ihren Dienst. Am 1. Januar 1958 schloss sie mit ihm unter Verwendung eines von ihr erstellten Formulars einen schriftlichen Vertrag, der ihm den Kanton Nidwalden und die Obwaldner Gemeinden Engelberg, Kerns und Sachseln als Reisegebiet zuwies, sein Monatsgehalt auf Fr. 600.-- festsetzte, für Umsätze über Fr. 2000.-- im Monat eine "Zusatzprovision" vorsah und bestimmte, die Arbeitgeberin zahle dem Vertreter als "Spesenvergütung" Fr. 5.- für jeden Arbeitstag und als "Transport-Entschädigung" monatlich Fr. 50.-. Ziffer 4 des Vertrages lautet: "Konkurrenzverbot Für die Zeit nach Beendigung des vertraglichen Dienstverhältnisses verpflichten sich die Arbeitnehmer in all denjenigen Ländern, in denen eine vom Nahrin-Konzern beeinflusste Gesellschaft ... besteht, auf die Dauer von drei Jahren keine Stellung in der Konkurrenz anzunehmen, weder eine Konkurrenzfirma selbst zu gründen, noch sich daran irgendwie direkt oder indirekt zu beteiligen, noch einer solchen Firma mit Rat und Tat behilflich zu sein. Unter der Konkurrenz ist jedes Unternehmen zu verstehen, das sich mit der Herstellung, dem Verkauf oder der Vermittlung solcher oder ähnlicher Produkte beschäftigt, wie sie auch von der Firma während der Dauer des Vertragsverhältnisses im Laboratorium oder im Betrieb bearbeitet, hergestellt oder verkauft worden sind. Direkte oder indirekte Kunden von Nahrin gelten nicht als Konkurrenten. Zuwiderhandlungen gegen dieses Konkurrenzverbot verpflichten den Arbeitnehmer zur augenblicklichen Bezahlung einer Konventionalstrafe in der Höhe eines Jahreslohnes. Durch die Bezahlung der Konventionalstrafe wird die Geltendmachung eines höhern Schadens nicht ausgeschlossen. Der Firma steht ausserdem das Recht zu, die Einhaltung des Konkurrenzverbotes zu verlangen." Die Transportentschädigung wurde ab 1. August 1958 auf monatlich Fr. 60.- erhöht. Anderhalden reiste bis in den Februar 1961 mit einem ihm gehörenden Motorrad, hierauf gegen den Willen der Arbeitgeberin mit einem Personenwagen. Am 25. Mai 1961 kündigte Anderhalden den Vertrag "aus persönlichen Gründen" auf Ende Juni 1961. Von seinem Austritt an arbeitete er in seinem bisherigen Reisegebiet für Karl Letter in Sarnen, den frühern Chefvertreter der Nahrin AG, BGE 91 II 372 S. 375 der im Jahre 1959 den Vertrieb von ähnlichen Nahrungsmitteln für eigene Rechnung aufgenommen hatte. B.- Am 10. Oktober 1961 leitete die Nahrin AG beim Kantonsgericht Obwalden gegen Anderhalden Klage ein mit den Begehren: "1. Es sei gerichtlich festzustellen, es habe der Beklagte das gegenüber der Klägerin eingegangene Konkurrenzverbot rechtswidrig übertreten. 2. Der Beklagte sei daher zu verpflichten, den Vertrieb von Lebensmitteln im Gebiet der Kantone Obwalden und Nidwalden mit sofortiger Wirkung auf die Dauer von drei Jahren einzustellen. 3. Der Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin die vereinbarte Konventionalstrafe wegen Übertretung der Konkurrenzklausel im Betrage von Fr. 13 751.60 zu bezahlen, nebst Verzugszins zu 5 % seit Friedensrichtervorstand." Der geforderte Betrag ist die Differenz zwischen den von der Klägerin auf Fr. 14 179.30 bezifferten Lohn- und Provisionsbezügen des Klägers im letzten Anstellungsjahr (Juli 1960 bis Juni 1961) und dem Betrage von Fr. 427.70, den der Beklagte gemäss Schlussabrechnung der Klägerin vom 21. Juli 1961 für eine von ihm geleistete Kaution nebst Bankzins, abzüglich "Retouren" (von Kunden nicht abgenommene Waren) laut Aufstellung für den Monat Juli 1961, zugut hat. Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage und erhob Widerklage auf Zahlung von Fr. 15 757.70 nebst 5% Zins seit 25. Januar 1962, weil ihm die Klägerin in der Zeit vom 1. Januar 1958 bis 30. Juni 1961 entgegen Art. 13 Abs. 1 HRAG die durch die Reisetätigkeit notwendig entstehenden Auslagen bei weitem nicht vollständig ersetzt habe und ihm gemäss Schlussabrechnung anerkanntermassen Fr. 427.70 schulde. Für die Kosten der auswärtigen Verpflegung stellte er Fr. 14.- statt der ihm bezahlten Fr. 5.- pro Arbeitstag und für die durch die Benützung eines Motorrades verursachten Aufwendungen monatlich Fr. 200.-- statt Fr. 50.- bzw. Fr. 60.- in Rechnung. Mit Urteil vom 11. Juli 1963 verpflichtete das Kantonsgericht den Beklagten, den Vertrieb von Lebensmitteln in den Kantonen Ob- und Nidwalden auf zwei Jahre vom 30. Juni 1961 an einzustellen und der Klägerin eine Konventionalstrafe von Fr. 1800.-- nebst Zins zu zahlen. Die Widerklage schützte es für Fr. 4487.70 nebst 5% Zins seit 29. Januar 1962, indem es dem Beklagten ausser den ihm gemäss Schlussabrechnung geschuldeten BGE 91 II 372 S. 376 Fr. 427.70 für durch die Vergütungen der Klägerin nicht gedeckte Reiseauslagen insgesamt Fr. 4060.-- zusprach. Es bemass die Kosten der auswärtigen Verpflegung auf Fr. 8.- statt Fr. 5.- pro Arbeitstag oder Fr. 200.-- statt Fr. 125.-- pro Monat und die Motorradkosten auf monatlich Fr. 80.- statt Fr. 50.- bzw. Fr. 60.-. C.- Beide Parteien appellierten an das Obergericht des Kantons Obwalden. Die Klägerin beantragte, (l) dem Beklagten den Vertrieb von Lebensmitteln für drei Jahre von der Rechtskraft des Urteils an zu untersagen, (2) ihn zur Zahlung der eingeklagten Konventionalstrafe nebst Verzugszins zu verpflichten und (3) die Widerklage abzuweisen. Der Beklagte hielt an den vor Kantonsgericht gestellten Anträgen fest. Mit Urteil vom 9. Juli 1964 wies das Obergericht die Hauptklage ab, weil das vereinbarte Konkurrenzverbot nach Art. 356 OR nicht zulässig sei, und bestätigte den Entscheid des Kantonsgerichtes über die Widerklage. D.- Gegen dieses Urteil hat die Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie beantragt: "1. (Aufhebung des angefochtenen Urteils) 2. Es sei gerichtlich festzustellen, es habe der Beklagte das gegenüber der Klägerin eingegangene Konkurrenzverbot rechtswidrig übertreten und es sei daher der Beklagte zu verpflichten, ab Rechtskraftbeschreitung des Urteils den Vertrieb von Lebensmitteln im Gebiete der Kantone Obwalden und Nidwalden auf die Dauer von 3 Jahren einzustellen. 3. Der Beklagte habe der Klägerin eine Konventionalstrafe von Fr. 13 751.60 zu bezahlen, nebst Verzugszins zu 5 % seit Friedensrichtervorstand. 4. Die Widerklagebegehren seien vollumfänglich abzuweisen." Der Beklagte beantragt die Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1., 2. - ... (Prozessuale Fragen) 3. Auf das Anstellungsverhältnis des Reisenden finden, soweit das HRAG keine besondern Vorschriften enthält, gemäss Art. 2 dieses Gesetzes die Bestimmungen des OR, insbesondere die Bestimmungen über den Dienstvertrag Anwendung. Art. 5 Abs. 3 HRAG, wonach der Reisende von den bei Ausübung seiner Reisetätigkeit gemachten Wahrnehmungen Dritten keine Kenntnis geben darf und auch nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses BGE 91 II 372 S. 377 zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, behält in Satz 2 ausdrücklich die Bestimmungen von Art. 356 ff. OR betreffend das Konkurrenzverbot vor. Andere Bestimmungen, die sich mit diesem Verbot befassen würden, enthält das HRAG nicht. Die Zulässigkeit des im Vertrag vom 1. Januar 1958 vereinbarten Konkurrenzverbotes beurteilt sich demgemäss nach Art. 356 OR . 4. Dem Dienstpflichtigen kann für die Zeit nach der Beendigung des Dienstverhältnisses ein Konkurrenzverbot auferlegt werden, wenn ihm das Verhältnis "einen Einblick in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse gewährt" ( Art. 356 Abs. 1 OR ) und er "durch die Verwendung jenes Einblickes den Dienstherrn erheblich schädigen könnte" ( Art. 356 Abs. 2 OR ). Mit diesen Erfordernissen will das Gesetz den Arbeitgeber daran hindern, jeden beliebigen untergeordneten Angestellten, dessen Übertritt zur Konkurrenz ihm nicht schaden kann, durch ein solches Verbot zu binden ( BGE 72 II 81 ). Selbst wenn die Gefahr einer Schädigung des Dienstherrn besteht, lässt Art. 356 OR das Konkurrenzverbot nicht allgemein, sondern nur unter der Voraussetzung zu, dass eine erhebliche Schädigung möglich ist und dass der Grund dafür in einem Einblick in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse liegt. Die Vorinstanz nimmt an, diese Voraussetzung sei im vorliegenden Falle schon deshalb nicht erfüllt, weil der Beklagte ein Kleinreisender im Sinne von Art. 3 Abs. 2 HRG war. Sie ist der Meinung, der Kleinreisende sei "schon generell eher den untergeordneten Angestellten zuzugesellen, für die ein Konkurrenzverbot nach der Literatur von vornherein ausscheidet". Sie beruft sich auf GUHL (Das schweiz. OR, 5. Aufl. 1956, S. 346) und OSER/SCHÖNENBERGER (N. 11 zu Art. 356 OR ), wonach Art. 356 OR die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes für gewisse Kategorien von Dienstpflichtigen, namentlich für Dienstboten und andere untergeordnete Angestellte, von vornherein ausschliesst. In Übereinstimmung mit ihr ist SCHUMACHER (Bundesgesetz über das Anstellungsverhältnis der Handelsreisenden, Bern 1952, S. 7) der Ansicht, den Kleinreisenden dürfe ein solches Verbot nicht auferlegt werden. An der Auffassung von GUHL und OSER/SCHÖNENBERGER ist richtig, dass die Voraussetzungen von Art. 356 Abs. 1 und 2 OR bei gewissen Gruppen von Arbeitnehmern meist fehlen. Allgemeingültige Regeln, wonach in bestimmten Fällen schon die BGE 91 II 372 S. 378 Gruppenzugehörigkeit des Dienstpflichtigen die Vereinbarung eines Konkurrenzverbotes verbietet, lassen sich jedoch kaum aufstellen. Angesichts der Verschiedenheit der vorkommenden Verhältnisse ist das auf jeden Fall für die Kleinreisenden nicht möglich, sondern der Richter hat bei Angehörigen dieser Berufsgruppe (gleich wie z.B. bei Angehörigen liberaler Berufe; BGE 78 II 41 unten) auf Grund der besondern Umstände des zu beurteilenden Einzelfalles zu prüfen, ob die erwähnten Voraussetzungen erfüllt seien oder nicht. 5. Die Vorinstanz lässt Personen, die als Abnehmer in Frage kommen können, aber als solche noch nicht gewonnen sind, mit Recht nicht als Kunden im Sinne von Art. 356 OR gelten ( BGE 55 II 260 ). Richtig ist auch, dass eine einmalige Bestellung den betreffenden Abnehmer noch nicht zum Kunden macht. Die Annahme der Vorinstanz, die Zugehörigkeit eines Abnehmers zum Kundenkreis eines Geschäftes setze ein "besonders" enges und dauerndes Verhältnis voraus, geht dagegen zu weit. Es genügt, dass jemand zu den ständigen Abnehmern, d.h. zu den Personen gehört, die von Zeit zu Zeit zu bestellen pflegen. Eingeführte Firmen, die zum Verbrauch bestimmte Güter herstellen, verfügen regelmässig über solche Abnehmer. Nach einer Aufstellung der Klägerin, auf welche die Vorinstanz ihren Entscheid stützt, hat der Beklagte in der Zeit vom September 1959 bis Juni 1961, also in 1 3/4 Jahren, von 398 Personen mit Familiennamen der Anfangsbuchstaben A bis G mehr als eine Bestellung erhalten. Rund 47% dieser Personen bestellten in der angegebenen Zeit zweimal, 30% dreimal, 16% viermal und die übrigen mindestens fünfmal. Bei Würdigung dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten ein verhältnismässig kleines Reisegebiet (mit ungefähr 6000 Haushaltungen) zugewiesen war und dass die von ihm vertriebenen Waren in grössern, für mehrere Wochen oder Monate ausreichenden Packungen abgegeben wurden. Unter diesen Umständen lässt sich nicht leugnen, dass für die Erzeugnisse der Klägerin im Reisegebiet des Beklagten ein recht weiter Kreis regelmässiger Abnehmer vorhanden war. Ohne einen solchen Kundenkreis wäre denn auch nicht erklärlich, dass der Beklagte im letzten Jahr seiner Anstellung bei der Klägerin einen durchschnittlichen Monatsumsatz von Fr. 3036.-- erzielte und dass die monatlichen Schwankungen ausserhalb der Ferienzeit verhältnismässig gering waren. BGE 91 II 372 S. 379 Zu Unrecht glaubt die Vorinstanz, von einem schützenswerten Kundenkreis der Klägerin könne deshalb nicht gesprochen werden, weil der Beklagte bei Antritt seiner Tätigkeit keine Kundenliste, sondern nur ein Ortsverzeichnis mit Angaben über die ungefähre Zahl der vorhandenen Haushaltungen erhielt und daher die Abnehmer selbst gewinnen musste, und weil angesichts der Art seiner Entlöhnung und seiner Delcrederehaftung "das Risiko des Erfolgs oder Nichterfolgs" seiner Reisetätigkeit in erster Linie von ihm zu tragen war. Bei Beurteilung der Zulässigkeit eines Konkurrenzverbotes sind die Verhältnisse zu berücksichtigen, die bei Beendigung des Dienstverhältnisses bestehen ( BGE 72 II 420 ). Unter Art. 356 OR fällt daher auch ein Kundenkreis, den der Dienstpflichtige für den Dienstherrn gewonnen hat. Wie der Dienstvertrag die Entlöhnung und die Folgen der Nichterfüllung der Verbindlichkeiten der Kunden regelt, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. 6. Die Vorinstanz verneint, dass der Beklagte im Sinne von Art. 356 OR "Einblick" in einen Kundenkreis erhalten habe. Sie stützt diesen Schluss darauf, dass er keine Kundenkarten und keine Korrespondenz führte und mit den Abnehmern "nicht in dauernder, sondern nur in ganz sporadischer Verbindung" gestanden habe. Sie bezeichnet seine Kenntnisse über die Abnehmer als "oberflächlich und für den Geschäftsverkehr und die Klägerin unerheblich." Auf Grund seiner vierjährigen Tätigkeit im Dienste der Klägerin kannte der Beklagte deren Kundschaft in seinem Reisegebiet, auch wenn er keine Kundenkarten führte. Er wusste, wo er auf Bestellungen rechnen konnte und wo eine Vorsprache sich nicht lohnte. Seine Umsätze zeigen, dass er bei der Kundschaft eingeführt war und über sie die für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit erforderlichen Kenntnisse besass. Diese Tatsachen genügen, um den Schluss zu rechtfertigen, er habe in einen Kundenkreis der Klägerin Einblick erhalten. 7. Die Vorinstanz ist der Ansicht, im vorliegenden Falle treffe nicht zu, dass der Dienstpflichtige durch die Verwendung eines von ihm gewonnenen Einblicks den Dienstherrn "erheblich schädigen könnte" ( Art. 356 Abs. 2 OR ). Die Klägerin habe weder den Eintritt noch die Möglichkeit einer solchen Schädigung dargetan. Ein allfälliger Schaden wäre zudem auf den Personalwechsel als solchen, dessen Nachteile jeder Geschäftsherr in Kauf nehmen müsse, nicht auf die Verwendung eines Einblicks BGE 91 II 372 S. 380 in den Kundenkreis der Klägerin zurückzuführen. Jeder neue Kleinreisende könne ohne weitere Kenntnis der Einwohner eines Bezirks und der frühern Käufer in die Fussstapfen seines Vorgängers treten und den Verkauf weiterführen. Art. 356 Abs. 2 OR verlangt nicht den Nachweis eines tatsächlichen Schadens, sondern lässt die Möglichkeit einer Schädigung genügen. Ob in einem bestimmten Falle auf Grund der feststehenden Tatsachen anzunehmen sei, der Dienstpflichtige könnte durch Verwendung seines Einblicks in Kundenkreise oder Geschäftsgeheimnisse den Dienstherrn im Sinne von Art. 356 Abs. 2 OR erheblich schädigen, ist eine im Lichte der allgemeinen Lebenserfahrung zu beurteilende Rechtsfrage und unterliegt daher der Überprüfung durch das Bundesgericht. Es ist klar, dass der Beklagte auf Grund seiner Kenntnis der Kundschaft der Klägerin in seinem Reisegebiet viel besser als ein anderer, bei der Kundschaft nicht eingeführter Reisender in der Lage war, in diesem Gebiet für ein Konkurrenzgeschäft Bestellungen zu erhalten. Das war denn auch unzweifelhaft der Grund, weshalb Letter, welcher der Klägerin mehrere Reisende abgeworben hat und seither wegen unlautern Wettbewerbs zu ihrem Nachteil verurteilt worden ist ( BGE 90 IV 168 ), den Beklagten von seinem Austritt bei der Klägerin an im bisherigen Gebiet reisen liess. Eine erhebliche Schädigung der Klägerin durch Verwendung des vom Beklagten gewonnenen Einblicks in ihren Kundenkreis erscheint daher nicht bloss als möglich, sondern als höchst wahrscheinlich. Die in Art. 356 Abs. 1 und 2 OR aufgestellten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Konkurrenzverbotes sind demnach erfüllt. 8. Das Konkurrenzverbot ist gemäss Art. 357 OR nur im Umfang einer nach Zeit, Ort und Gegenstand angemessenen Begrenzung verbindlich, durch die eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Dienstpflichtigen ausgeschlossen wird. Das streitige Verbot wurde für drei Jahre vereinbart und gilt nach dem Vertrag für alle Länder, "in denen eine vom Nahrin-Konzern beeinflusste Gesellschaft besteht", und für die Tätigkeit in jedem Unternehmen, "das sich mit der Herstellung, dem Verkauf oder der Vermittlung solcher oder ähnlicher Produkte beschäftigt, wie sie auch von der Firma während der Dauer des Vertragsverhältnisses im Laboratorium oder im Betrieb bearbeitet, hergestellt oder verkauft worden sind." BGE 91 II 372 S. 381 a) Das Verbot für den Beklagten nach Ort und Gegenstand so weit zu fassen, wird durch kein berechtigtes Interesse der Klägerin gefordert und ist schon deshalb unangemessen. Der Beklagte erhielt nicht einen Einblick in Geschäftsgeheimnisse, die er auch ausserhalb seines bisherigen Reisegebietes und bei einer andern Tätigkeit als beim Vertrieb von Erzeugnissen, wie er sie für die Klägerin verkaufte, verwerten könnte. Sein Einblick beschränkte sich auf die Kundschaft der Klägerin für die von ihr vertriebenen "Spezialnahrungsmittel" (Fleischbrühe, Extrakte, Suppen, Frühstücksgetränke, Sirup, Kunsthonig usw.) im Kanton Nidwalden und in drei Gemeinden des Kantons Obwalden. Nur durch die Verwendung dieses Einblicks konnte er die Klägerin in einer nach Art. 356 Abs. 2 OR beachtlichen Weise schädigen. Das Verbot lässt sich daher gemäss Art. 357 OR nur insoweit aufrechterhalten, als es dem Beklagten für das eben erwähnte Gebiet das Reisen und die Ausübung einer andern Tätigkeit zum Zwecke des Verkaufs und Vertriebs von Nahrungsmitteln untersagt, die den Erzeugnissen der Klägerin gleichen. b) Ein örtlich und sachlich eng begrenztes Konkurrenzverbot darf unter Umständen länger dauern als eines, das die Tätigkeit des Dienstpflichtigen nach Ort und Gegenstand stark einschränkt ( BGE 44 II 95 ; BECKER N. 3 und OSER/SCHÖNENBERGER N. 1 zu Art. 357 OR , mit Hinweisen). Auch die Dauer des Verbotes darf indessen das durch berechtigte Interessen des Dienstherrn geforderte Mass nicht überschreiten und das wirtschaftliche Fortkommen des Dienstpflichtigen nicht unbillig erschweren ( BGE 61 II 93 Erw. 3). Im vorliegenden Falle nahm das Interesse der Klägerin am Ausschluss des Beklagten von einer Konkurrenztätigkeit in seinem bisherigen Reisegebiet mit dem Zeitablauf ziemlich rasch ab. Es ist nicht wahrscheinlich, dass es dem Beklagten gelingen konnte, der Klägerin auf Grund seines Einblicks in ihre Kundschaft mehr als zwei Jahre nach seinem Austritt noch Kunden zu entziehen. Anderseits darf angenommen werden, dass es der Klägerin möglich war, innert dieser Frist einen neuen Reisenden bei ihrer Kundschaft einzuführen. Das Konkurrenzverbot ist daher schon mangels eines weitergehenden Interesses der Klägerin auf zwei Jahre zu beschränken. c) Wird das Konkurrenzverbot örtlich, sachlich und zeitlich wie angegeben auf das durch die berechtigten Interessen der Klägerin geforderte Mass eingeschränkt, so erschwert es das wirtschaftliche Fortkommen des Beklagten nicht in unbilliger BGE 91 II 372 S. 382 Weise. In diesem eingeschränkten Umfang ist es daher gültig. 9. Die Klägerin beantragt, den Beklagten zur Unterlassung einer dem Konkurrenzverbot widersprechenden Tätigkeit zu verpflichten, und verlangt vor Bundesgericht wie schon vor Obergericht, diese Verpflichtung sei ihm für drei Jahre von der Rechtskraft des Urteils an aufzuerlegen. Der Vertrag, der ein Konkurrenzverbot für eine bestimmte Zeitdauer "nach Beendigung des Dienstverhältnisses" vorsieht, und die in Erwägung 8 b dargelegten Gründe für die Einschränkung des Verbotes auf zwei Jahre gebieten jedoch, diese Frist von der Beendigung des Dienstverhältnisses (30. Juni 1961) an laufen zu lassen. Das Konkurrenzverbot gälte sonst in Wirklichkeit mehr als vier Jahre. Der von der Klägerin hervorgehobene Umstand, dass es "bis heute nicht eingehalten wurde", vermag eine solche Verlängerung nicht zu rechtfertigen, sondern hat nur zur Folge, dass der Beklagte die auf die Übertretung des Verbotes gesetzte Konventionalstrafe verwirkt hat und verpflichtet wäre, der Klägerin einen allfälligen weitern Schaden zu ersetzen, wenn sie einen solchen geltend gemacht und dargetan hätte ( Art. 359 Abs. 2 OR ). Die Frage, ob die Klägerin ausserdem berechtigt war, die Aufhebung des vertragswidrigen Zustandes zu verlangen ( Art. 359 Abs. 3 OR ), ist mit dem Ablauf der Zeit, für die das Verbot vor Art. 357 OR Bestand hat, gegenstandslos geworden. Glaubte die Klägerin, sie könne nachweisen, dass die strengen Voraussetzungen für ein Begehren auf Einstellung der verbotenen Konkurrenztätigkeit erfüllt seien, und wollte sie diesen Anspruch durchsetzen, so blieb ihr praktisch nichts anderes übrig, als nach Massgabe des kantonalen Prozessrechts um eine vorsorgliche Verfügung nachzusuchen, was sie gegenüber dem Beklagten nicht getan zu haben scheint. 10. Der Beklagte macht geltend, die Klägerin könne gemäss Art. 360 Abs. 2 OR wegen Übertretung des Konkurrenzverbotes nicht klagen, weil sie ihm schuldhaft einen wichtigen Grund zur Aufhebung des Vertrages gegeben habe. Er erblickt diesen Grund darin, dass sie ihm in nach Art. 6 HRAG unzulässiger Weise eine Delcrederehaftung auferlegt, ihm nicht genügende Auslagevergütungen bezahlt und sich oft zu seinen Ungunsten verrechnet habe. Selbst wenn die vertraglichen Abmachungen über die Delcrederehaftung und die Vergütung der Auslagen, an welche die Klägerin sich hielt, dem Gesetz widersprächen, wäre jedoch der Klägerin deswegen ein Verschulden BGE 91 II 372 S. 383 im Sinne von Art. 360 Abs. 2 OR nicht vorzuwerfen. Ebensowenig liegt in den gerügten Abrechnungsfehlern, welche die Klägerin jeweilen anstandslos berichtigte, ein solches Verschulden. Die weitern Einwendungen des Beklagten, das Konkurrenzverbot gelte nicht zugunsten der Klägerin, sondern nur zugunsten des noch nicht bestehenden Nahrin-Konzerns, das Geschäft Letters sei kein "Unternehmen" im Sinne der Konkurrenzklausel und er (der Beklagte) sei nicht bei Letter angestellt, sondern stehe zu ihm in einem "besondern" Vertragsverhältnis, brauchen ebenfalls nicht einlässlich widerlegt zu werden. Es genügt, in diesen Punkten auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz zu verweisen. 11. Der Vertrag setzt die Konventionalstrafe auf den Betrag eines Jahresgehaltes des Beklagten fest. Gemäss verbindlicher Feststellung der Vorinstanz verdiente der Beklagte nach Abzug der hier nicht in Betracht fallenden Auslagenvergütungen durchschnittlich Fr. 882.36 im Monat, also jährlich Fr. 10 588.--. Die Parteien können die Konventionalstrafe in beliebiger Höhe vereinbaren ( Art. 163 Abs. 1 OR ), doch hat der Richter übermässig hohe Strafen nach seinem Ermessen herabzusetzen ( Art. 163 Abs. 3 OR ). Beim Entscheid darüber, ob eine auf die Übertretung eines dienstvertraglichen Konkurrenzverbotes gesetzte Konventionalstrafe im Sinne dieser Bestimmung übermässig hoch, d.h. in unvernünftigem, mit Recht und Billigkeit offensichtlich nicht vereinbarem Masse übersetzt sei, hat der Richter nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes das Verhältnis zwischen dem vereinbarten Betrag und dem Interesse des Dienstherrn an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes, die Schwere des Verschuldens des Dienstpflichtigen und dessen wirtschaftliche Lage zu berücksichtigen ( BGE 82 II 146 mit Hinweisen). Angesichts der vom Beklagten erzielten Umsätze war das Interesse der Klägerin an der Einhaltung des Konkurrenzverbotes bedeutend, obwohl es sich auf die Unterlassung des Verkaufs ähnlicher Erzeugnisse im bisherigen Reisegebiet des Beklagten während etwa zweier Jahre beschränkte. Das Verschulden des Beklagten wiegt schwer, da er unmittelbar nach seinem Austritt bei der Klägerin unter bewusster Missachtung einer von ihm eingegangenen Verpflichtung für eine am gleichen Ort wie die Klägerin niedergelassene Konkurrenzfirma im Gebiet, das er BGE 91 II 372 S. 384 für die Klägerin bereist hatte, den Vertrieb von gleichartigen Erzeugnissen aufnahm. Anderseits lebt der Beklagte, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, in recht bescheidenen Verhältnissen. Er besitzt laut Bescheinigung des Einwohnergemeinderates Sachseln kein Vermögen und verdient nach seiner in diesem Punkte nicht bestrittenen Darstellung in der Klageantwort in seiner neuen Stellung weniger als früher. Die vereinbarte Konventionalstrafe steht daher in einem offensichtlichen Missverhältnis zu seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Der vom Kantonsgericht festgesetzte Betrag (Fr. 1800.--) trägt dagegen dem groben Verschulden des Beklagten unzweifelhaft nicht genügend Rechnung. Bei Würdigung aller Umstände sind Fr. 5000.-- angemessen. Verzugszins schuldet der Beklagte von 16. August 1961 (Friedensrichtervorstand) an. 12. Der Beklagte stützt seine Widerklage auf die gemäss Art. 19 HRAG zwingende Vorschrift des Art. 13 HRAG, wonach der Dienstherr dem Reisenden alle durch die Reisetätigkeit notwendig entstehenden Auslagen, einschliesslich der Aufwendungen für den gesamten Unterhalt ausserhalb seiner Wohnstätte, zu ersetzen hat (Abs. 1) und die schriftliche Vereinbarung eines festen Taggeldes (nur) zulässig ist, wenn dieses sämtliche Auslagen gemäss Absatz 1 deckt (Abs. 2). Er behauptete im kantonalen Verfahren nicht, sein Motorfahrzeug im Sinne des Art. 14 HRAG auf Weisung der Klägerin benützt zu haben, und leitete demgemäss seine Forderung, soweit sie die Fahrzeugauslagen betrifft, nicht aus dieser - nach Art. 19 Abs. 1 HRAG übrigens nur teilweise zwingenden - Sondervorschrift ab, sondern beruft sich auch in diesem Punkte auf Art. 13 HRAG, der eingreift, wo der Reisende ein Motorfahrzeug ohne Weisung des Dienstherrn verwendet ( BGE 79 II 208 , BGE 81 II 237 ). Dem Reisenden, der geltend macht, die schriftlich vereinbarte Auslagenvergütung sei unzureichend, liegt grundsätzlich ob, die notwendigen Auslagen nachzuweisen ( Art. 8 ZGB ). Misslingt ihm dieser Beweis, so ist sein Begehren auf Ausrichtung einer zusätzlichen Auslagenvergütung abzuweisen. Umgekehrt führt der Nachweis, dass die vereinbarte Vergütung zu niedrig ist, nicht ohne weiteres zum Schutz seines Begehrens. Vielmehr ist in solchen Fällen nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts noch zu prüfen, ob die gesamten Leistungen des Arbeitgebers dem Reisenden nach Abzug der notwendigen Reiseauslagen ein angemessenes BGE 91 II 372 S. 385 Entgelt für seine Dienste bieten; nur wenn das nicht zutrifft, ist anzunehmen, der Reisende werde in seinen berechtigten Interessen verkürzt, die Vereinbarung weiche somit "zuungunsten des Reisenden" (Art. 19 Abs. 1 HRAG) von Art. 13 HRAG ab und sei daher nichtig ( BGE 84 II 55 ff.; vgl. BGE 80 II 151 , BGE 81 II 238 und 630, BGE 85 III 134 /35). Mit Bezug auf die Höhe der zu ersetzenden Auslagen darf vom Reisenden ein strenger Beweis - den er kaum je zu leisten vermöchte - nicht verlangt werden. Anderseits ist aber entgegen der Auffassung der kantonalen Gerichte auch nicht zulässig, eine Klage, mit welcher der Reisende rückwirkend den Ersatz angeblich nicht gedeckter Reiseauslagen verlangt, ohne Prüfung der nähern Umstände mit der blossen Begründung zu schützen, eine höhere als die vereinbarte und ausbezahlte Vergütung sei angemessen. Nach dem Gesetz sind dem Reisenden nicht die üblichen, sondern die im einzelnen Falle notwendigen Auslagen zu ersetzen. Um den dem Reisenden zukommenden Betrag abschätzen zu können, muss der Richter folglich die Umstände des einzelnen Falles möglichst genau kennen. Über diese Umstände enthält das angefochtene Urteil keine Feststellungen. Von einer Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Tatbestandes ist abzusehen, weil der Beklagte es unterlassen hat, die massgebenden Tatsachen anzugeben und dafür Beweise anzurufen, auf deren Abnahme er nach Art. 8 ZGB Anspruch hätte. Er hat insbesondere, obwohl ihm das leicht möglich gewesen wäre, weder vorgebracht noch irgendwie belegt, wie oft er sich auswärts verpflegen musste, welche Auslagen ihm dabei in der Regel entstanden, welche Strecken er bei seiner Reisetätigkeit zurückzulegen hatte, wieviel der Betrieb und der Unterhalt seines Motorfahrzeugs kosteten und weshalb er sich veranlasst sah, das zunächst benützte Motorrad durch einen Personenwagen zu ersetzen. Der Hinweis auf die Richtlinien der Paritätischen Konsultativkommission für das Arbeitsrecht der Handelsreisenden und der Antrag auf Einholung eines Gutachtens können die fehlenden Angaben und Beweisanträge mit Bezug auf die besondern Umstände seines Falles nicht ersetzen. Solche Vorbringen wären um so nötiger gewesen, als die Tatsache, dass er die vereinbarten Vergütungen während dreieinhalb Jahren unbeanstandet entgegennahm, eine starke Vermutung dafür begründet, dass sie ausreichten. Die Nachforderung des Beklagten ist somit abzuweisen, BGE 91 II 372 S. 386 weil er den Beweis für das Ungenügen der ihm ausbezahlten Vergütungen nicht erbracht hat. 13. Zum gleichen Ergebnis führt eine weitere Überlegung. Nach Art. 13 Abs. 4 HRAG wird die Vergütung für die Auslagen des Reisenden, soweit sie nicht schon zum voraus bezahlt wurde, "auf Grund der Abrechnung des Reisenden am Ende jedes Monats zur Zahlung fällig, sofern nicht eine kürzere Frist vereinbart oder üblich ist." Ebenso sind dem Reisenden nach Art. 14 Abs. 1 HRAG die Aufwendungen für den Betrieb und Unterhalt eines auf Weisung des Dienstherrn benützten Motorfahrzeugs "auf Grund regelmässiger Abrechnungen am Ende jedes Monats zu ersetzen". Diese Bestimmungen wollen nicht bloss dem Reisenden zu einer raschen Befriedigung seiner Ansprüche auf Ersatz der Reiseauslagen verhelfen, sondern auch für einen baldigen Austrag allfälliger Meinungsverschiedenheiten über die Höhe dieser Auslagen sorgen und verhüten, dass Forderungen auflaufen, deren Berechtigung sich hinterher nur noch schwer prüfen lässt und deren nachträgliche Geltendmachung den Dienstherrn in eine unangenehme Lage versetzen kann. Dieses Bestreben des Gesetzes ist auch dann zu beachten, wenn eine feste Auslagenvergütung vereinbart wurde. Eine solche Vereinbarung bindet den Reisenden zwar nicht, wenn sie seine berechtigten Interessen verletzt (Erw. 12 hievor). Trotz der bevorzugten Stellung, die diese Regelung ihm einräumt, darf und muss ihm jedoch zugemutet werden, dem vom Gesetz ebenfalls als schutzwürdig anerkannten Interesse des Dienstherrn an einer klaren Lage in billiger Weise Rechnung zu tragen. Der Reisende darf deshalb nicht beliebig lange schweigen, wenn er die vereinbarte Vergütung als unzureichend erachtet. Vielmehr hat er den Dienstherrn auf das Ungenügen dieser Vergütung aufmerksam zu machen, sobald er genügende Erfahrungen darüber gesammelt hat, wie hoch sich die notwendigen Reiseauslagen in Wirklichkeit belaufen. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Gebot des Handelns nach Treu und Glauben ( Art. 2 Abs. 1 ZGB ), das auch für den Reisenden gilt, und entspricht dem Grundgedanken des Art. 4 Abs. 1 HRAG über die Treue- und Sorgfaltspflicht des Reisenden. Unterlässt der Reisende den gebotenen Hinweis ohne zureichenden Grund und nimmt er die vereinbarten Vergütungen während längerer Zeit vorbehaltlos entgegen, so kann in der spätern Erhebung einer Nachforderung ein offenbarer Rechtsmissbrauch im Sinne des Art. 2 Abs. 2 ZGB liegen. BGE 91 II 372 S. 387 In diesem Sinne ist die bisherige Rechtsprechung, die der Anwendung dieser Bestimmung im Bereiche des HRAG sehr enge Grenzen setzte (vgl. BGE 79 II 211 lit. e, BGE 81 II 630 ff., BGE 86 II 102 ), zu ändern. Der Beklagte hat die vereinbarte Auslagenvergütung dreieinhalb Jahre lang ohne Vorbehalt entgegengenommen. Er hat der Klägerin während dieser langen Zeit nie gesagt, die Vergütung sei ungenügend, obwohl ihm eine solche Beanstandung zumal angesichts der Lage des Arbeitsmarktes keine ernsthaften Nachteile hätte verursachen können. Dass die Vergütung seine notwendigen Auslagen nicht gedeckt habe, behauptete er erst, nachdem er bei der Klägerin ausgetreten war und durch eine grob schuldhafte Übertretung des eingegangenen Konkurrenzverbotes die hierauf gesetzte Konventionalstrafe verwirkt hatte. Sein Vorgehen, das sich übrigens mit jenem mehrerer anderer von der Klägerin zu Letter übergetretener Reisender deckt, ist daher mit Treu und Glauben unvereinbar und offenbar rechtsmissbräuchlich. 14. Mit der Konventionalstrafe von Fr. 5000.-- kann der Beklagte den Betrag von Fr. 427.70 verrechnen, den ihm die Klägerin gemäss Schlussabrechnung vom 21. Juli 1961 anerkanntermassen schuldet, wenn dieser Betrag nicht in der Zwischenzeit ausbezahlt wurde. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Obwalden vom 9. Juli 1964 aufgehoben, der Beklagte zur Zahlung von Fr. 5000.-- nebst 5% Zins seit 16. August 1961 an die Klägerin verurteilt und die Widerklage abgewiesen wird.
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Urteilskopf 109 II 433 91. Estratto della sentenza 10 novembre 1983 della I Corte civile nella causa Fondazione X. contro Società di assicurazioni Y. (ricorso per riforma)
Regeste Beginn der Verjährung für Schadenersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und für Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung ( Art. 60 und 67 OR ). Die einjährige Frist gemäss Art. 60 und 67 OR beginnt im Zeitpunkt, in dem der Geschädigte von der Existenz, der Beschaffenheit und den wesentlichen Merkmalen des Schadens Kenntnis erlangt hat, d.h. alle tatsächlichen Umstände kennt, die geeignet sind, eine Klage zu veranlassen und zu begründen. Im Gegensatz zu der in Art. 26 OR für den Irrtum vorgesehenen Regelung kommt es nicht darauf an, wann der Geschädigte bei der nach den Umständen zu erwartenden Aufmerksamkeit den Anspruch hätte erkennen können.
Sachverhalt ab Seite 433 BGE 109 II 433 S. 433 A.- La Società di assicurazioni Y. stipulò nel 1936 e 1937 tre polizze di rendita vitalizia concernenti la persona di A. Alla morte BGE 109 II 433 S. 434 di quest'ultima, avvenuta il 3 maggio 1976, l'obbligo contrattuale della società assicuratrice si estinse. Tuttavia, non essendo a conoscenza del decesso, la compagnia continuò a versare alla stipulante B., e in seguito alla Fondazione X., erede di B., le rendite pattuite nelle polizze. Nel novembre 1980 la società assicuratrice accertò, nell'ambito di un normale controllo, la morte di A. e richiese alla Fondazione X. la restituzione delle rendite pagate dopo il decesso dell'assicurata. La Fondazione eccepì la prescrizione del credito. B.- Con sentenza del 24 gennaio 1983 il Pretore di Locarno-Città condannò la Fondazione X. a retrocedere alla Società di assicurazioni Y. le rendite percepite in eccesso, pari alla somma di Fr. 17'208.80 più interessi. Il 20 luglio 1983 la II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino respinse un ricorso della Fondazione X., confermando il giudizio del Pretore. C.- Insorta il 7 settembre 1983 con un ricorso per riforma al Tribunale federale, la Fondazione X. domanda l'annullamento della sentenza cantonale. La Società di assicurazioni Y. conclude per la reiezione del ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. L'azione di indebito arricchimento si prescrive in un anno decorribile dal giorno in cui il danneggiato ha conoscenza del suo diritto di ripetizione e, in ogni caso, nel termine di dieci anni dal giorno in cui è nato tale diritto ( art. 67 cpv. 1 CO ). La ricorrente non contesta che la compagnia assicuratrice abbia ignorato fino al mese di novembre 1980 di aver pagato un indebito, e che da quel momento al primo atto interruttivo della prescrizione non è trascorso un anno. Essa sostiene nondimeno che la prescrizione comincia a decorrere non solo quando si ha conoscenza del diritto di ripetizione, ma anche quando, usando l'attenzione richiesta dalle circostanze, si dovrebbe conoscere tale diritto. A suo parere la compagnia ha agito con negligenza poiché, ove appena avesse effettuato controlli annuali, avrebbe saputo oltre un anno prima di qualsiasi atto interruttivo della prescrizione che l'assicurata non era più in vita. 2. L'opinione della ricorrente non può essere condivisa. In materia di prescrizione né l' art. 67 CO né, del resto, l' art. 60 CO equiparano l'ignoranza colposa alla conoscenza, diversamente da quanto stabilisce, per l'errore, l' art. 26 CO richiamato nel gravame. Questa differenza si giustifica con il fatto che, interpretando in senso restrittivo le norme BGE 109 II 433 S. 435 sulla decorrenza del termine annuale di prescrizione, si renderebbe eccessivamente ardua, per il danneggiato, la possibilità di esigere sia la riparazione di un danno causato da atto illecito ( art. 41 CO ), sia la retrocessione di un trapasso patrimoniale indebito ( art. 62 CO ; cfr. DTF 63 II 258 consid. 3, 82 II 428 consid. 9). Secondo costante giurisprudenza il termine di prescrizione relativa comincia a decorrere una volta che il creditore ha conosciuto l'esistenza, la natura e gli elementi del danno, in modo da fondare e motivare un'azione giudiziaria ( DTF 108 Ib 99 consid. 1c con rinvii). L'inizio del termine non risale al momento in cui il danneggiato da atto illecito o da indebito arricchimento avrebbe potuto scoprire l'entità del suo credito facendo prova dell'attenzione richiesta dalle circostanze (cfr. DTF 33 II 257 consid. 4). Ciò vale, quanto meno, finché il creditore non sia edotto degli elementi essenziali della pretesa, potendosi esigere solo allora ch'egli si informi sui particolari e sulle precisazioni necessarie per promuovere una causa (v. DTF 83 II 429 consid. 9b per l'azione di indebito arricchimento; DTF 92 II 4 consid. 3, 96 II 41 per l'azione aquiliana). La dottrina riprende, senza sollevare critiche, l'indirizzo della giurisprudenza (OSER/SCHÖNENBERGER in: Zürcher Kommentar, 2a edizione, note 12 e 13 ad art. 60 CO e nota 3 ad art. 67 CO ; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des schweizerischen Obligationenrechts, vol. I, pag. 518; GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, 7a edizione, pag. 117 seg. e pag. 204; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, pag. 639 seg.; GAUCH/SCHLUEP/JÄGGI, Schweizeriches Obligationenrecht, 3a edizione, vol I, n. 1177; KELLER/SCHAUFELSBERGER, Das schweizerische Schuldrecht, vol. III, pag. 96; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, pag. 428; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, pag. 541 seg.; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2a edizione, pag. 201 seg.; SPIRO, Die Begrenzung privater Rechte durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, vol. I, pag. 188; GILLARD, Vers l'unification du droit de la responsabilité, in: RDS 1967 II pag. 193 segg., in particolare pag. 233 seg.). Certi autori, anzi, respingono esplicitamente l'assimilazione degli art. 60 e 67 CO all' art. 26 CO proposta dalla ricorrente (BECKER in: Berner Kommentar, 2a edizione, nota 5 ad art. 60 CO e nota 3 ad art. 67 CO ; WERNER SCHWANDER, Die Verjährung ausservertraglicher und vertraglicher BGE 109 II 433 S. 436 Schadenersatzforderungen, tesi, Friburgo 1962, pag. 9); così pure le sentenze cantonali pubblicate in: ZBJV 101/1965 pag. 145 e 115/1979 pag. 617. Date queste premesse è superfluo esaminare se e a quali condizioni la prescrizione relativa non decorra soltanto con la conoscenza dei fatti motivanti la pretesa, ma anche con la conoscenza del diritto di ripetizione. 3. Non occorre nemmeno appurare se la compagnia assicuratrice fosse giuridicamente obbligata a ragguagliarsi sulla vita della propria assicurata e se, nell'affermativa, la ricorrente possa ora prevalersi di questa inosservanza senza violare le regole della buona fede ( art. 2 CC ). Basterà osservare, in proposito, che l'errore in cui è incorsa la compagnia ( art. 63 cpv. 1 CO ) è dovuto soprattutto al comportamento della ricorrente e della stipulante, le quali sono responsabili di aver sottaciuto il decesso dell'assicurata e di aver continuato a percepire rendite vitalizie senza manifestare alcunché. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è respinto e la sentenza impugnata è confermata.
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Urteilskopf 114 Ia 329 54. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 22 novembre 1988 dans la cause dame B. contre Compagnie d'assurances X. (recours de droit public)
Regeste Art. 4 Abs. 2 BV ; Gleichberechtigung von Mann und Frau. Beschwerdelegitimation. Der erste Satz von Art. 4 Abs. 2 BV kann nicht direkt angerufen werden, um eine staatsrechtliche Beschwerde zu stützen, die sich gegen den Entscheid über eine Auseinandersetzung zwischen Privaten richtet. Der zweite Satz von Art. 4 Abs. 2 BV enthält kein verfassungsmässiges Individualrecht auf Gleichbehandlung von Mann und Frau (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 330 BGE 114 Ia 329 S. 330 Dame B., née le 5 décembre 1924, a travaillé dès le 1er janvier 1983 pour le compte de la Compagnie d'assurances X. (ci-après: X.). Elle a été admise au fonds de prévoyance de son employeur, dont le règlement fixait l'âge de la retraite à 65 ans pour les hommes et à 60 ans pour les femmes. Par lettre du 29 mai 1984, confirmant un entretien du 30 avril 1984, X. a informé dame B. que son activité cesserait le 31 décembre suivant, mois dans lequel elle aurait atteint 60 ans. L'employée a sollicité en vain la poursuite des rapports de travail pendant les deux années qui devaient encore s'écouler avant qu'elle ait droit à une rente de vieillesse. Le 20 octobre 1986, dame B. a ouvert action contre X. en concluant notamment au paiement de 54'603 francs à titre de perte de salaire pour 1985 et 1986. La défenderesse a conclu à libération. Par jugement du 16 février 1987, le Tribunal des prud'hommes du canton de Genève a admis la conclusion précitée, tandis que la Chambre d'appel des prud'hommes, statuant le 18 septembre 1987, l'a rejetée. Parallèlement à un recours en réforme (cf. ATF 114 II 349 ss), la demanderesse exerce un recours de droit public en concluant à l'annulation de l'arrêt cantonal. Elle fait notamment valoir que sa mise à la retraite a été décidée en application d'un règlement qui viole l' art. 4 al. 2 Cst. dans la mesure où il institue une inégalité de traitement entre hommes et femmes relativement à l'âge de la retraite. Le Tribunal fédéral déclare le recours irrecevable. Erwägungen Extrait des considérants: 2. b) La qualité pour recourir appartient aux particuliers et aux collectivités lésés par des arrêts ou par des décisions qui les concernent personnellement ou qui sont d'une portée générale ( art. 88 OJ ). Le recours de droit public n'est donc ouvert à un particulier que si l'inconstitutionnalité dont il se prévaut l'atteint dans ses intérêts personnels et juridiquement protégés. Le Tribunal fédéral examine librement si ces conditions sont réalisées ( ATF 112 Ia 94 et les arrêts cités). L'art. 4 al. 2, 1re phrase, Cst., invoqué par la recourante, est, dès son entrée en vigueur, directement applicable de sorte que tout citoyen peut en principe s'en prévaloir pour faire annuler, par la voie du recours de droit public, une nouvelle disposition légale ou BGE 114 Ia 329 S. 331 réglementaire cantonale ou une décision de l'autorité cantonale qui consacre une inégalité de traitement entre les sexes non justifiée par des différences biologiques ou fonctionnelles entre les hommes et les femmes ( ATF 108 Ia 133 consid. 3a; voir aussi les arrêts non publiés T., du 8 novembre 1985, et B., du 10 octobre 1986, reproduits, respectivement, in ZBl 87/1986, p. 482 ss (traduction) et 88/1987, p. 306 ss). En revanche, contrairement à l'interdiction des discriminations en matière de rémunération (art. 4 al. 2, 3e phrase, Cst.; ATF 113 Ia 110 et les références), la règle précitée ne s'adresse pas aux particuliers mais à l'Etat; elle ne produit pas d'effet horizontal direct (direkte Dritt- oder Horizontalwirkung; sur cette notion, cf. ATF 111 II 254 et les références) dans les rapports entre personnes privées (cf., parmi d'autres, MORAND, in L'égalité entre hommes et femmes, bilan et perspectives, Lausanne 1988, p. 80/81; WEBER-DÜRLER, Auf dem Weg zur Gleichberechtigung, in RDS 104/1985, I, p. 16). D'où il suit que la recourante n'a pas qualité pour s'en prévaloir directement en l'espèce à l'appui d'un recours de droit public dirigé contre une décision rendue dans une affaire opposant deux particuliers. Au demeurant, elle ne le fait pas puisqu'elle soutient en réalité que c'est la manière dont la cour cantonale a appliqué les normes du droit privé touchant l'extinction des rapports de travail qui n'est pas compatible avec le droit constitutionnel en cause. Elle oublie toutefois, en argumentant de la sorte, qu'un tel moyen, tiré de l'effet civil indirect des droits fondamentaux (pour un exemple, cf. ATF 111 II 255 ) ou du principe dit de l'interprétation conforme (cf. MORAND, op.cit., p. 81, ch. 2), peut être soulevé dans le cadre d'un recours en réforme lorsque, comme c'est ici le cas, la valeur litigieuse atteint au moins 8'000 francs. Son recours de droit public est, partant, irrecevable étant donné le caractère subsidiaire de cette voie de droit ( art. 84 al. 2 OJ ). Les considérations qui précédent s'appliquent à plus forte raison à l'art. 4 al. 2, 2e phrase, Cst., également invoqué par la recourante, car cette disposition du droit objectif de la Constitution ne crée pas un droit individuel à l'égalité de traitement entre hommes et femmes (MORAND, op.cit., p. 86 in fine).
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Urteilskopf 90 I 51 8. Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. Januar 1964 i.S. Buban und N. V. Motorenfabriek Thomassen gegen Eidgen. Amt für geistiges Eigentum.
Regeste Wiedereinsetzung in den früheren Stand, Art. 47 PatG . Ein Verschulden des vom Patentbewerber beigezogenen Patentanwalts und seiner Hilfspersonen ist in analoger Anwendung von Art. 101 Abs. 1 OR dem Patentbewerber anzurechnen (Erw. 1, 2 a). Art. 101 Abs. 2 OR ist auf das Verhältnis des Patentbewerbers zum Amt nicht analog anwendbar (Erw. 2 b). Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Patentanwalts bei der Überwachung seines Personals (Erw. 4). Verstoss gegen die Rechtsgleichheit? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 90 I 51 S. 52 A.- Am 29. Mai 1963 reichte Patentanwalt X als Vertreter von E. Buban in München und der holländischen Firma N.V.Motorenfabriek Thomassen dem Eidgen. Amt für geistiges Eigentum ein Patentgesuch ein, für das die Priorität einer holländischen Erstanmeldung vom 25. Mai 1962 beansprucht wurde. Da die Prioritätsfrist gemäss Art. 17 PatG und Art. 3 Abs. 3 PatV I bereits am 27. Mai 1963 abgelaufen war, stellte Patentanwalt X gleichzeitig das Gesuch um Wiedereinsetzung in den früheren Stand gemäss Art. 47 PatG . Zur Begründung brachte er vor, er habe den am 9. Mai 1963 erhaltenen Auftrag zur Einreichung des Patentgesuches noch am gleichen Tage bearbeitet und seiner Sekretärin übergeben mit der Weisung, das Gesuch nach sofortiger Ergänzung der Unterlagen dem Amt einzureichen. Infolge eines durch schwere Schicksalsschläge verursachten Zustandes psychischer und physischer Erschöpfung habe diese sonst zuverlässige Angestellte vergessen, den ihr übergebenen Auftrag auszuführen, was er erst am 29. Mai 1963 entdeckt habe. B.- Das Amt hat mit Verfügung vom 29. Oktober 1963 das Wiedereinsetzungsgesuch abgelehnt. C.- Gegen diese Verfügung hat Patentanwalt X namens der Patentbewerber beim Bundesgericht die vorliegende verwaltungsgerichtliche Beschwerde erhoben mit dem Begehren auf Gutheissung des Wiedereinsetzungsgesuches. BGE 90 I 51 S. 53 D.- Das Amt beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung 1. Nach Art. 47 Abs. 1 PatG kann einem Patentbewerber Wiedereinsetzung in den früheren Stand gewährt werden, wenn er glaubhaft zu machen vermag, dass er ohne sein Verschulden an der Einhaltung einer durch das Gesetz oder die Vollziehungsverordnung vorgeschriebenen oder durch das Amt angesetzten Frist verhindert wurde. Bei der Prüfung der Frage, ob Schuldlosigkeit im Sinne dieser Bestimmung vorliege, ist nach der Rechtsprechung ( BGE 87 I 219 ff.) dem Gesuchsteller in analoger Anwendung von Art. 101 OR ein Verschulden seiner Hilfspersonen, wie z.B. des von ihm beigezogenen Patentanwalts, wie auch ein Verschulden von Angestellten und anderen Hilfspersonen desselben, ebenfalls anzurechnen. 2. Die Beschwerdeführer erblicken in der Heranziehung von Art. 101 OR zur Ergänzung bezw. Auslegung des Art. 47 PatG eine unrichtige Anwendung von Bundesrecht. a) Sie weisen einmal darauf hin, dass Art. 101 OR nicht bestimme, der Beauftragte müsse sich die von seinem Angestellten begangenen Fehler in jeder Hinsicht anrechnen lassen; Art. 101 OR regle vielmehr nur die vermögensrechtliche Seite der Haftung für solche Fehler. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Der Ordnung von Art. 101 OR liegt, wie in BGE 87 I 220 dargelegt wurde, der Gedanke zu Grunde, wer zur Erfüllung von Pflichten oder zur Ausübung von Rechten Hilfspersonen beiziehe, statt selber zu handeln, habe auch die Folgen fehlerhaften Verhaltens solcher Hilfspersonen auf sich zu nehmen. Dieser Grundgedanke trifft auch dort zu, wo die Folgen nicht in einer Schadenersatzpflicht des Dienstherrn (hier also des Patentbewerbers) bestehen, sondern in einem Rechtsnachteil anderer Art, den er infolge der Beiziehung von Hilfspersonen erleidet, wie z.B. im Verluste eines Rechtes wegen nicht fristgerechter Ausübung. BGE 90 I 51 S. 54 b) Die Beschwerdeführer haben gegen die Heranziehung von Art. 101 OR ferner Bedenken wegen der Auswirkungen, die eine Wegbedingung der Haftung für Versehen von Angestellten, wozu ein Patentanwalt nach Art. 101 Abs. 2 OR berechtigt wäre, auf Art. 47 PatG hätte; es wäre ihres Erachtens nicht gerecht, das gleiche Versehen verschieden zu beurteilen, je nachdem ob die Haftung nach Art. 101 OR wegbedungen wurde oder nicht. Wie aus dieser Begründung ersichtlich ist, hat die Beschwerde dabei das Auftragsverhältnis zwischen dem Patentbewerber und dem von ihm beigezogenen Patentanwalt im Auge. Denn nur bei dessen Gestaltung besteht für den Patentanwalt die Möglichkeit, seine Haftung für Fehler seiner Angestellten gemäss Art. 101 Abs. 2 OR dem Auftraggeber gegenüber wegzubedingen. Art. 47 PatG jedoch betrifft ausschliesslich die Beziehungen zwischen dem Patentbewerber und dem Amt. Für dieses Rechtsverhältnis ist eine analoge Heranziehung von Abs. 2 des Art. 101 OR , im Gegensatz zu dessen Abs. 1, von vorneherein nicht denkbar. Denn es handelt sich dabei nicht um ein Vertragsverhältnis, bei dem der Patentbewerber das Einstehen für die von ihm beigezogenen Hilfspersonen (d.h. für den Patentanwalt und dessen Personal) dem Amt gegenüber wegbedingen könnte. Ein im Sinne der Ausführungen der Beschwerde zwischen dem Patentbewerber und dem Patentanwalt vereinbarter Ausschluss der Haftung des letztern für sein Personal wäre auf die Rechtsstellung des Patentbewerbers dem Amt gegenüber ohne jeden Einfluss und würde somit nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung ein und desselben Versehens eines Angestellten des Patentanwalts durch das Amt führen, wie die Beschwerdeführer irrtümlich annehmen. Es besteht daher kein Anlass, von der durch BGE 87 I 219 ff. begründeten Rechtsprechung abzuweichen. 3. Die Beschwerdeführer werfen dem Amt vor, die Begründung des angefochtenen Entscheides sei "eigenartig BGE 90 I 51 S. 55 widersprüchlich", weil es einerseits das Vorliegen von Exkulpationsgründen verneine, aber anderseits annehme, es lasse sich zur Not entschuldigen, dass die Sekretärin in ihrem Krankheitszustand den ihr erteilten Auftrag vergessen habe. Diese Rüge geht an der Sache vorbei. Wie aus der Begründung des angefochtenen Entscheides klar ersichtlich ist, hat das Amt die Wiedereinsetzung nicht wegen Unentschuldbarkeit des der Sekretärin unterlaufenen Fehlers verweigert, sondern weil Patentanwalt X die Erledigung des seiner Angestellten erteilten Auftrages nicht mit der gebotenen Sorgfalt überwacht habe. 4. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, das Amt stelle zu strenge Anforderungen an die Sorgfaltspflicht des Patentanwalts. Dieser sei nicht verpflichtet gewesen, die Erledigung des seiner Sekretärin erteilten Auftrags persönlich zu überwachen. Er habe sich darauf verlassen dürfen, dass diese sonst zuverlässige Angestellte den ihr erteilten, ausdrücklich als dringlich bezeichneten Auftrag auch ausführen werde. Die Überwachung von Fristen sei eine administrative Arbeit, von der ein Patentanwalt sich zugunsten der eigentlich technischen und patentrechtlichen Arbeiten müsse entlasten können. Dieser Betrachtungsweise kann nicht beigepflichtet werden. Patentanwalt X musste die Möglichkeit erwägen und berücksichtigen, dass seine Sekretärin trotz ihrer Zuverlässigkeit aus irgendwelchen Gründen - Krankheit oder menschliches Versagen - verhindert sein könnte, das ihr übergebene Gesuch innert der zum grössten Teil bereits abgelaufenen Frist an das Amt weiterzuleiten. Dieser Gefahr hatte Patentanwalt X, der sich berufsmässig mit der Ausführung solcher fristgebundener Aufträge befasst, durch eine geeignete Fristenkontrolle zu begegnen. Er wäre daher nach den zutreffenden Erwägungen des angefochtenen Entscheides mindestens verpflichtet gewesen, die Prioritätsfrist zu notieren und sich spätestens am letzten Tage derselben durch eine Befragung der Sekretärin über die Einreichung BGE 90 I 51 S. 56 des Patentgesuches zu vergewissern. Die Unterlassung jeglicher rechtzeitiger Kontrollmassnahme gereicht ihm zum Verschulden. 5. Die Beschwerde wirft schliesslich dem Amt Willkür im Sinne von Art. 4 BV vor, weil es das in Frage stehende "Büro-Versehen" wesentlich strenger beurteilt habe als ähnliche Versehen in früheren, in den Jahren 1957/58 entschiedenen Fällen. Diese Rüge ist offensichtlich haltlos. Die Entscheidung des Amtes steht, wie oben dargelegt wurde, mit den massgebenden Gesetzesvorschriften in Einklang. Sie kann deshalb nicht willkürlich sein. Ob das Amt in früheren Fällen Art. 47 PatG für den Gesuchsteller günstiger ausgelegt und angewendet hat, ist unerheblich. Es kann einer Behörde nicht verwehrt sein, eine Praxis aufzugeben, die sie in der Folge aus stichhaltigen Gründen als unzutreffend erkennt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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9841c155-c1eb-41af-b82d-436d0f32a7b7
Urteilskopf 92 IV 122 32. Urteil des Kassationshofes vom 27. Oktober 1966 i.S. Jugendamt des Kantons Zürich gegen W.
Regeste Art. 98 StGB . Ob die Straftat eines Jugendlichen als Verbrechen, Vergehen oder Übertretung zu würdigen ist und wann sie verjährt, beurteilt sich nach den Bestimmungen des allgemeinen Strafrechts.
Sachverhalt ab Seite 122 BGE 92 IV 122 S. 122 A.- Rolf W. und Monika K. hatten miteinander im Winter 1961/62 in einem Kinderheim wiederholt Geschlechtsverkehr. Sie waren damals beide 14-15 Jahre alt. Ihre Verfehlungen kamen erst am 26. August 1965 an den Tag, als Monika K. in einem Vaterschaftsprozess über ihre Beziehungen zu Männern befragt wurde. B.- Das Bezirksgericht Zürich als Jugendgericht erklärte W. am 17. März 1966 der wiederholten Unzucht mit einem Kinde ( Art. 191 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) schuldig, sah aber gestützt auf Art. 98 StGB von jeder Strafe und Massnahme ab. Das Obergericht des Kantons Zürich bestätigte dieses Urteil am 23. Mai 1966. C.- Das Jugendamt des Kantons Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts BGE 92 IV 122 S. 123 aufzuheben und dieses anzuweisen, gegen W. eine Strafe oder Massnahme im Sinne von Art. 91 ff. StGB auszusprechen. Es macht geltend, dass sämtliche Verjährungsfristen des Art. 70 StGB auch im Jugendstrafrecht anwendbar seien. Danach verjähre aber eine Straftat wie die vorliegende erst in zehn Jahren. Die Voraussetzung, unter der gemäss Art. 98 StGB von jeder Strafe und Massnahme abgesehen werden könne, sei somit hier nicht gegeben. D. - Rolf W. und sein Vormund beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht führt aus, das Jugendstrafrecht regle die Verfolgungsverjährung nicht besonders, weshalb die allgemeinen Bestimmungen der Art. 70 und 109 StGB auch für Jugendstrafsachen gälten. Dabei sei jedoch zu beachten, dass das Jugendrecht ein vom Erwachsenenrecht abweichendes Strafen- und Massnahmensystem entwickelt habe; es sehe für Verbrechen und Vergehen Jugendlicher namentlich keine Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe, sondern stets andere Sanktionen vor. Für solche Verfehlungen sei daher im Jugendrecht die fünfjährige Frist des Art. 70 Abs. 4 StGB massgebend, denn diese Frist gelte nach dem Wortlaut des Gesetzes immer dann, wenn die strafbare Handlung mit einer andern Strafe bedroht sei. Sei aber von der fünfjährigen Verjährungsfrist auszugehen, so könne bei Verbrechen und Vergehen Jugendlicher bereits nach zweieinhalb Jahren, d.h. wenn die Hälfte der Frist abgelaufen sei ( Art. 98 StGB ), von jeder Massnahme und Strafe abgesehen werden. a) Diese Auffassung widerspricht schon der Systematik und Sprache des Gesetzes. In Art. 70 StGB sind die Verjährungsfristen abgestuft nach der Strafe, mit der die Tat bedroht ist: Je nach der Schwere der angedrohten Strafe soll die Strafverfolgung in fünf, zehn oder erst in zwanzig Jahren verjähren. Angedroht aber ist nicht die Strafe, mit welcher ein bestimmter Täter für eine Handlung belegt werden muss, sondern diejenige, welche das Gesetz in der Strafbestimmung für eine Tat der betreffenden Art in Aussicht stellt. Ähnlich verhält es sich mit der gesetzlichen Einteilung der Straftaten. Nicht die Straffälle, sondern die gesetzlichen Tatbestände werden nach der angedrohten Höchststrafe in Verbrechen, Vergehen und Übertretungen BGE 92 IV 122 S. 124 gruppiert ( Art. 9 und 101 StGB ). Diese Begriffe werden auch im Jugendrecht verwendet (Art. 91 Ziff. 3, 95 Abs. 1 und 361 StGB). Käme es auf die auszufällende Strafe oder auf die Person des Täters an, so würde die gesetzliche Dreiteilung der Straftaten verlassen. Eine Tat, die im einen Fall ein Verbrechen bliebe, wäre in einem andern nur noch ein Vergehen oder eine Übertretung. Die stossenden Unterschiede, die sich daraus für die Verjährung ergäben, liegen auf der Hand. In Fällen von Massnahmen, die gerade im Jugendrecht im Vordergrund stehen, würde die Betrachtungsweise des Obergerichts überhaupt versagen; denn eine Massnahme ist auf jeden Fall keine andere Strafe im Sinne von Art. 70 Abs. 4 StGB . Diese Folgen zeigen, dass für die Verjährung nur die objektive Schwere der Tat, wie sie in der Strafdrohung zum Ausdruck kommt, massgebend sein kann. Es wäre daher von vorneherein systemwidrig und mit der Sprache des Gesetzes nicht vereinbar, wenn bei strafbaren Handlungen Jugendlicher auf die Person des Täters, statt auf die Schwere der Tat abgestellt würde. Es besteht dazu auch kein innerer Grund. Objektiv ist eine Tat gleich schwer, ob sie von einem Erwachsenen oder einem Jugendlichen begangen wird. Art. 70 StGB unterscheidet denn auch nicht nach Täter-, sondern nach Tatkategorien. Das heisst nicht, dass im Jugendrecht eine von der allgemeinen Ordnung abweichende Regelung nicht möglich und vertretbar wäre. Eine solche Regelung kann aber nicht auf dem Wege freier richterlicher Rechtsfindung, sondern allein vom Gesetzgeber eingeführt werden. Mangels einer Sonderregelung beurteilt sich daher nach den Vorschriften des allgemeinen Strafrechts, ob die Straftat eines Jugendlichen als Verbrechen, Vergehen oder Übertretung anzusehen ist und wann sie verjährt (vgl. Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden 1955 Nr. 87). b) Die Auffassung des Obergerichts findet auch in den Gesetzesmaterialien keine Stütze. Die Entstehungsgeschichte des Gesetzes zeigt im Gegenteil, dass der Gesetzgeber die Verjährung im Jugendrecht nicht anders regeln wollte als im Erwachsenenrecht. Der Entwurf von 1908 bestimmte in Art. 11 und derjenige von 1916 in Art. 98: "Die Verjährungsfristen sind auf die Hälfte herabgesetzt". Dabei waren, wie sich aus den Materialien klar ergibt, die nach der Schwere der Strafhandlungen abgestuften Verjährungsfristen des allgemeinen BGE 92 IV 122 S. 125 Strafrechts gemeint (vgl. Prot. 2 Exp. Kom., Bd. 1 S. 70 ff. und 401 ff.). Der Entwurf von 1918 hat diese Ausnahme zugunsten Jugendlicher nicht übernommen, sondern statt dessen in Art. 95, der nun Art. 98 geworden ist, lediglich bestimmt, dass der Richter von jeder Massnahme absehen könne, wenn seit der Tat die Hälfte der Verjährungsfrist abgelaufen sei. Damit wurde wohl die Herabsetzung der Fristen um die Hälfte, nicht aber die Anknüpfung an die allgemeinen Verjährungsfristen des Art. 70 StGB aufgegeben. Dass es bei der Abstufung der Fristen nach der Schwere der Strafhandlungen geblieben ist, ergibt sich auch aus der Revision des Jugendrechts, die gegenwärtig bei den Eidgenössischen Räten hängig ist. Ist weder eine Massnahme noch eine Strafe notwendig, so kann nach Art. 98 des Revisionsentwurfes die zuständige Behörde davon absehen, namentlich wenn seit der Tat ein Jahr verstrichen ist. Damit wird die Verkoppelung mit den Verjährungsfristen überhaupt gelöst, was nach den Vorarbeiten aber nicht heisst, dass man von der Gliederung der Verjährungsfristen nach den Strafdrohungen habe abgehen wollen. Der Bundesrat führt in der Botschaft zur Revision des Jugendstrafrechtes (BBl 1965 I 586 ff. insbes. 596) aus, dass nach dem geltenden Art. 98 ein Absehen von Massnahmen und Strafen selbst bei den leichtesten Delikten erst nach zweieinhalb Jahren möglich sei. Dieser Satz kann nur dahin verstanden werden, dass die fünfjährige Verjährungsfrist, nicht wie HAFTER (Allg. Teil S. 474) meint, für alle Verbrechen und Vergehen von Jugendlichen gilt, sondern nur für die leichtesten Strafhandlungen, d.h. diejenigen, die nicht mit lebenslänglichem oder zeitlich begrenztem Zuchthaus bedroht sind. Es wird also vorausgesetzt, dass für die schwereren Straftaten Jugendlicher die längeren Verjährungsfristen des Abs. 2 und 3 von Art. 70 StGB gelten. Dasselbe folgt aus den Beratungen der Expertenkommission, die die Revision des Jugendstrafrechts vorzubereiten hatte. Nach der Meinung dieser Kommission soll die Verfolgungsverjährung sich im Jugendrecht auch weiterhin nach der Schwere der Tat richten, weshalb man an den Fristen von zwanzig Jahren bei Mord und zehn Jahren bei andern Verbrechen nicht zu rütteln brauche. Einem Vorschlag, von der bisherigen Ordnung abzurücken, wurde insbesondere entgegengehalten, dass es unannehmbar wäre, wenn gegen einen Jugendlichen, der BGE 92 IV 122 S. 126 z.B. mit 17 Jahren einen Raubmord begehen und erst mit 21 Jahren gefasst würde, nicht mehr vorgegangen werden könnte (vgl. Prot. B III S. 9/10, Voten Moppert und Frey). c) Die Auffassung des Obergerichts wäre auch sachlich nicht gerechtfertigt. Gewiss besteht bei Jugendlichen ein besonderes Interesse, dass ihnen das weitere Fortkommen, namentlich die berufliche Ausbildung und die Stellenbewerbung, nicht unnötig erschwert wird, ihre Straftaten daher möglichst rasch erledigt werden (vgl. HAFTER, a.a.O. S. 474). Wenn ein Jugendlicher der Nacherziehung oder einer besonderen Behandlung bedarf, ist eine solche Erledigung jedoch schon wegen der Natur der Massnahme ausgeschlossen. Erziehungsmassnahmen erstrecken sich zwangsläufig über eine längere Zeit und müssen, wenn sie einen Sinn haben sollen, so lange dauern, bis sie ihren Zweck erreicht haben. Dem entspricht denn auch das gesamte System von Massnahmen, die das Jugendstrafrecht vorsieht. Bei der Familienversorgung (Art. 91 Ziff. 2) und der besondern Behandlung (Art. 92) enthält das geltende Recht zwar keine Angaben über die Beendigung der Massnahme. Nach dem Sinn und Zweck der Bestimmungen unterliegt jedoch keinem Zweifel, dass die Massnahme jeweils so lange dauern soll, als der Zustand und das erzieherische Bedürfnis des Jugendlichen es erfordern. Wer wegen sittlicher Verwahrlosung oder Gefährdung in ein Erziehungsheim eingewiesen wird, hat mindestens ein Jahr und höchstens bis zum zweiundzwanzigsten Altersjahr dort zu verbleiben (Art. 91 Ziff. 1). Ist der Jugendliche besonders verdorben oder hat er ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen begangen, so dauert die Anstaltserziehung mindestens drei und höchstens zehn Jahre (Art. 91 Ziff. 3). Zu bedenken ist ferner, dass das Jugendstrafrecht weitgehend aus Erziehungsmassnahmen besteht; Sühne und Strafe spielen in diesem Teil des Strafrechts eine völlig untergeordnete Rolle. Diese Reihenfolge der Sanktionen beruht vor allem auf der Tatsache, dass der Jugendliche einerseits noch in der Entwicklung begriffen ist und der Erziehung sowie der charakterlichen Festigung bedarf, anderseits durch erzieherische Massnahmen meistens aber noch gebessert werden kann ( BGE 92 IV 84 ). Das Bedürfnis nach solchen Massnahmen ist der Natur der Sache nach umso grösser, je schwerer die Tat ist, die der Jugendliche begangen hat; denn die Schwere der Tat zeugt in der BGE 92 IV 122 S. 127 Regel nicht bloss von schweren sittlichen oder charakterlichen Mängeln, sondern bringt regelmässig auch die Notwendigkeit einer strengen Nacherziehung oder einer besondern, namentlich psychiatrischen Behandlung zum Ausdruck. Alle auch noch so notwendigen Massnahmen wären aber gerade bei schwersten Verbrechen, wie Mord, Raubmord, Notzucht und dergleichen, nicht mehr möglich, wenn die Tat erst nach fünf Jahren an den Tag kommt oder der Jugendliche sich solange, z.B. durch Flucht ins Ausland, der Strafuntersuchung zu entziehen vermag. Dass man damit dem Jugendlichen, der den behördlichen Verzicht auf jede Sanktion leicht falsch auslegen könnte, einen schlechten Dienst erweisen würde, bedarf keiner Begründung. Man denke nur an das bereits erwähnte Beispiel der Expertenkommission. Freilich sind solche Fälle eher selten; sie können aber durchaus eintreten, zumal auch schwere Verbrechen Jugendlicher immer häufiger vorkommen. Nach fünf Jahren könnte die Behörde nichts mehr zur notwendigen Behandlung des Jugendlichen vorkehren; sie dürfte selbst bei einem sozial gefährlichen Täter nicht die dringendsten Massnahmen anordnen, noch ihn sonstwie zur Rechenschaft ziehen. Das würde von der Öffentlichkeit mit Recht nicht verstanden und kann auch nicht der Sinn des Gesetzes sein. 2. Das Urteil des Obergerichts, das von der irrtümlichen Annahme ausgeht, Verbrechen von Jugendlichen verjährten bereits nach fünf Jahren, ist daher aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das heisst nicht, dass gegen Rolf W. nach nahezu fünf Jahren noch mit Strenge vorgegangen werden müsse. Der Angeschuldigte hat sich seit seinen Verfehlungen im Winter 1961/62 wohlverhalten, so dass keine besonderen Erziehungsmassnahmen mehr nötig erscheinen. Diesem Umstand sowie dem Zeitablauf kann auch im Rahmen des Art. 95 StGB Rechnung getragen werden. Das zeigt zudem, dass Jugendstrafsachen selbst dann, wenn die allgemeinen Verjährungsbestimmungen anwendbar bleiben, rasch und angemessen erledigt werden können. Wo eine rasche Erledigung den erzieherischen Bedürfnissen des Jugendlichen dagegen widerspricht, ist es Pflicht des Richters, darauf Rücksicht zu nehmen und den Entscheid dem Zustand und der Weiterentwicklung des Täters anzupassen. Dazu gehört auch, dass der Richter das Interesse nicht übersieht, das darin BGE 92 IV 122 S. 128 besteht, je nach der Schwere der Tat auch nach Ablauf von fünf Jahren Massnahmen anordnen zu können, wenn die Persönlichkeit des Täters solche erfordert. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 23. Mai 1966 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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1,966
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Urteilskopf 108 II 102 20. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. Juni 1982 i.S. Hegner gegen Pozzi (Berufung)
Regeste Art. 28 und 31 OR . Aktienkauf, Täuschung. 1. Anfechtung des Kaufvertrages wegen eines Willensmangels und Klage auf Gewährleistung oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung. Bedeutung und Beginn der Frist zur Anfechtung. Voraussetzungen einer Genehmigung; Beweislast (E. 2a und b). 2. Im Falle einer Täuschung darf der Richter sich nicht damit begnügen, die Entdeckung des Irrtums festzustellen, und auch nicht leichthin auf eine vorbehaltlose Genehmigung des Vertrages schliessen (E. 2a und c).
Sachverhalt ab Seite 102 BGE 108 II 102 S. 102 A.- Frau Pozzi war bis Mitte Juli 1977 Alleinaktionärin und einzelzeichnungsberechtigte Verwaltungsratspräsidentin der SPO AG, deren Grundkapital Fr. 50'000.-- betrug und in 500 Inhaberaktien zerlegt war. Am 2. Februar 1977 erhielt sie von Hegner ein Darlehen von Fr. 50'000.--. Die Summe sollte zur Herstellung von Werkzeug für eine von Schlatter entwickelte Kunststoffleiter verwendet werden, BGE 108 II 102 S. 103 die am 19. Januar 1977 unter Nr. 644/77 zur Patentierung angemeldet wurde. Hegner interessierte sich in der Folge für eine Beteiligung an der SPO AG, wenn er insbesondere mit der kaufmännischen Leitung ihres Unternehmens betraut werde. Gemäss Vertrag vom 14. Juli 1977 einigte er sich mit Frau Pozzi dahin, dass diese sich verpflichtete, das Aktienkapital der Gesellschaft auf Fr. 100'000.-- zu erhöhen und ihm 490 ihrer bisherigen Aktien zum Preise von Fr. 100'000.-- zu verkaufen. Hegner leistete eine Anzahlung von Fr. 20'000.-- und stellte Frau Pozzi für die Kapitalerhöhung Fr. 50'000.-- zur Verfügung; den Restbetrag von Fr. 30'000.-- hatte er bis Ende 1977 zu bezahlen. Er versprach ferner, für die zum weiteren Aufbau der Gesellschaft erforderlichen Mittel bis zu höchstens Fr. 200'000.-- besorgt zu sein. Gemäss einer weiteren Abrede verkaufte Frau Pozzi "ihr Patent Nr. 644/77" für Fr. 50'000.-- an die SPO AG, die den Betrag als Darlehen schulden und verzinsen sollte. Dem Vertrag ging eine mit "Bestätigung und Zusicherung" überschriebene Erklärung der Frau Pozzi vom 13. Juli voraus, dass das genannte Patent in Ordnung und die Kunststoffleiter bis Ende Juli 1977 zum Verkauf bereit sei und Hegner die kaufmännische Leitung sowie die Buchhaltung der Gesellschaft zugesichert werde. B.- Am 11. Juli 1978 liess Hegner Frau Pozzi mitteilen, dass er den Beteiligungsvertrag wegen Irrtums und absichtlicher Täuschung für unverbindlich halte und seine Leistungen zurückverlange. Da Frau Pozzi auf der Erfüllung des Vertrages beharrte, klagte er im Oktober 1979 gegen sie auf Feststellung der Unverbindlichkeit und auf Rückzahlung von Fr. 70'000.-- nebst Zins. Er machte geltend, er sei von der Beklagten durch täuschende Zusicherungen veranlasst worden, den Vertrag abzuschliessen und erhebliche Mittel für die Gesellschaft aufzuwenden. Das Bezirksgericht Zürich und auf Appellation hin am 23. Dezember 1981 auch das Obergericht des Kantons Zürich wiesen die Klage ab. Die Berufung des Klägers wird vom Bundesgericht dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht fand, dass die massgeblichen tatsächlichen BGE 108 II 102 S. 104 Verhältnisse für den Entscheid über die Frage, ob ein Grundlagenirrtum oder eine absichtliche Täuschung vorliege, in einem Beweisverfahren abzuklären wären, sich ein solches Verfahren aber erübrige, da der Kläger den Vertrag nach Entdeckung des angeblichen Willensmangels durch konkludentes Verhalten genehmigt habe. Es nahm unter Hinweis auf Erwägungen des Bezirksgerichts insbesondere an, der Kläger habe spätestens seit dem 28. Juli 1977 gewusst, dass die von der Firma Emmer in Mailand für die SPO AG hergestellte Kunststoffleiter noch nicht für den Verkauf bereit war. Gleichwohl habe er der Beklagten am 22. September 1977 ein weiteres Darlehen von Fr. 50'000.-- versprochen und ihr in der Folge auch gewährt; er habe sich zudem zusammen mit ihr verpflichtet, Schlatter je 30 Aktien der SPO AG abzutreten. Dadurch habe er den Vertrag nachträglich genehmigt und das Anfechtungsrecht verwirkt. a) Nach ständiger Rechtsprechung, die letztmals in BGE 107 II 421 E. 1 gerade für einen Aktienkauf bestätigt worden ist, kann der Käufer bei unrichtiger Erfüllung entweder gemäss Art. 197 ff. OR auf Gewährleistung klagen oder nach Art. 97 ff. OR Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen oder den Vertrag wegen eines Willensmangels im Sinne von Art. 23 ff. OR anfechten. Entschliesst er sich für die Anfechtung, so darf er bei seiner Erklärung, den Vertrag als nicht bestehend anzusehen und daher nicht halten zu wollen, behaftet werden. Der Richter braucht diesfalls nicht danach zu forschen, wie die gegenseitigen Verpflichtungen der Vertragspartner unter den anderen Gesichtspunkten zu beurteilen wären. Da der Käufer ein Gestaltungsrecht ausübt und das Schicksal des Vertrages sich innerhalb eines Jahres endgültig entscheiden muss, kann die Erklärung zudem grundsätzlich nicht mehr widerrufen werden. Sie darf auch nicht von Bedingungen abhängig gemacht werden. Anders verhält es sich nur, wenn der Kläger bloss eventuell, falls der Richter den Vertrag als verbindlich betrachten sollte, daran ganz oder teilweise festhalten will; sonst schliessen Klagen auf Erfüllung und solche wegen Willensmängeln einander zum vorneherein aus ( BGE 83 II 300 E. 1, BGE 79 II 145 /46, BGE 27 II 518 ). Die Anfechtung wegen Grundlagenirrtums oder absichtlicher Täuschung hängt nicht von den besonderen Voraussetzungen der Sachgewährleistung ab. Art. 31 OR räumt dem dazu Berechtigten im Unterschied zu den Vorschriften über die Beanstandung der gekauften Sache oder des bestellten Werkes ( Art. 201, 367 und 370 BGE 108 II 102 S. 105 OR ) ein volles Jahr Zeit ein; er ist daher nicht verpflichtet, von der faktischen Möglichkeit, sich auf einseitige Unverbindlichkeit des Vertrages zu berufen, sofort Gebrauch zu machen. Es kann ihm namentlich bei falschen Angaben oder Zusicherungen des Verkäufers nicht verwehrt werden, zunächst einen Überblick über den Schaden zu gewinnen, der ihm allenfalls aus der Täuschung droht; diesen Schwebezustand und die damit verbundene Ungewissheit muss sich der Täuschende, der keine besondere Rücksicht verdient (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 20 zu Art. 31 OR ), gefallen lassen. Es genügt daher in der Regel, dass der Anfechtungsberechtigte sich vor Ablauf der Frist auf den Willensmangel beruft, mag in einer Verzögerung unter Umständen auch ein Verhalten erblickt werden, das der Berechtigte sich im Rahmen der Art. 25 und 26 OR entgegenhalten lassen muss ( BGE 107 II 421 , BGE 83 II 23 E. 4, BGE 79 II 146 /47). Die Jahresfrist zur Anfechtung beginnt mit der Entdeckung des Willensmangels zu laufen; lässt der Berechtigte sie unbenützt verstreichen, so gilt der Vertrag gemäss Art. 31 Abs. 1 OR als durch Schweigen genehmigt. Dies kann schon während der Jahresfrist angenommen werden, wenn der Anfechtungsberechtigte durch positive Handlungen oder durch eine ausdrückliche Willenserklärung deutlich zu verstehen gibt, dass er sich mit dem mangelhaften Vertrag abgefunden hat. Eine Genehmigung ist selbst nach einer Berufung auf Unverbindlichkeit noch möglich, wenn die Gegenpartei einverstanden ist, dass der Vertrag aufrecht bleibe ( BGE 88 II 412 , BGE 84 II 625 E. c, BGE 66 II 159 ). Im einen wie im andern Fall setzt die Genehmigung aber eine sichere Kenntnis des Willensmangels voraus; blosse unbestimmte, nicht näher belegte Zweifel genügen nicht ( BGE 82 II 426 , BGE 27 II 516 /17). Im Falle der Täuschung ist neben der Entdeckung des Irrtums zudem die Erkenntnis erforderlich, dass der Mangel durch absichtliche falsche Vorspiegelungen verursacht worden ist (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 11, 19 und 21, sowie BECKER, N. 4, 7 und 10 zu Art. 31 OR ; vgl. ferner VON TUHR/PETER, OR I S. 331, GUHL/MERZ/KUMMER, OR S. 125; BUCHER, OR Allg. Teil S. 188). Wo eine ausdrückliche Erklärung fehlt, darf angesichts der Tragweite des Rechtsverzichts, der in einer Genehmigung liegt, namentlich bei einer absichtlichen Täuschung nicht leichthin auf vorbehaltsloses Einverständnis geschlossen werden. Ob eine bestimmte Handlung des Anfechtungsberechtigten als eindeutiger Ausdruck einer Genehmigung zu verstehen sei, beurteilt sich nach den Grundsätzen der Vertrauenstheorie. BGE 108 II 102 S. 106 Die Beweislast für die behauptete Genehmigung trägt die Gegenpartei; dazu gehört auch der Nachweis, dass der Irrende den Willensmangel bereits vor der als Genehmigung geltend gemachten Handlung entdeckt habe ( BGE 59 II 240 ). b) Das Obergericht folgerte aus Korrespondenzen der Beteiligten vom Juni 1977, dass der Kläger damals sehr grosses Gewicht auf einen baldmöglichen Vertrieb der Kunststoffleiter legte und dafür eine verbindliche Zusicherung verlangte, er über offenbare Verzögerungen der Entwicklungsarbeiten am Prototyp, der sich seit Mitte Juni 1977 angeblich in der Endphase befand, aber unterrichtet war. Ähnlich äussert sich das Obergericht bei der Würdigung der Zusicherungen, die in der schriftlichen "Bestätigung" der Beklagten vom 13. Juli 1977 enthalten sind; es verweist ausserdem auf die erheblichen finanziellen Mittel, welche der Kläger für die Gesellschaft aufzubringen hatte, lässt schliesslich die Frage, ob die von der Beklagten bestrittene "Bestätigung" rechtmässig zustande gekommen sei, jedoch offen. Nach ihren Hinweisen auf Feststellungen des Bezirksgerichts hält die Vorinstanz sodann für erwiesen, dass dem Kläger anlässlich seines Besuches vom 28. Juli 1977 bei der Herstellerfirma Emmer in Mailand weder die schwerwiegenden Mängel der Leiter noch die andauernden Entwicklungsarbeiten entgangen sind. Das Bezirksgericht hielt dem Kläger ferner entgegen, er sei am 22. September 1977 nach eigenen Angaben von den technischen Auskünften Schlatters nicht befriedigt gewesen, weshalb er immer wieder erklärt habe, dass die Konstruktion technisch nicht ausgereift sei, die Leiter folglich nicht serienmässig hergestellt und vertrieben werden könne; am 4. November habe er denn auch wiederholt, schon lange dieser Ansicht zu sein. Als der Kläger im September 1977 der Beklagten das zweite Darlehen von Fr. 50'000.-- nicht nur versprach, sondern auch zur Verfügung stellte und 30 Aktien der Gesellschaft an Schlatter abtrat, war somit nach den angeführten Feststellungen der Vorinstanzen auch für ihn klar, dass die Zusicherung der Beklagten, die Leiter sei Ende Juli 1977 zum Verkauf bereit, inhaltlich so oder anders falsch war. Anderer Meinung konnte er auch Mitte November 1977 nicht sein, als er der Beklagten schrieb, nach wie vor bereit zu sein, sich im Sinne des Beteiligungsvertrages für die Einräumung eines Bankkredites zu verwenden, und seine Bereitschaft drei Tage später in einer Besprechung bestätigte. Dies gilt umsomehr, als er in der Replik behauptete, ein französischer BGE 108 II 102 S. 107 Grossverteiler habe im Herbst 1977 die damalige Ausführung der Leiter als primitiv, dilettantenhaft und lächerlich bezeichnet. Nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, durfte das Obergericht daher ohne Verletzung von Bundesrecht folgern, der Kläger habe im September und November 1977 "in Kenntnis" der fehlenden Verkaufsmöglichkeit gehandelt, die ihm die Beklagte auf Ende Juli 1977 angeblich zugesichert hat. Es liegt insbesondere nichts dafür vor, dass die Vorinstanz den Rechtsbegriff der Irrtumsentdeckung verkannt habe. c) Die Vorinstanz übergeht die Fragen, ob und wann der Kläger im Falle einer Täuschung erkannt habe, dass sein Irrtum durch absichtliche falsche Vorspiegelungen der Gegenpartei veranlasst oder unterhalten worden ist. Sie begnügt sich vielmehr mit der Feststellung über die Entdeckung des Irrtums, den sie unbekümmert darum, ob er durch eine Täuschung hervorgerufen oder von der Beklagten bewusst ausgenutzt worden sei oder nicht, rechtlich gleich behandeln möchte. Das geht indes schon deshalb nicht an, weil die Rechtsfolgen der beiden Willensmängel sich nicht decken; im Falle der absichtlichen Täuschung ist der Anfechtungsberechtigte besser gestellt, da der erregte Irrtum kein wesentlicher zu sein braucht und die nachträgliche Genehmigung einen Anspruch auf Schadenersatz nicht ausschliesst (Art. 28 Abs. 1 und 31 Abs. 3 OR). Das angefochtene Urteil ist deshalb gestützt auf Art. 64 Abs. 1 OG aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des Sachverhaltes und zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
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Urteilskopf 86 III 94 25. Entscheid vom 14. Oktober 1960 i.S. Schwaller.
Regeste Konkurs; erste Gläubigerversammlung ( Art. 235 SchKG ). Befugnis des Büros zur Überprüfung der von einem Gläubigervertreter vorgelegten Vollmachten. Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Entscheid des Büros. Beschwerdelegitimation. Ungültigkeit von Vollmachten, deren Erteilung der Vertreter durch die Zusicherung besonderer Vorteile erwirkt hat ("Stimmenkauf"). Zusicherung des Vertreters, dass er ein Honorar und den Ersatz seiner Auslagen nur bei Auszahlung einer Dividende von mindestens 10% verlangen werde.
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 86 III 94 S. 94 A.- Nachdem sich die Sewa-Werk AG in Rothenburg (Luzern) ohne Erfolg um eine Nachlassstundung bemüht hatte, wies der Amtsgerichts-Vizepräsident von Hochdorf am 20. Mai 1960 ihr Begehren um Aufschiebung des Konkurses nach Art. 725 OR ab und eröffnete über sie den Konkurs. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des luzernischen Obergerichts wies ihren Rekurs gegen diesen Entscheid am 14. Juni 1960 ab. B.- An der vom Konkursamt Hochdorf auf den 18. Juli 1960 einberufenen 1. Gläubigerversammmlung legte der BGE 86 III 94 S. 95 Gläubiger Emil Schwaller Vollmachten von 47 weitern Gläubigern vor, die ihn mit ihrer Vertretung beauftragt hatten. Mit Einschluss dieser Gläubiger waren gemäss Feststellung des Konkursbeamten, der die Versammlung leitete, 76 von insgesamt 208 Gläubigern anwesend oder vertreten. Das aus dem Konkursbeamten und zwei von ihm bezeichneten Gläubigern bestehende Büro beschloss jedoch unter Berufung auf BGE 40 III Nr. 30 S. 171, die von Schwaller vorgelegten Vollmachten nicht anzuerkennen. Daraufhin stellte der Konkursbeamte trotz sofortigem Proteste Schwallers fest, die Versammlung sei gemäss Art. 235 Abs. 3 SchKG nicht beschlussfähig, weil das Quorum von einem Viertel der bekannten Gläubiger nicht erreicht sei. Demgemäss blieben die Traktanden unbehandelt, über welche die Versammlung hätte beschliessen sollen (Wahl der Konkursverwaltung, Beschlussfassung über die allfällige Wahl eines Gläubigerausschusses sowie über den Eintritt in zwei Mietverträge, die Anerkennung eines Eigentumsanspruchs und die Ablehnung eines Kaufvertrags). C.- Hierauf führte Schwaller Beschwerde, mit der er im wesentlichen verlangte, die Aufsichtsbehörde möge den "Beschluss der Konkursverwaltung über das Nichtzustandekommen der 1. Gläubigerversammlung" als gesetzwidrig erklären und die 1. Gläubigerversammlung selber neu einberufen oder durch das Konkursamt einberufen lassen. Die untere Aufsichtsbehörde entschied, auf die Beschwerde werde nicht eingetreten, "bzw." sie werde abgewiesen. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 21. September 1960 erkannt, auf die Beschwerde werde nicht eingetreten. In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, Schwaller fechte sowohl den Beschluss des Büros als auch die Verfügung des Konkursamtes (d.h. die von diesem getroffene Feststellung der Beschlussunfähigkeit der 1. Gläubigerversammlung) an. Das Büro sei zuständig gewesen, über BGE 86 III 94 S. 96 die Gültigkeit der vorgelegten Vollmachten zu befinden. Sein Entscheid hierüber habe durch Beschwerde angefochten werden können. Zur Beschwerde gegen die Ungültigerklärung der Vollmachten seien jedoch nur die Vollmachtgeber, nicht auch der Bevollmächtigte befugt gewesen. Da Schwaller nur im eigenen Namen Beschwerde geführt habe, sei somit auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Eintretensfalle hätte diese im übrigen abgewiesen werden müssen; denn Schwaller habe die ihm erteilten Vollmachten durch die Zusicherung besonderer Vorteile (u.a. durch den für den Fall eines Misserfolgs seiner Bemühungen erklärten Verzicht auf Honorar und Auslagenersatz) erwirkt, so dass die Vollmachten nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 36 I 164 ff. = Sep. ausg. 13 S. 82 ff., BGE 40 III 173 ) wegen Stimmenkaufs als ungültig zu betrachten seien. D.- Diesen Entscheid hat Schwaller an das Bundesgericht weitergezogen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz hat mit Recht angenommen, die Beschwerde Schwallers richte sich dem Sinne nach nicht nur gegen die auf den Beschluss des Büros gestützte Feststellung des Konkursamtes, dass die 1. Gläubigerversammlung nicht beschlussfähig sei, sondern auch gegen jenen Beschluss selber. 2. Der Vorinstanz ist auch darin beizustimmen, dass das Büro zuständig war, darüber zu befinden, ob Schwaller als Vertreter seiner Vollmachtgeber anzuerkennen sei oder nicht. Die dem Büro gemäss Art. 235 Abs. 2 SchKG zustehende Befugnis, über die Zulassung von Personen zu entscheiden, die an den Verhandlungen teilnehmen wollen, ohne besonders eingeladen zu sein, schliesst die Befugnis in sich, darüber zu entscheiden, ob jemand, der sich als Gläubigervertreter vorstellt, ohne als solcher eingeladen worden zu sein, in dieser Eigenschaft an den BGE 86 III 94 S. 97 Verhandlungen teilnehmen und für die vertretenen Gläubiger das Stimmrecht ausüben dürfe. Die Befugnis zur Prüfung der Vollmachten der Gläubigervertreter muss dem Büro aber auch deswegen zustehen, weil es gemäss Art. 235 Abs. 2 Satz 3 SchKG berufen ist, allfällige Anstände über die Berechnung der Stimmen zu entscheiden. 3. Der Auffassung der Vorinstanz, dass der Entscheid des Büros über die Zulassung oder Nichtzulassung eines Gläubigers durch Beschwerde angefochten werden könne, ist für den Fall zuzustimmen, dass dieser Entscheid die Beschlussfähigkeit der Versammlung oder das Ergebnis einer Abstimmung beeinflusst hat. In der kantonalen Rechtsprechung und in der Lehre ist zwar die Ansicht vertreten worden, der Entscheid des Büros sei endgültig, seine Anfechtung durch Beschwerde also unzulässig (Zusammenfassung des Entscheides der bernischen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs vom 8. Mai 1894 i.S. Hêche und Froidevaux in ZBJV 31 S. 17; Entscheid der Cour des poursuites et faillites des Kantonsgerichts Waadt vom 2. Oktober 1894 i.S. Gerber in Revue judiciaire 1894 S. 316 f.; JAEGER, Kommentar, N. 4 und 10 zu Art. 235 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 719; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung, II S. 120 oben; MARTZ in Blätter für Schuldbetreibung und Konkurs 1950 S. 100). Unter Hinweis auf den Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes vom 3. Juli 1906 i.S. Zahn (BGE 32 I Nr. 80 S. 563 ff. = Sep. ausg. 9 Nr. 36 S. 221 ff. = Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs 10 Nr. 87 S. 315 ff.) räumen die eben genannten Autoren jedoch mit Recht ein, dass Beschlüsse der 1. Gläubigerversammlung mit der Begründung durch Beschwerde angefochten werden können, sie wären anders ausgefallen, wenn nicht Unberechtigte mitgewirkt hätten oder Berechtigte vom Stimmrecht ausgeschlossen worden wären. Dies heisst nichts anderes, als dass gegebenenfalls zusammen mit den Beschlüssen der Gläubigerversammlung auch die Entscheidung des Büros BGE 86 III 94 S. 98 über die Zulassung oder Nichtzulassung von Gläubigern oder Gläubigervertretern angefochten werden könne. Kann diese Entscheidung Gegenstand einer Beschwerde sein, wenn sie das Ergebnis einer Abstimmung beeinflusst hat, so muss das gleiche aber auch gelten, wenn sie bei der Feststellung der Beschlussfähigkeit bzw. -unfähigkeit der 1. Gläubigerversammlung den Ausschlag gegeben hat. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, wäre es sachlich in keiner Weise gerechtfertigt, die Beschwerde im einen Falle zuzulassen, im andern dagegen nicht. Im angeführten Entscheid i.S. Zahn, der eine Beschwerde gegen Beschlüsse der 1. Gläubigerversammlung betraf, hat denn auch die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer allgemein erklärt, die vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Frage, ob gegen die Zulassung oder Nichtzulassung eines (angeblichen) Gläubigers zur 1. Gläubigerversammlung ein Beschwerderecht überhaupt bestehe, sei grundsätzlich zu bejahen. Diesen Grundsatz hat sie nur in dem Sinne eingeschränkt, dass nicht Beschwerde führen könne, wer einen ihm möglichen Versuch unterlassen habe, die ihm nachteilige Verfügung zu verhindern. Diese Einschränkung spielt im vorliegenden Falle keine Rolle, weil Schwaller sich der Aberkennung seiner Vertretungsbefugnis schon an der Versammlung selber widersetzt hat. 4. Schwaller hat gegen den Entscheid des Büros, der die Gültigkeit der von ihm vorgelegten Vollmachten verneinte und zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit der 1. Gläubigerversammlung führte, nur im eigenen Namen, nicht auch im Namen seiner Vollmachtgeber Beschwerde geführt. Dies ergibt sich nicht bloss daraus, dass er in der Beschwerdeschrift und in der Rekursschrift an die Vorinstanz ausschliesslich sich selber als Beschwerdeführer bezeichnete, sondern auch daraus, dass er seine Befugnis zur Erhebung der Beschwerde in den eben erwähnten Rechtsschriften einzig mit dem Hinweis auf seine Eigenschaft als Gläubiger begründete. Angesichts dieser klaren eigenen Stellungnahme Schwallers kann keine Rede BGE 86 III 94 S. 99 davon sein, dass nach den Umständen angenommen werden müsse, er habe auch für seine Vollmachtgeber Beschwerde geführt, wie er dies in der Rekursschrift an das Bundesgericht darzutun sucht. Um diesen Nachweis brauchte er sich aber auch gar nicht zu bemühen; denn als Gläubiger war er entgegen der Ansicht der Vorinstanz befugt, gegen die Verweigerung der Anerkennung seiner Vollmachten, derentwegen die 1. Gläubigerversammlung als beschlussunfähig erklärt wurde, aus eigenem Recht Beschwerde zu führen. Jeder in der 1. Gläubigerversammlung anwesende oder vertretene Gläubiger hat Anspruch darauf, dass die Versammmlung ordnungsgemäss durchgeführt werde, und ist folglich legitimiert, sich gegen ein ordnungswidriges Verfahren zu beschweren. Insbesondere braucht sich kein solcher Gläubiger gefallen zu lassen, dass die Zahl der anwesenden oder vertretenen Gläubiger unrichtig berechnet und deswegen eine in Wirklichkeit beschlussfähige Versammlung als beschlussunfähig erklärt wird. Gegen die Ungültigerklärung der einem Gläubiger erteilten Vollmachten für die Vertretung anderer Gläubiger kann ausser den Vollmachtgebern auch der Bevollmächtigte selber Beschwerde führen, wenn durch diese Entscheidung des Büros die Beschlussfähigkeit oder ein Abstimmungsergebnis beeinflusst wurde; denn falls die Vollmachten gültig sind, hat der bevollmächtigte Gläubiger einen verfahrensrechtlichen Anspruch darauf, die ihm dadurch eingeräumten Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Konkursverfahren ausnützen zu können; sein Interesse hieran ist unter der erwähnten Voraussetzung durchaus schützenswert. Darüber hinaus ist aber jedem Gläubiger, der sich zur 1. Gläubigerversammlung eingefunden hat, die Befugnis zuzuerkennen, gegen die ungerechtfertigte Nichtanerkennung von Gläubigervollmachten, durch die das Verfahren beeinflusst worden ist, Beschwerde zu führen. Kein zur Versammlung erschienener Gläubiger muss sich entgegenhalten lassen, die nach seiner Auffassung BGE 86 III 94 S. 100 zu Unrecht nicht als vertreten anerkannten Gläubiger hätten sich selber nicht beschwert. Eine solche Unterlassung der Vollmachtgeber ist nicht geeignet, einem sich beschwerenden Gläubiger gegenüber die Fiktion zu begründen, die Gläubigerversammlung sei ordnungsgemäss verlaufen. Die Vorinstanzen hätten daher auf die Beschwerde Schwallers eintreten sollen. 5. Die Sache zur materiellen Beurteilung der Beschwerde an die Vorinstanz zurückzuweisen, ist nicht nötig, weil die Beschwerde sich auf Grund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz und der Akten als unbegründet erweist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt ein "Stimmenkauf", der die Ungültigkeit der Bevollmächtigung nach sich zieht, schon dann vor, wenn ein Gläubiger von einem andern die Bevollmächtigung zur Vertretung im Konkursverfahren durch die Zusicherung "besonderer Vorteile" erwirkt ( BGE 36 I 164 Erw. 3 = Sep. ausg. 13 S. 83, BGE 40 III 173 ). Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Vollmachten, die Schwaller bei seinen Auftraggebern im Juni/Juli 1960 unter Verwendung zweier gleichlautender Formulare für die "Voll-Vertretung" im "allgemeinen Sanierungsverfahren", im "gerichtlichen oder aussergerichtlichen Nachlassvertragsverfahren" und im "Konkursverfahren (uU mit Nachlassvertragsverfahren im Konkurs)" der Sewa-Werk AG einholte, enthalten nämlich folgende "Erklärung des Bevollmächtigten betreffend Kostentragung aus der vorliegenden Vollmacht": "a) Sollte aus einem der obenzitierten Verfahren keine Dividende an den Vollmachtgeber zur Ausschüttung kommen, so hat der Vollmachtgeber an den Bevollmächtigten weder an Honorar noch an Auslagenersatz etwas zu leisten. b) Nach Abschluss eines der obenzitierten Verfahren mit der Ausschüttung einer Dividende von mindestens 10 % vergütet der Vollmachtgeber an den Bevollmächtigten an Honorar und Auslagenersatz pauschal: entweder 2% der kollozierten Forderug, davon den oder 8% der ausbezahlten Dividende, höhern Wert, minimal aber den Betrag von Fr. 5.-." BGE 86 III 94 S. 101 Nach dieser Erklärung ist die Vertretung im hängigen Konkursverfahren und allenfalls auch noch in weitern Liquidations- oder Sanierungsverfahren auf jeden Fall dann kostenlos, wenn überhaupt keine Dividende ausbezahlt werden kann. Die Empfänger der Vollmachtformulare durften aber aus lit. b der Erklärung ausserdem schliessen, die Vertretung sei auch dann kostenlos, wenn (was in Konkursen häufig vorkommt) eine Dividende von weniger als 10% verteilt werden sollte. (Sie brauchten nach Treu und Glauben nicht damit zu rechnen, dass sie die in lit. b festgesetzte oder eine anders berechnete Vergütung auch in dem nicht ausdrücklich geregelten Fall zu leisten hätten, dass zwar eine Dividende, aber eine solche unter 10% ausgerichtet werden sollte.) Im Versprechen, dass für die "Voll-Vertretung" in einem oder allenfalls mehreren Verfahren ein Honorar und sogar der Ersatz der Auslagen nur bei Auszahlung einer Dividende von mindestens 10% verlangt werde, liegt nun zweifellos die Zusicherung eines besondern Vorteils im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Dies gilt um so eher, als Schwaller die Vertretung unstreitig in Ausübung seiner Berufstätigkeit als "prakt. Revisor" und "Treuhänder" übernommen hat. Dass ein Berufsmann eine erhebliche Arbeitsleistung für einen Fall, mit dessen Eintritt ernstlich zu rechnen ist, unentgeltlich anbietet, bedeutet eine aussergewöhnliche Vergünstigung. Die Erklärung der Vollmachtgeber, dass kein "Stimmenkauf" vorliege, kann hieran nichts ändern... Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird in dem Sinne abgewiesen, dass die Beschwerde des Rekurrenten vom 26. Juli 1960 abgewiesen wird.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
9845dd44-2797-4f71-af5a-55cfddb1c99a
Urteilskopf 107 II 169 22. Arrêt de la Ire Cour civile du 6 avril 1981 dans la cause Schneider contre Emil Frey S.A. (recours en réforme)
Regeste Art. 2 ZGB ; Art. 336e Abs. 1 lit. b OR . Kündigung gegenüber einem kranken Arbeitnehmer; Rechtsmissbrauch? Art. 2 ZGB beschränkt auch das Recht zur Kündigung eines Arbeitsvertrags. Der Arbeitgeber, der einem kranken Arbeitnehmer nach Ablauf der von Art. 336e Abs. 1 lit. b OR vorgeschriebenen Fristen unter Einhaltung der Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis kündigt, verhält sich grundsätzlich nicht rechtsmissbräuchlich.
Sachverhalt ab Seite 169 BGE 107 II 169 S. 169 A.- Norbert Schneider est entré le 1er janvier 1969 au service d'Emile Frey S.A., qui exploite un grand garage à Genève, en qualité de spécialiste de pièces détachées Mercedes-Benz. Le 18 septembre 1979, il a cessé son travail pour cause de maladie. Par lettre du 18 avril 1980, Emile Frey S.A. a déclaré mettre fin au contrat avec effet au 31 juillet 1980. Peu avant, lors d'une entrevue avec un représentant de l'employeur, Schneider avait indiqué que sa santé s'était améliorée, mais il ne pouvait pas indiquer quand il reprendrait le travail. B.- Le 24 septembre 1980, Schneider a demandé l'assignation d'Emile Frey S.A. devant le Tribunal des prud'hommes de Genève, en concluant principalement à la réintégration dans son emploi, subsidiairement au paiement de 37'200 fr. de dommages-intérêts (12 mois de salaire); il prétendait que la résiliation, motivée par la maladie du travailleur, violait l' art. 2 CC . Le Tribunal des prud'hommes a nié qu'une résiliation formellement régulière pût violer l' art. 2 CC et rejeté la demande. La Chambre d'appel des prud'hommes a confirmé ce jugement BGE 107 II 169 S. 170 par arrêt du 21 janvier 1981. Elle admet que l'exercice du droit de résilier un contrat de travail est aussi soumis à la restriction de l' art. 2 CC , mais considère qu'il n'y a pas d'abus de droit en l'espèce, compte tenu en particulier des intérêts légitimes de l'employeur et du temps laissé au travailleur avant l'expiration du contrat. C.- Le demandeur recourt en réforme au Tribunal fédéral en reprenant ses conclusions précédentes. Le Tribunal fédéral rejette le recours et confirme l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. Lorsque le contrat de travail a été conclu pour une durée indéterminée, chaque partie a le droit de mettre fin de façon unilatérale au contrat par une déclaration de résiliation (congé, art. 336 al. 1 CO ). Sauf disposition contraire du contrat individuel, d'un contrat collectif de travail ou d'un contrat-type de travail (art. 336 al. 2, 336b al. 2 CO), la résiliation d'un contrat qui a duré plus de dix ans, comme en l'espèce, doit être donnée au moins trois mois à l'avance pour la fin d'un mois ( art. 336b al. 1 CO ). La loi limite en outre le droit de résiliation de l'employeur, en ce sens que celui-ci ne peut résilier valablement pendant certaines périodes considérées comme temps inopportun ( art. 336e CO ); l'une de ces périodes est formée des quatre premières semaines d'une incapacité de travail résultant d'une maladie ou d'un accident dont le travailleur est victime sans sa faute, cette période étant portée à huit semaines dès la deuxième année de service (art. 336e al. 1 lettre b). Au cas particulier, il n'est pas établi ni même allégué que le travailleur serait tombé malade par sa faute; l'employeur ne pouvait donc résilier qu'après les huit premières semaines d'incapacité de travail à compter du 8 septembre 1979, en respectant le délai de résiliation de trois mois pour la fin du mois; le congé aurait ainsi pu être donné valablement, au plus tôt, pour fin février 1980. Déclarée plus de trois mois avant le 31 juillet 1980, la résiliation de l'employeur est formellement régulière. 2. a) L' art. 2 CC , qui fait partie des dispositions générales du Code civil, limite l'exercice de tous les droits civils, y compris le droit de résilier un contrat de travail (arrêt non publié Pitard c. Zuccati, du 9 mars 1979, consid. 3; MERZ, n. 316-318 ad art. 2 CC ; OSER/SCHÖNENBERGER, n. 14 ad art. 347 CO ; HUG, Das Kündigungsrecht, I p. 151-153; GOLDSCHMIDT, BGE 107 II 169 S. 171 RSJ 36/1939 p. 170; GRISEL, RDS 67/1948 p. 519 a; NAEGELI, RDS 67/1948 p. 422 a ss; ORLANDO, RSJ 73/1977 p. 197 ss.; SCHWEINGRUBER, Commentaire du contrat de travail, trad. française d'A. Laissue, p. 185 s.; REHBINDER, Schweiz. Arbeitsrecht, 6e éd., p. 103; VISCHER, Schweiz. Privatrecht, VII/1 p. 414; cf. aussi RSJ 70/1974 p. 111). L'abus de droit se caractérise par l'utilisation contraire à son but d'une institution juridique en vue de satisfaire des intérêts que cette institution n'a pas pour objet de protéger ( ATF 94 I 667 et les références citées). Lié par la loi ( art. 113 al. 3 Cst. ), le juge ne saurait admettre l'existence d'un abus de droit, sous réserve de situations particulières, pour apporter à un problème impliquant la pesée des intérêts en présence une solution autre que celle prévue par le législateur. b) S'agissant de la résiliation du contrat de travail par l'employeur en cas d'incapacité de travail du travailleur, l'intérêt que peut avoir l'employeur à exercer son droit de résiliation pour être délié de ses engagements - notamment en raison de l'incapacité dans laquelle le travailleur se trouve de rendre les services attendus - s'oppose à l'intérêt du travailleur à conserver son emploi malgré cette incapacité. Or ce problème particulier est expressément réglé par la loi, soit par l'art. 336e al. 1 lettre b, al. 2 et 3 CO. Il ressort de cette réglementation qu'en principe l'employeur résilie valablement le contrat de travail, malgré l'incapacité de travail du travailleur, s'il respecte le délai de résiliation prolongé par l' art. 336e CO ; il ne commet pas d'abus de droit, quels que soient les inconvénients de la résiliation pour le travailleur. Les considérations générales du recours visant à l'interdiction de toute résiliation du contrat de travail par l'employeur à l'égard du travailleur malade sont donc contraires à la loi. Quant aux références à l' art. 337 CO (résiliation immédiate du contrat pour justes motifs), à l' art. 324a CO (salaire dû pendant l'incapacité de travail) et à l' art. 328a CO (soins dus au travailleur malade vivant en communauté domestique avec son employeur), elles sont dénuées de toute pertinence. c) Le demandeur soutient en outre que, dans les circonstances du cas particulier, l'employeur n'aurait aucun intérêt digne de protection à son renvoi, alors que lui-même aurait un intérêt éminent à être maintenu dans BGE 107 II 169 S. 172 son emploi; en effet, l'employeur aurait une centaine d'employés, ce qui lui permettrait plus facilement de redonner une occupation au demandeur lorsque celui-ci ne sera plus malade; un moyen provisoire de pallier la carence du demandeur aurait pu être trouvé, "tel que l'engagement d'un employé temporaire venant de Suisse allemande, comme cela avait déjà été pratiqué dans l'entreprise". Par ailleurs, le maintien du demandeur dans le personnel de la défenderesse n'entraînerait pour elle aucune charge financière, la perte de gain étant couverte pendant deux ans par la caisse-maladie; s'il avait été ensuite déclaré à l'assurance-invalidité, il aurait touché des indemnités suffisantes qui auraient permis alors à l'employeur de le rayer du rôle de son personnel. Ces allégations ne font l'objet d'aucune constatation de l'arrêt attaqué, et le demandeur ne prétend pas les avoir présentées en instance cantonale. Elles doivent dès lors être considérées comme nouvelles, et partant irrecevables (art. 55 al. 1 lettre c, 63 al. 2 OJ). Les circonstances invoquées ne permettent d'ailleurs pas d'admettre que la défenderesse ait commis un abus de droit, en utilisant l'institution de la résiliation dans un but non protégé par la loi. La faculté reconnue à l'employeur de se séparer d'un travailleur qui ne peut pas (ou plus) rendre les services promis entre en effet, on l'a vu, dans le cadre des intérêts de l'employeur protégés par la loi. Cet intérêt ne saurait être nié du seul fait que l'employeur occupe de nombreux travailleurs. Par ailleurs, il subsiste même en l'absence de toute obligation de payer un salaire ou une autre prestation financière, compte tenu notamment du besoin que peut avoir l'employeur de s'attacher les services d'un autre travailleur en lieu et place de celui dont il ne peut plus attendre les services promis.
public_law
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
9847b76d-cf87-4b5b-93fb-26f1bbc8b7d2
Urteilskopf 117 Ib 477 56. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 26 novembre 1991 dans la cause Commune de Sorens contre Conseil d'Etat du canton de Fribourg, Ligue suisse pour la protection de la nature et Fédération fribourgeoise des sociétés de pêche (recours de droit administratif)
Regeste Bewilligungspflicht gemäss BG über die Fischerei für die Einfassung eines Bachabschnitts in Rohre. Die Einfassung eines Bachabschnitts von 42 m in Rohre ist - selbst wenn sie eine bereits bestehende Bachverbauung vervollständigt - eine bewilligungspflichtige "Neuanlage" im Sinne der Art. 24 und 25 des BG über die Fischerei. Diese Bestimmungen, welche eine umfassende Abwägung der verschiedenen Interessen verlangen, regeln nicht nur die Ausübung der Fischerei, sondern sie stimmen zudem in ihrer Zielsetzung weitgehend mit den Art. 18 ff NHG überein. Im vorliegenden Falle überwiegt das Interesse am Schutz des Wasserlaufs.
Sachverhalt ab Seite 478 BGE 117 Ib 477 S. 478 Le 15 juillet 1987, la Commune de Sorens a déposé une demande de permis de construire en vue de l'extension d'une décharge pour matériaux inertes. Ce projet implique la mise sous tuyaux d'un tronçon de 42 m du ruisseau de Malessert, déjà canalisé en amont sur une longueur d'environ 130 m, sous la décharge existante. Le cours de ce ruisseau s'étend sur 850 m en amont et sur 3200 m en aval, jusqu'à l'embouchure dans le lac de la Gruyère. Le 6 octobre 1987, la Direction cantonale de l'intérieur et de l'agriculture (ci-après: la direction) a délivré l'autorisation pour le prolongement de la mise sous tuyaux du ruisseau qui, à ses yeux, n'avait qu'une faible valeur piscicole. La direction a encore retenu que la décharge existante était remplie et que son extension, d'une capacité de 5600 m3, répondait à un besoin d'intérêt public et permettrait de restituer du terrain à l'agriculture; en outre, la nouvelle canalisation ne constituerait pas une aggravation disproportionnée de l'atteinte déjà portée au ruisseau. La Fédération fribourgeoise des sociétés de pêche et la Ligue suisse pour la protection de la nature ont recouru au Conseil d'Etat en faisant valoir l'intérêt à la préservation du ruisseau de Malessert. Par arrêté du 16 août 1990, le Conseil d'Etat a admis les recours et annulé la décision de la direction. Il s'est fondé sur les dispositions de la loi fédérale du 4 décembre 1973 sur la pêche, pour considérer que l'ouvrage litigieux constituerait une atteinte grave aux intérêts de la pêche et de la protection de la nature. Le Conseil d'Etat a relevé qu'au jour de sa décision, la valeur piscicole du ruisseau de Malessert était quasi nulle, mais que les eaux usées de la région concernée allaient prochainement être dirigées sur une station d'épuration, de sorte que le cours d'eau redeviendrait clair et sain sur plusieurs kilomètres. BGE 117 Ib 477 S. 479 Agissant par la voie d'un recours de droit administratif, la Commune de Sorens demande au Tribunal fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat et de confirmer celle de la direction. Elle invoque notamment une violation de l'art. 25 de la loi fédérale sur la pêche en faisant valoir que ses propres intérêts devaient l'emporter sur ceux de la protection du ruisseau. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. La recourante prétend que l'autorité cantonale a violé l'art. 25 de la loi fédérale sur la pêche en qualifiant de grave l'atteinte constituée par la réalisation d'un tronçon supplémentaire de canalisation; elle considère qu'il a été procédé à une pesée incorrecte des intérêts en jeu. a) La conservation des eaux piscicoles et leur protection des atteintes nuisibles constituent des buts de la loi fédérale sur la pêche (ci-après: la loi fédérale; art. 2 let. a). Afin d'atteindre ces buts, certaines dispositions de la loi tendent à la protection des biotopes (art. 22 ss). Ainsi, les interventions techniques - notamment la mise sous canalisation - qui ont pour conséquence de modifier les eaux ou leur régime, les cours d'eau ainsi que les rives et le fond des lacs, sont soumises à une autorisation spéciale (art. 24). L'art. 25 de la loi fédérale définit les mesures à prendre à l'occasion de l'octroi d'une autorisation pour une nouvelle installation. Cette législation fédérale n'a pas seulement pour but de régler l'exercice de la pêche par des mesures de police; il s'agit d'un instrument au service de la protection de l'environnement, qui correspond dans une large mesure au but visé par les art. 18 ss LPN , quand bien même ces deux lois poursuivent des objectifs différents ( ATF 112 Ib 431 consid. 3c). b) Le projet en cause est une "nouvelle installation" au sens des art. 24 al. 3 et 25 de la loi fédérale - ce que la recourante ne conteste pas - et il tend à modifier un cours d'eau. L'art. 25 al. 2 de la loi fédérale précise alors que si, dans l'examen d'un tel projet, "on ne peut trouver aucune mesure permettant d'empêcher qu'une atteinte grave ne soit portée aux intérêts de la pêche, la décision sera prise compte tenu de tous les intérêts en jeu". Il n'y a pas lieu ici de déterminer si une autre solution pour l'extension de la décharge, qui permettrait de maintenir à ciel ouvert le ruisseau de Malessert, serait effectivement réalisable, ou à tout le moins sans BGE 117 Ib 477 S. 480 coûts excessifs, comme le prétend la Ligue suisse pour la protection de la nature. La mise sous tuyaux d'un tronçon de 42 m, même en complément d'un voûtage existant, doit être considérée comme une atteinte grave aux intérêts de la pêche. Les rives naturelles et la végétation aquatique doivent en principe être préservées, en vertu de l'art. 22 de la loi fédérale, non seulement pour leur valeur paysagère (cf. art. 18 al. 1bis et 21 LPN , dont il faut tenir compte dans ce contexte), mais également pour leur rôle dans la reproduction des espèces et la protection des jeunes poissons. L'eau, le lit, les rives et les environs des cours d'eau constituent le biotope des poissons et autres organismes qui y vivent en permanence. Le fait que le ruisseau était pollué au moment où le Conseil d'Etat a statué ne permet pas de considérer l'atteinte comme de peu de gravité, d'autant qu'une amélioration est en passe de se réaliser. Il importe peu également que le débit en amont de la canalisation existante soit faible. De même, l'existence d'un voûtage sur un tronçon d'une certaine longueur n'est pas décisive: les atteintes déjà portées ne peuvent justifier une destruction plus importante des milieux que le législateur a voulu protéger (cf. ATF 111 Ib 308 ss, relatif au refus d'une autorisation de mise sous tuyaux, nonobstant la subsistance d'un voûtage réalisé antérieurement, avant l'entrée en vigueur de la loi fédérale). c) Il reste à examiner si, en dépit de la gravité de l'atteinte, les autres intérêts en jeu pourraient justifier le projet litigieux. A cet égard, la pesée des intérêts opérée par le Conseil d'Etat est convaincante. La commune recourante ne se trouve pas dans l'impossibilité de réaliser les travaux de génie civil qu'elle projette, car d'autres décharges pour matériaux inertes sont disponibles dans les environs. Cette dernière solution est à vrai dire plus coûteuse, mais l'intérêt financier de la recourante, certes non négligeable, ne saurait prévaloir sur les intérêts encore plus importants de la pêche et de la protection de la nature ( ATF 117 Ib 193 consid. 4cd, ATF 108 Ib 186 consid. 5c). Enfin, l'intérêt à l'amélioration des conditions d'exploitation agricole d'une surface de 2400 m2 située à 900 m d'altitude est trop restreint pour l'emporter sur la nécessité de protéger le cours d'eau. Les moyens de la recourante sont donc mal fondés.
public_law
nan
fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
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984c988d-61b6-4132-aad1-4c273e94ed99
Urteilskopf 119 V 98 15. Urteil vom 2. April 1993 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Z. und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste Art. 6 IVG ; Art. 2 und Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens vom 8. Juni 1962 über Sozialversicherung; Art. 9 des Schlussprotokolls. - Der Begriff "dableiben" (im massgebenden französischen Originaltext: demeurer) in Art. 8 lit. f des Abkommens ist im Sinne von "sich gewöhnlich aufhalten" (séjourner habituellement) zu verstehen. Nach der Rechtsprechung ( BGE 112 V 166 E. 1a) ist für den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Aufenthalt in der Schweiz und der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, massgebend; zusätzlich dazu muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz befinden (E. 6c). - Für die Versicherteneigenschaft im Rahmen dieser Bestimmung ist grundsätzlich nicht ununterbrochenes Dableiben bis zum Eintritt des Versicherungsfalles erforderlich; der Aufenthalt darf aber keine wesentliche Unterbrechung erfahren (E. 6d). - Für die Prüfung der Frage, wann noch keine wesentliche Unterbrechung vorliegt, kann Art. 9 des Schlussprotokolls als Richtlinie herangezogen werden. Das Erfordernis des Dableibens gilt demgemäss in der Regel dann als erfüllt, wenn sich die Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthalts in der Schweiz im Rahmen von drei Monaten hält oder wenn sie diese Zeitspanne höchstens unwesentlich überschreitet. Ausnahmsweise ist eine längerdauernde Toleranzfrist zuzubilligen, wenn die Auslandabwesenheit mit dem krankheits- oder unfallbedingten Gesundheitsschaden, der zur Einstellung der Erwerbstätigkeit geführt hat, in direktem Zusammenhang steht. Als Ausnahmetatbestand vorbehalten bleiben ferner besondere Umstände zwingender Art, wie höhere Gewalt oder ein medizinisch indizierter Auslandaufenthalt, unabhängig davon, ob dieser mit dem Gesundheitsschaden, der die Erwerbsaufgabe ausgelöst hat, zusammenhängt oder nicht (E. 6e).
Sachverhalt ab Seite 99 BGE 119 V 98 S. 99 A.- Der 1957 geborene G. Z., Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien, arbeitete von 1979 bis 1984 und ab 1986 in der BGE 119 V 98 S. 100 Schweiz als saisonbeschäftigter Kranführer in der Firma L. AG. Am 22. August 1987 erlitt er bei einem Verkehrsunfall ein Epiduralhämatom mit Impressionsfraktur links, weshalb gleichentags notfallmässig eine Kraniektomie vorgenommen werden musste. Als bleibende Beeinträchtigung resultierte eine leichte bis mittelschwere Hirnfunktionsstörung. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) übernahm den Fall und kam für die Kosten der Heilbehandlung auf. Vom 22. September bis 9. Oktober 1987 hielt sich G. Z. in der Rehabilitationsklinik der SUVA in Bellikon auf. Mit dem Einverständnis der Ärzte begab er sich in der Folge bis Anfang Februar 1988 nach Jugoslawien. Am 9. Februar 1988 wurde im Kantonsspital Chur eine Kranioplastik eingesetzt, anschliessend hielt sich G. Z. vom 1. März bis 10. Juni 1988 zur beruflichen Abklärung erneut in der Rehabilitationsklinik Bellikon auf. Am 29. August 1988 trat er eine Stelle in der Firma W. an, wo er zuerst halbtags und anschliessend während des ganzen Tages mit einer etwa hälftigen Leistung arbeitete. Mit Verfügung vom 11. August 1989 sprach ihm die SUVA ab 1. August 1989 eine Invalidenrente auf der Basis einer 40%igen Erwerbsunfähigkeit sowie eine Integritätsentschädigung von Fr. 28'560.-- aufgrund einer Integritätseinbusse von 35 Prozent zu. Am 6. Januar 1988 hatte sich G. Z. bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Die Invalidenversicherungs-Kommission zog die Akten der SUVA bei und holte einen Bericht des Dr. med. V. vom 12. Mai 1989 ein. Am 31. Januar 1989 liess sie die Notwendigkeit beruflicher Eingliederungsmassnahmen durch die Regionalstelle in Chur abklären, welche im Bericht vom 19. Mai 1989 zum Schluss kam, G. Z. sei in der Firma W. optimal eingegliedert. Mit Vorbescheid vom 27. November 1989 teilte die Invalidenversicherungs-Kommission G. Z. mit, dass die versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Zusprechung einer Invalidenrente nicht erfüllt seien, weil er sich im Zeitraum seit dem Unfall vom 22. August 1987 bis zum Eintritt der Invalidität am 1. August 1988 nicht ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten habe. Nachdem der Rechtsvertreter des G. Z. mit Eingabe vom 21. Dezember 1989 die gegenteilige Meinung vertreten hatte, unterbreitete die Ausgleichskasse des Kantons Graubünden die Akten dem Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zur Stellungnahme. Dieses äusserte sich in der Antwort vom 19. Februar 1990 im Sinne des Vorbescheids, worauf die BGE 119 V 98 S. 101 Ausgleichskasse das Rentenbegehren mit Verfügung vom 10. April 1990 abwies. B.- G. Z. liess Beschwerde einreichen mit dem Antrag, die angefochtene Verfügung sei aufzuheben und das Leistungsbegehren sei gutzuheissen, indem die Ausgleichskasse verpflichtet werde, die bis anhin nicht abgeklärten materiellen Leistungsvoraussetzungen zu prüfen. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden kam zum Schluss, dass G. Z. entgegen der Auffassung der Ausgleichskasse die versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Zusprechung einer Invalidenrente erfülle, weshalb die rentenausschliessende Verfügung vom 10. April 1990 aufzuheben sei. Dementsprechend hiess es die Beschwerde mit Entscheid vom 14. September 1990 gut. C.- Das BSV führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt die Aufhebung des kantonalen Entscheids und die Wiederherstellung der angefochtenen Verfügung. G. Z. lässt Nichteintreten, eventuell Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen; die Ausgleichskasse schliesst auf deren Gutheissung. Auf die Ausführungen im kantonalen Entscheid und in den Rechtsschriften wird - soweit erforderlich - in den Erwägungen eingegangen. D.- Am 19. Juni und 3. Juli 1991 hat der Instruktionsrichter eine Auskunft der Firma W. über das genaue Datum des Stellenantritts sowie eine Kopie des Kontoauszugs des G. Z. beigezogen, zu welchen Unterlagen die Parteien am 14. und 19. August 1991 Stellung genommen haben. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. (Beschwerdelegitimation; Eintretensfrage) 3. Streitig und zu prüfen ist, ob der Beschwerdegegner die versicherungsmässigen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente der schweizerischen Invalidenversicherung erfüllt. Gemäss Art. 2 des (im massgeblichen Zeitpunkt bei Eintritt des Versicherungsfalles anwendbar gewesenen und auch nach dem Zerfall des Staates Jugoslawien gültigen (Urteil B. vom 4. März 1992, publiziert in Pra 1993 Nr. 44 S. 148)) Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über Sozialversicherung vom 8. Juni 1962, in BGE 119 V 98 S. 102 Kraft seit 1. März 1964, sind die jugoslawischen Staatsangehörigen in bezug auf die Ansprüche gegenüber der schweizerischen Invalidenversicherung den Schweizer Bürgern gleichgestellt. Ein jugoslawischer Staatsangehöriger hat demgemäss dieselben versicherungsmässigen Voraussetzungen zu erfüllen wie ein Schweizer Bürger, damit ihm ein Anspruch auf eine Rente der schweizerischen Invalidenversicherung zusteht. Er muss somit im Sinne der schweizerischen Gesetzgebung invalid ( Art. 4, 28 und 29 IVG ) und bei Eintritt der Invalidität versichert sein ( Art. 6 IVG ). Für den Anspruch auf eine ordentliche Rente muss er zudem bei Eintritt der Invalidität während mindestens eines vollen Jahres Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung geleistet haben ( Art. 36 Abs. 1 IVG ). 4. a) Nach Art. 4 Abs. 1 UVG gilt als Invalidität die durch einen körperlichen oder geistigen Gesundheitsschaden als Folge von Geburtsgebrechen, Krankheit oder Unfall verursachte, voraussichtlich bleibende oder längere Zeit dauernde Erwerbsunfähigkeit. Die Invalidität gilt als eingetreten, sobald sie die für die Begründung des Anspruchs auf die jeweilige Leistung erforderliche Art und Schwere erreicht hat ( Art. 4 Abs. 2 IVG ). Im Falle einer Rente gilt die Invalidität in dem Zeitpunkt als eingetreten, in dem der Anspruch nach Art. 29 Abs. 1 IVG entsteht, d.h. wenn der Versicherte mindestens zu 40 Prozent bleibend erwerbsunfähig geworden ist (lit. a) oder während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 Prozent arbeitsunfähig gewesen war (lit. b). Bleibende Erwerbsunfähigkeit (Art. 29 Abs. 1 lit. a) ist dann anzunehmen, wenn ein weitgehend stabilisierter, im wesentlichen irreversibler Gesundheitsschaden vorliegt, welcher die Erwerbsfähigkeit des Versicherten voraussichtlich dauernd in rentenbegründendem Masse beeinträchtigen wird ( Art. 29 IVV ). Als relativ stabilisiert kann ein ausgesprochen labil gewesenes Leiden nur dann betrachtet werden, wenn sich sein Charakter deutlich in der Weise geändert hat, dass vorausgesehen werden kann, in absehbarer Zeit werde keine praktisch erhebliche Wandlung mehr erfolgen ( BGE 111 V 22 E. 2b mit Hinweisen; ZAK 1989 S. 264 E. 1). b) Gemäss Art. 6 Abs. 1 IVG haben Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung alle bei Eintritt der Invalidität versicherten Schweizer Bürger, Ausländer und Staatenlosen. Versichert nach Massgabe des IVG sind Personen, die gemäss den Art. 1 und 2 AHVG obligatorisch oder freiwillig versichert sind ( Art. 1 IVG ). Obligatorisch versichert nach AHVG sind unter anderem natürliche Personen, BGE 119 V 98 S. 103 die in der Schweiz ihren zivilrechtlichen Wohnsitz haben oder in der Schweiz eine Erwerbstätigkeit ausüben ( Art. 1 Abs. 1 lit. a und b AHVG ). Nach Art. 6 Abs. 2 IVG sind Ausländer und Staatenlose nur anspruchsberechtigt, solange sie ihren zivilrechtlichen Wohnsitz in der Schweiz haben und sofern sie bei Eintritt der Invalidität während mindestens 10 vollen Jahren Beiträge geleistet oder ununterbrochen während 15 Jahren in der Schweiz zivilrechtlichen Wohnsitz gehabt haben. Dieser innerstaatlichen Bestimmung gehen diejenigen der zwischenstaatlichen Vereinbarungen vor, welche die Schweiz mit ausländischen Staaten abgeschlossen hat, um die Rechtsstellung der beidseitigen Angehörigen in der Sozialversicherung zu regeln (vgl. BGE 111 V 202 E. 2b mit Hinweisen). Gemäss Art. 3 des schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommens haben jugoslawische Staatsangehörige Anspruch auf Leistungen der schweizerischen Invalidenversicherung, solange sie im Gebiet der Schweiz wohnen. Jugoslawische Staatsangehörige ohne Wohnsitz in der Schweiz, die ihre Erwerbstätigkeit in diesem Land infolge Unfall oder Krankheit aufgeben müssen und die bis zum Eintritt des Versicherungsfalles da bleiben, gelten für die Gewährung von Leistungen der Invalidenversicherung als nach der schweizerischen Gesetzgebung versichert. Sie haben weiterhin Beiträge an die Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung zu entrichten, als hätten sie Wohnsitz in der Schweiz (Art. 8 lit. f des Sozialversicherungsabkommens, eingefügt durch das Zusatzabkommen vom 9. Juli 1982, in Kraft seit 1. Januar 1984, zum schweizerisch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen). 5. a) Es steht nach der Aktenlage fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner durch die Folgen der am 22. August 1987 erlittenen Schädelverletzung in der Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist. Die als Unfallfolge eingetretene Hirnfunktionsstörung bewirkt nebst einer zeitweise depressiven Stimmungslage vor allem eine psychomotorische Verlangsamung und eine Herabsetzung der Reaktionsfähigkeit sowie des Konzentrationsvermögens; ferner sind Informationserfassungsspanne und Frischgedächtnis beeinträchtigt, und der Beschwerdegegner ist antriebsschwach und rasch ermüdbar (Bericht der Rehabilitationsklinik Bellikon vom 13. Juni 1988). Diese Hirnleistungsdefizite sind eindeutig labiler Art. Den verschiedenen Berichten der Klinik Bellikon lässt sich denn auch entnehmen, BGE 119 V 98 S. 104 dass der Zustand des Beschwerdegegners schwankend war. Während im Bericht vom 22. Oktober 1987 aufgrund des bisherigen Heilungsverlaufs eine weitere Zurückbildung der Hirnleistungsstörungen angenommen wurde und die neuropsychologische Untersuchung vom 15. Mai 1988 eine klare Verbesserung gegenüber den Testergebnissen vom März 1988 zeigte, ergab die Beurteilung vom 13. Juni 1988 eine allgemeine Verschlechterung des Zustandes seit Oktober 1987. Verwaltung und Vorinstanz haben daher zu Recht labiles pathologisches Geschehen angenommen und den Zeitpunkt des Invaliditätseintritts nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG festgelegt. Unbestritten ist, dass die Wartezeit gemäss dieser Bestimmung mit Eintritt der Verletzung durch den Verkehrsunfall am 22. August 1987 eröffnet wurde. Sie ist demnach am 21. August 1988 abgelaufen. Der Versicherungsfall in bezug auf die beantragte Invalidenrente ist an diesem Tag eingetreten. b) Zu prüfen ist vorab, ob der Beschwerdegegner am 21. August 1988 gestützt auf Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 IVG und Art. 1 Abs. 1 lit. a oder b AHVG nach innerstaatlichem Recht versichert war. Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 113 V 264 E. 2b festgestellt, dass bei Saisonarbeitern Wohnsitz in der Schweiz angenommen werden kann, wenn sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens in der Schweiz aufhalten und im Zeitpunkt des Versicherungsfalles die Voraussetzungen für die Umwandlung der Saisonbewilligung in eine ganzjährige Aufenthaltsbewilligung bereits erfüllen oder doch zu erfüllen im Begriffe sind. Wie sich aus der Auskunft der Fremdenpolizei des Kantons Graubünden vom 16. März 1988 ergibt, hielt sich der Beschwerdegegner von 1981 bis 1984 und in den Jahren 1986 und 1987 mit einer Saisonbewilligung in der Schweiz auf. In der Folge wurde ihm eine befristete Aufenthaltsbewilligung B als Patient ausgestellt, die am 22. August 1988 bis 31. August 1988, am 20. September 1988 bis 30. Juni 1989 und daraufhin bis 30. Juni 1990 verlängert wurde. Damit sind die Anforderungen für die Annahme des schweizerischen Wohnsitzes bei Saisonarbeitern gemäss der zitierten Rechtsprechung nicht erfüllt, weil der Beschwerdegegner bei Eintritt der Invalidität weder im Besitz einer Jahresbewilligung war noch die Voraussetzungen für die Umwandlung der Saisonbewilligung in eine Jahresbewilligung gemäss Art. 28 Abs. 1 der Verordnung über die Begrenzung der Zahl der Ausländer vom 6. Oktober 1986 (BVO; SR 823.21) erfüllte, wonach die Umwandlung möglich ist, wenn der Saisonnier sich in BGE 119 V 98 S. 105 den letzten vier aufeinanderfolgenden Jahren während insgesamt 36 Monaten ordnungsgemäss als Saisonnier zur Arbeit in der Schweiz aufgehalten hat (lit. a) oder wenn ein schwerwiegender persönlicher Härtefall vorliegt (lit. b). Sodann steht nach der Aktenlage fest, dass der Beschwerdegegner bei Eintritt des Versicherungsfalles am 21. August 1988 keine Erwerbstätigkeit ausübte, weil er aufgrund der verzögerten Arbeitsbewilligung die Stelle in der Firma W. erst am 29. August 1988 antreten konnte (Auskunft der Firma W. vom 26. Juni 1991). Nach innerstaatlichem Recht ist die Versicherteneigenschaft deshalb zu verneinen. c) Somit ist zu prüfen, ob der Beschwerdegegner gestützt auf Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens als in der schweizerischen Invalidenversicherung versichert gilt. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, ob der Beschwerdegegner trotz des von Mitte Oktober 1987 bis Anfang Februar 1988 dauernden Aufenthalts in Jugoslawien im Sinne der genannten Bestimmung bis zum Eintritt des Versicherungsfalles in der Schweiz geblieben ist. aa) Die Verwaltung hat dies unter Hinweis auf die Verwaltungsweisungen des BSV zum Abkommen mit Jugoslawien, enthalten in der Wegleitung über die Stellung der Ausländer und Staatenlosen (WAS), verneint. Gestützt auf Rz. 39.1 (in der seit 1990 gültigen Fassung), wonach die Anwesenheit jugoslawischer Staatsangehöriger in der Schweiz nicht als unterbrochen gilt, wenn sie die Schweiz bis zum Eintritt des Versicherungsfalles "nicht für länger als drei Monate verlassen", ist sie zum Schluss gekommen, dass der Beschwerdegegner, da er sich unbestrittenermassen während mehr als drei Monaten in Jugoslawien aufgehalten habe, nicht ununterbrochen in der Schweiz verblieben sei und damit den Versicherungsschutz gemäss Art. 8 lit. f des Abkommens verwirkt habe. bb) Die Vorinstanz hat die Verfügung unter anderem mit der Begründung aufgehoben, der unbestimmte Rechtsbegriff "da...bleiben" im schweizerisch-jugoslawischen Abkommen könne unbestrittenermassen nicht dahingehend ausgelegt werden, dass damit ein permanentes Verbleiben des Versicherungsnehmers in der Schweiz bis zum Invaliditätseintritt gefordert werde. Eine solch restriktive Auslegung wäre unverhältnismässig und widerspräche dem verfassungsmässigen Recht auf Bewegungsfreiheit. Sodann könne "mangels Einhaltung des Legalitätsprinzips" auch nicht gesagt werden, die nachträgliche verwaltungsinterne Präzisierung, wonach ausländische Staatsangehörige bei über dreimonatigem Auslandaufenthalt BGE 119 V 98 S. 106 automatisch ihrer Rentenansprüche verlustig gingen, habe vor deren gesetzlicher Verankerung für den einzelnen Rechtsunterworfenen rechtlich verbindliche Wirkung. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass diese nachträglich bestimmte Frist von drei Monaten nur um wenige Tage überschritten worden sei. Ferner habe G. Z. die von den Ärzten der SUVA erhaltenen Auskünfte in guten Treuen so verstehen dürfen, dass er die Zeit zwischen der Spitalentlassung am 9. Oktober 1987 und dem festgelegten Wiedereintritt ins Kantonsspital Chur am 8. Februar 1988 verbringen könne, wie und wo er den medizinisch indizierten Gesundungsprozess als am erfolgversprechendsten halte. Der Aufenthalt in Jugoslawien stehe somit dem Fortdauern des Versicherungsschutzes nicht entgegen. cc) Das BSV weist in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zunächst darauf hin, dass das in Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens enthaltene Erfordernis des Dableibens weder in der zitierten Bestimmung selbst noch sonstwo im Abkommen und in seinen Anhängen oder in den Materialien näher umschrieben werde. In der Praxis sei daher in jüngster Zeit für die Beantwortung der Frage nach der Erfüllung dieses Erfordernisses auf Ziff. 9 des Schlussprotokolls zum Abkommen zurückgegriffen worden. Im Sinne dieser Bestimmung gelte der ununterbrochene Aufenthalt auch dann als gewahrt, wenn ein jugoslawischer Staatsangehöriger die Schweiz im Kalenderjahr während weniger als drei Monaten verlasse. Für die Erfüllung der Versicherungsklausel gemäss Art. 8 lit. f des Abkommens habe dies in analoger Anwendung zur Folge, dass die erforderliche Aufenthaltsdauer in der Schweiz dann nicht unterbrochen sei, wenn der Versicherte während der gesamten einjährigen Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG nicht mehr als drei Monate im Ausland verbringe. Im vorliegenden Fall sei unbestritten, dass G. Z. zwischen Mitte Oktober 1987 und Anfang Februar 1988 die Schweiz während mehr als drei Monaten verlassen habe, so dass er bei Eintritt der Invalidität im August 1988 die versicherungsmässigen Voraussetzungen gemäss Art. 8 lit. f des Abkommens für die Gewährung einer Invalidenrente nicht erfüllt habe. Auch das Argument des Beschwerdegegners, nach Abschluss der ärztlichen Behandlung sei ihm von den Organen der SUVA die Rückkehr nach Jugoslawien nahegelegt worden, führe zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz könne aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nichts zugunsten des Beschwerdegegners abgeleitet werden. Die Organe der SUVA, insbesondere BGE 119 V 98 S. 107 die Ärzte der Rehabilitationsklinik, hätten keine Kompetenz, über allfällige invalidenversicherungsrechtliche Ansprüche zu befinden. Die Entscheidung der Rehabilitationsklinik habe denn auch lediglich darin bestanden, dass dem Beschwerdegegner die Möglichkeit gewährt worden sei, seinem Wunsch entsprechend die Heilbehandlung in Jugoslawien fortzusetzen. Zudem sei der Beschwerdegegner im Zeitpunkt der Ausreise nach Jugoslawien bei der Invalidenversicherung noch nicht angemeldet gewesen. Von einer Behördenhandlung oder einem Fehlverhalten der Verwaltung in der konkreten Situation könne daher keine Rede sein, so dass die Voraussetzungen für eine vom materiellen Recht abweichende Behandlung aufgrund des Vertrauensschutzes nicht erfüllt seien. 6. a) Die Auslegung eines Staatsvertrages hat in erster Linie vom Vertragstext auszugehen. Erscheint dieser klar und ist seine Bedeutung, wie sie sich aus dem gewöhnlichen Sprachgebrauch sowie aus Gegenstand und Zweck des Übereinkommens ergibt, nicht offensichtlich sinnwidrig, so kommt eine über den Wortlaut hinausgehende ausdehnende bzw. einschränkende Auslegung nur in Frage, wenn aus dem Zusammenhang oder der Entstehungsgeschichte mit Sicherheit auf eine vom Wortlaut abweichende Willenseinigung der Vertragsstaaten zu schliessen ist ( BGE 117 V 269 E. 3b mit Hinweisen). In diesem Rahmen waren nach der bisherigen Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts Wendungen und Begriffe, die in einem Sozialversicherungsabkommen Anwendung finden und für die Versicherungsleistungen einer schweizerischen Sozialversicherungseinrichtung massgeblich sind, stets direkt nach schweizerischem innerstaatlichen Recht auszulegen ( BGE 112 V 149 E. 2a, BGE 111 V 120 E. 1b). In BGE 117 V 268 hat das Eidg. Versicherungsgericht diese Rechtsprechung angesichts der am 6. Juni 1990 für die Schweiz in Kraft getretenen Wiener Konvention zum Vertragsrecht vom 23. Mai 1969 (SR 0.111; AS 1990 1112) relativiert. Danach ist nach Massgabe der in den Art. 31 bis 33 der Konvention festgelegten allgemeinen Grundsätze der Staatsvertragsauslegung in erster Linie nach der autonomen Bedeutung der Abkommensbestimmung zu suchen. Nur wenn ein Abkommen - im Lichte dieser Regeln ordnungsgemäss ausgelegt - eine bestimmte Frage weder ausdrücklich noch stillschweigend regelt, ist es angängig, subsidiär die Begriffe und Konzeptionen des anwendbaren Landesrechts zur Auslegung beizuziehen (Botschaft des Bundesrates über den Beitritt der Schweiz zur Wiener Konvention von 1969 über das Recht der Verträge, BBl 1989 BGE 119 V 98 S. 108 II 775 ff.; VPB 1989 (53) Nr. 54, S. 432; JACOT-GUILLARMOD, Strasbourg, Luxembourg, Lausanne et Lucerne: méthodes d'interprétation comparées de la règle internationale conventionnelle, in: Les règles d'interprétation. Principes communément admis par les juridictions, Fribourg 1989, S. 115 ff.; Spira, L'application du droit international de la sécurité sociale par le juge, in: Mélanges Berenstein, Lausanne 1989, S. 483 ff.). b) Bei völkerrechtlichen Verträgen und internationalen Beschlüssen sind die darin als authentisch bezeichneten Texte massgebend (Art. 9 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Gesetzessammlungen und das Bundesblatt (Publikationsgesetz) vom 21. März 1986). Im vorliegenden Fall ist somit zu prüfen, welche Bedeutung dem in Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens im französischen Originaltext enthaltenen Passus "qui y demeurent jusqu'à la réalisation du risque assuré" zukommt. Das BSV weist in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Recht darauf hin, dass der Ausdruck "demeurer" (dableiben) weder im Staatsvertrag selbst noch in den Materialien näher umschrieben ist. Er ist deshalb nach den vorstehend zitierten Regeln auszulegen. c) Mit dem Begriff "demeurer" (dableiben) kann klarerweise nicht der zivilrechtliche Wohnsitz gemeint sein, bezieht sich doch Art. 8 lit. f des Abkommens ausschliesslich auf jugoslawische Staatsangehörige "ohne Wohnsitz in der Schweiz". Dieser Ausdruck ist vielmehr im Sinne von "sich gewöhnlich aufhalten" (séjourner habituellement) zu verstehen, welche Umschreibung im internationalen Sozialversicherungsrecht wiederholt auch für den Begriff "wohnen" verwendet wird (vgl. z.B. Ziff. 2 des Schlussprotokolls zum Sozialversicherungsabkommen zwischen der Schweiz und Spanien vom 13. Oktober 1969). Als "gewöhnlicher Aufenthalt" gilt der Aufenthalt von einer gewissen Dauer am Ort, wo sich der "Schwerpunkt der Lebensverhältnisse" befindet (BGE BGE 112 V 166 E. 1a). Nach der Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts ist für den "gewöhnlichen Aufenthalt" der tatsächliche Aufenthalt in der Schweiz und der Wille, diesen Aufenthalt aufrechtzuerhalten, massgebend; zusätzlich dazu muss sich der Schwerpunkt aller Beziehungen in der Schweiz befinden (BGE BGE 112 V 166 E. 1a mit Hinweisen, vgl. auch BGE 115 V 448 E. 1b). Einen qualifizierten gewöhnlichen Aufenthalt in dem Sinne, dass nebst der Tatsächlichkeit des Aufenthaltes eine fremdenpolizeiliche Bewilligung vorausgesetzt wird, verlangt Art. 8 lit. f des schweizerisch-jugoslawischen Abkommens nicht ( BGE 118 V 86 E. 4c). BGE 119 V 98 S. 109 d) Art. 8 lit. f des Abkommens ist sodann in dem Sinne zu relativieren, dass grundsätzlich nicht ununterbrochenes Dableiben erforderlich ist. Wenn die Vertragsstaaten einen ununterbrochenen Aufenthalt hätten stipulieren wollen, so wäre dies - wie beispielsweise in Art. 7 lit. b des Abkommens ("de manière ininterrompue pendant 10 années entières au moins"; "ununterbrochen während mindestens zehn voller Jahre") - ausdrücklich festgehalten worden. Insbesondere kann kein ununterbrochenes Dableiben gemeint sein in dem Sinne, dass selbst ein kurzer Auslandaufenthalt, beispielsweise Ferien, der Besuch bei Verwandten oder die Teilnahme an Wahlen im Heimatland, einen anspruchshindernden Unterbruch bewirkt. Eine solche Einschränkung wäre sowohl - wie die Vorinstanz zutreffend festgestellt hat - mit dem ungeschriebenen Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit, das unter anderem auch die Bewegungsfreiheit garantiert ( BGE 117 Ia 30 E. 5a), als auch mit Art. 8 Abs. 1 EMRK , der jedermann den Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens gibt, unvereinbar. Es stellt sich daher einzig die Frage, welche Unterbrechungen die Abkommensklausel zulässt. Auch diesbezüglich enthält der Vertragstext keine Regelung und ist somit auslegungsbedürftig. Dabei ist einerseits zu beachten, dass Art. 8 lit. f des Abkommens die Besserstellung jener jugoslawischen Staatsangehörigen bezweckt, die wegen ihres fremdenpolizeilichen Status vorläufig oder während ihres gesamten Aufenthalts in der Schweiz keinen Wohnsitz begründen können ( BGE 113 V 266 f.). Mit der Einführung dieser Bestimmung sollten jugoslawische Staatsangehörige ohne Wohnsitz in der Schweiz ihren Landsleuten möglichst gleichgestellt werden, welche kraft schweizerischen Wohnsitzes hier versichert sind. Anderseits kann es weder der Zielsetzung des Abkommens entsprechen, noch lässt es sich mit dem Erfordernis des gewöhnlichen Aufenthalts vereinbaren, dass das Dableiben bis zum Eintritt des Versicherungsfalles beliebig unterbrochen werden darf. Vielmehr setzt die Beibehaltung der Versicherteneigenschaft gestützt auf Art. 8 lit. f des Abkommens voraus, dass der Aufenthalt in der Schweiz keine wesentliche Unterbrechung erfährt. e) Für die Prüfung der Frage, wann noch keine wesentliche Unterbrechung vorliegt, kann jedoch - entgegen der Auffassung des BSV - nicht ohne weiteres auf Art. 9 des Schlussprotokolls abgestellt werden mit der Folge, dass mit jedem Auslandaufenthalt von mehr als drei Monaten die Versicherteneigenschaft erlischt. Diese Bestimmung bezieht sich auf die Gewährung ausserordentlicher Renten BGE 119 V 98 S. 110 und umschreibt die Voraussetzungen, unter denen das Erfordernis des ununterbrochenen Aufenthalts in der Schweiz erfüllt ist. Art. 8 lit. f des Abkommens fordert jedoch - wie oben dargelegt - keinen ununterbrochenen Aufenthalt. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass sich der Saisonnier gemäss Art. 16 Abs. 1 BVO im Kalenderjahr insgesamt mindestens drei Monate im Ausland aufhalten muss. Es geht somit auch aus diesem Grund nicht an, bei Saisonniers, die sich von Gesetzes wegen höchstens neun Monate im Jahr in der Schweiz aufhalten dürfen, nur einen Auslandaufenthalt von nicht mehr als drei Monaten als nicht versicherungsunterbrechend zu betrachten. In diesem Sinne kann Art. 9 des Schlussprotokolls lediglich Leitlinienfunktion zuerkannt werden. Das Erfordernis des Dableibens gemäss Art. 8 lit. f des Abkommens gilt in der Regel dann als erfüllt, wenn sich die Unterbrechung des gewöhnlichen Aufenthaltes in der Schweiz im Rahmen von drei Monaten hält oder wenn sie diese Zeitspanne höchstens unwesentlich überschreitet. Dabei ist jedoch davon abzusehen, die zulässige Dauer der Auslandabwesenheit mit dem Kalenderjahr zu verknüpfen. Eine solche Regelung würde - je nach Unfalldatum oder Ausbruch der Krankheit - zum stossenden Ergebnis führen, dass im einen Fall ein Auslandaufenthalt von rund sechs Monaten möglich wäre, ohne dass der Ansprecher den Versicherungsschutz verliert, im andern Fall jedoch eine wesentlich kürzere Abwesenheit die Versicherteneigenschaft zum Erlöschen bringt. Ausnahmsweise ist eine längerdauernde Toleranzfrist zuzubilligen, wenn die Auslandabwesenheit mit dem krankheits- oder unfallbedingten Gesundheitsschaden, der zur Einstellung der Erwerbstätigkeit geführt hat, in direktem Zusammenhang steht. Dies trifft beispielsweise zu, wenn der Leistungsansprecher nach einem Spitalaufenthalt auf eine weitere Hospitalisation warten muss, und die Ärzte gegen eine vorübergehende Rückkehr in das Heimatland aus medizinischen Gründen nichts einzuwenden haben. Als Ausnahmetatbestand vorbehalten bleiben ferner besondere Umstände zwingender Art wie höhere Gewalt oder ein medizinisch indizierter Auslandaufenthalt von wesentlich mehr als drei Monaten, unabhängig davon, ob dieser mit dem Gesundheitsschaden, der die Erwerbsaufgabe ausgelöst hat, zusammenhängt oder nicht (vgl. dazu BGE 111 V 183 E. 4e, BGE 110 V 282 E. 2c; ZAK 1992 S. 39 E. 2a). 7. Für den vorliegenden Fall ergibt sich somit, dass der Aufenthalt des Beschwerdegegners in Jugoslawien vom 15. Oktober 1987 bis Anfang Februar 1988 das Dableiben gemäss Art. 8 lit. f des Abkommens nicht in dem Sinne unterbrochen hat, dass der Beschwerdegegner BGE 119 V 98 S. 111 deshalb die Versicherteneigenschaft verloren hätte. Einerseits wurde die Dauer von drei Monaten nicht wesentlich überschritten und anderseits stand der Aufenthalt in der Heimat mit dem Unfall vom 22. August 1987 in direktem Zusammenhang, indem der Beschwerdegegner nach der Hospitalisation in der Rehabilitationsklinik Bellikon vom 22. September bis 9. Oktober 1987 auf die am 9. Februar 1988 vorgesehene Kranioplastik im Kantonsspital Chur warten musste. Dabei ist nach dem oben Gesagten nicht erforderlich, dass der Aufenthalt in Jugoslawien medizinisch zwingend indiziert war. Aus dem Bericht der Rehabilitationsklinik Bellikon vom 22. Oktober 1987 ergibt sich eindeutig, dass die Ärzte gegen eine vorübergehende Rückkehr nach Jugoslawien nichts einzuwenden hatten und dass ein mehrwöchiger Aufenthalt in der gewohnten Umgebung aus neuropsychologischer Sicht sogar empfohlen wurde (Bericht des Dr. phil. C. vom 28. September 1987). Da der Beschwerdegegner zudem bei Eintritt der Invalidität am 21. August 1988 während mehr als einem Jahr Beiträge an die schweizerische Sozialversicherung geleistet hatte, sind die versicherungsmässigen Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Invalidenrente auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 36 Abs. 1 IVG zu bejahen. Die Verwaltung wird daher die materiellen Voraussetzungen zu prüfen und anschliessend über den Rentenanspruch zu verfügen haben. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
9852b1f0-09dc-437d-9d73-fb194bb39518
Urteilskopf 127 III 26 5. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 17 octobre 2000 dans la cause ProLitteris contre la Ville de Genève (recours en réforme)
Regeste Urheberrecht; Entschädigungsanspruch; Ausnahme für Kataloge ( Art. 26 URG ). Zwingende Natur der Bestimmungen des URG (E. 4). Kein Entschädigungsanspruch für Kataloge temporärer Ausstellungen mit Werken, die dem Autor selbst oder Dritten gehören (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 127 III 26 S. 26 A.- a) ProLitteris est une société coopérative. Elle a pour but de percevoir, gérer et sauvegarder les intérêts des auteurs, éditeurs et autres détenteurs de droits portant sur des oeuvres littéraires, plastiques ou photographiques. Pour ce qui concerne la reproduction des oeuvres de l'art plastique et des images, elle a établi un tarif relatif à la perception des droits (document nommé: Tarif image, valable à partir du 1er janvier 1997). La Ville de Genève est une des 45 communes du canton de Genève. Son Département des affaires culturelles comporte une division des musées, dont relève le Musée d'art et d'histoire (ci-après: MAH); BGE 127 III 26 S. 27 celui-ci dispose d'un certain degré d'autonomie administrative pour sa gestion. b) Les 11 et 20 avril 1995, ProLitteris et le MAH ont signé une convention qui autorise le musée à "utiliser des oeuvres des arts plastiques et de la photographie protégées selon la loi fédérale du 9 octobre 1992 sur le droit d'auteur et les droits voisins (LDA; RS 231.1) aux oeuvres de la littérature et des arts (sic), et faisant partie du répertoire géré par ProLitteris, pour la confection de catalogues d'expositions et brochures (...)" (art. 1). L'art. 3 de la convention stipule que "pour l'autorisation concédée par ProLitteris selon chiffre 1, le Musée d'art et d'histoire doit verser les redevances mentionnées dans le tarif de reproduction; ProLitteris accorde au musée un rabais de 30%". Le Tarif image prévoit, à son art. 9, l'exception suivante: "Selon les dispositions de la LDA, des reproductions d'oeuvres plastiques divulguées peuvent être réalisées sans indemnisation dans les cas suivants: a) la reproduction d'une oeuvre plastique dans le catalogue de la collection d'un musée au sens de l'art. 26 LDA sous réserve que: - l'oeuvre se trouve dans une collection accessible au public et que - le catalogue soit édité par l'administration de la collection (...)." L'art. 26 LDA se lit ainsi: "Dans les catalogues édités par l'administration d'une collection accessible au public, il est licite de reproduire des oeuvres se trouvant dans cette collection; cette règle s'applique également à l'édition de catalogues d'expositions et de ventes aux enchères." B.- Le 9 août 1995, le MAH a transmis à ProLitteris une liste d'artistes et d'oeuvres devant figurer dans un catalogue relatif à une exposition prévue au Musée Rath, dénommée "1945, les figures de la liberté - Nouvelles expressions artistiques de l'immédiat après-guerre". Le 16 août 1995, ProLitteris a autorisé un tirage de 4000 exemplaires, sous diverses conditions, dont le paiement des droits d'auteur à réception de la facture à établir. Le 15 janvier 1996, Pro-Litteris a fait parvenir au MAH sa facture définitive pour le catalogue (frs 9'793 .45) ainsi qu'un rappel relatif à une facture antérieure impayée (frs 2'011.85). Par lettre du 7 mars 1996, le MAH a déclaré qu'il refusait de payer les montants qu'on lui réclamait en tant qu'ils concernaient les droits de reproduction dans les catalogues, acceptant de s'acquitter des droits de reproduction relatifs aux "posters" et dépliants. Le 27 juin 1997, la Ville de Genève a versé frs 5'063 à ProLitteris. BGE 127 III 26 S. 28 Après avoir en vain cherché à obtenir le recouvrement des sommes contestées par la voie des poursuites, ProLitteris a déposé une demande en paiement de frs 6'742, intérêts en sus, auprès de la Cour de justice du canton de Genève. La Ville de Genève s'est opposée à la demande. Reconventionnellement, elle a conclu à ce que la cour dise et constate que le MAH était dispensé du paiement de tout droit d'auteur pour ses catalogues d'expositions temporaires ou permanentes, ce en application des art. 26 et 61 LDA. Par arrêt du 18 février 2000, la Cour de justice a, sur demande principale, débouté ProLitteris de ses conclusions et, sur demande reconventionnelle, constaté que l'exception au droit d'auteur prévue par l'art. 26 LDA couvrait tous les catalogues d'expositions édités par le MAH, y compris les expositions temporaires, et ce quelle que soit la provenance des oeuvres reproduites. C.- ProLitteris recourt en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation de l'arrêt de la Cour de justice, à la constatation que l'exception au droit d'auteur prévue par l'art. 26 LDA ne couvre pas les catalogues d'exposition édités par le MAH lorsqu'il s'agit d'oeuvres n'appartenant pas à ses propres collections, mais réunies pour les besoins d'une exposition temporaire, et à la condamnation de la Ville de Genève à lui payer la somme de frs 11'805.30, plus intérêts, sous déduction d'un acompte de frs 5'063 La défenderesse conclut au rejet du recours et à la confirmation de l'arrêt attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 4. La cour cantonale est partie de la prémisse que les règles de la LDA étaient impératives. Cette affirmation doit être confirmée. En effet, il a été jugé que les sociétés de gestion des droits d'auteur ne sauraient faire valoir devant les tribunaux civils des prétentions à rémunération qui seraient incompatibles avec des prescriptions légales impératives, et qu'il était en particulier hors de question d'introduire un devoir de rémunération par le biais d'un tarif approuvé, pour des activités qui ne sont pas soumises à rémunération à teneur de la loi (SJ 1999 p. 353 consid. 4a). C'est donc à juste titre que la cour cantonale a posé que la LDA ne permet pas de dérogation tarifaire. C'est le lieu de relever que la Cour de justice a aussi considéré à bon droit que la convention signée par les parties en 1995 ne permettait BGE 127 III 26 S. 29 pas à la demanderesse d'obtenir gain de cause: si celle-ci ne peut pas appliquer le tarif praeter legem, a fortiori ne peut-elle pas faire valoir contractuellement des prétentions non autorisées par le Tarif image, qui doit respecter les impératifs de la LDA. Avec la cour cantonale, on retiendra que toute prestation conventionnelle supplémentaire est illicite et nulle ab initio au sens de l'art. 20 al. 1 CO. 5. Il convient maintenant de rechercher quelle est la juste interprétation de l'art. 26 LDA. a) L'art. 26 LDA a remplacé l'art. 30 ch. 2 de la LDA de 1922, qui avait la teneur suivante: en français: "Est licite: ... 2. la reproduction, dans les catalogues édités par l'administration d'une collection publique, d'oeuvres des arts figuratifs ou de la photographie, d'après des exemplaires se trouvant à demeure dans cette collection." (ROLF 1923 p. 74) en allemand: "Zulässig ist die Wiedergabe: ... 2. von Werken der bildenden Künste oder Photographie nach bleibend in einer öffentlichen Sammlung befindlichen Exemplaren, sofern die Wiedergabe in den von der Verwaltung der Sammlung herausgegebenen Katalogen erfolgt." (AS 1923 p. 72) en italien: "È lecita: ... 2. La riproduzione d'opere delle arti figurative o della fotografia fatta valendosi di esemplari che si trovano in una collezione pubblica, in quanto avvenga nei cataloghi editi dall'amministrazione di quella collezione." (RU 1923 p. 74) Alors que le premier projet de modification de la LDA, en 1984, prévoyait à son art. 35 que "Il est licite de reproduire, dans les catalogues édités par l'administration d'une collection accessible au public, des oeuvres de cette collection" (FF 1984 III 277), un nouveau projet, faisant l'objet du Message du 19 juin 1989, a prévu à son art. 25, sous la note marginale "Catalogues de musée", que "Dans les catalogues édités par l'administration d'une collection accessible au public, il est licite de reproduire des oeuvres se trouvant à demeure dans cette collection" (FF 1989 III 602). Le Message soulignait qu'à une petite restriction près cette disposition correspondait à l'art. 30 ch. 2 LDA, que seules les oeuvres se trouvant à demeure dans une collection accessible au public pourraient être reproduites dans un catalogue, et que les oeuvres prêtées n'étaient par conséquent pas visées par cet article (FF 1989 III 529). BGE 127 III 26 S. 30 Sur proposition de sa commission, le Conseil national a adopté une disposition ne contenant plus les mots "à demeure" et ajouté que "cette règle s'applique également à l'édition de catalogues de ventes aux enchères" (BO 1992 CN 43). Le Conseil des États a encore étendu cette solution aux catalogues de foires (BO 1992 CE 381). Et le Conseil national a adhéré à la décision du Conseil des États (BO 1992 CN 1181). Le texte définitivement adopté, et promulgué, est devenu l'art. 26 LDA avec la teneur suivante: en français: "Catalogues de musées, d'expositions et de ventes aux enchères Dans les catalogues édités par l'administration d'une collection accessible au public, il est licite de reproduire des oeuvres se trouvant dans cette collection; cette règle s'applique également à l'édition de catalogues d'expositions et de ventes aux enchères." en allemand: "Museums-, Messe- und Auktionskataloge Ein Werk, das sich in einer öffentlich zugänglichen Sammlung befindet, darf in einem von der Verwaltung der Sammlung herausgegebenen Katalog abgebildet werden; die gleiche Regelung gilt für die Herausgabe von Messe- und Auktionskatalogen." en italien: "Cataloghi di musei, di esposizioni e di vendite all'asta Nel catalogo pubblicato dall'amministrazione di una collezione accessibile al pubblico è lecito riprodurre opere che si trovano in tale collezione; questa regola si applica anche alla pubblicazione di cataloghi di esposizioni e di vendite all'asta." Seule la première phrase de la disposition concerne la présente cause; la seconde phrase qui se réfère aux catalogues d'expositions (ou de foires) et de ventes aux enchères ne touche pas notre espèce. b) L'art. 26 LDA, tel qu'adopté en 1992, se distingue de la disposition antérieure datant de 1922 et de l'avant-projet proposé en 1989 par la suppression des mots "à demeure" ("bleibend"; nota: dans la version italienne de 1922, l'expression correspondante "stabilmente" employée à l'al. 3 de la même disposition ou "in modo permanente" pour reprendre les termes utilisés dans l'avant-projet de 1989, avait été omise; rien ne permet de penser qu'il se serait agi d'autre chose que d'une inadvertance: l'exigence de permanence dans la législation de 1922 n'est pas contestée). Le texte légal prévoyant que la reproduction dans un catalogue n'était permise que BGE 127 III 26 S. 31 dans le cas d'oeuvres se trouvant de façon permanente dans une collection accessible au public a donc été remplacé par un texte ne contenant plus l'exigence de permanence. La suppression d'une exigence ou d'une condition d'application dans un texte légal signifie généralement que ladite exigence ou condition n'existe plus. L'analyse logique du texte clair de l'art. 26 LDA ne peut que conduire à retenir, avec la cour cantonale, que l'exception au principe de la perception d'un droit d'auteur n'est plus limitée aux catalogues relatifs à une collection permanente mais qu'elle peut s'étendre aux catalogues relatifs à une exposition temporaire comprenant des oeuvres propriété de l'exposé ou des oeuvres prêtées à cet effet. c) Cette interprétation est corroborée par la chronologie et le contenu des travaux parlementaires. C'est à la suite d'une proposition du conseiller Peter Hess que la commission du Conseil national, dans sa séance des 26-27 juin 1991, a supprimé l'exigence de la permanence ou demeure de la collection qui figurait dans le projet. Et c'est en toute conscience et connaissance de cause que la commission a adopté cette modification; son auteur avait précisé qu'il fallait corriger la restriction prévue par le droit antérieur afin de permettre aux oeuvres prêtées (Leihgaben) d'être reproduites dans les catalogues de musées, de manière à ce que ces biens artistiques puissent être connus d'un vaste public. La discussion et le vote qui ont suivi ont montré que cette opinion était suivie par la très grande majorité des commissaires. Le Conseiller fédéral Koller a même été jusqu'à souligner qu'avec le texte du projet du Conseil fédéral la Fondation Pierre Gianadda n'aurait pas la possibilité d'éditer des catalogues, parce qu'elle n'organise que des expositions ad hoc. Les débats parlementaires ont abouti à l'adoption pure et simple de la proposition de la commission du Conseil national modifiant la première phrase de ce qui allait devenir l'art. 26 LDA. L'interprétation historique confirme donc le bien-fondé de la solution retenue par la cour cantonale. d) Cette interprétation de l'art. 26 LDA est aussi celle de la doctrine, qui a constaté la disparition de la limitation de l'exception aux collections permanentes (REHBINDER, Urheberrechtsgesetz, n. 2 ad art. 26), et en a tiré les conséquences logiques: l'exception est étendue aux oeuvres prêtées, donc également à tout le domaine des expositions temporaires (BARRELET/EGLOFF, Le nouveau droit d'auteur, 2e éd., n. 2 ad art. 26 LDA; KAMEN TROLLER, BGE 127 III 26 S. 32 Manuel du droit suisse des biens immatériels, 2e éd., I, p. 542, note 129). e) Les arguments que la demanderesse oppose à cette solution sont vains: - rien ne permet de dire que les mots "collection" et "Sammlung" doivent se comprendre différemment l'un de l'autre, et que le terme "Sammlung", comme le soutient la demanderesse, vise une collection caractérisée par une unité thématique, "le simple fait de rassembler des objets de toutes parts, même en vue d'un but précis" ne pouvant "conférer une unité aux objets ainsi rassemblés et donc en faire une collection"; d'ailleurs, même si l'on voulait admettre une différence de définition, cela ne saurait porter atteinte à l'interprétation proposée; - la finalité de la loi n'est pas touchée par l'interprétation retenue, dès lors que, à côté de la protection des droits d'auteur, elle tend aussi à ne pas freiner exagérément la diffusion de la culture; - l'article 26 LDA, tel qu'interprété ici, n'est pas contraire à l'art. 9 al. 2 de la Convention de Berne pour la protection des oeuvres littéraires et artistiques, version de Paris du 24 juillet 1971 (RS 0.231.15), qui autorise les États à adopter une exception au droit d'auteur "dans certains cas spéciaux, pourvu qu'une telle reproduction ne porte pas atteinte à l'exploitation normale de l'oeuvre ni ne cause un préjudice injustifié aux intérêts légitimes de l'auteur"; l'exploitation normale de l'oeuvre n'est en rien atteinte par sa reproduction dans un catalogue de musée, dès lors que toutes les autres formes de reproduction, y compris par le musée, restent soumises au droit d'auteur (cf. DESSEMONTET, Le droit d'auteur, CEDIDAC 1999, p. 367-368, n. 500 à 502); - Enfin, le fait que plusieurs États européens, dans leurs législations, ne reconnaissent pas aux musées le droit de reproduire des oeuvres protégées dans leurs catalogues sans autorisation et sans payer de redevances, demeure sans effet sur le droit suisse, et en particulier sur l'interprétation de l'art. 26 LDA. En conclusion, l'arrêt attaqué donne une interprétation correcte de la LDA.
null
nan
fr
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CH_BGE_005
CH
Federation
9855ffca-9e12-4832-9d26-6fa9f0c1e78d
Urteilskopf 137 IV 269 39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen A., B. und C. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1B_77/2011 vom 15. Juli 2011
Regeste a Art. 82 lit. a, Art. 83 lit. e und Art. 89 Abs. 1 BGG ; Verfahren betreffend die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern und Beamten, Rechtsnatur, bundesgerichtliches Rechtsmittel, Ausschlussgrund, Beschwerdelegitimation des Kantons. Das Ermächtigungs- stellt ein Verwaltungsverfahren dar. Daher ist insoweit grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegeben (E. 1.3.1). Der Ausschlussgrund nach Art. 83 lit. e BGG kommt bei kantonalen Staatsbediensteten, welche nicht Mitglieder der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden sind, nicht zur Anwendung (E. 1.3.2). Allgemeine Beschwerdebefugnis des Kantons nach Art. 89 Abs. 1 BGG bejaht, da sich der angefochtene Entscheid nachteilig auf das Funktionieren staatlicher Organe auswirken konnte und der Kanton damit in einem wichtigen öffentlichen Interesse erheblich betroffen war (E. 1.4). Regeste b Art. 49 Abs. 1 BV , Art. 7 Abs. 2 lit. b und Art. 309 f. StPO, § 148 GOG/ZH und § 38 KRG/ZH; Zürcher Regelung der Ermächtigung zur Strafverfolgung, Bundesrechtskonformität. Die Kantone können auch eine richterliche Behörde als Ermächtigungsbehörde einsetzen (E. 2.2). Der Entscheid des Obergerichts nach § 148 GOG/ZH stellt in der Sache einen Ermächtigungsentscheid dar. Diese Bestimmung steht nicht in Widerspruch zur Schweizerischen Strafprozessordnung (E. 2.3). Ausser bei den Mitgliedern der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden dürfen beim Ermächtigungsentscheid keine politischen Gesichtspunkte berücksichtigt werden (E. 2.4). Die Kantone können die Strafverfolgung auch kommunaler Beamter von einer Ermächtigung abhängig machen (E. 2.7).
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 137 IV 269 S. 271 A. Am 9. Dezember 2010 erstattete D. bei der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl Strafanzeige gegen Polizeibeamte wegen einfacher Körperverletzung, eventuell Tätlichkeiten. Er machte geltend, die Polizeibeamten hätten ihn bei seiner Verhaftung am 18. August 2010 misshandelt. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl ermittelte in der Folge die Personalien der betroffenen Beamten. Mit Verfügung vom 5. Januar 2011 überwies die Leitende Staatsanwältin die Akten auf dem Dienstweg über die Oberstaatsanwaltschaft dem Obergericht des Kantons Zürich zum Entscheid über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Untersuchung gegen die Polizeibeamten wegen Amtsmissbrauchs etc.; dies mit dem Antrag, auf die Anzeige sei nicht einzutreten. B. Mit Beschluss vom 21. Januar 2011 trat das Obergericht (III. Strafkammer) auf das Gesuch um Eröffnung oder Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung nicht ein. Es befand, § 148 des Gesetzes vom 10. Mai 2010 des Kantons Zürich über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG/ZH; LS 211.1), wonach über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung gegen Beamte gemäss Art. 110 Abs. 3 StGB wegen im Amt begangener Verbrechen oder Vergehen das Obergericht entscheidet, widerspreche der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (StPO; SR 312.0) und sei damit nichtig ( Art. 49 Abs. 1 BV ). Gemäss Art. 309 f. StPO entscheide über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung die Staatsanwaltschaft. Auf Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO könne sich § 148 GOG/ZH nicht stützen. (...) C. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt in der gleichen Rechtsschrift Beschwerde in Strafsachen und subsidiäre Verfassungsbeschwerde mit dem Antrag, der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache an dieses zur Fällung des Ermächtigungsentscheids zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht nimmt die Eingabe als Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegen und heisst diese gut. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Die Beschwerdeführerin erhebt sowohl Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG als auch subsidiäre Verfassungsbeschwerde nach Art. 113 ff. BGG . BGE 137 IV 269 S. 272 Gemäss Art. 113 BGG beurteilt das Bundesgericht Verfassungsbeschwerden gegen Entscheide letzter kantonaler Instanzen, soweit keine Beschwerde nach den Artikeln 72-89 zulässig ist. Zu prüfen ist also zunächst, ob eine dieser Beschwerden gegeben ist. 1.2 Art. 72-89 BGG regeln die Beschwerde in Zivilsachen, in Strafsachen und in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Die Abgrenzung zwischen diesen Beschwerden ergibt sich grundsätzlich aus dem vom angefochtenen Entscheid betroffenen Rechtsgebiet. Je nachdem, ob der angefochtene Entscheid in einer Zivilsache, einer Strafsache oder einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit erging, ist die entsprechende Beschwerde zu ergreifen (Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4235). 1.3 1.3.1 Gemäss Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Art. 83 BGG regelt die Ausnahmen. Nach Art. 83 lit. e BGG ist die Beschwerde unzulässig gegen Entscheide über die Verweigerung der Ermächtigung zur Strafverfolgung von Behördenmitgliedern oder von Bundespersonal. Aus dieser Bestimmung ergibt sich, dass das Ermächtigungsverfahren als öffentlich-rechtliche Angelegenheit zu betrachten ist. Die Ermächtigung stellt eine Prozessvoraussetzung für das Strafverfahren dar (RIEDO/FIOLKA, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 73 zu Art. 7 StPO ). Sie wird aber in einem davon getrennten Verwaltungsverfahren erteilt (THOMAS HÄBERLI, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, S. 771 Fn. 157; ALAIN WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 71 zu Art. 83 BGG ). Erst nach der Ermächtigung kann das Strafverfahren durchgeführt werden. Das Ermächtigungsverfahren ist von diesem daher notwendig getrennt. 1.3.2 Der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. e BGG knüpft an aArt. 347 Abs. 2 lit. b StGB (in der Fassung von 2002) an. Danach konnten die Kantone die Strafverfolgung der Mitglieder lediglich ihrer obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden wegen Verbrechen oder Vergehen im Amt vom Vorentscheid einer nicht richterlichen Behörde abhängig machen. Der Grund für den Ausschluss der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten insoweit besteht darin, dass bei solchen Entscheiden politische Gesichtspunkte berücksichtigt werden dürfen. Die Entscheide eignen sich damit nur beschränkt für die gerichtliche Überprüfung. BGE 137 IV 269 S. 273 Mit dem Erlass von Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO wurde die Zulässigkeit eines Strafverfolgungsprivilegs auf alle Mitglieder kantonaler Vollziehungs- und Gerichtsbehörden ausgedehnt (vgl. RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 80 zu Art. 7 StPO ). Es bestehen keine Hinweise, dass damit eine Erweiterung des Ausschlusses der Beschwerde gemäss Art. 83 lit. e BGG auch auf kantonale Staatsbedienstete, welche nicht Mitglieder der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden sind, vorgenommen werden sollte. Dafür bestünde kein sachlicher Grund. Wie unten (E. 2.4) näher darzulegen ist, dürfen bei diesen Beamten politische Gesichtspunkte für den Ermächtigungsentscheid keine Rolle spielen. Dieser ist daher der gerichtlichen Überprüfung in jeder Hinsicht zugänglich, womit kein Grund besteht, die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auszuschliessen. Zu berücksichtigen ist überdies, dass gemäss Art. 15 Abs. 5 des Bundesgesetzes vom 14. März 1958 über die Verantwortlichkeit des Bundes sowie seiner Behördenmitglieder und Beamten (VG; SR 170. 32) bei Bundesbeamten gegen die Verweigerung der Ermächtigung durch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. Das unterstreicht die Justiziabilität solcher Entscheide. In der vorliegenden Sache geht es um die Ermächtigung zur Strafverfolgung von Stadtpolizisten. Diese gehören nicht den obersten kantonalen Vollziehungs- und Gerichtsbehörden an. Der Ausschlussgrund von Art. 83 lit. e BGG greift somit nicht. 1.4 Art. 89 BGG regelt die Beschwerdelegitimation. Absatz 1 umschreibt die allgemeine Beschwerdebefugnis. Absatz 2 enthält eine abschliessende Aufzählung besonderer Beschwerderechte. Ein besonderes Beschwerderecht nach Art. 89 Abs. 2 BGG besteht im vorliegenden Fall nicht. Es stellt sich somit die Frage, ob die allgemeine Beschwerdebefugnis nach Art. 89 Abs. 1 BGG gegeben sei. Danach ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer a) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat; b) durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und c) ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat. Art. 89 Abs. 1 BGG ist in erster Linie auf Privatpersonen zugeschnitten, doch kann sich auch das Gemeinwesen darauf stützen, falls es durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie ein Privater betroffen ist. Das Gemeinwesen kann auch in BGE 137 IV 269 S. 274 hoheitlichen Interessen derart berührt sein, dass ein schutzwürdiges Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG anzunehmen ist. Bei Eingriffen in spezifische eigene Sachanliegen bejaht die Rechtsprechung die Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens, wenn es in qualifizierter Weise betroffen ist. Dies ist dann anzunehmen, wenn ein Hoheitsakt wesentliche öffentliche Interessen in einem Politikbereich betrifft, der ihm zur Regelung zugewiesen wurde. Die Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens zur Durchsetzung hoheitlicher Anliegen setzt eine erhebliche Betroffenheit in wichtigen öffentlichen Interessen voraus. Gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG dürfen Gemeinwesen nur restriktiv zur Beschwerdeführung zugelassen werden. Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung genügt nicht ( BGE 136 II 383 E. 2.3 f. S. 385 f., BGE 136 II 274 E. 4.1 f. S. 278 ff.; je mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat die allgemeine Beschwerdebefugnisdes Gemeinwesens namentlich bejaht in Fällen, in denen einem Entscheid präjudizielle Bedeutung zukam ( BGE 135 II 12 E. 1.2.2 S. 15 f.; BGE 125 II 192 E. 2a/bb S. 195). Der Kanton ist hier durch den angefochtenen Entscheid nicht gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen. Wie das Bundesgericht in einem in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlichten Urteil (8C_1025/2009 vom 19. August 2010) erwogen hat, sind schutzwürdige Interessen des Kantons zu bejahen, wenn es um die Prüfung geht, ob einem kantonalen Gesetz zu Recht wegen Bundesrechtswidrigkeit die Anwendung versagt wurde (E. 3.3.4.2). Ob dies ausnahmslos zutrifft, kann hier dahingestellt bleiben. Ein schutzwürdiges Interesse ist jedenfalls unter den gegebenen Umständen zu bejahen. Der angefochtene Entscheid betrifft wesentliche öffentliche Interessen des Kantons in einem Bereich, der diesem gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO zur Regelung überlassen wurde. Die Vorinstanz ist der Auffassung, der Kanton habe diese Bestimmung mit § 148 GOG/ZH nicht rechtswirksam umgesetzt. Dies führt dazu, dass Beamte nicht nur im vorliegenden, sondern auch in einer Vielzahl von künftigen Fällen vor ungerechtfertigter Strafverfolgung entgegen der Absicht des kantonalen Gesetzgebers keinen besonderen Schutz geniessen. Dies kann sich nachteilig auf das Funktionieren staatlicher Organe auswirken. Das Interesse an einem funktionierenden Staatsapparat ist für das Gemeinwesen aber von zentraler Bedeutung und deshalb als schutzwürdig anzuerkennen. Die Beschwerdeberechtigung des Kantons ist somit zu bejahen. BGE 137 IV 269 S. 275 1.5 Gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG kann nur das Gemeinwesen als solches an das Bundesgericht gelangen, nicht eine einzelne Behörde oder ein Verwaltungszweig ohne eigene Rechtspersönlichkeit ( BGE 134 II 45 E. 2.2.3 S. 48 mit Hinweis). Gemäss § 107 Abs. 1 lit. a GOG/ZH vertritt die Oberstaatsanwaltschaft den Kanton in Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgericht. Es ist somit davon auszugehen, dass die Oberstaatsanwaltschaft hier in Vertretung des Kantons Beschwerde führt. 1.6 Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt und geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Beschwerde ist als solche in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten entgegenzunehmen. Die falsche Bezeichnung des Rechtsmittels schadet nicht ( BGE 133 II 396 E. 3.1 S. 399 mit Hinweis). Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde scheidet aus. 2. 2.1 Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO können die Kantone vorsehen, dass die Strafverfolgung der Mitglieder ihrer Vollziehungs- und Gerichtsbehörden wegen im Amt begangener Verbrechen oder Vergehen von der Ermächtigung einer nicht richterlichen Behörde abhängt. Diese Bestimmung bietet den Kantonen die Möglichkeit, die Strafverfolgung sämtlicher Mitglieder ihrer Vollziehungs- und Gerichtsbehörden von einer Ermächtigung abhängig zu machen (RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 77 ff. zu Art. 7 StPO ; WOLFGANG WOHLERS, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, N. 22 zu Art. 7 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, N. 9 zu Art. 7 StPO ). Als Vollziehungsbehörden gelten alle Organisationen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen (RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 83 zu Art. 7 StPO ). Die beschuldigten Polizeibeamten sind somit als Mitglieder von Vollziehungsbehörden anzusehen. 2.2 Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO spricht ausdrücklich von der Ermächtigung einer nicht richterlichen Behörde. Diese Kompetenz hat der Kanton Zürich in Bezug auf Mitglieder des Regierungsrats, des Obergerichts, des Verwaltungsgerichts und des Sozialversicherungsgerichts ausgeschöpft, indem in Bezug auf diese Personen nach § 38 Abs. 1 des Kantonsratsgesetzes vom 5. April 1981 (KRG/ZH; LS 171.1) die Eröffnung einer Strafuntersuchung für im Amt begangene Verbrechen oder Vergehen eine Ermächtigung des Kantonsrats voraussetzt. Dabei dürfen nach der Rechtsprechung im BGE 137 IV 269 S. 276 Ermächtigungsentscheid nicht nur strafrechtliche Gesichtspunkte, sondern auch politische bzw. staatspolitische Überlegungen berücksichtigt werden ( BGE 135 I 113 E. 1 S. 115 f. mit Hinweisen). In Bezug auf Beamte gemäss Art. 110 Abs. 3 StGB entscheidet nach § 148 GOG/ZH das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer Strafuntersuchung wegen im Amt begangener Verbrechen oder Vergehen. Vorbehalten bleibt die Zuständigkeit des Kantonsrats (vgl. § 38 Abs. 1 KRG/ZH). § 148 GOG/ZH wurde auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der StPO am 1. Januar 2011 erlassen. Aus der Weisung des Regierungsrats vom 1. Juli 2009 zur kantonalen Gesetzesvorlage (im Entwurf § 150 GOG/ZH) ergibt sich, dass für Beamte und staatliche Angestellte, die nicht zu den in § 38 Abs. 1 KRG/ZH genannten Personen gehören, eine richterliche Ermächtigungsbehörde vorgesehen werden sollte. Es gehe hier nur um die Prüfung des Anfangsverdachts nach rechtlichen Gesichtspunkten, nicht um einen Entscheid nach Opportunitätsgründen. Somit werde die Möglichkeit von Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO nicht vollständig ausgeschöpft (ABl/ZH 2009 1632). Es ist grundsätzlich zulässig, dass ein Kanton von den in Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO gewährten Gesetzgebungskompetenzen nur teilweise oder überhaupt keinen Gebrauch macht. Bei der Schaffung einer kantonalen Regelung hat er jedoch den bundesrechtlichen Anforderungen Rechnung zu tragen. In Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO wird ausdrücklich ein Ermächtigungsverfahren vor einer nicht richterlichen Behörde als zulässig bezeichnet. Damit wollte der Bundesgesetzgeber aber nicht ausschliessen, dass die Kantone richterliche Behörden zur Ermächtigung der Strafverfolgung einsetzen. Wenn es den Kantonen gestattet ist, nicht richterliche Ermächtigungsbehörden vorzusehen, muss es ihnen nach dem Grundsatz "in maiore minus" erst recht erlaubt sein, mit entsprechender Unabhängigkeit ausgestattete richterliche Behörden einzusetzen. Dass der eidgenössische Gesetzgeber mit Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO richterliche Ermächtigungsbehörden in den Kantonen ausschliessen wollte, kann umso weniger angenommen werden, als er im Bund teilweise selber solche eingesetzt hat ( Art. 11 Abs. 1 BGG ; Art. 50 Abs. 1 StBOG [SR 173.71]; Art. 12 Abs. 1 VGG [SR 173.32]; ebenso RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 95 zu Art. 7 StPO ). 2.3 Nach dem Wortlaut von § 148 Satz 1 GOG/ZH entscheidet das Obergericht über die Eröffnung oder Nichtanhandnahme einer BGE 137 IV 269 S. 277 Strafuntersuchung. In der Sache geht es dabei jedoch um eine Ermächtigung. Dies zeigt bereits der Vorbehalt nach § 148 Satz 2 GOG/ZH betreffend die Zuständigkeit des Kantonsrats. Gemeint ist damit dessen Zuständigkeit zum Ermächtigungsentscheid nach § 38 KRG/ZH. § 148 GOG/ZH stellt somit den Entscheid des Obergerichts jenem des Kantonsrats insoweit gleich. § 148 GOG/ZH verfolgt sodann denselben Zweck wie § 38 KRG/ZH. Auch mit § 148 GOG/ZH sollen Staatsbedienstete vor mutwilliger Strafverfolgung geschützt werden. Das Strafverfahren soll daher erst durchgeführt werden können, wenn eine (höhere) Behörde vorher ihre Zustimmung dazu erteilt hat. Alsdann kann die Staatsanwaltschaft die Untersuchung eröffnen. Der förmliche Entscheid über die Eröffnung oder die Nichtanhandnahme obliegt kraft ausdrücklicher bundesrechtlicher Regelung ( Art. 309 und 310 StPO ) in jedem Fall ihr, auch wenn § 148 GOG/ZH missverständlich die gleichen Begriffe verwendet. § 148 GOG/ZH kann sich demnach auf Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO stützen. Wenn die Vorinstanz vom Gegenteil ausgeht, verkennt sie die Tragweite dieser Bestimmung. 2.4 Klarzustellen ist Folgendes: Wenn der Regierungsrat in der Weisung vom 1. Juli 2009 (ABl/ZH 2009 1632) ausführt, bei § 148 GOG/ZH gehe es um einen Entscheid nach rechtlichen Gesichtspunkten und nicht um einen solchen nach Opportunitätsgründen, so ergibt sich dies aus einer verfassungskonformen Auslegung von Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO . In BGE 135 I 113 wurde erwogen, dass beim Ermächtigungsentscheid nicht nur strafrechtliche, sondern auch politische Überlegungen berücksichtigt werden dürfen (E. 1 S. 115 f.). Doch ging es beim damals anwendbaren aArt. 347 Abs. 2 lit. b StGB, wie oben (E. 1.3.2) dargelegt, um die Strafverfolgung der Mitglieder der obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden. Bei diesen mag es triftige Gründe geben, auch ausserstrafrechtliche Gesichtspunkte zu berücksichtigen, nicht aber beim übrigen Staatspersonal. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es die Staatsräson gebieten soll, auch bei diesem Opportunität walten zu lassen. Dies wäre mit dem Gebot der Rechtsgleichheit ( Art. 8 Abs. 1 BV ) unvereinbar und stünde zudem in Widerspruch zum für Bundesbeamte geltenden Regime, wonach die Ermächtigung nur in leichten Fällen und sofern die Tat nach allen Umständen durch eine disziplinarische Massnahme des Fehlbaren als genügend geahndet erscheint, verweigert werden darf ( Art. 15 Abs. 3 VG [SR 170.32]). Nach verfassungskonformer Auslegung von Art. 7 BGE 137 IV 269 S. 278 Abs. 2 lit. b StPO dürfen demnach in Ermächtigungsverfahren - ausser bei obersten Vollziehungs- und Gerichtsbehörden - nur strafrechtliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden (vgl. NICCOLÒ RASELLI, Die Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen Mitglieder der obersten kantonalen Behörden, in: Aktuelle Probleme der Kriminalitätsbekämpfung, 1992, S. 148 f.). 2.5 Die Vorinstanz scheint davon auszugehen, von einem Ermächtigungsentscheid könne nur gesprochen werden, wenn die zuständige Behörde auch politischen Gesichtspunkten Rechnung tragen könne. Dem kann nicht gefolgt werden. Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO sagt nicht, nach welchen Kriterien die kantonale Behörde über die Ermächtigung zu befinden hat. Berücksichtigt die kantonale Behörde keine politischen Gesichtspunkte bzw. darf sie das nicht, ändert dies an der rechtlichen Natur ihres Entscheids nichts. So bleiben etwa Entscheide des Zürcher Kantonsrats nach § 38 KRG/ZH auch dann Ermächtigungsentscheide, wenn er keine politischen Gesichtspunkte berücksichtigt. 2.6 Die Vorinstanz verweist darauf, § 148 GOG/ZH enthalte keine Bestimmungen über den Ablauf des Verfahrens, obwohl ein kantonales Ermächtigungsverfahren gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO dem kantonalen Verwaltungsrecht und nicht dem Strafprozessrecht unterstehe. Dem ist entgegenzuhalten, dass auch § 38 Abs. 2-5 KRG/ZH - wie das Bundesgericht ( BGE 135 I 113 E. 1 S. 115) bereits dargelegt hat - das Verfahren nur höchst rudimentär regelt. Gleichwohl handelt es sich dabei um ein auf Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO gestütztes Ermächtigungsverfahren. Zur ausführlichen Regelung des Verfahrens vor Obergericht hatte der kantonale Gesetzgeber im Übrigen keinen zwingenden Grund. Gemäss § 38 Abs. 1 GOG/ZH bildet das Obergericht zur Behandlung der einzelnen Rechtsstreitigkeiten Kammern. § 39 Abs. 1 GOG/ZH regelt deren Besetzung. Im Übrigen richtet sich das Ermächtigungsverfahren nach den allgemeinen Grundsätzen der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention. So haben die Beteiligten insbesondere Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV ( BGE 135 I 113 E. 2.2 f. S. 118; RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 99 zu Art. 7 StPO ; SCHMID, a.a.O., N. 11 zu Art. 7 StPO ). 2.7 2.7.1 Fragen kann man sich höchstens, ob der angefochtene Entscheid im Ergebnis bundesrechtskonform sei, weil es sich bei den Polizeibeamten um solche der Stadtpolizei und damit um Beamte BGE 137 IV 269 S. 279 der Gemeinde handelt (vgl. § 1 ff. des Polizeiorganisationsgesetzes vom 29. November 2004 des Kantons Zürich [POG/ZH; LS 551.1]).Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO können die Kantone vorsehen, dass die Strafverfolgung der Mitglieder ihrer Vollziehungs- und Gerichtsbehörden von einer Ermächtigung abhängt. Im Schrifttum wird die Auffassung vertreten, erfasst seien damit ausschliesslich Mitglieder kantonaler Behörden. Die Strafverfolgung von Mitgliedern kommunaler Behörden dürfe daher nicht von einer Ermächtigung abhängig gemacht werden (RIEDO/FIOLKA, a.a.O., N. 81 zu Art. 7 StPO ; ROBERT ROTH, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 29 zu Art. 7 StPO ; PETER GOLDSCHMID UND ANDERE, Kommentierte Textausgabe zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2008, S. 7; TRECHSEL/LIEBER, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 5 zu Art. 347 StGB ; tendenziell ebenso SCHMID, a.a.O., N. 9 zu Art. 7 StPO ). Wie es sich damit verhält, hat das Bundesgericht in BGE 120 IV 78 - der die insoweit mit Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO identische frühere Bestimmung des Strafgesetzbuches betraf - offengelassen (E. 1a S. 81). 2.7.2 § 148 GOG/ZH sieht den Entscheid des Obergerichts nicht nur bei Beamten des Kantons, sondern bei Beamten schlechthin und damit auch bei solchen der Gemeinde vor. Dies ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden. Dass es den Kantonen gestattet sein muss, auf eine Differenzierung zwischen Beamten des Kantons und der Gemeinde zu verzichten, zeigt gerade der vorliegende Fall. § 27 POG /ZH sieht gemeinsame Einsätze der Kantons- und der Stadtpolizei vor. Bei einer Festnahme kann es somit ohne Weiteres vorkommen, dass Beamte der Kantons- und der Stadtpolizei zusammenwirken. Es wäre ungereimt und auch für die betroffenen Polizeibeamten nicht nachvollziehbar, wenn das Ermächtigungserfordernis - im gleichen Verfahren - nur bei den Kantons-, nicht aber bei den Stadtpolizisten gelten würde. Bei beiden Kategorien besteht das Bedürfnis, die Beamten vor mutwilliger Strafverfolgung zu schützen. Zu berücksichtigen ist zudem Folgendes: Gemäss Art. 7 Abs. 2 lit. b StPO dürfen die Kantone nach der klaren Entscheidung des Gesetzgebers die Strafverfolgung auch ihrer niederen Beamten vom Ermächtigungserfordernis abhängig machen. Damit kann es ihnen vernünftigerweise nicht verwehrt sein, das Ermächtigungserfordernis ebenso vorzusehen bei Beamten von Gemeinden wie insbesondere BGE 137 IV 269 S. 280 der Stadt Zürich, die gegebenenfalls eine viel höhere Stellung bekleiden und daher für das Funktionieren staatlicher Organe wichtiger sind. Es ist im Übrigen kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, einzig bei Gemeindebeamten die Möglichkeit des Ermächtigungserfordernisses auszuschliessen. Auch Gemeindebeamte tragen wesentlich zum guten Funktionieren der Staatstätigkeit bei und verdienen daher Schutz vor mutwilliger Strafverfolgung.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
985dfc12-e94c-4fbf-8fb7-072210a308b4
Urteilskopf 109 III 83 23. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 16. November 1983 i.S. X. (Rekurs)
Regeste Konkurs, der auf dem Gebiet des früheren Königreiches Württemberg eröffnet wurde; öffentliche Bekanntmachung und Durchführung in der Schweiz. 1. Die Übereinkunft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Krone Württemberg betreffend die Konkursverhältnisse und gleiche Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen in Konkursfällen vom 12. Dezember 1825/13. Mai 1826 stellt kantonales Recht dar (Bestätigung der Rechtsprechung); ob sie noch in Kraft sei und ob die Voraussetzungen der Anwendbarkeit im konkreten Fall erfüllt seien, beurteilt sich daher nicht nach Bundesrecht (E. 2 und 4). 2. Die Übereinkunft mit der Krone Württemberg ist nur hinsichtlich der Frage der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Konkurserkenntnisses anwendbar; die Wirkungen und das Verfahren eines gestützt auf die Übereinkunft auch in der Schweiz zu vollziehenden Konkurses richten sich nach den Art. 197 ff. SchKG . Es ist deshalb in der Schweiz eine eigene Konkursmasse zu bilden, zu verwalten und zu verwerten; erst ein nach abgeschlossener Verteilung allenfalls verbleibender Überschuss wäre der deutschen Konkursmasse zu überweisen (E. 3 und 6).
Sachverhalt ab Seite 84 BGE 109 III 83 S. 84 Nachdem das Amtsgericht Stuttgart über X. ein Anschlusskonkursverfahren eröffnet hatte, ersuchte es das Konkursamt Basel-Stadt, die Eröffnung des Konkurses im Kantonsblatt und im Schweizerischen Handelsamtsblatt öffentlich bekanntzumachen. Das Konkursamt erklärte sich bereit, dem Gesuch zu entsprechen, und unterbreitete dem Amtsgericht einen Publikationsentwurf, worin es den deutschen Konkursverwalter als für die Entgegennahme der Eingaben der Gläubiger und Schuldner zuständige Stelle bezeichnete. Eine von X. gegen die konkursamtliche Verfügung eingereichte Beschwerde wies die Aufsichtsbehörde über das Betreibungs- und Konkursamt des Kantons Basel-Stadt ab. Gegen den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde hat X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der konkursamtliche Entscheid, dem Rechtshilfegesuch des Amtsgerichtes Stuttgart stattzugeben, beruht auf der Übereinkunft zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Krone Württemberg betreffend die Konkursverhältnisse und gleiche Behandlung der beiderseitigen Staatsangehörigen in Konkursfällen vom 12. Dezember 1825/13. Mai 1826 (abgedruckt bei WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Taschenausgabe, 10. A., S. 704 ff.), der unter anderem auch der Kanton Basel-Stadt beigetreten ist. Gemäss Art. IV dieser Übereinkunft sollen alle beweglichen und unbeweglichen Güter eines Gemeinschuldners, auf welchem Staatsgebiet sich dieselben immer befinden mögen, in die allgemeine Konkursmasse fallen. BGE 109 III 83 S. 85 2. Der Rekurrent macht vorab geltend, die Übereinkunft mit der Krone Württemberg sei nicht mehr in Kraft. In BGE 104 III 69 f. E. 3 hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer festgehalten, die Übereinkunft sei als kantonaler Staatsvertrag zu qualifizieren. Der Rekurrent bringt nichts vor, was ein Abweichen von dieser Auffassung rechtfertigen würde. Ob die Übereinkunft noch gelte, ist nach dem Gesagten eine Frage des betreffenden kantonalen Rechts, die von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts nicht überprüft werden kann (vgl. Art. 43 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 81 OG ; Art. 79 Abs. 1 erster Satz OG). Es muss daher bei der vorinstanzlichen Feststellung, die Übereinkunft sei für den Kanton Basel-Stadt nach wie vor gültig, sein Bewenden haben. Im Schrifttum wird übrigens ebenfalls davon ausgegangen, die Übereinkunft stehe noch in Kraft (vgl. WALDER, a.a.O.; NUSSBAUM, Das internationale Konkursrecht der Schweiz, Diss. Bern 1980, S. 52 ff.; Botschaft des Bundesrates vom 10. November 1982 zum Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, BBl 1983 I S. 448; BÜRGI, in BlSchK 38/1974, S. 1 ff.; STAEHELIN, in Festgabe der schweizerischen Rechtsfakultäten zur Hundertjahrfeier des Bundesgerichts, S. 561; DAVID, in SJZ 69/1973, S. 84 ff., bes. S. 87; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, S. 294; BLASCHCZOK, in Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis 1983, S. 141 ff., bes. S. 143/III). 3. Nach Ansicht des Rekurrenten verstösst die Übereinkunft mit der Krone Württemberg gegen die in Art. 64 BV verankerte Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Gebiete des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. Soweit die Übereinkunft die Frage der Vollstreckbarkeit eines ausländischen Konkurserkenntnisses betrifft, ist dem nicht beizupflichten. In diesem Bereich hat der Bund keine allgemeingültigen Bestimmungen erlassen, und ein eidgenössischer Staatsvertrag, der den zur Beurteilung stehenden Sachverhalt regeln würde, fehlt. Bei dieser Sachlage bleibt die Zuständigkeit der Kantone vorbehalten (vgl. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, N. 636, 641, 676 (S. 258) und 706; NUSSBAUM, a.a.O., S. 42 und Anmerkung 11). Art. 64 BV steht der Vollstreckbarerklärung eines auf dem Gebiet des früheren Königreiches Württemberg ergangenen Konkurserkenntnisses durch eine kantonale Instanz somit nicht entgegen. 4. Der Rekurrent beanstandet des weitern, dass die Vorinstanz die Übereinkunft als anwendbar erklärt habe, obschon die BGE 109 III 83 S. 86 in Art. I festgehaltenen Voraussetzungen betreffend den Wohnsitz nicht erfüllt gewesen seien; als der Konkurs durch den rechtskräftig gewordenen Entscheid vom 16. November 1982 in Stuttgart eröffnet worden sei, habe er nämlich nicht mehr dort gewohnt... Wie bereits dargelegt, handelt es sich bei der Übereinkunft mit der Krone Württemberg um kantonales Recht, dessen Anwendung im Rekursverfahren gemäss den Art. 19 SchKG und 78 ff. OG nicht überprüft werden kann. Die Verletzung kantonalen Rechts wäre mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen gewesen. Das gleiche gilt sodann auch für die vom Rekurrenten geltend gemachten Mängel des Beweisverfahrens. Die Vorbringen des Rekurrenten betreffend seinen Wohnsitz sind deshalb nicht zu hören. ... 6. Mit dem Gesagten ist freilich noch nicht entschieden, nach welchem Recht der vollstreckbar erklärte Konkursentscheid zu vollziehen und wer für die Anordnung von Zwangsvollstreckungsmassnahmen in der Schweiz zuständig ist. Ob die Übereinkunft mit der Krone Württemberg Bestimmungen betreffend das für die Durchführung des Konkursverfahrens anwendbare Recht enthalte, mag dahingestellt bleiben. Solche Regeln hätten, da kantonales Recht, vor dem eidgenössischen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz ohnehin zurückzutreten, da dieses für Fälle der vorliegenden Art das Konkursrecht abschliessend regelt. Die Wirkungen und das Verfahren eines auch in der Schweiz zu vollziehenden ausländischen Konkurses richten sich deshalb nach den Art. 197 ff. SchKG . Andererseits ist zu beachten, dass ausländische Konkursorgane nicht befugt sind, in der Schweiz eigentliche Zwangsvollstreckungshandlungen vorzunehmen (vgl. BGE 94 III 95 ). Für den vorliegenden Fall erhellt aus dem Gesagten, dass - entgegen dem Publikationsentwurf des Konkursamtes Basel-Stadt ... - die Gläubiger ihre Ansprüche bei diesem Amt, und nicht bei der deutschen Konkursverwaltung, geltend zu machen haben werden und dass das gleiche für die Anmeldungen der Schuldner gilt. Sodann wird in der Schweiz - gestützt auf das schweizerische Recht - eine eigene Konkursmasse zu bilden, zu verwalten und zu verwerten sein. Ein nach abgeschlossener Verteilung allenfalls verbleibender Überschuss wäre der deutschen Konkursmasse zu überweisen (vgl. dazu den Entwurf für ein Bundesgesetz über das internationale Privatrecht, Art. 163 ff.; BBl 1983 I S. 512 f.). 7. Zusammengefasst ergibt sich, dass die Anträge des Rekurrenten - BGE 109 III 83 S. 87 soweit darauf einzutreten ist - teilweise gutzuheissen sind. Sodann ist das Konkursamt von Amtes wegen, d.h. in Anwendung von Art. 15 SchKG , im Sinne der vorstehenden Erwägungen anzuweisen, in der Schweiz einen Konkurs über den Rekurrenten durchzuführen und eine entsprechende Publikation anzuordnen.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
9861f069-8142-4a41-8b44-c046f019c603
Urteilskopf 104 Ia 328 51. Estratto della sentenza del 5 luglio 1978 nella causa Pasotti c. Morelli
Regeste Eigentumsgarantie; Tessiner Baurecht; Ausnützungsziffer; Anwendung auf in verschiedenen Bauzonen gelegene Grundstücke. 1. Ausnützungsziffern stellen im allgemeinen keinen schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie dar. Die Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts ist somit in solchen Fällen auf Willkür beschränkt (E. 4). 2. Begriff der Überbauungs- und Ausnützungsziffer. Das Tessiner Baurecht zieht beide in Rechnung (E. 5). 3. Liegen zwei benachbarte Grundstücke in verschiedenen Bauzonen, so ist es nicht willkürlich, bei der Ermittlung der anrechenbaren Landfläche des einen den nicht ausgeschöpften Teil der Ausnützungsziffer des andern Grundstücks nicht zu berücksichtigen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 329 BGE 104 Ia 328 S. 329 Umberto e Felice Pasotti sono proprietari nel Comune di Sementina di due fondi - part. 270 e 284 - confinanti fra di loro, ma situati in due zone diverse del piano delle zone (PZ) del piano regolatore comunale (PR). La part. 284 è sita nella zona RC 5 (residenziale-commerciale), per la quale valgono, secondo le norme integranti (NI) del PR, un indice di occupazione (I.o.) del 25% e un indice di sfruttamento (I.s.) di 0,75. Su questa particella già sorge uno stabile: questa costruzione non utilizza compiutamente le possibilità di edificazione del fondo risultanti dall'applicazione degli indici. La part. 270, di mq 1053, è invece sita nella zona R 3 (residenziale semi-intensiva). Per tale zona vigono un indice di occupazione del 30% ed un indice di sfruttamento dello 0,40. Questa particella è inedificata. Su di essa i proprietari intendono costruire uno stabile con cinque appartamenti, avente una superficie utile lorda di 563,70 mq. Riferito alla sola particella n. 270, detto stabile non rispetta, ma supera l'indice di sfruttamento dello 0,40. Per render possibile la costruzione, i fratelli Pasotti chiedevano di potersi avvalere di una frazione di 200 mq non sfruttati dell'attigua particella n. 284, idealmente aggiunti alla particella n. 270. Tenendo conto delle superficie e degli indici rispettivi nelle due zone, ne risulterebbe un indice ponderato medio dello 0,455, che il progettato stabile rispetterebbe. Il Municipio di Sementina riteneva il procedimento legittimo, ed accordava la licenza edilizia. Impugnata da un vicino, la licenza comunale era confermata dal Consiglio di Stato. L'Autorità di ricorso di prima istanza ha ritenuto che nulla osta ad un "trasferimento" di indici non utilizzati, anche se i due fondi sono siti in zone diverse. Il vicino si aggravava allora al Tribunale cantonale amministrativo. L'ultima istanza accoglieva il ricorso con decisione del 23 dicembre 1977, ed annullava la decisione del Consiglio di Stato confermante la licenza edilizia comunale. Il Tribunale amministrativo ha, in sostanza, ritenuto che un trasferimento delle possibilità edificatorie inutilizzate tra un fondo e l'altro è escluso, allorquando i fondi, ancorché contigui, sono situati in zone diverse, con indici diversi. I fratelli Pasotti sono insorti con ricorso di diritto pubblico, fondato sulla violazione degli art. 4 e 22ter Cost. , contro la BGE 104 Ia 328 S. 330 decisione del Tribunale cantonale amministrativo, chiedendone l'annullamento. Il Tribunale federale ha respinto il gravame per i seguenti motivi. Erwägungen Considerando in diritto: 1. (Questione di procedura.) 2. Il Tribunale amministrativo - dissentendo dal Consiglio di Stato - ha ritenuto inammissibile che il proprietario di due fondi contigui, ma siti in zone diverse, possa per l'edificazione di uno di essi avvalersi (in tutto o in parte) delle possibilità edificatorie inutilizzate dell'altro. L'ultima istanza cantonale si è fondata sulla legge edilizia cantonale del 10 febbraio 1973 (LE). Senza stabilire essa stessa le norme edilizie che i Comuni adottano in esercizio dei loro poteri autonomi, questa legge contiene, nell'intento di favorire un'applicazione uniforme sul piano cantonale, la definizione delle principali nozioni e dei principali parametri cui il legislatore edilizio comunale fa ricorso. Le nozioni ritenute nella LE si ispirano o addirittura assumono le direttive emanate dall'Istituto per la pianificazione locale, regionale e nazionale della Scuola politecnica federale di Zurigo (cosiddette direttive ORL). Il Tribunale amministrativo ha rilevato che la nozione di indice di sfruttamento è definita nell'art. 10 cpv. 1 LE quale il rapporto tra la superficie utile lorda dell'edificio e la superficie edificabile del fondo. Il primo termine del predetto rapporto numerico è definito dall'art. 11 cpv. 1 e 2 LE: esso non è controverso, non essendo contestato che la superficie utile lorda del progettato edificio è di 563.70 mq. La nozione di superficie edificabile, secondo termine di detto rapporto, è definita invece dall'art. 11, cpv. 3 LE, quale "la superficie non ancora sfruttata dei fondi o parte di fondi nella zona edilizia oggetto dell'istanza di costruzione". Il Tribunale amministrativo ne deduce che già il testo dell'art. 11 cpv. 3 indica che, per il calcolo della superficie edificabile, e quindi dell'indice di sfruttamento, può tenersi conto solo della superficie non sfruttata di particelle site nella stessa zona, non in zone diverse. Alla stessa conclusione conduce, secondo il Tribunale amministrativo, l'interpretazione teleologica della norma: le finalità perseguite dalla suddivisione del territorio comunale in zone chiaramente distinte quanto BGE 104 Ia 328 S. 331 alla loro utilizzazione urbanistica, alla natura degli insediamenti ed alla densità edificatoria sarebbero rese vane se si ammettesse l'opinione contraria. D'altronde - soggiunge il Tribunale amministrativo - la giurisprudenza del Tribunale federale ha già ammesso la legittimità della soluzione adottata. 3. Contro la decisione impugnata i ricorrenti adducono che l'interpretazione testuale dell'art. 11 cpv. 3 LE data dal Tribunale amministrativo è arbitraria. A parte ciò, essi sostengono che proprio le finalità addotte dall'istanza cantonale, impongono di giungere nell'interpretazione alla soluzione opposta. Da ultimo essi fanno valere che, così come interpretata dal Tribunale amministrativo, la norma lederebbe la garanzia della proprietà per violazione del principio costituzionale della proporzionalità. È quanto va esaminato nei considerandi seguenti. 4. Disposizioni concernenti l'indice di sfruttamento istituiscono restrizioni del diritto di proprietà garantito dall' art. 22ter Cost. La validità di simili disposizioni per rapporto alle esigenze poste dall'art. 22ter è esaminata dal Tribunale federale liberamente - se la restrizione è grave -, altrimenti sotto il ristretto angolo dell'arbitrio. A giusta ragione i ricorrenti postulano soltanto un esame ristretto all'arbitrio: coefficienti di sfruttamento, che si limitano a stabilire l'intensità dell'edificazione conforme alla natura ed agli scopi di una determinata zona del territorio edilizio, non istituiscono di regola ed in genere restrizioni gravi della proprietà. Ciò non avviene neppure nel caso concreto: a ragione i ricorrenti non pretendono infatti che l'applicazione dei coefficienti previsti dalla norma per le due zone RC 5 e R 3 ai loro due fondi ne impedirebbe una utilizzazione razionale. Contrariamente all'assunto dei ricorrenti, non può considerarsi arbitrario dedurre già dal testo dell'art. 11 cpv. 3 LE che la superficie edificabile entrante in considerazione può esser solo quella sita nella zona in cui si intende costruire, ad esclusione di quella sita fuori tale zona. I ricorrenti omettono di considerare che la legge non si limita a parlare di "zona edificabile" (da mettere in contrapposizione, secondo i ricorrenti, alla "zona non edificabile"), ma che essa specifica "nella zona edificabile oggetto dell'istanza di costruzione". Certo, si può convenire che l'apposizione "oggetto dell'istanza di costruzione" potrebbe anche esser riferita ai termini BGE 104 Ia 328 S. 332 "fondi o parte di fondi", anziché all'espressione "zona edificabile". Ma questa variante non implica che quella del Tribunale amministrativo sia inconciliabile col testo, e quindi arbitraria. Risulta d'altronde che il testo dell'art. 11, cpv. 3 LE riproduce esattamente il testo suggerito per la definizione di indice di sfruttamento delle già menzionate direttive ORL della Scuola Politecnica Federale di Zurigo, e precisamente il testo italiano di tali direttive (cfr. direttive, vol. II, fogli 514420-514422; inoltre: "Die Ausnützungsziffer"; "L'indice d'utilisation" - Schriftenreihe n. 17, agosto 1974, della VLP/Aspan, ed. tedesca, risp. francese, pag. 3). Ora, se differenze di testo si riscontrano fra la versione tedesca e quella francese di tali direttive, come appare dalla contrapposizione seguente: tedesco: Ermittlung der anrechenbaren Landfläche. Die anrechenbare Landfläche ist die Fläche der von der Baueingabe erfassten, baulich noch nicht ausgenützten Grundstücke oder Grundstückteile der Bauzone. francese: Détermination de la surface constructible du terrain. La surface constructible du terrain encore disponible à l'intérieur d'une zone à bâtir est la surface des terrains ou parties de terrain faisant l'objet du permis de construire. poiché il primo testo parla genericamente di "Grundstücke oder Grundstückteile der Bauzone", mentre il secondo parla di terreno ancora disponibile "à l'intérieur d'une zone à bâtir", la versione italiana: 1.2. Determinazione della superficie edificabile del fondo. Quale superficie edificabile del fondo si considera la superficie non ancora sfruttata dei fondi o parti di fondi nella zona edificabile oggetto dell'istanza di costruzione. appare piuttosto ispirata dal testo francese. Anche questo raffronto, quindi, può esser addotto a sostegno dell'interpretazione data dal Tribunale amministrativo, che pertanto, conciliabile senza arbitrio col testo, non può essere, sotto il profilo qui in esame, ritenuta insostenibile. Se l'interpretazione impugnata sia anche l'unica conciliabile col testo, non è richiesto, e quindi neppure da esaminare. 5. Ma anche l'interpretazione dell'art. 11 cpv. 3 LE che il BGE 104 Ia 328 S. 333 Tribunale amministrativo trae dalle finalità della legge sfugge alla critica dei ricorrenti, e questo persino a libero esame. Non è a ragione contestato che gli indici di sfruttamento stabiliti in un piano delle zone costituiscono un elemento essenziale di caratterizzazione e distinzione delle singole zone. L'indice di sfruttamento assunto non determina infatti soltanto la densità edificatoria della relativa zona, ma può, in un certo grado, influenzare la tipologia dell'insediamento edilizio. Tale influenza è notevole nel sistema ticinese, perché esso, accanto all'indice di sfruttamento ed in combinazione con questo, conosce anche l'indice di occupazione, ignorato in altre legislazioni cantonali e non menzionato nelle norme ORL (v. su tale nozione H. LANG: Hochhaus und Baurecht, tesi Zurigo 1977, pagg. 426/427). Mentre l'indice di sfruttamento, in sostanza, determina la cubatura massima dell'edificio erigibile sul fondo ma, preso in sé, non indica come tale cubatura debba disporsi, l'indice di occupazione, stabilendo un rapporto massimo tra area occupata e superficie libera del fondo, non solo determina un equilibrio tra spazi liberi e spazi edificati, ma, in combinazione con l'indice di sfruttamento, concorre a stabilire l'aspetto che le costruzioni debbono rivestire. È per esempio evidente che un uguale indice di occupazione del 25% ha tutt'altro significato se esso si combina con un indice di sfruttamento del 0,75 oppure con un indice di sfruttamento dello 0,40. Un mutamento degli indici di sfruttamento stabiliti nella legislazione, o la possibilità di interpolare indici intermedi fra gli indici esistenti, soprattutto se combinati, come nel sistema ticinese, con quelli di occupazione, conduce quindi necessariamente ad una modificazione delle caratteristiche delle singole zone. Tale sarebbe appunto il risultato, cui fatalmente condurrebbe il sistema preconizzato dai ricorrenti. a) Non è contestato in causa che due fondi contigui siti nella medesima zona possono esser riuniti (sia mediante un vero raggruppamento, sia a meri fini calcolatori) per la determinazione della costruzione su di essi erigibile. Un simile modo di procedere non implica infatti alcuna alterazione degli indici di sfruttamento e di occupazione che caratterizzano la zona. b) Argomentano i ricorrenti che - in caso di fondi confinanti fra di loro, ma posti in zone diverse (o, il che è identico, in BGE 104 Ia 328 S. 334 caso di un fondo unico, diviso da un confine di zona) - dovrebbe in linea di principio esser possibile tener conto, per la determinazione dell'edificabilità complessiva, del terreno non sfruttato da un lato e dall'altro del limite di zona. Apparentemente seducente, l'argomento è da respingere. Infatti, ammesso in linea di principio e applicato sistematicamente, il metodo preconizzato dai ricorrenti conduce ineluttabilmente all'introduzione nel piano, lungo la fascia di confine interzonale, di una serie indeterminata di nuovi indici di occupazione e di sfruttamento, non previsti dal legislatore. Questi indici risulterebbero dalla media ponderata degli indici esistenti di qua e di là del limite di zona, e varierebbero in funzione di una contingenza casuale, cioè della quantità di terreno edificabile posta da un lato e dall'altro del confine di zona e presa in considerazione nel singolo caso. Ciò equivarrebbe a creare, a cavallo del limite di zona, una sorta di zona intermedia irregolare, determinata da circostanze fortuite, e dipendente non più dalla volontà e dalle scelte pianificatorie del legislatore, ma dal beneplacito di taluni proprietari fondiari. Un simile risultato e palesemente incompatibile - come a giusta ragione ha ritenuto il Tribunale amministrativo - con le finalità di un'ordinata pianificazione (cfr. in senso conforme la sentenza del Tribunale amministrativo del Cantone Zurigo, riprodotta nel Schweizerische Zentralblatt für Staats- und Gemeinderecht, vol. 73 (1972) pagg. 395/396). c) Manifestamente a torto i ricorrenti asseverano che il rifiuto delle loro esigenze intralcerebbe la facoltà dei privati di procedere a raggruppamenti razionali delle loro proprietà. Intralciate non sono infatti le possibilità di raggruppamento, ma è impedita soltanto la variazione arbitraria degli indici e dei limiti di zona. d) Nemmeno è fondato l'argomento dei ricorrenti, per cui il sistema da loro preconizzato favorirebbe un passaggio graduale ed armonioso dall'una all'altra zona. A parte il fatto che una chiara e netta distinzione tipologica dell'insediamento edilizio è di regola auspicabile, il sistema ipotizzato nel ricorso non sarebbe neppur atto a raggiungere il fine ivi patrocinato. Esso anzi rischierebbe di condurre proprio all'esito contrario: alla coesistenza, cioè, nella fascia lungo il limite di zona, di una serie di edifici disparati. I ricorrenti, infatti, non avvertono che le dimensioni di questi stabili, secondo il loro sistema, non BGE 104 Ia 328 S. 335 dipenderebbero da indici di sfruttamento medi ma uniformi, ma da indici di sfruttamento medi e diversi l'uno dall'altro, perché variabili in funzione della casuale estensione del terreno da una parte e dall'altra del confine di zona, che dev'esser posta alla base del calcolo dell'indice medio ponderato in ogni singolo caso. e) Infine non si vede quale argomento i ricorrenti vogliano trarre dall' art. 19 del Regolamento di applicazione, il quale si limita a prescrivere che gli indici di occupazione e sfruttamento possono esser utilizzati una sola volta. Se tale articolo sottintende che, nella misura in cui non sono stati utilizzati, gli indici possono esser sfruttati ulteriormente per la porzione residua, esso non dice però che questa utilizzazione può avvenire fuori della zona, per la quale essi indici sono previsti. A favore della tesi dei ricorrenti sta unicamente un passo del Commentario alla legge edilizia di A. Scolari (ad art. 10-11, pag. 98, n. 22 e riferimenti). Questo autore, dopo aver ricordato che il Tribunale federale ( DTF 92 I 104 segg.) ha già ritenuto non arbitrario il rifiuto di utilizzazione mista degli indici di sfruttamento ai fondi confinanti ed appartenenti a due diverse zone, ma singolarmente edificabili rispettando gli indici e le altre prescrizioni di zona, esprime l'opinione che, tranne il caso di situazioni affatto particolari, l'adozione di principio di una norma o di un criterio simili sarebbe da ritenere inutilmente restrittiva e peccherebbe di eccessivo formalismo. Quest'opinione non può esser condivisa, per le ragioni che si sono illustrate sopra, e perché farebbe dell'eccezione la regola (cfr. DTF 92 I 106 , DTF 98 Ia 582 segg. consid. 4). Ora, i ricorrenti non pretendono che il rispetto degli indici di zona previsti per le due particelle renderebbe la loro utilizzazione impossibile o oltremodo gravosa, né fanno valere che sarebbero dati gli estremi per una autorizzazione derogativa. Pertanto, l'argomento per cui, negando la licenza, sarebbe violato il principio della proporzionalità, cade nel vuoto. Ne viene che il ricorso dev'esser respinto.
public_law
nan
it
1,978
CH_BGE
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CH
Federation
9870dde3-6c7e-4ac5-9215-be62fb74b667
Urteilskopf 103 Ib 350 56. Auszug aus dem Urteil vom 9. Dezember 1977 i.S. X. gegen Eidgenössische Bankenkommission
Regeste Art. 18 ff. BankG ; Revision der Jahresrechnung. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ( Art. 97 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ); Androhung des Entzugs der Anerkennung als bankengesetzliche Revisionsstelle und Missfallensäusserung hinsichtlich der Revision als Gegenstand einer Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG (E. 2). 2. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei Massnahmen der Bankenkommission (E. 5). 3. Befugnisse der Bankenkommission gegenüber der Revisionsstelle (E. 6). 4. Meldepflicht ( Art. 21 Abs. 4 BankG ) und Sorgfaltspflicht ( Art. 20 Abs. 4 BankG ) der Revisionsstelle (E. 7). 5. Voraussetzungen des Entzugs der Anerkennung als bankengesetzliche Revisionsstelle; Beurteilung der Weisungen der Bankenkommission im vorliegenden Fall (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 351 BGE 103 Ib 350 S. 351 X. ist bankengesetzliche Revisionsstelle (im Sinne von Art. 18 BankG ) einer schweizerischen Bank Y., gleichzeitig auch Kontrollstelle im Sinne von Art. 727 ff. OR . Mit Verfügung vom 3. Dezember 1976 (Ziff. 1 Abs. 1) drückte die schweizerische Bankenkommission gegenüber X. ihr Missfallen hinsichtlich der bankengesetzlichen Revision der Y. zum Geschäftsjahr 1974 aus. Der X. wird eine Verletzung der Meldepflicht gegenüber der Bankenkommission ( Art. 21 Abs. 4 BankG ) sowie der Sorgfaltspflicht nach Art. 20 BankG vorgeworfen. Die Bankenkommission beanstandet vor allem eine ungerechtfertigte Unterbrechung der Revisionsarbeiten im Sommer 1975, passives Verhalten im Falle von strafbaren Unregelmässigkeiten eines ehemaligen Direktors der Y., sowie die unsorgfältige Bewertung von Immobilien und Grundpfandrechten der Y. In der Verfügung der Bankenkommission (Ziff. 1 Abs. 2 und 4) wird X. sodann angewiesen, innert einer bestimmten Frist sein Inspektorat entsprechend dem Stand der Revisionsmandate auszubauen, unter Vorlage eines Ausbauprojektes (Ziff. 1 Abs. 3) und stufenweiser Realisierung bei Anstellung zusätzlicher Revisoren (Ziff. 1 Abs. 5). Schliesslich wird X. für den Fall der Nichtbefolgung der Weisungen der Entzug der Anerkennung als bankengesetzliche Revisionsstelle angedroht (Ziff. 1 Abs. 6); ferner Kenntnis von einer Strafanzeige zu Handen des eidgenössischen Finanzdepartements wegen Widerhandlung gegen das Bankengesetz gegeben (Ziff. 2). BGE 103 Ib 350 S. 352 X. erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Verfügung der Bankenkommission, die vom Bundesgericht abgewiesen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 5 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand die Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten und Pflichten sowie die Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder des Umfanges von Rechten und Pflichten haben, oder wenn es sich um die Abweisung solcher Begehren oder um Nichteintretensentscheide auf solche handelt. Abs. 2 nennt gewisse Verfügungsarten ausdrücklich; sie spielen im zu beurteilenden Zusammenhang keine Rolle. Von den in der angefochtenen Verfügung enthaltenen Anordnungen sind diejenigen nach Ziff. 1 Abs. 2, 3, 4 und 5 zweifellos Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwVG . Sie begründen Pflichten des X. Auf die Beschwerde gegen sie ist deshalb einzutreten. Ebenso zweifellos stellt die Anordnung in Ziff. 2 des Beschlusses keine anfechtbare Verfügung dar. Sie begründet keine Pflichten des X., ändert keine solchen ab und enthält auch keine Feststellung von solchen. X. anerkennt das selber. Da die Beschwerde Aufhebung der ganzen Verfügung schlechthin verlangt und damit auch von Ziff. 2 der Verfügung, ist auf die Beschwerde in diesem Punkte nicht einzutreten. In Ziff. 1 Abs. 1 drückt die Bankenkommission dem X. ihr Missfallen hinsichtlich der Revision der Y. aus, und im letzten Absatz dieser Ziffer wird ihm der Entzug der Anerkennung als bankengesetzliche Revisionsstelle angedroht, sofern er der Weisung zur Verstärkung des Revisorates nicht nachkomme. Die Androhung, im Weigerungsfalle werde der Entzug der Anerkennung als bankengesetzliche Revisionsstelle folgen, schafft an sich keine neuen Pflichten zu Lasten des Betroffenen und stellt auch keine solchen fest. Sie ist aber nicht bedeutungslos. In gewissen Fällen ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass der Entzug einer Bewilligung oder ähnlicher Berechtigungen oder einer Anerkennung nur nach vorangegangener Androhung erfolgen darf (so etwa im Fremdenpolizeirecht, BGE 103 Ib 350 S. 353 BGE 96 I 278 E. 7; Art. 23ter Abs. 2 und 3 BankG ). Die Androhung, der Entzug der Anerkennung werde bei Nichterfüllung gewisser Auflagen erfolgen, ist eine solche Mahnung. Hinsichtlich der Revisionsstelle nach BankG ist freilich eine derartig vorangehende Mahnung nicht vorgeschrieben. Dennoch erleichtert die vorausgegangene Mahnung oder Androhung den späteren Entzug einer Berechtigung, der sonst möglicherweise als unverhältnismässig erscheinen könnte. Sie verschlechtert daher die Rechtsstellung des Betroffenen, so dass dieser die Möglichkeit haben muss, sie anzufechten. Die Androhung ist deshalb, wenn sie von einer zuständigen Aufsichtsbehörde ausgeht, einer Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG gleichzustellen (GRISEL, Droit administratif suisse, 467; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Bd. I, Nr. 35 S. 219, lit. h; vgl. BGE 95 I 591 E. 6). Vorbehalten bleiben Fälle, in denen Verwarnungen und Androhungen innerhalb eines hierarchisch gegliederten Behördenorganismus ergehen. Hier ist die Androhung eines dienstlichen Nachteils in der Regel keine beschwerdefähige Verfügung (vgl. Art. 100 lit. e OG und Art. 3 lit. b VwVG ). Hinsichtlich der Missfallensäusserung erscheint es als fraglich, ob es sich dabei um eine Verfügung handelt. Sie hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Verweis. Der Verweis ist eine Verfügung, wenn er, wie zum Beispiel in Art. 31 Abs. 1 Ziff. 1 des Bundesgesetzes über das Dienstverhältnis der Bundesbeamten (vom 30. Juni 1927, SR 172.221.10), als Disziplinarstrafe ausgestaltet ist (wobei die Anfechtung durch Verwaltungsgerichtsbeschwerde im genannten Fall nach Art. 100 lit. e Ziff. 4 OG allerdings ausdrücklich ausgeschlossen wird). Der Bankenkommission kommt nun aber, wie diese in ihrer Vernehmlassung selbst anerkennt, keine Disziplinargewalt gegenüber den bankengesetzlichen Revisoraten zu. Es ist ihr daher zu glauben, dass sie mit der Missfallensäusserung keine disziplinarische Sanktion ausfällen wollte. Es ist aber nicht zu verkennen, dass die Missfallenskundgebung, ähnlich wie die Androhung einer Massnahme, die Rechtsstellung des Betroffenen aus den gleichen Gründen beeinträchtigt. Sie ist daher einer Verfügung im Sinne von Art. 23ter Abs. 1 BankG gleichzustellen (vgl. auch IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 55, S. 320, Ziff. II lit. a). Auf die Beschwerde ist somit einzutreten, soweit sie Ziff. 1 der Verfügung zum Gegenstand hat. BGE 103 Ib 350 S. 354 5. a) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann neben der Rüge, der Sachverhalt sei unrichtig oder unvollständig festgestellt worden, geltend gemacht werden, die angefochtene Verfügung verletze Bundesrecht; als Verletzung von Bundesrecht gelten auch der Missbrauch und die Überschreitung des Ermessens ( Art. 104 lit. a OG ). Dagegen ist dem Bundesgericht ausser bei den in Art. 104 lit. c OG genannten Fällen die Überprüfung von Ermessensentscheidungen der Verwaltung verwehrt, wenn sie nicht durch besondere gesetzliche Bestimmung vorgesehen ist. Das Bankengesetz dehnt die Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes jedoch nicht auf Ermessensfragen aus. b) Ob die Voraussetzungen für ein Einschreiten der Bankenkommission gegen Banken oder Revisionsstellen gegeben sind, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüft. Dabei muss es sich aber Zurückhaltung auferlegen bei der Beurteilung von ausgesprochenen Fachfragen, zu deren Beantwortung die Bankenkommission zufolge ihrer Zusammensetzung aus Sachverständigen besser imstande ist als das Bundesgericht. Insofern ist der Bankenkommission ein gewisser Beurteilungsspielraum in der Beurteilung des Einzelfalles zuzugestehen. c) Welche Massnahme im Einzelfall angezeigt ist, ist dagegen Ermessensfrage. Hier kommt der Bankenkommission als fachkundiger Behörde ein weiter Spielraum des Ermessens bei der Auswahl der Massnahmen zu. Sie hat sich dabei aber an den Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung und der Verhältnismässigkeit als ermessensbindende Prinzipien von Verfassungsrang zu halten. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, er sei rechtsungleich behandelt worden, so dass dieser Gesichtspunkt ausser Betracht bleiben kann, zumal sich aus den Akten auch keinerlei Hinweis auf eine rechtsungleiche Behandlung ergibt. 6. Mit der Bankenrevision kann gemäss Art. 20 Abs. 1 BankG nur ein Revisionsverband oder eine Treuhandgesellschaft beauftragt werden, die als Revisionsstelle für Banken anerkannt worden ist. Die Vollziehungsverordnung hat die Voraussetzungen der Anerkennung zu bestimmen, über deren Vorhandensein die Bankenkommission entscheidet. Die Revision ist mit der Sorgfalt eines ordentlichen und sachkundigen Revisors BGE 103 Ib 350 S. 355 durchzuführen ( Art. 20 Abs. 4 BankG ). Die Voraussetzungen für die Anerkennung als Revisionsinstanz sind in Art. 35 Verordnung zum BankG (BankV, vom 17. Mai 1972, SR 952.02) umschrieben. Es ist klar, dass dann, wenn eine anerkannte Revisionsstelle den Erfordernissen für die Anerkennung als Revisionsstelle nicht mehr entspricht, die Anerkennung zurückzuziehen ist. Art. 37 Abs. 2 BankV enthält eine entsprechende Bestimmung, die nur das Gesetz verdeutlicht und insofern gesetzmässig ist. Die Revisionsstellen sind daher verpflichtet, der Bankenkommission eine Reihe von Meldungen zu erstatten, die für die Beurteilung, ob die Erfordernisse zur Anerkennung noch erfüllt sind, nötig sind ( Art. 38 BankV ). In Fällen, in denen Gefahr im Verzug ist, kann unter Umständen der sofortige Entzug der Anerkennung angebracht sein. In der Regel wäre aber eine derartige folge unverhältnismässig. Die Bankenkommission wird in der Regel der Revisionsstelle eine angemessene Frist einräumen, um den gesetzwidrigen Zustand oder den Missstand zu beheben, falls ein solcher vorliegt ( BGE 94 IV 91 hinsichtlich des Verhältnisses Bank/Revisionsstelle). Sie kann dies so tun, dass sie die Missstände, die zu beheben sind, bezeichnet, Frist ansetzt zu ihrer Behebung und für den Fall der Zuwiderhandlung den Entzug der Anerkennung androht. Handelt es sich um vereinzelte Vorkommnisse, hinsichtlich derer aber die Möglichkeit der Wiederholung nicht ganz auszuschliessen ist, kann die Bankenkommission es auch bei einer Rüge, z.B. in der Form einer Missfallenserklärung, bewenden lassen. Der Bankenkommission stehen in dieser Hinsicht alle Mittel zur Verfügung, die mit dem Gesetzeszweck vereinbar und nicht durch das Gesetzt selbst oder andere gesetzliche Bestimmungen ausgeschlossen sind oder unrechtmässig in verfassungsmässige Rechte der Bürger eingreifen. Bei der Prüfung, ob eine Revisionsstelle nicht mehr anerkannt werden kann, hat die Bankenkommission nötigenfalls das Gesetz auszulegen und es für den Einzelfall zu konkretisieren. Zu Unrecht wirft ihr der Beschwerdeführer vor, sie masse sich richterliche Kompetenzen an. Die Bankenkommission kann auch, um eine gesetzmässige Revision zu garantieren, allgemeine Weisungen erlassen. Sie haben aber keine Gesetzeskraft und sind für das Bundesgericht nicht als solche verbindlich. Sie sind zu beachten, soweit sie Konkretisierung des Gesetzeswillens sind (vgl. BGE 99 Ib 310 , E. 3). BGE 103 Ib 350 S. 356 7. a) Das BankG bezweckt vorab den Schutz des Publikums, insbesondere der Gläubiger der Banken. Im Abschnitt über die Überwachung und die Revision wird der Kern- und Angelpunkt des Gesetzes gesehen; insbesondere wird die Revision als das wichtigste Mittel zum Schutz der Bankkunden betrachtet. Der bankengesetzlichen Revisionsstelle ist eine wichtige Rolle zugedacht, weil sie - und nicht die Bankenkommission - die unmittelbare Kontrolle des Geschäftsgebarens der Bank ausübt ( BGE 99 Ib 110 , E. 5; BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum schweizerischen Bankengesetz, N. 6 u. 8 zu Art. 18-22). Zufolge der erheblichen Zunahme der Bankgeschäfte in den letzten Jahren und der Steigerung ihrer wirtschaftlichen Bedeutung sowie der zunehmenden Komplizierung der wirtschaftlichen Verhältnisse ist die Bedeutung der Bankenaufsicht gewachsen und damit sind auch die Anforderungen an die Kontrollinstanzen grösser geworden. Dem ist durch die Änderung der BankV im Jahre 1976, welche die Stellung der Bankenkommission verstärkte, Rechnung getragen worden. Die Bankenkommission muss sich, soll die Bankaufsicht voll wirksam werden, auf das pflichtmässige Verhalten der Revisionsstellen verlassen können, selbst wenn sich daraus Meinungsverschiedenheiten zwischen der Bank und der von ihr selbst bestimmten Revisionsstelle ergeben ( BGE 99 Ib 110 , E. 5), wie das im zu beurteilenden Fall zu beobachten ist. Bei der Austragung solcher Meinungsverschiedenheiten hat die Revisionsstelle auf Wahrung ihrer Unabhängigkeit bedacht zu sein. b) Nach Art. 21 Abs. 4 BankG hat die Revisionsstelle u.a. die Bankenkommission sofort zu benachrichtigen, wenn sie im Betriebe der Bank strafbare Handlungen, schwere Missstände, den Verlust der Hälfte der eigenen Mittel oder andere Tatsachen feststellt, welche die Sicherheit der Gläubiger gefährden, oder wenn sie nicht mehr bestätigen kann, dass die Gläubiger durch die Aktiven noch gedeckt sind. Was unter einem Missstand zu verstehen ist, ist durch Auslegung des Gesetzes zu ermitteln. Es handelt sich dabei um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung der Bankenkommission im Einzelfall ein gewisser Beurteilungsspielraum zuzugestehen ist, da sie zufolge der Erfahrung ihrer Mitglieder besser als das Bundesgericht beurteilen kann, welche konkreten Verhältnisse bei einer Bank zu einer Gefährdung der Sicherheit der Gläubiger zu führen vermögen. Welche einzelnen Tatbestände in allgemeiner BGE 103 Ib 350 S. 357 Weise als Missstand zu qualifizieren sind, kann offen bleiben; es wird sich immerhin nicht um eine bloss einmalige Verfehlung handeln können (vgl. BODMER/KLEINER/LUTZ, a.a.O., N. 2 ff. zu Art. 23ter BankG ). Der Umstand, dass ein Leiter einer bedeutenden Zweigniederlassung der Bank während Jahren ungehindert Geschäfte tätigen kann, die in der Bankbuchhaltung nicht in Erscheinung treten, für die die Bank aber nach Zivilrecht haften muss, stellt einen schweren Missstand dar, der die Meldung an die Bankenkommission erforderlich macht. In der Literatur wird zwar die Meinung vertreten (BODMER/KLEINER/LUTZ, N. 117 zu Art. 18-22), unkorrektes Geschäftsverhalten stelle keinen Missstand im Sinne von Art. 21 Abs. 4 BankG dar. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar hat die Revisionsstelle die Geschäftspolitik der Bank grundsätzlich nicht zu beurteilen. Es liefe jedoch dem Gesetzeswillen zuwider, wenn die Revisionsstelle Missstände in der Geschäftsführung, die zu einer Gläubigergefährdung führen könnten, einfach mit Stillschweigen übergehen würde. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob die gefährdenden oder schädigenden Tatbestände an sich strafbar sind oder nicht. Es genügt, wenn sie für die Gläubiger einer Bank von Nachteil sein können. Eine abstrakte Gefährdung genügt, wie die Bankenkommission mit Recht annimmt. Ob eine konkrete Gefährdung vorliegt, wird häufig erst nach eingehenden Untersuchungen festzustellen sein. Auf sie kann man nicht warten. Es liegt im Rahmen des Gesetzeszwecks, wenn auch bereits bei einer abstrakten Gefährdung nicht leichter Art die Meldung verlangt wird. Es ist dann Sache der Bankenkommission, zu entscheiden, ob die abstrakten Gefahrenmomente ihr Eingreifen schon rechtfertigen oder ob sie nichts vorkehren will. Es ist nicht bestritten, dass X. im April 1975 Kenntnis von den schädigenden Handlungen von Direktor Z. hatte. Spätestens damals musste dem X. klar werden, dass das Ausscheiden von Z. aus den Diensten der Y. am 15. März 1975 nicht freiwillig erfolgte. Es musste deshalb dem X. bewusst werden, dass die Verfehlungen von Z. zum Nachteil der Bank nicht leicht sein konnten, so dass ihren Auswirkungen auf den Status der Bank nachzugehen war. Gegen eine Orientierungspflicht gegenüber der Bankenkommission könnte eingewendet werden, der Missstand sei mit dem BGE 103 Ib 350 S. 358 Ausscheiden von Z. dahingefallen. Dies ist an sich richtig. Nicht dahingefallen waren aber die finanziellen Folgen des Missstandes für die Bank. Sie rechtfertigten u.U. ein sofortiges Einschreiten der Bankenkommission, z.B. durch Anordnung einer ausserordentlichen Revision. Das setzte aber voraus, dass die Bankenkommission umgehend informiert wurde. Eine frühzeitige Meldung drängte sich umso mehr auf, als vorauszusehen war, dass die ordentliche Revision durch den Beschwerdeführer noch längere Zeit in Anspruch nehmen würde. X. macht geltend, mit dem Ergreifen von Massnahmen, die eventuell zur Erschütterung des Vertrauens der Kundschaft in die Bank führen können, sei Zurückhaltung zu üben, solange sie sich nicht gebieterisch aufdrängen. Wie die Bankenkommission mit Recht ausführt, ist der Einwand unzutreffend. Die Tatsache, dass eine Meldung an die Bankenkommission erfolgt ist, wird bei richtigem Vorgehen nach aussen nicht bekannt. Auch die Bankenkommission ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Trifft sie gestützt auf die Meldung Massnahmen, die nicht geheimgehalten werden können, trifft die Verantwortung für sie die Bankenkommission, nicht die Revisionsstelle. Im übrigen sorgt das Gesetz selber dafür, dass keine Massnahmen getroffen werden, die nicht gerechtfertigt sind, indem es vorschreibt, dass nur schwere Missstände zu melden sind. Der Beschwerdeführer wendet ein, am 9. Juli 1975 habe er veranlasst, dass der Generaldirektor der Y. mit dem Vertreter der Bankenkommission den Fall der Bank besprochen und auf die strafbaren Handlungen des Z. hingewiesen habe; die Bankenkommission habe daraufhin nichts unternommen. Der Vertreter der Bankenkommission habe der Bankleitung sogar den Rat gegeben, "hart zu bleiben und zu beweisen, dass alles in Ordnung sei". Dieser Umstand vermag den Beschwerdeführer nicht zu entlasten. Einmal bleibt bestehen, dass er bereits im April 1975 Anlass gehabt hätte, die Bankenkommission zu orientieren. Sodann hätte er, wenn er eine Orientierung der Bankenkommission später für angezeigt hielt, diese Orientierung selber vornehmen müssen und sich nicht damit begnügen dürfen, den Generaldirektor der Y. damit zu betrauen. Er konnte bei dieser Art des Vorgehens nicht sicher sein, wieviel der Vertreter der Bank dem Vertreter der Bankenkommission mitteilte. Offensichtlich stimmten ja die Interessen der Bank nicht in allen Teilen mit den Pflichten der Revisionsstelle überein. BGE 103 Ib 350 S. 359 Ob der Bankenkommission selber in der Folge Nachlässigkeit in der Erfüllung ihrer Aufgaben vorgeworfen werden kann, weil sie nach dieser Besprechung vom 9. Juli 1975 den Dingen vorderhand den Lauf liess, ist hier nicht zu untersuchen. Selbst wenn Vorwürfe mit Recht erhoben werden könnten, würde das an der Pflichtverletzung seitens des Beschwerdeführers nichts ändern. Es kann nicht die eine Pflichtverletzung gegen die andere aufgerechnet werden. Der Vorhalt, X. habe die Bankenkommission nicht rechtzeitig orientiert, erfolgte deshalb zu Recht. c) Die Bankenkommission wirft dem X. weiter vor, er habe pflichtwidrig die Revision der Jahresrechnung 1974 bei einer der Niederlassungen Ende April eingestellt und sie erst im Dezember 1975 wieder aufgenommen. Der Vorwurf erfolgte zu Recht. Nachdem es dem X. spätestens im April 1975 bekannt wurde, dass in erheblichem Masse Unregelmässigkeiten vorgekommen waren, deren Tragweite für die Y. nicht abzusehen war, hätte die Revisionsstelle beschleunigt versuchen müssen, sich Klarheit darüber zu verschaffen. Es war nicht auszuschliessen, dass ausser den Verfehlungen von Z. bei genauerer Prüfung auch noch andere Unzulänglichkeiten bei der revidierten Bank festzustellen waren. Statt dessen stellte X. die Revisionsarbeiten ein. Er begründet das mit dem Umstand, dass bereits die interne Kontrollstelle der Y. den Sachverhalt untersuchte. Art. 19 Abs. 3 BankG bestimmt allerdings, dass eine Bank, die eine sachkundige Revisionsabteilung besitzt, deren Berichte der Revisionsstelle vorzulegen habe. Doppelspurigkeiten in der Kontrolle seien möglichst zu vermeiden. Bei normalem Gang der Dinge wird die Revisionsstelle den Bericht dieser Revisionsabteilung berücksichtigen und dort, wo er keinen Anlass zu Zweifeln bietet, auf ihn abstellen und die vorgenommenen Untersuchungen nicht wiederholen. Das gilt vor allem für den Fall, dass im Zeitpunkt der Revision durch die Revisionsstelle der interne Kontrollbericht bereits vorliegt. Liegt er in diesem Zeitpunkt nicht vor, wird sich die Revisionsstelle zu überlegen haben, ob sie ihn abwarten will. Muss damit gerechnet werden, dass die Revision durch die Revisionsstelle eine erhebliche Verzögerung erfährt, weil die interne Revision auf sich warten lässt, darf die Revisionsstelle nicht zuwarten, selbst wenn durch ihre Arbeiten eine gewisse Doppelspurigkeit nicht zu vermeiden ist. Trotz der Vornahme einer internen Revision bleibt die bankengesetzliche Verantwortung bei der Revisionsstelle BGE 103 Ib 350 S. 360 ( Art. 43 Abs. 4 BankV , BODMER/KLEINER/LUTZ, a.a.O., N. 73 zu Art. 18-22). Erst recht gilt das, wenn die Revisionsstelle Kenntnis von Unregelmässigkeiten und Missständen bei der revidierten Bank erhält. Sie darf dann mit ihrer eigenen Revision nicht aufhören oder höchstens für kurze Zeit, und sie muss dann in engem Kontakt mit der internen Revisionsstelle bleiben. Gar nicht zuwarten darf sie, wenn die interne Revisionsabteilung nicht als hinreichend sachkundig und von der Bankleitung unabhängig gelten kann. Die interne Kontrollstelle der Y. verfügt über sachkundige Revisoren und ist ohne Zweifel auch von der Leitung der Bank unabhängig, so dass X. ihr Vertrauen entgegenbringen durfte. Aber ein Zuwarten von April bis Dezember liess sich nicht verantworten. Ausserdem hat es X. an der nötigen Fühlungnahme mit der internen Kontrollstelle fehlen lassen. Deren Berichte lagen im August vor, X. bekam von ihrem Inhalt aber erst im November 1975 Kenntnis, weil er sich nicht intensiv genug darum bemühte, sie zu erhalten. Die Rüge, X. habe sich bei der Revision der Jahresrechnung 1974 zu passiv verhalten, ist deshalb begründet. d) Art. 20 Abs. 4 BankG schreibt vor, die Revision sei mit der Sorgfalt eines ordentlichen und sachkundigen Revisors durchzuführen. Die Bankenkommission hält dafür, X. habe diese Pflicht verletzt. Art. 19 umschreibt die Hauptpflichten der Revisionsstelle. Sie hat die Jahresrechnung nach Form und Inhalt daraufhin zu prüfen, ob sie gemäss den gesetzlichen, statutarischen und reglementarischen Vorschriften aufgestellt ist und ob die Bestimmungen des BankG und seiner Vollziehungsverordnung eingehalten worden sind. Art. 43 der BankV führt das näher aus und verlangt, dass der Revisionsbericht die allgemeine Vermögenslage der Bank klar erkennen lasse. Der Revisor hat in erster Linie festzustellen, ob die in der ordnungsgemäss aufgestellten Bilanz ausgewiesenen Verbindlichkeiten durch die vorhandenen Aktiven gedeckt und ob die ausgewiesenen eigenen Mittel erhalten sind (Abs. 1). Dabei hat die Revisionsstelle die Aktiven und Passiven selbständig zu bewerten, und die Bank muss dafür die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung stellen ( Art. 43 Abs. 3 BankV ). Daraus ergibt sich, dass die Revisionsstelle die Bank aufzufordern hat, die nötigen Unterlagen für die Bewertung der BGE 103 Ib 350 S. 361 Aktiven zur Verfügung zu stellen, sofern sie das nicht schon von sich aus getan hat. Insofern ist das Kreisschreiben Nr. 26 der Bankenkommission vom 16. November 1966, auf das die Bankenkommission sich beruft, nur eine weitere Konkretisierung der schon gesetzlich festgelegten Verpflichtung. Der Revisor, der die Revisionsarbeiten geleitet hat, muss im Revisionsbericht erklären, dass er von der Bank alle gemäss Art. 19 Abs. 2 BankG verlangten Aufschlüsse erhalten habe ( Art. 46 Abs. 1 BankV ). Die leitenden Revisoren haben in ihren Revisionsberichten keinen Vorbehalt angebracht, obwohl sie die nötigen Unterlagen nicht erhalten hatten. Die Bewertung von Aktiven, die aus Grundstücken bestehen oder, wie Grundpfandforderungen, mit der Bewertung von Grundstücken zusammenhängen, ist in zahlreichen Fällen eine schwierige Aufgabe, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation und sinkender Tendenz der Grundstückpreise. Es ist deshalb nichts Aussergewöhnliches, wenn verschiedene Bewerter des gleichen Aktivums zu verschiedenen Schätzungsergebnissen kommen. Doch werden sich bei allseitiger gewissenhafter Bewertung die Unterschiede in einem begrenzten Rahmen halten. Bei der Bewertung der Aktiven der Y. durch den Beschwerdeführer und die mit der ausserordentlichen Revision beauftragten Revisionsgesellschaft S. ergaben sich aber krasse Unterschiede. X. rechnete mit stark gefährdeten Debitorenpositionen von etwas über 8 Millionen Franken. Die S. errechnete auf den Ausleihungen einen Rückstellungsbedarf von über 29 1/2 Millionen. Den mutmasslichen Verlust aus den Machenschaften von Z. bezifferte der Beschwerdeführer auf 2,8 Millionen Franken, während die S. den Rückstellungsbedarf aus den Transaktionen von Z. auf über 8 Millionen schätzte. Ausserdem hielt die S. Wertberichtigungen bei sonstigen Aktiven in der Höhe von rund 1,4 Millionen Franken für gerechtfertigt. Welche von den beiden Schätzungen richtig ist, braucht vom Bundesgericht im einzelnen nicht untersucht zu werden. Es genügt, darauf hinzuweisen, dass die Schätzungen der S. durch den in erster Linie Interessierten, nämlich die Y., als richtig akzeptiert wurden, sah sie sich doch genötigt, auf Grund der Feststellung der S. u.a. ihr Aktienkapital um 13 Millionen Franken zu Lasten der Aktionäre herabzusetzen. Es sind deshalb dem X. enorme Fehleinschätzungen zuzurechnen. Zum Teil mögen sie auf den Umstand zurückzuführen BGE 103 Ib 350 S. 362 sein, dass ihm nicht alle erforderlichen Schätzungsgrundlagen zur Verfügung standen, zum Teil beruhen sie jedenfalls auf einer zu optimistischen Beurteilung der Folgen des Sinkens der Immobilienpreise und wahrscheinlich auch auf der Anwendung unzutreffender Schätzungsgrundsätze. Was das Fehlen der erforderlichen Schätzungsgrundlagen anbelangt, trifft den X. insofern ein Verschulden, als er sich nicht energisch genug bemühte, diese Unterlagen von der Y. zu erhalten. Bei Berücksichtigung der genannten Umstände ist die Missbilligung, die die Bankenkommission dem X. gegenüber ausgedrückt hat, sachlich vertretbar und überschreitet das ihr zustehende Ermessen keineswegs. 8. a) Nach Art. 20 BankG bestimmt die Vollziehungsverordnung die Voraussetzungen der Anerkennung (wobei offen bleiben kann, ob die Anerkennung als Verleihung einer Konzession oder als Erteilung einer Polizeierlaubnis aufzufassen ist; vgl. dazu BODMER/KLEINER/LUTZ, a.a.O., N. 21 zu Art. 18-22, RINIKER, Die Bankenaufsicht, Diss. Bern 1974, S. 80 ff.). Art. 35 der BankV hat die Voraussetzungen für die Anerkennung eingehend geordnet. Im zu beurteilenden Zusammenhang ist lediglich von Bedeutung, dass die Organisation der Revisionsstelle die sachgemässe und dauernde Erfüllung der Revisionsaufträge gewährleisten muss ( Art. 35 Abs. 2 lit. a BankV ). Ist die sachgemässe und dauernde Erfüllung der Revisionsaufträge durch die Art der Organisation der Revisionsstelle oder wegen ihrer personellen Besetzung nicht mehr gesichert, ist der Revisionsstelle die Anerkennung zu entziehen, wenn sie den gesetzmässigen Zustand innert angemessener Frist nicht herstellt. Auf Grund dieser Regelung hat die Bankenkommission vom X. sofortige und langfristige Massnahmen verlangt. Sie sind gerechtfertigt. b) Der Beschwerdeführer ist ein bedeutender Revisionsverband. Die Art. 29 ff. der Replik des Beschwerdeführers, welche die Entwicklung des X. darstellen, und die beigelegten Jahresberichte zeigen dies deutlich, ohne dass auf Einzelheiten einzugehen ist. Aus den Jahresberichten der letzten Jahre ergibt sich, dass X. Wert darauf legte, mit einem verhältnismässig kleinen Personalbestand die ausgedehnten und zunehmenden Aufgaben zu bewältigen (vgl. beispielsweise Jahresbericht 1975, S. 6). Der knappe Personalbestand und die Zunahme der Mandate hatten Verzögerungen in der Geschäftsabwicklung zur Folge. BGE 103 Ib 350 S. 363 Die Bankenkommission musste den Beschwerdeführer bereits am 2. Dezember 1974 ernstlich ermahnen, die gesetzlichen Bestimmungen über die Revisionsberichte besser einzuhalten. Auch für das Geschäftsjahr 1974 musste X. in zahlreichen Fällen um Fristerstreckung für die Erstattung der Revisionsberichte ersuchen. X. behauptet, es seien lediglich Verspätungen bei der Ausarbeitung der Berichte vorgekommen, während die Revisionen selbst fristgemäss bis Jahresende durchgeführt worden seien. Die Ausarbeitung des Revisionsberichtes, der ja die Auswertung der bei der Revision gemachten Feststellungen enthält, darf aber auch nicht zu lange hinausgezögert werden. Was insbesondere die Revision der Y. für das Geschäftsjahr 1974 anbelangt, ist ersichtlich, dass X. mit den Revisionsarbeiten unter Zeitdruck geraten ist. Das geht aus den Äusserungen der Revisoren selber hervor. Zum Teil ist das auf die Tatsache zurückzuführen, dass X. die Revisionsarbeiten während Monaten liegen liess. Wäre das Revisorat aber personell besser besetzt gewesen, hätte sich wahrscheinlich dieser Engpass vermeiden lassen. c) X. wirft der Bankenkommission auch in diesem Punkt unrichtige oder unvollständige Feststellung des Tatbestandes vor und bemängelt u.a., dass die Kommission sich um den Organisationsaufbau nicht näher gekümmert und beispielsweise einen Augenschein an seinem Sitz unterlassen habe. Die erkennbaren Umstände liessen aber auch ohne solche zusätzlichen Massnahmen den Schluss zu, dass die Organisation den Anforderungen wenigstens zeitweise nicht mehr genügte. Weitere Untersuchungen erübrigen sich auch deswegen, weil der Beschwerdeführer selber anerkannt hat, dass ein organisatorischer Engpass vorhanden war. In einer Zuschrift an die Bankenkommission erklärt X. am 24. Dezember 1976, dass der weitere Ausbau der Revisionsabteilung ein Anliegen sei, das schon längere Zeit mit Konsequenz verfolgt werde; so habe er 1976 versucht, ein bis zwei leitende Revisoren zu gewinnen. d) Die Tätigkeit als Revisor einer Revisionsstelle nach Bankengesetz ist anspruchsvoll. Sie verlangt nicht nur sichere Kenntnis des Buchführungs- und Bilanzwesens, sondern auch, soweit Aktiven, insbesondere Pfänder, zu bewerten sind, Verständnis für die Erscheinungen des Wirtschaftslebens. Da sich verwickelte Probleme stellen können, muss dem Revisor genügend Zeit zum Überlegen und Abwägen gelassen werden. BGE 103 Ib 350 S. 364 Unter starkem Zeitdruck ist mit einem Abfall der Qualität der Leistungen zu rechnen. Im Hinblick auf die eigenen Anstrengungen des X., Revisoren zu gewinnen, ist die Auflage, er habe bis Ende 1977 mindestens einen zusätzlichen leitenden Revisor zu verpflichten, nicht unangemessen. Da der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt worden ist, hat die Bankenkommission mit Schreiben vom 18. Januar 1978 die in der angefochtenen Verfügung vorgesehenen Fristen den neuen Verhältnissen angepasst. Demnach soll bis zum 31. Dezember 1978 ein zusätzlicher leitender Revisor verpflichtet, und bis 31. Dezember 1979 der Ausbau des Inspektorats durchgeführt werden. Über das Ausbauprojekt finden gegenwärtig zwischen dem Beschwerdeführer und dem Sekretariat der Bankenkommission Verhandlungen statt. X. weist auf die grossen Schwierigkeiten hin, neue geeignete Kräfte zu finden. Sollte ihm die Anstellung eines weitern Revisors innert der neu gesetzten Frist nicht möglich sein, wird zu prüfen sein, ob nicht die Zahl der übernommenen Mandate dem Organisationsstand anzupassen ist. Aber auch die Anweisung, bis zum 31. Dezember 1976 ein Ausbauprojekt für die Organisation vorzulegen, ist als solche nicht unangemessen, auch nicht in zeitlicher Hinsicht, obwohl die Frist als relativ kurz erscheint. Sie ist, wie schon ausgeführt, durch die laufenden Ereignisse überholt und Gegenstand von Verhandlungen. Dem Beschwerdeführer ist es unbenommen, den Nachweis zu leisten, dass er in der Zwischenzeit die nötigen organisatorischen Anpassungen vorgenommen hat oder dass eine Neuordnung aus andern Gründen nicht mehr nötig ist. Gegen die Anordnung neuer Auflagen, die er für ungerechtfertigt hält, steht ihm der Weg ans Bundesgericht offen, ebenso, falls ihm die Bankenkommission die Anerkennung als Revisionsstelle entziehen sollte, weil sie nach seiner Auffassung Unnötiges verlangt und er deshalb den Weisungen nicht nachgekommen ist.
public_law
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
98772120-2b4c-4895-ac63-30808ae6e092
Urteilskopf 104 II 314 55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. November 1978 i.S. Consorzio Galleria San Bernardino, bestehend aus sechs Bauunternehmungen, gegen Kanton Graubünden
Regeste Art. 373 Abs. 2 OR und Art. 5 Ziff. 1 der Bedingungen für den Bau von Nationalstrassen. 1. Sinn und Zweck dieser Bestimmungen (E. a). 2. Eine Erhöhung des Werklohnes durch den Richter setzt voraus, dass zum voraus bestimmte oder bestimmbare Preise vereinbart worden sind, ausserordentliche Umstände die Ausführung des Werkes aber übermässig erschwert haben und dies nicht einem Verhalten des Unternehmers zuzuschreiben ist (E. b).
Erwägungen ab Seite 314 BGE 104 II 314 S. 314 Aus den Erwägungen: Die Kläger berufen sich insbesondere auf Art. 373 Abs. 2 OR sowie auf Art. 5 Ziff. 1 der 1960 vom Bund aufgestellten Bedingungen für den Bau von Nationalstrassen (BBN), um ihre Nachforderungen zu rechtfertigen. Nach Art. 373 OR hat der Unternehmer das Werk zum vereinbarten Preis fertigzustellen, wenn dieser zum voraus genau bestimmt worden ist; er darf keine Erhöhung fordern, selbst wenn er mehr Arbeit oder grössere Auslagen gehabt hat, als vorgesehen war (Abs. 1). Anders verhält es sich nur, wenn die Fertigstellung des Werkes durch ausserordentliche Umstände, die nicht voraussehbar oder nach den von beiden Parteien angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, BGE 104 II 314 S. 315 gehindert oder übermässig erschwert wurde; diesfalls kann der Richter den vereinbarten Preis nach seinem Ermessen erhöhen oder die Auflösung des Vertrages bewilligen (Abs. 2). Art. 5 Ziff. 1 BBN sodann bestimmt: "Die Pauschal- und Einheitspreise enthalten alle Kosten für die fachmännische Ausführung des Baues, für die Fertigstellung innerhalb der vorgeschriebenen Frist und für den Unterhalt des Werkes bis zur vorläufigen Abnahme. Besondere Umstände, welche die Ausführung der Arbeiten erschweren können, sind darin berücksichtigt, so insbesondere Erschwernisse durch Ungunst der Witterung, Unterbrechung des Betriebes in den Wintermonaten, Übergang vom ein- zum mehrschichtigen Betrieb, Nachtarbeit. Vorbehalten bleiben ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten." a) Art. 373 Abs. 2 OR enthält einen gesetzlich geregelten Fall der clausula rebus sic stantibus und damit eine Ausnahme vom allgemeinen Rechtssatz, dass ein Vertrag so zu halten ist, wie er abgeschlossen worden ist. Grundsätzlich hat jede Partei die Risiken zu tragen, die sich für sie aus der versprochenen Leistung ergeben; sie hat selbst bei langfristigen Verträgen mit folgenschweren Verpflichtungen keinen Anspruch darauf, dass die Erfüllung sich für sie zu einem "guten Geschäft" gestalte und der Vertrag aufgehoben oder angepasst werde, wenn die Verhältnisse sich während der Vertragsdauer zu ihrem Nachteil ändern oder nicht mehr ihren Erwartungen entsprechen. Dieser Grundsatz wird sinngemäss in Art. 373 Abs. 1 für den Unternehmer und in Abs. 3 auch für den Besteller wiederholt. Er ist aber bereits in Art. 364 Abs. 2 a OR für den Fall ausserordentlicher, unvoraussehbarer Umstände zugunsten des Unternehmers gelockert worden, wenn dieser nicht ausdrücklich auch eine solche Gefahr übernommen hat. Die geltende Regel geht noch etwas weiter, da sie von der negativen Voraussetzung der Gefahrübernahme absieht und von den Parteien übereinstimmend für ausgeschlossen gehaltene Umstände nicht voraussehbaren gleichsetzt. Solche Umstände können das Vertragsverhältnis so stören, dass die Bindung an den zum voraus festgesetzten Preis Treu und Glauben widerspricht und der richterliche Eingriff gerechtfertigt ist ( BGE 59 II 377 E. 3; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 6 zu Art. 373 OR ; EGGER, Richterliche Aufhebung oder Änderung eines Werkvertrages, in Ausgewählte Schriften, Bd. 2, S. 178 ff.). BGE 104 II 314 S. 316 Art. 5 Ziff. 1 BBN hat keine selbständige oder gar von Art. 373 OR abweichende Bedeutung. Die Bestimmung stellt bloss klar, welche Kosten von den Pauschal- und Einheitspreisen des Angebotes erfasst werden (Satz 1) und welche erschwerenden Umstände nach den angeführten Beispielen darin berücksichtigt sind (Satz 2); mit dem anschliessenden Vorbehalt ausserordentlicher, unvoraussehbarer Umstände (Satz 3) sodann kann nur die Regelung des Art. 373 Abs. 2 OR gemeint sein, weshalb die Rechtsfolgen solcher Umstände nach den Voraussetzungen und Gesichtspunkten des Gesetzes zu beurteilen sind. b) In Fällen wie dem vorliegenden setzt Art. 373 Abs. 2 OR voraus, dass zum voraus genau bestimmte oder bestimmbare Preise vereinbart worden sind, ausserordentliche Umstände die Ausführung des Werkes aber übermässig erschwert haben und dies nicht einem Verhalten des Unternehmers zuzuschreiben ist. Nach dem Werkvertrag verpflichtete sich das Konsortium, das Los Süd "im Umfang und zu den Pauschal- und Einheitspreisen des bereinigten Angebotes (Vertragsbeilage I) im Betrag von Fr. 36'319'445.50" auszuführen. Das Angebot enthält auf rund 240 Seiten zu zahlreichen Positionen solche Preise, auf deren Grundlage für jede Arbeitskategorie abgerechnet und der geschuldete Werklohn ermittelt werden sollte. Die vereinbarte Summe wurde weder ganz noch teilweise vom Aufwand des Konsortiums oder vom Wert der Arbeit abhängig gemacht. Es handelte sich vielmehr um eine zum voraus genau bestimmbare Vergütung, die sich insbesondere aus den vorgesehenen Preisen und dem Ausmass der ausgeführten Arbeiten ergab. Damit ist die erste Voraussetzung für die Anwendung des Art. 373 Abs. 2 OR erfüllt (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 2 zu Art. 373 OR ; GAUTSCHI, N. 6 zu Art. 373 OR ), was der Beklagte denn auch nicht zu widerlegen sucht. Als ausserordentlich im Sinne dieser Bestimmung gelten Umstände, mit denen der Unternehmer nicht zu rechnen braucht, weil sie nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht voraussehbar sind, oder mit denen beide Parteien nach gemeinsamer Vorstellung nicht gerechnet haben. Sie können bereits bei Vertragsabschluss bestehen (z.B. geologische Verhältnisse) oder erst nachträglich eintreten (z.B. aussergewöhnliches Ansteigen von Löhnen, Zinsen oder Materialpreisen), nach diesen BGE 104 II 314 S. 317 Beispielen also nicht bloss natürlicher, sondern auch wirtschaftlicher Art sein. Das Erfordernis der Unvoraussehbarkeit ist vom Standpunkt des sachkundigen und sorgfältigen Unternehmers aus und nach eher strengen Massstäben zu beurteilen, da jede Werkausführung zu festen Pauschal- oder Einheitspreisen ein spekulatives Element enthält, das auch als Risiko zu berücksichtigen ist ( BGE 59 II 380 , BGE 58 II 423 ). Mit welchen Schwierigkeiten ein Unternehmer bei der Ausführung eines Baues nach der Erfahrung rechnen muss, hängt im übrigen weitgehend von den Besonderheiten des einzelnen Falles, insbesondere der Art und Dauer des Werkvertrages ab (GAUTSCHI, N. 15a und c zu Art. 373 OR ). Dies gilt auch von der Voraussetzung der übermässigen Erschwerung, die in den höheren Herstellungskosten des Werkes zum Ausdruck kommt und daher vor allem nach den gegenseitigen Leistungen zu beurteilen ist. Erforderlich ist ein krasses, offenbares Missverhältnis zwischen dem Wert der erbrachten Leistung des Unternehmers und der versprochenen Gegenleistung des Bestellers ( BGE 58 II 423 ; vgl. ferner BGE 93 II 188 und BGE 68 II 173 mit Zitaten). Die Mehrkosten sind beim Vergleich mit der vereinbarten Vergütung ohne Gewinn einzusetzen, denn Art. 373 Abs. 2 OR gibt dem Unternehmer keinen Anspruch darauf, dass die Erfüllung des Vertrages zu einem verlustfreien Geschäft, das Missverhältnis also ganz ausgeglichen werde ( BGE 50 II 167 , BGE 47 II 457 ). Der Ausgleich hat sich vielmehr auf ein Mass zu beschränken, das zwar nicht von der Leistungsfähigkeit des Unternehmers abhängig gemacht werden darf, aber die Werkausführung als objektiv zumutbar erscheinen lässt (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 9 und 14 zu Art. 373 OR ; GAUCH, Der Unternehmer im Werkvertrag, 2. Aufl., Nr. 165-169; MERZ, in ZSR 61/1942, S. 500a und N. 188 zu Art. 2 ZGB ).
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nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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987c5ed1-2b3f-4d87-bf97-a1f2b672ceea
Urteilskopf 107 V 29 6. Estratto della sentenza del 12 marzo 1981 nella causa Medici contro Cassa cantonale di compensazione e Tribunale cantonale delle assicurazioni del Cantone Ticino.
Regeste Art. 36 Abs. 3 lit. d IVV . Ein Versicherter, der an Retinopathia pigmentosa in fortgeschrittenem Stadium mit röhrenförmigen Gesichtsfeld leidet, hat Anspruch auf die Entschädigung für Hilflosigkeit leichten Grades, wenn er, um gesellschaftliche Kontakte pflegen zu können, wegen der Verminderung der Sehschärfe und der gleichzeitigen Einschränkung des Gesichtsfeldes auf die regelmässige und erhebliche Dienstleistung Dritter angewiesen ist.
Erwägungen ab Seite 30 BGE 107 V 29 S. 30 Diritto: 1. Secondo l' art. 42 cpv. 1 LAI gli assicurati domiciliati in Svizzera, che sono grandi invalidi, hanno diritto ad un assegno, erogato al più presto dal 1o giorno del mese seguente quello in cui sono stati compiuti i 18 anni d'età e, al più tardi, sino alla fine del mese in cui gli uomini compiono i 65 anni e le donne i 62 anni. È considerato grande invalido l'assicurato che a causa della sua invalidità ha bisogno dell'aiuto permanente di terzi per compiere gli atti ordinari della vita o di una sorveglianza personale ( art. 42 cpv. 2 LAI ). L' art. 42 cpv. 4 LAI (adottato il 24 giugno 1977 nell'ambito della nona revisione AVS, in vigore dal 1o gennaio 1979 ed applicabile nella fattispecie) conferisce al Consiglio federale la facoltà di emanare disposizioni completive riguardanti, segnatamente, la valutazione del grado della grande invalidità come pure il diritto dell'assicurato ad un assegno per grandi invalidi se questi, causa grave infermità, necessita in misura rilevante di un aiuto speciale per stabilire contatti con il proprio ambiente. Nell'ambito di questa delegazione il Consiglio federale con ordinanza del 5 aprile 1978, in vigore dal 1o gennaio 1979, ha modificato l'art. 36 OAI, norma che al cpv. 1 definisce la grande invalidità di grado elevato, al cpv. 2 quella di grado medio e al cpv. 3 quella di grado esiguo, aggiungendo a quest'ultimo capoverso una nuova lettera d. Nel tenore vigente dal 1o gennaio 1979 l'art. 36 cpv. 3 OAI dispone testualmente quanto segue: BGE 107 V 29 S. 31 "La grande invalidità è di grado esiguo se l'assicurato, pure munito di mezzi ausiliari, è costretto a ricorrere: a. in modo regolare e considerevole, all'aiuto di terzi per compiere almeno due atti ordinari della vita o abbisogna b. di una sorveglianza personale permanente o c. in modo durevole, di cure particolarmente impegnative, richieste dalla sua infermità o d. allorquando, a causa di un grave danno agli organi sensori o di una grave infermità fisica, può mantenere i contatti sociali con l'ambiente solamente grazie a servizi di terzi forniti in modo regolare e considerevole." La modificazione di cui alla lettera d della disposizione suesposta era stata proposta dal Consiglio federale nel Messaggio sulla nona revisione dell'AVS del 7 luglio 1976 (detto appresso Messaggio) al fine "... di poter estendere maggiormente il diritto agli assegni per grandi invalidi allo scopo di aiutare gli invalidi gravi (per es. i ciechi), che hanno bisogno di un aiuto speciale per mantenere il contatto con l'ambiente in cui vivono". Nello stesso Messaggio (no 434, pag. 41 e 42) il Consiglio federale aveva precisato inoltre che: "Dal momento dell'introduzione dell'AI, l'associazione per l'aiuto ai ciechi ha ripetutamente chiesto l'assegnazione di una prestazione speciale in favore di questa categoria di invalidi, a titolo di indennità per la particolare forma di invalidità grave. In seguito ai vari rifiuti di introdurre un'indennità per ciechi grandi invalidi ... il consigliere nazionale Müller, di Berna, ha sollevato nuovamente il problema ..., con la sua mozione del 5 giugno 1972, del seguente tenore: Prestazioni speciali per grandi invalidi Per i grandi invalidi (p. es. i ciechi, gli amputati, i paraplegici) il mantenersi in contatto con l'ambiente richiede considerevoli spese suppletive. Di conseguenza, il Consiglio federale è incaricato di predisporre una modificazione della legge sull'AI, modificazione atta a fornire prestazioni speciali agli assicurati grandi invalidi i quali, a causa della loro invalidità, devono sopportare spese suppletive considerevoli per stabilire un contatto con la società." Dopo aver ricordato che la mozione era stata accettata dai due rami del parlamento e quali fossero le prestazioni già riconosciute dalla LAI ai grandi invalidi il Consiglio federale concludeva il Messaggio su questo punto come segue: "... Siamo nondimeno dell'opinione che, per i grandi invalidi bisognosi d'aiuto speciale e rilevante per la loro integrazione, vale a dire per stabilire contatti coll'ambiente, esiste la necessità di potenziare le prestazioni onde compensare, almeno in parte, le loro BGE 107 V 29 S. 32 maggiori spese. Questo potenziamento delle prestazioni dell'AI dovrà, tuttavia, restar contenuto entro limiti ragionevoli. Secondo le conclusioni della Commissione ..., la legge dovrà soltanto contemplare la possibilità per una regolazione suppletiva, mentre più ampi dettagli dovranno figurare nell'ordinanza." Quindi se sotto l'impero della precedente legislazione era da escludere che un assicurato cieco fosse da considerare a priori come grande invalido in misura sufficiente per beneficiare dell'assegno ( ATF 98 V 23 ; RCC 1973 pag. 37, 1970 pag. 64), la nuova permette ai ciechi di fruire in certe condizioni di diritti più estesi. Commentando la nuova disposizione dell'art. 36 cpv. 3 lett. d OAI l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali precisava (RCC 1978 pag. 164) che essa consente di concedere l'assegno per grandi invalidi agli assicurati gravemente colpiti nella loro integrità fisica o sensitiva, i quali hanno bisogno di un aiuto particolare per mantenere i contatti con la società. Per l'Ufficio federale una grande invalidità di grado esiguo è data se l'assicurato è gravemente colpito agli organi sensori (per es. cecità), oppure soffre di una grave infermità corporea (per es. dovuta a determinate amputazioni o a paralisi trasversale del midollo spinale) e abbisogna di un aiuto regolare e importante per mantenere i contatti con la società. Questi ultimi consistono nella partecipazione a manifestazioni religiose, culturali, politiche e sociali e nei rapporti umani in seno e al di fuori della famiglia. L'aiuto non deve essere solamente temporaneo ma regolarmente necessario ed avere una certa importanza. L'assicurato deve, per es., avere bisogno di una persona che l'accompagni o non essere in grado di utilizzare i trasporti pubblici. Nell'ambito della novella legislativa e regolamentare l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali ha aggiornato le Direttive sull'invalidità e la grande invalidità (valide dal 1o gennaio 1979) e precisato quanto segue: "Rz 325.11. Wer trotz Abgabe von Hilfsmitteln wegen einer schweren Sinnesschädigung oder eines schweren körperlichen Gebrechens nur dank regelmässiger und erheblicher Dienstleistungen Dritter gesellschaftliche Kontakte pflegen kann, gilt frühestens vom ersten Tag des der Vollendung des 18. Altersjahres folgenden Monats an als leicht hilflos. Die Voraussetzungen gemäss Rz 325.11 sind als erfüllt zu betrachten - bei Blinden und hochgradig Sehschwachen, die sich nicht ohne Hilfe ausserhalb der Wohnung fortbewegen können, sofern ihnen von der IV kein BGE 107 V 29 S. 33 Blindenhund abgegeben wurde; - ... Für das Verfahren zur Abklärung der Hilflosigkeit von Blinden, hochgradig Sehschwachen und schwer Körperbehinderten siehe besondere Weisungen." Nella circolare sulla procedura d'accertamento e graduazione della grande invalidità nell'assicurazione per l'invalidità e AVS del 28 agosto 1979, con riferimento alle cifre marginali delle direttive sopra esposte l'Ufficio federale ha inoltre puntualizzato che: "Blinde und hochgradig Sehschwache sowie schwer Körperbehinderte haben ab 1. Januar 1979 Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung leichten Grades. Als "hochgradig sehschwach" gilt ein Versicherter, wenn ein korrigierter Visus von beidseitig weniger als 0,2 vorliegt. Der Umstand, dass ein Langstock zugesprochen wurde, ist im Gegensatz zur Abgabe eines Führhundes kein Grund, die Hilflosenentschädigung abzulehnen." 2. Nell'evenienza concreta a torto i primi giudici hanno esaminato il litigio soltanto dal profilo dell'art. 36 cpv. 1, 2 e cpv. 3 lett. a, b e c OAI disattendendo di stabilire se non fossero dati i presupposti per l'erogazione di un assegno per grandi invalidi di grado esiguo alla luce della lettera d della stessa norma. L'art. 36 cpv. 3 lett. d OAI non è applicabile cumulativamente con le altre lettere a, b e c, ma alternativamente ed è appunto stato introdotto con la nona revisione AVS per concedere come si è visto in certe condizioni agli assicurati con gravi danni agli organi sensori un assegno per grande invalidità di grado esiguo. Dal complesso delle norme sopra ricordate, ritenuto che il limite dell'acuità visiva ridotto allo 0,2 - come indicato dall'Ufficio federale nella circolare del 28 agosto 1979 - risponde a criterio di praticabilità, deve essere osservato che per accordare ad un cieco, privo del cane di accompagnamento, un assegno per grande invalido di grado esiguo occorre che egli abbisogni di servizi di terzi in modo regolare e considerevole per mantenere i contatti sociali e umani. Si tratta quindi di un aiuto che non deve essere temporaneo, ma regolarmente necessario e di una certa importanza al fine di stabilire o mantenere contatti al di fuori dell'abitazione. Dagli atti di causa risulta che il Prof. dott. B., dopo aver precisato nel questionario allestito il 31 gennaio 1979 che il ricorrente si orientava bene nell'ambito dell'ambiente conosciuto e BGE 107 V 29 S. 34 nel resto era molto impedito nell'orientamento a causa della perdita del campo visivo di alto grado, in un successivo referto del 30 aprile 1979 ha messo in risalto che: "Il Signor Medici Elio è affetto da un grave difetto visivo, la retinite pigmentosa in stato molto avanzato. Per poter pronunziare un giudizio sulle condizioni del Signor Medici è indispensabile mettere in evidenza la sinora sussistente, con fatica e fortunatamente mantenuta acuità visiva centrale di 0,6 (destro) e 0,3 (sinistro). Alleghiamo fotocopie del campo visivo effettuato il 15.1.79. Di certo ogni laico ne potrà dedurre la reale situazione del paziente. Il Signor Medici è in grado di esercitare una professione regolare soltanto grazie all'intervento e sostegno di terzi... Affinché non venga fatta un'interpretazione errata alleghiamo lo schizzo del campo visivo. Il resto visivo centrale è tubolare e perciò insufficiente per orientarsi liberamente. La piccola falce del campo visivo esistente nella periferia di ambedue le parti non basta ad orientarsi in un qualsiasi ambiente. Da sottolineare è che il Signore Medici non è assolutamente in grado di orientarsi in ambienti sconosciuti senza l'aiuto di terzi... Infine concernente il resto visivo centrale è da aggiungere che esso non è uniforme, come si possa supporre dai dati a disposizione, ma pieno di lacune e soltanto grazie ad una pazientosa assimilazione il Signore Medici è capace a trarne profitto..." Il servizio medico dell'Ufficio federale delle assicurazioni sociali a sua volta osserva quanto segue: "... La limitazione del campo visivo è di pregiudizio per la possibilità visiva della funzione dell'occhio in rapporto alla sua estensione, che dall'assicurato è sicuramente grande. Egli è invece meno impedito di un cieco o di una persona colpita da una debolezza di vista di grado elevato con un'acuità visiva inferiore a 0,2. Il visus di 0,6 rimasto a un occhio, con campo visivo tubolare, ha sicuramente un'influenza minore per la possibilità di contatti sociali con il mondo esterno, che la riduzione ai due occhi del visus a 0,2. Se con riferimento all'acuità visiva ci si dovesse trovare di fronte a valori limiti, si dovrebbe anche tener conto della diminuzione del campo visivo. Quando si devono applicare tali valori limite è una questione di apprezzamento. Tuttavia questi non si devono applicare quando il visus riscontrato è ancora della metà superiore al normale." Mentre il Prof. dott. B. esclude che senza l'aiuto di terzi il ricorrente sia in grado di orientarsi in ambienti sconosciuti, per il Servizio medico dell'Ufficio federale delle assicurazioni sociali invece egli può orientarsi abbastanza bene in campo aperto, pur con perdita di tempo. Nelle Direttive sull'invalidità e la grande invalidità e nella susseguente circolare del 28 agosto 1979 l'Ufficio federale ha tuttavia soltanto tenuto conto del visus stabilendo un valore BGE 107 V 29 S. 35 minimo di 0,2 sopra il quale la prestazione non sarebbe stata da erogare. Non ha invece considerato che altre e diverse affezioni possono colpire l'occhio limitando il campo visivo e la facoltà sensoria oculare complessiva dell'assicurato. Non può quindi avere significato determinante ai fini della valutazione della grande invalidità di grado esiguo nell'ambito dell'art. 36 cpv. 3 lett. d OAI che il visus sia ridotto almeno al minimo stabilito dell'Ufficio federale allo 0,2. Da ritenere è pure la limitazione del campo visivo, che combinata con la diminuzione della acuità visiva può raggiungere estremi tali da imporre all'assicurato l'aiuto regolare e considerevole di terzi per mantenere i contatti sociali. In sostanza quindi l'acuità visiva non può al limite minimo essere ritenuta come dato determinante, quando non si stabilisce quale sia la riduzione del campo visivo e in che rapporto la compromissione dell'uno si rifletta sull'altra. In concreto il ricorrente presenta un'acuità visiva centrale di 0,6 all'occhio destro e di 0,3 all'occhio sinistro, quindi superiore al minimo di 0,2 stabilito dall'Ufficio federale. Questa acuità, come lo precisa il Prof. dott. B., non è tuttavia uniforme, ma piena di lacune. Inoltre essa è tubolare, ossia riduce il campo visivo per ambedue gli occhi in misura tale che il ricorrente non è assolutamente in grado di orientarsi in ambienti sconosciuti senza l'aiuto di terzi. Combinati quindi la diminuzione del visus e del campo visivo nella misura costatata dal Prof. dott. B. bisogna ammettere che l'aiuto di cui il ricorrente abbisogna è regolare e considerevole per permettergli di mantenere i contatti sociali con l'ambiente. Nella misura e regolarità in cui esso deve essere prestato adempie i presupposti della grande invalidità di grado esiguo ai sensi dell'art. 36 cpv. 3 lett. d OAI e conferisce al ricorrente il diritto ad un assegno per grandi invalidi. Per le argomentazioni che precedono le conclusioni a cui giunge il Servizio medico dell'Ufficio federale delle assicurazioni sociali non possono essere condivise.
null
nan
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1,981
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Urteilskopf 136 III 273 40. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre H.Y. et F.Y. (recours en matière civile) 4A_89/2010 du 1er avril 2010
Regeste Werkvertrag; Folge der Weigerung des Unternehmers, seiner Verpflichtung zur Verbesserung des mangelhaften Werkes nachzukommen ( Art. 368 Abs. 2 OR ). Weigert sich der Unternehmer, das mangelhafte Werk zu verbessern, stehen dem Besteller die in Art. 107 Abs. 2 OR vorgesehenen Möglichkeiten offen. Dieser kann damit auf seinen Anspruch auf Verbesserung verzichten und Schadenersatz in der Höhe des Gegenwerts der unentgeltlichen Leistung verlangen, die der Unternehmer zur Verbesserung des Werkes hätte erbringen müssen (E. 2).
Erwägungen ab Seite 274 BGE 136 III 273 S. 274 Extrait des considérants: 2. 2.1 Il n'est pas contesté que les parties ont conclu un contrat d'entreprise ( art. 363 CO ), que l'ouvrage livré était défectueux et que les intimés ont procédé, en temps utile, à la vérification et à l'avis des défauts ( art. 367 CO ). Il n'y a pas lieu de revenir sur ces questions. 2.2 En cas de livraison d'un ouvrage défectueux, le maître a le choix, aux conditions de l' art. 368 CO , d'exiger soit la réfection de l'ouvrage, soit l'annulation du contrat, soit la réduction du prix; le maître est lié par son choix, qui procède de l'exercice d'un droit formateur. S'il demande la réfection de l'ouvrage et obtient satisfaction, il ne saurait exercer l'action rédhibitoire ou minutoire ( ATF 109 II 40 consid. 6a p. 41 s.). Le maître de l'ouvrage ne peut pas, en lieu et place des droits alternatifs qui lui sont octroyés par l' art. 368 CO , soutenir qu'il y a mauvaise exécution du contrat et se prévaloir des art. 97 ss CO ( ATF 117 II 550 consid. 4b/cc p. 553). Le droit formateur ne peut être exercé que par celui auquel il appartient; le juge ne peut en principe pas suppléer une volonté qui n'a pas été manifestée ( ATF 135 III 441 consid. 3.3 p. 444). La cour cantonale a manqué de rigueur dans son raisonnement en évoquant l'éventualité d'une action en diminution du prix, pour observer que les maîtres de l'ouvrage pourraient, par cette voie, obtenir le paiement des frais de réfection, puisque ceux-ci sont présumés correspondre à la moins-value (cf. à ce propos: ATF 116 II 305 consid. 4a p. 313 s.; ATF 111 II 162 consid. 3c p. 164). En effet, les maîtres de l'ouvrage n'ont jamais manifesté la volonté d'exercer une action en réduction du prix. Il résulte des constatations cantonales - qui lient le Tribunal fédéral ( art. 105 al. 1 LTF ) - que les maîtres de l'ouvrage ont opté en l'espèce pour une réparation de l'ouvrage par l'entrepreneur ( art. 368 al. 2 CO ). En adressant à l'entrepreneur cette manifestation de volonté, ils ont exercé un droit formateur et ils ont fait naître une obligation de faire à la charge de l'entrepreneur. Le choix effectué entre BGE 136 III 273 S. 275 les diverses voies offertes par l' art. 368 CO est en principe irrévocable ( ATF 109 II 40 consid. 6a). 2.3 Malgré deux demandes successives, l'entrepreneur s'est refusé à exécuter les travaux de réparation demandés alors même que la réfection était possible sans dépenses excessives ( art. 368 al. 2 CO ; ATF 111 II 173 consid. 5). Les dispositions spéciales sur la garantie des défauts en matière de contrat d'entreprise ne régissent pas l'hypothèse où l'entrepreneur se refuse à exécuter son obligation de réparer l'ouvrage. Il faut donc se référer aux principes généraux en cas d'inexécution d'une obligation dans un contrat bilatéral ( art. 102 ss CO ). Dès lors que l'entrepreneur se refusait obstinément, sans espoir de changement, à exécuter sa prestation, il n'était pas nécessaire de lui fixer formellement un délai pour s'exécuter ( art. 108 ch. 1 CO ). Les maîtres de l'ouvrage, en tant que créanciers de l'obligation de faire, pouvaient procéder directement selon l' art. 107 al. 2 CO . 2.4 D'après l' art. 107 al. 2 CO , le créancier peut persister à demander la prestation due, ainsi que des dommages-intérêts pour cause de retard (première hypothèse); il peut cependant, s'il en fait la déclaration immédiate, renoncer à exercer ce droit et réclamer des dommages-intérêts (positifs) pour cause d'inexécution (deuxième hypothèse); il peut aussi se départir du contrat (troisième hypothèse), ce qui revient à supprimer le rapport juridique avec effet rétroactif. Il convient maintenant d'appliquer cette règle juridique au cas particulier où le maître de l'ouvrage a exercé son droit formateur à une réparation de l'ouvrage et qu'il y a inexécution de l'obligation de réfection incombant à l'entrepreneur. Si le maître de l'ouvrage choisit la résolution (troisième hypothèse), l'exercice de son droit formateur est annihilé avec effet rétroactif et la jurisprudence admet qu'il se retrouve placé dans la situation qui était la sienne avant l'exercice du droit formateur, de sorte qu'il peut à nouveau opter entre les voies ouvertes par l' art. 368 CO et résilier le contrat d'entreprise ou demander une diminution du prix ( ATF 109 II 40 consid. 6a p. 42). En l'espèce, les maîtres de l'ouvrage n'ont pas choisi l'une de ces voies. Le maître de l'ouvrage peut aussi (c'est la première hypothèse de l' art. 107 al. 2 CO ) continuer à solliciter de l'entrepreneur la réparation de l'ouvrage. Si ce dernier s'y refuse, il est en droit de demander l'exécution des travaux par un tiers aux frais de l'entrepreneur BGE 136 III 273 S. 276 ( art. 98 al. 1 CO ), celui-ci devant, le cas échéant, procéder à l'avance des frais ( ATF 128 III 416 consid. 4.2.2). La jurisprudence a également admis, en appliquant par analogie l' art. 366 al. 2 CO , que le maître de l'ouvrage pouvait faire exécuter les travaux par un tiers sans autorisation préalable du juge ( ATF 126 III 230 consid. 7a p. 232/233). En l'espèce, les maîtres de l'ouvrage n'ont pas demandé l'exécution des travaux de réfection par un autre entrepreneur. Il reste la deuxième faculté prévue à l' art. 107 al. 2 CO : le maître de l'ouvrage peut renoncer à son droit à une réparation de la part de l'entrepreneur et exiger de ce dernier des dommages-intérêts (positifs) pour inexécution de son obligation de faire ( ATF 126 III 230 consid. 7a/bb p. 235 s.; ATF 96 II 351 consid. 2c p. 354; PIERRE ENGEL, Contrats de droit suisse, 2 e éd. 2000, p. 452; PETER GAUCH, Le contrat d'entreprise, adaptation française par Benoît Carron, 1999, n° 1831 s. p. 509/510; THEODOR BÜHLER, Commentaire zurichois, 3 e éd. 1998, n° 149 ad art. 368 CO ; FRANÇOIS CHAIX, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 51 ad art. 368 CO ; BERNARD CORBOZ, Contrat d'entreprise III, les défauts de l'ouvrage, FJS 460 p. 16). Il faut alors fixer des dommages-intérêts compensatoires correspondant à la contre-valeur de la prestation gratuite que l'entrepreneur aurait dû fournir en exécutant son obligation de réparer l'ouvrage (cf. ATF 96 II 351 consid. 2c p. 354). C'est manifestement la voie que les intimés ont choisie en déposant leur demande en justice. 2.5 Contrairement à ce qu'évoque la recourante, les intimés n'ont donc pas mélangé ou confondu les droits du maître en cas de défaut de l'ouvrage. Ils ont opté pour la réfection gratuite de l'ouvrage par l'entrepreneur et, n'ayant pas pu obtenir cette prestation, ils ont demandé des dommages-intérêts compensatoires pour inexécution de l'obligation de faire. La recourante ne peut, sans violer le principe de la bonne foi ( art. 2 al. 2 CC ), faire valoir que les intimés auraient tardé à renoncer à la réfection pour demander des dommages-intérêts pour cause d'inexécution. En effet, la recourante ne prétend pas avoir envisagé de réparer l'ouvrage et elle ne saurait reprocher à sa partie adverse d'avoir longuement espéré (notamment en prenant des conclusions subsidiaires) recevoir la prestation à laquelle elle avait droit . Comme on l'a vu, il s'agit de dommages-intérêts compensatoires, destinés à remplacer par une somme d'argent la prestation en BGE 136 III 273 S. 277 nature que l'entrepreneur aurait dû fournir. Il ne s'agit donc pas de rembourser des frais et l'argument selon lequel les intimés n'ont assumé à ce jour aucuns frais de réparation est dépourvu de pertinence. Il ne s'agit pas non plus de dommages-intérêts ayant pour fonction de réparer un dommage consécutif au défaut (cf. art. 368 al. 1 et al. 2 in fine CO), à savoir un préjudice qui est causé par le défaut lui-même et ne peut pas être réparé par les trois voies principales ouvertes par l' art. 368 CO (p. ex. si les infiltrations d'eau causées par un défaut endommagent les meubles appartenant au maître de l'ouvrage; cf. ATF 107 II 438 s.). 2.6 Les frais de réparation ont été évalués par l'expert à 36'000 fr., ce qui relève du fait et n'est pas contesté. Il s'y ajoute un montant de 4'000 fr. pour des frais de relogement, de déménagement et d'entreposage des meubles. Ce montant, qui ressortit aussi au fait, n'est pas non plus remis en cause. La contre-valeur de l'obligation de réfection incombant à l'entrepreneur comprend tous les frais accessoires nécessaires pour exécuter les travaux de réfection proprement dits ( ATF 111 II 173 consid. 5 p. 174; GAUCH, op. cit., n os 1718 p. 481, 1725 p. 483 et 1860 p. 515). De tels frais sont en conséquence assimilés aux frais de réparation et c'est à juste titre qu'ils ont été ajoutés par la cour cantonale. Il restait à déduire le solde dû sur la facture de l'entrepreneur, ce qui n'est pas contesté. Ainsi, l'arrêt attaqué ne viole en rien le droit fédéral et le recours doit être rejeté.
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Urteilskopf 112 Ia 315 48. Estratto della sentenza 2 luglio 1986 della I Corte di diritto pubblico nella causa P. SA c. Comune di L., Consiglio di Stato e Gran Consiglio del Cantone Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Art. 22ter BV ; Zuweisung eines Grundstücks ins übrige Gemeindegebiet. 1. Gesetzliche Grundlage und Kriterien für die Errichtung einer Zone ohne spezifische Bestimmung (E. 3a). 2. Das öffentliche Interesse gestattet die Aufschiebung der definitiven Zuweisung einer Fläche nur dann, wenn eine Ungewissheit besteht hinsichtlich der künftigen Nutzung; im konkreten Fall ist diese Voraussetzung nicht gegeben (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 112 Ia 315 S. 315 La P. SA è proprietaria di fondi nel Comune di L., che si estendono su una superficie non edificata e in parte boschiva di oltre un ettaro, per i quali la società aveva ottenuto dei permessi di costruzione rimasti inutilizzati. Una nuova licenza edilizia è stata rifiutata, in ultima istanza dal Tribunale federale, per il contrasto con il piano regolatore che ha inserito l'appezzamento nella zona residua e nella zona forestale. La P. SA ha impugnato senza successo la pianificazione davanti al Consiglio di Stato e al Gran Consiglio. Contro l'ultima decisione essa ha interposto un ricorso di diritto pubblico, che il Tribunale federale ha accolto nel senso dei considerandi. BGE 112 Ia 315 S. 316 Erwägungen Dai considerandi: 3. Da un punto di vista materiale la P. SA stima che il provvedimento nei suoi confronti sia inconciliabile con l' art. 22ter Cost. , in quanto carente di una base legale, non sorretto da un interesse generale prevalente a ridurre i terreni edificabili già rari nella località, in contrasto con la natura dei fondi, e in ogni caso sproporzionato nella scelta dell'intervento. a) Nel Cantone Ticino i piani regolatori comunali, che esprimono la volontà dell'organo legislativo (art. 18 cpv. 1 LE) ed entrano in vigore con l'approvazione del Consiglio di Stato (art. 25 cpv. 1 LE), devono suddividere il territorio, ai fini di un'organizzazione razionale e di uno sviluppo armonico (art. 15 cpv. 1 lett. a LE) in diverse zone dall'utilizzazione determinata, fra le quali è prevista quella residua (art. 16 cpv. 2 lett. a LE). Ciò costituisce una base legale chiara e univoca, sufficiente anche al libero esame che deriverebbe da una grave restrizione del diritto di proprietà ( DTF 110 Ia 169 consid. 7a, DTF 110 Ib 139 consid. 3 con riferimenti), per i vincoli imposti agli immobili della ricorrente. La definizione di una tale area è pure conforme al diritto federale, a condizione che siano stabilite le altre zone da delimitare in priorità ( DTF 110 Ib 267 ). Le fasce di utilizzazione contemplate nella LE rispecchiano sostanzialmente le esigenze della pianificazione territoriale e prescrivono le zone, anche agricole, richieste dagli art. 14 e segg. LPT. Nell'opinione di SCOLARI (Commentario della legge edilizia, n. 51 all'art. 16) la zona residua comprende ogni superficie senza destinazione speciale, segnatamente tutto il territorio improduttivo. Nella fattispecie non si tratta di terreni sterili e la decisione del Consiglio di Stato lascia piuttosto supporre una sorta di zona riservata, con la rinuncia a conferirle per il momento uno scopo particolare e la possibilità di estendere nell'avvenire la zona edificabile. Anche questa misura è di principio ammissibile, tanto per il diritto federale ( art. 18 cpv. 2 LPT ), quanto per l'ordinamento cantonale: SCOLARI, nell'opera e al punto citati, parla infatti di territorio di riserva e di transizione che potrà successivamente venire incluso nelle future zone di sviluppo o di verde. b) L'istituzione di una zona residua adempie il requisito costituzionale dell'interesse pubblico se risponde a corretti intenti urbanistici, che il Tribunale federale esamina liberamente salvo in BGE 112 Ia 315 S. 317 presenza di circostanze locali, meglio conosciute e valutate dalle autorità cantonali ( DTF 110 Ia 172 consid. 7aa). In ossequio all'obbligo di pianificare ( art. 2 LPT ) ed ai principi che lo dirigono ( art. 3 LPT ) ciò si verifica normalmente quando al momento di disporre i criteri di utilizzazione una determinata area non può ricevere una collocazione definitiva per ragioni inerenti alla pianificazione (cfr. DTF 109 Ib 25 consid. 4d, DTF 107 Ib 336 consid. 3). Ad un comune non è concesso invece di lasciare una superficie nel territorio residuo per motivi di altra indole, ad esempio perché vuole semplicemente preservarla da un'edificazione il più a lungo possibile ( DTF 110 Ia 53 consid. 4). In assenza di fondati argomenti che giustifichino il differimento di una precisa assegnazione il comune deve manifestare le sue intenzioni, e cioè creare una zona verde o una residenziale, oppure entrambe in ragionata delimitazione. Sotto l'aspetto pianificatorio di regola non è contestabile che l'area posta a margine del territorio edificabile, prevista per un successivo azzonamento, sia attribuita alla zona residua con funzioni di riserva, allorché lo sviluppo urbano non è ancora chiaramente percepibile e sono dunque incerte le modalità pratiche e temporali dell'ulteriore inserimento in una delle diverse zone. Nel caso concreto non ci si trova tuttavia in questa situazione: gli immobili della ricorrente, noti al Tribunale federale per il sopralluogo esperito nella causa edilizia, sono attorniati da zone di utilizzazione definitive e nella parte inferiore coperti da bosco (zona forestale, art. 18 cpv. 3 LPT e art. 16 cpv. 2 LE). Essi confinano con zone residenziali o di attrezzature e edifici pubblici; per rendere accessibile quest'ultima zona, contigua a oriente, è da tempo progettata la costruzione di una strada rionale. In queste condizioni la fattispecie non si differenzia in modo notevole dalla richiamata DTF 110 Ia 51 e segg.: un appezzamento situato in mezzo a zone di utilizzazione definitive, in prevalenza edificate, è attribuito al territorio di riserva senza il supporto di motivi oggettivi, che peraltro dovevano essere addotti già secondo la giurisprudenza in vigore al momento della decisione (cfr. DTF 103 Ia 253 ). Le autorità cantonali non paiono anzi concordi sulle ragioni dell'attribuzione. Il rapporto della commissione speciale al messaggio municipale concernente il piano regolatore della frazione, sottoposto al Consiglio comunale, proponeva di togliere i fondi dal territorio edificabile per inserirli nella zona residua, in conseguenza del valore paesaggistico mostrato dal pendio, che si collega senza soluzione di continuità attraverso i terreni BGE 112 Ia 315 S. 318 comunali con un parco naturale. Il Consiglio di Stato prima e il Gran Consiglio poi hanno invece argomentato con l'estensione della zona edificabile comunale, giudicata persino eccessiva, per salvaguardare una porzione di territorio ai successivi bisogni di insediamento. Se si perseguono i fini enunciati dal Comune non è possibile decretare una zona di riserva, ma occorre stabilire una zona verde. Se al contrario la tutela del paesaggio tollera delle costruzioni, sia pure limitate come il Municipio ammette nelle osservazioni al ricorso di diritto pubblico, dev'essere esaminato il problema di una parziale destinazione all'edilizia, magari nella forma del piano particolareggiato secondo l'art. 16 cpv. 4 LE. Sulla base di queste considerazioni bisogna riconoscere che l'attribuzione dei terreni alla zona residua non è giustificata da un interesse pubblico sufficiente, siccome non è sorretta da pertinenti riflessioni di ordine pianificatorio. In effetti non è possibile dedurne perché l'area, alquanto ristretta in rapporto all'intero territorio comunale, non ha potuto essere adibita ad un'utilizzazione definitiva corrispondente allo scopo voluto, che fosse una zona verde, residenziale o mista, con l'emanazione del piano regolatore.
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Urteilskopf 134 V 138 17. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Commune de X. contre Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (recours en matière de droit public) 9C_408/2007 du 4 mars 2008
Regeste Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG ; Art. 78 ATSG ; Zulässigkeit der Beschwerde in Sachen Verantwortlichkeit der IV-Stelle für Dritten zugefügte Schäden. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen kantonalen Entscheid betreffend die Höhe des Schadens, für welche die IV-Stelle gestützt auf Art. 78 ATSG haftet, steht nur offen, wenn der Streitwert die Grenze von Fr. 30'000.- gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG erreicht (E. 1.2.2). Ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen den kantonalen Entscheid in der Sache unzulässig, gilt dasselbe auch hinsichtlich des Kostenentscheids des kantonalen Gerichts (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 134 V 138 S. 139 A. Le 16 novembre 2004, la Commune de X. a requis de l'Office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud (ci-après: office AI) la réparation du dommage qu'elle avait subi en n'obtenant pas le remboursement d'avances consenties à un ancien employé, mis au bénéfice d'une rente entière de l'assurance-invalidité à partir du 1 er juillet 2002. En raison d'une omission de l'office AI, qui n'avait pas donné suite à la demande de la commune de lui envoyer la formule spéciale en vue d'obtenir le remboursement des prestations qu'elle avait avancées, les arriérés de rentes avaient été versés à l'assuré directement et non à la commune. Par décision du 11 janvier 2005, l'office AI a rejeté la demande, motifs pris de l'absence d'acte illicite et de l'interruption du lien de causalité (entre un éventuel acte illicite et le dommage) du fait de l'assuré, qui avait refusé de signer la formule de demande de compensation présentée par son ancien employeur. B. B.a La commune a recouru contre cette décision et conclu (après avoir réduit ses prétentions en cours de procédure) à la condamnation de l'office AI à lui payer la somme de 25'530 fr., plus intérêts à 5 % l'an dès le 1 er février 2005. Statuant le 27 février 2006, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a rejeté le recours. BGE 134 V 138 S. 140 Saisi d'un recours de la commune, le Tribunal fédéral des assurances l'a admis par arrêt I 361/06 du 18 octobre 2006. Annulant le jugement attaqué, il a renvoyé la cause aux tribunal cantonal pour nouveau jugement au sens des considérants: l'omission de l'envoi de la formule de remboursement constituait un acte illicite de l'office AI et le lien de causalité entre l'omission et le dommage était établi; le montant du dommage, qu'il appartenait à la juridiction cantonale d'établir, correspondait au montant rétroactif auquel la commune aurait pu prétendre, compte tenu des prétentions en remboursement de l'assureur-maladie et de l'institution de prévoyance, ainsi que d'une éventuelle réduction pour faute propre de la commune. B.b Par jugement du 5 mars 2007, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a admis partiellement le recours: il a annulé la décision du 11 janvier 2005 et fixé à 22'037 fr. 40 la somme due par l'office AI à la Commune de X. au titre de réparation du dommage; par ailleurs, il a arrêté à 2'500 fr. le montant des dépens alloués à la commune à charge de l'office AI. C. La Commune de X. interjette un recours contre le jugement cantonal et conclut à sa réforme, en ce sens que la somme due à titre de réparation du dommage est fixée à 24'485 fr. 58, plus intérêts à 5 % dès le 1 er avril 2004, et le montant des dépens arrêté à 5'000 fr. L'office AI et l'Office fédéral des assurances sociales ont renoncé à se déterminer. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office et librement sa compétence, respectivement la recevabilité des recours qui lui sont soumis ( art. 29 al. 1 LTF ; ATF 133 I 206 consid. 2 p. 210; ATF 133 II 249 consid. 1.1 p. 251). 1.1 La contestation tranchée par l'autorité de recours de première instance porte sur le montant de la prétention en responsabilité de la recourante à l'égard de l'intimé fondée sur l'art. 78 de la loi fédérale du 6 octobre 2000 sur la partie générale du droit des assurances sociales (LPGA; RS 830.1; sur la réalisation des conditions de la responsabilité, voir l'arrêt I 361/06 du 18 octobre 2006, publié en extrait in ATF 133 V 14 ). Le droit qui régit l'affaire au fond appartenant au droit public, il s'agit d'une cause de droit public et le BGE 134 V 138 S. 141 jugement entrepris peut dès lors faire l'objet d'un recours en matière de droit public ( art. 82 let. a LTF ). 1.2 Selon l' art. 85 al. 1 let. a LTF , s'agissant de contestations pécuniaires, le recours en matière de droit public est irrecevable en matière de responsabilité étatique si la valeur litigieuse est inférieure à 30'000 fr. 1.2.1 La présente contestation, dans laquelle la recourante requiert la condamnation de l'intimé au paiement d'un montant de 24'485 fr. 58, constitue un contentieux pécuniaire. 1.2.2 En ce qui concerne la responsabilité étatique au sens de l' art. 85 al. 1 let. a LTF , entrent dans le champ d'application de cette disposition non seulement les cas de responsabilité étatique prévus par le droit général de la responsabilité de l'Etat (loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires [loi sur la responsabilité, LRCF; RS 170.32], lois cantonales analogues), mais également les responsabilités de l'Etat prévues par des lois spéciales (BEAT RUDIN, in Niggli/Übersax/Wiprächtiger [éd.], Bundesgerichtsgesetz, Commentaire bâlois, Bâle 2008, n. 11 ad art. 85 LTF ). Par ailleurs, outre l'Etat - soit la Confédération, les cantons ou les communes - et ses agents, peuvent être mises en cause en tant que sujets de la responsabilité d'autres personnes morales de droit public et des personnes privées qui, dans l'exercice de tâches de droit public qui leur sont confiées, causent sans droit un dommage à des tiers (RUDIN, op. cit., n. 12 ad art. 85 LTF ; dans ce sens également PIERRE MOOR, De l'accès au juge et de l'unification des recours, in Bellanger/Tanquerel [éd.], Les nouveaux recours fédéraux en droit public, Genève 2006, p. 171 s., n. 61, selon lequel il aurait fallu dire "responsabilité de droit public" au lieu des termes impropres de "responsabilité étatique"; contra KIESER, Auswirkungen des Bundesgesetzes über das Bundesgericht auf die Sozialversicherungsrechtspflege, in Ehrenzeller/Schweizer [éd.], Reorganisation der Bundesrechtspflege - Neuerungen und Auswirkungen in der Praxis, St.-Gall 2006, p. 453 n. 60). En ce qui concerne la Confédération, l' art. 19 LRCF prévoit, par exemple, la responsabilité des institutions indépendantes de l'administration ordinaire qui sont chargées d'exécuter des tâches de droit public par la Confédération pour le dommage causé sans droit par l'un de leurs organes ou employés à un tiers. BGE 134 V 138 S. 142 En l'occurrence, la prétention de la recourante se fonde sur la responsabilité de l'assurance-invalidité pour un acte illicite accompli par son organe ou son agent, comme organe d'exécution de la loi. En sa qualité d'office AI institué par le canton de Vaud en tant qu'établissement autonome de droit public (cf. art. 54 al. 1 de la loi fédérale du 19 juin 1959 sur l'assurance-invalidité [LAI; RS 831.20]; art. 1 de la loi vaudoise du 14 septembre 1993 instituant l'office de l'assurance-invalidité pour le canton de Vaud [LOAI/VD, RSV 831.01] ), l'intimé est chargé de mettre en oeuvre l'assurance-invalidité sous la surveillance de la Confédération ( art. 53 LAI ), en exerçant les attributions qui lui sont conférées par l' art. 57 LAI . Sa responsabilité pour les dommages est régie par l' art. 78 LPGA (auquel renvoient les art. 66 LAI et 10 LOAI/VD) qui prévoit les conditions de la responsabilité dans le domaine des assurances sociales. Il s'agit donc d'un cas de responsabilité réglé de manière spécifique par une disposition spéciale qui relève de la responsabilité étatique au sens de l' art. 85 al. 1 let. a LTF (GHISLAINE FRÉSARD- FELLAY, Une responsabilité objective nouvelle: la responsabilité de l'assureur social [ art. 78 LPGA ], REAS 2007 p. 180 ss, 184; RUDIN, op. cit., p. 828 n. 14; HANSJÖRG SEILER, in Seiler/von Werdt/Güngerich [éd.], Bundesgerichtsgesetz [BGG], Berne 2007, n. 5 ad art. 85 LTF ). 1.2.3 En application de l' art. 85 al. 1 let. a LTF , le recours en matière de droit public est recevable pour autant que la valeur litigieuse atteigne 30'000 fr. Au regard des conclusions restées litigieuses devant l'autorité précédente ( art. 51 al. 1 let. a LTF ) qui portaient sur un montant de 25'530 fr. (mémoire complémentaire du 21 avril 2005 produit en instance cantonale) et abstraction faite des intérêts et dépens qui sont réclamés comme droits accessoires ( art. 51 al. 3 LTF ), cette condition n'est pas remplie en l'espèce. 1.3 Lorsque la valeur litigieuse n'atteint pas le montant déterminant, le recours en matière de droit public est néanmoins recevable si la contestation soulève une question juridique de principe, conformément à l' art. 85 al. 2 LTF . Dans un tel cas, lorsque le recours n'est recevable que lorsqu'il soulève une question juridique de principe, le recourant doit exposer en quoi l'affaire remplit la condition exigée (art. 42 al. 2 deuxième phrase LTF). La recourante ne fait toutefois rien valoir en ce sens et on ne voit du reste pas que sa cause portât sur une question juridique de principe. On précisera à cet égard que lorsque le point soulevé ne concerne que BGE 134 V 138 S. 143 l'application des principes jurisprudentiels à un cas d'espèce, il ne peut être qualifié de question juridique de principe ( ATF 134 III 115 consid. 1.2 p. 117; ATF 133 III 493 consid. 1.2 p. 496). La voie du recours en matière de droit public n'est dès lors pas ouverte. 2. Le jugement entrepris ne pouvant faire l'objet d'un recours en matière de droit public, il reste à déterminer si le recours est recevable au titre de recours constitutionnel subsidiaire ( art. 113 ss LTF ). 2.1 Un tel recours peut être formé pour violation des droits constitutionnels ( art. 116 LTF ). Aux termes de l' art. 106 al. 2 LTF , le Tribunal fédéral n'examine la violation de droits fondamentaux que si ce grief a été invoqué et motivé par le recourant. Cette disposition reprend le principe du grief (Rügeprinzip) que la pratique relative au recours de droit public avait établi en relation avec l' art. 90 OJ ( ATF 133 II 249 consid. 1.4.2 p. 254; ATF 133 III 393 consid. 6 p. 397). Selon cette pratique, l'acte de recours doit, à peine d'irrecevabilité, contenir un exposé succinct des droits constitutionnels ou des principes juridiques violés et préciser en quoi consiste la violation. Le Tribunal fédéral n'a donc pas à vérifier de lui-même si l'arrêt entrepris est en tous points conforme au droit et à l'équité, mais n'examine que les griefs d'ordre constitutionnel invoqués et suffisamment motivés dans l'acte de recours ( art. 106 al. 2 LTF en corrélation avec l' art. 117 LTF ; cf. ATF 130 I 258 consid. 1.3 p. 261/262 et les références). 2.2 Le recours formé par la Commune de X. ne remplit manifestement pas les exigences prévues par l' art. 106 al. 2 LTF et la jurisprudence y relative. Les motifs de recours, qui portent en substance sur une violation de l' art. 44 CO quant à l'absence d'une faute propre susceptible d'entraîner une réduction du dommage, n'ont pas trait aux droits constitutionnels. La seule mention de l'art. 5 al. 3 de la Constitution, auquel la recourante se réfère en relation avec la négligence qui lui était reprochée par la juridiction cantonale, ne correspond pas à un grief d'ordre constitutionnel. En conséquence, le recours n'est pas non plus recevable en tant que recours constitutionnel subsidiaire. 3. Il résulte de ce qui précède qu'il n'y a pas lieu d'entrer en matière sur le recours de la Commune de X. Cela vaut tant pour les conclusions de la recourante sur le fond (condamnation de l'intimé au paiement d'un montant de 24'485 fr. 58, plus intérêts à 5 % dès le 1 er avril 2004) que pour celles sur la BGE 134 V 138 S. 144 fixation des dépens de la procédure cantonale (à 5'000 fr.). Selon le principe de l'unité de la procédure qui s'impose même sans une prescription expresse (voir, sous l'empire de l'OJ, la règle de l' art. 101 OJ ), la voie de droit contre une décision portant sur les dépens suit celle contre la question sur le fond (arrêt 5A_218/2007 du 7 août 2007; voir aussi ATF 133 III 645 consid. 2.2 p. 647 [quant à une décision incidente] et l'arrêt 2D_1/2007 du 2 avril 2007, consid. 2.2 [quant à une décision sur le rejet de l'assistance judiciaire] et SEILER, op. cit., n. 13 ad art. 83 LTF ). En d'autres termes, le recours en matière de droit public n'est en l'espèce pas ouvert contre la décision de la juridiction cantonale sur les dépens, parce que le litige au fond ne peut être déféré au Tribunal fédéral par cette voie de droit (supra consid. 1.2 et 1.3). Par ailleurs, en faisant valoir que le montant des dépens arrêté par la juridiction cantonale "est manifestement trop bas", la recourante ne soulève pas un grief d'ordre constitutionnel, de sorte que ses conclusions sur ce point ne sont pas non plus recevables sous l'angle du recours constitutionnel subsidiaire ( art. 106 al. 2 LTF et supra consid. 2.1).
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2,008
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988cc077-0a79-4b26-9999-b6e754ab10f9
Urteilskopf 102 IV 18 5. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. Februar 1976 i.S. Schoch gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 139 Ziff. 2 StGB : schwerer Raub durch Bedrohung mit dem Tod. Die Todesdrohung muss objektiv unmittelbar ausführbar sein und das Opfer in eine hochgradige Todesgefahr versetzt werden.
Erwägungen ab Seite 19 BGE 102 IV 18 S. 19 Aus den Erwägungen: Art. 139 Ziff. 2 StGB zählt die Fälle des schweren Raubes auf und nennt als ersten Tatbestand die Bedrohung mit dem Tod. Der gleiche Sachverhalt wird schon vom Grundtatbestand des Art. 139 Ziff. 1 erfasst, wo als einfacher Räuber u.a. bestraft wird, wer eine Person mit einer gegenwärtigen Gefahr für das Leben bedroht. Dieser Widerspruch erklärt sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, indem Ziffer 1 nachträglich eine Änderung erfuhr, ohne dass Ziffer 2 entsprechend angepasst wurde ( BGE 72 IV 57 ). Um diese Ungereimtheit zu beheben, ist der qualifizierte Tatbestand der Ziff. 2 Abs. 2 einschränkend auszulegen. Die Vorinstanz ist der Meinung, dass die Möglichkeit der Verwirklichung der Todesdrohung kein genügendes Kriterium für die Abgrenzung zu Ziffer 1 darstelle und deshalb ausserdem die Bereitschaft des Täters, die Drohung notfalls wahrzumachen, gefordert werden müsse. Sie leitet dieses Merkmal aus der Generalklausel (Ziff. 2 Abs. 4) ab, nach der auch die subjektiven Seiten des Falles zu berücksichtigen seien (vgl. dazu z.B. BGE 100 IV 222 ). Das Bundesgericht hat indessen bereits entschieden, dass es auf die Bereitschaft oder Absicht des Täters, die Todesdrohung zu verwirklichen, nicht ankomme, und zwar gestützt auf die Entstehungsgeschichte und die Tatsache, dass in keiner andern Bestimmung des StGB die Strafbarkeit der Drohung vom Willen des Täters abhängig gemacht werde, ferner auch aus der praktischen Überlegung heraus, dass die Verwirklichungsabsicht im Falle der Bestreitung schwer nachzuweisen wäre ( BGE 72 IV 58 ). An dieser Auffassung ist umso mehr festzuhalten, als das Gesetz auch die anderen, in Ziffer 2 genannten besonderen Qualifikationsgründe (Verübung einer schweren Körperverletzung, bandenmässige Begehung) durch objektive Merkmale umschreibt und damit zum Ausdruck bringt, dass sie für sich allein genügen, um daraus auf die besondere Gefährlichkeit des Täters zu schliessen. In BGE 72 IV 58 wurde nur entschieden, dass stets einfacher BGE 102 IV 18 S. 20 Raub nach Art. 139 Ziff. 1 StGB vorliege, wenn die Drohung mit dem Tod zum vorneherein nicht wahrgemacht werden könne, der Täter also bloss durch eine Täuschung Todesangst hervorrufe. Daraus folgt noch nicht und wurde im erwähnten Entscheid auch nicht gesagt, dass jedes Mal, wenn der Täter über die Mittel zur Verwirklichung der Drohung verfüge, ein schwerer Raub im Sinne der Ziffer 2 anzunehmen sei. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die Tat die besondere Gefährlichkeit des Täters offenbare ( BGE 72 IV 58 ), ein Merkmal, das auch dann nicht immer gegeben zu sein braucht, wenn die Todesdrohung an sich ausführbar ist, z.B. wenn die Drohung aus irgendwelchen Gründen nicht ernst genommen wird oder wenn ihre Ausführung zusätzliche Vorkehren, etwa die Beseitigung von Hindernissen, erfordert. Die Voraussetzung der besondern Gefährlichkeit des Täters ist jedoch als erfüllt zu betrachten, wenn er die Todesdrohung objektiv unmittelbar verwirklichen kann und das Opfer nach den Umständen, insbesondere nach der Art der Drohung, tatsächlich einer grossen Todesgefahr ausgesetzt ist, diese also hochgradig ist. Schoch brachte eine Bankkundin durch einen überraschenden Griff von hinten in seine unmittelbare Gewalt und bedrohte sie gleichzeitig mit dem Tod, indem er die Spitze eines langen Küchenmessers an ihre Kehle setzte, um das Bankpersonal zur Herausgabe des geforderten Geldes zu zwingen. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz befand sich die Geisel in einem Schreckzustand, und das Bankpersonal kam aus Furcht um das Leben der Geisel der Forderung des Angeklagten unverzüglich nach. Dass die Bedrohte in hohem Grade in Todesgefahr schwebte, ergibt sich daraus, dass schon eine unbedachte Bewegung des Täters oder des Opfers hätte genügen können, diesem eine lebensgefährliche Verletzung zuzufügen. Die Tat fällt demzufolge unter Art. 139 Ziff. 2, nicht Ziff. 1, wie die Vorinstanz angenommen hat.
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1,976
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988f14a9-1473-4c99-9c61-b7a7bdcf02a5
Urteilskopf 84 II 164 24. Extrait de l'arrêt de la 1re Cour civile du 1er avril 1958 dans la cause Parisi contre Virchaux.
Regeste Agenturvertrag, Art. 418 lit. u OR. Voraussetzungen, unter denen dem Agenten nach Auflösung des Vertrages ein Entschädigungsanspruch für die geworbene Kundschaft zusteht.
Sachverhalt ab Seite 164 BGE 84 II 164 S. 164 A.- Virchaux fabrique et vend des tissus élastiques sous la raison commerciale "Viso". A la fin de l'année 1953, il publia une annonce selon laquelle il cherchait un "représentant général" pour la Suisse. Il reçut une offre de Parisi, qui, depuis dix ans, fabrique un soutien-gorge qu'il vend sous la marque "Parisa". Parisi exposait que, son entreprise ne suffisant pas à l'occuper entièrement, il désirait trouver une activité complémentaire. Il est inscrit au registre du commerce. Le 15 mars 1954, Parisi et Virchaux conclurent un contrat dont la teneur est en résumé la suivante: Parisi est engagé comme "représentant" de la fabrique Viso. Il "mettra tout en oeuvre pour trouver de nouveaux clients dans les localités de son rayon, mais tout en demandant auparavant l'accord de "Viso"" (clause no 1). Il s'engage à ne vendre que le soutien-gorge "Parisa" et les articles "Viso" (clause no 2). Il "se déclare d'accord d'établir régulièrement un rapport des visites effectuées, sur un formulaire mis à sa disposition par la fabrique "Viso"" (clause no 4). Il "confirme qu'il est d'accord de prendre part au rapport à St-Blaise sur convocation de la fabrique "Viso"" (clause no 5). Sa rétribution consistera dans une commission de 5% sur toutes les commandes, payable à la fin de juin et à la fin de décembre (clause no 6). En cas de résiliation du contrat et dès le 1er août 1954, il s'engage à ne fabriquer ni ne vendre, pendant un an, "les gaines élastiques et soutiens-gorge, sauf ceux de sa fabrication BGE 84 II 164 S. 165 avec armature métallique" (clause no 8). "Le présent contrat est résiliable moyennant préavis d'un mois pendant la période d'essai qui court jusqu'au 31 juillet 1954. Après cette date, le contrat n'est résiliable que moyennant préavis de part et d'autre de trois mois, donné à la fin d'un mois" (clause no 9). Ce contrat fut dénoncé par Virchaux, le 30 mars 1955, pour le 30 juin suivant. Pendant les 17 mois de son activité, qui avait débuté avant la signature du contrat, à la fin de janvier 1954, Parisi avait perçu en moyenne 350 fr. de commissions par mois. Il ne touchait rien pour ses frais de voyage; Virchaux se bornait à lui faire des avances sur ses commissions. B.- Parisi a actionné Virchaux en paiement de 10 000 fr. Il soutenait que cette somme lui était due soit à titre de frais si sa situation avait été celle d'un voyageur de commerce (art. 13 LEVC), soit à titre d'indemnité pour la clientèle s'il avait été un agent (art. 418 lit. u CO). Virchaux a conclu au rejet pur et simple de l'action. Le 4 novembre 1957, le Tribunal cantonal neuchâtelois a rejeté la demande. Il a qualifié de contrat d'agence la convention du 15 mars 1954. Tout en reconnaissant que le demandeur avait sensiblement augmenté le nombre des clients du défendeur et que celui-ci profite effectivement de cette clientèle supplémentaire, il a rejeté la demande d'indemnité fondée sur l'art. 418 lit. u CO par le motif que Parisi n'avait réalisé aucun gain net. C.- Contre cet arrêt, Parisi a formé un recours en réforme. Il maintient devant le Tribunal fédéral ses conclusions premières et invoque principalement la loi sur les conditions d'engagement des voyageurs de commerce, subsidiairement l'art. 418 lit. u CO. L'intimé conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1, 2 et 3. - (La convention du 15 mars 1954 constitue un contrat d'agence, non un contrat de travail.) BGE 84 II 164 S. 166 4. - S'agissant d'un contrat d'agence, Parisi fonde sa demande d'indemnité sur l'art. 418 lit. u al. 1 CO. Cette disposition légale confère à l'agent le droit à une indemnité pour la clientèle lorsque, par son activité, il "a augmenté sensiblement le nombre des clients du mandant" et que ce dernier tire un profit effectif de cette augmentation, même après la fin du contrat. La cour cantonale a constaté souverainement qu'en dixsept mois d'activité, Parisi a procuré au défendeur 38 clients nouveaux, alors que les anciens étaient au nombre de 85. C'est avec raison que le juge cantonal a vu là une augmentation "sensible" selon l'art. 418 lit. u CO. Le premier juge a constaté en outre que la plupart de ces nouveaux clients sont demeurés fidèles à Virchaux. Il en a conclu à juste titre que le défendeur tire encore un profit effectif du travail de son agent. Les conditions auxquelles l'art. 418 lit. u CO subordonne le droit à une indemnité sont donc remplies en l'espèce. 5. Mais cette disposition légale prévoit que l'indemnité "ne peut cependant pas dépasser le gain annuel net résultant du contrat et calculé d'après la moyenne des cinq dernières années ou d'après celle de la durée entière du contrat si celui-ci a duré moins longtemps". Il est clair que par "le gain ... résultant du contrat", la loi vise le gain réalisé par l'agent. De plus et contrairement à ce que soutient Parisi, il faut entendre par "gain annuel net" le gain réalisé par lui après déduction de tous les frais qu'il a engagés à cet effet. Or, dans la mesure où ils sont afférents à l'acquisition de commandes pour le compte du mandant, les frais de voyage rentrent au nombre des articles qu'il faut déduire dans le calcul du gain annuel net. Cela est d'autant plus certain que, selon le système de la loi et sauf convention ou usage contraire, les frais et débours résultant de l'exercice normal de son activité sont à la charge de l'agent (art. 418 lit. u CO). Ce n'est donc pas seulement, comme le soutient Parisi, lorsque les frais incombent au BGE 84 II 164 S. 167 mandant qu'ils sont déductibles, ils le sont aussi lorsque l'agent doit les supporter lui-même. Aussi bien est-ce avec raison que le premier juge a déduit les frais de voyage du demandeur pour déterminer le "gain annuel net". Or, se fondant d'une part sur les propres affirmations du demandeur en procédure et, d'autre part, sur les gains établis et sur une estimation des dépenses effectives, la cour cantonale a constaté qu'en moyenne les frais de voyage afférents à l'activité de Parisi pour la maison Viso étaient au moins aussi élevés que ses commissions. C'est là une constatation souveraine et que le recourant, du reste, ne conteste pas en principe. Il en faut conclure que, conformément à l'art. 418 lit. u al. 2 CO, Parisi n'a droit à aucune indemnité. Cette solution est conforme non seulement au texte clair de la loi, mais aussi à la volonté du législateur. La disposition légale précitée, introduite au cours des débats parlementaires, limite le droit à l'indemnité pour la clientèle, dont le principe même avait été fort contesté. Elle crée en effet, en faveur de l'agent, un privilège dont ne bénéficie pas l'employé lié par un contrat de travail dans les mêmes conditions. Une proposition tendant à atténuer la rigueur de cette limitation a été rejetée. Le législateur a donc bien entendu qu'en aucun cas, l'indemnité ne puisse dépasser le gain annuel net. Lorsque ce gain est nul, elle doit être refusée totalement, alors même que les conditions auxquelles la loi la subordonne par ailleurs sont remplies (Bull. Stén. CE 1949, par 65, Ire colonne, 3e alinéa). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours, confirme l'arrêt attaqué.
public_law
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1,958
CH_BGE
CH_BGE_004
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98954c16-3db4-4d4c-ac41-8251ab3f0d41
Urteilskopf 81 III 24 8. Entscheid vom 4. Februar 1955 i.S. Fischer-Süffert AG
Regeste Aussonderung im Konkurs. Pflicht der Konkursverwaltung, über einen auf Grund eines Kaufvertrags mit Eigentumsvorbehalt nach Ablauf der Eingabefrist angemeldeten Eigentumsanspruch eine Verfügung im Sinne von Art. 242 SchKG zu treffen, auch wenn vorher auf Grund des gleichen Vertrags eine pfandgesicherte Forderung eingegeben und kolloziert worden war.
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 81 III 24 S. 24 Im Konkurs über Ernst Schiess meldete die Rekurrentin am 24. Mai 1954 unter Vorlegung eines Kaufvertrags mit Eigentumsvorbehalt eine pfandgesicherte Forderung von Fr. 4100.20 an. Das Konkursamt Werdenberg (Konkursverwaltung) liess diese Forderung wie angemeldet zu. Zwei Gläubiger erhoben jedoch Klage mit dem Begehren, die Kollokation als pfandgesicherte Forderung sei aufzuheben. Der Prozess ist noch hängig. Am 9. November 1954 schrieb die Rekurrentin dem Konkursamt, sie habe irrtümlich eine pfandgesicherte Forderung angemeldet; in Wirklichkeit stehe ihr kraft BGE 81 III 24 S. 25 Eigentumsvorbehalts das Eigentum an der dem Gemeinschuldner verkauften Sache zu; die Konkursverwaltung habe ihr diese herauszugeben und dabei gemäss Art. 242 SchKG zu verfahren. Am 16. November 1954 antwortete das Konkursamt, es könne diesem Begehren (jedenfalls vorläufig) nicht entsprechen. Gegen diese Verfügung führte die Rekurrentin am 17. November 1954 Beschwerde mit dem Antrag, sie sei aufzuheben und das Konkursamt sei anzuweisen, gemäss Art. 242 SchKG vorzugehen und ihr die vindizierte Sache herauszugeben oder eine Klagefrist anzusetzen. Am 15. Januar 1955 ist die kantonale Aufsichtsbehörde auf die Beschwerde nicht eingetreten mit der Begründung, die Rekurrentin hätte dagegen, dass die Konkursverwaltung eine pfandgesicherte Forderung kollozierte, statt das Verfahren nach Art. 242 SchKG einzuleiten, binnen 10 Tagen seit Auflage des Kollokationsplans Beschwerde führen sollen, wenn sie in Wirklichkeit nicht eine Pfandforderung, sondern einen Eigentumsanspruch habe geltend machen wollen. Vor Bundesgericht erneuert die Rekurrentin ihren Beschwerdeantrag. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Kollokationsverfügung des Konkursamtes entsprach genau der Konkurseingabe der Rekurrentin. Diese wurde also durch jene Verfügung nicht beschwert und konnte folglich dagegen nicht Beschwerde führen. Anlass zu einer Beschwerde erhielt sie erst, als das Konkursamt am 16. November 1954 das von ihr am 9. November 195 gestellte Begehren ablehnte, über ihren Eigentumsanspruch eine Verfügung im Sinne von Art. 242 SchKG zu treffen. Die Beschwerde vom 17. November 1954 ist demnach rechtzeitig. 2. Eine Drittansprache ist auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erst nach Ablauf der Eingabefrist von BGE 81 III 24 S. 26 Art. 232 Ziff. 2 SchKG angemeldet wird ( BGE 31 I 513 ff., BGE 39 I 132 = Separatausgabe 8 S. 221 ff., 16 S. 14). Der Umstand, dass die Rekurrentin zunächst eine pfandgesicherte Forderung eingegeben hatte und diese im Kollokationsplan zugelassen worden war, hinderte das Konkursamt keineswegs, über den am 9. November 1954 auf Grund des gleichen Vertrags angemeldeten Eigentumsanspruch einen Entscheid gemäss Art. 242 SchKG herbeizuführen. Mit der Anmeldung dieses Anspruchs zog die Rekurrentin ihre Forderungseingabe, die sie als irrtümlich erfolgt bezeichnete, zurück, womit die Kollokation der pfandgesicherten Forderung hinfällig und der Kollokationsprozess gegenstandslos wurde. Ob die Rekurrentin damit, dass sie zunächst eine pfandgesicherte Forderung eingab, den Eigentumsvorbehalt verwirkt habe, wie das Konkursamt gemäss Ziffer 6 seiner Vernehmlassung vom 26. November 1954 annimmt, ist eine Frage des materiellen Rechts, über die das Konkursamt im Rahmen von Art. 242 SchKG entscheiden muss. Die Annahme, dass ein Aussonderungsanspruch unbegründet sei, kann die Verweigerung der Anwendung von Art. 242 SchKG keinesfalls rechtfertigen, sondern nur ein Motiv für die Abweisung des Anspruchs und die Ansetzung einer Klagefrist an den Ansprecher bilden. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Konkursamt Werdenberg angewiesen, über den von der Rekurrentin am 9. November 1954 angemeldeten Eigentumsanspruch gemäss Art. 242 SchKG eine Verfügung zu treffen.
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de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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989c7288-8dcb-4c74-9822-621d4137ac85
Urteilskopf 141 II 393 29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public dans la cause A.A., B.A. et consorts contre Hoirie X. et Commune d'Attalens (recours en matière de droit public) 1C_449/2014 du 7 octobre 2015
Regeste Art. 15 und 38a Abs. 2 RPG ; Art. 52a Abs. 1 RPV ; Änderungen des RPG (insbesondere die Übergangsbestimmungen), die am 1. Mai 2014 in Kraft getreten sind; Anwendung auf vor der letzten kantonalen Instanz hängige Verfahren. Prüfung von Art. 38a Abs. 2 RPG und Art. 52a Abs. 1 RPV (E. 2.1-2.3). Zusammenfassung der allgemeinen übergangsrechtlichen Grundsätze: Eine sofortige Anwendung des neuen Rechts im Beschwerdeverfahren drängt sich auf, wenn die neue Rechtsregel einem wichtigen öffentlichen Interesse entspricht, dessen Umsetzung unverzüglich zu erfolgen hat, und die Beschwerdeinstanz die Rechtmässigkeit mit voller Kognition überprüfen kann (E. 2.4). Art. 38a Abs. 2 RPG entspricht einem wichtigen öffentlichen Interesse: Es soll verhindert werden, dass Bauzonen vergrössert werden, solange eine mit dem neuen Recht übereinstimmende Richtplanung noch nicht erfolgt ist. Dies rechtfertigt die sofortige Anwendung dieser Bestimmung unter Einschluss der vor der letzten kantonalen Instanz hängigen Verfahren. Aufhebung des kantonalen Entscheids, der die Einzonung einer Parzelle von 14'292 m 2 in die Bauzone bestätigt hatte (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 394 BGE 141 II 393 S. 394 A. Dans le cadre d'une révision générale de son plan d'aménagement local (PAL), la commune d'Attalens a prévu d'affecter en zone à bâtir la parcelle n° 371 d'une surface de 14'292 m 2 , propriété de l'hoirie X. Ce bien-fonds est situé au lieu-dit "Coquagenoud", au sud-est du quartier résidentiel de l'Ouche-Dessus. B. Par décision du 10 octobre 2011, le conseil communal a rejeté les oppositions déposées contre la planification et confirmé que l'accès à la nouvelle zone constructible était possible. Vingt-cinq opposants ont recouru auprès de la Direction cantonale de l'aménagement, de l'environnement et des constructions (DAEC) contre la décision communale. Par décision du 8 octobre 2013, la DAEC a approuvé la révision générale du PAL et rejeté les recours. Saisie à son tour d'un recours, la II e Cour administrative du Tribunal cantonal fribourgeois a confirmé cette décision par arrêt du 12 août 2014. C. Vingt-trois propriétaires domiciliés dans le quartier résidentiel concerné forment un recours en matière de droit public contre cet arrêt. Le Tribunal fédéral admet le recours. (résumé) BGE 141 II 393 S. 395 Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le Tribunal fédéral applique le droit fédéral d'office ( art. 106 al. 1 LTF ). Dans sa teneur en vigueur jusqu'au 30 avril 2014, l' art. 15 LAT (RS 700) prévoyait que les zones à bâtir comprennent les terrains propres à la construction qui sont déjà largement bâtis ou seront probablement nécessaires à la construction dans les quinze ans à venir et seront équipés dans ce laps de temps. Selon la jurisprudence prévalant déjà sous l'ancien art. 15 LAT , les zones à bâtir surdimensionnées étaient contraires à la LAT et devaient être réduites ( ATF 140 II 25 consid. 4.3 p. 31; ATF 136 II 204 consid. 7 p. 211). Le nouvel art. 15 LAT est entré en vigueur le 1 er mai 2014 et prévoit notamment que les zones à bâtir sont définies de telle manière qu'elles répondent aux besoins prévisibles pour les quinze années suivantes (al. 1) et que les zones à bâtir surdimensionnées doivent être réduites (al. 2). L'emplacement et la dimension des zones à bâtir doivent être coordonnés par-delà les frontières communales en respectant les buts et les principes de l'aménagement du territoire (al. 3). Le nouvel art. 15 al. 4 LAT précise ce qui suit: De nouveaux terrains peuvent être classés en zone à bâtir si les conditions suivantes sont réunies: a. ils sont propres à la construction; b. ils seront probablement nécessaires à la construction dans les quinze prochaines années même si toutes les possibilités d'utilisation des zones à bâtir réservées ont été épuisées et ils seront équipés et construits à cette échéance; c. les terres cultivables ne sont pas morcelées; d. leur disponibilité est garantie sur le plan juridique; e. ils permettent de mettre en oeuvre le plan directeur. Avec cette révision de la LAT, le législateur a entendu durcir la législation préexistante, jugée lacunaire, en établissant de manière précise les conditions permettant de classer des nouveaux terrains en zone à bâtir, ce pour mieux dimensionner ces zones (arrêt 1C_113/2014 du 3 septembre 2014 consid. 3.1; cf. Message du 20 janvier 2010 relatif à une révision partielle de la loi sur l'aménagement du territoire, FF 2010 963 ch. 1.1). Si le nouvel art. 15 LAT a essentiellement codifié la jurisprudence et la pratique, il apporte certaines innovations telles que l'exigence de plans directeurs contenant les stratégies de répartition des zones à bâtir et le calcul supposé plus BGE 141 II 393 S. 396 précis des surfaces en fonction des besoins (ALEXANDRE FLÜCKIGER, La création et le dimensionnement des zones à bâtir: enjeux et méthodes, Révision 2014 de la LAT - Faire du neuf avec du vieux?, 2015, p. 81). L' art. 38a al. 1 LAT impose aux cantons d'adapter leurs plans directeurs au nouveau droit dans les cinq ans qui suivent son entrée en vigueur; dans l'intervalle, la surface totale des zones à bâtir légalisées ne doit pas augmenter dans le canton concerné ( art. 38a al. 2 LAT ). En dehors des cas particuliers prévus par l'art. 52a al. 1 de l'ordonnance du 28 juin 2000 sur l'aménagement du territoire (OAT; RS 700.1), l' art. 38a al. 2 LAT s'applique aux recours pendants lors de l'entrée en vigueur des modifications de la loi (arrêt 1C_612/2014 du 26 août 2015 consid. 2.6). Selon l' art. 52a al. 1 OAT , en cas de recours pendant contre un classement en zone à bâtir lors de l'entrée en vigueur du nouveau droit, "l' art. 38 a al. 2 LAT ne s'applique pas à ce classement si le recours n'induit ni un réexamen ni une correction matérielle partielle de la décision d'approbation ou s'il a été déposé de façon téméraire" ("[...] ist Artikel 38 a Absatz 2 RPG auf die Einzonung nicht anwendbar, wenn die Beschwerde weder zu einer Überprüfung noch zu einer materiellen Teilkorrektur des Genehmigungsentscheids führt oder wenn sie mutwillig erhoben worden ist"; "l'articolo 38 a capoverso 2 LPT non si applica all'azzonamento quando il ricorso non porta né ad un riesame né ad una correzione materiale parziale della decisione di approvazione oppure se è stato intentato in modo temerario"). 2.1 Pour savoir si le moratoire de l' art. 38a al. 2 LAT s'applique, il faut selon l'OAT déterminer si le présent recours "induit un réexamen ou une correction matérielle partielle de la décision d'approbation". Cette formulation est peu claire. Pour la cour cantonale, il s'agit d'examiner si la décision d'approbation du plan est confirmée au terme de la procédure de recours. Elle fait dépendre l'applicabilité du nouveau droit du sort de la cause et en déduit implicitement que le recours doit être examiné à la lumière de l'ancien droit (en ce sens, cf. ARNOLD MARTI, Kommentar ad arrêt du Tribunal cantonal du canton de Berne du 5 décembre 2014, ZBl 2015 p. 182). L'ARE précise dans ce même sens qu'en procédure de recours, le classement en zone à bâtir n'est soumis aux exigences matérielles du droit transitoire que "si la décision d'approbation doit être corrigée, en tout ou partie, ou que l'affaire doit, pour d'autres motifs , être renvoyée à l'autorité cantonale pour nouvelle décision" (ARE, Rapport explicatif relatif à la révision partielle du 2 avril 2014 de BGE 141 II 393 S. 397 l'ordonnance sur l'aménagement du territoire, p. 29). De même, dans ses observations sur la présente affaire, l'office fédéral semble indiquer que l' art. 38a al. 2 LAT ne devrait pas faire obstacle à l'approbation du plan litigieux. Cette manière de lire l' art. 52a al. 1 OAT est toutefois problématique car elle rend superflue l'indication que l' art. 38a al. 2 LAT ne serait pas non plus applicable en cas de recours déposé de façon téméraire. Une telle précision ne serait en effet pas nécessaire puisqu'un recours téméraire est nécessairement rejeté. 2.2 Dans la doctrine, CHRISTA PERREGAUX DUPASQUIER, qui s'est penchée sur la question (PERREGAUX DUPASQUIER, LAT, dispositions transitoires - ce qu'il faut savoir lors d'une mise en zone, Inforum VLP-ASPAN 1/2015 p. 6 et 7), soutient une solution quelque peu différente: pour savoir si la disposition transitoire prévue à l' art. 38a al. 2 LAT s'applique, l' art. 52a al. 1 OAT indiquerait que le contrôle du plan doit se faire à la lumière de l'ancien et du nouvel art. 15 LAT . S'il est conforme aux deux droits - ce que l'auteur entend par "si le recours n'induit ni un réexamen ni une correction matérielle partielle de la décision d'approbation" -, il n'est pas nécessaire de compenser la mise en zone à bâtir au sens de l' art. 38a al. 2 LAT . Cette interprétation présente la particularité de donner lieu à l'application partielle du nouveau droit. Le nouvel art. 15 LAT , soit le droit de fond, s'applique d'emblée, alors que l' art. 38a al. 2 LAT , soit la disposition transitoire, ne s'applique qu'à certaines conditions. Il est douteux qu'une ordonnance puisse imposer l'application du nouveau droit de fond à l'exclusion du droit transitoire prévu au niveau de la loi. A cela s'ajoute qu'il est délicat de prétendre contrôler le plan à la lumière du nouvel art. 15 LAT , qui prévoit notamment que l'emplacement et la dimension des zones à bâtir doivent être coordonnés par-delà les frontières communales (al. 3) tout en ignorant le moratoire prévu dans l'attente des plans directeurs nécessaires à une planification supracommunale. 2.3 En l'absence de la précision "pour d'autres motifs" (que contient seul le rapport explicatif et non la disposition elle-même), il est aussi possible de comprendre l' art. 52a al. 1 OAT en ce sens qu'il suffit que les conclusions prises tendent au réexamen ou à la correction matérielle de la décision pour que le droit transitoire s'applique. Dans ce cas, l'exception du recours téméraire prend tout son sens. Les cas de figure dans lesquels les griefs invoqués ne seraient pas susceptibles de conduire au réexamen ou à la correction matérielle du plan sont toutefois rares. On imagine des recours portant sur des points BGE 141 II 393 S. 398 litigieux annexes, tels qu'une répartition des frais. Si cette interprétation est plus pertinente d'un point de vue littéral, elle l'est moins d'un point de vue téléologique: limitée à des cas très particuliers et n'allant pas, de toute évidence, dans le sens prévu par l'organe ayant rédigé la disposition, on ne saurait la retenir sans se référer au préalable aux principes généraux applicables en matière de droit transitoire. 2.4 De jurisprudence constante, l'autorité de recours doit appliquer le droit en vigueur au jour où l'autorité de première instance a statué. Font exception à cette règle les cas dans lesquels une application immédiate du nouveau droit répond à un intérêt public prépondérant ( ATF 139 II 243 consid. 11.1 p. 259; ATF 135 II 384 consid. 2.3 p. 390; ATF 125 II 591 consid. 5e/aa p. 598). Cette pratique s'est formée sur une analogie avec les dispositions du Titre final du CC, dont l'art. 1 prévoit en principe la non-rétroactivité des lois et l'art. 2 prévoit que les règles établies dans l'intérêt de l'ordre public et des moeurs sont applicables dès leur entrée en vigueur à tous les faits pour lesquels la loi n'a pas prévu d'exception. Le Tribunal fédéral a ainsi notamment admis que les dispositions de la nouvelle loi sur la protection des eaux, relevant d'une une tâche nationale urgente, devaient prévenir aussi rapidement que possible une aggravation des pollutions, ce qui justifiait leur application aux recours pendants lors de son entrée en vigueur ( ATF 99 Ib 150 consid. 1 p. 153; ATF 99 Ia 113 consid. 9 p. 125). La question s'est également posée pour une cause pendante devant le Tribunal fédéral lors de l'entrée en vigueur de la LAT. Dans cette affaire, il a été jugé que la LAT n'apportait pas de durcissement des prescriptions en vigueur, mais permettait à la Confédération et aux cantons de prendre les mesures d'exécution nécessaires. A cela s'ajoutait que la LAT, au contraire de la LEaux de 1971 (RO 1972 958), n'étendait pas le pouvoir d'examen, réduit, du Tribunal fédéral. Il n'y avait partant pas lieu d'appliquer la LAT pour la première fois dans la procédure pendante devant Tribunal fédéral ( ATF 106 Ib 325 consid. 2 p. 327). Le Tribunal fédéral a ensuite admis l'application immédiate de la loi sur la protection de l'environnement (RS 814.01) à une cause pendante devant un tribunal cantonal lors de son entrée en vigueur. Précision était donnée que l'applicabilité de la loi ne devrait être déniée qu'en cas de violation du principe de l'interdiction de l'arbitraire dans le cas concret (ATF 112 Ib p. 39 consid. 1c p. 43). L'applicabilité immédiate de nouvelles prescriptions du droit de l'environnement ou de la protection des eaux a ainsi été régulièrement rappelée par la jurisprudence, qui a admis le BGE 141 II 393 S. 399 procédé même lorsque les procédures de première instance ou de recours avaient subi des retards considérables qui n'étaient pas imputables au requérant (cf. notamment ATF 119 Ib 174 consid. 3 p. 177). En revanche, de nouvelles règles, en matière de protection des eaux ou de protection de l'environnement, relatives à l'imputation des frais ne relevant pas de l'intérêt de l'ordre public au sens de l'art. 2 du Titre final du CC, ne devaient pas être appliquées pour la première fois en procédure de recours contre des décisions antérieures à leur entrée en vigueur ( ATF 122 II 26 consid. 3 p. 30; ATF 101 Ib 410 consid. 3 p. 413). En résumé, pour déterminer si une application immédiate du nouveau droit s'impose en instance de recours, il se dégage de cette jurisprudence les critères suivants. Par analogie avec les règles du Titre final du CC, il faut que la nouvelle règle réponde à un intérêt public majeur, dont l'application ne souffre aucun délai. Il convient ensuite de tenir compte du pouvoir d'examen de l'instance de recours auprès de laquelle la cause est pendante: un pouvoir d'examen complet en légalité peut déjà suffire à une application immédiate du nouveau droit. 3. Dans un contexte de surdimensionnement notoire des zones à bâtir (FF 2010 963 ch. 1.1, 980 ch. 2.3.4), la récente révision de la LAT est fondée sur la prémisse que les plans directeurs cantonaux jusqu'alors en vigueur ne sont pas conformes aux exigences légales définissant les besoins en zones à bâtir (FF 2010 987 ch. 2.6, 988 ch. 3.2). Il est prévisible qu'à brève échéance, les autorités cantonales et communales devront entreprendre de nombreux déclassements, opération manifestement plus coûteuse et plus délicate à opposer aux propriétaires qu'un non-classement. Ainsi, en application du nouvel art. 15 al. 2 LAT , tout nouveau classement accroîtra très vraisemblablement cette problématique, rendant nécessaire un déclassement supplémentaire d'une surface équivalente. C'est en particulier le cas dans le canton de Fribourg, où les zones à bâtir non construites, sans même prendre en considération les possibilités de densification sur des terrains déjà bâtis, sont plus importantes que les besoins prévus d'ici à 2030 (ARE/Fahrländer Partner, Zones à bâtir en Suisse - de quelle surface de zones à bâtir la Suisse a-t-elle besoin?, 2008, p. 33; cf. également JACQUES DUBEY, La dimension totale des zones à bâtir du canton, in Journées suisses du droit de la construction 2015, p. 279 et 280). Dans de telles circonstances, il n'y a pas lieu de valider des plans d'affectation aggravant, par l'adoption de nouvelles zones constructibles, leur non-conformité au nouveau BGE 141 II 393 S. 400 droit, et démultipliant l'ampleur des mesures de rétablissement qui devront être prises à brève échéance. Il convient dès lors de reconnaître à l' art. 38a al. 2 LAT un intérêt public majeur justifiant une application immédiate, y compris aux causes pendantes devant la dernière instance cantonale de recours. Le Tribunal cantonal ne pouvait donc se contenter de cautionner l'appréciation de la DAEC relative au besoin en zones à bâtir basée sur le plan directeur cantonal présumé désuet. Le nouvel art. 15 LAT nécessitant une adaptation du plan directeur cantonal pour pouvoir être appliqué en connaissance de tous les éléments à prendre en considération, en l'état, seul l' art. 38a al. 2 LAT peut être appliqué directement. En conséquence, conformément à cette disposition, toute nouvelle affectation de terrains en zone à bâtir ne peut être admise que moyennant compensation par un déclassement d'une surface équivalente dans le canton. Tel n'étant pas le cas en l'espèce, le plan d'affectation ne peut être confirmé.
public_law
nan
fr
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
989cb519-72ed-4cdd-8e9b-f35fecaf2006
Urteilskopf 98 Ib 180 26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. Juli 1972 i.S. Farbenfabriken Bayer Aktiengesellschaft gegen Eidg. Amt für geistiges Eigentum.
Regeste Schutz international registrierter Marken. 1. Art. 6 quinquies lit. A der Pariser Verbandsübereinkunft (PVUe). Die in dieser Bestimmung enthaltene Verpflichtung der Verbandsländer, jede im Ursprungsland vorschriftsgemäss registrierte Marke "telle quelle" zur Hinterlegung zuzulassen und zu schützen, gilt nur für die äussere Form der Marke (Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Art. 6 Abs. 1 PVUe . Ob eine international registrierte Marke nach ihrem Inhalt und ihrer Funktion materiell schutzfähig sei, beurteilt sich nach der Gesetzgebung des Verbandsstaates, in welchem der Schutz beansprucht wird (Erw. 1 und 2). 3. Art. 9 Abs. 1 MSchG . Die Eintragung einer noch nicht verwendeten Marke ist nur zulässig, wenn die Marke tatsächlich zum Gebrauch bestimmt ist und ihr Inhaber ernsthaft beabsichtigt, sie noch innert der Karenzfrist in Gebrauch zu nehmen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 181 BGE 98 Ib 180 S. 181 A.- Die Farbenfabriken Bayer Aktiengesellschaft (abgekürzt Bayer AG), Leverkusen, ist Inhaberin der in der Bundesrepublik Deutschland hinterlegten Wortmarken "Nitraban" und "Nitraran", die für Textilveredelungsmittel und Farbstoffe bestimmt sind. Am 21. Januar 1970 liess sie die beiden Marken unter Nr. 365 352 und 365 354 auch in das vom Internationalen Büro zum Schutze des gewerblichen Eigentums geführte Markenregister eintragen. Am 18. Januar 1971 verfügte das Eidgenössische Amt für geistiges Eigentum provisorisch, diesen Marken für das Gebiet der Schweiz den Schutz zu verweigern, weil sie wegen ihres Defensivcharakters gesetzwidrig seien. Es forderte die Inhaberin auf, entweder nachzuweisen, dass sie tatsächlich beide Marken benütze und sie durch eine angebrachte Warenausscheidung gegeneinander abzugrenzen wünsche, oder nur für eine von beiden Schutz zu beanspruchen. Die Bayer AG liess am 17. Mai 1971 antworten, sie habe zwei ähnliche Marken angemeldet, was aber nicht heisse, dass sie eine davon überhaupt nicht gebrauchen wolle; sie werde die Zeichen zunächst auf dem Markt erproben und dann entscheiden, für welche Waren sie sich besonders eignen. Das Amt hielt dem am 13. September 1971 insbesondere entgegen, dass der Schutz einer Marke beim Hinterleger einen ernsthaften Gebrauchswillen voraussetze und dieser glaubhaft gemacht werden müsse, wenn die markenmässige Verwendung von zwei Zeichen für dieselben Erzeugnisse, wie hier, wenig wahrscheinlich erscheine. Es setzte der Bayer AG einen Monat Frist, um die Marke ihrer Wahl zu bezeichnen. Da die Gesellschaft an ihrer Auffassung festhielt, verweigerte das Amt den Marken am 3. Januar 1972 den Schutz endgültig. B.- Die Bayer AG führt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn aufzuheben und BGE 98 Ib 180 S. 182 die international hinterlegten Marken in der Schweiz zu schützen. Das Amt für geistiges Eigentum beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz sind dem Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken in der 1957 in Nizza revidierten Fassung beigetreten, die am 19. September 1970 durch die 1967 in Stockholm vereinbarte Fassung abgelöst worden ist. Nach deren Art. 5 Abs. 1 darf ein Verbandsland einer international registrierten Marke den Schutz nur verweigern, wenn nach den in der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze des gewerblichen Eigentums (PVUe) genannten Bedingungen ihre Eintragung in das nationale Register verweigert werden dürfte (AS 1970 S. 1692). Die hier massgebenden Fassungen der PVUe von Lissabon (1958) und Stockholm (1967) erklären in Art. 6 Abs. 1 übereinstimmend, dass die Bedingungen für die Hinterlegung und Eintragung von Fabrik- oder Handelsmarken in jedem Land durch die Landesgesetzgebung bestimmt werden. Art. 6 quinquies lit. A sodann verpflichtet die Verbandsländer, jede im Ursprungsland vorschriftsgemäss eingetragene Fabrik- oder Handelsmarke so, wie sie ist (telle quelle), unter den Vorbehalten dieses Artikels zur Hinterlegung zuzulassen und zu schützen. Die Eintragung darf gemäss lit. B nur verweigert werden, wenn die Marke Rechte Dritter verletzen könnte, sie als Gemeingut anzusehen ist oder wenn sie gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstösst (AS 1970 S. 627 und 630). 2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach Art. 6 quinquies dürfe sie für die in der Bundesrepublik Deutschland eingetragenen Marken auch in der Schweiz Schutz beanspruchen; denn von der in dieser Bestimmung unter lit. A aufgestellten "telle quelle"-Klausel dürfe nur unter den in lit. B abschliessend aufgezählten Bedingungen abgewichen werden, so insbesondere wenn ein Verstoss gegen die guten Sitten oder gegen die öffentliche Ordnung vorliege. Von einem solchen Verstoss könne hier aber nicht die Rede sein. Dass die. Marken "Nitraban" und "Nitraran" sittenwidrig seien oder gegen die öffentliche Ordnung der Schweiz verstiessen, wirft das Amt der Beschwerdeführerin indes nicht vor. BGE 98 Ib 180 S. 183 Es ist vielmehr der Meinung, die in Art. 6 quinquies Abs. 1 lit. A PVUe enthaltene Verpflichtung, jede im Ursprungsland vorschriftsgemäss registrierte Marke "telle quelle" zur Hinterlegung zuzulassen und zu schützen, gelte nicht unbeschränkt, sondern beziehe sich nach der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung nur auf die äussere Gestaltung der Marke. In der Tat hat das Bundesgericht die schon in der ersten Fassung der PVUe von 1883 unter Art. 6 enthaltene Bestimmung, welche den Verbandsstaaten die gleiche Verpflichtung auferlegte, auf die äussere Form der Marke beschränkt. Es führte aus, ob ein Zeichen nach seinem Wesen und seiner Funktion materiell schutzfähig sei, beurteilte sich nach der Gesetzgebung des Verbandsstaates, in welchem der Schutz beansprucht werde; das gelte insbesondere für die Fragen, ob eine Marke als Freizeichen zu werten sei, Angaben über die Art der Herstellung, die Beschaffenheit oder die Bestimmung der damit versehenen Ware enthalte oder eine Täuschungsgefahr begründe. Das Bundesgericht stützte sich dabei vor allem auf Erläuterungen im Schlussprotokoll zur ersten Fassung. Auch hielt es an seiner Auffassung unbekümmert darum fest, dass 1911 anlässlich der Konferenz von Washington die erwähnten Erläuterungen gestrichen und in Art. 6 zur vermeintlichen Erreichung einer grösseren Klarheit die Gründe aufgezählt wurden, aus denen ein Verbandsland der in einem andern Lande eingetragenen Marke den Schutz versagen darf ( BGE 55 II 62 /3 undBGE 73 II 132Erw. 1 mit Verweisungen). Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht auch nach den Revisionen von Lissabon und Stockholm kein Anlass. Sie entspricht dem Sinn und Zweck, die dem Art. 6 PVUe nach der Willensmeinung der Beteiligten zugrunde liegen, am besten, mag die Bestimmung seit ihrer Abänderung an der Konferenz von Washington von den Verbandsländern auch unterschiedlich ausgelegt werden (vgl. hiezu MUNZINGER, Rückwirkungen des "telle quelle"-Prinzips auf das materielle Markenrecht, in Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Auslands- und internationaler Teil, 1958 S. 464 ff.; TROLLER, Das internationale Privat- und Zivilprozessrecht im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 111; ferner TROLLER, Die mehrseitigen völkerrechtlichen Verträge im gewerblichen Rechtsschutz und Urheberrecht, S. 50; MATTER, Kommentar zum MSchG, S. 59 Ziff. 2). Dass die Konferenz von Lissabon für die Hinterlegung BGE 98 Ib 180 S. 184 und Eintragung von Marken in einem neuen Art. 6 auf das Landesrecht abstellte und den Inhalt der bisherigen Bestimmung weitgehend in einen Art. 6 quinquies verwies, führt zu keinem andern Ergebnis, sondern unterstreicht den Ausnahmecharakter der zuletztgenannten Vorschrift, welche übrigens im wesentlichen übernommen worden ist (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1961 zu dem in Lissabon beschlossenen Übereinkommen, BBl 1961 I 1278 ff., insbes. S. 1284 und 1286 je unten). Die Konferenz von Stockholm sodann brachte insoweit keine Änderung (BODENHAUSEN, Guide de l'application de la Convention de Paris pour la protection de la propriété industrielle telle que revisée à Stockholm en 1967, Bem. a zu Art. 6, Bem. a und e zu Art. 6 quinquies lit. A; TROLLER, Immaterialgüterrecht I, 2. Aufl. S. 399, wo freilich bloss gesagt wird, dass die Eintragung von Telle-quelle-Marken "vor allem aus formalen Gründen nicht verweigert werden darf"). Eine gegenteilige Auffassung, welche die "telle quelle"-Klausel auch auf den Markeninhalt beziehen möchte, wird von BAUMBACH-HEFERMEHL (Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht II, 10. Aufl. N. 4 zu Art. 6 quinquies PVUe ) vertreten. Sie überzeugt schon deshalb nicht, weil sie die Entstehungsgeschichte der Bestimmung ausser acht lässt. Nach den anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung wäre sie zudem nur schlüssig, wenn die in lit. B aufgezählten Versagungsgründe sich ganz oder teilweise einzig auf den Inhalt, nicht aber auf die Form der Marke beziehen könnten. Das trifft jedoch nicht zu. Was namentlich den zur Begründung herangezogenen zweiten Satz in lit. B Ziff. 3 angeht, ist er wohl eine Folge des mit der Regelung von Art. 6 quinquies angestrebten Zweckes. Aber das schliesst nicht aus, dass dieser Zweck sich auf die Gewährleistung des Schutzanspruches für die Form der Marke beschränkt (vgl. BODENHAUSEN, a.a.O. Bem. jzu lit. B in Verbindung mit Bem. b und e zu lit. A der angeführten Bestimmung). Wenn bisher in ähnlichen Fällen gelegentlich gesagt worden ist, "im übrigen" hange die Eintragungsfähigkeit von den Gesetzen des Landes ab, in dem der Schutz beansprucht wird (s. z.B. BGE 95 I 478 , BGE 96 I 249 /50), so mag eine solche Wendung für sich allein missverständlich sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass Art. 6 und 6 quinquies verschiedene Fälle regeln, BGE 98 Ib 180 S. 185 die auch der Sache nach auseinander zu halten sind. Diese Bestimmung bezieht sich auf eine im Ursprungsland eingetragene, jene dagegen auf eine dort nicht eingetragene Marke ( BGE 93 I 571 Erw. 1). Im vorliegenden Fall ist daher gemäss der bisherigen Rechtsprechung davon auszugehen, dass auch nach den neueren Fassungen der PVUe grundsätzliche Fragen, welche das Wesen oder die Funktion der im Ursprungslande eingetragenen Marke betreffen, nach den Gesetzen des Landes zu beurteilen sind, in dem der Schutz beansprucht wird ( BGE 53 II 360 Erw. 2, BGE 55 II 62 Erw. 2, BGE 73 II 132 Erw. 1). 3. Das Recht an einer Marke und deren Schutz hangen in der Regel davon ab, dass der Berechtigte sie bestimmungsgemäss verwendet. Hinterlegung und Eintragung wirken nicht konstitutiv, sondern sind gemäss Art. 4 MSchG bloss Voraussetzungen für den Anspruch auf gerichtlichen Schutz der Marke und begründen nach Art. 5 MSchG bis zum Beweis des Gegenteils die Vermutung zugunsten des Hinterlegers, dass er der wahre Berechtigte sei ( BGE 93 II 49 /50, BGE 96 II 407 ). Eine Ausnahme sieht Art. 9 MSchG für den Fall vor, dass eine Marke während drei aufeinanderfolgenden Jahren nicht gebraucht wird, ihr Inhaber die Unterlassung des Gebrauches aber hinreichend zu rechtfertigen vermag. Die Bestimmung gilt sowohl für eingetragene und bereits benützte wie für eingetragene, aber noch nicht verwendete Marken, so dass diesfalls mit der Eintragung der gesetzliche Schutz für die Dauer von drei Jahren erwirkt werden kann (DAVID, Kommentar zum MSchG, N. 1, 5 und 6 zu Art. 9). Voraussetzung ist jedoch, dass die Marke wirklich zum Gebrauch bestimmt ist und der Inhaber ernsthaft beabsichtigt, ihren Gebrauch noch innert der Karenzfrist aufzunehmen. Fehlt diese Absicht, so ist die Eintragung unzulässig oder bleibt wirkungslos, wenn sie gleichwohl vorgenommen worden ist; denn der Grundsatz des Gebrauchszwanges, auf dem das schweizerische Markenrecht beruht, lässt keine systemwidrigen Ausnahmen für Defensivmarken oder blosse Vorratszeichen zu (57 II 610, 62 II 62, 80 I 383; Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. März 1971 i.S. Edito Service AG, veröffentlicht in Schweizerisches Patent-, Muster- und Marken-Blatt 1971 I S. 41 ff.; DAVID, a.a.O. N. 7 zu Art. 9 MSchG ; MATTER, a.a.O. S. 145 ff.; TROLLER, Immaterialgüterrecht I, 2. Aufl. S. 325). BGE 98 Ib 180 S. 186 Das Amt spricht der Beschwerdeführerin einen solchen Gebrauchswillen für beide Marken ab, weil deren Ausgestaltung an einer gleichzeitigen Verwendbarkeit für die gleichen Waren ernsthaft zweifeln und eine defensive Zweckbestimmung vermuten lasse. Die Beschwerdeführerin bestreitet das insbesondere mit der Begründung, sie habe ausser "Nitraban" und "Nitraran" auch "Nitralux", insgesamt also drei Marken zum Gebrauch für Textilveredelungsmittel und Farbstoffe registrieren lassen. Diese Waren beträfen ein besonderes Gebiet, weil verschiedene Produkte im Hinblick auf das Endergebnis mehrerer Arbeitsprozesse zwar zusammengehörten, aber ungleich wirkten. Für solche Mittel erwiesen sich ähnliche Bezeichnungen als zweckmässig. Das habe sie denn auch bewogen, drei Zeichen zu hinterlegen; sie verschaffe sich damit die Möglichkeit, die Marken für Erzeugnisse zu gebrauchen, die ähnlich zusammengesetzt und für ähnliche Zwecke bestimmt seien, sich aber doch so unterschieden, dass ihre Kennzeichnung durch blosse Zusätze in Form von Buchstaben oder Zahlen zu einer einzigen Markenbezeichnung nicht möglich sei. Für eine Defensivabsicht lägen daher keine Anzeichen vor. Die Beschwerdeführerin gehöre zu den grossen europäischen Chemie-Unternehmen und habe die Marken für Produkte vorgesehen, die in zahlreiche Länder ausgeführt werden sollen. Um einheitlich verpacken und werben zu können, sei sie in den wichtigsten westeuropäischen Staaten auf einen einheitlichen Markenschutz angewiesen. Erfahrungsgemäss stehe selbst bei gründlicher Vorbereitung erst Jahre nach der internationalen Registrierung fest, ob ein Zeichen international verfügbar sei. Einzig aus diesem Grunde habe sie mit der Ingebrauchnahme vorläufig zugewartet, was ihre ernsthafte Gebrauchsabsicht aber nicht ausschliesse. Diese unbelegten Einwände sind indes nicht geeignet, die Vermutung des Amtes zu widerlegen und die Absicht, die Marken "Nitraban" und "Nitraran" nebeneinander zu benützen, wenigstens glaubhaft zu machen. Nach ihren eigenen Angaben ist vielmehr anzunehmen, dass es der Beschwerdeführerin einstweilen bloss um Versuchs- oder Vorratsmarken geht. Die Annahme liegt umso näher, als die Beschwerdeführerin zunächst bestritt, eine Gebrauchsabsicht für beide Zeichen nachweisen zu müssen. Auf die vorläufige Schutzverweigerung hin sträubte sie sich zudem, die vom Amt verlangte Warenausscheidung BGE 98 Ib 180 S. 187 vorzunehmen, um die beiden Marken wenigstens in diesem Sinne gegeneinander abzugrenzen. Auch das spricht gegen eine ernsthafte Absicht, beide Marken zu gebrauchen. Die Berufung auf das Zeichen "Nitralux", das von den beiden andern zwar deutlich abweicht, hilft der Beschwerdeführerin nicht, da es hier nicht zu beurteilen ist. Die Marken "Nitraban" und "Nitraran" aber unterscheiden sich bloss durch einen Konsonanten, der ihre Aussprache und ihr Wortbild nur sehr wenig verändert. Auch ist ein verschiedener Wortsinn weder dargetan noch ersichtlich. Die beiden Marken sind einander in Bild und Klang täuschend ähnlich und daher leicht verwechselbar. Unter diesen Umständen taugt ihre Registrierung zum vorneherein nicht, um die Verfügbarkeit der einen oder anderen zu ermitteln, weil allfällige Einwände gegen die eine Marke sich zwangsläufig auch gegen die andere richten würden. Angesichts der fehlenden Unterscheidungskraft kann im Ernst auch nicht angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin die beiden Marken für Erzeugnisse, die sie selber als nahe verwandt ausgibt, verwenden wolle. Die Gebrauchsabsicht lässt sich freilich nur mittelbar nachweisen, z.B. durch entsprechende Planungs- oder Vorbereitungsmassnahmen. Solche Anhaltspunkte für den behaupteten Gebrauchswillen liegen hier jedoch, wie das Amt zutreffend annimmt, nicht vor. Dem Amt ist ferner darin beizupflichten, dass eine bloss bedingte Gebrauchsabsicht nicht genügt, um nach der Ausnahmebestimmung des Art. 9 MSchG den Schutz von Marken zu beanspruchen, deren endgültige Auswahl noch aussteht. Das schliesst die Zulassung der streitigen Marken aus, gleichviel ob sie als Versuchs-, Defensiv- oder Vorratsmarken zu werten sind. Dass es ihr um die Bildung von Serienzeichen oder Sortenbezeichnungen gehe, behauptet die Beschwerdeführerin nicht und ist nach der Umschreibung dieser Zeichen in der Lehre auch nicht anzunehmen (vgl. TROLLER, a.a.O. S. 286 ff.). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
98a0580d-9074-4d0f-989f-bcb8d4173212
Urteilskopf 109 II 213 49. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 21. Juni 1983 i.S. A. gegen Bank X. (Berufung)
Regeste Kaufrecht, Allgemeine Geschäftsbedingungen. 1. Gültigkeit vorformulierter Vertragsbestimmungen, nach denen der Käufer auf Gewährleistungsansprüche und deren Verrechnung mit der Kaufpreisforderung gegenüber dem Erwerber der Kaufpreisforderung gemäss Art. 199 und 169 Abs. 1 OR verzichtet (E. 1). 2. Tragweite der sogenannten Ungewöhnlichkeitsregel nach der herrschenden Lehre (E. 2a). Verzicht auf Stellungnahme, weil hier so oder anders kein Anwendungsfall vorliegt (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 213 BGE 109 II 213 S. 213 A.- Bäckermeister A. kaufte am 12. Mai 1975 von der Z. AG einen Backofen zum Preis von Fr. 46'815.--, wovon Fr. 1'815.-- als Rabatt abzuziehen waren. Als Vertragsurkunde diente den Parteien ein Formular der Bank X. A. hatte der Z. AG Fr. 15'000.-- anzuzahlen; den Rest des Kaufpreises beglich die BGE 109 II 213 S. 214 Bank X., die sich dafür die entsprechende Forderung zusammen mit den Eigentumsrechten am Kaufgegenstand von der Verkäuferin abtreten liess. A. verpflichtete sich, den Restkaufpreis samt Fr. 6'480.-- "Kreditgebühren" in 48 monatlichen Teilzahlungen zu Fr. 760.-- der Bank X. zu überweisen. In der Folge beanstandete A. wiederholt die Qualität des Backofens. Ende 1977 stellte er die Ratenzahlungen ein. B.- Nachdem der Bank X. für ausstehende Ratenzahlungen Rechtsöffnung erteilt worden war, klagte A. im Dezember 1978 gegen sie auf Aberkennung der Forderung. Er verlangte ferner, die Beklagte zur Rückzahlung der bereits geleisteten Raten von Fr. 20'520.-- zu verpflichten und festzustellen, dass die noch ausstehenden Raten von Fr. 15'950.-- durch Verrechnung untergegangen seien. Das Bezirksgericht Zürich trat am 29. April 1981 auf die Aberkennungsklage nicht ein und wies das Rückforderungs- und Feststellungsbegehren ab. Der Kläger appellierte an das Obergericht des Kantons Zürich, das am 12. November 1982 im gleichen Sinne entschied. C.- Der Kläger hat Berufung eingelegt mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und sein Rückforderungs- und Feststellungsbegehren gutzuheissen oder die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gemäss Ziff. 3 Abs. 1 des Vertrages nahm der Käufer davon Kenntnis, dass der Restkaufpreis sowie die Eigentumsrechte an der Kaufsache der Bank abgetreten wurden, dass die Pflichten der Verkäuferin aus dem Vertrag aber vollumfänglich bei der Z. AG verblieben, er allfällige Mängel und Garantieansprüche daher der Verkäuferin gegenüber geltend zu machen hatte und deswegen der Bank, die sich nicht mit technischen Fragen und Reparaturen befassen sollte, die Ratenzahlungen nicht verweigern durfte. Nach Ziff. 5 verzichtete der Käufer ferner darauf, Ansprüche gegenüber der Z. AG oder der Bank aus dem Kaufvertrag oder anderen Geschäften mit seiner Kaufschuld zu verrechnen. Die Verkäuferin verpflichtete sich, berechtigten Ansprüchen des Käufers auf Behebung von Mängeln des Kaufgegenstandes sofort zu entsprechen (Ziff. 3 Abs. 2). BGE 109 II 213 S. 215 a) Das Obergericht hat die streitigen Rechtsbegehren gestützt auf diese Vertragsbestimmung abgewiesen. Gegen seine Annahme, dass die Z. AG mit ihm einen Kaufvertrag abgeschlossen und die Restkaufpreisforderung an die Beklagte abgetreten hat, wendet der Kläger nichts ein. Er behauptet auch nicht, die Beklagte habe anstelle der Z. AG die Mängel zu beheben. Hingegen darf die Beklagte seiner Meinung nach nicht mehr auf den Ratenzahlungen und dem Ausschluss der Verrechnung beharren, nachdem die Z. AG die Mängel weder sofort noch überhaupt beseitigt und der Backofen sich sogar als unbrauchbar erwiesen habe; die Pflicht zur Ratenzahlung und der Anspruch auf Beseitigung der Mängel seien untrennbar miteinander verbunden. Die Gewährspflicht des Verkäufers kann durch Abrede aufgehoben oder beschränkt werden; die Abrede ist nur ungültig, wenn der Verkäufer dem Käufer die Gewährsmängel arglistig verschwiegen hat ( Art. 199 OR ). Der Käufer kann ferner zum voraus darauf verzichten, dass die Kaufpreisforderung mit Gewährleistungsansprüchen verrechnet wird ( Art. 126 OR ). Soweit sein Verzicht auf Gewährleistung und auf Verrechnung gegenüber dem Verkäufer zulässig ist, kann er auch gegenüber einem Erwerber der Kaufpreisforderung nicht unstatthaft sein. Ziff. 3 Abs. 1 des Vertrages, wonach die Beklagte sich nicht mit Reparaturen der Kaufsache zu befassen hat und der Kläger Zahlungen an sie nicht wegen Mängelrügen oder Gewährsansprüchen verweigern darf, ist daher kaufsrechtlich nicht zu beanstanden. Aus dieser Klausel geht unzweideutig hervor, dass der Kläger auf eine Gewährspflicht der Beklagten verzichtet hat. Der Kläger bestreitet das auch nicht, sondern wendet bloss ein, der Ausschluss der Gewährleistung falle dahin, weil die Z. AG entgegen Ziff. 3 Abs. 2 des Vertrages seine berechtigten Ansprüche, die Mängel sofort zu beheben, überhaupt nicht erfüllt habe; Abs. 2 sei bedingt durch Abs. 1 und daher nach dem Vertrauensgrundsatz als aufgehoben zu betrachten, zumindest bis die Mängel beseitigt seien. Für einen solchen Einwand ist jedoch weder dem Wortlaut noch dem Sinn und Zweck der Klausel etwas zu entnehmen. Der Kläger hat ihn zudem erst im Berufungsverfahren erhoben, ihn vorher also selber nicht für stichhaltig befunden. b) Art. 169 Abs. 1 OR steht einem Verzicht des Käufers auf Gewährleistungsansprüche ebenfalls nicht entgegen. Nach dieser Bestimmung kann der Schuldner zwar Einreden, die der Forderung des Abtretenden entgegenstanden, auch gegen den Erwerber BGE 109 II 213 S. 216 geltend machen, wenn sie schon zur Zeit vorhanden waren, als er von der Abtretung Kenntnis erhielt. Der Begriff "Einreden" ist ferner weit auszulegen; er umfasst insbesondere auch Gewährleistungsansprüche aus Kaufvertrag (GUHL/MERZ/KUMMER, OR 7. Aufl. S. 240/41; VON TUHR/ESCHER, OR S. 365/66; BUCHER, OR S. 515/16). Die Bestimmung ist jedoch nicht zwingender Natur, so dass ihr Ziff. 3 des Vertrages vorgeht. Dass Art. 226f OR für gewisse Fälle von Teilzahlungsgeschäften zwingende Normen zum Schutze des Käufers enthält, ändert daran nichts; diese Normen sind gemäss Art. 226m Abs. 4 OR nicht anwendbar, wenn der Kauf sich auf einen Gegenstand bezieht, der nach seiner Beschaffenheit, wie hier, vorwiegend für einen Gewerbebetrieb oder für berufliche Zwecke bestimmt ist. 2. Der Kläger macht ferner geltend, dass der Ausschluss der Verrechnungseinrede gemäss Ziff. 3 des Vertrages sich auch nach der Ungewöhnlichkeitsregel als unbeachtlich erweise, für ihn folglich unverbindlich sei. Die neuere Lehre fordere einen wirksameren Schutz gegen den Ausschluss dispositiven Gesetzesrechts durch allgemeine Geschäftsbedingungen oder einseitig vorformulierte standardisierte Vertragstexte, deren Gültigkeit aus rechts- und sozialpolitischen Wertvorstellungen besonderen Anforderungen entsprechen müsse. Im Gewährleistungsrecht sei dieser Schutz für den Käufer von existenzieller Bedeutung; er werde aber aus den Angeln gehoben, wenn der Schuldner dem Zessionar den vollen Preis zahlen müsse, obwohl die Kaufsache offensichtlich mangelhaft oder sogar unbrauchbar sei. Ungewöhnliche oder verfängliche Klauseln in vorgedruckten Vertragstexten seien zudem nach der Rechtsprechung hervorzuheben, da sie sonst vom rechtsunkundigen Vertragspartner erfahrungsgemäss nicht gelesen würden. Das sei hier für die bedeutungsvollste Klausel des Vertrages ebenfalls nicht beachtet worden. a) Das Bundesgericht hatte sich bisher abgesehen von Streitigkeiten über die Gültigkeit von Gerichtsstandsklauseln nur vereinzelt mit der Frage zu befassen, inwieweit der Richter die schwache oder unerfahrene Partei vor allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie nicht gelesen oder nicht begriffen hat, schützen soll. In BGE 41 II 455 E. 2 hing die Frage nicht mit solchen Bedingungen zusammen, stellte sich jedoch analog. Das Bundesgericht liess eine als Saldoquittung bezeichnete Urkunde, welche die Klägerin nicht oder nur flüchtig gelesen hatte, lediglich als Quittung für eine Anzahlung gelten, weil die Klägerin sich nach den Umständen BGE 109 II 213 S. 217 nicht weitergehend habe binden wollen. Aus ähnlichen Überlegungen hielt es in BGE 49 II 185 f. eine Bürgschaftserklärung, die in einer Grundpfandverschreibung versteckt war, wegen Irrtums und Verstosses gegen Treu und Glauben für unverbindlich. In BGE 64 II 356 E. 2 verwarf es dagegen eine Berufung auf Irrtum, der angeblich in der falschen Vorstellung eines Bankkunden darüber bestand, dass die auf der Rückseite eines Depotscheines wiedergegebene Klausel, wonach die Bank nur so gut als möglich, jedoch ohne dafür verantwortlich zu seien, die Legitimität des Vorweisers prüfe, überhaupt zum Vertragsinhalt erhoben worden sei. Ebenso hielt es in BGE 76 I 349 E. 4 an der Verbindlichkeit einer Schiedsklausel fest, der die Parteien durch Verweis auf gedruckte Vertragsbedingungen einer Wirtschaftsorganisation zugestimmt hatten. Aus dieser Rechtsprechung leitet die Lehre, die sich mit der Gültigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen oder vorformulierter Verträge auseinander setzt, die sogenannte Ungewöhnlichkeitsregel ab. Danach gilt der Inhalt einer ungelesenen Bedingung als unverbindlich, wenn er ganz oder teilweise aus dem vom Vertrauensgrundsatz gezogenen Rahmen fällt, so dass die betroffene Partei mit ihm nicht rechnen musste, ohne von der Gegenpartei eigens darauf aufmerksam gemacht worden zu sein (Giger, Grundsätzliches zum Einbezug Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Einzelvertrag, in Schriftenreihe zum Konsumentenschutzrecht, Bd. 5 S. 66; FORSTMOSER, Gesetzgebung und Gerichtspraxis zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in der Schweiz, ebenda S. 45/46; MERZ, Massenvertrag und Allgemeine Geschäftsbedingungen, in Festgabe Schönenberger, S. 148; GUHL/MERZ/KUMMER, OR 7. Aufl. S. 102/3; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 427 ff. und 498/99 zu Art. 1 OR ; BUCHER, OR S. 135). Im Vordergrund stehen dabei Globalverweisungen auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die von der wirtschaftlich stärkeren und erfahrenen Partei für eine Vielzahl von Fällen aufgestellt und zum Bestandteil eines bestimmten Einzelvertrages erklärt werden. Als Massstäbe für die Inhaltskontrolle durch den Richter werden insbesondere die Bestimmungen über die Widerrechtlichkeit und Sittenwidrigkeit der Verträge (Art. 19 f. OR), die Übervorteilung ( Art. 21 OR ), den Schutz der Persönlichkeit ( Art. 27 ZGB ) sowie das Verbot des Rechtsmissbrauchs ( Art. 2 Abs. 2 ZGB ) erwähnt (GIGER, S. 78 ff.; MERZ, S. 153 ff.; BUCHER, S. 136; KRAMER, N. 222 zu Art. 1 OR ). Einige Autoren möchten zudem Erfordernisse mitberücksichtigt BGE 109 II 213 S. 218 wissen, welche das Bundesgericht für einen gültigen Verzicht auf den ordentlichen Gerichtsstand aufgestellt hat ( BGE 104 Ia 279 ff. mit Zitaten); dies wird vor allem für den Fall verlangt, dass bestimmte Geschäftsbedingungen die Rechtswahrung des Vertragspartners erschweren oder seine Freiheit anderswie beschränken (MERZ, S. 149 ff.; BUCHER, S. 135; GUHL/MERZ/KUMMER, S. 102; KRAMER, N. 204 f. zu Art. 1 OR ; SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 504 zu Art. 1 OR ). Für andere (z.B. FORSTMOSER, S. 49 f.) sind auch die besonderen Umstände des Einzelfalles von Bedeutung, wozu namentlich das Wissen und die Erwartungen der schwächeren Partei gehören. b) Vorliegend besteht indes kein Anlass, sich zu diesen Lehrmeinungen zu äussern. Die hier zu beurteilenden Bestimmungen sind keineswegs so ungewöhnlich, dass sie nur fettgedruckt gültig wären, wie der Kläger behauptet. Fettgedruckt ist in Ziff. 3 lediglich der Satz, dass die Restschuldforderung sowie die Eigentumsrechte an die Bank abgetreten werden. Diese Bestimmung, zusammen mit den vereinbarten "Kreditgebühren" und der gemeinhin bekannten Tatsache, dass Banken keine Kaufverträge der vorliegenden Art eingehen, liessen die Beklagte für den Kläger erkennbar nicht als Verkäuferin, sondern als Zessionarin und - wirtschaftlich betrachtet - als Darlehensgeberin erscheinen. Der Verzicht auf die Verrechnung gegenüber der Beklagten stellt dabei nichts Ungewöhnliches dar und verstösst erst recht nicht gegen "jedes natürliche Gerechtigkeitsempfinden", wie der Kläger meint. Hätte ihm die Beklagte ein eigentliches Darlehen gewährt, ohne sich die Kaufpreisrestforderung von der Z. AG abtreten zu lassen, so wäre eine Verrechnung von Darlehensforderungen mit Gewährleistungsansprüchen wegen der klaren Trennung der beiden Rechtsgeschäfte ebenfalls ausgeschlossen gewesen. Unter diesen Umständen genügt es, dass der Verzicht in Ziff. 3 Abs. 1 dem Sinne nach und in Ziff. 5 wörtlich enthalten ist. Da alle streitigen Abreden im unterzeichneten Schriftstück stehen und der Kläger sich nach eigenen Angaben erst vor der Rechtsöffnungsverhandlung vom 25. September 1978 um ihren genauen Inhalt gekümmert haben will, geht es auch nicht an, der Beklagten Rechtsmissbrauch vorzuwerfen, weil sie sich auf die Vertragsurkunde beruft. Der Inhalt des Vertrages hält nach bereits Gesagtem nicht nur vor Art. 20 OR , sondern auch vor Art. 27 ZGB stand. Aus den Umständen des Vertragsabschlusses sodann versucht selbst der Kläger nichts für einen Verstoss gegen die guten BGE 109 II 213 S. 219 Sitten oder das Recht der Persönlichkeit abzuleiten. Er macht insbesondere nicht geltend, die Verkäuferin oder die Beklagte hätten nach den Vertragsverhandlungen annehmen müssen, dass er trotz seines Berufes völlig geschäftsunerfahren sei, Sinn und Tragweite vorgedruckter Bestimmungen also nicht begreifen könne. Sein Haupteinwand geht vielmehr dahin, "die im Kleindruck versteckten, nicht hervorgehobenen Bedingungen" lange übersehen zu haben. Ein solcher Einwand taugt von vornherein nicht zum Vorwurf, die Beklagte beharre rechtsmissbräuchlich auf Teilzahlungen, läuft er doch darauf hinaus, aus eigener Lässigkeit Rechtsvorteile ableiten zu wollen. Die Regel schliesslich, dass Verträge gegen jene Partei auszulegen sind, die sie verfasst hat ( BGE 97 II 357 mit Zitaten), gilt nur dann, wenn Willensäusserungen selbst unter Berücksichtigung aller Umstände unklar bleiben. Das lässt sich hier schon nach dem Wortlaut und dem Zusammenhang der streitigen Bestimmungen nicht sagen. c) Das Obergericht hat somit zu Recht angenommen, der Kläger habe auf die Verrechnung allfälliger Gewährleistungsansprüche mit der an die Beklagte abgetretenen Kaufpreisforderung gültig verzichtet. Damit ist auch dem Einwand, das Obergericht habe entgegen den Beweisanträgen des Klägers nicht abgeklärt, dass der Backofen unbrauchbar und irreparabel gewesen sei, der Boden entzogen. Der Kläger verkennt, dass sämtliche Pflichten des Verkäufers, also auch die Gewährspflicht, bei der Z. AG verblieben, er sich folglich bei ihr und nicht in diesem Verfahren über Mängel der Kaufsache zu beschweren hatte.
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Urteilskopf 114 Ib 142 21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. März 1988 i.S. Interchemie AG gegen Kanton Zug und Eidg. Schätzungskommission, Kreis 9 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Natur der Verträge über Abtretung von Rechten an den Nationalstrassenbau; Zuständigkeit der Eidgenössischen Schätzungskommission. Voraussetzungen für die Eröffnung eines Enteignungsverfahrens für den Nationalstrassenbau (E. 3a). Verträge über die Abtretung von Rechten an den Nationalstrassenbau, die nach der Auflage des Ausführungsprojektes geschlossen werden, unterstehen dem öffentlichen Recht und stellen Enteignungsverträge dar; zuständig zur Beurteilung von Streitigkeiten aus solchen Verträgen ist die Eidgenössische Schätzungskommission (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 142 BGE 114 Ib 142 S. 142 Der Bundesrat erteilte am 4. Januar 1966 dem generellen Projekt für die Nationalstrasse 4a, Teilstrecke Blegi-Zimbel (Blickensdorf), seine Genehmigung. Für diese Teilstrecke legte der Kanton Zug ab 16. Mai 1966 einen Projektierungszonenplan gemäss Art. 14 des Bundesgesetzes über die Nationalstrassen (NSG) in den betroffenen Gemeinden öffentlich auf. Am 29. Juli 1966 erwarb die Interchemie AG (heute: Leutwyler Dienstleistungen AG), die bereits Eigentümerin des an die SBB-Linie Zug-Steinhausen stossenden Grundstücks Nr. 470 in Steinhausen war, die nach dem aufgelegten Plan zwischen der Projektierungszone und ihrem Grundstück liegende Fläche von 4950 m2 (Parzelle Nr. 490) für den Bau einer zweiten Lagerhalle und eines BGE 114 Ib 142 S. 143 Bürohauses. Im Baubewilligungsverfahren machte das kantonale Bauamt die Grundeigentümerin jedoch darauf aufmerksam, dass nach den anhand von elektronischen Berechnungen erstellten Detailplänen die Zonengrenze über ihre Parzellen verlaufe und die geplante Lagerhalle anschneide. Das Bauamt wies die Interchemie AG im weiteren darauf hin, dass im Zuge des Baues der Unterführung der N 4a unter den SBB-Geleisen mit einer Grundwasserspiegel-Absenkung zu rechnen sei, und riet ihr, mit der Erstellung von Bauten entlang der Projektierungszone nach Möglichkeit zuzuwarten, um bautechnische Schwierigkeiten zu verhindern. Das aufgrund des generellen Projektes ausgearbeitete Ausführungsprojekt für die N 4a, das die definitiven sowie "provisorische", für die Bauzeit gültige Baulinien enthielt, wurde in der Gemeinde Steinhausen vom 23. November bis 22. Dezember 1967 publiziert. Gegen dieses Projekt erhob die Interchemie AG Einsprache, zog diese aber nach Verhandlungen mit der Baudirektion des Kantons Zug, die der Grundeigentümerin gegenüber verschiedene Zusicherungen abgab, wieder zurück. Das Ausführungsprojekt wurde am 31. Oktober 1969 durch das Eidgenössische Departement des Innern genehmigt. Für den Bau der Nationalstrassen-Unterführung beanspruchte der Kanton Zug vorübergehend ab den Parzellen Nrn. 470 und 490 rund 1500 m2. Am 3. November 1970 bewilligte der Zuger Regierungsrat gestützt auf Art. 37 NSG die vorzeitige Inbesitznahme dieser Fläche, wobei er erwähnte, dass für alle mit der Landumlegung zusammenhängenden Fragen die Ausführungskommission der Gesamtmelioration "Lorze" zuständig sei. Im Zusammenhang mit der vorzeitigen Besitzeinweisung schlossen die Interchemie AG und die Baudirektion des Kantons Zug am 13. November 1970 eine Vereinbarung "betreffend Entschädigungs- und Detailfragen", in welcher die Vergütung für die vorübergehende Inanspruchnahme auf jährlich Fr. 300.-- festgesetzt und bestimmt wurde, dass die Grundeigentümerin für allfällige betriebliche Inkonvenienzen zusätzlich entschädigt würde. Gestützt auf diese Vereinbarung hob der Regierungsrat seinen Beschluss über die vorzeitige Besitzeinweisung am 17. November 1970 unter dem Vorbehalt auf, dass die für den reibungslosen Ablauf des Nationalstrassenbaus erforderlichen Arbeiten im Bereiche der Grundstücke Nrn. 470 und 490 ungehindert fortgesetzt werden könnten. Der Bau der Grundwasserwanne für die Strassenunterführung erwies sich als äusserst schwierig und erforderte umfangreichere BGE 114 Ib 142 S. 144 Aushebungen als zunächst vorgesehen. Da auch die Grundstücke Nrn. 470 und 490 davon betroffen wurden, schlossen die Parteien am 16. Juni 1971 eine neue Vereinbarung ("Grundvereinbarung" genannt), die unter anderem den Ablauf der Bauarbeiten sowie die Wiederherstellung und Rückgabe des vorübergehend beanspruchten Terrains regelte und einen Flächenabtausch vorsah. Durch Zusatzvereinbarung vom 19. November 1971 gestattete die Grundeigentümerin dem Kanton Zug, weitere Abtragungen vorzunehmen. Nach erneuter Verschlechterung der Gelände- und Bauverhältnisse kam am 3. März 1972 eine zweite Zusatzvereinbarung zustande, in der sich die Interchemie AG damit einverstanden erklärte, dass der Kanton Zug die von ihr erstellte, durch Absenkungen gefährdete Heizzentrale entferne. In der Folge zeigte sich, dass die Rückgabe des vorübergehend beanspruchten Terrains auf den vorgesehenen Zeitpunkt nicht möglich war, und es ergaben sich Streitigkeiten über die vertraglichen Pflichten der Parteien, im Laufe derer die Interchemie AG schliesslich beim Bundesgericht gestützt auf Art. 42 OG Klage gegen den Kanton Zug erhob und bei diesem zudem zuhanden der Eidgenössischen Schätzungskommission vorsorglich Entschädigungsbegehren einreichte, die im noch zu eröffnenden Enteignungsverfahren zu behandeln seien. Im Klageverfahren vor Bundesgericht kamen die Parteien überein, dass die geltend gemachten Forderungen ausschliesslich im Expropriationsverfahren zu beurteilen seien und die eingereichte Klage unter dem Vorbehalt zurückgezogen werde, dass sie bei Unzuständigkeit der Schätzungskommission wieder anhängig gemacht werden könne. Entsprechend der Vereinbarung ersuchte der Kanton Zug den Präsidenten der Eidgenössischen Schätzungskommission, Kreis 9, um Eröffnung eines Enteignungsverfahrens und um Erlaubnis zur Durchführung des abgekürzten Verfahrens im Sinne von Art. 33 des Bundesgesetzes über die Enteignung (EntG). Gemäss der persönlichen Anzeige, die der Enteigneten am 23. August 1977 zuging, verlangte der Kanton Zug die Abtretung eines Landstreifens von 60 m2 für den Bau einer Pump- und Trafo-Station. Nach Beizug eines Gutachters und verschiedenen Schriftenwechseln setzte die Schätzungskommission mit Entscheid vom 29. April 1983 die Höhe der Entschädigung für einzelne Teilbegehren der Enteigneten fest, trat aber auf andere Forderungspunkte nicht ein, da die Schätzungskommission nicht zuständig sei zur Beurteilung, ob die zwischen den Parteien geschlossenen zivilrechtlichen Verträge gültig BGE 114 Ib 142 S. 145 seien und inwieweit sie der Grundeigentümerin einen Entschädigungsanspruch - namentlich für die verspätete Rückgabe des Landes - verschafften. Die Interchemie AG hat gegen das Urteil der Schätzungskommission Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben, mit der sie unter anderem den Nichteintretensentscheid anficht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in einem Teilentscheid insoweit gut, als sie die Frage der Zuständigkeit der Schätzungskommission betrifft. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Den Erwägungen der Schätzungskommission über ihre eigene Zuständigkeit ist nicht durchwegs zuzustimmen. a) Im angefochtenen Entscheid wird zu Recht ausgeführt, dass nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung die Schätzungskommission in der Regel nur vom Unternehmen, das bereits über das Enteignungsrecht verfügt oder noch damit ausgestattet werden soll, um Eröffnung eines Expropriationsverfahrens ersucht werden kann; die Privaten können sich erst dann mit ihren Entschädigungsbegehren direkt an die Schätzungskommission wenden, wenn das Verfahren durch eine öffentliche Planauflage im Sinne von Art. 30 EntG oder durch eine persönliche Anzeige gemäss Art. 33 f. EntG bereits eingeleitet worden ist ( BGE 112 Ib 125 f., BGE 110 Ib 371 f. E. 1, BGE 106 Ib 234 E. 2a). Im weiteren kann die Spezialgesetzgebung die Eröffnung des Enteignungsverfahrens an zusätzliche formelle Voraussetzungen knüpfen. So haben die Kantone auf dem Gebiet des Nationalstrassenbaus, für den sie von Gesetzes wegen das Enteignungsrecht besitzen oder dieses den Gemeinden übertragen können ( Art. 39 Abs. 1 NSG ), bei Einleitung des Verfahrens nachzuweisen, dass das Ausführungsprojekt nach Behandlung der Einsprachen vom zuständigen Departement genehmigt worden ist (Art. 39 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 27 und 28 NSG ). Enteignungsverfahren, die von der Schätzungskommission vor dem Vorliegen dieser Genehmigung eröffnet werden, sind nichtig und werden vom Bundesgericht von Amtes wegen aufgehoben ( BGE 99 Ib 488 ff.; BGE 109 Ib 133 E. 2b; nicht publ. Entscheid vom 20. März 1984 i.S. Staat Wallis E. 1a und 2b). Ist dagegen ein Verfahren formell richtig eingeleitet worden, so steht dem Privaten der Weg zum Richter offen und braucht er - entgegen der im angefochtenen Entscheid vertretenen Meinung - sich nicht darauf zu beschränken, nur für jene Rechte Entschädigung BGE 114 Ib 142 S. 146 zu verlangen, die vom Unternehmen als Enteignungsobjekt bezeichnet worden sind. Sonst wäre der Nachbar eines Werkes, von dem tatsächlich oder angeblich übermässige Immissionen ausgehen, kaum je in der Lage, seinen Entschädigungsanspruch für die Unterdrückung seiner Abwehrrechte anzumelden, da der Enteigner nach Art. 27 Abs. 2 EntG nur verpflichtet ist, die für die Erstellung des Werkes beanspruchten Rechte in der Grunderwerbstabelle zu nennen, dagegen in der Regel nicht angeben kann, welche Nachbarrechte durch den zukünftigen Werkbetrieb beeinträchtigt werden (nicht publ. Entscheid vom 9. Dezember 1983 i.S. Stiftung WWF Schweiz E. 3). Der Enteigner ist denn auch aufgrund von Art. 22ter BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK gehalten, dem Privaten den Zugang zum Richter zu ermöglichen, selbst wenn er den Eingriff in fremde Rechte grundsätzlich bestreitet ( BGE 112 Ib 178 , 294, BGE 111 Ib 231 f. E. 2e, BGE 110 Ib 372 E. 1). Wo es die Spezialgesetzgebung vorsieht, kann allerdings der Private mit seinem Entschädigungsgesuch direkt an die Schätzungskommission gelangen; es handelt sich hiebei um Fälle der materiellen Enteignung, deren Beurteilung der Gesetzgeber für besondere Sachbereiche ebenfalls den Eidgenössischen Schätzungskommissionen übertragen hat ( BGE 112 Ib 126 E. 2, BGE 106 Ib 234 ). Zwar wird sich der Private auch in solchen Fällen - wie in Art. 18 und 25 NSG vorgesehen - zunächst mit dem Enteigner zu einigen versuchen, doch unterlässt er dies, liegt darin kein Grund, ihm den direkten Zugang zur Schätzungskommission zu verwehren. Beigefügt sei, dass der Gesetzgeber die (erstinstanzliche) Zuständigkeit der Schätzungskommission zur Beurteilung von Entschädigungsbegehren für materielle Enteignung unter anderem zur Entlastung des Bundesgerichtes geschaffen hat, welches sonst über diese Forderungen, die gestützt auf Art. 116 lit. c OG mit verwaltungsrechtlicher Klage vorzutragen wären, als erste und einzige Instanz zu befinden hätte. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass im angefochtenen Entscheid zu Unrecht ausgeführt wird, der Kanton Zug habe die Forderungseingaben der Interchemie AG vom 23. August und 23. September 1976 der Schätzungskommission in der irrigen Annahme überwiesen, dass die Enteignete ihre Begehren direkt bei der Kommission anhängig machen könne. Soweit sich die Forderungen auf Art. 18 und 25 NSG stützten, traf dies tatsächlich zu. Insofern andere Entschädigungsbegehren erhoben wurden, hätte der Kanton, um deren Beurteilung durch den Richter zu ermöglichen, BGE 114 Ib 142 S. 147 sofort die Schätzungskommission um Verfahrenseröffnung ersuchen sollen, auch wenn er die Ansprüche der Interchemie AG für unbegründet hielt: Wie bereits erwähnt, ist es nicht Sache des Werkeigentümers, sich über die materielle Berechtigung der geltend gemachten Entschädigungsbegehren auszusprechen, und darf sich dieser nur in Ausnahmefällen der Verfahrenseinleitung widersetzen (vgl. BGE 112 Ib 178 E. 3b und dort zitierte Entscheide). b) Die Schätzungskommission erklärt im angefochtenen Entscheid, die "Grundvereinbarung" der Parteien vom 16. Juni 1971 und die beiden Zusatzvereinbarungen seien keine Enteignungsverträge, sondern wiesen rein zivilrechtlichen Charakter auf; die Schätzungskommission sei daher für die Beurteilung der vertraglichen Ansprüche nicht kompetent. aa) Zum sogenannten Enteignungsvertrag ist zunächst vorauszuschicken, dass sich dieser nicht notwendigerweise auf die Abtretung von dinglichen Rechten für den Bau eines öffentlichen Werkes beschränken muss. Als Vertragsinhalt fallen zahlreiche andere Punkte in Betracht, die normalerweise im Rahmen des Enteignungsverfahrens zu regeln sind. So können nach Lehre und Rechtsprechung durch Enteignungsvertrag der Rückzug einer Einsprache oder der Verzicht auf diese, die Ausdehnung oder Reduktion der Enteignung, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür nicht gegeben sind (vgl. Art. 12 und 13 EntG ), die Vornahme von Wiederherstellungsarbeiten auf nicht enteigneten Restflächen, die Einzelheiten einer vorübergehenden Beanspruchung sowie die Höhe der Entschädigung für abgetretene Rechte oder für andere Ansprüche vereinbart werden ( BGE 102 Ia 559 f. E. 4a, BGE 99 Ib 273 , je mit Hinweisen auf die Literatur, BGE 77 II 78 f., BGE 52 I 37 f.; HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, 1986, N. 1 und 9 zu Art. 53 EntG und N. 1, 2 und 6 zu Art. 54 EntG , GRISEL, Traité de droit administratif, S. 763, IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung Nr. 126 IV a). Das Enteignungsgesetz regelt zwar einzig den Fall der vertraglichen Festsetzung der Entschädigung, für welchen es bestimmt, dass die nach Einleitung des Enteignungsverfahrens, aber ausserhalb des Einigungsverfahrens zustandegekommene Verständigung zu ihrer Verbindlichkeit der schriftlichen Form bedürfe und dem Präsidenten der Schätzungskommission mitzuteilen sei ( Art. 54 Abs. 1 EntG ). Das bedeutet aber nicht, dass der Gesetzgeber andere Arten von Enteignungsverträgen habe ausschliessen, noch, dass er sie dem Privatrecht habe zuweisen wollen (vgl. zit. Entscheide). BGE 114 Ib 142 S. 148 bb) Als Enteignungsverträge gelten nach der zitierten Lehre und Rechtsprechung nur jene Vereinbarungen, die nach Eröffnung des Enteignungsverfahrens geschlossen werden. Solange das Gemeinwesen beim Erwerb der für ein öffentliches Werk benötigten Rechte nicht hoheitlich, sondern gleich wie ein Privater auftritt, handelt es auf dem Boden des Zivilrechts: Form und Inhalt solcher Verträge unterstehen den privatrechtlichen Vorschriften, und Vertragsstreitigkeiten sind vor dem Zivilrichter auszutragen; dem Verwaltungsrichter steht allenfalls eine "vorfrageweise" Beurteilung dieser Verträge zu, solange sich der Zivilrichter hiezu nicht geäussert hat. Vom Moment an jedoch, in dem der Werkeigentümer gegenüber dem Privaten als mit Zwangsmitteln ausgestatteter Hoheitsträger auftritt, kann nicht mehr von Beziehungen unter rechtlich Gleichgestellten gesprochen werden, und gelten die unter solchen Umständen abgeschlossenen Vereinbarungen als öffentlichrechtliche. Dieses Unterscheidungs-Kriterium ist nichts anderes als ein Ausfluss aus der sogenannten Subordinationstheorie, also einer der verschiedenen Theorien, auf die sich das Bundesgericht je nach den Umständen im Einzelfall für die Abgrenzung von Privat- und öffentlichem Recht stützt (vgl. BGE 109 Ib 149 E. 1b, 152 E. 3). Allerdings ist festzustellen, dass sich die Parteien beim Erwerb von Grundstücken, auch wenn ein Subordinationsverhältnis besteht, manchmal der privatrechtlichen Formen bedienen (öffentliche Beurkundung). Ob in solchen Fällen ein öffentlich- oder ein privatrechtlicher Vertrag vorliege, ist oft schwer zu beurteilen. Jedenfalls darf nicht leichthin angenommen werden, dass der Private auf die ihm vom Enteignungsgesetz gewährten Garantien (wie das Rückforderungsrecht) verzichtet habe. In diesem Sinne ist denn auch das Bundesgericht in Ausnahmefällen schon vom Bestehen eines Enteignungsvertrages ausgegangen, obwohl die fragliche Vereinbarung schon vor Einleitung des Enteignungsverfahrens geschlossen worden war (nicht publ. Entscheide i.S. PTT c. Galeries de commerce vom 28. Juli 1951 und i.S. Erben Gobbi vom 14. September 1966). cc) Das genannte Unterscheidungs-Kriterium - Abschluss des Vertrages vor oder nach Einleitung der Enteignung - ist ohne weiteres auf die Verfahren anwendbar, die sich ausschliesslich nach dem Bundesgesetz über die Enteignung richten. In solchen Fällen wird das Enteignungsverfahren im weiteren Sinne, das sowohl das Einsprache- wie auch das eigentliche Enteignungsverfahren umfasst (vgl. Art. 30, 35 und 36 EntG ), durch die öffentliche Auflage BGE 114 Ib 142 S. 149 der Pläne und der Grunderwerbstabelle oder, im abgekürzten Verfahren, durch die persönliche Anzeige in Gang gesetzt ( Art. 30 und 33 EntG ). In diesem Moment gibt der Werkeigentümer klar zu erkennen, dass er von der ihm verliehenen oder noch zu verleihenden Befugnis zur Zwangsanwendung Gebrauch machen will. Gleichzeitig tritt auch zu seinen Gunsten der Enteignungsbann ein und werden damit dem Privaten Verfügungsbeschränkungen auferlegt ( Art. 44 ff. EntG ). Anders ist die Situation dagegen in jenen Verfahren, in denen neben oder teilweise anstelle des Enteignungsgesetzes die bundesrechtliche Spezialgesetzgebung anzuwenden ist. Das betrifft - was die Schätzungskommission hier übersehen hat - auch den Landerwerb für den Nationalstrassenbau. Nach dem Bundesgesetz über die Nationalstrassen wird der zwangsweise Landerwerb - sei es auf dem Wege der Enteignung oder auf jenem der Landumlegung ( Art. 30 NSG ) - durch die öffentliche Auflage des Ausführungsprojektes eingeleitet. Das durch diese Publikation eröffnete Einspracheverfahren ( Art. 27 NSG ) tritt an die Stelle des enteignungsrechtlichen Einspracheverfahrens und ersetzt dieses in allen Belangen ( BGE 108 Ib 507 E. 2, BGE 106 Ib 23 ). Im nachfolgenden eigentlichen Enteignungsverfahren sind nur noch die angemeldeten Entschädigungsforderungen zu behandeln ( Art. 39 Abs. 2 NSG ; Art. 30 Abs. 1 lit. c EntG ). Auf dem Gebiet des Nationalstrassenbaus fällt somit der Zeitpunkt, von dem an der Kanton gegenüber dem Privaten als Hoheitsträger auftritt, mit der Auflage des Ausführungsprojektes zusammen. Dieser Zeitpunkt muss deshalb, wie das Bundesgericht schon im (nicht publizierten) Entscheid vom 30. April 1971 i.S. Rauss gegen Kanton Waadt festgehalten hat, auch für die Charakterisierung der zwischen Kanton und Privaten geschlossenen Verträge massgebend sein: Die vor der Auflage des Ausführungsprojektes zustandegekommenen Vereinbarungen sind privatrechtlicher, die nach der Publikation geschlossenen öffentlichrechtlicher Natur. Im gleichen Sinne hat das Bundesgericht im Falle Gauger ( BGE 106 Ib 20 ff.) mit eingehender Begründung ausgeführt, dass der Enteignungsbann ( Art. 42 EntG ) bereits im Zeitpunkt der ersten Publikation des Ausführungsprojektes und nicht erst bei Eröffnung des eigentlichen Schätzungsverfahrens zu wirken beginne; hieraus ist auf die Kompetenz der Schätzungskommission zur Festsetzung der Entschädigung für die dem Grundeigentümer auferlegte Verfügungsbeschränkung geschlossen worden ( Art. 44 EntG ). Schliesslich ist die Zuständigkeit der BGE 114 Ib 142 S. 150 Schätzungskommission zur Beurteilung von Entschädigungsforderungen für Verfügungsbeschränkungen sogar in einem Fall bejaht worden, in dem der Kanton im Hinblick auf den geplanten Nationalstrassenbau Anzahlungen geleistet hatte, das eingeleitete Enteignungsverfahren aber, da überhaupt kein Ausführungsprojekt vorlag, nichtig war und deshalb an sich auch kein Enteignungsbann bestand. In diesem Entscheid hat das Bundesgericht darauf hingewiesen, dass der Kanton stets als Hoheitsträger aufgetreten sei und der nichtige Enteignungsbann faktisch zu den selben Auswirkungen wie eine rechtmässige Verfügungsbeschränkung geführt hätte, so dass die hiefür geltend gemachte Entschädigungsforderung der Grundeigentümer nicht anders als enteignungsrechtlich qualifiziert werden könne, auch wenn ein Enteignungsbann rechtlich gesehen nie eingetreten sei (nicht veröffentlichter Entscheid vom 20. März 1984 i.S. Kanton Wallis gegen Schwery E. 1). dd) Hieraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Schätzungskommission ihre Kompetenz zur Beurteilung der von der Interchemie AG aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen erhobenen Entschädigungsansprüche zu Unrecht verneint hat. Sowohl der Rückzug der Einsprache, zu der sich die Interchemie AG aufgrund der Zusicherungen des Kantons entschloss, als auch der Abschluss der Vereinbarungen vom 13. November 1970, vom 16. Juni 1971, vom 19. November 1971 und vom 3. März 1972 erfolgten erst nach der Auflage des Ausführungsprojektes. Die Vereinbarungen sind zudem alle erst nach dem Beschluss des Zuger Regierungsrates vom 3. November 1970 zustandegekommen, durch den die vorzeitige Inbesitznahme des beanspruchten Bodens gestützt auf Art. 37 NSG bewilligt wurde. Nun ist Art. 37 NSG , wie in BGE 105 Ib 103 ff. E. 7 dargelegt, nichts anderes als die im Landumlegungsverfahren anwendbare Parallelvorschrift zu Art. 76 EntG und tritt der Kanton im nationalstrassenbedingten Meliorationsverfahren bekanntlich in der Doppelrolle als Teilnehmer und als Enteigner auf, bestimmt er doch zum vornherein, einseitig und in zwingender Weise, welcher Boden - das Strassentrassee und die für den Strassenbau benötigten Flächen - ihm im Verfahren zuzuweisen sei ( BGE 105 Ib 335 E. 1b, BGE 99 Ia 497 E. 4b). Dass hier der Regierungsrat die vorzeitige Besitzeinweisung nachträglich wieder rückgängig machte, ändert nichts daran, dass der Kanton im fraglichen Verfahren als Enteigner handelte; übrigens wurde die Anordnung nur aufgrund der inzwischen mit der Interchemie BGE 114 Ib 142 S. 151 AG geschlossenen Vereinbarung und mit dem ausdrücklichen Vorbehalt zurückgezogen, dass die begonnenen Bauarbeiten keine Verzögerung erfahren dürften. Die genannten Vereinbarungen sind somit alle vom Kanton in der Rolle des Hoheitsträgers, des Enteigners, getroffen worden. Sie stellen Enteignungsverträge dar, deren Beurteilung in den - in Art. 64 EntG nicht abschliessend umschriebenen - Zuständigkeitsbereich der Schätzungskommission fällt. Der angefochtene Entscheid verstösst insoweit, als er die Kompetenzfrage anders beantwortet, gegen Bundesrecht und ist in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. ee) Damit kann die Frage offen bleiben, ob sich die Schätzungskommission nicht aufgrund von Art. 69 Abs. 2 EntG zum Entscheid über die vertraglichen Streitigkeiten hätte zuständig erklären müssen, selbst wenn die Vereinbarungen privatrechtlicher Natur wären, sind doch die Parteien vor Bundesgericht übereingekommen, dass die geltend gemachten Forderungen ausschliesslich in dem für Expropriationsstreitigkeiten vorgesehenen Verfahren zu beurteilen seien. Zwar kann durch Parteivereinbarung keine Zuständigkeit geschaffen werden, die es an sich nicht gibt. Da jedoch der Gesetzgeber selbst die Möglichkeit vorgesehen hat, den Entscheid über die zivilrechtliche Frage des Bestands eines Rechtes aus Gründen der Prozessökonomie der Schätzungskommission anheimzustellen, so wäre kaum einzusehen, weshalb dieser nicht auch Streitigkeiten über Verträge unterbreitet werden könnten, welche - ähnlich wie gewisse im Besitzeinweisungsverfahren geschlossene Vereinbarungen - die vorübergehende Inanspruchnahme des für den Bau des Werkes benötigten Bodens regeln. Dass sich die Enteignete vorsorglicherweise vorbehalten hat, allenfalls direkte Klage beim Bundesgericht einzureichen, kann die Abrede der Parteien, ihren Streit einer einzigen Instanz zu unterbreiten, nicht berühren. Wie gesagt braucht indessen hier über die Anwendung von Art. 69 Abs. 2 EntG nicht entschieden zu werden.
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Urteilskopf 88 II 471 67. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1962 i.S. Fadyco Handels-AG gegen Seybert & Rahier.
Regeste Internationales Privatrecht; Alleinvertretungsvertrag. Die Qualifikation eines streitigen Rechtsverhältnisses hat nach der lex fori zu erfolgen (Erw. 2). Alleinvertretung: Grundsätze für die Ermittlung des Rechts, das beim Fehlen einer Rechtswahl der Parteien auf den Alleinvertretungsvertrag anwendbar ist (Erw. 3).
Erwägungen ab Seite 471 BGE 88 II 471 S. 471 A.- Die Klägerin, die Fadyco Handelsaktiengesellschaft in Basel, stand seit 1955 in Geschäftsbeziehungen mit der Beklagten, der Firma Seybert & Rahier, die in der Bundesrepublik Deutschland eine Fabrik für Maschinen- und Apparatebau betreibt. Die Klägerin kaufte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Erzeugnisse der Beklagten, namentlich Säurepumpen, die sie an Kunden in der Schweiz weiterverkaufte. Infolge von Meinungsverschiedenheiten der Parteien, die ihren Grund namentlich in der schleppenden Zahlungsweise der Klägerin hatten, erklärte die Beklagte am 31. Januar 1961 mit schriftlicher Bestätigung vom 4. Februar, die Geschäftsbeziehungen mit der Klägerin abzubrechen und die ihr erteilten Bestellungen nicht mehr auszuführen. BGE 88 II 471 S. 472 Sie betrieb die Klägerin auf Bezahlung von offenen Rechnungen im Betrage von Fr. 23'148.80 (DM 22'258.47) nebst 5% Zins seit 21. Dezember 1960 und erwirkte provisorische Rechtsöffnung für den in Betreibung gesetzten Betrag. B.- Die Betriebene erhob Aberkennungsklage. Sie erklärte, die an sich anerkannte Betreibungsforderung mit einer Gegenforderung in höherem Betrage zu verrechnen. Diese Gegenforderung stützte sie auf die Behauptung, die Beklagte habe das zwischen den Parteien bestehende Alleinvertretungsverhältnis ohne hinreichende Gründe fristlos aufgehoben und sei darum der Klägerin für den daraus erwachsenen Schaden ersatzpflichtig. Dieser Schaden belaufe sich auf mindestens Fr. 40'000. -, da die Klägerin wegen der Liefersperre Bestellungen von gegen Fr. 100'000.-- nicht habe ausführen können. Die Beklagte beantragte Abweisung der Aberkennungsklage. Sie bestritt, dass zwischen den Parteien ein Alleinvertretungsverhältnis bestanden habe; ferner nahm sie den Standpunkt ein, der Abbruch der Geschäftsbeziehungen sei nicht grundlos erfolgt, da die Klägerin ihre längst fälligen Schulden trotz Aufforderung nicht bezahlt habe. C.- Das Zivilgericht und das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wiesen die Aberkennungsklage ab. D.- Gegen das Urteil des Appellationsgerichts vom 16. Oktober 1962 erklärte die Klägerin die vorliegende Berufung mit dem erneuten Antrag auf Schutz ihrer Aberkennungsklage. Das Bundesgericht führt zur Eintretensfrage aus: 1. Da ein Geschäft des internationalen Handelsverkehrs im Streite liegt, ist von Amtes wegen die Frage des anwendbaren Rechts zu prüfen; denn gemäss Art. 43 OG kann mit der Berufung nur die Verletzung schweizerischen Rechts gerügt werden, und das Bundesgericht ist daher nur zu dessen Überprüfung befugt. 2. Die Parteien sind über die Rechtsnatur ihrer vertraglichen Beziehungen gegensätzlicher Ansicht. Zur Ermittlung BGE 88 II 471 S. 473 des anwendbaren Rechtes muss daher vorerst das streitige Rechtsverhältnis qualifiziert werden. Das hat gemäss der Rechtsprechung nach der lex fori zu geschehen, da diese dem Richter die Anknüpfungsbegriffe darbietet ( BGE 88 II 327 Erw. 2, BGE 85 II 453 Erw. 2. SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Kommentar zum OR, Allgemeine Einleitung, N. 100 und dort erwähnte Entscheide). Bei dieser Qualifikation ist davon auszugehen, dass die vertraglichen Beziehungen der Parteien sich nicht auf eine Anzahl aufeinanderfolgender, rechtlich voneinander völlig unabhängiger Kaufgeschäfte beschränkten. Es bestanden zwischen ihnen vielmehr nähere, dauerhaftere Bindungen, durch welche ihr Verhältnis als sog. Alleinvertretungsvertrag charakterisiert wird. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanzen hatte nämlich bis zum Jahre 1955 Charles Haussmann in Zürich die Alleinvertretung der Fabrikate der Beklagten für die Schweiz. Dieser trat dann als Prokurist in den Dienst der Klägerin, und bei diesem Anlass wurde seine Geschäftsverbindung mit der Beklagten auf die Klägerin übertragen. Ein schriftlicher Alleinvertretungsvertrag mit Festlegung eines Vertretungsgebietes einerseits und einer Mindestabnahmepflicht des Vertreters anderseits, wie dies sonst üblich ist, wurde allerdings nicht abgeschlossen. Schriftlichkeit ist jedoch kein Gültigkeitserfordernis des Alleinvertretungsvertrages, und auch die Festsetzung einer Mindestabnahmepflicht bildet kein begriffsnotwendiges Merkmal eines solchen. Eine schriftliche Festlegung wurde im vorliegenden Fall offenbar deshalb als nicht notwendig erachtet, weil die blosse Übertragung eines bereits bestehenden Vertretungsverhältnisses stattfand. Die Übertragung der Geschäftsverbindung mit Haussmann auf die Klägerin sollte an deren Rechtsnatur nichts ändern. Das geht daraus hervor, dass die Beklagte nach der Aussage ihres von der ersten Instanz als Auskunftsperson einvernommenen Teilhabers Seybert bei der Begründung der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin dieser die Zusicherung gab, sie sei der einzige Importeur der BGE 88 II 471 S. 474 Fabrikate der Beklagten. Nach der gleichen Richtung weist sodann auch die Tatsache, dass die Klägerin sich in einem an ihre Kundschaft gerichteten Mitteilungsblatt, das sie mit Einwilligung der Beklagten herausgab, als Inhaberin der Alleinvertretung für die Schweiz bezeichnete. Schliesslich wäre auch die im Schreiben der Beklagten vom 4. Februar 1961 gebrauchte Wendung von der "fristlosen Kündigung unserer bisherigen Geschäftsbeziehung" unverständlich, wenn zwischen den Parteien nicht ein Alleinvertretungsverhältnis bestanden hätte. Angesichts all dieser Umstände ist daher der Auffassung der Vorinstanz beizupflichten, dass die zwischen den Parteien begründete geschäftliche Beziehung einen Alleinvertretungsvertrag darstellt. 3. Als Schuldvertrag untersteht der Alleinvertretungsvertrag der allenfalls von den Parteien vereinbarten Rechtsordnung. Fehlt es, wie im vorliegenden Falle, an einer Rechtswahl der Parteien, so ist gemäss ständiger Rechtsprechung das Recht massgebend, mit dem der Vertrag den engsten räumlichen Zusammenhang aufweist ( BGE 88 II 286 Erw. 1 und dort erwähnte Entscheide). Die Vorinstanzen haben unter Hinweis auf diesen Grundsatz ausgeführt, beim Alleinvertretungsvertrag falle, wie bei dem ihm ähnlichen Agenturvertrag, das Hauptgewicht auf das Gebiet der Vertretung, da hier die für das Verhältnis der Parteien wichtigste Tätigkeit zu entfalten sei, und sie haben mit Rücksicht hierauf das schweizerische Recht als anwendbar betrachtet. Das Bundesgericht hat in BGE 78 II 81 f. zwar anerkannt, dass der Alleinvertretungsvertrag wirtschaftlich gesehen zu den Vermittlungsverträgen gehöre und daher dem Agenturvertrag verwandt sei, für den Art. 418 b Abs. 2 OR auf das Recht des Landes verweise, in welchem der Agent seine Tätigkeit ausübe. Für den Alleinvertretungsvertrag wurde dann aber gleichwohl das Recht am Wohnsitz des Lieferanten als grundsätzlich massgebend erklärt, weil das Schwergewicht auf den Verkäuferpflichten BGE 88 II 471 S. 475 des Fabrikanten liege. Dabei wurden jedoch ausdrücklich Sonderfälle vorbehalten "où les rapports entre fournisseur et "représentant" sont de nature plus étroite; où par exemple le contrat d'exclusivité est conclu pour une longue durée ou a effectivement été en vigueur de longues années, où le concessionnaire n'est pas obligé de faire des commandes d'un minimum déterminé, où il est tenu de consacrer toute son activité à son fournisseur; dans ce cas, il se peut que sa position, quant au droit applicable, doive être assimilée à celle d'un agent." Mit einem Sonderfall dieser Art hat man es hier zu tun. Eine Mindestbezugspflicht der Klägerin wurde nicht vereinbart; das Alleinvertretungsverhältnis hat 6 Jahre gedauert, und es ist überdies in Betracht zu ziehen, dass es an die Stelle eines schon vorher während mehrerer Jahre bestehenden Alleinvertretungsverhältnisses zwischen der Beklagten und Haussmann trat. Unter diesen Umständen ist es sachlich richtiger, den Vertrag der Parteien dem schweizerischen Recht zu unterstellen. Ob sich die in BGE 78 II 81 grundsätzlich vertretene Auffassung überhaupt aufrecht erhalten lasse, kann heute offen bleiben. Da der streitige Vertrag vom schweizerischen Recht beherrscht wird, ist die Berufung somit zulässig.
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Urteilskopf 141 III 137 19. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. + Co (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_488/2014 vom 20. Februar 2015
Regeste Berechnung des für die sachliche Zuständigkeit massgeblichen Streitwerts ( Art. 4 Abs. 2 ZPO ). Für die Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit bemisst sich der Streitwert nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Klageeinreichung (E. 2.2); Streitwert einer Feststellungsklage betreffend die Gültigkeit der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses (E. 2.4).
Erwägungen ab Seite 138 BGE 141 III 137 S. 138 Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 4 ZPO regelt das kantonale Recht die sachliche und funktionelle Zuständigkeit der Gerichte, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt (Abs. 1). Hängt die sachliche Zuständigkeit vom Streitwert ab, so erfolgt dessen Berechnung nach der Zivilprozessordnung (Abs. 2). 2.1 Nach den Erwägungen im angefochtenen Entscheid ist im Kanton Solothurn der Amtsgerichtspräsident als Einzelrichter zur Beurteilung von Streitigkeiten im vereinfachten Verfahren - d.h. bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- ( Art. 243 Abs. 1 ZPO ) - zuständig (§ 10 Abs. 2 lit. a des solothurnischen Gerichtsorganisationsgesetzes vom 13. März 1977 [GO; BGS 125.12]). Die übrigen Zivilsachen, für die kein anderes Gericht zuständig ist, werden durch das Amtsgericht in Dreierbesetzung beurteilt (§ 14 GO). Der Beschwerdeführer stellt nicht in Frage, dass der Amtsgerichtspräsident als Einzelrichter nach dem massgebenden kantonalen Recht nur zur Beurteilung von Streitigkeiten bis zu einem Streitwert von Fr. 30'000.- zuständig ist. Er beanstandet die Berechnung des massgebenden Streitwertes im vorliegenden Fall. 2.2 Nach Art. 91 ZPO wird der Streitwert durch die Rechtsbegehren bestimmt, wobei weder Zinsen und Kosten noch allfällige Eventualbegehren hinzugerechnet werden (Abs. 1). Lautet das Rechtsbegehren - wie vorliegend das Feststellungsbegehren betreffend Nichtigkeit der Kündigung - nicht auf eine bestimmte Geldsumme, so setzt das Gericht den Streitwert fest, sofern sich die Parteien darüber nicht einigen können oder ihre Angaben offensichtlich unrichtig sind (Abs. 2). BGE 141 III 137 S. 139 Für die Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit bemisst sich der Streitwert dabei nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Klageeinreichung (SAMUEL RICKLI, Der Streitwert im schweizerischen Zivilprozess, 2014, Rz. 418; STEIN-WIGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger[Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 91 ZPO ;DIGGELMANN, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, Brunner/Gasser/Schwander [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 91ZPO; im Ergebnis auch RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 7 zu Art. 91 ZPO und ZÜRCHER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung[ZPO], Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], 2. Aufl. 2013,N. 11 zu Art. 60 ZPO ). 2.3 Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer die Klage am 24. Juli 2013 beim Richteramt Thal-Gäu eingereicht. Neben einer Forderung von Fr. 8'443.70 wegen ausstehender Lohnansprüche beantragte er, es sei festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten nichtig sei. Die Vorinstanz hat zutreffend als erheblich erachtet, ob diese Feststellung der Ungültigkeit der Kündigung des Arbeitsvertrags einen Streitwert von mehr als Fr. 21'556.30 aufweist. Massgebend ist wie ausgeführt, ob diese Feststellung im Zeitpunkt der Einreichung der Klage beim erstinstanzlichen Gericht am 24. Juli 2013 mit einem Streitwert von mindestens diesem Betrag zu bewerten war. 2.4 Der Beschwerdeführer bestritt die Gültigkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Ende November 2012 und behauptete, sie sei wegen Verstosses gegen die zwingende Bestimmung von Art. 336c OR nichtig. 2.4.1 Die Vorinstanz führt zutreffend aus, dass nach der Behauptung des Beschwerdeführers das Arbeitsverhältnis damit auf unbestimmte Zeit - bzw. bis zu einer allfälligen gültigen Kündigung - andauert. Sie geht davon aus, dass der Lohnanspruch von monatlich Fr. 5'830.- damit auf ungewisse Zeit weiterhin geschuldet ist. Ohne abschliessend zu prüfen, ob unter diesen Umständen gemäss Art. 92 ZPO der zwanzigfache Kapitalwert der jährlichen Lohnsumme für die Bestimmung des Streitwerts des Feststellungsbegehrens massgebend sei, schliesst die Vorinstanz, dass jedenfalls der Streitwert von Fr. 30'000.- überschritten sei. 2.4.2 Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die Vorinstanz habe damit Bundesrecht verletzt, denn es hätte der Streitwertberechnung BGE 141 III 137 S. 140 entweder eine generelle Pauschalierung für umstrittene Kündigungen von Arbeitsverträgen im Umfang von Fr. 20'000.- zugrunde gelegt werden müssen oder es hätte (analog zur Rechtsprechung bei mietrechtlichen Sperrfristen, vgl. BGE 137 III 389 E. 1.1) die Fortdauer des Arbeitsvertrags mangels gültiger Kündigung nur bis zur nächstmöglichen ordentlichen Beendigung berücksichtigt werden dürfen. 2.4.3 Für eine irgendwie geartete Pauschalierung, die von den Umständen absieht und namentlich weder die Höhe des Lohnes noch die Dauer einer Lohnfortzahlungspflicht oder die Möglichkeit einer nächsten - gültigen - Kündigung in Betracht zieht, besteht keine Grundlage. Es ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers nicht erkennbar und wird auch in der Beschwerde nicht dargetan, wie eine derartige Streitwertpauschalierung aus der "Stossrichtung des sozialen Zivilprozesses" abgeleitet werden könnte, nachdem die ZPO ausdrücklich ein Streitwerterfordernis aufstellt. 2.4.4 Ob und inwieweit die Rechtsprechung zu den mietrechtlichen Sperrfristen analog herangezogen werden könnte, kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Denn die Vorinstanz hat den Streitwert des Feststellungsbegehrens nicht bundesrechtswidrig bemessen, wenn sie im Ergebnis berücksichtigte, dass das Arbeitsverhältnis mangels gültiger Kündigung - bei einem Monatslohn von Fr. 5'830.- plus Anteil 13. Monatslohn - noch eine gewisse Zeit weitergedauert hätte. Denn im massgebenden Zeitpunkt der Einreichung der Klage beim Richteramt Thal-Gäu war eine neue Kündigung unbestritten von keiner der Parteien erklärt worden. Im Juli 2013 war aber der Zeitpunkt, auf den die umstrittene Kündigung ausgesprochen war (Ende November 2012), um mehr als sieben Monate abgelaufen. Auch wenn der Beschwerdeführer wegen Krankheit arbeitsunfähig und die Arbeitgeberin nach Art. 324a OR nicht bis zum Ende des Arbeitsvertrags zur Lohnfortzahlung verpflichtet war, ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Beschwerdegegnerin den Beschwerdeführer gemäss Art. 64 des anwendbaren Landesmantelvertrags kollektiv für ein Taggeld von 80 % des wegen Krankheit ausfallenden zuletzt bezahlten Lohnes zu versichern hatte. Mit den Taggeldleistungen des Kollektivversicherers, welche nach dem Landesmantelvertrag mindestens während 720 Tagen innerhalb von 900 aufeinanderfolgenden Tagen zu leisten sind, ist die Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers nach Art. 324a und 324b OR abgegolten. Der Beschwerdeführer hatte damit im Zeitpunkt der Klageerhebung während sieben Monaten Anspruch auf 80 % seines Lohnes gehabt. BGE 141 III 137 S. 141 2.5 Damit hat die Vorinstanz den Streitwert zutreffend auf mehr als Fr. 30'000.- festgesetzt, womit unbestritten nach dem massgebenden kantonalen Recht erstinstanzlich das Amtsgericht in Dreierbesetzung und nicht der Einzelrichter zuständig ist.
null
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Urteilskopf 112 II 32 6. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 6 janvier 1986 dans la cause B. contre Hoirs L. (recours en réforme)
Regeste Schadenersatzklage gegen einen Dritten, der sich in einem Verwaltungsverfahren gegen die Erteilung einer Baubewilligung zur Wehr gesetzt hat. Zulässigkeit der Berufung, wenn das kantonale Recht die Frage nicht regelt und das kantonale Gericht Bundeszivilrecht angewandt hat (E. 1a). Wer in einem Verwaltungs- oder Strafverfahren ein Recht ausübt, ist grundsätzlich nur dann zivilrechtlich verantwortlich, wenn er arglistig oder grobfahrlässig gehandelt hat (E. 2a).
Sachverhalt ab Seite 33 BGE 112 II 32 S. 33 Propriétaire d'une parcelle sur la commune de Sion, B. demanda un permis de construire une villa locative de quatre appartements. Le projet fut mis à l'enquête le 10 février 1978. Les hoirs L., propriétaires communs de la parcelle contiguë, firent opposition en faisant valoir que le projet violait différentes dispositions du règlement communal sur les constructions et qu'il était inesthétique. La Commission cantonale des constructions ayant accordé l'autorisation de construire le 29 août 1978, ils recoururent au Conseil d'Etat et obtinrent la suspension des travaux de construction. Le 12 décembre 1979, ils recoururent au Tribunal administratif contre la décision du Conseil d'Etat rejetant leur recours. Par la suite, ils retirèrent leur recours et la cause fut rayée du rôle le 10 septembre 1980. Commencés en mars 1981, les travaux furent achevés en février 1982, sous réserve des aménagements extérieurs. B. a ouvert action contre les hoirs L. en paiement de 260'720 francs avec intérêt à 5% dès le 1er janvier 1982. Il leur reprochait d'avoir retardé de trois ans le début de la construction et leur réclamait des dommages-intérêts, correspondant à l'augmentation du coût de la construction, ainsi qu'une indemnité pour tort moral de 25'000 francs. Le Tribunal cantonal du Valais a rejeté la demande par jugement du 7 décembre 1984. Le Tribunal fédéral rejette le recours en réforme du demandeur et confirme le jugement attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Le recours en réforme n'est ouvert que si le différend est une contestation civile au sens des art. 43 ss OJ . Dans le jugement attaqué, la cour cantonale a appliqué le droit civil fédéral, soit l' art. 41 CO , en envisageant toutefois que la responsabilité du tiers s'opposant à l'octroi d'un permis de construire, BGE 112 II 32 S. 34 dans le cadre de la procédure administrative, puisse être régie par le droit cantonal de procédure. Elle fait un parallèle avec la responsabilité de celui qui a obtenu des mesures provisionnelles injustifiées dans le cadre d'un procès civil et d'un recours de droit public auprès du Tribunal fédéral ( ATF 91 II 144 ). L'ouverture au recours en réforme ne dépend pas de la norme appliquée par la cour cantonale, mais de la nature du différend, qualifiée objectivement ( ATF 110 II 14 , 94 consid. 3, 109 II 76 ss, 108 II 334 ss, 495). Le recours en réforme n'est recevable que si le différend relève du droit civil fédéral. Il est irrecevable si la contestation relève du droit de procédure cantonal. Pour délimiter ces deux domaines, la jurisprudence ne se fonde pas sur des considérations purement abstraites relatives à la nature juridique du différend, mais elle se préoccupe aussi d'assurer à la partie lésée un moyen suffisant de protection. Ainsi, dans le procès civil, elle considère que le paiement des frais de l'avocat de la partie adverse pour la période d'activité antérieure au procès relève du droit cantonal de procédure, lorsque celui-ci permet d'en assurer la couverture dans le cadre des dépens, alors que dans le cas contraire la réparation de ce dommage ressortit au droit civil ( ATF 97 II 267 ). Elle a en outre considéré que la responsabilité d'un plaideur pour des mesures provisionnelles ordonnées à sa requête, mais qui se sont révélées ensuite injustifiées par suite de perte du procès, relevait en principe du droit cantonal de procédure, mais qu'il existait aussi une action de droit civil en réparation de ce dommage fondée sur les art. 41 ss CO , à la place ou à côté de l'action de droit cantonal ( ATF 93 II 183 , 8 II 279; cf. aussi GULDENER, in RDS 1961 II 60 et VOYAME, RDS 1961 II 109, 169). S'agissant de la responsabilité pour des mesures provisionnelles ordonnées en vertu de l' art. 94 OJ dans le cadre d'un différend de droit public, le Tribunal fédéral a accordé la réparation du dommage selon le principe de la responsabilité causale que consacre l' art. 84 PCF , par renvoi de l' art. 40 OJ ( ATF 91 II 144 ). La responsabilité du fait de mesures provisoires injustifiées, même ordonnées dans un différend administratif, ressortit donc au droit civil fédéral, lorsque le droit cantonal de procédure ne règle pas la question et sous réserve des dispositions spéciales figurant dans le droit fédéral. En l'espèce, il résulte de l'application non contestée du droit cantonal par les premiers juges que ce droit ne régit pas la réparation du préjudice demandé. Le jugement attaqué a donc BGE 112 II 32 S. 35 appliqué à juste titre le droit fédéral, et il peut être revu par le Tribunal fédéral. b) (Irrecevabilité d'une conclusion invitant le Tribunal fédéral à revoir la cause sur la base de toutes les pièces du dossier.) 2. a) Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, le fait pour une personne d'exercer un droit de procédure, dans le cadre d'une procédure administrative ( ATF 34 II 475 ) ou pénale ( ATF 91 I 454 , ATF 44 II 432 , ATF 41 II 353 , ATF 39 II 222 , ATF 33 II 617 ), ne peut en principe entraîner la responsabilité civile de son auteur que s'il a agi par dol ou négligence grave. C'est donc à tort que le demandeur considère comme illicite le comportement des défendeurs du seul fait que leur opposition n'a pas été admise par les autorités administratives saisies - commune de Sion, Commission cantonale des constructions et Conseil d'Etat - et qu'elle a ensuite été retirée par les opposants. b)-d) (Existence d'un dol ou d'une négligence grave niée en l'espèce, la cour cantonale ayant admis que les chances de succès des opposants n'étaient pas nulles a priori, eu égard à la complexité des problèmes juridiques posés par la construction projetée et compte tenu des motifs invoqués à l'appui de l'opposition. Rejet de la prétention en réparation du tort moral.)
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Urteilskopf 137 III 539 80. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Erben B.X. und C.X. gegen D. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_275/2011 vom 20. Oktober 2011
Regeste Gefälligkeitshandlungen ohne Rechtsbindungswillen; Haftung des Gefälligen. Abgrenzung zum Vertrag (E. 4.1); Kinderhüten unter Nachbarinnen für eine beschränkte Dauer als Gefälligkeitshandlung (E. 4.2 und 4.3). Der Gefällige haftet nach den Grundsätzen über die unerlaubte Handlung (E. 5.1); dabei gilt grundsätzlich der eingeschränkte Sorgfaltsmassstab der eigenüblichen Sorgfalt (diligentia quam in suis) (E. 5.2).
Sachverhalt ab Seite 540 BGE 137 III 539 S. 540 A. A.a Am 2. April 2001 fiel die am 8. Juli 1997 geborene (am 11. November 2010 verstorbene) A.X. in der Umgebung ihres Wohnortes in die Glatt. Sie konnte erst ca. 10 Minuten später aus dem Fluss geborgen werden und erlitt einen anoxischen Hirnschaden (mit Wachkoma, schwerer tetraspastischer zerebraler Bewegungsstörung etc.). Nach diesem Unfall war sie vollständig invalid und auf dauernde Pflege und Betreuung angewiesen. A.b Am Vormittag des Unfalltages vom 2. April 2001 hielt sich D. (Beklagte, Beschwerdegegnerin) bei C.X., der Mutter von A., auf und trank mit ihr Kaffee. Die damals noch nicht ganz vierjährige A. spielte mit dem 5-jährigen Sohn der Beklagten, E., im Freien. B.X., der Vater von A., befand sich ebenfalls zu Hause und liess seine Frau wissen, dass er mit einem Kollegen zu einem Baumarkt fahre. Gleichzeitig erklärte die Mutter von A., dass sie noch rasch einkaufen wolle, wobei A. ihre Mutter nicht begleiten wollte. Umstritten ist unter den Parteien, wer vorschlug, dass die Beklagte während der Abwesenheit der Eltern auf A. aufpassen sollte. A.c Die Beklagte begab sich vor elf Uhr in Begleitung von A. und ihrem Sohn in ihr in der Nachbarschaft gelegenes Haus zurück und verrichtete Haushaltsarbeiten, während die Kinder A. und E. weiterhin draussen spielten, wobei sich aus der Nachbarschaft noch F.Z. (geboren am 30. Januar 1997) zu ihnen gesellte. In der Folge ereignete sich der Unfall. B. B.a Am 12. Dezember 2006 erhob A.X. (Klägerin), vertreten durch ihre Eltern, beim Bezirksgericht Dielsdorf Teilklage mit dem Antrag, die Beklagte sei zu verurteilen, ihr eine Genugtuung von Fr. 300'000.- zu bezahlen. BGE 137 III 539 S. 541 Das Bezirksgericht hiess die Klage mit Urteil vom 10. August 2009 teilweise gut und verurteilte die Beklagte, der Klägerin eine Genugtuung von Fr. 200'000.- nebst 5 % Zins seit dem 2. April 2001 zu bezahlen. B.b Mit Urteil vom 17. März 2011 wies das Obergericht des Kantons Zürich auf Berufung der Beklagten die Klage der Eltern, die als Erben den Prozess ihrer verstorbenen Tochter übernommen hatten, ab. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragen die Eltern von A. (Beschwerdeführer) dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. März 2011 sei aufzuheben (Ziffer 1), das Urteil des Bezirksgerichts Dielsdorf vom 10. August 2009 sei vollumfänglich zu bestätigen und die Beschwerdegegnerin sei zu verpflichten, ihnen eine Genugtuung von Fr. 200'000.- zuzüglich Zins zu 5 % seit 2. April 2001 zu bezahlen. Sie rügen, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie das Zustandekommen eines Auftrags verneint habe und indem sie den Begriff der Sorgfaltspflichtverletzung falsch angewendet habe. Schliesslich habe die Vorinstanz die Beweise willkürlich gewürdigt, den Sachverhalt unrichtig festgestellt und ihnen das rechtliche Gehör verweigert. Die Beschwerdegegnerin beantragt in ihrer Vernehmlassung, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die Beschwerdeführer rügen, die Vorinstanz habe die Abmachung zwischen ihnen und der Beschwerdegegnerin vom 2. April 2001 zu Unrecht als Gefälligkeit und nicht als Auftrag qualifiziert. 4.1 In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch im Bereich von Arbeitsleistungen unverbindliche Gefälligkeiten vorkommen, die keine Vertragsbindung entstehen lassen. Ob Vertrag oder Gefälligkeit vorliegt, entscheidet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Art der Leistung, ihrem Grund und Zweck, ihrer BGE 137 III 539 S. 542 rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung, den Umständen, unter denen sie erbracht wird und der Interessenlage der Parteien. Für einen Bindungswillen spricht ein eigenes, rechtliches oder wirtschaftliches Interesse der Person, welche die Leistung erbringt, oder ein erkennbares Interesse des Begünstigten an fachkundiger Beratung oder Unterstützung ( BGE 129 III 181 E. 3.2; BGE 116 II 695 E. 2b/bb S. 697 f.). Die Vorinstanz stellt zutreffend dar, dass die Gefälligkeit im Unterschied zum Vertrag unentgeltlich, uneigennützig und bei Gelegenheit erfolgt, ohne dass eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zur Leistungserbringung besteht (vgl. KRAMER, Berner Kommentar, N. 63 ff. der Allgemeinen Einleitung in das schweizerische OR, 1986; HONSELL, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 4. Aufl. 2005, § 9 N. 38; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 9. Aufl. 2008, N. 353a/b; HÜRLIMANN-KAUP, Die privatrechtliche Gefälligkeit und ihre Rechtsfolgen, 1999, S. 6; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2. Aufl. 1997, S. 221 f.). Als typisches Beispiel für Gefälligkeiten im täglichen Leben wird das Kinderhüten für eine beschränkte Dauer von zwei Stunden unter Freunden angeführt (HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., S. 83). 4.2 Nach den Feststellungen der Vorinstanz wollten die Beschwerdeführer gleichzeitig wegfahren. Ihre Tochter wollte oder konnte weder mit dem Vater noch der Mutter mitgehen und weder Mutter noch Vater wollten oder konnten sie mitnehmen. Die Beschwerdegegnerin befand sich bei der Beschwerdeführerin und trank mit ihr Kaffee, während ihr fünfjähriger Sohn mit der noch nicht ganz vierjährigen Tochter der Beschwerdeführerin spielte. In dieser Situation erklärte sich die Beschwerdegegnerin bereit, auf die Tochter aufzupassen, während ihre Mutter zum Einkaufen fuhr. Die Vorinstanz hat diese Bereitschaft der Beschwerdegegnerin, die Tochter ihrer Nachbarn für eine beschränkte Zeit zu hüten, zutreffend als Gefälligkeit qualifiziert. Sie hat zutreffend berücksichtigt, dass Grund, Zweck und Interesse ausschliesslich bei den Eltern lagen, die gleichzeitig ihren Wohnort kurzfristig für Besorgungen verlassen und ihre Tochter nicht mitnehmen wollten. Die Gelegenheit, die Tochter unter diesen Umständen für die kurzfristige Abwesenheit der Aufsicht der Beschwerdegegnerin anzuvertrauen, ergab sich aus deren Besuch und dem Umstand, dass die fast gleichaltrigen Kinder miteinander spielten. 4.3 Den Beschwerdeführern kann nicht gefolgt werden, wenn sie aus der Formulierung im angefochtenen Urteil, wonach sich die Parteien BGE 137 III 539 S. 543 "auf das Hüten verständigt" hätten, ableiten wollen, es liege ein Konsens im Sinne von Art. 1 OR vor. Streitig ist gerade, ob die Verständigung auf eine rechtliche Bindung oder eine Gefälligkeit im Alltag gerichtet war. Dass das Hüten des Kindes definitionsgemäss umfasst, dieses vor Gefahren zu schützen, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer zur Abgrenzung der strittigen Frage nicht geeignet. Die Vorinstanz hat vielmehr zutreffend erkannt, dass es die Beschwerdegegnerin als zufällig anwesende Nachbarin und Mutter eines etwa gleichaltrigen Kindes übernahm, die Tochter der Beschwerdeführerin kurzfristig zu beaufsichtigen. Die Beschwerdegegnerin erklärte sich bei Gelegenheit eines nachbarschaftlichen Besuchs aufgrund der kurzfristig entstandenen Situation für eine kurze Zeit zur Beaufsichtigung der Tochter der Beschwerdeführer bereit. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Beschwerdegegnerin in dieser Situation spontan von sich aus die Bereitschaft erklärte, auf das Mädchen aufzupassen, ob sie unter einem gewissen sozialen Druck handelte oder ob sie besonders darum gebeten wurde. Mit ihrer Kritik an einzelnen Formulierungen des angefochtenen Urteils vermögen die Beschwerdeführer die zutreffende Würdigung der Interessenlage durch die Vorinstanz nicht in Frage zu stellen: Das Interesse an der kurzfristigen Betreuung ihrer Tochter durch die Nachbarin und Mutter eines etwa gleichaltrigen Kindes lag auf Seiten der Beschwerdeführer, ohne dass ein direktes eigenes Interesse der Beschwerdegegnerin an dieser Betreuung erkennbar wäre. Die Vorinstanz hat das Verhältnis zutreffend als Gefälligkeit qualifiziert. 5. Die Beschwerdeführer beanstanden sodann, die Vorinstanz habe die Haftung der Beschwerdegegnerin zu Unrecht verneint, weil sie von einem falschen Begriff der Sorgfaltspflichtverletzung ausgegangen sei, wobei es ihrer Ansicht nach keine Rolle spielt, ob eine vertragliche oder deliktische Haftung greife. 5.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung haftet die Person, welche aus Gefälligkeit eine Leistung erbringt, aus unerlaubter Handlung ( BGE 116 II 695 E. 4 S. 699), während sinngemäss nach den Regeln über die Geschäftsführung ohne Auftrag haftet, wer Nutzen aus der Gefälligkeit zieht ( BGE 129 III 181 E. 4 S. 184, vgl. dazu etwa FELLMANN, HAVE 2003 S. 141; WIEGAND, ZBJV 2004 S. 861 ff.; GAUCH, Bauernhilfe, in: Recht des ländlichen Raums, Schmid/Seiler [Hrsg.], Luzerner Beiträge zur Rechtswissenschaft, Bd. 11, 2006, BGE 137 III 539 S. 544 S. 191, 215). Dieser Praxis stimmt ein Teil der Lehre zu (vgl. ENGEL, a.a.O., S. 222; wohl auch WIEGAND, a.a.O., S. 864 f.), während ein anderer Teil der Doktrin eine vertragliche oder vertragsähnliche Haftung des Gefälligen befürwortet (vgl. GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., N. 1190a; HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., S. 187). Die deliktische Haftung des Gefälligen ist systematisch gerechtfertigt dadurch, dass das Zustandekommen eines Vertrags gerade verneint wird und daher auch keine Vertragspflichten entstehen. Sie ist aber auch sachgerecht. Es trifft zwar zu, dass die leistende Person mit der Gefälligkeit die Verpflichtung übernimmt, bei der Leistungserbringung den Gefälligkeitsnehmer nicht zu schädigen (HÜRLIMANN-KAUP, a.a.O., S. 144). Es ist jedoch nicht erkennbar, inwiefern sich die Art dieser Verpflichtung vom allgemeinen Verbot gemäss Art. 41 OR unterscheiden soll, niemandem widerrechtlich oder unsittlich schuldhaft Schaden zuzufügen. Dem Umstand, dass der Gefällige auch den Schutz blosser Vermögensinteressen übernehmen kann, ist mit der Anerkennung einer entsprechenden Garantenstellung hinreichend Rechnung getragen ( BGE 116 II 695 E. 4 S. 699, vgl. auch GAUCH/SCHLUEP/SCHMID, a.a.O., N. 1190a mit Hinweisen). Eine Umkehr der Beweislast für das Verschulden des Gefälligen, die mit der Anerkennung einer vertragsähnlichen Haftung verbunden wäre, erscheint dagegen nicht gerechtfertigt. Die vorgebrachten Gründe überzeugen nicht, um die Praxis zu ändern. Vielmehr ist daran festzuhalten, dass der Gefällige nach Art. 41 OR haftet. Die Vorinstanz hat daher die Haftung der Beschwerdegegnerin zutreffend nach Art. 41 OR beurteilt. 5.2 Wer Schadenersatz aus Art. 41 Abs. 1 OR beansprucht, hat den Schaden, die widerrechtliche Handlung, den Kausalzusammenhang sowie das Verschulden zu beweisen ( BGE 132 III 122 E. 4.1 S. 130). Ergibt sich die Rechtswidrigkeit aus der Verletzung eines absoluten Rechts ( BGE 133 III 323 E. 5.1 S. 330; BGE 132 III 122 E. 4.1; BGE 124 III 297 E. 5b S. 301), so hat die geschädigte Person insbesondere den - für die widerrechtliche Schädigung kausalen - Mangel an objektiv gebotener Sorgfalt zu beweisen ( BGE 120 Ib 411 E. 4a S. 414; BGE 115 Ib 175 E. 2b S. 181). Die Sorgfaltswidrigkeit ergibt sich aus dem Vergleich des tatsächlichen Verhaltens des Schädigers mit dem hypothetischen Verhalten eines durchschnittlich sorgfältigen Menschen in der Situation des Schädigers ( BGE 116 Ia 162 E. 2c S. 170 f.; BGE 112 II 172 E. 2c S. 180, vgl. auch Urteil 4A_22/2008 vom 10. April 2008 E. 3). BGE 137 III 539 S. 545 Gemäss Art. 99 Abs. 2 OR richtet sich das Mass der Haftung nach der besonderen Natur des Geschäfts und wird insbesondere milder beurteilt, wenn das Geschäft für den Schuldner keinerlei Vorteil bezweckt. Diese systematisch in das Vertragsrecht eingereihte Bestimmung findet a fortiori auch auf Gefälligkeitshandlungen Anwendung, bei denen ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille fehlt (HONSELL, a.a.O., § 9 N. 38). Bei Gefälligkeiten ist mithin grundsätzlich von einer verminderten Sorgfaltspflicht auszugehen (THIER, in: OR, Kurzkommentar, Honsell [Hrsg.], 2008, N. 7 zu Art. 99 OR ). Es muss in der Regel genügen, dass der Gefällige jene Sorgfalt aufwendet, die er auch in eigenen Angelegenheiten beachtet (sog. eigenübliche Sorgfalt oder diligentia quam in suis ). Denn wer im vertragsfreien Raum um eine Gefälligkeit bittet, kann vom Gefälligen nicht verlangen, eine höhere Sorgfalt als die eigenübliche aufzuwenden. 5.2.1 Ein Elternteil wird der Überwachung der Kinder die nach den Umständen gebotene Aufmerksamkeit schenken. Vorliegend ist nach den Feststellungen der Vorinstanz davon auszugehen, dass die drei vier- bis fünfjährigen Kinder im Garten der Beschwerdegegnerin und im unmittelbaren Umfeld der Liegenschaft spielten. Die Beschwerdegegnerin verrichtete Arbeiten im Haushalt und beaufsichtigte die spielenden Kinder in der Weise, dass sie sich hie und da darüber vergewisserte, dass die Kinder sich weiterhin im Umfeld aufhielten und mit ungefährlichen Spielen beschäftigt waren. In dieser Situation wäre lebensfremd anzunehmen, der mit der Aufsicht beschäftige Elternteil schaue in regelmässigen Abständen von 5 oder 10 Minuten bewusst nach den spielenden Kindern, wie dies die Beschwerdeführer in ihrer Beschwerde zum Massstab erheben wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Arbeiten im Haushalt die Aufmerksamkeit des Elternteils zeitweise beanspruchen, so dass diese jeweils in unregelmässigen Abständen unterbrochen werden, um sich zu vergewissern, dass mit den Kindern alles noch in Ordnung ist. Dabei wird der Elternteil eher häufiger ein Auge oder ein Ohr den Kindern widmen, wenn aufgrund ihres Verhaltens mit einer gefährlichen Situation zu rechnen ist, während eher längere Zeit den Haushaltarbeiten gewidmet werden kann, wenn die Kinder in einer ihnen vertrauten Umgebung so beschäftigt sind, dass mit abrupten Ideen konkret nicht gerechnet werden muss. Es kann daher entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer, die dem erstinstanzlichen Urteil entspricht, nicht angenommen werden, dass ein Kind im Alter von knapp vier Jahren, das mit zwei ungefähr 5-jährigen Kindern im Garten spielt, in jedem Fall nach maximal fünf Minuten an seinem Standort zu kontrollieren ist. BGE 137 III 539 S. 546 5.2.2 Die Vorinstanz hat ihrer Entscheidung das Vorbringen der Beschwerdeführer zu Grunde gelegt, dass sich die Beklagte über den Verbleib der Kinder hätte vergewissern müssen, als sie aus der Waschküche in das Haus ging. Die Vorinstanz ist insofern der Ansicht gefolgt, dass ein durchschnittlich aufmerksamer Elternteil in der Situation der Beschwerdegegnerin nach Beendigung der Arbeit mit der Wäsche sich vergewissert hätte, dass die Kinder noch immer im Garten beim oder im Schopf spielten. Während die erste Instanz als erstellt erachtete, dass die Beschwerdegegnerin die Kinder noch hörte, als sie die Waschküche verliess, hat die Vorinstanz dies nicht als nachgewiesen erachtet. Sie hat aber erkannt, dass die Beschwerdeführer die Beweislast für die behauptete Verletzung der Sorgfaltspflicht tragen und dementsprechend mangels Beweises, dass sich die Beschwerdegegnerin sorgfaltswidrig über den Verbleib der Kinder beim Verlassen der Waschküche nicht vergewissert habe, die Folgen der Beweislosigkeit den Beschwerdeführern auferlegt. Damit hat sie keine Bundesrechtsnormen verletzt. 5.2.3 Die Beschwerdeführer bringen unter Berufung auf das erstinstanzliche Urteil vor, die Beschwerdegegnerin habe während 15 Minuten die Kinder weder gesehen noch gehört, nachdem sie sich von der Waschküche ins Haus begeben hatte. Daraus leiten sie ab, die Beschwerdegegnerin habe die Kinder zu wenig engmaschig überwacht. In ihren Rechtsschriften vor den kantonalen Gerichten haben die Beschwerdeführer die angebliche Sorgfaltswidrigkeit zwar stets auf die gesamte Zeitspanne vom Moment, als die Beschwerdegegnerin in die Wachküche ging, bis zur Entdeckung der gestikulierenden Nachbarin während des Telefongesprächs bezogen. Aus den Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Urteil ergeben sich aber keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdegegnerin während der - auch nach der Behauptung der Beschwerdeführer höchstens 15 Minuten dauernden - Zeitperiode nach der Rückkehr aus der Waschküche bis zur Wahrnehmung der Nachbarin am Zaun konkreten Anlass gehabt hätte, nach den Kindern zu sehen. Die Vorinstanz hat damit keine Bundesrechtsnormen verletzt, wenn sie auch insofern den Nachweis einer Sorgfaltspflichtverletzung durch die Beschwerdegegnerin, welche für den Unfall kausal gewesen sein könnte, als nicht erbracht ansah.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
98b19d8e-4b3f-4b2e-a5a5-1b89cb73ac74
Urteilskopf 137 III 517 75. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause Dame Z. contre Masse en faillite de dame Z. et Y. (recours en matière civile) 5A_293/2011 du 10 octobre 2011
Regeste Art. 166 Abs. 1 lit. c IPRG ; Anerkennung eines ausländischen Konkursdekrets in der Schweiz, Gegenrecht. Auf dem Gebiet des internationalen Konkursrechts hält Finnland Gegenrecht (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 518 BGE 137 III 517 S. 518 A. A.a. Par jugement du 10 octobre 2006 (...), le Tribunal de Tampere (Finlande) a prononcé, à la réquisition de l'hoirie de feu X., la faillite de dame Z. A.b. Le 2 mars 2007, le représentant de la masse en faillite a requis la reconnaissance du jugement de faillite dans le canton de Zurich. Cette requête a été rejetée (en dernière instance cantonale) le 17 août 2007 par le Tribunal supérieur zurichois; le 4 janvier 2008, la II e Cour de droit civil du Tribunal fédéral a rejeté, dans la mesure de sa recevabilité, le recours formé contre cette décision (arrêt 5A_539/2007, in Pra 2008 n° 77 p. 517). A.c. Parallèlement, le 24 septembre 2007, la masse en faillite et l'hoirie de feu X. ont demandé au Président du Tribunal d'arrondissement de l'Est vaudois de reconnaître le jugement de faillite rendu en Finlande (...). Le 26 novembre 2007, ce magistrat s'est déclaré incompétent en raison de la saisine préalable des juridictions zurichoises. Cette décision a été annulée le 26 juin 2008 par la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois, qui a renvoyé la cause au premier juge pour qu'il statue sur la reconnaissance du jugement de faillite. Par arrêt du 17 juin 2009, le Tribunal fédéral a rejeté (par substitution de motifs) le recours de la débitrice ( ATF 135 III 566 ). B. Saisi à nouveau de la cause, le Président du Tribunal d'arrondissement de l'Est vaudois a invité les parties à compléter les pièces au dossier et à produire une traduction française des pièces et textes légaux dont elles entendaient se prévaloir. Statuant le 8 juin 2010, il a refusé derechef la reconnaissance. Par arrêt du 9 décembre 2010, dont les motifs ont été communiqués le 12 avril 2011, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a réformé cette décision en ce sens qu'il a accueilli "la requête de reconnaissance de faillite étrangère déposée par la masse en faillite de dame Z. et l'hoirie de feu X., dont les droits ont été entièrement repris par Y." BGE 137 III 517 S. 519 (ch. II/I) et "dit qu'une procédure de faillite ancillaire contre dame Z. est ouverte en Suisse" (ch. II/II). (...) (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 Après avoir constaté que la doctrine helvétique classait la Finlande dans les pays qui n'accordent pas la réciprocité à la Suisse, l'autorité précédente a retenu que les intimés avaient produit deux avis de droit, établis le 23 mars 2007 par l'Institut suisse de droit comparé (ISDC) et le 23 mai 2007 par l'Ombudsman des faillites - c'est-à-dire l'"autorité officielle dépendant du Ministère finlandais de la justice chargée de donner son avis juridique aux tribunaux finlandais" -, qui admettent au contraire que cette condition est réalisée. Certes, la recourante a produit deux avis de droit, des 27 avril et 8 mai 2007, d'avocats finlandais qui aboutissent à la conclusion inverse; toutefois, ces documents ont été soumis à l'ISDC qui a maintenu sa position et rappelé que l'avis de l'Ombudsman faisait autorité. En définitive, vu les arguments de l'ISDC et de l'Ombudsman, "organismes offrant toute garantie tant d'objectivité scientifique en matière de droit finlandais que d'impartialité" et dont, par surcroît, l'analyse porte sur la nouvelle législation finlandaise de 2004 sur les faillites, il y a lieu d'admettre que la condition d'une "réciprocité de fait" est réalisée dans le cas présent. 3.2 Conformément à l' art. 166 al. 1 let . c LDIP, la décision de faillite étrangère est reconnue en Suisse si la réciprocité est accordée dans l'Etat où la décision a été rendue, en l'occurrence la Finlande. D'après la jurisprudence, cette exigence ne doit pas être interprétée avec une excessive sévérité; elle est réalisée lorsque le droit de l'Etat étranger reconnaît les effets d'une faillite étrangère dans une mesure sensiblement équivalente, et non à des conditions rigoureusement identiques, au droit suisse; autrement dit, il n'est pas nécessaire que la décision de faillite - si elle émanait d'un tribunal suisse - soit dans tous les cas reconnue dans l'Etat étranger, mais il suffit que, dans les mêmes circonstances, le droit étranger reconnaisse un jugement helvétique à des conditions qui ne soient pas sensiblement plus défavorables que celles posées par la législation suisse pour la reconnaissance d'un jugement déclaratif étranger ( ATF 126 III 101 consid. 2d et les citations; pour la jurisprudence cantonale, cf. parmi plusieurs: arrêt de l'Obergericht du canton de Zurich du 9 octobre 1990, in RSJ 87/1991 p. 192/193). BGE 137 III 517 S. 520 Les auteurs qui se sont prononcés peu après l'entrée en vigueur de la LDIP expriment l'avis que la réciprocité ne serait pas garantie à l'égard de la Finlande (GILLIÉRON, Qu'y a-t-il de nouveau en matière de faillite internationale, RDS 1992 I p. 278; HANISCH, Internationale Insolvenzrechte des Auslandes und das Gegenrecht nach Art. 166 Abs. 1 IPRG, RSDIE 1992 p. 19; STAEHELIN, Die Anerkennung ausländischer Konkurse und Nachlassverträge in der Schweiz [Art. 166 ff.IPRG], 1989, p. 85; dans le même sens:LEMBO/JEANNERET, La reconnaissance d'une faillite étrangère [art. 166 et ss. LDIP]: état deslieux et considérations pratiques, SJ 2002 II p. 262). La doctrine plus récente est à l'unisson, mais sans que l'on puisse déterminer avec précision si elle se réfère à la nouvelle loi finlandaise du 20 février 2004 (BERTI, in Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2 e éd. 2007, n° 39 ad art. 166 LDIP ; DUTOIT, Droit international privé suisse, Commentaire de la loi fédérale du 18 décembre 1987, 4 e éd. 2005, n° 11 ad art. 166 LDIP ; GEHRI/KOSTKIEWICZ, Anerkennung ausländischer Insolvenzentscheide in der Schweiz - ein neuer Réduit National-, RSDIE 2009 p. 203; JAQUES, La reconnaissance et les effets en Suisse d'une faillite ouverte à l'étranger, 2006, p. 47; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 82 ad art. 166 LDIP ; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2 e éd. 2010, § 13 n° 53; VOLKEN, in Zürcher Kommentar, 2 e éd. 2004, n° 105 ad art. 166 LDIP ). Force est dès lors d'admettre, avec la recourante, que personne - à tout le moins dans la littérature helvétique - ne paraît partager l'opinion de la cour cantonale. 3.3 D'après le Message du Conseil fédéral du 10 novembre 1982 concernant une loi fédérale sur le droit internationale privé, la "preuve que l'Etat où la décision de faillite a été rendue accorde la réciprocité peut être fournie tant par une loi que sur la base d'une certaine pratique judiciaire" (FF 1983 I 438 ch. 210.3). Il n'est pas nécessaire qu'une décision concrète ait déjà été rendue à propos d'un jugement de faillite suisse, ni même que la réciprocité découle d'un traité international ou d'un échange de notes diplomatiques (KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, op. cit., n° 78 ad art. 166 LDIP ). En dépit de l'argumentation de la recourante, c'est avec raison que la cour cantonale a attribué une force probante décisive aux avis de droit de l'ISDC, établissement de la Confédération qui a, en particulier, pour mission de "donner des renseignements et des avis de droit aux tribunaux, aux organes administratifs, aux avocats et à d'autres intéressés" ( art. 3 al. 1 let . c de la loi fédérale du 6 octobre 1978 sur BGE 137 III 517 S. 521 l'Institut suisse de droit comparé [RS 425.1]; sur ce point: arrêt 1P.390/2004 du 28 octobre 2004 consid. 2.3, in SJ 2005 I p. 277), et - surtout - de l'Ombudsman finlandais des faillites, autorité qui dépend du Ministère de la justice et dont l'avis exprime le point de vue officiel du gouvernement finlandais au sujet des questions relevant du droit de la faillite. Il s'agit là d'organismes étatiques dont il n'y a pas lieu d'écarter la prise de position dans le cas présent. D'ailleurs, c'est en se référant expressément à une attestation du "Bankruptcy Ombudsman of the Republic of Finland" et à un avis de droit de l'ISDC que le Tribunal du district de Zurich - qui est à l'origine d'une abondante casuistique dans le domaine de la faillite internationale (ZILTENER/SPÄTH, Die Anerkennung ausländischer Konkurse in der Praxis des Bezirksgerichts Zürich, ZZZ 2005 p. 37 ss, spéc. 77-80 [réciprocité]) -, dans un jugement du 22 février 2008 produit par les intimés, a admis que la Finlande accordait la réciprocité. La recourante oublie qu'il n'appartient pas au Tribunal fédéral d'arbitrer le conflit entre l'ISDC ou l'Ombudsman des faillites et les avocats qu'elle a consultés quant à l'interprétation du droit finlandais, sauf à démontrer ( art. 106 al. 2 LTF ) - ce qui n'est pas le cas - que celle qu'en ont donnée ces organismes est manifestement erronée au point qu'il était arbitraire d'y adhérer ( art. 9 Cst. en relation avec l' art. 96 let. b LTF ).
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Urteilskopf 111 IV 51 15. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. April 1985 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste 1. Art. 144, 25 StGB ; Hehlerei und Gehilfenschaft zur Vortat. Zwischen Gehilfenschaft zu Vermögensdelikten und Hehlerei am Beutegut besteht Realkonkurrenz (E. 1). 2. Art. 129 StGB ; Gefährdung des Lebens. Wer in einem Handgemenge (allenfalls behindert durch Tränengas) versucht, eine Waffe durch Ladebewegung schiessfertig zu machen, schafft eine nahe Todesgefahr für in unmittelbarer Nähe weilende Menschen; ein Gelingen der Ladebewegung bzw. der Schussabgabe ist nicht notwendig (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 111 IV 51 S. 52 A.- Am 29. Oktober 1984 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich B. wegen Gehilfenschaft zu Raub, wiederholten Diebstahls, Sachbeschädigung, Hausfriedensbruchs, Hehlerei, Betrugs, versuchter Gefährdung des Lebens, Gewalt und Drohung gegen Beamte, Entwendung zum Gebrauch und verbotenen Waffentragens zu 4 1/2 Jahren Zuchthaus, abzüglich 418 Tagen Untersuchungs- und Sicherheitshaft, sowie zu Fr. 2000.-- Busse und 15 Jahren Landesverweisung (unbedingt). Den Schuldsprüchen wegen Gehilfenschaft zu Raub, Hehlerei und Gefährdung des Lebens lagen folgende Sachverhalte zugrunde: - Im Bewusstsein darum, dass zwei ihm bekannte Männer, einen Raubüberfall auf eine Migros-Filiale in Baden begehen wollten, führte B. diese am 21. April 1982 mit dem Personenwagen seiner Freundin zum Standort des von ihm zuvor entwendeten und den Delinquenten überlassenen Tatfahrzeugs. Nach verübter Tat (Beute Fr. 34'793.--) holte er die beiden Täter am verabredeten Ort ab und brachte sie nach Wettingen. Am 23. April 1982 erhielt er von ihnen seinen Beuteanteil von Fr. 2112.35 ausgehändigt. - Am 6. März 1984 wurde der zur Verhaftung ausgeschriebene B. von zwei Polizeibeamten im Restaurant Bonnie Prince Pub in Zürich kontrolliert. Es gelang ihm jedoch, seine Pistole aus dem BGE 111 IV 51 S. 53 Schulterhalfter zu nehmen. In der Folge versuchte er - um die Polizeibeamten von einer Verhaftung abzuhalten -, einen Schuss in die Decke eines Restaurantteils abzufeuern, in dem sich keine Gäste aufhielten. Infolge eines Defekts konnte er dieses Vorhaben nicht ausführen. Während des darauf einsetzenden Handgemenges mit den Polizeibeamten machte er eine Ladebewegung. Da sich die Patrone zwischen Stossboden und Lauf verklemmte, war eine Schussabgabe jedoch erneut nicht möglich. Weitere Versuche, seine Waffe einzusetzen, konnte die Polizei verhindern. B.- Das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich ficht B. mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde an. Er beantragt u.a., der vorinstanzliche Entscheid sei hinsichtlich der Schuldsprüche wegen Hehlerei und versuchter Gefährdung des Lebens aufzuheben. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Der Beschwerdeführer kritisiert die gleichzeitige Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu Raub und Hehlerei am Beutegut. Er macht geltend, der Gehilfe sei als Teilnehmer an der Vortat gleich zu behandeln wie der Täter und Mittäter; auf eine Bestrafung wegen Hehlerei an der durch die Vortat erlangten Beute müsse auch deshalb verzichtet werden, weil der Gehilfe - bei einem Verzicht auf eine Strafmilderung gemäss Art. 25 StGB - sonst strenger bestraft würde als der Haupttäter. b) Das Bundesgericht hat in BGE 70 IV 70 entschieden, dass der Anstifter zur Veruntreuung, der später die Beute erwirbt, zusätzlich auch wegen Hehlerei zu bestrafen ist, weil er mehr tat als das, was durch die Bestimmung über Anstiftung erfasst wird. Selbst dort wo diese Rechtsprechung in der Doktrin kritisiert worden ist, blieb ihre analoge Anwendung auf die Konkurrenzfrage zwischen Gehilfenschaft bei der Vortat und Hehlerei an der Beute unbestritten (STRATENWERTH, BT I, 4. Auflage, N. 28, S. 293; TRECHSEL, ZStR 91/1975 S. 404/405: Dieser Autor nimmt echte Konkurrenz zwischen Gehilfenschaft bei Vermögensdelikten und Hehlerei nur in den Fällen an, wo die Vortat mit schwererer Strafe bedroht ist als die Hehlerei; vgl. auch LOGOZ, Partie spéciale I, N. 4 zu Art. 144 StGB ). Im Unterschied zu Täter und Mittäter besitzt der Gehilfe keine Herrschaft über den Tatablauf; sein Beitrag besteht in der blossen Förderung der Tat anderer. Dem Gehilfen bei Vermögensdelikten kommt - anders als etwa dem mittelbaren Täter, der eine Sache BGE 111 IV 51 S. 54 über einen Tatmittler erlangt - insbesondere keine entscheidende Verfügungsgewalt über das erbeutete Vermögensgut zu. Durch seine Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu Vermögensdelikten wird deshalb eine allfällige spätere Hehlerei an der Beute nicht mitabgegolten. Soweit der Beschwerdeführer seine gegenteilige Ansicht mit dem Hinweis auf die Gefahr begründet, der Gehilfe werde strenger bestraft als der Vortäter, übersieht er, dass dies zwar allein mit Blick auf Art. 68 Ziff. 1 StGB theoretisch möglich erscheint, zufolge der Regelung in Art. 63 StGB aber in der Praxis ausgeschlossen werden kann; der Richter wird im Rahmen der Strafzumessung dem unterschiedlichen Verschulden Rechnung zu tragen haben. Die Vorinstanz hat demnach kein Bundesrecht verletzt, wenn sie zwischen Gehilfenschaft zu Raub und Hehlerei am erbeuteten Geld Realkonkurrenz annahm. 2. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 129 StGB und macht geltend, auf diese Bestimmung seien die Art. 21 ff. StGB nicht anwendbar. Die Vorinstanz gliederte das Tatgeschehen in zwei Phasen. Während sie im Ziehen der Pistole und im Zielen/Abdrücken in Richtung der Decke eines - zu diesem Zeitpunkt nicht besetzten - Restaurantteils noch keine Verletzung von Art. 129 StGB erblickte, sprach sie den Beschwerdeführer wegen des daraufhin an den Tag gelegten Verhaltens der versuchten Gefährdung des Lebens schuldig. Nach den für den Kassationshof verbindlichen tatsächlichen Feststellungen des Obergerichts war die Waffe - auch wenn sich ein erster Schuss aus nicht völlig geklärten Gründen nicht löste - an sich schiesstauglich. Um die Pistole nach dem ersten ergebnislosen Versuch zur Schussabgabe doch noch schiessfertig zu machen, führte der Beschwerdeführer eine Ladebewegung aus, wobei sich jedoch die "unbrauchbare" Patrone in der Auswurföffnung verklemmte. Bevor er die Ladehemmung beseitigen konnte, gelang es den Polizeibeamten, ihn zu überwältigen. Der Versuch, die Waffe wieder einsatzfähig zu machen, geschah, als der Beschwerdeführer in ein Handgemenge mit den Polizeibeamten verwickelt und zufolge des von diesen eingesetzten Tränengases sehbehindert war. Wäre die Ladebewegung trotz des Kampfes und Gerangels mit den Polizisten gelungen, hätte eine nahe Wahrscheinlichkeit bestanden, dass ein ungezielter Schuss gefallen und eine der im Restaurant anwesenden Personen direkt oder durch einen Querschläger getroffen worden wäre. Die Vorinstanz erachtete aufgrund dieser Beweiswürdigung alle subjektiven Tatbestandsmerkmale als gegeben, BGE 111 IV 51 S. 55 verneinte aber das objektive Tatbestandselement der unmittelbaren Lebensgefährdung. Weil die verklemmte Patrone eine Schussabgabe verhindert hatte, sprach sie den Beschwerdeführer nur wegen versuchter Gefährdung des Lebens schuldig. Diese Ansicht geht fehl. Der Tatsache, dass die Ladebewegung trotz der Bemühungen des Beschwerdeführers und vor allem wegen des Eingreifens der Polizei nicht gelang, kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Der objektive Tatbestand von Art. 129 StGB war bereits vorher erfüllt. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist unmittelbare Lebensgefahr anzunehmen, wenn nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge die Wahrscheinlichkeit oder nahe Möglichkeit der Verletzung des Lebens besteht. Diese liegt nicht erst dann vor, wenn die Wahrscheinlichkeit des Todes grösser ist als die Wahrscheinlichkeit seiner Vermeidung, sondern schon dann, wenn überhaupt die nahe Möglichkeit des Todes gegeben ist ( BGE 106 IV 14 E. 2a, BGE 101 IV 159 E. 2a, BGE 94 IV 62 E. 2; NOLL, ZStR 1954 S. 22/23). Wer unter den obgenannten Umständen (Handgemenge, Beeinträchtigung durch Tränengas) mittels einer blossen Ladebewegung seine Waffe schiessfähig zu machen versucht, schafft die hohe Gefahr, dass sich während des Hantierens mit der Pistole ein ungezielter Schuss löst. Wenn dies in unmittelbarer Nähe von Menschen (Polizisten, Gästen, Servierpersonal) geschieht, besteht eine nahe Möglichkeit des Todes. Ob die Ladebewegung schliesslich gelang bzw. ein Schuss abgegeben wurde, ist in diesem Zusammenhang unwesentlich. Das Obergericht hätte den Beschwerdeführer deshalb nicht bloss wegen versuchter, sondern wegen vollendeter Gefährdung des Lebens verurteilen sollen. Eine Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung zur Schuldigsprechung im erwähnten Sinne sowie zur Anpassung des Strafmasses muss jedoch wegen des Verbots der reformatio in peius unterbleiben ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ). Die Beschwerde ist deshalb in diesem Punkt abzuweisen.
null
nan
de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
98bb4d66-ab58-4d63-a240-58a588793beb
Urteilskopf 85 I 17 4. Auszug aus dem Urteil vom 21. Januar 1959 i.S. Mobilia A.-G. und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat und Kantonsrat von Solothurn.
Regeste Derogatorische Kraft des Bundesrechts. Eine kantonale Regelung des Spar- oder Vorzahlungsvertrages, wonach der Vertragsschluss einer behördlichen Bewilligung bedarf und diese nur erteilt wird, wenn der Vertrag in schriftlicher Form abgeschlossen ist und inhaltlich einer Reihe von die Vertragsfreiheit beschränkenden und in das Zivilrecht eingreifenden Vorschriften entspricht, ist bundesrechtswidrig.
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 85 I 17 S. 18 A.- Das soloth. EG zum ZGB vom 4. April 1954 (im folgenden kurz EG genannt) bestimmt in § 311: "Der Verkauf von Waren durch sogenannte Sparverträge irgendwelcher Art ist bewilligungspflichtig. Die Bewilligung wird den Verkäuferfirmen nach vorausgegangener Kontrolle der Preise und Verkaufsbedingungen und bei Nachweis genügender Sicherstellung der vor der Warenlieferung einzuzahlenden Beträge erteilt. Der Regierungsrat erlässt die erforderlichen Ausführungs- und Strafbestimmungen." Gestützt auf diese Bestimmung und § 4 des EG zum StGB erliess der Regierungsrat am 14. April 1958 eine "Verordnung über die Spar- und Vorzahlungsverträge" (im folgenden mit VO bezeichnet). Als Spar- oder Vorzahlungsverträge (im folgenden kurz "Sparverträge" genannt) gelten gemäss § 1 VO: "a) Kaufverträge, mit welchen sich der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer eine bewegliche Sache nach Zahlung des Kaufpreises zu übergeben, der Käufer aber sich verpflichtet, den Kaufpreis im voraus in Teilzahlungen zu entrichten; b) alle andern Verträge, bei denen die Parteien die gleichen wirtschaftlichen Zwecke wie bei einem Kaufvertrag mit Vorauszahlung des Kaufpreises in Teilzahlungen verfolgen, gleichgültig, in welcher Rechtsform sie abgeschlossen werden; c) Abzahlungsverträge, bei denen die vereinbarte Lieferfrist mehr als ein Jahr beträgt oder von unbestimmter Dauer ist und der Käufer zur Leistung von Teilzahlungen vor der Übergabe der Ware verpflichtet ist." Alle diese Verträge sind der VO unterstellt, wenn sie mit Käufern abgeschlossen werden, die im Kanton Solothurn Wohnsitz haben (§ 2). Der Abschluss des Vertrages sowie dessen Ergänzung und Abänderung, ausgenommen die Herabsetzung des Kaufpreises, bedürfen einer staatlichen BGE 85 I 17 S. 19 Bewilligung (§ 3). Bewilligungsbehörde ist das Polizei-Departement (§ 20). Das Bewilligungsverfahren ist in den §§ 21-24 geregelt, während § 26 den kantonalen Gebührentarif durch Einfügung eines § 52bis über die Bewilligungsgebühren ergänzt. Nach § 3 Abs. 3 wird die Bewilligung nur erteilt, wenn der Vertrag die in den §§ 4-19 genannten Voraussetzungen erfüllt. § 4 schreibt die schriftliche Form vor und bestimmt, welche Angaben der Vertrag enthalten muss. Im Anschluss daran stellt die VO Vorschriften auf über die zulässigen Preise und ihre Kontrolle (§§ 5-7), über die Vertragsdauer (§ 8), über das Verhältnis zwischen Höhe und Anzahl der Teilzahlungen zum Kaufpreis (§ 9) sowie über die Sicherung und Verzinsung der Zahlungen des Käufers (§ 10); sie räumt ferner dem Käufer ein Rücktritts- und ein Kündigungsrecht ein (§§ 11/12), regelt die finanzielle Auseinandersetzung im Falle der Vertragsauflösung (§§ 13/14), gibt dem Käufer das Recht, jederzeit die Übergabe des Kaufgegenstandes gegen Begleichung des Restkaufpreises zu verlangen (§ 15), schliesst die Vereinbarung des Verfalls des ganzen Kaufpreises beim Verzug des Käufers mit Teilzahlungen aus (§ 16) und beschränkt die Abtretung künftiger Lohnforderungen des Käufers (§ 17); schliesslich wird die Wegbedingung des verfassungsmässigen Gerichtsstandes und Richters verboten (§ 18) und vorgeschrieben, der Vertrag müsse die Klausel enthalten, dass er nur verbindlich ist, wenn er (behördlich) bewilligt ist (§ 19). Der Verkäufer, der diese Bewilligung nicht einholt, wird mit Fr. 20.- bis 500.-- gebüsst (§ 25). Nachdem der Kantonsrat die in § 28 VO vorbehaltene Genehmigung der §§ 20 und 26 mit Beschluss vom 2. Juli 1958 erteilt hatte, wurden die VO und dieser Genehmigungsbeschluss am 18. Juli 1958 im Amtsblatt veröffentlicht. B.- Gegen diese kantonale Regelung sind von der Mobilia AG und 5 weiteren Firmen drei staatsrechtliche Beschwerden eingereicht worden. Als Beschwerdegrund machen alle Beschwerden eine Verletzung der Handels- BGE 85 I 17 S. 20 und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ) und des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Üb.-Best. der BV) geltend; einzelne Beschwerden rügen überdies eine Verletzung der Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ), der Eigentumsgarantie (Art. 15 KV) sowie des Grundsatzes der Gewaltentrennung (Art. 4, 12 Ziff. 2 und 38 Ziff. 1 KV). C.- Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragt, auch namens des Kantonsrates, die Abweisung der Beschwerden. Das Bundesgericht stellt fest, dass die VO über die gesetzliche Grundlage nicht hinaus gehe und der Grundsatz der Gewaltentrennung nicht verletzt sei, hebt aber die VO und den Genehmigungsbeschluss des Kantonsrates wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts auf im Sinne folgender Erwägungen Erwägungen: 9. Gemäss Art. 3 BV üben die Kantone alle Rechte aus, welche nicht (durch die BV) der Bundesgewalt übertragen sind. Nach Art. 64 BV steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem Gebiete des Zivilrechts zu. Es handelt sich hiebei um eine ausschliessliche Zuständigkeit umfassender Art. Die Kantone dürfen nur soweit zivilrechtliche Bestimmungen erlassen, als das Bundesrecht ausdrücklich ( BGE 63 I 173 ; BGE 76 I 313 , 325) oder dem Sinne nach (EGGER N. 7 zu Art. 5 ZGB ) die Geltung kantonalen Rechts vorbehält ( Art. 5 Abs. 1 ZGB ). In ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen werden die Kantone dagegen durch das Bundesrecht grundsätzlich nicht beschränkt ( Art. 6 Abs. 1 ZGB ). Sie dürfen demgemäss an sich öffentlich-rechtlich über die gleichen Verhältnisse wie der Bundesgesetzgeber legiferieren und auf diese Weise das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts zugunsten des kantonalen öffentlichen Rechts einschränken. Diese Befugnis ist aber nicht unbegrenzt. Die Kantone dürfen nur Vorschriften erlassen, die ihrem Sinn und Zweck nach dem öffentlichen Recht angehören. Ferner dürfen sie das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts BGE 85 I 17 S. 21 nur aus haltbaren Gründen des öffentlichen Rechts beschränken und keine Vorschriften aufstellen, die dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts widersprechen oder dieses vereiteln ( BGE 76 I 314 , 325/6 und dort angeführte frühere Urteile; nicht veröffentlichtes Urteil vom 1. Mai 1957 i.S. Krieger Erw. 4). Ob das kantonale Recht gegen diese Grundsätze verstosse, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 71 I 438 Erw. 3 und dort angeführte Urteile, BGE 74 I 142 Erw. 2). Nach der Rechtsprechung gehört eine Vorschrift dem öffentlichen Recht an, wenn sie wesentlich und in erster Linie im öffentlichen Interesse erlassen ist, die Förderung der Interessen der Gesamtheit bezweckt. Die Erfüllung der durch eine solche Vorschrift begründeten Pflicht des Einzelnen gegenüber dem Staate wird in der Regel durch Verwaltungszwang und Strafe durchgesetzt. Die Verwendung dieser Mittel genügt indessen nicht, um einer ausschliesslich oder vorwiegend dem Schutze von Privatinteressen dienenden Vorschrift öffentlich-rechtlichen Charakter zu verleihen. Anderseits ist es dem kantonalen Gesetzgeber nicht verwehrt, im Rahmen einer aus haltbaren Gründen des öffentlichen Rechts in das Bundeszivilrecht eingreifenden öffentlichrechtlichen Ordnung zivilrechtliche Mittel zu verwenden, wenn dies zur Erreichung des öffentlich-rechtlichen Zwecks unerlässlich ist ( BGE 73 I 229 , BGE 76 I 326 ). 10. § 311 EG und die darauf beruhende VO sind, wie der Regierungsrat in seiner Vernehmlassung betont, öffentlich-rechtliche Erlasse. Sie haben aber den Spar- und Vorzahlungsvertrag zum Gegenstand, also ein Rechtsverhältnis, das dem Bundeszivilrecht angehört und, wie in BGE 84 II 272 Erw. 2 angenommen worden ist und von den Parteien nicht bestritten wird, als Kaufvertrag zu betrachten ist. Weder § 311 EG noch die VO beschränken oder untersagen den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen, weshalb sich diese Erlasse nicht auf Art. 6 Abs. 2 ZGB stützen BGE 85 I 17 S. 22 können. Sie führen lediglich eine Bewilligungspflicht für eine besondere Vertragsart ein, wobei sie die Erteilung der Bewilligung von der Beobachtung der Schriftform und zahlreicher Vorschriften über den Inhalt des Vertrages abhängig machen und ausserdem den Verkäufer, der keine Bewilligung einholt, mit Strafe bedrohen. Damit wird praktisch das gleiche Ergebnis erzielt, wie wenn die Beobachtung der Schriftform und der Vorschriften über den Vertragsinhalt oder, wie es ein im Kantonsrat vorgeschlagener Zusatz zu § 311 EG vorsah (Verhandlungen 1953 S. 83 und 481), die Einholung der Bewilligung geradezu als Gültigkeitserfordernis aufgestellt worden wäre. Eine solche Ordnung, die mit zivilrechtlichen Mitteln in das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts eingreift, ist nur statthaft, wenn sie auf haltbaren Gründen des öffentlichen Rechts beruht und dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts nicht widerspricht (vgl. BGE 65 I 80 ). a) Die Spar- und Vorzahlungsverträge bergen für den Käufer besondere Gefahren in sich, die dieser im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nur schwer zu überblicken vermag. Er geht eine langfristige Bindung mit einem grossen Risiko ein. So muss er seine Vorzahlungen auch leisten, wenn er dadurch in Schwierigkeiten gerät, und er erleidet einen Verlust, wenn er sie nicht mehr aufbringen kann. Ferner läuft er Gefahr, im Konkurs des Verkäufers das vorausbezahlte Geld zu verlieren. Sodann sind die namentlich von Reisenden angewandten Werbemethoden häufig derart, dass die Käufer sich den Vertragsschluss und seine Folgen nicht ruhig überlegen können und zur voreiligen Eingehung des Vertrages verleitet werden, was umso schwerer wiegt, als die Käufer meistens junge, geschäftsunerfahrene und finanziell schwache Leute sind (vgl. hiezu STOFER, Der Vorauszahlungsvertrag de lege ferenda S. 6/7, JEANPRETRE, La vente à tempérament et la vente épargne de lege ferenda, ZSR 1958 S. 422a/423a sowie die Voten der Diskussionsredner am Schweiz. Juristentag vom 6. Oktober 1958, ferner KROPFLI, Abzahlungskäufe, Vorsparverträge BGE 85 I 17 S. 23 und ihre Auswirkungen, in "Der Armenpfleger" 1956 S. 4/5 und 7). Es lässt sich daher, entgegen der in einer Beschwerde vertretenen Auffassung, nicht bestreiten, dass ein öffentliches Interesse an der Bekämpfung dieser Gefahren durch geeignete Massnahmen zum Schutz des Käufers besteht. b) Zweifelhafter und im einzelnen eingehend zu prüfen ist dagegen, ob die durch § 311 EG und die VO getroffene Ordnung mit dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts vereinbar ist. Dabei kommt es auf das geltende Bundeszivilrecht an; der Vorentwurf für eine gesetzliche Regelung des Vorauszahlungsvertrages im OR, der von Zivilgerichtspräsident STOFER im Auftrag des eidg. Justiz- und Polizeidepartements ausgearbeitet worden ist (ZSR 1958 S. 354 a ff.), der VO weitgehend als Vorbild diente und in der Vernehmlassung des Regierungsrates wiederholt angerufen wird, fällt ausser Betracht. Dass eine in das Bundeszivilrecht eingreifende kantonale Ordnung mit diesem vereinbar sei, darf sodann nicht leichthin angenommen werden. Die vom Regierungsrat unter Berufung aufBGE 37 I 50vertretene These, dass der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesgerichts immer dann nicht verletzt sei, wenn das kantonale öffentliche Recht einen Fortschritt gegenüber dem Bundeszivilrecht bedeute, ist jedenfalls in dieser allgemeinen Formulierung unhaltbar. Dürften die Kantone eine vom Bundeszivilgesetzgeber getroffene Ordnung wie das OR, die als (relativ) vollständig zu gelten hat (IMBODEN, Bundesrecht bricht kantonales Recht S. 95), durch öffentlich-rechtliche Erlasse "verbessern" und ergänzen, so würde die Grenze der Gesetzgebungskompetenz zwischen Bund und Kantonen in unerträglicher Weise verwischt und die auf dem Gebiete des Zivilrechts geschaffene Rechtseinheit gefährdet. 11. Nach § 3 Abs. 1 VO bedürfen der Abschluss des Sparvertrages sowie die Ergänzung oder Abänderung eines solchen, ausgenommen die Herabsetzung des Kaufpreises, einer staatlichen Bewilligung, die vom Polizeidepartement BGE 85 I 17 S. 24 erteilt wird (§ 20) und vom Verkäufer entweder generell für das von ihm verwendete Vertragsformular oder im Einzelfall spätestens innert 10 Tagen nach der Unterzeichnung, Ergänzung oder Abänderung des Vertrags einzuholen ist (§§ 22 und 23). Ob es mit Sinn und Geist des Bundeszivilrechts vereinbar ist, den Abschluss eines Kaufvertrages zwischen handlungsfähigen Personen von einer behördlichen Bewilligung abhängig zu machen, erscheint als fraglich, da dies auf eine Beschränkung der nach Art. 13 ZGB jeder mündigen und urteilsfähigen Person zukommenden Handlungsfähigkeit hinausläuft. Die Frage kann offen bleiben, da das Bewilligungsverfahren, wie es in den §§ 21-23 VO geordnet ist, die Schriftlichkeit des Vertragsschlusses voraussetzt, diese Form aber, wie im folgenden auszuführen sein wird, vom kantonalen Recht für den Sparvertrag nicht vorgeschrieben werden darf. 12. Nach Art. 11 OR bedürfen Verträge zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt. Für den in Art. 187 ff. OR geregelten Fahrniskauf trifft dies nicht zu, was bedeutet, dass der Bundeszivilgesetzgeber annahm, für diese Vertragsart bestehe kein schützenswertes Interesse an einem Formerfordernis. Die Kantone können nicht ihre Beurteilung der Interessenlage an die Stelle derjenigen des Bundesgesetzgebers setzen und durch öffentlich-rechtliche Vorschrift ein Formerfordernis für den nach Bundesrecht formlos gültigen Vertrag einführen, und zwar auch nicht mit der Begründung, dass die Schriftform unerlässlich sei für die verwaltungsrechtliche Vertragsüberprüfung und die Verwirklichung der Bewilligungspflicht ( BGE 65 I 81 a). Das ist ein Einbruch in die grundsätzliche Formfreiheit des Vertragsschlusses im allgemeinen und in die Formlosigkeit des Fahrniskaufes im besondern und verträgt sich nicht mit dem Sinn und Geist des Bundeszivilrechts ( BGE 65 I 82 ). Daran ändert nichts, dass Sparverträge in der Praxis regelmässig schrìftlich abgeschlossen verden. BGE 85 I 17 S. 25 § 4 VO ist daher wegen Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechts aufzuheben. 13. Nach Art. 19 Abs. 1 OR können die Parteien den Vertragsinhalt innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festsetzen. Die §§ 5 ff. VO schränken diese Befugnis für den Sparvertrag zum Schutze des Käufers in mehrfacher Beziehung ein. a) Die §§ 5-7 und 9 VO beschränken die freie Vereinbarung der Preise und Teilzahlungen, indem sie die handelsüblichen Barkaufpreise als zulässige Höchstpreise bezeichnen (§§ 5/6), den totalen Kaufpreis (unter Vorbehalt besonderer Bewilligung) auf Fr. 7000.-- begrenzen (§ 7), wodurch mittelbar auch die Menge der Kaufgegenstände beschränkt wird, und ein bestimmtes Verhältnis der Höhe und Anzahl der Teilzahlungen zum Kaufpreis vorschreiben (§ 9). Diese Ordnung ist unvereinbar mit der durch Art. 19 OR anerkannten Vertragsfreiheit, aber auch mit Art. 211 OR , wonach sich der vom Käufer zu bezahlende Preis "nach den Bestimmungen des Vertrages", also nach der freien Vereinbarung der Parteien richtet. Bestimmungen zum Schutze der Parteien vor sittenwidriger Bindung, Übervorteilung oder Willensmängeln sind in den Art. 27 ZGB und 20, 21 und 23 OR enthalten. Sollten diese zivilrechtlichen Behelfe beim Sparvertrag wegen der mit dieser Vertragsart verbundenen besonderen Gefahren den Käufer nicht genügend schützen, so ist ihre Ergänzung Sache des Bundesgesetzgebers, der denn auch zu diesem Zweck bereits eine Revision des OR eingeleitet hat. Kantonale öffentlich-rechtliche Vorschriften, die in die freie Preis- und Lohngestaltung eingreifen, wurden bis jetzt nur beim Vorliegen besonderer Verhältnisse gestattet. So wurde die Festsetzung der Honoraransätze für die zur Rechtspflege gehörenden Verrichtungen der Anwälte zugelassen, weil diese Tätigkeit der Anwälte gewissermassen eine öffentliche Aufgabe darstellt und die Erschwinglichkeit der Rechtspflege in Frage steht ( BGE 66 I 57 ), während BGE 85 I 17 S. 26 die Aufstellung von Tarifen für Taxichauffeure im Hinblick auf die Anonymität der Beziehungen zwischen Chauffeur und Fahrgast und auf die Abwicklung des Zahlungsverkehrs auf der öffentlichen Strasse als begründet erschien ( BGE 79 I 340 ). Wo aber solche besonderen Verhältnisse nicht vorliegen, wie beim Mäklervertrag oder beim Kommissionsvertrag, ist die Tarifierung von Preisen oder Dienstleistungen durch das kantonale öffentliche Recht unzulässig, selbst wenn sie an sich wünschbar wäre ( BGE 65 I 83 /84, BGE 70 I 235 /37). Das gilt auch für den Fahrniskauf in der hier in Frage stehenden Form des Sparvertrages. Die VO stellt zwar keinen Tarif auf, setzt aber die handelsüblichen Barkaufspreise als Höchstpreise fest (§ 5) und ermächtigt die Bewilligungsbehörde, also das Polizei-Departement (§ 20), auf Verlangen des Käufers im Zeitpunkt des Auswahl oder Lieferung durch Sachverständige prüfen zu lassen, ob die vereinbarten Preise die handelsüblichen Barkaufspreise übersteigen, und je nach dem Ergebnis der Prüfung die Bewilligung des Vertrages zu verweigern bzw. zu widerrufen (§ 6). Dass derartige Bestimmungen schlechthin unvereinbar sind mit der Vertragsfreiheit und der Regelung des Kaufvertrages im OR, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Die §§ 5-7 VO sind daher als bundesrechtswidrig aufzuheben, ebenso § 9, da das Verhältnis der Höhe und Anzahl der Teilzahlungen zum Kaufpreis in der freien Dispositionsbefugnis der Vertragsparteien steht. b) Indem § 10 VO vorschreibt, dass die Zahlungen des Käufers auf ein auf seinen Namen lautendes und ihm auszuhändigendes Sparheft bei einer Bank oder Sparkasse zu leisten seien, und Auszahlungen aus diesem Sparheft nur unter gewissen Voraussetzungen zulässt, führt er eine Sicherstellungspflicht zugunsten des Käufers ein. Auch dies ist mit dem Bundeszivilrecht unvereinbar. Nach Art. 211 OR ist der Kaufpreis, wie bereits erwähnt, "nach den Bestimmungen des Vertrags" zu leisten. Ist der Käufer nach dem Vertrag vorleistungspflichtig, so hat er BGE 85 I 17 S. 27 also zum voraus zu bezahlen und kann eine Sicherstellung nur verlangen, wenn eine solche vereinbart ist. Ferner kann er nach Art. 83 OR bei Zahlungsunfähigkeit des Verkäufers seine Leistungen solange zurückbehalten, bis ihm die Gegenleistung sichergestellt ist. Die Einführung einer weitergehenden Sicherstellungspflicht des Verkäufers in § 10 VO ist bundesrechtswidrig (vgl. BGE 75 I 271 , wo eine kantonale Vorschrift zur Sicherung des Vermögens von Personalfürsorgestiftungen als unzulässige Beschränkung der Stiftungsfreiheit und damit als bundesrechtswidrig erklärt wurde). Art. 15 des Bankengesetzes umschreibt sodann abschliessend, welche Banken und Sparkassen Spargelder entgegennehmen dürfen. Da neben dem Bankengesetz kantonale Vorschriften über Banken keinen Bestand haben (Art. 53), können die Kantone für Geschäfte, die in den Geschäftskreis der Banken fallen, keine weitergehenden Erfordernisse aufstellen ( BGE 70 I 230 Erw. 4). Soweit daher § 10 VO für die Vorauszahlungen des Käufers auf ein Sparheft noch vorschreibt, dass die Bank oder Sparkasse zur Entgegennahme von Mündelvermögen im Sinne von § 4 der soloth. VO über das Mündelvermögen berechtigt sei, verletzt er ebenfalls Bundesrecht und ist daher aufzuheben. c) Mit § 8 VO, wonach die Vertragsdauer höchstens 7 Jahre betragen darf, wird der Schutz des Käufers vor einer zu langfristigen Bindung bezweckt. Damit greift die VO wieder in unzulässiger Weise in das Bundeszivilrecht ein. Da dieses für den Kaufvertrag und das Abzahlungsgeschäft ( Art. 226 ff. OR ) keine Vorschriften über die Vertragsdauer aufstellt, gilt dafür als einzige Schranke Art. 27 Abs. 2 ZGB , wonach sich niemand seiner Freiheit entäussern oder sich in ihrem Gebrauch in einem das Recht oder die Sittlichkeit verletzenden Grade beschränken kann. Ob ein Sparvertrag gegen diese Bestimmung verstosse und daher nach Art. 20 OR nichtig sei, ist anhand seines konkreten Inhaltes zu entscheiden ( BGE 84 II 22 Erw. 4, 277). BGE 85 I 17 S. 28 Ist danach ein Sparvertrag, der für die Aufbringung des Kaufpreises mehr als 7 Jahre vorsieht, nicht sittenwidrig und daher gültig (wie das Bundesgericht z.B. in BGE 84 II 24 d angenommen hat), so steht es dem kantonalen Recht nicht zu, einen solchen Vertrag zu verbieten. d) Die §§ 11, 12 und 14 VO regeln die Auflösung des Sparvertrages. § 11 gibt dem Käufer das Recht, innert einer Bedenkfrist von drei Tagen seit Erhalt des schriftlichen Vertrags ohne jede Entschädigung vom Vertrag zurückzutreten. Das Rücktrittsrecht ist ein Institut des Zivilrechts und besteht grundsätzlich nur, wenn es sich auf Parteivereinbarung oder auf das Gesetz stützen kann (VON TUHR/SIEGWART, OR S. 611 ff.). Das OR kennt Rücktrittsrechte bei Verzug (oder Zahlungsunfähigkeit) der Gegenpartei (Art. 83, 95, 107, 226 OR). Eine jederzeitige Widerrufsmöglichkeit, wie sie ausnahmsweise beim Auftrag besteht, wobei aber der zurücktretende Teil, wenn der Widerruf zur Unzeit erfolgt, immerhin schadenersatzpflichtig ist (Art. 404), gibt es beim Kaufvertrag nicht. Indem die VO in § 11 dem Käufer ein freies, zu keiner Entschädigung verpflichtendes und an keine weitere Voraussetzung als die Einhaltung einer Frist geknüpftes Rücktrittsrecht einräumt, ergänzt sie das Bundeszivilrecht in unzulässiger Weise. § 11 ist daher ebenfalls aufzuheben. § 12 gibt dem Käufer bei Verträgen, deren Dauer ein Jahr übersteigt oder unbestimmt ist, das Recht, den Vertrag bis zum Abruf der Ware jederzeit zu "kündigen". Eine Kündigung kennt das OR bei Dauerschuldverhältnissen wie Miete, Pacht, Darlehen oder Dienstvertrag (Art. 267, 290, 318, 347-351). Der Kauf auf Vorauszahlung ist kein Dauerschuldverhältnis in dem Sinne, dass der Zeitablauf stets neue Verpflichtungen der Parteien entstehen liesse; er ist vielmehr auf einmaligen Austausch zweier von vornherein begrenzter Leistungen (Lieferung der Kaufsache und Zahlung des vereinbarten Preises) gerichtet, wobei allerdings der Käufer seine Leistung nicht auf einmal, BGE 85 I 17 S. 29 sondern während einer gewissen Zeit in Raten erbringen muss. In dieser Beziehung steht er dem Kauf auf Abzahlung ( Art. 226 OR ) nahe, für den das OR auch kein Kündigungsrecht kennt. Für ein solches ist daher auch beim Sparvertrag kein Raum ( BGE 84 II 279 ). § 12 VO, der dem Käufer trotzdem ein Kündigungsrecht einräumt, verletzt daher das Bundeszivilrecht und ist aufzuheben. § 14 VO sieht die Auflösung des Vertrages bei Tod oder wesentlicher Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit infolge unheilbarer Krankheit oder dauernder Invalidität des Käufers vor und regelt die Folgen. Das OR lässt die Beendigung eines Schuldverhältnisses durch den Tod einer Partei nicht generell eintreten, sondern nur bei gewissen Vertragsarten, namentlich dort, wo es auf die persönlichen Eigenschaften eines Kontrahenten ankommt (vgl. die Zusammenstellung bei VON TUHR/SIEGWART S. 608 f.). Beim Kaufvertrag kennt es diesen Auflösungsgrund nicht und erst recht nicht denjenigen der unheilbaren Krankheit oder dauernden Invalidität des Käufers. Auch hier greift die VO in das Bundeszivilrecht ein und sucht es in unzulässiger Weise abzuändern bzw. zu ergänzen, sodass auch § 14 VO aufzuheben ist. e) § 13 VO regelt die gegenseitigen Leistungen der Kontrahenten im Falle der Vertragsauflösung und beschränkt ein allfälliges Reugeld des Käufers auf 10% des Kaufpreises, höchstens aber Fr. 500.--. Damit greift die VO wiederum in die Vertragsfreiheit ein, die inbezug auf die in Frage stehenden Leistungen nach Bundeszivilrecht nur begrenzt wird durch Art. 27 Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR sowie Art. 227 Abs. 2 und 3 OR . Ob die für den Fall der Vertragsauflösung vereinbarten Leistungen des Käufers vor diesen Bestimmungen Bestand haben, ist im Streitfall vom Richter unter Würdigung der konkreten Verhältnisse zu entscheiden. Für die Festsetzung von Höchstsätzen durch das kantonale öffentliche Recht bleibt daneben kein Raum. Auch § 13 VO ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben. BGE 85 I 17 S. 30 f) Das gleiche gilt für § 15 VO, wonach der Käufer befugt sein muss, jederzeit die Übergabe des Kaufgegenstandes gegen Begleichung des Restkaufpreises zu fordern. Nach dem OR kann zwar der Schuldner unter Umständen vor dem Verfalltag erfüllen (Art. 81), der Gläubiger aber keinesfalls vorzeitige Erfüllung verlangen. Der Käufer kann daher die Lieferung der Kaufsache auch dann nicht einseitig vor dem vereinbarten Zeitpunkt verlangen, wenn er die Leistung des ganzen Kaufpreises anbietet. § 15 VO verletzt diese Ordnung und ist daher ebenfalls als bundesrechtswidrig aufzuheben. g) § 16 VO verbietet die Vereinbarung des Verfalls des ganzen Kaufpreises beim Verzug des Käufers mit der Leistung einer oder mehrerer Teilzahlungen. Das widerspricht der Regelung in Art. 228 OR , der das Abzahlungsgeschäft betrifft, sinngemäss aber auch auf den Sparvertrag Anwendung finden muss. Danach ist die Verfallklausel nicht schlechthin ausgeschlossen, wie § 16 VO bestimmt, doch kann sich der Verkäufer erst dann darauf berufen, wenn der Käufer mit wenigstens zwei aufeinanderfolgenden, zusammen mindestens einen Zehntel des Kaufpreises ausmachenden Teilzahlungen im Rückstand ist. Auch § 16 VO ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben. h) § 17 VO lässt die Vereinbarung der Abtretung künftiger Forderungen des Käufers aus Arbeitsleistung nicht für länger als zwei Jahre und nur insoweit zu, als dem Käufer und seiner Familie das unentbehrliche Mindesteinkommen nach SchKG gewahrt ist. Gemäss Art. 164 OR sind alle Forderungen, auch künftige ( BGE 84 II 366 Erw. 3), abtretbar, soweit nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur des Rechtsverhältnisses entgegenstehen. Die Abtretung von (verfallenen oder künftigen) Forderungen aus Arbeitsleistung, also auch von Lohnforderungen ( Art. 330 OR ), ist nach dem Bundeszivilrecht nicht verboten und auch durch die Natur des Rechtsverhältnisses nicht ausgeschlossen. Das kantonale öffentliche Recht aber kann die Abtretbarkeit solcher Forderungen, BGE 85 I 17 S. 31 soweit sie nicht das öffentlich-rechtliche Beamtenverhältnis betreffen ( BGE 56 III 194 ), nicht verbieten oder beschränken. Eine zeitliche Schranke für die Abtretung künftiger Lohnforderungen ergibt sich einzig aus Art. 27 Abs. 2 ZGB und Art. 20 OR . Soweit § 17 VO diese Abtretung nur für zwei Jahre zulässt, ist er daher bundesrechtswidrig. Dagegen trifft dies nicht zu für das in § 17 weiter enthaltene Verbot der Abtretung solcher Forderungen, soweit sie nach Art. 93 SchKG unpfändbar sind. Dieses Verbot verträgt sich mit Sinn und Geist des Bundeszivilrechts, da die Abtretung künftiger Lohnforderungen insoweit, als der Lohn für den Unterhalt des Dienstpflichtigen und seiner Familie unumgänglich notwendig ist, gegen Art. 27 ZGB und Art. 20 OR verstösst (OSER/SCHÖNENBERGER N. 5 zu Art. 164 OR , VON TUHR/SIEGWART S. 798 Anm. 86; Urteil des neuenburg. Zivilkassationsgerichts in SJZ 40 S. 58). i) § 18 VO schliesst die vertragliche Wegbedingung des verfassungsmässigen Gerichtsstands und Richters aus, verbietet also Gerichtsstandsklauseln in Sparverträgen. Die Gerichtsstandsklausel ist, auch wenn sie mit einem zivilrechtlichen Vertrag verbunden ist, eine selbständige prozessrechtliche Abrede ( BGE 62 I 234 ). Ihre Zulässigkeit folgt nicht aus der in Art. 19 OR anerkannten Vertragsfreiheit, sondern kann sich nur aus dem kantonalen Prozessrecht ergeben (vgl. BGE 76 II 249 ). § 18 VO, der Gerichtsstandsklauseln in Sparverträgen verbietet, stellt somit eine dem kantonalen Prozessrecht angehörende Bestimmung dar und ist als solche keinesfalls bundesrechtswidrig. 14. Greifen demnach die §§ 3-17 VO in unzulässiger Weise in das Bundeszivilrecht ein, so trifft dies auch für die §§ 4 und 19 zu, denn sie schreiben vor, dass der Sparvertrag jene bundesrechtswidrigen Bestimmungen sowie die Klausel, dass er nur verbindlich sei, wenn er bewilligt ist, enthalten müsse. Ferner können die Bestimmungen über das Bewilligungsverfahren, die Strafandrohung und BGE 85 I 17 S. 32 die Gebühren (§§ 20-26) keinen Bestand haben, da sie sich auf jene bundesrechtswidrigen Bestimmungen beziehen und das mit dem Bundesrecht unvereinbare Erfordernis der Schriftform des Sparvertrages (§ 4) voraussetzen. Vor dem Bundesrecht haltbar sind nur die §§ 1, 2 und 18, ferner § 17 insoweit, als er die Abtretbarkeit von künftigen unpfändbaren Lohnforderungen verbietet. Dass der Regierungsrat die VO nur wegen dieser Bestimmungen erlassen hätte oder aufrecht erhalten will, ist nicht anzunehmen. Die VO ist daher als Ganzes aufzuheben und damit auch, wie in einer Beschwerde verlangt wird, der Beschluss des Kantonsrates vom 2. Juli 1958, mit dem die §§ 20 und 26 VO genehmigt worden sind. § 311 EG ist insoweit, als er die gesetzliche Grundlage für die bundesrechtswidrigen Bestimmungen der VO bildet, ebenfalls bundesrechtswidrig, kann aber selber nicht mehr mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden. 15. Da die VO wegen Verletzung von Art. 2 Üb.-Best. der BV aufzuheben ist, braucht nicht geprüft zu werden, ob sie auch gegen die in den Beschwerden weiter angerufenen Art. 4 und 31 BV und 15 KV verstosse.
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nan
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Urteilskopf 117 IV 484 85. Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1991 i.S. Eidgenössische Zollverwaltung gegen O. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 73 ff. VStrR ; Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung im gerichtlichen Verfahren in Bundesverwaltungsstrafsachen. Aufgrund von Bundesrecht ist im gerichtlichen Verfahren in Bundesverwaltungsstrafsachen nur der Bundesanwalt, nicht aber die beteiligte Verwaltung legitimiert, kantonale Rechtsmittel oder die Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht zu ergreifen (E. 2; Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 484 BGE 117 IV 484 S. 484 A.- Mit Strafbescheid vom 14. Juni 1988 verurteilte die eidgenössische Oberzolldirektion O. wegen Bannbruchs im Sinne von Art. 76 Ziff. 1 und Art. 77 des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 zu einer Busse von Fr. 3'125.--, woran sie nach Einsprache des O. mit Strafverfügung vom 4. April 1989 festhielt. B.- O. verlangte am 13. April 1989 die gerichtliche Beurteilung der Strafsache, worauf die Oberzolldirektion mit Überweisung vom 8. Januar 1990 die Akten der Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen zuhanden des zuständigen Strafgerichtes übermittelte. BGE 117 IV 484 S. 485 Mit Urteil vom 4. Mai/22. August 1990 sprach die Gerichtskommission Unterrheintal O. vom Vorwurf des Bannbruchs frei. C.- Die eidgenössische Oberzolldirektion erhob dagegen Berufung. Mit Urteil vom 23. Januar 1991 trat das Kantonsgericht St. Gallen auf die Berufung nicht ein, da die Oberzolldirektion nicht berufungslegitimiert sei. D.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Oberzolldirektion eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. E.- O. beantragt, auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten, eventualiter sie abzuweisen. F.- Die schweizerische Bundesanwaltschaft, vom Instruktionsrichter zu einer Stellungnahme eingeladen, äusserte sich mit Eingabe vom 14. Juni 1991. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Das Kantonsgericht begründet seine Auffassung im wesentlichen wie folgt: In bezug auf die Legitimation im kantonalen Rechtsmittelverfahren verweise Art. 80 Abs. 1 VStrR auf das kantonale Recht. Nach Art. 80 Abs. 2 VStrR sei überdies der Bundesanwalt legitimiert; die beteiligte Verwaltung werde als Rechtsmittelklägerin nicht genannt. Nach Art. 74 VStrR seien Parteien im gerichtlichen Verfahren der Beschuldigte, der öffentliche Ankläger gemäss kantonalem Recht, der Bundesanwalt und die beteiligte Verwaltung. Die Oberzolldirektion leite ihre Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren aus der ihr in Art. 74 VStrR eingeräumten Parteistellung ab. Gemäss st. gallischem Strafprozessrecht seien zur Berufung legitimiert grundsätzlich nur der Staatsanwalt und der Angeschuldigte; der Geschädigte sei dazu befugt, soweit ihm Verfahrenskosten auferlegt worden seien. Auch aus Art. 80 Abs. 2 bzw. Art. 74 VStrR lasse sich keine Rechtsmittellegitimation der Beschwerdeführerin herleiten. Art. 80 Abs. 2 VStrR sehe vor, dass auch der Bundesanwalt die kantonalen Rechtsmittel einlegen könne. Damit werde eine Befugnis wiederholt, die bereits in Art. 15 BStP festgehalten sei. Aus Art. 80 Abs. 2 VStrR ergebe sich keine Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung. Das Bundesgericht habe diese Legitimation aus Art. 74 Abs. 1 VStrR hergeleitet und damit den Schluss gezogen, diese Befugnis sei ein aus der Parteistellung fliessendes BGE 117 IV 484 S. 486 Recht. Parteibegriff und die damit verbundenen Rechte seien aber im schweizerischen Strafprozessrecht nicht einheitlich bestimmt. Die Zuerkennung der Parteistellung sei keineswegs gleichbedeutend mit der Verleihung der Rechtsmittellegitimation. Die Rechte der beteiligten Verwaltung aufgrund der ihr in Art. 74 VStrR eingeräumten Parteistellung würden in den Art. 75 ff. VStrR konkretisiert. Es handle sich dabei um bestimmte Informations- und Mitwirkungsrechte, nicht jedoch um die Legitimation zur Rechtsmittelergreifung. Der vom Bundesgericht in BGE 105 IV 287 gezogene Schluss, ohne einen klaren Ausschluss der Rechtsmittellegitimation im Gesetz sei diese zu bejahen, widerspreche dem Verständnis der Parteistellung im Strafprozess. Dasselbe ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte; in den parlamentarischen Beratungen sei eine Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung sogar ausdrücklich verneint worden. Die eingeschränkte Parteistellung der Verwaltung im gerichtlichen Verfahren ergebe sich auch aus Art. 78 VStrR , wonach der Rückzug einer Strafverfügung nur mit Zustimmung des Bundesanwaltes möglich sei. Zusätzlich weist die Vorinstanz darauf hin, dass ohnehin schon auf seiten der Strafverfolgungsbehörden zwei Stellen, nämlich die kantonale Staatsanwaltschaft und die Bundesanwaltschaft, rechtsmittelberechtigt seien. Es bestehe deshalb kein Bedürfnis für die Legitimation auch der beteiligten Verwaltung. Überdies würde eine solche auf seiten des Bundes zu unterschiedlichen Rechtsmittelfristen führen. In BGE 114 IV 179 habe das Bundesgericht die Rechtsmittellegitimation bejaht, ohne sich mit der Kritik an seiner Rechtsprechung näher auseinanderzusetzen. b) Die Beschwerdeführerin verweist auf die mit BGE 105 IV 287 E. 3 begründete Praxis, wonach sich aus der Parteistellung gemäss Art. 74 Abs. 1 VStrR auch die Legitimation der beteiligten Verwaltung zur selbständigen Ergreifung von Rechtsmitteln gegen kantonale Gerichtsurteile ableite. Dementsprechend habe das Bundesgericht auch die Befugnis zur Ergreifung der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde der beteiligten Verwaltung zuerkannt. Die Vorinstanz setze sich also bewusst in Widerspruch zu einer jahrelangen konstanten Praxis des Bundesgerichtes und wolle offenbar deren Änderung erwirken. Das erstaune umso mehr, als vor den Schranken die Rechtsmittelbefugnis der Verwaltung von keiner Seite bestritten worden sei. Gegen eine Praxisänderung sprächen nicht nur der Gesetzeswortlaut, sondern auch sachliche Gründe. Sofern die Anwesenheit des kantonalen Staatsanwaltes in BGE 117 IV 484 S. 487 der kantonalen Strafprozessordnung nicht zwingend vorgeschrieben sei, was in den wenigsten Kantonen der Fall sei, trete dieser, wie übrigens auch der Bundesanwalt, in Verwaltungsstrafsachen vor den kantonalen Gerichten in aller Regel nicht auf. Komme die beteiligte Verwaltung in einem bestimmten Falle zum Schluss, dass gegen ein kantonales Gerichtsurteil ein Rechtsmittel ergriffen werden müsse, hätte sie daher zunächst der kantonalen Staatsanwaltschaft und/oder der Bundesanwaltschaft detaillierte Aktenkenntnis zu verschaffen; denn die Bundesanwaltschaft kenne den Fall noch nicht und die Staatsanwaltschaft habe die Akten vorher lediglich zur Weiterleitung an das erstinstanzlich zuständige Strafgericht in Händen gehabt. Ausserdem müsste die Verwaltung den genannten Behörden im Hinblick auf das zu ergreifende Rechtsmittel ihre spezifische Fachkunde im Bereich des Nebenstrafrechts vermitteln. Diese besondere Fachkunde stelle ja einen der wichtigsten Gründe dar, wegen welcher der Gesetzgeber die Verfolgung und Beurteilung bestimmter Widerhandlungen des Nebenstrafrechts, darunter auch der Zollwiderhandlungen, der zuständigen Bundesverwaltungsbehörde übertragen habe. Die erwähnten Instruktionsmassnahmen wären für alle Beteiligten mit erheblichen zusätzlichen Umtrieben verbunden und gerade in komplexen Fällen innerhalb der zumeist sehr kurzen Rechtsmittelfristen oft gar nicht durchführbar. Die Praxis des Bundesgerichtes entspreche somit auch dem Gebot der Zweckmässigkeit. c) Der Beschwerdegegner stellt zunächst die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Nichtigkeitsbeschwerde in Frage und beantragt Abweisung im wesentlichen mit den Gründen der Vorinstanz. Er führt aus, der Beschwerdeführerin gehe es ganz konkret "um die Durchsetzung ihrer Macht und Ansicht". Gerade ein solches Verhalten rufe nach einer Kontrolle auf der anklagenden Seite, wie sie mit der Beschwerdelegitimation des Bundesanwaltes gegeben sei. Damit bestehe Gewähr, dass nicht alle kleinen und kleinsten Strafbescheide rechthaberisch bis an das Bundesgericht weitergezogen würden. d) Die Bundesanwaltschaft äussert sich wie folgt: Nach der ursprünglichen Konzeption sollte die Bundesanwaltschaft zentral für alle Bundesämter Rechtsmittel einlegen, um eine gewisse Einheitlichkeit zu gewährleisten. Auf Bundesebene sollte es Sache des Bundesanwaltes sein, ein Rechtsmittel zu ergreifen. Aufgrund der alten Praxis habe sich die beteiligte Verwaltung deshalb jeweils an die Bundesanwaltschaft gewandt, wenn nach ihrer Auffassung ein BGE 117 IV 484 S. 488 kantonales Urteil angefochten werden sollte. Die Bundesanwaltschaft habe dann die Argumente der Bundesverwaltung zu prüfen und gegebenenfalls das Rechtsmittel frist- und formgerecht einzureichen gehabt. Das habe sich im Jahre 1979 aufgrund von BGE 105 IV 286 geändert, wonach die beteiligte Bundesverwaltung als Partei selbständig zur Beschwerde legitimiert sei. Kantonale Obergerichte seien dieser Auffassung hinsichtlich kantonaler Rechtsmittel gefolgt. Seither habe die Bundesanwaltschaft nicht mehr für alle Bundesämter zentral Rechtsmittel ergriffen; sie habe sich seither grundsätzlich auf die prozessuale Beratung der beteiligten Bundesverwaltung beschränkt, wenn diese das wünschte, was immer weniger der Fall gewesen sei. Aus der Sicht der Bundesanwaltschaft bestehe heute kein Bedürfnis, zur alten Praxis zurückzukehren. Zuzugeben sei allerdings, dass die bundesrechtliche Regelung unvollständig sei, weil sie die Bundesverwaltung nicht erwähne und Fragen offenlasse. 2. a) Das Bundesgericht hat sich in seiner publizierten Rechtsprechung bisher zweimal zur Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung geäussert, allerdings beide Male beschränkt auf die Frage der Legitimation zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde. In BGE 81 IV 207 E. 2 wurde für den Bereich des Bundesbeschlusses über Massnahmen zur Erhaltung der Uhrenindustrie vom 22. Juni 1951 die ausschliessliche Legitimation des Bundesanwaltes gemäss Art. 270 Abs. 6 BStP angenommen. Die Legitimation des eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartementes, in dessen Auftrag die Uhrenkammer handelte, wurde verneint. Verneint wurde insbesondere ein praktisches Bedürfnis nach konkurrierender Beschwerdelegimitation zweier Bundesstellen. Wenn das eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement finde, ein kantonaler Strafentscheid oder Einstellungsbeschluss sei mit Nichtigkeitsbeschwerde anzufechten, könne es seine Auffassung dem Bundesanwalt unterbreiten, der hierauf nach eigenem Ermessen Beschwerde führen oder die Sache auf sich beruhen lassen könne. Zur Rechtslage aufgrund des am 1. Januar 1975 in Kraft getretenen Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht äusserte sich das Bundesgericht in BGE 105 IV 287 E. 3 und erkannte, die beteiligte Verwaltung sei selbständig zur Nichtigkeitsbeschwerde legitimiert. Begründet wurde das vor allem damit, dass der beteiligten Verwaltung im gerichtlichen Verfahren gemäss Art. 74 Abs. 1 VStrR Parteistellung zukomme. Aus anderen Bestimmungen des BGE 117 IV 484 S. 489 Gesetzes lasse sich nicht schliessen, dass die beteiligte Verwaltung von der Beschwerdemöglichkeit ausgeschlossen und im Rechtsmittelverfahren durch den Bundesanwalt vertreten werden solle. Eine Beschränkung der Beschwerdelegitimation auf den Bundesanwalt hätte im Gesetz klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht werden müssen. Verneint wird auch, dass das Gesetz zur Vermeidung von Unzukömmlichkeiten, die sich aus der konkurrierenden Beschwerdelegitimation zweier Bundesstellen ergeben könnten, die Einlegung eines Rechtsmittels durch die Verwaltung an das Erfordernis der Zustimmung des Bundesanwaltes knüpfe. Aus BGE 105 IV 287 kann höchstens indirekt der Schluss gezogen werden, dass der beteiligten Verwaltung von Bundesrechts wegen nicht nur Parteistellung, sondern auch die Legitimation zur Ergreifung kantonaler Rechtsmittel zustehe. Davon ist das Bundesgericht in der Folge ohne weitere Diskussion auch ausgegangen (vgl. BGE 114 IV 179 E. 2b). b) Aus der Entstehungsgeschichte, auf welche in BGE 105 IV 287 nicht eingegangen wird, ergibt sich folgendes: Die Vorschriften über das gerichtliche Verfahren (Art. 73 bis 83 VStrR, im Entwurf Art. 77 bis 87) sollten nichts grundsätzlich Neues bringen (Botschaft zum Entwurf eines Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht vom 21. April 1971, BBl 1971 I, S. 1014; Amtl.Bull. 1971 S 851, Votum Munz; Amtl.Bull. 1973 N 454 ff.). Im Nationalrat wurde vor allem die Frage aufgeworfen, ob es dem Angeschuldigten zumutbar sei, in einem Verfahren drei Instanzen gegenüberzustehen, nämlich dem öffentlichen Ankläger des Kantons, dem Bundesanwalt und der beteiligten Verwaltung. Verlangt wurde, dass diese nicht etwa kumulativ auftreten. Zur Frage der Parteistellung und der Rechtsmittellegitimation erklärte Bundesrat Furgler ausdrücklich: "Aber diese Parteistellung ist insofern eingeschränkt, als die Verwaltung nicht etwa selbständig Rechtsmittel einlegen kann. Diese sind auf seiten des Bundes dem Bundesanwalt vorbehalten. Ich darf auf Art. 84 Abs. 2 und Art. 87 Abs. 1 (gemeint des Entwurfs, jetzt Art. 80 Abs. 2 und Art. 83 Abs. 1) verweisen" (Amtl.Bull. 1973 N 488). Aus der Entstehungsgeschichte ist somit zu schliessen, dass man für die hier interessierende Frage mit dem Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht nichts Neues einführen, sondern die mit BGE 81 IV 207 begründete Rechtsprechung betreffend Rechtsmittellegitimation fortschreiben wollte. BGE 105 IV 287 steht somit im Widerspruch zur Entstehungsgeschichte. BGE 117 IV 484 S. 490 c) Auch das Schrifttum geht von der ausschliesslichen Beschwerdelegitimation des Bundesanwaltes aus (MARKUS PETER, Kriminalistik 1974 S. 511 und ZStrR 93/1977 S. 372; vgl. auch SCHWOB, Verwaltungsstrafrecht des Bundes, SJK 1290 S. 9 f.). d) Stellt man allein auf den Wortlaut der in Betracht kommenden Bestimmungen des VStrR ab, lässt sich die Frage nach der Beschwerdelegitimation nicht derart klar beantworten, wie das in BGE 105 IV 287 geschehen ist. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass in Art. 74 Abs. 1 VStrR nur umschrieben ist, welches die Parteien im gerichtlichen Verfahren sind. Es sind das neben dem Beschuldigten der öffentliche Ankläger gemäss kantonalem Recht, der Bundesanwalt und die beteiligte Verwaltung. Eine Aussage darüber, ob den Parteien auch die Rechtsmittellegitimation zusteht, ist damit nicht gemacht. Im Gegenteil ist aus Art. 74 Abs. 2 VStrR zu schliessen, dass zwischen Parteirechten und Rechtsmitteln zu unterscheiden ist. Denn in dieser Bestimmung wird gesagt, dass dem von der Einziehung Betroffenen die gleichen Parteirechte und Rechtsmittel zustünden wie einem Beschuldigten. Das ist ein Indiz dafür, dass auch nach der Konzeption des VStrR zwischen Parteirechten und Rechtsmittellegitimation zu unterscheiden ist. Art. 80 Abs. 1 VStrR spricht von den kantonalen Rechtsmitteln. Danach sind die Rechtsmittel des kantonalen Rechts auch in Strafsachen zulässig, die dem kantonalen Gericht gemäss Art. 73 VStrR zur Beurteilung überwiesen werden. In dieser Bestimmung wird also ausdrücklich auf das Rechtsmittelsystem des kantonalen Rechtes verwiesen, was bedeutet, dass der beteiligten Verwaltung im kantonalen Verfahren nur dann die Rechtsmittellegitimation zusteht, wenn das kantonale Recht das ausdrücklich vorsieht. Dasselbe ergibt sich aus Art. 80 Abs. 2 VStrR . Wenn dort gesagt wird, die Rechtsmittel stünden auch dem Bundesanwalt zu, dann offenbar um sicherzustellen, dass dieser immer legitimiert ist, unabhängig von der Ausgestaltung der kantonalen Regelung. Hätte überdies der beteiligten Verwaltung die Legitimation zur Einreichung kantonaler Rechtsmittel von Bundesrechts wegen zugesprochen werden sollen, dann hätte in Art. 80 Abs. 2 VStrR diese neben dem Bundesanwalt ausdrücklich erwähnt werden müssen. Entsprechendes lässt sich aus Art. 83 Abs. 1 VStrR betreffend Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht herleiten. Hier erfolgt der generelle Verweis auf Art. 269 bis 278 BStP. Gemäss Art. 270 Abs. 1 Satz 1 BStP steht die Nichtigkeitsbeschwerde nur dem Angeklagten und dem öffentlichen Ankläger des Kantons zu, BGE 117 IV 484 S. 491 zusätzlich dem Bundesanwalt unter den Voraussetzungen von Art. 270 Abs. 6 BStP . Der letzte Teilsatz von Art. 83 Abs. 1 VStrR stellt klar, dass dem Bundesanwalt die Nichtigkeitsbeschwerde stets, also weitergehend als nach Art. 270 Abs. 6 BStP , zusteht. Auch hier hätte die Beschwerdelegitimation der beteiligten Verwaltung ausdrücklich in Art. 83 VStrR aufgenommen werden müssen. Ein weiteres Indiz gegen eine von Bundesrechts wegen gegebene selbständige Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung ergibt sich aus Art. 78 Abs. 1 VStrR , wonach die Verwaltung eine Strafverfügung nur mit Zustimmung des Bundesanwaltes zurückziehen kann. Alle diese Bestimmungen deuten darauf hin, dass der beteiligten Verwaltung im gerichtlichen Verfahren zwar Parteistellung, nicht aber die Rechtsmittelbefugnis zukommt. e) Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die mit BGE 105 IV 287 begründete Praxis sei auch sachgerecht, ist folgendes zu bemerken: Die selbständige Rechtsmittellegitimation der beteiligten Verwaltung mag unter dem Gesichtspunkt der Effizienz und der Arbeitsteilung für sie von Vorteil sein. Andererseits ist nicht zu übersehen, dass eine Beschränkung der Rechtsmittellegitimation auf den Bundesanwalt, gegebenenfalls neben dem kantonalen Ankläger, auch sachgerecht sein kann, weil sie eine gewisse Kontrolle und Koordination der Rechtsmittel bewirkt. Wenn sich die Bundesanwaltschaft in dem BGE 105 IV 287 zugrundeliegenden Fall gegen die generelle Einräumung der Beschwerdelegitimation an die beteiligte Verwaltung gewandt hat und wenn sie in ihrer Stellungnahme im heutigen Verfahren durchblicken lässt, dass es auch Gründe für die Koordination der Rechtsmittelfälle bei der Bundesanwaltschaft gibt, so zeigt dies, dass es Sachgesichtspunkte für beide hier in Frage kommenden Lösungen gibt. Im übrigen ändern die von der Beschwerdeführerin angerufenen Gesichtspunkte nichts daran, dass gemäss ausdrücklicher Zusicherung in den parlamentarischen Beratungen der beteiligten Verwaltung keine Rechtsmittelbefugnis von Bundesrechts wegen zukommen sollte und dass das, wie dargelegt, auch im Gesetz seinen Ausdruck gefunden hat. f) Daraus, dass die beteiligte Verwaltung von Bundesrechts wegen im kantonalen Verfahren Parteistellung hat, lässt sich, wie die Vorinstanz zu Recht bemerkt, nichts für die Rechtsmittellegitimation herleiten. Denn die Prozessgesetze zählen in der Regel unabhängig davon, wem Parteistellung zukommt, erschöpfend BGE 117 IV 484 S. 492 auf, wer rechtsmittellegitimiert ist (vgl. PIQUEREZ, Précis de Procédure pénale suisse, Lausanne 1987, N 2040 ff.). g) Somit ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte wie auch aus der Systematik des Gesetzes, dass der beteiligten Verwaltung im kantonalen Verfahren von Bundesrechts wegen keine Rechtsmittellegitimation zukommt. Ob Sachgesichtspunkte für eine abweichende Regelung sprechen, kann offenbleiben; gegebenenfalls hätte der Gesetzgeber eine andere Regelung zu treffen. Ebenso ergibt sich, dass die beteiligte Verwaltung nicht zur Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht legitimiert ist. 3. Fragen kann man sich einzig, ob die Beschwerdeführerin und die Bundesanwaltschaft auf die mit BGE 105 IV 287 begründete Praxis vertrauen durften, indem sie andernfalls das kantonale Rechtsmittel und die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde durch die Bundesanwaltschaft hätten einreichen lassen. Diese Frage braucht hier nicht weiter erörtert zu werden. Denn sie berührt das Problem, ob die Bundesanwaltschaft gestützt auf die vom kantonalen Recht beherrschten Grundsätze über die Wiedereinsetzung nachträglich noch das kantonale Rechtsmittel einlegen kann. Dazu hat sich das Bundesgericht nicht zu äussern. 4. Nach dem Gesagten ist auf die Nichtigkeitsbeschwerde mangels Legitimation der Beschwerdeführerin nicht einzutreten. Sie müsste im übrigen abgewiesen werden, da die Vorinstanz die Legitimation der Beschwerdeführerin zur Einreichung der kantonalen Berufung ohne Verletzung von Bundesrecht verneint hat.
null
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98c14e2b-1cdf-44d6-b4f1-0cb9985fff1f
Urteilskopf 138 V 475 56. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. S. gegen IV-Stelle des Kantons Aargau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_562/2012 vom 18. Oktober 2012
Regeste Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 und 3 IVG ; aArt. 29 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 Satz 1 sowie aArt. 48 Abs. 2 Satz 1 IVG (in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2007); Art. 8 Abs. 1 BV ; Entstehung des Rentenanspruchs und Beginn der Rente (Übergangsrecht 5. IV-Revision). Das Rundschreiben des BSV Nr. 253 vom 12. Dezember 2007, wonach bei am 1. Januar 2008 noch laufender Wartezeit eine Anmeldung bis Ende 2008 genügt, um sofort danach in den Genuss von Rentenleistungen zu kommen, ist gesetzwidrig. Die Anmeldefrist kann - bei einer einheitlichen Regelung - anspruchswahrend maximal bis Ende Juni 2008 erstreckt werden (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 476 BGE 138 V 475 S. 476 A. S. verletzte sich am 1. November 2007 bei der Arbeit am Handgelenk links (radiale, nach dorsal dislozierte, mehrfragmentäre Radiusfraktur). Die obligatorische Unfallversicherung erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung, Taggeld, Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung). Im Juli 2008 meldete sich S. bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach Abklärungen und durchgeführtem Vorbescheidverfahren sprach ihr die IV-Stelle des Kantons Aargau (nachfolgend: IV-Stelle) mit Verfügung vom 6. September 2011 eine befristete ganze Rente vom 1. November 2008 bis 30. Juni 2010 zu. B. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde der S. änderte das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 31. Mai 2012 die Verfügung vom 4. März 2010 (recte: 6. September 2011) ab und sprach ihr für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 30. September 2010 eine ganze Invalidenrente zu. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt S., der Entscheid vom 31. Mai 2012 sei aufzuheben und sie bereits ab dem 1. November 2008 bis 30. September 2010 zu berenten, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege. Die IV-Stelle und das kantonale Versicherungsgericht verzichten auf eine Stellungnahme und einen Antrag zur Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) hat sich nicht vernehmen lassen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitig und zu prüfen ist einzig, ob die Beschwerdeführerin ab 1. November 2008 wie von der IV-Stelle verfügt, oder erst ab 1. Januar 2009 wie von der Vorinstanz entschieden, Anspruch auf eine bis Ende September 2010 befristete ganze Rente hat ( Art. 107 Abs. 1 BGG ). Dabei steht fest, dass sich die Versicherte im Juli 2008 bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet hatte und die einjährige Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG (in Kraft seit 1. Januar 2008) bzw. aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG (in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2007) am 1. November 2007 (Unfallzeitpunkt) zu laufen begann und am 31. Oktober 2008 endete. BGE 138 V 475 S. 477 2. 2.1 Die Regelung der Entstehung des Rentenanspruchs und des Rentenbeginns haben im Rahmen der 5. IV-Revision gemäss Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5129 ff.) eine Änderung erfahren: 2.1.1 Bis 31. Dezember 2007 galt Folgendes: Der Rentenanspruch nach Artikel 28 entsteht frühestens in dem Zeitpunkt, in dem der Versicherte u.a. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 Prozent arbeitsunfähig ( Art. 6 ATSG ; SR 830.1) gewesen war. Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausgerichtet, in dem der Anspruch entsteht, jedoch frühestens von jenem Monat an, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt (aArt. 29 Abs. 1 lit. b und Abs. 2 Satz 1 IVG). Meldet sich ein Versicherter mehr als zwölf Monate nach Entstehen des Anspruchs an, so werden die Leistungen in Abweichung von Artikel 24 Absatz 1 ATSG lediglich für die zwölf der Anmeldung vorangehenden Monate ausgerichtet (aArt. 48 Abs. 2 Satz 1 IVG). 2.1.2 Seit 1. Januar 2008 gilt demgegenüber: Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die u.a. während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens zu 40 Prozent arbeitsunfähig ( Art. 6 ATSG ) gewesen sind ( Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG ). Der Rentenanspruch entsteht frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach Geltendmachung des Leistungsanspruchs nach Artikel 29 Absatz 1 ATSG, jedoch frühestens im Monat, der auf die Vollendung des 18. Altersjahres folgt. Die Rente wird vom Beginn des Monats an ausbezahlt, in dem der Rentenanspruch entsteht ( Art. 29 Abs. 1 und 3 IVG ). 2.2 Gemäss der bis 31. Dezember 2007 in Kraft gestandenen Regelung wäre der Anspruch der Beschwerdeführerin auf die (befristete) ganze Rente am 1. November 2008 (erster Tag nach Ablauf der Wartezeit; vgl. Rz. 2025 des Kreisschreibens des BSV über Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH, gültig ab 1. Januar 2012] http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/category:34/lang:deu ) entstanden und wären ab diesem Zeitpunkt Leistungen auszurichten. Nach der seit 1. Januar 2008 geltenden Ordnung ist der Anspruch im Januar 2009 (sechs Monate nach der Anmeldung bei der Invalidenversicherung) entstanden, und ab diesem Monat sind Leistungen geschuldet. BGE 138 V 475 S. 478 3. Für die Auffassung der Vorinstanz (Anwendbarkeit von Art. 29 Abs. 1 IVG auch dann, wenn die einjährige Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG bzw. aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG vor dem 1. Januar 2008 begann und in diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war) spricht, dass früher wie heute das Wartezeiterfordernis eine Anspruchsvoraussetzung ist. Dementsprechend gilt die Invalidität bzw. der Versicherungsfall Invalidenrente erst mit der Entstehung des Rentenanspruchs als eingetreten (vgl. BGE 137 V 417 E. 2.2.1 und 2.2.4 S. 421 f.; SVR 2007 IV Nr. 7 S. 23, I 76/05 E. 1.1), und nicht bereits bei Beginn der Wartezeit, wie die Beschwerdeführerin anzunehmen scheint. In diesem Zusammenhang ist nicht ersichtlich, inwiefern in Konstellationen wie der vorliegenden der (zufällige) Zeitpunkt des Verfügungserlasses zu Ungleichbehandlungen unter den Versicherten führen könnte. Vor Ablauf der Wartezeit konnte und kann auch weiterhin kein Rentenanspruch entstehen. Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Stützung ihres gegenteiligen Standpunktes (Massgeblichkeit der bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Regelung, insbesondere aArt. 48 Abs. 2 IVG) auf das vom BSV herausgegebene Rundschreiben Nr. 253 vom 12. Dezember 2007 http://www.bsv.admin.ch/vollzug/documents/index/page:7/lang:deu/category:35 sowie auf das Gleichbehandlungsgebot. 3.1 Es gibt keine spezielle übergangsrechtliche Regelung der Frage nach der Anwendbarkeit von Art. 29 Abs. 1 IVG (Entstehung des Rentenanspruchs frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach dessen Geltendmachung), wenn bei Inkrafttreten dieser Gesetzesbestimmung am 1. Januar 2008 die einjährige Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG bzw. aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG noch nicht abgelaufen ist. Es kommt daher der Grundsatz zum Tragen, wonach bei einer Änderung der Rechtsgrundlagen diejenigen massgebend sind, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben ( BGE 132 V 215 E. 3.1.1 S. 220; Urteil 8C_606/2011 vom 13. Januar 2012 E. 3.1), was hier indessen nicht weiterhilft. 3.2 3.2.1 Zweck der Neuregelung in Bezug auf die Entstehung des Anspruchs auf eine Invalidenrente und den Rentenbeginn ist, den Anreiz bei den Versicherten zu verstärken, sich möglichst frühzeitig, spätestens sechs Monate nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, bei der Invalidenversicherung anzumelden, insbesondere um Eingliederungsmassnahmen zu einem Zeitpunkt in die Wege leiten zu können, in BGE 138 V 475 S. 479 dem die Wahrscheinlichkeit für deren Wirksamkeit noch bedeutend höher ist als später (Botschaft vom 22. Juni 2005 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung [5. Revision], BBl2005 4459 ff., 4535 Ziff. 1.6.1.6 und 4568 zu Art. 29 IVG ). Die Neuerung führt grundsätzlich zu keiner Schlechterstellung, da bei rechtzeitiger Anmeldung die Rente wie schon vorher nach Ablauf der Wartezeit zur Ausrichtung gelangt (BBl, a.a.O.). 3.2.2 Im erwähnten Rundschreiben Nr. 253 hat die Aufsichtsbehörde ausgeführt, die Änderung brauche eine gewisse Übergangszeit u.a. auch deshalb, weil die versicherten Personen darüber bisher noch kaum informiert worden seien. Aus dem Grund sei die Regelung, wonach die Rente erst sechs Monate nach der Anmeldung gezahlt werden könne, nicht anwendbar, wenn die Wartezeit vor dem 1. Januar 2008 zu laufen begonnen habe und im Jahre 2008 erfüllt worden sei. In diesen Fällen genüge eine Anmeldung bis spätestens am 31. Dezember 2008. Die Rente könne dann abweichend vom neuen Art. 29 Abs. 1 IVG ab Ablauf der Wartezeit ausgerichtet werden. Beim Rundschreiben Nr. 253 handelt es sich um eine Verwaltungsweisung, welche für das Sozialversicherungsgericht zwar nicht verbindlich, von diesem aber zu berücksichtigen ist, wenn sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren Bestimmungen zulässt ( BGE 133 V 450 E. 2.2.4 S. 455; BGE 138 V 346 E. 6.2 S. 362; vgl. auch BGE 133 II 305 E. 8.1 S. 315). 3.3 3.3.1 Sinn und Zweck des im Rahmen der 5. IV-Revision geschaffenen Art. 29 Abs. 1 IVG (Entstehung des Rentenanspruchs frühestens nach Ablauf von sechs Monaten nach dessen Geltendmachung; vorne E. 3.2.1) sprechen für dessen grundsätzlich sofortige Anwendung auch in Fällen, wo die einjährige Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG bzw. aArt. 29 Abs. 1 lit. b IVG beim Inkrafttreten am 1. Januar 2008 noch nicht abgelaufen ist. Die Änderung ist jedoch einschneidend und wirkt sich namentlich dann zu Ungunsten der Versicherten aus, wenn in diesem Zeitpunkt bereits mehr als sechs Monate der Wartezeit vergangen sind mit der Folge, dass der Rentenanspruch nicht unmittelbar nach deren Ablauf entsteht. Die von der Aufsichtsbehörde im Rundschreiben Nr. 253 getroffene Regelung dient dazu, solche Fälle zu verhindern, was - jedenfalls unter der Annahme, dass von den Versicherten nicht vor dem 1. Januar 2008 Kenntnis von der Neuerung erwartet werden darf - nicht gesetzwidrig erscheint. BGE 138 V 475 S. 480 3.3.2 Unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgebots ( Art. 8 Abs. 1 BV ) ist indessen zu beachten, dass bei einem Eintritt der gesundheitlich bedingten Arbeitsunfähigkeit in den ersten fünf Monaten 2008 nach dem in solchen Fällen anwendbaren Art. 29 Abs. 1 IVG den betreffenden Versicherten nicht Zeit verbleibt, sich bis Ende Jahr bei der Invalidenversicherung anzumelden, um sofort nach Ablauf der einjährigen Wartezeit in den Genuss von Rentenleistungen zu kommen. Tritt etwa die Arbeitsunfähigkeit im Februar 2008 ein und meldet sich die versicherte Person erst im Dezember 2008 an, kann der Rentenanspruch frühestens im Juni 2009, d.h. vier Monate nach Ablauf der Wartezeit entstehen. Dies bedeutet eine Schlechterstellung gegenüber den vom Rundschreiben Nr. 253 erfassten Versicherten, bei denen eine Anmeldung bis spätestens am 31. Dezember 2008 ausreicht. 3.4 Es kann offenbleiben, ob eine Übergangsordnung, die nach der Dauer der Ende 2007 bereits zurückgelegten Wartezeit differenziert, am besten den Anforderungen von Verfassung und Gesetz genügte. Bei einer einheitlichen Regelung kann nach dem Gesagten jedenfalls die Anmeldefrist anspruchswahrend maximal bis Ende Juni 2008 erstreckt werden. Das Rundschreiben Nr. 253, soweit es eine Frist bis Ende 2008 vorsieht, ist somit gesetzeswidrig. Die vorliegend im Juli 2008 erfolgte Anmeldung war daher verspätet, weshalb in Anwendung von Art. 29 Abs. 1 IVG von einer Entstehung des Rentenanspruchs frühestens im Januar 2009 auszugehen ist. Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, sie habe sich in Kenntnis und im Vertrauen auf das besagte Rundschreiben Nr. 253 vom 12. Dezember 2007 erst im Juli 2008 bei der Invalidenversicherung angemeldet. Der vorinstanzliche Entscheid ist im Ergebnis zu bestätigen und die Beschwerde demzufolge abzuweisen.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
98c2d7ca-6e44-4141-9066-3c84f8d60295
Urteilskopf 138 V 434 52. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen gegen H. (Be- schwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_729/2011 vom 15. November 2012
Regeste Art. 14 Abs. 2 AVIG ; Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit, ähnliche Gründe. Die Aussteuerung des Ehepartners aus der Arbeitslosenversicherung gilt nicht als ähnlicher Grund im Sinne des Art. 14 Abs. 2 AVIG (E. 8). Hingegen kann - je nach den konkreten Umständen im Einzelfall - das unerwartete und plötzliche Dahinfallen von Leistungen der Haftpflichtversicherung an den Ehepartner einen Befreiungsgrund gemäss Art. 14 Abs. 2 AVIG darstellen (E. 9 und 10).
Sachverhalt ab Seite 435 BGE 138 V 434 S. 435 A. H., geboren 1964, ist verheiratet und Mutter von Zwillingen (Geburtsjahr 2002). Ihrem Ehemann wurden infolge eines im Jahr 1999 erlittenen Unfalls unter anderem Leistungen der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers ausgerichtet. Nachdem er eine von der Invalidenversicherung unterstützte Umschulung absolviert hatte, blieb er arbeitslos und wurde am 24. April 2009 bei der Arbeitslosenversicherung ausgesteuert. H. hatte seit über acht Jahren keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt, als sie sich auf den 17. August 2009 als Zeichnerin Konstruktiver Hochbau/Sachbearbeiterin bei der E. AG anstellen liess. Das Arbeitsverhältnis wurde durch schriftliche Kündigung der Arbeitgeberin vom 4. September 2009 während der Probezeit per 11. September 2009 aufgelöst. Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers richtete letztmals am 24. Dezember 2009 eine monatliche Zahlung von Fr. 4'719.- aus und überwies am 29. Dezember 2009 Fr. 50'000.- als Schlusszahlung. Am 22. April 2010 stellte H. Antrag auf Arbeitslosenentschädigung ab sofort, wobei sie darauf hinwies, dass sie Leistungen der Arbeitslosenversicherung infolge Aussteuerung des Ehemannes aus der Arbeitslosenversicherung und Wegfalls seiner Unterstützung durch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers fordere. Mit Verfügung vom 17. Mai 2010 verneinte die Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen einen Anspruch auf Arbeitslosentaggelder mit der Begründung, die Aussteuerung des Ehemannes berechtige nicht zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 25. Juni 2010 fest. B. In teilweiser Gutheissung der dagegen geführten Beschwerde hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen den Einspracheentscheid auf und wies die Sache zur Prüfung der wirtschaftlichen BGE 138 V 434 S. 436 Zwangslage und anschliessenden Neuverfügung an die Arbeitslosenkasse zurück (Entscheid vom 15. Juni 2011). C. Die Arbeitslosenkasse erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass H. nicht von der Erfüllung der Beitragszeit befreit sei. H. stellt das Rechtsbegehren, es seien ihr ab 22. April 2010 Arbeitslosentaggelder auszurichten. Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schliesst auf Gutheissung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.1 Nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 AVIG (SR 837.0) sind Personen von der Erfüllung der Beitragszeit befreit, die wegen Trennung oder Scheidung der Ehe, wegen Invalidität ( Art. 8 ATSG ; SR 830.1) oder Todes des Ehegatten oder aus ähnlichen Gründen oder wegen Wegfalls einer Invalidenrente gezwungen sind, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern. 5.2 Art. 14 Abs. 2 AVIG ist in erster Linie für jene Fälle vorgesehen, in denen die Person, welche durch Geldzahlungen an den Unterhalt der Familie beiträgt, oder die Erwerbsquelle plötzlich aus- oder weggefallen ist. Sie zielt auf Versicherte, die nicht auf die Aufnahme, Wiederaufnahme oder Ausdehnung der Erwerbstätigkeit vorbereitet sind und aus wirtschaftlicher Notwendigkeit in verhältnismässig kurzer Zeit neu disponieren müssen ( BGE 137 V 133 E. 4.2 S. 135; THOMAS NUSSBAUMER, Arbeitslosenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 2. Aufl. 2007, S. 2252 Rz. 243). 5.3 Gemäss Rechtsprechung ist eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit nach Art. 14 Abs. 2 AVIG nur möglich, wenn zwischen dem geltend gemachten Grund und der Notwendigkeit der Aufnahme oder Erweiterung einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit ein Kausalzusammenhang gegeben ist. Dabei ist kein strikter Kausalitätsnachweis im naturwissenschaftlichen Sinne zu verlangen ( BGE 125 V 123 E. 2a S. 125; BGE 121 V 336 E. 5c/bb S. 344; BGE 119 V 51 E. 3b S. 55). Der erforderliche Kausalzusammenhang ist (unter Vorbehalt der zeitlichen Schranke gemäss Satz 2 dieser Bestimmung) vernünftigerweise bereits zu bejahen, wenn es glaubwürdig und nachvollziehbar erscheint, dass der Entschluss der versicherten Person, eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder zu erweitern, in BGE 138 V 434 S. 437 dem als Befreiungsgrund in Frage kommenden Ereignis mitbegründet liegt ( BGE 121 V 336 E. 5c/bb S. 344; SVR 2012 ALV Nr. 7 S. 21, 8C_345/2011 E. 7.1.1). Das Gesetz lässt die enumerierten oder ähnlichen Befreiungsgründe im Rahmen der Generalklausel nicht mehr zu, wenn das betreffende Ereignis mehr als ein Jahr zurückliegt ( Art. 14 Abs. 2 Satz 2 AVIG ). Dies ist Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, ein solches Ereignis nicht mehr als kausal für die über ein Jahr später versuchte Arbeitsaufnahme zu betrachten ( BGE 121 V 336 E. 5c/bb S. 344; SVR 2012 ALV Nr. 7 S. 21, 8C_345/ 2011 E. 7.1.2). 6. In ihrem Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 22. April 2010 nennt die Beschwerdegegnerin als Befreiungsgrund sowohl die Aussteuerung ihres Ehemannes aus der Arbeitslosenversicherung auf den 24. April 2009 als auch den Wegfall der von ihm empfangenen Leistungen der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers (per 24. bzw. 29. Dezember 2009). Beide Ereignisse liegen innerhalb eines Jahres vor der Antragstellung bei der Arbeitslosenversicherung. 6.1 Gestützt auf diese Ausgangslage vertritt das kantonale Gericht die Ansicht, dass jedenfalls die Aussteuerung des Ehepartners aus der Arbeitslosenversicherung als "ähnlicher Grund" im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG anzuerkennen sei. Die Auswirkungen der Situation seien durchaus vergleichbar mit den Folgen eines in Konkurs geratenen Unternehmer-Ehegatten gemäss BGE 119 V 51 . Da ein Befreiungsgrund vorliege, habe die Verwaltung im Rahmen der Rückweisung zu prüfen, ob nach der Aussteuerung auch eine wirtschaftliche Zwangslage eingetreten sei. 6.2 Die Arbeitslosenkasse wendet dagegen ein, die Beschwerdegegnerin habe ihren Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung nicht etwa nach der Aussteuerung, sondern erst im April 2010 und somit einige Monate nach Wegfall der Leistungen der Haftpflichtversicherung geltend gemacht. Die massgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse sei demnach durch das letztere Ereignis verursacht worden. Da die Beschwerdegegnerin allerdings vom 17. August bis 11. September 2009, somit vor der Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse, nicht nur darum bemüht gewesen sei, eine Anstellung zu finden, sondern tatsächlich eine Stelle angetreten habe, fehle es an der bei den Befreiungsgründen nach Art. 14 Abs. 2 AVIG geforderten Kausalität. Die Beschwerdegegnerin sei folglich nicht von der Erfüllung der Beitragszeit befreit. BGE 138 V 434 S. 438 6.3 Das SECO weist namentlich darauf hin, dass die Höchstzahl der einer arbeitslosen Person zustehenden Arbeitslosentaggelder von Anfang an feststehe, weshalb die Einstellung dieser Versicherungsleistungen vorhersehbar sei. Die Taggelder der Arbeitslosenversicherung wie auch die Ersatzleistungen der Haftpflichtversicherung seien dazu bestimmt gewesen, die Beschwerdegegnerin bzw. ihren Ehepartner auf die veränderte Situation vorzubereiten. Weil die Versicherte bereits vor dem Wegfall der Leistungen der Haftpflichtversicherung eine Arbeitsstelle bekleidet habe, sei zudem die Kausalität im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG im Zusammenhang mit der im Dezember 2009 eingetretenen Situation nicht gegeben. Eine Befreiung von der Erfüllung der Beitragszeit komme demzufolge weder wegen der Einstellung der Arbeitslosenentschädigung noch aufgrund des Wegfalls der Haftpflichtversicherungsleistungen in Frage. 6.4 Die Beschwerdegegnerin bringt in ihrer letztinstanzlich eingereichten Vernehmlassung vor, dass sie im Sommer 2009 durch einen Hinweis aus ihrem Bekanntenkreis auf die Idee gekommen sei, sich um eine Arbeit in ihrem erlernten Beruf zu bewerben. Nachdem sie bereits zwei Wochen nach Stellenantritt die Kündigung erhalten habe, sei es nicht notwendig gewesen, eine neue Erwerbstätigkeit zu suchen, da ihr Mann von der Haftpflichtversicherung sowohl bei der (beruflichen) Eingliederung als auch finanziell unterstützt worden sei. Damals seien sie, ihr Ehemann und die Haftpflichtversicherung überzeugt gewesen, dass er in absehbarer Zeit eine Stelle als Elektrotechniker finden werde. Im Dezember 2009 hätten sie aber die "Hiobsbotschaft" erhalten, dass er ab sofort keine Eingliederungsunterstützung und per Ende Monat keine Zahlungen mehr bekommen werde. Da sie laut telefonischer Auskunft des Regionalen Arbeitsvermittlungszentrums vom Januar 2010 davon ausgegangen sei, dass sie sich vor einer Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung während dreier Monate aktiv um eine Anstellung bemüht haben müsse, sei ihr Antrag auf Arbeitslosenentschädigung erst im April 2010 erfolgt. Die Familie sei wegen des plötzlichen und unerwarteten Wegfalls der Haftpflichtversicherungsleistungen auf Ende 2009 in eine finanzielle Notlage geraten, weshalb die Beschwerdegegnerin ab Januar 2010 gezwungen gewesen sei, sich aktiv um eine unselbstständige Erwerbstätigkeit zu bemühen. Unter diesen Umständen sei ein Befreiungsgrund gegeben und es bestehe ab 22. April 2010 Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung. BGE 138 V 434 S. 439 7. 7.1 Die Formulierung "aus ähnlichen Gründen" in Art. 14 Abs. 2 AVIG stellt einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, welcher vom Gesetzgeber bewusst nicht näher umschrieben wurde, um die Vorschrift entsprechend der Vielfalt des Lebens flexibel handhaben zu können (Botschaft vom 2. Juli 1980 zu einem neuen Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [BBl 1980 III 565 zu Art. 13 E-AVIG]). Auch wenn die Aufzählung der massgeblichen Gründe demnach nicht abschliessend ist, so ändert dies nichts daran, dass eine Befreiung nach Art. 14 Abs. 2 AVIG nur möglich ist, wenn zwischen dem geltend gemachten Grund und der Notwendigkeit einer Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit ein Kausalzusammenhang gegeben ist (Botschaft, a.a.O., S. 566). Dies kommt unter anderem auch im verlangten zeitlichen Zusammenhang zum Ausdruck ( Art. 14 Abs. 2 Satz 2 AVIG ; BGE 137 V 133 E. 6.2.1 S. 138). Die unter den Begriff "ähnliche Gründe" in Art. 14 Abs. 2 AVIG fallenden Umstände haben den in derselben Bestimmung ausdrücklich erwähnten Ereignissen "Trennung oder Scheidung der Ehe" und "Invalidität oder Tod des Ehegatten" in Auswirkung und Tragweite zu entsprechen. Für die Annahme eines "ähnlichen Grundes" im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG muss verlangt werden, dass der Ehepartner des Leistungsansprechers voraussichtlich dauernd oder zumindest längerfristig nicht mehr bereit oder fähig sein wird, wie bisher für die ehelichen Bedürfnisse zu sorgen ( BGE 120 V 145 E. 3a S. 147 f.). 7.2 In BGE 119 V 51 erkannte das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht (seit 1. Januar 2007: I. und II. sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts), dass der Konkurs eines Ehepartners durchaus vergleichbar mit den Befreiungsgründen Trennung oder Scheidung der Ehe sowie Invalidität oder Tod des Ehegatten sei. Aufgrund der weitgehenden Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz sei ein Konkursit nur noch in beschränktem Umfang in der Lage, für sich und seine Angehörigen zu sorgen, weshalb sich der Ehepartner - ebenso wie bei den im Gesetz ausdrücklich erwähnten Befreiungstatbeständen - häufig veranlasst sehe, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, um die finanzielle Bedrängnis zu überwinden oder wenigstens zu mildern. Der Konkurs des Ehepartners sei demgemäss als "ähnlicher Grund" im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG anzuerkennen ( BGE 119 V 51 E. 3a S. 54). Im Gegensatz dazu wurden in BGE 120 V 145 weder die Arbeitslosigkeit noch im Zusammenhang BGE 138 V 434 S. 440 mit einem Konkurs der früheren Arbeitgeberfirma erlittene Verluste des Ehegatten als Befreiungsgrund anerkannt. Der Ehemann war im dort zu beurteilenden Fall zwar seit längerer Zeit arbeitslos und hatte auch erhebliche Schwierigkeiten auf der Suche nach einer geeigneten neuen Stelle. Da ihm zur zumindest teilweisen Deckung des dadurch bedingten Lohnausfalls allerdings bereits Ansprüche auf Arbeitslosenentschädigung zustanden, war der finanzielle Engpass einigermassen zu überwinden. Es lässt sich bei einer solchen Konstellation nicht sagen, dass der Ehepartner dauernd oder zumindest für voraussichtlich sehr lange Zeit objektiv gar nicht in der Lage wäre, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen und damit seinen Beitrag an die ehelichen Lebenshaltungskosten zu leisten ( BGE 120 V 145 E. 3b S. 148). In SVR 1997 ALV Nr. 100 S. 305 (C 360/96) wurde festgehalten, der Wegfall von gemäss zürcherischem Jugendhilfegesetz durch Eltern in schwierigen Verhältnissen während zweier Jahre ab Geburt bezogenen Kinderbetreuungsbeiträgen stelle keinen Befreiungstatbestand nach Art. 14 Abs. 2 AVIG dar. Dieser Gesetzesartikel mache den Anspruch auf Befreiung von der Beitragszeit nicht von der Plötzlichkeit des Eintritts der darin genannten Sachverhalte (Trennung, Scheidung, Invalidität, Tod) abhängig. Trotzdem bestehe aber kein Zweifel, dass es sich bei den genannten Ereignissen durchwegs um Lebenssachverhalte handle, die programmwidrig und meist sogar unvorbereitet und plötzlich eintreten würden. Die mit den geregelten und ähnlichen Situationen konfrontierten Versicherten, die aus wirtschaftlicher Notwendigkeit in verhältnismässig kurzer Zeit neu disponieren müssten, sollen begünstigt werden (SVR 1997 ALV Nr. 100 S. 305, C 360/96 E. 4a/aa). 8. Die Vorinstanz ist der Ansicht, die Aussteuerung des Ehegatten aus der Arbeitslosenversicherung sei mit dem Konkurs des selbstständigerwerbenden Ehepartners vergleichbar. Da letztgenanntes Ereignis als "ähnlicher Grund" anerkannt sei ( BGE 119 V 51 ), könne für die Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung nichts anderes gelten. Es lässt sich tatsächlich nicht von der Hand weisen, dass die Wirkungen bei der Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung und beim Konkurs eines Selbstständigerwerbenden gleich oder ähnlich sein können. In beiden Fällen ist nicht mehr gewährleistet, dass der Ehepartner in finanzieller Hinsicht für sich und seine Angehörigen zu sorgen in der Lage ist. Allerdings muss beachtet werden, dass der Konkurs eines Selbstständigerwerbenden in der Regel BGE 138 V 434 S. 441 unvorbereitet eintritt, währenddem sich die arbeitslose Person und ihr Ehepartner während der arbeitslosenversicherungsrechtlichen Leistungsrahmenfrist mit der Möglichkeit auseinandersetzen können und müssen, dass sie bis zur Aussteuerung keine Arbeitsstelle mehr findet. Es ist dem SECO beizupflichten, dass die Höchstzahl der Arbeitslosentaggelder jeweils lange vor Erschöpfung des Taggeldanspruchs bekannt und die Einstellung der Versicherungsleistungen darum für die versicherte Person voraussehbar ist. Dementsprechend trifft sie das Versiegen der Arbeitslosentaggelder nicht unerwartet; sie kann sich mit ihrem Ehepartner frühzeitig auf die neue finanzielle Situation einstellen und Vorbereitungen treffen. Diese Konstellation lässt sich mit der Einstellung der Kinderbetreuungsbeiträge nach zürcherischem Recht (SVR 1997 ALV Nr. 100 S. 305, C 360/96) vergleichen. Da Personen im Zeitpunkt der Aussteuerung demgemäss aus wirtschaftlicher Notwendigkeit nicht in verhältnismässig kurzer Zeit neu disponieren müssen, kann in der Aussteuerung des Ehepartners allein kein Befreiungsgrund im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG liegen. 9. 9.1 Die Beschwerdegegnerin, welche ihre ausserhäusliche Beschäftigung im Zusammenhang mit der Geburt der Kinder aufgegeben hatte, stellte unter Hinweis auf die Aussteuerung ihres Ehepartners aus der Arbeitslosenversicherung und das Wegfallen der Unterstützung durch die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers Antrag auf Arbeitslosenentschädigung. Da das kantonale Gericht schon in der Aussteuerung einen "ähnlichen Grund" im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG sah, hatte es in diesem Rahmen keinen Anlass, das Wegfallen der Leistungen der Haftpflichtversicherung rechtlich zu qualifizieren. Bereits in ihrer Einsprache gegen die ablehnende Verfügung vom 17. Mai 2010 legte die Versicherte dar, die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers habe ab April 2009 - nach Wegfall der Arbeitslosentaggelder des Ehemannes - monatliche Leistungen in der Höhe der bisherigen Arbeitslosenentschädigung übernommen. Die inzwischen abgeschlossene Umschulung zum Elektrotechniker erfülle die Vorgaben der behandelnden Ärzte nicht, obwohl die Invalidenversicherung von einer rentenausschliessenden Eingliederung ausgehe. Der Ehepartner der Versicherten habe im Januar 2010 eine dreijährige Vollzeit-Ausbildung zum Naturheilpraktiker angefangen. Nach den Angaben der Beschwerdegegnerin wurden die monatlichen BGE 138 V 434 S. 442 Beiträge per Ende Dezember 2009 eingestellt, nachdem ihr Ehemann der Haftpflichtversicherung dieses Vollzeitstudium im Dezember 2009 vorgestellt hatte. In der vorinstanzlichen Beschwerde präzisiert sie, die Haftpflichtversicherung habe die Eingliederung im Berufsfeld Elektrotechniker im Dezember 2009 als gescheitert erachtet. Bis zu diesem Zeitpunkt sei ein regelmässiges Einkommen für den Lebensunterhalt der Familie vorhanden gewesen, weshalb sie nicht gezwungen gewesen sei, neben der Erziehung der zwei mittlerweile primarschulpflichtigen Kinder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, was sich aber mit der Einstellung der Zahlungen durch die Haftpflichtversicherung schlagartig geändert habe. 9.2 In diesem Zusammenhang ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers nach der Aussteuerung im April 2009 nahtlos die bisher von der Arbeitslosenkasse des Ehemannes geleisteten Geldbeträge in gleicher Höhe erbrachte. Die Versicherte konnte also damals zunächst davon ausgehen, dass ihre Familie finanziell abgesichert war, während ihr Ehemann sich weiterhin um seine berufliche Wiedereingliederung kümmern konnte. Der Einwand der Arbeitslosenkasse, wonach nicht die Aussteuerung im April 2009, sondern der Wegfall der Leistungen der Haftpflichtversicherung im Dezember 2009 die massgebliche Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse mit sich gebracht habe, ist bei dieser Sachlage offensichtlich begründet. 9.3 Die Einstellung der Arbeitslosenentschädigung im April 2009 war für die Versicherte vorhersehbar. Im Zeitpunkt der Aussteuerung wusste sie zudem bereits, dass die Haftpflichtversicherung eine finanzielle Überbrückungshilfe während der beruflichen Eingliederung ihres Ehemannes leisten würde. Die Beschwerdegegnerin macht geltend, dass ausgerechnet in dem Moment, in welchem sich ihr Ehemann für eine dreijährige, vollzeitliche Ausbildung entschieden hatte, die Haftpflichtversicherung - abgesehen von einer substanziellen Abschlusszahlung für den Start der Ausbildung in einem anderen Berufszweig - jegliche weitere Unterstützung verweigert habe. Traf sie die Einstellung dieser Leistungen im Dezember 2009 tatsächlich völlig unerwartet, so lässt sie sich in ihrer Auswirkung und Tragweite mit den in Art. 14 Abs. 2 AVIG ausdrücklich erwähnten Ereignissen (E. 5.1 hiervor) vergleichen (E. 7.1 hiervor). Es kann sich dabei durchaus um einen Lebenssachverhalt handeln, welcher programmwidrig und unvorbereitet eintrat (SVR 1997 ALV Nr. 100 BGE 138 V 434 S. 443 S. 305, C 360/96 E. 4a/aa), falls die Eheleute vom Wegfall der Leistungen der Haftpflichtversicherung überrascht wurden und sich innert kurzer Zeit auf die veränderten Verhältnisse einstellen mussten. Die Beschwerdegegnerin bringt zusammenfassend vor, da sich der Ehemann verpflichtet habe, ab Anfang 2010 einen dreijährigen Studiengang zu absolvieren, und die finanzielle Versorgung der Familie unerwartet weggefallen sei, habe sie sich, um künftig einen massgeblichen finanziellen Beitrag zum Familienunterhalt erbringen zu können, gezwungen gesehen, eine Erwerbstätigkeit zu suchen und sich bei der Arbeitslosenversicherung anzumelden. Ob dieser behauptete Tatsachenverlauf zutrifft, musste von der Vorinstanz nicht geprüft werden, da sie bereits im Wegfall der Arbeitslosenentschädigung einen Befreiungsgrund sah. Daher ist die Angelegenheit zur entsprechenden Sachverhaltsergänzung und erneuten Entscheidung an das kantonale Gericht zurückzuweisen. Sollte sich nach zusätzlichen Abklärungen bestätigen, dass die langjährige Rollenteilung in der Ehe zufolge des plötzlichen, unerwarteten Dahinfallens der Leistungen des Haftpflichtversicherers definitiv aufgegeben werden musste, so ist dieses Ereignis als Befreiungsgrund im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG zu qualifizieren, falls die Kausalität (vgl. E. 9.4 nachfolgend) zu bejahen ist. 9.4 Beschwerdeführerin und SECO gehen davon aus, es fehle am Kausalzusammenhang zwischen dem Versuch der Beschwerdegegnerin, eine Anstellung zu finden, und den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen, da diese schon vom 17. August bis 11. September 2009, somit vor (allfälligem) Eintritt der finanziellen Notlage, erwerbstätig gewesen sei. Wie es sich damit verhält, kann erst nach - ebenfalls vom kantonalen Gericht zu veranlassenden - zusätzlichen Sachverhaltsabklärungen gesagt werden. Immerhin ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass rechtsprechungsgemäss kein strikter Kausalitätsnachweis im naturwissenschaftlichen Sinne verlangt werden kann; vielmehr ist der erforderliche Kausalzusammenhang bereits zu bejahen, wenn es glaubwürdig und nachvollziehbar erscheint, dass der Entschluss zur Aufnahme einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit in dem als Befreiungsgrund in Frage kommenden Ereignis mitbegründet liegt (E. 5.3 hiervor). Stellt sich heraus, dass die kurzzeitige Tätigkeit der Beschwerdegegnerin für die E. AG zeitlich vor dem Bekanntwerden des Versiegens der Haftpflichtversicherungsleistungen liegt, und sollte sich deren Behauptung bestätigen, wonach sie diese Stelle nur angetreten habe, weil sich ihr die Gelegenheit geboten habe, nach längerer Pause in ihrem erlernten Beruf BGE 138 V 434 S. 444 wieder Fuss zu fassen, so kann das diesfalls aus anderen Beweggründen eingegangene Arbeitsverhältnis nicht zu einer Verneinung des Kausalzusammenhangs führen. Auch diesbezüglich hat das kantonale Gericht weitere Abklärungen vorzunehmen, um alsdann die Kausalitätsfrage abschliessend beantworten zu können. Sollte die Versicherte erst nach der - angeblich unerwarteten - Einstellung der dem Ehemann durch die Haftpflichtversicherung gebotenen Überbrückungshilfe im Dezember 2009 aus finanziellen Gründen gezwungen gewesen sein, in möglichst kurzer Zeit eine Anstellung zu finden, so kann ihr der Umstand, dass sie mit der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung seit Wegfall der Versicherungsleistungen Ende Dezember 2009 bis April 2010 wartete, nicht zum Nachteil gereichen. Die zeitlichen Erfordernisse wären erfüllt, da sie sich innert der von Art. 14 Abs. 2 Satz 2 AVIG vorgegebenen Jahresfrist seit Wegfall der Leistungen der Haftpflichtversicherung um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bemüht und Antrag auf Arbeitslosenentschädigung gestellt hat. Ob ihr Zuwarten mit der Anmeldung bei der Arbeitslosenversicherung von Januar bis April 2010 tatsächlich auf eine entsprechende Auskunft des Arbeitsvermittlungszentrums zurückzuführen war, wie sie letztinstanzlich vorbringt, bedarf deshalb so oder anders keiner Klärung. 9.5 Ergeben die notwendigen Abklärungen, dass ein Befreiungsgrund gegeben ist, so kann das kantonale Gericht die weitere Anspruchsvoraussetzung der finanziellen Zwangslage selber prüfen oder die Angelegenheit diesbezüglich - wie im vorliegend angefochtenen Entscheid vorgesehen - an die Verwaltung zurückweisen. 10. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Dahinfallen von Leistungen der Haftpflichtversicherung einen Befreiungsgrund im Sinne von Art. 14 Abs. 2 AVIG darstellen kann, falls diese als Überbrückungshilfe für den Ehepartner nach dessen Aussteuerung aus der Arbeitslosenversicherung erbracht wurden, um dessen berufliche Eingliederung nach einer Umschulung sicherzustellen, und alsdann programmwidrig bzw. unvorbereitet weggefallen sind. Die Angelegenheit muss zur Sachverhaltsvervollständigung und erneuten Entscheidung an das kantonale Gericht zurückgewiesen werden.
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2,012
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
98c74bb2-f587-4006-b6ee-403c59890807
Urteilskopf 100 IV 117 30. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 27 juin 1974, dans la cause Moor contre Procureur général du canton de Genève
Regeste Bundesgesetz vom 25. Juni 1885 betreffend Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete des Versicherungswesens 1. Der Aufsicht des Bundes unterliegen auch die auf dem Gebiet der Rückversicherung tätigen Versicherungsunternehmungen (Erw. 1). 2. Art. 8 und 11 Abs. 1 Ziff. 2 VAG . Die der Aufsichtsbehörde über die Geschäftsverhältnisse der Versicherungsunternehmung zu gebenden Aufschlüsse sind auf Grund der Unterlagen zu erteilen, welche die Geschäftsleitung im Zeitpunkt der Anforderung besitzt (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 118 BGE 100 IV 117 S. 118 A.- La société anonyme Nouvelle compagnie de réassurances, à Genève, était administrée depuis 1962, par un conseil de sept membres. Sa direction générale était assurée par Ralph Moor, qui portait le titre de directeur général et qui a en outre été nommé administrateur et délégué du conseil d'administration le 20 juillet 1965. Dans le cadre de la direction générale, Moor était assisté de deux directeurs, ainsi que de trois sousdirecteurs, dont notamment Paul Fluckiger et Gustave Schelling. A compter du 1er janvier 1964, la direction des services techniques de la société a été assumée par Constantin Guise, sous-directeur. En prenant ses fonctions, Guise entendit des rumeurs concernant l'existence d'un éventuel déficit technique. Désireux de clarifier la situation, il établit un premier rapport, qu'il communiqua à Moor le 30 janvier 1964. Ce rapport, examinant les comptes jusqu'à fin 1962, a notamment relevé l'insuffisance de réserves pour risques en cours et l'insuffisance de réserves pour sinistres à régler. Le 26 mars 1965, Guise a remis à Moor un nouveau rapport sur les années 1963-1964. Les rapports établis par Guise constataient une insuffisance technique de 6 millions pour 1961, de 11 millions pour 1962 et de 14 millions pour 1963. Moor n'en a pas parlé au conseil d'administration. BGE 100 IV 117 S. 119 Le 25 juillet 1966, la société a transmis son rapport d'exploitation au Bureau fédéral des assurances à Berne pour l'exercice 1965. Ce rapport signé par Moor et Fluckiger ne fait pas mention des pertes révélées par les rapports Guise. Par une lettre du 23 août 1966, le Bureau fédéral des assurances a fait part à la direction de la société de son inquiétude quant à la situation et lui a demandé des renseignements complémentaires, notamment quant aux mesures d'assainissement qu'elle comptait prendre et quant aux réserves pour risques en cours. Le 28 août 1966, Guise a établi un troisième rapport révélant une insuffisance technique de l'ordre de 17 millions pour l'exercice 1964. Le 29 août 1966, au cours d'une réunion à laquelle Moor n'a pas pris part, le conseil de direction de la société a constaté que le déficit du bilan technique était de 23 500 000 fr. En accord avec les autres membres de la direction, Moor, après avoir pris connaissance du dernier rapport Guise, prit la décision de faire procéder à une expertise confiée à Fluckiger et Schelling. Le rapport de ces derniers, remis au conseil de direction le 12 octobre 1966 et dont Moor a eu connaissance, confirme pour l'essentiel le rapport Guise. Le 18 octobre 1966 s'est tenue au Bureau fédéral des assurances une entrevue entre Moor et le directeur et le sousdirecteur du Bureau fédéral. Le but en était de renseigner le Bureau fédéral sur la marche des affaires en général; néanmoins Moor, tout en reconnaissant que les affaires avaient été mauvaises, n'a pas mentionné les rapports Guise ni celui établi par Fluckiger/Schelling. Le 1er novembre 1966, le président du conseil d'administration de la société a appris la situation réelle de la société et il a fait part de sa surprise à Moor par une lettre du 5 novembre 1966. Dans les jours qui suivirent, il en avisa le Bureau fédéral. Le 11 novembre 1966, Moor a été suspendu de ses fonctions de directeur général. Une inspection effectuée par le Bureau fédéral les 23 et 25 novembre 1966 a confirmé la réalité des chiffres articulés par Guise dans ses trois rapports. B.- A la suite de ces faits, le Tribunal de police du canton de Genève a condamné Moor, le 18 janvier 1973, à une amende de 5000 fr. pour infraction à l'art. 11 al. 1 ch. 2 de la BGE 100 IV 117 S. 120 loi fédérale concernant la surveillance des entreprises privées en matière d'assurances du 25 juin 1885 (RS 10 p. 279). Ce jugement a été confirmé pour l'essentiel le 11 avril 1974 par la Cour de justice du canton de Genève, statuant sur appel de Moor. La peine d'amende a toutefois été réduite à 4000 fr., Moor étant libéré de l'inculpation de ne pas avoir constitué au bilan de la société certaines réserves spéciales. L'arrêt de la Cour de justice a retenu en définitive l'infraction à l'art. 11 al. 1 ch. 2 de la loi du 25 juin 1885 fondée sur le fait que Moor n'a pas fourni au Bureau fédéral des assurances les indications qui convenaient sur la situation de sa compagnie. C.- Moor se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut à libération et invoque la prescription de l'action pénale. Le Procureur général du canton de Genève propose le rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Les compagnies de réassurances opérant en Suisse sont soumises à la loi du 25 juin 1885 concernant la surveillance des entreprises privées en matière d'assurance (LSA). La réassurance comprend en effet tous les éléments essentiels de la notion d'assurance tels que définis par la doctrine et la jurisprudence (cf. RO 76 I 368 ; 58 I 259 ); il s'agit d'une assurance contre les dommages (RO 91 I 379), soumise sans restriction à la loi du 25 juin 1885. Tel est d'ailleurs l'avis de la doctrine, qui a toujours admis, expressément ou implicitement, que les compagnies pratiquant la réassurance ne font pas exception à la règle générale de la surveillance (HAYMANN, La surveillance des sociétés d'assurances en Suisse, p. 49; DIEHL, Die Rechnungslegung der privaten Versicherungs-Unternehmungen unter Berücksichtigung der staatlichen Aufsicht, p. 129 ss.; WYRSCH, Die schweizerische Staatsaufsicht über die Rückversicherung). 2. a) L'art. 11 al. 1 ch. 2 LSA prévoit que sont punis de l'amende jusqu'à 5000 fr. ou de l'emprisonnement jusqu'à 6 mois les dire'cteurs, mandataires généraux et agents responsables d'une entreprise d'assurance qui, dans les exposés, documents à l'appui ou informations qu'ils sont tenus de fournir BGE 100 IV 117 S. 121 au Conseil fédéral, exposent faussement ou cachent la situation d'affaires de l'entreprise, et ceux qui publient des communications contraires à la vérité. A côté des renseignements précis qu'elles doivent fournir en vertu des art. 4 à 7 LSA, les entreprises d'assurances doivent en outre, à réquisition, donner d'ultérieures informations au Conseil fédéral sur toutes les branches de l'administration (art. 8 LSA). Le Conseil fédéral a confié l'exercice de cette surveillance au Bureau fédéral des assurances (BFA) par son arrêté du 17 novembre 1914 donnant aux départements et aux services qui en dépendent la compétence de régler certaines affaires (art. 20), et en vertu de l'art. 31 ch. IV de la loi du 26 mars 1914 sur l'organisation de l'administration fédérale. b) Le recourant fait valoir d'une part que la Cour de justice a fait une fausse application de l'art. 11 al. 1 ch. 2 LSA en lui reprochant d'avoir omis volontairement de mentionner certains renseignements dans le rapport d'exploitation transmis au BFA le 25 juillet 1966, et d'autre part en ne retenant pas la prescription au cas où cette omission aurait été punissable. c) Cette dernière critique est dénuée de tout fondement, car il ressort de l'arrêt attaqué que la Cour de justice n'a pas retenu à la charge du recourant les omissions que pouvait contenir le rapport du 25 juillet 1966 et qu'elle n'a pas perdu de vue que les actes ou omissions liés à ce rapport pouvaient être touchés par la prescription. Ce que la Cour de justice a retenu contre le recourant est le fait qu'il n'a pas fourni au BFA les indications qui convenaient sur la situation de sa compagnie, notamment le 18 octobre 1966 lorsqu'il a été reçu à Berne par les dirigeants du BFA et alors que le but de l'entrevue était d'orienter ceux-ci sur la marche des affaires en général. Dès lors la prescription, régulièrement interrompue par la poursuite pénale et portée à sept ans et demi en vertu de l'art. 72 ch. 2 al. 2 CP, soit au 18 avril 1974, n'était pas encore acquise le 11 avril 1974, date de l'arrêt cantonal. Et le pourvoi en nullité n'a pas fait reprendre son cours à la prescription, contrairement à ce que laisse entendre le recourant (RO 91 IV 145; 92 IV 173 ; 96 IV 52 ). d) Quant au fond, c'est en vain que le recourant soutient qu'il n'a pas agi intentionnellement en n'informant pas le BFA du contenu du rapport Guise et de la situation qu'il BGE 100 IV 117 S. 122 révélait. Il se heurte à cet égard à l'état de fait de l'arrêt, qui retient que ce n'est pas par négligence qu'il n'a pas renseigné le BFA, mais que c'est précisément parce qu'il ne voulait pas que le BFA fût informé du contenu du rapport Guise qu'il n'a même pas informé le conseil d'administration de la compagnie. Une telle constatation sur la conscience et la volonté du recourant est une constatation de fait qui lie la Cour de cassation et ne peut pas être attaquée dans un pourvoi en nullité (art. 273 al. 1 litt. b et 277bis al. 1 PPF; RO 98 IV 66, 259; 90 IV 78 , 120). A partir, en tout cas, du moment où le BFA a demandé à la direction de la compagnie des renseignements complémentaires par la lettre du 23 août 1966, le recourant avait l'obligation de fournir les renseignements qu'il détenait sur la situation de la compagnie. S'il a pu éventuellement ne pas porter à la connaissance du BFA le contenu des rapports Guise en raison de doutes qu'il pouvait avoir quant à son exactitude, il ne pouvait plus le cacher au BFA dès lors que le 12 octobre 1966 l'expertise Fluckiger/Schelling décidée par lui-même en avait confirmé les conclusions devant le conseil de direction. En vertu de l'art. 8 LSA, le recourant avait l'obligation, lors de l'entrevue du 18 octobre 1966, de renseigner le BFA sur les éléments révélés par ces rapports et cette expertise à propos de la marche des affaires et de la situation de l'entreprise, puisque tel était précisément le but de la rencontre. Le recourant a donc caché dans un exposé et des informations qu'il était tenu de fournir au BFA la situation d'affaires de l'entreprise dont il était directeur; ayant agi de la sorte avec conscience et volonté, il a contrevenu à l'art. 11 al. 1 ch. 2 LSA et c'est à juste titre qu'il a été condamné. 3. a) Etant donné le but de la surveillance instaurée par la LSA, qui est de renseigner l'autorité compétente sur la situation réelle des entreprises privées d'assurances en lui fournissant tous les éléments devant lui permettre d'apprécier la situation, le respect des règles du code des obligations sur les sociétés anonymes ne suffit pas pour que soient forcément respectées les exigences posées par la LSA, dont les dispositions spéciales l'emportent sur les dispositions plus générales du CO. C'est donc en vain que le recourant invoque l'éventuelle conformité de sa manière d'agir avec l'art. 663 CO. b) C'est également à tort que le recourant invoque une BGE 100 IV 117 S. 123 erreur de droit, étant donné qu'aucun élément de l'état de fait ne fait ressortir qu'il aurait eu des raisons suffisantes de se croire en droit d'agir comme il l'a fait. c) Quant à la prétendue exactitude de toutes les données fournies par ailleurs au BFA, elle n'exclut en rien ni n'excuse l'omission fautive commise par le recourant, dans la mesure où l'appréciation de la situation ne pouvait être effectuée que sur la base des données et des informations complémentaires expressément requises. d) Enfin, le fait que certaines des prévisions ou estimations de risques contenues dans les rapports cachés au BFA aient pu se révéler trop pessimistes par la suite est dénué de toute pertinence. Ce qui importe, ce sont les données et les renseignements dont disposaient le recourant et la direction en 1966 et non pas ceux que les événements ont confirmés ou infirmés au cours des années suivantes. C'est donc à juste titre que la Cour de justice a relevé qu'il ne lui appartenait pas de se déterminer sur des chiffres exacts quant au déficit technique apparu dans l'entreprise ou au montant de ses réserves ouvertes ou latentes, mais seulement sur la question de savoir si le recourant s'est conformé à son obligation de fournir au BFA les renseignements dont il disposait sur la situation de l'entreprise. La Cour de justice a correctement apprécié le comportement du recourant quant à cette obligation de renseignements et elle a fait une juste application de la LSA. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le pourvoi.
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CH_BGE
CH_BGE_006
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98c80fe4-1fea-47df-b23d-3d240625f78b
Urteilskopf 95 I 602 88. Auszug aus dem Urteil vom 26. November 1969 i.S. Wieser und Mitbeteiligte gegen Nordostschweizerische Kraftwerke AG.
Regeste Art. 84 Abs. 1 und 36 lit. b EntG 1. Beim Begehren um Beurteilung durch das Bundesgericht handelt es sich nicht um eine Beschwerde gegen den Urteilsentwurf, sondern um eine prozessuale Gestaltungserklärung. 2. Wann liegt ein gültiges Begehren um Ausdehnung der Enteignung vor? (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 602 BGE 95 I 602 S. 602 Aus den Erwägungen: 1. a) Eine mündliche Verhandlung findet statt auf Anordnung des Bundesgerichts oder wenn beide Parteien sie verlangen ( Art. 85 Abs. 2 EntG ). Die zweite Voraussetzung ist nicht erfüllt, da nur die Enteigneten, nicht aber die Enteignerin die mündliche Verhandlung verlangt haben. Es fragt sich daher nur, ob das Bundesgericht eine solche von sich aus anordnen solle. Entgegen der Ansicht der Enteigneten besteht hiezu im vorliegenden Fall kein Anlass. Die Parteien sind schon vor der Schätzungskommission und sodann auch im Schriftenwechsel vor dem Instruktionsrichter ausgiebig zu Wort gekommen. Zudem ergibt sich aus der Eingabe der Enteigneten, dass die mündliche Verhandlung zum Stellen neuer Beweisanträge benützt werden soll. Das ist gerade nicht ihre Aufgabe. BGE 95 I 602 S. 603 b) Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung nicht angeordnet werden sollte, verlangen die Enteigneten, es sei ihnen eine Nachfrist zur Ergänzung ihrer Rechtsschrift anzusetzen. Damit verkennen sie indessen die Bedeutung des Begehrens um Beurteilung durch das Bundesgericht. Es handelt sich dabei nicht um eine Beschwerde gegen den Urteilsentwurf, sondern um eine prozessuale Gestaltungserklärung. Inwieweit eine solche überhaupt zu begründen sei, braucht hier nicht abschliessend entschieden zu werden. Jedenfalls ist eine Begründung innert der gesetzlichen Frist von dreissig Tagen seit Zustellung des Urteilsentwurfes einzureichen. Eine Nachfrist zur Ergänzung kann den Enteigneten deshalb nicht eingeräumt werden. 3. Natur, Umfang und Inhalt des enteigneten Rechtes werden grundsätzlich von der Behörde bestimmt, die die Enteignungsermächtigung erteilt (vgl. Art. 3 EntG , Art. 50 ElG ; BGE 91 I 157 Erw. 2). Der Bundesrat erteilte der NOK das Recht auf Erwerb der für den Ausbau und den Betrieb der Leitung benötigten Rechte, nicht aber ein Recht auf Erwerb auch eines Bauverbots im Leitungstrasse. Wie die Vorinstanz feststellt, haben die Enteigneten auch nicht etwa verlangt, dass der Bundesrat seine Enteignungsermächtigung erweitere. Die ESchK hatte daher gemäss Art. 19 und 20 EntG die Entschädigung für die Durchleitung, nicht aber für ein nicht beanspruchtes Bauverbot zu bestimmen. a) Die Enteigneten halten dafür, es entstehe ihnen ein weiterer Schaden daraus, dass der im Hinblick auf eine mögliche spätere Überbauung erhöhte Verkehrswert wegen der Überspannung der Grundstücke beeinträchtigt werde. In der Weiterziehungsbegründung erklären sie sich denn auch bereit, als Gegenleistung ein Bauverbot einzuräumen. Damit würde aber im Ergebnis etwas anderes und mehr enteignet, als die Enteignungsermächtigung vorsieht. Das wäre ausnahmsweise nur dann möglich, wenn die Voraussetzungen des Art. 12 EntG vorlägen. Diese Bestimmung gibt dem Enteigneten u.a. das Recht, die Enteignung zu verlangen, wenn ihm die Einräumung eines beschränkten dinglichen Rechtes die bestimmungsgemässe Verwendung des Grundstücks verunmöglicht oder unverhältnismässig erschwert (vgl. Art. 12 Abs. 2 EntG ). Ausdehnungsbegehren sind gemäss Art. 36 lit. b in Verbindung mit Art. 35 EntG schriftlich und begündet während der Eingabefrist anzumelden. Das haben BGE 95 I 602 S. 604 die Enteigneten unbestrittenermassen nicht getan. Noch in der Einigungsverhandlung, also nach Ablauf der Eingabefrist, liess nur der Enteignete Wieser erklären, er sei allenfalls mit der Eintragung einer Bauverbotsdienstbarkeit einverstanden. Kunz äusserte sich zu dieser Frage überhaupt nicht. Erst in der Schätzungsverhandlung erklärten sich die Enteigneten mit der Eintragung eines Bauverbots einverstanden, dies als allfällige Gegenleistung für eine Entschädigung, die die angebliche Entwertung der Parzellen abgelten sollte. Die Vorinstanz hat angenommen, es liege unter diesen Umständen ein genügendes Begehren um Ausdehnung im Sinne von Art. 12 EntG vor. Eine solche Betrachtungsweise liesse aber den Art. 36 lit. b EntG gegenstandslos werden. Sie widerspräche auch der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach es für die Ausdehnung keineswegs genügt, unter Hinweis auf die angebliche Baulandqualität des betroffenen Grundstücks eine höhere Entschädigung zu fordern ( BGE 91 I 159 ). Ein Ausdehnungsbegehren geht eben nicht bloss dahin, die Enteignungsermächtigung zu verändern, sondern verpflichtet auch - falls es grundsätzlich gutgeheissen wird - zu doppelter Schätzung ( Art. 71 EntG ). Die Rechtssicherheit verlangt daher, dass es klar und präzis formuliert werde. Daran ist festzuhalten. Es ist mithin davon auszugehen, dass ein Ausdehnungsbegehren im Sinne der Art. 12 und 36 lit. b EntG innert der Eingabefrist nicht eingegangen ist.
public_law
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
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98c9031c-0a32-4937-96da-3cc4b84ca96d
Urteilskopf 109 II 73 18. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. März 1983 i.S. Baumgartner gegen Cisullo (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Zuständigkeit des Richters des Unfallortes für Zivilklagen aus Motorfahrzeug- und Fahrradunfällen, Art. 84 SVG . Von Art. 84 SVG werden alle zivilrechtlichen Klagen erfasst, die ihren direkten Grund im Unfallgeschehen haben und nach haftpflichtrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sind. Darunter fällt auch die Klage, mit der bereits bezahlter Schadenersatz wegen eines behaupteten Irrtums über die Rechtslage bei einem Unfall zurückgefordert wird.
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 109 II 73 S. 74 Am 26. Juni 1981 kollidierte Josef Baumgartner als Lenker eines Personenwagens mit dem von Claudio Cisullo geführten Motorfahrrad in Egliswil, Bezirk Lenzburg. Am 6. August 1981 bezahlte er den am Motorfahrrad entstandenen Sachschaden von Fr. 109.--. Nachträglich machte er geltend, er habe sich über die Rechtslage geirrt und ,forderte von Cisullo den Betrag von Fr. 109.-- zurück. Auf seine am Wohnort des Beklagten eingereichte Klage trat indessen das Bezirksgericht Bremgarten mit Entscheid vom 18. August 1982 wegen örtlicher Unzuständigkeit nicht ein, und das Obergericht des Kantons Aargau wies eine Beschwerde des Klägers mit Urteil vom 23. November 1982 ab. Beide kantonalen Instanzen hielten dem Kläger entgegen, er hätte gemäss Art. 84 SVG bei dem für den Unfallort zuständigen Bezirksgericht Lenzburg klagen müssen. Baumgartner führt beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. Eine Beschwerdeantwort ist nicht eingeholt worden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer bringt ausschliesslich vor, das Obergericht habe die Gerichtsstandsbestimmung des Art. 84 SVG willkürlich angewendet. Gemäss Art. 68 Abs. 1 lit. b OG kann die Verletzung von Vorschriften des Bundesrechts über die örtliche Zuständigkeit mit der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht BGE 109 II 73 S. 75 werden. Die staatsrechtliche Beschwerde ist in diesem Fall unzulässig ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Da aber die Rüge des Beschwerdeführers auch den Vorwurf einschliesst, das Obergericht habe Art. 84 SVG verletzt, ist seine Eingabe als Nichtigkeitsbeschwerde entgegenzunehmen. 2. Nach Art. 84 SVG sind Zivilklagen aus Motorfahrzeug- und Fahrradunfällen beim Richter des Unfallortes anzubringen. Mit dieser gegenüber dem früher geltenden Art. 45 MFG erheblich erweiterten Fassung sollten nach einheitlicher Rechtslehre möglichst alle zivilrechtlichen Streitigkeiten erfasst werden, die ihren direkten Grund im Unfallgeschehen haben und nach haftpflichtrechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen sind (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, 3. Aufl., Bd. II/2, S. 686 ff.; BUSSY, SJK 921, S. 2 ff.; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, N. 1.1-2.7 zu Art. 84 SVG ). Lediglich bei Klagen, die ihren Klagegrund nicht aus dem Unfallgeschehen herleiten und bei deren Beurteilung nicht in erster Linie haftpflichtrechtliche, sondern versicherungsrechtliche Gesichtspunkte massgebend sind, stellen die angeführten Autoren die Anwendbarkeit von Art. 84 SVG teilweise in Frage, wobei aber darauf hingewiesen wird, dass diese Auslegung zu einer uneinheitlichen Regelung führe, die dem Willen des Gesetzgebers zuwiderlaufe. Wie es sich damit verhält, kann hier offen bleiben. Es besteht kein Grund, eine Klage, wie sie im vorliegenden Fall zur Beurteilung steht, von der Regel des Art. 84 SVG auszunehmen. Der Beschwerdeführer, der seinen Rückforderungsanspruch auf Rechtsirrtum stützt, muss mit seiner Klage zunächst dartun, dass der Unfallhergang in haftpflichtrechtlicher Hinsicht keine Verantwortlichkeit seinerseits begründet. Erst wenn das feststeht, hat er überdies nachzuweisen, dass er dem Beschwerdegegner den Schaden irrtümlich ersetzt hat. In erster Linie und zur Hauptsache hängt die Klage demnach mit dem Unfallgeschehen zusammen, und sie ist nach den haftpflichtrechtlichen Vorschriften des Strassenverkehrsgesetzes zu beurteilen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die staatsrechtliche Beschwerde wird als Nichtigkeitsbeschwerde entgegengenommen und abgewiesen.
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98caddd0-edb0-4f7a-9bc0-3413b11c7a69
Urteilskopf 105 III 4 2. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 24. Januar 1979 i.S. L. & Co. (Rekurs)
Regeste Anfechtung der Steigerungsbedingungen, Kaufsrecht, Verrechnung im Konkurs 1. Die Frist für die Anfechtung der Steigerungsbedingungen beginnt grundsätzlich mit dem Tag ihrer öffentlichen Auflegung zu laufen. Ausnahmen von diesem Grundsatz (E. 2). 2. Das Konkursamt darf ein im Grundbuch vorgemerktes und ins Lastenverzeichnis aufgenommenes Kaufsrecht nach Ablauf der Vormerkungsdauer ohne weitere Förmlichkeit im Lastenverzeichnis streichen (E. 3). 3. Mit der Einräumung eines Kaufsrechts erwirbt der Verkäufer keine bedingte Forderung auf Bezahlung des Kaufpreises, sondern lediglich eine Anwartschaft. Mit einer blossen Anwartschaft des Gemeinschuldners kann der Gläubiger seine Konkursforderung nicht verrechnen (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 4 BGE 105 III 4 S. 4 A.- Mit Vertrag vom 10. September 1965 räumte die W. & Co. der L. & Co. an der Liegenschaft Parz. Nr. 515 in Stallikon ein Kaufsrecht zum Preise von Fr. 230'000.- ein, das für die BGE 105 III 4 S. 5 Dauer von 10 Jahren im Grundbuch vorzumerken war; vom Kaufpreis sollte in Abzug gebracht werden, was die W. & Co. bzw. ihre beiden Gesellschafter der L. & Co. allenfalls schuldig sein würden. Am 5. November 1965 wurde über die W. & Co. der Konkurs eröffnet. Im Lastenverzeichnis vom 31. Januar 1968 über die Liegenschaft Parz. Nr. 515 in Stallikon anerkannte die Konkursverwaltung unter Ordnungsnummer 62 folgende Last: "Vormerkung: Kaufsrecht zugunsten L. & Co. Maschinenfabrik, 8011 Zürich, zum Preise von Fr. 230'000.-. Vormerkungsdauer: bis 10. September 1975. Der Kaufpreis ist anlässlich der Eigentumsübertragung - Fertigung - in bar zu bezahlen, sofern die Grundeigentümerin bzw. die Herren W. und E., beide von Brienz, in Bassersdorf, persönlich allen Verpflichtungen gegenüber der Firma L. & Co., Maschinenfabrik, 8011 Zürich, nachkamen, andernfalls unter Abzug dessen, was die Firma L. & Co., Maschinenfabrik, 8011 Zürich, bei voller Erfüllung dieser Verpflichtungen bis zu diesem Zeitpunkt zu gute hätte. Der gleiche Abzug ist auch gegenüber jedem künftigen Eigentümer der Kaufparzelle vorn statthaft. Weitere Bestimmungen gemäss Kaufrechtsvertrag vom 10. September 1965." Mit Schreiben vom 24. Oktober 1972 an die Konkursverwaltung erklärte die L. & Co., die im Konkurs eine Darlehensforderung von Fr. 219'029.40 eingegeben hatte, das Kaufsrecht ausüben zu wollen "zu den Bedingungen, wie im Vertrag vom 10.9.1965 vereinbart, also den gleichen Bedingungen, wie im Grundbuch vorgemerkt, und im Lastenverzeichnis des Konkurses W. & Co. durch Verfügung Nr. 62 der Konkursverwaltung vom 31.1.1968 anerkannt und rechtskräftig geworden". In der Folge klagte die Konkursmasse W. & Co. gegen die L. & Co. auf Bezahlung des Kaufpreises von Fr. 230'000.-. Mit Urteil vom 25. März 1977 wies das Bundesgericht in letzter Instanz die Klage ab, im wesentlichen mit der Begründung, die Beklagte habe das Kaufsrecht nur unter der für die Klägerin erkennbaren Voraussetzung ausgeübt, dass sie ihre Konkursforderung von Fr. 219029.40 mit ihrer Kaufpreisschuld von Fr. 230'000.- verrechnen könne; sie könne daher nicht auf Bezahlung des vollen Kaufpreises belangt werden. Am 10. Februar 1978 setzte das Konkursamt Schlieren im Auftrag der Konkursverwaltung die Versteigerung der Liegenschaft (neue Nr. 1525 und 1527) auf den 15. März 1978 fest. In den Steigerungsbedingungen wies es darauf hin, das im Lastenverzeichnis BGE 105 III 4 S. 6 unter Ordnungsnummer 62 vorgemerkte Kaufsrecht zugunsten der L. & Co. werde "infolge Zeitablaufes" gelöscht. Die Steigerungsanzeige wurde ordnungsgemäss publiziert und die Steigerungsbedingungen lagen samt dem abgeänderten Lastenverzeichnis vom 20. Februar bis 1. März 1978 auf. B.- Mit Eingabe vom 13. März 1978 führte die L. & Co. beim Bezirksgericht Zürich als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs gegen die vorgesehene Steigerung Beschwerde. Zur Begründung machte sie im wesentlichen geltend, das Kaufsrecht habe im Lastenverzeichnis nicht gestrichen werden dürfen; zudem sei es bereits ausgeübt worden, so dass die Versteigerung einem nochmaligen Verkauf gleichkomme. Das Bezirksgericht gewährte der Beschwerde aufschiebende Wirkung und setzte die auf den 15. März 1978 angesetzte Steigerung ab. Mit Entscheid vom 12. April 1978 trat es nicht auf die Beschwerde ein. Ein Rekurs gegen diesen Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Zürich als oberer kantonaler Aufsichtsbehörde am 12. Dezember 1978 abgewiesen. C.- Gegen den Entscheid des Obergerichts rekurrierte die L. & Co. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Diese weist den Rekurs ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die kantonalen Behörden gingen davon aus, die Beschwerde sei verspätet, weil sie mehr als 10 Tage nach der Publikation der Steigerungsanzeige und der Auflegung der Steigerungsbedingungen eingereicht worden sei. Sie prüften daher nur, ob ein Nichtigkeitsgrund vorliege. Die Rekurrentin macht nicht geltend, diese Betrachtungsweise verstosse gegen Bundesrecht. In der Tat beginnt die Frist für die Anfechtung der Steigerungsbedingungen nach der Rechtsprechung mit dem Tag ihrer öffentlichen Auflegung zu laufen ( BGE 51 III 179 ), unabhängig davon, ob der Beschwerdeführer von der Publikation der Steigerungsanzeige Kenntnis genommen und dadurch von der Auflegung der Bedingungen erfahren hat (als blosse Inhaberin eines Kaufsrechts hatte die Rekurrentin keinen Anspruch auf eine Spezialanzeige; vgl. Art. 257 Abs. 3 SchKG , Art. 71 KOV und Art. 129 Abs. 2 VZG ). In BGE 99 III 70 E. 3 BGE 105 III 4 S. 7 hat das Bundesgericht von diesem Grundsatz indessen eine Ausnahme gemacht für den Fall, dass die Steigerungsbedingungen das Lastenverzeichnis abändern. Mit einer derartigen (in der Regel unzulässigen) Abänderung muss kein Beteiligter rechnen. Es kann ihm daher nicht schaden, wenn er keinen Einblick in die Steigerungsbedingungen nimmt und dagegen nicht fristgerecht Beschwerde führt. Mit ihrer Beschwerde machte die Rekurrentin unter anderem geltend, das Konkursamt Schlieren hätte die Vormerkung des Kaufsrechts im Lastenverzeichnis nicht streichen dürfen. Insoweit hätten die kantonalen Aufsichtsbehörden daher auf die Beschwerde eintreten müssen. 3. Die Rüge ist jedoch unbegründet. Mit seiner Streichung hat das Konkursamt nicht gegen den Grundsatz verstossen, dass die Konkursverwaltung ein rechtskräftiges Lastenverzeichnis nicht abändern darf (vgl. hiezu BGE 96 III 78 /79). Materiell liegt nämlich gar keine Änderung des Lastenverzeichnisses vor. Entsprechend der Vorschrift von Art. 683 Abs. 2 ZGB war die Dauer der Vormerkung des Kaufsrechts zum vornherein auf 10 Jahre befristet. Mit dem Ablauf dieser Frist, also am 10. September 1975, fiel der Vormerkungsschutz dahin, ohne dass es einer förmlichen Löschung bedurft hätte. Das Kaufsrecht belastete die Liegenschaft nicht mehr und verlor seine dingliche Wirkung, so dass ein allfälliger Erwerber nicht daran gebunden gewesen wäre. Art. 72 Abs. 1 GBV schreibt deshalb vor, dass die Vormerkungen persönlicher Rechte im Grundbuch von Amtes wegen zu löschen sind, wenn die in der Vormerkung angegebene Zeit abgelaufen ist. Es kann daher dem Konkursamt nicht verwehrt sein, sondern dient im Gegenteil der Klarheit, dem Ablauf der Vormerkungsdauer Rechnung zu tragen und die obsolete Vormerkung im Lastenverzeichnis zu streichen. Die Rekurrentin ist dadurch auch gar nicht beschwert. Ob die Vormerkung gestrichen wird oder nicht, ändert nichts daran, dass das Kaufsrecht dem Ersteigerer nicht entgegengehalten werden kann, weil es eben mit dem Ablauf der Vormerkungsdauer seinen realobligatorischen Charakter verloren hat. 4. Soweit sich die Beschwerde gegen die Anordnung der Versteigerung als solche bzw. gegen die Steigerungsbedingungen richtet, haben sie die kantonalen Instanzen zu Recht als verspätet betrachtet. Bei dieser Sachlage könnten die Aufsichtsbehörden nur eingreifen, BGE 105 III 4 S. 8 wenn die Anordnung der Versteigerung geradezu nichtig wäre, d.h. wenn sie gegen eine Vorschrift verstiesse, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse eines unbestimmten Kreises Dritter aufgestellt und daher schlechthin zwingend ist ( BGE 103 III 74 , BGE 101 III 45 , je mit Hinweisen). Das ist indessen offensichtlich nicht der Fall. a) Nichtig ist die angefochtene Verfügung schon deswegen nicht, weil sie nur in die persönlichen Interessen der Rekurrentin eingreift und ausschliesslich deren allfällige schuldrechtliche Ansprüche verletzt. Dies gilt selbst dann, wenn man annehmen wollte, die Rekurrentin habe das Kaufsrecht mit ihrer Erklärung vom 24. Oktober 1972 gültig ausgeübt. Mit der Ausübung des Kaufsrechts wurde die Rekurrentin nicht Eigentümerin des Grundstücks, sondern sie erwarb gegenüber der Konkursverwaltung nur einen obligatorischen Anspruch auf Übertragung des Eigentums, der für die Dauer der Vormerkung freilich dinglich gesichert war. Diesen Anspruch hat die Rekurrentin indessen nie durchgesetzt, und der Vormerkungsschutz fiel nach dem in Erwägung 3 Gesagten mit dem Ablauf der Vormerkungsdauer dahin. Die Rekurrentin hat daher heute keinerlei dingliche Rechte am streitigen Grundstück. Die Verletzung bloss obligatorischer Rechte würde der Versteigerung des Grundstücks aber nicht zwingend entgegenstehen. Selbst wenn also der Vorwurf der Rekurrentin zutreffen sollte, die Konkursverwaltung habe das Grundstück "zweimal verkauft", so hätte dies nicht die Gutheissung des Rekurses zur Folge. b) In Wirklichkeit war jedoch die Ausübungserklärung der Rekurrentin vom 24. Oktober 1972 unwirksam, und zwar deswegen, weil die mit der Ausübung des Kaufsrechts bezweckte Verrechnung des Kaufpreises mit der Konkursforderung der Rekurrentin gegen Art. 213 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG verstösst. Es kann dahingestellt bleiben, ob über die Frage der Zulässigkeit der Verrechnung bereits ein rechtskräftiger Entscheid vorliegt, wie dies die Vorinstanz annimmt. Immerhin haben sich das Obergericht des Kantons Zürich in seinen Urteilen vom 13. Mai 1975 betreffend Kollokation (E. III) und vom 19. Oktober 1976 betreffend Forderung (E. 2 und 3) sowie das Bundesgericht im Urteil vom 25. März 1977 (E. 1) dazu geäussert. Angesichts dessen kann die Rekurrentin im Ernst nicht erwarten, die Betreibungsbehörden würden die Frage der Zulässigkeit BGE 105 III 4 S. 9 der Verrechnung anders beurteilen als die Zivilgerichte. Entgegen ihrer Ansicht sind sie auch nicht der "zuständige Richter" für die Beurteilung dieser materiell-rechtlichen Frage (vgl. hiezu BGE 103 III 83 E. 3, 117 E. 4, 102 III 36, BGE 100 III 66 , 70, BGE 97 III 130 ). Was die Rekurrentin vorbringt, ist im übrigen nicht geeignet, die diesbezüglichen Erwägungen der Gerichte als unrichtig erscheinen zu lassen. Nach der Rechtsprechung trifft es zwar zu, dass der Gläubiger seine Konkursforderung auch mit einer bedingten Forderung des Gemeinschuldners verrechnen kann, wenn die Bedingung im Laufe des Konkurses eintritt ( BGE 95 III 57 , 21 S. 879). Der W. & Co. stand jedoch im Zeitpunkt der Konkurseröffnung gegenüber der Rekurrentin keine bedingte Forderung auf Bezahlung des Kaufpreises zu, so wenig wie die Rekurrentin mit dem Erwerb des Kaufsrechts bereits einen bedingten Anspruch auf Übertragung des Eigentums erworben hatte. Wenn das Bundesgericht in verschiedenen Urteilen den Kaufrechtsvertrag als (durch die Ausübung des Kaufsrechts) suspensiv bedingten Kaufvertrag bezeichnete ( BGE 102 III 23 , BGE 94 II 111 , BGE 88 II 159 , BGE 86 II 36 ), so wollte es damit nicht sagen, Käufer und Verkäufer seien schon von Anfang an, also mit der Einräumung des Kaufsrechts, (bedingt) verpflichtet, den Kaufpreis zu bezahlen, bzw. das Eigentum an der Sache zu übertragen. In BGE 94 II 112 hat es im Gegenteil ausgeführt, der Kaufvertrag werde erst perfekt mit der Erklärung des Berechtigten, sein Kaufsrecht ausüben zu wollen. Solange eine solche Erklärung nicht vorliege, sei die andere Vertragspartei nicht zur Übertragung des Eigentums (und der Käufer somit auch nicht zur Bezahlung des Kaufpreises) verpflichtet. Der Kaufrechtsvertrag begründe lediglich eine Anwartschaft. Hatte aber die W. & Co. im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bloss eine Anwartschaft auf die Kaufpreisforderung und entstand diese Forderung erst mit der Ausübung des Kaufsrechts, also nach der Konkurseröffnung, so kann sie die Rekurrentin nach Art. 213 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG nicht mit ihrer Konkursforderung verrechnen ( BGE 95 III 57 ). Dass die Konkursverwaltung im Lastenverzeichnis die Vormerkung des Kaufsrechts "gemäss Kaufrechtsvertrag" als Last anerkannt hat und dieser Vertrag die Verrechnung vorsieht, ändert daran nichts. Die Aufnahme der Vormerkung ins Lastenverzeichnis erfolgte nur, um zu gewährleisten, dass das Kaufsrecht im Falle einer Veräusserung des Grundstücks dem Erwerber BGE 105 III 4 S. 10 überbunden werde. Über die Modalitäten der Tilgung der damals noch gar nicht entstandenen, sondern erst als Anwartschaft bestehenden Kaufpreisforderung hatte sich das Lastenverzeichnis nicht auszusprechen und konnte es auch nicht tun. Dementsprechend hätte über den Bestand des Verrechnungsrechts auch kein Lastenbereinigungsprozess durchgeführt werden können. Abgesehen davon hätte die Konkursverwaltung mit der Anerkennung des Verrechnungsrechts auf die Geltendmachung eines (zukünftigen) Aktivums verzichtet, was nicht leichthin angenommen werden darf und wofür es überdies der Zustimmung der Gläubigergesamtheit bedurft hätte (vgl. hiezu BGE 103 III 11 ). Aus der Rechtskraft des Lastenverzeichnisses kann die Rekurrentin deshalb nichts für sich ableiten. Entfaltete aber die Ausübungserklärung der Rekurrentin vom 24. Oktober 1972 keine Wirkungen, so bestand zum vornherein kein Anlass, mit der Versteigerung des Grundstücks zuzuwarten. Ein nicht ausgeübtes Kaufsrecht stünde der Verwertung nicht entgegen, selbst wenn es noch vorgemerkt wäre ( BGE 102 III 23 ).
null
nan
de
1,979
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CH
Federation
98d1eaca-f915-4c1c-9666-db9f61c0f2bb
Urteilskopf 83 I 111 16. Urteil vom 13. März 1957 i.S. Sommer gegen Regierungsrat und Polizeidirektion des Kantons Aargau.
Regeste Handels- und Gewerbefreiheit, Gewaltentrennung. 1. Die Verwaltung darf in der Regel nicht ohne materielle gesetzliche Grundlage in die Freiheitsrechte eingreifen. 2. Gemäss Art. 39 lit. b aarg. KV kann der Regierungsrat Vollziehungs- und Notverordnungen, nicht aber selbständige Rechtsverordnungen erlassen. Verfassungswidrigkeit der aarg. Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953.
Sachverhalt ab Seite 111 BGE 83 I 111 S. 111 A.- Gestützt auf § 12 Abs. 2 der regierungsrätlichen Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953 gab die Polizeidirektion des Kantons Aargau am 17. September 1956 den Film "S'Waisechind vo Engelberg" zur Vorführung vor Kindern im Alter von über 12 Jahren frei. In Wiedererwägung ihres Entscheids setzte sie am 26. Oktober 1956 das Besuchsalter auf 15 Jahre fest. Walter Sommer, Inhaber eines Kinotheaters in Reinach, der den erwähnten Film zur Vorführung übernommen hatte, erhob gegen die letztgenannte Verfügung Beschwerde. Der Regierungsrat des Kantons Aargau wies diese am 23. November 1956 mit der Begründung ab, der BGE 83 I 111 S. 112 Film sei kitschig, behandle das ernste Thema des Verdingkindes auf leichtfertige Art und werde deswegen von zahlreichen namhaften Erziehern und Filmsachverständigen abgelehnt. Eine Herabsetzung des Besuchsalters unter die von der Polizeidirektion angesetzte Grenze falle ausser Betracht, da eine solche Bewilligung nach der Verordnung nur für gute und der Aufnahmefähigkeit der Jugend angepasste Filme erteilt werden könne. B.- Sommer führt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der Art. 4 und 31 BV sowie der Art. 3, 39 lit. b und 91 Abs. 4 der aargauischen Staats-Verfassung (KV). Er beantragt, die Verfügung der Polizeidirektion vom 26. Oktober 1956 sowie der Beschwerdeentscheid des Regierungsrats vom 23. November 1956 seien aufzuheben, und es sei (allenfalls lediglich durch entsprechenden Hinweis in den Erwägungen) festzustellen, dass das Besuchsalter für den in Frage stehenden Film gemäss Verfügung der Polizeidirektion vom 17. September 1956 12 Jahre betrage. Eventuell beantragt er, der Beschwerdeentscheid des Regierungsrats sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an diese Instanz zurückzuweisen. C.- Der Regierungsrat des Kantons Aargau schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorführung von Filmen gehört zum Betrieb eines Lichtspieltheaters, der ein Gewerbe im Sinne des Art. 31 BV ist und daher unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit steht ( BGE 49 I 91 Erw. 1; BGE 50 I 173 Erw. 2; BGE 51 I 38 und dortige Zitate; BGE 53 I 268 Erw. 1; BGE 78 I 301 ff.). Nach Art. 31 Abs. 2 BV können die Kantone die Ausübung einer solchen Tätigkeit aus polizeilichen Gründen einschränken ( BGE 80 I 143 ). Der Ausschluss Jugendlicher von den gewöhnlichen Filmvorstellungen ist dabei nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit, sondern auch als Ausfluss der Erziehungsgewalt des Staates statthaft, BGE 83 I 111 S. 113 kraft deren er die Jugend vor Verrohung und Verwahrlosung zu schützen berufen ist ( BGE 51 I 37 /8 und dort angeführte Urteile). Derartige Beschränkungen in der freien Ausübung des Lichtspieltheatergewerbes dürfen indes, wie überhaupt die der Freiheit des Bürgers gesetzten Schranken (so Art. 56 BV für die Vereinsfreiheit, BGE 60 I 121 Erw. 3 für die Pressefreiheit, BGE 75 I 220 Erw. 6 für die persönliche Freiheit, BGE 76 I 334 , BGE 77 I 218 Erw. 2 für die Gewährleistung des Eigentums), nur durch den Gesetzgeber oder durch die verordnungsberechtigte Behörde auf Grund gesetzlicher Ermächtigung angeordnet werden; die Verwaltung darf somit im konkreten Einzelfall, von der in Erw. 3 zu behandelnden Ausnahme abgesehen, nicht ohne materielle gesetzliche Grundlage in die Freiheitsrechte eingreifen (vgl. BGE 67 I 76 , BGE 80 I 353 Erw. 2; BGE 81 I 132 ; FLEINER, Institutionen, § 9 Ziff. I; FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, S. 247, 409, 427; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 175). 2. Die Verfügung der Polizeidirektion und der Beschwerdenentscheid des Regierungsrats stützen sich auf § 12 der regierungsrätlichen Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953, wonach Jugendlichen unter 16 Jahren der Besuch öffentlicher Filmvorführungen untersagt ist, die Polizeidirektion jedoch auf Antrag der Filmkommission für gute und der Aufnahmefähigkeit der Jugend "angemessene" Filme das Besuchsalter herabsetzen kann. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Filmverordnung die gesetzliche Grundlage für Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit abgeben könne, da sie selbst verfassungswidrig sei. Diese Rüge ist zulässig. Mangels Anfechtung der Verordnung innert der Beschwerdefrist des Art. 89 OG steht eine Aufhebung des Erlasses als solchen zwar nicht mehr in Frage. Das hindert das Bundesgericht aber nicht, in jedem einzelnen Anwendungsfall vorfrageweise zu prüfen, ob die angewendete Bestimmung die Verfassung BGE 83 I 111 S. 114 verletze ( BGE 81 I 25 und 182 Erw. 2 sowie dort angeführte Entscheide). Der Regierungsrat hat sich im Ingress der genannten Verordnung und in der Vernehmlassung auf Art. 39 lit. b KV berufen, der ihm folgende "Pflichten und Befugnisse" überträgt: "Er sorgt für die Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit im Kanton, für die Kultur- und Volkswirtschaftspflege, sowie für die Vollziehung der Gesetze, Dekrete und Beschlüsse des Grossen Rates." Zu prüfen ist, ob der Regierungsrat auf Grund dieses Verfassungssatzes zum Erlass der Bestimmung zuständig war, auf die sich die angefochtenen Entscheidungen stützen. a) Wie das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat, kann der aargauische Regierungsrat in seiner Eigenschaft als oberste Vollziehungs- und Verwaltungsbehörde (Art. 37 KV) zu der ihm gemäss Art. 39 lit. b KV obliegenden "Vollziehung der Gesetze, Dekrete und Beschlüsse des Grossen Rates" Vollziehungsverordnungen erlassen (Urteile vom 23. Januar 1917 i.S. Benz, vom 26. Januar 1924 i.S. Horber, abgedruckt in der Vierteljahresschrift für aargauische Rechtsprechung, VJS, 1925 S. 92 ff., und vom 13. Dezember 1950 i.S. Meier, VJS 1950 S. 388 ff.; vgl. auch BGE 45 I 316 ff.). Eine solche liegt hier indes nicht vor. Der Kanton Aargau kennt weder in der Verfassung, noch in einem Gesetz oder in Dekreten und Beschlüssen des Grossen Rates Bestimmungen über die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit sowie den Jugendschutz im Lichtspieltheaterwesen, die der Regierungsrat zu vollziehen gehabt hätte. b) Der Regierungsrat macht dies denn auch nicht geltend. Er geht vielmehr davon aus, Art. 39 lit. b KV räume ihm eine selbständige Rechtsverordnungskompetenz ein. Ob die aargauische Verfassung der Exekutive eine allgemeine, den Erlass polizeilicher Normen auch dauernden Inhalts umfassende Verordnungsgewalt verleihe, konnte das Bundesgericht BGE 83 I 111 S. 115 in BGE 57 I 275 sowie im Urteil vom 13. Dezember 1950 i.S. Meier (VJS 1950 S. 388 ff.) offen lassen. In seinem Urteil vom 26. Januar 1924 i.S. Horber (VJS 1925 S. 92 ff.) hat es dagegen entschieden, der Regierungsrat habe "keine andere Befugnis der Rechtssetzung als diejenige, die sich aus seiner Funktion als gesetzesvollziehende Behörde ergibt (Art. 39 lit. b KV). Eine Überschreitung dieser Befugnis ... wäre ein Eingriff .. in das Gebiet der Gesetzgebung und damit eine Verletzung des Grundsatzes der Gewaltentrennung (Art. 3 KV.)" Das nicht veröffentlichte Urteil vom 9. März 1955 i.S. Milchhändlerverband Aarau ergänzt diese Erwägung dahin, eine eigene Verordnungskompetenz könne die Verwaltungsbehörde nur zur Abwehr eines staatlichen Notstands in Anspruch nehmen. Dem Regierungsrat wird mithin neben der Befugnis zum Erlass von Vollziehungsverordnungen ein Notverordnungsrecht (vgl. unten lit. c), nicht aber eine selbständige Rechtsverordnungskompetenz zuerkannt. Auf diese Rechtsprechung zurückzukommen, besteht kein Anlass. Art. 3 Abs. 1 der aargauischen Verfassung bestimmt, die gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt seien als solche (d.h. institutionell) getrennt. Die gesetzgebende Gewalt steht dem Volk (Art. 25 f. KV) und dem Grossen Rat (Art. 27 ff. KV) zu. Würde der Regierungsrat selbständig Recht setzen, so käme das einer teilweisen Vereinigung der vollziehenden und der gesetzgebenden Gewalt gleich, die einer dem Gewaltentrennungsartikel vorgehenden Sonderbestimmung bedürfte. Eine solche findet sich in der Verfassung nicht. Art. 39 lit. b KV kann auch auf dem Weg der Auslegung diese Bedeutung nicht abgewonnen werden. Zwischen den Befugnissen, die dem Regierungsrat zur "Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" einerseits und zur "Kultur- und Volkswirtschaftspflege" anderseits zustehen, unterscheidet diese Bestimmung nicht. Was der Exekutive auf dem einen Gebiet zukommt, kann ihr daher auf dem andern nicht versagt werden. Dem Regierungsrat die Kompetenz zum BGE 83 I 111 S. 116 Erlass selbständiger Rechtsverordnungen zur "Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit", gleichzeitig aber auch zur "Kultur- und Volkswirtschaftspflege" zuzuerkennen, hiesse aber angesichts der Ausdehung dieser Gebiete die oberste staatliche Zuständigkeitsordnung in Frage stellen (GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 504 f.; SIEGRIST, Die selbständige Rechtsverordnungskompetenz der Kantonsregierungen, S. 64 ff.). Der Verfassungssatz, der Regierungsrat habe für die "Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" sowie für die "Kultur- und Volkswirtschaftspflege" zu sorgen, verliert damit keineswegs seine Bedeutung. Er umschreibt Aufgaben und Ziele der Verwaltung, beauftragt den Regierungsrat, dem Grossen Rat und dem Volk die auf diesen Gebieten erforderlichen gesetzgeberischen Massnahmen vorzuschlagen, und ermächtigt ihn, im Notfalle selbst ordnend einzugreifen (vgl. unten lit. c). Dem aargauischen Regierungsrat steht somit keine selbständige Rechtsverordnungskompetenz zu, die ihn zum Erlass der Filmverordnung befähigt hätte. Dass er seit Inkrafttreten der Staats-Verfassung von 1885 eine solche Befugnis für sich in Anspruch genommen haben will und in der Tat eine Anzahl selbständiger Polizeiverordnungen (wenn auch meist nur von geringer Tragweite) erlassen hat (Beispiele bei SIEGRIST, a.a.O., S. 67 ff.), vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. In der Auslegung kantonaler Verfassungsbestimmungen ist das Bundesgericht grundsätzlich frei ( BGE 25 I 470 ; BGE 49 I 105 , 540; BGE 50 I 291 ; BGE 51 I 224 ; BGE 52 I 20 ; BGE 54 I 154 ; BGE 73 I 118 ; FAVRE, JT 1948 S. 324). Wohl weicht es dabei nicht ohne Not von der Auffassung der obersten zur Auslegung der Verfassung berufenen kantonalen Behörde ab ( BGE 73 I 118 , BGE 74 I 176 , BGE 77 I 116 und dortige Zitate). Eine solche Stellungnahme liegt hier indes nicht vor. Als im erwähnten Sinne oberstes kantonales Organ ist in der Regel das Volk und der Grosse Rat zu betrachten. Dass der Grosse Rat die Verordnung betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Kinematographentheatern BGE 83 I 111 S. 117 vom 18. April 1913 und die sie ersetzende Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953 nie beanstandet haben soll, heisst gegebenenfalls nicht, dass das Parlament diese Erlasse und damit auch die Polizeiverordnungspraxis des Regierungsrats genehmigt hätte. c) In den Kantonen, deren Verfassung nicht ausdrücklich ein Notrecht vorsieht, spricht die staatsrechtliche Praxis der Kantonsregierung gestützt auf deren Polizeigewalt ein Notverordnungsrecht zu ( BGE 57 I 274 ; BGE 60 I 122 ; BGE 61 I 39 ; BGE 67 I 76 ). Die Verfassung des Kantons Aargau umschreibt die Polizeigewalt des Regierungsrats in Art. 39 lit. b KV ("er sorgt für die Handhabung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit"). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung steht denn auch dem aargauischen Regierungsrat auf Grund dieser allgemeinen Polizeiklausel und des Art. 37 KV ein Notverordnungsrecht zu ( BGE 57 I 274 /5; GIACOMETTI, Staatsrecht der Kantone, S. 521/2; SIEGRIST, a.a.O., S. 67). Notverordnungen dürfen jedoch nur erlassen werden, wenn es sich darum handelt, eine infolge bestimmter Ereignisse unmittelbar drohende Störung oder Gefährdung der öffentlichen Sicherheit, Gesundheit oder Sittlichkeit zu verhindern, der gegenüber der Erlass gesetzlicher Normen wegen der Langsamkeit der ordentlichen Gesetzgebung als Abwehrmittel versagen müsste ( BGE 57 I 274 /5, BGE 60 I 112 , BGE 67 I 76 ). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall offensichtlich nicht gegeben. Allein schon der Umstand, dass die Filmverordnung an Stelle einer Verordnung trat, die 40 Jahre lang in Kraft gestanden hatte, zeigt, dass sich die Behörden bei deren Erlass nicht überraschend vor eine unmittelbar drohende Gefahr gestellt sahen, die sie auf dem Weg der ordentlichen Gesetzgebung nicht rechtzeitig hätten abwenden können. 3. § 12 der Verordnung über die Vorführung von Filmen vom 11. Juli 1953 erweist sich damit als verfassungswidrig. Den angefochtenen Entscheidungen, die sich BGE 83 I 111 S. 118 darauf stützen, fehlt daher die gesetzliche Grundlage. Die Voraussetzungen, unter denen die Verwaltung auch ohne eine solche mittels Polizeinotverfügung ( BGE 67 I 76 ; GIACOMETTI, SJZ 31 S. 373) in die Handels- und Gewerbefreiheit eingreifen kann, sind nicht gegeben. Dass der in Frage stehende Film eine ernsthafte, nicht anders abwendbare Gefahr für die Jugend schaffe, lässt sich umso weniger sagen, als die Polizeidirektion den Streifen zunächst im Einverständnis der Filmkommission zur Vorführung vor Kindern im Alter von über 12 Jahren zugelassen hatte; die Heraufsetzung des Besuchsalters begründete sie denn auch vornehmlich mit künstlerischen Bedenken. 4. Der Beschwerdeentscheid des Regierungsrats vom 23. November 1956 ist mithin, ohne dass auf die weiteren Einwendungen des Beschwerdeführers einzugehen wäre, aufzuheben. Diese Aufhebung zieht auch die der im regierungsrätlichen Beschluss geschützten Verfügung der Polizeidirektion vom 26. Oktober 1956 nach sich. Auf das Begehren, es sei festzustellen, dass das Besuchsalter für den in Frage stehenden Film gemäss Verfügung der Polizeidirektion vom 17. September 1956 12 Jahre betrage, kann wegen der kassatorischen Natur der staatsrechtlichen Beschwerde nicht eingetreten werden ( BGE 81 I 195 Erw. 2 und dort angeführte Urteile). Eine Rückweisung zu neuer Beurteilung, wie sie der Beschwerdeführer in seinem Eventualantrag verlangt, fällt überdies schon darum ausser Betracht, weil es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für einen solchen neuen Entscheid fehlt. Sache des kantonalen Gesetzgebers wird es sein, durch Schaffung einer eigentlichen Filmgesetzgebung oder (sofern dies das aargauische Staatsrecht zulässt) durch Delegation der entsprechenden Kompetenzen an den Regierungsrat die Aufsicht des Staates über das Lichtspieltheaterwesen zum Zwecke des Jugendschutzes auf gesetzliche Grundlage zu stellen. BGE 83 I 111 S. 119 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Aargau vom 23. November 1956 im Sinne der Erwägungen aufgehoben wird.
public_law
nan
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Federation