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Urteilskopf 87 III 87 16. Bescheid vom 6. Dezember 1961 an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern.
Regeste Pflicht des Schuldners, der Pfändung beizuwohnen oder sich dabei vertreten zu lassen ( Art. 91 Abs. 1 SchKG ). Lässt der Schuldner dieses Gebot ohne genügende Entschuldigung unbeachtet, und erscheint seine Einvernahme als notwendig, so kann das Betreibungsamt ihn durch die Polizei vorführen lassen. Analoge Anwendung des Art. 229 Abs. 1 SchKG . Diese Massnahme ist dem Schuldner bei der Pfändungsankündigung anzudrohen. Weitere Massnahmen des unmittelbaren Zwanges gegen die Person des Schuldners sind nicht zulässig. Verweigert dieser die Auskunft, so setzt er sich der Bestrafung nach Art. 323 Ziff. 2 StGB aus. Die vom Betreibungsamt mit der Vorführung des Schuldners beauftragte Polizei hat die Rechtmässigkeit dieser Massnahme nicht nachzuprüfen. Hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung handelt sie aber selbständig und auf eigene Verantwortung gemäss den die polizeiliche Tätigkeit als solche beherrschenden Grundsätzen.
Erwägungen ab Seite 88 BGE 87 III 87 S. 88 Mit Ihrem Schreiben unterbreiten Sie uns eine Frage betreffend die Anwendung des Art. 91 Abs. 1 SchKG . Nach dieser Vorschrift ist der Schuldner bei Straffolge verpflichtet, der Pfändung beizuwohnen oder sich bei derselben vertreten zu lassen. Darauf wird er jeweilen bei der Pfändungsankündigung laut dem Formular Nr. 5 hingewiesen. In der Praxis der Betreibungsämter hat sich die Befragung des Schuldners oder eines zur Auskunfterteilung fähigen Vertreters in manchen Fällen als unentbehrlich erwiesen (wie auch H. AMMANN, Vorsteher des Betreibungsamtes Zürich 7, Die polizeiliche Vorführung des Schuldners im Pfändungsverfahren, BlSchK 1954 S. 129 ff., ausführt). Viele Betreibungsämter pflegen daher den dem Pfändungsvollzug ohne Entschuldigung fern gebliebenen und dabei auch nicht gehörig vertretenen Schuldner polizeilich zur Auskunfterteilung in das Amtsbureau vorführen zu lassen. Mitunter bezweifelt jedoch die hiezu in Anspruch genommene Polizeibehörde die Zulässigkeit BGE 87 III 87 S. 89 dieser Massnahme. Auf Wunsch der Polizeidirektion des Kantons Bern möchten Sie diese Frage durch einen Bescheid der eidgenössischen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs abklären lassen. Wir stehen nicht an, zu der praktisch bedeutungsvollen Frage Stellung zu nehmen. Sie ist grundsätzlicher Art und lässt sich auch ausserhalb eines Rekursverfahrens beantworten. 1. Es fällt zunächst auf, dass dem Betreibungsamt zwar nicht in Abs. 1, wohl aber in Abs. 2 des Art. 91 die Anwendung unmittelbaren Zwanges, nötigenfalls mit Hilfe der Polizei, zugestanden wird: zur Öffnung von Räumen und Behältnissen. Wie das Bundesgericht in einer staatsrechtlichen Entscheidung ausgeführt hat, ist dies keine singuläre Bestimmung, sondern Ausfluss eines allgemein gültigen Prinzips; es erscheine als eine selbstverständliche Forderung der Rechtsordnung, "dass die Staatsgewalt ihre Organe mittelst Hülfe der Polizei bei der Ausübung ihrer amtlichen Funktionen unterstützt, soweit letztere ohne diese Unterstützung verunmöglicht oder mit grossen Schwierigkeiten bezw. Gefahren für den pflichtigen Beamten verbunden wäre" (BGE 22 S. 996). Auf diese Entscheidung weist JAEGER, N. 14 zu Art. 91 SchKG , hin, und sie wird gelegentlich auf dem Wege der Analogie zur Ergänzung des Abs. 1 dieses Artikels und damit eben zur Rechtfertigung der zwangsweisen Vorführung des Schuldners herangezogen (namentlich von H. AMMANN, a.a.O. S. 131). JAEGER (a.a.O.) hält zwar ebenfalls die Beiziehung polizeilicher Hilfe auch in andern als den in Art. 91 Abs. 2 erwähnten Fällen für zulässig, jedoch gerade nicht zur Erzwingung der Anwesenheit des Schuldners nach Art. 91 Abs. 1, wofür nur die Strafanzeige in Betracht komme (N. 4 daselbst). Auch FRITZSCHE (SchK I 143) nimmt diesen Standpunkt ein, indem er sich auf die Feststellung beschränkt, das Gesetz bestimme nicht, dass der fern gebliebene und auch nicht richtig vertretene Schuldner herbeigeschafft würde, sondern sehe als Sanktion BGE 87 III 87 S. 90 nur die Bestrafung (jetzt gemäss Art. 323 Ziff. 1 StGB ) vor. Indessen haben bereits mehrere kantonale Aufsichtsbehörden die polizeiliche Vorführung eines Schuldners, der das Gebot des Art. 91 Abs. 1 missachtet hat, gebilligt (Zürich: Bescheid an die kantonale Direktion der Polizei vom 22. Dezember 1922; siehe H. AMMANN, a.a.O. S. 133; Graubünden: Entscheid, veröffentlicht in der Praxis des Kantonsgerichts 1953 und in BlSchK 1956 S. 19/20; Luzern: Weisung vom 31. März 1959 an die Betreibungs- und Konkursämter, BlSchK 1961 S. 61 ff.). Im Kanton Waadt ist diese Massnahme sogar gesetzlich festgelegt durch Art. 72 Abs. 4 der loi d'application de la LP vom 18. Mai 1955, lautend: "Lorsqu'un débiteur, avisé conformément à la loi, n'assiste pas en personne à une saisie ou à une prise d'inventaire et ne s'y fait pas représenter (art. 91 al. 1, 163 et 317 al. 1 LP), ou encore ne reste pas à disposition de la masse en faillite pendant la durée de la liquidation (art. 229 al. 1 LP), le préfet peut, sur demande du préposé, le faire conduire dans les locaux de l'office pour y être entendu. La poursuite pénale (art. 323 ch. 1 du code pénal) est réservée." Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts hat, bisweilen an die erwähnte staatsrechtliche Entscheidung anknüpfend, die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch die Organe des Betreibungs- und Konkursverfahrens in verschiedenen Fällen in Analogie zu Art. 91 Abs. 2 SchKG zugelassen: gegen den Schuldner zur Durchführung von Beschlagnahmehandlungen ( BGE 42 III 267 /68), gegen einen Gläubiger, der gepfändete Sachen heimlich weggenommen hat ( BGE 43 III 195 ff., 199), unter Umständen auch gegen Dritte ( BGE 51 III 137 /38, BGE 55 III 14 ff. - kritisiert von JAEGER, N. 5a zu Art. 91 in SchK =Praxis IV -, BGE 66 III 30 ff., BGE 79 III 113 ). Abgelehnt wurde Gewaltanwendung gegen einen Dritten, der den Besitz gepfändeter Sachen verneinte oder keine Auskunft darüber gab, ob er solche Sachen besitze ( BGE 31 I 721 =Sep.-Ausg. 8 S. 267, BGE 51 III 40 ). Ebenso wurde einem Betreibungsamt verwehrt, durch Gewalt in die BGE 87 III 87 S. 91 Geheimsphäre eines Schuldners einzudringen, der die Auskunft über seine Lohnverhältnisse verweigerte. Zulässig und zugleich geboten sei in einem solchen Falle bloss die Anwendung mittelbaren Zwanges durch Strafanzeige ( BGE 69 III 75 ff.). 2. Wie es sich mit der Möglichkeit einer unmittelbaren Erzwingung der Erscheinens- oder Vertretungspflicht als solcher, gemäss Art. 91 Abs. 1 SchKG , verhalte, ist bei alldem offen geblieben. Es erweckt Bedenken, eine dahingehende Befugnis des Betreibungsamtes analogieweise aus Abs. 2 daselbst herzuleiten, denn diese Bestimmung betrifft eben keine Amtshandlungen, die sich gegen die Person des Schuldners zu richten hätten. Eine andere Frage ist es, ob Art. 91 Abs. 2 SchKG Ausfluss eines so umfassenden Prinzips sei, dass auch Massnahmen der hier in Frage stehenden Art (polizeiliche Vorführung) erlaubt wären, ohne dass es hiefür einer ausdrücklichen gesetzlichen Ermächtigung bedürfte. Die Lehre und Praxis des Verwaltungsrechts gibt hierauf keine eindeutige Antwort. Nach FLEINER (Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Auflage, S. 222) ist zur Bewirkung von Leistungen, "bei deren Vollstreckung Ersatzvornahme oder Ungehorsamsstrafe unanwendbar sind oder nicht zum Ziele führen", die Behörde vermöge ihrer Amtsgewalt ein- für allemal ermächtigt, den rechtlich geforderten Zustand mit unmittelbarem Zwang herzustellen. "In gleicher Weise darf auch der Private zur Erteilung von Auskunft oder zur Erstattung eines Zeugnisses zwangsweise der Behörde zugeführt werden, sofern für ihn im gegebenen Falle eine rechtsgültige Auskunftspflicht besteht" (ebenda S. 224). Ähnlich äussert K. BRUNNER (Die Lehre vom Verwaltungszwang, Diss. 1923, S. 43 ff.) die Meinung, "dass die Befugnis, obrigkeitliche Anordnungen zu erlassen, das Recht einschliesse, dieselben in Vollzug zu setzen". Dieser Autor betrachtet den Verwaltungszwang als eine Folge der Verfügungskompetenz der Verwaltung und umschreibt seinen Standpunkt wie folgt: "Es ist unzulässig zu behaupten, BGE 87 III 87 S. 92 dort, wo eine besondere gesetzliche Bestimmung über den unmittelbaren Zwang fehle, stehe er der Verwaltung überhaupt nicht zu. Solange der unmittelbare Zwang keinen weitern Eingriff in Freiheit und Eigentum des Bürgers bedeutet, als der Polizeibefehl, und ihm vor allem jeder pönale Nebenzweck fehlt, ist er anwendbar auch ohne gesetzliche Grundlage" (a.a.O. S. 55). Grundsätzlich, aber nur unter gewissen Voraussetzungen, bejaht diese Befugnis auch RUCK (Schweizerisches Verwaltungsrecht, 3. Auflage, I 128): "Die Zwangsbefugnis ist nicht mehr wie einst im Polizeistaat selbstverständlicher Bestandteil und Wesensmerkmal der Amtsgewalt, sondern die Verwaltungsbehörden haben nur diejenige Zwangsgewalt und diejenigen Zwangsmittel zur Verfügung, die ihnen gemäss dem Wortlaut oder Sinn und Zweck der Rechtsordnung zustehen." Anderseits wendet sich GIACOMETTI (Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts I S. 540) gegen die Ansicht, in der Befugnis zu Verwaltungsakten sei auch die Befugnis enthalten, sie bei Ungehorsam des Verpflichteten zu vollstrecken. Er verlangt für jeden Vollstreckungszwang "die vom Prinzip der Gesetzmässigkeit der Verwaltung geforderte Rechtsgrundlage". Vollends verpönt er die Anwendung von Gewalt zur Erzwingung eines vom Willen des Verpflichteten abhängigen Tuns, wie insbesondere der Erfüllung einer Auskunftspflicht (S. 561). Auch die staatsrechtliche Praxis verlangt zur Rechtfertigung von Eingriffen in Individualrechte grundsätzlich eine gesetzliche Grundlage ( BGE 67 I 76 , BGE 81 I 132 , BGE 83 I 113 ). Dieses Erfordernis wird in der Deutschen Bundesrepublik aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitet (FORSTHOFF, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Auflage, I S. 265 und 274). Immerhin hält dieser Autor die Verwaltungbehörde für berechtigt, zur Erreichung von Auskünften "den Auskunftspflichtigen vorführen zu lassen und durch Festhalten die Auskünfte zu erzwingen", allerdings nur, wenn das vorerst als Beugmittel verhängte "Zwangsgeld" wirkungslos geblieben sei (S. 274/75). Die französische Lehre nimmt demgegenüber den Standpunkt BGE 87 III 87 S. 93 ein, die Verwaltungsbehörden seien - Fälle dringender Notwendigkeit ausgenommen - zur Anwendung unmittelbarer Gewalt nicht befugt, sofern ihnen andere Rechtsbehelfe, insbesondere die Strafklage, zur Verfügung stehen (M. WALINE, Droit administratif, 8. Auflage, nos 877/78; VEDEL, Droit administratif I S. 130). 3. Dem schweizerischen Recht ist der letztere Grundsatz fremd. Gerade das SchKG enthält eine Vorschrift, aus der sich eine gegenteilige Ordnung ergibt: Nach Art. 229 Abs. 1 SchKG ist der Gemeinschuldner "bei Straffolge" verpflichtet, während des Konkursverfahrens zur Verfügung der Konkursverwaltung zu stehen; er kann dieser Pflicht nur durch besondere Erlaubnis enthoben werden; nötigenfalls wird er mit Hilfe der Polizeigewalt zur Stelle gebracht. Neben der Strafanzeige steht somit der Konkursverwaltung die zwangsweise Vorführung mit Hilfe der Polizei zu. Diese konkursrechtliche Vorschrift bildet nun auch den Schlüssel zur Beantwortung der vorwürfigen Frage des Pfändungsverfahrens. Das Gebot des Art. 91 Abs. 1 SchKG dient ebenso wie dasjenige des Art. 229 Abs. 1 SchKG dazu, die richtige und zweckentsprechende Durchführung einer Zwangsvollstreckung zu ermöglichen. Dem Gegenstande nach geht jenes erste Gebot freilich weniger weit als dieses; es ist nur für das Stadium des Pfändungsvollzuges aufgestellt. Soweit es reicht, ist es aber ebenso streng einzuhalten und denn auch seine Missachtung mit gleicher Strafe bedroht ( Art. 323 Ziff. 1 und 5 StGB ). Um der Interessen der betreibenden Gläubiger willen kann sich die Einvernahme des Schuldners beim Pfändungsvollzug als notwendig erweisen, und diese Interessen verdienen denselben Schutz wie die Interessen von Konkursgläubigern. Sachlich ist es somit vollauf gerechtfertigt, die in Art. 229 Abs. 1 am Ende vorgesehene Massnahme des unmittelbaren Zwanges auch beim Pfändungsvollzuge, zur Durchsetzung des Gebotes des Art. 91 Abs. 1 SchKG , zuzulassen. Warum das Gesetz dies in der letztern Bestimmung nicht BGE 87 III 87 S. 94 vorgesehen hat, lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen. Man hat anscheinend eine solche Massnahme beim Pfändungsvollzug für unnötig erachtet, sei es, dass man davon ausging, der Schuldner sei mehr nur der Ordnung halber verpflichtet, beim Pfändungsvollzug anwesend oder vertreten zu sein, oder dass man annahm, die Strafandrohung bilde einen genügenden Ansporn zur Erfüllung dieser Pflicht. Wie dem auch sein mag, steht nichts im Wege, die für das Konkursverfahren vorgesehene Befugnis der Zwangsvollstreckungsorgane zur Anwendung unmittelbaren Zwangs gegen den Schuldner in entsprechendem Sinne auch für den Pfändungsvollzug zu bejahen, wenn sich eine solche Analogie als im wahren Sinn des Gesetzes liegend erweist. Für die Rechtsanwendung ist ja keineswegs einfach der Wille des historischen Gesetzgebers massgebend, wie er sich aus Diskussionsvoten in vorberatenden Kommissionen und in Vollsitzungen des Parlamentes ergibt. Vielmehr ist das Gesetz aus sich selbst auszulegen und dabei als Ganzes in seinem Aufbau und seinen innern Zusammenhängen ins Auge zu fassen. Insbesondere ist zu beachten, dass ein gesetzgeberischer Erlass nicht unbedingt in allen seinen Teilen eine starre, immer gleich bleibende Ordnung schaffen will. Eine einzelne Norm kann mit fortschreitender Zeit infolge veränderter technischer, wirtschaftlicher oder sonstiger Lebensverhältnisse eine andere Bedeutung gewinnen, als wie sie ihr am Anfang zugeschrieben wurde, und es kann je nach der Stellung der Norm im Rechtssystem dem wahren Gesetzeswillen entsprechen, dass solchen Veränderungen äusserer Umstände bei der Auslegung und namentlich bei der Frage nach der analogen Anwendbarkeit anderer Rechtsgrundsätze Rechnung getragen werde (vgl. BGE 83 I 178 , BGE 86 III 151 ; W. YUNG, Le Code civil suisse et nous, Centenarium des Schweizerischen Juristenvereins 1861-1961 II S. 329 ff.). Hier fällt nun vor allem in Betracht, dass im Lauf der Jahrzehnte seit dem Erlass des SchKG die Lohnpfändungen immer grössere Bedeutung BGE 87 III 87 S. 95 erlangt haben und die neuere Rechtsprechung ausserdem in höherem Mass als früher die Pfändung des Reineinkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit entsprechend dem Art. 93 SchKG zulässt (vgl. BGE 84 IV 156 , BGE 85 III 39 , BGE 86 III 16 und 53 ff.). Um diesen Gegenstand der Pfändung richtig ermitteln und bemessen zu können, bedarf es aber in manchen Fällen unbedingt der Auskunfterteilung durch den Schuldner. Es liegt daher im wohlverstandenen Sinn des Gesetzes, dass das Gebot des Art. 91 Abs. 1 sich ebenso wie dasjenige des Art. 229 Abs. 1 durch zwangsweise Vorführung des Schuldners durchsetzen lässt. Die dahingehende Praxis zahlreicher Betreibungsämter, die, wie erwähnt, von den Aufsichtsbehörden mehrerer Kantone gebilligt worden ist, erweist sich somit als rechtmässig. Die analoge Anwendung des Art. 229 Abs. 1 SchKG in der erwähnten Beziehung auf das Gebot des Art. 91 Abs. 1 SchKG rechtfertigt sich infolge des durchaus gleichen Charakters der beiden Gebote. Es wird nicht etwa eine spezielle Norm auf einen andersartigen Sachverhalt angewendet, was bei Eingriffen der öffentlichen Gewalt in den privaten Rechtsbereich kaum anginge (vgl. GIACOMETTI, a.a.O. S. 541). Im übrigen ist die unter Umständen notwendige Vorführung eine im Offizialcharakter der Zwangsvollstreckung begründete, dem Schutz höherer Interessen dienende Massnahme. Der Eingriff in die persönliche Freiheit ist verhältnismässig geringfügig. Selbst in gewissen Zivilprozessen (um Familienrecht) hat nach mehreren kantonalen Gesetzen eine säumige Partei die polizeiliche Vorführung zu gewärtigen (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 237, Fussnote 5; vgl. auch P. JAEGGI, Fragen des privatrechtlichen Schutzes der Persönlichkeit, ZSR NF 79 II 215a, wo von blossen "Persönlichkeitssplittern" die Rede ist). 4. Voraussetzung der polizeilichen Vorführung des Schuldners im Verlauf des Pfändungsvollzuges ist, dass er ohne genügende Entschuldigung wegblieb und sich auch BGE 87 III 87 S. 96 nicht gehörig vertreten liess, und dass sich seine persönliche Anwesenheit zum Abschluss der Vollzugsmassnahmen als notwendig erweist. Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen muss ihm die Vorführung angedroht worden sein (vgl. W. JELLINEK, Verwaltungsrecht, 3. Auflage, S. 341; FORSTHOFF, a.a.O. S. 269; DUEZ et DEBEYRE, Traité de droit administratif, no 764 ch. 2). Wir werden in das Formular der Pfändungsankündigung (Nr. 5) eine solche Androhung in den Drucktext aufnehmen lassen. Unter Umständen hat das Betreibungsamt Veranlassung, sie zu wiederholen: so, wenn der Schuldner seine Abwesenheit genügend entschuldigt hat, dann aber zur Auskunfterteilung vor den Betreibungs- oder Pfändungsbeamten vorgeladen werden muss. Was die Art der Massnahme betrifft, so hat sie sich in der Vorführung vor den Beamten zu erschöpfen. Gewöhnlich wird damit der Zweck erreicht, indem der zur Stelle gebrachte Schuldner nun bereitwillig die verlangte Auskunft gibt. In diesem Falle mag der Beamte prüfen, ob gleichwohl wegen des früheren Ungehorsams Strafanzeige zu erstatten sei gemäss Art. 323 Abs. 1 StGB . Verweigert der vorgeführte Schuldner die Auskunft, so ist ihm die Strafanzeige nach Art. 323 Ziff. 2 StGB in Aussicht zu stellen. Weitere Massnahmen unmittelbaren Zwanges, wie Festhalten im Amtsraum usw., sind nicht zulässig. Die mit der Vorführung beauftragte Polizei handelt als Hilfsorgan des Betreibungsamtes. Sie hat die Rechtmässigkeit der Massnahme, die nach dem Gesagten im Rahmen der betreibungsamtlichen Zuständigkeit liegt, nicht nachzuprüfen. Wie in BGE 22 S. 997 ausgeführt ist, sind die vom Betreibungsamt beigezogenen Polizeiorgane "blosse Gehülfen des Betreibungsamtes, die dem letzteren vorübergehend zur Ausführung seiner Befehle untergeordnet worden sind und die deshalb auch für die gemäss den Weisungen ihres Vorgesetzten begangenen Handlungen nicht verantwortlich gemacht werden können". Die Art BGE 87 III 87 S. 97 und Weise, wie sich die Polizei ihrer Aufgabe entledigt, richtet sich dann aber nach den die polizeiliche Tätigkeit überhaupt beherrschenden Regeln. In dieser Hinsicht haben die Betreibungsbehörden nichts zu bestimmen, sondern es handelt die Polizei insoweit auf eigene Verantwortung. Sie wird das Prinzip der Verhältnismässigkeit der staatlichen Eingriffe im Auge behalten und jede nach den Umständen unnötige Anwendung von Gewalt vermeiden (vgl. GIACOMETTI, a.a.O. S. 561 ff.; RUCK, a.a.O. S. 128 und 134; FORSTHOFF, a.a.O. S. 275).
null
nan
de
1,961
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
8797a9d7-0b6a-49ef-ac73-2be871f6b6fe
Urteilskopf 91 IV 188 49. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 décembre 1965 dans la cause Ministère public du canton de Vaud contre Grumbach.
Regeste Art. 110 Ziff. 5 und 251 StGB . 1. Obschon sie nicht vorgeschrieben sind durch die Art. 957 ff. OR , sind die Buchhaltung und die Bilanz der einfachen Gesellschaft Urkunden im Sinne von Art. 110 Ziff. 5 StGB ; dies gilt auch für die Bestandteile ihrer Buchhaltung (Erw. 4). 2. Die zum Zwecke der Steuerhinterziehung vorgenommene Fälschung einer Buchhaltung (Fälschung im weitesten Sinne, die Falschbeurkundung inbegriffen) ist als Urkundenfälschung nach Art. 251 StGB strafbar (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 188 BGE 91 IV 188 S. 188 Résumé des faits: A.- Le 6 juillet 1949, Moser et Grumbach constituèrent une société simple aux fins d'exploiter un immeuble sis à Lausanne, inscrit au registre foncier comme étant la propriété de Moser. Grumbach était chargé de la comptabilité courante; il disposait du compte de chèques postaux de la société. Tous deux se plaignaient de payer trop d'impôts et désiraient frauder le fisc. Aussi Grumbach demanda-t-il aux maîtres d'état Godel, Bregger, Ghirlanda et Pedroli de lui remettre des factures fictives pour des travaux non exécutés. En été 1959, il fit porter ces factures acquittées d'un montant total de 15 000 fr. dans le compte d'exploitation arrêté au 31 décembre 1958. A la même époque, il fit inscrire par Rappo au bilan de la société simple une créance fictive de 15 000 fr. en faveur de la Manufacture de vêtements SA dont son frère était adminis trateur. BGE 91 IV 188 S. 189 De 1957 à 1960, il préleva 9150 fr. sur le compte de chèques postaux de la société simple. Il garda ces fonds par devers lui, à l'insu de son associé, et se proposait de les utiliser à des fins personnelles. Pour dissimuler ces prélèvements, dont certains ne furent pas comptabilisés, il se fit remettre des factures fictives acquittées par Godel, Mercier et Ghirlanda; ces factures furent passées dans les comptes; lui-même ajouta 100 fr. sur une facture acquittée le 4 septembre 1959 par Godel. B.- Le 6 juillet 1965, le Tribunal de police correctionnelle du district de Lausanne a condamné notamment Grumbach à six mois d'emprisonnement, avec sursis pendant trois ans, pour instigation à faux dans les titres, faux dans les titres, usage de faux et abus de confiance. C.- Statuant le 25 août 1965 sur le recours du condamné, la Cour vaudoise de cassation pénale a renvoyé la cause devant le Tribunal de police correctionnelle du district de Morges pour nouvelle instruction et nouveau jugement. Son arrêt est motivé en bref comme il suit: En tant qu'ils étaient destinés à frauder le fisc, les faux imputés au prévenu sont réprimés par la loi vaudoise sur les impôts directs cantonaux; aussi échappent-ils au droit pénal ordinaire. Comme il n'appartient pas à la Cour cantonale de prononcer sur des infractions fiscales, Grumbach doit être libéré dans cette mesure. Cependant, les constatations des premiers juges ne permettent pas de délimiter les actes réprimés par le droit fiscal de ceux qui tombent sous le coup de la loi pénale; un autre tribunal devra par conséquent statuer à nouveau, après nouvelle instruction. D.- Contre cet arrêt, le Ministère public du canton de Vaud s'est pourvu en nullité au Tribunal fédéral. Il a conclu au renvoi de la cause à l'autorité cantonale afin que Grumbach, notamment, fût condamné conformément au jugement de première instance. E.- Grumbach a conclu au rejet du pourvoi. La Cour de cassation pénale l'a admis partiellement. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Le Tribunal fédéral a déjà jugé que la comptabilité commerciale et ses éléments étaient des titres au sens de l'art. 110 ch. 5 CP (RO 79 IV 163, 82 IV 141; cf. aussi 91 IV 7). Ces arrêts visent la comptabilité prescrite par la loi (art. 957 ss. CO). BGE 91 IV 188 S. 190 Ne pouvant être inscrite au registre du commerce (RO 79 I 181), la société simple constituée par Moser et Grumbach n'était pas astreinte à tenir des livres. Aussi sa comptabilité ne saurait-elle être qualifiée de commerciale au sens du titre 32e du CO. Mais cette circonstance n'empêche pas la qualification de titre au sens de l'art. 110 ch. 5 CP, qui vise la comptabilité et ses éléments. En effet, la nature des livres ne dépend pas de leur caractère obligatoire ou facultatif. Une comptabilité non commerciale peut être tenue de la même manière qu'une comptabilité commerciale et révéler comme elle la situation financière de l'entreprise, l'état des dettes et créances se rattachant à l'exploitation, ainsi que le résultat des exercices annuels (cf. HIS, n. 3 ss. ad art. 957 CO). Elle aussi est donc à la fois destinée et propre à prouver des faits ayant une portée juridique (cf. par exemple, dans les rapports entre associés dans la société simple, art. 541 CO et BECKER, n. 5 ad art. cité). Sans doute l'art. 963 CO ne lui est-il pas applicable. Mais l'obligation de produire ces livres peut découler de lois de procédure. Selon l'art. 50 al. 1 LPC, chaque partie est tenue de produire en justice les titres qu'elle détient. Le message du Conseil fédéral précise que l'on considère comme titres en procédure civile les écrits, soit l'expression de pensées par l'écriture, et tout objet qui incorpore une pensée (FF 1947 I 1027). Il en résulte que les livres comptables d'une entreprise non inscrite au registre du commerce peuvent servir de preuve dans un procès civil. Certes, s'ils ne sont pas tenus de manière à révéler la situation financière de l'entreprise, son chef n'encourra pas les sanctions des art. 325 et 166 CP. Mais cette différence, qui ne touche pas à la fonction des livres comptables, n'influe ni sur leur aptitude ni sur leur destination à servir de moyens de preuve. On ne saurait objecter que si un commerçant ou un artisan tient une comptabilité sans être soumis aux art. 957 ss. CO, rien ne l'oblige à y inscrire telle recette et que, partant, il ne saurait tomber, en raison des faits qu'elle constate inexactement, sous le coup de l'art. 251 CP. Du moment qu'il fait ses écritures non par jeu, mais pour établir la situation financière de l'entreprise et disposer, à cet égard, d'un moyen de preuve, il doit, de par la nature même et la destination des livres comptables, les tenir de façon véridique. Ainsi, bien que non prescrites par les art. 957 ss. CO, la BGE 91 IV 188 S. 191 comptabilité d'une société simple et ses éléments constituent des titres au sens de l'art. 110 ch. 5 CP. Il en est de même du bilan. Qu'on le regarde comme une partie intégrante de la comptabilité ou, suivant l'avis de L. BURCKHARDT (RPS 1960 p. 95), comme un extrait de celle-ci, il est destiné à servir de preuve au sujet de l'actif et du passif de l'entreprise (RO 81 IV 240). 5. En l'espèce, Pierre Grumbach a omis volontairement d'inscrire dans le carnet ad hoc certains prélèvements sur le compte de chèques postaux de la société simple; il a fait porter dans les comptes de cette société des factures fictives acquittées et inscrire au bilan une dette fictive de 15 000 fr. Il se proposait d'éluder les impôts, c'est-à-dire de se procurer un avantage illicite. La Cour cantonale n'exclut pas qu'il ait aussi voulu tromper son associé Moser. Elle a renvoyé la cause au Tribunal de police correctionnelle du district de Morges pour élucider la question. Les éléments du faux intellectuel, réprimé par l'art. 251 CP, sont réunis. La juridiction vaudoise a cependant libéré Pierre Grumbach de l'accusation de faux dans les titres dans la mesure où ses actes visaient uniquement à frauder le fisc. Sur ce point, son arrêt est erroné. Il est vrai que, dans un arrêt Küffer, le Tribunal fédéral a jugé l'art. 251 CP inapplicable à l'employeur qui remet à son employée des attestations mentionnant un salaire inférieur à celui qu'elle a touché et l'invite à déclarer au fisc le gain moins élevé qu'il avait indiqué (RO 81 IV 168/9). Il a considéré que ce faux dans les titres relevait exclusivement des dispositions pénales édictées par les cantons pour assurer l'observation du droit cantonal en matière fiscale (art. 335 ch. 2 CP); il a exclu l'application, même subsidiaire, du droit pénal ordinaire. Le recourant estime que cette interprétation de l'art. 335 ch. 2 CP "ne répond plus à la situation sociale, économique et politique du pays"; il serait conforme au but de la loi que des faux grossiers, créés et utilisés en vue d'éluder l'impôt, soient réprimés en vertu du droit commun. On ne voit pas, cependant, en quoi l'arrêt Küffer, rendu en 1955, serait moins adapté aujourd'hui qu'alors à la situation du pays (ce critère supposé valable). D'autre part, la distinction entre les faux grossiers et les autres ne trouve aucun appui à l'art. 335 ch. 2 CP. Mais cela n'est pas décisif. BGE 91 IV 188 S. 192 La jurisprudence ultérieure a précisé, en effet, que le principe posé dans l'arrêt Küffer ne signifiait pas que les dispositions pénales du droit fiscal cantonal s'appliquaient seules lorsqu'un acte punissable en vertu du droit fédéral était commis dans le dessein d'enfreindre les prescriptions cantonales en matière d'impôt. Ainsi la falsification d'un titre par le moyen de laquelle un impôt est éludé ou qui est perpétrée à cette fin n'échappe à la répression fondée sur l'art. 251 CP que si le titre faux était destiné uniquement à un but fiscal (arrêt Frank, RO 84 IV 166/7). Si la mention dans le contrat de vente d'immeuble d'une partie du prix avait pour seul but de tromper le fisc, l'acte authentique lui-même n'en avait pas moins été dressé à d'autres fins (RO 84 IV 167, dernier al.), tandis que les attestations de salaire établies par Küffer étaient uniquement destinées aux autorités fiscales. De même qu'un contrat de vente immobilière, la comptabilité d'une entreprise n'est pas établie pour éluder les impôts. Elle est objectivement destinée par la loi (comptabilité commerciale) ou par sa nature (comptabilité privée d'une entreprise qui n'est pas astreinte à tenir des livres) à servir de preuve; cette destination ne dépend ni du moment auquel le chef d'entreprise se propose de l'utiliser comme moyen de preuve ni du but de cette utilisation (RO 91 IV 7). Sans doute peut-on concevoir - éventualité non réalisée en l'espèce, mais qui se produit effectivement - qu'une comptabilité entière soit créée en vue de frauder le fisc. N'étant pas destinée à révéler la situation réelle de l'entreprise, puisqu'une autre comptabilité est tenue à cet effet, elle est comparable aux attestations de salaire dont par le l'arrêt Küffer. Les faux intellectuels qu'elle contient nécessairement - ils sont sa raison d'être - seront soustraits au droit pénal ordinaire. Inversement une attestation de salaire établie à l'intention des autorités fiscales peut servir à d'autres fins; l'employé peut l'utiliser par exemple pour louer un appartement dans un immeuble subventionné, alors que ses revenus ne lui en donneraient pas le droit. Cependant, à la différence de la comptabilité et du contrat de vente immobilière, l'attestation de salaire visée est confectionnée uniquement pour induire le fisc en erreur. Si l'employé la détourne de son but, il devra être puni conformément à l'art. 251 CP (les éléments subjectifs supposés réunis) pour cet usage imprévu. En revanche, cette disposition ne BGE 91 IV 188 S. 193 s'appliquera pas à l'employeur. Certes, en remettant l'attestation de salaire à l'employé, il a créé le risque d'une utilisation non fiscale. Mais s'il ne l'a ni envisagé ni accepté, il ne peut être condamné que sur la base du droit fiscal. La distinction faite ou, du moins, esquissée par l'arrêt Frank doit donc être maintenue. Il en résulte que la falsification (au sens large, comprenant le faux intellectuel) d'une comptabilité, perpétrée dans un intérêt fiscal, est saisie par l'art. 251 CP.
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8798ea16-4167-400d-a8ff-3264f85bc224
Urteilskopf 126 IV 13 3. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. November 1999 i.S. Albert Amrein [Name geändert] gegen Obergericht und Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn (Staatsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 117, 125 Abs. 1 und 2, 238 Abs. 2 StGB; Fahrlässigkeitshaftung des Vorwarners für einen Eisenbahnunfall. Der auf einer Arbeitsstelle des Baudienstes als Vorwarner handelnde Verbindungsmann, der sich im Funkverkehr nicht vergewissert, ob der Adressat seine Durchsage empfangen und verstanden hat, verletzt die Sprechdisziplin und haftet strafrechtlich für den auf diese Sorgfaltspflichtverletzung zurückzuführenden Eisenbahnunfall.
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 126 IV 13 S. 13 A.- Am 21. März 1994, um ca. 14.20 Uhr, kam es auf der Bahnstrecke Olten-Aarau, auf dem Gebiet des Bahnhofs Däniken, zu einer schweren Streifkollision zwischen einem fahrplanmässig verkehrenden Schnellzug und einem drehbaren Schienenkran. Ein Bautrupp, bestehend aus dem SBB-Beamten Beat Baumann (Name geändert) sowie den beiden Angestellten der Firma X. AG Daniel Degen (Name geändert) und Ernst Egger (Name geändert), war dort damit beschäftigt, Weichenteile abzuladen. Als Arbeitsgeleise benutzten sie das gesperrte Gleis A 84 (Stumpengeleise), auf welchem der für die Arbeiten benötigte Schienenkran "Krupp" (drehbarer, geleiseabhängiger, freistehender und mobiler Lastenkran) stand. Da der Kran bei den Schwenkmanövern ganz oder teilweise (Heck mit Gegengewicht) in das Lichtraumprofil des Geleises 93 A hineinragte, musste dieses jeweils für die Zugsdurchfahrten Richtung Aarau gesperrt werden. Zu solchen kurzzeitigen Sperren war es kurz vor und nach 14.00 Uhr bereits zwei Mal gekommen. BGE 126 IV 13 S. 14 Nachdem der Bautrupp die Abladearbeiten beendet hatte, sollte der Kran um 180o gedreht werden. Zu diesem Zweck musste Beat Baumann, der den Kran begleitete, eine erneute Sperrung des betreffenden Geleises beantragen. Er setzte sich per Funk mit Albert Amrein (Name geändert), Verbindungsmann im Stellwerk Däniken, in Verbindung. Dieser gab das Ersuchen um Geleisesperrung an den neben ihm arbeitenden Betriebsdisponenten Christoph Camenzind (Name geändert) weiter, der sich seinerseits an das für die Stammlinie Olten-Aarau im Fernbetrieb zuständige Stellwerk Dulliken zu richten hatte. Die Bestätigung der von der Fernsteuerbeamtin dort vorzunehmenden Sperrung des Geleises 93 A hatte auf dem gleichen Weg bis zu Beat Baumann zurückzulaufen, welcher dem Kranführer Daniel Degen anzuzeigen hatte, dass er den Kran schwenken konnte. Bei dieser letzten Geleisesperrung kam es offensichtlich zu Missverständnissen. Als der Kran auf Geheiss von Beat Baumann das Schwenkmanöver ausführte, passierte auf dem nicht gesperrten Geleise 93 A der aus Lokomotive und zehn Wagen bestehende Schnellzug 1525 aus Olten mit einer Geschwindigkeit von 125 km/h die Arbeitsstelle. Während die Lokomotive noch unbeschadet vorbeifahren konnte, wurde der Postwagen gestreift und wurden die folgenden sieben Personenwagen auf Fensterhöhe vom Gegengewicht des Krans erfasst und aufgeschlitzt. Als der Kranführer die Kollision bemerkte, schwenkte er den Kran wieder nach rechts ein, so dass die beiden letzten Wagen unbeschädigt blieben. Durch den Vorfall wurden auf der Stelle fünf Reisende getötet, vier weitere erlagen in den folgenden Tagen ihren Verletzungen. Darüber hinaus erlitten achtzehn Zugspassagiere sowie Ernst Egger, die Hilfsperson des Kranführers, teils schwere Verletzungen. B.- Das Amtsgericht Olten-Gösgen sprach mit Urteil vom 3. Juli 1997 Albert Amrein und zwei weitere Beschuldigte von der Anklage der fahrlässigen Tötung, der fahrlässigen schweren Körperverletzung, der fahrlässigen einfachen Körperverletzung und der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs frei. Hingegen erklärte es Christoph Camenzind und Beat Baumann im Sinne der genannten Anklagepunkte schuldig und verurteilte sie zu bedingten Gefängnisstrafen. Das Obergericht des Kantons Solothurn hiess mit Urteil vom 9./10. Dezember 1998 eine hiegegen geführte Berufung der Staatsanwaltschaft gut und erklärte Albert Amrein der mehrfachen fahrlässigen Tötung, der mehrfachen fahrlässigen schweren Körperverletzung, der mehrfachen fahrlässigen einfachen Körperverletzung sowie der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs BGE 126 IV 13 S. 15 schuldig und verurteilte ihn zu sechs Wochen Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug mit einer Probezeit von zwei Jahren. Den Mitangeklagten Christoph Camenzind sprach es demgegenüber von jeglichem strafrechtlichen Vorwurf frei. Die Verurteilung von Beat Baumann erwuchs infolge Rückzugs der Berufung in Rechtskraft. C.- Gegen diesen Entscheid führt Albert Amrein unter anderem eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei, soweit es ihn betrifft, aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. a) Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 18 Abs. 3, Art. 117, Art. 125 Abs. 1 und 2 sowie Art. 238 Abs. 2 StGB geltend. Aus den einschlägigen Dienstvorschriften für die Bahnbeamten liesse sich keine Sorgfaltspflichtverletzung ableiten. Die von der Vorinstanz angeführten Reglemente schrieben nicht vor, dass er nach dem Ausbleiben der Quittung von Beat Baumann verpflichtet gewesen wäre, sich durch Nachfrage zu vergewissern, ob Beat Baumann seine Funkmeldung ("wenn dä Zug dure isch, chasch schwänke") verstanden habe. Nach der Vorschrift von Ziff. 7.6 des R 321.81 sei er lediglich dazu verpflichtet gewesen, die Quittungen von Beat Baumann auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Da eine Quittung Beat Baumanns auf seine zweite Meldung ausgeblieben sei, komme die Bestimmung von vornherein gar nicht zur Anwendung. Dasselbe gelte für die Vorschrift von Ziff. 13.9 des R 172.4. Da er sich nicht als Vorwarner habe betrachten müssen, falle er ohnehin nicht in deren Normbereich. Im Übrigen lasse sich auch aus dieser Bestimmung keine Pflicht zur Nachfrage ableiten, sehe sie doch ausdrücklich vor, dass der Vorwarner, wenn die vorgeschriebene Quittung ausbleibe, den Halt des Zuges veranlassen müsse. Ob der Zug aber noch rechtzeitig hätte gestoppt werden können, habe sich nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht nachweisen lassen. b) Die Vorinstanz gelangt zum Schluss, der Beschwerdeführer habe sich nicht an die bei sicherheitsrelevanten Meldungen geltende Sprech- und Funkdisziplin gehalten. Er habe sich insbesondere nicht vergewissert, ob seine Durchsage richtig verstanden worden sei. Die Sicherheit bei Bauarbeiten im Eisenbahnverkehr hänge weitgehend von der Einhaltung der in den einschlägigen Reglementen festgelegten Sorgfaltspflichten ab. Dies gelte insbesondere, wenn es BGE 126 IV 13 S. 16 sich wie hier um eine bloss bedingte Freigabe des Geleises handle. Der Beschwerdeführer hätte demzufolge bei Beat Baumann nachfragen müssen, ob und in welcher Weise dieser seine Anweisung verstanden habe. Gegebenenfalls hätte der Adressat auf die falsch verstandene Meldung reagieren und nötigenfalls sogar den verhängnisvollen Befehl an den Kranführer widerrufen können. Zwar geht die Vorinstanz davon aus, der Beschwerdeführer und Beat Baumann hätten sich nicht als Sicherheitswärter bzw. Vorwarner im Sinne des R 172.4 betrachten müssen. Gleichwohl wirft sie dem Beschwerdeführer vor, er habe auf das zwischen ihm und Beat Baumann entstandene Missverständnis - ungeachtet der genauen Ursachen hiefür - nicht adäquat reagiert. Als wahrscheinlichster Ablauf nimmt sie an, dass Beat Baumann die Meldung des Beschwerdeführers nicht vollständig gehört und nicht quittiert hat. Eine Abschlussmeldung des Beschwerdeführers als Kontrolle der Quittung sei nicht erfolgt. Der Beschwerdeführer sei sich seiner Pflichten und der Folgen bei deren Nichtbeachtung aufgrund seiner persönlichen Erfahrung bewusst gewesen. Trotz mangelhafter oder unvollständiger Übermittlung sei die notwendige Reaktion von seiner Seite aber ausgeblieben. Durch ein pflichtgemässes Verhalten im konkreten Fall hätte der vorhersehbare Unfall mit grösster Wahrscheinlichkeit vermieden werden können. 7. a/aa) Die Beschwerde richtet sich gegen den Schuldspruch der fahrlässigen Tötung gemäss Art. 117, der fahrlässigen Körperverletzung gemäss Art. 125 Abs. 1 und 2 sowie der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs gemäss Art. 238 Abs. 2 StGB . Dabei wendet sich der Beschwerdeführer einzig gegen den Vorwurf der Sorgfaltspflichtsverletzung. Ob die weiteren Merkmale der angeklagten Tatbestände erfüllt sind, braucht daher nicht geprüft zu werden ( BGE 124 IV 53 E. 1). bb) Fahrlässig begeht der Täter ein Verbrechen oder Vergehen, wenn die Tat darauf zurückzuführen ist, dass er die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedacht oder darauf nicht Rücksicht genommen hat ( Art. 18 Abs. 3 Satz 1 StGB ). Ein Schuldspruch wegen fahrlässiger Tötung bzw. fahrlässiger Körperverletzung etc. setzt somit voraus, dass der Täter den Erfolg durch Verletzung einer Sorgfaltspflicht verursacht hat. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise dann, wenn der Täter zum Zeitpunkt der Tat aufgrund der Umstände sowie seiner Kenntnisse und Fähigkeiten die damit bewirkte Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen und wenn er zugleich die Grenzen des BGE 126 IV 13 S. 17 erlaubten Risikos überschritten hat ( Art. 18 Abs. 3 Satz 2 StGB ; BGE 122 IV 17 E. 2b, 133 E. 2a, 145 E. 3b sowie 225 E. 2a; BGE 121 IV 10 E. 3 je mit Hinweisen). Wo besondere Normen ein bestimmtes Verhalten gebieten, bestimmt sich das Mass der dabei zu beachtenden Sorgfalt in erster Linie nach diesen Vorschriften. Fehlen solche, kann auf analoge Regeln privater oder halbprivater Vereinigungen abgestellt werden, sofern diese allgemein anerkannt sind. Das schliesst nicht aus, dass der Vorwurf der Fahrlässigkeit auch auf allgemeine Rechtsgrundsätze wie etwa den allgemeinen Gefahrensatz gestützt werden kann ( BGE 122 IV 17 E. 2b/aa mit Hinweisen). Grundvoraussetzung für das Bestehen einer Sorgfaltspflichtverletzung und mithin für die Fahrlässigkeitshaftung ist die Vorhersehbarkeit des Erfolgs. Die zum Erfolg führenden Geschehensabläufe müssen für den konkreten Täter mindestens in seinen wesentlichen Zügen voraussehbar sein (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 2. Aufl., Bern 1996, § 16 N. 16; TRECHSEL/NOLL, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, 5. Aufl. Zürich 1998, S. 269 f.). Zunächst ist daher zu fragen, ob der Täter eine Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte voraussehen bzw. erkennen können und müssen. Für die Beantwortung dieser Frage gilt der Massstab der Adäquanz. Danach muss sein Verhalten geeignet sein, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Die Adäquanz ist nur zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände, wie das Mitverschulden eines Dritten oder Material- oder Konstruktionsfehler, als Mitursachen hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbarste Ursache des Erfolges erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren - namentlich das Verhalten des Angeschuldigten - in den Hintergrund drängen ( BGE 122 II 315 E. 3c; BGE 122 IV 17 E. 2c/bb; BGE 121 IV 10 E. 3 und 286 E. 3; BGE 120 IV 300 E. 3e je mit Hinweisen). b/aa) Im zu beurteilenden Fall ragte der für die Abladung der Weichenteile benötigte Schienenkran bei seinen Schwenkmanövern jeweils ganz oder teilweise in das Lichtraumprofil des Geleises 93 A. Trotz dieses Umstands wurde jenes Geleise für die Dauer der Abladearbeiten nicht vollständig, sondern jeweils nur für die Dauer der einzelnen Schwenkmanöver des Krans für Zugsdurchfahrten gesperrt. Ausserhalb dieser Sperrzeiten blieb es für den Zugsverkehr unbeschränkt offen. Schon dies ist mit erheblichen Risiken verbunden. BGE 126 IV 13 S. 18 Hinzu kommt die Art und Weise, wie die Anfragen und Anordnungen übermittelt wurden: Befehlskette, mündlich, per Funk, über mehrere Stationen. Darin liegt eine besondere Gefahr für Übermittlungsfehler oder Missverständnisse. Ein solches Sicherheitskonzept für eine schon in der Anlage für die verkehrenden Züge ausgesprochen gefährliche Situation erscheint als problematisch und schwer nachvollziehbar. Die für die Sicherheit verantwortlichen Personen wären hier im Rahmen ihrer Sorgfaltspflichten zur Schaffung eines zweckmässigen Sicherheitsdispositivs verpflichtet gewesen, das geeignet gewesen wäre, die Gefahr eines derartigen Unfalles von vornherein auszuschliessen (vgl. BGE 122 IV 103 E. VI. 2 a/bb, S. 126; 121 IV 10 E. 3a; vgl. auch GÜNTER HEINE, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, S. 120; NIKLAUS SCHMID, Einige Aspekte der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Gesellschaftsorganen, ZStrR 105/1988 S. 175). Indes ist hier nicht zu prüfen, inwieweit sich aus der unzureichenden Sicherheitsdoktrin eine strafrechtliche Haftung der verantwortlichen Personen für den Unfall ergeben könnte. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet allein die Frage, ob dem in vorderster Linie im Einsatz stehenden Beschwerdeführer eine Verletzung der innerhalb seines Verantwortungsbereichs geltenden Sorgfaltspflicht vorzuwerfen ist, was unabhängig von der Frage der Tauglichkeit der getroffenen Sicherheitsmassnahmen geprüft werden kann (vgl. SCHUBARTH, Sicherheitsdispositiv und strafrechtliche Verantwortlichkeit im Eisenbahnverkehr, SJZ 92/1996 S. 39; ferner BGE 120 IV 300 E. 3 d/bb, S. 310). bb) Die Schweizerischen Bundesbahnen haben in Anwendung von Art. 17 Abs. 4 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (SR 742.101) eine Reihe von Vorschriften erlassen, die der Betriebssicherheit der Bahn dienen. Dazu gehören insbesondere die Reglemente über die Verwendung der Funkgeräte auf Arbeitsstellen des Baudienstes (R 321.81) sowie über die Sicherheitsmassnahmen für das Personal bei Arbeiten in und neben Gleisen (R 172.4). Die darin enthaltenen Bestimmungen bringen die im jeweiligen Arbeitsbereich zu beachtende Sorgfalt zum Ausdruck. Die Handhabung der Funkverbindungen des gesamten Personals auf Arbeitsstellen des Baudienstes wird vom R 321.81 geregelt (Ziff. 1.1), in welchem im Einzelnen auch die Übermittlungen und die Sprechdisziplin festgelegt werden. Danach ist jede Übermittlung als Quittung vom Empfänger zu wiederholen. Die Quittung ist daraufhin vom Anrufenden auf ihre Richtigkeit zu prüfen und nötigenfalls durch einen neuen BGE 126 IV 13 S. 19 Anruf zu berichtigen. Wird eine Meldung nicht einwandfrei verstanden oder bestehen Zweifel an ihrer Richtigkeit, so ist eine Wiederholung zu verlangen. Eine Meldung oder ein Befehl gelten erst dann als übermittelt, wenn sie vom Empfänger richtig quittiert sind (Ziff. 7.6). Sinn und Zweck der strengen Sprechdisziplin ist die Verhütung von Missverständnissen und Unfallgefahren (Ziff. 7.1). Im Reglement über die Sicherheitsmassnahmen für das Personal bei Arbeiten in und neben Gleisen (R 172.4) sind eingehend die Verantwortungsbereiche des Sicherheitswärters und des Vorwarners umschrieben. Das Reglement auferlegt dem Sicherheitswärter namentlich die Pflicht, den Empfang jeder vom Vorwarner erhaltenen Meldung zu quittieren, wobei die Art und Bedeutung dieser Meldungen und der Quittungen zwischen den Beteiligten im voraus festzulegen ist (Ziff. 12.11 Abs. 2). Der Vorwarner hat sich seinerseits zu vergewissern, dass der Sicherheitswärter die Meldung verstanden hat. Quittiert dieser den Empfang nicht, so hat der Vorwarner den Halt des Zuges zu veranlassen (Ziff. 13.9). cc) Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ging beim Beschwerdeführer auf seinen verhängnisvollen Anruf keine Quittung ein. Eine Prüfung derselben auf ihre Richtigkeit war ihm von daher gar nicht möglich. Wohl regelt das R 321.81 nicht ausdrücklich, wie in einem solchen Fall vorzugehen ist, und auferlegt es dem Absender nicht ausdrücklich die Pflicht, beim Empfänger nachzufragen, ob er die Meldung verstanden hat. Wenn der Beschwerdeführer aus diesem Umstand indessen ableiten will, die Vorinstanz werfe ihm zu Unrecht eine Widerhandlung gegen seine Sorgfaltspflichten vor, geht er fehl. Denn das Reglement verpflichtet den Absender zu prüfen, ob seine Meldung vom Adressaten richtig verstanden wurde. Diese Bestimmung setzt voraus, dass die Nachricht beim Empfänger überhaupt angekommen ist. Bei einer am Zweck der Bestimmung, die Betriebssicherheit zu gewährleisten, orientierten Auslegung der Bestimmung kann dies aber nur bedeuten, dass die Überprüfungspflicht des Absenders sich nicht darauf beschränkt, ob die Meldung inhaltlich richtig verstanden wurde, sondern auch die Prüfung umfasst, ob sie überhaupt beim Adressaten angekommen ist. Bleibt eine Quittung aus, kann der Anrufende somit nicht davon ausgehen, seine Durchsage sei erfolgreich übermittelt worden. Er muss sie vielmehr wiederholen oder sich jedenfalls vergewissern, ob der Empfänger diese empfangen und verstanden hat. Da der Beschwerdeführer unbestrittenermassen nicht nachgeprüft hat, ob seine Meldung bei Beat Baumann eingegangen BGE 126 IV 13 S. 20 ist, als die Quittung ausblieb, hat er somit seine Sorgfaltspflicht verletzt. Dass der Beschwerdeführer gemäss Sicherheitsdispositiv der Baustellenleitung nicht als Vorwarner vorgesehen war, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn er hat diese Aufgabe zusätzlich zu seiner Funktion als Verbindungsmann faktisch wahrgenommen, was von den verantwortlichen Vorgesetzten geduldet wurde. Damit hatte er aber auch die für den Vorwarner geltenden Sicherheitsvorschriften zu beachten. Der Schuldspruch der mehrfachen fahrlässigen Tötung, der mehrfachen fahrlässigen einfachen und schweren Körperverletzung sowie der fahrlässigen Störung des Eisenbahnverkehrs verletzt daher kein Bundesrecht. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
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879e6265-9213-43c1-8515-a92b1b5c8d5f
Urteilskopf 115 IV 241 53. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 9 mai 1989 dans la cause B. c. Ministère public du canton de Fribourg (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 32 Abs. 1 SVG und Art. 117 StGB . Nicht angepasste Geschwindigkeit und fahrlässige Tötung. - Den Automobilisten, der auf einer vereisten Strasse wegen seiner Geschwindigkeit ins Schleudern gerät und aufgrund der Umstände mit der Vereisung hätte rechnen müssen, trifft ein Verschulden (E. 2). - Natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 241 BGE 115 IV 241 S. 241 A.- Le 18 février 1987, vers 17 heures, sur une autoroute, le chauffeur d'un camion tirant une remorque a remarqué qu'une collision s'était produite devant lui entre un fourgon et une voiture, BGE 115 IV 241 S. 242 dans un tunnel. Il a freiné. Son camion a dérapé et s'est immobilisé perpendiculairement à la route, obstruant les deux voies; sa remorque est demeurée sur la voie de droite, formant un angle droit avec ce camion. B., qui suivait sur la voie de droite, a freiné et son poids lourd a glissé: il allait heurter la remorque du premier train routier lorsqu'une jeep, tractant aussi une remorque, l'a dépassé puis a été prise en étau entre les deux trains routiers. Sous le choc, la jeep a pris feu, ses deux occupants ont été carbonisés. Pour ne pas heurter la remorque du camion de B., le conducteur de la jeep avait tenté de trouver un passage entre ce train routier et une voiture qui allait s'immobiliser sur la voie de gauche; mais la jeep avait dévié vers la droite à la suite d'une collision de sa remorque vide avec cette voiture. B.- Le Tribunal correctionnel de la Gruyère a reconnu B. coupable d'homicide par négligence et d'infraction à l' art. 32 al. 1 LCR . Il l'a condamné à une peine d'un mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans, ainsi qu'à 800 francs d'amende. La Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal fribourgeois a rejeté, dans la mesure où il était recevable, un recours en cassation déposé par B. contre le jugement de la première instance. C.- B. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Erwägungen Extrait des considérants: 2. b) En se référant au jugement de la première instance, la cour cantonale a notamment admis qu'avant le tunnel la route était mouillée et recouverte de légers résidus de neige, qu'on était en plein hiver, en fin de journée, dans une microrégion où l'on enregistre des différences de températures, qu'il faisait froid et que la température était tombée de 0 à moins 4 degrés centigrades. Elle a considéré en substance que dans de telles circonstances la présence de verglas dans un tunnel, malgré le salage, n'était pas imprévisible et que la vitesse du recourant, au volant d'un train routier, située entre 80 et 90 km/h, n'était pas adaptée, au sens des art. 32 al. 1 LCR et 4 al. 2 OCR. D'ailleurs, la conductrice d'une voiture avait pu s'arrêter sans encombre et un autre camionneur, qui avait été dépassé par l'accusé peu avant l'accident, a déclaré avoir été surpris par sa vitesse. c) Ces motifs ne violent pas le droit fédéral. D'après la jurisprudence relative au verglas dans le trafic routier, il appartient BGE 115 IV 241 S. 243 au conducteur de tenir compte des changements de l'état de la chaussée et d'y adapter sa manière de rouler ( ATF 102 II 345 consid. b). Sur les routes mouillées, lorsque la température est proche de 0o, le conducteur doit envisager la formation de verglas. Même si l'on ne peut chiffrer d'une façon absolue la vitesse adaptée à une chaussée recouverte de glace, il appartient au conducteur de prendre toutes les précautions afin d'éviter qu'il ne dérape (ATF ATF 101 IV 222 ). L'automobiliste qui dérape sur une route verglacée, alors que les circonstances auraient dû l'engager à envisager cette éventualité, commet une faute même s'il ne s'est pas rendu compte de ce risque (voir ATF 82 IV 110 ). De telles circonstances existaient, on l'a vu, dans le cas du recourant. Tractant une remorque, ce qui accentue les risques de dérapage, il aurait dû faire preuve d'une prudence particulière comme l'exige l' art. 4 al. 2 OCR . Le fait allégué que d'autres conducteurs en infraction n'aient pas été dénoncés ne démontre pas que le recourant n'a pas commis de faute. Par ailleurs, il compare sa situation à celle d'automobilistes dont les voitures légères étaient dépourvues de remorques. Ces comparaisons ne lui sont d'aucun secours. 3. Contrairement aux allégations de l'accusé, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en admettant l'existence d'un lien de causalité naturelle et adéquate entre son comportement fautif et la mort des passagers de la jeep, prise en étau entre son camion et la remorque de celui qui obstruait l'autoroute. La causalité naturelle ressortit aux faits et ne peut être examinée en principe dans le cadre d'un pourvoi en nullité ( ATF 103 IV 291 ). On ne saurait d'ailleurs nier ici que si l'auteur avait fait preuve de la prudence que l'on pouvait attendre de lui le résultat eût été très vraisemblablement évité. Cela suffit pour admettre un lien de causalité naturelle en matière d'infractions commises par négligence ( ATF 105 IV 19 et jurisprudence citée, voir ATF 111 IV 18 , ATF 109 IV 99 , ATF 106 IV 352 ). La causalité est adéquate lorsque le comportement illicite est propre, dans le cours ordinaire des choses et selon l'expérience générale de la vie, à produire ou à favoriser l'avènement du résultat considéré ( ATF 101 IV 70 consid. 2b et jurisprudence citée). Ce comportement illicite n'est donc pas nécessairement la cause unique et immédiate de ce résultat. En l'espèce, il est clair que la vitesse inadaptée du recourant était propre à l'empêcher de s'immobiliser avant de heurter l'obstacle BGE 115 IV 241 S. 244 qui se trouvait devant lui. Le lien de causalité adéquate existe. L'arrivée de la jeep, dont la maîtrise avait été perdue en raison du verglas, n'est pas extraordinaire au point d'interrompre ce lien ( ATF 103 IV 291 ). Il n'est par ailleurs pas constaté, malgré les affirmations du recourant, que la jeep ait surgi à la vitesse d'une fusée. Quant à la règle fondamentale de l' art. 26 al. 2 LCR (prudence accrue s'il apparaît qu'un usager va se comporter d'une manière incorrecte), elle ne permet pas de considérer la vitesse de l'accusé comme adaptée aux circonstances de la route.
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879eaf22-1ccb-4ca9-8c6c-d715ec2a469c
Urteilskopf 101 IV 98 27. Arrêt de la Cour de cassation du 25 avril 1975 dans la cause T contre Procureur général du canton de Genève.
Regeste Art. 226m Abs. 1 OR : Ein Miet-Kauf-Vertrag, von dem der Käufer vor Bezahlung eines Fünftels des Kaufpreises nicht zurücktreten kann, ist einem Kauf auf Abzahlung gleichzustellen (Erw. 2). Art. 5 Abs. 1 der (jetzt aufgehobenen) bundesrätlichen Verordnung vom 10. Januar 1973 über die Kleinkredit- und Abzahlungsgeschäfte; Art. 226m Abs. 4 OR : Ein nach zwei Monaten kündbarer Vertrag, der aber normalerweise höchstens 11 Monate dauern soll, kann ohne vorherige gegenteilige Abmachung nicht als ein Vertrag angesehen werden, der weniger als sechs Monate dauern soll (Erw. 4a). Art. 226m Abs. 4 OR : Nach dieser Bestimmung unterstehen Verträge mit einer Dauer von höchstens sechs Monaten und einem Gesamtkaufpreis von höchstens 200 Franken einer Sonderregelung. Diese Bedingungen sind kumulativ und nicht alternativ, wie dem französischen Text entnommen werden könnte (Erw. 4c).
Sachverhalt ab Seite 99 BGE 101 IV 98 S. 99 A.- Le 2 février 1973, la Société T. a conclu dans son local de vente de Genève, avec un client, un contrat intitulé "contrat de location I" et portant sur une "chaîne stéréo" neuve d'une valeur de 1'650 fr. Le loyer mensuel a été fixé à 165 fr. Au verso de l'acte, sous la rubrique "conditions de location" figuraient un art. 3, aux termes duquel le bail commençait à la signature du contrat pour une "durée minimale de location de deux mois", ainsi qu'un art. 6 selon lequel une résiliation pouvait intervenir "au plus tôt après le temps de la location minimum". A ces dispositions générales en a été ajoutée une manuscrite, à la demande du client, selon laquelle "après 11 versements de 165 fr. ... l'appareil reste propriété du client". B.- Le 17 août 1974, le Département fédéral des finances et des douanes, estimant que ce contrat constituait une infraction aux art. 10 et 11 de l'AF du 20 décembre 1972 instituant des mesures dans le domaine du crédit et à l'art. 6 de l'OCF du 10 janvier 1973 concernant les opérations de crédits personnels et de ventes par acomptes, a condamné la Société T. à 2'000 fr. d'amende. La condamnée ayant demandé à être jugée BGE 101 IV 98 S. 100 par un tribunal, conformément à l'art. 324 al. 2 PPF, le Département fédéral a saisi le Tribunal de police de Genève, Celui-ci a prononcé une condamnation identique à celle qui avait été frappée d'opposition. La Cour de justice, statuant sur l'appel de la condamnée, a libéré celle-ci le 30 janvier 1975. C.- Le Ministère public fédéral se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral; il conclut à la condamnation de la Société T. L'intimée propose le rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le contrat en cause n'est pas un contrat de location simple, mais un contrat mixte de location-vente, en ce sens que l'intimée s'y engage à remettre à son cocontractant l'usage d'un objet moyennant le versement d'un loyer puis, après un certain temps, à lui en transférer la propriété, soit que la somme des loyers ait atteint le montant du prix, soit qu'il ait exercé un droit d'achat qui lui est conféré (cf. RO 86 IV 162; SCHÖNENBERGER/JÄGGI/SCHMID, no 17 des notes préliminaires ad art. 253-274 CO). Ce caractère de location-vente ressort nettement des conditions générales du contrat et plus particulièrement de l'adjonction manuscrite déjà mentionnée qui y a été apportée par un employé de l'intimée. 2. Que le contrat en cause soit une location-vente n'emporte cependant pas qu'il est soumis aux prescriptions de l'ordonnance du 10 janvier 1973. Pour cela, il faut encore qu'il ait poursuivi le même but économique qu'une vente par acomptes. La Cour de justice a reconnu à juste titre que tel est bien le cas, puisque le transfert de propriété apparaît comme le résultat cherché par les deux parties, la mise à disposition ne constituant que l'accessoire (cf. GIGER, Systematische Darstellung des Abzahlungsrechts, p. 135). En effet, celui qui accepte de payer un loyer mensuel représentant le 10% de l'objet loué, et qui s'interdit de résilier le bail avant d'avoir payé au moins deux termes, soit 1/5 de la valeur de cet objet, renonce pratiquement à se dédire du contrat, sauf circonstances exceptionnelles, en raison de la perte qui en résulterait pour lui. Cette obligation de fait qui ne peut être méconnue (cf. STOFER, Kommentar zum Schweiz. BG über den Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag, 2e éd., p. 143), le Tribunal BGE 101 IV 98 S. 101 fédéral a estimé qu'elle existait en tout cas lorsque le droit de résiliation ne prend naissance qu'une fois payé le tiers de la valeur de la marchandise (RO 95 IV 106), mais il n'a pas examiné l'hypothèse où cette limite ne serait pas atteinte. Certains auteurs estiment avec de bonnes raisons que l'acheteur est lié de facto aussitôt qu'il est tenu de payer 1/6 du prix de vente avant de pouvoir sortir du contrat (STOFER, op.cit., p. 144). En l'occurrence, sans arrêter de limite définitive, il convient d'assimiler le contrat litigieux à une vente par acomptes, en raison des obligations imposées au client de l'intimée. 3. Dès lors que le contrat de location-vente en cause poursuit le même but économique qu'une vente par acomptes, il tombe sous le coup de l'art. 6 de l'OCF du 10 janvier 1973, sous l'empire de laquelle il a été conclu, aussi bien que de la disposition modifiée le 16 janvier 1974 applicable comme lex mitior selon l'autorité cantonale. En effet, dans les deux hypothèses, le montant du premier versement était insuffisant (10% au lieu de 40%, respectivement 35% du prix total). Il n'est dès lors pas nécessaire de décider laquelle des deux dispositions trouvait application en l'occurrence. 4. L'autorité cantonale a libéré l'intimée pour le motif - saugrenu - que le contrat litigieux aurait été conclu pour une durée de deux mois, alors qu'aux termes de l'art. 5 al. 1 de l'ordonnance - abrogé le 16 janvier 1974 - et de l'art. 226m al. 4 CO, les contrats d'une durée inférieure à six mois échapperaient à la réglementation figurant à l'art. 6 de l'ordonnance. a) Il ressort clairement des art. 3 et 6 des dispositions générales du contrat litigieux que celui-ci n'est pas conclu pour deux mois au plus mais pour cette durée au moins, puisque c'est seulement à partir de ce moment que l'accord peut être résilié. Par ailleurs, le contrat est destiné à poursuivre ses effets aussi longtemps qu'une résiliation n'est pas intervenue ou que la propriété de l'objet loué-vendu n'a pas été transférée au locataire-acheteur, soit durant onze mois au plus, selon l'adjonction manuscrite déjà mentionnée. Enfin, si l'on veut mettre l'accent sur la possibilité de résilier le contrat après deux mois, on doit admettre qu'à partir de ce moment et jusqu'à l'échéance des 11 mois prévus le terme du contrat est dies incertus an et incertus quando. Le contrat doit dès lors être BGE 101 IV 98 S. 102 considéré comme conclu pour une durée indéterminée ou supérieure à six mois (onze mois). En effet, faute d'un accord préalable sur ce point, rien ne permet de tenir pour constant que la résiliation de l'accord ou l'achat de l'objet serait intervenu avant six mois (cf. GAUCH, System der Beendigung von Dauerverträgen, p. 17, 20/21, 23 et 24). b) Au surplus, les dispositions sur lesquelles l'autorité cantonale s'est fondée (art. 5 al. 1 de l'OCF du 10 janvier 1973 et art. 6 de l'ordonnance dans sa teneur de 1974) ne prévoient d'exceptions qu'à l'égard des contrats de location ou de leasing d'une durée déterminée inférieure à 6 mois, non à celui des autres contrats soumis aux règles de la vente par acomptes en vertu de l'art. 226m al. 1 CO, tel que celui de location-vente, mentionné expressément. c) Aux termes de l'art. 226m al. 4 CO, un régime exceptionnel est prévu pour les contrats dont le prix de vente global ne dépasse pas 200 fr., ni la durée six mois. Cette formulation négative, adoptée dans la version française, peut donner à penser que les deux conditions sont alternatives. Il ressort cependant sans équivoque des textes allemand et italien qu'elles sont cumulatives conformément au sens de la loi (STOFER, op.cit., p. 170). L'intimée ne soutenant pas avoir été induite en erreur par la version française de l'art. 226m al. 4 CO, le pourvoi doit être admis sans qu'il y ait à examiner quelle serait la portée d'un tel errement, au cas où il serait considéré comme excusable. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours.
null
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1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
87a14664-e249-480c-a2a1-0f26938fff74
Urteilskopf 109 II 13 4. Estratto della sentenza della II Corte civile del 10 febbraio 1983 nella causa Botta & Pidò c. Fornera (ricorso per riforma)
Regeste Vorrecht der Bauhandwerkerpfandrechte ( Art. 841 Abs. 1 ZGB ). Die Bösgläubigkeit des Erwerbers eines die Stellung der Bauhandwerker beeinträchtigenden Schuldbriefes beurteilt sich nach den Grundsätzen von Art. 3 Abs. 2 ZGB in Verbindung mit den Art. 865 und 866 ZGB .
Erwägungen ab Seite 14 BGE 109 II 13 S. 14 Dai considerandi: b) Il convenuto è in malafede quando, all'atto di acquisire una cartella ipotecaria, sa o dovrebbe sapere che il diritto di pegno torna di pregiudizio ad artigiani e imprenditori ( DTF 100 II 316 consid. 2; ZOBL, Das Bauhandwerkpfandrecht de lege lata und de lege ferenda, in: RDS 101/1982 II pag. 1 segg., in particolare pag. 178; LEEMANN in: Berner Kommentar, nota 48 ad art. 841 CC ; CHARLES HAEFLIGER, Le rang et le privilège de l'hypothèque légale des artisans et entrepreneurs, tesi, Losanna 1957, pag. 42 segg. e 61 segg.). Secondo PAUL PIOTET (Le privilège de l'entrepreneur et l'acquisition par des titres de gage aux dépens de son hypothèque légale, in: RNRF 53/1972 pag. 141 segg., segnatamente pag. 150) l'imprenditore non può pretendere un indennizzo dal cessionario di una cartella ipotecaria che gli è pregiudizievole, se non nella misura in cui il cessionario abbia acquistato la cartella nell'intento di privare l'imprenditore del suo privilegio, per impedirgli di prelevare sulla quota del ricavo assegnata alla cartella ipotecaria l'indennità prevista dall' art. 841 cpv. 1 CC . PAUL HOFMANN (Die gesetzlichen Grundpfandrechte des Art. 837 ZGB, insbesondere das Bauhandwerkpfandrecht, tesi, Zurigo 1940, pag. 91) non impone all'acquirente del diritto di pegno immobiliare alcun dovere di diligenza; a suo parere soltanto la conoscenza positiva del fatto che la costituzione del titolo torni di pregiudizio ad artigiani e imprenditori al beneficio di ipoteche legali posteriori permette di agire contro il terzo nella sua veste di acquirente. Entrambi gli autori appaiono troppo restrittivi e non sembrano considerare a sufficienza la regola generale dell' art. 3 cpv. 2 CC , né le particolarità dell'azione basata sull' art. 841 CC , intesa a riservare alle garanzie degli artigiani e imprenditori il maggior valore dipendente dalla loro attività e dai loro apporti ( DTF 100 II 317 , DTF 82 II 22 ). L'apprezzamento della buona fede invocata dal BGE 109 II 13 S. 15 convenuto deve fondarsi invece sull'art. 3 cpv. 2 in relazione con gli art. 865 e 866 CC (ZOBL, op.cit., pag. 172; LEEMANN, op.cit., nota 48 ad art. 841 CC ; HAEFLIGER, op.cit., pag. 42 segg.; FRED-E. SIMOND, L'hypothèque légale de l'entrepreneur en droit suisse, tesi, Losanna 1924, pag. 205 segg.; cfr. anche DTF 43 II 606 ).
public_law
nan
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1,983
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CH
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87aba99e-ac5c-49c2-9d38-08832f0c163e
Urteilskopf 118 Ia 427 59. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 26. November 1992 i.S. C., B. und Ehepaar R. mit Kindern gegen Kanton Freiburg (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Abstrakte Normenkontrolle. Kantonales Schulzahnpflegegesetz, das eine zahnmedizinische Zwangsbehandlung vorsieht. Persönliche Freiheit, Art. 8 EMRK sowie Art. 2 ÜbBest. BV. 1. Virtuelle Betroffenheit als Voraussetzung zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde gegen einen kantonalen Erlass (E. 2). 2. Kognition des Bundesgerichts bei der abstrakten Normenkontrolle (E. 3b). 3. Wieweit schützen das ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit und das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK vor zahnmedizinischen Zwangsbehandlungen? Schutzbereich (E. 4) und Eingriffsvoraussetzungen (E. 5), insb. Erforderlichkeit des überwiegenden öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit (E. 6 und E. 7). 4. Zulässigkeit weiterer Bestimmungen, die mit der Behandlungspflicht in Zusammenhang stehen (E. 8). 5. Vereinbarkeit der Regelung mit dem Bundesrecht (E. 9).
Sachverhalt ab Seite 428 BGE 118 Ia 427 S. 428 A.- Am 27. September 1990 erliess der Grosse Rat des Kantons Freiburg ein neues Gesetz über die Schulzahnpflege und -prophylaxe (im folgenden: Schulzahnpflegegesetz, SG). Nachdem dagegen das BGE 118 Ia 427 S. 429 Referendum ergriffen worden war, ergab sich in der kantonalen Volksabstimmung vom 2. Juni 1991 eine klare Mehrheit für die Annahme des Gesetzes. In der Folge ergingen gegen den Erwahrungsbeschluss des Staatsrates des Kantons Freiburg vom 4. Juni 1991 zwei Beschwerden an den Grossen Rat sowie eine staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht wegen Verletzung des Stimmrechts. Mit Beschluss vom 27. September 1991 wies der Grosse Rat des Kantons Freiburg die beiden an ihn gerichteten Beschwerden ab, soweit er darauf eintrat. Am 7. Januar 1992 trat das Bundesgericht auf die Stimmrechtsbeschwerde nicht ein. Das Schulzahnpflegegesetz bezweckt die Förderung der Mund- und Zahnhygiene und die Bekämpfung der Karies sowie von parodontalen Schäden und von Missbildungen der Zähne (Art. 1 SG). Es hat zum Gegenstand die Prophylaxe, die jährlichen Kontrollen und die Zahnpflege zugunsten der schulpflichtigen Kinder und der Kinder der Kindergärten (Art. 2 SG). Die Organisation der Schulzahnpflege obliegt grundsätzlich den Gemeinden (Art. 3 SG). Der Kanton stellt einen Schulzahnpflegedienst (Dienst) zur Verfügung, der von den Gemeinden beansprucht werden kann (Art. 4 SG). Gleichzeitig bezeichnet der Staatsrat einen Vertrauenszahnarzt, der insbesondere die Schulzahnärzte medizinisch beaufsichtigt (Art. 5 lit. d SG). Zahnkontrolle und -behandlung sind im Schulzahnpflegesetz wie folgt geregelt: " Art. 6 1 Der Schulzahnarzt untersucht Gebiss und Zahnfleisch der Kinder mindestens einmal im Jahr. 2 Er informiert die Kinder und ihre Eltern über die notwendigen Zahnbehandlungen. 3 Die Zahnkontrolle ist obligatorisch. 4 Legt ein Kind ein Zeugnis vor, das höchstens drei Monate alt ist und bestätigt, dass das Kind die erforderliche Zahnpflege erhielt, so ist es von der Zahnkontrolle durch den Schulzahnarzt befreit. Art. 7 1 Die Eltern müssen die zahnerhaltenden Behandlungen, die der Schulzahnarzt für nötig erachtet, ausführen lassen; sie wenden sich dafür entweder an den Schulzahnarzt oder an einen Zahnarzt ihrer eigenen Wahl. Die orthodontischen Behandlungen sind freiwillig. 2 Der Schulzahnarzt meldet dem Dienst die nicht ausgeführten Behandlungen. Der Dienst beschliesst die notwendigen Massnahmen. BGE 118 Ia 427 S. 430 Art. 11 Wer seine Pflichten nach Artikel 6 und 7 vorsätzlich oder fahrlässig nicht erfüllt, wird vom Oberamtmann mit einer Busse von 20-1'000 Franken bestraft." Art. 12 SG sieht ferner gegen sämtliche Entscheide eine Einsprachemöglichkeit der Eltern an den Vertrauenszahnarzt und gegen dessen Entscheid die Beschwerde an die kantonale Gesundheits- und Sozialfürsorgedirektion vor. Schliesslich enthält das Gesetz die finanzielle Regelung der Schulzahnpflege. Unter anderem können die Gemeinden bestimmen, dass die Eltern die Behandlungskosten ganz oder teilweise tragen müssen (Art. 9 Abs. 3 SG); anderseits sind die Gemeinden verpflichtet, denjenigen Eltern, die auf ihrem Gebiete wohnhaft sind und in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen leben, einen finanziellen Beitrag an die Behandlungskosten zu gewähren (Art. 10 SG). C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 5. Juli 1991 beantragen C., B. sowie die Ehegatten R. mit ihren Kindern die Aufhebung des in Art. 6 Abs. 4 SG enthaltenen Zeugniszwanges und der Art. 7 und 11 SG. Zur Begründung berufen sie sich auf ihre persönliche Freiheit, Art. 8 EMRK sowie auf Art. 2 ÜbBest. BV. In seiner Vernehmlassung vom 4. November 1991 schliesst der Staatsrat des Kantons Freiburg auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. In Replik vom 6. Dezember 1991 und Duplik vom 19. Dezember 1991 halten die Beschwerdeführer sowie der Staatsrat des Kantons Freiburg im wesentlichen an ihren Standpunkten fest. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. a) Nach Art. 88 OG steht die Legitimation zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde den Bürgern bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Zur Anfechtung eines allgemeinverbindlichen Erlasses wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ( Art. 84 Abs. 1 lit. a OG ) im besonderen ist nur legitimiert, wer durch den Erlass unmittelbar oder zumindest virtuell in seiner rechtlich geschützten Stellung betroffen ist ( BGE 114 Ia 223 E. 1b mit Hinweis); die Popularbeschwerde ist ausgeschlossen. Es genügt somit nicht, dass der Beschwerdeführer BGE 118 Ia 427 S. 431 vom Erlass in bloss faktischen Interessen berührt ist oder Beschwerde zur Wahrung von rein öffentlichen, allgemeinen Interessen erhebt. Vielmehr muss wenigstens eine minimale Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass er durch den angefochtenen Erlass früher oder später einmal in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen werden könnte ( BGE 114 Ia 223 E. 1b und 399 f. E. b; 112 Ia 32 E. 2a). In der Regel trifft dies zu, wenn der Beschwerdeführer der Territorialhoheit des Kantons untersteht, dessen Erlass er anficht, das heisst wenn er im Kanton selbst wohnt. Eine Ausnahme gilt bei Regelungen, die auch Nichtkantonseinwohner erfassen können; dies ist zum Beispiel der Fall, wenn nicht im Kanton wohnhafte Personen in der Ausübung einer Aktivität oder durch Belastungen von Vermögen beziehungsweise Beschränkungen von Vermögensnutzungen im Kantonsgebiet betroffen werden (vgl. BGE 102 Ia 205 /6 E. 3 mit zahlreichen Hinweisen auf die Praxis). Ein Erlass kann somit nur dann von Personen, die ausserhalb des Kantons wohnen, angefochten werden, wenn er nach Art der geregelten Materie ohne weiteres auch für sie Rechtswirkungen zu entfalten vermag. Trifft dies nicht zu und fällt der Beschwerdeführer bloss unter der Annahme, dass er künftig vielleicht einmal seinen Wohnsitz in den betreffenden Kanton verlegen könnte, als virtueller Normadressat in Betracht, so ist das erforderliche praktische Interesse an der Beschwerdeführung - wie gering die Anforderungen in bezug auf die Anfechtung allgemeinverbindlicher Erlasse auch sein mögen - in der Regel nicht gegeben. Notwendig wäre zumindest, dass eine baldige Wohnsitznahme im Kanton glaubhaft dargetan ist ( BGE 102 Ia 206 ). Sollte der Beschwerdeführer in einem späteren Zeitpunkt tatsächlich noch in die Lage geraten, dass der Erlass auf ihn angewendet würde, stünde im übrigen immer noch die Möglichkeit der vorfrageweisen Anfechtung der Vorschrift im konkreten Anwendungsfall offen. b) Die Beschwerdeführer C. und B. sind als Studenten an der Universität Freiburg nur als Wochenaufenthalter im Kanton Freiburg angemeldet. Der Beschwerdeführer C. hat seinen Wohnsitz in Gränichen/AG, der Beschwerdeführer B. in Erlenbach/ZH. Der angefochtene Erlass wird auf diese beiden Beschwerdeführer, solange sie im Kanton Freiburg reine Wochenaufenthalter bleiben beziehungsweise keine Kinder mit Wohnsitz im Kanton Freiburg haben, keine Anwendung finden. BGE 118 Ia 427 S. 432 Die Beschwerdeführer C. und B. machen geltend, es sei nicht auszuschliessen, dass sie einmal im Kanton Freiburg Wohnsitz nehmen und eine Familie gründen würden; es bestehe daher die Möglichkeit, dass die als verfassungswidrig erachteten Vorschriften künftig einmal auf ihre Kinder angewendet würden. Die bloss vage Möglichkeit einer Wohnsitzverlegung in den Kanton Freiburg für sich allein genügt für die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde jedoch nicht. Dass anderseits eine Niederlassung im Kanton Freiburg konkret bevorstehe und sich daraus eine minimale Wahrscheinlichkeit für die Anwendbarkeit der angefochtenen Bestimmungen ergebe, wird weder behauptet noch dargetan. Die Beschwerdeführer C. und B. sind somit zur Anfechtung des freiburgischen Schulzahnpflegegesetzes nicht legitimiert, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann. c) Hingegen wird das Schulzahnpflegegesetz wahrscheinlich dereinst einmal auf die Familie R. Anwendung finden, wohnt doch die Familie in einer freiburgischen Gemeinde, wo die beiden Kinder auch die Primarschule besuchen. Soweit sie in ihren Grundrechten betroffen sind, ist daher die Legitimation des Ehepaars R. und ihrer Kinder gegeben. 3. a) Die Beschwerdeführer rügen, die Regelung von Art. 7 Abs. 1 SG, wonach Zahnbehandlungen obligatorisch seien und damit ohne Einwilligung des Patienten oder seines gesetzlichen Vertreters vorgenommen werden könnten, verstosse gegen ihre persönliche Freiheit. Dasselbe gelte für den in Art. 7 Abs. 2 SG eingeführten Meldezwang des Schulzahnarztes über nicht ausgeführte Zahnbehandlungen. Schliesslich gehe die in Art. 11 SG vorgesehene Bussenandrohung bei Widerhandlung gegen die Pflichten gemäss Art. 6 und 7 SG zu weit. Die Beschwerdeführer rufen weiter Art. 8 EMRK an. Sie machen geltend, das Obligatorium zahnerhaltender Behandlungen in Art. 7 Abs. 1 SG sowie die Verpflichtung nach Art. 6 Abs. 4 SG, den Behörden ein zahnärztliches Zeugnis vorlegen zu müssen, um von der obligatorischen Zahnkontrolle befreit zu werden, verstiessen gegen die Elternrechte, wie sie von der Menschenrechtskonvention geschützt würden. Im ersten Fall würden die Eltern in jeglicher Weise an der Ausübung ihrer Rechte gehindert; im zweiten Fall müsse eine schriftliche Erklärung der Eltern genügen. Schliesslich bringen die Beschwerdeführer vor, Art. 7 und 11 SG verstiessen gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts gemäss Art. 2 ÜbBest. BV, weil die Gesetzgebung im BGE 118 Ia 427 S. 433 Bereich des Zivilrechts dem Bund vorbehalten sei ( Art. 64 BV ) und das eidgenössische Kindsrecht dazu eine abschliessende Regelung enthalte. Ausserdem dürfe nach Art. 69 BV allein der Bund Massnahmen zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten ergreifen, was er mit der Epidemiengesetzgebung getan habe. Weder sei darin von Zahnbeschwerden die Rede, noch gehörten Zahnerkrankungen zu den von Bundes wegen meldepflichtigen Krankheiten. b) Das Bundesgericht überprüft die Verfassungsmässigkeit eines allgemeinverbindlichen Erlasses im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle mit freier Kognition. Nach der Praxis ist dabei massgebend, ob der betreffenden Norm nach anerkannten Auslegungsregeln ein Sinn zugemessen werden kann, der sie mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Gleich verhält es sich, wenn mit der Beschwerde Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention angerufen werden (in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlichte E. 2 von BGE 115 Ia 234 , publiziert in: ZBl 91/1990, S. 64, sowie in: EuGRZ 1989, S. 372). Das Bundesgericht hebt demnach eine kantonale Norm nur auf, sofern sie sich einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung entzieht, nicht jedoch, wenn sie einer solchen in vertretbarer Weise zugänglich ist ( BGE 116 Ia 380 E. c; BGE 114 Ia 354 E. 2; BGE 113 Ia 131 und 261 E. b; BGE 111 Ia 25 ; BGE 109 Ia 277 und 301, mit Hinweisen). Für die Beurteilung dieser Frage ist die Tragweite des Grundrechtseingriffs sowie die Möglichkeit von Bedeutung, bei einer späteren konkreten Normenkontrolle einen hinreichenden verfassungsrechtlichen Schutz zu erhalten. Weiter ist zu beachten, unter welchen Umständen die betreffenden Bestimmung zur Anwendung gelangen wird. Der Verfassungsrichter hat daher die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung nicht nur abstrakt zu untersuchen, sondern auch die Wahrscheinlichkeit verfassungstreuer Anwendung miteinzubeziehen ( BGE 113 Ia 131 ; BGE 111 Ia 25 mit Hinweisen). Dabei dürfen auch die Erklärungen der kantonalen Behörden über die beabsichtigte künftige Anwendung der Vorschrift berücksichtigt werden ( BGE 107 Ia 313 und 317). 4. a) Bei der Berufung auf ihre persönliche Freiheit stützen sich die Beschwerdeführer nicht nur auf das entsprechende ungeschriebene verfassungsmässige Recht, sondern auch auf Art. 3 der Verfassung des Kantons Freiburg. Da sie aber nicht darlegen, inwiefern ihnen diese Bestimmung einen weitergehenden Schutz darbietet, braucht darauf nicht näher eingegangen zu werden (vgl. BGE 115 Ia BGE 118 Ia 427 S. 434 246 E. 5a mit Hinweis sowie Art. 90 Abs. 1 lit. b OG und dazu bestehende Rechtsprechung, insbesondere BGE 110 Ia 3 ). b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützt das ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit nebst der Bewegungsfreiheit und der körperlichen und geistigen Integrität alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen. Indessen rechtfertigt nicht jeder beliebige Eingriff in den persönlichen Bereich des Bürgers die Berufung auf die persönliche Freiheit; insbesondere hat dieses Grundrecht nicht die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen kann ( BGE 117 Ia 30 E. 5a; BGE 115 Ia 246 E. 5a mit Hinweisen). Zum Schutzbereich der persönlichen Freiheit gehört namentlich das Recht auf physische und psychische Integrität. Ein Eingriff in dieses Recht setzt nicht eine eigentliche Schädigung oder die Verursachung von Schmerzen voraus (ZBl 92/1991, S. 26 f. E. 2 betreffend Trinkwasserfluoridierung; BGE 104 Ia 486 E. 4a betreffend obligatorische Röntgenuntersuchung im Hinblick auf die Bekämpfung der Tuberkulose; BGE 99 Ia 749 betreffend obligatorische Schutzimpfung gegen Diphtherie). Auch wenn medizinische Behandlungen gerade die Wiederherstellung der physischen und psychischen Unversehrtheit bezwecken, liegt im Therapieakt selbst ein Eingriff in die persönliche Freiheit des Patienten (vgl. BGE 114 Ia 357 E. 5; BGE 99 Ia 749 E. 2). Dasselbe gilt auch für zahnmedizinische Behandlungen. Nicht zu beurteilen ist im vorliegenden Fall, ob bereits eine zahnärztliche Untersuchungshandlung einen Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt - das Bundesgericht hat dies immerhin im vergleichbaren Fall der obligatorischen Tuberkuloseuntersuchung bejaht ( BGE 104 Ia 486 E. 4a) -, fechten doch die Beschwerdeführer die Kontrollpflicht als solche (vgl. Art. 6 Abs. 3 SG) nicht an. Dem Schutz der persönlichen Freiheit unterliegt ferner das Recht der Patienten, über einen medizinischen Eingriff umfassend aufgeklärt zu werden und selber frei darüber entscheiden zu können, ob sie sich einer Behandlung unterziehen wollen oder nicht. Über dieses Recht verfügen auch handlungsunfähige Patienten, sofern sie in bezug auf die vorzunehmenden Handlungen urteilsfähig sind ( BGE 114 Ia 358 ff.). Fehlt es an der Urteilsfähigkeit oder ist diese reduziert, sind die Rechte des Betroffenen durch seinen gesetzlichen Vertreter, dem eine entsprechende Fürsorgepflicht obliegt, wahrzunehmen. BGE 118 Ia 427 S. 435 Dabei ist allerdings nur die persönliche Freiheit des Patienten und nicht auch diejenige des gesetzlichen Vertreters angesprochen. Hingegen fragt sich, ob sich namentlich die Eltern allenfalls auf Art. 8 EMRK berufen können, wie die Beschwerdeführer geltend machen. c) Gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Die Beschwerdeführer berufen sich nur am Rande auf den Schutzbereich der Achtung des Privatlebens. Aus der Sicht der Patienten, das heisst im vorliegenden Fall der Kinder, erschiene eine weitergehende Berufung auf das Privatleben nicht von vorneherein als unzulässig (vgl. LUZIUS WILDHABER/STEPHAN BREITENMOSER, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Rz. 64 zu Art. 8 EMRK ). Im vorliegenden Zusammenhang kann dies jedoch offenbleiben. Die Beschwerdeführer konzentrieren sich nämlich auf den Gesichtswinkel der Eltern und erachten deren Anspruch auf Achtung des Familienlebens als verletzt. Zum Familienleben gehört unter anderem die Ausübung elterlicher Rechte. Danach sind die Eltern für die Sorge, Pflege und Erziehung der Kinder (ACHIM BRÖTEL, Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens, Baden-Baden 1991, S. 102 ff.; MARTINA PALM-RISSE, Der völkerrechtliche Schutz von Ehe und Familie, Berlin 1990, S. 263 ff.) und somit auch für den Entscheid über medizinische Behandlungen vorrangig zuständig (LUZIUS WILDHABER, Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Rz. 352 zu Art. 8 EMRK , nennt als Beispiel den Entscheid über eine Hospitalisierung). Dies schliesst allerdings weder eine staatliche Familiengesetzgebung noch Regelungen über einzelne Aspekte der Ausbildung, Betreuung und Pflege der Kinder aus. Nicht immer eindeutig ist, wieweit es dabei um die Eingrenzung des Schutzbereichs von Art. 8 Ziff. 1 EMRK oder bereits um einen Eingriff in dieses Grundrecht geht (vgl. PALM-RISSE, a.a.O., S. 266 ff.; WILDHABER/BREITENMOSER, a.a.O., Rz. 3 und 6 ff. zu Art. 8 EMRK ). Bei der obligatorischen Anordnung von Untersuchungen und Behandlungen ist der Eingriffscharakter allerdings eher anzunehmen (so unter dem Gesichtspunkt der Achtung des Privatlebens auch WILDHABER/BREITENMOSER, a.a.O., Rz. 64 zu Art. 8 EMRK ). Selbst in diesem Fall ist eine staatliche Regelung aber unter der Voraussetzung zulässig, dass sie die Anforderungen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK erfüllt. BGE 118 Ia 427 S. 436 5. a) Sowohl das Grundrecht der persönlichen Freiheit als auch der Anspruch auf Achtung des Familienlebens gelten nicht absolut. Gemäss der Rechtsprechung sind Einschränkungen in die persönliche Freiheit zulässig, soweit sie auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. Zudem darf die persönliche Freiheit weder völlig unterdrückt noch ihres Gehaltes als Institution der Rechtsordnung entleert werden ( BGE 115 Ia 247 E. b; BGE 114 Ia 357 E. 5; BGE 113 Ia 327 f. E. 4; BGE 112 Ia 249 E. 3). Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist. b) Vorweg ist zu prüfen, ob der angefochtene Erlass in den Kerngehalt der persönlichen Freiheit oder des Grundrechts auf Achtung des Familienlebens eingreift. Dabei ist zu beachten, dass es weder das Ziel der Zwangsbehandlung ist, die Patienten in irgendeiner Weise zu schädigen oder - zum Beispiel zu Versuchszwecken - zu missbrauchen, noch die Eltern ihrer ureigenen Elternrechte zu berauben. Vielmehr geht es darum, die Kinder vor dem Zerfall des Gebisses und den damit verbundenen Leiden zu bewahren, was im Interesse des Kindes auch dann gewährleistet sein soll, wenn die Eltern die zahnmedizinische Versorgung ihrer Kinder vernachlässigen. Ist das Gesetz in seiner Zielsetzung und Wirkung auf diesen Gesichtspunkt beschränkt, liegt ein Eingriff in den Kerngehalt der fraglichen Grundrechte nicht vor. c) Soweit die Beschwerdeführer bestreiten sollten, dass die angefochtenen Bestimmungen auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhten, verkennen sie, dass damit diese Grundlage gerade geschaffen werden soll; dass die vorgesehene Norm in ihrem Gehalt zu wenig bestimmt sei, machen sie zu Recht nicht geltend. Soweit sie rügen, der Kanton habe keine Kompetenz zur Einführung zahnmedizinischer Zwangsbehandlungen, weil die Regelung der Bekämpfung allgemeingefährdender Krankheiten dem Bund vorbehalten sei und dieser in der Epidemiengesetzgebung für Zahnbeschwerden keine Zwangsmassnahmen vorsehe, betrifft dies nicht die Frage der BGE 118 Ia 427 S. 437 gesetzlichen Grundlage, sondern ist unter dem Gesichtspunkt der derogatorischen Kraft des Bundesrechts zu würdigen (vgl. hinten E. 9a und c). 6. a) Welche Beschränkungen der fraglichen Grundrechte unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses beziehungsweise des Verhältnismässigkeitsprinzips statthaft sind, ist mit Rücksicht auf die dem Wandel unterworfene ethische Wertordnung und in Anbetracht der sich verändernden Sozialverhältnisse zu beurteilen ( BGE 115 Ia 248 E. b; BGE 97 I 50 ). b) Das öffentliche Interesse an der Bekämpfung von Krankheiten verfolgt den Zweck der Verbesserung und des Schutzes der Gesundheit der Allgemeinheit ("Volksgesundheit"). Art. 8 Ziff. 2 EMRK behält sogar ausdrücklich staatliche Massnahmen zum Schutze der Gesundheit vor. Dieses Interesse zielt darauf ab, die physische und psychische Gesundheit unbestimmt vieler - im Idealfall aller - vor Fremd- und unter Umständen sogar vor Selbstschädigung zu bewahren und damit zur Verbesserung der Durchschnittsgesundheit der Bevölkerung beizutragen (MARKUS MÜLLER, Zwangsmassnahmen als Instrument der Krankheitsbekämpfung, Basel 1992, S. 168 f.). Dazu dient sowohl die Prävention vor Erkrankungen als auch die Verhinderung der Verbreitung wie ferner die Behandlung bereits aufgetretener Krankheiten. Nicht einfach fällt dabei die Abgrenzung der öffentlichen von den privaten Interessen. Die Gewährleistung seiner Gesundheit steht zunächst im Interesse des einzelnen selbst. Nötig ist aber eine ganzheitliche Sicht. So ist auch die Allgemeinheit an einem guten individuellen Gesundheitszustand aller interessiert. Dies trifft namentlich dort zu, wo eine Fremdgefährdung besteht, also in erster Linie bei übertragbaren gefährlichen Krankheiten. Das Bundesgericht hatte denn auch das öffentliche Interesse an Zwangsmassnahmen zur Bekämpfung von Krankheiten bisher regelmässig im Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten zu beurteilen (namentlich Diphtherie und Tuberkulose). In solche Fällen besteht klarerweise ein erhebliches öffentliches Interesse am Schutz des gesunden Bevölkerungsteils vor Ansteckung ( BGE 99 Ia 751 f. E. b; vgl. auch WILDHABER/BREITENMOSER, a.a.O., Rz. 637 zu Art. 8 EMRK ). Allerdings kommt es nicht allein auf die Ansteckungsgefahr an, denn eine Fremdgefährdung kann etwa auch vorliegen, wenn der Betroffene wegen seiner Krankheit in einen aggressiven Zustand verfällt und damit in seinem Verhalten für Drittpersonen gefährlich wird. BGE 118 Ia 427 S. 438 Das öffentliche Interesse an der Gesundheitspolizei besteht aber nicht nur im Schutz Dritter. Vielmehr hat jeder einzelne schon mit Blick auf die sozialen Kosten ein Interesse an der unversehrten Gesundheit möglichst vieler Mitbürger. Das Gesundheitswesen ist im Rechtsstaat heutiger Prägung denn auch weitgehend - und jedenfalls weit über den Bereich des Schutzes vor Fremdgefährdung hinaus - als öffentliche Aufgabe (service public) konzipiert. Im Zusammenhang mit dem Aufkommen von - grundsätzlich nicht übertragbaren - Zivilisationskrankheiten (wie Herz-Kreislauf- oder Gemütserkrankungen, vgl. MÜLLER, a.a.O., S. 14) wird der Individualschutz immer bedeutsamer. Auch für den Gesundheitsbegriff von Art. 8 Ziff. 2 EMRK gilt, dass er nicht nur die allgemeine Gesundheit, sondern ebenfalls die individuelle Gesundheit des einzelnen erfasst (BRÖTEL, a.a.O., S. 88 f.; WILDHABER/BREITENMOSER, a.a.O., Rz. 632 zu Art. 8 EMRK ). c) Ein Interesse an öffentlicher Gesundheitspflege besteht insbesondere dort, wo der Kranke von seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten her limitiert ist, seine eigenen Interessen als wohlinformierter Patient selbst wahrzunehmen. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn teure und aufwendige Installationen notwendig werden, sondern auch, wenn der Kranke wegen mangelnder oder reduzierter Urteils- und Handlungsfähigkeit auf die Unterstützung anderer, namentlich für ihn Fürsorgepflichtiger, angewiesen ist. Bei solchen Konstellationen ist das Angebot öffentlicher Hilfeleistungen beziehungsweise die Gewährleistung der Interessen des Patienten von besonderer Wichtigkeit. In diesem Zusammenhang gilt insbesondere das Kindeswohl als ein öffentliches Interesse, das unter dem Aspekt des Gesundheitsschutzes sowie des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer Eingriffe in die persönliche Freiheit (vgl. BGE 115 Ia 253 ) sowie in das Recht auf Achtung des Familienlebens grundsätzlich zu legitimieren vermag (BRÖTEL, a.a.O., S. 91 ff.; WILDHABER/BREITENMOSER, a.a.O., Rz. 629 ff. zu Art. 8 EMRK ). d) Im vorliegenden Fall geht es um die Bekämpfung und Heilung von Zahnerkrankungen wie insbesondere Karies und Parodontose. Dabei handelt es sich um ein beträchtliches volkshygienisches und volkswirtschaftliches Problem. Eine Heilung ist oftmals gar nicht möglich. Von Karies befallene Zahnteile müssen entfernt werden. Es können auch gefährliche Folgen auftreten, wenn die Erkrankung auf das Zahnmark, die Wurzelhaut oder in Form von Abszessen auf den Kiefer und die umgebenden Weichteile übergreift. Granulome können zum Herd für viele Infektionen werden (vgl. dazu ZBl BGE 118 Ia 427 S. 439 92/1991, S. 30 E. c). Ausserdem können Zahnerkrankungen den Verdauungsapparat beeinträchtigen und so den ganzen Organismus schwächen. Unter diesem Gesichtspunkt besteht für die Bekämpfung von Karies und Parodontose ein gewichtiges öffentliches Interesse (vgl. ZBl 92/1991, S. 30 E. c). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer kann aufgrund der genannten Zusammenhänge auch das öffentliche Interesse an der Bekämpfung der Kostenexplosion im Gesundheitswesen nicht in Abrede gestellt werden (vgl. dazu ZBl 92/1991, S. 30 E. c; BGE 110 Ia 105 E. d). Zwar ist zu berücksichtigen, dass die hier interessierenden Zahnerkrankungen bei Kindern im Kanton Freiburg im Verlauf der letzten 30 Jahre dank der bereits unternommenen Anstrengungen nachweislich abgenommen haben; dennoch besteht (weiterhin) ein öffentliches Interesse daran, diese Verbesserung im allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung nicht wieder zu gefährden beziehungsweise weiter voranzutreiben. Wie der Staatsrat des Kantons Freiburg in seiner Vernehmlassung an das Bundesgericht darlegt, leidet etwa 70% der über 20 Jahre alten Bevölkerung an heilbaren oder unheilbaren Zahn- und Zahnfleischerkrankungen. Eine bereits im Schulalter einsetzende umfassende Zahnpflege erweist sich daher als bedeutsam und von öffentlichem Interesse. 7. a) Ein Grundrechtseingriff ist nur zulässig, wenn das öffentliche Interesse daran die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt und der Eingriff zum Schutz des öffentlichen Interesses verhältnismässig, das heisst geeignet, notwendig und zumutbar ist (vgl. BGE 117 Ia 318 E. b mit Hinweisen; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl., Zürich 1988, Rz. 1141 ff.). b) Im Mittelpunkt der angefochtenen Bestimmungen steht Art. 7 Abs. 1 SG, wonach die Eltern die zahnerhaltenden Behandlungen, die der Schulzahnarzt für nötig erachtet, ausführen lassen müssen. Auch wenn dies im Normalfall kaum zu Schwierigkeiten führen dürfte, da die Eltern in der Regel wohl die vom Schulzahnarzt vorgeschlagenen Behandlungen vornehmen lassen werden, sieht die angefochtene Bestimmung eine eigentliche Behandlungspflicht vor, welche als solche erheblich in die persönliche Freiheit des Kindes sowie in die Rechte der Eltern eingreift. Die Nichtbeachtung der Behandlungspflicht löst denn auch nachteilige Rechtsfolgen aus. Art. 7 Abs. 2 SG gibt dem Schulzahnpflegedienst die Kompetenz, die notwendigen Massnahmen zu beschliessen, wenn festgestellt wird, dass die als nötig erachteten Behandlungen nicht ausgeführt BGE 118 Ia 427 S. 440 werden. Daneben sieht Art. 11 SG eine Busse unter anderem bei Nichtbefolgung der Pflicht nach Art. 7 SG vor. c) Dem Selbstbestimmungsrecht des einzelnen über seine medizinische Versorgung kommt grosses Gewicht zu. Die Zulässigkeit medizinischer Zwangseingriffe setzt daher ein bedeutendes öffentliches Interesse voraus. Da von Zahnerkrankungen grundsätzlich keine Fremdgefährdung ausgeht, verlangen namentlich zahnmedizinische Zwangseingriffe nach einer besonderen Rechtfertigung. Eine solche ist dann zu bejahen, wenn der Betroffene im Hinblick auf seine Zahngesundheit nicht oder nur reduziert urteilsfähig ist, das heisst die Tragweite der Zahnerkrankung beziehungsweise -behandlung nicht in vollem Umfang zu erfassen vermag, und soweit nicht gewährleistet ist, dass der für ihn Verantwortliche seine Fürsorgepflicht vollumfänglich in seinem Interesse ausübt. Vorliegend fällt in diesem Zusammenhang wesentlich ins Gewicht, dass sich das angefochtene Schulzahnpflegegesetz ausschliesslich auf Kinder vom Kindergartenalter an bis zum Abschluss des Schulobligatoriums bezieht (Art. 2 Abs. 1 SG). Ferner bezweckt das Gesetz, dass die anlässlich der Zahnkontrolle festgestellten Zahnerkrankungen auch behoben werden. Insoweit der Zwang zur Vornahme von Zahnbehandlungen in diesem Sinne dem Kindesschutz dient, beruht er grundsätzlich auf überwiegenden öffentlichen Interessen und ist er zur Verfolgung dieser Interessen auch geeignet. Es fragt sich allerdings, ob er auch notwendig und zumutbar ist. d) Bereits der Gesetzeswortlaut beschränkt den Behandlungszwang auf zahnerhaltende und notwendige Massnahmen; anderes wie zum Beispiel die kosmetische Verbesserung der Zahnstellung wird davon nicht erfasst. Nach der angefochtenen Bestimmung obliegt die Beurteilung, ob eine Behandlung nötig ist, dem Schulzahnarzt. Dieser darf die Notwendigkeit einer Zahnbehandlung jedoch nicht extensiv bejahen, sondern muss sie eingehender begründen. Als wesentlicher Grund fällt etwa die Gefahr bleibender Schäden oder erheblicher Schmerzen, welche beim Kind mit einer hohen Wahrscheinlichkeit physisches oder psychisches Leiden hervorrufen würden, in Betracht. Dies dürfte bei eigentlichen Zahnerkrankungen häufig der Fall sein. Umgekehrt sind Gründe zu berücksichtigen, welche einer Behandlung entgegenstehen, zum Beispiel eine besondere Infektionsanfälligkeit bei einem Kinde, die aus einer an sich harmlosen Behandlung eine gefährliche werden lässt (vgl. dazu etwa BGE 116 Ia 123 f. E. 5b). Bei der Behandlung des Milchzahngebisses BGE 118 Ia 427 S. 441 muss ferner den Besonderheiten dieser Zähne Rechnung getragen werden; der ohnehin bevorstehende Ausfall des zu behandelnden Milchzahnes macht unter Umständen aus einer an sich wünschbaren Behandlung eine verzichtbare. Weiter hat der Schulzahnarzt seine Patienten beziehungsweise deren Eltern über die medizinische Sachlage und die vorgesehene Medikation umfassend aufzuklären sowie die Mitsprache über die zu wählende Behandlungsmethode zu gewährleisten (vgl. BGE 114 Ia 358 f. E. 6). Gegen seinen Entscheid steht der Rechtsmittelweg offen (vgl. Art. 12 SG); die Betroffenen verfügen somit über einen umfassenden Rechtsschutz im Anwendungsfall. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer bräuchte diesfalls nicht unbedingt eine Privatexpertise vorgelegt zu werden, sondern eine allenfalls notwendige zusätzliche Begutachtung könnte - und würde wohl auch - im Rechtsmittelverfahren mit der Möglichkeit oder gar der Notwendigkeit der Kostenübernahme durch den Staat erfolgen. e) Was die zu ergreifenden Zwangsmassnahmen betrifft, bedeutet die Behandlungspflicht als solche noch nicht, dass die Behörden der Schulzahnpflege auch über die Kompetenz verfügen, die tatsächliche Vornahme einer Behandlung zu erzwingen. Der Staatsrat des Kantons Freiburg hält dazu in seiner Vernehmlassung an das Bundesgericht selbst fest: "Wenn das Kind eine Behandlung braucht und diese nicht erhält, wird der ... Vertrauenszahnarzt des Schulzahnpflegedienstes benachrichtigt. Er entscheidet über die Massnahmen, die im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 des Gesetzes ergriffen werden sollen: einerseits das Kind und seinen gesetzlichen Vertreter über die Schäden, die durch nicht behandelte Mund- und Zahnerkrankungen entstehen, informieren, und sie von der nötigen Behandlung überzeugen; andererseits, wenn nötig, die Vormundschaftsbehörde beiziehen, damit sie gemäss Artikel 307 ff. ZGB die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindes treffen kann." Der tatsächliche Zwang zu einer Behandlung erfordert demnach den Einbezug der Vormundschaftsbehörden und richtet sich nach den Bestimmungen des Vormundschaftsrechts. Das heisst auch, dass die dort vorgesehenen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Die Behörden des Kantons Freiburg sind insofern bei der zitierten Aussage des Staatsrates in der Vernehmlassung an das Bundesgericht zu behaften. Die schwerstmögliche Massnahme, die von den Schulzahnpflegebehörden ergriffen werden kann, ist somit die Ausfällung einer Busse nach Art. 11 SG (vgl. dazu E. 8c und 9b). Dies schwächt die in Frage stehende Behandlungspflicht in ihren Wirkungen derart ab, BGE 118 Ia 427 S. 442 dass sie jedenfalls nicht von vorneherein als unzumutbar und unverhältnismässig erscheint. f) Schliesslich garantiert Art. 7 Abs. 1 SG die freie Wahl des Zahnarztes. Die Eltern brauchen für die als nötig befundenen Behandlungen nicht den Schulzahnpflegedienst beizuziehen, sondern können dafür den Zahnarzt frei aussuchen. Art. 10 Abs. 1 SG sieht ausserdem die finanzielle Beteiligung der Gemeinden an den Behandlungskosten vor, wenn eine Familie in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen lebt. Diese Beitragsleistung ist vom Wortlaut des Gesetzes her nicht daran gebunden, dass die angeordneten Behandlungen beim Schulzahnpflegedienst vorgenommen werden. Weder besteht somit ein Zwang hinsichtlich der Auswahl des Zahnarztes, noch bewirkt die Behandlungspflicht, dass die betroffenen Familien übermässig in ihren finanziellen Verhältnissen belastet werden. g) Infolgedessen können die Bestimmungen über den Behandlungszwang so ausgelegt und gehandhabt werden, dass das vorgesehene Obligatorium verhältnismässig ist und damit weder gegen die Bundesverfassung noch gegen die Menschenrechtskonvention verstösst. 8. Die Beschwerdeführer fechten weitere Bestimmungen an, die mit der Behandlungspflicht in Zusammenhang stehen. a) Art. 6 Abs. 4 SG bezieht sich zwar unmittelbar nur auf die Kontrollpflicht. Mittelbar bezweckt die Regelung aber auch die Gewährleistung der notwendigen Zahnbehandlung. Dies ist insofern sachlogisch, als eine Freistellung von der Zahnkontrolle auch eine solche von der - davon abhängigen - Behandlung bedeutet. Es ist daher folgerichtig, dass das Gesetz bereits für die Befreiung von der obligatorischen Zahnkontrolle ein Zeugnis darüber verlangt, dass das Kind die erforderliche Zahnpflege erhielt. Ob dies zutrifft, ist letztlich eine Fachfrage, über welche die Eltern in der Regel gar nicht selbst befinden können. Es ist daher konsequent und notwendig, dass die entsprechende Auskunft von einem Zahnarzt stammen muss. Dabei ist in Kauf zu nehmen, dass ersichtlich wird, bei welchem Zahnarzt das Kind in Behandlung ist beziehungsweise wie oft die Familie den Zahnarzt allenfalls wechselt. Diese Folge ist nicht aussergewöhnlich, sondern ergibt sich überall dort, wo eine Pflicht zur Vorlage ärztlicher Bestätigungen oder Zeugnisse besteht (z.B. in der Sozialversicherung oder bei krankheitsbedingter Arbeitsabsenz eines Angestellten usw.). BGE 118 Ia 427 S. 443 Allerdings darf vom Zeugnis inhaltlich nicht mehr verlangt werden, als dass es über die Gewährleistung der notwendigen Zahnpflege Aufschluss gibt. Im Normalfall dürfte es sich sogar auf die formelle Feststellung beschränken, die nach Schulzahnpflegegesetz erforderliche Zahnpflege sei garantiert. Weitere Auskünfte - insbesondere über die Art der Behandlung - dürfen hingegen nur verlangt werden, wenn dafür besondere Gründe bestehen. b) Auch die in Art. 7 Abs. 2 SG vorgesehene Meldepflicht des Schulzahnarztes steht in engem Zusammenhang mit der Behandlungspflicht und stellt das Korrelat dazu dar. Die Behandlungspflicht bliebe ohne Wirkung, wenn der Schulzahnarzt nicht zur Meldung über nicht ausgeführte Behandlungen berechtigt und verpflichtet wäre. Die angefochtene Bestimmung bildet im übrigen die notwendige gesetzliche Grundlage zur Befreiung des Zahnarztes vom Arztgeheimnis. Aber auch für die Meldepflicht muss gelten, dass sie inhaltlich auf das Notwendige beschränkt ist. c) Schliesslich ist auch die Bussenfolge nach Art. 11 SG Ausfluss der vorgesehenen gesetzlichen Pflichten. Die Androhung einer strafrechtlichen Sanktion bei Nichtbeachtung einer gesetzlichen Pflicht kommt in den verschiedensten Materien vor; unter anderem findet sich eine Bussenfolge in den kantonalen Gesetzgebungen regelmässig im Zusammenhang mit der Schulpflicht. Grundsätzlich ist die vorgesehene Strafdrohung für den vorliegenden Zusammenhang daher nicht aussergewöhnlich. Bei einem Rahmen von Fr. 20.-- bis 1'000.-- ist sie im übrigen auch nicht unverhältnismässig. Zurückhaltung wird sich allenfalls bei der Bestrafung wegen fahrlässiger Tatbegehung aufdrängen, namentlich wenn eine Kontrolle oder Behandlung nur aus Fahrlässigkeit verpasst worden sein sollte. Den Behörden bleibt allerdings unbenommen, es zunächst bei einer Mahnung zu belassen oder nur eine geringfügige Busse - das mögliche Minimum beträgt Fr. 20.-- - auszusprechen. d) Auch die weiteren, nebst dem Behandlungszwang angefochtenen Regelungen verletzen somit die Freiheitsrechte der betroffenen Kinder und Eltern nicht. 9. Zu prüfen bleibt schliesslich, ob die angefochtenen Bestimmungen gegen den Vorrang des Bundesrechts verstossen. a) Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nach Art. 2 ÜbBest. BV besagt, dass die Kantone in Sachgebieten, welche die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtsetzung befugt sind ( BGE 117 Ia 34 E. c; BGE 115 Ia 272 E. 12a mit Hinweis). BGE 118 Ia 427 S. 444 b) Art. 64 BV erteilt dem Bund die Kompetenz zur Gesetzgebung im Bereich des Zivilrechts. Gemäss Art. 301 Abs. 1 ZGB leiten die Eltern im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Handlungsfähigkeit die nötigen Entscheidungen. Nach Art. 302 Abs. 1 ZGB haben die Eltern das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen. Diese vom Zivilrecht vorgesehenen Befugnisse der Eltern stehen allerdings in bestimmten Grenzen unter dem Vorbehalt des öffentlichen Rechts ( BGE 117 Ia 34 E. c; CYRIL HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, Bern 1989, S. 170). Dies gilt namentlich auch für den Bereich der Gesundheitspolizei (URS TSCHÜMPERLIN, Die elterliche Gewalt in bezug auf die Person des Kindes, Freiburg 1989, S. 144; CYRIL HEGNAUER, in Berner Kommentar, Bern 1964, Rz. 25 zu Art. 273 aZGB). In diesem Rahmen sind staatliche, insbesondere gesundheitspolizeilich begründete Massnahmen, die allenfalls in die gesetzlichen Elternrechte eingreifen, vom Bundeszivilrecht her zulässig. Auch die bundesrechtliche Regelung der Kindesschutzmassnahmen schliesst andere, weniger weitgehende staatliche Massnahmen in Bereichen, die wie das Gesundheitswesen als öffentliche Aufgaben konzipiert sind und der staatlichen Kompetenz sowie dem öffentlichen Recht unterstehen, nicht aus. Die Kindesschutzmassnahmen bilden bloss das strengste Mittel, das allenfalls gegenüber den Eltern anzuwenden ist, um die Kindesinteressen zu wahren (vgl. BGE 117 Ia 34 E. c). Auch die im kantonalen Recht enthaltene Möglichkeit der Aussprechung einer Busse steht in diesem Sinne nicht im Gegensatz zum eidgenössischen Kindesrecht, sondern bildet eine Ergänzung zu den im Recht des Kindesschutzes (vgl. Art. 307 ff. ZGB ) vorgesehenen Massnahmen (vgl. auch vorn E. 7e). Das Bundeszivilrecht enthält somit entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer im hier fraglichen Bereich keine abschliessende Regelung. c) Nach Art. 69 BV ist der Bund befugt, gesetzliche Bestimmungen zur Bekämpfung übertragbarer oder stark verbreiteter oder bösartiger Krankheiten von Mensch und Tier zu erlassen. Der Bund ist dieser Befugnis unter anderem mit dem Bundesgesetz vom 18. Dezember 1970 über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Epidemiengesetz, SR 818.101) nachgekommen. Art. 69 BV vermittelt dem Bund jedoch keine ausschliessliche Kompetenz. Die Gesundheitspolizei einschliesslich der Bekämpfung BGE 118 Ia 427 S. 445 der von der Bundeskompetenz nicht erfassten Krankheiten verbleibt in ganz allgemeiner Weise in der Kompetenz der Kantone (MALINVERNI, in Kommentar BV, Art. 69, Rz. 10; MÜLLER, a.a.O., S. 44 f.). Darüber hinaus bleiben die Kantone sogar befugt, ergänzende Regelungen auch im Bereich der von Art. 69 BV erfassten Krankheiten zu treffen, soweit dies der Bund nicht abschliessend getan hat (MALINVERNI, a.a.O., Rz. 25; MÜLLER, a.a.O., S. 46 f.). Auch wenn es als denkbar erscheint, die im vorliegenden Fall in Frage stehenden Zahnerkrankungen, namentlich Karies und Parodontose, unter der Kategorie der stark verbreiteten Krankheiten als von der Bundeskompetenz erfasst zu betrachten (MÜLLER, a.a.O., S. 29, zählt Karies und Parodontose ausdrücklich als Beispiele weit verbreiteter Krankheiten auf), hat der Bund überhaupt keine entsprechenden Bestimmungen erlassen. Auch die in Art. 27 des Epidemiengesetzes vorgesehene und in der Verordnung vom 21. September 1987 über die Meldung übertragbarer Krankheiten des Menschen (Melde-Verordnung, SR 818.141.1) konkretisierte Meldepflicht stellt keine abschliessende, den Kantonen keinen Spielraum mehr belassende Regelung dar ohnehin muss dies für nicht übertragbare Krankheiten gelten. Dem Kanton Freiburg bleibt es daher von der bundesstaatlichen Kompetenzordnung im Gesundheitswesen her unbenommen, im Bereich der Zahnpflege selbst zu legiferieren und unter anderem eine Meldepflicht vorzusehen. d) Das angefochtenen Gesetz verstösst somit nicht gegen den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nach Art. 2 ÜbBest. BV. 10. Infolgedessen ist die staatsrechtliche Beschwerde im Sinne der Erwägungen (vgl. insbesondere E. 7 und 8 hievor) abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.
public_law
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
87ac9903-199e-4a49-83b1-b200fad6f0be
Urteilskopf 118 Ia 336 46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1992 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen und Kantonsgericht St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Interkantonale Rechtshilfe in Strafsachen; Zuständigkeit zur Beurteilung eines Schadenersatzbegehrens wegen ungerechtfertigter oder unverschuldeter Untersuchungshaft. Art. 352 Abs. 1 und Art. 355 Abs. 2 StGB . 1. Werden strafprozessuale Zwangsmassnahmen aufgrund eines interkantonalen Rechtshilfeersuchens vollzogen, so ist derjenige Kanton, welcher für die Anordnung der Zwangsmassnahmen verantwortlich ist (d.h. in der Regel der ersuchende Kanton), berechtigt und verpflichtet, über eine allfällige Entschädigung zu entscheiden und diese gegebenenfalls zu bezahlen (E. 1). 2. Ist es zwar fraglich, aber nicht offensichtlich unzutreffend, dass der ersuchende Kanton zur Anordnung der Untersuchungshaft zuständig ist, so sind weder der Haftbefehl noch das darauf gestützte Rechtshilfebegehren nichtig (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 337 BGE 118 Ia 336 S. 337 In den Jahren 1981 bis 1989 führten die Untersuchungsbehörden des Sottoceneri in Lugano in zwei Fällen Strafuntersuchungen gegen S., welcher in St. Gallen wohnte. Am 13. Januar 1984 erliess die Untersuchungsrichterin der Giurisdizione sottocenerina gegen S. einen Haftbefehl. Mit einem Rechtshilfebegehren wurde der Untersuchungsrichter für Wirtschaftsdelikte des Kantons St. Gallen ersucht, den Haftbefehl zu vollziehen und den Verhafteten in den Kanton Tessin zu überstellen. Am 17. Januar 1984 wurde S. in St. Gallen verhaftet und unverzüglich in den Kanton Tessin überführt, wo er bis zum 17. Mai 1984 in Untersuchungshaft blieb. Am 31. Oktober 1984 sprach die Corte delle Assise criminali in Lugano S. in einem der beiden Verfahren frei. Das andere Strafverfahren wurde am 12. Juli 1989 vom Procuratore pubblico della Giurisdizione sottocenerina eingestellt. Am 29. Juni 1990 reichte S. bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen ein Begehren um Haftentschädigung ein. Die Anklagekammer wies das Begehren am 26. September 1991 ab. S. zog den Entscheid der Anklagekammer an die Strafkammer des Kantonsgerichts weiter. Diese bestätigte mit Urteil vom 5. Mai 1992 den Entscheid der Anklagekammer. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 22. Juni 1992 stellte S. den Antrag, das Urteil der Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen vom 5. Mai 1992 sei aufzuheben und die Sache zur Festsetzung der Entschädigungshöhe an die Anklagekammer zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer rügt als Verletzung von Art. 5 Ziff. 5 EMRK , Art. 30 Abs. 3 der Verfassung des Kantons St. Gallen vom 16. November 1890 (KV; SR 131.225, sGS 111.11) und Art. 216 des kantonalen Gesetzes vom 9. August 1954 über die Strafrechtspflege (StP; sGS 962.1), dass ihm die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen keine Entschädigung für die in St. Gallen vollzogene BGE 118 Ia 336 S. 338 Verhaftung und die danach im Kanton Tessin ausgestandene Untersuchungshaft zugesprochen hatte. a) Nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK hat jeder, der entgegen der Bestimmungen dieses Artikels festgenommen oder in Haft gesetzt worden ist, Anspruch auf Schadenersatz. Art. 5 Ziff. 1 EMRK lässt eine Verhaftung nur zu "auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise". Entsprechend sieht Art. 30 Abs. 3 KV einen Anspruch des Betroffenen auf Entschädigung für ungesetzliche oder unverschuldete Haft vor, und Art. 216 Abs. 1 StP konkretisiert diesen Anspruch wie folgt: Art. 216. Ungesetzlicher oder unverschuldeter Freiheitsentzug gibt dem Betroffenen gegenüber dem Staat Anspruch auf Schadenersatz und, wenn die Umstände es rechtfertigen, auf Genugtuung. ... Während nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK der Betroffene nur im Falle gesetzwidriger Haft Schadenersatz verlangen kann, steht ihm gemäss Art. 216 StP ein solcher Anspruch auch dann zu, wenn zwar die gesetzlichen Voraussetzungen für die Untersuchungshaft erfüllt waren, aber den Verhafteten daran keine Schuld trifft. Das kann der Fall sein, wenn die Strafuntersuchung eingestellt oder der Verhaftete freigesprochen wird, ohne dass er auf vorwerfbare Art und Weise Anlass zu seiner Verhaftung gegeben hätte. Der Beschwerdeführer wurde in einem Verfahren von allen Anklagepunkten freigesprochen, und das andere Verfahren wurde eingestellt. Ausserdem geht aus den Akten kein Hinweis darauf hervor, dass er die Untersuchungshaft durch eigenes Verschulden verursacht hätte. Die Strafkammer wirft dem Beschwerdeführer denn auch gar nicht vor, er hätte die Untersuchungshaft selbst verschuldet. Sie macht im angefochtenen Urteil aber geltend, er hätte das Schadenersatzbegehren im Kanton Tessin stellen müssen, da er aufgrund eines Rechtshilfebegehrens verhaftet worden sei, für welches der Kanton Tessin die Verantwortung tragen müsse. b) Die Kantone sind gemäss Art. 352 Abs. 1 StGB unter sich zur Rechtshilfe verpflichtet. Art. 355 Abs. 2 StGB erklärt das Prozessrecht des Kantons, in dem die Handlung erfolgt, für anwendbar bei Amtshandlungen, welche - mit Zustimmung dieses Kantons - von Behörden eines anderen Kantons vorgenommen werden. Das Bundesgericht schloss aus dieser Bestimmung, der ersuchte Kanton habe sein eigenes Prozessrecht anzuwenden, wenn er Rechtshilfe leistet. Immerhin darf durch die Anwendung dieses Prozessrechts die Hilfe nicht derart beschränkt werden, dass sie dem bundesrechtlichen BGE 118 Ia 336 S. 339 Begriff der Rechtshilfe, wie Art. 352 StGB sie auffasst, nicht entspricht ( BGE 71 IV 174 E. 1). Gemäss dieser Rechtsprechung ist das Prozessrecht des zur Rechtshilfe verpflichteten Kantons auch massgebend für die formelle und materielle Beurteilung des gegen eine Untersuchungshandlung erhobenen Rechtsmittels. Insbesondere betrachtete es das Bundesgericht als formelle Rechtsverweigerung und damit als Verletzung von Art. 4 BV , wenn die Rechtsmittelinstanz des ersuchten Kantons die Beschwerdemöglichkeit gegen eine Rechtshilfeverfügung trotz Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Einschränkung nur in bezug auf den Vollzug der verlangten Massnahme zulassen will ( BGE 117 Ia 9 , mit Hinweisen). Sowohl im Kanton St. Gallen als auch im Kanton Tessin wird der Anspruch auf Schadenersatz für ungesetzlichen oder unverschuldeten Freiheitsentzug in der Strafprozessordnung geregelt (St. Gallen: Art. 216-217 StP, Tessin: Art. 267-273 des Codice di procedura penale vom 10. Juli 1941 (CPP)). Demnach gehören die Bestimmungen über den Schadenersatzanspruch für unverschuldete oder rechtswidrige Haft zum Strafprozessrecht. Da nach der erwähnten Rechtsprechung bei der Leistung der interkantonalen Rechtshilfe das Strafprozessrecht des ersuchten Kantons anzuwenden ist, wäre demgemäss der Anspruch des Beschwerdeführers nach dem Recht des Kantons St. Gallen zu beurteilen, und dieser Kanton wäre auch zu angemessenem Schadenersatz zu verpflichten. c) Das Bundesgericht erkannte indessen, dass die Gerichtsstandsbestimmungen der Art. 346 ff. StGB , welche die interkantonale Zuständigkeit zur "Verfolgung und Beurteilung" von der kantonalen Gerichtsbarkeit unterstellten strafbaren Handlungen regeln, für den Schadenersatzanspruch wegen ungesetzlicher oder unverschuldeter Haft nicht gelten. Der allfällige Anspruch auf Entschädigung für Nachteile aus strafprozessualen Massnahmen folgt hier weder aus Bundesstrafrecht noch aus Bundesstrafprozessrecht, sondern aus dem kantonalen öffentlichen Recht. Das Verfahren, in welchem dieser Anspruch durchgesetzt werden kann, ist kein eigentliches Strafverfahren. Die Berechtigung und Verpflichtung zur Verfolgung und Beurteilung ( Art. 351 StGB , Art. 264 BStP ) umfasst nicht auch den Entscheid über die Entschädigung für Nachteile wegen strafprozessualer Massnahmen ( BGE 108 Ia 17 E. 3). Demnach ist die Vorschrift von Art. 355 Abs. 2 StGB beim Entscheid über den Schadenersatzanspruch nicht anwendbar; die Entschädigung für ungerechtfertigte oder unverschuldete Haft richtet sich nicht ohne weiteres nach dem Recht des ersuchten Kantons. BGE 118 Ia 336 S. 340 Es liegt vielmehr nahe, dass der für die Anordnung von Zwangsmassnahmen verantwortliche Kanton entscheidet, ob und inwieweit für deren allfällige nachteilige Folgen nach seinem eigenen Recht eine Entschädigung zu zahlen sei. Der Kanton, dessen Behörden Zwangsmassnahmen anordneten, hat nach Massgabe seines Rechts die allfällige Entschädigung zu bezahlen und darf und muss daher auch darüber befinden. In dieser Beziehung besteht kein Unterschied zur Verantwortlichkeit für rechtswidrige Schädigung ( BGE 108 Ia 17 , mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer aufgrund eines Haftbefehls verhaftet worden, welcher von einer Untersuchungsrichterin im Kanton Tessin ausgestellt worden ist. Die Untersuchungshaft wurde anschliessend im Kanton Tessin vollzogen. Deshalb ist der Kanton Tessin für die Massnahme verantwortlich, und der Beschwerdeführer hätte sein Begehren um Schadenersatz in diesem Kanton stellen müssen. 2. Der Beschwerdeführer führt weiter aus, der von der Untersuchungsrichterin der Giurisdizione sottocenerina ausgestellte Haftbefehl sei überhaupt nichtig gewesen, und die St. Galler Behörden hätten den Befehl deshalb gar nicht vollstrecken dürfen. Sie hätten nämlich auf den ersten Blick erkennen können, dass der Kanton Tessin nicht zuständig gewesen sei, die Strafuntersuchung zu führen. Der Kanton St. Gallen sei auch deshalb schadenersatzpflichtig geworden, weil er den nichtigen Haftbefehl vollzogen habe. a) Nichtigen Verwaltungsverfügungen und damit auch einem nichtigen Haftbefehl geht jede Verbindlichkeit und Rechtswirksamkeit ab. Die Nichtigkeit ist jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu beachten ( BGE 116 Ia 217 E. 2a, mit Hinweis). Nichtigkeit einer Verfügung wird indessen nur angenommen, wenn der ihr anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist und wenn zudem die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird ( BGE 116 Ia 219 E. c, mit Hinweis). Als Nichtigkeitsgründe fallen hauptsächlich schwerwiegende Verfahrensfehler sowie die Unzuständigkeit der verfügenden Behörde in Betracht; dagegen haben inhaltliche Mängel nur in seltenen Ausnahmefällen die Nichtigkeit einer Verfügung zur Folge ( BGE 104 Ia 117 E. 2c, mit Hinweis). b) Es trifft zwar zu, dass die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen sich mit Schreiben vom 13. Juli 1983 für das erste Strafverfahren (dasjenige, welches später eingestellt wurde) zuständig BGE 118 Ia 336 S. 341 erklärt hatte. Dennoch stand im Januar 1984, als der Haftbefehl der Untersuchungsrichterin aus dem Kanton Tessin in St. Gallen eintraf, keineswegs fest, dass die Tessiner Behörden für die Strafuntersuchung nicht zuständig wären. Nach Art. 350 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sind die Behörden des Ortes, wo die mit der schwersten Strafe bedrohte Tat verübt worden ist, auch für die Verfolgung und die Beurteilung der andern Taten zuständig. Während das erste Strafverfahren wegen Wuchers (in einem einzigen Fall) geführt wurde, warfen im zweiten Strafverfahren die Tessiner Behörden dem Beschwerdeführer unter anderem gewerbsmässigen Betrug vor. Die Strafdrohung für (nicht gewerbsmässigen) Wucher lautet gemäss Art. 157 Ziff. 1 StGB auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängnis, während für gewerbsmässigen Betrug in Art. 148 Abs. 2 StGB Zuchthaus bis zu zehn Jahren und Busse vorgesehen sind. Beim gewerbsmässigen Betrug handelt es sich somit um dasjenige Delikt, für welches die schwerere Strafe angedroht ist. Im Januar 1984 schienen daher die Tessiner Behörden für zuständig, beide Strafverfahren zu führen. Der Haftbefehl der Tessiner Untersuchungsrichterin war unter diesen Umständen höchstens anfechtbar, keineswegs aber nichtig. Die Behörden des Kantons St. Gallen haben deshalb den Haftbefehl zu Recht vollzogen. Damit liegt kein Grund vor, aus welchem der Kanton St. Gallen gegenüber dem Beschwerdeführer zu Schadenersatz verpflichtet wäre.
public_law
nan
de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
87aec5b7-9863-456e-91c1-cdef2925b269
Urteilskopf 142 IV 34 7. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Besondere Aufgaben gegen Kantonales Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen) 1B_256/2015 vom 4. November 2015
Regeste Art. 13 Abs. 1 BV ; Art. 197 Abs. 2, Art. 269, Art. 270 lit. b, Art. 273 und Art. 274 Abs. 1 lit. b StPO . Rückwirkende Randdatenerhebung betreffend den Mobiltelefon-Anschluss eines Privatklägers. Unterscheidung zwischen der inhaltlichen Überwachung des Fernmeldeverkehrs, der aktiven Erhebung von Randdaten in Echtzeit und der rückwirkenden Randdatenerhebung. Gesetzliche Regelung und Voraussetzungen der Überwachung von Drittanschlüssen, insbesondere der Randdatenerhebung bei Geschädigten (E. 4.1-4.3). Im vorliegenden Fall waren die Voraussetzungen einer rückwirkenden Randdatenerhebung betreffend den Mobiltelefon-Anschluss eines Privatklägers nicht erfüllt, zumal die Überwachung bloss indirekt der Aufklärung der untersuchten Straftaten diente (E. 4.4). Die gesetzlichen Voraussetzungen einer strafprozessualen Randdatenerhebung bei Dritten, insbesondere das richterliche Genehmigungserfordernis, sind grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn die verfahrensleitende Staatsanwaltschaft sich um eine Zustimmung des Inhabers des überwachten Fernmeldeanschlusses bemüht hat. Es empfiehlt sich, dass die Staatsanwaltschaft eine allfällige schriftliche Zustimmung des betroffenen Dritten zusammen mit dem Genehmigungsgesuch beim Zwangsmassnahmengericht einreicht (E. 4.5).
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 142 IV 34 S. 35 A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Besondere Aufgaben, führt eine Strafuntersuchung gegen einen beschuldigten Polizisten wegen des Verdachtes der einfachen Körperverletzung, Beschimpfung und Drohung sowie des Amtsmissbrauchs. Am 8. Juli 2015 verfügte die Staatsanwaltschaft die rückwirkende Randdatenerhebung (vom 10.-13. März 2015) betreffend einen Mobiltelefon-Anschluss des 15 Jahre alten Privatklägers. Mit Entscheid vom 10. Juli 2015 verweigerte das Zwangsmassnahmengericht des Kantons Bern, Präsident, die Genehmigung der Überwachungsmassnahme. B. Gegen den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichtes gelangte die Staatsanwaltschaft mit Beschwerde vom 30. Juli 2015 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Genehmigung der rückwirkenden Überwachung. Eventualiter sei festzustellen, dass gar keine Genehmigung der Überwachungsmassnahme durch das kantonale Zwangsmassnahmengericht notwendig sei, wenn die Zustimmung des Inhabers des überwachten Fernmeldeanschlusses zur Randdatenerhebung vorliege. Das Zwangsmassnahmengericht hat am 11. August 2015 auf eine Stellungnahme ausdrücklich verzichtet. Das Bundesgericht urteilte am 4. November 2015 nach einer öffentlichen Beratung ( Art. 58 und 59 BGG ). Es weist die Beschwerde ab. BGE 142 IV 34 S. 36 Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. 4.1 Unter den Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1-3 i.V.m. Art. 270-279 StPO kann der Fernmeldeverkehr inhaltlich und aktiv (während des Kommunikationsvorgangs) überwacht werden. Art. 270 lit. b StPO regelt (unter der Marginalie "Gegenstand der Überwachung") die Überwachung der Fernmeldeanschlüsse von (nicht beschuldigten) Drittpersonen . Die Überwachung bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht ( Art. 272 Abs. 1 StPO ). Sie ist grundsätzlich geheim ( Art. 279 StPO ). Art. 273 StPO regelt die (rückwirkende oder aktive) Erhebung von Verbindungs-Randdaten des Fernmeldeverkehrs ( Art. 273 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StPO ) sowie die Auskunft über Verkehrs- und Rechnungsdaten ( Art. 273 Abs. 1 lit. b StPO ). Gemäss Art. 273 Abs. 1 (Ingress) StPO können diese Informationen von der Staatsanwaltschaft erhoben werden, wenn der dringende Verdacht eines Verbrechens oder Vergehens besteht und die Voraussetzungen von Art. 269 Abs. 1 lit. b und c StPO erfüllt sind (welche - nebst derjenigen von lit. a - auch für die inhaltliche Überwachung nach Art. 269-272 StPO gegeben sein müssen). Auch die Randdatenerhebung nach Art. 273 StPO bedarf (wie die inhaltliche Überwachung, Art. 272 Abs. 1 StPO ) der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht ( Art. 273 Abs. 2 StPO ; vgl. BGE 137 IV 340 E. 5.1-5.2 S. 346 f.; Urteil 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 4.1-4.3). 4.2 Zunächst ist zu klären, welche gesetzliche Überwachungsart hier streitig ist und welche gesetzlichen Vorschriften für die Überwachung von Drittanschlüssen massgeblich sind: 4.2.1 Beim Anschluss eines Privatklägers handelt es sich zwar um denjenigen einer "Drittperson" im Sinne von Art. 270 lit. b StPO (vgl. Bundesgerichtsurteil 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.5). Für die aktive Abhörung von Gesprächen über Drittanschlüsse wären daher die Voraussetzungen von Art. 269 und Art. 270 lit. b StPO zu erfüllen (vgl. BGE 138 IV 232 ). Die Staatsanwaltschaft hat hier jedoch keine geheime Überwachung von Nachrichteninhalten verfügt, sondern eine rückwirkende, nicht geheime Erhebung von Verbindungs-Randdaten der Kommunikation (Art. 273 Abs. 1 lit. a i.V.m. Abs. 3 StPO). Die Staatsanwaltschaft hat den Privatkläger über die in Aussicht genommene Überwachungsmassnahme informiert. BGE 142 IV 34 S. 37 4.2.2 Die Wortlaute von Art. 270 lit. b Ziff. 1 und Ziff. 2 StPO sind zunächst auf die aktive (während des Kommunikationsvorganges) und inhaltliche (Kommunikationsinhalte) geheime Überwachung von Fernmeldeanschlüssen zugeschnitten (vgl. BGE 138 IV 232 ; Urteil 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.3-5.5). Gemäss diesen Bestimmungen darf der Telefonanschluss von Drittpersonen geheim überwacht werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen angenommen werden muss, dass entweder die beschuldigte Person den Anschluss der Drittperson benutzt (Ziff. 1, sogenannter "Anschlussüberlasser") oder die Drittperson für die beschuldigte Person bestimmte Mitteilungen entgegennimmt oder von dieser stammende Mitteilungen an eine weitere Person weiterleitet (Ziff. 2, sogenannter "Nachrichtenmittler"). Bei der rückwirkenden Randdatenerhebung ( Art. 273 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 StPO ) geht es weder um eine zu erwartende "Benutzung" des Drittanschlusses durch den Beschuldigten ( Art. 270 lit. b Ziff. 1 StPO , vgl. BGE 138 IV 232 ) noch um eine voraussichtliche Entgegennahme oder Weiterleitung von "Mitteilungen" (vom Beschuldigten oder an ihn) durch die Drittperson ( Art. 270 lit. b Ziff. 2 StPO ; vgl. Bundesgerichtsurteil 1B_441/2013 vom 6. Januar 2014). Die Kommunikation ist bei der rückwirkenden Randdatenerhebung vielmehr bereits abgeschlossen. Die erhobenen Randdaten sind hier - im Gegensatz zur (geheimen) aktiven Randdatenerhebung in Echtzeit - bereits bei der Fernmeldedienst-Anbieterin sicher gespeichert und verwahrt, weshalb diesbezüglich keine Kollusion mehr droht. Überdies bezieht sich die Randdatenerhebung (im Gegensatz zur aktiven Gesprächsüberwachung) nicht auf Nachrichteninhalte (vgl. BGE 137 IV 340 E. 5.1-5.2 S. 346 f., E. 5.5 S. 348, E. 6.1 S. 349 f.; Urteil 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.3). 4.2.3 Art. 270 lit. b StPO dient dem Schutz der Privatsphäre ( Art. 13 BV ) von nicht mit der beschuldigten Person identischen Dritten. Dies ergibt sich deutlich aus der Entstehungsgeschichte und dem Sinn und Zweck der Norm ( BGE 138 IV 232 E. 5 S. 236, E. 6.2 S. 239; BGE 137 IV 340 E. 6 S. 349 ff.; Urteil 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.5; je mit Hinweisen). Der von Art. 270 lit. b StPO angestrebte Privatsphärenschutz wird grundsätzlich hinfällig, wenn die betroffene Drittperson der behördlichen Überwachungsmassnahme ausdrücklich zustimmt bzw. sie sogar selber wünscht , weil sie (etwa im Falle von Privatklägern) ein eigenes Interesse an der Beweiserhebung hat. In solchen Fällen ist unter dem Gesichtspunkt BGE 142 IV 34 S. 38 der Subsidiarität der Überwachungsmassnahme (Art. 273 Abs. 1 i.V.m. Art. 269 Abs. 1 lit. c StPO ) vorgängig zu prüfen, ob die Drittperson, welche die Datenerhebung wünscht, sich allenfalls direkt (mit einem privaten Gesuch gemäss Art. 45 FMG [SR 784.10] bzw. Art. 81 FDV [SR 784.101.1]) an die Fernmeldedienst-Anbieterin wenden kann (vgl. Urteil des Bundesgerichtes 1B_265/2012 vom 21. August 2012 E. 2.3.2-2.3.3). Sofern eine rückwirkende Randdatenerhebung auf dem Telefonanschluss eines getöteten Opfers für die Aufklärung und rechtliche Qualifikation des untersuchten Tötungsdeliktes von wesentlicher Bedeutung erscheint, kann Art. 270 lit. b StPO der Untersuchungsmassnahme nach Art. 273 StPO ebenfalls nicht entgegengehalten werden (Urteil des Bundesgerichtes 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.5). 4.3 Art. 273 StPO ist im Übrigen im Gesamtzusammenhang der massgeblichen Bestimmungen über die Zwangsmassnahmen ( Art. 197-298 StPO , 5. Titel), die "geheimen Überwachungsmassnahmen" ( Art. 269-298 StPO , 8. Kapitel) und die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs ( Art. 269-279 StPO , 1. Abschnitt) auszulegen und anzuwenden: 4.3.1 Die Überwachungsmassnahmen nach Art. 269-273 StPO dienen der Aufklärung von Straftaten, insbesondere der Beweissicherung ( Art. 196 lit. a StPO ). Sie können nur ergriffen werden, wenn sie gesetzlich vorgesehen sind, ein hinreichender Tatverdacht vorliegt, die mit der Zwangsmassnahme angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können und die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt ( Art. 197 Abs. 1 StPO ). Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen ( Art. 197 Abs. 2 StPO ). Diese gesetzlichen Grundvoraussetzungen werden für die Überwachung des Fernmeldeverkehrs in den oben erörterten Art. 269-273 StPO näher konkretisiert (für die Randdatenerhebung insbes. in Art. 269 Abs. 1 lit. b und c und Art. 273 Abs. 1 StPO ). 4.3.2 Auch rückwirkende Randdatenerhebungen nach Art. 273 StPO können nach dem Gesagten zu einem Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen ( Art. 13 Abs. 1 BV ) führen. Zwar werden hier keine Kommunikationsinhalte behördlich überwacht und erfolgt (im Gegensatz zur inhaltlichen Gesprächsüberwachung oder zur aktiven Randdatenerhebung in Echtzeit) keine geheime Untersuchungsmassnahme. Deswegen gilt der Eingriff nach der Praxis des BGE 142 IV 34 S. 39 Bundesgerichtes in der Regel als deutlich weniger einschneidend ( BGE 139 IV 98 E. 4.2 S. 99; BGE 137 IV 340 E. 5.5 S. 348; je mit Hinweisen). Auch hier ist jedoch den oben dargelegten gesetzlichen Schranken und Eingriffsvoraussetzungen ausreichend Rechnung zu tragen. 4.3.3 Der Wortlaut von Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO erlaubt schliesslich nur Erhebungen darüber, wann und mit welchen Personen oder Anschlüssen die überwachte Person über den Fernmeldeverkehr Verbindung gehabt hat (oder - im hier nicht gegebenen Fall der aktiven Randdatenerhebung - noch Verbindung hat). Die Randdatenerhebung nach Art. 273 Abs. 1 lit. a StPO setzt somit eine untersuchungsrelevante Kommunikationsverbindung zu Personen oder Fernmeldeanschlüssen voraus (vgl. BGE 141 IV 108 E. 5.6 S. 123 f., E. 6.2 S. 128; BGE 137 IV 340 E. 5.2 S. 347). Nach der einschlägigen Praxis des Bundesgerichtes verlangt eine rückwirkende Randdatenerhebung (wie jede Überwachungsmassnahme) ausserdem einen direkten Sachzusammenhang zwischen der Überwachungsmassnahme und dem untersuchten Delikt (vgl. Urteil des Bundesgerichtes 1B_251/2013 vom 30. August 2013 E. 5.5). 4.4 4.4.1 Wie die Staatsanwaltschaft darlegt, sei es das Ziel der Überwachung, Zeugenaussagen mit anderen objektivierbaren Beweisergebnissen abzugleichen, da die Zeugen zum "Umfeld" des Privatklägers gehörten. Zu diesem Zweck sei eine Randdatenerhebung auf dem Mobiltelefon des Privatklägers nötig, insbesondere zur Eruierung seiner Standorte zwischen dem 10. und 13. März 2015. Neben dem Privatkläger seien diverse Zeugen einvernommen worden, darunter dessen geschiedene Eltern, die ihn im Zeitraum zwischen dem 10. und 13. März 2015 gesehen hätten. Diese seien darüber befragt worden, mit wem der Privatkläger im genannten Zeitraum Kontakt hatte, wo er sich aufgehalten und was er gemacht habe. 4.4.2 Die Strafuntersuchung richtet sich gegen den beschuldigten Polizisten. Diesem wird vorgeworfen, er habe den 15 Jahre alten Privatkläger anlässlich der polizeilichen Anhaltung vom 13. März 2015 (09.30 Uhr) mehrmals mit der Handfläche und der Faust geschlagen. Nach den bisherigen Untersuchungsergebnissen hat der Privatkläger zwar bereits am 10. März 2015 einen Fahrradunfall erlitten, weswegen er am 11. März 2015 von seinem Arzt untersucht und geröntgt und am Nachmittag des 12. März 2015 am Mittelhandknochen der rechten Hand im Spital operiert wurde. Es bestehen jedoch BGE 142 IV 34 S. 40 Zeugenaussagen des behandelnden Arztes, wonach dieser mit Sicherheit ausschliessen könne, dass zwischen dem 11. und 12. März 2015 (bis zum Spitalaustritt des Privatklägers am 12. März 2015 um ca. 16.30 Uhr) Verletzungen im Gesicht des Privatklägers erkennbar gewesen wären. Gemäss seiner langjährigen ärztlichen Erfahrung würden stumpfe Gesichtsverletzungen innert Minuten bis einer Stunde sichtbar. Laut Befund des bernischen Instituts für Rechtsmedizin, dessen ärztliches Personal den Privatkläger am Nachmittag des 13. März 2015 untersuchte, könnten die festgestellten Verletzungen im Gesicht und am Hinterkopf in einem Zeitfenster von einigen Stunden bis zwei Tagen vor dieser Untersuchung erlitten worden sein. Völlig ausgeschlossen werden könne aber auch der 10. März 2015 als Verletzungszeitpunkt nicht. 4.4.3 Mit der beantragten Randdatenerhebung möchte die Staatsanwaltschaft somit ihre These (zugunsten des Beschuldigten) stützen, wonach der Privatstrafkläger seine Gesichts- und Kopfverletzungen schon vor dem Morgen des 13. März 2015 erlitten haben könnte, insbesondere in der Zeit zwischen dem Nachmittag des 12. März 2015 (nach dem Spitalaustritt des Privatklägers um ca. 16.30 Uhr) und der polizeilichen Anhaltung am 13. März 2015 (09.30 Uhr). Diese These widerspricht den protokollierten Aussagen des Privatklägers und seiner als Zeugen befragten Eltern. Zwar hat die Untersuchungsbehörde auch allfälligen entlastenden Indizien nachzugehen (vgl. Art. 6 Abs. 2 StPO ). Im Ergebnis dient die hier streitige Überwachungsmassnahme jedoch bloss indirekt der Aufklärung der untersuchten Straftaten. Primär scheint die Staatsanwaltschaft bestrebt, die belastenden Aussagen des Privatklägers in Frage zu stellen und die Aussagen von zwei indirekten Zeugen (zum Aufenthalt des Privatklägers vor dem angezeigten Vorfall) zu relativieren. Bei diesen indirekten Zeugen handelt es sich nicht um Tatzeugen. 4.4.4 Bei gesamthafter Würdigung dieser Sachlage ist die Gesetzes- und Verhältnismässigkeit der streitigen Überwachungsmassnahme zu verneinen. Die Nichtgenehmigung des Überwachungsgesuches erweist sich im Ergebnis als bundesrechtskonform. Der Zwangsmassnahmenrichter hatte die Verhältnismässigkeit der Überwachungsmassnahme aufgrund der Aktenlage im Zeitpunkt seines Entscheides zu prüfen. Im Genehmigungsverfahren hat die Staatsanwaltschaft die wesentlichen Verfahrensakten innert 24 Stunden seit Anordnung der Überwachung dem Zwangsmassnahmengericht BGE 142 IV 34 S. 41 zu unterbreiten ( Art. 274 Abs. 1 lit. b StPO ). Die Staatsanwaltschaft hat die schriftliche Zustimmungserklärung des Privatklägers unbestrittenermassen erst am 15. Juli 2015 eingeholt, damit fünf Tage nach dem erfolgten Nichtgenehmigungsentscheid. Insofern ist die nachgereichte Zustimmungserklärung hier als unzulässiges Novum zu behandeln (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG ). 4.5 Im Eventualstandpunkt macht die Staatsanwaltschaft noch geltend, bei Vorliegen einer ausdrücklichen Einwilligung des Anschlussinhabers in die rückwirkende Randdatenerhebung sei gar keine Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht nötig. Dieser Argumentation ist nicht zu folgen: Die oben dargelegten gesetzlichen Voraussetzungen einer behördlich verfügten strafprozessualen Randdatenerhebung bei Dritten, insbesondere das richterliche Genehmigungserfordernis ( Art. 273 Abs. 2 StPO ), sind grundsätzlich auch dann zu beachten, wenn die verfahrensleitende Staatsanwaltschaft sich um eine "Zustimmung" des Inhabers des überwachten Fernmeldeanschlusses bemüht hat. Strafverfahren können nur in den vom Gesetz vorgesehenen Formen durchgeführt werden ( Art. 2 Abs. 2 StPO ). Dies muss namentlich für strafprozessuale Überwachungen gelten ( Art. 197 Abs. 1 lit. a StPO ). Ausserdem ist der Untersuchungsgrundsatz zu beachten ( Art. 6 Abs. 1 und Art. 311 Abs. 1 StPO ). Dafür, dass der Gesetzgeber die strafprozessuale Randdatenerhebung bei Dritten in die freie und von Art. 269-273 StPO abweichende Disposition zwischen der Staatsanwaltschaft und betroffenen Anschlussinhabern hätte legen wollen, findet sich im Gesetz keinerlei Anhaltspunkt. Wie der vorliegende Fall zeigt, empfiehlt es sich im Übrigen, dass die Staatsanwaltschaft eine allfällige schriftliche Zustimmung des von der rückwirkenden Randdatenerhebung betroffenen Dritten zusammen mit dem Genehmigungsgesuch beim Zwangsmassnahmengericht einreicht. (...)
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
87bad928-fbdc-4379-8360-038763f2395c
Urteilskopf 107 V 112 23. Auszug aus dem Urteil vom 27. März 1981 i.S. Städtische Arbeitslosenkasse Bern gegen Reber und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 13 Abs. 3 AlVV . Der gemäss Art. 12 Abs. 1 AlVV massgebende Zeitraum von 365 Tagen wird nicht nur um die Dauer ganztägiger, sondern - unter Umrechnung auf ganze Tage - auch um diejenige nur teilweiser krankheits- oder unfallbedingter Verhinderungen an einer Erwerbstätigkeit verlängert.
Erwägungen ab Seite 112 BGE 107 V 112 S. 112 Aus den Erwägungen: 3. Der für den Nachweis der Mindestzahl von 150 vollen Arbeitstagen massgebende Zeitraum von 365 Tagen wird um die innerhalb dieser Periode liegende Dauer einer (u.a.) krankheits- oder unfallbedingten Verhinderung an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit verlängert ( Art. 13 Abs. 3 AlVV ). a) Die Arbeitslosenkasse wendet sich in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Auffassung der Vorinstanz, es seien im Sinne der erwähnten Verordnungsbestimmung nicht nur Tage mit gänzlicher, sondern auch solche mit lediglich hälftiger krankheits- oder unfallbedingter Verhinderung an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Entgegen der Meinung der Arbeitslosenkasse besteht jedoch kein Anlass, Art. 13 Abs. 3 AlVV , BGE 107 V 112 S. 113 der die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung einer ausreichenden beitragspflichtigen Beschäftigung erleichtern wollte, einschränkend auszulegen und nur ganztägige Verhinderungen an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit in Betracht zu ziehen. Wohl aber sprechen gewichtige Gründe für die Lösung der Vorinstanz, die auch vom Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit befürwortet wird. Denn es wäre stossend, wenn einerseits eine teilweise Verhinderung eines Versicherten an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht zu einer Verlängerung des massgeblichen Zeitraumes von 365 Tagen führen würde, obschon sie während einer verhältnismässig langen Zeit bestünde, während andererseits schon eine nur kurzfristige, aber ganztägige Verhinderung eine entsprechende Ausdehnung des massgeblichen Zeitraumes zu bewirken vermöchte. b) Laut ärztlicher Auskunft ist die Versicherte seit dem 30. April 1979 zur Hälfte arbeitsunfähig. Dies entspricht innerhalb des massgebenden Zeitraums bis zum 2. Januar 1980 einer Dauer von 248 Halbtagen bzw. von 124 Ganztagen mit verhinderter Erwerbstätigkeit. Damit verlängert sich die massgebende Periode von 365 Tagen über den 3. Januar 1979 hinaus rückwärts um weitere 124 Tage, also bis zum 1. September 1978. Im Zeitraum von diesem Tag an bis zum 2. Januar 1980 sind die zur Anspruchsberechtigung mindestens nötigen 150 vollen Arbeitstage nachgewiesen.
null
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
87bfae1b-a061-4b42-80b4-4d4f1fc73028
Urteilskopf 97 I 235 35. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 1971 i.S. Werner gegen Kaiser AG und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt
Regeste Vollstreckung ausserkantonaler Zivilurteile. Art. 61 BV , 81 Abs. 2 SchKG. Freie Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verweigerung der Rechtsöffnung (Erw. 4). Als Zivilurteil gilt auch ein in einem Zivilprozess ergangener Kostenentscheid (Erw. 5). Erfordernis der Zuständigkeit des Richters, der das Urteil erlassen hat. - Die Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Recht des Kantons, in dem das Urteil erging (Erw. 5 a). - Die Vollstreckung darf nicht verweigert werden, weil der ausserkantonale Richter seine Zuständigkeit nicht geprüft hat, sondern nur wenn er tatsächlich unzuständig war (Erw. 5 b).
Sachverhalt ab Seite 236 BGE 97 I 235 S. 236 A.- Die Firma Kaiser AG in Basel schloss am 10./27. April 1967 mit der in Dussnang (TG) wohnhaften Frau Maria Werner einen Miet-Kauf-Vertrag über zwei Kaffeemaschinen durch Unterzeichnung eines vorgedruckten Formulars, das in Ziff. 14 bestimmt: "Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Basel". Aufgrund dieses Vertrages betrieb die Kaiser AG Frau Werner im August 1968 für Fr. 7'908.-- nebst Zinsen und Kosten und verlangte, als Frau Werner Recht vorschlug, provisorische Rechtsöffnung. Diese wurde ihr vom Bezirksgerichtspräsidium Münchwilen mit Entscheid vom 16. Dezember 1968 erteilt. Frau Werner reichte keine Aberkennungsklage ein, bezahlte die Betreibungsforderung auf Pfändung hin und erhob dann im Mai 1969 beim Bezirksgericht Münchwilen für den Betrag von Fr. 2'606.30 nebst 5% Zins seit 1. April 1969 Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG gegen die Kaiser AG. Nachdem diese die Klageschrift erhalten hatte, schrieb sie dem Bezirksgerichtspräsidium am 23. Mai 1969, dass Basel als Gerichtsstand vereinbart worden und das Bezirksgericht Münchwilen daher unzuständig sei. Am 12. Mai 1970 lud das Bezirksgerichtspräsidium Münchwilen die Parteien auf den 2. Juni 1970 zur Verhandlung vor unter Hinweis auf die in §§ 80-83 thurg. ZPO vorgesehenen Säumnisfolgen. Mit Eingabe vom 14. Mai 1970 teilte die Kaiser AG dem Bezirksgericht mit, dass sie nicht erscheinen werde und das Gericht ersuche, sich als örtlich unzuständig zu erklären oder ihr, sofern diese schriftliche Eingabe nicht genügen sollte, eine beschwerdefähige Verfügung zuzustellen. Mit Verfügung vom 25. Mai 1970 hielt das Bezirksgerichtspräsidium indessen an der erlassenen Vorladung fest mit der Begründung, dass nicht das Gerichtspräsidium, sondern das Gericht anlässlich der Hauptverhandlung über die Frage der Zuständigkeit zu entscheiden habe. An dieser Verhandlung, zu der die Kaiser AG nicht erschien, auferlegte das Bezirksgericht Münchwilen der Kaiser AG wegen unentschuldigten Wegbleibens eine Busse von Fr. 50.- sowie Fr. 94.50 Gerichtskosten und verpflichtete sie, der Klägerin eine Parteientschädigung von Fr. 145.-- zu bezahlen. Dieser Beschluss wurde der Beklagten am 10. Juni 1970 BGE 97 I 235 S. 237 zugestellt mit der Bemerkung, dass dagegen innert 10 Tagen Beschwerde beim Obergericht des Kantons Thurgau erhoben werden könne. B.- Gestützt auf den Beschluss des Bezirksgerichts Münchwilen vom 2. Juni 1970 betrieb Frau Werner am 2. Juli 1970 die Kaiser AG in Basel für die Parteientschädigung von Fr. 145.--. Die Kaiser AG erhob Rechtsvorschlag und beantragte, als Frau Werner definitive Rechtsöffnung verlangte, Verweigerung derselben wegen Unzuständigkeit des thurgauischen Gerichts. Der Zivilgerichtspräsident Basel-Stadt bewilligte die definitive Rechtsöffnung mit Urteil vom 25. August 1970 in der Annahme, bei einer Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG sei eine Gerichtsstandsvereinbarung sowohl nach dieser Bestimmung als auch nach § 9 thurg. ZPO unzulässig. Die Kaiser AG focht diesen Entscheid mit einer Willkürbeschwerde im Sinne von § 242 Abs. 2 basel-städt. ZPO an. Der Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt hiess diese Beschwerde dahin gut, dass er das Urteil des Zivilgerichtspräsidenten vom 25. August 1970 aufhob und das Rechtsöffnungsbegehren abwies. Zur Begründung führte er aus: Die Kaiser AG habe vorerst davon ausgehen dürfen, dass die Gerichtsstandsklausel gültig sei, und sei auch nicht gehalten gewesen, irgendwelche Prozessvorkehren zu treffen oder die Einrede der Unzuständigkeit in der vom thurgauischen Prozessrecht vorgeschriebenen Form geltend zu machen ( BGE 34 I 267 ). Sie sei somit nicht verpflichtet gewesen, zur Bestreitung der Zuständigkeit vor dem als unzuständig betrachteten Gericht zu erscheinen. Dieses hätte den Entscheid über die Zuständigkeit ohne Anwesenheit der Kaiser AG treffen können und auch sollen. Es habe indes seine Kompetenz überhaupt nicht geprüft, sondern die Kaiser AG wegen ihres Nichterscheinens mit Busse und Kosten bedacht. Insofern handle es sich um eine Frage der Kompetenz, die vom Rechtsöffnungsrichter zu prüfen sei ( Art. 81 Abs. 2 SchKG ). Die Annahme des Zivilgerichtspräsidenten, der Thurgauer Richter sei zu diesem Kostenentscheid kompetent gewesen, sei nicht haltbar, da damit gegen ein fundamentales Recht einer Partei verstossen werde, welche die Einrede der Unzuständigkeit erhoben habe. Die Frage, ob die Gerichtsstandsklausel gültig oder ob eine solche bei Art. 86 SchKG zulässig sei, brauche der Rechtsöffnungsrichter BGE 97 I 235 S. 238 nicht zu entscheiden, da auch der Thurgauer Richter zu dieser Klausel nicht Stellung genommen, ja seine Kompetenz überhaupt nicht geprüft habe. C.- Gegen dieses Urteil des Appellationsgerichtsausschusses hat Frau Maria Werner staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie macht Verletzung der Art. 4, 59 und 61 BV geltend. D.- Das Appellationsgericht Basel-Stadt beantragt unter Hinweis auf sein motiviertes Urteil Abweisung der Beschwerde. Die Kaiser AG beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit auf sie einzutreten sei. Das Bundesgericht hebt das angefochtene Urteil wegen Verletzung des Art. 61 BV auf aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 4. Nach Art. 61 BV sollen die rechtskräftigen Zivilurteile, die in einem Kanton gefällt sind, in der ganzen Schweiz vollzogen werden. Die Art. 80 und 81 SchKG führen diesen Grundsatz für auf Geldzahlung oder Sicherheitsleistung gerichtete Zivilurteile gesetzlich aus. Bei Beschwerden wegen Verweigerung der Rechtsöffnung für ein ausserkantonales Zivilurteil prüft das Bundesgericht alle Voraussetzungen der VOIlstreckbarkeit frei, und es genügt zur Gutheissung der Beschwerde, dass eine auch nur unrichtige Auslegung oder Anwendung der Art. 80 und 81 SchKG zur Abweisung des Rechtsöffnungsbegehrens geführt hat ( BGE 71 I 24 E. 1 und dort angeführte frühere Urteile; BGE 72 I 88 E. 1, BGE 87 I 50 E. 1 und 293 E. 1)... 5. Art. 61 BV bezieht sich nur auf Zivilurteile. Dass der Beschluss des Bezirksgerichts Münchwilen vom 2. Juni 1970, durch den die Beschwerdegegnerin zur Bezahlung einer Parteientschädigung an die Beschwerdeführerin verurteilt wurde, ein solches Urteil ist, hat die Beschwerdegegnerin mit Recht nicht bestritten, denn als Zivilurteile gelten auch Kostenentscheide, die in einem Verfahren zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche ergangen sind ( BGE 36 I 611 E. 2 und 615 E. 1, BGE 54 I 172 E. 4, nicht veröffentlichtes Urteil vom 12. Februar 1971 i.S. Kanton Waadt c. Celato). Ferner ist unbestritten, dass der Beschluss rechtskräftig geworden ist. Die dem Zivilgerichtspräsidenten Basel-Stadt vorgelegte Ausfertigung des Beschlusses war mit einer Rechtskraftbescheinigung versehen, und die BGE 97 I 235 S. 239 Beschwerdegegnerin hat nie behauptet, die gegen den Beschluss zulässige Beschwerde an das Obergericht des Kantons Thurgau erhoben zu haben. Die basel-städtischen Gerichte dürfen daher die definitive Rechtsöffnung für den Kostenentscheid nur verweigern, wenn eine der nach Art. 81 Abs. 1 und 2 SchKG zulässigen Einreden von der Schuldnerin erhoben worden und begründet ist. Im vorliegenden Falle ist nur streitig, ob das Bezirksgericht Münchwilen örtlich zuständig war, den Beschluss vom 2. Juni 1970 zu fassen. a) Die Beschwerdegegnerin ist der Auffassung, der Basler Rechtsöffnungsrichter habe diese Frage nicht nach dem thurgauischen, sondern nach dem basel-städtischen Recht zu beurteilen. Sie beruft sich dafür auf § 258 basel-städt. ZPO, der in der Tat bestimmt, dass das Gericht über Einwendungen gegen die Zuständigkeit auswärtiger Gerichte "nach den Grundsätzen seines eigenen Rechts entscheidet". Diese Ordnung steht indes, was die Vollstreckung von Urteilen anderer Kantone betrifft, im Widerspruch mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 61 BV . Danach ist ein ausserkantonales Urteil zu vollstrecken, wenn das Gericht des andern Kantons nach dessen eigener Gesetzgebung in der Sache zuständig war und diese Zuständigkeit ohne Verletzung bundesrechtlicher Gerichtsstandsbestimmungen in Anspruch nehmen konnte ( BGE 61 I 262 /3, BGE 71 I 25 E. 3; JAEGER N. 16 zu Art. 81 SchKG ). Die von der Beschwerdeführerin nachgesuchte Vollstreckung darf daher von den Basler Gerichten nur verweigert werden, wenn das Bezirksgericht Münchwilen entweder nach thurgauischem Recht unzuständig war, oder wenn es zwar nach thurgauischem Recht zuständig war, dieses Recht aber gegen eine bundesrechtliche Gerichtsstandsbestimmung verstösst. b) Wie es sich damit verhält, hat das Appellationsgericht nicht geprüft. Es hat zwar die Annahme des Zivilgerichtspräsidenten, der Thurgauer Richter sei zum Kostenentscheid zuständig gewesen, als "nicht haltbar" bezeichnet. In Wirklichkeit hat es aber, wie sich aus seinen weiteren Ausführungen ergibt, die Rechtsöffnung deshalb verweigert, weil das Bezirksgericht Münchwilen seine Zuständigkeit nicht geprüft habe, obwohl es dies ohne Anwesenheit der Beklagten hätte tun können und auch sollen. Das ist jedoch kein Grund zur Verweigerung der Rechtsöffnung. Man kann sich fragen, ob das Bezirksgericht, von dem die Beschwerdegegnerin ausdrücklich einen beschwerdefähigen BGE 97 I 235 S. 240 Entscheid verlangt hatte, nicht dadurch, dass es den mit Beschwerde anfechtbaren Beschluss vom 2. Juni 1970 fasste, sich zum mindesten als vorläufig zuständig erklärt hat. Davon abgesehen darf nach Art. 61 BV in Verbindung mit Art. 81 Abs. 2 SchKG die definitive Rechtsöffnung für einen Entscheid nicht schon dann verweigert werden, wenn der ausserkantonale Richter seine Zuständigkeit ungenügend oder überhaupt nicht geprüft hat, sondern nur dann, wenn er tatsächlich unzuständig war. Die Berufung des Appellationsgerichts auf BGE 34 I 267 geht fehl. Das Bundesgericht hat in diesem Urteil wie schon in BGE 34 I 56 allerdings ausgeführt, dass der vor einem unzuständigen Richter Belangte nicht gehalten sei, vor diesem Richter zu erscheinen und die Unzuständigkeitseinrede nach Massgabe der dortigen Prozessgesetzgebung zu erheben. Es hat die dort angefochtenen Entscheide indessen nicht deshalb aufgehoben, weil der Beklagte der Vorladung nicht Folge zu leisten brauchte, sondern deshalb, weil die Gerichte, welche die Entscheide gefällt hatten, nach Art. 59 BV unzuständig gewesen waren. Im vorliegenden Falle hat es die Beschwerdegegnerin unterlassen, den Entscheid des Bezirksgerichts Münchwilen mit einem kantonalen Rechtsmittel oder mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten. Das schadet ihr insofern nicht, als die Einrede der Unzuständigkeit nach Art. 81 Abs. 2 SchKG auch noch im Rechtsöffnungsverfahren erhoben werden kann (vgl. BGE 87 I 50 E. 2 und 129). Dagegen darf die Rechtsöffnung für den Entscheid des Bezirksgerichts Münchwilen nach dem Gesagten nur verweigert werden, wenn dieses Gericht nach Massgabe des thurgauischen Rechtes oder nach Bundesrecht örtlich unzuständig war, weshalb das angefochtene Urteil, in dem diese Frage nicht geprüft worden ist, wegen Verletzung des Art. 61 BV aufzuheben ist. Nach der ausdrücklichen Vorschrift in Art. 86 Abs. 2 SchKG kann die Rückforderungsklage auch beim Gericht des Betreibungsortes angehoben werden. Diese in einem Bundesgesetz enthaltene Zuständigkeitsnorm ist verbindlich ohne Rücksicht darauf, ob sie von einer Verfassungsnorm abweicht (nicht veröffentlichtes Urteil vom 9. Februar 1955 i.S. Moeschler c. Friedensrichter des Kreises Zofingen; vgl. BGE 72 I 176 E. 3, BGE 76 I 48 E. 2 am Ende), weshalb die Zuständigkeit des Bezirksgerichts Münchwilen jedenfalls nicht aufgrund des Art. 59 BV verneint werden kann. Es kann sich nur fragen, ob dieses Gericht BGE 97 I 235 S. 241 deshalb unzuständig ist, weil nach thurgauischem Prozessrecht Gerichtsstandsvereinbarungen auch bei Rückforderungsklagen zulässig sind und die im Vertrag vom 10./27. April 1967 enthaltene Gerichtsstandsklausel entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin gültig ist und sich auch auf die Rückforderung bezieht. Das Appellationsgericht hat diese im angefochtenen Entscheid offen gelassene Frage nun zu entscheiden. Sollte es dabei zum Schlusse kommen, dass das Bezirksgericht Münchwilen unzuständig sei, und die Rechtsöffnung nochmals verweigern, so könnte dieser Entscheid von der Beschwerdeführerin wiederum mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 61 BV angefochten werden.
public_law
nan
de
1,971
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
87ca51f8-5906-4fa8-88f0-d6c5e2e04c0e
Urteilskopf 105 III 11 3. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 14. Februar 1979 i.S. L. Bank (Rekurs)
Regeste Konkurs; Verwertung der Rechte aus einem Verkaufsversprechen ("promesse de vente"), das mit einem im Grundbuch vorgemerkten Kaufsrecht verbunden ist. 1. Vorgehen, wenn streitig ist, ob die Rechte aus einem Verkaufsversprechen dem Gemeinschuldner oder einem Dritten zustehen (E. 2). 2. Es liegt im Ermessen der Konkursverwaltung (bzw. der Gläubigergesamtheit), ob sie die Rechte aus einem Verkaufsversprechen freihändig veräussern, ob sie in den Vertrag eintreten oder ob sie versuchen will, den Vertrag rückgängig zu machen und eine geleistete Anzahlung zurückzufordern (E. 3). 3. Dient ein Kaufsrecht der Sicherung eines Verkaufsversprechens, so kann es nicht unabhängig von diesem veräussert werden (E. 4). 4. Die Übertragung der Rechte und Pflichten aus einem Kaufvertrag an einen Dritten ist nur möglich, wenn die Gegenpartei mitwirkt (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 105 III 11 S. 12 A.- Mit Vertrag vom 10./16. Juli 1973 verpflichteten sich die Gebrüder P., der H. AG die Grundstücke GB Nr. 10241, 10252 und 10293 in der Gemeinde Plan-les-Ouates zu verkaufen (promesse de vente). Der Kaufpreis wurde auf Fr. 356'6360.- festgesetzt, wovon Fr. 1'500'000.- sofort anbezahlt wurden. Der Kaufvertrag sollte 3 Monate nach der in Aussicht stehenden Umzonung der Grundstücke, spätestens aber nach Ablauf von 10 Jahren abgeschlossen werden. Zur Sicherung des Verkaufsversprechens räumten die Gebrüder P. der H. AG zum gleichen Preis für die Dauer von 10 Jahren ein Kaufsrecht ein, das im Grundbuch vorgemerkt wurde. Zur Finanzierung der Anzahlung gewährte die L. Bank der H. AG am 31. Oktober 1973 ein Darlehen im Betrag von Fr. 1'500'000.-. Als Sicherheit zedierte die H. AG der L. Bank unter anderem das Verkaufsversprechen. Am 13. Juni 1975 zedierte sie der Bank ferner ihre Forderung auf Rückzahlung des anbezahlten Betrages von Fr. 1'500'000.- gegen die Gebrüder P. in der Annahme, das Verkaufsversprechen werde aufgelöst. Für den Fall, dass das Verkaufsversprechen auf einen Dritten übertragen werden sollte, zedierte sie am 5. August 1975 überdies auch ihre allfällige Forderung gegen diesen Dritten aus der geleisteten Anzahlung. Am 12. Mai 1976 wurde über die H. AG der Konkurs eröffnet. Die L. Bank gab unter anderem ihre Darlehensforderung von Fr. 1'500'000.- zuzüglich Zins ein, wobei sie darauf hinwies, die Forderung sei durch die erwähnten Zessionen gesichert. Die Konkursverwaltung liess die angemeldete Forderung in der 5. Klasse zu, lehnte es jedoch ab, sie als pfandgesichert zu kollozieren. Gegen die Kollokationsverfügung leitete die L. Bank Kollokationsklage ein, reichte die Klage indessen nach durchgeführtem Aussöhnungsversuch nicht beim Gericht ein, so dass die Verfügung rechtskräftig wurde. B.- Mit Zirkular vom 20. Dezember 1978 ersuchte die Konkursverwaltung die Gläubiger um Zustimmung zum freihändigen Verkauf des Kaufsrechts an die S.I. Salève zum Preise von Fr. 600'000.-, unter gleichzeitiger Befreiung der Gemeinschuldnerin aus allen Verpflichtungen aus dem Verkaufsversprechen und Verzicht der Gebrüder P. auf ihre eingegebene Forderung auf Bezahlung des Restkaufpreises. Sie bot den Gläubigern Gelegenheit, höhere Angebote zu machen. Gegen das Zirkular der Konkursverwaltung, dem die Mehrheit der Gläubiger zustimmte, erhob die L. Bank bei der BGE 105 III 11 S. 13 Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern Beschwerde. Sie beantragte, der Beschluss, das Kaufsrecht zum Preise von Fr. 600'000.- freihändig zu verwerten, sei aufzuheben und die Konkursverwaltung sei anzuweisen, die von der Gemeinschuldnerin an die Gebrüder P. geleistete Anzahlung von Fr. 1'500'000.- von diesen zurückzufordern und an die Beschwerdeführerin zu zahlen oder die Ansprüche gegen die Gebrüder P. an die Beschwerdeführerin abzutreten. Mit Entscheid vom 18. Januar 1979 wies die Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab. C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts stellt die L. Bank folgende Anträge: "A. Der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 18. Januar 1979 sei aufzuheben und es sei zu entscheiden: 1. Der Beschluss und die Verfügung der Konkursverwaltung und des Gläubigerausschusses der H. AG, das Kaufsrecht an den Grundstücken in Plan-les-Ouates, GBBl. No 10241, 10252 und 10923 durch Verkauf an die S.I. Salève zum Preise von Fr. 600'000.- freihändig zu verwerten, seien aufzuheben. 2. Die Konkursverwaltung sei anzuweisen, die von H. AG gemäss "Promesse de Vente" vom 10./16. Juli 1973 an die Gebrüder P. geleistete Anzahlung von Fr. 1'500'000.- von diesen zurückzufordern und an die Rekurrentin zu zahlen. 3. Die Konkursverwaltung sei anzuweisen, Klage gegen die Rekurrentin auf Feststellung ihrer Rechte aus der "Promesse de Vente" vom 10./16. Juli 1973 einzuleiten. B. (Eventuell) Der Entscheid der Kantonalen Aufsichtsbehörde vom 18. Januar 1979 sei aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Ergänzung des Sachverhalts und zum neuen Entscheid zurückzuweisen." Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit sie darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Antrag, die Konkursverwaltung sei anzuweisen, gegen die Rekurrentin Klage auf Feststellung ihrer Rechte aus der promesse de vente einzuleiten, bildete weder Gegenstand des kantonalen Beschwerdeverfahrens noch der angefochtenen Verfügung der Konkursverwaltung. Nichts hinderte die Rekurrentin, ihn schon im kantonalen Verfahren zu stellen. Der Antrag ist daher neu, so dass darauf nicht eingetreten werden kann ( Art. 79 Abs. 1 OG ). BGE 105 III 11 S. 14 Immerhin sei beigefügt, dass die Ausführungen im angefochtenen Entscheid, durch welche der Antrag veranlasst wurde, unzutreffend sind. Die Vorinstanz geht nämlich davon aus, die Rekurrentin hätte, wenn sie hätte geltend machen wollen, das Kaufsrecht stehe ihr zu und nicht der Konkursmasse, innert einer Frist von 10 Tagen seit Mitteilung der Kollokationsverfügung gemäss Art. 242 SchKG Aussonderungsklage erheben müssen. Indessen haben Kollokationsverfahren und Aussonderungsverfahren nichts miteinander zu tun. Das eine Verfahren betrifft die Passiven, das andere die Aktiven der Konkursmasse. Über Aussonderungsansprüche ist deshalb nicht im Kollokationsplan zu befinden ( BGE 54 III 213 ff., BGE 45 III 45 , BGE 39 I 498 E. 2, BGE 37 I 443 ). Abgesehen davon ist nach der Rechtsprechung das Aussonderungsverfahren gar nicht anwendbar, wenn ein Dritter geltend macht, eine nicht in einem Wertpapier verkörperte Forderung oder ein anderes Recht stehe nicht dem Gemeinschuldner, sondern ihm zu, und die Konkursverwaltung ist daher in einem solchen Fall nicht befugt, dem Dritten Frist zur Aussonderungsklage anzusetzen unter der Androhung, dass bei Nichteinhaltung der Frist der Anspruch als verwirkt gelte ( BGE 90 III 92 , 87 III 16, BGE 76 III 10 /11, BGE 70 III 36 ff.). Fehl geht freilich auch die Auffassung der Rekurrentin, es sei stets die Konkursverwaltung, die klagen müsse, wenn streitig sei, wem eine Forderung zustehe. Wie das Bundesgericht in BGE 87 III 20 klargestellt hat, ist die Meinung der von der Rekurrentin zitierten Rechtsprechung ( BGE 76 III 11 ) nur die, dass die Konkursverwaltung dann gegen den Drittansprecher zu klagen hat, wenn ihr an der gerichtlichen Feststellung ihres Gläubigerrechts gelegen ist. Eine Klage erübrigt sich z.B. dann, wenn der Drittschuldner trotz des Drittanspruchs ohne weiteres bereit ist, an die Konkursmasse zu leisten. Ob die Konkursverwaltung gegen den Drittansprecher klagen oder ob sie direkt gegen den Drittschuldner vorgehen will (auf die Gefahr hin, dass dieser seine Leistung gemäss Art. 168 Abs. 1 OR gerichtlich hinterlegt und es doch zum Prätendentenstreit kommt), liegt in ihrem Ermessen. Der Drittansprecher kann die Konkursverwaltung daher nicht auf dem Beschwerdeweg in die Klägerrolle drängen, wie es die Rekurrentin mit ihrem Antrag bezweckt ( BGE 87 III 20 /21). 3. Ebenso liegt es im Ermessen der Konkursverwaltung (bzw. der Gläubigergesamtheit), ob sie gemäss Art. 211 Abs. 2 SchKG in den Vertrag mit den Gebrüdern P. eintreten, ob sie die Rechte aus diesem Vertrag freihändig veräussern oder ob sie versuchen will, BGE 105 III 11 S. 15 die geleistete Anzahlung von Fr. 1'500'000.- zurückzuerlangen. Der Antrag, die Konkursverwaltung sei anzuweisen, die Anzahlung zurückzufordern und an die Rekurrentin zu zahlen, kann daher nicht Gegenstand einer Beschwerde an die Aufsichtsbehörde bilden. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, mit welchem Recht die Konkursverwaltung die Anzahlung zurückfordern könnte. Ein Rückforderungsanspruch könnte nur zur Entstehung gelangen, wenn der Gemeinschuldnerin das Recht zustünde, vom Vertrag vom 10./16. Juli 1973 zurückzutreten. Ein Rücktrittsrecht wurde der Gemeinschuldnerin jedoch nirgends eingeräumt. Sie verpflichtete sich in dem mit "promesse de vente" überschriebenen Teil des Vertrags im Gegenteil ohne jede Einschränkung oder Bedingung, die fraglichen Grundstücke zu kaufen (Messieurs P. "s'obligent par les présentes, à vendre sous toutes dues garanties de droit: à la société H. AG, que Monsieur son représentant également comparant oblige à acquérir, un domaine sis sur la commune de Plan-les-Ouates..."). Entgegen der von der Rekurrentin zitierten Ansicht von GULDNER (in: FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl., Bd. II, S. 68) berechtigen auch konkursrechtliche Gründe die Konkursverwaltung nicht zum Vertragsrücktritt (zur Publikation bestimmtes Urteil des Bundesgerichts vom 26. Oktober 1978 i.S. Konkursmasse der Wohnkomfort AG gegen Jeger, E. 3b). Die Konkursverwaltung könnte höchstens mit den Gebrüdern P. Verhandlungen darüber aufnehmen, ob und allenfalls unter welchen Bedingungen diese bereit wären, zu einer Aufhebung des Vertrags und zur (ganzen oder teilweisen) Rückerstattung der Anzahlung Hand zu bieten. Wenn die Mehrheit der Gläubiger statt dessen die Rechte aus dem Vertrag freihändig veräussern will, so liegt das wie gesagt in ihrer Machtbefugnis, und die Aufsichtsbehörden könnten nur eingreifen, wenn die von den Gläubigern beschlossene Massnahme mit dem Zweck des Konkursverfahrens geradezu unverträglich wäre ( BGE 86 III 103 , mit Hinweisen). Das ist offensichtlich nicht der Fall. Im übrigen widerspricht sich die Rekurrentin selbst, wenn sie einerseits verlangt, die Konkursverwaltung habe die Anzahlung zurückzufordern, anderseits aber geltend macht, der Rückforderungsanspruch sei ihr sicherheitshalber abgetreten worden. Träfe dies nämlich zu, so könnte die Konkursverwaltung die Anzahlung zum vornherein nicht mit Aussicht auf Erfolg zurückfordern. Vielmehr wäre es Sache der Rekurrentin als BGE 105 III 11 S. 16 Zessionarin, gegen die Gebrüder P. vorzugehen, wenn sie glaubt, diese seien zur Rückerstattung der Anzahlung verpflichtet. Nichts hindert sie, dies zu versuchen. 4. Ihren Antrag auf Aufhebung des Beschlusses, das Kaufsrecht zum Preise von Fr. 600'000.- zu verwerten, begründet die Rekurrentin damit, das lediglich der Sicherung der promesse de vente dienende Kaufsrecht könne nicht unabhängig von dieser veräussert werden; die Veräusserung des Kaufsrechts setze die Auflösung der promesse de vente voraus, was zur Folge habe, dass die Gebrüder P. die Anzahlung zurückerstatten müssten, und zwar an die Rekurrentin als Zessionarin dieser Forderung; gestützt auf die Abtretung vom 5. August 1975 stehe der Rekurrentin zudem auch der Erlös aus der Veräusserung des Kaufsrechts im Betrag von Fr. 600'000.- zu. Es ist richtig, dass das Kaufsrecht nicht unabhängig von der promesse de vente veräussert werden kann. Die rechtliche Konstruktion der Vereinbarung vom 10./16. Juli 1973 entspricht im wesentlichen derjenigen, die das Bundesgericht im Falle Blum gegen Bancofin ( BGE 103 III 106 ff.) zu untersuchen hatte. Auch hier handelt es sich nicht um einen blossen Vorvertrag, der die Parteien zum Abschluss des Kaufvertrages verpflichten würde. Die promesse de vente ist vielmehr selbst als Kaufvertrag zu betrachten, haben sich die Parteien doch darin bereits über alle wesentlichen Punkte des Kaufs geeinigt. Zur Sicherung ihres kaufvertraglichen Anspruchs auf Eigentumsübertragung liess sich die Käuferin ein Kaufsrecht einräumen, das im Grundbuch vorgemerkt wurde. Hat das Kaufsrecht aber bloss Sicherungsfunktion, so liegt es auf der Hand, dass es nicht allein, ohne die übrigen aus dem Kaufvertrag fliessenden Rechte und Pflichten, an einen Dritten abgetreten werden kann, denn es kann ja nur zu den im Vertrag vom 10./16. Juli 1973 festgelegten Bedingungen ausgeübt werden. Dementsprechend wurde es auch nicht als abtretbar bezeichnet, was Voraussetzung dafür wäre, dass es ohne Mitwirkung des Verkäufers auf einen Dritten übertragen werden könnte ( BGE 94 II 279 E. 3, mit Hinweisen). Indessen ist es trotz der missverständlichen Überschrift des Zirkulars offensichtlich nicht die Absicht der Konkursverwaltung, das Kaufsrecht selbständig zu verwerten. Im Kopf des Vertragsentwurfs mit der S.I. Salève wird nämlich ausdrücklich gesagt, der Vertrag betreffe einerseits die Abtretung des Kaufsrechts, anderseits die Übernahme der Rechte und Pflichten aus der promesse de vente. Zudem wird in Ziff. 3 lit. b des BGE 105 III 11 S. 17 Entwurfs der Vollzug der Abtretung des Kaufsrechts von der unwiderruflichen Rückzugserklärung der Forderungseingabe der Gebrüder P. abhängig gemacht, was keinen Sinn hätte, wenn angenommen würde, die Rechte aus der promesse de vente verblieben bei der Konkursmasse. Freilich enthält der vorgesehene Vertragstext selbst keine Bestimmung bezüglich der Übernahme der Rechte und Pflichten aus der promesse de vente. Auch fehlt es im Vertragsentwurf an der Mitwirkung der Gebrüder P., die indessen unumgänglich ist, da Rechte und Pflichten aus einem Grundstückskaufvertrag nur durch öffentlich beurkundeten Vertrag zwischen den ursprünglichen Parteien und dem neu eintretenden Dritten auf diesen übertragen werden können, sofern sich die Gegenpartei nicht zum vornherein mit der Übertragung einverstanden erklärt hat ( BGE 84 II 20 /21, BGE 47 II 420 /421; vgl. auch BGE 94 II 279 , BGE 48 II 470 ). Der blosse Rückzug der Konkurseingabe genügt daher nicht. Wie der noch gar nicht abgeschlossene Vertrag lauten muss, damit er gültig ist, bildet jedoch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, so dass es sich erübrigt, auf diese Fragen näher einzugehen. Aus dem gleichen Grund besteht auch kein Anlass, die Sache entsprechend dem Eventualantrag der Rekurrentin zur Ergänzung des Sachverhalts mit Bezug auf die Unterlagen des geplanten Geschäfts an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im übrigen lagen diese Unterlagen gemäss dem Zirkular beim Konkursamt zur Einsicht auf, und die Rekurrentin macht nicht geltend, die Einsicht sei ihr verweigert worden. Bezweckt die Konkursverwaltung aber die Übertragung sämtlicher Rechte und Pflichten aus dem Vertragswerk zwischen der Gemeinschuldnerin und den Gebrüdern P., so fallen die Rügen der Rekurrentin, das Kaufsrecht könne nicht selbständig veräussert werden und seine Veräusserung setze die Auflösung der promesse de vente voraus, ins Leere. Ob die Rekurrentin gestützt auf die Zession vom 5. August 1975 einen Anspruch auf den Erlös aus dem geplanten Geschäft geltend machen kann, ist sodann nicht im Beschwerdeverfahren, sondern vom Richter im Zivilprozess zu entscheiden. Dieser angebliche Anspruch wird durch den in Aussicht genommenen Freihandverkauf nicht vereitelt, sondern gelangt dadurch im Gegenteil erst zur Entstehung. Die angefochtene Massnahme der Konkursverwaltung bzw. der Gläubiger erweist sich somit auf jeden Fall nicht als gesetzwidrig, so dass der Rekurs abzuweisen ist, soweit auf ihn eingetreten werden kann.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
87cb5827-3538-4519-a7eb-65a28a1c2933
Urteilskopf 123 V 156 27. Auszug aus dem Urteil vom 10. Juni 1997 i. S. Helsana Versicherungen AG gegen Y. und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG : Gerichtskosten. Die Gerichtskosten sind aufgrund der Anträge der beschwerdeführenden Partei, gemessen am Ergebnis der Anfechtung des vorinstanzlichen Entscheids - und somit ohne Rücksicht auf die Anträge der Gegenpartei - zu verlegen (Änderung der Rechtsprechung gemäss BGE 120 V 270 Erw. 3).
Erwägungen ab Seite 156 BGE 123 V 156 S. 156 Aus den Erwägungen: 3. a) Da es im vorliegenden Fall nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht, ist das Verfahren kostenpflichtig ( Art. 134 OG e contrario). Gemäss Art. 156 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG werden die Gerichtskosten in der Regel der unterliegenden Partei auferlegt. Die Gegenpartei trägt im Falle des Unterliegens somit grundsätzlich das Kostenrisiko, auch BGE 123 V 156 S. 157 wenn sie den vorinstanzlichen Entscheid nicht zu vertreten hat. Nimmt sie indessen am bundesgerichtlichen Verfahren nicht teil - indem sie beispielsweise auf eine Vernehmlassung verzichtet - oder beantragt sie Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so werden ihr nach der Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts keine Gerichtskosten auferlegt, wenn der Prozess ausschliesslich verfahrensrechtliche Fragen betrifft ( BGE 120 V 57 f. Erw. 7). Mit BGE 120 V 270 Erw. 3 wurde diese Rechtsprechung sodann auch auf jene Fälle ausgedehnt, wo die unterliegende Partei ohne ihr Zutun, und ohne am Verfahren teilzunehmen, in einem Prozess über eine materielle Frage beteiligt ist. Bei diesen Konstellationen sieht das Gericht jeweils davon ab, Verfahrenskosten zu erheben, wenn es die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutheisst ( BGE 120 V 57 f. Erw. 7 und 270 Erw. 3 in fine). Es fragt sich, ob an dieser Rechtsprechung festzuhalten ist. b) Sprechen keine entscheidenden Gründe zugunsten einer Praxisänderung, ist die bisherige Praxis beizubehalten. Gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit lässt sich eine Praxisänderung grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 122 V 129 Erw. 4, BGE 121 V 85 f. Erw. 6a, 92 Erw. 5b, BGE 119 V 260 f. Erw. 4a). Nach der Rechtsprechung ist eine bisherige Praxis zu ändern, wenn sie als unrichtig erkannt oder wenn deren Verschärfung wegen veränderter Verhältnisse oder zufolge zunehmender Missbräuche für zweckmässig gehalten wird ( BGE 121 V 86 Erw. 6a, BGE 119 V 260 f. Erw. 4a). c) Wer Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreicht, übernimmt die aktive Parteirolle. Er begründet mit dieser Vorkehr nicht nur die Rechtshängigkeit der Sache, sondern bestimmt mit seinem Begehren auch den Streitgegenstand ( BGE 122 V 244 Erw. 2a mit Hinweisen; KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 157, Rz. 260; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 177 ff.). Ordnet das Gericht einen Schriftenwechsel an, stellt es die Beschwerdeschrift u.a. der Gegenpartei zu und setzt ihr eine Frist zur Vernehmlassung an ( Art. 110 Abs. 1 und 2 OG ). Das Vernehmlassungsverfahren dient zum einen der Wahrung des rechtlichen Gehörs und zum andern ist es Instrument der Sachverhaltsabklärung. Inhaltlich hat sich die Beschwerdeantwort auf die Verteidigung des Beschwerdegegners zu beschränken. Da das verwaltungsgerichtliche Verfahren das Institut der Anschlussbeschwerde - unter Vorbehalt von in Spezialgesetzen BGE 123 V 156 S. 158 vorgesehenen Ausnahmen - nicht kennt ( BGE 120 V 127 Erw. 6, BGE 114 V 245 Erw. 4 mit Hinweisen), kommt den vom Beschwerdegegner gestellten Anträgen der Charakter einer prozessualen Anregung zu. Will dieser den vorinstanzlichen Entscheid nicht annehmen, muss er innerhalb der Rechtsmittelfrist selbständig Beschwerde führen (RHINOW/KOLLER/KISS, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel/Frankfurt am Main 1996, S. 296, Rz. 1552 ff.; KÖLZ/HÄNER, a.a.O., S. 174, Rz. 290; GYGI, a.a.O., S. 192 f.). Aus dem Gesagten folgt, dass sich Obsiegen und Unterliegen im Prozess einzig am Rechtsbegehren der beschwerdeführenden Partei orientieren. Massgebend ist, ob und in welchem Umfang diese - zum Nachteil des Beschwerdegegners - eine Änderung des vorinstanzlichen Entscheids zu bewirken vermag. Verzichtet die Gegenpartei auf eine Vernehmlassung, verliert sie dadurch ihre Parteistellung nicht und trägt bis zum Abschluss des Verfahrens das Prozess- und Kostenrisiko. Die geltende Praxis führt insofern zu einer rechtsungleichen Behandlung, als ein Beschwerdegegner, welcher sich nicht vernehmen lässt, Kostenfreiheit geniesst, während jener, welcher sich äussert und Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, mit Kosten belastet werden kann. Je nach Einschätzung der Prozesschancen hat er es damit in der Hand, sich durch Verzicht auf eine Vernehmlassung der drohenden Kostenfolge zu entziehen. Nach BGE 120 V 270 Erw. 3 hängt es demnach von dem Verhalten des Beschwerdegegners und dem von ihm gestellten Antrag ab, ob das Gericht Kosten erheben kann. Dies entspricht indessen nicht Wortlaut und Sinn von Art. 156 Abs. 1 OG . Damit erweist sich die bisherige Rechtsprechung als unrichtig, weshalb daran nicht festgehalten werden kann. d) Im vorliegenden Fall unterliegt die Beschwerdegegnerin, da - entsprechend dem Rechtsbegehren in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde - der vorinstanzliche Entscheid aufgehoben und die Verfügung vom 19. Mai 1994 bestätigt wird. Sie hat daher die Gerichtskosten zu tragen.
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Urteilskopf 110 II 268 54. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 2 août 1984 dans la cause Association pour le Nouvel Hôtel... contre B. (recours en réforme)
Regeste Abgangsentschädigung. Art. 339b und c OR sowie Art. 57 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages (L-GAV) des Gastgewerbes. Arbeitsverhältnisse im Sinne von Art. 339b OR : Umfassen sie auch Arbeit, die der Arbeitnehmer dauerhaft und ununterbrochen im gleichen Unternehmen mit gleichbleibendem oder wechselndem Arbeitgeber geleistet hat, die jedoch auf mehreren unterschiedlichen und einander nachfolgenden Verträgen beruht? Frage offen gelassen, da die Abgangsentschädigung hier so oder anders aufgrund von Art. 57 L-GVA für ein langjähriges Arbeitsverhältnis im gleichen Betrieb geschuldet ist. Im vorliegenden Fall bestehen keine wichtigen Gründe der Vertragsauflösung, um gemäss Art. 339c OR die Entschädigung herabzusetzen oder wegfallen zu lassen.
Sachverhalt ab Seite 269 BGE 110 II 268 S. 269 A.- Dès août 1959, B., né en 1926, a travaillé en qualité de portier de jour et garçon de cuisine à l'Hôtel A. à Genève. Jusqu'en 1974, ledit hôtel appartenait à dame P. et était exploité par elle. L'immeuble fut alors vendu à une société immobilière, tandis que l'hôtel lui-même passa à une autre société qui en confia le "management" à X. S.A. Il n'y eut pas de changement quant au statut professionnel de B., qui continua à oeuvrer comme portier. A fin septembre 1982, X. S.A. cessa l'exploitation de l'hôtel. Les actions de la société immobilière et les avoirs de l'Hôtel A. furent vendus à la ville de Genève, qui mit ledit hôtel à disposition de l'Association pour le Nouvel Hôtel... (ci-après: l'Association). Cette dernière, bien qu'exerçant une activité à but social, reprit le BGE 110 II 268 S. 270 numéro de téléphone et certains clients de l'ancien hôtel; deux ou trois anciens travailleurs de l'hôtel furent également réengagés. X. S.A. donna congé à B. pour le 30 septembre 1982, en indiquant comme motif la fermeture de l'Hôtel A. Sur recommandation de X. S.A., B. fut engagé par l'Association par contrat du 1er octobre 1982, pour le même salaire. Le 28 janvier 1983, l'Association résilia le contrat de travail de B. avec effet au 28 février 1983, s'estimant insatisfaite de ses services. Elle refusa de lui payer une indemnité en raison de longs rapports de service. B.- B. a assigné l'Association et X. S.A. en paiement solidaire de 10'000 francs. Par jugement du 25 août 1983, le Tribunal des prud'hommes du canton de Genève a pris acte de l'engagement de X. S.A. de payer 2'000 francs, avec intérêt, condamné cette société à payer ladite somme et en outre condamné l'Association à payer au demandeur 8'000 francs, avec intérêt. Par arrêt du 22 février 1984, la Chambre d'appel des prud'hommes a confirmé ledit jugement. C.- L'Association exerce un recours en réforme contre l'arrêt cantonal précité. Elle conclut à son annulation et au rejet de la demande. Les hoirs de B., décédé en cours d'instance, concluent principalement au rejet du recours, subsidiairement à ce que l'Association et X. S.A. soient condamnées solidairement à leur payer 10'000 francs avec intérêt dès le 9 novembre 1982. Erwägungen Considérant en droit: 2. a) Selon l'art. 339b CO, si les rapports de travail d'un travailleur âgé d'au moins cinquante ans prennent fin après vingt ans ou plus, l'employeur verse au travailleur une indemnité à raison de ces longs rapports de travail. La jurisprudence du Tribunal fédéral n'a pas encore indiqué ce que signifie l'expression de "rapports de travail (... qui) prennent fin après vingt ans ou plus" au sens de cette disposition; notamment, elle n'a pas eu l'occasion de préciser si - et le cas échéant quand - il faut y inclure des rapports de travail continus dans la même entreprise ou le même établissement, mais reposant formellement sur des contrats de travail distincts et successifs, soit au service du même employeur, soit au service d'employeurs BGE 110 II 268 S. 271 différents, sans qu'il y ait eu reprise des rapports de travail au sens de l'art. 333 CO (cf. en particulier à ce sujet H.-P. TSCHUDI, Probleme bei der Abgangsentschädigung, Wirtschaft und Recht, 1980, p. 237 ss, spécialement pp. 239-241; J.-E. EGLI, L'indemnité de départ dans le contrat de travail, thèse Lausanne 1979, spécialement pp. 70-72; SCHWEINGRUBER, n. 2 ad art. 336b; VISCHER, Traité de droit privé suisse, vol. VII/I, 2, p. 137; G. KOLLER, in Aktuelles Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis, partie 4, chap. 3.9.5; BJM 1974 p. 103, 1975, p. 20; Recueil de jurisprudence neuchâteloise, 1973-1977, Ire partie, p. 304). Toutefois, il n'est pas nécessaire, en l'occurrence, d'examiner plus avant cette question pour les motifs qui seront exposés ci-après. b) L'art. 339b CO est une disposition relativement impérative, qui peut être modifiée en faveur du travailleur (art. 362 CO). Il est admis par l'autorité cantonale, et incontesté par les parties, que les relations de ces dernières sont régies par la Convention collective nationale de travail pour les hôtels, restaurants et cafés du 14 novembre 1980 (ci-après: CCNT). Point n'est besoin de rechercher si le texte légal de l'art. 339b CO conférerait à lui seul au travailleur qui a travaillé le temps nécessaire dans le même établissement, au service d'employeurs successifs mais sans reprise du même contrat de travail par le nouvel employeur, une indemnité en raison de longs rapports de service, car, dans le cas présent, une telle indemnité trouve en tout cas son fondement dans dans l'art. 57 CCNT. Il est en effet patent que les parties à cette convention collective ont voulu préciser - mieux que ne le fait l'art. 339b CO - les éventualités dans lesquelles était due l'indemnité en raison de longs rapports de service, dans un sens en tout cas aussi favorable au travailleur que le texte légal. Il s'ensuit que le contenu de l'art. 57 CCNT est, à cet égard, déterminant (cf. aussi J.E. EGLI, op.cit., pp. 70/71). 3. L'art. 57 CCNT prévoit notamment ce qui suit: "1. Si les rapports de travail d'un employé âgé d'au moins 50 ans prennent fin après quinze ans ou plus chez le même employeur ou dans le même établissement, l'employeur verse à l'employé l'indemnité suivante en raison de ses longs rapports de travail: (...) après 22 ans de travail 5 mois de salaire brut (...) 2. Ces prestations doivent être fournies intégralement par l'employeur qui exploite l'établissement au moment où l'employé quitte ce dernier. Il en est de même si le tenancier a changé entre-temps. BGE 110 II 268 S. 272 5. L'indemnité peut être réduite ou supprimée par le juge si les rapports de travail ont été résiliés par l'employé sans motifs importants, ou par l'employeur pour des motifs importants, ou si ce dernier risque de se trouver dans une situation financière sans issue du fait du versement de l'indemnité. 6. L'indemnité est due en principe au moment de la fin des rapports de travail. (...)" a) Aux termes de la disposition qui précède, l'indemnité à raison de longs rapports de service est due lorsque le travailleur a travaillé le temps nécessaire soit chez le même employeur, soit dans le même établissement. Dans cette seconde éventualité, le texte conventionnel n'exige point que le contrat de travail ait été repris par le nouvel employeur; cela ressort non seulement a contrario de l'art. 57 ch. 1 CCNT, mais aussi implicitement de l'art. 57 ch. 2 CCNT, qui prévoit dans tous les cas que l'indemnité est versée par le dernier employeur. Dans une convention collective destinée à régir les rapports de travail dans les hôtels, restaurants et cafés, "le même établissement" au sens de l'art. 57 ch. 1 CCNT se comprend, en principe, comme étant le même hôtel, restaurant ou café. En l'espèce, dès lors que l'art. 57 CCNT ne pose pas d'autre condition, il est indifférent pour son application que l'Association recourante n'ait pas repris le contrat de travail conclu par le précédent employeur, que le nouvel employeur n'ait pas repris toute l'entreprise, qu'à l'inverse de l'ancien il n'ait pas de but commercial et qu'il s'adresse en partie à une autre clientèle. En outre, il résulte des constatations de fait de l'arrêt attaqué, auxquelles est liée la juridiction de réforme (art. 63 OJ), que B. a travaillé le temps nécessaire dans le même établissement exploité comme hôtel sans discontinuité. C'est donc avec raison que la cour cantonale lui a alloué l'indemnité prévue par l'art. 57 CCNT, dont le montant n'est, en soi, plus litigieux. b) La recourante prétend en vain que la résiliation serait due à des motifs importants, au sens de l'art. 57 ch. 5 CCNT. En effet, ce moyen se heurte aux constatations de fait de l'arrêt attaqué, selon lesquelles l'Association recourante n'a pas établi l'importance des manquements qu'elle reproche au travailleur. La recourante n'invoque à cet égard aucune des circonstances exceptionnelles prévues par la loi, dans lesquelles le Tribunal fédéral peut rectifier ou compléter l'état de fait. Au reste, la cause de réduction invoquée est analogue, dans la CCNT, à celle prévue par l'art. 339c al. 3 CO, BGE 110 II 268 S. 273 qui parle de résiliation par l'employeur "avec effet immédiat pour de justes motifs". Bien que la loi ne s'y réfère pas expressément, il faut comprendre par là une résiliation pour justes motifs au sens de l'art. 337 CO (cf. EGLI, op.cit., pp. 101/102; BRÜHWILER, Handkommentar, n. 5-6 ad art. 339c, p. 27; cf. également arrêt non publié G. c. K. du 2 février 1982, consid. 2). Or il ressort des faits eux-mêmes que l'Association a donné congé à B. en respectant un préavis d'un mois et non pas avec effet immédiat. c) Enfin, la recourante se prévaut également à tort d'un abus de droit (art. 2 CC), pour avoir été soi-disant trompée par X. S.A., au moment où elle prit B. à son service. En effet, selon l'exposé même de la recourante, cette circonstance est totalement étrangère au travailleur et ne saurait être opposée à sa prétention contractuelle. Cela étant, le recours apparaît mal fondé en tous points et doit, partant, être rejeté.
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Urteilskopf 103 Ia 6 2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. Februar 1977 i.S. C. gegen Staatsanwaltschaft und Kantonsgericht von Graubünden
Regeste Willkür im Strafprozess. - Anklageprinzip ( Art. 89 Abs. 2 Ziff. 2 StPO -GR); Begriff, Tragweite, insbesondere hinsichtlich des subjektiven Tatbestands.
Erwägungen ab Seite 6 BGE 103 Ia 6 S. 6 Aus den Erwägungen: 1. b) Gemäss Art. 89 Abs. 2 Ziff. 2 der Bündner StPO hat die Anklageschrift des Staatsanwalts die Darstellung und die rechtliche Qualifikation des Straftatbestandes zu enthalten. Damit ist im kantonalen Verfahrensrecht das Anklageprinzip verankert und wird folglich das Recht des Angeklagten gewährleistet, aus der Anklageschrift zu ersehen, wessen er angeklagt ist und wie sein Verhalten strafrechtlich qualifiziert wird. Das bedingt eine zureichende Umschreibung der Tat, so dass der Angeklagte sich in seiner Verteidigung richtig vorbereiten kann und nicht der Gefahr von Überraschungen ausgesetzt ist (s. C. LUDWIG, Die Anklageschrift, ZStR 1945 S. 221; H.F. PFENNINGER, Anklage, Urteil und Rechtskraft, SJZ 1942/43 S. 353; A. SCHMID, Die Staatsanwaltschaft im bündnerischen Recht, Diss. Zürich 1966, S. 115). Wieweit in concreto jene Individualisierung gehen muss, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Allgemein kann gelten, dass sich BGE 103 Ia 6 S. 7 die Anklage auf das Notwendigste beschränken und auf Weitschweifigkeiten verzichten kann und auch soll, um zu vermeiden, dass durch eine zu ausführliche Darstellung und Erörterung das Gericht zum Nachteil des Angeklagten beeinflusst werde (PFENNINGER, op.cit. S. 354). d) Im übrigen bringt der Beschwerdeführer einzig vor, die Vorinstanz habe in verschiedenen Fällen auf Vorsatz bzw. Eventualvorsatz erkannt, obschon in der Anklageschrift zumeist weder sein Wissen um den wahren Sachverhalt noch der Wille nachgewiesen sei. Diese Rüge verkennt, dass das Anklageprinzip nur eine Darstellung des Sachverhalts in tatsächlicher und rechtlicher Beziehung, nicht aber auch eine Begründung fordert (SCHMID, op.cit. S. 116). Der Beweis des dargestellten Sachverhalts ist in der Beweisverhandlung zu führen (Art. 112 ff. Bündner StPO), nicht in der Anklageschrift. Entsprechend ist es auch erst Sache des Richters zu ermessen, ob genügend sichere Anhaltspunkte für eine eventualvorsätzliche Begehung sprechen. Was sodann die Erwähnung der Vorsatzelemente in der Anklage anbelangt, so ist es nicht willkürlich, den jeweiligen Hinweis auf den gesetzlichen Straftatbestand im Anschluss an den Einzelfall als zureichende Umschreibung jener subjektiven Merkmale gelten zu lassen, wenn der betreffende Tatbestand nur als Vorsatzdelikt erfüllbar ist. Dadurch wird nämlich für den Angeklagten - wie übrigens auch für den Richter - jeder Irrtum darüber, ob jenem Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Begehung zur Last gelegt werde, ausgeschlossen (s. WAIBLINGER, Das Strafverfahren des Kantons Bern, S. 304) und folglich dem Anklageprinzip Genüge getan. In diesem Sinne aber ist die Staatsanwaltschaft durchwegs verfahren, indem sie eingangs oder am Schluss der jeweiligen Umschreibung des Einzelfalles namentlich und unter Angabe des Gesetzesartikels den in Betracht fallenden Straftatbestand erwähnt hat. Dass sie daneben nicht immer Wissen und Willen des Täters noch besonders hervorhob, war daher kein Mangel im Sinne eines Verstosses gegen das Anklageprinzip, über den die Vorinstanz schlechterdings nicht hätte hinweggehen dürfen.
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Urteilskopf 136 V 390 46. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. PUBLICA, Pensionskasse des Bundes gegen N. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_183/2010 vom 25. November 2010
Regeste Art. 2, 23 und 24 BVG ; obligatorische Versicherung bei mehreren Vorsorgeeinrichtungen; Teilinvalidität. Ist ein Versicherter auf Grund von drei Teilzeitbeschäftigungen mit Pensen von 50, 30 und 20 % bei drei Vorsorgeeinrichtungen obligatorisch versichert und muss er invaliditätsbedingt eine der drei Stellen aufgeben, hat die Pensionskasse des Arbeitgebers, mit welchem das Anstellungsverhältnis behinderungsbedingt beendet wurde, eine ganze Invalidenrente, berechnet auf dem Lohn aus dem aufgegebenen Teilzeitpensum, zu entrichten. Die beiden anderen Vorsorgeeinrichtungen sind demgegenüber nicht leistungspflichtig (E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 391 BGE 136 V 390 S. 391 A. N. (geboren 1963) war als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einer Bundesbehörde in einem Pensum von 50 % tätig. Ab 1. Juni 2003 war er für die berufliche Vorsorge im Kernplan der Pensionskasse des Bundes PUBLICA versichert. Des Weiteren ist er in einem Pensum von rund 20 % als Lehrbeauftragter an der Universität X. und zu etwa 30 % als ausserordentlicher Professor an der Universität Y. tätig. Auch im Rahmen dieser Anstellungen ist er obligatorisch für die berufliche Vorsorge versichert. Im September 2003 erkrankte er an einem Augenleiden (beidseitige diabetische Ophthalmopathie), welches zu einer massiven Einschränkung der Sehfähigkeit führte. Aus gesundheitlichen Gründen musste er die Arbeit bei der Bundesbehörde im März 2005 aufgeben. Die beiden anderen Tätigkeiten konnte er dank Hilfsmitteln und mithilfe von Dienstleistungen Dritter weiterführen. Mit Verfügungen vom 22. Juni 2006 und 18. Januar 2007 sprach die IV-Stelle Bern N. eine Viertelsrente der Invalidenversicherung ab 1. März 2006 bei einem Invaliditätsgrad von 46 % zu. Dem Einkommensvergleich legte sie als hypothetisches Einkommen ohne Invalidität (Valideneinkommen) die Einkünfte aus den drei Anstellungsverhältnissen im Jahr 2005 zu Grunde, während sie als Invalideneinkommen die Entlöhnung der beiden Teilzeitstellen an den Universitäten X. und Y. heranzog. In der Folge ersuchte N. die PUBLICA um Ausrichtung von Invalidenleistungen. Laut Rentenbescheid vom 30. Juli 2007 setzte die PUBLICA die monatliche Invalidenrente ab 1. März 2006 auf Fr. 1'509.95 fest. Der Rente lagen ein Beschäftigungsgrad von 50 %, ein Invaliditätsgrad von 50 % und ein versicherter Verdienst von Fr. 60'905.- zu Grunde. B. Am 22. Oktober 2008 liess N. beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern Klage einreichen mit dem Antrag, die PUBLICA sei zu verpflichten, ihm ab 1. März 2006 anstelle einer halben eine ganze Invalidenrente zu gewähren. Das Verwaltungsgericht wies die PUBLICA in Gutheissung der Klage an, dem Versicherten ab 1. März 2006 eine ganze Invalidenrente auszurichten (Entscheid vom 20. Januar 2010). C. Die PUBLICA führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass der Versicherte Anspruch auf eine halbe Invalidenrente hat. BGE 136 V 390 S. 392 Während N. auf Abweisung der Beschwerde schliessen lässt, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherungen deren Gutheissung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Der Beschwerdegegner war für alle drei Erwerbstätigkeiten obligatorisch für die berufliche Vorsorge versichert. Von einer hauptberuflich (bei der Bundesbehörde) und zwei an den Universitäten nebenberuflich ausgeübten Tätigkeiten, für welche eine Ausnahme vom obligatorischen Versicherungsschutz bestünde ( Art. 1j Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVV 2; SR 831.441.1] ), kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 129 V 132 E. 3.4 S. 136 dargelegt hat, ist bei mehreren nebeneinander ausgeübten gleichwertigen Erwerbstätigkeiten von einer mehrfachen Versicherungspflicht auszugehen, was nicht nur bei zwei Pensen von 50 %, sondern auch in einer Konstellation mit drei Anstellungen, wie sie hier gegeben ist, gilt. 3.2 In BGE 129 V 132 hatte das Eidg. Versicherungsgericht zu beurteilen, wie es sich mit der Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtungen verhält, wenn die versicherte Person invaliditätsbedingt eine von zwei mit einem Pensum von je 50 % ausgeübten Erwerbstätigkeiten, in welchen der Grenzbetrag ( Art. 7 BVG ; SR 831.40) überschritten wird, aufgibt, während sie beim der anderen Vorsorgeeinrichtung angeschlossenen Arbeitgeber mit dem bisherigen Pensum angestellt bleibt. Dabei prüfte das Gericht mehrere Lösungen. In Betracht fiel der Anspruch auf eine halbe Invalidenrente gegenüber der Vorsorgeeinrichtung des Arbeitgebers, mit welchem die Anstellung invaliditätsbedingt aufgelöst wurde. Diesen Ansatz hat das Eidg. Versicherungsgericht verworfen, weil es der Versicherten, die ihre Arbeitskraft gesamthaft im Rahmen eines Vollzeitpensums verwertet hat und in diesem Umfang obligatorisch berufsvorsorgerechtlich versichert war, nicht zuzumuten ist, für den Verlust der rund halben Erwerbsfähigkeit lediglich mit Leistungen (halbe Rente aus halbem Pensum) entschädigt zu werden, welche einer Viertels-Invalidität entsprechen ( BGE 129 V 132 E. 4.3.1 S. 141 f.). Eine zweite Möglichkeit erblickte das Gericht darin, dass beide Pensionskassen je - entsprechend dem Invaliditätsgrad von 55 % - eine halbe Rente BGE 136 V 390 S. 393 auf der Grundlage des mit dem jeweiligen halben Pensum erzielten versicherten Verdienstes ausrichten. Diese von der Lehre favorisierte Lösung lehnte das Eidg. Versicherungsgericht ebenfalls ab, da sie nicht mit den versicherungstechnischen Grundlagen übereinstimmt; die Vorsorgeeinrichtung würde mit Einbrüchen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten konfrontiert, von denen der ihr angeschlossene Arbeitgeber nicht betroffen ist, da die dortige Anstellung im bisherigen Umfang weiterbesteht. Für Anstellungen bei nicht ihr angeschlossenen Arbeitgebern fühle sich die Vorsorgeeinrichtung nicht verantwortlich ( BGE 129 V 132 E. 4.3.2 S. 142). Die mit den beiden Varianten verbundenen Konsequenzen werden laut Eidg. Versicherungsgericht vermieden, wenn die Leistungspflicht der Vorsorgeeinrichtung, welche die Versicherte weiterhin im Umfang eines halben Pensums versichert, verneint und demgegenüber die Pensionskasse des Arbeitgebers, mit dem die Versicherte das Anstellungsverhältnis invaliditätsbedingt aufgelöst hat, verpflichtet wird, eine volle Rente (berechnet auf dem Lohn aus dem Beschäftigungsgrad von 50 %) auszurichten. Damit gelange die Versicherte in den Genuss derjenigen Leistungen, welche ihr auf Grund einer Erwerbsunfähigkeit von 55 % zustehen. Die Rente, welche die Pensionskasse auszurichten hat, entspreche dem im Rahmen der obligatorischen Versicherung gedeckten Risiko. Zwar treffe es zu, dass dieser Vorsorgeeinrichtung eine Leistung auferlegt wird, welche über den - bei isolierter Betrachtung - aus der gegebenen Teilinvalidität in Verbindung mit dem absolvierten Pensum resultierenden Anspruch hinausgeht. Im Gegensatz zur Versicherten sei die Vorsorgeeinrichtung jedoch auf Grund der Vielzahl versicherter Personen in der Lage, diesen zusätzlichen Aufwand auszugleichen, da andere Versicherte in analoger Konstellation das Arbeitsverhältnis bei dem ihr angeschlossenen Arbeitgeber fortsetzen werden ( BGE 129 V 132 E. 4.3.3 S. 143 f.). 4. 4.1 An diese Rechtsprechung ist im vorliegenden Fall anzuknüpfen, zumal die anderen in Betracht gezogenen Varianten vom Eidg. Versicherungsgericht nach eingehender Prüfung verworfen wurden. Die Tatsache, dass der Beschwerdegegner vor Eintritt der Behinderung nicht nur zwei, sondern drei teilzeitliche BVG-versicherte Erwerbstätigkeiten mit Pensen von rund 50, 30 und 20 % verrichtet hat, steht einer analogen Anwendung der in BGE 129 V 132 entwickelten Grundsätze auf den vorliegenden Fall nicht entgegen, geht es doch BGE 136 V 390 S. 394 auch hier darum, dass der Versicherte eine von mehreren Arbeitsstellen, an der er im Ausmass von 50 % tätig war, behinderungsbedingt aufgeben musste. Als leistungspflichtig zu betrachten ist in Anlehnung an BGE 129 V 132 allein die PUBLICA: Diese hat auf dem Lohn aus dem Beschäftigungsgrad von 50 % eine ganze Invalidenrente auszurichten. Mit Bezug auf die Berechnung der Invalidenleistung ist Art. 21 des Vorsorgereglements vom 6. November 2009 für die Angestellten und die Rentenbeziehenden des Vorsorgewerks PUBLICA zu beachten. Danach entspricht bei teilzeitbeschäftigten versicherten Personen der massgebende Jahreslohn dem Lohn, der bei einem Beschäftigungsgrad von 100 % erzielt würde. Der versicherte Verdienst entspricht dem massgebenden Jahreslohn, vermindert um den Koordinationsbeitrag und umgerechnet auf den tatsächlichen Beschäftigungsgrad. 4.2 Wird dem Beschwerdegegner für die wirtschaftlichen Folgen der behinderungsbedingten Stellenaufgabe bei der Bundesbehörde eine ganze Invalidenrente, berechnet auf dem mit der Teilzeitbeschäftigung von 50 % erzielten Einkommen, zugesprochen, liegt eine Differenz zu dem von der IV-Stelle ermittelten, Anspruch auf eine Viertelsrente begründenden Invaliditätsgrad von gesamthaft 46 % vor. Eine Bindung an die IV-rechtliche Betrachtungsweise entfällt jedoch, wenn eine Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit in einer von mehreren parallel ausgeübten Tätigkeiten auftritt, in den anderen hingegen nicht. Wie bereits in BGE 129 V 132 E. 4.3.3 S. 143 f. dargelegt wurde, trifft es nicht zu, dass die grundsätzliche Massgeblichkeit der Invaliditätsbemessung durch die Invalidenversicherung dadurch in Frage gestellt wird. Die Invalidenversicherung legt den Invaliditätsgrad mit Blick auf die gesamte Erwerbsfähigkeit einer versicherten Person fest. Bezogen auf ein halbes Pensum erhöht sich der Invaliditätsgrad entsprechend (vgl. auch BGE 120 V 106 betr. die fehlende Verbindlichkeit des von der Invalidenversicherung nach der gemischten Bemessungsmethode ermittelten Invaliditätsgrades für die Vorsorgeeinrichtung). 4.3 Es steht somit nichts entgegen, BGE 129 V 132 auch anzuwenden, wenn die versicherte Person eine von drei in der obligatorischen beruflichen Vorsorge versicherten Teilzeitbeschäftigungen invaliditätsbedingt aufgeben muss. Im vorliegenden Fall hat dies zur Folge, dass der Beschwerdegegner, der die Teilzeittätigkeit von 50 % aufgeben musste, Anspruch auf eine ganze Invalidenrente der BGE 136 V 390 S. 395 PUBLICA hat, die auf dem versicherten Verdienst, den er bei der Bundesbehörde mit diesem Pensum erzielt hat, zu berechnen ist. 4.4 Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass die Auffassung der PUBLICA, wonach sie nur eine halbe Invalidenrente zu entrichten habe, unbegründet ist, weil nicht auf den Invaliditätsgrad von 46 %, wie er sich bei einem Einkommensvergleich unter Einbezug aller drei teilzeitlich ausgeübten Tätigkeiten und der dabei verdienten Löhne ergibt, abzustellen ist. Die Rente, welche die PUBLICA auszurichten hat, entspricht dem reglementarisch gedeckten Risiko: Der Beschwerdegegner ist invaliditätsbedingt ausserstande, seine Tätigkeit mit einem Pensum von 50 % als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Bundesbehörde weiterhin zu verrichten.
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87e312ea-f9b2-4da3-8703-733d58bbf8dc
Urteilskopf 105 IV 330 84. Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1979 i.S. M. gegen Staatsanwaltschaft Bern-Oberland (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 222 StGB . Wer - ohne den Vorsatz der Anstiftung - durch unbedachte Äusserungen über die "Wünschbarkeit" eines Brandes einen Gesprächspartner dazu anregt, den Brand zu legen, erfüllt nicht den Tatbestand der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst (Erw. 1). Art. 148 StGB . Betrug. Bereicherungsabsicht (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 331 BGE 105 IV 330 S. 331 A.- a) Am 14. April 1976 war Ursula P. mit ihrem Freund Beat S. bei ihrer Bekannten Helene M. in Lachen SZ auf Besuch. Man kam auf die beträchtlichen Renovations- und Kanalisationskosten zu sprechen, die Frau M. für das Bauernhaus in Thalheim AG bevorstanden, das ihre Patin ihr ein halbes Jahr vorher geschenkt hatte. Frau M. sagte, am besten würde man das Haus "warm abbräche". Beat S., dessen kriminelle Vergangenheit Frau M. nicht kannte, antwortete unverzüglich, dass dies für ihn eine Kleinigkeit wäre, dass er es mit einem Kurzschluss erledigen könnte. Dann fragte er Helene, wieviel ihr dies wert wäre. Sie nannte den Betrag von Fr. 5'000.--, den sie gerade im Haus habe und den sie ihrer Patin nach Klagenfurt bringen wolle, wohin sie noch am gleichen Abend für einige Tage abreisen werde. Auch Ursula P. zeigte Interesse an der Sache und meinte, sie wüsste schon, was man mit den Fr. 5'000.-- machen könnte, und erwähnte eine Polstergruppe, die sie in einem Geschäft in Lachen gesehen hatte. Helene M. beschrieb Ursula und Beat die Lage des Hofes und den Weg dorthin. Sie will das alles nur spasseshalber gesagt haben. Mindestens beim Hinausgehen sagte sie zu den beiden, sie sollten "keinen Seich" machen. Nach anfänglichen Zweifeln kamen Beat S. und Ursula P. zum Schlusse, Helene M. habe ihr Angebot ernst gemeint. Sie zündeten am Ostersonntagmorgen, den 18. April 1976, das Bauernhaus an, in dem sich auch Fahrhabe des Pächters U. befand. b) Am Mittwoch nach Ostern orientierte Frau P. Helene M. über den Brand. Diese machte grosse Augen, war erstaunt und BGE 105 IV 330 S. 332 wollte es nicht glauben. Darauf erzählte Frau P., vor der Brandlegung seien ein Zelt und ein Kronleuchter, welche den Eheleuten M. gehörten, in Sicherheit gebracht worden. Der Ehemann Rudolf M., der damals über den wahren Sachverhalt nicht orientiert war, meldete in der Folge diese Gegenstände der Schweiz. Mobiliarversicherung als vermisst an zu einem Schadensbetrag von Fr. 916.--, womit Frau M. einverstanden war. Die Auszahlung unterblieb, weil die Sache auskam. Frau M. unterzeichnete eine Strafanzeige wegen der verschwundenen Gegenstände und liess es zu, dass ihr Stiefvater nicht nur der Brandstiftung sondern auch des Diebstahls dieser Gegenstände verdächtigt wurde. Das Aargauische Versicherungsamt zahlte am 4. Juni 1976 Helene M. die ordentliche Versicherungssumme von Fr. 27'421.-- aus. B.- Am 23. Oktober 1978 sprach das Geschwornengericht des I. Bezirks des Kantons Bern Helene M. der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst ( Art. 222 Abs. 1 StGB ) zum Nachteil von U. im Deliktsbetrag von ca. Fr. 46'150.--, des vollendeten Betrugsversuchs zum Nachteil der Schweiz. Mobiliarversicherungsgesellschaft ( Art. 148 Abs. 1 StGB ) und der Irreführung der Rechtspflege ( Art. 304 Ziff. 1 StGB ) schuldig und verurteilte sie zu drei Monaten Gefängnis, bedingt aufgeschoben auf zwei Jahre. C.- Helene M. beantragt sinngemäss Aufhebung des Urteils des Geschwornengerichts und Rückweisung der Sache zum Freispruch von den Anklagen der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst und des Betrugsversuchs. Die Staatsanwaltschaft Bern-Oberland beantragt sinngemäss Gutheissung der Beschwerde hinsichtlich der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst und Abweisung betreffend den Betrugsversuch. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Das Geschwornengericht hat Beat S. und Ursula P. der eventualvorsätzlichen Brandstiftung ( Art. 221 Abs. 1 StGB ) schuldig erklärt. Es kommt zum Schluss, das dumme Gerede von Frau M. beim Besuch von Ursula P. und Beat S. am 14. April 1976 BGE 105 IV 330 S. 333 sei ursächlich gewesen für die vier Tage danach verübte Brandstiftung. Doch stellt es für den Kassationshof verbindlich fest ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ; BGE 101 IV 50 ), es könne nicht schlüssig bewiesen werden, dass Frau M. den Vorsatz gehegt habe, die beiden zu einer Brandstiftung anzustiften. Deshalb wertet es ihr Verhalten nicht als Anstiftung gemäss Art. 24 StGB . Hingegen qualifiziert es ihr Gerede als fahrlässige Verursachung einer Feuersbrunst ( Art. 222 Abs. 1 StGB ). Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie Beat S. und Ursula P. durch ihr Gerede, wenn auch nicht vorsätzlich, zur Brandstiftung veranlasst hat. Sie macht jedoch geltend, durch Reden könne der Tatbestand der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst nicht erfüllt werden. b) Die Vorinstanz führt im einzelnen aus, wenn die Feuersbrunst beim Tatbestand von Art. 222 StGB auch normalerweise durch unvorsichtigen Umgang mit irgendwelchen Instrumenten oder brennbaren Mitteln, d.h. manuell, verursacht werde, so schliesse das Gesetz doch nicht aus, dass sie durch ungeschicktes und leichtfertiges Reden, das bei Dritten zu verhängnisvollen Reaktionen führen könne, d.h. verbal, verursacht werden könne. Ohne die Äusserungen von Frau M. wären Beat und Ursula niemals auf die Idee gekommen, den Hof anzuzünden. Somit habe letztlich die Angeklagte durch ihr höchst unbedachtes und inspirierendes Reden die am 18. April 1976 von S. und Frau P. gelegte Feuersbrunst verursacht. Die Beschwerdeführerin setzte somit durch ihr Verhalten, das nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht als Anstiftung qualifiziert werden kann, in fahrlässiger Weise eine conditio sine qua non für die vorsätzliche Brandstiftung durch Beat S. und Ursula P. "Fahrlässige Anstiftung" ist jedoch nicht strafbar. Zwischen dem unbedachten Reden über die Möglichkeit oder Wünschbarkeit einer Straftat und der spätern vorsätzlichen Begehung gerade dieses Deliktes durch einen voll schuldfähigen Täter, der von dem (nicht als Anstiftung gemeinten) Gespräch zur Tat angeregt wurde, besteht zwar ein Kausalzusammenhang, aber es fehlt die Adäquanz; denn dass unbedachtes Reden über Brandstiftung einen Gesprächspartner zur vorsätzlichen Tatbegehung veranlasse, ist nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht voraussehbar (zur Fahrlässigkeitshaftung bei der Förderung der BGE 105 IV 330 S. 334 Vorsatztat eines Dritten durch unvorsichtiges Verhalten: JESCHECK, Lehrbuch, 3. Aufl. S., 465). In diesem Punkt ist daher das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Vorinstanz hat die Beschwerdeführerin freizusprechen. 2. Helene M. wurde auch wegen versuchten Betruges im Betrage von Fr. 916.-- zum Nachteil der Schweiz. Mobiliarversicherung verurteilt. Am 19. April 1976 bemerkten die Eheleute M. im Bauernhof das Fehlen eines Zeltes und eines Kronleuchters, welche sie während der Ehe angeschafft hatten. Am folgenden Tag stellte M. deswegen Strafanzeige gegen Unbekannt. Frau M. unterschrieb sie. M. verlangte bei der Versicherung auch eine Vergütung von Fr. 916.--. Frau M. war damit einverstanden, obwohl sie - im Gegensatz zu ihrem Manne - wusste, dass Beat S. und Ursula P. diese Gegenstände vor der Brandlegung für sie in Sicherheit gebracht hatten. Die Auszahlung unterblieb nur, weil die Sache rechtzeitig auskam. a) Die Schadensmeldung erfolgte mit Wissen und Zustimmung der Beschwerdeführerin. Da sie an den Sachen ebenfalls Eigentumsrechte hatte, galt der Vergütungsantrag wenigstens mittelbar auch für sie. Sie liess also ihren Mann auch für sich selber handeln. Das war mehr als eine blosse Unterlassung (Nichtaufklären). Auch sonst hat sie positiv zur Irreführung des Versicherers beigetragen. Sie stellte mit ihrem Mann das Fehlen des Zeltes und des Kronleuchters im abgebrannten Hof fest und tat so, wie wenn diese Gegenstände von Unbefugten weggenommen worden wären. Mindestens durch Unterzeichnung der Strafanzeige an die Polizei half sie mit, beim Ehemann und der Polizei und mittelbar auch beim Versicherer diesen Eindruck zu wecken und festigen. Spätestens als sich ihr Mann anschickte, den "Schaden" bei der Versicherung zu melden, wusste sie, die falsche Version über das Verschwinden der Gegenstände werde sich nach aller Voraussicht zum Schaden des Versicherers auswirken. Trotzdem stimmte sie ihrem Manne zu, als er diese Sachen, an denen auch sie Eigentum hatte, als gestohlen anmeldete. Daher muss sie gegen sich gelten lassen, durch ihr Tun und mittels ihres gutgläubigen Mannes die Versicherung irregeführt zu haben. Der wahre Sachverhalt war für die Versicherung nicht erkennbar, sodass auch Arglist gegeben ist. BGE 105 IV 330 S. 335 b) Die Vorinstanz bejaht neben dem Vorsatz auch die Bereicherungsabsicht mit dem Satz: "Helene wollte sich resp. ihren Ehemann an der Versicherungssumme für die gestohlen gemeldeten Objekte, die die Eheleute während der Ehe angeschafft hatten, unrechtmässig bereichern." Die Beschwerde wendet dagegen u.a. ein: "Man kann sagen, dass die Beschwerdeführerin durch die Verhältnisse und insbesondere das rasche Handeln ihres Ehemannes überrollt wurde. Da sie aber nicht wollte, dass er von der ganzen Angelegenheit etwas erfuhr, musste sie ihn ungehindert mit der Versicherung verhandeln lassen." Tatsächlich befand sich Frau M. in einer gewissen Zwangslage, da sie sich nicht durch Bekanntgabe ihrer leichtfertigen Unterhaltung vom 14. April 1976 in Lachen und ihrer Beziehungen zu Beat S. und Ursula P. bei Behörden und ihrem Manne dem Verdacht der Anstiftung zu Brandstiftung aussetzen wollte. Es erhebt sich damit ernsthaft die Frage, was das Verhalten von Helene M. motivierte; der Wunsch, das verdächtige Gespräch in Lachen und ihre Beziehungen zu Beat S. und Ursula P. zu verschweigen, oder die Aussicht auf die Fr. 916.-- oder beides zusammen. c) Nach der neueren Rechtsprechung genügt es nicht, dass die Erlangung des Vermögensvorteils nur eine notwendige, dem Täter vielleicht sogar höchst unerwünschte Nebenfolge eines von ihm erstrebten anderen Erfolges ist ( BGE 101 IV 207 ). Indessen muss das Erstreben der Bereicherung nicht ausschliessliches Motiv des Handelns sein; es genügt, dass es mitbestimmend war ( BGE 102 IV 83 f.). Wie es sich im vorliegenden Falle verhält, ist aus dem Urteil nicht mit hinreichender Klarheit ersichtlich. Die Sache ist daher im Sinne von Art. 277 BStP an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung zurückzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Geschwornengerichts des I. Bezirks des Kantons Bern vom 23. Oktober 1978 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 115 Ib 224 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Januar 1989 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz, Aqua Viva, Rheinaubund, Schweizerische Gesellschaft für Umweltschutz gegen Engadiner Kraftwerke AG, Konzessionsgemeinden Scuol, Sent, Ramosch und Tschlin, Regierung des Kantons Graubünden, Eidgenössisches Departement des Innern sowie Bundesamt für Wasserwirtschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste Fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung sowie Rodungsbewilligung für den Bau des Kraftwerkes Pradella, Ausnahmebewilligung nach Art. 22 NHG und Ersatzmassnahmen im Sinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG im Falle der Rodung von Ufervegetation. 1. Die am 1. Januar 1985 mit dem USG in Kraft getretenen natur- und heimatschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich Uferbereiche (Auenvegetationen usw.) sind sowohl im Verfahren betreffend die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung als auch in demjenigen betreffend Rodungsbewilligung anzuwenden. Eine fischerei- und naturschutzrechtliche Veränderung, die eine Ufervegetation betrifft, bedarf genauso wie eine Rodung im forstpolizeilichen Sinne, die Wald mit Auencharakter betrifft, noch zusätzlich einer Ausnahmebewilligung nach Art. 22 NHG . 2. Die Begriffe "Wiederherstellung" und "Ersatz" im Sinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG gehen weiter als derjenige der "Ersatzaufforstung" gemäss Art. 26bis FPolV . Im Falle der Rodung von Ufervegetation geht es nicht nur um einen flächenmässigen Ersatz derselben Art von Wald, sondern darum, die Voraussetzungen nach Raum, Wasserführung usw. zu erhalten oder neu zu schaffen. Nötig ist eine umfassende Betrachtung, in welche auch die landschaftlichen Gegebenheiten miteinzubeziehen sind.
Sachverhalt ab Seite 225 BGE 115 Ib 224 S. 225 Mit Teilurteil vom 16. September 1987 (auszugsweise veröffentlicht in ZBl 89/1988 S. 273 ff.) wies die I. öffentlichrechtliche Abteilung des Bundesgerichts die vom Schweizerischen Bund für Naturschutz (SBN), von der Nationalen Aktionsgemeinschaft Aqua Viva, vom Rheinaubund und von der Schweizerischen Gesellschaft für Umweltschutz eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit die Vereinigungen geltend gemacht hatten, die Regierung des Kantons Graubünden hätte bei der Erteilung der fischereirechtlichen Bewilligung für die Nutzung der Wasserkraft des Inns im Abschnitt zwischen Scuol/Pradella und Martina Massnahmen nach Art. 25 des Bundesgesetzes über die Fischerei (FG, SR 923.0) anordnen müssen. Diese Bewilligung war zusammen mit BGE 115 Ib 224 S. 226 derjenigen für die Beseitigung der Ufervegetation gemäss Art. 22 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG, SR 451) der Engadiner Kraftwerke AG (EKW-AG) erteilt worden, um dieser zu ermöglichen, die Wasserkraft gemäss der ihr von den Konzessionsgemeinden Scuol, Sent, Ramosch und Tschlin bereits im Jahre 1957 gewährten Konzession zu nutzen. Entsprechend der Verneinung der Anwendung von Art. 25 FG wurde in Ziff. 2 des Teilurteils festgehalten, bei der Anwendung des neuen Rechts, das bei der fischerei- und naturschutzrechtlichen Bewilligung zu berücksichtigen sei, seien die Schranken zu respektieren, die sich aus dem der EKW-AG im Jahre 1957 verschafften wohlerworbenen Recht ergeben. Aus den Erwägungen des Teilurteils ergibt sich ferner, dass auf die Beschwerde nicht einzutreten ist, soweit die Beschwerdeführer geltend machen, Art. 22 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte (WRG, SR 721.80) sei verletzt worden. Anzuwenden sind hingegen in Berücksichtigung des Vorbehaltes betreffend Respektierung des wohlerworbenen Rechts das Fischereigesetz, das Natur- und Heimatschutzgesetz, das Forstrecht sowie das Umweltschutzrecht gemäss Bundesgesetz vom 7. Oktober 1983 (USG, SR 814.01) und den Ausführungsverordnungen hiezu. Für die Anwendung des Natur- und Heimatschutzrechts hält das Teilurteil fest, dass die Art. 18 und 21 NHG in ihrer Fassung gemäss USG zu berücksichtigen seien und dass auch die Tragweite des Bundesinventars der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN), in welches ein Teil der betroffenen Innstrecke aufgenommen worden war, grundsätzlich zu beachten sei. Zur Anwendung des Umweltschutzrechts stellen die Erwägungen klar, dass das Wasserkraftwerk ein Vorhaben ist, dessen Umweltverträglichkeit zu prüfen ist. Doch ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung im formellen Sinne zu verlangen. Da das Werk bereits vor Inkrafttreten des USG geplant wurde, genügt es nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wenn die vorhandenen Abklärungen materiell den Anforderungen des Gesetzes genügen. Mit dieser Regel stimmt Art. 24 der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung vom 19. Oktober 1988 (UVPV, AS 1988 S. 1931 ff.) überein, die seit dem 1. Januar 1989 in Kraft ist. Schliesslich ist im Teilurteil auch erwähnt, dass das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) am 19. Mai 1987 in Anwendung BGE 115 Ib 224 S. 227 des Bundesgesetzes betreffend die Eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG, SR 921.0) und der Ausführungsverordnung hiezu (FPolV, SR 921.01) die für den Bau der Kraftwerkanlagen erforderliche Rodungsbewilligung erteilt habe. Sie ist mit der von der Regierung des Kantons Graubünden erteilten Bewilligung für die Beseitigung der Ufervegetation in tatsächlicher Hinsicht verbunden, umfasst diese doch gemäss Art. 21 NHG (in der Fassung des USG) die Auenvegetation. Mit der Rodungsbewilligung wird die erforderliche Koordination mit der von der kantonalen Regierung erteilten Bewilligung sichergestellt. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 17. Juni 1987 beantragen die bereits genannten Vereinigungen mit Hinweis auf ihre gegen die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung eingereichte Beschwerde vom 17. Februar 1986, es sei auch die vom EDI erteilte Rodungsbewilligung vom 19. Mai 1987 aufzuheben. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 5. c) Zur Pflicht der Ersatzaufforstung ist den Beschwerdeführern darin beizupflichten, dass die der Praxis zu Art. 26bis FPolV entsprechende Unterteilung der Rodungsflächen in Hochwald und Niederwald dem erweiterten Schutz von Uferbereichen, Auenvegetationen und seltenen Waldgesellschaften, welchen der Gesetzgeber bei Erlass des Umweltschutzgesetzes angeordnet hat ( Art. 66 USG ), den im vorliegenden Fall gegebenen Verhältnissen nicht gerecht wird. Diese neuen, am 1. Januar 1985 mit dem USG in Kraft getretenen natur- und heimatschutzrechtlichen Bestimmungen bezüglich Uferbereiche (Auenvegetationen usw.) sind sowohl im Verfahren betreffend die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung (Regierung) als auch in demjenigen betreffend Rodungsbewilligung (EDI) anzuwenden. Eine fischerei- und naturschutzrechtlich relevante Veränderung, die eine Ufervegetation betrifft, bedarf genauso wie eine Rodung im forstpolizeilichen Sinne, die Wald mit Auencharakter betrifft, noch zusätzlich einer natur- und heimatschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung ( Art. 22 NHG ; s. BGE 113 Ib 352 E. 6, BGE 112 Ib 430 ff.); diese darf nur unter Beachtung der Vorschriften zum Schutz von Tier- und Pflanzenarten ( Art. 18 ff. NHG ) erteilt werden. Gerade im Gebiet Strada-San Niclà geht es um Veränderungen, die teils Waldcharakter haben und teils nicht. BGE 115 Ib 224 S. 228 ca) Gemäss der bei Erlass des USG angeordneten Ergänzung und Änderung des NHG sind u.a. Uferbereiche, seltene Waldgesellschaften und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen, besonders zu schützen ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ). Der seit jeher gegebene Schutz der Ufervegetation wurde in Übereinstimmung mit der Ergänzung von Art. 18 NHG durch eine umfassendere Erläuterung des Begriffs "Ufervegetation" erweitert. Diese umfasst nun ausdrücklich neben Schilf- und Binsenbeständen Auenvegetationen sowie andere natürliche Pflanzengesellschaften im Uferbereich ( Art. 21 NHG ). Soweit diese Vegetation als Wald gilt, was für den Auenwald im Uferbereich zutrifft, ist für dessen Rodung - wie erwähnt - sowohl eine naturschutzrechtliche Bewilligung nach Art. 22 NHG als auch eine Rodungsbewilligung gemäss den forstrechtlichen Bestimmungen erforderlich. Für beide Bewilligungen ist Art. 18 Abs. 1ter NHG zu beachten. Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher - wie diese Vorschrift wörtlich anordnet - für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder ansonst für angemessenen Ersatz zu sorgen. cb) Aus der am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Änderung und Ergänzung des NHG ergibt sich als erstes die zwingende Notwendigkeit einer Zusammenarbeit der für die Bewilligungserteilung zuständigen Behörden. Aus diesem Grunde drängte die bundesgerichtliche Delegation an der Augenscheinsverhandlung vom 20. November 1986 auf den Entscheid über das von der EKW-AG gestellte Rodungsgesuch. Auch wenn Behörden verschiedener Hoheitsträger - für die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung die kantonale Regierung, für die forstrechtliche Rodungsbewilligung aufgrund des hier in Frage stehenden Ausmasses das EDI - zuständig sind, ist die Koordination der Bewilligungen unumgänglich, lässt sich doch erst aufgrund einer gesamthaften Beurteilung entscheiden, ob die Vorschrift des Art. 18 Abs. 1ter NHG beachtet wird. Erst gestützt auf die vom EDI am 19. Mai 1987 erteilte Rodungsbewilligung ist diese Beurteilung möglich. cc) Soll der Bestimmung des Art. 18 Abs. 1ter NHG nachgekommen werden, so ist eine genaue Ermittlung der besonders geschützten Waldflächen unumgänglich. Das EDI ist nicht anderer Ansicht, doch ist es der Meinung, es habe im Rahmen des Möglichen BGE 115 Ib 224 S. 229 mit der Anordnung der Ersatzflächen für Niederwald dem Verlust der Auenvegetation Rechnung getragen. Diese Folgerung erweckt Bedenken. Die Beschwerdeführer möchten im Lichte der neuen Vorschriften der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung für Rodungsbewilligungen vier Waldkategorien unterscheiden. Ob sich dies aufdrängt, hat das Bundesgericht nicht zu entscheiden. Es ist Sache der Forstbehörden, eine den gesetzlichen Vorschriften gerecht werdende Praxis zu bilden. Hingegen ist eine genaue Ermittlung der besonders geschützten Waldflächen sowie die Prüfung der Frage zu verlangen, ob für deren Rodung qualitativ in derselben Gegend Realersatz beschafft werden kann. Dabei darf die Forderung nach Realersatz, der "in der Regel durch eine flächengleiche Neuaufforstung in derselben Gegend zu leisten ist" ( Art. 26bis Abs. 1 FPolV ), nicht in einem räumlich zu engen Sinne verstanden werden. Kann Auenvegetation, die gerodet werden muss, an anderer Stelle des gleichen Flusslaufes ersetzt werden, so wird der Forderung entsprochen, auch wenn zwischen der Rodungsfläche und dem neuen Standort eine mehrere Kilometer umfassende Distanz liegt, wie dies im vorliegenden Fall zwischen dem Standort Pradella und der allenfalls möglichen Ersatzbeschaffung bei Strada zutrifft. Wenn im Regelfall die Ersatzbeschaffung auf das Gebiet der betroffenen Gemeinden zu beschränken ist, steht im Falle eines Werkes, an dem mehrere Gemeinden beteiligt sind, wie dies hier zufolge der Konzessionsgewährung zutrifft, einem Ausgleich der Rodungsflächen innerhalb des Gebietes aller Gemeinden nichts entgegen. Vorausgesetzt werden muss dabei allerdings, dass der Ersatzstandort im nach natürlichen, vorab landschaftlichen Gegebenheiten gleichen Raum gewählt wird, was hier, für den Bereich Strada-San Niclà zutrifft. Der entsprechenden Betrachtungsweise wird Ziff. 2 der Rodungsbewilligung nicht in vollem Umfange gerecht. Dies ist freilich verständlich, da sich erst im Laufe des bundesgerichtlichen Verfahrens im Zusammenhang mit dem Projekt einer Umfahrungsstrasse bei Strada, welche einen weiteren Eingriff in geschützte Auenvegetation zur Folge hat, die Möglichkeit gezeigt hat, allenfalls in jenem Gebiet früher vorhandene Auenvegetation zu revitalisieren. Ob und inwieweit es eine solche Möglichkeit erlaubt, für die bei Pradella nötige Rodung von Auenvegetation Ersatz zu beschaffen, setzt eine genaue Ermittlung der in Betracht kommenden Flächen im Sinne einer Auenwaldbilanz vor und nach den BGE 115 Ib 224 S. 230 Eingriffen voraus. Deren Erstellung wurde im bundesgerichtlichen Verfahren durch einen entsprechenden Auftrag an Dr. Peter Voser von der Fornat AG nachgeholt. cd) Aus dem am 4. Juli 1988 eingegangenen Bericht ergibt sich, dass bei Pradella geschützter Auenwald im Ausmass von 35 774 m2 gerodet werden muss. In der Gemeinde Scuol ist bei Chanaröl eine Ersatzbeschaffung von Auenwald im Ausmass von 4183 m2 möglich. Es verbleibt ein Manko an Auenvegetation im Umfange von 31 591 m2. Gemäss dem am 15. Juli 1988 von Dr. Peter Voser erstatteten Bericht kann dieses Manko im Gebiet von Strada ersetzt werden. Sofern sich dies aufgrund einer genauen Überprüfung als möglich erweist, so reduzieren sich die vom EDI in der Rodungsbewilligung angeordneten Ersatzaufforstungsflächen um das entsprechende Ausmass. Die bereits bezeichneten Flächen könnten als Ersatz anderer Rodungsflächen dienen, wie sie für die weiteren Projekte, welche nicht Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens bilden, benötigt werden, insbesondere die Umfahrungsstrasse von Strada und die Verlegung des bestehenden Kieswerkes von Strada, welche einen echten Gewinn für die Flusslandschaft des Inns bringen wird, falls sie - wofür gute Aussichten bestehen - realisiert werden kann. Die Regierung des Kantons Graubünden unterstützt daher in ihrer Vernehmlassung eine entsprechende Neufestsetzung der Ersatzaufforstungsflächen. ce) Auch das EDI ist bereit, sich der dargelegten gesamthaften Betrachtung anzuschliessen, wie sich aus seiner Vernehmlassung vom 29. August 1988 ergibt. Zutreffend hält es fest, dass in jedem Fall eine solche koordinierte Lösung der Rodungsfrage für verschiedene Projekte eine Änderung der Rodungsbewilligung vom 19. Mai 1987 bedingt, sei es direkt durch einen Entscheid des Bundesgerichts, sei es in einem erneut beschwerdefähigen Departementsentscheid. Die Beschwerdeführer begrüssen ein solches Vorgehen grundsätzlich ebenfalls. Doch melden sie verschiedene Vorbehalte in bezug auf das Ausmass der Ersatzflächen bei Strada sowie hinsichtlich deren Anordnung an. Sie sind in rechtlicher Hinsicht namentlich der Ansicht, die ursprünglich bei Strada gegebene Auenvegetation sei - jedenfalls zum Teil - ohnehin wiederherzustellen. Sie berufen sich hiefür auf die am 1. Februar 1988 in Kraft getretene weitere Änderung des NHG, mit der ein umfassenderer Schutz der Biotope angeordnet wird ( Art. 18a-18d NHG in der Fassung des Gesetzes vom 19. Juni 1987). BGE 115 Ib 224 S. 231 Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, das Ausmass der Ersatzflächen und deren Standort im einzelnen festzulegen. Vielmehr ist es Sache des EDI und der Regierung des Kantons Graubünden, die Rodungsbewilligung und die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung im Sinne der bundesgerichtlichen Erwägungen in gegenseitiger Abstimmung dahingehend zu ergänzen, dass für den Verlust der Auenvegetation besondere Massnahmen gemäss Art. 18 Abs. 1ter NHG angeordnet und hierüber neue beschwerdefähige Entscheide getroffen werden. Dabei wird die besondere Problematik der Ersatzmassnahmen bei Auenvegetationen mitzuberücksichtigen sein. Auenvegetationen lassen sich nicht wie normaler Wald anpflanzen. Die Begriffe "Wiederherstellung" und "Ersatz" im Sinne von Art. 18 Abs. 1ter NHG gehen weiter als derjenige der "Ersatzaufforstung" gemäss Art. 26bis FPolV . Im Falle der genannten Bestimmung des NHG geht es nicht nur um einen flächenmässigen Ersatz derselben Art von Wald, sondern darum, die Voraussetzungen nach Raum, Wasserführung usw. zu erhalten oder neu zu schaffen. Nötig ist eine umfassende Betrachtung, in welche - wie ausgeführt - auch die landschaftlichen Gegebenheiten miteinzubeziehen sind. Im Rahmen dieser gesamthaften Betrachtung wird zu berücksichtigen sein, dass der Vertreter der EKW-AG eine Auenbildung beim umgeleiteten Bach am Augenscheinsstandort 2 (Chanaröl) samt einer entsprechenden Projektänderung bereits zugesichert hat. Nebstdem wird die erforderliche gesamthafte Betrachtung ebenfalls die übrigen, das Gebiet Strada-San Niclà betreffenden Verfahren miteinbeziehen müssen, vor allem die Verfahren hinsichtlich der dort geplanten Umfahrungsstrasse, befinden sich doch in diesem Gebiet die geeigneten Standorte für Auenvegetationen. Die sachlichen Voraussetzungen für eine solche gesamthafte Lösung sind nach den Angaben der Fachleute am Augenschein vom 26. Mai 1988 erfüllt. Diese gesamthafte Lösung wird dann auch einer allfälligen Begutachtung durch die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission unterstellt werden können. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die von der Regierung des Kantons Graubünden am 16. Dezember 1985 erteilte fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung wird BGE 115 Ib 224 S. 232 teilweise gutgeheissen. Ziff. 1 Abs. 2 der Bewilligung wird wie folgt ergänzt: "Vorbehalten bleiben für die Beseitigung der Ufervegetation besondere Massnahmen gemäss Art. 18 Abs. 1ter NHG , welche von der Regierung in Abstimmung mit der vom EDI zu erteilenden Rodungsbewilligung angeordnet werden." ... 2. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die vom EDI am 19. Mai 1987 erteilte Rodungsbewilligung wird teilweise gutgeheissen, Ziff. 2 der angefochtenen Bewilligung betreffend Rodungsersatz wird aufgehoben und das Departement angewiesen, für den Verlust der Auenvegetation besondere Massnahmen gemäss Art. 18 Abs. 1ter NHG , welche in Abstimmung mit der von der Regierung zu ergänzenden naturschutzrechtlichen Bewilligung zu treffen sind, anzuordnen. 3. Im übrigen werden die Beschwerden im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
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87e4d05c-3f26-474a-8486-aafb07697c2a
Urteilskopf 102 V 208 51. Arrêt du 9 décembre 1976 dans la cause Bron, contre Caisse cantonale genevoise de compensation et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS
Regeste Art. 25 Abs. 2 AHVG . Über den Anspruch auf Waisenrente im Falle beruflicher Ausbildung und deren Unterbrechung.
Sachverhalt ab Seite 208 BGE 102 V 208 S. 208 A.- A. Bron, née le 26 février 1956, a bénéficié d'une rente d'orphelin de mère, qui a été servie jusqu'en février 1974. Par lettre du 25 février 1974, la Caisse cantonale genevoise de compensation a averti le père de la bénéficiaire de la suppression de la rente, à moins que sa fille ne fasse un apprentissage. En réponse à cette lettre, G. Bron a déclaré que la prénommée avait quitté l'école en février et commencerait un apprentissage en automne 1974. Il a indiqué par la suite qu'elle se trouvait depuis le mois de janvier 1975 en Angleterre, où elle BGE 102 V 208 S. 209 suivait des cours de langue à raison de deux matinées par semaine, et cela jusqu'à fin juin 1975. La caisse de compensation a estimé que la fréquentation de tels cours ne pouvait être qualifiée de formation professionnelle et, par décision du 5 juin 1975, a refusé de reprendre le paiement de la rente d'orphelin. B.- G. Bron a recouru. Il faisait valoir que sa fille avait quitté l'Ecole de commerce, préférant s'orienter vers une profession manuelle; que, du fait du nombre de places limité tant à l'Ecole des arts et métiers que dans le secteur privé, elle était allée parfaire ses connaissances linguistiques en Angleterre, au pair, avec un salaire de 6 livres et demie par semaine et des frais d'écolage s'élevant à 5 livres; qu'elle se trouvait ainsi en cours de formation. Mais la Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS, faisant sien l'avis de l'administration, a rejeté le recours par jugement du 22 octobre 1975. C.- Le père de l'assurée interjette recours de droit administratif. Il conclut à l'octroi de la rente durant le séjour en Angleterre, soit pour la période du 1er janvier au 30 juin 1975, expose les conditions de ce séjour et signale par ailleurs que sa fille est depuis le mois de septembre 1975 élève de l'Ecole des arts et métiers. Dans un mémoire personnel, A. Bron relate qu'elle a quitté l'Ecole de commerce après s'être rendu compte de son erreur d'orientation; qu'elle a alors choisi la profession d'ébéniste; qu'ayant cherché en vain un patron d'apprentissage, il lui restait la voie de l'Ecole des arts et métiers, pour laquelle le délai d'inscription était toutefois échu; que, contrainte d'attendre un an, elle a effectué quelques travaux en tant que secrétaire temporaire, puis s'est décidée à parfaire ses connaissances en anglais; que l'obligation de se présenter à fin juin 1975 aux examens d'entrée ne lui a pas permis de poursuivre les cours jusqu'au certificat prévu; que l'anglais lui sera d'une grande utilité dans l'exercice de son futur métier, qui implique des stages de perfectionnement à l'étranger; que le séjour en Angleterre fait ainsi partie de sa formation professionnelle. La caisse intimée conclut au rejet du recours. Quant à l'Office fédéral des assurances sociales, il estime que l'avis de la caisse et des premiers juges repose sur une conception trop rudimentaire du problème de la formation professionnelle BGE 102 V 208 S. 210 mais, après avoir analysé des principes jurisprudentiels et les circonstances de l'espèce, renonce à formuler une proposition et déclare s'en remettre à justice. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l' art. 25 al. 1 LAVS , le droit à la rente d'orphelin s'éteint à l'accomplissement de la 18e année. Pour les enfants qui font un apprentissage ou des études, ce droit dure toutefois jusqu'à la fin de l'apprentissage ou des études, mais au plus tard jusqu'à l'âge de 25 ans révolus. La jurisprudence constante, reprise par la pratique administrative, a conféré une acception large aux termes d'apprentissage ou d'études, les englobant dans la notion générale de formation professionnelle. Est considérée comme une telle formation toute préparation systématique tendant à donner des connaissances professionnelles déterminées, durant laquelle l'orphelin ne peut prétendre à aucun salaire ou qu'à un salaire sensiblement inférieur - soit inférieur de plus de 25 pour cent - à la rémunération initiale de celui qui possède une formation complète dans la branche en cause. Peut faire partie déjà de cette formation, le cas échéant, l'acquisition de connaissances préliminaires, en particulier de connaissances linguistiques (voir p.ex. ATFA 1960, p. 109 et 1958, p. 127, ainsi que les arrêts qui y sont cités; voir aussi les Directives concernant les rentes, Nos 194 et 195). 2. En l'espèce, après avoir abandonné dès février 1974 ses études commerciales et travaillé quelque temps comme secrétaire temporaire, l'assurée s'est rendue en Angleterre pour y parfaire ses connaissances linguistiques. La question litigieuse est si ce séjour, qui a débuté en janvier pour se terminer en juin 1975, peut être qualifié de période de formation professionnelle au sens des dispositions et principes ci-dessus rappelés. La réponse serait d'emblée négative si, après l'abandon de ses études, l'assurée n'avait pas envisagé une autre formation professionnelle nettement définie. On se trouverait alors en présence de l'un de ces cas où le séjour à l'étranger a le caractère de simple passe-temps utilitaire, pure occasion de perfectionner l'usage d'une langue dont on ne peut même savoir si elle sera jamais utile dans une activité future et BGE 102 V 208 S. 211 encore indéterminée. Mais les circonstances de l'espèce rendent nécessaire un examen plus approfondi. Selon ses dires dignes de créance, en effet, l'assurée a eu dès le courant de l'année 1974 des vues précises sur son avenir professionnel, vues qu'elle a réalisées en entrant au mois de septembre 1975 à l'Ecole des arts et métiers pour y acquérir la formation d'ébéniste. Et elle fait valoir que l'exercice de son futur métier impliquera des stages de perfectionnement à l'étranger, lesquels seront facilités par la connaissance de l'anglais. Le séjour en Angleterre, destiné à parfaire les connaissances linguistiques, n'entre pas dans la formation proprement dite d'ébéniste; nul ne paraît vouloir contester cette évidence. Mais peut-on y voir l'acquisition de connaissances préliminaires qui feraient partie déjà de la formation professionnelle? Pareille hypothèse n'est admissible que si les rapports entre les connaissances préliminaires et l'activité à venir sont tels que ces connaissances appartiennent au bagage professionnel indispensable ou à tout le moins usuel de ceux qui se préparent au métier en cause. Or, aussi profitable et précieuse puisse-t-elle être en maintes conjonctures, la possession de langues étrangères n'est de façon générale pas indispensable, dans l'exercice de sa profession, à celui qui se destine à un métier manuel et ne peut non plus être tenue pour usuelle; elle ne participe donc pas de la préparation systématique à la profession. Sans doute est-il plausible que l'assurée sera amenée à accomplir des stages de perfectionnement à l'étranger, et peut-être la possession de la langue anglaise lui facilitera-t-elle ces stages. Mais les connaissances linguistiques acquises durant le séjour ici en question n'ont pas pour autant avec la formation professionnelle envisagée des liens suffisamment étroits pour que l'acquisition puisse en être considérée comme partie intégrante de cette formation. Le séjour effectué en Angleterre de janvier à juin 1975 ne saurait dès lors être qualifié de période de formation professionnelle. 3. L'Office fédéral des assurances sociales soulève une autre question, qui est celle d'un éventuel maintien du droit à la rente pour toute la durée écoulée depuis sa suppression, soit à partir du 1er mars 1974 et jusqu'au début de la formation nouvelle. Il estime qu'elle souffre de demeurer indécise, le litige portant sur la seule période du 1er janvier au 30 juin 1975. BGE 102 V 208 S. 212 Mais, s'il est exact que la décision administrative attaquée ne refuse en termes exprès de reprendre le paiement de la rente que pour cette dernière période, elle implique néanmoins le clair refus de la rente aussi pour le temps antérieur au séjour en Angleterre. Et, alors même que la recourante paraît ne pas vouloir contester ce refus, le juge - qui n'est lié ni par les conclusions des parties ni par les motifs que celles-ci invoquent (art. 114 al. 1 et 132 lettre c OJ) - a la faculté d'en vérifier le bien-fondé. La Cour de céans peut donc trancher la question, et le principe de l'économie de la procédure doit l'amener à le faire. La jurisprudence, suivie par la pratique administrative, a très tôt reconnu que toute interruption temporaire de l'apprentissage ou des études n'entraînait pas nécessairement la suppression du droit à la rente d'orphelin durant cette interruption. Elle a ainsi admis le maintien du droit à la rente pendant les périodes de service militaire obligatoire (ATFA 1966, p. 89 et 170, 1953, p. 295). Elle a considéré de même que, si une activité lucrative était exercée pour combler une lacune entre la fin d'un semestre scolaire - ou l'obtention du certificat de maturité - et l'entrée au service militaire, ou entre la fin de celui-ci et le début d'un semestre, ou encore entre deux périodes de service militaire, il ne fallait pas y voir une interruption de la formation de l'intéressé; à la stricte condition toutefois que ce dernier poursuive sa formation à l'issue de la suspension momentanée due à des circonstances extérieures ( ATF 100 V 164 ). Elle a prononcé enfin que le laps de temps écoulé entre la résiliation prématurée d'un contrat d'apprentissage et la conclusion d'un nouveau contrat n'était pas réputée interruption importante de la formation professionnelle, en raison des démarches entreprises sans délai pour trouver une nouvelle place d'apprentissage (RCC 1975, p. 384). Un trait commun aux affaires résolues de la sorte par la jurisprudence est la poursuite, après sa suspension temporaire, de la formation précédemment en cours ou à tout le moins d'une formation qui en constitue la suite normale. Or le présent cas, quelque analogie puisse-t-il présenter par ailleurs, s'en distingue sur ce point caractéristique et essentiel. L'assurée a abandonné en effet de son plein gré - encore que pour des motifs dont on ne saurait lui faire grief - une formation BGE 102 V 208 S. 213 en cours, pour commencer par la suite une formation nouvelle sans rapport avec la précédente. Elle avait certes l'intention ferme, qu'elle a mise à exécution, d'acquérir une formation professionnelle; sans doute aussi a-t-elle recherché assidûment une place lui procurant la formation désormais envisagée, recherche qui a été contrecarrée par des obstacles objectifs. Il n'y en a pas moins eu rupture, et non pas simple césure, dans le cours de la formation. Assimiler pareille rupture à la suspension temporaire de la formation déborderait le cadre tracé par la jurisprudence. 4. C'est dès lors à juste titre que la caisse de compensation a refusé de reprendre le paiement de la rente d'orphelin pour la durée du séjour accompli en Angleterre de janvier à juin 1975 et a implicitement nié le maintien du droit à la rente au-delà du 1er mars 1974. La période postérieure à la décision litigieuse n'est pas l'objet de la présente procédure. Il appartient d'abord à la caisse de se prononcer, par décision susceptible de recours, sur le droit à la rente d'orphelin de l'assurée après la fin du séjour en Angleterre et notamment dès son entrée à l'Ecole des arts et métiers. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté dans le sens des considérants.
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Urteilskopf 85 IV 30 9. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 25. März 1959 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen R.
Regeste Art. 307 StGB . Der Zeuge, der seine Lügen, gleichgültig aus welchem Grunde, vor Abschluss der Einvernahme zurücknimmt, kann weder wegen vollendeten noch wegen versuchten falschen Zeugnisses bestraft werden.
Sachverhalt ab Seite 30 BGE 85 IV 30 S. 30 A.- In einem beim Bezirksgericht Zürich hängigen Vaterschaftsprozess wurde R. als Zeugin zur Sache befragt, nachdem sie einleitend zur Wahrheit ermahnt und auf die Folgen eines falschen Zeugnisses hingewiesen worden war. Trotzdem der Richter im Verlaufe der Einvernahme die Ermahnung wiederholte, machte die Zeugin falsche Angaben und behauptete, als ihre Aussagen vorgelesen BGE 85 IV 30 S. 31 wurden, die Wahrheit gesagt zu haben. Die Befragung wurde daraufhin fortgesetzt, und auf erneute, eindringliche Vorhalte berichtigte R. schliesslich ihre unwahren Angaben. Sodann wurde ihr nochmals das Protokoll verlesen, dessen Inhalt sie als zutreffend bestätigte. B.- Am 17. November 1958 verurteilte das Obergericht des Kantons Zürich R. wegen unvollendeten Versuches des falschen Zeugnisses zu einer bedingt aufgeschobenen Freiheitsstrafe von drei Monaten Gefängnis. C.- R. und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führen Nichtigkeitsbeschwerde. Die erstere beantragt, das Urteil des Obergerichtes sei aufzuheben und sie sei freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft verlangt demgegenüber, es sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Verurteilte wegen vollendeten falschen Zeugnisses bestrafe. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hätte die Vorinstanz die Beschwerdegegnerin nicht bloss wegen unvollendeten Versuchs des falschen Zeugnisses, sondern wegen des vollendeten Deliktes bestrafen müssen. Die Befolgung der nach kantonalem Recht bei der Zeugeneinvernahme zu beobachtenden Formvorschriften sei gemäss BGE 71 IV 43 Voraussetzung für die Gültigkeit des Zeugnisses. Würden sie nicht eingehalten, so liege kein gültiges Zeugnis und infolgedessen auch kein falsches Zeugnis im Sinne von Art. 307 StBG vor. Die Beobachtung der kantonalen Verfahrensbestimmungen sei somit objektive Strafbarkeitsbedingung, mit deren Eintritt jede einzelne zuvor gemachte falsche Aussage zum vollendeten falschen Zeugnis werde. Das tatbeständliche Verhalten der Beschwerdegegnerin sei infolgedessen damit abgeschlossen gewesen, dass sie im Bewusstsein ihrer Zeugenqualität und der Unwahrheit ihrer Angabe wenigstens einen falschen Satz vollständig ausgesprochen habe, und die Strafbarkeit dieser einzelnen falschen Aussage sei mit der Erfüllung der BGE 85 IV 30 S. 32 kantonalen Formvorschriften eingetreten, unbekümmert um den im Verlaufe der Einvernahme erfolgten Widerruf. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Zwar hat die Betrachtungsweise der Staatsanwaltschaft, soweit sie die Beobachtung der kantonalen Prozessvorschriften als objektive Strafbarkeitsbedingung versteht, gute Gründe für sich. Indessen kann die Frage, ob die Gültigkeit des Zeugnisses Strafbarkeitsbedingung oder Tatbestandsmerkmal sei, offen bleiben. Denn selbst wenn man der Staatsanwaltschaft in diesem Punkte beistimmen wollte, wäre ihre Beschwerde deswegen unbegründet, weil die weitere Folgerung, dass der Tatbestand schon vollendet sei, sobald der Zeuge einen "einzelnen falschen Satz" ausgesprochen habe, nicht schlüssig ist. Vollendet ist das Zeugnis erst mit dem Abschluss der Einvernahme (so auch die deutsche und die österreichische Rechtsprechung, vgl. Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen 4'174; 8'306; Entscheidungen des österr. Obersten Gerichtshofes in Strafsachen und Disziplinarangelegenheiten, XVI, Nr. 43 und 79). Die Frage, ob ein falsches Zeugnis vorliege, ist daher nach der Gesamtheit der vom Zeugen bis zum Abschluss seiner Vernehmung gemachten Angaben, also nach dem schliesslichen Ergebnis der Aussagen zu beurteilen. Denn prozessrechtlich wird die Einvernahme eines Zeugen allgemein als eine Einheit behandelt. So betrachtet, versteht sich von selbst, dass über einen im Verlaufe derselben Vernehmung erfolgten Widerruf einer falschen Aussage nicht hinweggeschritten und der unwahre "aussagende Satz" unbekümmert um seine Berichtigung zum Anlass einer Strafverfolgung wegen vollendeten falschen Zeugnisses gemacht werden kann. Eine solche Auslegung des Gesetzes würde zu stossenden Ergebnissen führen und wäre der Erforschung der Wahrheit als eines der vordringlichsten Ziele der Rechtspflege, deren Interessen Art. 307 StGB gerade dienen soll (vgl. BGE 80 IV 124 ), in hohem Masse abträglich. Dem Antrag der Staatsanwaltschaft kann daher nicht gefolgt werden. BGE 85 IV 30 S. 33 2. Dagegen ist die Beschwerde der R., mit welcher diese ihre Freisprechung verlangt, aus den in BGE 80 IV 124 angeführten Gründen gutzuheissen. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht trotz der hiegegen erhobenen Kritik kein Anlass. Der Vorwurf, es werde dadurch die Anwendbarkeit der Bestimmungen über den Versuch auf den Tatbestand des falschen Zeugnisses ausgeschlossen (HÄFLIGER, ZStR 71, S. 308 ff; WAIBLINGER, ZStR 72, S. 141 und ZBJV 92, S. 208; SCHULTZ, ZStR 73, S. 256), wäre nur beachtlich, wenn das Gesetz immer so ausgelegt werden müsste, dass für eine Bestrafung des Versuchs Raum bliebe. Ein solches Gebot enthält jedoch das StGB weder ausdrücklich noch sinngemäss. Ob der Versuch strafbar sei, entscheidet sich nicht allgemein, sondern nach der Umschreibung jedes einzelnen der im besonderen Teil des Gesetzes enthaltenen Straftatbestände. Eine Änderung der Rechtsprechung erscheint auch nicht deswegen geboten, weil bei Straflosigkeit einer falschen, aber im Verlaufe der Einvernahme widerrufenen Aussage die Gefahr besteht, dass sich gerade die skrupellosesten Elemente zunächst aufs Lügen verlegen werden, um zuzusehen, ob es der Richter merke, und erst dann, wenn dies zutrifft, die falsche Aussage zu widerrufen (HÄFLIGER, a.a.O. S. 310). Dieser Nachteil muss in Kauf genommen werden, um den erheblich schwerwiegenderen zu vermeiden, dass ein Zeuge die Wahrheit verschweige oder in seinen Lügen verharre aus Furcht, dafür bestraft zu werden. Der Einwand ferner, BGE 80 IV 124 begünstige ungerechtfertigterweise den vom Richter der Lüge verdächtigten und durch Vorhalte zur Wahrheit geführten Zeugen vor demjenigen, der bei der Einvernahme nicht zur Berichtigung seiner unwahren Aussagen angehalten werde (CLERC, Cours élémentaire sur le Code pénal suisse, partie spéciale II. S. 260; HÄFLIGER, a.a.O. S. 309), übersieht, dass jeder zur Tat Entschlossene, der von einem Dritten von der Ausführung seines Vorhabens abgehalten wird, gegenüber demjenigen, dem solches nicht widerfährt, besser gestellt ist. Niemand wird deswegen BGE 85 IV 30 S. 34 im Ernst daran denken, den ersteren zu bestrafen, nur weil der zweite eine Strafe verwirkt hat. Schliesslich ist es entgegen der Auffassung des Obergerichtes auch nicht unbillig, dass der Zeuge, der vor Beendigung der Einvernahme seine Lügen zurücknimmt, der strafrechtlichen Verfolgung entgeht, während derjenige, der zwar aus eigenem Antrieb, aber erst nach Abschluss der Vernehmung seine unwahren Aussagen berichtigt, grundsätzlich unter Strafe fällt ( Art. 308 StGB ). Die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt sich, weil der zweite Zeuge im Gegensatz zum ersten - möglicherweise trotz eindringlicher Vorhalte des vernehmenden Richters - bis zum Abschluss des Verhörs auf seiner unwahren Darstellung beharrte. Die in BGE 80 IV 124 angeführten Gründe für die Straflosigkeit der falschen, aber vor Abschluss der Einvernahme widerrufenen oder berichtigten Zeugenaussage behalten somit weiterhin ihren vollen Wert; dies umso mehr, als der Verzicht auf eine strafrechtliche Verfolgung des Zeugen in einem solchen Falle nicht eine Eigenart der schweizerischen Rechtsprechung darstellt, sondern sich auch in ausländischen Strafgesetzen findet. So sieht beispielsweise § 43 Abs. 2 des deutschen StGB vor, dass der Versuch eines Vergehens nur in den Fällen bestraft wird, in welchen das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt. Die Fassung von 1943 enthielt nun zwar für den Tatbestand der falschen uneidlichen Aussage in Abs. 2 des § 153 eine solche Vorschrift. Diese wurde jedoch bereits durch das Dritte Strafänderungsgesetz vom 4. August 1953 gestrichen, womit der Versuch des falschen Zeugnisses straflos gelassen ist (SCHÖNKE/SCHRÖDER, Kommentar, 8. Auflage N. IV zu § 153; EBERMAYER/LOBE/ROSENBERG, Kommentar, 8.Auflage, N. 5 zu § 153). Nach der französischen Strafrechtslehre und Rechtsprechung bleibt der Zeuge ebenfalls straflos, wenn er seine falsche Aussage vor Abschluss der Einvernahme, oder je nach dem Verfahren sogar noch, wenn er sie in einem späteren Stadium widerruft (DAILOZ, Encyclopédie juridique, Droit criminel II, S. 31 N. 22 ff.; BGE 85 IV 30 S. 35 GARÇON, Code pénal annoté, 1956, II S. 418 N. 84 und S. 421 N. 106).
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Urteilskopf 98 V 259 65. Auszug aus dem Urteil vom 25. Oktober 1972 i.S. Schönauer gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich
Regeste Art. 5 Abs. 1 IVG : Schätzung der Invalidität einer Hausfrau. Mitberücksichtigung nebenberuflicher Erwerbstätigkeit im Rahmen des vorwiegend nichterwerblichen Aufgabenbereiches (Weiterentwicklung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 259 BGE 98 V 259 S. 259 Aus den Erwägungen: 1. Nach Art. 28 Abs. 1 IVG hat der Versicherte Anspruch auf eine ganze Rente, wenn er mindestens zu zwei Dritteln, oder auf eine halbe Rente, wenn er mindestens zur Hälfte (im Fall wirtschaftlicher Härte mindestens zu einem Drittel) invalid ist. Die gesetzlichen Grundlagen der Invaliditätsschätzung sind verschieden, je nachdem ob diese versicherte Personen betrifft, die vor dem Eintritt der Invalidität erwerbstätig oder nicht erwerbstätig waren (in der Folge "Erwerbstätige" bzw. "Nichterwerbstätige" genannt). Während sich der Invaliditätsgrad eines Erwerbstätigen nach dem in Art. 28 Abs. 2 IVG vorgesehenen Einkommensvergleich, also wesentlich nach erwerblichen Gesichtspunkten bestimmt, wird für die Bemessung der Invalidität Nichterwerbstätiger, insbesondere von Hausfrauen, darauf abgestellt, in welchem Umfang sie behindert sind, sich im bisherigen Aufgabenbereich zu betätigen ( Art. 27 BGE 98 V 259 S. 260 Abs. 1 IVV in Verbindung mit Art. 28 Abs. 3 IVG ). Als Aufgabenbereich der Hausfrau gilt nach Art. 27 Abs. 2 IVV die übliche Tätigkeit im Haushalt und allenfalls im Betrieb des Ehemannes sowie die Erziehung der Kinder. Nach geltender Rechtsprechung ist es wegen dieser grundsätzlichen Verschiedenheit der beiden gesetzlichen Bemessungsmethoden (Einkommensvergleich einerseits und Betätigungsvergleich anderseits) nicht möglich, einen Versicherten teilweise als Erwerbstätigen und teilweise als Nichterwerbstätigen zu qualifizieren. Ist der Versicherte vor Eintritt der Invalidität zugleich erwerblich und im spezifischen Aufgabenbereich im Sinn des Art. 27 IVV tätig gewesen, so ist für die Wahl der Bemessungsmethode entscheidend, welches Tätigkeitsgebiet - gesamthaft betrachtet - die grössere Bedeutung hätte, wenn er nicht invalid geworden wäre (ZAK 1970 S. 418 und 1969 S. 198 und 520 sowie die dort zitierten Urteile). Nach der Praxis gehört vorwiegend zu den Erwerbstätigen beispielsweise eine verheiratete Hausfrau, die vor der Invalidierung im vollen Ausmass erwerbstätig war oder den überwiegenden Teil dessen erwarb, was sie bei voller Ausübung einer Erwerbstätigkeit gleicher Art hätte verdienen können (EVGE 1964 S. 262 und ZAK 1969 S. 520). Hingegen ist eine verheiratete Hausfrau, die schon vor Eintritt der Invalidität neben der Besorgung des Haushalts nur einen geringen Nebenverdienst hatte, als Nichterwerbstätige zu betrachten, was zur Anwendung der spezifischen Bemessungsmethode des Art. 27 IVV führt. Das Bundesamt hält nun die Praxis, wonach bei überwiegender Hausfrauentätigkeit jegliche allfällige Erwerbstätigkeit für die Invaliditätsschätzung unbeachtlich sein soll, für stossend. Es will in einem solchem Fall das Ausmass der Behinderung in der Ausübung der Erwerbstätigkeit im Rahmen des Betätigungsvergleichs angemessen berücksichtigt wissen. Zutreffend weist es darauf hin, dass das Eidg. Versicherungsgericht bereits in EVGE 1964 S. 263 i.S. Bähler ausgeführt hat: "Es stellt sich ... die Frage, ob bei der Bestimmung des Grades der Leistungsfähigkeit einer Hausfrau in analoger Anwendung von Art. 27 Abs. 2 IVV ausserhäusliche Tätigkeit bei Dritten nicht ebenfalls zu berücksichtigen sei; doch braucht diese Frage heute nicht näher geprüft zu werden" (nicht publiziertes Urteil vom 8. Oktober 1965 i.S. Schneider). Der vorliegende Fall gibt dem Gericht Gelegenheit, seine bisherige, die Bemessung der BGE 98 V 259 S. 261 Invalidität von Hausfrauen mit nebenberuflicher Erwerbstätigkeit betreffende Rechtsprechung zu überprüfen. 2. Die geltende Regelung, wonach eine partiell erwerbstätige Hausfrau für die Belange der Invalidenversicherung nur als Hausfrau odernurals Erwerbstätigezu behandeln ist, führt - vor allem mangels genauer Kriterien zur Bewertung der häuslichen Tätigkeit - praktisch zu einer günstigeren Behandlung der überwiegend erwerbstätigen Hausfrau gegenüber jenen Frauen, die zwar vorwiegend im Haushalt sich betätigen, daneben aber durch ausserhäusliche Erwerbstätigkeit einen beachtlichen Teil zum Familienunterhalt beitragen. Dies gilt besonders dort, wo der blosse Betätigungsvergleich (gemäss Art. 27 IVV ) Invaliditäten ergibt, die nur knapp zur Verweigerung einer halben oder ganzen Rente führen. Dazu kommt, dass selbst die spezifische Bemessungsmethode des Art. 27 IVV nicht allein auf die Tätigkeit im Haushalt, sondern auch auf die Mitarbeit der Hausfrau im Betrieb des Ehemannes abstellt. Während also auch hier die berufliche Betätigung der Hausfrau berücksichtigt wird, gilt dies dort nicht, wo sich die Hausfrau nicht im Betrieb des Ehemannes, sondern bei Drittpersonen beruflich betätigt. Deshalb rechtfertigt es sich, die im Urteil Bähler offen gelassene Frage heute wie folgt zu beantworten: Die Erwerbstätigkeit, die eine hauptsächlich im eigenen Haushalt und mit der Kindererziehung beschäftigte Versicherte für Drittpersonen ausübt, ist bei der Invaliditätsschätzung nach der spezifischen Methode des Art. 27 IVV angemessen zu berücksichtigen, sofern die Erwerbstätigkeit zu ihrem Aufgabenbereich gehört. Das trifft dann zu, wenn das Erwerbseinkommen, welches die Versicherte ohne Invalidität wahrscheinlich erzielen würde, einen wesentlichen Teil des gesamten Familieneinkommens bildete. In diesem Umfang ist der vom Bundesamt beantragten angemessenen Berücksichtigung der Erwerbstätigkeit einer Hausfrau im Rahmen des (nichterwerblichen) Betätigungsvergleichs zuzustimmen.
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Urteilskopf 102 V 40 11. Auszug aus dem Urteil vom 15. März 1976 i.S. K. gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt
Regeste Medizinische Eingliederungsmassnahmen ( Art. 12 Abs. 1 IVG ). - Zusammenfassung der Rechtsprechung betreffend Übernahme medizinischer Vorkehren als Teil eines Behandlungskomplexes. - Unterschied zwischen therapeutisch stationär gehaltenem und stabilem Zustand. - Physiotherapie nach ischämischem Insult verweigert.
Sachverhalt ab Seite 40 BGE 102 V 40 S. 40 A.- Im April 1975 ersuchte die 1944 geborene R. K. um medizinische Massnahmen der Invalidenversicherung. Dr. med. D. stellt in seinem Bericht an die Invalidenversicherungs-Kommission des Kantons Basel-Stadt folgende Diagnose: "1. Status nach Mitralklappenprothese. 2. Status nach cerebrovasculärem Insult während der Herzoperation mit spastischer Parese der linken Hand und stark gestörter Sensibilität der linken Hand, sowie Reduktion der Merkfähigkeit und rasche Ermüdbarkeit. 3. Verdacht auf Morbus Boeck." Als für die Eingliederung ins Erwerbsleben notwendige medizinische Massnahme nennt er "weiterhin Ergo- und Physiotherapie im Kantonsspital Basel". Im Bericht des Dr. med. S. wird nachstehende Diagnose genannt: "Status nach peroperativ aufgetretener Embolie der rechten Media mit Hemiparese links in Rückbildung." Der Arzt erwähnt, dass seit der Entlassung aus dem Spital Physiotherapie und Ergotherapie BGE 102 V 40 S. 41 durchgeführt worden seien. Die ambulante Rehabilitation sei so weit gediehen, dass die Versicherte ihre Arbeit als Kinderschwester wieder aufnehmen könne. Am 1. August 1975 lehnte die Ausgleichskasse Basel-Stadt die Übernahme der Kosten medizinischer Massnahmen verfügungsweise ab, weil diese nicht geeignet wären, die Arbeitsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder zu erhalten. B.- Die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde hat die Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen Basel-Stadt am 27. Oktober 1975 abgewiesen. C.- R. K. lässt durch Dr. med. S. Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, die Invalidenversicherung sei zu verpflichten, für die Eingliederungsmassnahmen gemäss Art. 12 IVG aufzukommen. Zur Begründung wird vorgebracht: Rehabilitationsmassnahmen, die bereits durchgeführt worden und weiterhin notwendig seien (Ergo- und Physiotherapie), hätten sich nach kurzer Zeit als erfolgreich erwiesen und würden die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit erlauben. Der Hirninfarkt sei nach Tagen als "stationär bzw. stabil anzusehen". Der Arzt kritisiert ferner die Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts betreffend medizinische Massnahmen nach ischämischem Insult, wie sie vom kantonalen Richter zitiert worden ist ... Die Ausgleichskasse verzichtet auf eine Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, deren Abweisung vom Bundesamt für Sozialversicherung beantragt wird. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Unter den allgemeinen Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 1 IVG hat der Versicherte nach Art. 12 Abs. 1 IVG Anspruch auf medizinische Massnahmen, die nicht auf die Behandlung des Leidens an sich, sondern unmittelbar auf die berufliche Eingliederung gerichtet und geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit dauernd und wesentlich zu verbessern oder vor wesentlicher Beeinträchtigung zu bewahren. Diese Bestimmung bezweckt namentlich, die Aufgabenbereiche der Invalidenversicherung einerseits und der sozialen Kranken- und Unfallversicherung anderseits gegeneinander abzugrenzen. Die Abgrenzung beruht auf dem Grundsatz, dass die Behandlung BGE 102 V 40 S. 42 einer Krankheit oder einer Verletzung ohne Rücksicht auf die Dauer des Leidens primär in den Aufgabenbereich der Kranken- und Unfallversicherung gehört. Das Gesetz umschreibt die Vorkehren medizinischer Art, welche von der Invalidenversicherung nicht zu übernehmen sind, mit dem Rechtsbegriff "Behandlung des Leidens an sich". Wo und solange labiles pathologisches Geschehen besteht und mit medizinischen Vorkehren angegangen wird, seien diese kausal oder symptomatisch, auf das Grundleiden oder auf dessen Folgeerscheinungen gerichtet, stellen solche Heilmassnahmen, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, Behandlung des Leidens an sich dar. Dem labilen pathologischen Geschehen hat die Rechtsprechung seit jeher im Prinzip alle nicht stabilisierten Gesundheitsschäden gleichgestellt, die Krankheitswert haben. Demnach gehören jene Vorkehren, die auf die Heilung oder Linderung pathologischen oder sonstwie Krankheitswert aufweisenden Geschehens labiler Art gerichtet sind, nicht ins Gebiet der Invalidenversicherung. Erst wenn die Phase des (primären oder sekundären) pathologischen Geschehens insgesamt abgeschlossen und ein stabiler oder mindestens relativ stabilisierter Zustand eingetreten ist, kann sich - beim volljährigen Versicherten - überhaupt die Frage stellen, ob eine Vorkehr Eingliederungsmassnahme sei. Die Invalidenversicherung übernimmt in der Regel nur unmittelbar auf die Beseitigung oder Korrektur stabiler Defektzustände oder Funktionsausfälle gerichtete Vorkehren, sofern sie die Wesentlichkeit und Beständigkeit des angestrebten Erfolges im Sinne des Art. 12 Abs. 1 IVG voraussehen lassen. Dagegen hat die Invalidenversicherung eine Vorkehr, die der Behandlung des Leidens an sich zuzuzählen ist, auch dann nicht zu übernehmen, wenn ein wesentlicher Eingliederungserfolg vorausgesehen werden kann. Der Eingliederungserfolg, für sich allein betrachtet, ist im Rahmen des Art. 12 IVG kein taugliches Abgrenzungskriterium, zumal praktisch jede ärztliche Vorkehr, die medizinisch erfolgreich ist, auch im erwerblichen Leben eine entsprechende Verbesserung bewirkt ( BGE 100 V 101 und BGE 98 V 208 ). Stabilisierende Vorkehren richten sich immer gegen labiles pathologisches Geschehen. Deshalb muss eine kontinuierliche Therapie, die notwendig ist, um das Fortschreiten eines Leidens zu verhindern, als Behandlung des Leidens an sich bewertet BGE 102 V 40 S. 43 werden. Keine stabile Folge von Krankheit, Unfall oder Geburtsgebrechen ist daher ein Zustand, der sich nur dank therapeutischen Massnahmen einigermassen im Gleichgewicht halten lässt, gleichgültig welcher Art die Behandlung sei ( BGE 98 V 95 und 209). Ein solcher Zustand ist, solange er im Gleichgewicht bewahrt werden kann, wohl stationär, aber nicht im Sinne der Rechtsprechung stabil. Die medizinischen Vorkehren, die zur Aufrechterhaltung des stationären Zustandes erforderlich sind, können daher von der Invalidenversicherung nicht übernommen werden. In diesem Sinne hat das Eidg. Versicherungsgericht in seinem unveröffentlichten Urteil vom 6. März 1974 i.S. Schwestermann entschieden, dass es sich bei der durch die Apoplexie erlittenen Hirnschädigung um labiles Krankheitsgeschehen handle und dass die auf dessen Folgeerscheinung gerichtete Physiotherapie als Behandlung des Leidens an sich nicht der Invalidenversicherung belastet werden könne. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen kantonalen Entscheid hat das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Schwestermann nirgends in genereller Weise "ausdrücklich festgehalten, dass bei einem reversiblen ischämischen Hirninfarkt keine Rehabilitationsmassnahmen gewährt werden können". Muss sich ein Versicherter mehreren medizinischen Vorkehren mit verschiedenem Zweck unterziehen, so beurteilt sich deren rechtlicher Charakter danach, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Grundsätzlich sind alsdann Art und Ziel aller Vorkehren zusammen dafür ausschlaggebend, ob sie im Sinne der Rechtsprechung unter Art. 12 IVG subsumiert werden können. Dies jedenfalls dann, wenn sich die einzelnen Vorkehren nicht voneinander trennen lassen, ohne dass dadurch die Erfolgsaussichten gefährdet würden, und die einen Vorkehren für sich allein nicht von solcher Bedeutung sind, dass die andern Vorkehren in den Hintergrund treten. Ist diese enge Konnexität zu bejahen, so ist die Invalidenversicherung nur dann leistungspflichtig, wenn die auf die Eingliederung gerichteten Vorkehren überwiegen (EVGE 1968 S. 240 Erw. 2 und 1967 S. 251, ZAK 1969 S. 375, unveröffentlichtes Urteil vom 1. Oktober 1971 i.S. Laissue). 2. ... Die Invalidenversicherungs-Kommission hat sich auf die Feststellung beschränkt, dass die medizinischen Massnahmen nicht geeignet seien, die Arbeitsfähigkeit der Versicherten BGE 102 V 40 S. 44 dauernd oder wesentlich zu verbessern oder zu erhalten. Zur primären Frage, ob nämlich ein stabiler Defektzustand vorliegt, hat sie nicht Stellung genommen. Die Vorinstanz äussert sich lediglich zur rechtlichen Bedeutung der Anticoagulationstherapie, die sie, weil der Stabilisierung eines Zustandes nach ischämischem Infarkt dienend, der Beschwerdeführerin verweigerte. Dieser Auffassung ist beizupflichten. Das Grundleiden der R. K. besteht in der latenten Bereitschaft zu neuen Embolien. Die Anticoagulationstherapie ist darauf gerichtet, solchen weitern arteriellen Embolien vorzubeugen. Sie bezweckt mit andern Worten, den gegenwärtigen Zustand der Versicherten stationär zu halten, und dient daher, für sich allein betrachtet, nicht unmittelbar der Eingliederung. Eine wirksame Anticoagulationstherapie würde aber an sich noch nicht ausschliessen, dass andern medizinischen Vorkehren doch Eingliederungscharakter zukäme, dann nämlich, wenn sie sich auf einen andern, von der Emboliegefährdung unabhängigen Leidenskomplex beziehen würden, wenn dieser Leidenskomplex als stabil gelten könnte und der Eingliederungserfolg nicht durch andere Gebrechen in Frage gestellt oder beeinträchtigt würde. Im vorliegenden Fall besteht indessen zwischen dem Grundleiden der Emboliegefährdung und der Hemiparese, für deren Behandlung Physiotherapie und Ergotherapie verlangt werden, ein unmittelbarer Konnex. Nicht nur ist die Hemiparese die unmittelbare Folge einer bereits erlittenen Embolie, sondern es wäre ohne dauernde Anticoagulation stets mit neuen Embolien und dadurch bedingten neuen Paresen und sonstigen, die Erwerbsfähigkeit oder gar das Leben bedrohenden Folgen zu rechnen. Unter diesen Umständen stellen die verschiedenen Therapien einen zeitlich und sachlich eng zusammenhängenden Massnahmenkomplex dar, dessen stabilisierender Charakter eindeutig überwiegt. Die Invalidenversicherung hat daher nicht nur die Kosten der Anticoagulationstherapie, sondern auch jene der Physiotherapie und der Ergotherapie nicht zu übernehmen. Es verhält sich hier ähnlich wie bei dem von Vorinstanz, Dr. S. und Bundesamt zitierten Fall Sidler (Urteil vom 10. April 1975). Damals hat das Eidg. Versicherungsgericht einem an Thrombosen im linken Vorhof bei Mitralvitium und Vorhofflimmern leidenden Versicherten, der nach Einsetzen einer Herzklappenprothese eine Hirnembolie erlitten hatte, BGE 102 V 40 S. 45 Lähmungsbehandlung und Heilgymnastik verweigert. Die Vorinstanz führt mit dem Hinweis auf dieses Urteil aus, dass nach einer Hirnembolie bei künstlicher Herzklappe so lange kein stabiler Defekt anzunehmen sei, als "anticoaguliert" werden müsse. Dr. S. erachtet dies als falsch. Seiner Kritik liegt die Annahme zugrunde, der allein massgebende Defekt seien die Herzstörungen. Hiezu ist - in Ergänzung der vorinstanzlichen Urteilsbegründung - zu bemerken, dass das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Sidler ausführte, durch die Daueranticoagulation könne wohl das labile pathologische Geschehen stationär gehalten werden, doch vermöge sie angesichts des Krankheitsbildes nach ärztlicher Erkenntnis keine stabilisierten Verhältnisse herbeizuführen. Als massgebend wurde somit erachtet, dass durch die Anticoagulation der Gesamtzustand wohl stationär, aber nicht stabil geworden war. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
87f64d8e-5f93-4294-88e3-66dfc2f17f86
Urteilskopf 116 Ib 106 13. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Mai 1990 i.S. X. gegen Bezirksanwaltschaft Zürich und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 21 Abs. 3 IRSG ; Beschwerdelegitimation einer Person, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet. 1. Der Beschuldigte im ausländischen Strafverfahren als Verfasser von Dokumenten, die sich ausschliesslich in Drittbesitz - hier im Besitz einer Bank oder allenfalls eines Kunden dieser Bank - befinden, ist durch die die Bank oder allenfalls den Kunden betreffende Verpflichtung zur Herausgabe dieser Dokumente wie auch durch die Herausgabe von weiteren Auskünften seitens der Bank bzw. der rechtshilfeweise als Zeugen einvernommenen Bankbeamten nicht persönlich berührt. Er ist somit in dieser Hinsicht nicht beschwerdelegitimiert im Sinne von Art. 21 Abs. 3 IRSG (E. 2a). 2. In einem Fall wie dem vorliegenden könnte die Gewährung der Rechtshilfe die Verteidigungsrechte der vom ausländischen Strafverfahren betroffenen Person vor allem dann beeinträchtigen, wenn es für sie keine Gelegenheit mehr gäbe, in die den ersuchenden Behörden auf dem Rechtshilfeweg ausgehändigten Akten Einsicht zu nehmen, oder wenn keine Möglichkeit mehr bestünde, einem im Rechtshilfeverfahren abgehörten Zeugen Ergänzungsfragen stellen zu lassen oder mit ihm eine Konfrontation zu verlangen. Derartige Umstände muss der Beschuldigte nachweisen. In casu ist dieser Nachweis nicht erbracht, so dass die Legitimation nach Art. 21 Abs. 3 IRSG auch insoweit nicht gegeben ist (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 116 Ib 106 S. 107 Die Staatsanwaltschaft Alkmaar/NL führt gegen X., Y. und weitere Beteiligte eine Strafuntersuchung wegen betrügerischen Konkurses und Hehlerei. Im Rahmen des betreffenden Verfahrens gelangte sie im Jahre 1987 mit einem Rechtshilfeersuchen und dieses ergänzenden Eingaben an die zuständigen Behörden in der Schweiz. Gestützt darauf verpflichtete die Bezirksanwaltschaft Zürich die Bank A. AG, Zürich, mit Verfügung vom 13. März 1989 zur Erteilung verschiedener Auskünfte über von Y. und der B. SA gehaltene Konti, unter gleichzeitiger Sperre allfälliger noch vorhandener Vermögenswerte. Insbesondere sollten alle für diese Konti bestehenden Unterlagen herausgegeben werden, darunter auch "alle Briefe von und an RA X." und Unterlagen über den Bezug von Fr. 250'000.-- im April/Mai 1985, für welchen "sich BGE 116 Ib 106 S. 108 RA X. im Auftrag und Namen von Y. brieflich eingesetzt hatte". Der Bezirksanwalt hielt in seiner Rechtshilfeverfügung zudem fest, er werde nach Eintritt ihrer Rechtskraft ein Zeugenprotokoll vom 30. Juni 1987, welches er gestützt auf eine Verfügung vom 12. Juni 1987 mit einem Angestellten der genannten Bank aufgenommen hatte, als Beweismittel an die ersuchende Behörde weiterleiten. Am 22. März 1989 rekurrierte X. gegen die Rechtshilfeverfügung vom 13. März 1989 mit dem Antrag, sie sei, soweit sie ihn betreffe, aufzuheben. Dabei beschränkte er den Rekurs auf die Frage der beidseitigen Strafbarkeit, hielt jedoch auch seinen bereits während der genannten Zeugeneinvernahme eingenommenen Standpunkt aufrecht, wonach diese ungültig und die Weiterleitung des sie betreffenden Protokolles unzulässig sei. Auf diesen Rekurs trat die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich am 9. Februar 1990 nicht ein, da sie auf den Rekurrenten bezogen die Legitimationsvoraussetzungen gemäss Art. 21 Abs. 3 IRSG als nicht erfüllt erachtete. Nebstdem wies sie darauf hin, dass aber auch die Voraussetzungen dafür, die Verfügung aus aufsichtsrechtlichen Gründen aufzuheben, nicht gegeben seien. Die Sachverhaltsdarstellung der zugrundeliegenden Ersuchen sei zwar in einem sehr schwer verständlichen Deutsch abgefasst, dennoch aber knapp verständlich. Das Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit erscheine als gegeben, weil der geschilderte Sachverhalt nach den gesetzlichen Bestimmungen beider Länder einen Straftatbestand erfülle; dass es sich hierbei nicht um einen in der Gesetzgebung der beiden Länder identischen Tatbestand handle, sei unerheblich, da eine solche Identität nicht verlangt werden müsse. Auch sonstwie seien der Rechtshilfe entgegenstehende Gründe nicht ersichtlich. Hiergegen gelangte X. am 14. März 1990 mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt (soweit hier wesentlich), die Verfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 9. Februar 1990 sei aufzuheben, und die Staatsanwaltschaft sei anzuweisen, auf den Rekurs vom 22. März 1989 gegenüber der Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 13. März 1989 einzutreten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Die Schweiz und die Niederlande sind dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen BGE 116 Ib 106 S. 109 (EÜR, SR 0.351.1) beigetreten. Nach dem Grundsatz des Vorrangs des Völkerrechts sind Rechtshilfeersuchen somit in erster Linie nach den Bestimmungen dieses Übereinkommens zu beurteilen. Soweit es bestimmte Fragen nicht regelt, gelangt das interne Recht der Schweiz, d.h. hier das Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1) und die dazugehörige Ausführungsverordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11), zur Anwendung (vgl. Art. 1 Abs. 1 IRSG ). b) Beim angefochtenen Entscheid der Staatsanwaltschaft handelt es sich um einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid (§ 409 der zürcherischen Strafprozessordnung), der im Zusammenhang mit der Ausführung eines Ersuchens um Rechtshilfe im Sinne von Art. 16 Abs. 1 IRSG sowie des dritten Teils dieses Gesetzes getroffen wurde. Es handelt sich somit hierbei um einen Entscheid, der in einem in den Grundzügen durch Bundesrecht geregelten Verfahren erging und der die Auslegung bzw. Anwendung der auch für ein kantonales Verfahren massgebenden (s. BGE 110 Ib 391 E. 3a) bundesrechtlichen Bestimmung des Art. 21 Abs. 3 IRSG zum Gegenstand hatte. Der Beschwerdeführer wirft der Staatsanwaltschaft vor, ihn zu Unrecht als nicht nach dieser Bestimmung rekurslegitimiert erachtet zu haben. Nach der Rechtsprechung genügt dies für die Annahme, dass der Beschwerdeführer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides der Staatsanwaltschaft hat und daher zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ist ( BGE 114 Ib 157 f. E. 1c, BGE 104 Ib 317 E. 3a, s. auch BGE 115 Ib 369 ff.). Demnach ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Nichteintretensentscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 9. Februar 1990 zulässig ( Art. 25 Abs. 1 IRSG ). Auch ist sie frist- und formgerecht erhoben worden. Somit sind die Prozessvoraussetzungen erfüllt, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist. 2. Personen, gegen die sich ein ausländisches Strafverfahren richtet, können eine Rechtshilfemassnahme nur anfechten, wenn eine der in Art. 21 Abs. 3 IRSG genannten Voraussetzungen erfüllt ist, nämlich wenn eine Massnahme sie persönlich trifft oder sie in ihren Verteidigungsrechten im ausländischen Strafverfahren beeinträchtigen könnte. a) Die Person, gegen die sich das ausländische Strafverfahren richtet, ist nur dann persönlich betroffen im Sinne von Art. 21 BGE 116 Ib 106 S. 110 Abs. 3 IRSG , wenn sie sich in der Schweiz selber einer konkreten Massnahme - wie etwa einer Hausdurchsuchung oder einer Beschlagnahme bzw. Herausgabe von ihr gehörenden Dokumenten - zu unterwerfen hat. Der Umstand allein, dass eine Rechtshilfemassnahme ein im Ausland hängiges Verfahren fördert, genügt nicht. Würde die Bestimmung anders ausgelegt, könnte eine betroffene Person in jedem Fall Beschwerde erheben, was dem Sinn und Zweck der genannten Gesetzesbestimmung zuwiderlaufen würde ( BGE 114 Ib 158 E. 1a und BGE 110 Ib 390 E. 3, s. mit Bezug auf Art. 21 Abs. 3 IRSG auch BGE 113 Ib 265 E. 3c sowie nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 4. Januar 1990 i.S. K.H. E. 4 und vom 19. September 1989 i.S. F.M. E. 1b). aa) Soweit die angefochtene Verfügung die Erteilung von Bankauskünften und eine Kontensperre anordnet, bezieht sie sich weder auf Vermögenswerte noch auf Urkunden, die dem Beschwerdeführer persönlich zustehen. Im Zusammenhang mit seiner Person wird lediglich um Herausgabe der von ihm an die Bank gerichteten Korrespondenz ersucht. Die betreffenden Dokumente befinden sich somit ausschliesslich in Drittbesitz. Entsprechend richtet sich die fragliche Rechtshilfemassnahme und damit auch die Aufhebung des Bankgeheimnisses durch Verpflichtung der Bank zur Auskunfterteilung und Aktenedition nicht gegen den Beschwerdeführer selber, sondern gegen seinen Mitbeschuldigten Y., welcher allein mit der Bank in einer Kundenbeziehung steht, bzw. gegen die Bank selber. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, wäre somit lediglich der Inhaber der betreffenden Konti, dem gegenüber das Bankgeheimnis aufgehoben werden soll, bzw. allenfalls die Bank als direkt betroffen und damit als rekurs- bzw. beschwerdelegitimiert zu erachten, nicht aber der blosse Verfasser der zur Diskussion stehenden, an die Bank gerichteten Schreiben. Eine Ausdehnung des Rechtsschutzes auf den Verfasser von Aktenstücken, die im Besitze eines Dritten sind, ist so wenig wie etwa im Falle der Versiegelung von Akten vorgesehen, die auch höchstens vom Besitzer der Papiere, nicht aber vom Angeschuldigten, der nicht gleichzeitig Besitzer ist, verlangt werden kann ( Art. 69 Abs. 3 BStP i.V.m. Art. 9 IRSG ; s. hiezu BGE 111 Ib 51 E. 3b, zudem BGE 114 Ib 359 f.). Eine solche Ausdehnung des Rechtsschutzes widerspräche dem Sinn und Zweck der die allgemeine Legitimationsbestimmung des Art. 103 lit. a OG einschränkenden Regelung des Art. 21 Abs. 3 IRSG (s. BGE 110 Ib 390 ff. E. 3 und BGE 116 Ib 106 S. 111 114 Ib 158 f. E. 2); sie hätte eine unhaltbare Verzögerung des Rechtshilfeverfahrens zur Folge. bb) Das Zeugenprotokoll vom 30. Juni 1987 gibt, was den Beschwerdeführer anbelangt, Antwort auf die Frage, ob er als Rechtsanwalt die Bank namens seines Klienten Y. beauftragt habe, an dessen Ehefrau Fr. 250'000.-- zu übergeben. Es geht somit um dasselbe Beweisthema wie beim Begehren um Herausgabe der Kontenunterlagen. Auch hierin kann keine den Beschwerdeführer persönlich treffende Massnahme im genannten Sinne erblickt werden. Die Aufhebung des Bankgeheimnisses durch die Einvernahme des Bankbeamten erfolgte auch insoweit gegenüber dem Mitbeschuldigten Y. und der B. SA; dass Auskünfte über deren Beziehungen zu Dritten zu erteilen waren, lag in der Natur der Rechtshilfesache, wie die Staatsanwaltschaft ebenfalls zutreffend festgestellt hat. Auch diesbezüglich ist der Beschwerdeführer somit nicht legitimiert im Sinne von Art. 21 Abs. 3 IRSG . Im übrigen war der Beschwerdeführer an dieser Zeugeneinvernahme vom 30. Juni 1987 durch seinen Anwalt vertreten. Auch wenn er schon damals ihre Unzulässigkeit gerügt hatte, wurde von seiner Seite kein Rechtsmittel gegen ihre Durchführung ergriffen, obwohl die der betreffenden Einvernahme zugrundeliegende Verfügung vom 12. Juni 1987 jedenfalls ihm - dem Anwalt des Beschwerdeführers - zusammen mit der fakultativen Vorladung zu dieser Einvernahme zugestellt und mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Gegen die Durchführung der Einvernahme vom 30. Juni 1987 erst am 22. März 1989 zu rekurrieren, erscheint daher als verspätet, so dass auf die betreffende Rüge auch aus diesem Grunde nicht hätte eingetreten werden können. cc) Ebenfalls die Berufung des Beschwerdeführers auf das Anwaltsgeheimnis ist unbehelflich. Das Berufsgeheimnis und das daraus fliessende Zeugnisverweigerungsrecht erlauben es einem Anwalt, sich einer Aktenherausgabe zu widersetzen, sofern er im Strafverfahren Zeuge ist und seine persönlichen Akten herausverlangt werden ( BGE 106 IV 424 E. 7c). Nach der in der Schweiz herrschenden Lehre und Rechtsprechung kann aber eine Person, die ein Berufsgeheimnis zu wahren hat und der aus diesem Grunde ein Zeugnisverweigerungsrecht zustünde, sich der Beschlagnahme von Akten dann nicht widersetzen, wenn sie im Verfahren nicht als Zeuge in Frage kommt, weil sie selbst Beschuldigte ist ( BGE 106 IV 424 E. 7c, BGE 102 IV 241 E. 4a mit Hinweisen). Dies aber trifft für den Beschwerdeführer zu. Im übrigen vermag er nicht BGE 116 Ib 106 S. 112 nachzuweisen, inwiefern ein gewichtiges Interesse an der Geheimhaltung der Akten (s. in diesem Zusammenhang ebenfalls BGE 106 IV 424 E. 7c, zudem 101 Ia 11 E. 5b) der Aufklärung der Straftat vorgehen soll. b) Unbegründet ist ferner auch die Behauptung des Beschwerdeführers, die Rechtshilfemassnahmen könnten seine Verteidigungsrechte im niederländischen Strafverfahren beeinträchtigen. Die Gewährung der Rechtshilfe könnte die Verteidigungsrechte der vom ausländischen Strafverfahren betroffenen Person vor allem dann beeinträchtigen, wenn es für sie keine Gelegenheit mehr gäbe, in die den ersuchenden Behörden auf dem Rechtshilfeweg ausgehändigten Akten Einsicht zu nehmen, oder wenn keine Möglichkeit mehr bestünde, einem im Rechtshilfeverfahren abgehörten Zeugen Ergänzungsfragen stellen zu lassen oder mit ihm eine Konfrontation zu verlangen ( BGE 114 Ib 159 E. 2b, BGE 110 Ib 391 E. 3b). Derartige Umstände muss der Beschuldigte nachweisen (s. die soeben zitierten Urteile). Im vorliegenden Fall liegen seitens des Beschwerdeführers keine hinlänglichen Begründungen in dieser Richtung vor. Mit dem Vorlegen der in den Niederlanden ergangenen Urteile hat er den Nachweis der Gefährdung seiner Verteidigungsrechte jedenfalls nicht erbracht, wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat. Im übrigen macht der Beschwerdeführer nicht geltend, er sei nicht in der Lage, in dem ihn betreffenden Strafverfahren eine allenfalls unzulässige Verwendung von Auskünften aus dem anwaltlichen Geheimbereich zu rügen. Im Gegenteil beruft er sich sogar auf entsprechende Bestimmungen der niederländischen Prozessordnung, die eine solche Verwendung verbieten sollen. Auch die zweite Voraussetzung des Art. 21 Abs. 3 IRSG ist somit nicht gegeben. c) Der Beschwerdeführer ist demnach nicht legitimiert, gegen die Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich vom 13. März 1989 zu rekurrieren.
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
87f8d32a-415b-486b-a0d2-69f73362c769
Urteilskopf 89 III 25 6. Entscheid vom 10. April 1963 i.S. Kredit-Bank AG Zürich.
Regeste Abzahlungsvertrag mit Eigentumsvorbehalt. Der nach Art. 226 a Abs. 2 OR im Vertrag anzugebende Gesamtkaufpreis (Ziff. 5 dieser Vorschrift) umfasst den Barkaufpreis (Ziff. 3) und den Kreditzuschlag (Teilzahlungszuschlag; Ziff. 4). Dazu können andere, den Kaufpreis nicht berührende Leistungen des Käufers (nach Ziff. 6) treten. Sie sind neben dem Gesamtkaufpreis als zusätzliche Verpflichtungen anzugeben und nicht in diesen einzurechnen. Art. 226 a Abs. 2 und 3 OR . Art. 4 Abs. 5 lit. a der Verordnung betreffend die Eintragung der Eigentumsvorbehalte.
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 89 III 25 S. 25 A.- Die Kredit-Bank AG Zürich meldete als Zessionarin einen "Kauf- und Finanzierungsvertrag" vom 25. Januar 1963 zwischen Franz Müller und Max Häfliger BGE 89 III 25 S. 26 über ein Automobil Opel Record 1700 zur Eintragung in das Eigentumsvorbehaltsregister von Basel an. Der Vertrag wurde durch Ausfüllung und Unterzeichnung eines Vertragsformulars abgeschlossen. Es sind ihm ausser dem Eigentumsvorbehalt folgende Bestimmungen zu entnehmen: "Kaufpreis bei Barzahlung Fr. 8'000.-- ./. Tauschwagen Fr. 3'850.-- Fr. verbleiben Fr. 4'150.-- + Kasko für 15 Monate mit Selbstbehalt von Fr. 300.-- (34.-) Fr. 510.-- ergeben Fr. 4'660.-- ./. Baranzahlung des Käufers Fr. 60.- Restkaufpreis (evtl. inkl. Kasko) Fr. 4'600.-- + Kreditzuschlag Fr. 596.-- + Risikenversicherung Fr. 30.- Fr. 626.-- Erforderlicher Kredit Fr. 5'226.-- (entsprechend einem Gesamtkaufpreis von Fr. 8'596.--) rückzahlbar in 15 monatlichen Raten von 2 Raten à Fr. 80.- ab 20. Febr. 1963 1 Rate à Fr. 2000.-- per 20. Apr. 1963 11 Raten à Fr. 80.- ab 20. Mai 1963 1 letzte Rate à Fr. 2186.-- per 20. Apr. 1964." B.- Das Betreibungsamt Basel-Stadt wies die Anmeldung zurück und erklärte, den Vertrag erst registrieren zu können, wenn darin als Gesamtkaufpreis die Summe aller Verpflichtungen des Käufers mit Einschluss der Kasko- und Risikoversicherungsprämien angegeben werde. Dies um so mehr, als der Eigentumsvorbehalt nach den Vertragsbestimmungen auch diese beiden Prämien, die in den Abzahlungsplan einbezogen seien, zu sichern habe. C.- Gegen diese Verfügung führte die Gesuchstellerin Beschwerde, indem sie ihre Angabe des Gesamtkaufpreises gemäss dem Barkaufpreis von Fr. 8'000.-- zuzüglich Teilzahlungszuschlag von Fr. 596.-- Summe Fr. 8'596.-- als richtig bezeichnete. Die Versicherungskosten seien im Vertrag ebenfalls angegeben, aber nicht Bestandteil des BGE 89 III 25 S. 27 Kaufpreises und deshalb nicht in den Gesamtkaufpreis eingerechnet worden. D.- Mit Entscheid vom 20. März 1963 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde abgewiesen. Sie geht mit Hinweis auf die bundesrätliche Botschaft zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag davon aus, dass die Kenntnis der Elemente des Kaufpreises dem Käufer zu dessen wirtschaftlicher Überprüfung unentbehrlich sei. Daher müsse ihm die Gesamtbelastung, die der Vertrag mit sich bringe, vor Augen geführt werden. Einen Teil dieser Belastung bildeten nun auch die Nebenleistungen; der Verkäufer dürfe sie nicht von der Angabe des Gesamtpreises ausnehmen und so gegenüber den Mitbewerbern günstigere Bedingungen vortäuschen. Somit habe der "Gesamtkaufpreis" auch "jede andere, dem Käufer obliegende Leistung in Geld oder Waren", wie sie nach Art. 226 a Abs. 2 Ziff. 6 (neben dem Teilzahlungszuschlag nach Ziff. 4 daselbst) anzugeben sei, in sich zu enthalten, "wenigstens soweit sie zum voraus zu bemessen ist und im Ratenplan rechnerische Berücksichtigung findet". Wohl gebe es Nebenleistungen des Käufers, die den Gesamtpreis nicht belasten, so etwa die Pflicht, die Kaufsache bei einer Gesellschaft seiner eigenen Wahl zu versichern oder bestimmte Serviceleistungen besorgen zu lassen. Anders verhalte es sich aber mit einer zusätzlichen Zahlung an den Verkäufer selbst, wie dies für die Versicherungsprämien von Fr. 510.-- und Fr. 30.- zutreffe. E.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht hält die Gesuchstellerin an der Beschwerde fest. Die kantonale Aufsichtsbehörde hat Gegenbemerkungen angebracht. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Der durch das Bundesgesetz vom 23. März 1962 über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag BGE 89 III 25 S. 28 aufgestellte, seit dem 1. Januar 1963 in Kraft stehende Art. 226 a OR schreibt in Abs. 2 vor, dass ein vom Verkäufer gewerbsmässig abgeschlossener Abzahlungsvertrag folgende Angaben zu enthalten habe: "... 3. den Preis bei sofortiger Barzahlung; 4. den Teilzahlungszuschlag in Franken; 5. den Gesamtkaufpreis; 6. jede andere dem Käufer obliegende Leistung in Geld oder Waren; ..." Laut dieser Aufstellung ist der Gesamtkaufpreis nach Ziff. 5 nichts anderes als die Summe der in den Ziffern 3 und 4 genannten Preiselemente. Der Preis, den der Käufer beim Abzahlungskauf zu entrichten hat, setzt sich zusammen aus dem Preis, wie er bei sofortiger Barzahlung gefordert würde, und dem wegen der Bewilligung von Ratenzahlungen berechneten Zuschlag. Unter den "andern" Leistungen, die nach Ziff. 6 nach dem Gesamtkaufpreis anzugeben sind, handelt es sich laut dieser Aufstellung um solche, die nicht den Charakter eines Entgeltes für die Kaufsache haben und auch nicht als Preiszuschlag für die Kreditgewährung zu verstehen sind. Gemeint sind Nebenleistungen anderer Art, die der Käufer in gewissen Fällen erbringen soll, wobei namentlich das (in irgendwelcher Form zu entrichtende) Entgelt für besondere zum Verkauf hinzutretende Leistungen des Verkäufers in Betracht fällt. Die Botschaft des Bundesrates vom 26. Januar 1960 erwähnt als Beispiele Transport- und Montagekosten (BBl 1960 I 523 ff., speziell 554) und stellt sie dem Gesamtkaufpreise gegenüber. Sie sind, wie die Botschaft ausführt, ebenfalls schon im Kaufvertrage zu nennen, damit der Käufer nicht nachträglich mit hohen Aufwendungen solcher Art überrascht werde. Auch die hier in Frage stehenden Versicherungsprämien von Fr. 510.-- und 30.- fallen unter Ziff. 6 der Aufstellung. Den Kaufpreis berühren sie nicht. Und das BGE 89 III 25 S. 29 Gesetz verlangt auch nicht etwa, dass im Kaufvertrage nach Ermittlung des Gesamtkaufpreises und Beifügung des Betrages allfälliger Nebenleistungen eine zweite Addition zur Ermittlung der sich danach ergebenden Gesamtbelastung vorgenommen werde. Die Nebenleistungen, denen nicht die Eigenschaft eines Preiselementes zukommt, sind denn auch keine Besonderheit des Abzahlungskaufes. Transport- und Montagekosten können dem Käufer in gleicher Weise bei einem Barkauf erwachsen, ebenso die Kosten einer nach Übernahme des gekauften Wagens laufenden Versicherung für Kasko, Haftpflicht, Verkehrsunfall und dergleichen. Es ist nicht von wesentlicher Bedeutung, dass der Verkäufer beim vorliegenden Abzahlungskauf solche Versicherungen selber abgeschlossen und nun die von ihm selbst entrichteten und allenfalls noch zu entrichtenden Prämien für die Zeit nach dem Kaufe dem Käufer belastet hat. Es handelt sich um eine Belastung, die diesen natürlicherweise trifft, wie denn bei normaler Abwicklung des Abzahlungsvertrages der Versicherungsschutz ihm selbst zugute kommt. 2. Nichts Abweichendes folgt daraus, dass Art. 226 a Abs. 2 OR in Ziff. 6 von Leistungen des Käufers "in Geld oder Waren" spricht. Unter einer Leistung in Waren stellt man sich allerdings in erster Linie eine auf Anrechnung an den Kaufpreis zu liefernde Ware vor, handle es sich nun um einen mit dem Kauf verbundenen Tausch oder um eine Zahlungsmodalität, also um eine Hingabe an Zahlungsstatt. Nimmt man die Ziff. 6 zunächst für sich allein, und legt man ihr diesen Sinn bei, so würde sie sich auf einen Teil des Kaufpreises, also auch des Gesamtkaufpreises, beziehen, so dass diese "andern" Leistungen ebenfalls einzurechnen wären. Das könnte aber nur im Widerspruch zu den Ziffern 3 und 4 geschehen, sofern diese Ziffern wirklich den ganzen Barkaufpreis und den ganzen für die Kreditierung nach dem Abzahlungssystem berechneten Zuschlag umfassen. Mehr als diese Elemente kann der gesamte Kaufpreis gar nicht enthalten. BGE 89 III 25 S. 30 Ist ein Teil des Kaufpreises in Waren zu entrichten, so ist dies bereits bei den Angaben nach Ziff. 3-5 zu vermerken, nicht als zusätzliche Leistung im Sinne der Ziff. 6. Im Vorentwurf II von Dr. H. Stofer vom 5. September 1957 zum Gesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag war die heute als Ziff. 6 eingereihte Angabe als Ziff. 5 unmittelbar an die Angabe des Barpreises und des Teilzahlungszuschlages laut Ziff. 3 und 4 gewissermassen als drittes Preiselement angeschlossen, worauf erst, in Ziff. 6, die Angabe des Gesamtkaufpreises folgte. Es mag dahingestellt bleiben, in welchem Sinne der Verfasser des Vorentwurfes diese "andern" Leistungen des Käufers verstand, und ob ihm etwa der Gedanke vorschwebte, es seien als "Gesamtkaufpreis" alle dem Käufer im Vertrag auferlegten Leistungen, auch diejenigen, die sich nicht als Elemente des Kaufpreises darstellen, in ihrem Gesamtbetrage zusammenzufassen, wofür die Benennung "Gesamtkaufpreis" zu eng gewesen wäre. Sachlich wäre eine derartige Summenangabe kaum zu rechtfertigen, da Nebenleistungen, wie schon bemerkt, auch beim Barkaufe vorkommen. Anderseits dient die Angabe des gesamten eigentlichen Kaufpreises neben seinen Elementen beim Abzahlungsvertrage dazu, dem Käufer den sich aus der Kreditierung ergebenden Preis-Unterschied deutlich zu machen. Die mit der Bereinigung des Vorentwurfs befasste Redaktionskommission beschloss am 15. Januar 1958 zutreffenderweise, die Ziffern 5 und 6 des Vorentwurfes umzustellen, "da Ziff. 6 eher zu Ziff. 4 gehört", wobei es geblieben ist. Der Verfasser des Vorentwurfes erläuterte seinerseits den Art. 226 a Abs. 2 OR in der vorberatenden Kommission des Ständerates am 1. Dezember 1960 dahin, es sei über die Kreditbedingungen Klarheit zu schaffen; namentlich dürfe der Teilzahlungszuschlag nicht verschleiert werden; "der Kunde sollte bei einem Abzahlungsvertrag feststellen können, wieviel er mehr bezahlen muss als bei einem Barkauf". Für die Angabe dieses Zuschlages in Franken statt in Prozenten BGE 89 III 25 S. 31 sprach man sich deshalb aus, weil in diesem Zuschlag nicht nur Zinse enthalten sind, sondern auch eine Risikoprämie und das Entgelt für Umtriebe (Darms, Sten.Bull. StR 1961 S. 107). Nach alldem stehen die nicht als Bestandteil des Preises vereinbarten Nebenleistungen sowohl nach dem eindeutigen Aufbau des Art. 226 a Abs. 2 OR wie auch nach dem Zweck der darin aufgestellten Vorschriften ausserhalb des "Gesamtkaufpreises". Nach Ziff. 6 daselbst ist zwar "jede andere... Leistung..." ebenfalls, zur gänzlichen Orientierung des Käufers, aufzuführen, jedoch gesondert nach dem Gesamtkaufpreis, ohne Einrechnung in diesen und ohne dass durch neue Addition auch noch der Gesamtbetrag aller Leistungen mit Inbegriff der Nebenleistungen anzugeben wäre. Als sinnlos erscheint übrigens die Wendung "in Geld oder Waren" auch mit Bezug auf Nebenleistungen nicht, da diese unter Umständen durch Warenlieferung oder auch etwa durch andere Verrichtungen zu erbringen sind, so dass Ziff. 6 über ihren Wortlaut hinaus jede andere, dem Käufer nicht als Entgelt für die Kaufsache obliegende Verpflichtung beliebiger Art umfasst. Anderseits kann, wie bereits bemerkt, eine Warenlieferung (oder eine sonstige Leistung) auch auf Anrechnung an den Kaufpreis erfolgen, was in den Kaufbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Ziff. 3-5 der in Frage stehenden Gesetzesnorm genau festzulegen ist und denn auch aus dem vorliegenden Kaufvertrage klar hervorgeht. 3. Erweist sich somit die Bemängelung des in diesem Vertrag enthaltenen, den Barkaufpreis und den Kreditzuschlag (Teilzahlungszuschlag) umfassenden Gesamtkaufpreises als unbegründet, so ist dem Rekursantrage zu entsprechen. Darin, dass diese drei Rechnungsposten im Text des Vertrages nicht übersichtlich zusammengestellt worden sind, liegt keine Verletzung des Art. 226 a Abs. 3 OR , welche die formelle Ungültigkeit des Kaufvertrages nach sich zöge. Sollte der Käufer geltend machen wollen, er sei durch die Fassung der Kaufbestimmungen verwirrt BGE 89 III 25 S. 32 und in einen Irrtum versetzt worden, so wäre dies eine Berufung auf Willensmängel im Sinne der Art. 23 ff. OR , was keinen für die Eintragung des Eigentumsvorbehaltes beachtlichen Formmangel bedeutet. Die Einbeziehung der Nebenleistungen des Käufers in die durch Eigentumsvorbehalt zu sichernde Restschuld ("Erforderlicher Kredit Fr. 5'226.--") ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Der allfälligen gerichtlichen Entscheidung darüber, ob der Eigentumsvorbehalt für solche Nebenleistungen in Anspruch genommen werden darf, greift der Registereintrag nicht vor. Offen bleibt auch, ob die Nebenleistungen bereits durch den in Zahlung gegebenen Wagen und durch die Baranzahlung getilgt sind. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und das Betreibungsamt Basel-Stadt angewiesen, den Kauf- und Finanzierungsvertrag vom 25. Januar 1963 zwischen Franz Müller (mit Zession an die Rekurrentin) und Max Häfliger im Eigentumsvorbehaltsregister einzutragen.
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1,963
CH_BGE
CH_BGE_005
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87fd719e-5198-4a44-aff5-c8e8ec25d2c5
Urteilskopf 101 V 141 28. Extrait de l'arrêt du 3 octobre 1975 dans la cause Benbouguerra contre Caisse-maladie suisse pour les industries du bois, du bâtiment et des branches annexes et Cour de justice civile du canton de Genève
Regeste Art. 11 und 12 Vo II. Stillschweigender Übertritt von der Kollektiv- in die Einzelversicherung infolge konkludenten Verhaltens der Verwaltung.
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 101 V 141 S. 141 A.- Amar Benbouguerra, né en 1910, ressortissant algérien, domicilié à Bellegarde (Ain/France), a travaillé en Suisse comme maçon au service de diverses entreprises de Genève pendant de nombreuses années. Il est entré en septembre 1962 dans la Caisse-maladie suisse pour les industries du bois, du bâtiment et des branches annexes en qualité d'assuré collectif. Il y était assuré contre la perte de gain consécutive à la maladie en tout cas. Le prénommé dut cesser de travailler à la fin d'avril 1971 à raison d'une affection tuberculeuse, pour laquelle la caisse précitée fournit ses prestations. Le 12 juin 1973, l'administration écrivit à l'intéressé qu'elle y mettrait fin dès le 1er juillet 1973. Elle le lui confirma par lettre du 27 juin 1973. Une décision formelle dans le sens précité fut notifiée le 29 mai 1974 à Amar Benbouguerra. B.- Ce dernier recourut. Il conclut à ce que la caisse-maladie fût condamnée à lui verser ses prestations au-delà du 30 juin 1973. Le 4 octobre 1974, la Cour de justice civile de Genève débouta le recourant. C.- Amar Benbouguerra a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Il reprend ses conclusions et arguments de première instance, en contestant de plus expressément que la tuberculose soit guérie. La caisse-maladie conclut au rejet du recours. Invitée par le juge délégué à se déterminer sur la durée de l'affiliation du BGE 101 V 141 S. 142 recourant, la caisse intimée a répondu: qu'Amar Benbouguerra ne figurait plus sur les listes des membres de l'assurance collective depuis le 30 juin 1973, date de son départ de l'entreprise C.; que le prénommé n'avait pas usé de son droit d'être transféré dans l'assurance individuelle; que la caisse n'avait pas attiré spécialement son attention sur ledit droit parce qu'il lui est impossible - vu le système d'assurance et le nombre de mutations - de le faire; que cependant chaque assuré reçoit au moment de son affiliation un extrait des conditions d'assurance où ce droit est expressément mentionné. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral des assurances a jugé que les caisses devaient donner par écrit les renseignements exigés par l'art. 12 Ord. II (RO 100 V 135). Dans un arrêt récent, le Tribunal fédéral des assurances a précisé cette jurisprudence, à laquelle il a décidé qu'il fallait se tenir, en déclarant cependant qu'un ex-assuré collectif qui, contrairement aux règles de la bonne foi, entendrait se prévaloir de l'absence de communication écrite de la caisse commettrait un abus de droit au sens de l'art. 2 al. 2 CCS (RO 101 V 139). 2. Amar Benbouguerra a quitté le 30 juin 1973 la maison C. sans entrer au service d'une autre entreprise qui fût partie au contrat d'assurance collective en vertu duquel il était assuré jusque-là et sans jamais demander d'être transféré dans l'assurance individuelle. Dans le cours normal des choses, son affiliation aurait donc pris fin le 1er juillet 1973. Mais les art. 11 et 12 Ord. II, qui sont de droit impératif, astreignent les caisses-maladie à admettre dans l'assurance individuelle un ex-assuré collectif lorsqu'il n'a pu, en raison d'une faute de la caisse, faire valoir son droit de passage dans le délai prévu, en l'occurrence 30 jours dès la fin du contrat de travail. L'omission de renseigner l'assuré sur son droit constitue sans aucun doute une faute de la caisse intimée au regard de la jurisprudence rappelée plus haut. Et l'on ne saurait reprocher au recourant de se prévaloir du défaut de communication écrite contrairement aux règles de la bonne foi, la remise, lors de l'affiliation à l'assurance collective, d'un extrait des conditions d'assurance ne pouvant satisfaire en l'espèce à l'obligation de BGE 101 V 141 S. 143 renseigner statuée par l'art. 12 Ord. II. Ladite affiliation remonte en effet à 1962. De toute façon, la caisse savait, dès juin 1973, que le recourant ne travaillait plus. Depuis le 30 juin 1973, il ne figure plus sur les listes de ses membres. Néanmoins, elle n'a cessé de le traiter comme un affilié. La décision du 29 mai 1974, qui met fin aux prestations dès le 1er juillet 1973, ne conteste pas à l'intéressé la qualité d'assuré mais, fondée sur des documents médicaux en partie postérieurs au 1er juillet 1973, nie qu'il soit atteint d'une affection dont l'intimée réponde. Dans ces circonstances, le recourant, qui est un manoeuvre étranger, pouvait de bonne foi considérer que son assurance était maintenue, sans qu'il eût à faire des démarches à cette fin. Ce n'est que le 2 avril 1975, au cours du procès fédéral, après l'échange d'écritures, que l'administration a pour la première fois fait état de ce que l'affiliation aurait pris fin. Amar Benbouguerra a ainsi été détourné de faire valoir expressément son droit de passer dans l'assurance individuelle. Il faut donc considérer qu'à la suite d'un accord tacite entre la caisse et le prénommé ce dernier est assuré à titre individuel depuis le 1er juillet 1973, alors même que les formalités de transfert n'ont pas été accomplies de part et d'autre.
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1,975
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8802f5c7-5662-4be6-a797-fb0e35711c39
Urteilskopf 109 V 185 35. Arrêt du 11 novembre 1983 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre Real et Tribunal des assurances du canton de Berne
Regeste Art. 52ter AHVV und Art. 9 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Schweiz und Spanien über Soziale Sicherheit vom 13. Oktober 1969. Die Beitragszeiten, die ein versicherter Spanier vor dem 1. Januar des der Vollendung des 20. Altersjahres folgenden Jahres zurückgelegt hat, müssen gemäss Art. 52ter AHVV angerechnet werden, und zwar in dem Umfange, als sie sich nicht mit schweizerischen Beitragszeiten überschneiden.
Sachverhalt ab Seite 185 BGE 109 V 185 S. 185 A.- José Real, ressortissant espagnol, né en 1935, domicilié en Suisse depuis mars 1968, a présenté le 4 juin 1980 une demande de prestations à l'assurance-invalidité tendant à l'octroi d'une rente. Par décision du 23 octobre 1981, la Caisse de compensation de l'industrie suisse des machines et métaux (ci-après la caisse) lui accorda, à partir du 1er octobre 1980, une demi-rente de l'assurance-invalidité assortie de demi-rentes complémentaires pour son épouse et son fils, prestations fondées sur un revenu annuel moyen de 28'380 francs, une période de cotisations de onze ans et dix mois et l'échelle de rentes 30. La caisse indiqua qu'elle avait tenu compte, pour le choix de l'échelle de rentes, des périodes d'assurance accomplies en Espagne de 1956 à 1960, précisant que les périodes antérieures à la 20e année n'entraient pas en considération. B.- José Real recourut contre cet acte administratif, concluant à la prise en compte, pour le calcul de sa rente, des périodes accomplies en Espagne dès le 1er janvier de l'année suivant celle de ses dix-sept ans. Par jugement du 25 février 1982, le Tribunal des assurances du canton de Berne a admis le recours et renvoyé le dossier à la caisse BGE 109 V 185 S. 186 pour qu'elle détermine le montant de la rente compte tenu des périodes de cotisations espagnoles réalisées par l'assuré avant l'accomplissement de sa 20e année. Il a considéré, en bref, que l' art. 52ter RAVS , en vigueur depuis le 1er janvier 1979, prescrivait la prise en compte de périodes de cotisations accomplies avant la 20e année de l'assuré lorsque celui-ci présentait une durée incomplète de cotisations; que l'art. 2 de la Convention de sécurité sociale entre la Suisse et l'Espagne garantissait que les ressortissants des parties contractantes étaient soumis aux obligations et admis au bénéfice de la législation de l'autre partie dans les mêmes conditions que les ressortissants de cette partie; que le ch. 387.1 des Directives concernant les rentes n'était donc pas conforme à la loi, dès lors qu'il excluait la prise en compte des périodes de cotisations accomplies auprès des assurances sociales étrangères se rapportant à une époque précédant les vingt ans révolus de l'assuré; que José Real avait cotisé aux assurances sociales espagnoles du 1er janvier 1953 au 31 décembre 1955, soit au cours des années où il avait eu 18, 19 et 20 ans; que ces périodes devaient par conséquent être prises en compte puisque sa durée de cotisation accusait des lacunes très étendues par rapport à sa classe d'âge. C.- L'Office fédéral des assurances sociales interjette recours de droit administratif, concluant à l'annulation du jugement entrepris. Il fait notamment valoir que le principe de l'égalité de traitement consacré par l'art. 2 de la convention précitée est respecté, dès lors que la prise en compte des périodes d'assurance espagnoles accomplies avant la 21e année de l'assuré est exclue aussi bien pour les ressortissants suisses que pour les espagnols. Il estime en outre que la solution adoptée par les premiers juges, consistant à prendre en considération les périodes d'assurance espagnoles accomplies avant la 21e année, implique la prise en compte "égalitaire" des périodes de cotisations réalisées dans les deux Etats, ce qui va plus loin que le principe d'égalité résultant de l'art. 2 de la convention. Il est d'autre part d'avis que la question doit être résolue non point à la lumière de l'art. 2 de cette convention, mais selon l'art. 9 al. 3 et le droit suisse, à savoir que seules peuvent être prises en compte les périodes d'assurance espagnoles qui ne se superposent pas aux périodes suisses et qui peuvent entrer en considération dans l'établissement de la durée de cotisations "déterminante" pour le calcul d'une rente ordinaire d'invalidité, laquelle, selon l' art. 29bis LAVS , est comprise entre BGE 109 V 185 S. 187 le 1er janvier de l'année suivant le 20e anniversaire et l'ouverture du droit à la rente. Il ajoute à cet égard que l'introduction de l' art. 52ter RAVS n'a pas modifié ce principe car cette disposition permet uniquement de combler des périodes de cotisations manquantes, dans l'espace de la durée "déterminante", par des périodes accomplies antérieurement à la 21e année. Enfin, l'office relève que la législation espagnole ne connaît pas de disposition analogue, et que, d'autre part, si son recours devait être rejeté, il ne serait pas possible de prendre en compte, de façon générale, les seules périodes d'assurance étrangères accomplies à partir de dix-huit ans, car, pour les années 1948 à 1956, il faudrait prendre en considération les périodes de cotisations accomplies après la 15e année déjà. José Real conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Aux termes de l' art. 52ter RAVS , auquel renvoie l' art. 32 RAI , lorsque l'assuré ne présente pas une durée complète de cotisations au sens de l' art. 29bis LAVS , les périodes de cotisations qu'il aurait accomplies avant le 1er janvier de l'année qui suit la date où il a eu vingt ans révolus seront prises en compte à titre subsidiaire aux fins de combler les lacunes apparues depuis cette date dans les cotisations. b) En l'espèce, il n'est point contesté que José Real présente une durée incomplète de cotisations au sens de l' art. 29bis al. 1 LAVS , ni qu'il a cotisé à la sécurité sociale espagnole du 1er janvier 1953 au 31 décembre 1955, soit du 1er janvier suivant l'accomplissement de ses dix-sept ans jusqu'au 31 décembre de l'année où il a atteint ses vingt ans révolus. Le litige se limite donc au point de savoir si et dans quelle mesure les périodes de cotisations accomplies par l'intimé en Espagne avant le 1er janvier de l'année suivant son 20e anniversaire doivent être prises en considération pour la détermination de l'échelle de rentes applicable au cas d'espèce, en d'autres termes, si l' art. 52ter RAVS est applicable. 2. Les premiers juges ont fondé leur raisonnement sur l'art. 2 de la convention de sécurité sociale conclue le 13 octobre 1969 entre la Suisse et l'Espagne, article qui prescrit que les ressortissants de l'une des parties sont soumis aux obligations et admis au bénéfice de la législation de l'autre partie dans les mêmes conditions que les ressortissants de cette partie. Or, comme le BGE 109 V 185 S. 188 souligne avec raison l'Office fédéral des assurances sociales, s'agissant de la détermination des périodes de cotisations à prendre en considération, le cas d'espèce ne saurait être résolu sur la base de cette disposition, mais bien plutôt sur celle de l'art. 9 al. 3 de la convention précitée. 3. a) En vertu de cette norme, pour déterminer les périodes de cotisations qui doivent servir de base au calcul de la rente ordinaire de l'assurance-invalidité suisse due à un ressortissant espagnol ou suisse, les périodes d'assurance et les périodes assimilées accomplies selon les dispositions légales espagnoles sont prises en compte comme des périodes de cotisations suisses en tant qu'elles ne se superposent pas à ces dernières. L'interprétation d'une convention internationale de sécurité sociale doit se fonder en premier lieu sur le texte même de cette convention. Si ce texte semble clair et que sa signification, telle qu'elle résulte du langage courant ainsi que de l'objet et du but de la convention, n'apparaisse pas comme manifestement absurde, une interprétation extensive ou restrictive s'écartant du texte même n'entre en ligne de compte que si l'on peut déduire avec certitude du contexte ou de la genèse de cette disposition que l'expression de la volonté des parties à la convention est inexacte ( ATF 103 V 170 et les arrêts cités; en ce qui concerne l'interprétation de la loi en général: voir ATF 107 V 215 consid. 2b). b) Dans son message du 12 novembre 1969 concernant l'approbation des conventions de sécurité sociale conclues par la Suisse avec l'Espagne et la Turquie, le Conseil fédéral, après avoir indiqué les motifs militant en faveur de l'adoption du principe dit de l'assurance-risque pure pour le règlement des prestations de l'assurance-invalidité, s'est exprimé comme il suit: "En application de ce principe, l'assurance à laquelle la personne protégée est affiliée lors de la survenance de l'éventualité assurée, alloue la totalité des prestations correspondantes, c'est-à-dire en tenant compte de toutes les périodes d'assurance accomplies dans l'autre Etat contractant" (FF 1969 II p. 1441). Il convient de relever qu'une réglementation analogue a été prévue dans d'autres accords bilatéraux conclus par la Suisse (et qui sont dits de "type A"). Ces accords se caractérisent par le "principe du risque", selon lequel l'invalide qui en remplit les conditions reçoit, au lieu de deux rentes partielles versées par les assurances des Etats concernés (ces rentes étant calculées au prorata des périodes d'assurance accomplies), une seule rente BGE 109 V 185 S. 189 d'invalidité, versée par l'assurance à laquelle il était affilié lors de la survenance de l'invalidité. Cette assurance verse la prestation dans sa totalité, c'est-à-dire qu'elle prend en compte toutes les périodes de cotisations, y compris celles qui ont été accomplies dans l'autre pays, l'assurance de cet autre pays étant, quant à elle, libérée de toute obligation de verser des prestations, sous réserve des droits découlant de l'assurance facultative. Les périodes d'assurance accomplies dans le pays partenaire sont traitées comme des périodes d'assurance suisses (cf. Office fédéral des assurances sociales, "Principales règles concernant les rentes AVS et AI dans les conventions internationales conclues par la Suisse": RCC 1982 p. 334 et ss, spécialement p. 341-342). c) Dès lors, l'art. 9 al. 3 doit être interprété selon sa lettre. Aussi cette disposition ne s'oppose-t-elle pas à l'application de l' art. 52ter RAVS , à savoir la prise en considération, à titre subsidiaire, des périodes d'assurance antérieures au 21e anniversaire de l'assuré. On ne saurait en particulier voir là une quelconque violation du principe de l'égalité de traitement consacré par l'art. 2 de la convention, dès lors que l'art. 9 al. 3 vise aussi bien les ressortissants suisses que les espagnols. Cela ne signifie cependant pas que, eu égard à l'art. 9 al. 3 de la convention, toutes les périodes d'assurance accomplies à l'étranger doivent, en tant qu'elles ne se superposent pas aux périodes de cotisations suisses, obligatoirement être prises en considération. En effet, il ne sera tenu compte de ces périodes que dans la mesure où le droit suisse ne les exclut pas (arrêt non publié Ritter du 4 mai 1981). 4. En vertu de l' art. 3 al. 2 let. a LAVS , en vigueur depuis le 1er janvier 1957, les enfants qui exercent une activité lucrative ne sont pas tenus de payer des cotisations jusqu'au 31 décembre de l'année où ils ont accompli leur 17e année. L' art. 52ter RAVS ne vise donc que les périodes se situant entre cette époque et le 1er janvier de l'année qui suit la date où un assuré a eu vingt ans révolus. Or, tel est le cas en l'espèce, puisque l'intimé, né en 1935, a commencé à cotiser en 1953, soit lorsqu'il était âgé de plus de dix-sept ans. Aussi, la question soulevée par l'Office fédéral des assurances sociales relative à la prise en compte, pour les années 1948 à 1956, des périodes de cotisations accomplies après le 15e anniversaire déjà, peut-elle en l'occurrence rester ouverte, dès lors qu'une telle éventualité n'est pas réalisée. Vu ce qui précède, les périodes de cotisations espagnoles réalisées par l'intimé durant les BGE 109 V 185 S. 190 années 1953 à 1955 doivent être prises en considération dans le calcul de sa rente. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté.
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1,983
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Urteilskopf 110 IV 4 2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Januar 1984 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau c. H. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB . Verlängerung der Probezeit. Beginn. In Fällen, in denen der Richter erst nach Ablauf der in einem früheren Urteil bestimmten Probezeit deren Verlängerung anordnen kann, beginnt diese mit der Eröffnung des Verlängerungsbeschlusses und nicht - rückwirkend - am Ende der ersten Probezeit.
Erwägungen ab Seite 5 BGE 110 IV 4 S. 5 Aus den Erwägungen: 2. Nach Auffassung der Vorinstanz kann der bedingte Vollzug hinsichtlich der Gefängnisstrafe von 7 Monaten gemäss Urteil des Bezirksgerichts Oberegg vom 14. Dezember 1978 infolge des vom Beschwerdegegner am 17./18. Mai 1982 verübten Diebstahls nicht widerrufen werden. Zur Begründung führt sie folgendes aus: "Hingegen ist die Probezeit für das am 14. Dezember 1978 beurteilte Delikt abgelaufen. Wohl ist sie mit Entscheid vom 9. März 1982 um ein weiteres Jahr verlängert worden. Diese Verlängerung schliesst jedoch an den 14. Dezember 1980 an und nicht an den Zeitpunkt des Widerrufs, also den 9.3.1982. Die Probezeit für die bedingt ausgesprochene Strafe von 7 Monaten abzüglich 8 Tage Untersuchungshaft ging somit am 14. Dezember 1981 zu Ende, weshalb der bedingte Strafvollzug für diese Freiheitsstrafe nicht mehr widerrufen werden kann." Diese Auffassung widerspricht, wie die Staatsanwaltschaft in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend geltend macht, der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 104 IV 147 E. 2, BGE 79 IV 113 E. 4) und verstösst gegen Bundesrecht. Die Beurteilung der während der Probezeit verübten Delikte kann oft erst in einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die im ersten Entscheid angeordnete Probezeit bereits abgelaufen ist. Findet der Richter, dass auf den Widerruf des bedingten Strafvollzugs verzichtet werden sollte, kann er den Verurteilten verwarnen, zusätzliche Massnahmen nach Art. 41 Ziff. 2 StGB anordnen oder (siehe dazu BGE 98 IV 77 /78) die im ersten Urteil bestimmte Probezeit "um höchstens die Hälfte verlängern". Damit soll dem Verurteilten noch einmal eine Bewährungschance gegeben werden. Aus dieser ratio legis ergibt sich, dass die "Verlängerung" der Probezeit nicht beginnen kann, bevor der Täter von der Anordnung der Verlängerung Kenntnis erhält. Der Verlängerungsbeschluss kann mit anderen Worten sowenig zurückwirken wie die Weisungen oder die Schutzaufsicht. Denn der Verurteilte muss wissen, dass und wie lange er unter Probe steht, damit er sich entsprechend verhalten kann ( BGE 104 IV 147 ). Wollte man die im angefochtenen Entscheid vertretene Auffassung, für die allein allenfalls der in Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB verwendete Begriff "verlängern" sprechen mag, teilen, so hätte dies unter Umständen (und gerade auch im vorliegenden Fall) zur Folge, dass die verlängerte Probezeit im Moment, in dem die BGE 110 IV 4 S. 6 Verlängerung angeordnet wird und der Verurteilte davon Kenntnis erhält, schon vollständig abgelaufen ist. Das ist offensichtlich sinnlos. In Fällen, in denen der Richter erst nach Ablauf der im ersten Urteil bestimmten Probezeit die vom Täter während dieser Zeit vorgenommenen Handlungen zu beurteilen hat, bedeutet "Verlängern" der Probezeit nichts anderes als die Anordnung einer neuen, weiteren Probezeit. Die vom Kantonsgericht St. Gallen angesetzte Verlängerung der Probezeit um ein Jahr begann somit nach der zutreffenden Auffassung der Beschwerdeführerin mit der Eröffnung des Verlängerungsbeschlusses, d.h. am 9. März 1982. Der vom Beschwerdegegner am 17./18. Mai 1982 verübte Diebstahl fiel in diese Probezeit. Die Anordnung des Vollzugs der Gefängnisstrafe von 7 Monaten gemäss Urteil des Bezirksgerichts Oberegg vom 14. Dezember 1978 ist demnach entgegen der Auffassung der Vorinstanz grundsätzlich möglich.
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Urteilskopf 97 I 478 64. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juni 1971 i.S. Käsereigenossenschaft Aegeten/Daiwil gegen Zentralschweizerischen Milchverband, Zentralverband Schweizerischer Milchproduzenten, Refa Weichkäse AG und Abteilung für Landwirtschaft des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements.
Regeste Verfahren Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen; Art. 97 ff. OG , Art. 45 VwG.
Erwägungen ab Seite 478 BGE 97 I 478 S. 478 Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ist nach Art. 97 OG zulässig gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 VwG. Dazu zählen an sich auch Zwischenverfügungen (Art. 5 Abs. 2 VwG). Nach Art. 45 Abs. 1 VwG sind Zwischenverfügungen aber verwaltungsintern nur dann selbständig mit Verwaltungsbeschwerde anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Auf diese Vorschrift verweist Art. 5 Abs. 2 VwG ausdrücklich. Art. 45 Abs. 1 VwG ist deshalb analog auch in der Verwaltungsrechtspflege durch das Bundesgericht anzuwenden. Art. 101 lit. a OG spricht nicht gegen diesen Schluss. Er erklärt die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen unzulässig, wenn sie gegen Endverfügungen in derselben Sache unzulässig ist, was übrigens angesichts der Umschreibung der anfechtbaren Verfügung in Art. 97 OG und Art. 5 Abs. 2 VwG selbstverständlich scheint. Daraus abzuleiten, umgekehrt sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen ohne Einschränkung zulässig, wenn sie es gegen Endverfügungen in derselben Sache ist, verbietet sich aber; die Gesetzessystematik zwingt vielmehr zum Schluss, dass unter Zwischenverfügung im Sinne von Art. 101 lit. a OG dasselbe zu verstehen ist, wie unter Zwischenverfügung im Sinne BGE 97 I 478 S. 479 von Art. 5 Abs. 2 VwG, findet sich doch die Umschreibung der nach Art. 97 OG grundsätzlich anfechtbaren Verfügungen, zu denen auch die in Art. 101 OG von der Anfechtbarkeit ausgeschlossenen Verfügungen gehören, allein in Art. 5 VwG und dieser Artikel verweist, wie erwähnt, bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 VwG, der die erwähnte Einschränkung der Anfechtbarkeit vorsieht. Zwischenverfügungen sind somit nur mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können. Diese Lösung ist auch inhaltlich begründet, wäre es doch widersinnig, den Weiterzug von Zwischenverfügungen allein im verwaltungsinternen Verwaltungsbeschwerdeverfahren Beschränkungen zu unterwerfen, nicht aber im Verfahren vor Bundesgericht.
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Urteilskopf 113 Ia 457 67. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Dezember 1987 i.S. Adolf Odermatt-Schilter gegen Einwohnergemeinde Engelberg und Regierungsrat des Kantons Obwalden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22ter BV ; Zonenplanänderung ( Art. 15 RPG ). Beurteilung einer ausserhalb des Hauptsiedlungsgebietes liegenden Parzelle als "weitgehend überbaut" im Sinne von Art. 15 lit. a RPG (E. 4dd-df); Überprüfung des Ergebnisses anhand des planerischen Konzepts der Gemeinde (E. 4dg); Bedeutung der Bauzonierung für das Redimensionierungsziel (E. 4e); Würdigung des Ergebnisses im Lichte einer umfassenden Interessenabwägung (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 457 BGE 113 Ia 457 S. 457 Adolf Odermatt-Schilter ist Eigentümer einer im "Unter Chilchbüel" in der Gemeinde Engelberg liegenden Parzelle. Dieses Grundstück war gemäss Zonenplan der Gemeinde Engelberg vom 19. Mai 1974 (aZP) mit Baureglement vom 5. November 1974 (aBauR) der Hangzone H zugewiesen, in der Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, Gast- und Unterhaltungsstätten sowie öffentliche Bauten und Anlagen erlaubt waren (Art. 14 in Verbindung mit Art. 13 aBauR). Die Einwohnergemeinde Engelberg ist seit 1981 mit einer Revision der Ortsplanung befasst. Am 29. Mai 1981 erliess der Gemeinderat eine Bausperre von 18 Monaten; nachdem diese abgelaufen war, verfügte der Regierungsrat des Kantons Obwalden am 19. Oktober 1982 eine Planungszone gemäss Art. 27 des BG über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG), deren Dauer bis Mitte Mai 1986 beschränkt war. Vom 22. März bis zum 10. April BGE 113 Ia 457 S. 458 1984 legte der Gemeinderat den am 8. Februar 1984 beschlossenen und vom Kanton vorgeprüften Entwurf einer neuen Ortsplanung öffentlich auf. Danach sollte die Parzelle von Adolf Odermatt neu dem Übrigen Gemeindegebiet zugeteilt werden. Die gegen diese Umzonung eingereichte Einsprache wies der Gemeinderat ab. Ebenso befand der Regierungsrat im Beschwerdeverfahren mit Entscheid vom 1. April 1986. Adolf Odermatt reichte eine staatsrechtliche Beschwerde ein. Er macht eine Verletzung von Art. 4 BV (Willkürverbot) sowie von Art. 22ter BV geltend und beantragt im wesentlichen, der Entscheid des Regierungsrates vom 1. April 1986 sei aufzuheben. Erwägungen Aus den Erwägungen: (Erwägungen 2, 3 und 4a, b, ca, da-dc siehe BGE 113 Ia 447 E. 4 ...; die Parzelle des Beschwerdeführers ist offensichtlich zur Überbauung geeignet.) 4. ... dd) Die Parzelle des Beschwerdeführers (Nr. 587) umfasst ca. 500 m2. Sie ist überbaut und erschlossen. Die ganze Häusergruppe "Unter Chilchbüel" besteht aus acht Wohnhäusern. Dazu gehören zwei grosse Bauten, in denen früher das Armenheim untergebracht war. Die eine dient heute als Garnihotel. Daneben kommen vereinzelte kleine landwirtschaftliche Hilfsbauten vor. Vier dieser Häuser sind ungefähr 25 Jahre alt, die anderen älter. Die Häusergruppe ist gesamthaft erschlossen. Ob die Parzellenverhältnisse ungünstig seien, kann dahingestellt bleiben, denn dieses Hindernis könnte durch eine Landumlegung im Nachgang zur Planung behoben werden ( Art. 20 RPG ). de) Der Regierungsrat befand, die Parzelle Nr. 587 gehöre bezogen auf das ganze Gebiet nicht zu einer weitgehenden Überbauung. Einerseits bilde sie zusammen mit den wenigen anderen überbauten Parzellen Teil einer isolierten, von nicht überbauten Grundstücken umgebenen klassischen Streusiedlung. Die wenigen bestehenden Bauten seien rundum von praktisch unüberbautem, teilweise grossflächigem Gebiet umgeben. Es gehe nicht lediglich um die Schliessung einer Baulücke. Trotz der vorhandenen einzelnen Bauten, der Lage, des Zusammenhangs mit der Umgebung sowie des Besiedlungsgrades könne das Gebiet nicht als weitgehend überbaut betrachtet werden. BGE 113 Ia 457 S. 459 Der Beschwerdeführer dagegen sieht seine Parzelle als Teil der am Fusse des Chilchbüelhügels bestehenden Siedlungseinheit, für die eine Kleinbauzone auszuscheiden sei. Zudem liege die Parzelle am Ende einer Zeile von ebenfalls überbauten Grundstücken und werde nur durch Bach und Strasse vom Gebiet Meiland abgetrennt, das ebenfalls zeilenförmig entlang der Strasse besiedelt sei. Die Gemeinde schliesslich betrachtet die Parzelle des Beschwerdeführers als Kleinparzelle, welche zusammen mit der Nachbarliegenschaft von der weitgehend unüberbauten, bis weit hangaufwärts reichenden Parzelle Nr. 588 umschlossen sei. Bei den vorhandenen Bauten handle es sich um wenige, zufällig angeordnete Einzelgebäude; teilweise seien es ausgesprochene Kleinbauten. Die Umgebung hangaufwärts und Richtung Ochsenmatt sowie das Areal zwischen Strasse und Dürrbach sei noch gänzlich unüberbaut. Die Streusiedlung stosse denn auch wie ein gestreckter Zeigefinger in das unbesiedelte Gebiet der Ochsenmatt und des unteren Chilchbüel vor. Insgesamt könne nicht von einer kompakten, organisch mit dem baulichen Entwicklungsgebiet der Gemeinde verbundenen Siedlungseinheit gesprochen werden. Der Wohnwert der vorbestandenen Bauten leide in der Regel nicht, wenn in der Umgebung nicht mehr gebaut werden könne. Die Schaffung einer zweckmässigen Gebietseinheit würde den Zusammenschluss mit der Bauzone jenseits des Dürrbaches und den Einbezug weiter Teile des Chilchbüelhügels erfordern. Innerhalb der Parzelle Nr. 588 lasse sich die Grenze nicht sachgerecht ziehen; die Einzonung dieses Grundstücks zöge auch diejenige der unmittelbar daneben liegenden Parzelle nach sich. Es ginge in diesem Fall nicht nur um die Schliessung von Baulücken, sondern um die Ausdehnung der Bauzone auf grössere Flächen. Vorhanden sei eine isolierte Neusiedlung, kein selbständig lebensfähiger Ortsteil. Eine eigene Kleinbauzone sei nicht möglich. df) Die Häusergruppe "Unter Chilchbüel" hat praktisch durchgehend nichtlandwirtschaftlichen Charakter. Nutzungsmässig stehen im Vordergrund das ehemalige Altersheim und heutige Garnihotel sowie kaum 30 Jahre alte Wohnhäuser in gutem Zustand; daneben bestehen noch ältere, vielleicht einmal von Landwirten bewohnte Gebäude, deren Bausubstanz aber durchaus noch als erhaltenswert erscheint. Ein Zusammenhang zur Bewirtschaftung des Umlandes besteht nicht. Die Gebäude heben sich davon vielmehr als einigermassen geschlossene Einheit ab. Sie stehen denn auch so nahe beieinander, wie dies in der Bauzone BGE 113 Ia 457 S. 460 üblich ist, und sind untereinander durch die Chilchbüelstrasse sowie auch sonst erschliessungsmässig verbunden. Daran ändern die wenigen dazwischen liegenden unüberbauten Flächen nichts. Diese sind von ganz untergeordneter Bedeutung, weitgehend von Bauten umgrenzt und gehören zum Siedlungszusammenhang; es sind also im erwähnten Sinne Baulücken (vgl. E. 4da bis dc). Gesamthaft spricht somit viel dafür, der Häusergruppe "Unter Chilchbüel" Siedlungscharakter zuzusprechen. dg) Damit ist zu untersuchen, ob diese Qualifikation auch dem planerischen Konzept der Gemeinde entspricht. Nach der Idee, welche der Ortsplanungsrevision zugrunde liegt, soll in erster Priorität das überbaute Gebiet einschliesslich einzelner Baulücken in die Bauzone aufgenommen werden. Ein Vergleich der Anwendung dieses Grundsatzes auf die "grösseren, nicht überbauten, eingezonten Gebiete" mit der Häusergruppe "Unter Chilchbüel" ergibt folgendes Resultat: - Die Gemeinde hat eine Reihe von Flächen, die ganz unüberbaut sind, wegen ihrer Randlage zur Hauptbauzone in der Bauzone belassen (...). Dazu kommen relativ erhebliche Flächen in Bauzonen, welche von der Hauptbauzone abgesetzt sind (...). Keines dieser Gebiete ist so weitgehend mit Bauten bedeckt wie "Unter Chilchbüel". - Von diesen in der Bauzone belassenen Landstücken sind zudem nur wenige so weit erschlossen wie "Unter Chilchbüel". Als vollerschlossen werden im Planungsbericht bezeichnet: ... . - Überhaupt fällt auf, dass Engelberg eine Reihe von isolierten Kleinbauzonen kennt, namentlich am westlichen Dorfeingang, in "Vorderörtigen", "Grüss", "Fellenrüti", "Züg", "Ober Chilchbüel", "Meiland" und "Festi" mit "Barmettlen", zwischen "Tellenstein" und "Städeli", im Gebiet "Eyen" und "Eyenwäldli". Zu einem guten Teil weisen diese vor allem neuere Wohnbauten auf ("Vorderörtigen", "Züg", "Fellenrüti", "Ober Chilchbüel" und "Barmettlen"). In solchen Zonen stehen aber auch ältere Gebäude (so am westlichen Dorfeingang). Es ist nicht einzusehen, warum eine Häusergruppe älteren Datums wie "Unter Chilchbüel", dessen wesentliche Teile aber nicht älter als 25 Jahre sind, nicht ebenfalls in die Bauzone gehören soll. Im übrigen ist eine Bauzone "Unter Chilchbüel" nicht ganz isoliert. Sie bildet vielmehr eine Fortsetzung der Bauzone "Festi"-"Meiland". Der Zonenplan kennt kleinere oder doch in der Grösse BGE 113 Ia 457 S. 461 vergleichbare, aber eher mehr isolierte Lücken (in den Gebieten "Winkel" im Osten oder im Bereich der Garage am nord-westlichen Dorfeingang); ebenso sind ihm kleinere Zonierungen entlang einem Strassenstück nicht fremd ("Vorderste Eyen", "Boden"/"Rütimattweid" oder südlich "Stirnenrüti"). e) ea) Geeignetes, nicht weitgehend überbautes Land darf nur eingezont werden, wenn es voraussichtlich in 15 Jahren benötigt wird ( Art. 15 lit. b RPG ). Da unbestrittenermassen das Hauptziel der Ortsplanungsrevision in der Verkleinerung des Bauzonenareals besteht, ist der Verzicht auf die Umzonung vom Baugebiet in das Übrige Gemeindegebiet nur zulässig, wenn die fragliche Parzelle samt dem zusätzlichen Land, das um einer sachgerechten und rechtlich haltbaren Abgrenzung willen gleich behandelt werden müsste, flächenmässig unbedeutend wäre. eb) Der Regierungsrat sieht in einer allfälligen Einzonung, da sie den gesamten Chilchbüelhügel mitumfassen müsste, einen Widerspruch zum Gebot der Bauzonenverkleinerung. Dasselbe Resultat entstünde bei der Schaffung eines planerischen Zusammenhangs mit der bestehenden Bauzone "Festi"-"Meiland", weil das unüberbaute Land der östlichen Ochsenmatte und dasjenige zwischen den Strassen einbezogen werden müsste. Die Gemeinde teilt im wesentlichen die Auffassung des Regierungsrates. ec) Die Bedenken sind auf den ersten Blick verständlich. Freilich besteht diese Gefahr für das Reduktionsziel nicht oder jedenfalls nicht mehr als andernorts. Nach Süd-Osten grenzt der Bereich "Unter Chilchbüel" an die erwähnte Bauzone "Festi"-"Meiland" an, nach Süden und Westen an die "Zone zur Sicherung von Anlagen des Wintersports", die durch den unmittelbar westlich vom Chilchbüelhügel verlaufenden Skilift bedingt ist. Im Norden ergibt sich eine topographische Grenze im Bereich der Parzelle Nr. 585, und weiter nördlich folgt die Grünzone zum Schutz der Aussicht vom "Chilchbüel". Gegenüber der Parzelle Nr. 588 lässt sich eine Bauzone "Unter Chilchbüel" noch besser abgrenzen, als dies etwa im "Grundli" oder am Ostrand des "Tellensteins" der Fall ist. Dort kann die Bauzonengrenze nicht wie im Gebiet "Unter Chilchbüel" grundsätzlich einfach den nördlichen Grenzen der überbauten Parzellen und den eine Baulücke bildenden Grundstücksteilen folgen. Bei einer so engen Abgrenzung kann ernstlich nicht von einer Gefährdung des Reduktionszieles gesprochen werden. 5. a) Die Bauzonenvorschrift von Art. 15 RPG ist letztlich nicht allein massgebend. Planungsmassnahmen sind nur dann BGE 113 Ia 457 S. 462 verfassungskonform, wenn neben den Kriterien der Eignung, der Überbauung und des Bedarfs auch die anderen, für den konkreten Fall massgebenden Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Die Raumplanung bezweckt nicht nur die geordnete Besiedlung des Landes sowie die Erhaltung genügender Kulturflächen, sondern sie steht auch im Dienste anderer öffentlicher Interessen (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und 2 und Art. 3 RPG ). ab) Die Gemeinde wendet ein, weder die Eignung zum Wohnen noch die Nichteignung für die landwirtschaftliche Nutzung mache das Land zu Bauland. Dasselbe gelte für die Erschliessung. Gegen die Einzonung sprächen auch Gründe des Landschaftsschutzes und die vom Dorfkern entfernte Lage. Der Chilchbüelhang sei von landschaftlicher Bedeutung, auch wenn nur der am meisten exponierte Teil einer Grünzone zugewiesen sei. Dem entgegnet der Beschwerdeführer, der Landschaftsschutz spiele keine Rolle, da man bereits vor vollendeten Tatsachen stehe. ac) Die landschaftlichen Bedenken der Gemeinde wiegen nicht so schwer. Die Bauten sind ja in ihrem Bestand geschützt, so dass zumindest auf absehbare Zeit die dadurch bewirkte Belastung der Landschaft ohnehin fortdauert. Sie wiegen um so weniger, als auf der Parzelle Nr. 585 mit der bestehenden Kiesgrube noch auf längere Zeit eine schwere Wunde klafft. Wird die Bauzone wirklich auf die bereits überbauten Parzellen samt den Baulücken beschränkt, so verlieren auch die landwirtschaftlichen Interessen an Bedeutung; dies auch deshalb, weil die meisten Gebäude im fraglichen Gebiet nicht oder nicht mehr der Landwirtschaft dienen (vgl. E. 4dd). Schliesslich ändert sich auch in bezug auf die Immissionsverträglichkeit nichts, verlangt doch die bereits bestehende Häusergruppe auch ohne Bauzonierung ein gewisses Mass an Rücksichtnahme. Auch die Berücksichtigung weiterer öffentlicher Interessen vermag am Ergebnis, welches sich in Anwendung von Art. 15 RPG ergibt, nichts zu ändern. (Das Gebiet der Häusergruppe "Unter Chilchbüel" ist in Anwendung von Art. 15 lit. a RPG als "weitgehend überbaut" zu beurteilen und daher in die Bauzone aufzunehmen. Die staatsrechtliche Beschwerde wird deshalb gutgeheissen, und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Obwalden vom 1. April 1986 wird aufgehoben. Es wird Sache der Gemeinde sein, die Bauzone im Gebiet "Unter Chilchbüel" sachgerecht und rechtmässig zu umgrenzen.)
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Urteilskopf 101 Ia 13 4. Auszug aus dem Urteil vom 12. Februar 1975 i.S. Wirth gegen Blatter und Kantonsgericht Wallis.
Regeste Art. 4 BV ; Kann ein unbestrittenes Rechtsbot einen definitiven Rechtsöffnungstitel darstellen? Wird mit einem Rechtsbot die Anerkennung eines materiellen Klagebegehrens verlangt, so ist es vor Art. 4 BV nicht haltbar, ein unbestritten gebliebenes Rechtsbot einer gerichtlichen Schuldanerkennung im Sinne von Art. 80 SchKG gleichzustellen. Hingegen ist es zulässig, dass die Kantone ein unbestrittenes Rechtsbot, das sich bloss auf die Anerkennung einer detaillierten Kostenrechnung bezieht, einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil gleichstellen, sofern die Partei, welcher die Liste zugestellt wird, im Rechtsbot darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Kosten als anerkannt gelten, falls binnen der gesetzlichen Frist dagegen nicht Einsprache erhoben wird.
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 101 Ia 13 S. 13 Aus dem Sachverhalt: Das Kantonsgericht Wallis entschied am 2./13. November 1973 den Zivilprozess zwischen Hedwig Wirth und Eleonora BGE 101 Ia 13 S. 14 Brunner-Schölly, wobei es in Ziffer 2 des Urteilsdispositivs bestimmte: "Die Kosten des Verfahrens und Urteils werden zu 2/5 der Eleonora Brunner-Schölly und zu 3/5 der Hedwig Wirth auferlegt." Am 2./8. April 1974 liess Advokat Blatter, der Vertreter von Eleonora Brunner im Zivilprozess, durch den Präsidenten des Walliser Kantonsgerichts Hedwig Wirth folgendes Rechtsbot zustellen: "Ihnen, Frau Hedwig Wirth gesch. Buser geb. Dysli, wohnhaft in Vuisse-Savièse, Advokat Joseph Blatter, in Sitten, handelnd sowohl für Frau Eleonore Brunner geb. Schölly, wohnhaft in Zürich, als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Herrn Rudolf Emil Buser, wohnhaft gewesen in Zürich, als auch für Herrn Dr. Fridolin Allemann, Advokat, in Zürich, und für sich selbst, zeigt die Liste der gerichtlichen Kosten an, wovon Sie gemäss Urteil des Kantonsgerichts vom 2./13. November 1973, bestätigt durch Urteil des Bundesgerichts vom 1. Februar 1974, drei Fünftel zu bezahlen haben: ... (es folgt eine detaillierte Aufstellung über Barauslagen und Honorar im Zivilprozess) ... Wir sagen: achttausendachthundertvierundneunzig Franken und fünfzig Rappen, wovon drei Fünftel oder Fr. 5'336.70, wir sagen: fünftausenddreihundertsechsunddreissig Franken und siebzig Rappen zu Ihren Lasten sind. Dies mit allen rechtlichen Folgen." Hedwig Wirth erhob keine Einsprache gegen die Kostenliste. In der Folge betrieben Eleonora Brunner, Fridolin Allemann und Joseph Blatter Frau Wirth für den Betrag von Fr. 5'336.70 nebst Zins zu 5% seit dem 2. Mai 1974. Hedwig Wirth erhob Rechtsvorschlag, worauf die Gläubiger beim Instruktionsrichter von Sitten die definitive Rechtsöffnung verlangten. Als Rechtsöffnungstitel legten sie die Kostenliste vor sowie eine Erklärung des Kantonsgerichts Wallis, dass die Liste vollstreckbar sei. Mit Urteil vom 17. Juli 1974 erteilte der Instruktionsrichter die definitive Rechtsöffnung. Dagegen reichte Frau Wirth Nichtigkeitsklage ein, welche vom Kantonsgericht Wallis am 4. November 1974 abgewiesen wurde. Diesen Entscheid sowie denjenigen des Instruktionsrichters ficht Hedwig Wirth mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV an. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. BGE 101 Ia 13 S. 15 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach den Prozesskostenbestimmungen der Zivilprozessordnung des Kantons Wallis vom 22. November 1919 (ZPO) wird im Urteil nur über die Verteilung der Kosten, nicht aber über deren Höhe befunden. Zu den Gerichtskosten gehören auch die Anwaltshonorare (Art. 1 des Dekretes vom 18. Mai 1973 betreffend den Tarif der Gerichtskosten, Amtsblatt des Kantons Wallis 1973, S. 620) und diese sind den Anwälten direkt von der Partei geschuldet, die zu den Kosten verurteilt wurde ( § 312 ZPO ). Die ganz oder zum Teil obsiegende Partei hat dem Gegner ihr Kostenverzeichnis durch Rechtsbot unter Strafe der Verwirkung innert sechzig Tagen, nachdem das Urteil in Rechtskraft erwachsen ist, anzeigen zu lassen ( Art. 305 Abs. 1 ZPO ). Die in die Kosten verfällte Partei kann innert zehn Tagen seit der Anzeige durch Rechtsbot gegen die Kostenliste einsprechen ( Art. 306 ZPO ). Tut sie dies nicht, so wird die Kostenliste rechtskräftig ( Art. 311 ZPO ). Eine solche unbestritten gebliebene Kostenliste wird in Art. 373 Abs. 2 lit. a ZPO einem rechtskräftigen gerichtlichen Urteil im Sinne von Art. 80 Abs. 2 SchKG gleichgestellt. 3. Die Kantone sind zwar befugt, gewisse Entscheide der Verwaltungsorgane den vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen gleichzustellen ( Art. 80 Abs. 2 SchKG ). Die Kostenliste eines Anwalts ist kein solcher Entscheid einer Verwaltungsbehörde. Abgesehen davon, können die Kantone Hoheitsakte nur im Rahmen des Art. 80 SchKG den vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen gleichstellen. Die unbestrittene Kostenliste ist klarerweise kein gerichtliches Urteil im Sinne des Art. 80 Abs. 1 SchKG , da es am Erfordernis des kontradiktorischen Verfahrens fehlt ( BGE 67 I 9 f.). Davon geht die Walliser ZPO selber aus, denn sie stellt die Kostenliste bloss einem rechtskräftigen Urteil gleich. Das Bundesgericht hat im erwähnten Entscheid die Frage geprüft, ob ein unbestrittenes Rechtsbot, welches das betreffende kantonale Recht ebenfalls einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil gleichstellte, als gerichtliche Schuldanerkennung gelten könne. Es verneinte die Frage aus der Erwägung, eine gerichtliche Schuldanerkennung könne nicht stillschweigend erfolgen ( BGE 67 I 11 ). Daran ist festzuhalten, BGE 101 Ia 13 S. 16 soweit - wie im genannten Fall - mit dem Rechtsbot die Anerkennung eines materiellen Klagebegehrens verlangt wird. Dieselbe Strenge ist nicht am Platz, wenn sich das Rechtsbot bloss auf die Anerkennung einer detaillierten Kostenrechnung bezieht. Es ist zulässig, dass die Kantone eine unbestrittene Kostenliste einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil gleichstellen, sofern die Partei, welcher die Liste zugestellt wird, im Rechtsbot darauf aufmerksam gemacht wird, dass die Kosten als anerkannt gelten, falls binnen der gesetzlichen Frist dagegen nicht Einsprache erhoben wird. Ist dieser Hinweis im Rechtsbot enthalten, so darf davon ausgegangen werden, die Partei habe dem zustellenden Richter gegenüber die Kostenliste anerkannt, wenn sie innert Frist keine Einsprache erhebt, und es steht mit der Ordnung des SchKG nicht im Widerspruch, wenn ein Kanton unter dieser Voraussetzung die unbestrittene Kostenliste einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil gleichstellt. Dagegen geht es, vor allem bei der wenig übersichtlichen Ordnung des Walliser Zivilprozessrechts, klarerweise nicht an, eine Kostenliste auch dann als definitiven Rechtsöffnungstitel gelten zu lassen, wenn die Partei, welcher das Rechtsbot zugestellt wird, nicht darauf aufmerksam gemacht wurde, dass mangels fristgemässer Bestreitung die Kostenrechnung als anerkannt gelte. Da sich der Richter im Sachurteil nicht ausdrücklich über die Parteikosten ausspricht, kann insbesondere ein juristischer Laie bei der eigenartigen Parteikostenregelung des Walliser Rechts durchaus der Meinung sein, es werde ihm mit dem Rechtsbot bloss zur Kenntnis gebracht, welche Kostenrechnung der Gegenanwalt stellt, und eine weitere Bedeutung komme dem Bot nicht zu. Wenn schon bei Kostenlisten auch Stillschweigen als Anerkennung gelten kann und in diesem Sinn die Gleichstellung einer Kostenliste mit einem vollstreckbaren gerichtlichen Urteil für zulässig gehalten wird, so muss auf jeden Fall alle Gewähr dafür geschaffen sein, dass der Partei bekannt ist, ihr Stillschweigen werde als Anerkennung gewertet. Da das an Frau Wirth gerichtete Rechtsbot den genannten, unbedingt erforderlichen Hinweis nicht enthielt, war es unhaltbar, die Kostenliste als definitiven Rechtsöffnungstitel zu betrachten. Die Beschwerde ist daher gutzuheissen, so dass es sich erübrigt, die weiteren Rügen zu überprüfen. Da der Anwalt die Kostenrechnung rechtzeitig und formrichtig einreichte, wird BGE 101 Ia 13 S. 17 sie der Kantonsgerichtspräsident der Beschwerdeführerin mit dem erforderlichen Hinweis erneut zuzustellen haben, worauf Frau Wirth Einsprache erheben kann. Die zuständige Behörde wird inskünftig bei der Anzeige des Kostenverzeichnisses ausdrücklich hinweisen auf die Frist, innerhalb welcher gegen die Kostenliste eingesprochen werden kann ( Art. 306 ZPO ), auf die Form der Einsprache ( Art. 307 ZPO ), auf die Behörde, bei der das Kostenverzeichnis angefochten werden kann ( Art. 310 ZPO ) sowie auf die rechtlichen Wirkungen, welche einer unbestritten gebliebenen Kostenliste zuerkannt werden ( Art. 311 und 373 Abs. 2 lit. a ZPO ).
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Urteilskopf 123 II 289 34. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Juni 1997 i.S. Zürcher und Schweizer Heimatschutz gegen Politische Gemeinde Rickenbach und Mitbeteiligte sowie Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 97 ff. OG , Art. 24 RPG und 34 RPG, Art. 12 NHG - Anfechtung einer im Nutzungsplan für einen landwirtschaftlichen Weiler festgelegten Kernzone durch eine ideelle Vereinigung des Natur- und Heimatschutzes. Ein Nutzungsplan ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar, soweit geltend gemacht wird, Art. 24 RPG sei zu Unrecht nicht angewendet worden (E. 1c). Weiterführung des kantonalen Rechtsmittelverfahrens vor Bundesgericht durch die gesamtschweizerische Vereinigung (E. 1e/aa). Die kantonale Sektion selbst ist im bundesgerichtlichen Verfahren gestützt auf Art. 12 NHG nicht beschwerdebefugt (E. 1e/bb).
Sachverhalt ab Seite 290 BGE 123 II 289 S. 290 Mit Beschluss vom 10. September 1993 wies die Gemeindeversammlung Rickenbach den im Landwirtschaftsgebiet gelegenen Weiler "Hinter-Grüt" der Kernzone zu. Die Baurekurskommission IV wie auch der Regierungsrat des Kantons Zürich wiesen die gegen diese Einzonung gerichteten Rekurse eines Grundeigentümers sowie des Zürcher Heimatschutzes ab. Der Zürcher Heimatschutz (ZVH) und der Schweizer Heimatschutz (SHS), vertreten durch den Kantonalpräsidenten des ZVH, haben gegen den Beschluss des Regierungsrates Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein und weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitgegenstand ist ein Entscheid über einen Nutzungsplan im Sinne von Art. 14 ff. des Raumplanungsgesetzes des Bundes vom 22. Juni 1979 (RPG; SR 700), mit welchem die Rekurse gegen die Festsetzung der Kernzone "Hinter-Grüt" abgewiesen wurden. Es stellt sich insbesondere die Frage der Vereinbarkeit der umstrittenen Kernzone mit Art. 24 RPG . a) Die Beschwerdeführer haben sowohl Verwaltungsgerichtsbeschwerde als auch staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Sie haben beide Rechtsmittel in einer Beschwerdeschrift erhoben, was grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Welches Rechtsmittel zulässig ist, ob vorliegend beide Rechtsmittel ergriffen werden können und in welchem Umfang darauf einzutreten ist, prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition ( BGE 121 II 72 E. 1a mit Hinweisen). Entsprechend der subsidiären Natur der staatsrechtlichen Beschwerde ist zunächst zu prüfen, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen steht ( BGE 119 Ib 380 E. 1a S. 382 mit Hinweisen). BGE 123 II 289 S. 291 b) Kantonal letztinstanzliche Entscheide über Nutzungspläne unterliegen grundsätzlich der staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 34 Abs. 3 RPG ). Sind allerdings im Nutzungsplan enthaltene, auf Bundesverwaltungsrecht abgestützte Anordnungen umstritten oder wird das Fehlen solcher Anordnungen bemängelt, so erachtet die bundesgerichtliche Rechtsprechung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde für zulässig, soweit der Nutzungsplan die Merkmale einer Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG erfüllt und kein Ausschlussgrund gemäss Art. 99 ff. OG gegeben ist ( BGE 123 II 88 E. 1a S. 91; BGE 121 II 72 E. 1d S. 76, 430 E. 1c; BGE 120 Ib 287 E. 3 S. 292 ff., je mit Hinweisen; zum Verfügungsbegriff: RENÉ RHINOW/HEINRICH KOLLER/CHRISTINA KISS, Öffentliches Prozessrecht und Justizverfassungsrecht des Bundes, Basel 1996, Rz. 1222 ff.; ALFRED KÖLZ/ ISABELLE HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zürich 1993, S. 131 ff.; FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, Bern 1983, S. 126 ff.). Nach der Rechtsprechung sind Nutzungspläne auch mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar, soweit geltend gemacht wird, mit ihrer Festsetzung werde Art. 24 RPG umgangen ( BGE 117 Ib 9 E. 2b S. 12). c) Die hier umstrittene Kernzone wurde im kommunalen Nutzungsplan festgelegt. Mit der Rüge, der Nutzungsplan sei unter Umgehung von Art. 24 RPG festgesetzt worden, machen die Beschwerdeführer geltend, es sei zu Unrecht keine auf Art. 24 RPG gestützte Verfügung ergangen. Diese Rüge ist im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfen. Dies gilt auch für die darauf Bezug nehmenden Rügen, das Verhältnismässigkeitsprinzip und das Willkürverbot seien verletzt worden; denn zu dem nach Art. 104 lit. a OG im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu überprüfenden Bundesrecht gehört auch das Bundesverfassungsrecht, soweit die Rüge eine Angelegenheit betrifft, die in die Sachzuständigkeit der eidgenössischen Verwaltungsrechtspflegeinstanz fällt ( BGE 123 II 88 E. 1a/bb S. 92 mit Hinweisen). d) Es sind keine Ausschlussgründe gemäss Art. 99 ff. OG erfüllt. Art. 99 Abs. 1 lit. c OG schliesst nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Nutzungspläne im Sinne von Art. 14 ff. RPG nicht aus ( BGE 123 II 88 E. 1a/dd S. 92 mit Hinweisen). e) Nach Art. 103 lit. c OG sind private Organisationen zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde befugt, wenn das Bundesrecht sie dazu ermächtigt. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kommt es jedoch nicht darauf an, ob eine entsprechende kantonalrechtliche BGE 123 II 289 S. 292 Beschwerdeberechtigung besteht. Eine bundesrechtliche Beschwerdeberechtigung besteht nach Massgabe von Art. 12 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) und Art. 55 des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG; SR 814.01). Sie gilt auch im Anwendungsbereich von Art. 24 RPG , worauf sich die Beschwerdeführer vorliegend berufen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist in der Anwendung von Art. 24 RPG die Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne von Art. 2 NHG zu erblicken, wenn geltend gemacht wird, die Ausnahmebewilligung für ein Vorhaben ausserhalb der Bauzone verstosse gegen die nach Art. 24sexies BV bzw. nach den Vorschriften des NHG notwendige Rücksichtnahme auf Natur und Heimat (vgl. BGE 123 II 5 E. 2c S. 7). Die gesamtschweizerischen ideellen Vereinigungen können diesbezüglich mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch geltend machen, mit einer Planungsmassnahme werde Art. 24 RPG umgangen (Urteil des Bundesgerichts in ZBl 96/1995 S. 146 E. 3 mit Hinweisen). Sowohl Art. 12 Abs. 1 NHG als auch Art. 55 Abs. 1 USG beschränken die Beschwerdeberechtigung auf gesamtschweizerische Organisationen. Zudem besteht die Beschwerdelegitimation nur, wenn sich die beschwerdeberechtigten Organisationen am kantonalen Verfahren beteiligt haben und darin ihren Anliegen nicht entsprochen wurde ( Art. 12 Abs. 5 NHG und Art. 55 Abs. 5 USG , in Kraft seit 1. Februar 1996; zur bundesgerichtlichen Praxis vor der Gesetzesrevision vgl. BGE 118 Ib 299 E. 2a; BGE 117 Ib 274 ; s. auch BGE 121 II 224 E. 2b S. 227). aa) Der Schweizer Heimatschutz (SHS) ist eine gesamtschweizerische Organisation im Sinne von Art. 12 NHG und Art. 55 USG ( BGE 112 Ib 70 ff. und Verordnung über die Bezeichnung der beschwerdeberechtigten Umweltschutzorganisationen vom 27. Juni 1990 [VBUO, SR 814.076]). Der Zürcher Heimatschutz (ZVH) ist keine gesamtschweizerische Organisation, sondern eine Sektion des SHS. Gemäss Art. 6 der Statuten des SHS verwirklichen die Sektionen die in den Statuten umschriebenen Ziele in ihrem Einzugsgebiet (Ziff. 1). Die zeichnungsberechtigten Vertreter des SHS sind befugt, im Einvernehmen mit den betreffenden Sektionen auch Rechtsmittel für diese einzulegen, während umgekehrt die zeichnungsberechtigten Organe der Sektionen ihre Rechtsmittel auch namens des SHS ergreifen können (Ziff. 3). Art. 6 Ziff. 2 der SHS-Statuten hält generell fest, dass der SHS und seine Sektionen zusammenarbeiten. BGE 123 II 289 S. 293 Der SHS hat am kantonalen Verfahren nicht teilgenommen. Das vermag seiner grundsätzlichen Beschwerdebefugnis unter den vorliegenden Umständen aber keinen Abbruch zu tun, weil sich nach der Praxis die gesamtschweizerischen Organisationen im kantonalen Verfahren durch ihre örtlichen und regionalen Sektionen "vertreten" lassen können, und zwar selbst dann, wenn die Sektion nicht ausdrücklich in deren Namen handelt; es genügt insoweit eine erkennbare enge Bindung zwischen der gesamtschweizerischen Organisation und der prozessführenden Sektion (vgl. BGE 118 Ib 296 E. 2b und c S. 299 f.; LORENZ MEYER, Das Beschwerderecht von Vereinigungen; Auswirkungen auf das kantonale Verfahren, in: Verfassungsrechtsprechung und Verwaltungsrechtsprechung, Zürich 1992, S. 167 ff., insbes. S. 170). Dass zwischen dem ZVH und dem SHS eine hinreichend enge Bindung besteht, wurde zuvor dargelegt. Der SHS ist demnach grundsätzlich befugt, den Entscheid des Regierungsrats des Kantons Zürich im gesetzlich zulässigen Umfang mit Beschwerde anzufechten. Dabei hat er den Streit in dem Zustand zu übernehmen bzw. weiterzuführen, in dem sich dieser nach Abschluss des kantonalen Verfahrens befand. bb) Eine andere Frage ist, ob auch der Zürcher Heimatschutz zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht befugt sei. Das muss verneint werden; das Beschwerderecht ist wie erwähnt den gesamtschweizerischen Organisationen vorbehalten. Allerdings kann sich der SHS im bundesgerichtlichen Verfahren durch den ZVH vertreten lassen. Nachdem der SHS am 28. November 1996 eine entsprechende Vollmacht nachgereicht hat, liegt insoweit eine korrekte Vertretung vor. Hingegen stellt der zuvor zitierte Art. 6 der Statuten des SHS keine hinreichende Vollmacht für eine Vertretung des SHS durch eine seiner Sektionen in Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht dar. Hierfür braucht es vielmehr eine für das konkrete Verfahren ausgestellte Vollmacht. Wenn es auch auf überspitzten Formalismus hinausliefe, auf eine Beschwerde nur deswegen nicht einzutreten, weil der erkennbare Vertreter es unterlassen hat, innert der Beschwerdefrist eine rechtsgenügende Vollmacht einzureichen, so ist doch darauf hinzuweisen, dass die entsprechende Vollmacht im Normalfall unaufgefordert und innert Frist einzureichen ist ( Art. 30 Abs. 1 und 2 OG ; vgl. zur Folge einer fehlenden Ermächtigung zur Beschwerdeerhebung das Urteil des Bundesgerichts vom 21. Dezember 1993 in ZBl 95/1994 S. 528). cc) Auf die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist somit nur insoweit einzutreten, als sie im Namen und in Vertretung des BGE 123 II 289 S. 294 Schweizer Heimatschutzes eingereicht wurde. Soweit der Zürcher Heimatschutz in eigenem Namen Beschwerde führen will, wird auf die Beschwerde nicht eingetreten. f) Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind erfüllt und geben zu keinen weiteren Erörterungen Anlass. Alle erhobenen Rügen können im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebracht werden; für die staatsrechtliche Beschwerde bleibt kein Raum; auf sie wird nicht eingetreten ( Art. 84 Abs. 2 OG ).
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8829f838-e293-47aa-88a3-d5851dd16801
Urteilskopf 95 I 89 13. Urteil vom 3. April 1969 i.S. Wettstein gegen Regierungsrat des Kantons Solothurn.
Regeste Verordnung des Bundesrates über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom 18. Januar 1966. 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts. Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 1). 2. Begriff des berufsmässigen Motorfahrzeugführers (Erw. 2). 3. Monteure, die für den Arbeitgeber mit einem schweren Lastwagen Material zum Bau von Leitungen für elektrischen Strom auf die Baustellen führen, unterstehen der Verordnung (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 95 I 89 S. 90 A.- Der Beschwerdeführer, Ingenieur Hans Wettstein, befasst sich in seinem Betrieb in Balsthal mit "elektrischen Unternehmungen". Er ist Eigentümer eines im Jahre 1952 hergestellten schweren Motorwagens "Morris" mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen. Das Fahrzeug wird zum Transport schweren Materials, insbesondere von Leitungsstangen und Kabeln, auf die Bauplätze und dort zum Ziehen der Kabel verwendet. Es ist für diese Zwecke mit besonderen Einrichtungen versehen; auf der Ladebrücke sind auch Sitzbänke für Mitfahrer angebracht. Der Wagen wird von Monteuren geführt, die im Betriebe des Beschwerdeführers beschäftigt sind und den erforderlichen Führerausweis besitzen. Für den Transport leichteren Materials benützt der Beschwerdeführer zwei "VW"-Lieferwagen. B.- Mit Verfügung vom 1. März 1968 hat die Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Solothurn die Materialtransporte des Beschwerdeführers mit dem Motorwagen "Morris" der Verordnung des Bundesrates vom 18. Januar 1966 über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer (Chauffeurverordnung, ARV, in AS 1966 S. 39) unterstellt; sie hat daher den Beschwerdeführer verpflichtet, das Fahrzeug bis zum 1. Mai 1968 mit einem typengeprüften Fahrtschreiber auszurüsten und jedem Führer des Wagens ein Arbeitsbuch abzugeben. Diese Verfügung hat der Beschwerdeführer zunächst an das Polizei-Departement und sodann an den Regierungsrat des BGE 95 I 89 S. 91 Kantons Solothurn weitergezogen. Der Rekurs ist von beiden Instanzen abgewiesen worden. C.- Gegen den Rekursentscheid des Regierungsrates vom 24. September 1968 erhebt Hans Wettstein Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beantragt, es sei festzustellen, dass die in seinem Betrieb arbeitenden Monteure, welche Transporte mit dem Motorwagen "Morris" ausführen, und dieses Fahrzeug der Chauffeurverordnung nicht unterstellt seien; falls das Bundesgericht hinsichtlich der Verpflichtung zum Einbau eines Fahrtschreibers und zur Führung von Arbeitsbüchern nicht zuständig wäre, sei die Sache zur neuen Entscheidung hierüber an den Regierungsrat zurückweisen. Es wird geltend gemacht, die in Frage stehenden Monteure seien nicht berufsmässige Motorfahrzeugführer im Sinne des Strassenverkehrsgesetzes und der darauf beruhenden Chauffeurverordnung. Entgegen der Auffassung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) sei die Berufsmässigkeit nicht schon deshalb gegeben, weil die Monteure Transporte ausführen, die unter Art. 1 Abs. 2 lit. a ARV fallen. Ausserdem wäre nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ( BGE 91 I 67 ) erforderlich, dass die Fahrzeugführer die Transporte mit einer gewissen Regelmässigkeit und in enger Verbindung mit dem Unternehmen besorgen. Hier sei zumindest fragwürdig, ob eine solche Verbindung bestehe; sicher fehle die Regelmässigkeit. Der Motorwagen "Morris" werde "ganz unregelmässig nach Bedarf" verwendet; Aufträge, die seinen Einsatz erfordern, seien "eher selten". Er werde jährlich nur 4 - 5000 km während etwa 100 Stunden gefahren, und zwar je nach den vorhandenen Arbeitskräften von einem, zwei oder sogar drei Monteuren. Der Einbau eines Fahrtschreibers in das alte Fahrzeug wäre sehr kostspielig, weil gewisse Teile von Hand angefertigt werden müssten. D.- Der Regierungsrat des Kantons Solothurn und das BIGA beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 24 ARV unterliegen Entscheide der letzten kantonalen Instanz über die Anwendbarkeit der Verordnung auf einzelne Fahrzeugführer oder Arbeitgeber der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Durch den angefochtenen Entscheid hat der Regierungsrat als letzte kantonale Instanz die von der BGE 95 I 89 S. 92 Motorfahrzeugkontrolle getroffene Verfügung bestätigt, welche die im Betriebe des Beschwerdeführers mit dem schweren Motorwagen "Morris" ausgeführten Transporte der ARV unterstellt und demgemäss die Ausrüstung des Fahrzeugs mit einem Fahrtschreiber und die Führung von Arbeitsbüchern verlangt. Diese Anordnungen schliessen die Feststellung in sich, dass die Führer des Motorwagens und ihr Arbeitgeber, der Beschwerdeführer, der ARV unterstehen. Da es sich somit um einen Entscheid über die Anwendbarkeit der Verordnung auf einzelne Fahrzeugführer und einen Arbeitgeber handelt, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. Die Auflagen, dass ein Fahrtschreiber einzubauen und Arbeitsbücher zu führen sind, stellen lediglich Folgerungen aus der Unterstellung dar und unterliegen ebenfalls der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (vgl. BGE 91 I 64 ). Hans Wettstein ist nach Art. 103 OG zur Erhebung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt (vgl. BGE 91 I 65 Erw. 2). Auf seine Beschwerde ist einzutreten. 2. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass die Sicherheit des Strassenverkehrs durch Übermüdung der Motorfahrzeugführer gefährdet wird. Deshalb ist der Bundesrat schon durch Art. 17 des BG über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr vom 15. März 1932 angewiesen worden, den berufsmässigen Motorfahrzeugführern eine angemessene Ruhezeit zu sichern. Gestützt darauf hat er die Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom 4. Dezember 1933 erlassen (BS 8 S. 197). Er hat ihr gemäss Abs. 1 ihres Art. 1 grundsätzlich die Personen unterstellt, "denen als Beruf die Führung eines Motorfahrzeugs obliegt", und in Abs. 2 beigefügt: "Wer ein Motorfahrzeug gegen Entgelt nur ausnahmsweise führt, ist nicht berufsmässiger Motorfahrzeugführer". Das Bundesgericht hat entschieden, diese Verordnung sei auch auf Personen anwendbar, welche Motorfahrzeuge zwar nur im Nebenberuf führen, aber doch nach Bedarf mit einer gewissen Regelmässigkeit und im Rahmen eines Unternehmens, mit dem sie in enger Beziehung stehen ( BGE 67 I 59 f.). Auch Art. 56 des BG über den Strassenverkehr vom 19. Dezember 1958 beauftragt den Bundesrat, den berufsmässigen Motorfahrzeugführern eine ausreichende Ruhezeit zu sichern. Hierauf stützen sich die Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom BGE 95 I 89 S. 93 5. Oktober 1962 (AS 1962 S. 1167) und die geltende gleichnamige Verordnung vom 18. Januar 1966. Die Verordnung von 1962 war nach ihrem Art. 1 Abs. 1 grundsätzlich "auf die unselbständigerwerbenden Motorfahrzeugführer (Arbeitnehmer) und deren Arbeitgeber sowie auf die selbständigerwerbenden Motorfahrzeugführer anwendbar, die folgende Transporte ausführen: a) Personen- und Sachentransporte mit schweren Motorwagen, Sattelmotorfahrzeugen und gewerblichen Traktoren; b) gewerbsmässige Personentransporte mit leichten Motorwagen; c) gewerbsmässige Sachentransporte mit leichten Motorwagen von mehr als 1000 kg Nutzlast, inbegriffen die Nutzlast eines allfälligen Anhängers." Das Bundesgericht hat auch diese Umschreibung in dem Sinne verstanden, dass danach berufsmässiger Motorfahrzeugführer nur sei, wer ein Motorfahrzeug nicht bloss ausnahmsweise, sondern regelmässig und in enger Verbindung mit einem Unternehmen führe ( BGE 91 I 67 ). Das BIGA weist darauf hin, dass dieser Entscheid den Bundesrat veranlasst habe, bei der Revision der Verordnung von 1962 den Begriff der Berufsmässigkeit zu präzisieren. Art. 1 der neuen Verordnung vom 1966 erklärt diese in Abs. 1 auf berufsmässige Motorfahrzeugführer und deren Arbeitgeber anwendbar und bestimmt in Abs. 2: "Als berufsmässig gelten unselbständigerwerbende und selbständigerwerbende Motorfahrzeugführer, die folgende Transporte besorgen: a) Personen- und Sachentransporte mit Motorwagen, deren zulässiges Gesamtgewicht gemäss Fahrzeugausweis 3,5 Tonnen übersteigt (schwere Motorwagen); b) Personen- und Sachentransporte mit Sattelmotorfahrzeugen und gewerblichen Traktoren, deren zulässiges Zuggewicht (Gewicht des ganzen Zuges) gemäss Fahrzeugausweis 3,5 Tonnen übersteigt; c) gewerbsmässige Personentransporte mit leichten Motorwagen (zulässiges Gesamtgewicht bis 3,5 Tonnen)." Nach Art. 2 ist die neue Verordnung in den dort genannten Fällen nicht anwendbar, auch wenn an sich die in Art. 1 umschriebenen Voraussetzungen gegeben wären. Das BIGA und - ihm folgend - der Regierungsrat nehmen an, der neue Verordnungstext stelle nicht auf die in den erwähnten Urteilen des Bundesgerichts aufgestellten Kriterien - BGE 95 I 89 S. 94 Regelmässigkeit der Fahrten und Verbindung mit einem Unternehmen - ab. Der geltenden Verordnung seien grundsätzlich alle Motorfahrzeugführer unterstellt, welche die dort in Art. 1 Abs. 2 genannten Transporte besorgen, gleichgültig, ob dies regelmässig oder nur ausnahmsweise geschehe. Diese Bestimmung erfasse nur solche Fahrzeugkategorien, die im Rahmen einer berufsmässigen Tätigkeit verwendet würden und für "Privatfahrten" praktisch ausser Betracht fielen: schwere Lastwagen, Cars, Sattelmotorfahrzeuge, gewerbliche Traktoren, für gewerbsmässige Personentransporte benützte leichte Motorwagen (Kleinbusse, Taxifahrzeuge). In der Tat sind die Transporte, die unter Art. 1 Abs. 2 der neuen Verordnung fallen, in dieser Bestimmung so umschrieben, dass die Motorfahrzeugführer, die sie besorgen, als berufsmässig angesehen werden müssen. Hinsichtlich der in lit. c genannten "gewerbsmässigen" Personentransporte mit leichten Motorwagen bedarf dies keiner näheren Begründung. In lit. a und b, wo die Personen- und Sachentransporte mit schweren Motorwagen, mit Sattelmotorfahrzeugen und mit gewerblichen Traktoren erwähnt sind, fehlt zwar das Wort "gewerbsmässig". Es brauchte aber hier gar nicht beigefügt zu werden, weil die schweren Motorwagen, die Sattelmotorfahrzeuge und die gewerblichen Traktoren praktisch stets für gewerbsmässige Personen- oder Sachentransporte verwendet werden. Sie sind für diese Zwecke bestimmt und werden dafür angeschafft. Der Halter, der ein solches Fahrzeug im Rahmen seines eigenen Betriebes selbst steuert, ist ein berufsmässiger Motorfahrzeugführer. Er beschafft sich den erforderlichen besonderen Führerausweis deshalb, weil er ihn für gewerbliche Zwecke benötigt. Auch unselbständig erwerbende Personen erwerben einen solchen Ausweis für eine berufliche Tätigkeit. Sie sind ebenfalls berufsmässige Motorfahrzeugführer, wenn sie Transporte mit schweren Motorwagen oder mit Sattelmotorfahrzeugen oder mit gewerblichen Traktoren besorgen. Wohl wird es gelegentlich vorkommen, dass ein selbständig oder unselbständig erwerbender Besitzer eines entsprechenden Führerausweises ein solches Fahrzeug für persönliche, private Zwecke verwendet, doch wird er praktisch immer auch gewerbliche Transporte besorgen, d.h. eben Transporte, die im Sinne der erwähnten Rechtsprechung mit einer gewissen Regelmässigkeit und in enger Verbindung mit einem Unternehmen ausgeführt werden. Wer BGE 95 I 89 S. 95 Transporte der in Art. 1 Abs 2 lit. a - c der neuen ARV genannten Arten besorgt, hat daher als berufsmässiger Motorfahrzeugführer zu gelten, wie dies dort bestimmt ist. Nach dieser Ordnung braucht im einzelnen Fall nicht noch besonders geprüft zu werden, ob die Transporte mit einer gewissen Regelmässigkeit und in Verbindung mit einem Unternehmen ausgeführt werden. Mit der Umschreibung des Begriffs der Berufsmässigkeit in Art. 1 der Verordnung von 1966 hat der Bundesrat die ihm in Art. 56 des Strassenverkehrsgesetzes eingeräumte Befugnis, den "berufsmässigen" Motorfahrzeugführern eine ausreichende Ruhezeit zu sichern, nicht überschritten. 3. Der dem Beschwerdeführer gehörende Lastwagen "Morris" ist ein schwerer Motorwagen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. a ARV . Der Beschwerdeführer lässt damit durch Monteure, die in seinem Dienst stehen und einen entsprechenden Führerausweis besitzen, auf jeden Fall Sachen - wenn nicht auch Personen - zu den Arbeitsplätzen transportieren. Diese Arbeitnehmer gelten daher nach jener Bestimmung ohne weiteres als berufsmässige Motorfahrzeugführer. Übrigens wären sie als solche auch dann zu betrachten, wenn noch besonders zu prüfen wäre, ob die in BGE 91 I 67 geforderten Voraussetzungen der Berufsmässigkeit - Regelmässigkeit der Fahrten und Verbindung mit einem Unternehmen - erfüllt seien; denn die in Frage stehenden Monteure verwenden den Lastwagen "Morris" im Dienste des Beschwerdeführers, also in enger Verbindung mit einem gewerblichen Unternehmen, und zwar nach Bedarf mit einer gewissen Regelmässigkeit, wie sich aus der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers ergibt, wonach die durchschnittliche jährliche Fahrleistung des in Balsthal und Umgebung eingesetzten Wagens immerhin 4 - 5000 km beträgt. Es liegt keiner der Fälle vor, in denen die Chauffeurverordnung nach ihrem Art. 2 nicht anwendbar ist. Die Monteure, welche den Lastwagen "Morris" führen, und ihr Arbeitgeber, der Beschwerdeführer, unterstehen somit der Verordnung (Art. 1 Abs. 1). Daraus folgt, dass das Fahrzeug mit einem Fahrtschreiber auszurüsten ist und Arbeitsbücher zu führen sind ( Art. 11 ff. ARV ). Der Beschwerdeführer muss die Kosten des Einbaus eines Fahrtschreibers auch dann auf sich nehmen, wenn sie deshalb besonders hoch sind, weil es sich um ein altes Fahrzeugmodell handelt. BGE 95 I 89 S. 96 4. Dem Beschwerdeführer ist für die Ausrüstung des Motorwagens "Morris" mit einem Fahrtschreiber eine neue Frist anzusetzen, nachdem der Beschwerde aufschiebende Wirkung verliehen worden ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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882a8685-d569-4e11-b013-1e73c6fd644e
Urteilskopf 122 III 204 36. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 18. Juni 1996 i.S. Spar- und Leihkasse Kaltbrunn (Rekurs)
Regeste Art. 40 Abs. 1 SchKG ; Art. 309 SchKG . Es obliegt den Gläubigern, während der Dauer einer Nachlassstundung ihre Rechte wahrzunehmen. Sie müssen daher unter Umständen während der Nachlassstundung ein Fortsetzungsbegehren stellen, um den Schuldner noch innert der Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG auf Konkurs betreiben zu können.
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 122 III 204 S. 205 J. Z. war Inhaber der im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma KIBA J. Z. in Kaltbrunn gewesen. Am 19. August 1994 war die Löschung der Einzelfirma im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden. Das Bezirksgericht Gaster bewilligte J. Z. am 29. November 1994 eine Nachlassstundung und stellte am 16. August 1995 das Nichtzustandekommen eines Nachlassvertrages fest. Dies wurde im Schweizerischen Handelsamtsblatt vom 22. September 1995 veröffentlicht. Am 27. September 1995 verlangte die Spar- und Leihkasse Kaltbrunn die sofortige Konkurseröffnung über J. Z. Diesem Begehren gab der Bezirksgerichtspräsident von Gaster 17. Oktober 1995 statt, indem er den Konkurs über J. Z. eröffnete. Indessen setzte der E inzelrichter des Kantonsgerichts St. Gallen, welcher Zweifel an der Konkursfähigkeit des Schuldners anmeldete, das Konkursdekret am 29. November 1995 aus und überwies die Sache an das Bezirksgerichtspräsidium Gaster als untere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs. Dieses erklärte J. Z. mit Verfügung vom 6. März 1996 als konkursfähig. Das Kantonsgericht St. Gallen als obere kantonale Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs hob jedoch die Verfügung des Bezirksgerichtspräsidiums Gaster mit Entscheid vom 29. April 1996 auf und erklärte J. Z. als nicht konkursfähig. Der gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen gerichtete Rekurs der Spar- und Leihkasse Kaltbrunn wurde von der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts abgewiesen, soweit darauf einzutreten war. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 40 Abs. 1 SchKG unterliegen die Personen, die im Handelsregister eingetragen waren, noch während sechs Monaten, nachdem die Streichung durch das Schweizerische Handelsamtsblatt bekanntgemacht worden ist, der Konkursbetreibung. Während nun aber das Bezirksgerichtspräsidium Gaster meint, eine teleologische Auslegung führe dazu, dass die sechsmonatige Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG während der Zeit der Nachlassstundung ruhe, ist das Kantonsgericht St. Gallen zur Ansicht gelangt, die Frist von Art. 40 Abs. 1 SchKG gelte absolut und könne - auch durch eine Nachlassstundung - nicht verlängert werden. BGE 122 III 204 S. 206 3. Bei der Beantwortung dieser Rechtsfrage sind vorerst zwei Konstellationen auseinanderzuhalten: a) Ist - unter der Voraussetzung des Art. 39 SchKG oder innert der Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG - ein Konkursbegehren gestellt, das Konkurserkenntnis aber ausgesetzt worden, weil der Schuldner nachgewiesen hat, dass er ein Gesuch um Bewilligung einer Nachlassstundung anhängig gemacht hat ( Art. 173a SchKG ), so wird das Konkursverfahren nach Verwerfung des Nachlassvertrages durchgeführt und zu Ende geführt (JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Zürich 1911, N. 1 zu Art. 309 SchKG ; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band II, § 76 Rz. 7). b) Das Konkursbegehren kann aber auch - wie im vorliegenden Fall - ohne vorgängige Betreibung ( Art. 190 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ) erst gestellt werden, nachdem der Nachlassvertrag verworfen worden ist. Hiefür setzt Art. 309 SchKG dem Gläubiger eine Frist von zehn Tagen seit Bekanntmachung der Verwerfung des Nachlassvertrages. Voraussetzung ist aber auch hier, dass der Schuldner nach Massgabe von Art. 39 SchKG der Konkursbetreibung unterliegt oder dass - gemäss Art. 40 Abs. 1 SchKG - das Konkursbegehren noch innerhalb der sechs Monate nach der Publikation der Löschung des Handelsregistereintrags im Schweizerischen Handelsamtsblatt gestellt worden ist. Art. 309 SchKG sagt denn auch: "Wird gegenüber einem der Konkursbetreibung unterliegenden Schuldner der Nachlassvertrag verworfen..." (vgl. auch AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Auflage Bern 1993, § 54 N. 71, der sagt, dass der Verwerfungsentscheid vorübergehend noch einen materiellen Konkursgrund bilde, voraus aber die Bedingung stellt, dass der Schuldner der Konkursbetreibung unterliege). Die Voraussetzung, dass der Schuldner der Konkursbetreibung unterliegt, ist nicht mehr gegeben, wenn mehr als sechs Monate seit der Publikation der Löschung des Handelsregistereintrages verflossen sind. 4. In dem hier zu beurteilenden Fall war die Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG verstrichen, als nach der Verwerfung des Nachlassvertrages das Konkursbegehren gestellt wurde. Das Kantonsgericht St. Gallen hat der Rekurrentin BGE 40 [recte] III 75 E. 2, S. 79f., entgegengehalten. Dort ist ausgeführt worden, Art. 297 SchKG enthalte in seinem ersten Teil, d.h. soweit er bestimmt, dass während der Nachlassstundung Betreibungen weder angehoben noch fortgesetzt werden BGE 122 III 204 S. 207 können, lediglich eine Wiederholung des schon in Art. 56 Ziff. 4 SchKG ausgesprochenen Grundsatzes, dass gegen einen Schuldner, dem Nachlassstundung gewährt ist, keine Betreibungshandlungen vorgenommen werden dürfen, und schliesse demnach nur die Vornahme von Betreibungshandlungen im Sinne der letzteren Vorschrift aus. Hiezu zählten aber die vom Gläubiger im Betreibungsverfahren zu stellenden Begehren nicht. Sie könnten daher auch während der Stundung gestellt und müssten vom Betreibungsamt entgegengenommen und protokolliert werden; nur dürfe das Amt sie erst nach Wegfall der Stundung vollziehen. Aufgrund dieser Überlegungen ist im zitierten Entscheid gefolgert worden, dass die Gläubigerin ungeachtet der Nachlassstundung die Möglichkeit gehabt hätte, innert der sechsmonatigen Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG das Begehren um Einleitung der Wechselbetreibung zu stellen. Dasselbe gilt grundsätzlich auch in dem hier zu entscheidenden Fall. Es obliegt den Gläubigern, während der Dauer der Nachlassstundung ihre Rechte wahrzunehmen - dies insbesondere dadurch, dass sie mit Begehren an das Betreibungsamt gelangen, welche ungeachtet Art. 56 Ziff. 4 SchKG (bzw. Art. 297 Abs. 1 SchKG ) zulässig sind. Es ist nicht nur so, dass die vor Bewilligung der Nachlassstundung vollzogenen Rechtshandlungen, weil die Stundung keine Rückwirkung entfaltet, rechtswirksam bleiben; vielmehr sind auch während der Nachlassstundung gestellte Begehren der Gläubiger gültig. Nur dürfen Rechtshandlungen nicht weiterverfolgt werden und darf Begehren nicht stattgegeben werden, solange die Nachlassstundung andauert. Wenn der Nachlassvertrag nicht bewilligt wird, so wird das Verfahren dort wiederaufgenommen, wo es sich im Augenblick der Bewilligung der Nachlassstundung befunden hat (AMONN, a.a.O., § 54 N. 25; FRITZSCHE/WALDER, a.a.O., § 75 Rz. 2; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3. Auflage Lausanne 1993, S. 430, § 2, I). Somit hätte es im vorliegenden Fall genügt, wenn die Gläubigerin ein die Konkursandrohung auslösendes Fortsetzungsbegehren (und nicht schon das Konkursbegehren) gestellt hätte, solange der Schuldner noch konkursfähig war, also innert der Frist des Art. 40 Abs. 1 SchKG (AMONN, a.a.O., § 36 N. 5; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, § 10 Rz. 14). Dieser Schritt drängte sich umso mehr auf, als die Gläubigerin nicht ohne weiteres darauf vertrauen durfte, dass ein Nachlassvertrag zustande kommen würde. BGE 122 III 204 S. 208 5. Der angefochtene Entscheid erweist sich nach dem oben Gesagten als bundesrechtskonform. Ob Art. 309 des revidierten, am 1. Januar 1997 in Kraft tretenden Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs zu einer anderen Rechtsauffassung als der hier dargelegten führen könnte, ist im jetzigen Zeitpunkt nicht zu entscheiden. Das revidierte Gesetz entfaltet keine Vorwirkung.
null
nan
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CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
882b11c6-0f87-4ed7-8c30-d427a12f76fb
Urteilskopf 139 IV 175 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Beschwerde in Strafsachen) 1B_126/2013 vom 18. April 2013
Regeste Art. 59 Abs. 4 StGB ; Art. 220 Abs. 2, Art. 222 Satz 2, Art. 229-233 und 363 Abs. 1 StPO ; Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BGG ; Sicherheitshaft in nachträglichen richterlichen Massnahmeverfahren. Wenn das kantonale Obergericht (nach dem kantonalen Gerichtsorganisationsrecht und gestützt auf Art. 363 Abs. 1 StPO ) dafür zuständig ist, im selbstständigen nachträglichen Verfahren über die Verlängerung einer stationären therapeutischen Massnahme zu urteilen, und die Massnahmenfrist von Art. 59 Abs. 4 StGB abläuft, bevor das neue Massnahmenurteil rechtskräftig wird, stützt sich die zwischenzeitliche Anordnung von Sicherheitshaft auf Art. 229-233 i.V.m. 220 Abs. 2 StPO. In diesen Fällen ist die Verfahrensleitung des Obergerichtes auch für strafprozessuale Haftentscheide zuständig. Dagegen ist die Beschwerde ans Bundesgericht zulässig (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 139 IV 175 S. 176 A. Das Obergericht des Kantons Luzern sprach X. am 29. März 2001 wegen Zurechnungsunfähigkeit von Schuld und Strafe hinsichtlich des Tötungsdeliktes an ihrem Ehemann frei, ordnete jedoch ihre Verwahrung (nach aArt. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB) an. In Anwendung des (am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen) neuen Sanktionenrechts hob das Obergericht am 13. September 2007 die altrechtliche Verwahrung auf und erliess stattdessen eine stationäre therapeutische Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1 StGB . Die von der Verurteilten dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil vom 4. März 2008 ab, soweit es darauf eintrat (Verfahren 6B_623/2007). B. Mit Entscheid vom 25. Juli 2012 empfahlen die Vollzugs- und Bewährungsdienste des Kantons Luzern der kantonalen Oberstaatsanwaltschaft, beim zuständigen Gericht (gestützt auf Art. 59 Abs. 4 StGB ) Antrag auf Verlängerung der stationären Massnahme um fünf Jahre zu stellen. Am 26. Juli 2012 gelangte die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern mit einem entsprechenden Rechtsbegehren (ergänzt mit Eingabe vom 12. November 2012) an das kantonale Obergericht. Mit Verfügung vom 20. September 2012 versetzte die Verfahrensleitung des Obergerichtes die Verurteilte (gestützt auf Art. 232 StPO ) in Sicherheitshaft. Am 18. Dezember 2012 verlängerte das Obergericht die strafprozessuale Haft bis zum 17. März 2013. C. Am 10. Januar 2013 fand die Verhandlung betreffend Verlängerung der stationären Massnahme vor Obergericht statt. Mit Urteil BGE 139 IV 175 S. 177 vom 1. Februar 2013 verlängerte das Obergericht die am 13. September 2007 angeordnete stationäre therapeutische Massnahme (rückwirkend ab dem 13. September 2012) um 18 Monate, nämlich bis zum 13. März 2014. Die Urteilsbegründung ist noch ausstehend. Das Massnahmenurteil vom 1. Februar 2013 ist noch nicht rechtskräftig. D. Am 5. März 2013 beantragte die Oberstaatsanwaltschaft die Verlängerung der am 17. März 2013 auslaufenden Sicherheitshaft. Mit Verfügung vom 15. März 2013 verlängerte die Verfahrensleitung des Obergerichts des Kantons Luzern, 4. Abteilung, die Sicherheitshaft bis zum 16. Mai 2013. Gleichzeitig wies die Verfahrensleitung die Inhaftierte darauf hin, dass sie beim Obergericht jederzeit ein Gesuch um Aufhebung der Sicherheitshaft stellen könne. E. Gegen den Haftverlängerungsentscheid vom 15. März 2013 gelangte die Inhaftierte mit Beschwerde vom 23. März 2013 an das Bundesgericht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und ihre sofortige Haftentlassung (gegen Ersatzmassnahmen). (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Zunächst ist zu prüfen, ob und inwiefern ein beim Bundesgericht anfechtbarer Entscheid vorliegt. 1.1 Art. 59 StGB sieht als stationäre therapeutische Massnahme die Behandlung von psychischen Störungen vor. Ist der Täter (oder die Täterin) psychisch schwer gestört, kann das Strafgericht diese Massnahme anordnen, wenn der Täter ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht (Abs. 1 lit. a), und wenn zu erwarten ist, dadurch lasse sich der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen (lit. b). Die stationäre Behandlung erfolgt in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmenvollzugseinrichtung (Abs. 2). Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er in einer geschlossenen Einrichtung behandelt (Abs. 3 Satz 1). Der mit der stationären Behandlung verbundene Freiheitsentzug beträgt in der Regel höchstens fünf Jahre. Sind die Voraussetzungen für die bedingte Entlassung nach fünf Jahren noch nicht gegeben und ist zu erwarten, durch die Fortführung der Massnahme lasse sich der Gefahr BGE 139 IV 175 S. 178 weiterer mit der psychischen Störung des Täters in Zusammenhang stehender Verbrechen und Vergehen begegnen, so kann das Gericht auf Antrag der Vollzugsbehörde die Verlängerung der Massnahme um jeweils höchstens fünf Jahre anordnen (Abs. 4). Das Gericht, welches das erstinstanzliche Urteil gefällt hat, trifft auch die einer gerichtlichen Behörde übertragenen selbstständigen nachträglichen Entscheide, sofern Bund oder Kantone nichts anderes bestimmen ( Art. 363 Abs. 1 StPO ). Das kantonale Behördenorganisationsrecht kann insbesondere festlegen, dass das kantonale Berufungsgericht bzw. das kantonal letztinstanzlich entscheidende Gericht auch die selbstständigen nachträglichen Entscheide fällt (vgl. NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2009,N. 2 zu Art. 364 StPO ; CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Zürcher Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], 2010, N. 5 zuArt. 363 StPO). Im Rahmen der Einführung der StPO (per 1. Januar 2011) hat der Kanton Luzern diese Option gewählt (§ 287 bis Abs. 1 des luzernischen Gesetzes vom 3. Juni 1957 über den Straf- und Massnahmenvollzug; SRL 305). Das Verfahren bei selbstständigen nachträglichen Massnahmenentscheiden des Gerichts (insb. Art. 59 Abs. 4 StGB i.V.m. Art. 363 Abs. 1 StPO ) richtet sich nach Art. 364 und 365 StPO . Eine besondere Regelung für die Anordnung und Fortsetzung von Sicherheitshaft enthalten die Art. 363-365 StPO nicht (vgl. MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 9 zu Art. 364 StPO ). 1.2 Gemäss den dargelegten Bestimmungen musste die am 13. September 2007 angeordnete stationäre therapeutische Massnahme ( Art. 59 Abs. 1 StGB ) bzw. deren beantragte Verlängerung von der Vorinstanz (spätestens nach Ablauf von fünf Jahren) im nachträglichen richterlichen Verfahren ( Art. 363-365 StPO ) neu geprüft werden. Gestützt auf das Urteil des Obergerichtes vom 13. September 2007 war ein stationärer Massnahmenvollzug nur noch bis September 2012 zulässig ( Art. 59 Abs. 4 StGB ). Anschliessend und bis zur Rechtskraft des neuen Massnahmenurteils des Obergerichtes vom 1. Februar 2013 stützte (und stützt) sich der hier streitige Freiheitsentzug auf strafprozessuale Sicherheitshaft (im Sinne von Art. 229-233 i.V.m. Art. 220 Abs. 2 StPO ; vgl. BGE 133 IV 333 ; Urteil 1B_6/ 2012 vom 27. Januar 2012 E. 2.4). 1.3 Die haftrichterliche Zuständigkeit des Obergerichtes im Rahmen von Prozessen, die bei ihm anhängig sind, beschränkt sich nicht auf das Berufungsverfahren (vgl. Art. 413 Abs. 4 StPO ; NIKLAUS BGE 139 IV 175 S. 179 SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2009, Rz. 1048). Die in der Beschwerde erhobene Rüge, die Verfahrensleitung des Obergerichtes sei für die Behandlung des Antrages vom 5. März 2013 um Verlängerung der Sicherheitshaft gar nicht (mehr) zuständig gewesen, erweist sich als unbegründet. Die Kompetenz eines unterinstanzlichen kantonalen Gerichtes (Zwangsmassnahmengericht) zur Überprüfung von strafprozessualen Verfügungen bzw. verfahrensleitenden Anordnungen des Obergerichtes im Rahmen von nachträglichen Massnahmenentscheiden erschiene im Übrigen systemwidrig (vgl. Art. 230-233 StPO ; Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1235 Ziff. 2.5.3.6). 1.4 Das Obergericht hat als einzige kantonale Instanz entschieden (vgl. Art. 222 Satz 2 i.V.m. 232 f. StPO bzw. Art. 227 i.V.m. 229 Abs. 3 lit. b StPO). Der Haftverlängerungsentscheid der Vorinstanz ist mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht anfechtbar ( Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BGG ; vgl. MARC FORSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 7 zu Art. 222 StPO ). Auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 78 ff. BGG sind erfüllt.
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Urteilskopf 86 II 192 31. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juli 1960 i. S. Arn gegen Arn.
Regeste Art. 55 Abs. 1 lit. b OG . Anforderungen an den Berufungsantrag.
Sachverhalt ab Seite 192 BGE 86 II 192 S. 192 Zwei Söhne der Eheleute Ernst und Elsa Arn kamen durch Zusammenstoss mit dem Fuhrwerk des Hans Arn ums Leben. Im Schadenersatzprozess der Eheleute Arn und ihrer Tochter gegen Hans Arn, in dem die Kläger das Begehren stellten, "der Beklagte sei schuldig und zu verurteilen, den Klägern einen richterlich zu bestimmenden Betrag von über Fr. 8000.-- zu zahlen", sprach der Appellationshof des Kantons Bern den Klägern zur Deckung der Hälfte des Sachschadens und als Genugtuung Fr. 16'688.-- nebst Zins zu. Die Kläger erklärten die Berufung mit dem Hauptantrag: "In Abänderung des Urteils des Appellationshofes des Kantons Bern sei den Klägern zuzusprechen: a) als Schadenersatz ein Betrag von Fr. 4032.-- plus Zins zu 5% seit 11.9.1956; b) als Versorgerschaden ein Betrag von über Fr. 8000.-- an die Kläger Ernst Arn und Elsa Arn-Fink, plus Zins zu 5% seit 11.9.1956." In der mündlichen BGE 86 II 192 S. 193 Verhandlung erhöhten sie die unter lit. b genannte Summe auf "mindestens Fr. 15'000.--". Erwägungen Aus den Erwägungen: Die Berufungsschrift hat unter anderem "die genaue Angabe, welche Punkte des Entscheides angefochten und welche Abänderungen beantragt werden", zu enthalten ( Art. 55 Abs. 1 lit. b OG ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes verlangt diese Bestimmung nicht, dass die beantragten Abänderungen aus dem Wortlaut des Rechtsbegehrens selbst hervorgehen. Es genügt, wenn in Verbindung mit der Berufungsbegründung oder dem angefochtenen Urteil ohne weiteres ersichtlich ist, in welchem Sinne das angefochtene Urteil nach dem Willen des Berufungsklägers abgeändert werden soll. Das trifft z.B. zu, wenn dem Bundesgericht die "Gutheissung der Klage" beantragt wird und aus der Berufungsbegründung oder dem angefochtenen Urteil die genauen Klagebegehren ohne weiteres ersehen werden können ( BGE 78 II 448 , BGE 80 II 245 , BGE 81 II 251 ). Dagegen entspricht ein solcher Antrag den Anforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. b OG dann nicht, wenn auf die Akten des kantonalen Verfahrens zurückgegriffen werden muss, um die Klagebegehren zu ermitteln; denn diese Norm bestimmt ausdrücklich, der blosse Hinweis auf im kantonalen Verfahren gestellte Anträge genüge nicht. Unzureichend ist ein Antrag auch dann, wenn er die Bestimmung des Urteilsspruches dem richterlichen Ermessen überlässt, z.B. wenn er Verurteilung zu "angemessenen Leistungen" ( BGE 75 II 334 ), zu "den gesetzlichen Vaterschaftsleistungen" ( BGE 79 II 255 ) oder zu "einer gerichtlich zu bestimmenden, Fr. 8000.-- übersteigenden Invaliditätsentschädigung" (Entscheid der II. Zivilabteilung vom 9. April 1960 i.S. Müller gegen Waadtländische Versicherung auf Gegenseitigkeit) verlangt. Ob das kantonale Prozessrecht solche Anträge zulässt, ist unerheblich. Nicht dieses, sondern das eidgenössische Recht bestimmt, BGE 86 II 192 S. 194 welchen Anforderungen die Anträge der Berufungsschrift entsprechen müssen. Dem Berufungsbegehren b kann nur entnommen werden, dass die Kläger als Ersatz für Versorgerschaden einen Betrag "von über Fr. 8000.--" verlangen. Das kann irgendwelcher über dieser Zahl liegende Betrag sein. Auch die Berufungsbegründung gibt keinen näheren Aufschluss, wieviel die Kläger begehren. Nach dem Parteivortrag in der mündlichen Verhandlung besteht die Ungewissheit weiter, obschon die Kläger nunmehr auf "mindestens Fr. 15'000.--" ausgehen. Auf eine Verdeutlichung in diesem Zeitpunkt käme übrigens nichts an. Schon der Antrag der Berufungsschrift, nicht erst der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag muss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG entsprechen. Art. 55 Abs. 2 OG , der die Berichtigung einer mangelhaften Berufungsschrift ermöglicht, bezieht sich ausdrücklich nur auf deren Begründung ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ). Von der Befolgung von Art. 55 Abs. 1 lit. b hängt die Gültigkeit der Berufung ab. Lässt das Berufungsbegehren das Bundesgericht im Ungewissen, welchen Betrag die Kläger zur Deckung des behaupteten Versorgerschadens verlangen, so kann darauf nicht eingetreten werden, ohne dass etwas darauf ankäme, wie hoch sie diesen Schaden im kantonalen Verfahren bezifferten und ob der Betrag aus der Ausfertigung des angefochtenen Urteils zu ersehen sei. Der Fall unterscheidet sich von den in BGE 78 II 448 , BGE 80 II 245 und BGE 81 II 251 veröffentlichten Fällen, wo die Berufungskläger genau sagten, was sie wollten, wenn auch nur in der Form einer Verweisung auf die Begehren der Klage. Die Eheleute Arn verweisen nicht auf das Begehren der Klage - das übrigens ebenso unbestimmt gefasst war wie das Berufungsbegehren b -, sondern sie stellen die Bestimmung des zuzusprechenden Betrages in das Ermessen des Bundesgerichts. Freilich kann der Ausfertigung des angefochtenen Urteils entnommen werden, dass sie ihren Versorgerschaden im kantonalen Verfahren auf Fr. 60'000.-- bezifferten. BGE 86 II 192 S. 195 Allein selbst wenn man das Berufungsbegehren b entgegen seinem Wortlaut als Verweisung auf einen anderswo gestellten Antrag auslegen wollte, wäre keineswegs im Sinne der Rechtsprechung "ohne weiteres" klar, dass die Kläger auch im Berufungsverfahren als Ersatz für Versorgerschaden Fr. 60'000.-- oder einen genau bestimmten Bruchteil davon verlangen. Mit dem Berufungsbegehren a beanspruchen sie laut Begründung Ersatz für 3/4 der vom Appellationshof auf Fr. 5377.30 berechneten Summe aus den Kosten der Beerdigung und des Grabsteins und aus dem Sachschaden, und anschliessend daran erklären sie, "dasselbe" müsse bezüglich des Versorgerschadens gelten, womit sie offenbar sagen wollen, auch diesen habe der Beklagte nur zu 3/4 zu ersetzen. Sie führen jedoch nirgends aus, sie hielten an der im kantonalen Verfahren vorgenommenen Berechnung des Versorgerschadens fest. Am Schlusse der Berufungsschrift erklären sie gegenteils: "Bezüglich des Quantitativen wird eine Verbindungsrente (PICCARD S. 85) anwendbar sein. Im übrigen wird Höhe der pro Jahr zu errechnenden Unterstützung und Höhe der Aversalsumme ausdrücklich ins richterliche Ermessen gestellt, wobei dieser Betrag Fr. 8'000.-- zweifellos übersteigt." Es wäre gewagt, entgegen dieser deutlichen Erklärung anzunehmen, die Kläger berechneten den Versorgerschaden nach wie vor auf Fr. 60'000.-- und sie verlangten dafür zu 3/4 Ersatz (Fr. 45'000.--). Es kann somit keine Rede davon sein, dass sich aus der Berufungsbegründung in Verbindung mit dem angefochtenen Urteil "ohne weiteres" ergebe, was die Kläger beantragen, d.h. dass in die Augen springe, was sie wollen. Art. 55 Abs. 1 lit. b OG will das Bundesgericht der Pflicht entheben, ein Rätsel zu lösen, wie die Kläger es durch das Berufungsbegehren b aufgeben. Auf dieses Begehren kann daher auch bei nachsichtiger Würdigung nicht eingetreten werden.
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Urteilskopf 100 III 25 8. Arrêt du 4 juin 1974 dans la cause Lybian National Oil Corporation
Regeste 1. Es ist zulässig, einen Arrest auf Gegenstände zu erwirken, die nur der Gattung nach bezeichnet sind. Der Arrest ist jedoch erst vollzogen, wenn die arrestierten Gegenstände spezifiziert und die Frage der Pfändbarkeit und der Rechte Dritter geklärt worden sind.Solange der Arrestvollzug im Gange ist, steht der Beschwerdeweg offen (Erw. 1a). 2. Der Umstand, dass im Arrestprosequierungsprozess die Einrede der Unzuständigkeit erhoben worden ist, hindert eine Partei nicht, auch auf dem Beschwerdeweg den Betreibungsstand zu bestreiten (Erw. 1b). 3. Das Betreibungsamt, das mit einem Arrestbegehren befasst ist, hat die Dritten aufzufordern, über die bei ihnen zu arrestierenden Gegenstände Auskunft zu erteilen. Darauf hat es zu entscheiden, ob der Arrest erfolglos war oder nicht (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 100 III 25 S. 26 A.- Le 3 septembre 1971, le Tribunal de première instance de Genève a rendu une ordonnance de séquestre, à la requête de Wetco Ltd, société pétrolière londonienne, au préjudice de la Libyan National Oil Corporation (ci-après: LINOCO), conjointement et solidairement avec la République arabe de Libye (ci-après: RAL). Ce séquestre a porté sur: "Tous avoirs et toutes sommes en quelque monnaie qu'elles soient, notamment en francs suisses, francs français, dollars, livres sterling, etc.; papiers-valeurs, titres, actions, obligations, etc.; accréditifs, garanties bancaires, créances, droits, effets de change, lingots de métaux précieux, etc., déposés au nom ou pour le compte des débiteurs, notamment par la Banque nationale de l'Etat de Libye, tant en leurs noms propres qu'en son propre nom auprès de: 1. l'Union de Banques Suisses, 8, rue du Rhône, Genève; 2. Société de Banque Suisse, 2, rue de la Confédération, Genève; 3. Crédit Suisse, 2, place Bel-Air, Genève." Le 6 septembre 1971, l'Office des poursuites de Genève a notifié le séquestre dans les trois établissements bancaires désignés. Le procès-verbal de l'opération ne mentionne aucune détermination des tiers séquestrés. Le 17 septembre 1971, Wetco Ltd requit la notification à la LINOCO, conjointement avec la RAL, d'une poursuite en BGE 100 III 25 S. 27 validation des séquestres, pour 13 002 143 fr. 20, à titre de dommages-intérêts pour rupture injustifiée d'engagements de livrer des pétroles bruts. Le commandement de payer a été notifié à Tripoli et frappé d'opposition le 23 mars 1972. Le 4 mai 1972, Wetco Ltd a ouvert une action au fond, au for de Genève, pour faire reconnaître sa créance. Cette action est pendante. Les défenderesses y ont soulevé une exception d'incompétence des tribunaux genevois, fondée entre autres sur l'absence de for à Genève. Le 7 décembre 1972, le Crédit Suisse, répondant à une demande d'information de la Mission permanente de la RAL auprès de l'ONU, lui a déclaré qu'il ne détenait ni n'avait détenu lors du séquestre aucun avoir au nom du gouvernement de la RAL. De même, le 13 décembre 1972, la SBS a également confirmé à la Mission permanente qu'elle ne détenait ni n'avait détenu lors du séquestre aucun avoir quelconque au nom et pour le compte de la RAL, respectivement de son gouvernement, et qu'elle n'en détenait aucun actuellement. Enfin, le 22 décembre 1972, l'UBS a déclaré qu'elle avait détenu lors du séquestre des fonds sur un compte "Mission permanente de la République arabe libyenne auprès des Nations Unies à Genève", mais qu'elle ne trouvait, au jour de sa réponse, aucune position dans sa succursale sous les intitulés "Mission permanente de la République arabe libyenne", "République arabe libyenne", "Gouvernement de la République arabe libyenne". B.- Le 27 novembre 1973, la LINOCO a déposé une plainte auprès de l'autorité de surveillance genevoise. Elle demandait l'annulation du commandement de payer notifié le 23 mars 1972, disant que, faute de biens séquestrés, il ne pouvait y avoir de poursuite au for spécial du séquestre. Le 16 janvier 1974, l'autorité genevoise de surveillance a rejeté la plainte; elle a laissée ouverte la question de savoir si les séquestres avaient abouti ou non, estimant que ce problème relevait du juge du fond, qui en était d'ailleurs déjà saisi. C.- La LINOCO recourt au Tribunal fédéral. Elle conclut derechef à l'annulation de la poursuite. L'intimée Wetco Ltd propose le rejet du recours. BGE 100 III 25 S. 28 Erwägungen Considérant en droit: 1. a) L'intimée a requis un séquestre sur des biens qui ne sont désignés que par leur genre, leur spécification étant ainsi reportée à une date ultérieure. Cette manière de procéder est admissible (RO 90 III 96 et les arrêts cités; 96 III 110 consid. 3). Dans un tel cas, le séquestre n'est parachevé que lorsque la spécification des biens frappés - s'il y en a - est intervenue et une fois résolues les difficultés qui pourraient s'élever quant à la saisissabilité de ces biens et quant aux droits que des tiers pourraient invoquer sur eux. Aussi longtemps que l'exécution du séquestre est en cours, la voie de la plainte demeure ouverte, notamment pour faire constater l'absence d'actifs séquestrés. En l'espèce, l'exécution du séquestre est en cours et l'Office n'a encore ni inventorié ni estimé les actifs qui peuvent avoir été frappés par cette mesure. Bien que déposée plus de deux ans après la délivrance du procès-verbal de l'opération, la plainte visant à faire constater la caducité du séquestre en raison de l'inexistence de biens séquestrés et à faire ainsi admettre l'absence du for spécial du séquestre est recevable. b) La recourante a pris des conclusions en déclinatoire dans le procès en validation du séquestre; elle y fait valoir qu'aucun actif n'a été séquestré et qu'il n'y a donc pas de for à Genève. Mais cela ne l'empêche pas de saisir l'autorité de surveillance de la même question, sans que la litispendance doive être examinée. En dehors des causes portées auprès du Tribunal fédéral en instance unique et auxquelles s'applique l'art. 22 LPC, l'exception de litispendance relève du droit de procédure cantonal (RO 98 II 158 consid. 3), dont la violation n'ouvre pas la voie du recours au Tribunal fédéral (art. 43 al. 1 OJ, auquel renvoie l'art. 81 OJ). Il n'y aurait lieu pour le Tribunal fédéral d'examiner cette question que si l'application du droit cantonal conduisait à dessaisir l'autorité de surveillance d'une compétence que le droit fédéral lui attribue exclusivement. Mais ce n'est pas le cas en l'espèce. 2. Le procès-verbal de séquestre ne précise pas si l'Office des poursuites de Genève a invité les trois établissements bancaires auprès desquels le séquestre a été opéré à se BGE 100 III 25 S. 29 déterminer, comme ils ont l'obligation de le faire (RO 75 III 108 consid. 2a), sur l'existence ou l'inexistence d'actifs répondant aux genres visés dans l'ordonnance. Il résulte uniquement du dossier que l'Union de Banques Suisses a été interpellée en mai ou juin 1973, à la requête de la poursuivante, et qu'elle n'a pas répondu. Par sa Mission de l'ONU, la recourante a pris l'initiative d'interpeller les trois banques; elle a obtenu d'elles, en décembre 1972, des déterminations que les parties interprètent différemment. Selon la poursuivie, ces déclarations établiraient l'inexistence de biens séquestrés. Selon la poursuivante, ces déclarations n'exclueraient pas l'existence de tels biens, notamment auprès de l'UBS. Il appartenait, dans ces conditions, à l'Office des poursuites de requérir des tiers séquestrés des précisions, pour chacun des objets désignés par leur genre, propres à clarifier la situation. Même en présence d'un séquestre générique, l'Office des poursuites ne pouvait demeurer passif et laisser au juge le soin de déterminer si les tiers séquestrés détenaient des biens du genre visé par l'ordonnance. Il peut certes arriver que l'Office n'obtienne pas les informations utiles et qu'il faille attendre non seulement l'issue du procès au fond, mais la saisie qui pourra s'ensuivre, pour savoir si le séquestre a produit un résultat. Cette incertitude doit autant que possible être évitée ou écourtée par la diligence de l'Office des poursuites, de façon à réduire le nombre des cas où des procès sont instruits en Suisse au bénéfice d'un for spécial qui s'avère après coup n'avoir existé qu'en apparence. Les interpellations qu'il appartient à l'Office des poursuites d'adresser au tiers séquestré en le rendant attentif au fait que ses déterminations engagent sa responsabilité et qu'il ne peut se retrancher derrière le secret professionnel, ainsi que les réponses de ce tiers doivent figurer au dossier et trouver mention au procès-verbal du séquestre. En effet, en vertu de l'art. 112 al. 3 LP, le procès-verbal de saisie indique si les biens sont insuffisants ou font entièrement défaut; or cette règle est applicable par analogie pour les biens séquestrés (art. 276 LP). L'exécution du séquestre générique n'est en général pas achevée par la remise au tiers séquestré de l'ordonnance de séquestre aussi les opérations complémentaires BGE 100 III 25 S. 30 doivent-elles figurer au procès-verbal, ce qui n'a pas été le cas en l'espèce. Enfin, l'Office des poursuites doit apprécier les informations qu'il a pu recueillir et dire dans le procès-verbal s'il en conclut que des actifs tombant sous le coup du séquestre existent ou peuvent exister et si, par conséquent, le séquestre a abouti ou échoué. La décision attaquée doit être dès lors annulée (art. 64 et 81 OJ) et l'affaire renvoyée à l'autorité cantonale de surveillance afin qu'elle complète ou fasse compléter l'instruction en interpellant les banques auprès desquelles les séquestres ont été requis, puis en prenant position sur le point de savoir si chacun des séquestres a échoué, a abouti ou peut avoir abouti. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: Annule la décision attaquée.
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Urteilskopf 80 III 36 10. Entscheid vom 3. März 1954 i.S. Bammert
Regeste 1. Die Aufforderung des Betreibungsamtes an den ausgezogenen Mieter, Sachen in die geräumte Wohmmg zurückzubringen, ist eine Verfügung. Beschwerderecht nach Art. 17 SchKG (Erw. 1). 2. Darf das Amt sich vorerst mit einer solchen Aufforderung begnügen und dabei die Rückschaffung der Sachen mit Hilfe der Polizei nach Art. 284 SchKG bloss androhen? (Erw. 1). 3. Die Wegschaffung der Möbel geschah nicht "heimlich", wenn der Mieter in guten Treuen annehmen konnte, der im Hause weilende Vermieter nehme sie wahr und sei damit einverstanden (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 36 BGE 80 III 36 S. 36 A.- Der Rekurrent bewohnte als Mieter den 2. Stock im Hause der Frau Haury an der Rosenbergstrasse in St. Gallen. Diese kündigte die Miete auf Ende Oktober 1953; die vom Rekurrenten angerufene Mieterschutzkommission verlegte aber den Auszugstermin auf den 30. April 1954. Indessen leitete die Vermieterin mehrere Betreibungen für angeblich ausstehenden Mietzins gegen den Rekurrenten ein und stellte ein Ausweisungsbegehren. Während dessen Hängigkeit zog nun der Rekurrent am 5. November 1953 aus, mit Beginn um 19 Uhr, und schaffte den ganzen Hausrat in seine neue Wohnung an der Stahlstrasse. BGE 80 III 36 S. 37 B.- Die Vermieterin verlangte beim Betreibungsamt rechtzeitig im Sinne von Art. 284 SchKG die Rückschaffung und die Aufnahme eines Retentionsverzeichnisses. Hierauf forderte das Amt 16. November 1953 den Rekurrenten auf, "die weggeschafften Retentionsobjekte" binnen zwei Tagen in die bisher benutzten Mieträume zurückzubringen. Als er dann aber am 18. gl. M. Einspruch erhob, mit dem er sowohl eine ausstehende Mietzinsschuld wie auch heimliche Wegschaffung des Hausrates bestritt und ausserdem behauptete, es handle sich um lauter Kompetenzstücke, holte das Betreibungsamt vorerst eine Vernehmlassung der Vermieterin ein. Am 8. Dezember 1953 wiederholte es jene Aufforderung und setzte dem Rekurrenten eine neue Frist. Wie schon das erste Mal, drohte es ihm für den Fall der Nichtbefolgung die Rückschaffung mit polizeilicher Hilfe an. Ferner verwies es ihn diesmal auf die Möglichkeit der Beschwerdeführung. C.- Auf diesem Wege focht der Rekurrent die an ihn ergangene Aufforderung an. In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält er gegenüber dem Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde vom 4. Februar 1954 an der Beschwerde fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Durch den blossen Einspruch konnte der Rekurrent die Aufforderung des Betreibungsamtes nicht unwirksam machen. Das Amt war dadurch auch nicht gehindert, die ihm angedrohte Rückschaffung mit Hilfe der Polizeigewalt zu vollziehen (vgl. JAEGER, N. 6 zu Art. 284 SchKG ). Vorbehalten war demgegenüber nur die Beschwerde nach Art. 17 SchKG , der allenfalls aufschiebende Wirkung nach Art. 36 SchKG beizulegen gewesen wäre. Aber nicht erst die Rückschaffung, sondern auch schon die Aufforderung an den Rekurrenten, "die weggeschafften Retentionsobjekte" in die bisher benutzten Mieträume zurückzubringen, war eine der Beschwerde unterliegende BGE 80 III 36 S. 38 Verfügung. Das lässt sich nicht etwa deshalb verneinen, weil Art. 284 SchKG dieses mildere Vorgehen nicht vorsieht. Wird tatsächlich so vorgegangen (was unter Umständen ohne Gefährdung der Gläubigerrechte geschehen kann und denn auch grundsätzlich anerkannte Praxis ist, vgl. Handelsrechtliche Entscheidungen 14 S. 126; SCHATZMANN, Das Retentionsrecht des Vermieters, 74; OSER-SCHÖNENBERGER, N. 13, c zu Art. 274 OR ), so ist dies gleichfalls eine auf Art. 284 SchKG gestützte Massnahme, die denn auch im vorliegenden Falle ausdrücklich mit der Annahme einer heimlichen Wegschaffung der Sachen durch den Mieter begründet wurde. Fraglich ist nur, ob die Verfügung, wie sie erging, ohne die zurückzubringenden "Retentionsobjekte" näher zu bezeichnen, überhaupt vollziehbar war. Allein, da das Amt ihr eine Androhung beifügte, welche die Rückschaffung in noch zu bestimmendem Umfange befürchten liess, hatte der Rekurrent genügenden Grund zur Beschwerdeführung, wenn er eine Rückschaffung eben für unzulässig hielt. So verhielt es sich nun zwar schon bei der ersten Aufforderung vom 16. November 1953. Man kann sich daher vorerst fragen, ob dem Rekurrenten das damals nicht benutzte Beschwerderecht dann neuerdings gegenüber der zweiten Aufforderung vom 8. Dezember 1953 zugestanden sei. Das ist jedoch zu bejahen. Denn das Betreibungsamt hatte mit Rücksicht auf den Einspruch des Rekurrenten nicht auf der ersten Aufforderung beharrt, sondern eine Vernehmlassung der Vermieterin eingeholt, um alsdann neu zu entscheiden. Damit war jene erste Aufforderung widerrufen. 2. Mit Recht enthält sich der angefochtene Entscheid einer Überprüfung des Bestandes der vom Rekurrenten bestrittenen Mietzinsforderung. Dass der geforderte Betrag in Frage kommt, ist durch einen Beschluss der Mietzins-Kontrollbehörde glaubhaft gemacht, der freilich schon vor dem Einzug des Rekurrenten in das Haus der Frau Haury erging. Der Entscheid muss in dieser Hinsicht dem Richter BGE 80 III 36 S. 39 vorbehalten bleiben, zumal sich der Rekurrent auf Gegenforderungen aus Arbeitsleistung beruft, worüber die Betreibungsbehörden keinesfalls zu urteilen haben. Diesen steht dagegen zu, wenn auch nur vorfrageweise, über die Voraussetzungen der Rückschaffung zu befinden ( BGE 52 III 122 ff.). Infolge der Wegschaffung sind nun die seinerzeit vom Mieter eingebrachten Sachen nach schweizerischem Recht bis auf weiteres dem Retentionsrecht entzogen und lassen sich ihm nur allenfalls durch Rückbringung wieder unterstellen ( BGE 68 III 3 ff.). Die Rückschaffung gegen den Willen des ausgezogenen Mieters ist aber an besondere Voraussetzungen gebunden, deren Vorliegen nicht zu vermuten, sondern vom Vermieter glaubhaft zu machen ist. Wie es sich hier verhält, ist zum grossen Teil unabgeklärt geblieben, doch erscheint der Vorwurf der "heimlichen" Wegschaffung durch den Rekurrenten hinreichend entkräftet. Die an ihn im Hinblick auf eine Rückschaffung gerichtete Aufforderung besteht daher nicht zu Recht. Dass die Wegschaffung erst nach dem (frühen) Einbruch der Dunkelheit (im November) geschah, macht sie nicht zur "heimlichen", während allerdings der Umstand, dass es noch nicht "nachtschlafende Zeit" war, die "Heimlichkeit" auch nicht etwa ausschliesst ( BGE 76 III 55 ). "Heimlich" ist eine Wegschaffung eingebrachter Gegenstände, wenn der Mieter sie ohne Wissen des Vermieters und zwar unter solchen Umständen bewerkstelligt, dass er nicht in guten Treuen annehmen kann, jener würde sich nicht widersetzen, wenn er darum wüsste (vgl. den soeben erwähnten Entscheid, dessen Betrachtungsweise auf das römische Recht zurückgeht; siehe etwa die von DERNBURG, System des römischen Rechts, 8. Auflage, S. 411, Bem. 18 angeführte Pandektenstelle). Nun wurde im vorliegenden Falle die Vermieterin höchst wahrscheinlich des Auszuges des Rekurrenten gewahr. Hat sie doch dem Betreibungsamt (wie aus der Begründung der Verfügung vom 8. Dezember 1953 hervorgeht) erklärt, sie sei damals BGE 80 III 36 S. 40 zuhause gewesen und habe Geräusche aus der Wohnung des Rekurrenten wahrgenommen. Es kann sich beim Umherschieben und Wegtragen von Möbeln nicht nur um gewöhnliche Geräusche gehandelt haben; auch aus dem Treppenhaus dürfte Lärm zu den Ohren der Vermieterin gedrungen sein. Jedenfalls darf dem Rekurrenten unter diesen Umständen nicht leichthin die Absicht zugeschrieben werden, hinter dem Rücken der Vermieterin mit seinem Hausrate von dannen zu ziehen. Er hat übrigens die Anwesenheit mehrerer Personen bei seinem Auszuge behauptet, namentlich eines mit Namen genannten Privatdetektivs, der im Auftrag der Vermieterin den Auszug überwacht habe. Ferner will er seinen damaligen Anwalt Zuvor beauftragt haben, der Vermieterin den bevorstehenden Auszug anzukündigen. Dies alles hätte sich durch Befragung der genannten Personen abklären lassen. Indessen bedarf es keiner Rückweisung der Sache, um dies nachholen zu lassen. Um "heimliches" Vorgehen des Rekurrenten zu verneinen, genügt es, dass der Auszug nicht wohl der im Hause weilenden Vermieterin verborgen bleiben konnte. Im übrigen war das gegen ihn hängig gemachte Ausweisungsbegehren dazu angetan, ihn glauben zu machen, die Vermieterin wünsche seinen baldigen Auszug. Und zwar hatte bisher nichts erkennen lassen, dass sie etwas von seinem Hausrat retinieren wolle. Waren doch die damals hängigen Betreibungen ohne Retention erfolgt (worin freilich kein Verzicht auf künftige Retentionsbetreibung lag). Bei dieser Sachlage ist das Rückschaffungsbegehren mangels "heimlicher" Wegschaffung der eingebrachten Sachen abzulehnen, ohne dass festgestellt werden müsste, ob sich der Hausrat, wie der Rekurrent behauptet, aus lauter Kompetenzstücken zusammensetze (in welchem Falle die Rückschaffung von vornherein ausgeschlossen wäre). Die Akten brauchen daher nicht vorerst ergänzt zu werden durch Einholung eines Amtsberichts über die nach den Angaben des Rekurrenten am 8. Dezember 1953 in seiner neuen Wohnung erfolgten BGE 80 III 36 S. 41 Nachforschungen des Betreibungsamtes nach allfällig pfändbarem Mobiliar. Nichts Gegenteiliges folgt aus der dem Betreibungsamt mitgeteilten Überlegung der Vermieterin, "übrigens hätte sie, auch wenn sie den Auszug beobachtet hätte, diesen nicht mehr verhindern können, da die Büros des Betreibungsamtes zu jener Zeit geschlossen gewesen seien". Handelte der Mieter nicht heimlich, so spielt keine Rolle, ob die Wegschaffung erst nach seiner Heimkehr von der Arbeit und daher ausserhalb der gewöhnlichen Geschäfts- und Bureauzeit geschah. Übrigens hätte die Vermieterin, wenn sie die Wegschaffung des Hausrates nicht dulden wollte, allen Grund gehabt, ihr zu widersprechen. Ausserdem hätte sie nach Art. 283 Abs. 2 SchKG die Polizei anrufen können. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird gutgeheissen und die Verfügung des Betreibungsamtes St. Gallen vom 8. Dezember 1953 aufgehoben.
null
nan
de
1,954
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
88449eb0-7523-4a12-b119-eddd7a71ed08
Urteilskopf 141 V 495 56. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Aéroport International de Genève et Caisse de prévoyance de l'Etat de Genève contre Succession de A. et D. (recours en matière de droit public) 9C_507/2014 du 7 septembre 2015
Regeste a Art. 30 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 2 BV sowie Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; Auswirkungen einer nicht ordnungsgemässen Zusammensetzung des erstinstanzlichen Gerichtes (ein beisitzender Richter erfüllte die Wählbarkeitsvoraussetzungen nicht mehr) auf das von dieser Behörde durchgeführte Instruktionsverfahren. Selbst wenn feststeht, dass ein beisitzender Richter die Wählbarkeitsvoraussetzungen im Zeitpunkt des strittigen Entscheids nicht mehr erfüllt hat, ist es nicht notwendig, bereits abgeschlossene Beweismassnahmen des erstinstanzlichen Gerichts zu wiederholen, soweit die Beweisaufnahme protokolliert worden ist und der neue Beisitzer davon Kenntnis nehmen konnte. Der Grundsatz der mündlichen Verhandlung rechtfertigt es des Weitern nicht, das Instruktionsverfahren wieder aufzunehmen; ebenso wenig verschafft er einen Anspruch, sich vor dem neuen beisitzenden Richter äussern zu können (E. 2). Regeste b Art. 50 Abs. 2 BVG ; Änderung der Statuten einer öffentlich-rechtlichen Vorsorgeeinrichtung. Die Statuten öffentlich-rechtlicher Vorsorgeeinrichtungen werden grundsätzlich durch die Körperschaft erlassen, welcher die betreffende Einrichtung angehört; sie bilden in diesem Fall öffentliches Recht. Nach dem Grundsatz der Parallelität der Form ist ihre Änderung nur durch eine Gesetzesrevision möglich (E. 4.2). So verhielt es sich im Falle der Statuten der "Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'instruction publique et des fonctionnaires de l'administration du canton de Genève" (CIA; heute: "Caisse de prévoyance de l'Etat de Genève"). Vorliegend konnte der Begriff des versicherten Lohns (Art. 4 Abs. 4 der Statuten der CIA [Ausgabe 1997] und Art. 4 Abs. 1 der Statuten der CIA [Ausgabe 2000]) somit nicht auf dem Wege der Verständigung zwischen Arbeitgeber und Vorsorgeeinrichtung geändert werden (E. 4.2, 4.3.3, 5.3, 6.3, 7.3 und 8.3).
Sachverhalt ab Seite 497 BGE 141 V 495 S. 497 A. A. et D. ont tous deux été engagés comme surveillants-aéroport par le Service de l'aéroport de Cointrin les 1 er avril et 1 er juillet 1977. A ce titre, ils étaient alors rattachés au Département genevois de l'économie publique et affiliés à la Caisse de prévoyance du personnel enseignant de l'instruction publique et des fonctionnaires de l'administration du canton de Genève (ci-après: la CIA, la caisse de prévoyance ou l'institution de prévoyance). L'Aéroport International de Genève (ci-après: l'AIG ou l'employeur) est un établissement de droit public autonome qui a été constitué dans le but de gérer et d'exploiter l'aéroport de Cointrin à partir du 1 er janvier 1994. Les fonctionnaires qui travaillaient pour le compte de l'aéroport de Cointrin ont été transférés à l'AIG avec les droits économiques et les conditions de travail acquis au moment de leur transfert. Ils sont restés affiliés à la CIA. Le processus d'autonomisation a en outre entraîné l'élaboration et l'application dès 1999 d'une nouvelle politique salariale. La réévaluation des différents postes de travail existant au sein de l'aéroport de Cointrin a conduit à la création au sein de l'AIG de nouvelles classes de traitements distinctes de celles prévalant dans l'administration cantonale et à la constitution d'une échelle salariale "équivalence Etat" déterminant la rémunération assurée auprès de l'institution de prévoyance. Dans les cas où la réévaluation évoquée avait amené une amélioration de la couverture de prévoyance, l'augmentation du traitement assuré a été plafonnée à la partie du salaire n'excédant pas une progression de deux classes au-dessus de la classe de fonction dans laquelle se trouvait l'employé considéré au 31 décembre 1998 selon l'échelle des traitements de l'Etat de Genève. B. B.a A. et D. ont accédé aux postes de sous-chef de la section X. et de chef de la section Y. Ils ont ouvert action contre l'AIG et la CIA devant le Tribunal cantonal genevois des assurances sociales (aujourd'hui: la Cour de justice de la République et canton de Genève, Chambre des assurances sociales) le 14 janvier 2009. Ils ont demandé au Tribunal cantonal de constater que le salaire déterminant au sens de l'art. 5 des Statuts de la CIA correspondait au salaire fixe figurant sur les avis de situation, que l'intégralité du salaire fixe devait être assurée par la caisse de prévoyance conformément à ses dispositions statutaires avec effet rétroactif au 1 er janvier 1999 et que l'AIG devait s'acquitter de la part employeur des rappels de cotisations. Ils lui ont également demandé de leur donner acte de leur disposition BGE 141 V 495 S. 498 à payer la part employé selon les arrangements prévus par le Règlement général de la CIA sous déduction du dommage qui leur avait été causé. Ils lui ont enfin demandé de condamner l'employeur à assurer auprès de l'institution de prévoyance l'intégralité du salaire fixe conformément aux dispositions statutaires de cette institution avec effet au 1 er janvier 1999 et à payer à la CIA la part employeur des rappels de cotisations qui en résultaient. Ils considéraient que le plafonnement de la couverture de prévoyance à la partie de leur salaire réévalué selon la nouvelle politique salariale n'excédant pas une progression de deux classes au-dessus de la classe de fonction dans laquelle ils se trouvaient au 31 décembre 1998 selon l'échelle des traitements de l'Etat de Genève était contraire au droit. L'AIG et la CIA ont conclu au rejet de la demande. Autorisées à répliquer et à dupliquer, les parties ont maintenu leurs conclusions. Le Tribunal cantonal a en outre sollicité et reçu de nombreux documents et témoignages (membres du conseil d'administration de l'AIG, membres de la direction de l'AIG ou de la CIA, membres de la commission du personnel, employés, actuaires internes à la CIA, experts-conseil) dont les contenus n'ont pas influencé la position des parties tout au long de la procédure. La juridiction cantonale a partiellement admis l'action (jugement du 27 juin 2012). Elle a condamné l'employeur et la caisse de prévoyance à assurer l'intégralité du salaire des deux demandeurs au sens des considérants avec effet au 1 er décembre 2003, a invité la CIA à transmettre à l'AIG et à A. ainsi qu'à D. le détail des rappels de cotisations qui résultaient de l'assurance de l'intégralité du salaire au sens des considérants, a condamné l'employeur à verser à l'institution de prévoyance les parts employeur et employé desdites cotisations et a donné acte aux deux demandeurs de leur engagement à payer la part employé. Elle a estimé qu'aucune disposition légale ou statutaire ne permettait à l'employeur et à la caisse de prévoyance de définir le salaire assuré des employés de l'AIG différemment de celui des autres assurés de la CIA sous peine de violer le principe de l'égalité de traitement pour de simples raisons de coûts, ce qui ne constituait pas un motif justifiant cette démarche. Les prétentions de A. et D. ont toutefois été réduites dans la mesure où le salaire assuré ne pouvait correspondre qu'au traitement assuré dès le 1 er décembre 2003 eu égard au délai de prescription. A. est décédé en août 2012. Ses héritiers ont produit un acte authentique dont il ressort qu'ils ont accepté la succession. BGE 141 V 495 S. 499 Saisi d'un recours de l'AIG et de la CIA, qui requéraient l'annulation du jugement du 27 juin 2012, le Tribunal fédéral l'a admis au motif que le Tribunal cantonal avait statué dans une composition irrégulière (un des juges assesseurs ne remplissait plus les conditions d'éligibilité) et lui a renvoyé la cause pour correction du vice (cf. arrêt 9C_683/2012 du 27 mai 2013). B.b Les parties ont été invitées à présenter leurs observations sur l'arrêt du Tribunal fédéral 9C_683/2012 du 27 mai 2013. La Cour de justice de la République et canton de Genève, Chambre des assurances sociales, ayant refusé de rouvrir l'instruction de la cause, l'AIG et la CIA en ont formellement fait la demande et ont en outre requis la récusation de la Présidente de la Chambre ainsi que l'attribution du dossier à une autre Chambre. La succession de A. et D. se sont opposés à la réouverture de l'instruction. Considérant que le refus de rouvrir l'instruction était un acte relevant du pouvoir du juge instructeur, susceptible de recours et insuffisant pour fonder un soupçon de prévention, la Délégation des juges de la Cour de justice en matière de récusation a rejeté la demande de récusation (jugement du 13 novembre 2013). La CIA et la Caisse de prévoyance du personnel des établissements publics médicaux du canton de Genève ont fusionné pour donner naissance le 1 er janvier 2014 à la Caisse de prévoyance de l'Etat de Genève (ci-après: la CPEG). Celle-ci a repris l'ensemble des actifs et passifs ainsi que des droits et obligations des deux institutions de prévoyance ayant fusionné. La succession de A. et D. ont présenté des observations à propos du refus de rouvrir l'instruction et du rejet de la demande de récusation. L'employeur et la caisse de prévoyance ont développé leurs arguments sur le fond. Chacun a repris ses conclusions formulées durant la première procédure cantonale. Par jugement du 22 mai 2014, la juridiction a foncièrement repris la même argumentation et les mêmes conclusions que dans son premier jugement du 27 juin 2012. Elle a en outre confirmé son refus de rouvrir l'instruction de la cause. C. L'AIG et la CIA recourent contre ce jugement dont ils requièrent l'annulation. La succession de A. et D. concluent au rejet du recours. L'Office fédéral des assurances sociales a renoncé à se déterminer. Le recours a été rejeté. BGE 141 V 495 S. 500 Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.1 Les recourants reprochent à la juridiction cantonale d'avoir violé les garanties fondamentales que les art. 30 al. 1 Cst. , 6 par. 1 CEDH et 29 al. 2 Cst. leur conféraient. Ils considèrent que, compte tenu de l'annulation du premier jugement cantonal du 27 juin 2012 par le Tribunal fédéral en raison de la composition irrégulière de l'autorité judiciaire saisie (arrêt 9C_683/2012 du 27 mai 2013), les premiers juges auraient dû accéder à leur demande de réouverture de la procédure d'instruction dans la mesure où le vice mentionné était apparu le 30 novembre 2010 (date à partir de laquelle le juge assesseur à l'origine du vice n'était plus domicilié dans le canton de Genève) et avait entaché les nombreux actes subséquents d'instruction réalisés jusqu'au prononcé du jugement annulé. Ils prétendent en outre que le fait pour le Tribunal cantonal d'avoir totalement ignoré leur requête de réouverture de la procédure d'instruction les a empêchés, en violation du principe de l'oralité des débats, de comparaître devant le nouveau juge assesseur désigné pour remplacer celui qui ne remplissait pas les conditions d'éligibilité et de lui exposer en quoi le dispositif du jugement annulé était inapplicable. 2.2 Ce grief est de nature formelle. Il doit être analysé avant tout autre dès lors que l'éventuelle violation des règles essentielles de procédure entraîne l'annulation de l'acte attaqué indépendamment des chances de succès du recours sur le fond (cf. ATF 127 V 431 consid. 3d/aa p. 437; ATF 124 V 90 consid. 2 p. 92). 2.3 A supposer que l'argumentation des recourants soit recevable, ce qui peut sembler douteux dans la mesure où ceux-ci n'indiquent pas sur quelle disposition cantonale ils se fondent pour prétendre que la composition du tribunal était irrégulière, il convient de constater que ladite argumentation n'est de toute façon pas fondée. Si les parties au procès ont en principe droit à ce que seuls les juges ayant eu connaissance de leurs différents allégués ainsi que de la procédure probatoire participent à la décision, l'intervention pour la première fois dans le cadre du processus décisionnel d'un juge qui a pu prendre connaissance de l'objet du procès par l'étude du dossier est cependant suffisante (cf. ATF 117 Ia 133 consid. 1e p. 134). Cette exigence est en l'espèce parfaitement respectée dans la mesure où toutes les mesures probatoires réalisées après le 30 novembre 2010 ont fait l'objet de procès-verbaux figurant au dossier et dont le nouveau juge assesseur BGE 141 V 495 S. 501 a eu la possibilité de prendre connaissance (pour un cas illustrant les circonstances dans lesquelles les juges qui prennent part à une décision doivent avoir assisté aux audiences d'administration des preuves contrairement à ce qui prévaut dans le canton de Genève, cf. ATF 96 I 321 consid. 2c p. 323 s.). Au demeurant, les recourants ne soutiennent pas que la teneur des procès-verbaux évoqués aurait été affectée par la présence lors de l'accomplissement des actes qui en sont à l'origine (principalement des auditions de témoins) d'un juge assesseur ne remplissant plus les conditions d'éligibilité. On ne voit du reste ni pourquoi, ni comment tel aurait pu être le cas. Par ailleurs, les garanties invoquées par les recourants ne sauraient en soi justifier la réouverture de l'instruction ni leur conférer le droit d'expliquer au nouveau juge assesseur - ni par oral, ni même par écrit - pourquoi le dispositif de l'acte annulé serait inapplicable dès lors que ce dispositif a justement été réduit à néant et qu'il appartenait au collège de juges nouvellement constitué de rendre un nouveau jugement, contenant un nouveau dispositif pas forcément identique à celui annulé, qui pouvait être critiqué par le biais d'un recours au Tribunal fédéral. 3. Est en l'occurrence litigieux le montant du salaire des intimés assuré par l'institution de prévoyance recourante après la mise en oeuvre par l'employeur recourant de sa nouvelle politique salariale dès 1999, ainsi que les cotisations ordinaires et de rappel en découlant. Il s'agit en particulier de déterminer si les recourants pouvaient - comme ils le soutiennent - ou ne pouvaient pas - comme l'a retenu la juridiction cantonale - limiter d'un commun accord le montant du revenu assuré à la seule partie de la rémunération qui avait fait l'objet d'une réévaluation au moment de la mise en oeuvre de la nouvelle politique salariale et qui n'excédait pas une progression de deux classes de fonction au-dessus de celle à laquelle les intimés appartenaient au 31 décembre 1998 selon l'échelle des traitements de l'Etat de Genève. 4. 4.1 Pour aboutir à la conclusion évoquée, le Tribunal cantonal s'est en premier lieu attaché à analyser les rapports juridiques qui liaient feu A. et D. à leur employeur et à l'institution de prévoyance. Il s'est fondé sur l'art. 15 al. 1 des Statuts de la CIA (éd. 1997) ou l'art. 5 al. 3 des Statuts de la CIA (éd. 2000), selon lequel le "traitement déterminant du personnel des institutions externes [donc des établissements de droit public autonomes comme l'AIG] [était] fixé d'entente entre BGE 141 V 495 S. 502 l'employeur et la caisse selon des règles analogues à celles prévalant à l'Etat". Il a constaté qu'il existait entre eux une convention d'affiliation tacite qui, compte tenu de la date de son intervention en 1995, ne pouvait porter sur une quelconque limitation du salaire assuré. Il a estimé que, dans ces circonstances, le salaire assuré au sein de l'AIG devait équivaloir au salaire effectif, ainsi que cela était prévu par les Statuts de la CIA (éd. 1997 et 2000) - correctement exposés par les premiers juges - et que cela se pratiquait concrètement dans l'administration genevoise, même lorsque le fonctionnaire considéré avait bénéficié d'une progression salariale correspondant à un saut de plus de deux classes de fonction. Il a toutefois encore examiné la validité d'accords allégués portant sur la limitation du salaire assuré survenus postérieurement à la convention d'affiliation (convention conclue entre l'AIG et la CIA; accord formel et tacite des employés compte tenu de la réception des avis annuels de situation et paiement des cotisations sans opposition). Même s'il fallait admettre l'existence de ces accords, le droit des recourants de s'en prévaloir devrait être nié dans la mesure où, étant donné la nature légale des Statuts de la CIA, seule une modification législative pouvait justifier une modification du montant du salaire assuré pour les employés de l'AIG. 4.2 Les recourants contestent le raisonnement de la juridiction cantonale (cf. consid. 4.1), tant sous l'angle de la constatation ou de l'appréciation des faits que sous celui de la violation du droit. Leur argumentation vise concrètement à démontrer que, contrairement à ce qu'a retenu le Tribunal cantonal, la limitation du salaire assuré telle que convenue était la seule solution qui permettait de respecter toutes les dispositions légales et statutaires en vigueur. Les recourants n'émettent en revanche pas la moindre critique quant à la nature des Statuts de la CIA et à l'implication de cette nature sur la modification d'une disposition statutaire. Or, il s'agit en l'occurrence d'un élément essentiel sur lequel repose tout le raisonnement des premiers juges et qui est fondé. En effet, comme l'a rappelé la juridiction cantonale, la CIA est une institution de droit public (cf. art. 1 des Statuts de la CIA [éd. 1997 et 2000]). Dans le cas des institutions de droit public, les dispositions nécessaires sont édictées par la collectivité dont elles dépendent ( art. 50 al. 2 LPP ), de sorte que les rapports juridiques entre l'institution et l'affilié sont en principe régis par le droit public fédéral, cantonal ou communal (cf. ATF 115 V 115 consid. 3c p. 119). La définition du salaire assuré figure dans les Statuts de la CIA et correspond en principe pour les personnes âgées BGE 141 V 495 S. 503 de 20 ans révolus au moins et qui sont mensualisées (cf. art. 4 al. 4 des Statuts de la CIA [éd. 1997] et art. 4 al. 1 des Statuts de la CIA [éd. 2000]) au traitement légal annuel défini dans l'échelle des traitements des membres du personnel de l'Etat (cf. art. 16 al. 1 et art. 15 al. 1 des Statuts de la CIA [éd. 1997] ainsi qu'art. 6 al. 1 et art. 5 al. 1 et 3 des Statuts de la CIA [éd. 2000]), soit en d'autres termes au salaire effectivement versé. Ces dispositions ont été adoptées par le Grand Conseil genevois (cf. p. 1 des Statuts de la CIA [éd. 1997 et 2000]) et font donc partie du droit cantonal genevois. Cela est expressément admis par les recourants. Selon le principe du parallélisme des formes évoqué par le Tribunal cantonal et qui consiste à soumettre la révision d'un acte à la même procédure que celle appliquée lors de son adoption (cf. ATF 126 V 183 consid. 5b p. 191; ATF 112 Ia 136 consid. 3c p. 139; ATF 108 Ia 178 consid. 3d p. 184), seule une modification législative peut entraîner une modification de la notion de salaire assuré telle que définie aux art. 16 et 15 des Statuts de la CIA (éd. 1997) ou 6 et 5 des Statuts de la CIA (éd. 2000). Or, une telle modification n'est jamais intervenue. L'argumentation développée par les recourants n'est dès lors pas pertinente. On ajoutera par ailleurs que le principe du parallélisme des formes fait également obstacle à l'argumentation des recourants à propos de l'égalité de traitement et du principe de la collectivité. Si les Statuts de la CIA prévoient bien différentes catégories de personnes assurées (p. ex. pour les assurés âgés de moins de 24 ans; cf. art. 4 al. 4[éd.1997] et art. 4 al. 1 [éd. 2000]), ce qui est tout à faitpossible sur la base du principe de la collectivité (sur la définition de cette notion, cf. JACQUES-ANDRÉ SCHNEIDER, in LPP et LFLP, 2010, n os 43 ss ad art. 1 LPP ), ils ne prévoient toutefois pas de catégorie particulière pour les seuls membres du personnel de l'AIG distincte de celle formée par les autres assurés de la CIA. Une telle distinction nécessiterait aussi une modification des Statuts par voie législative et rien de tel n'est intervenu. On ne saurait dès lors reprocher au Tribunal cantonal d'avoir violé les principes de l'égalité de traitement ou de la collectivité. 4.3 4.3.1 Par rapport à l'établissement des faits (cf. consid. 4.2 in initio), peu importe l'existence alléguée par les recourants d'une "constatation arbitraire d'une analogie factuelle entre la majoration des salaires AIG en 1999 et la réévaluation des fonctions à l'Etat de Genève" puisqu'aucune disposition permettant une modification de la BGE 141 V 495 S. 504 définition du salaire assuré du personnel de l'AIG n'avait été adoptée selon les formes exigées. On ajoutera par ailleurs que ce grief n'est de toute façon pas fondé dans la mesure où son seul énoncé démontre déjà que les recourants ne critiquent pas l'élément factuel qui est à la base de l'analogie ou de la comparaison à laquelle ont procédé les premiers juges (à savoir une augmentation de salaire qui tant dans le cadre de l'AIG que dans celui de l'administration genevoise engendre au moins un saut de deux classes de fonction), mais la qualification de cet élément factuel (réévaluation de fonction, promotion, ajustement sur les prix du marché). On ne saurait dès lors parler d'une constatation manifestement inexacte des faits (notion qui correspond pour l'essentiel à celle d'arbitraire, cf. ATF 138 I 49 consid. 7.1 p. 51). On ne saurait pas plus reprocher à la juridiction cantonale une soi-disant "ignorance arbitraire de l'information annuelle individuelle sur la différence AIG" dès lors que celle-ci a expressément fait référence à cette communication indiquant la différence entre le salaire effectif et le salaire assuré et qu'elle a analysé son impact sur le sort du litige. 4.3.2 Peu importe également, toujours pour les mêmes raisons, que le Tribunal cantonal ait arbitrairement (sur cette notion, cf. ATF 137 I 1 consid. 2.4 p. 5; ATF 136 III 552 consid. 4.2 p. 560; ATF 135 V 2 consid. 1.3 p. 4 s.; ATF 134 I 140 consid. 5.4 p. 148) assimilé la nouvelle politique salariale de l'AIG à une réévaluation des fonctions dans l'administration genevoise (cf. consid. 4.2 in initio). Cet argument n'est du reste pas plus fondé que le précédent dès lors que l'assimilation contestée repose sur l'interprétation de l'art. 15 al. 1 des Statuts de la CIA (éd. 1997) ou 5 al. 3 des Statuts de la CIA (éd. 2000) et que, faute d'une disposition statutaire limitant la progression du salaire assuré dans les cas de réévaluations de fonction ou de promotions à deux classes de fonction, les premiers juges pouvaient légitimement conclure qu'il n'y avait pas de raison de traiter différemment les employés de l'AIG de ceux de l'administration genevoise dont le salaire assuré correspondait au salaire effectif même après un saut de plus de deux classes de fonction. Une qualification différente de la part des recourants ou de la juridiction cantonale quant à l'origine des augmentations salariales observées au sein de l'AIG, l'existence de différences essentielles entre l'AIG et l'Etat de Genève ou les effets de la nouvelle politique salariale sur la situation des intimés sur les plans financier et de la prévoyance professionnelle n'y changent rien. 4.3.3 Peu importe finalement, une fois encore pour les mêmes motifs, si l'assimilation évoquée précédemment viole ou pas certaines BGE 141 V 495 S. 505 dispositions applicables en matière de régimes de prestations, de modes de financement ou d'organisation des institutions de prévoyance ou que la seule assimilation ou analogie possible pour respecter lesdites dispositions était selon les recourants celle faite avec l'échelle des traitements de l'Etat, avec pour conséquence une limitation de la progression du salaire assuré à deux classes de fonction (cf. consid. 4.2 in initio). Ce grief n'est en outre une fois encore pas plus fondé que les deux précédents. S'il est vrai que, compte tenu de sa nature, de son organisation ou de son mode de financement, la caisse de pension recourante doit veiller à son équilibre financier ou faire en sorte que les particularités d'un établissement de droit public autonome ne prétéritent pas cet équilibre à long terme ou ne défavorisent pas certains assurés par rapport à d'autres, il n'en demeure pas moins que les recourants ne pouvaient d'un commun accord choisir délibérément de ne pas respecter certaines dispositions statutaires, comme celles définissant le salaire assuré, pour prétendre en respecter d'autres. Le coût ou les pertes actuarielles engendrées par l'affiliation de l'AIG à la CIA ne sauraient de surcroît justifier le non-respect des dispositions statutaires. On ajoutera par ailleurs que, si les préoccupations des recourants peuvent paraître légitimes, celles-ci étaient prévisibles pour un employeur ou des professionnels de la branche et auraient dû être réglées au moment de l'affiliation. Si tel ne pouvait pas être le cas, l'institution de prévoyance recourante pouvait refuser l'affiliation de l'employeur recourant conformément à l'art. 1 des Statuts de la CIA qui prévoyait la possibilité et non l'obligation des établissements de droit public de s'affilier auprès de la CIA. 5. 5.1 Les premiers juges ont encore considéré que, conformément aux dispositions légales et principes jurisprudentiels qu'ils ont rappelés, il ne pouvait être reproché à feu A. et à D. d'avoir adopté un comportement contradictoire, d'avoir violé le principe de la bonne foi ou d'avoir commis un abus de droit en ayant manifesté de manière concluante leur volonté de renoncer au prélèvement de cotisations sur l'intégralité de leur salaire et en élevant des prétentions à ce propos bien des années plus tard. Ils ont relevé à cet égard que la nouvelle politique salariale avait été initiée par la direction de l'AIG sans que le personnel n'en ait émis le souhait, que ce dernier n'avait pas eu le choix d'accepter cette nouvelle politique et qu'il avait même essayé de s'y opposer par des démarches auprès de la Commission du personnel ou du Grand Conseil genevois. Ils ont en outre constaté BGE 141 V 495 S. 506 que la problématique de la limitation du salaire assuré n'avait pas été abordée lors de la présentation de la nouvelle politique salariale et qu'il avait été question en l'an 2000 d'assurer la différence entre le salaire effectif et le salaire assuré engendrée par la limitation de ce dernier. 5.2 Les recourants ne critiquent pas directement les éléments constitutifs de ce raisonnement mais se contentent d'exiger le rejet de la demande au motif que le comportement des deux employés concernés constituerait un abus de droit commis en violation du principe de la bonne foi. Ils expliquent avoir entrepris de nombreuses démarches en faveur des employés de l'AIG qu'ils n'auraient pas entreprises s'ils avaient pu prévoir que, près de dix ans plus tard et malgré leur longue acceptation de la situation, les deux intimés élèveraient des prétentions aux conséquences exorbitantes. 5.3 A supposer qu'elle soit recevable dans la mesure où elle semble en tout point correspondre à celle développée en première instance et à laquelle il a été répondu de manière circonstanciée, cette argumentation n'est pas pertinente. En effet, conformément à ce qui a déjà été mentionné (cf. consid. 4), le comportement des prénommés ne peut en rien justifier le non-respect de la disposition statutaire définissant le salaire assuré. On ajoutera par ailleurs que ladite argumentation n'est de toute façon pas fondée dans la mesure où elle ne conteste pas les considérations de la juridiction cantonale faisant état de la désapprobation des employés en général face à la nouvelle politique salariale et de leurs tentatives de s'y opposer. De surcroît, l'inaction des deux employés intéressés durant un certain nombre d'années ne saurait être interprétée comme un renoncement à faire valoir des prétentions sous peine de vider l'institution de la prescription de sa substance (cf. arrêt 9C_832/2013 du 23 avril 2014 consid. 7, non publié in ATF 140 V 145 ; ATF 131 III 439 consid. 5.1 p. 443 et la référence). 6. 6.1 Toujours en réponse à l'argument avancé par l'employeur recourant en première instance, selon lequel il n'aurait jamais donné son assentiment à la hausse du montant effectif des cotisations (en lien avec les art. 66 LPP et 331 al. 3 CO) et qu'il en découlerait des conséquences économiques exorbitantes (coût total des revendications des intimés calculé sur l'ensemble du personnel de l'AIG excédant 24 millions de francs en 2008), le Tribunal cantonal a estimé que la BGE 141 V 495 S. 507 problématique du taux de cotisation ne faisait pas partie de l'objet du litige et que ce taux (un tiers pour l'employé et deux tiers pour l'employeur) demeurait de toute façon inchangé quel que soit le montant total des cotisations. Pour aboutir à cette conclusion, il s'est fondé sur une analyse des art. 66 LPP et 332 al. 3 CO auxquels il suffit de renvoyer. 6.2 Les recourants reprennent leur grief dans la mesure où ils estiment que les premiers juges n'y ont pas répondu. Ils soutiennent que leur argument visait l'agrandissement considérable de l'assiette de cotisation de l'AIG et non le taux de cotisation. Ils considèrent que, si l'entier du salaire devait être assuré auprès de l'institution de prévoyance recourante, cela entraînerait une hausse majeure du montant effectif des contributions sans son accord ni base légale permettant de lui imposer le versement de contributions qui, à fonctions égales, excéderaient très largement l'échelle des traitements de l'Etat. Ils évoquent les conséquences économiques potentiellement exorbitantes d'une telle option qui se reporteraient également sur l'ensemble des employés de l'AIG qui devrait assumer rétroactivement leur part de cotisations ordinaires et de rappels impayés. 6.3 Comme déjà mentionné (cf. consid. 4.3.3), si l'on peut certes comprendre les préoccupations financières des recourants, il convient une nouvelle fois de constater que leur argument n'est ni pertinent ni fondé. Faute de disposition permettant de fixer le salaire assuré autrement que ce qui était prévu par les Statuts de la CIA, le montant des cotisations et leur répartition entre employeur et employé tels que fixée par la loi et les dispositions statutaires pertinentes découlaient forcément du salaire assuré. Les éventuelles conséquences financières, même importantes, ne sauraient en aucun cas légitimer une violation antérieure du droit applicable. Il n'appartient pas aux intimés de supporter les erreurs éventuelles commises par l'employeur recourant et la caisse de prévoyance recourante. L'accord de l'employeur ou la comparaison avec l'échelle des traitements de l'Etat n'y peuvent toujours rien changer. On ajoutera par ailleurs que la question du paiement rétroactif par les employés de l'AIG de leur part de cotisations impayées ne fait pas partie de l'objet du litige et devrait faire l'objet d'une procédure séparée. 7. 7.1 En réponse à un grief invoqué par la CIA en première instance à propos de l' art. 65 LPP et de l'obligation faite aux institutions de prévoyance de pouvoir en tout temps garantir leurs engagements, la BGE 141 V 495 S. 508 juridiction cantonale a rappelé les principes et circonstances qui permettaient auxdites institutions de s'écarter de leurs dispositions réglementaires ou statutaires. Elle a toutefois constaté que, s'il n'était pas contesté que la nouvelle politique salariale de l'AIG allait entraîner des coûts supplémentaires pour les parties, rien ne démontrait que la caisse de prévoyance recourante se trouvait au moment de l'introduction de cette nouvelle politique dans une situation financière telle qu'elle exigeât la prise de mesures immédiates d'assainissement en violation de ses dispositions statutaires. Elle a singulièrement estimé que la limitation du salaire assuré des seuls employés de l'AIG en violation de certains principes fondamentaux ne saurait constituer une telle mesure d'assainissement. 7.2 Une fois encore, le raisonnement des recourants consiste essentiellement à se prévaloir des conséquences financières résultant de l'argumentation du Tribunal cantonal pour justifier leur accord portant sur la limitation du salaire assuré des employés de l'AIG. Ils soutiennent en substance que les premiers juges ont totalement fait abstraction des dispositions concernant le respect de l'équilibre financier des institutions de prévoyance qui, comme en l'espèce, devaient de surcroît suivre les recommandations de leurs experts. 7.3 Cette argumentation n'est toujours d'aucune utilité aux recourants. En effet, il n'est pas et n'a jamais été contesté que les institutions de prévoyance devaient veiller à leur équilibre financier, suivre les recommandations de leurs experts et agir en conséquence (cf. consid. 4.3.3 et 6.3). Cependant, ces exigences ne les dispensent pas de respecter leurs propres dispositions statutaires aussi longtemps que leur équilibre financier n'est pas - sérieusement - menacé. Or, comme l'a relevé la juridiction cantonale, l'obligation d'assurer l'entier du salaire effectif des employés de l'AIG engendre certes des coûts importants tant pour l'employeur recourant que pour la caisse de prévoyance recourante. Rien ne démontre cependant que ces coûts importants mettent la CIA dans une situation financière telle qu'elle nécessitât des mesures immédiates d'assainissement ni que la limitation du salaire assuré pour les seuls employés de l'AIG puisse effectivement constituer une telle mesure d'assainissement. 8. 8.1 S'agissant de la prescription, le Tribunal cantonal a rappelé les dispositions légales et statutaires ainsi que les principes jurisprudentiels applicables. Il en a inféré que le délai de prescription n'avait été valablement interrompu qu'avec l'ouverture d'action le 14 janvier BGE 141 V 495 S. 509 2009, de sorte que seule la demande en paiement des cotisations dues pour la période postérieure au 30 novembre 2003 n'était pas prescrite. 8.2 Les recourants se contentent une nouvelle fois de mettre en avant les conséquences financières de la conclusion à laquelle ont abouti les premiers juges. Ils considèrent en substance qu'il s'agit d'un cadeau illicite fait aux intimés dans la mesure où ceux-ci verraient leurs prestations être augmentées dans un plan en primauté de prestations sans que l'institution de prévoyance recourante ne puisse exiger le versement des contributions nécessaires au financement de ces prestations en violation de ses dispositions statutaires. Ils estiment en outre que, si le droit de prélever des cotisations était prescrit, le droit à une majoration correspondante du salaire assuré devait également être prescrit. 8.3 L'argumentation des recourants n'est une nouvelle fois pas fondée. En effet, ils ne contestent pas la date à laquelle la prescription était acquise selon la juridiction cantonale mais se bornent à invoquer les conséquences financières de cette conclusion. Or, comme déjà mentionné, l'employeur recourant et l'institution de prévoyance recourante ne peuvent se prévaloir de l'erreur qu'ils avaient commise en définissant le salaire assuré des employés de l'AIG de manière différente de celle prévue dans les Statuts de la CIA pour en tirer un quelconque avantage ou éviter des conséquences négatives.
null
nan
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CH
Federation
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Urteilskopf 140 II 214 21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen Schweizerische Bundesbahnen und Bundesamt für Verkehr (BAV) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_602/2012 vom 2. April 2014
Regeste a Beschwerdebefugnis bei Lichtemissionen ( Art. 89 Abs. 1 BGG , Art. 48 Abs. 1 VwVG ). Die Beschwerdebefugnis kann bei grossen Anlagen auf einzelne Anlagenteile beschränkt sein (E. 2.1). Eine besondere Betroffenheit ist i.d.R. zu bejahen, wenn eine direkte Sichtverbindung zur Lichtquelle besteht und diese deutlich wahrnehmbar ist (E. 2.4). Regeste b Vorsorgliche Reduktion von Lichtemissionen eines Bahnhofs zwischen 22.00 und 06.00 Uhr ( Art. 11 Abs. 2 USG ). Beurteilungsgrundlagen (E. 3). Die Grundsätze zur vorsorglichen Vermeidung unnötiger Lichtemissionen im Aussenraum (E. 4.1) gelten unabhängig vom Schutzbedürfnis der Nachbarn (E. 4.2). Die Bahnhofsbeleuchtung dient vorab der Sicherheit des Bahnverkehrs (E. 5); insbesondere muss die gesamte Perronkante während der Betriebszeit gleichmässig beleuchtet werden (E. 6.1). Zu berücksichtigen ist auch das Sicherheitsgefühl der Passagiere (E. 5 und 6.4). Die bestehende intensive Beleuchtung des überdachten Perronbereichs ist jedenfalls in der Nachtruhezeit (22.00 bis 06.00 Uhr) nicht betrieblich erforderlich; eine Reduktion ist technisch ohne weiteres möglich und wirtschaftlich tragbar (E. 6.2). Für deren Umsetzung verbleibt den SBB ein gewisser Ermessensspielraum (E. 6.5). Um unnötige seitliche Abstrahlung der Perrondachleuchten an den Hang zu vermeiden, sind Blenden anzubringen, sobald die Beleuchtung erneuert oder ersetzt wird (E. 7.3).
Sachverhalt ab Seite 215 BGE 140 II 214 S. 215 A. Der Bahnhof Oberrieden See verfügt über zwei Perrons mit einer Gesamtlänge von je 320 m. Der Perron von Gleis 1 (auf dem i.d.R. BGE 140 II 214 S. 216 die Züge nach Thalwil/Zürich verkehren) liegt in Richtung Dorf (hangseitig), der Perron von Gleis 2 in Richtung See (mit Zugverkehr in Richtung Horgen/Pfäffikon). Am 6. November 2002 bewilligte das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Erhöhung der Perrons sowie die Sanierung der Publikumsanlagen des Bahnhofs im vereinfachten eisenbahnrechtlichen Genehmigungsverfahren. Die Beleuchtung wurde entsprechend dem Programm RV05 der SBB ("Facelifting Stationen") umgestaltet. Am Dach des bergseitigen Perrons befinden sich 22, am seeseitigen Perron 32 Leuchten des Typs Sydney. Die unüberdeckten Perronbereiche werden mit je 16 Kombiständern (Leuchten Typ Lucento) in einem Abstand von maximal 18 m ausgestattet. Jeder Perron verfügt über eine gläserne Wartehalle (Typ RV05) mit 2 Einbauleuchten Typ Murten. Vor dem Aufnahmegebäude steht eine Lichtstele (Railbeam). Zudem befinden sich am Zugang zur Bahn 3 Kombiständer mit Leuchten Typ Lucento im Abstand von ca. 26 m. Während der Betriebszeiten (Montag bis Freitag von 04.30 Uhr bis 01.00 Uhr; Samstag und Sonntag durchgehend) sind alle Leuchten in Betrieb; ausserhalb dieser Zeiten bleiben je 6 Perrondachleuchten eingeschaltet. B. X. und Y. sind Eigentümer der Wohnliegenschaft a. in Oberrieden, die in rund 80 m Entfernung am Hang, oberhalb des Bahnhofs Oberrieden See liegt. Sie ersuchten die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) um Massnahmen zur Reduzierung der aus ihrer Sicht übermässigen Beleuchtung des Bahnhofs Oberrieden See. Am 28. April 2009 erhoben sie "Beschwerde" an das BAV. Dieses eröffnete ein Anstandsverfahren i.S.v. Art. 40 Abs. 1 lit. b des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101) und holte Fachberichte zur Immissionsbelastung beim Bundesamt für Umwelt (BAFU) sowie beim Bundesamt für Metrologie (METAS) ein. Am 15. April 2010 führte es einen (Nacht-)Augenschein mit Einigungsverhandlung durch. Es wurde vereinbart, die Nachtbeleuchtung beim seeseitigen Perron versuchsweise von sechs auf vier Leuchten zu reduzieren und einen Test mit einer grösseren Abschirmung der Perrondachleuchten durchzuführen. (...) Am 12. Mai 2011 hiess das BAV die Beschwerde insoweit gut, als die SBB anlässlich des durchgeführten Augenscheins einzelne Rechtsbegehren der Beschwerdeführer ausdrücklich anerkannt hatten. (...) Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintrat. BGE 140 II 214 S. 217 C. Dagegen gelangten X. und Y. am 14. Juni 2011 an das Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag auf weitere Emissionsreduktion. (...) Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23. Januar 2012 eine Begehung vor Ort durch. Mit Urteil vom 23. Oktober 2012 trat es auf die Beschwerde hinsichtlich der Beleuchtung im nordwestlichen Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil) nicht ein, weil es insofern an der erforderlichen räumlichen Beziehung der Beschwerdeführer zur Streitsache fehle. (...) Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. (...) D. Gegen diesen Entscheid haben X. und Y. am 23. November 2012 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht erhoben. Sie beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. (...) Es seien folgende Massnahmen zur Reduktion der Lichtemissionen beim Bahnhof Oberrieden See anzuordnen: "a) Die Lichtstele (Railbeam) vor dem Bahnhof mit Reklame der Marke SBB sei jeden Tag zwischen 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr abzuschalten. b) Sämtliche Kombiständerleuchten seien mit Rundumabschirmungen zu versehen oder so einzustellen, dass sie nicht in den oberen Halbraum blenden. c) Alle Perrondachleuchten seien auf beiden Längsseiten mit lichtundurchlässigen Blenden gegen Licht nach oben abzuschirmen. Zudem sei eine direkte Anstrahlung der Reklameplakate zu vermeiden. Dies betrifft vorab die zwei Perrondachleuchten vor dem Plakat Richtung Horgen. d) Wartehallen: Die Beleuchtung im Innern sei nachts nur über einen Bewegungsmelder einzuschalten. e) Allgemein sei die gesamte Bahnhofsbeleuchtung während der Nachtphase, d.h. zwischen 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr, vermehrt zu reduzieren (Abschaltung einzelner Leuchten, Dimmung des Lichts etc.)." (...) G. Am 20. Januar 2014 führte das Bundesgericht einen Augenschein durch. Dabei wurde, in Absprache mit den SBB, die Beleuchtung in Teilbereichen des Bahnhofs für kurze Zeit um ein bzw. zwei Drittel reduziert (Perrondachleuchten, Kombiständerleuchten) bzw. abgeschaltet (Wartehallenbeleuchtung). Der Bahnhof Oberrieden Dorf, der noch nach dem alten Konzept der SBB beleuchtet wird, wurde als Vergleichsobjekt besichtigt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Auszug) Erwägungen BGE 140 II 214 S. 218 Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesverwaltungsgericht verneinte die Beschwerdebefugnis für die Beleuchtung des nordwestlichen Bahnhofbereichs (Richtung Thalwil), der durch die benachbarten Häuser weitestgehend verdeckt werde. Einzig auf dem schmalen Streifen zwischen dem Wohnhaus und dem Nachbargrundstück, welcher den Beschwerdeführern als Verbindungsweg zwischen dem vorderen und hinteren Teil des Gartens diene, sei ein Blick zwischen den Häusern auf den weiter entfernt liegenden Bahnhofsbereich Richtung Thalwil überhaupt möglich. Ausschliesslich von dieser Stelle des Gartens sei insbesondere die Lichtstele auf dem Bahnhofsvorplatz als ferner Lichtstab erkennbar. Den Beschwerdeführern fehle es daher insoweit an der erforderlichen räumlichen Beziehung zur Streitsache. 2.1 Die Beschwerdeführer beanstanden dies als unzulässige "rügebezogene" Legitimationsprüfung. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch nicht nach Rügen, d.h. nach den angerufenen Normen oder Rechtsgrundsätzen, differenziert, sondern räumlich, zwischen verschiedenen Bereichen des Bahnhofs. Dies ist grundsätzlich zulässig: Die Legitimation gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG setzt voraus, dass die Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügen (lit. b) und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen (lit. c). Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauten und Anlagen insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation der Beschwerdeführer durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann ( BGE 133 II 409 E. 1.3 S. 413 mit Hinweisen). Es ist (insbesondere bei grossen Anlagen) möglich, dass die Beschwerdeführer nur für bestimmte, ihnen zugewandte Anlagenteile über eine genügende Beziehungsnähe verfügen. In diesem Fall darf und muss das Gericht seine Prüfung auf diese Anlagenteile beschränken. Allerdings darf die Legitimation nicht so eng gefasst werden, dass dadurch die Beurteilung funktional zusammenhängender Teile einer Anlage auseinandergerissen wird. Isolierte Massnahmen für einzelne Teilbereiche könnten den Betrieb verkomplizieren oder beeinträchtigen. Insofern sind in der Regel nicht einzelne Leuchten allein für sich zu beurteilen, sondern die Beleuchtung zusammenhängender Betriebsteile. BGE 140 II 214 S. 219 Das Beleuchtungskonzept der SBB unterscheidet zwischen dem überdachten Mittelteil jedes Perrons und den auf beiden Seiten anschliessenden unüberdachten Bereichen (Aussenperron). Gesondert lassen sich die vor dem Eingang stehende Lichtstele sowie die beleuchteten Wartehallen beurteilen. Im Folgenden ist die Legitimation daher für jeden dieser Teile zu beurteilen. 2.2 Die Beschwerdeführer machen geltend, die Lichtstele könne zumindest von Teilen ihrer Liegenschaft aus direkt gesehen werden. Im Übrigen aber dürfe nicht einzig auf das Bestehen einer direkten Sichtachse abgestellt werden. Licht, das als Welle zu betrachten sei, wirke sich wesentlich weiter aus. So sei die Lichtstele bei Bewölkung, Nebel oder Nieselregen als kilometerweit in den Himmel aufstrahlende Lichtsäule wahrnehmbar. Dasselbe gelte für die Bahnhofsbeleuchtung im nordwestlichen Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil): Vom Haus der Beschwerdeführer aus seien zwar die Leuchten dieses Bahnhofteils nicht zu sehen, wohl aber die Raumaufhellung; über dem Bahnhof schwebe neu ein Lichtteppich, der zu einer massiv wahrnehmbaren Lichtverschmutzung führe. 2.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind Nachbarn zur Beschwerdeführung gegen ein Bauvorhaben legitimiert, wenn sie mit Sicherheit oder zumindest grosser Wahrscheinlichkeit durch Immissionen (Lärm, Staub, Erschütterungen, Licht oder andere Einwirkungen) betroffen werden, die der Bau oder Betrieb der fraglichen Anlage hervorruft. Bei weiträumigen Einwirkungen kann ein grosser Kreis von Personen zur Beschwerdeführung legitimiert sein, etwa beim Betrieb eines Flughafens oder einer Schiessanlage ( BGE 136 II 281 E. 2.3.1 S. 285). Als wichtiges Kriterium zur Beurteilung der Betroffenheit dient in der Praxis die räumliche Distanz zum Bauvorhaben bzw. zur Anlage. Die Rechtsprechung bejaht in der Regel die Legitimation von Nachbarn, deren Liegenschaften sich in einem Umkreis von bis zu rund 100 m befinden (Urteil 1C_346/2011 vom 1. Februar 2012 E. 2.3, in: URP 2012 S. 692; RDAF 2013 I S. 436 mit Hinweisen). Bei grösseren Entfernungen muss eine Beeinträchtigung aufgrund der konkreten Gegebenheiten glaubhaft gemacht werden (vgl. BGE 133 II 181 E. 3.2.2 S. 188 zum Lärm einer 800 bis 1000 m entfernten Schiessanlage; Urteil 1C_33/2011 vom 12. Juli 2011 E. 2, zusammengefasst in: ZBl 112/2011 S. 620 und URP 2012 S. 7, zum Lärm eines 1,2 km entfernten Windparks). Allerdings wurde stets betont, dass nicht schematisch auf einzelne Kriterien (insbesondere BGE 140 II 214 S. 220 Distanzwerte) abgestellt werden dürfe, sondern eine Gesamtwürdigunganhand der konkreten Verhältnisse erforderlich sei ( BGE 136 II 274 E. 2.3.2 S. 285 f.). Bei Lärm, der durch eine Anlage oder deren Zubringerverkehr verursacht wird, bejaht das Bundesgericht die Legitimation, wenn die Zunahme deutlich wahrnehmbar ist; dies wird anhand von qualitativen (Art des Verkehrsgeräuschs) und quantitativen Kriterien (Erhöhung des Lärmpegels) beurteilt (vgl. dazu BGE 136 II 281 E. 2.3.2 S. 285 f. mit Hinweisen und E. 2.5.4 S. 289 f.). Im Urteil 1C_405/2008 vom 18. März 2009 (E. 2.5, in: URP 2010 S. 295) verneinte das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis gegen ein Spielcasino, weil sich der dadurch induzierte Mehrverkehr kaum einzelnen Strassen oder Strassenabschnitten zuordnen lasse; dessen Immissionen vermischten sich mit dem allgemeinen Strassenlärm in der Innenstadt und seien kaum mehr als eigenständige Belastung wahrnehmbar. Im Urteil 1C_204/2012 vom 25. April 2013 (E. 8, in: URP 2013 S. 749) verneinte es die Legitimation des 680 m vom projektierten Stadion mit Einkaufszentrum entfernt wohnenden Beschwerdeführers: Zwar werde das geplante Vorhaben angesichts seiner zentralen Lage Auswirkungen auf das gesamte Strassennetz der Stadt Aarau haben und daher auch auf der angrenzenden (verkehrsberuhigten) Quartierstrasse einen gewissen Mehrverkehr verursachen. Dieser sei jedoch zu gering und zu wenig eindeutig den geplanten Nutzungen zuzurechnen, um eine besondere Betroffenheit des Beschwerdeführers zu begründen. 2.4 Überträgt man diese Rechtsprechung auf Lichtimmissionen, so ist die besondere Betroffenheit in der Regel zu bejahen, wenn eine direkte Sichtverbindung zur Lichtquelle besteht und diese deutlich wahrnehmbar ist. Dies wird in einem Umkreis von 100 m i.d.R. zu bejahen sein, sofern die Beleuchtung eine gewisse Mindeststärke überschreitet (vgl. Urteil 1C_216/2010 vom 28. September 2010 E. 5, in: URP 2010 S. 698; RDAF 2011 I S. 481). Bei Fehlen einer direkten Sichtverbindung bzw. grosser Entfernung trägt die Beleuchtung zur Aufhellung des Nachthimmels bei, die für praktisch alle Bewohner einer Region sichtbar ist. In solchen Fällen müssen spezielle Umstände vorliegen, damit die erforderliche besondere Betroffenheit zu bejahen ist. Ob eine Person deutlich wahrnehmbaren, sie spezifisch treffenden Lichtimmissionen ausgesetzt ist, ist aufgrund qualitativer Kriterien (Art des Lichts) und BGE 140 II 214 S. 221 quantitativer Kriterien (Ausmass der Raumaufhellung) zu beurteilen. Dabei sind insbesondere die Umgebung und die darin vorbestehenden Lichtemissionen zu berücksichtigen. 2.5 Die Liegenschaft der Beschwerdeführer befindet sich ca. 80 m vom Bahnhof Oberrieden See entfernt, in erhöhter Lage am Hang. Von ihren Wohn- und Aufenthaltsräumen aus sind die drei äussersten Perrondachleuchten (vor dem Werbeplakat) sowie die beleuchtete Wartehalle auf dem seeseitigen Perron (Gleis 2) gut sichtbar. Ein direkter Sichtkontakt besteht auch zu den mit Kombiständerlampen beleuchteten Aussenperrons des südöstlichen Bahnhofbereichs (in Richtung Horgen), auch wenn die Kombiständer z.T. von Bäumen verdeckt werden. Dagegen ist der nordwestliche Bahnhofsbereich (Richtung Thalwil) durch die benachbarten Häuser verdeckt. Die hangseitigen Perrondachleuchten (Gleis 1) werden durch das Perrondach und das Aufnahmegebäude verdeckt. Die Beleuchtung der Bahnhofsteile, zu denen kein direkter Sichtkontakt besteht, trägt zwar zur Aufhellung des nächtlichen Himmels bei. Diese ist jedoch im Grossraum Zürich bereits beträchtlich, weshalb die Aufhellung durch die Bahnhofsbeleuchtung nicht besonders ins Gewicht fällt. Insofern hat das Bundesverwaltungsgericht eine besondere Betroffenheit der Beschwerdeführer zu Recht verneint. Der Railbeam (Lichtstele) ist weder von den Wohnräumen noch vom Gartensitzplatz der Beschwerdeführer aus sichtbar. Einzig vom Fussweg aus (etwa auf Höhe der hinteren Hausecke) ist er als schmaler Lichtstreifen erkennbar. Da es sich nicht um einen Aufenthaltsbereich handelt, durfte das Bundesverwaltungsgericht auch insoweit die Legitimation verneinen. Die dadurch bewirkte Erhellung des Nachthimmels ist jedenfalls unter gewöhnlichen Witterungsverhältnissen kaum wahrnehmbar und betrifft die Beschwerdeführer nicht in besonderer Weise. 2.6 Nach dem Gesagten ist das Bundesverwaltungsgericht auf die Beschwerde betreffend die Beleuchtungsanlagen im nordwestlichen Bahnhofsbereich Richtung Thalwil (einschliesslich Railbeam) grundsätzlich zu Recht nicht eingetreten. Die Legitimation ist auch im Folgenden auf den südöstlichen Bahnhofsbereich (Richtung Horgen) zu begrenzen, d.h. auf die dort liegenden Aussenperrons (Gleis 1 und 2), die seeseitige Wartehalle (Gleis 2) und die seeseitige Perrondachbeleuchtung (Gleis 2). BGE 140 II 214 S. 222 3. Im Folgenden ist zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid, soweit er die Bahnhofsbeleuchtung materiell beurteilt hat, vor Bundesrecht standhält. 3.1 Die streitigen Beleuchtungsanlagen wurden in den am 6. November 2002 genehmigten Planunterlagen erwähnt (...). Die Beschwerdeführer hatten jedoch im vereinfachten Plangenehmigungsverfahren ohne Publikation und öffentliche Auflage ( Art. 18i Abs. 3 EBG [SR 742.101]) keine Möglichkeit, ihre Interessen mittels Einsprache zu vertreten; im Übrigen hätten sich die Lichtemissionen vor Inbetriebnahme der neuen Beleuchtung auch kaum abschätzen lassen. Mit den Vorinstanzen ist daher davon auszugehen, dass die Rechtskraft der Plangenehmigungsverfügung der Durchführung des vorliegenden Verfahrens nicht entgegensteht. Die Vorinstanzen haben die streitige Beleuchtung somit zu Recht umfassend auf ihre Rechtmässigkeit überprüft. 3.2 Künstliches Licht besteht aus elektromagnetischen Strahlen und gehört daher zu den Einwirkungen i.S.v. Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 7. Oktober 1983 über den Umweltschutz (USG; SR 814. 01), die beim Austritt aus Anlagen als Emissionen, am Ort ihres Einwirkens als Immissionen bezeichnet werden ( Art. 7 Abs. 2 USG ). Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen sind unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist ( Art. 11 Abs. 2 USG ; Vorsorgeprinzip). Steht fest oder ist zu erwarten, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden, werden die Emissionsbegrenzungen verschärft ( Art. 11 Abs. 3 USG ). 3.3 (...) Es gibt für Lichtimmissionen weder Immissionsgrenzwerte (zur Beurteilung der Schädlichkeit bzw. Lästigkeit) noch gelten vorsorgliche Anlagegrenzwerte oder Planungswerte. Die Behörden müssen die Lichtimmissionen daher im Einzelfall beurteilen, unmittelbar gestützt auf die Art. 11 bis 14 USG sowie Art. 16 bis 18 USG ( BGE 124 II 219 E. 7a S. 230 mit Hinweis; BGE 140 II 33 E. 4.2 S. 36 f. mit Hinweisen). Dabei kann sich die Vollzugsbehörde auf Angaben von Experten und Fachstellen abstützen. Dazu gehören die vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL; heute BAFU) im Jahr 2005 herausgegebenen Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen (nachfolgend: Empfehlungen BUWAL; BGE 140 II 33 E. 4.3 S. 37 f. und E. 5.4 S. 40 f.). BGE 140 II 214 S. 223 Seit 1. März 2013 gilt die SIA-Norm 491 zur Vermeidung von unnötigen Lichtemissionen im Aussenraum (im Folgenden: SIA 491: 2013). Diese verzichtet bewusst auf die Festlegung von Richtwerten, sondern zielt darauf ab, unnötige Lichtemissionen an der Quelle zu vermeiden, in Anwendung des Vorsorgeprinzips und entsprechend dem Stand der Technik (Ziff. 0.3). Sie kann als Äusserung von Fachleuten zu dieser Fragestellung auch in Verfahren herangezogen werden, die - wie hier - schon vor dem 1. März 2013 eingeleitet worden sind ( BGE 140 II 33 E. 4.3 S. 38). (...) 3.4 Mit Eingabe vom 14. Februar 2014 hat das BAV zu Recht darauf hingewiesen, dass bei der Beleuchtung von Bahnhöfen auch die technischen Anforderungen an die behindertengerechte Gestaltung des öffentlichen Verkehrs gemäss der gleichnamigen Verordnung des UVEK vom 22. Mai 2006 (VAböV; SR 151.342) beachtet werden müssen (vgl. BGE 139 II 289 E. 2 S. 292 ff.). Art. 2 Abs. 1 VAböV verweist auf die Norm SN 521 500/SIA 500 "Hindernisfreie Bauten" (Ausgabe 2009). Diese bestimmt in Ziff. 4.4 des am 1. Oktober 2013 in Kraft getretenen Korrigendums C3: "Die Beleuchtung muss für Innenräume die Anforderungen gemäss Norm SN EN 124644-1 erfüllen, für Aussenräume die Anforderungen gemäss Norm SN EN 12464-2. Sicherheit, Orientierung, Ablesen und Absehen der Sprechbewegungen ist durch Beleuchtungstärke, Blendungsbegrenzung und Leuchtdichteverteilung zu gewährleisten (vgl. auch Hinweise in Anhang D.1)." In Tabelle 5.12 der Norm SN EN 12464-2 "Licht und Beleuchtung - Beleuchtung von Arbeitsstätten - Teil 2: Arbeitsplätze im Freien" (Ausgabe 2007) werden die Anforderungen an die Beleuchtung und deren Modalitäten für verschiedene Kategorien von Bahn- und Tramanlagen aufgelistet. 4. Zunächst ist zu prüfen, ob die Beleuchtung des Bahnhofs Oberrieden den Anforderungen des Vorsorgeprinzips nach Art. 11 Abs. 2 USG entspricht (E. 4-7). (...) 4.1 Dieser Grundsatz wird durch die bereits erwähnten Empfehlungen des BUWAL und die Norm SIA 491:2013 konkretisiert. Beide zeigen auf, wie sich unnötige Lichtemissionen im Aussenraum vermeiden lassen. Unnötig in diesem Sinne sind Beleuchtungen und Lichtemissionen, die nicht dem Beleuchtungszweck dienen (SIA 491:2013, Ziff. 1.10). Zu beleuchten ist nur, was beleuchtet werden BGE 140 II 214 S. 224 muss, wobei die notwendigen Bedürfnisse mit der geringstmöglichen Gesamtlichtmenge abzudecken sind (SIA 491:2013, Ziff. 2.2.2 und 2.2.4; Empfehlungen BUWAL, Ziff. 5.2.3). Zur Vermeidung von Lichtemissionen sollten nur Leuchten verwendet werden, die eine präzise Lichtlenkung aufweisen; wenn dies nicht möglich ist, sind die Leuchtkörper mit einer Abschirmung zu versehen, die Licht nur dorthin strahlen lässt, wo es einem klar definierten Beleuchtungszweck dient (SIA 491:2013, Ziff. 2.6.1; Empfehlungen BUWAL, Ziff. 5.2.9 "Abschirmung"). Dabei ist der Lichtstrom von oben nach unten zu richten (SIA 491:2013, Anh. A; Empfehlungen BUWAL, Ziff. 5.2.5). Die Aufhellung des Nachthimmels und von Naturräumen und naturnahen Gebieten ist möglichst zu vermeiden (Empfehlung BUWAL, Ziff 5.2.9 "Notwendigkeit"). Nach Möglichkeit sollten beleuchtete Flächen keine reflektierenden Anstriche oder Oberflächen aufweisen (Empfehlungen BUWAL, Ziff. 5.2.7). Leuchten sind nur in den dafür klar nützlichen Zeiträumen einzuschalten und ansonsten auszuschalten (Zeitschaltuhren; Bewegungsmelder) oder zumindest abzusenken (SIA 491:2013, Ziff. 2.7). Anzustreben ist eine Synchronisation mit dem Nachtruhefenster (wie beim Lärmschutz) von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr (Empfehlungen BUWAL, Ziff 5.2.9 "Zeitmanagement"; Leitfaden zur Vermeidung unnötiger Lichtimmissionen des Amts für Umwelt des Kantons Solothurn aus dem Jahre 2011 S. 17 und 30; SIA 491:2013, Ziff. 2.5.5 und 2.7). In diesem Zeitraum sind Zierbeleuchtungen i.d.R. auszuschalten ( BGE 140 II 33 E. 5.5 und 5.6 S. 41 f.). Auch die Lichtspektren sind bezüglich ihrer Auswirkungen auf Mensch und Natur anzupassen (vgl. SIA 491:2013, Ziff. 2.6.2; Empfehlung BUWAL, Ziff. 5.2.7; Anh. 1 der "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen" der deutschen Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft vom 13. September 2012 [es handelt sich um die überarbeitete Fassung der Ausgabe 2000]). 4.2 Die Beschwerdeführer werfen dem Bundesverwaltungsgericht vor, das Vorsorgeprinzip falsch angewendet zu haben, indem es darauf abgestellt habe, was ihnen zuzumuten sei. (...) Tatsächlich ging das Bundesverwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid (E. 8.1) davon aus, dass Licht im Allgemeinen nicht als unerwünschte Nebenwirkung einer anderen Tätigkeit, sondern gewollt und gezielt erzeugt werde, um einen bestimmten BGE 140 II 214 S. 225 Beleuchtungszweck zu erreichen. Es folgerte daraus, dass bei der Anordnung von emissionsbeschränkenden Massnahmen eine Interessenabwägung zwischen dem Schutzbedürfnis der Anwohnerschaft und dem Interesse an der Beleuchtung als solcher vorgenommen werden müsse. Es ist einzuräumen, dass sich über den Nutzen einer Beleuchtung und die für bestimmte Zwecke erforderliche Lichtmenge z.T. streiten lässt; im Rahmen der Bedürfnisabklärung kann eine Abwägung zwischen dem Nutzen und den Umwelteinwirkungen geboten sein (so auch SIA 491:2013, Ziff. 2.2.3). Steht dagegen fest, dass eine Lichtemission nicht dem angestrebten Beleuchtungszweck dient und insofern unnötig ist (z.B. Abstrahlungen in den Nachthimmel), so muss sie grundsätzlich im Rahmen der Vorsorge vermieden werden, sofern dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist, unabhängig von ihrer Zumutbarkeit für die Nachbarn bzw. von deren Schutzbedürfnis. (...) 5. Im Folgenden ist zunächst zu prüfen, welchem Zweck die Bahnhofsbeleuchtung dient. Anschliessend ist zu fragen, ob für diesen Zweck unnötige Lichtemissionen generiert werden und ob diese mit wirtschaftlich tragbaren und verhältnismässigen Massnahmen vermindert werden können (E. 6 und 7). Die Bahnhofsbeleuchtung dient in erster Linie der Sicherheit des Bahnverkehrs. Das Bundesverwaltungsgericht ging überdies davon aus, dass die Beleuchtung des Bahnhofsbereichs das subjektive Sicherheitsgefühl der Reisenden erhöhe. Helle Räume würden von Menschen allgemein als sicherer empfunden, weshalb ein gut beleuchteter Bahnhof dazu beitrage, dass der öffentliche Verkehr auch zu Randzeiten rege genutzt werde. Dieses Interesse wird von den Beschwerdeführern nicht grundsätzlich bestritten; streitig ist lediglich die hierfür erforderliche Beleuchtungsintensität und -dauer sowie die gebotene Lichtführung. Dies wird im Folgenden zu prüfen sein. Schliesslich dient ein Teil der Bahnhofsbeleuchtung auch Werbezwecken. Dies gilt zum einen für die Beleuchtung der Plakatwand, zum anderen für die am Bahnhofseingang angebrachte Lichtstele. Für die Plakatwand ist die Auflage Ziff. 2.1 des BAV zu beachten, die nicht angefochten wurde und daher grundsätzlich rechtskräftig geworden ist (vgl. dazu unten E. 6.3). Die Lichtstele, zu deren Anfechtung die Beschwerdeführer nicht legitimiert sind (vgl. oben, E. 2.5), ist nicht Streitgegenstand. Der Werbezweck der Beleuchtung kann daher hier ausgeklammert werden. BGE 140 II 214 S. 226 6. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass eine Reduktion der Bahnhofsbeleuchtung in der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr möglich wäre, ohne die Sicherheit des Bahnverkehrs oder das Sicherheitsgefühl der Benutzer zu beeinträchtigen. Sie weisen darauf hin, dass es vor 2007 bloss acht Hochlampen auf dem Bahnhof gegeben habe, ohne dass je Probleme entstanden seien. Das Bundesverwaltungsgericht räumte ein, dass es technisch ohne grösseren betrieblichen Aufwand umsetzbar wäre, die Beleuchtung des Bahnhofs ab 22.00 Uhr zu reduzieren, wie dies schon heute ausserhalb der Betriebszeiten praktiziert werde (Abschaltung der Kombiständerleuchten, eines Teil der Perrondachleuchten und der Beleuchtung der Wartehalle). Es ging jedoch davon aus, dass dem überwiegende Sicherheitsinteressen entgegenstehen. Zu Betriebszeiten, d.h. solange die S-Bahnlinien verkehrten, sei die von den Beschwerdeführern angestrebte sehr weitgehende Reduktion der Beleuchtung abzulehnen. 6.1 Diesen Ausführungen ist für den unüberdachten Perronbereich zuzustimmen. Wie der Augenschein ergeben hat, sorgen die Kombiständerlampen für eine gleichmässige Beleuchtung der Perronkante. Die Perrons sind öffentlich zugänglich und werden z.T. auch als Fussweg verwendet. Die Perronkante muss während der gesamten Betriebszeit beleuchtet werden, um zu verhindern, dass Personen auf die Gleise stürzen. Zudem müssen Lokomotivführer die Möglichkeit haben, Personen, die zu dicht am Gleis stehen, zu erkennen und durch ein Pfeifsignal zu warnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass zahlreiche Züge den Bahnhof Oberrieden See mit hoher Geschwindigkeit (rund 100 km/h) durchfahren. Würden Teile der Kombiständerlampen ausgeschaltet, wäre die Perronkante nicht mehr gleichmässig beleuchtet, was insbesondere für sehbehinderte Personen problematisch wäre und nicht den Normen SN 521 500-C3 und SN 12464-2 entspräche. Zwar hat der Augenschein am Bahnhof Oberrieden Dorf gezeigt, dass die Perronaussenbereiche auch mit wenigen Hochlampen gleichmässig beleuchtet werden können. Diese sind jedoch aufgrund ihrer Höhe aufwendiger zu warten und entsprechen nicht mehr dem von den SBB gewünschten Erscheinungsbild. Grundsätzlich ist es Sache der SBB, ihr Beleuchtungskonzept zu bestimmen, solange es den gesetzlichen Anforderungen entspricht. BGE 140 II 214 S. 227 6.2 Der seeseitig überdachte Perronbereich wird mit einer Doppelreihe von je 16 Lampen des Typs Sydney beleuchtet. Wie der bundesgerichtliche Augenschein gezeigt hat, wirkt dieser zentrale Teil des Bahnhofs aufgrund der grossen Zahl dicht nebeneinander angebrachter Lampen sehr hell. Die Vertreter der SBB erläuterten am Augenschein, dass diese helle Zone in der Mitte des Perrons ihrem Beleuchtungskonzept entspreche. Danach sollen die im Aussenbereich aussteigenden Passagiere durch das Licht in die Kundenzone in der Mitte geführt werden, wo sich auch die Unterführung befindet. Allerdings weist das Perrondach des Bahnhofs Oberrieden See aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mehr Lampen auf als beispielsweise jenes des an der gleichen Zuglinie gelegenen Bahnhofs Rüschlikon, wo am Perrondach nur eine Reihe von Leuchten angebracht ist. Bereits aus dem erwähnten Beleuchtungskonzept ergibt sich, dass eine Beleuchtung des überdachten Perronbereichs in der bestehenden Intensität für die Sicherheit beim Ein- und Aussteigen nicht erforderlich ist. Denn in den deutlich weniger beleuchteten unüberdachten Bereichen ist diese ebenfalls gewährleistet. Die am Augenschein vorgenommenen Abschaltungen von einem Drittel bzw. von zwei Dritteln der Perrondachleuchten haben überdies gezeigt, dass das Sicherheits- und Raumgefühl auch bei einer deutlichen Reduktion der Beleuchtung nicht nennenswert beeinträchtigt wird. Ebensowenig stellt sich der sog. Höhleneffekt ein, der mit dem neuen Beleuchtungskonzept vermieden werden soll. Die ohnehin selber leuchtenden Abfahrtsanzeigetafeln sind weiterhin problemlos lesbar. Die SBB legen auch nicht dar und es ist nicht ersichtlich, dass bei einer Reduktion der Beleuchtung die Anforderungen an die behindertengerechte Ausgestaltung des Bahnhofs (vgl. E. 3.4) nicht mehr eingehalten werden könnten. Es kann an dieser Stelle offenbleiben, ob die bestehende intensive Beleuchtung des überdachten Perronbereichs in den Spitzenverkehrszeiten betrieblich erforderlich ist, da die Reduktion der Beleuchtung von den Beschwerdeführern nur für die Nachtruhezeit von 22.00 bis 06.00 Uhr verlangt wird. Während dieses Zeitintervalls sind die Passagierfrequenzen erfahrungsgemäss eher gering. Umgekehrt ist die betriebliche Erforderlichkeit in diesem Zeitraum angesichts des erhöhten allgemeinen Ruhebedürfnisses nach strengen Massstäben zu beurteilen (vgl. E. 4.1). Aufgrund der erwähnten, am Augenschein getroffenen Feststellungen ist die bestehende BGE 140 II 214 S. 228 intensive Beleuchtung im überdachten Perronbereich - von 22.00 bis 01.00 Uhr sowie von 04.30 bis 06.00 Uhr von Montag bis Freitag bzw. von 22.00 bis 06.00 Uhr am Samstag und Sonntag - zur Sicherheit des Bahnverkehrs, aber auch zur Verwirklichung des neuen Beleuchtungskonzepts, nicht erforderlich. Eine Reduktion ist durch Abschaltung einzelner Lampen technisch ohne weiteres möglich und wirtschaftlich tragbar. Die SBB haben daher gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG die Beleuchtung im überdachten seeseitigen Perronbereich von 22.00 bis 01.00 Uhr und 04.30 bis 06.00 Uhr von Montag bis Freitag sowie von 22.00 bis 06.00 Uhr am Samstag und Sonntag zu reduzieren. 6.3 Bei der Umsetzung dieser Reduktion ist zu berücksichtigen, dass die Perrondachleuchte vor dem Werbeplakat auf der Seeseite nach dem in diesem Punkt rechtskräftigen Entscheid der Vorinstanz abgeschaltet werden muss. (...) 6.4 Umstritten ist weiter, ob die Dauerbeleuchtung der Wartehalle während der Betriebszeiten (wochentags von 04.30 bis 01.00 Uhr und am Wochenende die ganze Nacht hindurch) betrieblich notwendig ist. Dies ist - entsprechend der beschränkten Legitimation der Beschwerdeführer - nur für die seeseitige Wartehalle (an Gleis 2) zu prüfen. (...) Das Bundesverwaltungsgericht ging davon aus, dass eine beleuchtete Wartehalle wesentlich einladender wirke als eine unbeleuchtete; für das Sicherheitsgefühl der Wartenden sei es entscheidend, dass der Raum schon vor dem Betreten ausreichend beleuchtet sei. Der Versuch mit einer Abschaltung der Beleuchtung am bundesgerichtlichen Augenschein hat diesen Eindruck bestätigt. Während der Betriebszeiten kann deshalb im Interesse des Bahnverkehrs gestützt auf Art. 11 Abs. 2 USG grundsätzlich weder ein Verzicht auf die Beleuchtung der Wartehalle noch deren Steuerung über einen Bewegungsmelder verlangt werden. Daran vermag der Umstand, dass der erste Zug in Richtung Horgen erst rund eine Stunde nach dem Einschalten der Beleuchtung verkehrt, nichts zu ändern. Es ist nicht zu beanstanden, dass die SBB die Beleuchtung nicht für jeden Bahnhofteil exakt auf den Fahrplan abstimmen, zumal der Bahnhof von den Kunden als Ganzes wahrgenommen wird. Die Beleuchtung der Wartehalle ist zudem im Rahmen jener des gesamten überdachten Perronbereichs zu beurteilen, die - wie BGE 140 II 214 S. 229 bereits ausgeführt - zu reduzieren ist. Die SBB haben die Möglichkeit, zur erforderlichen Verringerung der Beleuchtung die Lampen der Wartehalle auszuschalten, sie müssen die Reduktion aber nicht auf diese Weise vornehmen (vgl. sogleich E. 6.5). 6.5 Die aufgrund der vorstehenden Erwägungen gebotene Reduktion der Beleuchtung des überdachten seeseitigen Perronbereichs ist nicht vom Bundesgericht festzulegen, da die SBB dabei über einen gewissen Ermessensspielraum verfügen. So ist es denkbar, die erforderliche Verminderung allein durch Abschalten von Perrondachleuchten zu bewirken oder sie ebenfalls mit dem Verzicht oder allenfalls einer Reduktion der Beleuchtung der Wartehalle zu erzielen. Aufgrund der Ergebnisse des Augenscheins ist die fragliche Beleuchtung während der Betriebszeiten in den Nachtruhestunden in erheblichem Umfang zu reduzieren. Als Richtmass kann die Verminderung dienen, die durch Abschalten der Hälfte der seeseitigen Perrondachleuchten resultiert. 7. Zu prüfen ist schliesslich, ob die Lichtlenkung der Lampen des Bahnhofs Oberrieden See genügend präzise ist bzw. ob die Leuchtkörper mit einer genügenden Abschirmung versehen sind, damit das Licht nur dorthin strahlt, wo es dem Beleuchtungszweck dient. 7.1 Das Bundesverwaltungsgericht und das BAFU gingen davon aus, dass die bereits von den SBB getroffenen Massnahmen dem Vorsorgeprinzip genügten; insbesondere seien die Kombiständer- und Perronleuchten bereits mit perforierten Blenden ausgestattet worden, so dass mit den verlangten lichtundurchlässigen Vorrichtungen nur noch graduelle Verbesserungen erreicht werden könnten. Eine Reduktion der Beleuchtung sei auch nicht aus Gründen der Rechtsgleichheit ( Art. 8 Abs. 1 BV ) erforderlich: Die an den Bahnhöfen Opfikon, Meggen und Liestal installierten zusätzlichen Blenden seien auf unterschiedliche örtliche Verhältnisse zurückzuführen; dort stünden die Kombiständerleuchten unmittelbar vor Wohnliegenschaften. 7.2 Diesen Erwägungen ist jedenfalls für die Kombiständerleuchten zuzustimmen. Diese wurden entwickelt, um eine lange Linienbeleuchtung an der Perronkante zu gewährleisten. Sie sind mit einem breiten runden Leuchtendach versehen, das Abstrahlungen nach oben verhindert. Seitliche Abstrahlungen an den Hang sind allerdings (in bestimmten Winkeln) möglich. Zur Reduktion der Blendwirkung wurden daher die bergseitigen Kombiständerleuchten am Bahnhof Oberrieden See zusätzlich mit Halbschalen abgeschirmt, während BGE 140 II 214 S. 230 seeseitig zur Abschirmung Wabengitter angebracht wurden (weil eine bergseitige Halbschale die bezweckte Beleuchtung der Perronkante verhindern würde). Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, sind die Leuchten nunmehr vom Hang, insbesondere vom Haus und vom Gartensitzplatz der Beschwerdeführer aus, kaum mehr sichtbar. Weitergehende Massnahmen zur seitlichen Abschirmung (in Richtung Hang) erscheinen daher nicht geboten. 7.3 Die Perrondachleuchten sind am Dachrand angebracht und strahlen Licht nicht nur auf den Perron, sondern auch in die Umgebung ab. Eine gewisse indirekte Beleuchtung des Perrondachs ist am Bahnhof Oberrieden See insofern erwünscht, als dieses aus Gründen des Denkmalschutzes dunkelrot gestrichen ist und durch die Anleuchtung des Dachs ein "Höhleneffekt" verhindert werden kann. Ob dies auch in anderen Bahnhöfen (mit hellerem Dach) zulässig wäre, braucht nicht entschieden zu werden. Unnötig ist dagegen die seitliche Abstrahlung an den Hang in Richtung Dorf. Zwar haben die SBB an den drei äussersten Perrondachleuchten (beim Werbeplakat) lichtundurchlässige Blenden angebracht und die übrigen Perrondachleuchten mit einem seitlich tiefer gezogenen, perforierten Reflektor ausgestattet. Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, sind die Leuchtkörper dennoch vom Schlafzimmer der Beschwerdeführer aus gut einsehbar, d.h. die Blenden sind etwas zu kurz. Wie der zuvor durchgeführte "Klebbandtest" belegt (der von allen Beteiligten als erfolgreich beurteilt worden war), wäre es technisch und betrieblich möglich, diese unnötigen Lichtemissionen zu vermeiden. Da diese Abschirmung nicht notwendig ist, um die Beschwerdeführer vor schädlichen oder lästigen Lichtimmissionen zu schützen (vgl. sogleich E. 8), erscheint jedoch eine sofortige Umrüstung der bestehenden Anlage unverhältnismässig. Zwar liegt keine Kostenschätzung vor, jedoch ist davon auszugehen, dass dies eine Spezialanfertigung erfordern und nicht unerhebliche Kosten verursachen würde. Dagegen muss die Anpassung erfolgen, sobald die erste Reihe der seeseitigen Perrondachbeleuchtung erneuert oder ersetzt wird (vgl. SIA 491:2013, Ziff. 2.2.5). 8. (Zusammenfassung: Es sind keine weitergehenden Massnahmen zum Schutz der Beschwerdeführer gegen schädliche und lästige Lichtimmissionen erforderlich [ Art. 11 Abs. 3 USG ]).
public_law
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
884a9829-02eb-4d65-8203-174a57f80da6
Urteilskopf 139 II 279 19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_119/2013 vom 9. Mai 2013
Regeste Art. 6 und 48 VwVG , Art. 5, 31, 35 und 37 Abs. 3 FINMAG, Art. 23 quinquies , 24 und 33 ff. BankG : Ein Privater, der ein aufsichtsrechtliches Verfahren der FINMA gegen eine Bank anstrebt, hat in diesem Verfahren keine Parteistellung. Allgemeine Rechtslage und Zusammenfassung der einschlägigen Rechtsprechung zur Parteistellung im Verwaltungsverfahren bzw. im aufsichtsrechtlichen Verfahren (E. 2.1-2.4). Aus Art. 31 FINMAG kann kein Rechtsanspruch namentlich der Anleger oder Gläubiger auf ein Tätigwerden der FINMA abgeleitet werden. Soweit keine Beschwerdelegitimation nach Art. 24 BankG besteht, kann eine in ihren Interessen verletzte Person bei der FINMA lediglich Anzeige erstatten; sie hat in diesem Verfahren keine Parteistellung (E. 4.1 und 4.2). Daran ändert auch Art. 35 FINMAG nichts: Die Rückerstattung nach Art. 35 Abs. 6 FINMAG begründet nicht anstelle oder zusätzlich zu den zivilrechtlichen Forderungen eine öffentlich-rechtliche Forderung, sondern setzt vielmehr voraus, dass unbestrittene oder gerichtlich festgestellte Schadenersatzansprüche bestehen (E. 4.3).
Sachverhalt ab Seite 280 BGE 139 II 279 S. 280 A. A.a Am 19. Oktober 2010 gelangte X. an die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) und erhob Anzeige gegen die Bank Y. AG in A./ZH bzw. gegen deren Tochtergesellschaft, die Bank Z. Ltd. mit Sitz in B./Bahamas. Er machte geltend, er habe im Januar 2000 eine Bankbeziehung mit der Bank Y. AG eröffnet. Bereits im März 2000 habe diese Bank ihm empfohlen, die gesamte Bankbeziehung auf ihre Tochtergesellschaft, die Bank Z. Ltd. zu übertragen. Dies habe er getan und bei dieser diverse Bank- und Wertschriftenkonten eröffnet. Die Bankdokumente seien in den Geschäftsräumlichkeiten der Bank Y. AG unterzeichnet worden. In den folgenden BGE 139 II 279 S. 281 vier Jahren hätten auch alle Besprechungen in diesen Geschäftsräumlichkeiten stattgefunden. Alle Korrespondenz und die gesamte Betreuung sei durch Mitarbeiter der Bank Y. AG erfolgt. In diesen Geschäftsräumlichkeiten seien damit Bankdienstleistungen im Namen der Bank Z. Ltd. erbracht worden, was einer faktischen Geschäftsniederlassung entspreche, obwohl sie dafür über keine Bewilligung der FINMA verfüge. Er ersuchte daher die FINMA, eine aufsichtsrechtliche Untersuchung gegen diese faktische Geschäftsniederlassung der Bank Z. Ltd. einzuleiten und anschliessend gegebenenfalls die faktische Bankzweigniederlassung, allenfalls Bankrepräsentanz, zu liquidieren. A.b Nachdem die FINMA X. mitgeteilt hatte, er habe in einem allfälligen Verwaltungsverfahren keine Parteistellung und keine Akteneinsicht, beantragte X. den Erlass einer beschwerdefähigen Verfügung. Mit Verfügung vom 11. Mai 2012 trat die FINMA auf das Gesuch um Gewährung der Parteistellung und Akteneinsicht nicht ein (recte: wies dieses ab). B. X. erhob dagegen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Mit Urteil vom 13. Dezember 2012 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab. C. X. erhebt beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben und ihm in der von der FINMA gegen die de-facto-Zweigniederlassung in A. der Bank Z. Ltd. geführten Vorabklärung oder Untersuchung die Parteistellung nach Art. 6 VwVG einzuräumen, unter Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdeführer strebt ein aufsichtsrechtliches Eingreifen der FINMA gegen eine Bank an und will in diesem Verfahren Parteirechte ausüben. Als rechtliche Grundlagen für das aufsichtsrechtliche Eingreifen kommen das Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (BankG; SR 952.0) und das Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG; SR 956.1) in Frage. Weder das eine noch das andere enthält besondere Bestimmungen über die Parteistellung im BGE 139 II 279 S. 282 aufsichtsrechtlichen Verfahren; diese richtet sich somit nach richtiger und zutreffender Ansicht aller Beteiligten nach den Art. 6 und 48 VwVG (SR 170.021; vgl. Art. 53 FINMAG ; Urteil 2C_762/2010 vom 2. Februar 2011 E. 4.1). 2.2 Als Parteien in einem Verwaltungsverfahren gelten Personen, deren Rechte oder Pflichten die Verfügung berühren soll, und andere Personen, Organisationen oder Behörden, denen ein Rechtsmittel gegen die Verfügung zusteht ( Art. 6 VwVG ). Zur Beschwerde legitimiert ist gemäss Art. 48 Abs. 1 VwVG , wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Wer in diesem Sinne zur Beschwerde legitimiert ist, hat auch Parteistellung im erstinstanzlichen Verfügungsverfahren samt den damit verbundenen Parteipflichten und -rechten ( Art. 13, 18, 26 ff. VwVG ; BGE 129 II 286 E. 4.3.1 S. 292 f.), insbesondere auch dem Recht auf Akteneinsicht ( Art. 26 VwVG ). Die Regelung von Art. 48 Abs. 1 VwVG entspricht Art. 89 Abs. 1 BGG und ist in Anlehnung an diese auszulegen; sie soll die Popularbeschwerde ausschliessen und den Charakter des allgemeinen Beschwerderechts als Instrument des Individualrechtsschutzes unterstreichen. Diese Anforderungen sind besonders bedeutend bei der Beschwerde eines Dritten, der nicht Verfügungsadressat ist. Der Beschwerdeführer muss durch den angefochtenen bzw. den zu erlassenden Entscheid stärker als ein beliebiger Dritter betroffen sein und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache stehen. Neben der spezifischen Beziehungsnähe zur Streitsache muss der Beschwerdeführer einen praktischen Nutzen aus einer allfälligen Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ziehen, d.h. seine Situation muss durch den Ausgang des Verfahrens in relevanter Weise beeinflusst werden können. Das schutzwürdige Interesse besteht im Umstand, einen materiellen oder ideellen Nachteil zu vermeiden, den der angefochtene Entscheid mit sich bringen würde. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse begründet - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - keine Parteistellung ( BGE 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f., BGE 135 II 145 E. 6.1 S. 150 f.; BGE 133 II 249 E. 1.3.1 S. 252 f.; BGE 131 II 587 E. 2.1 und 3 S. 588 ff.). 2.3 Die Vorinstanz hat in E. 3.1 des angefochtenen Entscheids die Rechtslage und die dazu ergangene einschlägige Rechtsprechung BGE 139 II 279 S. 283 richtig wiedergegeben: Demnach erwirbt derjenige, der bei einer Aufsichtsbehörde eine Anzeige erstattet oder ein aufsichtsrechtliches Vorgehen gegen einen Dritten verlangt, dadurch noch keine Parteistellung ( BGE 135 II 145 E. 6.1 S. 151; BGE 133 II 468 E. 2 S. 471). Dass er "besonders berührt" (vgl. Art. 48 Abs. 1 lit. b VwVG ) bzw. - infolge einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache - stärker als die Allgemeinheit betroffen ist, genügt für sich allein nicht; zusätzlich ist ein schutzwürdiges Interesse erforderlich ( Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG ; BGE 135 II 145 E. 6.1, BGE 135 II 172 E. 2.1 S. 174 f.; BGE 134 II 120 E. 2.1 S. 122), also ein aus der Sicht der Rechtspflege gewürdigt ausreichender Anlass dafür, dass die Gerichte der Verwaltungsrechtspflege sich mit der Sache befassen (vgl. FRITZ GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 153). Es gibt keine rechtslogisch stringente, sondern nur eine praktisch vernünftige Abgrenzung zur Popularbeschwerde oder zur Aufsichtsbeschwerde, die dem Anzeiger keine Parteistellung verschafft ( Art. 71 VwVG ); wo diese Grenze verläuft, ist für jedes Rechtsgebiet gesondert zu beurteilen ( BGE 123 II 376 E. 5b/bb S. 383 mit Hinweisen). Wegleitend dafür sind namentlich einerseits die Möglichkeit für die Interessierten, den angestrebten Erfolg auf anderem - z.B. zivil- oder strafrechtlichem - Weg zu erreichen (vgl. BGE 132 II 250 E. 4.4 S. 255), und andererseits das Anliegen, die Verwaltungstätigkeit nicht übermässig zu erschweren (zit. Urteil 2C_762/2010 E. 4.4). Im Rahmen der Banken- und Finanzmarktaufsicht reicht es dazu nicht, dass der Anzeiger Anleger oder Kunde bei der betreffenden Bank ist; er muss vielmehr glaubhaft nachweisen, dass und inwiefern seine Rechte als Anleger konkret gefährdet oder verletzt sind und er deshalb ein eigenes, unmittelbares schutzwürdiges Interesse an einer aufsichtsrechtlichen Untersuchung oder an einer bestimmten Massnahme hat ( BGE 120 Ib 351 E. 3b S. 355; Urteil 2A.218/1992 vom 14. August 1995 E. 5a; zit. Urteil 2C_762/2010 E. 4.5; vgl. BGE 132 II 250 E. 4.3.1 S. 254). 2.4 In Bezug auf den konkreten Fall hat die Vorinstanz erwogen, der Beschwerdeführer begründe seine Beziehungsnähe damit, dass er nach Eröffnung eines aufsichtsrechtlichen Liquidationsverfahrens als geschädigter Anleger eine Forderung im Umfang von 1,7 Mio. Euro eingeben wolle; es handle sich dabei um eine von der Bank bestrittene Schadenersatzforderung, die aufgrund des vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Vertrags dem bahamaischen Recht und Gerichtsstand unterliege und die zudem nach dem anwendbaren BGE 139 II 279 S. 284 bahamaischen Recht längst verjährt sei; selbst wenn eine Liquidation angeordnet würde, sei es überaus hypothetisch, dass der Liquidator diese Forderung anerkennen würde. Anleger und Gläubiger von Finanzintermediären hätten ihre Forderungen primär auf dem zivil- oder strafrechtlichen Weg zu verfolgen. Das aufsichtsrechtliche Verfahren diene nicht der Unterstützung einzelner Anleger bei der Geltendmachung ihrer zivilrechtlichen Ansprüche. Auch wenn dem Beschwerdeführer die Geltendmachung seiner Ansprüche infolge des vereinbarten ausländischen Gerichtsstands oder der eingetretenen Verjährung nicht mehr möglich sein sollte, könne ihm nicht stattdessen Parteistellung im aufsichtsrechtlichen Verfahren zuerkannt werden. (...) 4. 4.1 In rechtlicher Hinsicht begründet der Beschwerdeführer seine Parteistellung damit, die Niederlassung in A. der Bank Z. Ltd. habe ohne Bewilligung und damit unrechtmässig Publikumseinlagen entgegengenommen; daraus ergebe sich ein öffentlich-rechtlicher Anspruch auf Rückerstattung der ohne Bewilligung entgegengenommenen Mittel. Der FINMA stehe es zudem frei, gestützt auf Art. 31 FINMAG auch ohne Anordnung einer formellen Liquidation die Rückzahlung der unerlaubt vereinnahmten Publikumseinlagen zu verfügen; dieser Rückerstattungsanspruch sei nicht hypothetisch, sondern geradezu geboten, setze aber voraus, dass die FINMA festgestellt habe, dass tatsächlich unzulässigerweise Publikumsgelder entgegengenommen worden seien; deshalb könne seine Situation durch den Ausgang dieses Verfahrens entscheidend beeinflusst werden, was seine Parteistellung begründe. Die FINMA könne auch gestützt auf Art. 35 FINMAG die Vermögenswerte der Zürcher Zweigniederlassung einziehen und einen Teil davon ihm - dem Beschwerdeführer - zurückerstatten. Schliesslich wäre ihm auch der zivilrechtliche Rechtsweg auf den Bahamas nicht zumutbar gewesen. 4.2 Die Beziehungen zwischen einem Bankkunden und der Bank unterliegen dem Zivilrecht; daraus entstehende Forderungen sind auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Die Finanzmarktaufsicht bezweckt nach Massgabe der Finanzmarktgesetze den Schutz der Gläubiger, der Anleger, der Versicherten sowie den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte; sie trägt damit zur Stärkung des Ansehens und der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei ( Art. 5 FINMAG ). Auch wenn sie somit auch dem Einlegerschutz dient, bleibt sie doch eine öffentlich-rechtliche, BGE 139 II 279 S. 285 wirtschaftspolizeiliche Aufgabe (CHRISTOPH WINZELER, in: Basler Kommentar Börsengesetz, Finanzmarktaufsichtsgesetz, Watter/Vogt [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 11 zu Art. 5 FINMAG ). Nach Art. 31 FINMAG sorgt die FINMA für die Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes, wenn eine Beaufsichtigte die Bestimmungen dieses Gesetzes oder eines Finanzmarktgesetzes verletzt oder sonstige Missstände bestehen. Diese Bestimmung entspricht dem früheren Art. 23 ter Abs. 1 (AS 1971 815) des Bankengesetzes vom 8. November 1934 (BankG; SR 952.0). Sie enthält als Generalklausel nicht eine abschliessende Aufzählung zulässiger Anordnungen, sondern gibt der FINMA einen relativ weiten Ermessensspielraum ( BGE 132 II 382 E. 4.1 S. 388; ROTH PELLANDA, in: Basler Kommentar, Börsengesetz [...], 2. Aufl. 2011, N. 5 und 9 zu Art. 31 FINMAG ; POLEDNA/MARAZZOTTA, in: Basler Kommentar, Bankengesetz, 2005, N. 5 zu Art. 23 ter BankG ). Aus Art. 31 FINMAG kann kein Rechtsanspruch namentlich der Anleger oder Gläubiger auf ein Tätigwerden der FINMA abgeleitet werden (Botschaft vom 1. Februar 2006 zum FINMAG, BBl 2006 2881 zu Art. 31; ROTH PELLANDA, a.a.O., N. 14 zu Art. 31 FINMAG ). Die FINMA ist auch nicht befugt, anstelle der zuständigen Zivilgerichte über zivilrechtliche Ansprüche Dritter gegen die Bank zu entscheiden (Urteil 2A.230/1999 vom 2. Februar 2000 E. 9b). Zwar soll die FINMA den Hauptzwecken der finanzmarktrechtlichen Gesetzgebung, u.a. dem Schutz der Gläubiger bzw. Anleger, Rechnung tragen ( BGE 135 II 356 E. 3.1 S. 359 f.). Das bedeutet aber entgegen der offenbaren Auffassung des Beschwerdeführers nicht, dass die Anleger eine öffentlich-rechtliche Forderung auf Rückerstattung der ohne Bewilligung entgegengenommenen Gelder hätten. Geht eine Gesellschaft unbewilligt einer den Banken oder den bewilligten Effektenhändlern vorbehaltenen Tätigkeit nach, kann die FINMA sie im Rahmen der allgemeinen Verfassungs- und Verwaltungsgrundsätze aufsichtsrechtlich liquidieren ( BGE 136 II 43 E. 3.2 S. 46; BGE 131 II 306 E. 3.1.2 S. 314; vgl. Art. 37 Abs. 3 FINMAG ). Die angeordnete Liquidierung verläuft so, dass die FINMA einen Liquidator ernennt ( Art. 23 quinquies Abs. 1 BankG ), der alsdann die Liquidation nach den Regeln des Privatrechts durchführt ( BGE 131 II 306 E. 4.1.3 S. 321; Urteil 2C_101/2011 vom 29. September 2011 E. 1.1.1; POLEDNA/MARAZZOTTA, a.a.O., N. 16 zu Art. 23 quinquies BankG ), bzw. - im Falle der Überschuldung - nach den besonderen Regeln über den Bankenkonkurs ( Art. 33 ff. BankG ), die analog auch für den unbewilligt auftretenden Finanzintermediär BGE 139 II 279 S. 286 gelten ( BGE 136 II 43 E. 3.2 S. 46; BGE 132 II 382 E. 4.2 S. 388; BGE 131 II 306 E. 4.1.2 S. 320; Urteil 2C_71/2011 vom 26. Januar 2012 E. 2.2). In diesem Verfahren haben die Gläubiger die Möglichkeit, ihre privatrechtlichen Forderungen einzugeben ( Art. 232 SchKG i.V.m. Art. 34 Abs. 2 BankG ). Die Konzeption des Gesetzes ist also nicht die, dass bei unbewilligter Geschäftstätigkeit eine öffentlich-rechtliche Rückerstattungsforderung neben die zivilrechtliche Forderung tritt. So etwa hat der von der FINMA eingesetzte Liquidator keine Verfügungskompetenz. Gegen seine Handlungen ist deshalb auch keine Beschwerde möglich, sondern die gemäss Art. 24 BankG zur Beschwerde legitimierten Personen müssen von der FINMA den Erlass einer anfechtbaren Verfügung verlangen (POLEDNA/MARAZZOTTA, a.a.O., N. 29 zu Art. 24 BankG ). Soweit keine Beschwerdelegitimation besteht, kann die in ihren Interessen verletzte Person der FINMA lediglich die Anzeige erstatten, dass und weshalb sie mit einer Handlung, einer Unterlassung oder einem Entscheid des Liquidators nicht einverstanden ist. In diesen Fällen hat der Anzeiger keine Parteistellung und keinen Anspruch auf Orientierung über die von der FINMA getroffenen Massnahmen (vgl. THOMAS BAUER, in: Basler Kommentar, Bankengesetz, 2005, N. 33 zu Art. 33 BankG ). Die aufsichtsrechtliche Tätigkeit verbessert mithin höchstens die Rahmenbedingungen, um die zivilrechtlichen Forderungen durchzusetzen. 4.3 Daran ändert auch Art. 35 FINMAG nichts: 4.3.1 Nach Abs. 1 dieser Bestimmung kann die FINMA den Gewinn einziehen, den eine Beaufsichtigte durch schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen erzielt hat; anders als unter früherem Recht (vgl. zit. Urteil 2A.230/1999 E. 9b; vgl. dazu ZULAUF/ WYSS/ROTH, Finanzmarktenforcement, 2008, S. 238 ff.; RENÉ BÖSCH, in: Basler Kommentar, Börsengesetz [...], 2. Aufl. 2011, N. 1 zu Art. 35 FINMAG ; ZUFFEREY/CONTRATTO, FINMA - The Swiss Financial Market Supervisory Authority, 2009, S. 148) besteht somit nun eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für eine solche Einziehung (s. zur Vorgeschichte RAOUL SIDLER, Die Einziehung nach Art. 35 FINMAG , 2008, S. 4 ff.). Nach Art. 35 Abs. 6 FINMAG gehen die eingezogenen Vermögenswerte an den Bund, soweit sie nicht Geschädigten ausbezahlt werden. 4.3.2 Die Vorinstanz hat erwogen, das FINMAG sei erst am 1. Januar 2009 in Kraft getreten, so dass es aufgrund des Rückwirkungsverbots als höchst unwahrscheinlich erscheine, dass die FINMA den BGE 139 II 279 S. 287 vom Beschwerdeführer behaupteten Schaden aus den Jahren 2000 und 2001 zum Anlass nehmen würde, um Vermögenswerte einzuziehen. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, die bewilligungspflichtige, aber unbewilligte Tätigkeit habe über den 1. Januar 2009 hinaus gedauert, so dass gestützt auf Art. 35 FINMAG der Gewinn eingezogen und an ihn ausbezahlt werden könnte. 4.3.3 Auch abgesehen von intertemporalrechtlichen Aspekten kann aber der Beschwerdeführer aus Art. 35 FINMAG nichts für sich ableiten: Die dort geregelte Einziehung hat rein verwaltungsrechtlichen Charakter (BBl 2006 2849 Ziff. 1.2.13; BÖSCH, a.a.O., N. 5 zu Art. 35 FINMAG ). Die Rückerstattung durch die FINMA nach Abs. 6 begründet nicht anstelle oder zusätzlich zu den zivilrechtlichen eine öffentlich-rechtliche Forderung (vgl. auch vorne E. 4.2) und dient ebenso wenig der Beurteilung strittiger Zivilansprüche, sondern setzt vielmehr voraus, dass unbestrittene oder gerichtlich festgestellte Schadenersatzansprüche bestehen, dient somit bloss der Durchsetzung liquider zivilrechtlicher Forderungen (BBl 2006 2884 zu Art. 35 Abs. 6; ZUFFEREY/CONTRATTO, a.a.O., S. 150, 155). 4.3.4 Die Vorinstanz hat festgestellt, dass nach der eigenen Darstellung des Beschwerdeführers dessen Forderung gegen die Bank Z. Ltd. längst verjährt sei. Der Beschwerdeführer stellt dies nicht in Frage. Er bringt zudem selber vor, es sei ihm nicht zumutbar gewesen, die Forderung auf dem zivilrechtlichen Weg geltend zu machen. Liegt somit keine unbestrittene oder gerichtlich festgestellte zivilrechtliche Forderung vor, so kommt eine Rückerstattung nach Art. 35 Abs. 6 FINMAG nicht in Frage. Der Beschwerdeführer hat somit von vornherein kein schützenswertes Interesse im dargelegten Sinne (vorne E. 2.3) an der Eröffnung oder Durchführung eines aufsichtsrechtlichen Verfahrens, weil ihm dies ohnehin nichts helfen würde.
public_law
nan
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2,013
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Federation
884bb6f5-77b2-4dba-80f8-f9d08bbafd1a
Urteilskopf 94 II 51 7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. April 1968 i.S. S. gegen S.
Regeste Berufung an das Bundesgericht; Streitwert. 1. Wird ein Prozess in zwei (oder mehrere) selbständige Verfahren aufgeteilt, so beurteilt sich die Zulässigkeit der Berufung gegen die in diesen Verfahren ergangenen Entscheide des obern kantonalen Gerichtes für jeden dieser Entscheide gesondert (Erw. 1). 2. Das Bundesgericht setzt den Streitwert einer nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme gerichteten Klage ohne Rücksicht auf die einschlägigen Bestimmungen des kantonalen Prozessrechts selbständig fest ( Art. 36 Abs. 2 OG ). Bei einer Eigentumsklage ist der Verkehrswert der streitigen Sachen massgebend. Welchen Preis ein Liebhaber dafür zahlen würde, ist unerheblich. Auch ein für die Parteien bestehender Affektionswert kommt nicht in Betracht. Folgen der Tatsache, dass der vom Bundesgericht beigezogene Sachverständige einzelne Sachen aus vom Berufungskläger zu verantwortenden Gründen nicht schätzen konnte (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 52 BGE 94 II 51 S. 52 Gekürzter Tatbestand: Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte den S. am 17. März 1966 auf Klage seiner Mutter zur Herausgabe zahlreicher Fahrnisgegenstände. Der Beklagte erklärte die Berufung an das Bundesgericht (die noch hängig ist) und erhob ausserdem kantonale Nichtigkeitsbeschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die Sache am 9. Dezember 1966 zur Abklärung der Eigentumsverhältnisse an vier Gegenständen (Wellenschrank, Landschaftsbild "Benken", zwei Familienportraits) an das Obergericht zurück. Im übrigen wies es die Nichtigkeitsbeschwerde ab. Das Obergericht fällte daraufhin am 9. März 1967 ein neues Urteil, das den Beklagten zur Herausgabe der erwähnten vier Gegenstände verpflichtete. Im Zusammenhang mit der Kostenfrage bemerkte das Obergericht, die Zeugen hätten über den Wert dieser vier Gegenstände nichts aussagen können; dagegen habe der Beklagte den Streitwert auf mehr als Fr. 8000.-- beziffert, während die Klägerin einen Streitwert von höchstens Fr. 6000.-- annehme; es bestehe kein Anlass, "dem Streite nicht den höhern Betrag zu Grunde zu legen (vgl. auch § 26 Abs. 2 ZPO )." Auch gegen dieses neue Urteil des Obergerichts legte der Beklagte Berufung an das Bundesgericht ein. Der gemäss Art. 36 Abs. 2 OG mit der Schätzung des Verkehrswerts der vier Streitgegenstände beauftragte Sachverständige erklärte in seinem Schätzungsbericht vom 9. November 1967, der Wellenschrank habe einen "sichern Verkehrswert" von Fr. 6000.--; falls "der Liebhaber des Stückes im Zeitraum von ca. 3-6 Monaten gesucht werden" könne, scheine auch ein Erlös von Fr. 8000.-- durchaus möglich. Die drei Bilder wurden dem Sachverständigen nicht vorgezeigt, so dass er sie nicht schätzen konnte. Der Beklagte behauptete zunächst, er sei gesundheitlich ausserstande, die Bilder zu suchen oder durch Dritte suchen zu lassen. Nachdem ihn ein Arztzeugnis vom 20. November 1967 als zur Überwachung solcher Arbeiten fähig erklärt hatte, liess er dem Bundesgericht BGE 94 II 51 S. 53 am 14. Dezember 1967 mitteilen, die Nachforschung nach den Bildern sei erfolglos geblieben, weil er zu zahlreichen Schränken usw. die Schlüssel nicht besitze. Am 12. Februar 1968 berichtete sein Vertreter, die Bilder seien auch bei einer Durchsuchung der Wohnung mit Hilfe eines Schlossers nicht gefunden worden; der Beklagte erkläre, im Protokoll über den bezirksgerichtlichen Augenschein vom 28. Januar 1965, wo ein Bild "Benken" als im Wohnzimmer des Beklagten vorhanden erwähnt wird, müsse es sich um eine irrtümliche Bezeichnung eines andern Bildes handeln. Das Bundesgericht tritt auf die Berufung gegen das Urteil des Obergerichts vom 9. März 1967 nicht ein. Erwägungen Begründung: 1. Das Obergericht ging in seinem Urteil vom 9. März 1967 davon aus, sein Urteil vom 17. März 1966 sei durch den Entscheid des Kassationsgerichts vom 9. Dezember 1966 nicht als ganzes, sondern nur mit Bezug auf die in diesem Entscheid genannten vier Gegenstände aufgehoben worden; daher sei im zweiten obergerichtlichen Verfahren nur noch über den Anspruch auf Herausgabe dieser vier Gegenstände zu befinden. Das Kassationsgericht stimmte dieser Auffassung in seinem Entscheide vom 7. Juni 1967 ausdrücklich zu. Der mit Klage vom 24. November 1964 eingeleitete Prozess wurde also durch den Rückweisungsentscheid des Kassationsgerichtes vom 9. Dezember 1966 in zwei selbständige Verfahren aufgeteilt. Ob eine solche Trennung zulässig sei, ist in Fällen wie dem vorliegenden, wo die mit der ursprünglichen Klage gestellten Begehren nicht eine notwendige Einheit bilden, ausschliesslich eine Frage des kantonalen Prozessrechts, die das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht zu prüfen hat ( Art. 43 OG ). Der Beklagte wendet denn auch gegen die erfolgte Aufteilung des Verfahrens nichts ein. Wird ein Prozess in zwei (oder mehrere) selbständige Verfahren zerlegt, so beurteilt sich die Zulässigkeit der Berufung gegen die in diesen Verfahren ergangenen Entscheide der obern kantonalen Gerichte (hier: gegen die vom Kassationsgericht nicht aufgehobenen Bestimmungen des Obergerichtsurteils vom 17. März 1966 und gegen das Obergerichtsurteil vom 9. März 1967) für jeden dieser Entscheide gesondert (LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl., N. 1 a.E. zu Art. 139, S. 155). BGE 94 II 51 S. 54 Die Berufung gegen das Urteil des Obergerichts vom 9. März 1967 ist also nur zulässig, wenn der Streitwert nach Massgabe der Rechtsbegehren, wie sie im zweiten Verfahren vor Obergericht noch streitig waren, wenigstens Fr. 8000.-- beträgt ( Art. 46 OG ). 2. Im zweiten obergerichtlichen Verfahren war noch der Anspruch auf Herausgabe des Wellenschranks, des Bildes "Benken" und der beiden Familienportraits streitig. Geht die Klage nicht auf Bezahlung einer bestimmten Geldsumme, so setzt das Bundesgericht den Streitwert gemäss Art. 36 Abs. 2 OG von Amtes wegen auf summarischem Wege nach freiem Ermessen fest, nötigenfalls nach Befragung eines Sachverständigen. Bestimmungen kantonaler Prozessgesetze, wonach in solchen Fällen grundsätzlich der dem Streitgegenstand von den Parteien übereinstimmend beigelegte Wert massgebend ist und wonach bei Uneinigkeit der Parteien im Zweifel für den höhern Betrag zu entscheiden ist (so §§ 25 Abs. 1 und 26 Abs. 2 der zürch. ZPO; vgl. GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 102 Ziff. 4, mit Hinweisen auf weitere kantonale Bestimmungen dieser Art), sind für das Verfahren vor Bundesgericht ohne Bedeutung. Bei Eigentumsklagen entspricht der Streitwert dem Verkehrswert der streitigen Sachen (BIRCHMEIER, Handbuch des OG, N. 3a zu Art. 36, S. 41; LEUCH a.a.O. N. 2a am Ende zu Art. 137, S. 148). Der Sachverständige legte dem streitigen Wellenschrank einen Verkehrswert von Fr. 6000.-- bei. Diese Schätzung ist massgebend. Für die Ermittlung des Streitwertes ist unerheblich, dass sich möglicherweise mit einiger Geduld ein Liebhaber finden liesse, der mehr zahlen würde. Die drei Bilder konnte der Sachverständige nicht schätzen, weil der Beklagte sie ihm nicht vorzeigte, obwohl er sich noch in der Berufungsschrift vom 10. März 1967 auf seinen Besitz daran berufen hatte und laut Arztzeugnis vom 20. November 1967 wenigstens von diesem Tage an imstande gewesen wäre, die nötigen Vorkehren zu veranlassen und zu überwachen. Die erstmals am 12. Februar 1968 aufgestellte Behauptung, im Protokoll über den Augenschein vom 28. Januar 1965 müsse irrtümlich ein anderes Bild als das Bild "Benken" bezeichnet worden sein, ist neu und nicht zu hören. Sie ist im übrigen wenig glaubhaft. Der Beklagte trägt also die Verantwortung dafür, BGE 94 II 51 S. 55 dass der Sachverständige die drei Bilder nicht schätzen konnte. Den Verkehrswert der drei Bilder ohne Besichtigung annähernd zu bestimmen, ist nicht möglich. Auf jeden Fall kann ihnen nicht ein Verkehrswert von Fr. 2000.-- beigelegt werden, wie es nötig wäre, damit der Streitwert des Begehrens aufHerausgabe dieser Bilder und des auf Fr. 6000.-- geschätzten Wellenschranks die Berufungssumme von Fr. 8000.-- erreichen würde. Irgendwelche Anhaltspunkte für einen erheblichen Wert der drei Bilder liegen nicht vor. Man weiss nicht einmal, wer sie gemalt hat. Dass nach der Darstellung des Vertreters des Beklagten im Schreiben vom 12. Februar 1968 beide Parteien an diesen Bildern "hängen", weil sie mit der Familiengeschichte verbunden sein sollen, ist unerheblich, weil bei der Feststellung des Streitwertes ein blosser Affektionswert nicht in Betracht kommt ( BGE 37 II 142 Erw. 3; zustimmend BIRCHMEIER N. 3c zu Art. 36 OG , S. 41 unten; vgl. auch BGE 87 II 290 ff., wo sogar erklärt wurde, das blosse Affektionsinteresse an einer Sache falle bei der Berechnung des Schadens im Sinne von Art. 41 und 97 OR ausser Betracht). Aus dem gleichen Grunde kommt auch nichts darauf an, dass der Wellenschrank nach der Eingabe vom 12. Februar 1968 ein "Erb- und Familienstück" sein soll. Unter den gegebenen Umständen kann also nicht angenommen werden, der Streitwert im Sinne von Art. 46 OG erreiche Fr. 8000.--.
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8851bcca-7e11-43c5-939b-22fb0663fac3
Urteilskopf 86 II 78 14. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1960 i.S. Kreis gegen Helvetia A.-G., Schweiz. Nähmaschinenfabrik
Regeste Aktienrecht. Kann zum Zweck der Sanierung das bisherige Aktienkapital auf Null abgeschrieben werden? Art. 622 Abs. 4, 646 Abs. 3, 692 Abs. 2 OR (Erw. 3). Ausmass der Abschreibung und Bedürfnisse des Sanierungszwecks. Art. 622 Abs. 4 OR (Erw. 4). Inwieweit ist es zulässig, nachträglich andere als in der Anfechtungsklage vorgebrachte Anfechtungsgründe geltend zu machen? Art. 706 Abs. 4 OR (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 79 BGE 86 II 78 S. 79 Aus dem Tatbestand: A.- In Luzern besteht die Schweiz. Nähmaschinenfabrik Helvetia A.-G. mit einem Grundkapital von Fr. 270'000.--, eingeteilt in 270 Inhaberaktien zu Fr. 1000.--. Von den 270 Aktien besass Kreis 105 Stück, während die übrigen 165 Stück sich in den Händen des Verwaltungsratspräsidenten Harder und dessen Ehefrau befanden. Die Generalversammlung vom 17. Juli 1958 beschloss, zur Bereinigung der auf Ende des Geschäftsjahres bestehenden Unterbilanz von Fr. 257'000.-- das ganze bisherige Grundkapital von Fr. 270'000.-- abzuschreiben und das Kapital der Gesellschaft sofort wieder auf Fr. 270'000.-- zu bringen durch Neuausgabe von 270 Inhaberaktien zu je Fr. 1000.--. Kreis liess durch seinen Vertreter erklären, er stimme diesen Beschlüssen nicht zu und werde sich auch an der Neuzeichnung nicht beteiligen. Daraufhin gab der Verwaltungsratspräsident Harder die Erklärung ab, er übernehme für sich allein sämtliche 270 neuen Aktien, die er durch Verrechnung mit entsprechenden Guthaben bei der Gesellschaft liberiere. B.- Mit Klage vom 30. August 1958 stellte Kreis das Begehren, der Generalversammlungsbeschluss vom 17. Juli 1958, wonach das Kapital der Beklagten von Fr. 270'000.-- vollständig herabgesetzt und gleichzeitig wieder auf Fr. 270'000.-- erhöht worden sei, sei als nichtig zu bezeichnen, eventuell gerichtlich aufzuheben. C.- Das Amtsgericht von Luzern-Stadt entschied, der streitige Generalversammlungsbeschluss sei unzulässig, weil durch die vollständige Abschreibung des Aktienkapitals die Mitgliedschaftsrechte des Klägers ohne seine Zustimmung gänzlich aufgehoben worden seien. Demgemäss hob das Amtsgericht mit Urteil vom 7. August 1959 BGE 86 II 78 S. 80 den angefochtenen Beschluss auf vollständige Abschreibung und gleichzeitige Wiederheraufsetzung des Aktienkapitals auf. D.- Das Obergericht Luzern, an das die Beklagte die Sache weiterzog, änderte in teilweiser Gutheissung der Appellation mit Urteil vom 2. Dezember 1959 den erstinstanzlichen Entscheid dahin ab, dass der angefochtene Generalversammlungsbeschluss nur insoweit aufgehoben werde, als er zu Lasten der bisherigen Aktionäre den Verlust der Mitgliedschaftsrechte und der andern wohlerworbenen Rechte vorsehe; im übrigen wies es die Klage ebenfalls ab. E.- Mit der vorliegenden Berufung erneuert der Kläger seine vor den kantonalen Instanzen gestellten Begehren. F.- Das Bundesgericht weist die Berufung des Klägers ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Nach der Ansicht des Klägers verstösst der Generalversammlungsbeschluss auf gänzliche Abschreibung des Aktienkapitals gegen Art. 622 Abs. 4, 692 Abs. 3 und 693 OR, sowie gegen Art. 8 ZGB . Er macht geltend, die Vorinstanz habe in irriger Auslegung von Art. 692 Abs. 3 OR angenommen, das schweizerische Recht kenne eine "Aktie ohne Nennwert". Art. 622 Abs. 4 OR dürfe nicht dahin ausgelegt werden, dass der Nennwert einer Aktie auf Null abgeschrieben werden könne. a) Bei der Beurteilung der Frage nach der Zulässigkeit der vollständigen Abschreibung von Aktien ist davon auszugehen, dass nach Art. 622 Abs. 4 OR der Nennwert der Aktien grundsätzlich mindestens Fr. 100.-- betragen muss, dass aber im Falle einer Sanierung der Gesellschaft der Nennwert unter diesen Betrag herabgesetzt werden kann. Eine Mindestsumme, die nicht unterschritten werden darf, sieht das Gesetz für diesen Fall nicht vor. Es hat eine dahingehende Bestimmung weder im öffentlichen Interesse, BGE 86 II 78 S. 81 noch zum Schutze der Gesellschaftsgläubiger oder der Aktionäre als notwendig erachtet. Hieraus muss gefolgert werden, dass das Gesetz der AG erlaubt, zum Zwecke der Sanierung den Nennwert der Aktien auf Null herabzusetzen, mit andern Worten die Aktien zu solchen ohne Nennwert umzugestalten. b) Die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens wird in der einschlägigen Literatur, soweit sie sich im Zusammenhang mit der Herabsetzung des Aktienkapitals mit dieser Frage überhaupt befasst, nicht schlechthin verneint. So vertritt SIEGWART ( Art. 622 OR N. 22) die Ansicht, zum Zwecke einer Sanierung könne nötigenfalls zu einer völligen Abschreibung von Aktiennennwerten geschritten werden, sofern diesen Aktien irgendein Stimmrecht belassen werde. Indessen scheint ihm die Zulässigkeit einer solchen Massnahme doch nicht über jeden Zweifel erhaben zu sein, da er anschliessend bemerkt, es sei vorzuziehen, den Aktien wenigstens einen ganz geringen Nennwert von Fr. 1.- oder noch weniger zu belassen, weil das Gesetz nicht auf nennwertlose Aktien zugeschnitten sei und diese also z.B. dort gar nicht mitzählen würden, wo das Gesetz auf den Nennwert abstelle (qualifizierte Mehrheitsbeschlüsse, Art. 648 OR , Minderheitsrechte, Art. 699 Abs. 3, Art. 736 Ziff. 4 OR ). Ähnlich spricht sich DEGIACOMI (Die Grundlagenveränderung bei der Sanierung der Aktiengesellschaft, S. 23) aus, indem er ausführt, bei der Abschreibung von Aktien ergebe sich eine gewisse Schranke nach unten zwangsläufig daraus, dass das schweizerische Recht "auf die nennwertlosen Aktien nicht Bezug nehme" (womit offenbar gesagt sein soll, solche Aktien seien dem schweizerischen Recht nicht bekannt); es sei deshalb vorzuziehen, den Aktien einen minimalen Nennwert zu belassen, weil sie bei gänzlicher Abschreibung nicht mehr mitzählen würden. Diese Vorschläge auf Belassung eines geringfügigen Nennwertes und die dafür gegebene Begründung sind jedoch wenig überzeugend. Es ist nicht einzusehen, welchen BGE 86 II 78 S. 82 Wert die Belassung eines Nennwertes von Fr. 1.- oder noch weniger für den Aktionär haben könnte. Wo das Aktienkapital, wie im vorliegenden Falle, abgeschrieben und durch Ausgabe neuer Aktien wieder auf die bisherige Höhe gebracht wird, befinden sich die Inhaber alter Aktien gegenüber denjenigen neuer Aktien mit den vollen Nennwerten in der tatsächlich gleich schwachen Minderheitsstellung, ob nun die Aktien gänzlich abgeschrieben oder auf Fr. 1.- oder gar Fr. -.50 herabgesetzt worden seien. Auch bei Belassung eines solchen Minimalnennwertes ist der bisherige Aktionär praktisch ausser Stande, die von SIEGWART erwähnten Rechte aus Art. 648, 699 und 736 OR anzurufen und ihnen Gehör zu verschaffen. Er vermag gegenüber den Inhabern neuer Aktien mit dem vollen Nennwert nicht aufzukommen. c) Der aus der Auslegung von Art. 622 Abs. 4 OR sich ergebenden grundsätzlichen Befugnis der Gesellschaft zur gänzlichen Abschreibung der Aktien sind jedoch im Verhältnis zu den Aktionären nach zwei Richtungen hin Schranken gesetzt: Die Herabsetzung des Nennwertes - sowohl die teilweise wie die vollständige - darf nicht wohlerworbene Rechte der Aktionäre im Sinne von Art. 646 OR verletzen, noch darf sie gegen den dem schweizerischen Recht zu Grunde liegenden Anspruch der Aktionäre auf gleichmässige Behandlung verstossen. Eine Rechtsverletzung letzterer Art fällt im vorliegenden Falle ausser Betracht. Da von der vorgenommenen gänzlichen Abschreibung des bisherigen Aktienkapitals alle Aktionäre betroffen werden, behauptet der Kläger mit Grund nicht, dass die beschlossene Massnahme den Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre verletze. Ein wohlerworbenes Recht der Aktionäre der Beklagten auf Beibehaltung eines bestimmten Nennwertes der Aktien im Falle der sanierungsbedingten Abschreibung des Grundkapitals ergibt sich weder aus dem Gesetz, noch aus den Statuten der Gesellschaft. Es kann sich einzig fragen, ob BGE 86 II 78 S. 83 die vollständige Abschreibung des Nennwertes mittelbar eine Beeinträchtigung wohlerworbener Rechte des Aktionärs bewirke, weil eine Reihe von Befugnissen des Aktionärs vom Nennwert seiner Aktien abhängig sind. Diese Frage ist jedoch auf Grund folgender Überlegungen zu verneinen: aa) Das Stimmrecht kommt nach Art. 692 Abs. 1 OR den Aktionären "nach Verhältnis des gesamten Nennwerts der ihnen gehörenden Aktien" zu. Das Gesetz gestattet jedoch in Art. 692 Abs. 2, dieses Stimmrecht zu beschränken, wobei aber jedem Aktionär mindestens eine Stimme eingeräumt werden muss. Danach behält also der Aktionär trotz der Herabsetzung des Nennwerts seiner Aktien auf Null auf jeden Fall eine Stimme. Hiebei bleibt es, wenn die Generalversammlung nicht von der in Art. 692 Abs. 3 OR vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, dass bei der Herabsetzung des Nennwertes der Aktien zum Zweck der Sanierung das Stimmrecht dem ursprünglichen Nennwert entsprechend beibehalten werden kann. Da die Beklagte einen solchen Beschluss nicht gefasst hat, steht jedem Inhaber bisheriger Aktien, und damit auch dem Kläger, trotz der gänzlichen Abschreibung des Nennwerts, mindestens eine Stimme zu. Die Abschreibung der Aktien auf Null hat also nicht notwendig zur Folge, dass der Kläger zur Gesellschaft hinausgedrängt wird, wie er behauptet. bb) Das Gesetz macht, wie SIEGWART, a.a.O. erwähnt, in drei Fällen die Befugnisse des Aktionärs, bzw. ihre Wirksamkeit vom Nennwert seiner Aktien abhängig: - Gemäss Art. 648 OR muss für die Umwandlung des Gesellschaftszweckes, die Beseitigung statutarischer Einschränkungen und die Einführung von Stimmrechtsaktien der Beschluss der Generalversammlung "mindestens die Stimmen von zwei Dritteln des gesamten Grundkapitals auf sich vereinigen". - Nach Art. 699 Abs. 3 OR kann die Einberufung der BGE 86 II 78 S. 84 Generalversammlung "von einem oder mehreren Aktionären, die zusammen mindestens den zehnten Teil des Grundkapitals vertreten", verlangt werden. - Laut Art. 736 Ziff. 4 OR kann die Auflösung der Gesellschaft aus wichtigem Grunde durch den Richter von "Aktionären, welche zusammen mindestens den fünften Teil des Grundkapitals vertreten", verlangt werden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die genannten Gesetzesbestimmungen echte (d.h. verzichtbare) oder unechte (d.h. zufolge zwingender Gesetzesvorschrift unverzichtbare) wohlerworbene Rechte des Aktionärs begründen. Auf jeden Fall geht der Inhalt dieser Rechte nicht dahin, dass dem Aktionär im Falle einer an sich zulässigen Herabsetzung des Nennwertes der Aktien die fraglichen Befugnisse auf Mitwirkung an der Leitung der Gesellschaft für ein bestimmtes Mindestmass gewährleistet werden, sei es durch Einräumung dieser Befugnisse ohne Rücksicht auf den Nennwert der Aktien oder durch Beschränkung der zulässigen Herabsetzung des Nennwerts auf eine bestimmte Mindestsumme. Wäre es die Absicht des Gesetzgebers gewesen, eine Garantie dieser Art zu Gunsten der Aktionäre zu schaffen, so hätte er dies gleich wie beim Stimmrecht ( Art. 692 OR ) zum Ausdruck gebracht und durch Aufstellung einer entsprechenden Vorschrift sichergestellt. Aus dem Stillschweigen des Gesetzes muss gefolgert werden, dass es die Beinträchtigung der in Frage stehenden Rechte als Folge der Herabsetzung des Aktiennennwertes zu Sanierungszwecken in Kauf nimmt und sie dem alten Aktionär zumutet. Daraus ergibt sich, dass ein wohlerworbenes Recht der Aktionäre, das die angegriffene vollständige Abschreibung des Grundkapitals der Beklagten ausschliessen würde, von Gesetzes wegen nicht besteht. Dass die Statuten der Beklagten ein hierauf gerichtetes wohlerworbenes Recht der Aktionäre begründet hätten, behauptet der Kläger selber mit Recht nicht. Die vollständige Abschreibung des Nennwertes der BGE 86 II 78 S. 85 Aktien der Beklagten durch den Beschluss vom 17. Juli 1958 ist somit weder gesetz- noch statutenwidrig. 4. Der Kläger behauptet weiter, der Kapitalherabsetzungsbeschluss verstosse gegen Art. 622 Abs. 4 OR , weil die Abschreibung der Aktien zur Sanierung der Beklagten nicht erforderlich und die Voraussetzungen einer Herabsetzung auf einen Betrag unter Fr. 100.-- nicht erfüllt gewesen seien. Die Vorinstanz sei zur gegenteiligen Annahme unter Verletzung der bundesrechtlichen Vorschriften über den Beweis, Art. 8 ZGB , gelangt. a) Die Vorinstanz hat gestützt auf eine Würdigung des Berichtes der Revisionsgesellschaft "Provida" und auf ihre eigenen Kenntnisse der finanziellen Lage der Beklagten festgestellt, dass eine ganz beträchtliche Unterbilanz bestanden habe und eine Abschreibung des Aktienkapitals und die Aufnahme neuen Kapitals sachlich gerechtfertigt gewesen sei. Diese Feststellungen der Vorinstanz sind tatsächlicher Natur und daher für das Bundesgericht verbindlich ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Der Kläger behauptet allerdings, sie seien unter Verletzung von Art. 8 ZGB zustande gekommen. Mit keinem Worte wird jedoch dargetan, inwiefern die Vorinstanz gegen die genannte Gesetzesbestimmung verstossen habe. Auf die Rüge ist daher wegen Fehlens einer Begründung nicht einzutreten. Sie wäre zudem materiell unbegründet, weil das Obergericht nicht etwa unbesehen eine bestrittene und unbelegte Parteibehauptung übernommen hat, sondern auf Grund einer Beweiswürdigung zu seinen Schlussfolgerungen gelangt ist. Art. 8 ZGB verpflichtete die Vorinstanz nicht, eine Expertise über die finanzielle Situation der Beklagten und deren Sanierungsbedürftigkeit anzuordnen. b) Angesichts des vom Obergericht ermittelten Sachverhalts war die Beklagte befugt, den Nennwert der Aktien völlig abzuschreiben. Gewiss darf die Herabsetzung des Aktiennennwerts nicht weitergehen, als dies durch den Sanierungszweck bedingt ist. Die Beschränkung BGE 86 II 78 S. 86 des Umfanges der Abschreibung auf die Bedürfnisse des Sanierungszwecks ist jedoch nicht kleinlich auszulegen. Die Abschreibungen müssen nicht schlechthin auf das Ausmass beschränkt bleiben, das bei Höchstausnützung der gesetzlichen Bewertungsvorschriften gerade noch gestattet wäre. Es ist sogar die Anlage bescheidener offener Reserven zur Förderung des endgültigen Erfolgs der Sanierung nicht ausgeschlossen (SIEGWART, Art. 622 OR N. 23). Im vorliegenden Fall fehlen jegliche Anhaltspunkte dafür, dass die beanstandete Massnahme der Beklagten nicht innerhalb der umschriebenen Grenzen der in Art. 622 Abs. 4 OR anerkannten Ermächtigung der Gesellschaft zur Herabsetzung des Aktiennennwerts unter Fr. 100.-- bleibt. 5. Nach dem Gesagten verstösst der Beschluss der Beklagten auf gänzliche Abschreibung des Nennwerts der Aktien in keiner Hinsicht gegen Bundesrecht. Soweit der Beschluss überdies den Gesellschaftern das Mitgliedschaftsrecht und andere wohlerworbene Rechte aberkannt hat, ist er vom Obergericht aufgehoben worden. Diese Entscheidung ist von keiner Seite angefochten worden. Dass die Vorinstanz den Herabsetzungsbeschluss der Beklagten nur insoweit aufgehoben hat, als er dem Gesetz widerspricht, ist nicht zu beanstanden, sondern steht mit der Rechtsprechung ( BGE 84 II 550 ) in Einklang. 6. Der Kläger macht weiter geltend, die Beklagte habe durch den Beschluss auf Neuausgabe von Aktien im Betrage von Fr. 270'000.-- und die Schaffung von nennwertlosen Inhaber-Stimmrechtsaktien Art. 650 in Verbindung mit Art. 636 und 648 OR verletzt. Nach diesen Gesetzesvorschriften hätten die Bestimmungen über die Gründung einer Gesellschaft beachtet und insbesondere in einer Generalversammlung eine Statutenänderung unter Beachtung des Quorums von zwei Dritteln des gesamten Grundkapitals ( Art. 636 und 648 OR ) beschlossen werden müssen. BGE 86 II 78 S. 87 a) Diese Rüge richtet sich nicht gegen den Kapitalherabsetzungsbeschluss vom 17. Juli 1958, sondern gegen den zweiten Generalversammlungsbeschluss vom gleichen Tage, den Kapitalheraufsetzungsbeschluss. Der Kläger hat mit der Klage die Nichtigerklärung oder gerichtliche Aufhebung "des Generalversammlungsbeschlusses der Beklagten vom 17. Juli 1958, wonach das Kapital der Beklagten von Fr. 270'000.-- vollständig herabgesetzt und gleichzeitig wieder auf Fr. 270'000.-- erhöht wird", verlangt. Diese Formulierung des Rechtsbegehrens spricht dafür, dass die Anfechtung sowohl den Herabsetzungs- wie den anschliessenden Wiederheraufsetzungsbeschluss erfasst. Doch hat der Kläger laut Feststellung der Vorinstanz einen besonderen Grund zur Anfechtung des Heraufsetzungsbeschlusses nicht geltend gemacht. Die Prüfung der Wiedergabe der Parteivorbringen in den Urteilen des Amtsgerichts und des Obergerichts, sowie der Rechtsschriften ergibt in der Tat, dass der Kläger im kantonalen Verfahren gegenüber dem Heraufsetzungsbeschluss keinen speziell auf diesen Bezug nehmenden Anfechtungsgrund vorgebracht hat. Vor allem hat der Kläger nie den Standpunkt eingenommen, der Beschluss über die Herausgabe neuer Aktien verstosse gegen Art. 650, 636 oder 648 OR . Ein derartiger Rechtsmangel des Beschlusses hätte mit rechtzeitig erhobener Anfechtungsklage geltend gemacht werden müssen. Zufolge des Stillschweigens des Klägers ist das Anfechtungsrecht in Bezug auf den fraglichen Mangel erloschen und dieser - sofern er bestanden hat - geheilt, d.h. der Beschluss ist unter dem in Frage stehenden Gesichtspunkt unanfechtbar geworden. Es läge nicht im Sinne der in Art. 706 OR getroffenen Ordnung der Anfechtung von Generalversammlungsbeschlüssen, wenn man zuliesse, dass der Klageberechtigte sich in der fristgerecht angehobenen Anfechtungsklage auf die Anrufung einzelner Anfechtungsgründe beschränken, weitere dagegen erst nach Jahr und Tag (hier über eineinhalb Jahre BGE 86 II 78 S. 88 nach der Fassung der umstrittenen Generalversammlungsbeschlüsse) vorbringen könne. Der kurzen Befristung des Anfechtungsrechts auf zwei Monate liegt die Zielsetzung zugrunde, mit Rücksicht auf die Rechtssicherheit und die Interessen der Beteiligten (Gesellschaft, Aktionäre, Gläubiger) möglichst rasch abzuklären, ob und in welchem Umfange die Rechtsbeständigkeit von Generalversammlungsbeschlüssen ungewiss ist und mit deren Aufhebung gerechnet werden muss. b) Zum nämlichen Ergebnis gelangt man auch aus prozessrechtlichen Erwägungen. Der Kläger hat zum ersten Mal im Berufungsverfahren den Anfechtungsgrund der Verletzung der Art. 650, 636 und 648 OR angerufen und gestützt darauf die Aufhebung des angefochtenen Generalversammlungsbeschlusses gefordert. Hierin liegt die Geltendmachung eines neuen Klagefundamentes. Soweit sich die Berufung darauf stützt, trägt sie den Charakter eines gemäss Art. 55 Abs. 1 lit. b OG unzulässigen neuen Begehrens. Das Bundesgericht könnte eine allfällige Verletzung von Art. 650, 636 und 648 OR nur berücksichtigen, wenn sie eine von Amtes wegen zu beachtende Nichtigkeit der umstrittenen Generalversammlungsbeschlüsse zur Folge hätte. Das trifft nicht zu. Denn es kann nicht gesagt werden, dass diese Beschlüsse, sofern sie die vom Kläger behaupteten Fehler aufweisen sollten, gegen die Grundstruktur der juristischen Person verstossen, dass sie unvereinbar wären mit den Rechtssätzen, welche dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger oder der Wahrung öffentlicher Interessen dienen, oder dass ihr Inhalt unsittlich sei (vgl. hiezu PEYER, Nichtige und anfechtbare Beschlüsse der Generalversammlung der AG, S. 17). c) Auch die Rüge der rechtswidrigen Schaffung von nennwertlosen Inhaber-Stimmrechtsaktien kann nicht gehört werden. Im kantonalen Verfahren war nie die Rede davon, dass für die bisherigen Aktionäre Stimmrechtsaktien im Sinne von Art. 693 OR geschaffen worden seien. BGE 86 II 78 S. 89 Auch die Vorinstanz hat sich entgegen den Ausführungen in der Berufungsschrift nicht in diesem Sinne ausgesprochen. Der Kläger versucht auch hier, neue Behauptungen in den Prozess hineinzutragen. Mit deren Nichtzulassung ist der Berufung in diesem Punkte der Boden entzogen.
public_law
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
8856fceb-0038-43ab-aa76-998c394a1c97
Urteilskopf 124 III 37 7. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 7 janvier 1998 dans la cause V. (recours LP)
Regeste Betreibung auf Grundpfandverwertung; Steigerungsbedingungen, welche wegen einer nicht im Grundbuch vorgemerkten landwirtschaftlichen Pacht den Doppelaufruf ( Art. 142 SchKG ) vorsehen. Grundsatz "Kauf bricht Pacht nicht" ( Art. 14 LPG ). Indem der Gesetzgeber mit Art. 14 LPG bestimmt hat, dass im Falle der Zwangsverwertung der Erwerber in den Pachtvertrag eintritt, konnte er nicht den Schutz der Interessen der Grundpfandgläubiger, wie er insbesondere durch Art. 812 ZGB gewährleistet wird, in Frage stellen. Es kann daher nicht von einem qualifizierten Schweigen des Gesetzgebers ausgegangen werden, sondern nur von einer Gesetzeslücke, welche gemäss Art. 1 ZGB im Lichte von Art. 812 ZGB und der entsprechenden Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts ( Art. 142 SchKG , Art. 56 und 104 VZG ) zu schliessen ist.
Sachverhalt ab Seite 38 BGE 124 III 37 S. 38 En 1995, la banque X. a introduit une poursuite contre V. en réalisation d'un gage immobilier. L'état des charges de l'immeuble établi par l'office des poursuites mentionnait "à titre purement informatif" un bail à ferme agricole non annoté au registre foncier, conclu le 28 mars 1994 entre V. (propriétaire) et son épouse (fermière) pour une durée de quinze ans. A la demande de la créancière, l'office a prévu dans les conditions de vente qu'il serait procédé à la double mise à prix de l'immeuble (art. 142 LP) en raison du contrat de bail existant. V. et son épouse ont vainement attaqué cette condition de vente, en se prévalant de l'art. 14 LBFA, devant les autorités cantonales de surveillance, puis devant le Tribunal fédéral. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Les recourants se prévalent du principe "la vente ne rompt pas le bail" posé à l'art. 14 de la loi fédérale sur le bail à ferme agricole (LBFA; RS 221.213.2). Aux termes de cette disposition, si le bailleur aliène la chose affermée ou si elle lui est enlevée en raison de poursuites ou de faillite, l'acquéreur succède au bailleur dans le contrat. Selon les recourants, cette norme aurait nature de réglementation spéciale et postérieure par rapport à l'art. 812 al. 2 CC sur lequel se fonde le système de la double mise à prix du droit des poursuites (art. 142 LP, 56 et 104 ORFI [RS 281.42]). En adoptant la LBFA, le législateur aurait réglementé de manière exhaustive le droit de résilier le bail et il n'y aurait pas de lacune; il appartiendrait d'ailleurs au législateur, et non au juge, de compléter le catalogue des exceptions prévues à l'art. 15 LBFA. Au demeurant, dans l'élaboration de la loi fédérale sur le droit foncier rural (LDFR; RS 211.412.11), loi en relation étroite avec la LBFA, le législateur aurait BGE 124 III 37 S. 39 clairement manifesté sa volonté de privilégier les droits de l'agriculteur par rapport à ceux des établissements bancaires. Il ne serait pas possible, par simple application analogique de l'art. 812 CC, de porter une atteinte extrêmement grave aux droits des fermiers, en contradiction manifeste avec le texte de la LBFA. 2. D'emblée, il convient de préciser que seuls peuvent être pris en considération, le cas échéant, les travaux préparatoires de la loi ici incriminée, à l'exclusion de ceux relatifs à la LDFR. L'objectif de la LBFA était de renforcer la protection du fermier, notamment contre les congés (Message concernant la loi fédérale sur le bail à ferme agricole, FF 1982 I 272 ch. 112.1; ARMIN BRAUN, Vollzugsfragen zum Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht, in: Communications de droit agraire, 1985 p. 98 ss, spéc. 104; MANUEL MÜLLER, Les dispositions de droit privé de la loi fédérale sur le bail à ferme agricole, in: Communications de droit agraire, 21/1987 p. 33; CLAUDE PAQUIER-BOINAY, Le contrat de bail à ferme agricole: conclusion et droit de préaffermage, thèse Lausanne 1991, p. 44, 60). Selon la lettre de l'art. 14 LBFA, en cas de réalisation forcée de l'immeuble, le fermier doit apparemment pouvoir imposer son bail à l'adjudicataire - que le bail soit annoté ou non au registre foncier - et l'adjudicataire succéder sans autre au bailleur pour toutes les obligations qui lui incombaient dans le contrat, sous réserve des exceptions énumérées à l'art. 15 LBFA (DENIS PIOTET, Le principe "la vente ne rompt pas le bail" et le système général des droits réels, p. 27 par. 20; BENNO STUDER/EDUARD HOFER, Le droit du bail à ferme agricole, p. 117; CLAUDE PAQUIER-BOINAY, op.cit., p. 171; FRANCIS MICHON, La conclusion et l'extinction du contrat de bail à ferme agricole, 9e Séminaire sur le droit de bail, Neuchâtel 1996, p. 17 ch. 8). Cependant, comme le relève PIOTET (op.cit., p. 121 par. 245 et les références ad note 1), le législateur fédéral a assurément, à l'art. 14 LBFA, entendu atteindre le but de protection du fermier d'une façon tout à fait pragmatique, sans prendre la peine de mesurer toutes les conséquences de la règle nouvelle qu'il a posée. En tant que charge dépréciative, un bail peut entamer la valeur de garantie et de gage constituée antérieurement. Or, en adoptant le principe du transfert légal du bail à l'acquéreur, le législateur n'a pas eu en vue les intérêts de tiers, notamment des créanciers hypothécaires. Il n'a donc pu remettre implicitement en cause la protection de ceux-ci, aménagée de manière exhaustive par les art. 808 à 810 et 812 CC. Comme il a été jugé à propos de l'art. 261 CO, il y a là, non pas un silence BGE 124 III 37 S. 40 qualifié du législateur, mais une lacune de la loi qui doit être comblée en application de l'art. 1er CC. Le comblement de cette lacune ne peut guère s'envisager que sur le modèle de l'art. 812 CC et des dispositions correspondantes du droit des poursuites, applicables par analogie. Exclure une telle application reviendrait à privilégier le fermier, bénéficiaire d'un rattachement réel limité à la chose, par rapport au titulaire d'un droit d'usufruit ou de superficie disposant d'un véritable droit réel (arrêt du Tribunal cantonal fribourgeois du 28 novembre 1984, in: RFJ 1995, p. 27 s. consid. 3). La Chambre de céans peut se rallier à ce point de vue, qui est partagé, entre autres, par PIOTET (op.cit., p. 101 par. 203 ss), PIERRE TERCIER/PASCAL PICHONNAZ (note concernant l'arrêt fribourgeois précité, in: RFJ 1995, p. 29 ss), JACQUES MEYER (La fin du bail lors de la double mise à prix, in RFJ 1996, p. 10 ss) et URS HESS-ODONI, Der Doppelaufruf nach Art. 142 SchKG und das neue Miet- und Pachtrecht, in: RSJ 87/1991, p. 145 ss). Sont d'un avis différent la Commission de recours du canton de Thurgovie (RB-TG 1993, p. 82 consid. c), PIERRE-ROBERT GILLIÉRON, Bailleur et locataire d'une chose immobilière dans l'exécution forcée, 7e Séminaire sur le droit de bail, Neuchâtel 1992, p. 10; INGRID JENT-SÖRENSEN (Das neue Mietrecht und seine zwangsvollstreckungsrechtlichen Konsequenzen, in: RSJ 87/1991, p. 410 ss). Se fondant sur l'opinion majoritaire exposée ci-dessus, c'est à bon droit que l'autorité cantonale supérieure de surveillance a décidé en l'espèce que la créancière gagiste avait le droit de requérir l'office de procéder à la double mise à prix de l'immeuble à réaliser. Les recourants tentent par ailleurs vainement de s'appuyer sur la jurisprudence prétendument restrictive du Tribunal fédéral publiée aux ATF 121 III 242. Il n'était en effet question, dans ce cas, ni de servitude, ni de charge foncière, ni de droit personnel annoté au sens des art. 812 al. 2 CC, 142 LP, 56 et 104 ORFI (consid. 1 p. 244).
null
nan
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1,998
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8859440e-1a90-4acc-9810-9c8b6c44fd77
Urteilskopf 115 Ib 415 59. Arrêt de la Ire Cour de droit public du 13 juin 1989 dans la cause commune d'Ollon, commune d'Aigle, A. et consorts contre CEDRA et Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie (recours de droit administratif)
Regeste Gesetzgebung über die Atomenergie (AtG vom 23. Dezember 1959, BB zum Atomgesetz vom 6. Oktober 1978, V über vorbereitende Handlungen vom 24. Oktober 1979). BG über die Enteignung (EntG). Vorbereitende Handlungen i.S. von Art. 15 EntG und Art. 4 der V über vorbereitende Handlungen im Hinblick auf Versuchsbohrungen und Untersuchungen für die mögliche Errichtung eines Lagers für radioaktive Abfälle auf dem Gebiet der Gemeinde Ollon. 1. Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 1). 2. Gemäss BB zum Atomgesetz ist das Bundesgesetz über die Enteignung anwendbar (E. 2a). Die Bewilligung des zuständigen Departements gemäss Art. 15 Abs. 1 EntG besteht lediglich in der Feststellung, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Pflicht des Eigentümers zur Duldung der vorbereitenden Handlungen erfüllt sind (E. 2b). Vorbereitende Handlungen i.S. von Art. 15 EntG und Art. 4 der V über vorbereitende Handlungen (E. 2c). 3. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind im konkreten Fall erfüllt (E. 3). Nicht entscheidend ist, dass die NAGRA noch nicht Inhaber des Enteignungsrechts ist (E. 3a). Verhältnismässigkeit der geplanten Massnahmen und Berücksichtigung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, insbesondere hinsichtlich der benachbarten Gemeinde (E. 3b und c). Überprüfung der innerhalb eines Friedhofs und eines botanischen Gartens durchzuführenden vorbereitenden Handlungen (E. 3d).
Sachverhalt ab Seite 417 BGE 115 Ib 415 S. 417 Par décision du 30 septembre 1985, le Conseil fédéral a autorisé la Société coopérative nationale pour l'entreposage des déchets radioactifs (CEDRA) à procéder à plusieurs forages sur le territoire de la commune d'Ollon, dans la région du Bois de la Glaivaz, et à réaliser un programme d'études géologiques, comprenant notamment des expériences et des mesures géophysiques et hydrogéologiques, afin de déterminer si ce site se prêterait éventuellement à la construction et à l'exploitation d'un dépôt de déchets faiblement et moyennement radioactifs. Cette décision se fondait notamment sur l'art. 37 de la loi fédérale du 23 décembre 1959 sur l'utilisation pacifique de l'énergie atomique et la protection contre les radiations (loi sur l'énergie atomique [LEA]; RS 732.0), l'art. 10 de l'arrêté fédéral du 6 octobre 1978 concernant la loi sur l'énergie atomique (RS 732.01) et les art. 17-19 de l'ordonnance du 24 octobre 1979 sur les mesures prises en prévision de l'aménagement d'un dépôt de déchets radioactifs (ordonnance sur les mesures préparatoires; RS 732.012). L'autorisation était assortie d'un certain nombre de charges; en particulier, les forages ne pourraient être entrepris qu'après l'octroi d'un permis par la Division principale de la sécurité des installations nucléaires (DSN). Le Conseil fédéral a en revanche renvoyé à plus tard la décision relative à l'autorisation de creuser une galerie de reconnaissance avec aménagements souterrains et de procéder à des recherches s'y rapportant. Par requête du 12 janvier 1987, fondée sur l'art. 15 de la loi fédérale du 20 juin 1930 sur l'expropriation (LEx; RS 711), la CEDRA a sollicité du Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie (DFTCE) l'autorisation de pénétrer sur un certain nombre de parcelles sises sur le territoire des communes d'Ollon et d'Aigle, afin de lever des plans et BGE 115 Ib 415 S. 418 d'effectuer des mesures et des piquetages. Par décision du 16 juin 1988, le DFTCE a admis cette requête, rejetant ainsi implicitement et partiellement, au sens des considérants, les oppositions qu'elle avait suscitées. Le dispositif de cette décision est le suivant: "1. La CEDRA est autorisée à procéder aux actes préparatoires au sens de l' art. 15 LEx , à savoir le levé de plans, l'exécution de mesurages et éventuellement de piquetages, sur les parcelles prévues par la CEDRA et situées sur le territoire des communes d'Aigle et d'Ollon. 2. Les actes préparatoires feront l'objet d'un avis écrit aux propriétaires cinq jours au moins avant d'être entrepris. La population des communes d'Aigle et d'Ollon sera également avertie par voie d'affiches et de publication dans la Feuille officielle du canton de Vaud et dans les journaux de la région. Conformément à l' art. 15, al. 2 LEx , les avis mentionneront les droits des propriétaires à une indemnité pleine et entière en cas de dommage. Ils indiqueront également l'autorité cantonale compétente en la matière. Avant le début des travaux, la CEDRA vérifiera que les publications ont été faites. 3. En outre, la CEDRA respectera les autres charges et restrictions énoncées aux points 18 et 19. 4. La CEDRA ne pourra accéder aux parcelles que les jours ouvrables de 8h à 12h et de 14h à 17h. 5.-7. ..." Agissant par la voie du recours de droit administratif, les communes d'Ollon et d'Aigle, ainsi que 141 propriétaires, demandent au Tribunal fédéral, principalement, d'annuler la décision du DFTCE du 16 juin 1988 et de rejeter la requête de la CEDRA du 12 janvier 1987. A titre subsidiaire, ils concluent au rejet de cette requête pour toute parcelle située sur le territoire d'Aigle, pour le cimetière d'Ollon (parcelle No 889) et pour le Jardin botanique de Saint-Triphon (parcelles Nos 1498 et 1506). Les recourants se prévalent notamment de l'insuffisance du programme des travaux de la CEDRA; le fait que celle-ci n'ait pas défini ses travaux avec précision empêcherait l'application de l' art. 15 LEx ; en outre, le DFTCE aurait violé le principe de la proportionnalité. De plus, la CEDRA devrait voir sa requête rejetée parce que le Conseil fédéral ne lui a pas encore octroyé le droit d'exproprier. Les recourants contestent par ailleurs à la CEDRA le droit de procéder à des travaux sur le territoire de la commune d'Aigle, celle-ci n'ayant pas été mentionnée dans la décision du Conseil fédéral du 30 septembre 1985. Ils critiquent BGE 115 Ib 415 S. 419 enfin les dispositions prises dans la décision attaquée en ce qui concerne l'accès aux parcelles après de fortes pluies et insistent sur la nécessité d'interdire absolument à la CEDRA l'accès et l'utilisation du cimetière ainsi que du jardin botanique. Le DFTCE et la CEDRA concluent au rejet du recours. Le Conseil d'Etat du canton de Vaud, en qualité d'autorité intéressée, s'exprime dans le sens des conclusions subsidiaires des recourants, sans prendre lui-même de conclusions précises. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) La décision attaquée est fondée sur le droit administratif fédéral et émane d'un département fédéral. Elle est susceptible, en vertu des art. 97 OJ , 5 PA et 98 let. b OJ, d'être entreprise par la voie du recours de droit administratif, dès lors qu'aucune des exceptions prévues aux art. 99 à 102 OJ n'est réalisée. Il ne s'agit notamment pas d'une décision incidente ( art. 101 let. a OJ ), ni d'une décision relative à un plan ( art. 99 let . c OJ). Même si l'on voulait considérer comme telle l'acte préparatoire à l'établissement de plans, la décision devrait alors être assimilée à un prononcé sur opposition contre une expropriation au sens de la disposition précitée, lequel ouvre exceptionnellement la voie du recours de droit administratif. Propriétaires des terrains touchés par la décision attaquée, les recourants ont qualité pour agir ( art. 103 let. a OJ ). On soutient en doctrine, il est vrai, que la voie du recours de droit administratif serait exclue contre la décision autorisant des mesures préparatoires au sens de l' art. 15 LEx (H. HESS, dans Hess/Weibel, Das Enteignungsrecht des Bundes, vol. I, n. 15 ad art. 15 LEx et vol. II, p. 486 n. 14). Deux raisons sont avancées à l'appui de cette thèse: d'une part, la possibilité qu'ont les propriétaires, s'ils subissent des dommages, de se faire indemniser dans le cadre de la procédure prévue à l' art. 15 al. 2 LEx ; d'autre part, leur droit, en cas d'ouverture subséquente d'une procédure d'expropriation, de faire opposition, voie de droit qui exclut en principe celle du recours de droit administratif en vertu de l' art. 102 let . d OJ. Le Tribunal fédéral ne peut partager cette opinion. En effet, ainsi qu'on le verra encore, l' art. 15 LEx institue une restriction de droit public à la propriété, fondée directement sur la loi, et le droit du propriétaire au contrôle juridictionnel des conditions d'une telle limitation ne saurait être exclu sous prétexte BGE 115 Ib 415 S. 420 que les éventuels dommages seront préparés. Par ailleurs, il est vain de se référer au droit de faire opposition plus tard à une éventuelle expropriation car, au stade actuel, personne n'est en mesure de dire si une telle procédure sera ouverte. De toute façon, l'opposition dirigée contre cette future expropriation ne pourrait avoir d'effet rétroactif et porter sur des actes antérieurs à celle-ci. b) Le Tribunal fédéral examine librement l'application du droit fédéral ( art. 104 let. a OJ ) et la constatation des faits (let. b), sans être soumis à la limitation prévue à l' art. 105 al. 2 OJ , l'autorité intimée étant un département fédéral. En l'espèce, il ne peut toutefois pas revoir les questions d'opportunité, car le droit fédéral déterminant ne prévoit pas cette possibilité ( art. 104 let . c ch. 3 OJ). c) Les recourants invoquent, de façon générale, le caractère médiocre et confus de la législation fédérale en matière d'élimination des déchets radioactifs. Du fait de la limitation apportée à son pouvoir de contrôle par la Constitution fédérale (art. 113 al. 3 et 114bis al. 3), le Tribunal fédéral n'a pas à se prononcer sur la qualité de la législation fédérale déterminante; il ne peut qu'examiner si, dans le cas particulier, les normes en cause sont effectivement applicables et reçoivent une application correcte. 2. Aux termes de l' art. 15 al. 1 LEx , les actes préparatoires absolument nécessaires à l'exécution d'une entreprise pouvant donner lieu à expropriation, tels que passages, levés de plans, piquetages et mesurages, doivent faire l'objet d'un avis écrit au propriétaire cinq jours au moins avant d'être entrepris et ne peuvent avoir lieu contre sa volonté qu'avec l'autorisation du département compétent en l'espèce. En ce qui concerne les passages qu'exige l'établissement du projet d'entreprise, il suffit de faire, conformément à l'usage local, une publication dans les communes intéressées. Selon l' art. 15 al. 2 LEx , le dommage résultant de ces actes préparatoires donne lieu à une indemnité pleine et entière que l'autorité désignée par le gouvernement cantonal fixe souverainement, aux frais de l'expropriant. La procédure est réglée par une ordonnance du Tribunal fédéral. Ce dernier s'est acquitté du mandat reçu du législateur en édictant l'ordonnance du 22 mai 1931 concernant les demandes d'indemnités formulées en vertu de l' art. 15 LEx (RS 711.2). De son côté, le Conseil d'Etat vaudois a conféré la compétence de statuer sur ces indemnités aux tribunaux cantonaux d'expropriation (cf. arrêté du 8 mai 1987, FAO No 39 du 15 mai 1987, p. 1683). BGE 115 Ib 415 S. 421 a) La loi fédérale sur l'expropriation, en particulier son art. 15, est applicable en l'espèce en vertu de l'arrêté fédéral concernant la LEA (RS 732.01). Le législateur n'a certes pas prévu dans la LEA du 23 décembre 1959 (RS 732.0) la possibilité de recourir à l'expropriation en matière d'installations nucléaires (cf. ATF 103 Ia 337 s. consid. b et les références; HANSJÖRG SEILER, Das Recht der nuklearen Entsorgung in der Schweiz, thèse Berne 1986, p. 253 s.); cette faculté est en revanche mentionnée expressément à l'art. 10 al. 4 de l'arrêté fédéral concernant la LEA, l'exercice du droit d'expropriation ou son transfert à des tiers y étant prévus tant pour la construction de dépôts de déchets radioactifs que pour les mesures préparatoires en vue de l'aménagement de ceux-ci (art. 10 al. 2; SEILER, op.cit., p. 255 et les références). b) L' art. 15 al. 1 LEx institue une restriction de droit public à la propriété, fondée directement sur la loi. L'autorisation délivrée par le département compétent, en cas d'opposition, se borne à constater que les conditions auxquelles la loi subordonne l'obligation de tolérer imposée au propriétaire sont remplies. S'il subit des dommages, ce dernier a droit à une indemnité pleine et entière en vertu de la disposition spéciale de l' art. 15 al. 2 LEx (cf. arrêt Besmer du 3 juin 1983 publié dans ZBl 86/1985, p. 157 s.). En présence de textes légaux aussi clairs, il est inutile de se. demander si l'on aurait affaire ici à une sorte d'expropriation formelle, ainsi que le soutiennent les recourants, voire à une expropriation matérielle entraînant le paiement d'une indemnité. c) Les actes préparatoires au sens de l' art. 15 LEx sont énumérés de manière non exhaustive, pour ce qui concerne l'aménagement des dépôts de déchets nucléaires, à l'art. 4 de l'ordonnance sur les mesures préparatoires (RS 732.012). Il s'agit, entre autres, des passages qu'exige l'établissement d'un projet (let. a), les levés de plans (let. b), les piquetages et mesurages (let. c). Ces actes préparatoires doivent être nettement distingués des mesures préparatoires selon l'art. 10 al. 2 de l'arrêté concernant la LEA, mesures qui font l'objet de l'art. 3 de l'ordonnance précitée. Cette dernière soustrait d'ailleurs les actes préparatoires à la procédure d'autorisation du Conseil fédéral, obligatoire pour les mesures préparatoires (art. 1er), et les exclut expressément de la définition de celles-ci (art. 3). 3. a) La CEDRA n'ayant pas requis jusqu'à présent le droit d'exproprier, les recourants en déduisent que l' art. 15 LEx ne serait pas applicable. La restriction légale de l' art. 15 al. 1 LEx est BGE 115 Ib 415 S. 422 instituée en faveur d'une "entreprise pouvant donner lieu à une expropriation". Il ressort de ce texte parfaitement clair qu'il n'est pas nécessaire que l'entreprise possède déjà le droit d'exproprier, en vertu de la loi ou d'un acte d'attribution particulier. Il suffit, en principe, que la possibilité de recourir à une telle procédure soit envisageable pour l'entreprise en cause. Il n'est donc pas déterminant en l'espèce que la CEDRA ne soit pas actuellement titulaire du droit d'exproprier (cf. les ATF 105 Ib 199 consid. 1c, ATF 96 I 191 consid. 2 concernant le transport et la distribution d'énergie électrique, domaine où le propriétaire de l'installation projetée doit commencer par introduire la procédure d'expropriation et établir le plan de l'ouvrage, le plan d'expropriation et le tableau des droits expropriés avant même d'avoir obtenu le droit d'exproprier; cf. également HESS/WEIBEL, op.cit., vol. I, n. 7 et 8 ad art. 15 LEx ). Les recourants ne contestent pas, et il n'est pas contestable d'ailleurs, que l'entreprise pour laquelle la CEDRA a demandé l'autorisation de faire usage de la faculté prévue à l' art. 15 al. 1 LEx puisse donner lieu à une expropriation. Une telle entreprise entre en effet dans la notion de travaux pour lesquels le droit d'expropriation peut être exercé ou conféré au sens des art. 22ter al. 2, 23 al. 1 et 2 Cst., 1er al. 1, 2 et 3 LEx, et de la législation fédérale à laquelle ces dispositions renvoient (cf. ATF 104 Ib 31 consid. 3a). Aux termes de la décision attaquée, la CEDRA est autorisée à lever des plans, à exécuter des mesurages et éventuellement des piquetages, tout en respectant certaines charges et restrictions, notamment en ce qui concerne les jours et heures d'accès aux parcelles en cause. Il s'agit là d'opérations qui entrent toutes dans la catégorie des actes préparatoires au sens des art. 15 LEx et 4 de l'ordonnance sur les mesures préparatoires. b) Prétextant l'insuffisance du programme des travaux de la CEDRA, les recourants se prévalent d'une violation du principe de la proportionnalité. En l'état, ce grief est mal fondé. En effet, ainsi que le relève avec pertinence le département intimé dans sa réponse, le but de l'autorisation du Conseil fédéral du 30 septembre 1985, qui fixait certaines conditions et déterminait le type des travaux à effectuer, était d'établir un programme de travail détaillé et scientifiquement valable. Les actes préparatoires autorisés doivent précisément empêcher la CEDRA de procéder "à l'aveuglette"; en lui permettant de délimiter les parcelles qui seront effectivement touchées par les mesures préparatoires BGE 115 Ib 415 S. 423 subséquentes, on lui évite de mettre en oeuvre par la suite des travaux inutiles et de devoir exproprier des parcelles qui ne seront pas nécessaires à la réalisation du programme de travail. c) S'appuyant sur le fait que l'éventuel dépôt de déchets radioactifs est prévu à Ollon, les recourants estiment qu'aucun acte préparatoire ne pourrait être entrepris sur le territoire de la commune d'Aigle. Cette objection est dépourvue de fondement, car il est évident que, pour établir le projet d'ouvrage en question, des mesures et des vérifications - notamment de caractère géologique et hydrologique - doivent pouvoir être effectuées dans les environs immédiats du site: la qualité de ceux-ci peut en effet jouer un rôle important dans la réalisation du projet; par ailleurs, les alentours peuvent être exposés aux effets de l'ouvrage projeté. De telles mesures et vérifications, outre qu'elles sont nécessaires à l'établissement du projet et dans l'intérêt de l'ouvrage, sont donc autorisées dans l'intérêt même des propriétaires de fonds voisins et de la commune limitrophe d'Aigle. Dans sa requête du 12 janvier 1987, tendant à l'octroi de l'autorisation d'effectuer des actes préparatoires au sens de l' art. 15 LEx , la CEDRA précisait que ces actes devaient s'accomplir sur les terrains des communes d'Aigle et d'Ollon. Ces deux communes et les propriétaires susceptibles d'être touchés ont obtenu du DFTCE, le 21 avril 1987, la faculté de déposer des observations et conclusions relatives à la demande de la CEDRA, alors qu'à s'en tenir au texte de l' art. 15 al. 1 LEx , il suffisait, en ce qui concerne les passages nécessaires, de faire une publication dans les communes intéressées, conformément à l'usage local. Le grief de violation du droit d'être entendu soulevé dans ce contexte doit donc être rejeté. d) Les recourants voudraient enfin que l'accès du cimetière d'Ollon soit absolument interdit à la CEDRA. Si l'on peut comprendre, dans une certaine mesure, leur réticence en ce qui concerne l'exécution d'actes préparatoires dans un tel lieu, on ne saurait pourtant aller jusqu'à voir là une atteinte à la paix des morts. L'accès au cimetière et les opérations de vérification géologique et hydrologique qui y sont prévues revêtent en effet un caractère tout à fait modeste et doivent permettre de mieux délimiter la zone susceptible de faire l'objet des travaux ultérieurs. Il en va de même en ce qui concerne le Jardin botanique de Saint-Triphon, que les recourants voudraient également voir exclu du champ d'investigations de la CEDRA. On ne voit pas en quoi les diverses espèces de plantes et d'animaux qu'on y dénombre BGE 115 Ib 415 S. 424 seraient sérieusement mises en péril par les actes préparatoires autorisés. En outre, il n'y a aucune raison de penser que les techniciens chargés de l'exécution de ces actes ne s'en acquitteraient pas avec tout le soin requis et dans le respect des valeurs morales mises en avant par les recourants. Pour des motifs analogues, il y a lieu d'écarter le grief des recourants relatif à l'accès aux parcelles après de fortes pluies. e) Au demeurant, les recourants n'allèguent pas, et démontrent encore moins, que le DFTCE aurait commis un abus ou un excès de son pouvoir d'appréciation dans la fixation des modalités d'exécution à l'intention des techniciens de la CEDRA, ni qu'il aurait dû prévoir d'autres mesures en vue de diminuer encore davantage les conséquences des opérations envisagées. 4. Il résulte de l'ensemble de ce qui précède que le recours doit être rejeté. Bien qu'elle obtienne gain de cause, la CEDRA doit supporter les frais de la procédure devant le Tribunal fédéral, cela par application analogique des art. 116 LEx et 115 al. 3 OJ. Les recourants, qui ont procédé avec le concours d'un avocat, ont droit à des dépens réduits.
public_law
nan
fr
1,989
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
885e4ad3-2892-4fac-b166-d0bdd2cc75f9
Urteilskopf 121 II 436 57. Estratto della sentenza 11 settembre 1995 della I Corte di diritto pubblico nella causa Confederazione svizzera (DMF) c Patriziati di Medeglia e Robasacco e Commissione federale di stima del 13o Circondario (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Enteignung; Entschädigung für schwerwiegende zeitweise Einschränkung der Zufahrt ( Art. 5 und 23 EntG ). Zuständigkeit der Eidgenössischen Schätzungskommission (E. 3a und b). Dienstbarkeit als Enteignungsobjekt; Gegenstand der Enteignung kann auch die dauernde oder vorübergehende Einschränkung eines Rechts sein (E. 3c). Wirkungen der Enteignung für die beschränkt dinglichen Rechte und die im Grundbuch vorgemerkten persönlichen Rechte. Folgen der Unterlassung der Aufforderung zur Anmeldung beschränkt dinglicher Rechte gemäss Art. 91 Abs. 1 EntG (E. 6a). Verwirkung der Entschädigungsforderung nach Art. 41 Abs. 2 EntG (E. 6b). Pflicht des Enteigners, Ersatzvorkehren im Sinne von Art. 7 Abs. 2 und 3 EntG zu treffen, wenn eine öffentliche Zufahrt durch den Bau oder Betrieb des Werkes beeinträchtigt wird. Zuständigkeit der Eidgenössischen Schätzungskommission zur Beurteilung von Entschädigungsbegehren, die sich aus der Pflicht zur Wahrung öffentlicher und nachbarrechtlicher Interessen ergeben (E. 7). Bewertung der Dienstbarkeit und Bestimmung der Entschädigung für die Zufahrtsbeschränkung (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 437 BGE 121 II 436 S. 437 Per la creazione della nuova Piazza d'armi di Isone, la Confederazione svizzera - Dipartimento militare federale (DMF) - acquistò negli anni sessanta/inizio settanta a trattative private oltre 240 ha di terreno nei dintorni dell'omonimo Comune ticinese. Un accordo relativo all'acquisto di ulteriori 809 ha circa, di proprietà del Patriziato di Isone, stipulato con l'amministrazione patriziale, naufragò invece per la mancata adesione dell'Assemblea patriziale. La Confederazione - DMF -, agendo col patrocinio di un avvocato, chiese pertanto il 4 novembre 1972 al Presidente della Commissione federale di stima del 13o circondario l'apertura di un procedimento di espropriazione nei confronti del Patriziato di Isone. Con decisione del 6 novembre 1972 il Presidente autorizzò l'espropriante ad avvalersi della procedura abbreviata ai sensi dell' art. 33 LEspr (RS 711). L'avviso personale fu notificato all'espropriato; il 6 dicembre 1972 il DMF presentò istanza di anticipata immissione in possesso. L'11 dicembre 1972 il Presidente della CFS citò le parti all'udienza di conciliazione e di BGE 121 II 436 S. 438 eventuale stima indetta per il 22 dicembre 1972. Nessuna pubblicazione ( art. 45 cpv. 2 LEspr ) fu fatta circa tale udienza. All'udienza di conciliazione il Patriziato di Isone ritirò l'opposizione; un accordo fu raggiunto circa l'immissione in possesso. Una convenzione definitiva con il Patriziato di Isone fu stipulata dall'espropriante il 30 ottobre 1973; essa fu omologata dal Presidente della CFS il 5 novembre 1973; i rapporti giuridici dalla stessa contemplati sono stati approvati dal DMF il 19 novembre 1973; l'iscrizione a RFP fu effettuata il 30 novembre 1973. A nord-est del villaggio di Isone si apre la valle di Caneggio che, con andamento sinuoso verso levante, culmina sul Camoghé (2227 m/slm). Nella parte superiore della valle, in territorio della "Comunanza Medeglia-Robasacco", si stende l'alpe di Caneggio, suddiviso nelle corti inferiore (1421 m/slm), di mezzo (1471 m/slm) e di Campo (1600 m/slm). L'alpe di Caneggio è proprietà del Patriziato di Medeglia per due terzi e del Patriziato di Robasacco per un terzo. Censito quale particella n. 1 di detta "Comunanza", l'alpe ha una superficie di oltre 287 ha, e comprende pascoli, pascoli boscati, pascoli cespugliati e foresta. All'alpe di Caneggio si accede, dopo esser saliti dall'abitato di Isone alla Cima di dentro e da qui ai Monti del Tiglio per la strada edificata col raggruppamento dei terreni (RT) di Isone degli anni cinquanta, percorrendo un sentiero-mulattiera che si snoda sul fianco orografico destro della valle di Caneggio. Nessun accesso esiste da nord, cioè dalla valle Morobbia. I fondi del Patriziato di Isone acquistati dalla Confederazione in virtù della cennata procedura sono stati inclusi nel comprensorio della Piazza d'armi, il quale si estende anche su territorio dei Comuni di Lopagno, Vaglio, Lugaggia, Cagiallo, Sala e Ponte Capriasca. L'accesso all'alpe di Caneggio comporta quindi necessariamente l'attraversamento della Piazza d'armi. Buona parte del sentiero di accesso all'alpe di Caneggio è situato nella zona di tiro 1 della Piazza d'armi. Il comando della Piazza d'armi ha emanato categoriche disposizioni che limitano la percorribilità di tale sentiero tra la Cima di dentro e il limite della proprietà dei Patriziati di Medeglia e Robasacco. Ad eccezione delle domeniche e dei giorni festivi cantonali, l'intero tratto di sentiero dev'essere sgombro di ogni passante, tranne negli intervalli che vanno dalle ore 24.00 alle ore 7.00, dalle ore 12.00 alle ore 13.30 e dalle ore 17.00 alle 19.00, essendo precisato che le ore 07.00 e, rispettivamente, 13.30 e 19.00 significano l'ultimo termine per l'arrivo, sia il viaggio effettuato in salita oppure in discesa. BGE 121 II 436 S. 439 Subito dopo la messa in esercizio della Piazza d'armi, i Patriziati di Medeglia e Robasacco intervennero presso il DMF affinché, in riconoscimento del loro diritto, le limitazioni al transito fossero abolite, subordinatamente fosse loro corrisposta indennità per i pregiudizi derivantigli. Il 16 ottobre 1986, con istanza sottoscritta dal Capo del DMF, e controfirmata per approvazione dalle due Amministrazioni patriziali interessate, la Confederazione/DMF ha chiesto al Presidente della CFS del 13o circondario l'apertura di una procedura d'espropriazione (definita "materiale"). All'udienza di conciliazione del 2 marzo 1988, l'espropriante contestò l'esistenza di una servitù a favore dei due Patriziati ed a carico della proprietà della Confederazione (ex Patriziato di Isone), trattandosi di sentieri aperti al pubblico. Le parti abilitarono tuttavia la CFS a giudicare sull'esistenza del diritto a'sensi dell' art. 69 cpv. 2 LEspr . La CFS si è pronunciata con decisione del 13 dicembre 1993. Essa ha condannato la Confederazione/DMF a versare al Patriziato di Medeglia (2/3) e al Patriziato di Robasacco (1/3), un'indennità in capitale di fr. 33'592.-- oltre gli interessi al saggio usuale per l'espropriazione "materiale" del diritto di passo sui mappali n. 1 e 1131 di Isone nel periodo dal 14 luglio 1982 alla data della sua decisione, come pure a pagare loro un'indennità annua di fr. 2'964.-- per il periodo susseguente, esigibile la prima volta il 19 luglio 1994. La Confederazione svizzera/DMF ha interposto contro questa decisione un ricorso di diritto amministrativo, con il quale chiede ch'essa sia annullata nei suoi dispositivi di condanna, e che nessuna indennità sia riconosciuta per l'interruzione temporanea del transito pubblico. Il Tribunale federale ha respinto il ricorso. Erwägungen Dai considerandi: 3. La CFS - appoggiandosi alla formulazione impiegata nell'istanza di apertura del procedimento dallo stesso DMF - ha considerato il caso come espropriazione materiale. A suffragio, essa ha addotto che il diritto di transito in oggetto è "unicamente limitato, ma non soppresso (cioè espropriato)", e ne ha tratto la conclusione che l' art. 23 cpv. 1 LEspr è inapplicabile. Questo modo di vedere non può esser condiviso. a) Le Commissioni federali di stima sono dei tribunali amministrativi speciali, cui la legge di espropriazione del 20 giugno 1930 ha affidato il BGE 121 II 436 S. 440 compito di derimere - esclusivamente a richiesta dell'ente pubblico munito per legge del potere di espropriare, o dell'ente al quale tale diritto può esser conferito (art. 2, 3 cpv. 1, 2, 3, art. 55 cpv. 2 LEspr ) - le controversie relative al pagamento di indennità espropriative previste in quella legge ( DTF 119 Ib 451 segg. consid. 1b, 116 Ib 254 consid. 2c, 112 Ib 125 seg. consid. 2, 177 seg. con riferimenti). b) Eccezionalmente, le CFS sono pure competenti a derimere controversie relative a casi d'espropriazioni materiale, ove disposizioni speciali della LEspr o di altre leggi federali a ciò le abilitano, com'è, ad esempio, il caso degli art. 44 LEspr (cfr. DTF 109 Ib 270 consid. 2a), 18 cpv. 2 e 25 cpv. 3 della legge sulle strade nazionali (LSN; RS 725.11) o dell'art. 44 cpv. 1 e 4 della legge federale sulla navigazione aerea (LNA): in queste evenienze, esse possono esser adite direttamente dagli aventi diritto, senza che sia necessaria l'istanza di apertura del procedimento da parte dell'espropriante (cfr. DTF 112 Ib 126 ). In difetto di disposizioni legali speciali come quelle menzionate, chi si pretende vittima di un'espropriazione materiale deve convenire la Confederazione mediante l'azione di diritto amministrativo (art. 116 lett. c OG; cfr. DTF 118 Ib 243 consid. 1). Ne viene che, se l'opinione della CFS trattarsi di un'espropriazione materiale fosse corretta, questa avrebbe dovuto riconoscersi incompetente ( art. 64 cpv. 2 LEspr ): ma, come si vedrà, tale non è il caso. c) Le servitù rientrano infatti nella categoria dei diritti reali che a'sensi dell' art. 5 LEspr possono formare oggetto di espropriazione. Contrariamente a quanto risulta dalla decisione impugnata, l'espropriazione non comprende soltanto l'estinzione definitiva del diritto espropriato, ma, come precisa il capoverso secondo dell' art. 5 LEspr , anche la limitazione dello stesso diritto a titolo permanente o temporaneo. Che poi il diritto di espropriare possa esser esercitato, oltre per la costruzione e la manutenzione di un'opera e per il suo futuro ampliamento, anche - come nella specie - per il suo esercizio, è chiaramente precisato dall' art. 4 lett. a LEspr . Pertanto - premessa l'esistenza della servitù vantata dai Patriziati di Medeglia e Robasacco - la fattispecie è retta dalla LEspr, e la CFS si è giustamente ritenuta competente. D'altronde, come si vedrà in appresso, essa sarebbe stata competente nella specie anche se, contrariamente alla tesi degli espropriati, il diritto reale limitato oggetto dell'espropriazione formale fosse da ritenere inesistente (cfr. consid. 7). BGE 121 II 436 S. 441 4. (Una convenzione stipulata nel 1662 riconosce un diritto di passo con bestiame a favore dei Patriziati di Medeglia e Robasacco - successori della vicinia di Medeglia - nella loro qualità di proprietari dell'alpe di Caneggio attraverso le terre allora di proprietà del Patriziato di Isone. L'entrata in vigore al 1o gennaio 1912 del CC non ha posto fine a codesto diritto reale limitato, che pertanto esisteva al momento in cui la Confederazione ha fatto aprire nel 1972 la procedura d'espropriazione contro il proprietario Patriziato di Isone). 5. (Necessità di vagliare d'ufficio se e quali conseguenze per l'esistenza della cennata servitù abbia avuto il fatto che il fondo serviente appartenente al Patriziato di Isone sia stato espropriato dalla Confederazione con la procedura aperta con decreto 6 novembre 1972 del Presidente della CFS e conclusa con l'accordo del 30 ottobre 1973 e, per il caso in cui in conseguenza di quella procedura il diritto reale gravante sul fondo del Patriziato di Isone si fosse estinto, quali conseguenze deriverebbero per la pretesa di indennità del Patriziato di Medeglia e Robasacco). 6. L'espropriante acquista la proprietà del fondo espropriato o il diritto che l'espropriazione costituisce sul fondo in suo favore per effetto del pagamento dell'indennità o dell'importo fissato secondo l'art. 19bis capoverso 2 LEspr (art. 91 cpv. 1, prima frase LEspr). In mancanza d'intesa contraria delle parti, i diritti reali limitati nonché i diritti personali annotati nel registro fondiario che gravano il fondo espropriato si estinguono anche se, nonostante l'avvenuta diffida ("trotz der ergangenen Aufforderung", "malgré la sommation intervenue"), essi non sono stati notificati e stimati dalla Commissione di stima (cpv. 1, seconda frase). Rimane riservato il diritto di far valere posticipatamente una pretesa d'indennità in conformità dell' art. 41 LEspr (terza frase). Il pagamento produce i medesimi effetti nel caso in cui l'indennità sia stata fissata dopo l'inizio della procedura d'espropriazione mediante accordi fra le parti ( art. 91 cpv. 2 LEspr ). a) aa) Il principio per cui l'espropriante acquista il fondo espropriato libero dai diritti reali limitati o dai diritti personali annotati nel registro fondiario è la conseguenza dell'acquisto originario che l'espropriazione comporta (F. HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, n. 11 ad art. 91 LEspr ; H. REY, Berner Kommentar, Band IV, 2. Abteilung, Systematischer Teil, n. 313; HESS/WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, I, n. 10 e 13 ad art. 91 LEspr ). Si tratta, per il titolare di codesti diritti, di un'espropriazione indiretta ("mittelbare Enteignung, cfr. REY, BGE 121 II 436 S. 442 loc.cit., n. 313; DTF 102 Ib 175 consid. 1). Come risulta dall'art. 91 cpv. 1, seconda frase, l'estinzione dei diritti reali limitati gravanti il fondo espropriato non ha tuttavia carattere inderogabile: le parti - ove tale soppressione non sia ad es. indispensabile per l'impresa dell'espropriante - vi possono per accordo derogare: anzi, come annota a ragione HESS/WEIBEL (loc.cit., n. 14), è sufficiente la rinuncia unilaterale dell'espropriante, che sfugge così all'obbligo previsto dall' art. 23 cpv. 1 LEspr di indennizzare l'avente diritto. L'estinzione dei diritti reali limitati presuppone però in linea di principio, come emerge dalla seconda frase del cpv. 1 dell' art. 91 LEspr ("nonostante l'avvenuta diffida"), che il loro titolare sia stato posto in grado di notificarli. Se tale diffida è stata omessa, ed in conseguenza di tale omissione non v'è stata notifica, il diritto reale limitato continua a sussistere, a meno che la commissione l'abbia ciononostante stimato in applicazione dell' art. 38 LEspr , il quale fa obbligo a quest'autorità di stimare anche in assenza di notifica i diritti che sono constatati nella tabella di espropriazione o siano notori (al proposito cfr. DTF 116 Ib 394 consid. d, bb). Decidere in senso contrario significherebbe infatti privilegiare l'espropriante in una misura affatto ingiustificata e contraria alla garanzia della proprietà. Si avverta, d'altronde, che l'espropriante, ove la soppressione del diritto reale limitato si avveri necessaria per l'opera, ha sempre la facoltà di far aprire una nuova procedura d'espropriazione contro il suo titolare. bb) Nel caso di specie, una diffida conforme alle esigenze dell' art. 91 cpv. 1 LEspr è stata omessa. Nessun avviso pubblico ai sensi dell' art. 30 LEspr è stato fatto, la procedura abbreviata secondo l'art. 33 essendo stata autorizzata. Quest'ultima procedura non è stata d'altronde regolare. L'espropriante, infatti, non ha prodotto il piano dell'opera (art. 27 cpv. 1 in combinazione con art. 34 cpv. 1 lett. d LEspr), che deve indicare la natura, l'estensione e l'ubicazione dell'opera stessa come pure i provvedimenti previsti a tutela dell'interesse pubblico. Ora, tale piano dell'opera, poi prodotto nella presente procedura, avrebbe consentito di constatare già allora che l'impresa dell'espropriante comprometteva gli accessi all'alpe di Caneggio. Nessun avviso personale è stato inviato ai Patriziati di Medeglia e Robasacco. Per la situazione dei luoghi, tali conseguenze non potevano però sfuggire al DMF: l'autorità militare non poteva segnatamente escludere che l'esistente sentiero indicasse un diritto di passo spettante ai proprietari dell'alpe sovrastante, e che quindi ai BGE 121 II 436 S. 443 titolari di tale servitù competesse qualità di parte nel procedimento espropriativo (F. HESS, op.cit., n. 1 e 2 ad art. 23 LEspr ; HESS/WEIBEL, op.cit., n. 4 allo stesso articolo). Quand'anche la Confederazione fosse partita dal convincimento che il sentiero fosse pubblico, essa avrebbe avuto il dovere di avvisare il Comune di Isone e la comunanza Medeglia/Robasacco, perché tale sentiero costituiva un'opera pubblica suscettibile di esser pregiudicata dall'esecuzione o dall'esercizio dell'impresa dell'espropriante ( art. 7 cpv. 2 LEspr ; cfr. anche l' art. 18 cpv. 1 LEspr , che prevede la possibilità di sostituire con una prestazione in natura il risarcimento in denaro segnatamente quando l'espropriazione pregiudica "delle vie di comunicazione"). Infine, l'udienza di conciliazione non è stata annunciata mediante pubblicazione ("durch öffentliche Bekanntmachung", "par voie de publication") come prescrive l' art. 45 cpv. 2 LEspr , proprio al fine di raggiungere quegli interessati cui, non risultando i loro diritti da registri pubblici, non è stato notificato l'avviso personale (F. HESS, op.cit., n. 10 ad art. 45 LEspr ). È vero che con la riforma del regolamento concernente le commissioni federali di stima del 24 aprile 1972 (art. 23 cpv. 3), lo stesso Tribunale federale ha disposto che nei casi di procedura abbreviata si prescinde, a certe condizioni, da una citazione pubblica, contrariamente a quanto stabiliva la precedente ordinanza del 22 maggio 1931 (art. 21 vecchio testo). Certo è però che codesta misura, introdotta per ragioni di semplificazione, non può comunque aver conseguenze pregiudizievoli per i due patriziati. Se ne deve concludere che, per omissione della diffida prevista dall' art. 91 cpv. 1 LEspr , la pregressa espropriazione del fondo serviente non ha provocato l'estinzione della servitù di passo. b) In via abbondanziale, va d'altronde notato che le pretese dei Patriziati di Medeglia e Robasacco al pagamento di un'indennità espropriativa sussisterebbero quand'anche si dovesse ritenere che, contrariamente a quanto si è esposto sub a, il diritto reale limitato si sia estinto in conseguenza dell'espropriazione del fondo serviente. L'articolo 91 cpv. 1 ultima frase LEspr subordina bensì il diritto di far valere posticipatamente la pretesa di indennità alle condizioni enunciate nell' art. 41 LEspr , segnatamente al rispetto di termini di perenzione di trenta giorni, rispettivamente sei mesi prescritti nell'art. 41 cpv. 2 lett. a e b per l'insinuazione delle pretese al presidente della Commissione di stima una volta trascorso il termine per le notificazioni e dopo la procedura di stima. Ma, per costante giurisprudenza del Tribunale federale, la perenzione comminata dall' art. 41 cpv. 2 LEspr interviene BGE 121 II 436 S. 444 soltanto se nel comune in cui il fondo è situato ha avuto luogo una procedura ordinaria con pubblici avvisi ( art. 30 LEspr ), oppure se, nel quadro di una procedura abbreviata ( art. 33 LEspr ), l'espropriato ha ricevuto l'avviso personale previsto dall' art. 34 LEspr ( DTF 119 Ib 340 /41, DTF 116 Ib 391 consid. 3a, DTF 113 Ib 38 consid. 3, DTF 110 Ib 371 consid. 1 e rif.). Come si è visto (supra, a/bb) nessuna di queste alternative condizioni è verificata nella specie, per cui una perenzione delle pretese dei Patriziati di Medeglia e di Robasacco è esclusa. L'espropriante non ha fatto valere neppure che le pretese dei Patriziati si siano estinte per prescrizione, questione che il Tribunale federale non esamina d'ufficio. 7. Pure a titolo abbondanziale, giova rilevare d'altronde che la Confederazione non potrebbe sottrarsi all'obbligo di corrispondere un'indennità retta dalla legge d'espropriazione e da stabilire dalla Commissione federale di stima, neppure se si volesse ammettere che il sentiero controverso attraverso i fondi già del Patriziato di Isone come la ricorrente sostiene, un passo pubblico. In tale ipotesi, infatti, il sentiero dovrebbe manifestamente considerarsi come "un'opera pubblica esistente" a'sensi dell' art. 7 cpv. 2 LEspr , disposizione che a titolo esemplificativo menziona espressamente le strade. Ora, nella misura in cui l'esecuzione o l'esercizio della sua impresa rechi pregiudizio a simili opere, l'espropriante deve prendere tutti i provvedimenti per assicurarne l'uso, in quanto ciò sia richiesto dall'interesse pubblico, adottando se del caso provvedimenti di sostituzione ( art. 7 cpv. 2 e 3 LEspr ). Si rilevi di transenna che la stessa Commissione di stima militare del 9o circondario aveva adombrato, quale provvedimento sostitutivo, la costruzione di un nuovo accesso a nord del Pizzo Corgella, cioè sul versante sud della Val Morobbia. Certo, un simile provvedimento avrebbe potuto esser imposto all'espropriante solo dalle autorità chiamate a statuire sulle opposizioni in senso lato contro l'espropriazione, che comprendono anche le domande di modifica dei piani e quelle fondate sugli art. 7 a 10 LEspr ( DTF 104 Ib 355 consid. 3a). Che i Patriziati di Medeglia e Robasacco non abbiano richiesto simili misure sostitutive e si siano adagiati alle restrizioni imposte, non nuoce però loro. Segnatamente, ciò non li priva del diritto di presentare domanda di indennità derivante dall'obbligo di tutelare l'interesse pubblico e quello dei fondi vicini, domanda sulla quale, appunto, è competente a decidere la CFS (art. 64 cpv. 1 lett. c LEspr - cfr. in proposito DTF 104 Ib 348 , 355 seg. consid. 3). BGE 121 II 436 S. 445 Infine, manifestamente a torto il DMF invoca, in questo contesto, l'art. 87 cpv. 2 lett. c del decreto federale del 30 marzo 1949 concernente l'amministrazione dell'esercito (DAE; RS 510.30). Questa disposizione ha tratto ai danni causati a strade e vie dalla loro utilizzazione a scopi militari, e limita la responsabilità della Confederazione ai danni che sono la conseguenza di un uso straordinariamente intenso. Essa è manifestamente inapplicabile nella specie. 8. Resta quindi da esaminare se l'indennità espropriativa accordata dalla CFS ai Patriziati di Medeglia e Robasacco debba esser annullata o ridotta come richiesto dalla Confederazione; un aumento è infatti escluso in assenza di ricorsi principale o adesivo degli espropriati. a) Le servitù non costituiscono beni in commercio, e non hanno quindi un valore venale ai sensi dell' art. 19 lett. a LEspr . Sia che si tratti dell'imposizione in via espropriativa di una servitù a carico di un fondo, oppure - come nella specie - della soppressione o della limitazione di una servitù di cui beneficia il fondo dell'espropriato, per la determinazione dell'indennità sono applicabili i criteri risultanti dalle lett. b e c di quella disposizione. In applicazione del cosiddetto metodo della differenza, occorre, nella prima delle ipotesi accennate, porre a raffronto il valore venale del fondo libero dall'onere con il valore venale dello stesso fondo dopo imposizione dell'aggravio; nella seconda ipotesi - qui in discussione - confrontare il valore venale del fondo al beneficio del diritto con il valore venale dopo la soppressione o la limitazione di tale diritto. Accanto a tale diminuzione del valore venale ( art. 19 lett. b LEspr ) va poi preso in considerazione l'ammontare di tutti gli altri pregiudizi subiti dall'espropriato in quanto essi possano esser previsti, nel corso ordinario delle cose, come una conseguenza dell'espropriazione (art. 19 lett. c LEspr). Analogamente si deve procedere quando oggetto dell'espropriazione sia una servitù personale di cui beneficia l'espropriato: in ogni caso, è determinante la modificazione della situazione patrimoniale dell'avente diritto, e l'indennità si misura con gli stessi criteri che il giudice civile applica per il riscatto o la riduzione di una servitù nel caso previsto dall' art. 736 cpv. 2 CC ( DTF 102 Ib 176 seg. consid. 2). b) (Nel caso in esame, la CFS ha stabilito l'indennità nella forma di una prestazione periodica annua, ciò che le è consentito dall' art. 17 LEspr (l'assegnazione in capitale di fr. 33'592.-- costituisce semplicemente il cumulo delle rendite già scadute durante 11 anni e 4 mesi). Per determinare la prestazione annua di 2'964.-- fr., la CFS ha valutato le incidenze BGE 121 II 436 S. 446 negative che comporta la limitazione della libera accessibilità all'alpe (diminuzione dei contributi statali all'alpeggio in conseguenza del minor carico dell'alpe, il maggior aggravio per pulizia del bosco e le maggiori spese per un alpatore aggiunto e per l'assistenza veterinaria). Conferma di tale valutazione sulla base delle conclusioni a cui è giunto il perito designato dal Tribunale federale. Inoltre, una prestazione annua che non raggiunge i tremila franchi rappresenta, al tasso del 5%, l'interesse prodotto da un capitale inferiore ai fr. 60'000.--. Se si pon mente che la stessa Confederazione aveva a suo tempo offerto ai Patriziati fr. 1'200'000.-- per l'acquisto dell'alpe un minor valore di fr. 60'000.- non costituisce che il 5% di tale somma. Ora, non fa dubbio che la grave limitazione temporale dell'accessibilità comporta una svalutazione dell'alpe sicuramente non inferiore a tale percentuale).
public_law
nan
it
1,995
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
885f7473-170b-492a-8ca1-cf3e6d220855
Urteilskopf 141 III 7 2. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_262/2014 vom 2. Dezember 2014
Regeste Art. 8 ZGB ; Art. 930 Abs. 1 ZGB ; Beweislast im Eigentumsstreit; Vermutung des Eigentums des Besitzers. Beweislast für das Eigentum an einer beweglichen Sache im Verhältnis zwischen dem aktuellen Besitzer und seinem unmittelbaren Vorbesitzer, wenn der Rechtsgrund der Übergabe umstritten ist (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 7 BGE 141 III 7 S. 7 A. A. (Beschwerdeführer), geboren 1934, ist ehemaliger Bereiter der Eidgenössischen Militärpferdeanstalt. Er besitzt einen Reitstall mit dazugehörigem Reit- und Springplatz. B. (Beschwerdegegnerin), geboren 1979, ritt dort drei bis vier Mal pro Woche. Am 9. November 2010 bezog A. von seinem Sparkonto Fr. 150'000.- und übergab diese in drei Couverts à je Fr. 50'000.- an B. Letztere deponierte die Couverts in ihrem Bankschliessfach. B. Am 1. Oktober 2012 erhob A. beim Richteramt Solothurn-Lebern Klage gegen B. Mit dieser verlangte er (im hier wesentlichen Punkt) die Bezahlung von Fr. 150'000.- zuzüglich Verzugszins. Das Amtsgericht wies die Klage mit Urteil vom 12. Juni 2013 ab. Die von A. dagegen erhobene Berufung wies das Obergericht des BGE 141 III 7 S. 8 Kantons Solothurn mit Urteil vom 17. März 2014 ab, soweit es darauf eintrat. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen verlangt A., das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Klage sei gutzuheissen. Am 2. Dezember 2014 führte das Bundesgericht eine öffentliche Urteilsberatung durch. Es heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Der Beschwerdeführer verlangt mit seinem - auf Zahlung von Fr. 150'000.- zuzüglich Verzugszins lautenden - Begehren die Rückerstattung des der Beschwerdegegnerin ausgehändigten Geldes, sei es unter dem Titel der Vindikation oder der Kondiktion. 4.1 Zwischen den Parteien ist nicht umstritten, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin am 9. November 2010 das Geld - in drei Umschlägen mit je 50'000 Franken - übergab, das er zuvor von seinem Konto abgehoben hatte, und dass die Beschwerdegegnerin dieses in ihr Bankschliessfach legte. Umstritten ist allein der Rechtsgrund der Übergabe. Der Beschwerdeführer behauptete, er habe das Geld bei der Beschwerdegegnerin hinterlegt. Da es somit noch in seinem Eigentum stehe, könne er es vindizieren oder die Rückerstattung gestützt auf Vertrag verlangen. Die Beschwerdegegnerin behauptete dagegen, das Geld sei ihr geschenkt worden; sie stellte daher eine vertragliche Rückgabepflicht in Abrede und berief sich auf ihr Eigentum an den Geldscheinen. Die Vorinstanz begründete die Klageabweisung damit, es fehle "schlicht und einfach am Beweis des Rechtsgrundes" und die von der Beschwerdegegnerin behauptete Schenkung sei ebenso wenig bewiesen wie die vom Beschwerdeführer behauptete Hinterlegung. Da sich die Beschwerdegegnerin gemäss Art. 930 ZGB auf die Eigentumsvermutung berufen könne, trage der Beschwerdeführer die Folgen der Beweislosigkeit. Der Beschwerdeführer macht geltend, Art. 930 ZGB komme entgegen der Vorinstanz vorliegend nicht zur Anwendung. Denn die Rechtsvermutung nach dieser Bestimmung wirke nur Dritten gegenüber, nicht aber gegenüber dem früheren Besitzer, von dem die aktuelle Besitzerin die Sache erhalten habe. BGE 141 III 7 S. 9 4.2 Das Bundesgericht hat in einem publizierten Urteil vom 31. Mai 1928 ( BGE 54 II 244 ) erkannt, dass der Besitzer einer beweglichen Sache die Vermutung des Eigentums auch demjenigen gegenüber beanspruchen kann, von dem er die Sache erhalten hat. In diesem Fall ging es um das Eigentum an Inhaberschuldbriefen. Das Bundesgericht hielt den Einwand der damaligen Klägerinnen, wonach sich die Rechtsscheinvermutung aus dem Besitz nicht auf Fälle "inter partes" beziehe, in diesem Urteil für unerheblich, da der Beklagte den damals geltenden aArt. 846 OR für sich in Anspruch nehmen könne (a.a.O., E. 2). Dieser lautete wie folgt: "Ist in einer Urkunde eine Leistung an den Inhaber versprochen, so gilt dieser als forderungsberechtigt. [...]" In der nicht publizierten E. 1, auf die in diesem Zusammenhang verwiesen wird, bleibt denn auch das gegenseitige Verhältnis von Art. 930 Abs. 1 ZGB und aArt. 846 OR ungeprüft. In der amtlich publizierten E. 2 dieses Urteils wird festgehalten, die Art. 930 und 931 ZGB stünden in einem gewissen Gegensatz zueinander, indem der erstere die Vermutung des Eigentums, der letztere die Vermutung bei unselbständigem Besitz jeweils abschliessend regelten. Das Gericht erwog, ein Besitzer mit dem Anspruch eines dinglichen oder eines persönlichen Rechts anerkenne den (selbständigen) Besitz des anderen, wogegen der Besitzer mit dem Anspruch des Eigentumsrechts verneine, dass derjenige, von dem er die Sache erhalten habe, ebenfalls noch Besitzer sei. Ein Anlass, sich mit dem Kausalitätsprinzip beim Eigentumsübergang auseinanderzusetzen, bestand im Zeitpunkt dieses Präjudizes nicht (vgl. BGE 55 II 302 E. 2). Das Gericht kam im erwähnten Urteil zum Schluss, wo das Eigentum in Frage stehe, stehe der Rechtsvermutung nicht entgegen, dass ein Besitzer seinen Besitz nicht gegen einen anderen Besitzer solle ausspielen können. Dass die Gesetzesmaterialien auf eine gegenteilige Absicht des Gesetzesredaktors hinweisen könnten, entging dem Gericht nicht ( BGE 54 II 244 E. 2 S. 245 mit Hinweis auf die Erläuterungen zum Vorentwurf des ZGB, 25. Titel II C II 1). Auf den in BGE 54 II 244 publizierten Grundsatz hat sich das Bundesgericht seither mehrfach berufen (siehe etwa BGE 119 II 114 E. 4c S. 117; BGE 84 II 253 E. 3 S. 261; vgl. auch BGE 132 III 155 E. 4.1 S. 159). Das Urteil wird auch von der Lehre nicht kritisiert (siehe HOMBERGER, Zürcher Kommentar, 2. Aufl. 1938, N. 12 zu Art. 930 ZGB ; SCHMID/HÜRLIMANN-KAUP, Sachenrecht, 4. Aufl. 2012, S. 61 Rz. 267; STARK, Berner Kommentar, 3. Aufl. 2001, N. 35 zu Art. 930 ZGB ; STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, 5. Aufl. 2012, S. 155 Rz. 401a; BGE 141 III 7 S. 10 SUTTER-SOMM, Eigentum und Besitz, in: Sachenrecht, SPR Bd. V/1, 2. Aufl. 2014, S. 627 Rz. 1365 und S. 630 Rz. 1372; vgl. allerdings auch GULDIMANN, Die Eigentumsvermutung im Verhältnis zwischen Besitzer und unmittelbarem Vorbesitzer, SJZ 48/1952 S. 197-204; WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 413 f. zu Art. 8 ZGB ). 4.3 Die Rechtsvermutung aus dem Besitz greift nach der Praxis nur, wenn dieser so beschaffen ist, dass sich daraus vorläufig - d.h. vorbehältlich der Widerlegung durch andere Tatsachen - wirklich auf ein entsprechendes Recht an der Sache schliessen lässt ( BGE 135 III 474 E. 3.2.1; 71 II 255 S. 255). Sie entfällt nach ständiger Rechtsprechung, wenn der Besitz zweideutig ist ( BGE 84 III 141 E. 3 S. 156; BGE 84 II 253 E. 3 S. 261; 76 II 344 S. 345; je mit Hinweisen). Der Besitz ist namentlich zweideutig, wenn die Umstände fragwürdig sind, unter denen er begründet wurde (Urteil 5A_279/2008 vom 16. September 2008 E. 6.2). Wo die Verhältnisse unklar sind, kann sich der Besitzer nicht einfach auf seinen Besitz berufen, sondern muss sich in weitergehender Weise hinsichtlich des behaupteten Rechts legitimieren (Urteil 5C.154/1998 vom 18. Dezember 1998 E. 2a mit Hinweisen). Vom Besitzer kann verlangt werden, dass er über die Umstände seines Rechtserwerbs Auskunft gibt ( BGE 135 III 474 E. 3.2.2; BGE 81 II 197 E. 7b). Die Partei, welche die Eigentumsvermutung bestreitet, hat zwar die Umstände, die der Vermutung entgegenstehen, zu behaupten und zu beweisen ( BGE 109 II 239 E. 2a; Urteil 5P.391/2006 vom 18. Dezember 2006 E. 6), aber an diesen Beweis sind keine strengen Anforderungen zu stellen (vgl. Urteil 5C.163/1988 vom 26. Januar 1989 E. 4b). Auf zweideutigen Besitz, der die Eigentumsvermutung nicht zu begründen vermag, hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung auch in Fällen geschlossen, in denen der aktuelle Besitzer seinen behaupteten selbständigen Besitz aus der Übertragung der Sache vom früheren Eigentümer aufgrund eines umstrittenen Rechtsgrunds herleitete. So konnte etwa eine Erbin keinerlei Belege dafür beibringen, dass die Erblasserin ihr zu Lebzeiten die umstrittenen Titel geschenkt hatte, die sie besass; es wurde ihr verwehrt, sich gegenüber ihren Miterben auf die Rechtsvermutung aus ihrem Besitz der Titel zu berufen ( BGE 76 II 344 ). In einem Urteil vom 26. Januar 1989 (5C.163/1988) hob das Bundesgericht das Urteil der Vorinstanz auf, welche der Klägerin bei umstrittenem Rechtsgrund die Herausgabe von wertvollen Möbeln gestützt auf die Rechtsvermutung zugunsten des aktuellen Besitzers verweigert hatte. Es stand in diesem Fall fest, dass BGE 141 III 7 S. 11 die Klägerin als damalige Eigentümerin die umstrittenen Möbelstücke dem Beklagten übergeben hatte oder hatte übergeben lassen, dass dieser somit nicht heimlich oder widerrechtlich in deren Besitz gelangt war, und dass er seither die Möbel besessen hatte. Die Vorinstanz hatte in ihrem Entscheid nicht die Gesamtheit der Umstände gewürdigt, welche für die Unzweideutigkeit der Vermutungsbasis wesentlich sind. So stand der Rechtsvermutung aus Besitz die Feststellung der Vorinstanz entgegen, dass Hinweise auf Raumnot in der Wohnung der Klägerin bestanden; zusammen mit der natürlichen, gegen eine Schenkung hochwertiger Gegenstände gerichteten Vermutung konnte der wahrnehmbaren, ausschliesslichen Sachherrschaft des Beklagten kein Rechtsschein für die angebliche Schenkung mehr abgewonnen werden (a.a.O., E. 5b-c). In einem Urteil vom 5. Januar 2009 (5A_521/2008) kam das Bundesgericht zum Schluss, dass eine Würdigung sämtlicher Umstände die Zweifel an der angeblichen Schenkung von Kassenobligationen der Klägerin an einen ihrer Söhne im Wert von Fr. 440'000.- so gross erscheinen liessen, dass sie die Annahme eines die Rechtsvermutung rechtfertigenden Besitzes des Sohnes nicht zuliessen. In diesem Fall erschien es in hohem Masse unglaubwürdig, dass die - im massgebenden Zeitpunkt erst rund 54 Jahre alte - Klägerin bei einem Vermögensstand von Fr. 524'922.- dem Beklagten eine Schenkung in der Höhe von Fr. 440'000.- gemacht haben sollte (a.a.O., E. 4.4). 4.4 Im vorliegenden Fall steht fest, dass der Beschwerdeführer der Beschwerdegegnerin die umstrittenen Fr. 150'000.- am 9. November 2010 in drei Umschlägen übergab. Dass die Beschwerdegegnerin den Besitz an den Briefumschlägen mit den Geldscheinen nicht heimlich oder widerrechtlich erwarb, reicht indes für die Begründung der Rechtsvermutung nach Art. 930 ZGB nicht aus. Denn die Fr. 150'000.-, welche die Beschwerdegegnerin durch Schenkung vom Beschwerdeführer erworben haben will, können objektiv nicht als Bagatellbetrag betrachtet werden, der als Gelegenheitsgeschenk in Betracht kommt. Der Beschwerdeführer macht denn auch geltend, dass es sich bei diesen Fr. 150'000.- praktisch um sein ganzes Vermögen handle, was durch den Umstand bestätigt wird, dass ihm für den vorliegenden Prozess die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde. Unter diesen Umständen kann der Besitz der Beschwerdegegnerin nicht als unzweideutig gelten und die Rechtsvermutung nach Art. 930 ZGB begründen. Denn die blosse Behauptung der Beschwerdegegnerin, der Beschwerdeführer sei in sie verliebt BGE 141 III 7 S. 12 gewesen und habe sie mit der angeblichen Schenkung stärker an sich binden wollen, reicht für die Begründung unzweideutigen Besitzes nicht aus. Vielmehr ist im kantonalen Verfahren festgestellt worden, dass sich die Parteien im April 2011 (recte: 2010) kennenlernten, als die Beschwerdegegnerin beim Reitstall des Beschwerdeführers vorbeikam und - je nach Parteistandpunkt - sich für Reitunterricht interessierte oder Interesse an Ausritten bekundete. In der Folge ritt die Beschwerdegegnerin dort drei bis vier Mal pro Woche. Nach Darstellung der Beschwerdegegnerin hätte der Beschwerdeführer ihr somit nach nur wenigen Monaten Bekanntschaft und ohne dass eine besondere Beziehung zwischen ihnen vorlag, praktisch sein gesamtes Vermögen geschenkt. Gemäss der Feststellung der Vorinstanz hat die Beschwerdegegnerin sodann die Couverts nach der Übergabe durch den Beschwerdeführer in ihr Schliessfach bei der Bank gelegt. Dieses Verhalten entspricht eher der vom Beschwerdeführer behaupteten Hinterlegung und gegen die Annahme, die Beschwerdegegnerin habe das Geld zu diesem Zeitpunkt als ihr eigenes betrachtet. Dass die Darstellung der Ereignisse durch den Beschwerdeführer nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil keineswegs widerspruchsfrei war, trägt zur Klärung nichts bei. Insgesamt erscheinen die Umstände, unter denen die Beschwerdegegnerin den Besitz am umstrittenen Geldbetrag erwarb, zweifelhaft und der Besitz nicht so beschaffen, dass sich daraus auf ein entsprechendes Recht an der Sache schliessen liesse. 4.5 Entgegen der Vorinstanz ist die äusserliche Sachherrschaft nach den Umständen nicht geeignet, die Rechtsvermutung nach Art. 930 ZGB zu begründen. Da der Beschwerdeführer unbestritten Eigentümer der Geldscheine war, als er diese der Beschwerdegegnerin übergab, trifft ihn nach Art. 8 ZGB keine weitergehende Beweislast. Vielmehr hat die Beschwerdegegnerin zu beweisen, dass sie Eigentum erworben hat. Dieser Beweis ist ihr nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht gelungen, da sie den Rechtsgrund der Schenkung nicht beweisen konnte. Der angefochtene Entscheid ist in diesem Punkt aufzuheben. Da nach Darstellung des Beschwerdeführers unklar ist, ob die Geldscheine sich noch im Bankschliessfach der Beschwerdegegnerin befinden, ist die Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung zurückzuweisen.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
88612e49-ccb5-48a6-b561-0a1f13d7f070
Urteilskopf 116 II 639 113. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 19. Dezember 1990 i.S. S. gegen K. Ltd. und IHK-Schiedsgericht Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Internationale Schiedsgerichtsbarkeit. - Klare Äusserung des Verzichtswillens als Voraussetzung des Rechtsmittelverzichts nach Art. 192 Abs. 1 IPRG (E. 2c). - Entgegen dem deutschen und italienischen Wortlaut regelt Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG keinen Fall der fehlenden Zuständigkeit, jedoch auch den Fall, dass ein Schiedsgericht ultra petita entscheidet (E. 3a). - Inhalt der Grundsätze der Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs nach Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG (E. 4c).
Sachverhalt ab Seite 640 BGE 116 II 639 S. 640 A.- Am 12. April 1974 schlossen die algerische S. und die englische K. Ltd. einen Vertrag über die Durchführung von Ölbohrungen in Algerien. Art. 24 des Vertrags sah vor, dass ein IHK-Schiedsgericht mit Sitz in Zürich über Streitigkeiten entscheide, wobei algerisches Recht anwendbar sei. In der Folge importierte die K. umfangreiche Produktionsanlagen und Einrichtungen nach Algerien und nahm dort ihre Tätigkeit auf. Wegen zahlreicher Schwierigkeiten stellte sie ihren Betrieb ein. Mit Ausnahme von vier Bohrtürmen blieb das Material in Algerien und ging dort für die K. verloren, wofür sie die S. verantwortlich machte. B.- Am 2. Juni 1986 leitete die K. gegen die S. das IHK-Schiedsverfahren ein. Sie machte beim Zürcher IHK-Schiedsgericht Erfüllungs- und Schadenersatz- sowie Zinsansprüche in der Höhe von insgesamt US-$ 48'618'971.-- geltend (Hauptforderung $ 22'922'242.--; Zinsforderung $ 25'696'729.--). Die Beklagte erhob Widerklage u.a. auf Zahlung von $ 3'418'330.70 sowie $ 577'912.14 Verzugszinsen. Mit Urteil vom 23. April 1990 schützte das Schiedsgericht die Klage für $ 14'235'293.63 und wies die Widerklage ab. Die Beklagte ficht das Schiedsurteil erfolglos mit staatsrechtlicher Beschwerde an. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. c) Zu Recht bestreitet die Klägerin nicht, dass die Parteien keinen Rechtsmittelverzicht gemäss Art. 192 Abs. 1 IPRG vereinbart haben. Nach der genannten Vorschrift hätte ein solcher Verzicht "ausdrücklich" erfolgen müssen. Dafür genügt nach einhelliger Lehrmeinung nicht, dass die Parteien in der Schiedsvereinbarung auf die IHK-Verfahrensregeln verwiesen haben, die ihrerseits in Art. 24 Schiedsurteile für endgültig erklären (ANDREAS BUCHER, Die neue internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, S. 144 N. 401; LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, S. 449 N. 2 zu Art. 192 IPRG ; ROBERT BRINER, Die Anfechtung und Vollstreckung des Schiedsentscheides, in: Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in der Schweiz, S. 99 ff., 102). Auch der vereinbarte Ausschluss eines jeden Rechtsmittels ("sans appel") genügte nicht für einen gültigen Verzicht (LALIVE ET AL., a.a.O.). Angesichts seiner Tragweite setzt ein solcher vielmehr voraus, dass die Parteien ihren Verzichtswillen klar zum Ausdruck bringen, indem sie auf das Rechtsmittel Bezug BGE 116 II 639 S. 641 nehmen und darauf verzichten (BRINER, a.a.O.). Im Gegensatz zur Ausschlussvereinbarung nach Art. 176 Abs. 2 IPRG wird bei Art. 192 IPRG nicht nur das Verfahren gemäss IPRG durch ein kantonales Verfahren ersetzt, das auch eine Überprüfung zulässt, sondern die Überprüfung durch ein staatliches Gericht überhaupt ausgeschlossen. Wenn für die Ausschlussvereinbarung nach Art. 176 Abs. 2 IPRG die eindeutige Kundgabe des Parteiwillens verlangt wird ( BGE 115 II 390 ), muss dies um so mehr für den Rechtsmittelverzicht nach Art. 192 IPRG gelten. Da kein gültiger Verzicht vorliegt, kann offenbleiben, ob ein Rechtsmittelverzicht nicht auch deshalb unbeachtlich wäre, weil die Schiedsvereinbarung in Art. 24 des Vertrags vom 12. April 1974 unter der Herrschaft des Zürcher Prozessrechts abgeschlossen worden ist, nach dem ebenso wie unter der Ordnung des Schiedsgerichtskonkordats nicht gültig auf die Anfechtung von Schiedsurteilen verzichtet werden konnte (BRINER, a.a.O.). 3. Die Beklagte beruft sich einmal auf den Beschwerdegrund von Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG , weil das Schiedsgericht der Klägerin mehr als 8 Mio. Dollar entgangenen Gewinn zuerkannt habe, obwohl ihm dieser Streitpunkt nicht unterbreitet worden sei. Die Klägerin habe sodann für verlorene Ersatzteile lediglich $ 75'000.-- verlangt und $ 190'852.-- zugesprochen erhalten. a) Nach Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG kann ein Schiedsurteil angefochten werden, wenn das Schiedsgericht über Streitpunkte entschieden hat, die ihm nicht unterbreitet worden sind, oder wenn es Rechtsbegehren unbeurteilt gelassen hat. Damit ist im deutschen und auch italienischen Gesetzestext wörtlich der Nichtigkeitsgrund von Art. 36 lit. c des Schiedsgerichtskonkordats übernommen worden. Nach der Lehre und Rechtsprechung zu dieser Vorschrift wird darin einerseits der Fall geregelt, dass das Schiedsgericht über eine Frage entscheidet, für deren Beurteilung es nicht zuständig ist, da sie von der Schiedsvereinbarung nicht erfasst wird; es handelt sich dabei um einen Sonderfall der fehlenden Zuständigkeit, wo es zwar nicht an einer wirksamen Schiedsabrede überhaupt fehlt, diese jedoch für einen speziellen, vom Schiedsgericht beurteilten Streitpunkt nicht gegeben ist. Anderseits hat Art. 36 lit. c des Schiedsgerichtskonkordats den Fall zum Gegenstand, dass das Schiedsgericht Begehren unbeurteilt lässt, obwohl es zur Beurteilung zuständig wäre (unveröffentlichtes Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. Mai 1990 i.S. C. gegen S., E. 4c; JOLIDON, Kommentar, S. 512 N. 62 f. zu Art. 36 Schiedsgerichtskonkordat; BGE 116 II 639 S. 642 RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, S. 344 f.; LALIVE ET AL., a.a.O., S. 209 f. N. 4c zu Art. 36 Schiedsgerichtskonkordat). In Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG des deutschen und italienischen Textes nicht ausdrücklich übernommen worden ist dagegen der Beschwerdegrund von Art. 36 lit. e des Schiedsgerichtskonkordats, wonach ein Schiedsurteil angefochten werden kann, wenn es einer Partei mehr oder anderes zuspricht, als sie verlangt hat. Selbstredend muss auch unter dem neuen Recht das Verbot gelten, den Parteien mehr oder anderes als das Verlangte zuzusprechen. Dies ergibt sich klar aus dem französischen Gesetzestext von Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG , laut dem ein Schiedsurteil angefochten werden kann, wenn das Schiedsgericht "... a statué au-delà des demandes dont il était saisi ou lorsqu'il a omis de se prononcer sur un des chefs de la demande". Der im deutschen und italienischen Text genannte Beschwerdegrund des Entscheids über nicht unterbreitete Streitpunkte ("punti litigiosi ... non ... sottoposti") erscheint in der französischen Fassung zu Recht nicht, da dieser Beschwerdegrund einen Sonderfall der fehlenden Zuständigkeit darstellt, den bereits Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG abdeckt, wonach ein Schiedsurteil der Anfechtung unterliegt, wenn sich das Schiedsgericht zu Unrecht für zuständig oder unzuständig erklärt (LALIVE ET AL., a.a.O., S. 425 N. 5c zu Art. 190 IPRG ). Zusammenfassend ergibt sich entsprechend dem französischen Gesetzestext, dass gegen die Beurteilung von Ansprüchen, für die das Schiedsgericht wegen fehlender oder begrenzter Schiedsvereinbarung nicht zuständig ist (extra potestatem), ausschliesslich der Beschwerdegrund von Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG offensteht. Demgegenüber hat Art. 190 Abs. 2 lit. c IPRG nicht nur den Fall zum Gegenstand, dass das Schiedsgericht Rechtsbegehren unbeurteilt lässt, wie der deutsche und italienische Gesetzestext vermuten lassen, sondern entsprechend der französischen Fassung auch den Fall, dass das Schiedsgericht mehr oder anderes zuspricht, als verlangt worden ist (ultra petita). 4. c) Schliesslich erhebt die Beklagte zahlreiche weitere Rügen der Gehörsverweigerung, die sich über die ganze Beschwerdeschrift verstreut finden und in den verschiedensten Zusammenhängen vorgebracht werden. Teils wird der Vorwurf der Gehörsverweigerung als Synonym für die Verletzung des Ordre public gebraucht, teils sollen Gehörsverweigerungen darin liegen, dass das BGE 116 II 639 S. 643 Schiedsgericht einzelne Beweise nicht oder nicht nach den Vorstellungen der Beklagten gewürdigt oder aus der Beweiswürdigung trotz Gegenargumenten der Beklagten andere rechtliche Schlussfolgerungen gezogen habe. Einen Bezug zu konkreten verfahrensrechtlichen Fragen weisen lediglich die Beschwerdevorbringen auf, soweit dem Schiedsgericht vorgeworfen wird, es habe im Widerspruch zum Verfahren gemäss Schiedsauftrag und anderen Dokumenten nicht für Klarheit über die Beweisthemen gesorgt und von der Gegenpartei Ende 1987 oder anfangs 1988 schriftliche Zeugenerklärungen eines Herrn M. als Beweismittel entgegengenommen, von denen die Beklagte habe annehmen dürfen, es handle sich nur um eine "Art Parteieingabe" mit noch zu beweisenden Behauptungen, gegen die ihr der Gegenbeweis hätte zugestanden werden müssen, weshalb auch der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt sei. Mit den Grundsätzen der Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs, wie sie in Art. 190 Abs. 2 lit. d IPRG garantiert sind, haben die Beschwerdevorbringen, mit denen die Beklagte den ganzen Prozess vor Bundesgericht neu aufrollen will, nichts zu tun. Der Gehörsanspruch gibt jeder Partei das Recht, sich über alle für das Urteil wesentlichen Tatsachen zu äussern, ihren Rechtsstandpunkt zu vertreten, erhebliche Beweisanträge zu stellen und an den Verhandlungen teilzunehmen. Das kontradiktorische Verfahren soll es jeder Partei ermöglichen, die Vorbringen der Gegenpartei zu prüfen, dazu Stellung zu nehmen und zu versuchen, diese mit eigenen Vorbringen und Beweisen zu widerlegen (Urteil des Bundesgerichts vom 23. Oktober 1989 i.S. S. gegen C. S.A., E. 2a, publiziert in: Bulletin der Schweiz. Vereinigung für Schiedsgerichtsbarkeit 1990 S. 51 ff., S. 52). Dass die Beklagte ausreichend Gelegenheit hatte, sich zu äussern und zu den Vorbringen der Gegenpartei Stellung zu nehmen, geht aus ihrer eigenen Darstellung des Verfahrens in der Beschwerde hervor. Danach reichte sie am 29. September 1986 die Klageantwort ein, nahm am 2. und 3. Oktober 1987 an einer Verhandlung des Gerichts in Zürich teil, hatte die Gelegenheit, am 1. Februar 1988 eine weitere "Mémoire en Réponse" (97 Seiten, 83 Beilagen) einzureichen, nahm vom 12. bis 14. Februar 1988 an Verhandlungen mit Zeugeneinvernahmen und Plädoyers teil und ergänzte ihre Vorbringen am 13. Mai 1989 mit einer "Mémoire en Duplique" (81 Seiten, zahlreiche Beilagen), worauf am 4. Juni 1989 die Schlussverhandlung in Paris stattfand. BGE 116 II 639 S. 644 Dass die Beklagte vom Schiedsgericht in irgendeinem Zeitpunkt daran gehindert worden wäre, sich zu den Vorbringen der Gegenpartei zu äussern und den eigenen Standpunkt zu vertreten, ist nicht ersichtlich, und zwar auch nicht mit Bezug auf die beanstandeten schriftlichen Zeugenerklärungen, gibt die Beklagte doch selbst zu, dass M. anlässlich der Verhandlungen im Februar 1988 als Zeuge einvernommen worden sei. Dass das Beweisverfahren mit einem Beweisbeschluss hätte eingeleitet werden müssen, damit sich Gericht und Parteien über das Beweisthema im klaren gewesen wären, mag dem zürcherischen Zivilprozessrecht entsprechen; aus dem Gleichbehandlungs- und Gehörsanspruch lässt sich aber kein derartiges Erfordernis ableiten. Ebensowenig verbieten es diese Grundsätze einem Schiedsgericht, den Sachverhalt nur aufgrund der als tauglich und erheblich erachteten Beweismittel festzustellen und über unbegründete Einwände hinwegzugehen. Im übrigen hätte die Beklagte eine Verletzung der verfahrensrechtlichen Grundsätze der Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs sogleich vor dem Schiedsgericht rügen müssen. Soweit ersichtlich bringt sie diese Verfahrensrügen jedoch erstmals vor Bundesgericht und damit verspätet vor (LALIVE ET AL., a.a.O., S. 356 N. 12 zu Art. 182 IPRG ; BGE 113 Ia 67 f.).
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8861a5fe-a665-4242-8937-5908af2212d1
Urteilskopf 100 II 345 52. Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. September 1974 i.S. Incommerz AG gegen X.
Regeste Darlehen. 1. Auslegung des Vertrages nach dessen Wortlaut und dem Verhalten der Parteien (Erw. 1). 2. Art. 2 ZGB . Darlehen auf Lebenszeit des Darleihers: Unzumutbarkeit wegen Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Erw. 2)? 3. Art. 107 OR . Der Darleiher kann nach dieser Vorschrift vom Vertrag zurücktreten, wenn der Borger fälligen Zins nicht bezahlt (Erw. 3). 4. Art. 83 und 316 OR . Diese Bestimmungen ermächtigen den Darleiher nicht, den Vertrag wegen ausstehender Zinse sofort aufzulösen, ohne sich an Art. 107 OR zu halten (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 346 BGE 100 II 345 S. 346 A.- Am 7. November 1964 schlossen X. und seine Ehefrau einerseits mit Scherer, dem Vater von Frau X., sowie dessen zwei weiteren Kindern anderseits über die Liegenschaft "Engistein", bestehend aus Haus und Stall, einen "Erbteilungs- und Kaufvertrag". Scherer gewährte den Käufern auf die Kaufsumme, die sie auf Fr. 40 000.-- festsetzten, ein Darlehen von Fr. 19059.22; dieses wurde unter Vorbehalt unvorhergesehener Vorkommnisse, wie z.B. schwere Erkrankung, auf Lebenszeit des Darleihers gegeben und durch eine Grundpfandverschreibung sichergestellt. Am 31. Dezember 1964 ersetzten Scherer und X. die Vereinbarung über das Darlehen durch einen neuen Vertrag, in dem der Vorbehalt unvorhergesehener Vorkommnisse weggelassen wurde. X. verpflichtete sich, das Darlehen zu 4% zu verzinsen und es nach Ableben des Gebers, frühestens aber nach zehn Jahren an Scherers Kinder, die den Vertrag mitunterzeichneten, zurückzuerstatten. Am 15. November 1966 kaufte X. seiner Frau ihren Anteil an der Liegenschaft "Engistein" ab. In der Folge liess er sich scheiden und heiratete L. M., mit der er am 18. August 1969 die Gütertrennung vereinbarte. Mit Vertrag vom 22. Juni 1970 verkaufte er ihr die Liegenschaft "Engistein" zum Preise von Fr. 86000.--, der durch Übernahme einer Grundpfandschuld in gleicher Höhe getilgt wurde. X. liess sich ein lebenslängliches, unentgeltliches Nutzniessungsrecht und zum Preise von Fr. 86000.-- ein Vorkaufsrecht an der Liegenschaft einräumen, verpflichtete sich aber, die Grundpfandzinsen zu bezahlen. Scherer trat die Darlehensforderung bereits am 27. Juli 1967 an seine drei Kinder ab, von denen die Forderung gemäss Zessionsurkunde vom 30. Oktober 1968 auf die Incommerz AG überging. Diese liess X. im September 1971 betreiben und, als er Rechtsvorschlag erhob, im Dezember 1971 gegen ihn auf Zahlung von Fr. 19059.22 nebst Fr. 508.25 Zins und Fr. 40.- Betreibungskosten klagen. B.- Das Landgericht und auf Appellation hin am BGE 100 II 345 S. 347 28. November 1973 auch das Obergericht Uri verurteilte X. zur Zahlung des Zinses, wiesen die Klage im übrigen aber ab, weil das Darlehen noch nicht zur Rückzahlung fällig sei. C.- Die Klägerin hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung eingelegt. Sie beantragt, es aufzuheben und ihr Klagebegehren im vollen Umfange gutzuheissen. Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Klägerin führte bereits im kantonalen Verfahren aus, der im Erbteilungs- und Kaufvertrag vom 7. November 1964 enthaltene Vorbehalt "unvorhergesehener Vorkommnisse" müsse auch für den Darlehensvertrag vom 31. Dezember 1964 gelten. Sie besteht zudem darauf, dass der Beklagte das Darlehen als Schwiegersohn Scherers erhalten habe; diese klare Voraussetzung für die Gewährung des Darlehens auf Scherers Lebenszeit sei aber infolge Scheidung des Beklagten von seiner ersten Frau dahingefallen. Richtig ist, dass Scherer nach dem Wortlaut des Vertrages vom 31. Dezember 1964 das Darlehen "seinem Schwiegersohn" X. eingeräumt hat und dass bereits im Erbteilungs- und Kaufvertrag von Bedingungen des Darlehens, insbesondere von einer Gewährung auf Lebenszeit die Rede ist. In anderen Punkten weichen die Verträge jedoch deutlich voneinander ab. Im Erbteilungs- und Kaufvertrag wurde das Darlehen durch eine Grundpfandverschreibung sichergestellt, im spätern Vertrag aber vereinbart, die Eintragung im Grundbuch zu löschen. Auch liessen die Parteien den Vorbehalt unvorhergesehener Vorkommnisse fallen. Dass dies aus Versehen geschehen sei, ist umsoweniger anzunehmen, als der Vorbehalt im früheren Vertrag bei der Dauer des Darlehens angebracht wurde, diese Dauer nach dem spätern jedoch mindestens zehn Jahre betragen soll. Es geht daher entgegen der Auffassung der Klägerin nicht an, den Vorbehalt bei Auslegung des Vertrages vom 31. Dezember 1964 gleichwohl berücksichtigen zu wollen. Auch kann offen bleiben, ob damit bloss Vorkommnisse in der Person des Darleihers oder auch andere Ereignisse, insbesondere eine Scheidung des Beklagten von seiner Frau, gemeint gewesen seien. Das Obergericht stellt fest, es lägen keine Anhaltspunkte BGE 100 II 345 S. 348 dafür vor, dass die Parteien des Darlehensvertrages dessen Gültigkeit von ihrer Schwägerschaft abhängig machen wollten. Diese Feststellung der Vorinstanz über den Willen der Vertragsschliessenden ist für das Bundesgericht verbindlich, denn sie beruht nicht auf einer blossen Auslegung des Vertragstextes, sondern namentlich auf der Würdigung des Beweisergebnisses ( BGE 76 II 144 , BGE 88 II 34 /5 und 78/9). Das Obergericht hält der Klägerin übrigens mit Recht entgegen, dass das eigene Verhalten der Vertragsparteien nach der Scheidung ebenfalls nicht darauf schliessen lässt, das Darlehen sei wegen Auflösung der Ehe zur Rückzahlung fällig geworden. Der Beklagte hat das Darlehen auch nach der Scheidung verzinst, und die Gegenpartei hat die Zinsen entgegengenommen. Die Klägerin hat sich zudem im Aberkennungsprozess, den der Beklagte 1969/70 gegen sie führte, nicht auf Fälligkeit des Darlehens infolge Scheidung berufen. 2. Die Klägerin macht ferner geltend, nach den Umständen könne ihr nicht mehr zugemutet werden, das Darlehen für die vereinbarte Dauer zu gewähren. Die Gründe, die sie dafür anführt, beruhen teils auf persönlichen, teils auf wirtschaftlichen Verhältnissen. a) Aus der persönlichen Beziehung, die bei Abschluss des Darlehensvertrages zwischen dem Darleiher und dem Borger bestand und die durch die Scheidung des Borgers aufgelöst wurde, kann die Klägerin schon deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten, weil solche Beziehungen jedenfalls für einen Vertrag auf entgeltliche Überlassung einer Geldsumme unwesentlich sind; diesfalls wird der Vertrag selbst unter Verwandten vor allem aus wirtschaftlichen Überlegungen abgeschlossen. Beim verzinslichen Darlehen kann es daher für den Darleiher nicht schon wegen einer Störung seines persönlichen Verhältnisses zum Borger unzumutbar sein, diesem das für längere Zeit gewährte Darlehen bis zum Ablauf der Vertragsdauer zu überlassen. Dazu kommt, dass die Darlehensforderung durch Abtretung von Scherer auf dessen Kinder und von diesen auf die Klägerin übergegangen ist. Zwischen der Klägerin und dem Borger besteht aber keine verwandschaftliche Beziehung, weshalb eine persönlich bedingte Unzumutbarkeit, das Darlehen aufrechtzuerhalten, zum vorneherein zu verneinen ist. b) Bei langfristigen Verträgen müssen die Parteien zudem mit der Möglichkeit rechnen, dass die zur Zeit des Vertragsschlusses BGE 100 II 345 S. 349 bestehenden Verhältnisse sich während der Vertragsdauer ändern. Sehen sie ausdrücklich oder dem Sinne nach davon ab, den Einfluss solcher Änderungen auf die gegenseitigen Leistungen auszuschliessen, so entspricht es dem Wesen des Vertrages, dass er so erfüllt wird, wie er abgeschlossen worden ist. Diesfalls hat jede Partei grundsätzlich die Risiken zu tragen, die sich für sie aus Änderungen der Verhältnisse ergeben. Sie hat keinen Anspruch darauf, dass die Vertragserfüllung sich für sie lohnend gestalte und der Vertrag aufgehoben oder geändert werde, wenn dies nicht mehr zutrifft ( BGE 59 II 304 mit Verweisungen, BGE 63 II 82 ; MERZ, N. 188 zu Art. 2 ZGB ). Ein richterlicher Eingriff auf Verlangen einer Partei ist gestützt auf Art. 2 ZGB nur zulässig, wenn die Verhältnisse von Leistung und Gegenleistung infolge ausserordentlicher Änderung der Umstände so gestört sind, dass die sich aus dem Vertrag ergebende Risikoverteilung für die eine Partei nicht mehr tragbar und das Festhalten der Gegenpartei an ihrem Anspruch nach den gesamten Umständen missbräuchlich ist ( BGE 59 II 378 /9, BGE 62 II 45 , BGE 67 I 300 , BGE 68 II 173 ; vgl. ferner BGE 93 II 188 ; MERZ, ZSR 1942 S. 499 a ff. und N. 233 zu Art. 2 ZGB ; DESCHENAUX, Schweizerisches Privatrecht, Basel 1967, Bd. II S. 199 ff.). Davon kann im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Die seit Abschluss des Darlehensvertrages eingetretenen Änderungen bestehen im wesentlichen darin, dass die wirtschaftliche Lage des Borgers sich verschlechtert hat. Mit diesem Risiko muss aber ein Darleiher rechnen, zumal wenn er wie Scherer ausdrücklich auf eine Sicherstellung verzichtet. Es kann daher für die Beurteilung des Rechtsverhältnisses auch nicht darauf ankommen, dass der Beklagte das Eigentum an der Liegenschaft "Engistein", die ursprünglich als Sicherheit diente, auf seine zweite Frau übertragen liess. Ebensowenig hilft der Klägerin, dass der Beklagte in dem von ihm angestrengten Aberkennungsprozess der Rückzahlungspflicht mit fragwürdigen Mitteln zu entgehen suchte und, als ihm dies misslang, darauf beharrte, das Darlehen sei ihm auf Scherers Lebenszeit gewährt worden. Weder das eine noch das andere machte die Ausübung seiner Rechte aus dem Darlehensvertrag missbräuchlich im Sinne von Art. 2 Abs. 2 ZGB . 3. Das Gesetz sieht beim Darlehen kein Rücktrittsrecht BGE 100 II 345 S. 350 des Darleihers für den Fall vor, dass der Borger den Zins nicht bezahlt. Ist ein solches Recht auch vertraglich nicht vereinbart worden, so kann der Darleiher bei Verzug des Borgers nur nach Art. 107 OR vorgehen (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 7 zu Art. 318 OR ). Er kann ihm eine Nachfrist zur nachträglichen Erfüllung ansetzen und bei fruchtlosem Ablauf der Frist, wenn er es unverzüglich erklärt ( Art. 107 Abs. 2 OR ), vom Vertrag zurücktreten. Der Beklagte befand sich seit 1968 in Verzug, weil er den Zins für 1967 Ende Dezember nicht bezahlte. Mit Schreiben vom 14. November 1968 setzte die Klägerin ihm "eine letzte Frist von zehn Tagen" zur Zahlung und fügte bei, dass sie bei "Nichtbezahlen des Zinses" berechtigt sei, das Darlehen zu kündigen. Der Beklagte liess die Frist, die der Vorschrift des Art. 107 OR genügte, unbenützt verstreichen. Gleichwohl erwähnte die Klägerin in ihrem Schreiben vom 28. November 1968 an den Beklagten den ausstehenden Zins mit keinem Wort, noch machte sie von ihrem Recht Gebrauch, vom Darlehensvertrag zurückzutreten oder ihn "zu kündigen", wie sie dem Beklagten am 14. November drohte; sie machte den Beklagten vielmehr auf den Ende 1968 fälligen Zins aufmerksam, hielt also am Vertrag fest. Ihr Verhalten kann nur so verstanden werden, dass die Drohung selbst nach dem Willen der Klägerin keine Rücktrittserklärung enthielt. Eine solche hat sie auch sonst nicht abgegeben. Sie begnügte sich damit, die Darlehensforderung unbekümmert um die Voraussetzungen des Wahlrechts gemäss Art. 107 OR über zwei Jahre später in Betreibung zu setzen. 4. Die Fälligkeit des Darlehens ergibt sich nach der Auffassung der Klägerin ferner aus einer analogen Anwendung von Art. 83 und 316 OR auf den vorliegenden Fall. Die Klägerin macht geltend, im Falle einer Gefährdung der Rückzahlung dürfe der Darleiher nicht nur die Aushändigung des Betrages verweigern, wie Art. 316 OR es vorsehe, sondern einen bereits hingegebenen Betrag auch sofort zurückzuverlangen. Für eine solche Auslegung ist Art. 316 OR jedoch nichts zu entnehmen. Diese Bestimmung will wie Art. 83 OR den vorleistungspflichtigen Vertragspartner schützen, bei Darlehensverträgen also den Darleiher, der dem Borger den Betrag zur Nutzung überlassen muss, bevor er Zinsen und Rückzahlung verlangen darf. Hat er den Betrag bereits hingegeben, so besteht BGE 100 II 345 S. 351 indes kein Anlass, ihn über die Behelfe von Art. 107 OR hinaus zu schützen. Er befindet sich nach der Hingabe des Darlehens in der gleichen Lage wie jeder andere Gläubiger, der selbst bereits erfüllt und eine Forderung gegen den Schuldner hat. Nur bei Miete und Pacht ermächtigt das Gesetz den Gläubiger, den Vertrag bei Nichtbezahlung des Zinses aufzulösen, ohne sich an die Vorschriften des Art. 107 OR halten zu müssen. Diese Regelung darf jedoch nicht durch extensive Auslegung auf andere Vertragsverhältnisse übertragen werden. Art. 265 und 293 sind Ausnahmebestimmungen, die nur für die Verträge gelten, für die sie ausdrücklich vorgesehen sind. Es lässt sich deshalb entgegen den Einwänden der Klägerin nicht sagen, bei Dauerschuldverhältnissen führten die Zahlungsunfähigkeit und die Zahlungsunwilligkeit des Schuldners zur Auflösung des Vertrages. Das ist weder BGE 92 II 299 ff. noch VON TUHR/SIEGWART, OR II S. 615 zu entnehmen. Diese Autoren befassen sich an der zitierten Stelle mit Art. 83 und 316 OR , ziehen daraus aber nicht Schlüsse wie die Klägerin. Der angeführte Entscheid sodann enthält Erwägungen über die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigen Gründen, wobei aber hervorgehoben wird, eine solche Auflösung müsse eine Ausnahme bleiben, weil sie nur gerechtfertigt sei, wenn dem Gläubiger ein Vorgehen nach Art. 107 OR nicht zuzumuten ist. Dies trifft hier nicht zu. Die Klägerin hätte schon 1968 den Rücktritt vom Darlehensvertrag erklären können, hat von diesem Recht gemäss Art. 107 OR aber nicht Gebrauch gemacht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts Uri vom 28. November 1973 bestätigt.
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8862c65f-ee7a-4f15-b720-41dd42cbafbb
Urteilskopf 96 II 409 53. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. November 1970 i.S. Monopol-Films AG gegen Chaplin und The Roy Export Company Establishment.
Regeste Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und der Kunst (BUe). 1. Art. 6 Abs. 2 und 3 URG , Art. 4 BUe. Schutz von Urheberrechten an einem erstmals im Ausland herausgegebenen Chaplin-Film, der von einem Dritten eigenmächtig wiedergegeben und zum Teil bearbeitet wird. Rechtsgrundlage. Begriff der Veröffentlichung. Gleichzeitige Veröffentlichung des Filmwerkes in einem verbandsfremden und in einem Verbandslande (Erw. I 1-4). 2. Art. 13 URG , Art. 2 Abs. 1 und 2 BUe. Das Originalwerk und seine Bearbeitung durch den Urheber geniessen den gleichen Schutz (Erw. I 5). 3. Art. 28 ZGB , Art. 6bis BUe. Schutz des Urhebers in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk (Erw. I 6). 4. Art. 54 Abs. 1 URG . Wann ist die Vernichtung eines widerrechtlich hergestellten Filmes gerechtfertigt (Erw. II)?
Sachverhalt ab Seite 410 BGE 96 II 409 S. 410 A.- Der in der Schweiz wohnhafte Charles Chaplin ist Verfasser eines Bühnenstückes (dramatic composition), das den Titel "The Gold Rush" trägt und in drei Akte aufgeteilt ist. Er hinterlegte es am 16. März 1925 beim Urheberrechtsamt der Vereinigten Staaten von Amerika und bestimmte, dass es nicht für den Verkauf verfasst sei. Chaplin ist ferner Autor, Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent eines den gleichen Titel tragenden Stummfilms, den er am 13. Oktober 1925 beim amerikanischen Urheberrechtsamt hinterlegen und gemäss amerikanischem Recht registrieren liess, wobei er als Datum der Veröffentlichung den 16. August 1925 angab. Von diesem Tage an wurde der Film in den Vereinigten Staaten und in Kanada aufgeführt. Kurz vorher hatte Chaplin ihn der Verleihfirma United Artists Corporation in New York zur Verbreitung übergeben. Durch Umarbeitung des Stummfilms schuf Chaplin 1942 einen Tonfilm, der am 12. Mai 1942 in den Vereinigten Staaten registriert wurde. Die Musik dazu hat er selber zusammengestellt, den Text selber geschrieben und gesprochen. Den Text liess er später ins Deutsche übertragen, wobei der Tonfilm den Titel "Goldrausch" bekam. Am 8. Dezember 1955 übertrug er die Auswertungsrechte am Stumm- und am Tonfilm auf die Roy Export Company in Tanger, die ihrerseits diese Rechte an die Roy Export Company Establishment in Vaduz abtrat. Gemäss einem im November 1962 erschienenen Programm für 1962/63 bot die in Zürich niedergelassene Verleihgesellschaft Monopol-Films AG den Film "Goldrausch" von Chaplin zur "Neu-Aufführung" an. Es handelt sich dabei um eine gekürzte Fassung des Stummfilms, welche die deutsche Firma Atlas-Filmverleih GmbH ohne Erlaubnis Chaplins mit deutschsprachigen Zwischentiteln und einer von Konrad Elfers geschriebenen Musik versehen liess. BGE 96 II 409 S. 411 B.- Als Chaplin und die Roy Export Company erfuhren, dass die Monopol-Films AG eine "Neu-Aufführung" des Stummfilms in schweizerischen Filmtheatern vorbereite, ersuchten sie den Einzelrichter des Bezirkes Zürich, im Besitze der Monopol-Films AG befindliche Kopien des Filmes sofort zu beschlagnahmen und ihr dessen Verbreitung bei Strafe zu verbieten. Der Einzelrichter entsprach dem Gesuch am 30. November 1962 im Sinne einer vorsorglichen Massnahme, die vom Obergericht des Kantons Zürich am 19. Juli 1963 bestätigt wurde. Innert der ihnen auferlegten Frist klagten Chaplin und die Roy Export Company sodann beim Obergericht gegen die Monopol-Films AG mit den Begehren, der Beklagten den Vertrieb des Chaplin-Filmes "Goldrausch" unter Strafandrohung zu untersagen und die am 3. Dezember 1962 bei der Beklagten beschlagnahmte Kopie des Filmes vernichten zu lassen. Durch Urteil vom 3. März 1970 verbot das Obergericht der Beklagten, den Chaplin-Film "Goldrausch" in der Schweiz feilzuhalten, zu verleihen oder sonstwie, insbesondere durch Vorführenlassen in Kinotheatern, in Verkehr zu bringen. Es verband das Verbot mit der Androhung, dass die Organe der Beklagten im Falle einer Widerhandlung wegen Ungehorsams gerichtlich bestraft würden. Eine Vernichtung der beschlagnahmten Filmkopie hielt das Obergericht nicht für notwendig. C.- Die Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, die Klage vollumfänglich abzuweisen oder die Sache zur Abnahme angetragener Beweise an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kläger haben sich der Berufung angeschlossen mit dem Antrag, die Zerstörung der beschlagnahmten Filmkopie anzuordnen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Dem angefochtenen Urteil ist zu entnehmen, dass zur Herstellung des Films, den die Beklagte im November 1962 zur "Neu-Aufführung" anbot, ein Bildstreifen des von Chaplin geschaffenen Stummfilms verwendet wurde. Man schnitt aus dem Negativ insgesamt lediglich 185 m heraus, weil einzelne Stellen wegen ihres schlechten Zustandes nicht mehr brauchbar waren. Die Atlas-Filmverleih GmbH beauftragte Elfers, die Musik zur "Neu-Aufführung" zu schreiben. Sie liess ferner BGE 96 II 409 S. 412 die Zwischentitel ins Deutsche übertragen, wobei darauf geachtet wurde, dass die Übersetzung nicht vom Sinn des Stummfilms abwich. Die Schriftart und die Randzeichnungen der Zwischentitel wurden beibehalten. Neue Szenen wurden keine eingefügt. Der Charakter des Films und der Handlungsablauf blieben vielmehr unverändert; das Bildwerk entspricht bis auf die weggelassenen Stellen, deren Fehlen für das Publikum nicht bemerkbar ist, genau Chaplins Stummfilm. Der von der Atlas-Filmverleih GmbH hergestellte Film war somit zur Hauptsache eine Wiedergabe, zum Teil eine Bearbeitung des von Chaplin 1925 geschaffenen Stummfilms. Die Beklagte bestreitet das nicht, führt sie doch in der Berufung aus, sie habe 1962 beabsichtigt, die Originalfassung des Stummfilms in der Schweiz zu verleihen, sei daran jedoch durch die Kläger gehindert worden. Sie macht hingegen geltend, in den Vereinigten Staaten sei der urheberrechtliche Schutz für den Stummfilm 1953 abgelaufen und in den Ländern der Berner Übereinkunft habe der Film überhaupt keinen Schutz erlangt. Als gemeinfreies Werk habe aber ein Dritter den Film beliebig bearbeiten, insbesondere auch mit Musik versehen und seine Titel in eine andere Sprache übersetzen dürfen. 2. Chaplin hat seinen Stummfilm nicht in der Schweiz zuerst herausgegeben. Er ist zudem britischer Staatsbürger, und die Roy Export Company hat ihren Sitz in Liechtenstein. Die Kläger können sich daher nicht auf Art. 6 Abs. 1 Ziff. 1 oder 2 URG berufen; nach diesen Bestimmungen sind nur die Werke von Schweizerbürgern und die erstmals in der Schweiz herausgegebenen Werke von Ausländern geschützt. Fragen kann sich bloss, ob der urheberrechtliche Schutz des Stummfilms in der Schweiz sich aus Gegenrechtserklärungen oder aus Staatsverträgen ergebe ( Art. 6 Abs. 2 und 3 URG ). Der Bundesratsbeschluss vom 26. September 1924 betreffend Gegenrecht zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten von Amerika über das Urheberrecht an Werken der Literatur und Kunst (BS 2 S. 841) bezieht sich nur auf Bürger dieser beiden Staaten und ist daher im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Das Welturheberrechts-Abkommen vom 6. September 1952 sodann findet Anwendung auf Werke, die beim Inkrafttreten des Abkommens in dem vertragsschliessenden Staat, in dem der Schutz beansprucht wird, noch geschützt waren (Art. VII). Diesen Schutz konnte der Stummfilm Chaplins am 30. März 1956, BGE 96 II 409 S. 413 als das Abkommen in der Schweiz in Kraft trat (AS 1956 S. 101/102), hier nur gestützt auf eine internationale Regelung wie die Berner Übereinkunft haben, auf welche die Kläger sich denn auch berufen. 3. Die Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst (BUe) in der am 26. Juni 1948 in Brüssel revidierten Fassung ist für die Schweiz am 2. Januar 1956 (AS 1955 S. 1092) und für Grossbritannien am 15. Dezember 1957 (Le Droit d'Auteur 1957 S. 225) in Kraft getreten. Sie gilt für alle Werke, die bei Inkrafttreten der (revidierten) Fassung noch nicht infolge Ablaufs der Schutzdauer im Ursprungsland Gemeingut geworden sind (Art. 18 Abs. 1). Wie es sich damit im vorliegenden Fall verhält, hängt von den früheren Fassungen, insbesondere von den zur Zeit, als der Stummfilm herausgegeben wurde, geltenden Bestimmungen der BUe ab. Die in Rom vereinbarte Fassung vom 2. Juni 1928 ist von der Schweiz und von Grossbritannien mit Wirkung ab 1. August 1931 ratifiziert worden (BS 11 S. 960 und 962). Sie beschränkt ihre Anwendbarkeit in Art. 18 Abs. 1 ebenfalls auf Werke, die bei Inkrafttreten der Übereinkunft im Ursprungsland noch nicht infolge Ablaufs der Schutzdauer gemeinfrei geworden sind. Damit wird auf die am 13. November 1908 in Berlin revidierte Fassung verwiesen, der sowohl Grossbritannien als auch die Schweiz schon vor 1925 beigetreten sind (BS 11 S. 941/942). Ob der Stummfilm 1925 in der Schweiz urheberrechtlichen Schutz erlangt und ihn 1962 noch genossen hat, ist daher nach den Bestimmungen der jeweils geltenden Fassung der Übereinkunft zu beurteilen. Die Fassung von 1908 - wie übrigens auch jene von 1928 und 1948 - bestimmt in Art. 4 Abs. 1, dass die einem Verbandslande angehörigen Urheber für ihre unveröffentlichten wie für ihre zum ersten Mal in einem Verbandsland veröffentlichten Werke in allen Verbandsländern, ausser dem Ursprungsland, die gleichen Rechte geniessen, welche die Gesetzgebung eines Verbandslandes den inländischen Urhebern einräumt. Damit ist zugleich gesagt, dass ein Urheber, selbst wenn er einem Verbandsland angehört, diese Rechte für erstmals in einem verbandsfremden Lande veröffentlichten Werke nicht beanspruchen darf. Eine Ausnahme sieht Art. 4 Abs. 3 für Werke vor, die gleichzeitig in einem verbandsfremden und in einem Verbandslande veröffentlicht werden; diesfalls gilt das BGE 96 II 409 S. 414 Verbandsland ausschliesslich als Ursprungs-, d.h. als Land der ersten Veröffentlichung. Unter Werken der Literatur und Kunst sind schon nach der Fassung von 1908 alle Erzeugnisse auf dem Gebiete der Literatur, Wissenschaft und Kunst zu verstehen, welches auch die Art oder die Form der Wiedergabe sei, z.B. Schriftwerke, dramatische oder dramatisch-musikalische Werke, musikalische Kompositionen mit oder ohne Text (Art. 2 Abs. 1). Die Fassung von 1908 bestimmt ferner, dass die Übereinkunft auch auf die Werke der Photographie und die durch ein analoges Verfahren hergestellten Werke anwendbar ist (Art. 3), dass die Schutzdauer das Leben des Urhebers und fünfzig Jahre nach seinem Tode umfasst (Art. 7 Abs. 1) und dass kinematographische Erzeugnisse den gleichen Schutz geniessen wie Werke der Literatur oder Kunst, wenn der Urheber durch den Plan der Inszenierung oder die Verbindung der dargestellten Begebenheiten - was hier unbestritten ist - dem Werk einen persönlichen Charakter verliehen hat (Art. 14 Abs. 2). Nach Art. 4 Abs. 4 der Fassung von 1908 sind unter veröffentlichten Werken im Sinne der Übereinkunft die herausgegebenen Werke zu verstehen; die Aufführung eines dramatischen, dramatisch-musikalischen oder musikalischen Werkes, die Ausstellung eines Kunstwerkes und die Errichtung eines Werkes der Baukunst sind keine Veröffentlichung. Eine Veröffentlichung im Sinne dieser Bestimmung, die von den spätern Fassungen im wesentlichen übernommen worden ist, liegt demnach nicht schon dann vor, wenn Interessenten vom Werk Kenntnis nehmen können, sondern erst dann, wenn es der Allgemeinheit in einer seiner Art entsprechenden Zahl von Ausfertigungen zur Verfügung gestellt wird. Das gilt auch für den Film. Dass die Fassung von 1908 kinematographische Werke in Art. 4 Abs. 4 nicht erwähnt und dass Filme in der Regel bloss vermietet, nach der Vorführung vom Vermieter zurückgenommen und nicht, wie z.B. Bücher oder Schallplatten, verkauft werden, steht dem nicht entgegen. Entscheidend ist weder die Vorführung noch die Rechtsform der Vermittlung, sondern dass der Urheber den Film zum Vertrieb freigibt und ihn dem breiten Publikum zugänglich macht. Das trifft zu, wenn der Film mit Zustimmung des Berechtigten in einer solchen Zahl von Kopien hergestellt und zum Vertrieb angeboten wird, dass der bei solchen Werken übliche Bedarf des Publikums gedeckt werden kann (vgl. BGE 96 II 409 S. 415 BAPPERT/WAGNER, Internationales Urheberrecht, München und Berlin 1956, S. 69; PL. BOLLA, in Le Droit d'Auteur 1954 S. 136). 4. Die Beklagte macht geltend, Chaplins Stummfilm sei erstmals in den Vereinigten Staaten von Amerika veröffentlicht worden, d.h. in einem Lande, das keiner der drei Fassungen der Übereinkunft beigetreten sei. Die Kläger bestreiten dies nicht, halten der Beklagten jedoch entgegen, dass der Film gleichzeitig auch in einem Verbandslande, nämlich in Kanada, herausgegeben worden sei. a) Grossbritannien hat am 14. Juli 1912, als es der revidierten Fassung der BUe von 1908 beitrat, Kanada ausdrücklich vom Beitritt ausgenommen (AS 1912 S. 572/573). Im Januar 1924 teilte es den Verbandsländern mit, dass Kanada als Dominium des Britischen Königreiches mit Wirkung ab 1. Januar 1924 der Übereinkunft beigetreten sei (AS 1924 S. 24). Am 10. April 1928 wurde Kanada selber ein Verbandsland (AS 1928 S. 237). Von 1924 bis 10. April 1928 gehörte Kanada somit als britische Kolonie und seitdem als selbständiger Mitgliedstaat dem Verbande an. Weder Grossbritannien noch Kanada haben vor oder nach 1925 eine von Art. 7 Abs. 1 BUe abweichende Schutzdauer eingeführt (vgl. Le Droit d'Auteur 1912 S. 18 und 1921 S. 87; MÖHRING/SCHULZE/ULMER/ZWEIGERT, Quellen des Urheberrechts I, unter Grossbritannien I S. 12 bzw. Kanada I S. 12). Gemäss Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Fassung von 1908 und 1928 genoss Chaplin daher in der Schweiz für den Stummfilm ohne Erfüllung einer Förmlichkeit die gleichen Rechte, die das schweizerische Gesetz den schweizerischen Urhebern einräumt, wenn er den Film in den Vereinigten Staaten und in Kanada gleichzeitig veröffentlichte. Unter der gleichen Voraussetzung steht ihm dieser Schutz seit 15. Dezember 1957 auch nach Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Fassung von 1948 zu, wobei die Karenzfrist von 30 Tagen (Abs. 3 letzter Satz) allerdings nicht berücksichtigt werden darf; wann gegebenenfalls die Schutzdauer gemäss BUe zu laufen begann, beurteilt sich ausschliesslich nach den Bestimmungen der 1925 geltenden Fassung. b) Es ist unbestritten, dass Chaplin den Stummfilm erstmals am 26. Juni 1925 in Hollywood vorführen liess. Dass diese Aufführung öffentlich war, hält das Obergericht nicht für erwiesen. In Würdigung des Beweises nimmt es vielmehr an, BGE 96 II 409 S. 416 Chaplin habe den Film erst von Mitte August 1925 an der Öffentlichkeit zur Verfügung halten wollen. Diese Feststellung über den Willen des Urhebers ist tatsächlicher Natur und bindet das Bundesgericht. Sie schliesst eine Veröffentlichung des Filmes vor dem 15. August 1925 aus. Eine Veröffentlichung liegt auch nach der Auffassung der Beklagten nur vor, wenn der Urheber das Werk in der Absicht aus der Hand gibt, es Dritten zugänglich zu machen. Die Aufführung in New York fand nach der Behauptung der Beklagten am 15., nach jener der Kläger in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1925 als "Mitternachtspremière" statt. Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, auf welche Behauptung das Obergericht abstellte. Wie es sich damit verhält, kann offen bleiben, denn in der Berufung nimmt die Beklagte ebenfalls an, der Stummfilm sei in der Nacht vom 15. auf den 16. August 1925 in New York aufgeführt worden. Von diesem Tag an wurde der Film, was unbestritten ist, mit Zustimmung Chaplins und gestützt auf Verleihverträge der United Artists Corporation in zahlreichen Kinotheatern der Vereinigten Staaten gezeigt, hatte folglich in diesem Lande als veröffentlicht zu gelten. c) Die Kläger machen geltend, der Stummfilm sei vom 16. August 1925 an, als er erstmals in Kanada aufgeführt wurde, auch in diesem Lande ununterbrochen bis 31. Dezember 1925 in vielen Theatern gezeigt worden, womit das Erfordernis gleichzeitiger Veröffentlichung in einem Verbandslande erfüllt sei. Die Beklagte bestreitet die Erstaufführung vom 16. August 1925 im "Regent Theatre" in Toronto nicht; sie stellt dagegen in Abrede, dass eine Veröffentlichung des Films in Kanada von diesem Tage an bewiesen sei. Die Kläger hätten nicht dargetan, dass damals in Kanada eine Vertriebsstelle bestanden, diese über genügend Kopien verfügt und mit dem Verleih des Filmes durch Abschluss von Verträgen begonnen habe. Jedenfalls habe die Erstaufführung in Toronto nicht zu gleicher Zeit wie diejenige in New York stattgefunden, da jene Stadt bedeutend westlicher liege als diese. aa) Zum Beweise ihrer Behauptung, dass der Stummfilm vom 16. August bis zum 26. September 1925 ununterbrochen im "Regent Theatre" in Toronto und vom 16. August bis 31. Dezember 1925 in 98 weitern Kinotheatern Kanadas gezeigt worden sei, beriefen die Kläger sich auf das Kontrollbuch (ledger) BGE 96 II 409 S. 417 der United Artists Corporation. Die Vorinstanz hält dafür, die Behauptung der Kläger lasse sich anhand dieses Buches nicht beweisen, weil es keine Angaben über Daten und den Titel des Films enthalte. Diese Feststellung beruht, wie die Kläger mit Recht einwenden, offensichtlich auf einem Versehen. Der Stummfilm wird im Kontrollbuch auf vielen Seiten, die z.B. Aufführungen in Montreal, Toronto und Winnipeg betreffen, mit dem Titel "Gold Rush" oder der abgekürzten Überschrift "Rush" erwähnt. Auch weist das Buch in der diesem Film vorbehaltenen Kolonne zahlreiche den Eintragungen mit Bleistift beigefügte Daten in angelsächsischer Schreibweise (Monat, Tag, Jahr) auf. Ob das Bundesgericht das Versehen von sich aus berichtigen könnte oder die Sache wegen Beweiseinreden der Beklagten an die Vorinstanz zurückweisen müsste, kann dahingestellt bleiben. Das Obergericht hält gestützt auf Zeitungsausschnitte, insbesondere ein Inserat, das am 28. August 1925 in der amerikanischen Zeitschrift "The Film Daily" erschien und den Stummfilm anpries, für erwiesen, dass der Film nach dem Willen Chaplins vom 16. August 1925 an als veröffentlicht gelten sollte und dem Publikum nicht bloss in den Vereinigten Staaten, sondern auch in Kanada für öffentliche Aufführungen zur Verfügung stand. Das ist Beweiswürdigung, die das Bundesgericht bindet. bb) Dem Umstand, dass die United Artists Corporation in Kanada kein Vertriebszentrum errichtete, hat das Obergericht mit Recht keine Bedeutung beigemessen. Die Verbreitung eines Filmwerkes kann vom Hersteller und seiner Verleihgesellschaft, zumal wenn es sich wie hier um Nachbarländer handelt, auch von einem fremden Lande aus organisiert und besorgt werden. Nicht massgebend ist ferner, wann die Verleihverträge abgeschlossen wurden. Gewiss bedingt die Ausgabe eines Filmwerkes eine Reihe von Vorbereitungen, zu denen unter Umständen auch der Abschluss von Verleihverträgen gehört. Entscheidend ist indes allein, dass der Film in einer genügenden Zahl von Kopien bereitgestellt und zur Aufführung angeboten wird. Das Erfordernis eines ausreichenden Angebotes darf dabei freilich nicht überwertet werden. Ein Film wird im Gegensatz z.B. zu literarischen oder musikalischen Werken gewöhnlich bloss vermietet, weshalb die gleichen Kopien wiederholt abgegeben werden können. Auch kommt für die Frage der Veröffentlichung BGE 96 II 409 S. 418 nichts darauf an, ob ein Film Erfolg habe oder nicht. Von einem Hersteller darf zudem in einem Falle, wie hier, vernünftigerweise nicht verlangt werden, dass er eine bereits mehr als 40 Jahre zurückliegende Herausgabe eines Filmes bis in alle Einzelheiten nachweise. Es genügt, wenn er Tatsachen dartut, die den Rückschluss zulassen, er habe seinerzeit die handelsübliche Zahl von Kopien zu öffentlichen Aufführungen bereitgehalten und angeboten. Solche Tatsachen haben die Kläger nach dem angefochtenen Urteil dargetan. Das Obergericht nimmt als bewiesen an, dass der Stummfilm mit dem Willen des Herstellers Dritten vom 16. August 1925 an uneingeschränkt für öffentliche Vorführungen zur Verfügung stand und die Erstaufführungen in New York und Toronto den Auftakt zu seinem Verleih bildeten. Diese Annahme schliesst in sich, dass Chaplin bereit war, den Film sowohl in Kanada wie in den Vereinigten Staaten zu verbreiten, und dass er über die hiezu nötigen Kopien verfügte. Nachdem feststeht, dass er den Film durch dieselbe Verleihgesellschaft und die gleichen Inserate in beiden Ländern zur öffentlichen Aufführung anpreisen liess, ist übrigens nicht zu ersehen, wie die Beklagte die Veröffentlichung in einem Lande bejahen, im andern dagegen verneinen kann. cc) Schliesslich lässt sich im Ernst auch nicht bestreiten, dass der Stummfilm in beiden Ländern gleichzeitig veröffentlicht worden ist. Gewiss ist die Karenzfrist von 30 Tagen erst 1948 in Art. 4 Abs. 3 BUe aufgenommen worden. Das heisst indes nicht, die in den früheren Fassungen enthaltene Bestimmung über die gleichzeitige Veröffentlichung eines Werkes in zwei Ländern sei wörtlich zu nehmen; sie kann bei sinn- und zweckentsprechender Auslegung nicht besagen, die Veröffentlichung müsse im verbandsfremden und im Verbandslande am gleichen Kalendertag oder gar, wie die Beklagte anzunehmen scheint, in der gleichen Stunde erfolgen, unbekümmert um die Lage der Länder, die Entfernungen der Aufführungsorte und die ortsüblichen Öffnungszeiten für Filmtheater. Entscheidend ist, ob der Film nach dem Vorgehen des Berechtigten in beiden Ländern nicht in zeitlich getrennten Aktionen, sondern in einem Zuge zur Verbreitung angeboten wird. Dies aber traf hier zu. Die einheitliche Werbung in den Vereinigten Staaten und in Kanada sowie die Erstaufführungen in New York und Toronto, die wie das Obergericht feststellt, den Auftakt zum Verleih des BGE 96 II 409 S. 419 Filmes in den beiden Ländern bildeten, lassen daran nicht zweifeln. d) Hat somit der Stummfilm in Kanada und in den Vereinigten Staaten als gleichzeitig veröffentlicht zu gelten, so geniesst Chaplin dafür nach Art. 4 Abs. 1 bis 3 BUe in der Schweiz den gleichen Schutz, den das schweizerische Gesetz den schweizerischen Urhebern gegen Verletzung ihrer Rechte gewährt. Solche Verletzungen hat die Beklagte im November 1962 dadurch begangen, dass sie seinen Stummfilm in der von der Atlas-Filmverleih GmbH hergestellten Fassung zur "Neu-Aufführung" in der Schweiz anbot; denn es handelte sich bei dieser Fassung im wesentlichen um eine unerlaubte Wiedergabe ( Art. 12 Abs. 1 Ziff. 1 URG ), zum Teil um eine widerrechtliche Bearbeitung ( Art. 13 Abs. 1 URG ). Die Roy Export Company hat sich Ende 1955 die Verwertungsrechte am Stummfilm vom Hersteller abtreten lassen. Sie ist deshalb befugt, wegen der von der Beklagten begangenen Verletzungen solcher Rechte zu klagen und Rechtsschutz gegen weitere Verletzungen zu verlangen. Die Beklagte hat diese Befugnis nach dem angefochtenen Urteil übrigens ausdrücklich anerkannt. 5. Das Bühnenstück wurde am 16. März 1925 auf Antrag Chaplins beim amerikanischen Urheberrechtsamt als nicht für den Verkauf bestimmt registriert und zuhanden des Amtes in der Bibliothek des Kongresses hinterlegt. Es ist bisher weder vervielfältigt noch herausgegeben worden, kann folglich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht als veröffentlicht im Sinne von Art. 4 Abs. 4 BUe gelten. Für ein unveröffentlichtes Werk kann Chaplin sich aber schon als Angehöriger eines Verbandslandes auf den Schutz der BUe berufen (Art. 4 Abs. 1). Nach der Auffassung der Beklagten ist das Bühnenstück nichts anderes als die Wiedergabe des mit den Schauspielern gedrehten Stummfilms, also kein selbständiges Werk, sondern ein Nebenprodukt des Filmes. Das Obergericht ist dieser Auffassung nicht gefolgt; es hat seinem Urteil vielmehr die Darstellung der Kläger zugrunde gelegt, wonach es sich beim Stummfilm um eine Bearbeitung des Bühnenstückes handelt, das im Film in eine Pantomime umgestaltet und um hauptsächlich filmische Szenen erweitert worden sei. Das Obergericht hält der Beklagten entgegen, dass sie die Darstellung der Kläger im einzelnen nicht bestritten und widerlegt habe, obschon sie sich dazu wiederholt BGE 96 II 409 S. 420 habe äussern können, insbesondere gestützt auf ein privates Gutachten, das sich eingehend mit den Unterschieden der beiden Werke befasse und von den Klägern schon mit der Klageschrift eingereicht worden sei; auf die behaupteten Unterschiede könne deshalb abgestellt werden. Diese Annahme des Obergerichts stützt sich teils auf Beweiswürdigung, teils auf kantonales Verfahrensrecht und kann mit der Berufung nicht angefochten werden (Art. 43 Abs. 1, 5 Abs. 1it. c OG). Dass sie aufeiner Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften oder offensichtlich auf Versehen beruhe, behauptet die Beklagte nicht. Das Bundesgericht ist daher nicht befugt, von einem andern als dem festgestellten Sachverhalt auszugehen. Nach diesem handelt es sich aber um zwei inhaltlich verschiedene Werke, von denen das eine als das Original (Bühnenstück), das andere (Stummfilm) als dessen Bearbeitung anzusprechen ist. Solche Werke sind sowohl nach Art. 2 Abs. 1 und 2 BUe wie nach Art. 13 URG in gleicher Weise geschützt. Chaplin hat die Auswertungsrechte am Stummfilm (und am Tonfilm), nicht aber jene am Bühnenstück auf die Roy Export Company übertragen. Ob er durch die unerlaubte Wiedergabe und Bearbeitung des Stummfilms und durch das Verhalten der Beklagten, die den rechtswidrig hergestellten Film anbot, auch in seinen Urheberrechten am Bühnenstück, dem Originalwerk, verletzt worden sei, braucht nicht geprüft zu werden. Er ist durch das Vorgehen der Monopol-Films AG und deren Rechtsvorgängerin, wie noch näher ausgeführt wird, jedenfalls in seinem Urheberpersönlichkeitsrecht betroffen worden. Offen bleiben kann auch, ob Urheberrechte am Tonfilm verletzt worden seien, denn diese Rechte sind nach den eigenen Angaben der Kläger nicht Gegenstand des Prozesses. 6. Nach schweizerischer Rechtsauffassung und Gesetzgebung ist der Urheber nicht nur in seinen vermögensrechtlichen Befugnissen am Werk, sondern auch in seinen persönlichen Beziehungen zum Werk, d.h. in seinem Urheberpersönlichkeitsrecht (droit moral) geschützt, das als Teil oder besondere Seite des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes aufgefasst wird. Der Schutz des Urheberpersönlichkeitsrechtes ergibt sich teils aus Vorschriften des URG, wie z.B. aus Art. 43 Zifl. 1 und 2, vor allem aber aus den Bestimmungen der Art. 28 ZGB und 49 OR, die in Art. 44 Satz 2 URG denn auch ausdrücklich vorbehalten werden. Er ergibt sich ferner aus Art. 6bis BUe, BGE 96 II 409 S. 421 der erstmals in der 1928 in Rom vereinbarten Fassung vorkommt. Durch seine Zustimmung (AS 1931 S. 461) erklärte der schweizerische Gesetzgeber diese Vorschrift im internationalen Verhältnis auch für die Schweiz als anwendbar, hielt eine Ergänzung des URG aber für unnötig, weil die in Art. 6bis umschriebenen Befugnisse des Urhebers schon nach Art. 28 ZGB in genügender Weise geschützt seien (BBl 1930 II 113; BGE 58 II 308 Erw. 5, BGE 69 II 57 /58, BGE 84 II 573 ). a) Gemäss Art. 6bis Abs. 1 BUe (Fassung von 1948) behält der Urheber unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Abtretung insbesondere das Recht, sich jeder Entstellung, Verstümmelung oder sonstigen Änderung oder jeder anderen Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen, welche seiner Ehre oder seinem Ruf nachteilig sein könnten. Der Urheber braucht also keine Schmälerung seines Ansehens nachzuweisen; es genügt, dass die Änderung oder Beeinträchtigung des Werkes geeignet sind, sich nachteilig auf seine Ehre oder seinen Ruf auszuwirken. Nach BAPPERT/WAGNER (a.a.O. S. 87 N. 5 zu Art. 6bis BUe) hat er gegenüber einem Dritten, der das Werk ohne seine Erlaubnis ändert, sogar einen absoluten Anspruch auf Unterlassung, gleichviel ob das Werk durch die Änderung entstellt oder verstümmelt, berichtigt oder wertvoll ergänzt wird; der Urheber habe unter Vorbehalt der einzelnen Landesgesetze allein und ausschliesslich das Recht, darüber zu befinden, in welcher Form das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden soll. Rechtsschutz gemäss Art. 28 ZGB kann beanspruchen, wer in seinen persönlichen Verhältnissen unbefugterweise verletzt wird. Wann eine unerlaubte Änderung eines Werkes durch einen Dritten die persönlichen Interessen des Urhebers im Sinne dieser Bestimmung verletzt, entscheidet sich nicht allgemein, sondern hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Beschaffenheit und Art des Werkes sowie der Persönlichkeit des Urhebers ab. Ein dramatisches Werk hängt mit dem Verfasser naturgemäss viel enger zusammen als z.B. ein wissenschaftliches, lässt folglich kaum wesentliche Änderungen zu, ohne dass es entstellt und der Urheber in seinen persönlichen Interessen verletzt wird. Das gilt umsomehr, wenn das Werk, wie hier, verfilmt wird und der Urheber im Film die Hauptrolle spielt. Je mehr aber ein Werk Ausdruck der persönlichen Eigenart des Urhebers und das Ergebnis einer individuellen BGE 96 II 409 S. 422 Geistestätigkeit desselben ist und je stärker die Beziehung der Urheberpersönlichkeit zum Werk ist, desto eher ist bei Änderungen durch Dritte eine Verletzung im Sinne von Art. 28 ZGB anzunehmen (vgl. BGE 69 II 59 ; EGGER, N. 15 zu Art. 28 ZGB ). b) Im vorliegenden Falle sind die Bande zwischen Urheber und Werk besonders eng und vielseitig. Chaplin ist nicht nur Autor, Regisseur und Hersteller, sondern auch Hauptdarsteller des Filmes "The Gold Rush", der übrigens zu den Meisterwerken der Filmkunst gehört (vgl. Der Grosse Brockhaus, 16. Aufl. Bd. II S. 578). Im Jahre 1942 hat er ihn in einen Tonfilm umgestaltet, wobei er die Musik selber auswählte und zusammenstellte, den Begleittext selber schrieb und sprach. Bei einem Filmwerk, das derart Ausdruck seiner künstlerischen Eigenart ist und den Stempel seiner Persönlichkeit trägt, kann Chaplin aber mit guten Gründen behaupten, dass es durch die Musik eines andern erheblich beeinträchtigt wird, welches auch immer der innere Wert oder Gehalt dieser Musik sein mag. Ebenso ist zu verstehen, dass Chaplin durch die unbefugten Eingriffe Dritter sich in seinen künstlerischen Empfindungen und ideellen Interessen verletzt fühlt, ohne dass er dies im einzelnen darzutun braucht. Bei der Vielfalt von Komik und Mimik, die den Film auszeichnen, ist die Gefahr in der Tat gross, dass ein Dritter Vorstellungen des Künstlers über die Wirkungen filmischer Szenen auf das Publikum missversteht, die Musik deswegen nicht auf das Geschehen abzustimmen weiss und dadurch Eindrücke, die das Werk vermitteln will, verfälscht oder zunichte macht. Dass Chaplin sich zur Stummfilmzeit in jedem Kinotheater beliebige Begleitmusik zu seinem Film gefallen lassen musste, wie von der Beklagten behauptet wird, hilft darüber nicht hinweg. Diese Musik war nicht Bestandteil des Werkes, wie es die von Konrad Elfers beigefügte Musik sein will. Ebensowenig hilft der Beklagten, dass Elfers der von Chaplin zusammengestellten Musik zum Tonfilm aus dem Wege gegangen ist. Die Vorinstanz hält der Beklagten mit Recht entgegen, dass die von der Atlas-Filmverleih GmbH hergestellte Fassung sich gerade deshalb als wesentliche Änderung des Werkes erweist; denn eine dem Film in den Einzelheiten nicht angepasste Musik ist geeignet, vom Stummfilm bezweckte Wirkungen beim Publikum zu mindern oder zu verfälschen, den Hersteller des BGE 96 II 409 S. 423 Werkes folglich in seinen persönlichen Interessen zu verletzen. Durch das Verhalten der Beklagten, die einen unter Verletzung von Urheberrechten hergestellten Film feilgeboten hat, ist Chaplin somit jedenfalls in seinen persönlichen Interessen betroffen worden. Er ist folglich ebenfalls berechtigt, Rechtsschutz gegen Verletzung seiner Rechte zu verlangen. II Gemäss Art. 54 Abs. 1 URG kann der Richter im Falle der zivil- oder strafrechtlichen Verurteilung unter anderem die Zerstörung der unter Verletzung des Urheberrechtes hergestellten oder in Verkehr oder an die Öffentlichkeit gebrachten Exemplare des Werkes verfügen. Das Obergericht hat die Beklagte zivilrechtlich verurteilt, das Begehren der Kläger auf Zerstörung der beschlagnahmten Filmkopie aber abgelehnt. Es begründet dies insbesondere damit, die Zerstörung sei nach der Rechtsprechung angebracht, wenn unrechtmässig hergestellte Werke trotz allen Massnahmen immer wieder im Verkehr auftauchten. Diese Gefahr bestehe hier nicht, da die Kläger bisher nur gegen die Atlas- Filmverleih GmbH und die Monopol-Films AG hätten einschreiten müssen und die Beklagte seit ihrer Verwarnung im Jahre 1962 nichts mehr unternommen habe; sie habe sich vielmehr bereit erklärt, von der Auswertung ihres Films in der Schweiz bis zum Abschluss des in Deutschland hängigen Verfahrens abzusehen. Es könne deshalb angenommen werden, dass die Beklagte sich auch ohne Zerstörung der beschlagnahmten Kopie an das ihr vom Gericht auferlegte Verbot halte. Diese Auffassung verletzt das Gesetz nicht. Art. 54 URG ist eine Kannvorschrift, die dem Richter auch beim Vorliegen der darin erwähnten Voraussetzung ein gewisses Ermessen lässt. Dieses ist freilich kein völlig freies, ungebundenes. Wie das Bundesgericht in BGE 88 II 49 ausgeführt hat, ist die Vernichtung eines widerrechtlich hergestellten Films gerechtfertigt, wenn seine Verleihung nur so mit Sicherheit verhindert werden kann. Es müssen also Gründe vorliegen, die eine weitere Verletzung nicht bloss als objektiv möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Die Vorinstanz hat eine solche Gefahr verneint, ohne das ihr zustehende Ermessen zu überschreiten. Zu bedenken ist auch, dass Chaplins Stummfilm in verschiedenen BGE 96 II 409 S. 424 Ländern nicht mehr geschützt ist, dort folglich auch in der von der Atlas-Filmverleih GmbH hergestellten Fassung aufgeführt werden darf. Das gleiche gilt - was sich durch Umkehrschluss aus Art. 12 Abs. 1 Ziff. 3 URG ergibt - für private Aufführungen (vgl. Art. 22 URG ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Berufung und Anschlussberufung werden abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich (I. Zivilkammer) vom 3. März 1970 wird bestätigt.
public_law
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1,970
CH_BGE
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CH
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8862cc24-a552-4b7f-bf8b-fe388d46764b
Urteilskopf 101 Ia 264 44. Auszug aus dem Urteil vom 11. Juli 1975 i.S. Gemeinde Täsch gegen Staatsrat des Kantons Wallis.
Regeste Gemeindeautonomie; Anwendung kommunaler Bauvorschriften (Wallis). Dem Walliser Staatsrat steht als Beschwerdeinstanz in Bausachen - auch in bezug auf die Anwendung des autonomen Baurechtes der Gemeinden - eine uneingeschränkte Rechts- und Ermessenskontrolle zu. Eine Autonomieverletzung durch Überschreitung der Überprüfungsbefugnis ist damit ausgeschlossen. Gegenüber einer zur Ermessenskontrolle befugten kantonalen Beschwerdeinstanz besteht der Schutz der Gemeindeautonomie einzig darin, dass der Rechtsmittelentscheid nicht auf einer willkürlichen Handhabung autonomen Gemeinderechtes beruhen darf.
Erwägungen ab Seite 264 BGE 101 Ia 264 S. 264 Aus den Erwägungen: 2. Streitig ist die Auslegung und Anwendung des kommunalen Baureglementes. Dessen Vorschriften stellen in bezug auf jene Fragen, die im kantonalen Recht keine abschliessende Regelung erfahren haben und bei denen der Gemeinde eine relative Entscheidungsfreiheit zusteht, autonomes Recht dar; die Gemeinden können sich gegenüber dem Entscheid einer kantonalen Behörde, welche als Rechtsmittelinstanz über die BGE 101 Ia 264 S. 265 Anwendung solcher Vorschriften zu befinden hat, auf den Schutz ihrer Autonomie berufen ( BGE 100 Ia 204 ). Die Autonomie ist verletzt, wenn die kantonale Rechtsmittelinstanz ihre Überprüfungsbefugnis überschreitet oder die Vorschriften des autonomen Rechtes willkürlich anwendet ( BGE 100 Ia 203 E. 2a mit Hinweisen). Soweit nicht Verfassungsrecht im Spiele steht, prüft das Bundesgericht im Rahmen einer Autonomiebeschwerde die Auslegung der kantonalen Normen durch die zuständige kantonale Behörde - auch hinsichtlich des Umfanges der Überprüfungsbefugnis - nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür ( BGE 100 Ia 84 mit Hinweisen.). 3. a) Die Walliser Kantonsverfassung gewährleistet den Gemeinden eine gewisse Selbständigkeit (Art. 69 KV), doch umschreibt sie deren sachlichen Bereich nicht selber ( BGE 100 Ia 84 ). Der Umfang der kommunalen Rechtssetzungsbefugnis ergibt sich vielmehr aus dem kantonalen Gesetzesrecht, und nach diesem bestimmt sich - mangels einer besonderen Verfassungsvorschrift - auch die Frage, wieweit die Gemeinden bei der Anwendung ihres Rechtes der Kontrolle einer kantonalen Rechtsmittelinstanz unterworfen sind. b) Das kantonale Baugesetz vom 19. Mai 1924 (BauG) ordnet das Bauwesen nicht erschöpfend. Es enthält selber keine baupolizeilichen Vorschriften, sondern beschränkt sich darauf, in Art. 4 die Gemeinden zum Erlass von Reglementen über die Baupolizei zu ermächtigen und in den Art. 8/9 den obligatorischen und fakultativen Gegenstand dieser Reglemente festzulegen. Unter diesen Umständen ist ohne weiteres anzunehmen, dass die beschwerdeführende Gemeinde beim Erlass ihres Baureglementes jedenfalls in bezug auf die hier streitigen Fragen eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit besass und dass die im vorliegenden Fall für die Erteilung der Baubewilligung massgebenden Vorschriften des BauR im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung autonomes Gemeinderecht darstellen. Dass sämtliche kommunalen Reglemente, insbesondere auch die Baureglemente, der Genehmigung des Staatsrates bedürfen (Art. 82 Abs. 2 KV, Art. 6 BauG), ändert daran nichts. Auch der Staatsrat stellt dies nicht in Abrede. c) Streitig ist jedoch der Umfang der Überprüfungsbefugnis, die der Staatsrat als Beschwerdeinstanz bei der Anwendung BGE 101 Ia 264 S. 266 dieses autonomen Gemeinderechtes für sich in Anspruch nehmen kann. Beide Seiten berufen sich auf Art. 21 des Staatsratsbeschlusses "über das Verwaltungsverfahren vor dem Staatsrat und seinen Departementen" vom 11. Oktober 1966 (VWV), der wie folgt lautet: "1 Mit der Beschwerde können alle Rechtsverletzungen, die Unangemessenheit des Inhalts der Verfügung sowie die unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhaltes geltend gemacht werden. Ermessensmissbrauch und Ermessensüberschreitung gelten als Rechtsverletzung. 2 In Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinde ist die Rüge der Unangemessenheit unzulässig." Der Staatsrat vertritt die Auffassung, dass das Bauwesen zum übertragenen Wirkungskreis der Gemeinden gehöre, weshalb er gemäss Art. 21 Abs. 1 VWV als Rechtsmittelinstanz im Baubewilligungsverfahren den Entscheid der kommunalen Behörde in jeder Hinsicht frei, d.h. auch auf seine Angemessenheit hin überprüfen könne. Die Gemeinde hingegen macht geltend, die Behandlung von Baugesuchen gehöre "ohne Zweifel" zum eigenen Wirkungskreis, weshalb der Staatsrat auf eine blosse Rechtskontrolle beschränkt sei. Das Bundesgericht seinerseits hat die Frage, ob die Walliser Gemeinden bei der Ausübung der ihnen im Bauwesen zustehenden Befugnisse im Rahmen des eigenen oder des übertragenen Wirkungskreises handeln, in früheren Entscheiden offen gelassen ( BGE 100 Ia 86 ; nicht publiziertes Urteil i.S. Gemeinde Saas-Fee vom 13. November 1968 E. 3). Die erwähnte Unterscheidung, welche der Staatsrat, offenbar in Anlehnung an die frühere Autonomierechtsprechung, bei der Regelung der Kognition in Art. 21 VWV als Abgrenzungskriterium verwendet hat, ist heute für die Bestimmung des autonomiegeschützten Bereiches nicht mehr massgebend ( BGE 93 I 432 , 158). Sie behält jedoch ihre Bedeutung für die Frage nach der der kantonalen Rechtsmittelinstanz zustehenden Kognition, soweit sich diese nach Art. 21 VWV bestimmt ( BGE 100 Ia 86 ). Die Beschwerdeführerin stellt die Verfassungsmässigkeit der in Art. 21 VWV getroffenen Regelung nicht in Zweifel. Streitig ist einzig, ob diese vom Staatsrat erlassene Vorschrift hier richtig ausgelegt und angewendet wird, was das Bundesgericht nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft. Da der zur Bestimmung der Kognition verwendete BGE 101 Ia 264 S. 267 Begriff des "eigenen Wirkungskreises der Gemeinde" dem übrigen positiven kantonalen Recht offenbar unbekannt ist, darf der Auffassung, die der Staatsrat hinsichtlich der Handhabung dieses von ihm selber eingeführten Kriteriums vertritt, von vornherein ein gewisses Gewicht beigemessen werden. Die Unterscheidung zwischen eigenem und übertragenem Wirkungskreis ist schon begrifflich nicht ganz klar (vgl. dazu JACQUES MEYLAN, Problèmes actuels de l'autonomie communale, ZSR 91/1972 II S. 31-39) und sie bereitet auch in der praktischen Anwendung bisweilen Schwierigkeiten (vgl. etwa BGE 93 I 159 ). Angesichts der beschränkten Kognition des Bundesgerichtes bedarf die Frage hier indessen keiner einlässlichen Erörterung; die Annahme, der Staatsrat habe im vorliegenden Fall gemäss Art. 21 Abs. 1 VWV über eine uneingeschränkte Kognition verfügt, hält jedenfalls dem Vorwurf der Willkür stand. Vorweg ist festzuhalten, dass die Walliser Gemeinden bei der Anwendung des öffentlichen Baurechts, auch abgesehen von der Kontrolle durch Rechtsmittelinstanzen, nur beschränkt selbständig sind; denn zur Erstellung von Bauten ist neben der Bewilligung des Gemeinderates regelmässig auch eine solche der kantonalen Baukommission einzuholen, welche das Projekt umfassend auf seine Vereinbarkeit mit dem kantonalen und eidgenössischen Recht (Gesundheitspolizei, Feuerpolizei, Gewässerschutz, Schutz des Orts- und Landschaftsbildes, baupolizeiliche Mindestanforderungen usw.) zu prüfen hat und im Baubewilligungsverfahren weitgehende Eingriffsmöglichkeiten besitzt (Verordnung über die Organisation und die Befugnisse der kantonalen Baukommission vom 13. Januar 1967; vgl. dazu P. MÜLLER, Die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Wallis, Diss. St. Gallen 1969, S. 92 Anm. 353). Schon dies legt den Schluss nahe, der Entscheid über Baugesuche sei keine "Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises" im Sinne von Art. 21 Abs. 2 VWV. Dass der Staatsrat als Beschwerdeinstanz in Bausachen eine uneingeschränkte Überprüfungsbefugnis besitzt, lässt sich überdies ohne Zwang auch aus den Vorschriften des kantonalen Baugesetzes von 1924 herleiten. Dieses spricht einleitend in Art. 2 Abs. 1 in allgemeiner Weise von den "Lasten, die mit einem Grundstück laut den Bestimmungen des gegenwärtigen Gesetzes und den bezüglichen Reglementen verbunden sind" und erklärt in Art. 2 Abs. 2: "Die Streitigkeiten über die Beschaffenheit BGE 101 Ia 264 S. 268 und Tragweite dieser Lasten werden endgültig durch den Staat entschieden" (franz. Text: "Les contestations sur la nature et la portée de ces charges sont tranchées, sans recours, par le Conseil d'Etat"). Das heisst zunächst, dass der Staatsrat über Streitigkeiten im Gebiete des öffentlichen Baurechts letztinstanzlich entscheidet; darüber hinaus erlaubt die Formulierung der Vorschrift ohne Willkür aber auch den Schluss, dass der Staatsrat als Beschwerdeinstanz die Auslegung und Anwendung der kommunalen Baureglemente in gleicher Weise zu überprüfen hat wie die Handhabung kantonalrechtlicher Vorschriften und dabei, mangels gegenteiliger Regelung, in beiden Bereichen auch über Fragen des Ermessens befinden kann. Die Auslegung, die der Staatsrat Art. 21 VWV gibt, ist insoweit durch das BauG gedeckt. d) Ist aber davon auszugehen, dass der Staatsrat als Beschwerdeinstanz im vorliegenden Falle auch die Handhabung des Ermessens überprüfen konnte, so erweist sich die Autonomie der Gemeinde nicht bereits dann als verletzt, wenn der aufgehobene Entscheid des Gemeinderates noch im Rahmen des rechtlich Zulässigen liegt und auf einer haltbaren Ausübung der Ermessens beruht. Eine dahingehende Rüge könnte nur dort vorgebracht werden, wo die kantonale Behörde auf eine Rechtskontrolle beschränkt ist. Gegenüber einer mit freier Überprüfungsbefugnis ausgestatteten Beschwerdeinstanz besteht indessen der Schutz der Gemeindeautonomie einzig darin, dass der Sachentscheid der Rechtsmittelbehörde seinerseits nicht auf einer willkürlichen Handhabung autonomen Gemeinderechts beruhen darf ( BGE 99 Ia 254 ; Urteil vom 22. Mai 1974 i.S. Gemeinde Schwyz, publiziert in ZBl 1974 S. 431 ff.). Nur unter diesem letzteren Gesichtswinkel ist der angefochtene Entscheid im folgenden zu prüfen.
public_law
nan
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1,975
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
886616b7-8ca5-4b0a-a79e-5a8c1075a68e
Urteilskopf 114 Ia 101 17. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 18 avril 1988 dans la cause C. contre Bureau de l'assistance judiciaire du canton de Vaud (recours de droit public)
Regeste Art. 4 BV ; Anspruch auf Bestellung eines unentgeltlichen Rechtsbeistandes. 1. Der Umstand allein, dass der Rechtsuchende seine unentgeltlichen Anwälte der Reihe nach ersetzt haben will oder dass diese selbst verlangen, von ihrer Aufgabe befreit zu werden, genügt nicht, eine Sache als aussichtslos zu betrachten, oder anzunehmen, dass ein vernünftiger Mensch einen solchen Prozess nicht führen würde (E. 2). 2. Wer das Vertrauen in seinen unentgeltlichen Rechtsbeistand verloren hat, ohne dass hiefür objektive Gründe vorhanden sind, hat nicht Anspruch auf Ernennung eines andern Anwalts als unentgeltlichen Rechtsbeistand (E. 3). 3. Erweist sich eine Partei im Bereich, auf den sich der Prozess bezieht, als urteilsunfähig, sind zu ihrem Schutz zusätzlich zur unentgeltlichen Rechtspflege geeignete vormundschaftliche Massnahmen anzuordnen (E. 4).
Erwägungen ab Seite 101 BGE 114 Ia 101 S. 101 Extrait des considérants: 2. Selon la jurisprudence constante du Tribunal fédéral, la partie nécessiteuse a droit à l'assistance judiciaire pour mener un BGE 114 Ia 101 S. 102 procès non dénué de chances de succès. Le Tribunal fédéral doit d'abord examiner si les dispositions cantonales réglant la matière ont été appliquées de manière arbitraire. Si tel n'est pas le cas, il examine alors librement si le droit à l'assistance judiciaire découlant directement de l' art. 4 Cst. est violé ( ATF 113 Ia 12 consid. 2, ATF 112 Ia 9 consid. 2, ATF 105 Ia 113 , 299). L'art. 1er de la loi vaudoise sur l'assistance judiciaire en matière civile pose le principe de l'assistance à la personne physique qui ne peut faire face aux frais du procès. Il dispose que l'assistance est refusée: a) si le requérant ne se trouve pas dans l'état d'indigence déterminant; b) s'il apparaît clairement que les prétentions ou les moyens de défense du requérant sont mal fondés; c) s'il apparaît clairement que le procès ne serait pas engagé ou soutenu par un plaideur raisonnable plaidant à ses propres frais. L'art. 13 de la même loi dispose que d'office ou sur requête d'une partie, du conseil d'office ou du juge saisi, le Bureau peut soumettre sa décision à un nouvel examen. C'est cette dernière disposition que l'autorité intimée a invoquée à l'appui de la décision critiquée. Le nouvel examen prévu par l'art. 13 ne peut avoir pour objet que les conditions d'octroi ou de refus de l'assistance déterminées par l'art. 1er. En l'espèce, la question de l'indigence du recourant n'est pas litigieuse. L'autorité cantonale a invoqué uniquement le fait que le recourant a demandé à trois reprises que le conseil d'office désigné soit remplacé, car il ne fait pas confiance à ses défenseurs. Une telle circonstance ne saurait rentrer dans les conditions de refus ou de retrait de l'assistance énumérées par l'art. 1er al. 2 lettres b et c de la loi cantonale. Le seul fait que le requérant veut faire relever ses conseils successifs, ou que ceux-ci demandent eux-mêmes à être déchargés de leur tâche, ne suffit pas à démontrer que les prétentions ou moyens de défense du requérant sont mal fondés ou que le procès ne serait pas soutenu ou engagé par un plaideur raisonnable. La réunion de telles circonstances est éminemment improbable s'agissant d'un défendeur à une action d'état, en première instance (HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich p. 168). Il semble au contraire que la procédure de divorce pendante depuis 1984 soit compliquée, vu sa durée et le fait qu'un notaire a dû être mis en oeuvre pour proposer la liquidation du régime matrimonial. On ne voit guère comment une BGE 114 Ia 101 S. 103 partie ignorante du droit pourrait faire face aux problèmes soulevés par une telle action sans être assistée (cf. ATF 110 Ia 28 ). C'est donc à bon droit que le recourant se prévaut des difficultés de l'instruction et se déclare incapable de faire valoir ses droits devant l'autorité de jugement, d'autant plus que la langue française dont il doit se servir à cette fin ne lui est en tout cas pas familière, comme cela découle indubitablement des explications de l'avocat P. L'autorité cantonale n'a même pas constaté que certains des procédés du recourant étaient voués à l'échec ou ne seraient pas soulevés par un plaideur raisonnable. On ignore en effet tout des divergences de vues qui semblent s'être manifestées entre le recourant et ses deux premiers conseils. Sans doute, dans son mémoire, l'autorité intimée déclare-t-elle que l'avocat M. avait préparé avec l'accord du recourant une convention sur les effets accessoires du divorce au moment où C. changea d'avis et émit des prétentions déraisonnables que l'avocat ne pouvait soutenir. Cette affirmation n'est appuyée par aucune pièce du dossier, pas même par la lettre de l'avocat M. demandant sa libération, de sorte que l'on se trouve hors d'état d'apprécier la déraison des prétentions du recourant dont on ignore l'objet. L'avocat P. a également fait état de divergences de vues sur la conduite du procès, mais sans donner aucune précision. Quant au conflit avec l'avocat B., il paraît n'avoir pour objet que les conditions d'exercice du droit de visite lors des fêtes de fin d'année de 1987. Il s'agit évidemment là d'un point tout à fait accessoire qui ne permet de porter aucune appréciation sur les prétentions du défenseur concernant le fond du divorce. On comprend sans doute que tenu par son devoir de fidélité à l'égard de son client, l'avocat n'expose pas à l'autorité la substance du conflit qui les oppose. En raison de la confiance à laquelle l'avocat breveté a droit de la part de l'autorité, il peut se justifier de relever l'avocat qui le demande en s'en remettant à sa prudence et sans exiger de lui des explications détaillées. Mais l'autorité peut en tout cas consulter le juge saisi du procès pour connaître la nature des procédés abusifs ou voués à l'échec qui sont reprochés au bénéficiaire de l'assistance judiciaire. Faute d'une telle instruction, le caractère abusif ou infondé des prétentions non identifiées du recourant n'apparaît nullement avec la clarté exigée expressément par l'art. 1er al. 2 lettres b et c LAJ. L'autorité a donc fait de ces dispositions de la loi cantonale une application insoutenable qui ne résiste pas au grief d'arbitraire, non seulement en ce qui concerne les prétentions découlant de la BGE 114 Ia 101 S. 104 position de défendeur dans une action en divorce, mais même sur des points particuliers que l'on ignore concernant la conduite du procès. 3. Il n'en découle pas pour autant que la requête de changement de conseil présentée par le recourant le 10 janvier 1988 ait été fondée, comme il l'affirme. L'avocat d'office est davantage un assistant qu'un représentant de celui qui plaide au bénéfice du pauvre. Le simple fait que le client d'office n'a pas confiance dans son conseil d'office ne lui donne pas le droit d'en demander le remplacement, lorsque cette perte de confiance repose sur des motifs purement subjectifs et qu'il n'apparaît pas de manière patente que l'attitude de l'avocat d'office est gravement préjudiciable aux intérêts de la partie. L'avocat ne saurait être tenu d'épouser n'importe quel point de vue de son client et de plaider l'insoutenable ( ATF 105 Ia 304 /5). Le justiciable n'a dès lors pas un droit inconditionnel au choix de son défenseur d'office (ibid. p. 302). On doit néanmoins attendre de l'avocat d'office, en sa qualité d'assistant, qu'il expose clairement à son client quelles sont les limites de ses droits, et que s'il ne parvient pas à le convaincre, il expose au juge, autant que possible, quelle est la position de son client et qu'il remette au magistrat le soin de trancher, plutôt que d'imposer au client une convention avec la partie adverse. Au surplus, le droit de la partie de formuler elle-même des requêtes ou propositions en complément de celles présentées par l'avocat pour les voies de droit essentielles ne saurait être méconnu ( ATF 105 Ia 301 ; ATF 102 Ia 27 ; ATF 95 I 362 ). L'avocat d'office peut dès lors présenter expressément comme émanant de son seul client des moyens qu'il n'approuve pas personnellement. 4. Lorsque le plaideur entend mener son procès de manière entièrement déraisonnable, lorsqu'il apparaît qu'il est totalement incapable de concevoir quelles sont les limites de ses droits, ou qu'il agit sous l'empire d'idées délirantes, la question se pose de savoir s'il a la capacité de discernement nécessaire, au moins dans le domaine qui fait l'objet du procès. Certes, on ne doit admettre que très restrictivement l'incapacité de discernement du plaideur, même du plaideur abusif ( ATF 98 Ia 325 , arrêt non publié dans la cause C., du 10 mars 1988, consid. 4). Mais si une telle incapacité de discernement existe ou si elle peut être soupçonnée, le besoin d'assistance de la partie est d'autant plus grand et ne justifie pas le retrait de l'assistance judiciaire, mais bien plutôt l'institution de BGE 114 Ia 101 S. 105 mesures d'assistance de nature tutélaire, concurremment avec celles organisant l'assistance devant les tribunaux. Il découle de ces considérations que même si elles étaient établies, les prétentions insoutenables du recourant sur la manière de conduire le procès ne constitueraient pas clairement des motifs de refus ou de retrait de l'assistance judiciaire au sens de l'art. 1er al. 2 lettres b et c LAJ, et que la référence à ces dispositions par le biais de l' art. 13 LAJ serait insoutenable. 5. Dans ces conditions, il est inutile de relever que pour les mêmes raisons, le refus ou le retrait de l'assistance judiciaire au recourant, incapable de se défendre seul dans une cause en divorce où il est défendeur, violerait les principes découlant directement de l' art. 4 Cst. en ne lui permettant pas de se faire entendre et d'user d'armes égales à celles de la partie demanderesse.
public_law
nan
fr
1,988
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
886c1ce6-a409-4a53-8ac7-08e6ea95e51f
Urteilskopf 126 III 388 67. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 18 juillet 2000 dans la cause C. contre les époux B. (recours en réforme)
Regeste Architektenvertrag. Verantwortlichkeit für Mängel. Festsetzung des Schadens. Auslegung von Art. 1.6 der SIA-Norm 102. Entgangene Nutzungsmöglichkeit eines Gutes. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts im Berufungsverfahren hinsichtlich der Festsetzung des Schadens (E. 8). Auslegung von Art. 1.6 der SIA-Norm 102, welcher die Verantwortlichkeit des Architekten auf den "direkten Schaden" begrenzt (E. 9). Umfang des Schadenersatzes, den der Besteller vom Architekten verlangen kann, wenn dieser für Mängel haftet (E. 10). Die entgangene Nutzungsmöglichkeit eines Gutes stellt für sich allein keinen rechtlich anerkannten Schaden dar (E. 11).
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 126 III 388 S. 388 En août 1989, les époux B. ont conclu avec C., architecte, un contrat soumis au règlement SIA 102 et portant sur la construction d'une villa. Des infiltrations d'eau se sont produites à divers endroits de la maison. Il s'est avéré que l'étanchéité de la terrasse et la ventilation du toit étaient défectueuses. Les époux B. ont déposé une demande en paiement à l'encontre de C. La cour cantonale a reconnu la responsabilité de l'architecte BGE 126 III 388 S. 389 en raison des défauts et condamné ce dernier à verser aux demandeurs la somme de 183'997,60 fr. Le recours en réforme de C. au Tribunal fédéral a été partiellement admis. Erwägungen Extrait des considérants: 8. S'agissant du dommage retenu à sa charge, le défendeur s'en prend tout d'abord aux travaux de réfection en invoquant une violation des art. 41, 42, 43 CO et 8 CC. a) La fixation du dommage ressortit en principe au juge du fait. Saisi d'un recours en réforme, le Tribunal fédéral n'intervient que si l'autorité cantonale a méconnu la notion juridique du dommage ou si elle a violé des principes juridiques relatifs au calcul du préjudice ( ATF 120 II 296 consid. 3b p. 298 et les arrêts cités). L'estimation du dommage d'après l' art. 42 al. 2 CO repose sur le pouvoir d'apprécier les faits; elle relève donc de la constatation des faits, laquelle ne peut être revue en instance de réforme. Certes, relève du droit le point de savoir quel degré de vraisemblance la survenance du dommage doit atteindre pour justifier l'application de l' art. 42 al. 2 CO et si les faits allégués, en la forme prescrite et en temps utile, permettent de statuer sur la prétention en dommages-intérêts déduite en justice. Il n'en demeure pas moins que, dans la mesure où l'autorité cantonale, sur la base d'une appréciation des preuves et des circonstances concrètes, a admis ou nié que la vraisemblance de la survenance du préjudice confinait à la certitude, elle a posé une constatation de fait qui est, sous réserve d'exceptions non réalisées en l'espèce, soustraite au contrôle de la juridiction fédérale de réforme ( ATF 122 III 219 consid. 3b p. 222 s. et les références citées). b) Lorsque le défendeur se plaint des frais de réfection retenus par la cour cantonale, il développe des critiques irrecevables. Pour déterminer la part des frais de réfection à la charge du défendeur, la cour cantonale s'est certes fondée sur le tableau financier établi par l'expert, tout en précisant que les postes à plus-values avaient été imputés aux demandeurs et que les postes écartés par le premier juge n'avaient pas été remis en cause. Puis, elle a dressé la liste des factures prises en considération, constatant qu'elles s'élevaient au total à 71'188,30 fr. Ce faisant, elle a procédé à une appréciation des preuves, qui ne peut être remise en cause dans la présente procédure. 9. S'agissant des autres postes du dommage qu'il doit supporter, le défendeur estime qu'ils ne peuvent être qualifiés de "dommages directs" au sens de l'art. 1.6 du règlement SIA 102. BGE 126 III 388 S. 390 a) Cette critique concernant la notion juridique du dommage est recevable (cf. supra consid. 8a). b) Selon les constatations cantonales, les parties se sont référées, dans leur contrat, au règlement SIA 102 concernant les prestations et honoraires des architectes qui prévoit, à son chiffre 1.6, dans la version du 28 janvier 1984 en vigueur au moment de la conclusion du contrat, que "l'architecte est tenu de réparer le dommage direct subi par le mandant, résultant d'une exécution défectueuse et fautive de son mandat". Tel est notamment le cas s'il a violé son devoir de diligence ou de fidélité ou s'il a mal coordonné ou surveillé les travaux (cf. art. 1.6 du règlement 102 in fine). Ce règlement introduit donc une distinction entre dommage direct et indirect, ne faisant porter la responsabilité de l'architecte que sur le premier (cf. PHILIPPE ABRAVANEL, Le nouveau règlement SIA no 102 et la qualification du contrat d'architecte, in JdT 1984 I p. 462). Il ne définit toutefois pas ce qu'il faut entendre par "dommage direct" (HANS BRINER, Privatrechtliche Baumängel, in Beraten und Prozessieren in Bausachen, Bâle 1998, no 15.31; URS HESS, Der Architekten- und Ingenieurvertrag, Komm. zu den rechtlichen Bestimmungen der Ordnungen SIA 102, 103 und 108, Zurich 1986, no 25). Cette clause, qui tend à limiter la responsabilité d'une partie au contrat, doit donc être interprétée (cf. ATF 126 III 59 consid. 5a). c) L'art. 1.6 du règlement SIA 102 peut être compris de différentes façons. On peut y voir une véritable limitation de la responsabilité de l'architecte ne portant que sur les atteintes causées à la construction, ce qui exclurait, par exemple, le dommage provoqué à des objets se trouvant sur place (HESS, op. cit., no 27 in fine); on peut aussi soutenir que cette disposition ne vise que la perte effective et non le gain manqué, tel celui consécutif à une prise de possession retardée des locaux (JEAN HEIM/HENRI BAUDRAZ, La révision du règlement SIA 102, in JdT 1984 I p. 131) ou le préjudice économique (HANS RUDOLF SUTER/PHILIPPE ABRAVANEL/PHILIPPE JOYE, Les nouveaux Règlements SIA 102 et 103, in Journées du droit de la construction, vol. 2, Fribourg 1985, p. 75). A l'inverse, on peut considérer cette clause comme un simple rappel du droit en vigueur, plus particulièrement du principe de la causalité adéquate, dans le sens où seul le dommage se trouvant dans un tel rapport de causalité avec le manquement de l'architecte peut être mis à la charge de ce dernier (cf. RAINER SCHUMACHER, Die Haftung des Architekten aus Vertrag, in Le droit de l'architecte, 3e éd. Fribourg 1995, no 558; HESS, op. cit., no 25). BGE 126 III 388 S. 391 d) L'arrêt attaqué n'ayant pas constaté de réelle et commune intention des parties à propos de l'art. 1.6 du règlement SIA 102, il s'agit de rechercher quel sens celles-ci pouvaient ou devaient donner, de bonne foi, à la clause, en application du principe de la confiance, ce qui relève du droit ( ATF 126 III 25 consid. 3c p. 29, 59 consid. 5b p. 68 et les arrêts cités). Les dispositions contractuelles préétablies doivent en principe être interprétées de la même manière que les clauses d'un contrat élaborées de façon individuelle. Les juges sont alors tenus de respecter le principe selon lequel il faut préférer l'interprétation des clauses ambiguës qui correspond à la législation. Comme celle-ci a, en règle générale, opéré une pesée des intérêts en présence, la partie qui veut s'en écarter doit l'exprimer de façon suffisamment claire dans le contrat ( ATF 122 III 118 consid. 2a; ATF 119 II 368 consid. 4b p. 372; 115 II 264 consid. 5a). On vient de voir qu'en limitant la responsabilité de l'architecte au dommage direct, sans définir cette notion, l'art. 1.6 du règlement SIA 102 est ambigu. Si l'on considère cette clause comme une véritable limitation à la responsabilité de l'architecte, on introduit une restriction qui est étrangère aux dispositions légales régissant tant le contrat de mandat que le contrat d'entreprise, qui s'appliquent en principe à l'architecte (cf. ATF 109 II 462 consid. 3a-d, confirmé à l' ATF 114 II 53 consid. 2b p. 56). En outre, une telle interprétation va à l'encontre de l' art. 100 al. 1 CO , dans la mesure où elle n'exclut pas les cas de dol ou de faute grave commis par l'architecte (SCHUMACHER, op. cit., no 557; cf. HESS, op. cit., no 31). L'interprétation selon laquelle le dommage direct évoqué à l'art. 1.6 ne serait qu'un rappel de l'exigence d'un lien de causalité adéquate doit donc être préférée sous l'angle du principe de la confiance, puisqu'elle correspond au droit en vigueur (cf. en ce sens, SCHUMACHER, op. cit., no 558; BRINER, op. cit., no 15.31; HESS, op. cit., no 25). 10. L'art. 1.6 du règlement SIA 102 devant être interprété comme une confirmation de la législation applicable, c'est à la lumière de cette dernière qu'il convient d'examiner si la cour cantonale était fondée à imputer à l'architecte la réparation des différents postes du dommage ne faisant pas partie des frais de réfection proprement dits. a) Parallèlement aux trois voies alternatives prévues par l' art. 368 CO (résolution, réduction du prix ou réparation), le maître est en droit de réclamer à l'entrepreneur fautif des dommages-intérêts pour le préjudice patrimonial consécutif au défaut qui n'est pas couvert par l'une des voies précitées (cf. ATF 122 III 420 consid. 2c p. 423; ATF 107 II 438 ). Une telle action peut être dirigée contre l'architecte dont BGE 126 III 388 S. 392 la responsabilité en raison des défauts est engagée (cf. SCHUMACHER, op. cit., no 541 et 554). b) Font partie du dommage dont il est possible de demander réparation à ce titre les honoraires des experts que le maître a dû mandater pour la constatation des défauts (cf. art. 367 al. 2 CO ; PETER GAUCH, Le contrat d'entreprise, version fr. de Benoît Carron, Zurich 1999, no 1873), ainsi que les frais d'avocat avant procès (SCHUMACHER, op. cit., no 564; THEODOR BÜHLER, Commentaire zurichois, art. 368 CO no 195), pour autant qu'ils ne soient pas couverts par les dépens alloués en vertu du droit de procédure cantonal et que l'intervention de l'avocat ait été justifiée ( ATF 97 II 259 consid. 5b confirmé notamment in ATF 117 II 101 consid. 5, 394 consid. 3a). On ne peut faire grief à la cour cantonale d'avoir mis à la charge du défendeur l'équivalent des honoraires des experts, dès lors qu'il a été constaté que le recours à ces spécialistes était nécessaire et nullement excessif de la part des demandeurs. Quant aux honoraires relatifs aux frais de surveillance, ils relèvent des travaux de réfection et peuvent, de ce fait, être imputés au défendeur (SCHUMACHER, op. cit., no 559). Enfin, il n'apparaît pas davantage que la cour cantonale ait méconnu les principes jurisprudentiels précités en imputant au défendeur les frais d'avocat avant procès non couverts par la procédure cantonale, après avoir vérifié qu'un recours à un homme de loi était assurément justifié de la part des demandeurs. C'est en vain que le défendeur cherche à se prévaloir de la jurisprudence selon laquelle, lorsque le droit de procédure permet à la partie d'être dédommagée de tous les frais nécessaires et indispensables qui lui ont été occasionnés par le procès, elle ne dispose pas d'une action civile séparée ou ultérieure (cf. arrêt du Tribunal fédéral du 28 août 1995 publié à la SJ 1996 p. 299, consid. 2). Seuls sont visés les frais engagés dans le cadre de la procédure judiciaire et non pas les frais d'avocat avant le procès. Or, le montant de 18'943,10 fr. mis à la charge du défendeur par la cour cantonale correspond à peu près aux frais d'avocat des demandeurs avant le procès. La cour cantonale n'a donc visiblement pas tenu compte dans cette indemnité de la part des honoraires d'avocat durant la procédure judiciaire (60'737 fr. au total) non couverte par les dépens de première instance. 11. Reste à déterminer si la privation de l'usage de certaines pièces de la villa des demandeurs constitue un dommage susceptible d'être mis à la charge de l'architecte, comme l'a retenu la cour cantonale, en faisant un parallèle avec la réduction du loyer que peut obtenir le locataire en vertu de l' art. 259d CO . BGE 126 III 388 S. 393 a) Selon la définition émanant de la jurisprudence, le dommage juridiquement reconnu réside dans la diminution involontaire de la fortune nette; il peut consister en une réduction de l'actif, en une augmentation du passif ou dans un gain manqué; il correspond à la différence entre le montant actuel du patrimoine et le montant que celui-ci aurait atteint si l'événement dommageable ne s'était pas produit ( ATF 120 II 296 consid. 3b et les arrêts cités). Une partie de la doctrine évoque la possibilité d'admettre, dans certaines circonstances, que la privation de l'usage d'un bien puisse, à elle seule, faire l'objet d'une indemnisation (SCHUMACHER, op. cit., no 563; GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/REY, Schweizerisches Obligationenrecht, vol. II, 7e éd. Zurich 1998, no 2636 ss et 2640 ss; ANDREAS VON TUHR/HANS PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Zurich 1979, p. 84 note 10; HANS-ULRICH BRUNNER, Die Anwendung deliktsrechtlicher Regeln auf die Vertragshaftung, Fribourg 1991, no 147 s.), même si une telle atteinte n'entre pas dans la définition traditionnelle du dommage (cf. GAUCH, op. cit., no 665). Cette question fait actuellement l'objet de controverses et de discussions en Europe (cf. HEINZ REY, Ausservertragliches Haftpflichtrecht, 2e éd. Zurich 1998, no 179 ss; VITO ROBERTO, Schadensrecht, thèse Zurich 1997, p. 191 ss; WALTER FELLMANN, Neuere Entwicklungen im Haftpflichtrecht, AJP 1995 p. 878 ss, 880 ss). Elle a été débattue devant la Commission fédérale d'étude pour la révision totale du droit de la responsabilité civile, qui, faute d'accord, a cependant renoncé à former une proposition à ce sujet (Rapport d'août 1991 de la Commission précitée, Berne 1991, p. 85). Dans plusieurs cantons, des atteintes de cette nature ont apparemment déjà été indemnisées (cf. RSJ 1996 p. 244 no 6; exemples cités in ATF 115 II 474 consid. 3a). Même si la volonté de compenser la privation de l'usage d'un bien peut se comprendre, en particulier lorsque celui-ci a une valeur économique intrinsèque, cette conception ne peut être suivie. Comme l'ont relevé pertinemment certains auteurs, la perte de l'usage d'un bien ne représente que la source possible d'un dommage, mais pas le dommage en soi (HERMANN LANGE, Schadensersatz, 2e éd. Tübingen 1990, p. 283; ROBERTO, op. cit., p. 208). En indemnisant cette perte, on ferait perdre à la notion de dommage consécutif au défaut tout lien concret avec une diminution de la fortune nette. En outre, admettre un dommage dans cette hypothèse entraînerait des difficultés pratiques considérables, tant en raison de la fréquence des situations dans lesquelles une telle indemnisation pourrait être requise que dans la détermination de celle-ci, car l'atteinte liée à la privation de l'usage est, par définition, difficilement BGE 126 III 388 S. 394 évaluable. Enfin, comme il n'y a pas de raison de donner à la notion de dommage consécutif au défaut de l' art. 368 CO une portée plus large que celle du dommage juridiquement reconnu, une telle modification supposerait une remise en question générale de ce concept (cf. en ce sens, GAUCH, op. cit., no 1867), que rien ne justifie en l'état actuel. Par conséquent, à l'instar de la perte de jouissance des vacances, dont le Tribunal fédéral a déjà nié le caractère patrimonial ( ATF 115 II 474 consid. 3a), il y a lieu de considérer que la perte de l'usage d'un bien ne constitue pas en soi un dommage au sens juridique. Dans le cas d'espèce, la cour cantonale ne retient aucun élément permettant d'en déduire une diminution de la fortune nette des demandeurs en relation avec la perte de jouissance d'une partie de la villa. Ainsi, rien ne laisse apparaître que les demandeurs auraient manqué une occasion de louer leur maison ou qu'ils auraient subi une autre perte de gain en relation avec le défaut. En outre, l'arrêt attaqué ne relève pas que les demandeurs auraient dû déménager ou loger à l'hôtel en raison de l'impossibilité d'utiliser certaines pièces de leur villa. Le montant alloué par la cour cantonale visait donc uniquement à compenser la perte de l'usage d'une partie de la villa par leurs propriétaires, ce qui, comme on vient de le voir, n'est pas admissible. b) La perte de l'usage consécutive au défaut pourrait à la rigueur justifier une réparation morale au sens de l' art. 49 CO (GAUCH, op. cit., no 1868; cf. ATF 116 II 519 consid. 2c; ATF 115 II 474 consid. 3b p. 482), à condition bien entendu que les circonstances permettent d'établir une atteinte à la personnalité suffisamment grave (cf. ATF 125 III 70 consid. 3a; ATF 120 II 97 consid. 2b), ce qui ne ressort pas des constatations de l'arrêt attaqué. c) Quant à l'analogie que fait la cour cantonale avec la réduction du loyer que peut exiger le locataire en vertu de l' art. 259d CO , elle n'est pas pertinente. En effet, en droit du bail, le bailleur s'oblige à céder l'usage d'une chose au locataire, moyennant un loyer ( art. 253 CO ). L'usage de la chose est donc la contrepartie du loyer. Si, en raison d'un défaut, l'usage convenu est entravé ou restreint, la diminution de loyer à laquelle peut alors prétendre le locataire tend à rétablir l'équilibre des prestations entre les parties (cf. PETER HIGI, Commentaire zurichois, art. 259d CO no 5), mais ne peut être assimilée à des dommages-intérêts (HIGI, op. cit., art. 259d CO no 11 et les références citées). Le droit du bail prévoit du reste dans une disposition distincte la possibilité pour le locataire d'obtenir réparation s'il a subi un dommage en raison du défaut ( art. 259e CO ), ce qui BGE 126 III 388 S. 395 démontre bien la séparation opérée par le législateur entre la réduction de loyer liée à une limitation dans l'usage de la chose louée et la réparation d'un éventuel dommage. La cour cantonale a donc méconnu le droit fédéral en mettant à la charge du défendeur un montant de 40'000 fr. destiné à compenser la perte d'usage de la villa subie par les demandeurs en raison des défauts d'étanchéité.
null
nan
fr
2,000
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
8872f485-c633-41b6-b4c1-2761ec248e54
Urteilskopf 113 III 94 22. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 19 mai 1987 dans la cause A. (recours de droit public)
Regeste Art. 273 SchKG ; Sicherheitsleistung im Falle eines Arrestes. 1. Der Richter, der im Falle eines Arrestes für die Auflage einer Sicherheitsleistung angegangen wird, kann der Tatsache Rechnung tragen, dass die Forderung weniger wahrscheinlich erscheint als im Zeitpunkt, als der Arrest angeordnet worden ist. Die gegenüber der Arrestlegung nachträglichen Umstände, wie jene, die durch die Anhörung des Schuldners im Rahmen des Begehrens um Sicherheitsleistung zu Tage treten, betreffen indessen die Gültigkeit der Arrestverfügung nicht (E. 6 und 7). 2. Der Arrestgläubiger, von dem die Leistung von Sicherheiten verlangt wird haftet nicht für den Schaden, den der Schuldner erleidet, weil das Betreibungsamt mehr arrestiert hat, als die Arrestverfügung bestimmt (E. 8). 3. Art der Sicherheitsleistung (E. 9). 4. Die Kosten der zur Arrestprosekution angehobenen Betreibung können keinen Schaden bilden, von dem der Arrestschuldner verlangen kann, dass die Wiedergutmachung durch die Leistung von Sicherheiten garantiert werde; andererseits ist es nicht willkürlich, den Kosten einer zur Arrestprosekution angehobenen gerichtlichen Klage Rechnung zu tragen (E. 10). 5. Die Dauer der Nicht-Verfügbarkeit der arrestierten Güter bildet ein Element zur Abschätzung des allfälligen Schadens; indessen ist den Zinsen Rechnung zu tragen, welche diese Güter weiterhin abwerfen (E. 11).
Sachverhalt ab Seite 96 BGE 113 III 94 S. 96 A.- Le 5 mai 1986, le Président du Tribunal de première instance de Genève a ordonné, à la requête de A. et pour une créance en capital de 625'000.-- francs, le séquestre des biens de S., domicilié à l'étranger, dans divers établissements bancaires de Genève. Le créancier séquestrant a été invité à déposer préalablement une caution de 60'000.-- francs, ce qu'il a fait. Le séquestre a été exécuté le 6 mai par l'Office des poursuites de Genève et il a en tout cas porté auprès du Crédit Suisse et de l'Union de Banques Suisses. B.- Le 23 juin 1986, S. a requis l'autorité de séquestre de dire que la mesure ordonnée le 5 mai 1986 ne sera maintenue que moyennant constitution de sûretés par le poursuivant à concurrence de 500'000.-- francs. Par ordonnance du 7 juillet 1986, le magistrat saisi a fait droit à cette requête et imparti un délai de trois semaines à A. pour compléter les sûretés à concurrence de 500'000.-- francs. C.- A. exerce en temps utile un recours de droit public contre l'ordonnance augmentant le montant des sûretés et dont il requiert l'annulation. Le recours a été admis. Erwägungen Extrait des considérants: 5. c) A l'appui de sa décision d'augmenter les sûretés, le juge genevois a considéré que les explications de S. faisaient peser un sérieux doute sur le bien-fondé de la prétention émise par A. Le séquestrant n'aurait pas expliqué pourquoi il admettait que reste bloquée une somme de 850'000.-- francs, alors que sa prétention s'élevait à 625'000.-- francs. En outre, S. pourrait subir un dommage du fait de l'indisponibilité des biens séquestrés, dommage qui comprend aussi les frais de procédure en contestation ou en validation de séquestre, de même que les frais de poursuite et de séquestre. Selon le magistrat intimé, l'indisponibilité BGE 113 III 94 S. 97 des biens séquestrés durera autant que le procès en validation, dont la durée risque de s'étendre sur cinq ans, période durant laquelle S. devra emprunter une somme de 850'000.-- francs à 12%, soit payer une somme de 500'000.-- francs pour les intérêts, ce qui justifie la fixation des sûretés à ce montant. 6. A. fait tout d'abord valoir qu'en demandant une augmentation disproportionnée des sûretés, sa partie adverse a exercé un appel déguisé contre l'ordonnance de séquestre, et que le magistrat intimé est tombé dans l'arbitraire en admettant la requête et en augmentant les sûretés au montant demandé. En vertu du droit fédéral, l'ordonnance de séquestre n'est susceptible d'aucun recours ( art. 279 al. 1 LP ). Contraint de statuer après avoir entendu le seul requérant ( ATF 107 III 29 ss), le juge du séquestre doit se contenter de la vraisemblance de la créance alléguée pour ordonner le séquestre. On peut se demander si, pour prononcer ultérieurement une augmentation des sûretés, il peut faire état de ce que la créance alléguée lui paraît peu vraisemblable, après audition du séquestré, et si, de la sorte, à défaut d'admettre un appel déguisé, il ne procède pas moins à une reconsidération de l'ordonnance qu'il avait rendue. Tel n'est pas le cas dans la mesure où le juge du séquestre ne révoque pas l'ordonnance en tant qu'elle charge l'office des poursuites de placer sous main de justice des biens nommément désignés, ce qui ne saurait faire l'objet de l'ordonnance qui se borne à prononcer l'augmentation des sûretés fixées en application de l'art. 273 al. 1 in fine LP. Lorsque le juge du séquestre considère après avoir entendu le débiteur que la créance invoquée à l'appui de la requête de séquestre a perdu de sa vraisemblance, il n'en découle pas que celle-ci a totalement disparu, au point que l'ordonnance de séquestre n'aurait pas dû être rendue. D'ailleurs, le séquestre doit être accordé lorsque la créance apparaît vraisemblable telle qu'elle est alléguée dans le cadre de la requête de séquestre, compte tenu des éléments apportés par le seul requérant. Les circonstances ultérieures ne peuvent exercer d'influence sur sa validité de ce chef. Au demeurant, dans le cadre du seul recours possible contre une ordonnance de séquestre, soit le recours de droit public fondé sur l' art. 4 Cst. ( ATF 97 I 683 ), on ne saurait examiner des faits sur lesquels le juge du séquestre n'a pu se prononcer, car ils sont nouveaux ( ATF 107 Ia 190 consid. 2a). La jurisprudence et la doctrine admettent que le juge requis d'augmenter les sûretés tienne compte de la perte de vraisemblance BGE 113 III 94 S. 98 de la créance, par rapport au moment où le séquestre a été accordé (ATF République Islamique d'Iran, du 20 août 1986, consid. 3; JAEGER, n. 5 ad art. 273 LP ; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2e éd., T. 2, p. 245; MEIER, Die Sicherheitsleistung des Arrestgläubigers (Arrestkaution) gemäss SchKG 273 I, thèse Zurich 1978, p. 53/54 No 2). Le recourant ne démontre dès lors pas que le magistrat intimé a enfreint l'interdiction de l'arbitraire en admettant, du moins dans son principe, la requête d'augmentation des sûretés. 7. Le recourant fait valoir que le premier juge aurait arbitrairement estimé que S. mettait en évidence des éléments qui font peser de sérieux doutes sur le bien-fondé des prétentions du créancier séquestrant. Le juge du séquestre n'a cependant pas repris les affirmations de S. arguant de faux la déclaration solennelle du mandataire américain du recourant. Il s'est borné à constater en fait que S. arguait de faux cette déclaration, mais ne s'est pas prononcé lui-même sur ce point qui relève de la connaissance du juge saisi de l'action en validation du séquestre. Toutefois, le magistrat intimé devait examiner, au niveau de la vraisemblance, la question qui est posée au juge du fond, savoir si la prétention formée par A. est bien fondée. En effet, si cette prétention ne l'est pas, le séquestre est injustifié au sens de l' art. 273 LP , ce qui est une des conditions permettant d'allouer une indemnité au séquestré, lorsqu'il prouve que la mesure lui a causé un dommage. En l'état du dossier qui lui était soumis, le premier juge a pu considérer que les moyens invoqués par S. ne sont pas dénués de poids pour combattre la thèse du prêt d'une somme en Iran par le représentant du recourant au représentant de l'intimé. Le magistrat intimé n'a pas considéré que les moyens de défense de S. étaient établis, mais qu'ils méritaient d'être pris en considération, de sorte que les chances du créancier de voir admise son action en validation de séquestre en sont diminuées d'autant. En présence d'affirmations contradictoires, cette appréciation ne saurait être insoutenable, soit arbitraire. 8. Le recourant critique en outre le considérant de la décision attaquée qui porte sur le montant effectivement bloqué en mains des banques (850'000.-- francs), alors que le séquestre a été autorisé pour un montant inférieur de 225'000.-- francs (625'000.-- francs). Il affirme que cet excès du montant séquestré ne lui est pas imputable et que l'on ne saurait voir là un élément du dommage éventuel de l'intimité dont il BGE 113 III 94 S. 99 aurait à répondre en vertu de l' art. 273 LP . Il n'est pas contesté que le séquestre a été autorisé à concurrence de la somme de 625'000.-- francs en capital. Il ressort du procès-verbal d'exécution du séquestre que l'Office des poursuites a inventorié, le 29 mai 1986, les valeurs mobilières séquestrées en mains des banques dépositaires des biens de S. à concurrence de 625'000.-- francs. Il est vrai que le Crédit Suisse a informé l'Office, le 22 mai 1986, que le séquestre avait porté sur les sommes de 117'000 US$ et de 5,15 francs, dont à déduire les créances de la banque à concurrence de 5'005,34 Lst et de 3'775,61 US$. De son côté, l'Union de Banques Suisses a avisé l'Office, le 5 juin 1986, que la mesure avait porté sur deux placements fiduciaires de 175'000 US$ et 101'000 Lst, un solde créditeur de 204,49 US$ et un solde créditeur de 167,04 Lst. Il n'est toutefois pas établi que l'Office a fait porter le séquestre sur l'entier des sommes annoncées par les dépositaires; le procès-verbal de séquestre n'est pas produit, de sorte que l'on ignore quels montants ont été mis sous main de justice. En affirmant que le recourant admet le blocage d'une somme supérieure de 225'000.-- francs à celle pour laquelle le séquestre a été autorisé, le magistrat intimé a fait une constatation qui ne repose sur aucune preuve ni aucun indice. Le recourant produit à ce propos une pièce établissant qu'il a invité l'Office, en date du 15 juillet 1986, à lever le séquestre dans la mesure où il porte sur un montant supérieur à la prétention invoquée. Cette pièce est cependant nouvelle, et par conséquent irrecevable dans le cadre d'un recours de droit public fondé sur l' art. 4 Cst. Elle est d'ailleurs dépourvue de pertinence, car le dommage que l'intimé serait exposé à subir en raison du blocage sans droit d'une somme de 225'000.-- francs ne découlerait que de la mauvaise exécution du séquestre par l'Office des poursuites. Ce dommage ne serait donc pas en relation de causalité avec le séquestre tel qu'il a été requis et accordé. Il ne saurait donc fonder une prétention contre le séquestrant (JAEGER, n. 5 ad art. 273 LP ; ALBRECHT, Die Haftpflicht des Arrestgläubigers nach schweizerischem Recht, thèse Zurich 1968, p. 21 ch. 2, p. 24/25, p. 40 n. 2; MEIER, op.cit., p. 8, p. 14/15). Au demeurant, si l'office a séquestré plus de biens que ce que requiert l'exécution de l'ordonnance, le débiteur peut porter plainte contre cette exécution en invoquant l' art. 97 LP , applicable par renvoi BGE 113 III 94 S. 100 de l' art. 275 LP . En négligeant de le faire, il ne prend pas les mesures propres à réduire le dommage dont il est menacé et ne peut en réclamer la réparation (FRITZSCHE, op.cit., p. 245; MEIER, op.cit., p. 11 No 2; ALBRECHT, op.cit., p. 17). Dans la mesure où le premier juge a retenu, pour fixer le montant des sûretés, le dommage découlant du fait que l'Office aurait séquestré notablement plus de biens que ce qui était nécessaire pour garantir le paiement du montant à concurrence duquel le séquestre a été autorisé, sa décision serait insoutenable, en contradiction avec les principes à la base de la responsabilité, et partant arbitraire. Mais il faut encore examiner si le résultat de la décision est insoutenable ( ATF 109 Ia 122 consid. 2, 103 Ia 581). 9. Le recourant reproche au premier juge de ne pas avoir tenu compte, pour fixer les sûretés, du fait qu'il est propriétaire de biens immobiliers en Suisse de nature à garantir le paiement de dommages-intérêts dans l'hypothèse où le séquestre qu'il a obtenu serait injustifié. Ce moyen n'est pas fondé. L' art. 273 al. 1 LP autorise le juge du séquestre à fixer des sûretés en garantie de la créance en dommages-intérêts découlant pour le séquestre de la même disposition légale. Il n'est en tout cas pas insoutenable d'estimer que les sûretés doivent couvrir l'entier de la créance éventuelle du séquestré, dès que celle-ci a été déterminée par le juge appelé à statuer au fond selon l' art. 273 LP , c'est-à-dire sans que le créancier doive être renvoyé à se satisfaire sur d'autres biens de son débiteur. D'ailleurs, s'il était amené à devoir concourir avec d'autres créanciers de son débiteur, il ne serait précisément plus au bénéfice de sûretés. On pourrait certes concevoir que le juge du séquestre exige du séquestrant des sûretés à concurrence d'une somme déterminée, mais sans en préciser le mode de fourniture. Il lui appartiendrait alors d'examiner si celles qu'offre le séquestrant sont suffisantes. Mais en l'espèce, le premier juge a fixé la forme des sûretés en exigeant un dépôt à la Caisse du Tribunal de première instance. Or le recourant ne critique pas cette forme de prestation et ne démontre en tout cas pas qu'elle soit insoutenable. 10. Le recourant reproche encore au magistrat intimé d'avoir inclus dans le dommage auquel S. pourrait être exposé par un séquestre injustifié les frais d'une éventuelle procédure en contestation du cas de séquestre selon l' art. 279 al. 2 LP , d'une procédure en validation du séquestre et ceux de poursuite et de séquestre. BGE 113 III 94 S. 101 a) Les sûretés ne peuvent garantir que le paiement de l'indemnité due en réparation du dommage causé par un séquestre injustifié. Les frais de la poursuite en validation du séquestre, comme les frais du séquestre - tant ceux découlant de l'ordonnance que ceux entraînés par son exécution - doivent être avancés par le séquestrant ( art. 68 al. 1 LP ). Or si le séquestre est injustifié, ces frais restent à la charge du poursuivant, qui ne pourrait en obtenir le remboursement par prélèvement sur le produit de réalisation des biens séquestrés puis saisis que dans l'hypothèse où sa créance serait reconnue fondée; dans ce cas, le séquestre serait nécessairement justifié et l'une des conditions de l'action prévue à l' art. 273 LP exclue. Il est donc bien exact, comme le relève le recourant, que ces frais ne peuvent jamais constituer un élément du dommage dont le séquestré peut demander la couverture. Dans la mesure où le premier juge en a tenu compte pour fixer le montant des sûretés, sa décision ne repose sur aucun motif valable. Elle ne peut toutefois être annulée que si son résultat est lui-même arbitraire, ce qui doit encore être examiné. b) Il est en outre constant que S. n'a pas ouvert en temps utile une action en contestation du cas de séquestre au sens de l' art. 279 al. 2 LP . Une telle action aurait d'ailleurs été vouée à l'échec du seul fait que S. était domicilié à l'étranger ( art. 271 al. 1 ch. 4 LP ). C'est dès lors à tort que la décision critiquée tient compte, dans le calcul du montant des sûretés, des frais que le séquestré pourrait être amené à encourir dans le cadre d'une telle procédure. c) En ce qui concerne les frais de l'action en validation de séquestre au sens de l' art. 278 LP , deux questions se posent. Il y a d'une part lieu d'examiner si les frais encourus de ce chef par le défendeur à l'action en reconnaissance de dette constituent un élément du dommage dont le séquestré peut obtenir réparation en application de l' art. 273 LP . D'autre part, il faut se demander si le défendeur est véritablement exposé à subir un dommage de ce chef en cas de séquestre injustifié. Sur le premier point, le Tribunal fédéral a jugé autrefois ( ATF 34 II 283 , 48 III 236) que le séquestrant ne répond que du dommage direct, les frais du procès en validation constituant un dommage indirect qui ne donne pas lieu à réparation. Cette jurisprudence a été critiquée (cf. les références in ATF 93 I 284 consid. 5b, et plus récemment par ALBRECHT, op.cit., p. 47 ss et MEIER, op.cit., p. 19). On ne saurait donc dire que l'opinion selon laquelle le dommage du séquestré peut comprendre les frais exposés BGE 113 III 94 S. 102 par la procédure en validation est insoutenable, dans la mesure où une opinion qui se fonde sur des objections raisonnables à la jurisprudence du Tribunal fédéral ne l'est pas nécessairement ( ATF 86 I 269 ). Le recourant ne démontre dès lors pas le caractère arbitraire de la décision critiquée sur ce point, et l'on ne peut, dans l'examen de cette première question, que confirmer l' ATF 93 I 284 consid. 5b. Sur le second point, le recourant fait valoir que si le séquestre est injustifié, l'intimé ne peut subir de dommage en raison des frais entraînés par l'action qui tendait à le valider, car le rejet de celle-ci conduira précisément à démontrer que la mesure ne se fonde pas sur une créance bien fondée. Dans de telles conditions, le séquestrant sera condamné au paiement des frais et dépens de la procédure qu'il a engagée et le séquestré, qui l'emporte sur le fond, ne subira aucun dommage. Cette opinion n'est pas entièrement fondée. En effet, les dépens alloués au défendeur peuvent ne pas couvrir entièrement les frais exposés, dans la mesure où ils ne constituent qu'une participation aux honoraires de son mandataire (cf. ALBRECHT, op.cit., p. 48/49). En outre et surtout, le séquestrant qui succombe dans la procédure en validation peut ne pas être à même de payer les frais et dépens mis à sa charge, de sorte que le défendeur devra seul assumer les honoraires de son conseil. La condamnation éventuelle ultérieure du séquestrant au paiement des frais n'est donc pas une sûreté au sens de l'art. 273 al. 1 in fine LP pour cette part du dommage. Le recourant ne démontre dès lors pas que sur ce dernier point la décision attaquée soit insoutenable. 11. Le recourant reproche enfin au magistrat intimé d'avoir retenu, comme élément du dommage auquel le séquestré est exposé, l'indisponibilité des biens placés sous main de justice durant la procédure en validation du séquestre, d'avoir considéré que la durée de ce procès peut être estimée à cinq ans, et d'avoir retenu un taux de 12% pour le prêt que l'intimé devrait obtenir pour pouvoir disposer de disponibilités de même valeur que les biens séquestrés. a) L'indisponibilité des biens frappés par le séquestre constitue sans aucun doute la base même du dommage que subit le séquestré (FRITZSCHE, op.cit., p. 242 n. 2; PIGUET, Les contestations de droit matériel dans la poursuite pour dettes et la faillite, thèse Lausanne 1950, p. 178; MEIER, op.cit., p. 3, 27). La durée de cette indisponibilité est donc aussi un élément pertinent pour calculer le dommage éventuel. C'est dès lors à bon BGE 113 III 94 S. 103 droit que le magistrat intimé a procédé à une estimation de la durée du procès au fond. A ce sujet, le recourant se contente d'opposer sa propre appréciation à celle du juge, ce qui ne suffit pas à en démontrer le caractère insoutenable, soit arbitraire. Il est d'ailleurs raisonnable d'admettre que ce procès sera long. Pour établir qu'il a remis par l'intermédiaire de son représentant en Iran la somme de 32 millions de Touman au représentant de S., le recourant devra faire administrer des preuves à l'étranger. Au surplus, la valeur litigieuse permettra l'exercice d'un recours en réforme au Tribunal fédéral contre l'arrêt que la Cour de justice pourrait être amenée à rendre sur appel. Ces seuls éléments suffisent à rendre soutenable l'appréciation du premier juge estimant à cinq ans la durée de cette procédure. b) Le recourant a en revanche raison de relever que l'indisponibilité frappant les biens de sa partie adverse ne peut être retenue qu'à concurrence de 625'000.-- francs, plus intérêts et frais, montant à concurrence duquel le séquestre a été autorisé. C'est également à bon droit qu'il fait valoir que le taux retenu par le premier juge (12%) l'a été sans qu'aucune preuve ait été rapportée à ce sujet. Mais sur ce point, la décision attaquée ne relève pas encore de l'arbitraire; le taux est sans doute très élevé, mais pas encore illicite, s'agissant d'un emprunt pour lequel aucune garantie ne pourrait être offerte. Toutefois, le taux de l'intérêt des sommes que l'intimé devrait emprunter pour pallier la privation des biens séquestrés ne suffit pas à établir un dommage. Il n'est en effet pas établi que les biens mis sous main de justice ne produisent pas d'intérêts. Le contraire ressort même à l'évidence du fait que ces biens constituent des créances contre des banques, et pour la plupart en fonds placés sur l'euromarché où ils sont productifs d'intérêts appréciables. Or le produit des biens séquestrés doit être imputé sur l'intérêt à payer sur les sommes empruntées. On ne peut donc apprécier le dommage éventuel sur ce point sans estimer aussi, pour le porter en déduction de ce dommage, les fruits produits durant l'indisponibilité par les biens séquestrés. A quel défaut, l'appréciation du dommage, pour la couverture duquel il y a lieu de fournir des sûretés, est impossible et ne peut reposer sur une base soutenable. 12. Le montant des sûretés imposées au recourant a dès lors été fixé de manière arbitraire dans la mesure où il est fondé sur un BGE 113 III 94 S. 104 total de biens mis sous main de justice dépassant de beaucoup (225'000 francs) ceux à concurrence desquels le séquestre a été accordé, où il prend en considération les frais d'une action en contestation du cas de séquestre et de poursuite et où il ne tient pas compte du fait que les biens frappés par la mesure sont productifs d'intérêts qui doivent être imputés sur le dommage résultant d'un emprunt. Il est en revanche inexact de considérer, comme le fait le recourant, que les sûretés ne peuvent être fixées à un montant dépassant en ordre de grandeur le dix pour cent de la somme séquestrée. Ce n'est pas celle-ci qui permet de calculer les sûretés, mais bien le dommage éventuel du séquestré. Dans ses observations, l'intimé prétend qu'il est exposé à un dommage du fait d'affaires manquées, et même qu'il a déjà été empêché, en raison de l'indisponibilité de ses biens en Suisse, de conclure une affaire qui lui aurait rapporté un bénéfice important. Le dommage découlant d'un séquestre et dont l' art. 273 LP permet d'obtenir la réparation comporte non seulement le damnum emergens, mais encore le lucrum cessans. Toutefois, l'intimé n'a en l'espèce nullement fait état d'un tel dommage ou d'un tel risque devant le magistrat duquel il requérait l'augmentation des sûretés; on ne saurait donc tenir compte de ses allégations nouvelles dans le cadre d'un recours de droit public fondé sur l' art. 4 Cst. 13. Vu la nature purement cassatoire du recours de droit public, le Tribunal fédéral ne peut procéder au calcul des sûretés qui peuvent être fixées de manière soutenable, mais doit se borner à constater que les éléments d'appréciation retenus de manière insoutenable par le premier juge suffisent à démontrer que les sûretés imposées le 7 juillet 1986 sont nettement trop élevées.
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Urteilskopf 94 I 165 25. Arrêt du 3 mai 1968 dans la cause Fabrique d'horlogerie de Fontainemelon, Succursale du Landeron SA. contre Département fédéral des transports et communications et de l'énergie.
Regeste Vom Personenbeförderungsregal ausgenommene Fahrten: Art. 4 der Vollziehungsverordnung II zum Postverkehrsgesetz, vom 4. Januar 1960 (AS 1960 S. 29). Die Beförderung durch einen Hilfsbetrieb ist für einen Industriebetrieb nur dann notwendig - und daher vom Regal ausgenommen -, wenn öffentliche Transportunternehmungen keine oder keine genügenden Verkehrsverbindungen bieten (Art. 4 Abs. 2). Wann sind diese Verbindungen ungenügend?
Sachverhalt ab Seite 165 BGE 94 I 165 S. 165 A.- La Fabrique d'horlogerie de Fontainemelon exploite au Landeron une succursale qui fabrique principalement des montres et des pendulettes électroniques. Le personnel qui y BGE 94 I 165 S. 166 travaille habite soit dans la commune même, soit dans les localités avoisinantes. Le Département fédéral des postes et des chemins de fer (dénommé actuellement: Département fédéral des transports et communications et de l'énergie; en abrégé: le Département), lui a reconnu, depuis 1961, le droit de transporter ses ouvriers de leur domicile à leur lieu de travail, et vice versa, au moyen de deux véhicules automobiles, l'un reliant Nods, Lignières et La Neuveville au Landeron, l'autre partant du Landeron pour y revenir en passant par St-Jean, Gals, Thielle, Cornaux et Cressier. La reconnaissance, de durée limitée, fut régulièrement renouvelée jusqu'au 31 mars 1968. B.- Le 3 octobre 1967, la Succursale du Landeron demanda au Département le renouvellement de la reconnaissance dont elle bénéficiait, en même temps que la faculté de prolonger le second circuit jusqu'à Marin, St-Blaise et Neuchâtel. Par décision du 25 janvier 1968, le Département renouvela, pour une durée indéterminée, la reconnaissance du droit de transporter le personnel sur les deux circuits prémentionnés; en revanche, il refusa, conformément aux préavis des CFF et de la Compagnie des tramways de Neuchâtel, le prolongement du second circuit jusqu'à Neuchâtel, admettant néanmoins ce prolongement jusqu'à Marin. C.- Agissant par la voie du recours de droit administratif, la Succursale du Landeron conclut à l'annulation de la décision du Département du 25 janvier 1968, dans la mesure où elle l'a déboutée de sa demande, et à l'octroi de la reconnaissance du droit de transporter elle-même son personnel de Neuchâtel au Landeron, via St-Blaise. Elle fait valoir, en bref, que les ouvriers qu'elle envisage de recruter à Neuchâtel refuseraient de travailler à son service s'ils devaient utiliser le chemin de fer pour se rendre au Landeron, - que d'autre part il lui est impossible de modifier son horaire de travail pour permettre au personnel domicilié à Neuchâtel ou à St-Blaise de prendre le train. Le Département conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l'art. 4 al. 1 de l'ordonnance d'exécution II de la loi sur le service des postes, du 4 janvier 1960, le transport des personnes qui sert à l'exercice d'une industrie étrangère à BGE 94 I 165 S. 167 la branche des transports est soustrait à la régale - instituée par l'article premier en faveur de la Confédération - lorsque certaines conditions sont remplies, notamment lorsque le transport est nécessaire à l'exercice de l'industrie en question. Aux termes de l'alinéa 2 de ce même article, "un transport est nécessaire à l'exercice d'une industrie lorsqu'il n'existe pas de relations de transport assurées par des entreprises de transports publics (art. 11, 2e al.), ou que ces relations sont insuffisantes". Il faut entendre par entreprise de transports publics "les entreprises de transport de la Confédération, ainsi que les entreprises de transport concessionnaires, à l'exception des entreprises d'automobiles titulaires d'une concession II" (art. 11 al. 2). Il ressort de l'art. 4 de l'ordonnance qu'en cas d'accomplissement des conditions énoncées, les transports qui servent à l'exercice d'une industrie échappent au monopole étatique et n'ont pas besoin d'être au bénéfice d'une concession. Il suffit qu'en vertu de la compétence que lui attribue l'art. 9 al. 1 de l'ordonnance, le Département constate qu'ils ne sont pas soumis à la régale. La décision du Département est ainsi une simple reconnaissance. L'application de l'art. 4 de l'ordonnance exige la comparaison d'intérêts opposés. Seules sont soustraites à la régale les courses qui se révèlent nécessaires, ce qui est le cas lorsque les moyens de transports publics sont inexistants ou insuffisants. Ainsi, loin de tenir compte exclusivement des besoins des entreprises privées, l'art. 4 de l'ordonnance vise aussi à protéger les entreprises de transports publics. Pour décider si les transports publics existants sont suffisants ou non, il faut dès lors confronter l'intérêt qu'a une industrie à transporter elle-même son personnel, et celui des entreprises de transports publics à éviter une concurrence. C'est uniquement dans l'hypothèse où le premier l'emporte sur le second que les moyens de transports publics doivent être considérés comme insuffisants et que l'organisation de courses privées peut, en conséquence, être tenue pour nécessaire. En l'espèce, les ouvriers qui habitent Neuchâtel ou St-Blaise peuvent effectuer en train, sur une ligne des CFF, le parcours entre leur domicile et le lieu de leur travail. Ainsi, même si l'on ne tient pas compte de la ligne de tramway qui relie Neuchâtel à St-Blaise, il existe des moyens de transport assurés par une entreprise publique pour se rendre de ces localités au BGE 94 I 165 S. 168 Landeron. Il reste à examiner si, au regard des intérêts en jeu ces moyens sont suffisants ou non. 2. La recourante prétend qu'elle ne peut engager à son service des personnes domiciliées à Neuchâtel et à St-Blaise sans les transporter elle-même entre leur domicile et leur lieu de travail. Sans doute la pénurie de main-d'oeuvre se fait sentir aujourd'hui dans bien des entreprises et la recourante, qui ne peut recruter sur place tout son personnel, en souffre vraisemblablement aussi; il est dès lors compréhensible que, pour attirer des ouvriers du dehors, elle cherche à leur offrir des conditions de transport qui leur soient favorables et leur fassent perdre le moins de temps possible. Cependant, la situation de la recourante n'est pas exceptionnelle: les industries de quelque importance installées dans de petites localités se heurtent à des difficultés analogues; il en est de même des entreprises situées en ville, dont le personnel doit parcourir parfois un long trajet pour se rendre au travail. Dans ces conditions, le refus que le Département a opposé à la recourante ne l'a pas gravement défavorisée; en tout cas, il n'est pas question d'inégalité de traitement. Comparé à l'intérêt de la recourante à l'admission de ses conclusions, celui des entreprises de transports publics au maintien de la décision attaquée paraît prépondérant. Si la recourante obtenait satisfaction dans le cas particulier, toutes les entreprises privées dont le personnel n'habite pas à proximité immédiate du lieu de travail pourraient revendiquer le droit d'organiser des courses par automobiles. Les entreprises de transports publics, qu'il s'agisse de compagnies de chemins de fer, de tramways ou d'autobus, pâtiraient sérieusement de cette concurrence, alors que les prestations qu'elles doivent assumer en faveur du public les grèvent parfois lourdement. 3. La recourante prétend en outre que l'horaire des chemins de fer est mal adapté à son horaire de travail, qui ne peut être modifié. Cet argument manque également de pertinence. En prenant le matin le train de 6 h 17 à Neuchâtel et de 6 h 23 à St-Blaise, le personnel qui habite ces localités arrive au Landeron à 6 h 38, soit assez tôt pour atteindre les locaux de la recourante à 6 h 55, heure à laquelle ils doivent s'y présenter. Pendant la pause de midi, qui va de 12 h à 13 h 25, ce personnel est probablement obligé de rester au Landeron, BGE 94 I 165 S. 169 qu'il soit transporté en chemin de fer ou dans un véhicule de la recourante; il n'est dès lors pas nécessaire de se demander si les horaires concordent à ce moment-là. En revanche en fin de journée, l'horaire des courses de chemin de fer est moins favorable; finissant leur travail à 17 h 35, les ouvriers ne peuvent prendre au Landeron le train de 17 h 29 qui parvient à St-Blaise à 17 h 42 et à Neuchâtel à 17 h 48; ils doivent attendre le convoi suivant qui, partant du Landeron à 18 h 35, arrive à St-Blaise à 18 h 48 et à Neuchâtel à 18 h 54. Il suffirait cependant, pour que le personnel puisse s'embarquer dans le train de 17 h 29 et regagner son domicile rapidement, de modifier légèrement l'horaire du travail, par exemple en fixant la cessation du travail à 17 h 10 ou 17 h 15 et en avançant à 13 h ou à 13 h 05 l'heure de la reprise après la pause de midi. Même si ce changement devait entraîner l'application de deux horaires quelque peu différents dans l'entreprise de la recourante, il ne paraît pas insupportable. La recourante pourrait d'autant mieux s'en accommoder que ses ouvriers de Neuchâtel et de St-Blaise formeraient vraisemblablement un petit groupe, qu'elle pourrait occuper dans un même atelier. D'autres entreprises sont également obligées par les circonstances de renoncer à un horaire uniforme. Quoi qu'il en soit, les inconvénients qu'une modification d'horaire ferait subir à la recourante paraissent moins importants que les conséquences auxquelles l'admission du recours exposerait les entreprises de transports publics. Si les entreprises privées avaient le droit de transporter elles-mêmes leur personnel toutes les fois que leur horaire de travail ne s'adapte pas à un quart d'heure près, à celui des chemins de fer, des tramways ou des autobus, les entreprises de transports publics risqueraient de perdre une grande partie de leur clientèle régulière. C'est en vain que la recourante prétend que le personnel domicilié à Neuchâtel ou à St-Blaise n'utiliserait en aucun cas le chemin de fer pour venir au Landeron. Il s'agit là d'une supposition que pourraient aussi bien alléguer de nombreuses industries situées en un lieu desservi par un service de transports publics. 4. En conclusion, l'intérêt que la recourante peut invoquer en faveur de l'extension de ses courses en automobile jusqu'à St-Blaise et Neuchâtel ne prévaut pas sur celui des entreprises de transports publics à la confirmation de la décision attaquée. BGE 94 I 165 S. 170 Les moyens de transports publics devant être considérés comme suffisants, la prolongation de trajet requise n'est pas "nécessaire" au sens de l'art. 4 al. 2 de l'ordonnance du 4janvier 1960. Il s'ensuit que la recourante ne remplit pas toutes les conditions dont dépend l'inapplicabilité de la régale du transport des personnes et que, partant, le recours est mal fondé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 109 Ib 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. März 1983 i.S. Bundesamt für Justiz gegen Franz Hagn und Regierungsrat des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Erwerb von preisgünstigen Wohnungen durch Personen im Ausland an Orten mit Wohnungsnot ( Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB ). 1. Das Vorliegen einer Wohnungsnot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB darf nur mit Zurückhaltung angenommen werden; zur Beurteilung dieser Frage sind vorab die kantonalen und kommunalen Behörden zuständig (E. 3a). Muss eine Wohnungsnot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB angenommen werden, so ist um so sorgfältiger zu prüfen, ob auch zu einem massvollen Preis kein inländischer Käufer für das betreffende Grundstück gefunden werden kann (E. 3c). 2. Der inländische Verkäufer hat der Bewilligungsbehörde nachzuweisen, dass auch zu einem Preis, der eine günstige Vermietung der Wohnungen erlaubt, kein inländischer Investor für das betreffende Objekt gefunden werden konnte (E. 4). 3. Preisgünstige Wohnungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB liegen nur vor, wenn der verlangte Mietzins im Preis niedrig und nicht nur im Verhältnis zum gebotenen Komfort günstig ist. Zur Feststellung der Preisgünstigkeit ist ein Mietzinsvergleich mit anderen einfach ausgebauten Wohnobjekten des Lageortes vorzunehmen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 109 Ib 1 S. 2 Am 24. September 1979 schlossen der deutsche Staatsangehörige Franz Hagn, Fürstenfeldbruck, einerseits und die Grüebler AG, die Elektro Geiger AG sowie die Bato AG andererseits einen Vorvertrag zum Abschluss eines Kaufvertrages betreffend die Grundstücke Nummern 161 und 2140 an der Eichenstrasse in Wittenbach, samt dem sich darauf im Bau befindlichen Zehnfamilienhaus mit unterirdischem Garagenanteil. Am 5. Oktober 1979 ersuchte J. H. Mayer im Auftrag von Franz Hagn beim Bezirksamt St. Gallen um Erteilung der Erwerbsbewilligung für den vereinbarten Grundstückerwerb gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d des Bundesbeschlusses über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 23. März 1961 (SR 211.412.41; BewB). Diesem Gesuch lag eine Bestätigung des Bundesamtes für Wohnungswesen vom 29. Mai 1979 bei, wonach die auf den fraglichen Grundstücken im Bau befindlichen Wohnungen als preisgünstig zu bezeichnen seien und in der Gemeinde Wittenbach Wohnungsnot herrsche. In seiner Stellungnahme vom 6. November 1979 bestritt der Gemeinderat Wittenbach, dass in der Gemeinde Wohnungsnot herrsche und bezweifelte überdies die BGE 109 Ib 1 S. 3 Preisgünstigkeit der Wohnungen. Das Bezirksamt St. Gallen erhob darauf zusätzliche Beweisunterlagen und unterbreitete das Gesuch am 15. Januar 1980 dem Gemeinderat Wittenbach erneut zur Stellungnahme. Mit Schreiben vom 21. Februar 1980 bekräftigte dieser seinen Antrag auf Verweigerung der Bewilligung. Die Zentralstelle für Wohnungsbau des Kantons St. Gallen stellte in ihrem Schreiben vom 25. März 1980 fest, die Mietzinse für die sich im Bau befindlichen Wohnungen lägen an der obersten Grenze der Preisgünstigkeit. In seinem Entscheid vom 2. Mai 1980 erteilte das Bezirksamt St. Gallen die nachgesuchte Erwerbsbewilligung. Gegen diesen Entscheid erhob das Bundesamt für Justiz als beschwerdeberechtigte Bundesbehörde im Sinne von Art. 12 Abs. 1 lit. c BewB Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen, der diese jedoch mit Entscheid vom 24. Februar 1981 abwies und das angefochtene Erkenntnis bestätigte. Mit fristgemässer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Justiz dem Bundesgericht, den Entscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen vom 24. Februar 1981 aufzuheben und die vom Beschwerdegegner nachgesuchte Bewilligung folglich zu verweigern, eventuell die Sache zur Neuüberprüfung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die beschwerdeführende Behörde macht die Verletzung von Bundesrecht geltend. Auf ihre einzelnen Vorbringen wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Franz Hagn sowie der Regierungsrat des Kantons St. Gallen beantragen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 3. a) Strittig ist zunächst, ob in Wittenbach überhaupt eine Wohnungsnot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB herrscht. Nach Art. 13a Abs. 2 BewV ist über die Frage, ob Wohnungsnot in der betreffenden Gemeinde herrsche, die Stellungnahme des Bundesamtes für Wohnungswesen einzuholen. Nach der Praxis des Bundesamtes für Wohnungswesen ist Wohnungsnot gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB stets dann anzunehmen, wenn die betreffende Gemeinde der Bundesgesetzgebung über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen unterstellt ist. In BGE 108 Ib 107 E. 3a musste das Bundesgericht wegen der besonderen Lage des damaligen Falles nicht prüfen, ob diese BGE 109 Ib 1 S. 4 Praxis die Anforderungen von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB in Verbindung mit Art. 13a Abs. 2 BewV erfüllt; heute besteht jedoch Anlass, diese "Praxis" des Bundesamtes für Wohnungswesen zu kritisieren: Es leuchtet ohne weiteres ein, dass die in Art. 13a Abs. 2 BewV erwähnte "Stellungnahme des Bundesamtes für Wohnungswesen" nicht einfach darin bestehen kann, der kantonalen Bewilligungsbehörde mitzuteilen, ob die betreffende Gemeinde in der Verordnung über die Unterstellung von Gemeinden unter den Bundesbeschluss über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen vom 11. Dezember 1978 (SR 221.213.12) aufgeführt sei oder nicht; das kann die kantonale Behörde natürlich auch selbst ohne weiteres feststellen. Der Begriff der Wohnungsnot in der Missbrauchsgesetzgebung des Mietrechtes steht ausschliesslich im Dienste sozialpolitischer Zielsetzungen und wird deshalb weit ausgelegt; demgegenüber bedeutet der Verkauf eines Grundstückes an eine Person im Ausland zu Vermögensanlagezwecken ein Abweichen von einem grundlegenden Prinzip schweizerischen Bodenrechts: Hier darf daher das Bestehen einer Wohnungsnot nur mit der erforderlichen Zurückhaltung angenommen werden. Dem Bundesamt für Justiz ist deshalb beizupflichten, wenn es erklärt, der Begriff der Wohnungsnot müsse im Bereiche der Bundesgesetzgebung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland restriktiver als im Mietrecht ausgelegt werden. Das Bundesamt für Wohnungswesen soll bei der Frage des Bestehens von Wohnungsnot im Sinne der Bundesgesetzgebung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland für eine gewisse Vereinheitlichung der Praxis in den Kantonen sorgen. Da Wohnungsnot gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB nur mit der erforderlichen Zurückhaltung angenommen werden darf, hat das Bundesamt für Wohnungswesen demnach vor allem dort einzuschreiten, wo diese Voraussetzung zu Unrecht als gegeben angesehen wird. Im übrigen ist aber zuzugeben, dass Art. 13a Abs. 2 BewV unglücklich formuliert ist und den unrichtigen Eindruck entstehen lässt, die Beurteilung der Frage der Wohnungsnot sei vorab Sache des Bundesamtes für Wohnungswesen. Statt dessen verhält es sich gerade umgekehrt: Die der Sache näher stehenden kantonalen und kommunalen Behörden sind in erster Linie dazu berufen, die Frage zu beurteilen. Es ist also davon auszugehen, dass die Unterstellung einer Gemeinde unter die Missbrauchsgesetzgebung des Mietrechtes höchstens als ein Indiz für das Bestehen einer Wohnungsnot im Sinne BGE 109 Ib 1 S. 5 von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB angesehen werden darf. Wie die Vorinstanz im übrigen zutreffend ausführt, ist die Frage des Bestehens einer Wohnungsnot aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles zu bestimmen, wobei nach Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB nur ein Mangel an preisgünstigen Wohnungen in Betracht fällt. Deshalb kann die Frage der Wohnungsnot auch nicht ausschliesslich nach schematischen Grundsätzen (z.B. eine bestimmte Leerwohnungsziffer 3, bei deren Unterschreitung Wohnungsnot anzunehmen wäre) beurteilt werden ( BGE 108 Ib 108 ). Insbesondere ist die Meinung der Gemeindebehörden angemessen zu berücksichtigen, namentlich dann, wenn diese Behörden ihren Standpunkt mit überprüfbaren Fakten belegen. Ausserdem ist die Stellungnahme des Bundesamtes für Wohnungswesen sowie auch allfälliger geeigneter kantonaler Behörden zu berücksichtigen. Eine wesentliche Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang natürlich allfälligen projektierten oder bereits in Ausführung begriffenen anderen Wohnbauvorhaben zu. b) Im vorliegenden Fall hat der Gemeinderat von Wittenbach erklärt, dass in der Gemeinde keine Wohnungsnot bestehe, ja es sei sogar beantragt worden, die Gemeinde aus dem Anwendungsbereich der Missbrauchsgesetzgebung im Mietwesen auszunehmen. Ausserdem nennt die Gemeinde verschiedene leerstehende Mietobjekte; weitere 35 Wohnungen seien im Bau und 82 andere Wohnbauprojekte seien vom Gemeinderat bereits bewilligt worden. Aus einer Aufstellung der Rechtsabteilung des Baudepartementes St. Gallen ergeben sich gar 233 neu projektierte Wohnungen. Auch die kantonale Zentralstelle für Wohnungsbau verweist in ihrer Vernehmlassung auf die Stellungnahme der Gemeinde. Die Vorinstanz hat sich indessen nicht mit diesen Fakten auseinandergesetzt. Da das Bestehen einer Wohnungsnot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB ohnehin nur mit der erforderlichen Zurückhaltung angenommen werden darf, ist diese Frage aufgrund der Aktenlage jedenfalls noch nicht schlüssig abgeklärt. c) In diesem Zusammenhang ist noch auf die Relation zwischen dem Bestehen einer Wohnungsnot einerseits und dem im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB ebenfalls erforderlichen fehlenden inländischen Kaufsinteresse (vgl. dazu unten E. 4) andererseits hinzuweisen. Ist in einem bestimmten Gebiet eine Wohnungsnot anzunehmen, so besteht dort naturgemäss ein erhöhtes Kaufsinteresse für die noch vorhandenen Grundstücke, wird doch in einem solchen Gebiet eine Geldanlage mit zunehmender Wohnungsnot BGE 109 Ib 1 S. 6 wirtschaftlich lohnender. Muss also in einem konkreten Fall tatsächlich eine Wohnungsnot angenommen werden, so muss um so sorgfältiger abgeklärt werden, ob auch zu einem massvollen Preis wirklich kein inländischer Käufer für das betreffende Grundstück gefunden werden kann. 4. a) Sinn und Zweck von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB ist die Linderung einer bestehenden Wohnungsnot mit preisgünstigen Wohnungen. Die Bestimmung beruht auf einer gesetzlichen Rechtsgüterabwägung, bei welcher dem Interesse an der Linderung der Wohnungsnot ein höheres Gewicht beigemessen wurde als dem Interesse, das schweizerische Grundeigentum vor Überfremdung zu schützen: Im Falle einer Wohnungsnot macht somit der Gesetzgeber eine Ausnahme vom Grundsatz, wonach sonst Zwecke der Vermögensanlage kein berechtigtes Erwerbsinteresse für Grundstücke in der Schweiz durch Personen mit Wohnsitz oder Sitz im Ausland begründen ( Art. 6 Abs. 3 BewB ). Aus Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB kann daher zum vornherein nur dann ein berechtigtes Erwerbsinteresse abgeleitet werden, wenn die Heranziehung ausländischen Kapitals zur Linderung der Wohnungsnot notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn kein schweizerischer Investor bereit ist, auf dem betreffenden Grundstück preisgünstige Wohnungen zu erstellen oder, "wenn es sich um ein Grundstück mit neuerstellten preisgünstigen Wohnungen handelt", wenn kein Inländer bereit ist, diese Wohnungen zu erwerben. Bestünde nämlich für das betreffende Grundstück neben dem ausländischen auch ein inländisches Kaufsinteresse, so wäre in der Tat kein Grund für ein Abweichen vom grundsätzlichen Verbot der Vermögensanlage von Ausländern in schweizerisches Grundeigentum mehr zu erblicken; im Gegenteil würde die Berücksichtigung des ausländischen Kaufsinteresses in einem solchen Falle dem Sinn und Zweck der Norm geradezu zuwiderlaufen: Besteht nämlich ein solches kumulatives Kaufsinteresse, so hat der Verkauf des Grundstückes an die Person im Ausland nach den Grundsätzen der Preisbestimmung aufgrund von Angebot und Nachfrage tendenziell eine Preissteigerung zur Folge, was notwendigerweise auf die Mietzinse durchschlägt und damit dem Ziel der Bestimmung, preisgünstige Wohnungen zu schaffen, entgegensteht. b) Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen hat erklärt, es sei davon auszugehen, dass kein schweizerischer Kaufsinteressent für das strittige Grundstück habe gefunden werden können, ohne sich BGE 109 Ib 1 S. 7 jedoch für diese Annahme auf konkrete und fehlgeschlagene Bemühungen der Verkäuferschaft, einen inländischen Käufer zu finden, berufen zu können. Abgestellt wird einzig auf die "allgemeine Erfahrung", dass ein solches Interesse fehle, wenn der Leerwohnungsbestand während einer Dauer von drei Jahren unter der für die Annahme von Wohnungsnot massgeblichen Grenze von 0,5% verharre. Diese Sachverhaltsabklärung vermag die vom Bundesrecht gestellten Anforderungen ( Art. 23 BewV ) nicht zu erfüllen. Daran ändert auch die (unbelegte) Behauptung des Beschwerdegegners nichts, das Grundstück habe nicht an einen Inländer verkauft werden können, kann doch nicht zum vornherein ausgeschlossen werden, dass der Verkauf an einen Ausländer nur um eines höheren Preises willen ins Auge gefasst wurde. Die Verkäuferschaft trägt die Beweislast dafür, dass trotz allen zumutbaren Bemühungen kein schweizerischer Investor für das betreffende Objekt gefunden werden konnte; dabei hat die Verkäuferschaft der Bewilligungsbehörde im einzelnen darzutun, welche Schritte sie unternommen hat (z.B. Durchführung einer genügend langen Inseratenkampagne). Die Verkäuferschaft muss alsdann ernsthaft und dennoch erfolglos mit den sich allenfalls meldenden inländischen Interessenten verhandelt haben, wobei sie das Objekt zu einem Preise anzubieten hat, welcher eine preisgünstige Vermietung der zu erstellenden oder bereits erstellten Wohnungen im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB erlaubt. Die Behörde wird auch abzuklären haben, warum solche Verkaufsbemühungen gescheitert sind. 5. In ihrem neuen aber dennoch zulässigen Vorbringen (vgl. E. 1) bezweifelt die beschwerdeführende Behörde alsdann, ob die strittigen Wohnungen überhaupt als preisgünstig im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB angesehen werden dürfen. a) Nach Art. 13a Abs. 1 BewV gelten Wohnungen als preisgünstig, wenn sich deren Erstellungskosten im Rahmen der Grenzen halten, welche das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement gestützt auf Art. 51 der Verordnung zum Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz vom 30. November 1981 (VWEG; SR 843.1) festsetzt. Auch diese Verordnungsbestimmung ist missverständlich formuliert. In Wirklichkeit bestimmt die vom Volkswirtschaftsdepartement bzw. vom Bundesamt für Wohnungswesen in Anwendung von Art. 51 Abs. 2 VWEG festgelegte obere Preisgrenze für das in Frage stehende Bauobjekt nur die Kategorie von Wohneinheiten, die überhaupt für einen Verkauf zu dem sonst BGE 109 Ib 1 S. 8 grundsätzlich verbotenen Zwecke der Vermögensanlage an Personen im Ausland in Betracht fällt: Danach entfällt im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB zunächst eine Erwerbsmöglichkeit für alle luxuriösen Wohnbauten, ist doch die Wohnbauförderung auf den Bau einfacher Wohnungen ausgerichtet, die aber dennoch eine "gute bauliche Qualität und hohen Wohnwert aufweisen" müssen ( Art. 62 Abs. 2 VWEG ; vgl. zu den luxuriösen Wohnbauten auch die diesbezüglichen Ausführungen Bundesrat Furglers im Ständerat, Sten.Bull. StR 1973, S. 21: "Was uns vor allem Sorge bereitet, ist die Wohnungsnot in jenem Bereich, den ich als tragbare Wohnungen für unsere mit durchschnittlichen Einkommen ausgestatteten Mitbürger bezeichnen möchte. Für den luxuriösen Wohnungsbau sind bis jetzt immer, auch ohne dass wir Bremsen hätten lösen müssen, Mittel freigestellt worden."). Die Erstellungskosten sind unter Beachtung der in der Wohnbauförderungsgesetzgebung gestellten Qualitätsforderungen (vgl. z.B. zum vorgeschriebenen Schall- und Wärmeschutz Art. 50 VWEG ) niedrig zu halten, weil diese Kosten notwendig auf die Mietzinse durchschlagen. Damit eine preisgünstige Wohnung im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB vorliegt, ist aufgrund der gesetzlichen Regelung somit erforderlich, dass der verlangte Mietzins im Preise niedrig und nicht nur im Verhältnis zum gebotenen Komfort günstig ist (vgl. dazu auch den Entscheid des Regierungsrates des Kantons Aargau vom 18. August 1980 i.S. Martin Würfel-Schwarz). Sonst müssten unter Umständen auch eigentliche Luxusobjekte als preisgünstig qualifiziert werden, was aber, wie dargelegt, in diesem Zusammenhang ausgeschlossen ist. Ob ein niedriger Mietzins gegeben ist, muss aufgrund von Mietzinsvergleichen mit anderen einfach ausgebauten Wohnobjekten des Lageortes beurteilt werden. Der Stellungnahme des Bundesamtes für Wohnungswesen kommt diesbezüglich keine Bedeutung zu, hat es doch lediglich zu prüfen, ob sich die Erstellungskosten im Rahmen der Wohnbauförderungsgesetzgebung halten und damit überhaupt grundsätzlich für einen Verkauf an eine Person im Ausland in Frage kommen; da die örtlichen Behörden besser in der Lage sind, sich über die Günstigkeit der Mietzinse auszusprechen als das Bundesamt, ist die Regelung auch zweckmässig. b) Die Mietzinse, die der Beschwerdegegner für die strittigen Wohnungen fordern will, qualifiziert der Gemeinderat von Wittenbach nicht als niedrig: In der Gemeinde Wittenbach zählten BGE 109 Ib 1 S. 9 diese Wohnungen "zu den teuren". Ausserdem liegen die Mieten auch nach Ansicht der st. gallischen Zentralstelle für Wohnungsbau "an der obersten Grenze der Preisgünstigkeit". Die Vorinstanz hat sich nicht mit diesen Meinungen auseinandergesetzt, sondern die Frage der Preisgünstigkeit der Wohnungen mit der in diesem Zusammenhang völlig irrelevanten Behauptung abgetan, es fehle eben an einem inländischen Interesse für die Wohnungen, was im übrigen, wie bereits dargetan (E. 4b), erst noch nicht feststeht. Es ist ausserdem festzuhalten, dass es im vorliegenden Fall um eine Erwerbsbewilligung für bereits erstellte Wohnungen geht. Dies steht zwar einer Bewilligung nach Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB nicht grundsätzlich entgegen, doch ist zu berücksichtigen, dass durch eine solche ausländische Investition, jedenfalls unmittelbar, keine zusätzlichen Wohnungen geschaffen werden. Das Äquivalent dieser Tatsache sieht die Botschaft des Bundesrates darin, dass sich der Ausländer dafür mit einer "limitierten Rendite" zufrieden gebe (BBl 1972 II 1258). Bei der Festsetzung der Mietzinse ist dem stets Rechnung zu tragen. Jedenfalls bildet die Zulassung einer Bruttorendite von 6-7%, wie sie bei den vom Beschwerdegegner vorgeschlagenen Ansätzen erreicht werden soll, in diesem Zusammenhang ein nicht zu überschreitendes Maximum. 6. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall weder feststeht, ob in Wittenbach überhaupt eine Wohnungsnot im Sinne von Art. 6 Abs. 2 lit. d BewB vorliegt, noch, ob kein inländisches Kaufsinteresse für das strittige Grundstück besteht; ebensowenig erstellt ist alsdann, ob die Wohnungen als preisgünstig angesehen werden dürfen. Der angefochtene Entscheid ist daher aufzuheben und die Beschwerde des Bundesamtes für Justiz im Sinne des gestellten Eventualantrages gutzuheissen. Zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen ist die Sache in Anwendung von Art. 114 Abs. 2 OG direkt an die erstinstanzliche Bewilligungsbehörde, das Bezirksamt St. Gallen, zurückzuweisen. Als unterliegende Partei hat Franz Hagn die Gerichtskosten zu tragen.
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Urteilskopf 87 I 182 29. Auszug aus dem Urteil vom 31. Mai 1961 i.S. Hanhart gegen Gemeinde Diessenhofen und Bezirksrat Diessenhofen.
Regeste Beteiligung der Wehrmänner an Wahlen und Abstimmungen. Befugnis der nach der Zustellung des Abstimmungsmaterials einrückenden Wehrmänner zur vorzeitigen Ausübung des Stimmrechts (Art. 9 Abs. 1 des BRB vom 10. Dezember 1945 betreffend die Beteiligung der Wehrmänner an eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Wahlen und Abstimmungen).
Sachverhalt ab Seite 182 BGE 87 I 182 S. 182 Aus dem Tatbestand: Am 4./5. März 1961 fanden in Diessenhofen Gemeindewahlen statt, u.a. für den Stadtammann und die Mitglieder des Stadtrates. Bei der Stadtammannwahl erreichte Bruno Meier gerade das absolute Mehr und wurde als gewählt erklärt. BGE 87 I 182 S. 183 Rudolf Hanhart führte gegen diese Wahl Beschwerde. Er machte eine Reihe von Unregelmässigkeiten geltend, verlangte im Hinblick auf das knappe Wahlergebnis eine genaue Kontrolle der Wahl und warf die Frage auf, wie die von Friedrich Orsinger am Donnerstag, den 2. März 1961 vor dem Einrücken in den Militärdienst abgegebene Stimme behandelt worden sei. Der Bezirksrat Diessenhofen führte eine Untersuchung durch und wies am 19. März 1961 die Beschwerde ab. Er stellte eine Unregelmässigkeit fest, die jedoch keinen Einfluss auf das Wahlergebnis hatte, und führte aus, dass der Gemeindebuchhalter die von Orsinger am Donnerstag vor den Wahlen abgegebenen Stimmzettel mit Recht vernichtet habe, da die vorzeitige Stimmabgabe gemäss § 21 Abs. 2 des kantonalen Gesetzes über Wahlen und Abstimmungen vom 10. Januar 1953 erst ab Freitag erfolgen könne. Gegen diesen Entscheid führt Rudolf Hanhart Beschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG . Das Bundesgericht heisst sie gut und hebt den Entscheid des Bezirksrats und die Wahl des Stadtammanns auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: Es ist unbestritten, dass Orsinger auf den Wahltermin durch einen persönlichen Marschbefehl zu einem Wiederholungskurs nach Willisau aufgeboten war, wo er schon am Abend des 2. März 1961 einzurücken hatte; dass er deshalb am Donnerstag den 2. März seine Stimmkarte und die Wahlzettel in einem verschlossenen Umschlag auf der Gemeindekanzlei abgab; dass der Gemeindebuchhalter Sommerhalder sie in Vertretung des Stimmregisterführers entgegennahm mit der Bemerkung, das sei in Ordnung; dass Sommerhalder dann aber die Wahlzettel als ungültig vernichtete, nachdem er das kantonale Wahlgesetz konsultiert und gefunden hatte, dass nach dessen § 21 Abs. 2 die vorzeitige Stimmabgabe nur am Freitag und Samstag gestattet ist. Der Bezirksrat hat die von Hanhart deswegen BGE 87 I 182 S. 184 erhobene Beschwerde abgewiesen mit der Begründung, das Vorgehen Sommerhalders entspreche dem Wahlgesetz. Die Ausübung des Stimmrechts durch Wehrmänner ist jedoch auch mit Bezug auf kantonale Angelegenheiten durch das Bundesrecht geordnet, nämlich durch den BRB betreffend die Beteiligung der Wehrmänner an eidgenössischen, kantonalen und kommunalen Wahlen und Abstimmungen vom 10. Dezember 1945 (BS I S. 165). Diese bundesrechtliche Regelung ist abschliessend; die Kantone sind lediglich ermächtigt, ihre Wahlgesetze derselben anzupassen, aber nicht befugt, davon abweichende Vorschriften zu erlassen ( BGE 70 I 244 Erw. 3). Sie würde dem thurgauischen Wahlgesetz selbst dann vorgehen, wenn dieses nicht in § 22 ausdrücklich bestimmte, dass die Beteiligung der Wehrmänner an Wahlen und Abstimmungen auch für Kanton und Gemeinde nach den eidgenössischen Vorschriften erfolgt. Gemäss Art. 9 Abs. 1 des zitierten BRB ist Wehrmännern, die nach Zustellung des Abstimmungsmaterials an die Stimmberechtigten der Wohngemeinde einzurücken haben, Gelegenheit zu geben, vor dem Einrücken das Stimmrecht auszuüben. Diese Vorschrift steht zwar im Titel über die eidgenössischen Wahlen und Abstimmungen, ist aber gemäss Art. 13 Abs. 3 entsprechend auch auf diejenigen der Kantone und Gemeinden anzuwenden. (Die Verweisung bezieht sich nicht nur, wie aus dem Zusammenhang mit Abs. 1 geschlossen werden könnte, auf durch Vermittlung der Truppe durchgeführte Abstimmungen, sondern auch auf den Sonderfall von Art. 9 Abs. 1; gerade wenn, wie hier, bei der Truppe keine Abstimmung stattfindet, ist es erst recht wichtig, dass der Wehrmann sein Stimmrecht in der Wohngemeinde ausüben kann.) Orsinger, dem das Abstimmungsmaterial zugestellt worden war, war danach berechtigt, sein Stimmrecht in Diessenhofen "vor dem Einrücken" auszuüben. Da er schon am Donnerstag Abend einrücken musste, war die kantonalrechtliche Beschränkung BGE 87 I 182 S. 185 auf Freitag und Samstag nicht anwendbar,weil zum Bundesrecht in Widerspruch stehend; dieses gewährt das Recht von der Zustellung des Abstimmungsmaterials an. Gemeinde und Bezirksrat Diessenhofen bestreiten denn auch nicht, dass Orsinger wegen des Aufgebots an sich zur Stimmabgabe schon am Donnerstag berechtigt war. Sie machen lediglich geltend, er habe sich nicht auf den Militärdienst als Grund hiefür berufen, geschweige denn durch Vorlage des Dienstbüchleins und des Marschbefehls ausgewiesen, wie das die allgemeinen Erläuterungen auf dem Aufgebotsplakat verlangten. Ob Orsinger bei seiner vorzeitigen Stimmabgabe den Militärdienst als Grund erwähnt hat oder nicht, darüber gehen die Darstellungen der Parteien auseinander. Der Gemeindebuchhalter Sommerhalder sagte in seiner Einvernahme durch das Bezirksamt aus, Orsinger habe erklärt, er müsse fort und sei am Sonntag nicht da. Das Bezirksamt klärte diesen Punkt nicht näher ab, obwohl Hanhart schon in der kantonalen Beschwerde geltend gemacht hatte, Orsinger habe in den Militärdienst einrücken müssen. In einer öffentlichen Erklärung präzisierte Sommerhalder, von Militärdienst sei kein Wort gefallen. Wie es sich damit verhält, kann indessen dahingestellt bleiben. Auch wenn die Darstellung Sommerhalders richtig ist, war Orsinger zur vorzeitigen Stimmabgabe berechtigt. Massgebend hiefür ist, dass er tatsächlich zum Militärdienst einrücken musste, nicht, ob er sich hierauf berufen und Dienstbüchlein und Marschbefehl vorgewiesen hat; der Hinweis auf diese Beweismittel in den allgemeinen Erläuterungen auf dem Aufgebotsplakat stellt zweifellos kein Gültigkeitserfordernis dar. Wenn der Beamte auf der Gemeindekanzlei Stimmkarte und Wahlzettel von ihm entgegennahm auf die blosse Berufung auf seine Abwesenheit hin und dazu bemerkte, es sei in Ordnung, hatte Orsinger keinen Anlass, sich noch besonders auf den Militärdienst zu berufen und gar darüber auszuweisen. Sommerhalder hat ihn nicht etwa (wie die Gemeinde in der Beschwerdeantwort behauptet) BGE 87 I 182 S. 186 zu der irrtümlichen Auffassung bewogen, er sei zur vorzeitigen Stimmabgabe berechtigt; diese Auffassung war vielmehr richtig, und wegen des Verhaltens des Beamten hat er es lediglich unterlassen, sie näher zu begründen und zu belegen, wozu er sonst ohne weiteres in der Lage gewesen wäre. Durch die Nichtberücksichtigung der Stimme Orsingers ist somit entgegen den Vorschriften des Bundesrechtes ein Stimmberechtigter von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen worden. Dass dadurch das Ergebnis der Wahl des Stadtammans beeinflusst werden konnte, wird mit Recht nicht bestritten.
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Urteilskopf 116 Ib 169 23. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. Mai 1990 i.S. Einwohnergemeinde Diegten und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 58 USG ; kantonalrechtliche Enteignung für eine Reststoffdeponie, vorbereitende Handlungen. Bundesrecht wird auch verletzt, wenn eidgenössisches statt kantonales Recht angewendet wird. Entsprechende Rügen sind mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu erheben (E. 1). Wenden die Kantone bei der Erfüllung der ihnen gemäss dem Bundesgesetz über den Umweltschutz obliegenden Aufgaben kantonales Enteignungsrecht an, so bleibt dieses selbständiges kantonales Recht (E. 2a). Die Verwaltungsgerichte haben im Streitfall die Anwendung des kantonalen Rechts auch aufgrund der Anforderungen von Art. 6 EMRK frei zu prüfen (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 169 BGE 116 Ib 169 S. 169 Der Kanton Basel-Landschaft will im Rahmen der Standortauswahl für eine Reststoffdeponie die hydrogeologischen Verhältnisse im Lenztälchen untersuchen lassen. Für die Abklärungen sollen mehrere Probebohrungen vorgenommen und Baggerschlitze ausgehoben sowie die in der Gegend bekannten Quellen und Grundwasserfassungen während einiger Zeit überwacht werden. Auf BGE 116 Ib 169 S. 170 Ersuchen der basellandschaftlichen Bau- und Umweltschutzdirektion teilte die Gemeinde Diegten, auf deren Gebiet das Lenztälchen liegt, den betroffenen Grundeigentümern mit, dass ihre Grundstücke für die umschriebenen Massnahmen beansprucht und die Sondierbohrungen, Quellen und Grundwasserfassungen während rund zwei Jahren überwacht würden. Mit Ausnahme eines einzigen verweigerten sämtliche Eigentümer und sonstigen Berechtigten ihre Zustimmung zu diesem Eingriff. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft erteilte hierauf mit Entscheid vom 2. Mai 1989 gestützt auf § 15 des kantonalen Enteignungsgesetzes die Bewilligung, "ab 31. Mai 1989 die den Grundeigentümern und Berechtigten mit Beanspruchungstabelle und Planausschnitt eröffneten Vorbereitungshandlungen vorzunehmen". Gegen den Beschluss des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft erhoben die Einwohnergemeinde Diegten und dreizehn weitere Grundeigentümer entsprechend der Rechtsmittelbelehrung Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei ersatzlos aufzuheben. Das Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Landschaft trat nach Durchführung eines Augenscheines und Beiladung des Bundesamtes für Umwelt, Wald und Landschaft am 20. Oktober 1989 auf die Beschwerde nicht ein. Es erwog, dass sich der angefochtene Beschluss selbst insoweit, als er sich auf § 15 des kantonalen Enteignungsgesetzes stütze, materiell Bundesrecht, nämlich eidgenössisches Umweltschutzrecht vollziehe und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht angefochten werden könne; die Beschwerde an das kantonale Verwaltungsgericht sei daher nach ständiger Praxis zu § 7 des kantonalen Gesetzes über die Rechtspflege in Verwaltungs- und Sozialversicherungssachen ausgeschlossen. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils sei die Beschwerde von Amtes wegen an das Bundesgericht weiterzuleiten. Der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 1989 ist von der Einwohnergemeinde Diegten und fünf Mitbeteiligten mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV (formelle Rechtsverweigerung) und des kantonalen Verfassungsrechtes angefochten worden. Die Beschwerdeführer stellen den Antrag, das Urteil des Verwaltungsgerichtes sei insoweit aufzuheben, als dieses hinsichtlich der Rüge, § 15 Abs. 1 des kantonalen Enteignungsgesetzes sei verfassungswidrig angewendet worden, seine Zuständigkeit verneint habe. BGE 116 Ib 169 S. 171 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. In formeller Hinsicht stellt sich zunächst die Frage, ob der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichtes entgegen der Meinung der Beschwerdeführer nicht mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde hätte angefochten werden müssen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig gegen Verfügungen der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen, welche sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen ( Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG ), sofern keiner der in Art. 99-101 OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe gegeben ist und soweit Missachtung von Bundesrecht gerügt wird ( Art. 104 lit. a OG ). Dass eine Verfügung nicht allein auf Bundesrecht, sondern auch auf kantonalem oder kommunalem Recht beruht, schliesst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde insofern nicht aus, als die Verletzung von unmittelbar anwendbarem Bundesrecht in Frage steht ( BGE 115 Ib 460 E. 1b, BGE 113 Ib 397 E. 1b). Bundesrecht wird dann verletzt, wenn eine eidgenössische Norm unrichtig ausgelegt oder angewendet wird, wenn sie zu Unrecht keine Anwendung findet oder unzutreffenderweise auf einen bestimmten Sachverhalt angewendet wird, der einer anderen Rechtsnorm untersteht ( BGE 111 Ib 102 , nicht publ. E. 3). Ein Verstoss gegen Bundesrecht liegt somit nicht nur vor, wenn kantonales anstelle von Bundesrecht berücksichtigt, sondern auch, wenn eidgenössisches statt kantonales Recht angewendet wird ( BGE 110 Ib 12 E. 1). Dem Nichteintretensentscheid des basellandschaftlichen Verwaltungsgerichtes liegt sowohl kantonales als auch Bundesrecht zugrunde. Zwar beurteilt sich die Frage, ob das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde gegen den Regierungsratsbeschluss hätte eintreten müssen, in erster Linie nach kantonalem Recht. Indessen hat das Gericht die Eintretensfrage davon abhängig gemacht, ob das umstrittene Bewilligungsverfahren - auch soweit kantonales Enteignungsrecht zum Zuge komme - in Anwendung des eidgenössischen Umweltschutzgesetzes durchzuführen sei. Der sich auf Bundesrecht stützende Entscheid hätte daher von den Beschwerdeführern insoweit mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden sollen, als sie geltend machen, über die Frage, ob die umstrittenen hydrogeologischen Untersuchungen zulässige Vorbereitungshandlungen darstellten, müsse nach kantonalem und nicht nach Bundesrecht befunden werden. Dass allein staatsrechtliche BGE 116 Ib 169 S. 172 Beschwerde erhoben worden ist, schadet den Beschwerdeführern jedoch nicht, da auch die Formerfordernisse der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erfüllt sind und die eingereichte Rechtsschrift als solche behandelt werden kann (vgl. BGE 115 Ib 352 , 114 Ib 349 E. 1). 2. Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Entscheid unter Hinweis auf § 7 des kantonalen Gesetzes über die Rechtspflege in Verwaltungs- und Sozialversicherungssachen vom 22. Juni 1959 (VRG) aus, dass nach konstanter Praxis diejenigen Verfügungen und Entscheide der Beurteilung durch das kantonale Verwaltungsgericht entzogen seien, die der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht unterlägen. Stütze sich allerdings der angefochtene Entscheid sowohl auf Bundes- als auch auf kantonales Recht, so trete das Verwaltungsgericht auf die Beschwerde ein und nehme kraft Sachzusammenhangs eine vollumfängliche Prüfung vor. Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtes hänge deshalb davon ab, welche Normen - bundes- oder kantonalrechtliche - dem angefochtenen Regierungsratsbeschluss richtigerweise zugrunde zu legen seien. Nun ergebe sich aus der Zuständigkeitsordnung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz (USG; SR 814.01), dass den Kantonen beispielsweise im Zusammenhang mit der Vermeidung, Verbrennung und Wiederverwertung von Abfällen ein gewisser Spielraum zum Erlass materieller Grundsätze verbleibe. Hinsichtlich der Entsorgung gefährlicher Abfälle beschränke sich dagegen die Zuständigkeit der Kantone auf den Vollzug der ihnen vom Bundesrecht übertragenen Pflichten. Wendeten die Kantone im Rahmen dieser Vollzugsaufgaben - wie es ihnen Art. 58 Abs. 2 USG freistelle - kantonales Enteignungsrecht an, so handle es sich ebenfalls um Vollzug von Bundesrecht im Sinne von Art. 36 USG . Das kantonale Enteignungsrecht werde somit in seiner Gesamtheit zu Bundesrecht, sobald es zur Verwirklichung von Aufgaben gemäss dem Umweltschutzgesetz eingesetzt werde. Die umstrittene Bewilligung von enteignungsrechtlichen Vorbereitungshandlungen stelle daher, auch wenn sie in Anwendung von § 15 EntG BL ergangen sei, eine auf öffentliches Recht des Bundes gestützte Verfügung dar. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. a) Gemäss Art. 58 Abs. 1 USG können die Kantonsregierungen, wenn die Aufgaben nach diesem Gesetz es erfordern, das Enteignungsrecht selbst in Anspruch nehmen oder dieses Dritten übertragen. Die Kantone dürfen in ihren Ausführungsvorschriften das Bundesgesetz über die Enteignung anwendbar erklären mit der BGE 116 Ib 169 S. 173 Einschränkung, dass anstelle des nach Art. 55 EntG zuständigen eidgenössischen Departementes die Kantonsregierung über die streitig gebliebenen Einsprachen entscheidet (Art. 58 Abs. 2 lit. a). Enthalten die kantonalen Ausführungsbestimmungen keinen Verweis auf das Bundesrecht und stehen keine Werke zur Diskussion, die mehrere Kantone betreffen ( Art. 58 Abs. 3 USG ), so werden die zur Erfüllung der Umweltschutz-Aufgaben benötigten Rechte nach dem kantonalen Enteignungsgesetz erworben. Hiebei greifen nicht nur die verfahrensrechtlichen Bestimmungen, sondern auch die materiellrechtlichen Normen der Kantone Platz, die ihre selbständige Bedeutung haben und diese auch im umweltschutzbedingten Verfahren behalten, soweit sie den bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen vermögen. Wohl hat das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zum gleich wie Art. 58 USG lautenden Art. 9 des eidgenössischen Gewässerschutzgesetzes (GSchG) erklärt, die Frage, ob und inwieweit das Recht zur Enteignung gewährt werden könne, sei eine solche des Bundesrechts und nach Art. 9 GSchG zu lösen, selbst wenn die Expropriation nach kantonalem Enteignungsgesetz durchzuführen sei ( BGE 104 Ib 200 E. 1, BGE 93 I 203 f.; nicht publ. Entscheid vom 30. Januar 1989 i.S. Einwohnergemeinde Titterten, E. 1a). Das heisst jedoch nicht, dass das gesamte kantonale Enteignungsrecht, sobald es der Verwirklichung bundesrechtlicher Aufgaben diene, zu Bundesrecht werde und allein der eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbarkeit unterstehe. Wie in BGE BGE 105 Ib 107 ff. im Falle einer nationalstrassenbedingten kantonalrechtlichen Landumlegung dargelegt worden ist, werden solche Landerwerbsverfahren auch dann nicht in blosser Anwendung des Bundesrechtes durchgeführt, wenn sie im Interesse eines öffentlichen Werkes des Bundes angeordnet, wenn sie mit Rücksicht auf gesamtschweizerische öffentliche Interessen vom Bunde unterstützt oder wenn sie in bundesrechtlichen Grundsatzbestimmungen vorgesehen werden. Gehe es bei der Beurteilung von Sachverhalten, welche sowohl einer bundesrechtlichen Grundsatznorm als auch kantonalen Verwaltungsvorschriften unterstünden, um die Anwendung des selbständigen kantonalen Rechts, das die von der bundesrechtlichen Grundsatzgesetzgebung erfasste Materie in eigenständiger Weise regle, so müsse die kantonale Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Zuge kommen. Allein eine solche Ordnung vermöge die Kontrolle einheitlicher Anwendung des kantonalen Rechts zu gewährleisten und dem föderalistischen Prinzip zu genügen (vgl. E. 1c und 2b). BGE 116 Ib 169 S. 174 Dementsprechend ist auch hier - da die umweltschutzrechtlichen Ausführungsvorschriften des Kantons Basel-Landschaft keine Erklärung betreffend die Anwendbarkeit des Bundesgesetzes über die Enteignung enthalten - der für den Bau einer Reststoffdeponie notwendige Rechtserwerb nach selbständigem kantonalem Enteignungsrecht durchzuführen, zu welchem auch die Bestimmung über die vorbereitenden Handlungen ( § 15 EntG BL) gehört. Das kantonale Verwaltungsgericht ist somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass der angefochtene Regierungsratsbeschluss ausschliesslich auf öffentlichem Recht des Bundes beruhe. b) Stützt sich nach dem Gesagten die Bewilligung für die Vornahme vorbereitender Handlungen sowohl auf Bundes- wie auf kantonales Recht, so hätte das basellandschaftliche Verwaltungsgericht schon nach seiner eigenen Rechtsprechung auf die Beschwerde gegen die gemischtrechtliche Verfügung eintreten und kraft Sachzusammenhangs eine vollumfängliche Prüfung vornehmen sollen. Diese Praxis stimmt mit der bundesgerichtlichen überein, wonach die kantonalen Verwaltungsgerichte zusammenhängende, teils kantonal-, teils bundesrechtliche Fragen auch dann umfassend zu prüfen haben, wenn ihre Entscheide nicht allein der staatsrechtlichen, sondern auch der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen ( BGE 115 Ib 385 f., BGE 114 Ib 351 ff. E. 4). Das Eintreten der Vorinstanz auf die Rüge der Verletzung des kantonalen Enteignungsrechtes wird weiter auch von Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verlangt. Nach Art. 6 Abs. 1 EMRK hat jeder Betroffene Anspruch darauf, Streitigkeiten "über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen", zu denen auch die Auseinandersetzungen über die Ausübung des Enteignungsrechts zählen ( BGE 115 Ia 69 E. 2b, BGE 114 Ia 19 , 127 und dort zitierte Entscheide), einem unabhängigen und unparteiischen Gericht zu unterbreiten, das den angefochtenen Entscheid in einem gerechten Verfahren, d.h. in rechtlicher und tatbeständlicher Hinsicht frei überprüft. Wäre nun die vom Regierungsrat erteilte Bewilligung direkt beim Bundesgericht anfechtbar, das die Anwendung des kantonalen Enteignungsrechts - sei es im Rahmen eines staatsrechtlichen oder eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - nur beschränkt, einzig auf Verfassungsverstösse hin untersuchen könnte, so würde dem Anspruch auf vollen Gerichtsschutz offensichtlich nicht Genüge getan (vgl. BGE 115 Ia 69 f. E. 2c). Dass es hier nicht um die Durchführung eines Enteignungsverfahrens selbst, sondern nur um vorbereitende Handlungen geht, BGE 116 Ib 169 S. 175 ändert an der Anwendbarkeit von Art. 6 EMRK nichts. Einerseits handelt es sich bei diesen Vorbereitungen um Massnahmen, die im engen Zusammenhang mit einer zukünftigen Enteignung stehen; andererseits führen solche Handlungen ihrerseits zu - wenn auch nur geringfügigen - Eingriffen in private Rechte und stellen Streitigkeiten über diese ebenfalls "des contestations sur des droits et des obligations de caractère civil" im Sinne von Art. 6 Abs. 1 EMRK dar. 3. Es ergibt sich, dass der Nichteintretensentscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Basel-Landschaft in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufzuheben ist, und die dem Bundesgericht übermittelte kantonalrechtliche Beschwerde an die Vorinstanz zurückgewiesen werden muss. Da das Verwaltungsgericht die Vereinbarkeit der umstrittenen Vorbereitungshandlungen mit dem kantonalen und dem Bundesrecht zu prüfen haben wird, erübrigt es sich, im heutigen Verfahren auf die von den Beschwerdeführern ebenfalls vorgetragene Rüge einzugehen, die Bestimmung von § 15 EntG BL sei als solche schon verfassungswidrig. Das Verwaltungsgericht wird sich im übrigen bei der Beurteilung der Sache wohl auch mit der vom Bundesamt für Raumplanung aufgeworfenen Frage befassen müssen, ob die vorgesehenen Massnahmen, falls sie aus enteignungsrechtlicher Sicht zulässig sind, einer Baubewilligung bedürften (vgl. BGE 111 Ib 105 ff.). 4. Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist von der Erhebung von Kosten abzusehen ( Art. 156 Abs. 2 OG ). Der Kanton Basel-Landschaft hat die Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren angemessen zu entschädigen ( Art. 159 OG ).
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Urteilskopf 108 V 34 9. Extrait de l'arrêt du 14 mai 1982 dans la cause Krankenfürsorge contre Oberson et Tribunal des assurances du canton de Neuchâtel
Regeste Art. 12quater KUVG . - Seit dem 1. März 1982 sind die Krankenkassen verpflichtet, die in Art. 12quater KUVG genannten Leistungen jeder Versicherten zu erbringen, die nachweist, dass sie einen Abbruch der Schwangerschaft vorgenommen hat, der gemäss den in Art. 120 StGB vorgesehenen Voraussetzungen straflos ist. Sie sind an die Feststellungen der beiden Ärzte gebunden, welche gemäss den kantonalen Anwendungsbestimmungen zum StGB zu dem an die zuständige Behörde gerichteten Gesuch Stellung genommen haben. - Das neue Recht ist nicht anwendbar auf Krankenkassen-Verfügungen, die vor dem 1. März 1982 ergangen sind.
Erwägungen ab Seite 35 BGE 108 V 34 S. 35 Considérant en droit: 1. (Voir ATF 107 V 99 .) 2. Le 1er mars 1982 est entrée en vigueur la loi fédérale du 9 octobre 1981 introduisant dans la LAMA un art. 12quater ainsi rédigé (RO 1982, p. 196): "En cas d'interruption non punissable de la grossesse au sens de l'art. 120 CPS, les caisses-maladie doivent allouer au minimum: 1) Aux personnes assurées pour les soins médicaux et pharmaceutiques, les prestations prévues à l'art. 12; 2) Aux personnes assurées pour l'indemnité journalière, les prestations prévues à l'art. 12bis." Il y a donc lieu d'examiner si la jurisprudence résumée au considérant précédent peut être maintenue sous l'empire du nouveau droit et, en cas de réponse négative, à la lumière de quels principes doit être jugée la présente espèce. Vu leur importance, ces deux questions ont été soumises à la Cour plénière, qui les a résolues comme il suit: a) Un examen détaillé des travaux préparatoires qui ont conduit à l'adoption de la novelle et qui s'étendent de 1974 (cf. FF 1974 II 706 ss, spéc. p. 770 et 780) à 1981, avec différents stades intermédiaires (cf. notamment FF 1977 III 99 et 1979 II 1032 et 1055), démontre que le législateur, sur proposition du Conseil BGE 108 V 34 S. 36 fédéral, a voulu compléter le droit de l'assurance-maladie sociale dans ce sens qu'il devra, désormais, y avoir concordance entre l'interruption non punissable de la grossesse au sens de l' art. 120 CP et la couverture obligatoire par les caisses-maladie des frais de traitement résultant de cette intervention, à concurrence des prestations assurées. On peut déduire des avis exprimés au cours des débats parlementaires, comme des explications données par le gouvernement, que cette solution est justifiée en l'état actuel du droit positif qui ne connaît, dans sa lettre, que l'indication médicale au sens strict comme motif d'interruption non punissable de la grossesse. Elle devra éventuellement être revue si, par la suite, le législateur adopte la règle des indications élargies (comprenant en particulier les indications eugénique et médico-sociale), en lieu et place des dispositions actuelles du droit pénal (sur ces différents points, v. p.ex. BO CN 1975 I 210, Lang, 274, Brugger, 291, Forel, 1981 I 129-130, Grobet, 138, Ribi, 140, Mascarin, 168-170, Grobet, Füeg, Mascarin et Jaggi; BO CE 1975 p. 421, Bolla, 1976 p. 672, Andermatt, 1981 p. 368-369, Bührer et Furgler). b) Le législateur a donc voulu mettre fin à une incertitude en posant le principe que du moment qu'aux termes de la loi pénale seule l'indication médicale autorise l'interruption licite de la grossesse, cette intervention constitue nécessairement un traitement médical au sens de l' art. 12 LAMA qui ouvre droit aux prestations assurées. Il a ainsi introduit dans le domaine de l'assurance-maladie sociale une présomption irréfragable et cela quand bien même il savait, comme l'ont amplement démontré les débats parlementaires sur la modification éventuelle des dispositions pénales réprimant l'avortement, que l'indication médicale au sens de l' art. 120 CP est interprétée de façon beaucoup plus large dans certains cantons que dans d'autres. c) Par conséquent, les principes exprimés dans l'arrêt publié dans ATF 107 V 99 ne correspondent plus, désormais, au droit applicable. Cela signifie qu'à l'avenir, conformément au nouvel art. 12quater LAMA , les caisses-maladie auront l'obligation d'accorder les prestations mentionnées dans cette disposition à toute assurée qui prouve qu'elle a subi une interruption non punissable de la grossesse aux conditions prévues par l' art. 120 CP . Elles seront donc liées, sur ce point, par les constatations des deux médecins qui, selon la loi, doivent obligatoirement se prononcer sur la demande adressée à l'autorité compétente en vertu des BGE 108 V 34 S. 37 dispositions cantonales d'application du Code pénal suisse. Il en ira bien entendu de même si l'autorisation est délivrée après coup dans l'éventualité envisagée à l' art. 120 ch. 2 CP . d) Lorsque la législation est modifiée au cours d'une procédure de recours de droit administratif, dont le but est le contrôle de la légalité de la décision attaquée, le Tribunal fédéral des assurances examine en principe celle-ci à la lumière de l'ancien droit, à moins que des motifs particuliers n'imposent l'application du nouveau droit. Il se conforme ainsi aux principes généraux de la procédure administrative ( ATF 106 Ib 326 ). La Cour plénière estime qu'il n'existe pas de motifs particuliers qui imposent l'application du nouveau droit aux décisions des caisses-maladie concernant l'octroi de prestations pour une interruption non punissable de la grossesse, qui ont été rendues avant le 1er mars 1982...
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Urteilskopf 86 IV 35 12. Urteil des Kassationshofes vom 11. März 1960 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Prokop.
Regeste Art. 45 Abs. 3 MFV ; Vortrittsrecht des Fussgängers. 1. Wo und unter welchen Voraussetzungen steht Fussgängern das Vortrittsrecht zu? 2. Es hängt von den Umständen des einzelnen Falles (z.B. von der Verkehrsdichte, Tageszeit, Fahrbahnbreite usw.) ab, inwieweit der Fahrzeugführer im Hinblick darauf, dass ein Fussgänger allenfalls den Vortritt beanspruchen könnte, auf einen Fussgängerstreifen zu die Geschwindigkeit herabzusetzen hat.
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 86 IV 35 S. 35 A.- Prokop führte am 10. März 1959, einem Dienstag, kurz vor 14 Uhr in Zürich einen Personenwagen vom BGE 86 IV 35 S. 36 Schaffhauserplatz her durch die Weinbergstrasse stadteinwärts gegen deren Kreuzung mit der Ottikerstrasse. Die Weinbergstrasse, deren Fahrbahn 6 m breit ist, ist eine Ausfallstrasse mit grosser Verkehrsdichte. Sie führt über eine ganze Reihe unübersichtlicher Kreuzungen und wird in beiden Richtungen von der Strassenbahn befahren, deren Schienen in geringem Abstand von den beidseitigen Trottoirs in die Strasse eingelassen sind. Unmittelbar vor der Kreuzung mit der Ottikerstrasse befindet sich - in der Fahrtrichtung des Prokop gesehen - am rechten Strassenrand eine Tramhaltestelle, von der ein Fussgängerstreifen quer über die Weinbergstrasse zum linken Trottoir hinüberführt. Als Prokop zur angeführten Zeit die Weinbergstrasse befuhr, herrschte vor allem stadteinwärts ausgesprochener Stossverkehr. Unter anderem war gerade ein Tramzug von der Haltestelle Ottikerstrasse stadteinwärts weggefahren, gefolgt von einer kleinen Autokolonne, die hinter dem anhaltenden Tram hatte warten müssen. Prokop näherte sich mit einer Geschwindigkeit von ungefähr 50 km/Std dieser Kolonne, noch bevor für die dem Tram entstiegenen Personen Gelegenheit bestanden hätte, über die Fahrbahn auf das linksseitige Trottoir zu gelangen. Sein Wagen befand sich noch ca. 40 m vom Fussgängerstreifen entfernt, als dieser vom letzten Auto der mit dem Tram wieder anfahrenden Kolonne passiert wurde. Prokop fuhr, ohne vom Gas zu gehen und Bremsbereitschaft zu erstellen, auf der leicht abfallenden Weinbergstrasse mit unverminderter Geschwindigkeit auf den Fussgängerstreifen zu, bei dem auf dem rechtsseitigen Trottoir mehrere Personen warteten, welche die Fahrbahn überqueren wollten. Drei dieser Fussgänger begannen, als der hinterste Wagen der Fahrzeugkolonne den Fussgängerstreifen überquert hatte, ihr Vorhaben auszuführen. Von diesen drei Personen, die den Fussgängerstreifen betraten, setzte schliesslich aber nur der 66-jährige halbblinde Kaiser den Weg auf die Strassenmitte zu fort. Dabei wurde er ca. 1,6 m vom rechten BGE 86 IV 35 S. 37 Strassenrand entfernt auf dem Fussgängerstreifen vom Fahrzeug des Prokop erfasst und zu Boden geworfen. Er erlitt schwere Verletzungen, die zu seinem Tode führten. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich sprach mit Urteil vom 27. Oktober 1959 Prokop von der Anklage der fahrlässigen Tötung frei, erklärte ihn aber der Übertretung des Art. 25 MFG schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 50.-. Das Gericht nahm an, eine Geschwindigkeit von 50 km/Std sei eindeutig übersetzt gewesen, doch hätte sich der Zusammenstoss wahrscheinlich auch dann nicht vermeiden lassen, wenn die Geschwindigkeit, was nicht zu beanstanden gewesen wäre, in jenem Zeitpunkt nur 35 km/Std betragen hätte. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrage, das Urteil sei aufzuheben und das Obergericht anzuweisen, Prokop der fahrlässigen Tötung schuldig zu erklären und entsprechend zu bestrafen. D.- Prokop beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 45 Abs. 3 MFV haben die Motorfahrzeugführer vor Fussgängerstreifen die Geschwindigkeit zu mässigen und nötigenfalls anzuhalten, um den sich schon darauf befindenden Fussgängern die ungehinderte Überquerung der Fahrbahn zu ermöglichen. Diese Bestimmung räumt dem Fussgänger auf dem Streifen das Vortrittsrecht ein, wenn er ihn so frühzeitig betreten hat, dass es dem Führer des Motorfahrzeuges noch möglich ist, den Vortritt zu lassen, ohne jemanden zu gefährden. Der Motorfahrzeugführer hat sich daher im vorneherein so zu verhalten, dass er dem Fussgänger die Ausübung seines Rechts nicht verunmöglicht. Insbesondere hat er, wie Art. 45 Abs. 3 MFV ausdrücklich bestimmt, bei der Annäherung an den Fussgängerstreifen die Geschwindigkeit angemessen herabzusetzen. BGE 86 IV 35 S. 38 Dem Fussgänger steht demnach, auch wenn er die Fahrbahn auf dem dafür bestimmten Streifen überquert, das Vortrittsrecht gegenüber den Fahrzeugführern nicht schlechthin, sondern nur dann zu, wenn er die Fahrbahn auf angemessene Entfernung vor dem herannahenden Fahrzeug betreten hat. Wie nahe ein Fahrzeug an den Fussgängerstreifen herangerückt sein muss, damit der Führer nicht mehr in Rechnung zu stellen hat, dass ein Fussgänger den Vortritt beanspruchen könnte, kann nicht ein für allemal gesagt werden, sondern hängt von den Umständen, u.a. von der Verkehrsdichte, der Fahrbahnbreite und der Tageszeit ab. Bei dichtem Verkehr ist auf einer schmalen Strasse, zumal kurz vor Arbeitsbeginn oder unmittelbar nach Arbeitsschluss, eher zu erwarten, dass ein Fussgänger eine verhältnismässig kurze Lücke zwischen zwei Fahrzeugen dazu benützen werde, die Fahrbahn zu überqueren als bei schwachem Verkehr oder bei dichtem Verkehr auf einer mehrspurigen Strasse. Bei der Überlegung, ob er angesichts eines sich nähernden Fahrzeuges den Streifen betreten und damit den Vortritt in Anspruch nehmen dürfe, darf der Fussgänger damit rechnen, dass der Fahrzeugführer die Geschwindigkeit vorschriftsgemäss mässigen werde ( BGE 65 I 59 f.). Hierauf durften sich im vorliegenden Falle die vor dem Streifen wartenden Fussgänger umso mehr verlassen, als für die stadteinwärts fahrenden Führer die Sicht in den von rechts einmündenden Arm der Ottikerstrasse, woher vortrittsberechtigte Fahrzeuge kommen konnten, weitgehend verdeckt ist und daher auch aus diesem Grunde nach Art. 25 Abs. 1 und Art. 27 Abs. 1 MFG langsames Fahren geboten war. 2. a) Als der Beschwerdegegner sich dem Fussgängerstreifen bei der Tramhaltestelle Ottikerstrasse näherte, standen - nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) - bei diesem auf dem rechtsseitigen Trottoir 5-10 Personen. Aus ihrem Standort und sonstigen Verhalten musste geschlossen werden, dass sie auf eine Gelegenheit warteten, um die Weinbergstrasse BGE 86 IV 35 S. 39 überqueren zu können. Dieser Schluss lag umso näher, als der Tramzug und die an diesen unmittelbar anschliessende Autokolonne, durch die das Überqueren der Weinbergstrasse auf dem Fussgängerstreifen versperrt worden war, sich eben stadtwärts entfernt hatten und die zwischen dem hintersten Wagen der Fahrzeugkolonne und dem Auto des Beschwerdegegners bestehende Lücke von ca. 40 m erfahrungsgemäss von Fussgängern als gross genug erachtet werden mochte, um sie zum Überqueren der Fahrbahn auszunützen. Darauf hatte sich der Beschwerdegegner durch Mässigung der Geschwindigkeit einzustellen. b) Die Vorinstanz nimmt an, er hätte dieser Pflicht genügt, wenn er nicht schneller gefahren wäre, als dass er auf 15 m hätte anhalten können, da er erfahrungsgemäss mit der Möglichkeit, dass ein Fussgänger die Strasse überqueren könnte, nicht mehr habe rechnen müssen, als sich sein Fahrzeug dem Fussgängerstreifen bis auf diese Entfernung genähert hatte. Damit trägt die Vorinstanz den gegebenen Umständen jedoch nicht genügend Rechnung. Nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz herrschte auf der Weinbergstrasse zur Zeit des zu beurteilenden Vorfalles eigentlicher Stossverkehr. Die Möglichkeiten, die Fahrbahn zu überschreiten, waren daher beschränkt. Anderseits war um jene Zeit auch der Fussgängerverkehr rege und hatte es - kurz vor Arbeitsbeginn - ein grosser Teil der Fussgänger unverkennbar eilig. Der Beschwerdegegner musste daher bedenken, dass Fussgänger verhältnismässig kurz vor seinem Wagen die Fahrbahn betreten könnten, um sie auf dem dafür bestimmten Streifen zu überqueren. Damit war umso mehr zu rechnen, als die Fahrbahn der Weinbergstrasse an der in Frage stehenden Stelle verhältnismässig schmal ist. Die gleiche Überlegung drängte sich vor allem aber auch im Hinblick auf die beiden Personen auf, die bereits auf den Fussgängerstreifen hinausgetreten waren. Indem sie gleich nach der Durchfahrt des hintersten Wagens der sich stadteinwärts entfernenden Kolonne in die Fahrbahn BGE 86 IV 35 S. 40 eingedrungen waren, hatten sie den Vortritt beansprucht, der ihnen gemäss Art. 45 Abs. 3 MFV auch zustand, da sich der Wagen des Beschwerdegegners in diesem Zeitpunkte noch gegen 40 m vor dem Fussgängerstreifen befand. Für Prokop ergab sich daraus die Pflicht, die Geschwindigkeit derart zu mässigen, dass er den Vortritt lassen konnte. Freilich blieben die beiden Fussgänger, nachdem sie den Streifen betreten hatten, sogleich wieder stehen. Daraus hätte der Beschwerdegegner jedoch nur dann ableiten dürfen, dass sie auf den ihnen zustehenden Vortritt verzichteten, wenn bestimmte Anzeichen eindeutig darauf hingewiesen hätten. Das war aber nicht der Fall; es ist nicht festgestellt, dass sie sich auch nur nach jener Richtung hin umgeblickt, geschweige denn dem Beschwerdegegner ein Zeichen gegeben hätten. c) Wie die Vorinstanz für den Kassationshof verbindlich festgestellt hat, hatte sich der Beschwerdegegner dem Fussgängerstreifen auf 14-17 m genähert, als Kaiser ihn betrat. Unter den oben angeführten Umständen musste Prokop aber, wovon auch das Obergericht ausgeht, mit der Möglichkeit rechnen, dass die bereits auf dem Fussgängerstreifen stehenden oder andere Passanten sich anschicken könnten, auf diese Entfernung vom Fahrzeug die Fahrbahn noch zu überqueren. Er wäre daher verpflichtet gewesen, die Geschwindigkeit soweit herabzusetzen, dass die Fussgänger auf die genannte Entfernung die Fahrbahn noch hätten ungehindert überqueren können. Hätte er das getan, so wäre er in der Lage gewesen, sein Fahrzeug noch rechtzeitig vor dem Fussgängerstreifen zum Stehen zu bringen, als Kaiser sich auf diesen hinausbegab. Die übersetzte Geschwindigkeit war deshalb rechtserhebliche Ursache für den Zusammenstoss und damit für den Tod Kaisers.
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Urteilskopf 109 II 273 59. Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1983 i.S. F. S. und Mitbeteiligte gegen Paula S. und Emil T. (Berufung)
Regeste Art. 97 ZGB . Anforderungen an die Urteilsfähigkeit eines Heiratswilligen.
Sachverhalt ab Seite 273 BGE 109 II 273 S. 273 Paula S., geboren 1951, und Emil T., geboren 1934, leben seit dem 21. August 1979 in gemeinsamem Haushalt. An diesem Tage meldeten sie beim Zivilstandsamt G. ihr Eheversprechen an. Während des Verkündverfahrens erhoben die Mutter sowie Geschwister und Verschwägerte der Paula S. Einspruch. Dieser Eheeinspruch wurde von den Verlobten nicht anerkannt, worauf die Einsprecher beim Amtsgericht Klage auf Untersagung des Eheabschlusses erhoben. Das Amtsgericht wies am 24. September 1981 die Klage vollumfänglich ab. Es stellte gestützt auf zwei psychiatrische Gutachten vom 5. März 1981 und 7. Juli 1981 sowie auf ein Ergänzungsgutachten des Obergutachters vom 11. August 1981 fest, dass Paula S. an Schwachsinn im Grenzbereich zwischen schwerster Debilität und Imbezillität leide. Es befand jedoch, dass weder die Interessen der Beklagten selbst noch jene anderer Personen BGE 109 II 273 S. 274 einer Eheschliessung entgegenstünden. Paula S. könne auf diese Weise vielmehr in ihrer vertrauten Umgebung in geschütztem Rahmen leben. Eine Heirat mit Emil T. liege offensichtlich in ihrem Interesse. Auch erbbiologische Gründe stünden einer Eheschliessung nicht entgegen, nachdem die Gutachter davon ausgingen, dass die Geistesschwäche der Paula S. nicht ererbt, sondern erworben sei. Im Anschluss an die erste Begutachtung wurde bei Paula S. eine Schwangerschaft festgestellt. Das Amtsgericht prüfte deshalb auch, ob diese die nötigen Fähigkeiten für die Pflege und Erziehung ihres Kindes habe. Es führte dazu aus: Da Paula S. bei der Erfüllung ihrer Pflichten als Hausfrau und Mutter von Emil T. einige Hilfe erwarten könne und das einfache, naturverbundene Leben auf dem Bauernhof sowie die Harmonie zwischen den Beklagten einige erzieherische Mängel doch auszugleichen vermöchten, könne nicht gesagt werden, dass die Kindesinteressen, soweit sie überhaupt eine Rolle spielen könnten, dem Eheschluss der Beklagten zwingend entgegenstehen würden. Auf Appellation der Kläger wies auch das Obergericht des Kantons Luzern die Klage mit Urteil vom 15. März 1983 ab. Die Kläger haben gegen das obergerichtliche Urteil Berufung beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen die Aufhebung dieses Urteils und verlangen, es sei den Beklagten wegen Eheunfähigkeit der Paula S. der Eheschluss gerichtlich zu untersagen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beklagten lassen am Schluss ihrer Berufungsantwort vorbringen, es stelle sich die Frage, ob die Kläger an der Untersagung eines Eheabschlusses überhaupt ein schützenswertes Interesse hätten. In gesellschafts- und rechtspolitischer Hinsicht habe sich seit Erlass des Zivilgesetzbuches viel geändert. Die Gesellschaft sei toleranter geworden, weshalb die allgemeinen Begriffe der "Unfähigkeit" heute in einem andern Lichte erschienen als noch vor 50 Jahren. In rechtspolitischer Hinsicht sei beispielsweise im Kanton Luzern das Konkubinatsverbot aufgehoben worden. Eine faktische Ehe (ohne Trauschein) könne demnach nicht verhindert werden. Da die zuständige Behörde keine Veranlassung gesehen habe, im Verkündverfahren Massnahmen zu ergreifen und sich auch im nachhinein nicht am Einspruchsverfahren beteiligt habe, sei davon auszugehen, dass den Klägern ein schutzwürdiges Interesse BGE 109 II 273 S. 275 an der Eheuntersagung fehle und die Berufung schon aus diesem Grunde abzuweisen sei. a) Aus der Tatsache, dass sich der Zivilstandsbeamte weder gehalten sah, die Verkündung zu verweigern, noch sich am Einspruchsverfahren zu beteiligen, können die Beklagten nichts für sich herleiten. Gemäss Art. 107 ZGB ist das Gesuch der Verlobten um Verkündung abzuweisen, wenn ein Teil nicht ehefähig ist, oder wenn ein gesetzliches Ehehindernis vorliegt. Geht es um die Frage der Urteilsfähigkeit, darf der Zivilstandsbeamte die Verkündung nur verweigern, wenn die Eheunfähigkeit wegen mangelnder Urteilsfähigkeit offenkundig ist, d.h. sich aus einem Gerichtsurteil oder einem eindeutigen Gutachten klar und unanfechtbar ergibt ( BGE 77 I 236 , BGE 73 I 169 E. 2, 170 E. 3, GÖTZ, N. 6 zu Art. 107 ZGB , EGGER, N. 3 zu Art. 107 ZGB , GMÜR, N. 6 zu Art. 107 ZGB ). Im Zweifelsfalle ist es Sache des Einspruchsverfahrens, die Frage der Eheunfähigkeit zu prüfen und zu entscheiden. Selbst Einspruch erheben oder sich am eingeleiteten Einspruchsverfahren beteiligen muss die zuständige Behörde nur im Falle eines Nichtigkeitsgrundes ( Art. 109 ZGB ). Im vorliegenden Fall aber, wo jedenfalls nicht auf der Hand liegt, dass öffentliche Interessen zu wahren sein könnten, bestand dafür kein Anlass. b) Gemäss Art. 108 ZGB hat der Einsprecher ein Interesse geltend zu machen. Als schutzwürdiges Interesse am Nichtzustandekommen der Ehe kommt ein vermögensrechtliches, vor allem erbrechtliches, oder auch ein bloss persönliches, moralisches Interesse in Betracht (GÖTZ, N. 2 zu Art. 108 ZGB , EGGER, N. 2 zu Art. 108 ZGB , GMÜR, N. 6 zu Art. 108 ZGB , TUOR/SCHNYDER, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 9. Aufl. S. 142). Die Legitimation kann einem Einsprecher nur abgesprochen werden, wenn er augenscheinlich kein begründetes Interesse im Sinne dieser Bestimmung hat (GÖTZ, a.a.O.; BGE 66 I 288 ). Es wird von den Beklagten nicht behauptet, dass die Verwandten der Paula S., die sich auf deren besondere Schutzbedürftigkeit berufen, kein schutzwürdiges Interesse im Sinne des Art. 108 ZGB hätten. Was sie vorbringen, betrifft mehr gesellschafts- und rechtspolitische Fragen, die sich im Zusammenhang mit der praktischen Bedeutung von Art. 97 Abs. 1 ZGB stellen können, sowie die Tatsache, dass eine allfällige Gutheissung der Berufung keine praktischen Folgen haben könnte, weil sich auch mit einer Untersagung des Eheabschlusses nichts daran ändern würde, dass die Beklagten nunmehr seit vier Jahren zusammenleben, eine faktische Familie gegründet haben und wohl BGE 109 II 273 S. 276 von niemandem gezwungen werden könnten, ihre Lebensgemeinschaft aufzugeben. Dieser Umstand allein vermag nichts an der Legitimation der Kläger zu ändern. c) Die Kläger sind zumindest in prozessualer Hinsicht durch das angefochtene Urteil beschwert (BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 74/75). 2. Nach Art. 97 Abs. 1 ZGB müssen die Verlobten, um eine Ehe eingehen zu können, urteilsfähig sein. Urteilsfähig im Sinne des Gesetzes sind sie, wenn ihnen nicht wegen ihres Kindesalters oder infolge von Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Trunkenheit oder ähnlichen Zuständen die Fähigkeit mangelt, vernunftsgemäss zu handeln ( Art. 16 ZGB ). Aus den bei den Akten liegenden Gutachten, insbesondere demjenigen von Dr. med. H. vom 28. Oktober 1982, ergibt sich, dass Paula S. infolge ihres Schwachsinnes mittleren Grades auch heute noch den Anforderungen der ersten Klasse Primarschule kaum gewachsen wäre und höchstens für den Kindergarten genügen würde. 3. Damit ist noch nicht gesagt, dass die Urteilsfähigkeit auch im Blick auf Art. 97 ZGB verneint werden muss. Wie die kantonalen Instanzen mit Recht dargelegt haben, lässt sich die Urteilsfähigkeit oder -unfähigkeit nicht ein für alle Mal, abstrakt, feststellen, ohne jede Rücksicht auf die besonderen Umstände. Dies folgt bereits aus Art. 16 ZGB und gilt auch für Art. 97 Abs. 1 ZGB (BINDER, Die Urteilsfähigkeit in psychologischer, psychiatrischer und juristischer Sicht, 1964, S. 30/31). Geht es um die Urteilsfähigkeit im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB , so ist nur zu entscheiden, ob die Verlobten im Hinblick auf den geplanten Eheabschluss mit dem konkreten Partner die zur freien Eingehung der Ehe nötige Reife haben und als fähig zu betrachten sind, auf vernünftige Weise Wesen und Bedeutung der Ehe und der damit verbundenen Pflichten zu erfassen (TUOR/SCHNYDER, a.a.O., S. 138). Dabei ist die Anforderung, die an die für die Eheschliessung und -führung notwendige Urteilsfähigkeit gestellt werden muss, zwar grundsätzlich höher als jene, welche an die Urteilsfähigkeit für den Geschäftsverkehr erforderlich ist. Doch dürfen die Anforderungen auch wieder nicht zu hoch geschraubt werden, soll nicht das verfassungsmässige Recht auf Ehe für eine zu grosse Zahl von Menschen bedeutungslos werden (BINDER, a.a.O., S. 59, 64). Während EGGER (N. 2 zu Art. 97 ZGB ) noch davon ausging, dass es sich bei der Eheschliessung um den wichtigsten Schritt im Leben, um einen Vorgang von grösster Tragweite handle, bei dem Würde und BGE 109 II 273 S. 277 Bürde der Ehegatten auf dem Spiel stünden und deshalb hohe Anforderungen an die Urteilsfähigkeit zu stellen seien (vgl. dazu auch das von DUKOR, Das schweizerische Eheverbot für Urteilsunfähige und Geisteskranke, 1939, S. 49/50 zitierte Urteil des Zivilgerichts Basel-Stadt vom 16. November 1935), stellen die jüngeren Autoren bescheidenere Ansprüche: Es wird heute allgemein die Auffassung vertreten, dass an die Urteilsfähigkeit insbesondere keine hohen Intelligenzansprüche gestellt werden dürfen (BUCHER, N. 106 zu Art. 16 ZGB , GÖTZ, N. 1 zu Art. 97 ZGB , DUKOR, a.a.O., S. 59, BINDER, a.a.O., S. 64 ff.). Es genügt, wenn die Verlobten eine gewisse bescheidene Fassungskraft und Einsicht für die Bedeutung der Ehe im allgemeinen besitzen (GÖTZ, N. 1 zu Art. 97), wenn sie fähig sind, ein Verhalten zu zeigen, das im weiteren Sinne noch sozial akzeptiert wird und die Führung einer Ehe nicht zum vorneherein ausschliesst (BUCHER, N. 35 zu Art. 16 ZGB ). 4. a) Ähnlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass Urteilsfähigkeit im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB immer vorliegt, wenn die Verlobten in der Lage sind, das Wesen der Ehe und die den Ehegatten daraus erwachsenden Rechte und Pflichten zu erkennen und sich dieser Einsicht gemäss zu verhalten ( BGE 77 II 105 /106). Das bedeutet, dass die Verlobten einen vernünftigen Grund für den beabsichtigten Eheschluss (Wunsch nach eigenem Heim, nach Geborgenheit und Zuneigung) haben müssen; sie sollen weiter wissen, was für Erwartungen und Pflichten mit dem Eingehen einer durchschnittlichen Ehe verbunden sind, dass also wirtschaftliche Vorsorge zu treffen, dass Haushaltsführung, allenfalls Kindererziehung nötig ist, dass das Zusammenleben auch ein gewisses Mass an gegenseitiger Achtung und Zuneigung verlangt. Die Verlobten müssen sodann auch den entsprechenden Willen aufbringen. b) Art. 97 Abs. 1 ZGB will verhindern, dass Ehen eingegangen werden, die ihrem Gehalt nach nicht wirkliche Gemeinschaften werden können (GÖTZ, N. 7 zu Art. 97 ZGB ). Sodann bezweckt diese Bestimmung, einen Menschen, der infolge seiner Geistesschwäche die Konsequenzen einer Eheschliessung nicht zu überblicken vermag und auch sich selbst vor andern nicht genügend schützen kann, vor der Gefahr zu bewahren, dem Ehepartner ausgeliefert zu sein. Zeigt es sich aber, dass es im Interesse des weitgehend Urteilsunfähigen liegt, eine Ehe einzugehen, ist mit Binder und anderen ausnahmsweise die Ehefähigkeit zu bejahen BGE 109 II 273 S. 278 (BINDER, a.a.O., S. 65). Die Ehe kann jedenfalls einer möglichen sozialen Verwahrlosung oder auch einem Konkubinat mit der damit verbundenen Unsicherheit vorzuziehen sein. Art. 97 Abs. 1 ZGB hat eine starke fürsorgerische Ausrichtung, die es unter besondern Umständen rechtfertigt, die erforderliche Urteilsfähigkeit selbst dann zu bejahen, wenn die Fähigkeit zum Erfüllen der ehelichen und familiären Aufgaben stark herabgesetzt erscheint. Wenn die geplante Ehe offensichtlich im Interesse des Nupturienten liegt und seinem Wohlergehen dient, können an den Begriff der Urteilsfähigkeit im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB geringe Ansprüche gestellt werden (BINDER, a.a.O., S. 65 f. 109, vgl. DUKOR, Ausgewählte, kritisch besprochene Beispiele zum Eherecht der Geisteskranken, 1940, Beispiel 3, S. 9/10, das dem vorliegenden Fall vergleichbar ist, auch Beispiel 7, vor allem S. 19/20). Würde anders entschieden, so liefe dies gerade der ratio legis des Art. 97 ZGB zuwider und würde zudem auf harte und auch lebensfremde Weise in höchst persönliche, auch verfassungsmässig geschützte Rechte eingegriffen, ohne dass ein solcher Eingriff vom öffentlichen Interesse oder vom Erfordernis des Schutzes des einen oder andern Partners geboten wäre. 5. Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht verbindlich festgestellt, dass Paula S. als schwachsinnig bezeichnet werden muss. In Anlehnung an DUKOR (Das Eheverbot) ..., S. 86/87) hat sie weiter festgestellt, dass sie in intellektueller Hinsicht ein zwar bescheidenes, aber gerade noch genügendes Verständnis für das Wesen der Ehe im allgemeinen habe. Es sei ihr Wunsch, den Mann, den sie gern habe, zu heiraten und gemeinsam mit diesem Kinder zu haben. Sie wisse, dass Kinder betreut und ein Haushalt geführt werden müssten und dass dies Aufgaben seien, deren Erfüllung auch von ihr verlangt würde. Sie erfülle denn auch diese Pflichten seit bereits rund dreieinhalb Jahren, und zwar besser, als dies angesichts ihres Schwachsinns zu erwarten gewesen wäre. Ihr Kinderwunsch sei zudem normal. Es ginge nicht an, ausgerechnet von ihr die Einsicht zu verlangen, dass sie angesichts ihres Schwachsinns auf Kinder verzichten sollte. Ausserdem habe sie in Emil T. den für sie geeigneten Partner gefunden, der ihr Halt, Geborgenheit und Führung gebe. Darauf sei sie aber gerade angewiesen, nachdem bei ihr psychische Auffälligkeiten wie Ängstlichkeit, mangelndes Selbstvertrauen und fehlende Selbständigkeit festgestellt worden seien. Anhaltspunkte, dass Emil T. sie nur aus finanziellen Gründen oder mit Rücksicht auf ihre Arbeitskraft heiraten BGE 109 II 273 S. 279 wolle, lägen keine vor. Er habe sie im Gegenteil trotz ihrer geistigen Behinderung offensichtlich gern. Das Obergericht hat der Beklagten auch zugestanden, dass sie trotz ihres Unvermögens, Daten, Zeitablauf usw. zu erfassen, in dem Umfeld, in welchem sie lebt, und im Blick auf den konkreten Partner, ein genügendes Verständnis für das Alltägliche und Nächstliegende habe. Sie sei in der Lage, einen einfachen Haushalt zu führen, auch wenn ihr die Fähigkeit abgehe, gewisse Aufgaben, wie beispielsweise das Einkaufen, selbständig auszuführen. Sie habe bisher auch die Betreuung des am 19. Oktober 1981 geborenen Kindes zu bewältigen vermocht. Die Säuglingsfürsorge habe sich auf wenig Kontrollgänge beschränken können. Freilich sei nicht zu verkennen, dass ihre Geistesschwäche, zumindest was die intellektuelle Seite anbelange, eine Kindererziehung praktisch unmöglich mache. In dieser Hinsicht werde Emil T. eine wesentliche Rolle übernehmen müssen, wobei auch hier wieder vorteilhaft sei, dass er als Bergbauer im Haushalt mithelfen könne. Zumindest ebenso bedeutungsvoll wie die intellektuelle sei die affektive Seite der Erziehung, und dafür würde Paula S. den notwendigsten Anforderungen, wenn auch wegen ihres Schwachsinns nicht allzu differenziert, genügen. Das schon vorhandene Kind finde bei ihr, der eine warme, gemütvolle Art zu attestieren sei, die erforderliche Nestwärme. Sie verstehe es zudem ausserordentlich gut, im Zusammenwirken mit Emil T. ihren Schwachsinn zu verbergen. Dieser trete, da offenbar nicht ererbt, auch nicht in ihrem Äussern in Erscheinung, so dass das Kind erst im fortgeschrittenen Alter die geistige Schwäche der Mutter in ihrer ganzen Tragweite realisieren werde. Es wäre daher nicht gerechtfertigt, nur wegen der Tatsache, dass sie in intellektueller Hinsicht geringe Voraussetzungen für die Kindererziehung mit sich bringe, ihr die Ehe zu untersagen. In affektiver Hinsicht bejaht die Vorinstanz schliesslich, dass bei der Beklagten achtenswerte Motive für die Eheschliessung vorlägen, dass ihr Triebleben als normal zu bezeichnen sei und dass sich auch aus ihrer psychischen Veranlagung heraus keine Schwierigkeiten ergeben hätten, das Alltagsleben zusammen mit Emil T. zu bewältigen. 6. Aufgrund dieser für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen kann nicht gesagt werden, die rechtliche Schlussfolgerung der Vorinstanz verstosse gegen Bundesrecht, wonach Paula S. zwar minimale, aber unter den gegebenen Umständen noch genügende intellektuelle und affektive Voraussetzungen für das Eingehen BGE 109 II 273 S. 280 und Führen der Ehe mit Emil T. mit sich bringe. Paula S. kann daher im Sinne des Art. 97 Abs. 1 ZGB als urteilsfähig bezeichnet werden, und ihre Ehefähigkeit ist von der Vorinstanz zu Recht bejaht worden. Daran vermögen die Vorbringen der Kläger nichts zu ändern. Alle Experten stimmten zwar darin überein, dass Paula S. medizinisch-psychologisch gesehen wohl urteilsunfähig sei; im Blick auf die gesamten Umstände und den konkreten Partner bejahten die drei im bisherigen Verfahren beigezogenen Psychiater indessen ebenfalls übereinstimmend die Ehefähigkeit. Von der Vorinstanz wird lediglich im Zusammenhang mit der Kinderfrage festgehalten, dass Emil T. Mühe bezeuge, den wirklichen Geisteszustand seiner Braut zu beurteilen. Aus seinem Wunsch, mit seiner Braut allenfalls noch ein zweites Kind zu zeugen, - was tatsächlich in Übereinstimmung mit den Gutachtern vor allem unter dem Aspekt des Persönlichkeitsschutzes dieses gewollten Kindes (HAUSHEER, in ZZW 42 (1974), S. 337 f.) als nicht ganz problemlos, aber doch nicht völlig verantwortungslos zu bezeichnen ist - kann nicht geschlossen werden, dass ihm ganz allgemein eine kompensierende, erhöhte Beurteilungsfähigkeit auch in andern, alltäglichen Fragen abgehe. Soweit die Kläger jedoch die auf der Würdigung der Gutachten basierenden vorinstanzlichen Feststellungen kritisieren, sind ihre Vorbringen nicht zulässig ( Art. 63 Abs. 2 OG ). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen, und das angefochtene Urteil des Obergerichtes des Kantons Luzern vom 15. März 1983 wird bestätigt.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
88a70c8f-299b-41d9-b13f-6fdd0fb83ef1
Urteilskopf 126 III 89 18. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 9 mars 2000 dans la cause L. (recours LP)
Regeste Einkommenspfändung ( Art. 93 SchKG ); Berechnung des pfändbaren Betrags auf Grund des in einer Pauschalveranlagung festgestellten Einkommens. Auskunftspflicht des Schuldners gegenüber dem Amt ( Art. 91 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG ). Bei Fehlen sicherer Anhaltspunkte, wie etwa einer regelmässig geführten Buchhaltung, ist die Ermittlung des Einkommens eines Schuldners, der eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt, gestützt auf die vorhandenen Indizien vorzunehmen, nötigenfalls durch Schätzung (E. 3a). Im vorliegenden Fall wird berücksichtigt, dass der in einer Pauschalbesteuerung festgestellte Betrag dem Aufwand der Lebenshaltung des Schuldners zu entsprechen scheint. Die Pauschalveranlagung war nur eine Möglichkeit, denn es hätte dem Schuldner frei gestanden, sich einer ordentlichen Veranlagung zu unterziehen, womit seine tatsächlichen Verhältnisse hätten berücksichtigt werden können (E. 3b und c).
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 126 III 89 S. 90 Suite à un avis de saisie qui lui a été notifié le 2 décembre 1997, L. a déclaré à l'office des poursuites qu'il travaillait en qualité d'indépendant dans le domaine du commerce et de la finance, mais qu'il ne réalisait aucun revenu fixe, touchant uniquement des commissions; il vivait d'emprunts à des tiers, qu'il remboursait dès qu'il réalisait de nouvelles affaires, ce qui lui permettait de faire face à ses obligations courantes. N'ayant pas été en mesure d'obtenir les documents nécessaires pour établir de façon précise les revenus du débiteur et se basant donc sur les seuls éléments en sa possession, à savoir la déclaration d'impôt 1997/1998 qui fixait à 200'000 fr. par année le train de vie de la famille du débiteur, l'office a arrêté les gains de celui-ci à 300'000 fr. par an, soit 25'000 fr. par mois. Au titre des charges mensuelles, il a retenu un minimum vital du couple de 1'350 fr., un minimum vital des enfants de 1'020 fr., des cotisations d'assurance-maladie de 1'000 fr. 10 et des frais professionnels supputés de 7'500 fr. BGE 126 III 89 S. 91 De fait, le débiteur et son épouse sont imposés sur la base des art. 17 et 18 de la loi vaudoise sur les impôts directs cantonaux (impôt spécial des étrangers) depuis la période fiscale 1989/1990 à ce jour et sont ainsi taxés sur la base d'un revenu annuel de 200'000 fr., calculé en fonction de leur train de vie. Dans sa déclaration, le débiteur n'a pas fait état de dettes envers des tiers. Par ailleurs, il a payé tous ses impôts; pour l'année 1998, il a versé à ce titre la somme de 57'067 fr., impôt fédéral direct compris. Le 16 mars 1999, l'office a sommé le débiteur, sous la menace de sanctions pénales, de prélever sur ses gains et de lui remettre la somme de 14'000 fr. par mois dès le 31 mars 1999. Sur plainte du débiteur, l'autorité cantonale inférieure de surveillance a ramené le montant de la saisie mensuelle à 7'000 fr. Sur recours de la poursuivante, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal vaudois a finalement arrêté le montant en question à 13'000 fr. La Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral a rejeté, dans la mesure où il était recevable, le recours formé par le débiteur contre la décision de la Cour cantonale. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) En vertu de l' art. 91 al. 1 ch. 2 LP , le débiteur est tenu, sous menace des peines prévues par la loi, d'indiquer jusqu'à due concurrence tous les biens qui lui appartiennent, même ceux qui ne sont pas en sa possession, ainsi que ses créances et autres droits contre des tiers. Si le débiteur exerce une activité lucrative indépendante, l'office des poursuites l'interroge sur le genre d'activité qu'il exerce, ainsi que sur la nature et le volume de ses affaires; il estime le montant du revenu en ordonnant d'office les enquêtes nécessaires et en prenant tous les renseignements jugés utiles; il peut en outre se faire remettre la comptabilité et tous documents concernant l'exploitation du débiteur, qui est tenu de fournir les renseignements exigés (JEAN-CLAUDE MATHEY, La saisie de salaire et de revenu, thèse Lausanne 1989, p. 188 ch. 394, p. 191 ch. 402 ss et p. 195 ch. 414 avec les références de jurisprudence). Lorsque l'instruction à laquelle procède l'office ne révèle aucun élément certain, il faut tenir compte des indices à disposition ( ATF 81 III 147 ). Si le débiteur ne tient pas de comptabilité régulière, le produit de son activité indépendante doit être déterminé par comparaison avec d'autres activités semblables, au besoin par appréciation ( ATF 112 III 19 consid. 2c; ATF 106 III 11 consid. 2 p. 14 et les références). BGE 126 III 89 S. 92 b) En l'espèce, le seul élément fourni à l'office pour lui permettre d'apprécier la situation du débiteur était la déclaration d'impôt 1997/1998. Cette dernière fixant à 200'000 fr. par année le train de vie de la famille du débiteur, la Cour cantonale pouvait admettre, en accord d'ailleurs avec l'office et l'autorité inférieure de surveillance, que celui-ci disposait d'un revenu de cet ordre de grandeur, même s'il ne s'agissait que d'une présomption. Le montant arrêté dans une taxation forfaitaire est en effet supposé correspondre à la dépense annuelle du contribuable et de sa famille (WALTER RYSER/BERNARD ROLLI, Précis de droit fiscal suisse, 3e éd., p. 156 ch. 40); mais l'imposition forfaitaire sur la dépense étant une simple faculté accordée à certains étrangers (art. 17 et 18 de la loi vaudoise sur le impôts directs cantonaux; cf. XAVIER OBERSON, Droit fiscal suisse, § 6 n. 53), le contribuable taxé sur cette base peut y renoncer, en particulier lorsque l'impôt qu'il doit payer à ce titre s'avère trop élevé par rapport à ses revenus réels. L'arrêt attaqué relève pertinemment à ce propos qu'il n'est pas vraisemblable que le recourant, s'il ne dispose vraiment que de revenus minimes ou d'aucun revenu comme il le prétend, continue à vouloir être soumis à l'imposition forfaitaire alors qu'il n'y est pas obligé, payant ainsi plus de 50'000 fr. d'impôts par an. De plus, le chiffre de 200'000 fr. retenu au titre de revenu n'étant qu'une présomption, rien ne l'empêche de renverser cette présomption en apportant les preuves nécessaires. La Cour cantonale considère par ailleurs que l'affirmation du débiteur selon laquelle il vivrait grâce à des crédits accordés par des proches ne résiste pas à l'examen: en effet, à moins que le poursuivi n'entende vivre à crédit sans jamais rien rembourser, il faut bien qu'il réalise de temps à autre des gains lui permettant de rembourser ses bailleurs de fonds, comme il semble d'ailleurs l'admettre implicitement. Quant au calcul du montant saisissable, la Cour cantonale est partie du revenu de la taxation forfaitaire, soit 200'000 fr. par an ou 16'666 fr. par mois, et en a déduit le minimum vital du couple par 1'350 fr., celui des enfants par 1'020 fr. et les cotisations d'assurance-maladie par 1'000 fr. 10, pour arriver à une quotité saisissable de 13'296 fr., qu'elle a arrondie à 13'000 fr. Contrairement à l'office, l'autorité supérieure de surveillance n'a, à juste titre, pas tenu compte de frais d'acquisition du revenu, car le débiteur n'avait pas établi qu'il s'en acquittait effectivement (cf. MATHEY, op. cit., p. 186 ch. 389 s.; GEORGES VONDER MÜHLL, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, n. 25 ad art. 93). Elle n'a pas pris en compte non plus l'impôt forfaitaire, dont le paiement BGE 126 III 89 S. 93 par le débiteur lui-même rendait applicable la règle générale selon laquelle le versement d'un impôt n'est pas une dépense indispensable au sens de l' art. 93 LP et n'est pas pris en compte dans le calcul du minimum vital ( ATF 95 III 39 consid. 3 et arrêt cité; MATHEY, op. cit. p. 69 ch. 132 s.; VONDER MÜHLL, loc. cit., n. 33 ad 93). c) Rien dans le recours ne permet de remettre en cause le raisonnement et le calcul ci-dessus, qui sont conformes au droit fédéral et auxquels l'office se rallie d'ailleurs dans sa détermination. Le recourant ne peut se contenter de déclarer qu'il ne lui resterait plus rien pour vivre compte tenu de la saisie litigieuse et des impôts qu'il paie, alors qu'il est constant qu'il n'a jamais fourni les renseignements nécessaires à l'appréciation de sa situation (existence de mandats, réalisation de gains). Il conteste par ailleurs en vain l'argument de la Cour cantonale selon lequel "il continue à vouloir se soumettre à l'impôt spécial précité alors qu'il n'y est pas obligé". On l'a vu, l'imposition forfaitaire n'est qu'une faculté; il est donc loisible au recourant d'y renoncer au profit d'une imposition ordinaire qui permettrait de prendre en considération sa prétendue situation réelle sur la base d'une déclaration complète de ses revenus. Enfin, c'est à tort que le recourant reproche à la Cour cantonale de s'être fondée sur un accord fiscal remontant à 12 ans, puisque celle-ci a basé son calcul du revenu déterminant et de la quotité saisissable sur la déclaration d'impôt 1997/1998.
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88a97106-fcb9-459f-a0a5-07cba0c9b294
Urteilskopf 86 IV 54 16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. März 1960 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen X., Y. und Z.
Regeste Art. 19 Ziff. 1 BetMG . 1. Ist nach dieser Bestimmung strafbar, wer durch unwahre Angaben einen Arzt veranlasst, ihm Betäubungsmittel einzuspritzen? (Erw. 2 lit. d). 2. Der unbefugte Verkehr mit Betäubungsmitteln im Sinne dieser Bestimmung ist auch dann strafbar, wenn er unmittelbar dem (nicht mit Strafe bedrohten) Verbrauch durch einen Süchtigen dient (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 55 BGE 86 IV 54 S. 55 A.- Günther X. hat sich in der Zeit vom 12. März bis zum 17. April 1959 mindestens siebzig Ampullen Dilaudid-Atropin eingespritzt oder durch Ärzte, die ihn behandelten, einspritzen lassen. Diesen gegenüber täuschte er jeweilen vor, er leide an Nierensteinkoliken. Dadurch gelang es ihm wiederholt, eine Einspritzung von Dilaudid-Atropin oder wenigstens die Ausstellung eines Rezeptes zum Bezuge dieses Mittels zu erwirken. Weitere Ampullen konnte er sich durch Christel Y. und Johanna Z. verschaffen. Diese sprachen in Bern, Thun und Interlaken bei zahlreichen Ärzten vor, gaben an, dass sie sich auf der Durchreise befänden und an plötzlich aufgetretenen Nierenschmerzen litten, und behaupteten, dass ihr Vater Arzt sei und ihnen jeweilen Dilaudid-Atropin verordnet habe. Auf diese Weise gelang es ihnen verschiedene Male, Rezepte für das gewünschte Mittel zu erschleichen. Johanna Z. holte ausserdem für X. auf dem Postamt Lörrach einmal zehn und ein anderes Mal fünf Ampullen Dilaudid-Atropin ab, die A. von Berlin dorthin gesandt hatte. B.- Mit Urteil vom 14. Mai 1959 erklärte der Gerichtspräsident II von Thun X., Christel Y. und Johanna Z. der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 (BetMG) schuldig. Er büsste X. mit Fr. 100.--, Christel Y. und Johanna Z. mit je Fr. 50.-. BGE 86 IV 54 S. 56 C.- Auf Appellation der Verurteilten hin sprach das Obergericht des Kantons Bern sie am 13. Oktober 1959 frei. D.- Die Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das zweitinstanzliche Urteil sei aufzuheben und die Sache an das Obergericht zurückzuweisen, damit es die Angeklagten wegen Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 BetMG bestrafe. E.- X., sowie Christel Y. und Johanna Z. beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. ..... 2. (Ausführungen darüber, inwiefern die Merkmale von Straftatbeständen des Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2-4 BetMG dadurch erfüllt sind, dass a) Christel Y. und Johanna Z. Ärzte durch Lügen veranlassten, ihnen Rezepte zum Bezuge von Dilaudid-Atropin auszustellen, worauf sie diese oder die gestützt darauf bezogenen Ampullen X. aushändigten; b) Johanna Z. für X. von der Schweiz aus in Lörrach fünfzehn Ampullen Dilaudid-Atropin abholte; c) X. gestützt auf Rezepte, die ihm durch Christel Y. oder Johanna Z. ausgehändigt worden waren oder deren Ausstellung er selber erschlichen hatte, von Apotheken Dilaudid-Atropin bezog.) d) X. hat durch unwahre Angaben überdies Ärzte veranlasst, ihm Dilaudid-Atropin einzuspritzen. Auf dieses Vorgehen trifft indessen keiner der Straftatbestände des Art. 19 Ziff. 1 BetMG zu. Wer sich durch einen Arzt von diesem zur Verfügung gestellte Betäubungsmittel einspritzen lässt, kauft sie nicht, sondern erhält sie auf Grund eines Auftrages verabreicht. Dafür, dass der Begriff des Kaufes im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG weiter auszulegen sei, als er in Art. 184 ff. OR umschrieben wird, fehlt jeder Anhaltspunkt. Die Annahme, dass im Sinne jener Strafbestimmung ein Betäubungsmittel auch "kaufe", BGE 86 IV 54 S. 57 wer es sich von einem Arzt einspritzen lässt, wäre vielmehr nicht nur mit dem allgemeinen Sprachgebrauch unvereinbar, sondern würde auch der Absicht des Gesetzgebers zuwiderlaufen, den (unbefugten) Verbrauch von Betäubungsmitteln nicht mit Strafe zu bedrohen (vgl. Protokoll der Sitzung der Expertenkommission vom 17. Dezember 1948, S. 19). Damit scheidet auch die Möglichkeit aus, jemandem, der sich ein Betäubungsmittel durch einen Arzt einspritzen lässt, zur Last zu legen, er habe es im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG "erlangt". Da durch die Art. 19 ff. BetMG nicht der Genuss von Betäubungsmitteln mit Strafe bedroht, sondern der schwarze Markt getroffen werden soll (vgl. StenBull NatR 1951 S. 627, Votum des Berichterstatters Leupin), kann unter Erlangen im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG nur ein Entgegennehmen verstanden werden, das die tatsächliche Verfügungsmacht über das Betäubungsmittel verschafft. Für diese Auslegung spricht auch der französische Wortlaut des Gesetzes, der den Tatbestand des Erlangens mit "acquérir" umschreibt (ROLF 1952 S. 241), worunter nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht auch das Einspritzenlassen durch einen Arzt verstanden werden kann. Dementsprechend setzt auch die Annahme, jemand "besitze" im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG ein Betäubungsmittel, voraus, dass die tatsächliche Verfügungsgewalt eingeräumt und damit die Möglichkeit erlangt worden ist, es dem Schwarzhandel zuzuführen. Indem sich X. Betäubungsmittel einspritzen liess, hat er sie demnach weder im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG gekauft, noch erlangt oder besessen. Damit ist indessen keineswegs gesagt, dass unter allen Umständen straflos bleibe, wer durch unwahre Angaben einen Arzt veranlasst, ihm Betäubungsmittel einzuspritzen. Darin kann beispielsweise eine Anstiftung zu unrechtmässiger Verwendung oder Abgabe von Betäubungsmitteln im Sinne von Art. 20 Ziff. 1 Abs. 4 BetMG liegen. 3. Dass die oben in Erw. 2 lit. a-c umschriebenen BGE 86 IV 54 S. 58 Machenschaften die Merkmale von Straftatbeständen des Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2-4 BetMG an sich erfüllen, hat auch das Obergericht angenommen. Es hat jedoch von einer Bestrafung der Beschwerdegegner abgesehen, weil sich aus den Gesetzesmaterialien und einer Gegenüberstellung der Art. 19 und 20 BetMG ergebe, dass nach dem Willen des Gesetzgebers der Selbstverbraucher, der sich im Sinne jener Bestimmung unbefugt Betäubungsmittel verschafft, und ebenso alle Personen, die entgegen jener Vorschrift solche unmittelbar für einen Süchtigen beschaffen, straffrei bleiben sollen, sofern der Bezug nicht im Sinne von Art. 20 Ziff. 1 Abs. 3 BetMG auf Grund eines gefälschten oder verfälschten Rezeptes erfolgt, was hier aber nicht zutreffe. Diese Auffassung geht fehl. a) Wohl wird der unbefugte Verbrauch von Betäubungsmitteln weder durch Art. 19 noch durch eine andere Bestimmung des Betäubungsmittelgesetzes mit Strafe bedroht. Daraus folgt aber keineswegs, dass der Süchtige auch straffrei sei, wenn er, um sich Betäubungsmittel zu beschaffen, eine der in Art. 19 BetMG mit Strafe bedrohten Handlungen begeht, und dass selbst Dritte wegen eines solchen Vorgehens straflos bleiben, sofern sie dabei ausschliesslich darauf ausgehen, unmittelbar einem Süchtigen Betäubungsmittel zuzuhalten. Verhielte es sich so, so wäre Art. 19 BetMG beim Vorliegen einer der dort mit Strafe bedrohten Tat nur ausnahmsweise anwendbar, weil der Schwarzhandel mit Rauschgiften regelmässìg dazu dient, diese einem Süchtigen verfügbar zu machen. Es liegt auf der Hand, dass eine derart weitgehende Einschränkung der Anwendbarkeit dieser Strafbestimmung vom Gesetzgeber nicht vorgesehen worden wäre, ohne dies durch ihre Fassung wenigstens anzudeuten oder im Gesetz sonstwie zum Ausdruck zu bringen, zumal in einem Erlass, bei dem offensichtlich auf die lückenlose Umschreibung der Straftatbestände besonderes Gewicht gelegt worden ist. Das Betäubungsmittelgesetz enthält jedoch nicht den geringsten Anhaltspunkt dafür, dass Art. 19 nur mit der vom BGE 86 IV 54 S. 59 Obergericht angenommenen Einschränkung anwendbar sei. Insbesondere unterscheidet diese Bestimmung nicht, zu welchem Zwecke die dort mit Strafe bedrohten Machenschaften vorgenommen werden, nämlich ob die Tat ausschliesslich der Beschaffung von Rauschgift zum Verbrauch durch einen Süchtigen diene oder nicht. b) Damit stimmt überein, dass sich auch in den Gesetzesmaterialien keine Hinweise finden lassen, die für die Auffassung sprächen, auf die das Obergericht die Freisprechung der Beschwerdegegner stützt. Dass jemand für Machenschaften, die das Gesetz in Art. 19 ausdrücklich mit Strafe bedroht, straffrei sein soll, nur weil sie unmittelbar dem Verbrauch von Betäubungsmitteln durch den Süchtigen dienten, wurde nie erörtert. Die Strafbarkeit des Süchtigen gab nur insoweit zu Erörterungen Anlass, als anfänglich erwogen wurde, auch den unbefugten Genuss von Betäubungsmitteln mit Strafe zu bedrohen. Als die Expertenkommission schliesslich in zustimmendem Sinne davon Kenntnis nahm, dass auf den Erlass einer dahingehenden Strafbestimmung verzichtet werde, wurde zugleich, ohne dass dagegen Einspruch erhoben wurde, festgestellt, dass bei Begehung eines Betäubungsmitteldeliktes durch einen Rauschgiftsüchtigen von Fall zu Fall die Frage der Zurechnungsfähigkeit zu prüfen sein werde (Protokoll der Sitzung der Expertenkommission vom 17. Dezember 1948, S. 19, Votum des Vertreters der Bundesanwaltschaft). Diese Feststellung, deren Begründetheit auch im Verlaufe der parlamentarischen Beratung nicht in Zweifel gezogen wurde, setzt voraus, dass der Süchtige, der einen der Straftatbestände des Art. 19 BetMG erfüllt, wie jeder andere Täter strafbar ist, es sei denn, dass er zufolge seiner Sucht unzurechnungsfähig sei. c) Die Auffassung der Vorinstanz findet aber nicht nur im Wortlaut des Art. 19 BetMG und in den Gesetzesmaterialien keine Stütze, sondern widerspricht auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Strafbefreiung der Betäubungsmittelverbraucher und jener Personen, die ihnen BGE 86 IV 54 S. 60 Rauschgift beschaffen, würde dem Schwarzhandel mit solchen Mitteln Tür und Tor öffnen, während das Betäubungsmittelgesetz gerade erlassen wurde, um ihn zu unterbinden und damit den unbefugten Genuss einzudämmen. d) Schliesslich lässt sich auch aus einer Gegenüberstellung der Art. 19 und 20 BetMG nichts für die erwähnte Auffassung des Obergerichtes ableiten. Die von ihm angestellte Überlegung, Art. 19 könne unmöglich das blosse Beschaffen von Betäubungsmitteln durch oder unmittelbar für einen Süchtigen unter Strafe stellen, wenn nach Art. 20, der die gleichen Strafen androhe wie jene Bestimmung, das Verschaffen von Betäubungsmitteln nur strafbar sei, sofern dazu ein gefälschtes oder verfälschtes Rezept Verwendung finde, ist schon deshalb unhaltbar, weil das Obergericht dabei von einer falschen Voraussetzung ausgeht. Es verkennt, dass Art. 20, im Gegensatz zu Art. 19, nicht den Verkehr mit Betäubungsmitteln, sondern das Fälschen oder Verfälschen ärztlicher Rezepte bzw. die Verwendung eines von einem Dritten gefälschten oder verfälschten Rezeptes mit Strafe bedroht, sofern es zum Zwecke der Beschaffung von Betäubungsmitteln geschieht. Damit werden also Vorbereitungshandlungen zum unbefugten Betäubungsmittelverkehr im Sinne von Art. 19 BetMG erfasst. Wenn schon diese, gleichgültig von wem sie vorgenommen werden, unter Strafe gestellt sind, ist schlechterdings nicht einzusehen, inwiefern sich daraus ergeben soll, dass entgegen dem klaren Wortlaut des Art. 19 Ziff. 1 BetMG der unbefugte Verkehr mit Betäubungsmitteln selbst nur ausnahmsweise, nämlich nur dann, wenn er nicht unmittelbar dem Verbrauch durch einen Süchtigen dient, strafbar sei.
null
nan
de
1,960
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CH_BGE_006
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Federation
88a9bf75-f6d5-46d2-a730-ad6a84b9f05f
Urteilskopf 100 II 65 12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Juni 1974 i.S. Eheleute G.
Regeste Eheschutzmassnahmen. Gerichtsstand für Ausländer. Der im Ausland wohnende, zum Getrenntleben berechtigte Ehegatte eines in der Schweiz wohnhaften Ausländers kann am Wohnsitz des Beklagten auf Anordnung von Massnahmen zum Schutze der ehelichen Gemeinschaft klagen. Er braucht nicht nachzuweisen, dass er in seinem ausländischen Wohnsitzstaat kein in der Schweiz vollstreckbares Urteil erwirken kann.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 100 II 65 S. 65 Gekürzter Tatbestand: A.- Die Eheleute G. sind spanische Staatsangehörige. Der Ehemann liess seine Frau in Spanien zurück, als er im Jahre 1962 in die Schweiz reiste, wo er seither wohnt und arbeitet. Er lebt hier mit einer andern Frau zusammen. B.- Mit Eingabe vom 3. August 1973 stellte die in Madrid zurückgebliebene Ehefrau beim Einzelrichter in Ehesachen des Bezirkes Zürich das Begehren, es sei das Getrenntleben richterlich anzuordnen und der Ehemann zu verpflichten, ihr rückwirkend ab 1. November 1972 monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 350.-- zu bezahlen. Mit Verfügung vom 2. Oktober BGE 100 II 65 S. 66 1973 bejahte der angerufene Richter seine örtliche und sachliche Zuständigkeit, erklärte die Klägerin gestützt auf Art. 170 Abs. 1 ZGB als zum Getrenntleben berechtigt und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin mit Wirkung ab 1. August 1973 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 300.-- zu bezahlen, zahlbar monatlich zum voraus. C.- Der Beklagte erhob gegen diese Verfügung Rekurs an das Obergericht des Kantons Zürich. Dieses ging davon aus, dass die Klägerin in Spanien Wohnsitz habe, da sie nach der Gesamtheit der Akten zum Getrenntleben berechtigt sei. Sodann prüfte es von Amtes wegen die Frage seiner örtlichen Zuständigkeit. Dabei gelangte es zum Schluss, dass der von der Rechtsprechung für Eheschutzbegehren in Analogie zu Art. 144 ZGB angenommene Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers ausschliesslichen Charakter habe. Ausnahmen von dieser Regel könnten zwar in bestimmten Fällen zugelassen werden, so insbesondere wenn der Wohnsitzstaat des Klägers diesem keinen Gerichtsstand zur Verfügung stelle, sondern ausschliesslich den Richter am Wohnort des Beklagten als zuständig betrachte. Es wäre indessen Sache der Klägerin gewesen darzutun, dass ihr in Spanien für ihre Klage kein Gerichtsstand zur Verfügung stehe. Auf Grund dieser Überlegungen verneinte das Obergericht seine örtliche Zuständigkeit, trat auf das Begehren der Klägerin nicht ein und hob die erstinstanzliche Verfügung auf. D.- Gegen den obergerichtlichen Entscheid reichte die Ehefrau zivilrechtliche Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht ein. Sie stellte den Antrag, das Obergericht sei in Aufhebung des angefochtenen Entscheides zur Beurteilung des Rekurses als örtlich zuständig zu erklären und zur materiellen Behandlung der Sache zu verpflichten. Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde gut und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Es stellt fest, dass das Obergericht des Kantons Zürich zur Beurteilung der Sache örtlich zuständig ist, und es weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Die persönlichen Wirkungen der Ehe, zu denen die Vorschriften über den Schutz der ehelichen Gemeinschaft BGE 100 II 65 S. 67 ( Art. 169 ff. ZGB ) gehören, beurteilen sich in bezug auf Ausländer mit Wohnsitz in der Schweiz nach schweizerischem Recht und unterliegen der schweizerischen Gerichtsbarkeit ( BGE 68 II 13 Erw. 2 und 185; LEMP, Kommentar, N. 58 der Vorbemerkungen zu den Art. 159 ff. ZGB , und STAUFFER, Praxis zum NAG, Ziff. 4 zu Art. 2 sowie Ziff. 3 der Vorbemerkungen zu den Art. 19/20 NAG, je mit Zitaten). Das ergibt sich aus Art. 2 Abs. 1 NAG , in Verbindung mit Art. 32 des gleichen Gesetzes. Art. 2 Abs. 1 NAG spricht zwar nur vom Gerichtsstand, bestimmt jedoch nach konstanter Praxis auch das anwendbare Recht (STAUFFER, Ziff. 1 zu Art. 2 NAG mit Hinweisen). Dem NAG kann nicht entnommen werden, ob für den Erlass von Eheschutzmassnahmen der Richter am Wohnsitz der klagenden oder der beklagten Partei zuständig sein soll, wenn die ausländische Ehefrau einen selbständigen Wohnsitz im Ausland hat. Im Unterschied dazu bestimmt Art. 7 h Abs. 1 NAG , dass Ehescheidungsklagen von Ausländern am Wohnsitz des Klägers anzubringen sind. Der gleiche Unterschied zeigt sich auch im internen Recht der Schweiz: Das ZGB enthält keine Regel über den Gerichtsstand für Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft, wogegen nach Art. 144 ZGB für die Beurteilung von Scheidungsklagen der Richter am Wohnsitz des klagenden Ehegatten zuständig ist. Das Bundesgericht hat das ZGB diesbezüglich als lückenhaft bezeichnet und in Anwendung von Art. 1 ZGB die Regel des Art. 144 ZGB auch für Eheschutzmassnahmen als anwendbar erklärt ( BGE 86 II 305 ; BGE 93 II 3 mit Zitaten). Es liegt nahe, auf dem Gebiet des NAG ebenfalls eine Lücke anzunehmen, die von der Rechtsprechung durch eine Gerichtsstandsregel für Eheschutzmassnahmen im internationalen Verhältnis auszufüllen ist. Noch weniger als im internen Recht kann angenommen werden, der Bundesgesetzgeber habe die Bestimmung dieses Gerichtsstandes dem kantonalen Recht überlassen wollen. Das Bundesgericht hat denn auch schon Urteile über den Gerichtsstand für Eheschutzmassnahmen zwischen Ausländern gefällt und damit die Zulässigkeit einer solchen Lückenfüllung bejaht ( BGE 54 I 245 ff., insbesondere 249 ff.; BGE 64 II 73 f.; BGE 68 II 184 /185 Erw. 3). Es hat sodann ausdrücklich entschieden, dass die Bewilligung des Getrenntlebens von BGE 100 II 65 S. 68 Ausländern im Sinne von Art. 170 Abs. 1 ZGB und die damit zusammenhängende Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen durch den schweizerischen Richter nicht etwa von den gleichen Voraussetzungen abhängt, wie sie Art. 7 h NAG für die Scheidung von Ausländern aufstellt, wonach die Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes und des geltend gemachten Scheidungsgrundes durch den Heimatstaat nachzuweisen sei ( BGE 68 II 185 ). 5. Rechtsprechung und Doktrin bejahen, dass ein in der Schweiz wohnhafter Ausländer, dessen Ehegatte im Ausland Wohnsitz hat, beim Richter an seinem schweizerischen Wohnsitz Klage auf Anordnung von Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft erheben kann (LEMP, N. 71 der Vorbemerkungen zu den Art. 159 ff. ZGB ; STAUFFER, Ziff. 4 zu Art. 2 NAG mit Zitaten; HUBER/MUTZNER, System und Geschichte des schweizerischen Privatrechts, S. 465; BECK, N. 101 zu Art. 7 h NAG ; VISCHER, Internationales Privatrecht, in Schweizerisches Privatrecht I S. 607; BGE 54 I 250 ff. Erw. 3). Im vorliegenden Fall stellt sich die umgekehrte Frage, ob auch ein in der Schweiz wohnhafter Ausländer hier als Beklagter belangt werden kann, wenn der klagende Ehegatte im Ausland wohnt. Es. fragt sich mit andern Worten, ob der Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers im internationalen Verhältnis ein ausschliesslicher sei. Diese Frage wurde vom Bundesgericht bisher noch nie entschieden (vgl. BGE 60 II 77 ; in BGE 68 II 183 wurde sie sogar für den internen Bereich offen gelassen). Sie wird von LEMP (a.a.O.) und STAUFFER (a.a.O.) vorbehaltlos bejaht, während HUBER/MUTZNER die Zuständigkeit des schweizerischen Richters davon abhängig machen wollen, dass der im Ausland wohnende Ehegatte nicht die Möglichkeit habe, in seinem Wohnsitzstaat ein in der Schweiz vollstreckbares Urteil zu erwirken (a.a.O. S. 465/466), Den gleichen Standpunkt vertritt auch die Vorinstanz im angefochtenen Urteil. Soll ein Zustand der Rechtlosigkeit vermieden werden, muss die Zuständigkeit des schweizerischen Richters am Wohnsitz des ausländischen Beklagten in Übereinstimmung mit HUBER/MUTZNER jedenfalls dann bejaht werden, wenn dem klagenden Ehegatten in seinem ausländischen Wohnsitzstaat entweder überhaupt kein Gerichtsstand oder mindestens keine Möglichkeit zusteht, ein in der Schweiz vollstreckbares BGE 100 II 65 S. 69 Urteil zu erwirken (vgl. in diesem Sinne mit eingehender Begründung auch den Entscheid des Zürcher Obergerichts vom 18. Oktober 1962 in ZR 1964 Nr. 140, sowie den Bericht der eidgenössischen Justizabteilung vom 29. Juni 1931 in VEB 1931 Nr. 93). Würde die Zuständigkeit des schweizerischen Richters am Wohnsitz des Beklagten nur in einem solchen Fall anerkannt, wäre die vorliegende Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat, wie die Vorinstanz feststellt, im kantonalen Verfahren den Beweis dafür nicht angetreten, dass in ihrem Wohnsitzstaat Spanien kein Gerichtsstand für die von ihr in der Schweiz angehobene Klage besteht oder dass eine in Spanien erwirkbare Entscheidung in der Schweiz nicht vollstreckbar wäre. Diesen Nachweis kann sie im bundesgerichtlichen Verfahren nicht mehr nachholen. Es fragt sich jedoch, ob es richtig sei, die Zuständigkeit des schweizerischen Richters von einem solchen Nachweis abhängig zu machen. Die Erwirkung von Eheschutzmassnahmen würde dadurch ausserordentlich erschwert. Es wäre für den klagenden Ehegatten oft nicht leicht nachzuweisen, dass in seinem Wohnsitzstaat für Massnahmen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft kein Gerichtsstand bestehe. Selbst wenn er aber dort klagen könnte und der ausländische Entscheid in der Schweiz vollstreckbar wäre - was in Ermangelung von Staatsverträgen vom kantonalen Recht abhinge -, müsste der ebenfalls nicht einfache Nachweis geleistet werden, dass die Voraussetzungen für die Vollstreckung in der Schweiz erfüllt seien. Gegen eine solche Erschwerung der Rechtsverfolgung für den im Ausland wohnenden, zum Getrenntleben berechtigten Ehegatten eines in der Schweiz wohnhaften Ausländers sprechen verschiedene Gründe. Vorab stellt der durch die bundesgerichtliche Rechtsprechung begründete Gerichtsstand für Eheschutzmassnahmen am Wohnsitz des Klägers eine schweizerische Besonderheit dar. Um Konflikte mit den Rechtsordnungen anderer Staaten zu vermeiden, müsste daher der Gerichtsstand am Wohnsitz des Beklagten recht häufig zugelassen werden (VEB 1931 Nr. 93 S. 124). Die wahlweise Zulassung dieses Gerichtsstandes unabhängig von den von der Vorinstanz verlangten Voraussetzungen würde somit weniger zu einer erheblichen Erweiterung der schweizerischen Zuständigkeit führen als vielmehr zu einer fühlbaren Erleichterung der BGE 100 II 65 S. 70 Rechtsverfolgung für den klagenden Ehegatten, der im Ausland wohnt. Eine solche Erleichterung der Stellung des klagenden Ehegatten erscheint mit Rücksicht auf die Natur des Eheschutzverfahrens als gerechtfertigt. Dieses hat einen vorläufigen Charakter ( BGE 68 II 246 ) und sollte, um möglichst wirksam zu sein, rasch durchgeführt werden können. Das ist nur möglich, wenn der Richter am Wohnsitz des Beklagten ohne Prüfung von komplizierten Zuständigkeitsfragen in der Lage ist, das Verfahren unverzüglich an die Hand zu nehmen. Eine Massnahme wie die Anweisung an den Schuldner des Ehemannes im Sinne von Art. 171 ZGB kann zudem nur vom schweizerischen Richter angeordnet werden. Es ist nicht einzusehen, weshalb gegenüber einem Ausländer, der in der Schweiz Wohnsitz hat und hier arbeitet, eine solche Massnahme nicht sollte erwirkt werden können, auch wenn der im Ausland wohnhaften Ehefrau in ihrem Wohnsitzstaat an sich ein Gerichtsstand zur Verfügung steht. Mit der Schaffung eines Gerichtsstandes am Wohnsitz des Klägers wollte der Gesetzgeber vor allem die Ehefrau davor schützen, dass der Ehemann ihre Stellung durch Verlegung seines Wohnsitzes erschweren könne (GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. Auflage, S. 90 N. 71; EGGER, N. 1, und BÜHLER, N. 61 zu Art. 144 ZGB mit weiteren Hinweisen). Mit dieser Absicht wäre es kaum vereinbar, einer von ihrem Ehemann im Ausland zurückgelassenen Ehefrau die Erwirkung von Eheschutzmassnahmen am schweizerischen Wohnort ihres Mannes zu versagen und sie an den Richter ihres Wohnsitzstaates zu verweisen. Überdies ist es für den in der Schweiz wohnhaften beklagten Ehegatten nicht unbillig, wenn der Entscheid über die Erwirkung von Eheschutzmassnahmen vom Richter an seinem Wohnsitz getroffen werden kann. Dieser Richter ist zur Abklärung der persönlichen Verhältnisse des Beklagten besser in der Lage als der Richter im Wohnsitzstaat des klagenden Gatten. Die angestrebte Erleichterung der Stellung des klagenden, im Ausland wohnenden Ehegatten liegt daher durchaus auch im Interesse des Beklagten. Diese Überlegungen führen dazu, die Ausschliesslichkeit des Gerichtsstandes am Wohnsitz des Klägers für Eheschutzmassnahmen jedenfalls dann zu verneinen, wenn der klagende BGE 100 II 65 S. 71 Ehegatte im Ausland und der beklagte in der Schweiz wohnen. Die Frage, ob ein Eheschutzbegehren nur beim Richter am Wohnsitz des Klägers gestellt werden kann, wenn beide Ehegatten in der Schweiz wohnen, kann hingegen noch offen bleiben.
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Urteilskopf 80 I 350 56. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1954 i.S. Willimann gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen.
Regeste Derogatorische Kraft des Bundesrechtes; Handels- und Gewerbefreiheit. Zulässigkeit eines auf Grund kantonalen Rechts ausgesprochenen Verbots, in einem Spiellokal mit Apparaten, deren Verwendung vom Bundesrecht (Spielbankengesetz) nicht untersagt wird, um Geld zu spielen.
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 80 I 350 S. 350 A.- Eine Verordnung des Regierungsrats des Kantons St. Gallen vom 28. April 1953 unterstellt die gewerbsmässige Verwendung von Spielapparaten der Patentpflicht (Art. 1). Sie gestattet die Aus übung dieses Gewerbes nur in besonders dazu eingerichteten Spiellokalen (Art. 2). Nach Art. 6 dürfen für den Spielbetrieb nur Apparate verwendet werden, die nicht unter das Verbot des Art. 3 des BG über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929 fallen. BGE 80 I 350 S. 351 Art. 7 der Verordnung verbietet "das Spielen um Geld oder Sachwerte" und das Dulden solcher Spiele. Art. 9 untersagt Jugendlichen unter 18 Jahren den Zutritt zu den Spiellokalen. B.- Louis Willimann erhielt im Oktober 1953 das Patent zum Betrieb eines Spiellokals in der Stadt St. Gallen. Zunächst wurden darin elf Spielapparate aufgestellt. Später kamen noch zwei Apparate "The Clown" dazu. Der Benützer eines solchen Apparates hat ein Zwanzigrappenstück einzuwerfen; gelingt es ihm, durch geschickte Betätigung von Handgriffen einen für ihn günstigen Spielausgang herbeizuführen, so zahlt der Apparat abwechselnd zweimal den doppelten und einmal den dreifachen Einsatz aus, während andernfalls der Einsatz für den Spieler verloren ist. Die kantonale Gewerbepolizei verbot Willimann die Verwendung der Apparate "The Clown" gestützt auf Art. 7 der Verordnung vom 28. April 1953. Ein Rekurs hiegegen wurde vom Regierungsrat am 15. März 1954 abgewiesen. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt Willimann, diesen Entscheid aufzuheben und die Verwendung des Spielapparates "The Clown" zu gestatten. Er macht u.a. geltend, das Bundesgericht (verwaltungsrechtliche Kammer) habe im (nicht veröffentlichten) Urteil vom 30. Januar 1953 i.S. Finke entschieden, das Aufstellen dieses Apparates falle nicht unter die nach dem eidg. Spielbankengesetz verbotenen Glücksspielunternehmungen. da man es mit einem Geschicklichkeitsspiel zu tun habe. Sei daher die Unternehmung bundesrechtlich zulässig'so dürfe sie nicht auf Grund kantonalen Rechtes untersagt werden. So wie der Regierungsrat Art. 7 der von ihm angewendeten Verordnung auslege, laufe die Bestimmung der Bundesgesetzgebung zuwider. Der angefochtene Entscheid sei auch unzweckmässig und verletze die Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ). - Das Bundesgericht hat die Beschwerde abgewiesen. BGE 80 I 350 S. 352 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Mit der Behauptung, Art. 7 der kantonalen Verordnung vom 28. April 1953 laufe in der ihm im angefochtenen Entscheid gegebenen Auslegung der Bundesgesetzgebung zuwider, wird eine Verletzung des verfassungsmässigen Rechtes geltend gemacht, das nach ständiger Praxis aus dem in Art. 2 Üb.Best.z.BV ausgesprochenen Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes abgeleitet wird. Die Rüge ist unbegründet. Richtig ist, dass das Aufstellen des Spielapparates "The Clown" nach dem Urteil des Bundesgerichts vom 30. Januar 1953 i.S. Finke nicht zu den vom eidg. Spielbankengesetz verbotenen Glücksspielunternehmungen gehört, weil der Spielausgang in unverkennbarer Weise vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht (Art. 3 des Gesetzes). Aber in der Bundesgesetzgebung ist keine Bestimmung zu finden, aus der geschlossen werden könnte, dass die Verwendung eines solchen Apparates auch nicht auf Grund kantonalen Rechtes beschränkt oder überhaupt untersagt werden dürfe. Wohl verwehrt die gesetzliche Ordnung des Bundes dem Kanton, Spielunternehmungen zu gestatten, die sie, als Spielbanken, verbietet. Anderseits hindert sie ihn jedoch nicht, Spiele zu verbieten, die sie selbst freilässt. In diesem Sinne ist auch Art. 13 des eidg. Spielbankengesetzes zu verstehen, welcher dem Bundesrecht nicht widersprechende Bestimmungen des kantonalen Rechtes über die Glücksspiele vorbehält. Gemeint ist, dass dem kantonalen Recht anheimgestellt bleibt, solche Glücksspiele zu beschränken oder zu untersagen, die nicht in Form einer Spielbank im Sinne des Bundesrechts betrieben werden - z.B. keinen Geldgewinn ermöglichen (Art. 2 Spielbankengesetz) - und die auch nicht unter das bundesrechtliche Lotterieverbot fallen (Botschaft des Bundesrates vom 19. März 1929, BBl 1929 I S. 373). Ebensowenig schliesst die Bundesgesetzgebung aus, dass die Kantone auch Spiele einschränken oder verbieten, deren Ausgang in unverkennbarer BGE 80 I 350 S. 353 Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht (sten. Bull. der Bundesversammlung 1929, Ständerat, S. 151, 156: Voten des Bundesrates Häberlin und des Berichterstatters Brügger). Sie erfasst diese Spiele überhaupt nicht. 2. Die gewerbsmässige Verwendung von Spielapparaten, mit der sich der Beschwerdeführer befasst, ist ein Gewerbe im Sinne des Art. 31 BV , der ferner angerufen ist, und steht daher unter dem Schutze der Handels- und Gewerbefreiheit. Nach dieser Verfassungsbestimmung dürfen die Kantone die Ausübung einer solchen Tätigkeit nicht aus wirtschaftspolitischen Gründen einschränken, sondern nur aus polizeilichen, im Interesse der öffentlichen Ordnung, Sicherheit, Sittlichkeit und Gesundheit oder zur Wahrung von Treu und Glauben ( BGE 80 I 143 ). Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismässigkeit des Eingriffs zu beachten: Die Massnahme darf nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist zur Erreichung des polizeilichen Zweckes, durch den sie gedeckt ist ( BGE 80 I 16 , 119, 127). Die polizeiliche Einschränkung muss ferner, jedenfalls in der Regel, auf gesetzlicher Grundlage beruhen ( BGE 67 I 76 ). a) (Die Zuständigkeit des Regierungsrates zum Erlass des Verbots, das nach seiner Auffassung Art. 7 der Verordnung vom 28. April 1953 enthält, lässt sich ohne Willkür aus der kantonalen Gesetzgebung über den Marktverkehr und das Hausieren ableiten.) b) (Die Auslegung, die der Regierungsrat dieser Bestimmung gibt, ist nicht willkürlich.) c) Es bleibt zu prüfen, ob Art. 7 der kantonalen Verordnung in der ihm im angefochtenen Entscheid gegebenen Auslegung sich durch polizeiliche Gründe rechtfertigen lasse. Der Regierungsrat führt aus, das in der Bestimmung aufgestellte Verbot solle eine unerwünschte und ungesunde Ausdehnung des Betriebes der Spiellokale, der ohnehin die Bevölkerung ernsthaften Gefahren aussetze, verhindern und namentlich die Jugendlichen vor Gefährdung ihrer BGE 80 I 350 S. 354 sittlichen Entwicklung schützen. Die Meinung ist offenbar'dass es gelte, die Spielleidenschaft, die durch das Spielen mit Apparaten um Geld gefördert werde, einzudämmen und so die Besucher der Spiellokale vor wirtschaftlichem und insbesondere moralischem Schaden zu bewahren. Das sind zweifellos Gründe polizeilicher Natur, die an sich vor Art. 31 BV haltbar sind. Ob jene Art des Spielens die von der kantonalen Behörde befürchteten Folgen wirklich habe oder haben könne, hängt von der Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse ab, bei der das Bundesgericht von der Auffassung des Regierungsrates nur abweichen könnte, wenn diese offensichtlich unrichtig oder willkürlich wäre ( BGE 78 I 302 ). Das ist jedoch nicht der Fall, wie gerade das Beispiel des Apparates "The Clown" zeigt. Beim einzelnen Spiel mit einem Apparat dieses Systems ist zwar nur ein kleiner Betrag einzuwerfen und steht auch bloss ein bescheidener Gewinn in Aussicht. Aber der Spielvorgang dauert nur ganz kurze Zeit und kann in rascher Folge wiederholt werden, so dass die Einsätze des einzelnen Spielers und die Beträge, die er gewinnen oder verlieren kann, alsbald eine beträchtliche Höhe erreichen können. Der Spieler wird deshalb versucht sein, länger beim Spiel zu verweilen, als er es aus blossem Interesse am Spielvorgang selbst täte. Gerade die Kleinheit des Einsatzes kann wesentlich dazu beitragen, dass die Spielleidenschaft um sich greift. Dazu kommt, dass die Spiellokale, von einzelnen Feiertagen abgesehen, täglich geöffnet sind. Ginge es nur um den Schutz der Jugendlichen, so wäre allerdings das allgemeine Verbot, das nach der Auslegung des Regierungsrats in § 7 der Verordnung ausgesprochen ist, kaum gerechtfertigt; in diesem Falle würde es wohl genügen, in Abänderung des § 9 der Verordnung ein höheres Mindestalter festzusetzen. Aber die kantonale Behörde hält dafür, dass die Bevölkerung im allgemeinen geschützt werden müsse, und dieser Standpunkt ist nicht zu beanstanden. In der Tat werden manche Erwachsene nicht weniger leicht als die Jugendlichen der Sucht verfallen, in Spiellokalen BGE 80 I 350 S. 355 mit Apparaten um Geld zu spielen. Diese Gefahr für die Allgemeinheit besteht auch schon dann, wenn der Betriebsinhaber nur einen einzigen oder einige wenige Apparate des in Frage stehenden Systems aufstellt. Bei Berücksichtigung aller Umstände ergibt sich, dass das allgemeine Verbot, um das es sich handelt, auf haltbaren polizeilichen Erwägungen beruht und auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit des polizeilichen Eingriffs verstösst. Der angefochtene Entscheid, der es anwendet, verletzt daher Art. 31 BV nicht.
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Urteilskopf 96 I 94 18. Verfügung des Instruktionsrichters vom 16. Februar 1970 i.S. Eidgen. Militärdepartement gegen Bernold und Eidgen. Schätzungskommission des VI. Kreises.
Regeste Verwaltungsgerichtsbeschwerde in Enteignungssachen; Art. 115, 108 OG : Anforderungen an die Begründung; Voraussetzungen für die Ansetzung einer Nachfrist.
Erwägungen ab Seite 95 BGE 96 I 94 S. 95 1. Gegen den Entscheid der Eidg. Schätzungskommission des VI. Kreises vom 26. November/9. Dezember 1969 hat der Enteigner mit Eingabe vom 22. Januar 1970 Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Sie enthält die Begehren des Beschwerdeführers und ein Gesuch um Ansetzung einer Nachfrist gemäss Art. 108 Abs. 3 rev. OG. Das Gesuch wird damit begründet, dass die dem Entscheid zugrunde liegende Begutachtung von den in der Anleitung für die Schätzung landwirtschaftlicher Heimwesen und Liegenschaften aufgestellten Grundsätzen über die anzuwendende Methode abweiche, was die Ausarbeitung der Beschwerdebegründung ohne gründliches Studium der Akten, zu denen noch weitere Urkunden beizuziehen seien, verunmögliche. Es sei deshalb nicht möglich gewesen, eine den Anforderungen von Art. 108 rev. OG genügende Begründung mit den entsprechenden Beweisanträgen einzureichen. 2. Gemäss Art. 115 OG in Verbindung mit Ziff. III der Übergangsbestimmungen bestimmt sich das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen der Eidg. Schätzungskommissionen, welche nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes (1. Oktober 1969) getroffen wurden, nach den Art. 104 bis 109 dieses Gesetzes. Nach Art. 108 OG hat die Beschwerde die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift des Beschwerdeführers oder seines Vertreters zu enthalten (Abs. 2). Fehlen die Beilagen oder lässt die Begründung die nötige Klarheit vermissen, so ist dem Beschwerdeführer eine kurze Nachfrist zur Behebung des Mangels anzusetzen, mit Androhung des Nichteintretens (Abs. 3). a) Die in Enteignungssachen geltenden Vorschriften über die Begründung der Beschwerde weichen damit von der bisherigen Ordnung von Art. 77 EntG ab. Während danach die Weiterziehung durch schriftliche Eingabe an den Präsidenten der Schätzungskommission zu erklären war und nicht begründet zu werden brauchte, bedarf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einer schriftlichen Begründung. Deren notwendiger Inhalt ergibt sich aus Art. 104 OG . Es ist darzulegen, dass Bundesrecht verletzt, oder der massgebende Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt wurde oder die Würdigung unangemessen BGE 96 I 94 S. 96 sei. Die Rechtsprechung hat hieran schon bisher keine sehr strengen Anforderungen gestellt ( BGE 85 I 291 , BGE 87 I 84 , BGE 89 I 282 ). Sie hat als genügend angesehen, dass der Beschwerdebegründung entnommen werden kann, was der Beschwerdeführer verlangen und auf welche Tatsachen er sich berufen will. Der Gesetzgeber hat nicht beabsichtigt, diese Rechtsprechung zu verschärfen. Das würde sich angesichts der Art einzelner Beschwerden, die von den Parteien häufig ohne Zuzug eines Rechtskundigen erhoben werden, wie insbesondere der Beschwerden an das Eidg. Versicherungsgericht, auf die das Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde anwendbar ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 103 bis 114), auch nicht rechtfertigen. b) Fehlt allerdingsjede Begründung, so ist auf die Beschwerde nicht einzutreten ( BGE 89 II 221 ). Ist bloss ihr Sinn unklar, d.h. mehrdeutig oder ist kein vernünftiger Sinn erkennbar, so setzt der Richter eine kurze Nachfrist zur Klarstellung ( Art. 108 Abs. 3 OG ). Dies bedeutet, dass die Nachfrist nicht dazu dienen kann, die Frist zur Beschwerdebegründung zu verlängern, d.h. eine inhaltlich ungenügende Rechtsschrift zu ergänzen. Die beschwerdeführende Partei kann daher auch keinen Anspruch auf Fristansetzung haben. Sie erwirbt insbesondere einen solchen nicht dadurch, dass sie eine unvollständige Begründung einreicht. Die Begründung, welche das Militärdepartement seinen Begehren gab, ist zwar sehr knapp, besteht sie doch in einem einzigen Satz, aber nicht unklar. Es ist aus ihr ersichtlich, dass eine Verletzung von Vorschriften des Bundesratsbeschlusses über die Schätzung landwirtschaftlicher Heimwesen und Liegenschaften (AS 51, 1287) gerügt werden will. Diese Rüge ist, auch wenn nicht gesagt wird, worin die Verletzung liegen soll, oder dass der Erlass auf das Enteignungsverfahren anwendbar sei, unmissverständlich. Die Voraussetzungen für die Ansetzung einer Nachfrist im Sinn von Art. 108 Abs. 3 OG sind nicht gegeben. Dispositiv Demnach wird verfügt: Das Gesuch, dem Enteigner im Sinn von Art. 108 Abs. 3 OG eine Nachfrist anzusetzen, wird abgewiesen.
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Urteilskopf 138 III 601 89. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. Tbk und Z. Versicherungen (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_753/2011 vom 16. Juli 2012
Regeste UN-Kaufrecht (CISG), Art. 51 CISG ; teilweise Aufhebung des Vertrages; Vertragswidrigkeit der Ware; Verjährung; Beweislast. Das Recht des Käufers, den Vertrag gemäss Art. 51 Abs. 1 CISG hinsichtlich eines Teils der gelieferten Waren aufzuheben, setzt voraus, dass dieser Teil eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bildet. Dies trifft bezüglich funktionsnotwendiger Bestandteile einer als Einheit verkauften Produktionsanlage nicht zu. Fehlen einer Anlage solche Bestandteile, ist sie vertragswidrig (E. 7.1-7.4). Untersteht die im CISG nicht geregelte Verjährung dem Schweizer Recht, verjähren Ansprüche aus vertragswidriger Lieferung nach Art. 210 OR . Gemäss Abs. 2 dieser Bestimmung kann der Käufer verjährte Ansprüche aus einer Vertragswidrigkeit noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (E. 7.5-7.7). Der Käufer hat nach der vorbehaltlosen Übernahme der Ware deren Vertragswidrigkeit nachzuweisen, soweit er daraus Rechte ableitet. Diese Beweislastverteilung gilt auch bezüglich der von ihm geltend gemachten Unvollständigkeit einer Lieferung (E. 8.1-8.5).
Sachverhalt ab Seite 602 BGE 138 III 601 S. 602 A. Am 14. April 1997 schloss die X. AG (Verkäuferin) mit Sitz in A./ZG mit der Y. Tbk (Käuferin), einer in Jakarta domizilierten BGE 138 III 601 S. 603 Aktiengesellschaft indonesischen Rechts, einen Vertrag (nachstehend: Agreement), der von J., Verwaltungsratspräsident der Verkäuferin, und von K., Verwaltungsratspräsident der Käuferin, unterzeichnet wurde. Das Agreement hatte den Verkauf der kompletten Spinnerei Q., bestehend aus den im Schätzungsbericht von L. vom 30. Juni 1995 aufgeführten Gegenständen, sowie den Ventilatoren und dem Klimaanlagesystem, soweit es sich vernünftigerweise entfernen liess, und deren Wiederaufbau in Indonesien zum Gegenstand. Der Kaufreis betrug Fr. 17'300'000.-, zahlbar in Raten von 5, 10, 75 und 10 %. Am gleichen Tag unterzeichnete J. einen von ihm handschriftlich verfassten Zusatz zum Agreement, der namentlich vorsah, dass vom offiziellen Kaufpreis von Fr. 17'300'000.- der Verkäuferin Fr. 10'300'000.- und der Käuferin Fr. 7'000'000.- zustehen soll. Nachdem die Käuferin die erste Kaufpreisrate von Fr. 865'000.- bezahlt hatte, veranlasste die Verkäuferin gestützt auf den Zusatz zum Agreement am 24. April 1997 die Überweisung von Fr. 350'000.- auf das Konto von K. bei der Bank R. in Frankfurt am Main. Nach Erhalt der zweiten Kaufpreisrate in der Höhe von Fr. 1'730'000.- schrieb sie K. am 10. Juni 1997 weitere Fr. 700'000.- gut. Zur Tilgung der dritten Kaufpreisrate von Fr. 12'957'000.- hatte die Käuferin bei der Bank S. Jakarta ein Akkreditiv eröffnen lassen, das von der Verkäuferin am 10. Juni, 26. Juni und 13. Juli 1998 unter Vorlage der erforderlichen Verschiffungsdokumente in Anspruch genommen wurde. Mit Zessionsvereinbarung vom 5. Juni 1998 trat die Käuferin ihre Rechte und Pflichten aus dem Agreement an die W. (Zessionarin) ab. Diese liess im August 1998 die Verkäuferin hinsichtlich der dritten Kaufpreiszahlung unter Berufung auf die im Zusatz zum Agreement statuierte Rückzahlungsverpflichtung über Fr. 5'250'000.- nebst Zins betreiben, wogegen die Verkäuferin Rechtsvorschlag erhob. Ein Gesuch der Zessionarin um provisorische Rechtsöffnung hat das Kantonsgerichtspräsidium Zug am 24. Juni 1999 und auf Beschwerde hin die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug am 17. Dezember 1999 abgewiesen. B. Mit Klage vom 16. November 2001 stellte die Zessionarin dem Kantonsgericht Zug in Ziff. 1 die Begehren, die Verkäuferin (Beklagte) auf Zahlung von (a-d) Fr. 5'250'000.- nebst Zins als teilweise Rückerstattung der dritten Kaufpreisrate gemäss dem Zusatz zum Agreement, BGE 138 III 601 S. 604 (e) Fr. 2'319'148.20 nebst Zins als Ersatz der Summe von USD 1'345'862.-, welche die Klägerin zur Ersatzbeschaffung der in einer Auflistung ("Details of Shortages") genannten nicht gelieferten Vertragsgegenstände habe aufwenden müssen, (f) Fr. 10'340.20 nebst Zins als Entschädigung für den Arbeitsaufwand von 120 Stunden zur Beschaffung der nicht gelieferten Bestandteile, (g) Fr. 5'629'544.95 nebst Zins als Verzögerungsschaden für die Zeit zwischen November 1998 und Juni 1999 und (h) Fr. 863'196.40 nebst Zins als Ersatz des Verzögerungsschadens für die Zeit von Juli bis 31. Dezember 1999 zu verpflichten. Die Verkäuferin (Beklagte) beantragte die Abweisung der Klage. Zur Begründung brachte sie namentlich vor, die Forderung gemäss Ziff. 1 lit. a-d betreffe eine rechtswidrige und damit verjährte Schwarzgeldzahlung an K. Die Forderungen gemäss Ziff. 1 lit. e-h seien gemäss Art. 210 OR verjährt. Sodann stellte die Beklagte den eingeklagten Forderungen verschiedene Gegenforderungen zur Verrechnung gegenüber, namentlich die noch ausstehende Kaufpreisrate von Fr. 1'730'000.-. Beide Parteien verkündeten den T. Versicherungen, nunmehr Z., den Streit, die mit Verfügung des Referenten vom 23. Januar 2002 als Nebenintervenientin zugelassen wurde. Im Sommer 2003 gingen die Rechte und Pflichten der Zessionarin infolge ihrer Fusion mit der Käuferin auf diese über, welche damit als Klägerin in den Prozess eintrat. Das Kantonsgericht kam zum Ergebnis, die Beklagte schulde der Klägerin aus dem Zusatz zum Agreement die Rückerstattung des sich auf Fr. 5'250'000.- belaufenden Anteils der dritten Kaufpreisrate nebst Zins. Da die Beklagte nicht habe beweisen können, dass sie sämtliche geschuldeten Anlageteile geliefert habe, sei davon auszugehen, die Lieferung sei gemäss den Angaben der Klägerin unvollständig gewesen. Diese habe die von ihr behaupteten Dekungskäufe nicht nachgewiesen, weshalb ihr Schadenersatzanspruch gemäss Art. 76 CISG nach dem gutachtlich auf Fr. 655'146.- festgesetzten Marktpreis der nicht gelieferten Teile zu bestimmen sei. Allerdings habe sich die Klägerin einen Zinsanspruch der Beklagten von Fr. 64'208.35 sowie die noch ausstehende Nettokaufpreisforderung von Fr. 1'030'000.- nebst Zins anrechnen zu lassen. Entsprechend verpflichtete das Kantonsgericht die Beklagte mit Urteil vom BGE 138 III 601 S. 605 14. Dezember 2009, der Klägerin Fr. 5'250'000.- nebst Zins zu 5 % auf Fr. 2'059'130.70 seit 10. Juni 1998, auf Fr. 1'458'831.65 seit 26. Juni 1998 und auf Fr. 1'705'037.65 seit 13. Juli 1998, abzüglich Fr. 64'208.35 und abzüglich Fr. 374'854.- (Fr. 1'030'000.- minus Fr. 655'146.-) nebst Zins zu 5 % seit 24. Januar 2000 zu bezahlen. Das Obergericht des Kantons Zug wies eine dagegen gerichtete Berufung am 8. November 2011 ab. C. Die Beklagte (Beschwerdeführerin) erhebt Beschwerde in Zivilsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 8. November 2011 aufzuheben und die Klage vollumfänglich abzuweisen. Eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Klägerin (Beschwerdegegnerin) schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, eventuell auf Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Die Beschwerdeführerin hat eine Replik und die Beschwerdegegnerin eine Duplik eingereicht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 7. 7.1 Gemäss Art. 49 Abs. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 11. April 1980 über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG; SR 0.221.211.1) kann der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklären, (a) wenn die Nichterfüllung einer dem Verkäufer nach dem Vertrag oder diesem Übereinkommen obliegenden Pflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt oder (b) wenn im Falle der Nichtlieferung der Verkäufer die Ware nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 gesetzten Nachfrist liefert oder wenn er erklärt, dass er nicht innerhalb der so gesetzten Frist liefern wird. Art. 51 CISG mit dem Titel "Teilweise Nichterfüllung" lautet in der deutschen Übersetzung: " 1 Liefert der Verkäufer nur einen Teil der Ware oder ist nur ein Teil der gelieferten Ware vertragsgemäss, so gelten für den Teil, der fehlt oder der nicht vertragsgemäss ist, die Artikel 46-50. BGE 138 III 601 S. 606 2 Der Käufer kann nur dann die Aufhebung des gesamten Vertrages erklären, wenn die unvollständige oder nicht vertragsgemässe Lieferung eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt." Art. 51 CISG soll klarstellen, dass sich bei teilweiser Nicht- oder teilweise mangelhafter Erfüllung die allgemeinen Rechtsbehelfe des Käufers, darunter das Recht auf Vertragsaufhebung gemäss Art. 49 CISG , grundsätzlich auf den fehlenden oder nicht vertragsgemässen Teil beschränken und damit eine Teilaufhebung des Vertrages möglich ist (PETER HUBER, in: Schuldrecht, Besonderer Teil, Bd. III, 6. Aufl., München 2012, N. 1 zu Art. 51 CISG ; ULRICH MAGNUS, in: Wiener UN-Kaufrecht [CISG], Berlin 2005, N. 1 f. zu Art. 51 CISG ; MARKUS MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Ingeborg Schwenzer [Hrsg.], 5. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 51 CISG ). Die herrschende Lehre geht davon aus, die Anwendung von Art. 51 CISG und damit die Möglichkeit der Teilaufhebung setze voraus, dass ein Kaufvertrag mehrere Waren erfasse, die je eine eigenständige wirtschaftliche Einheit bilden. Dies treffe nicht zu, wenn eine Maschine oder eine Produktionsanlage als eine aus verschiedenen Bestandteilen zusammengesetzte einheitliche Sachgesamtheit verkauft werde (HUBER, a.a.O., N. 3 zu Art. 51 CISG ; MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ; SCHNYDER/STRAUB, in: Kommentar zum UN-Kaufrecht, Heinrich Honsell [Hrsg.], 1997, N. 9 f. zu Art. 51 CISG ; MAGNUS, a.a.O., N. 4 zu Art. 51 CISG ; WILHELM-ALBRECHT ACHILLES, Kommentar zum UN-Kaufrechtsübereinkommen, Neuwied 2000, N. 1 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch LÜDERITZ/SCHÜSSLER-LANGEHEINE, in: Bürgerliches Gesetzbuch, Stein/Soergel [Hrsg.], Bd. XIII, 13. Aufl., Stuttgart 2000, N. 2 zu Art. 51 CISG ). Zum Teil wird jedoch unter Berufung auf den Schiedsspruch Nr. 7660 der Internationalen Handelskammer vom 23. August 1994 (CISG-online Nr. 129) die Meinung vertreten, etwas anderes gelte, wenn der fehlende Teil der Maschine oder Anlage ohne Weiteres austauschbar sei (CHRISTOPH BRUNNER, UN-Kaufrecht-CISG, 2004, N. 5 Fn. 1178 zu Art. 51 CISG ; vgl. auch PETER SCHLECHTRIEM, Internationales UN-Kaufrecht, 4. Aufl., Tübingen 2007, S. 139 Rz. 192). 7.2 Die Vorinstanz folgte der letztgenannten Lehrmeinung und nahm an, die gemäss der Behauptung der Beschwerdegegnerin nicht gelieferten Teile seien ohne Weiteres ersetzbar gewesen, da ihr Marktpreis gestützt auf ein Gutachten habe bestimmt werden können. Die Beschwerdegegnerin habe daher den Vertrag hinsichtlich der nicht gelieferten Teile gemäss Art. 51 CISG aufheben und Schadenersatz BGE 138 III 601 S. 607 verlangen dürfen. Dieser Anspruch entspreche Art. 190 OR , der dem Käufer bei Verzug des Verkäufers erlaube, auf die Lieferung zu verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen. Ein solcher Anspruch unterstehe gemäss Art. 127 OR der zehnjährigen Verjährungsfrist. 7.3 Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Vorinstanz sei zu Unrecht von einer teilbaren Leistung im Sinne von Art. 51 CISG ausgegangen. Die Nutzung der verkauften Spinnerei als Produktionsanlage sei ohne die angeblich fehlenden Teile nicht möglich gewesen. Somit sei eine einheitliche Sache verkauft worden. Fehle ein Bestandteil einer solchen Sache, liege ein Sachmangel bezüglich der Sachgesamtheit vor, weshalb bezüglich der Verjährung Art. 210 OR massgebend sei. Die darin vorgesehene einjährige Verjährungsfrist ab Ablieferung der Ware sei zwar nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Vermeidung eines Widerspruchs zur zweijährigen Anzeigefrist gemäss Art. 39 CISG anzupassen. Ob nun die Einjahresfrist erst mit der Mängelrüge zu laufen beginne oder ob sie auf zwei Jahre seit Ablieferung der Ware auszudehnen sei, könne offenbleiben. In beiden Fällen sei nach den Mängelrügen vom Juli/August 1998 die Verjährung eingetreten, da die vorliegende Klage am 16. November 2001 eingereicht worden sei und der Weisungsschein vom 19. September 2001 datiere. 7.4 Die Spinnerei Q. wurde als einheitliche Produktionsanlage und damit als Sachgesamtheit verkauft, zumal ein Einheitspreis und nicht ein Preis für die einzelnen Komponenten vereinbart war und die Anlage als Ganzes zu funktionieren hatte. Demnach stellten die einzelnen funktionsnotwendigen Bestandteile der Anlage für die Parteien keine eigenständige wirtschaftliche Einheit dar, weshalb insoweit gemäss der herrschenden Lehre die Anwendung von Art. 51 CISG und damit ein Teilrücktritt ausgeschlossen ist. Daran vermag entgegen der Minderheitsmeinung der mögliche Ersatz der fehlenden oder mangelhaften Bestandteile einer einheitlichen Sachgesamtheit nichts zu ändern, weil damit deren Vertragswidrigkeit durch eine Nachbesserung behoben wird (vgl. MÜLLER-CHEN, a.a.O., N. 2 zu Art. 51 CISG ). 7.5 Da das CISG die Verjährung nicht regelt, richtet sich diese vorliegend nach Schweizer Recht (nicht publ. E. 2.2.; vgl. auch Urteil 4A_68/2009 vom 18. Mai 2009 E. 10), das für die Verjährung von Ansprüchen wegen mangelhafter bzw. nicht vertragsgemässer Warenlieferung eine Verjährungsfrist von einem Jahr ab Ablieferung der Sache an den Käufer vorsieht ( Art. 210 Abs. 1 OR ) und bestimmt, BGE 138 III 601 S. 608 dass die Einrede des Käufers wegen vorhandener Mängel bestehen bleibt, wenn innerhalb eines Jahres nach Ablieferung die vorgeschriebene Anzeige an den Verkäufer gemacht worden ist ( Art. 210 Abs. 2 OR ). Nach dieser Regelung kann der Käufer bei der Anwendbarkeit des CISG verjährte Ansprüche aus einer Vertragsverletzung noch einredeweise geltend machen, wenn er diese dem Verkäufer gemäss Art. 39 CISG angezeigt hat (BRUNNER, a.a.O., N. 31 zu Art. 4 CISG ). 7.6 Nach Art. 39 Abs. 1 CISG verliert der Käufer das Recht, sich auf eine Vertragswidrigkeit der Ware zu berufen, wenn er sie dem Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Zeitpunkt, in dem er sie festgestellt hat oder hätte feststellen müssen, anzeigt und dabei die Art der Vertragswidrigkeit genau bezeichnet. 7.7 Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage geäussert, ob die Beschwerdegegnerin hinsichtlich der von ihr geltend gemachten nicht gelieferten Bestandteile ihrer Anzeigepflicht im Sinne von Art. 39 CISG nachgekommen ist. Gemäss den unangefochten gebliebenen Feststellungen der ersten Instanz steht jedoch fest, dass die Beschwerdegegnerin mit Faxschreiben vom 16., 23. und 28. Juli sowie vom 11. August 1998 der Beschwerdeführerin Listen zu den Fehlbeständen betreffend die drei Schiffsladungen übermittelt hat. Insoweit kann der Sachverhalt ergänzt werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Die Beschwerdeführerin beruft sich auf diese Mängelrügen vom Juli/August 1998, welche die Art der geltend gemachten Vertragswidrigkeit hinreichend genau bezeichnen (vgl. BGE 130 III 258 E. 4.3 S. 281 f.), ohne geltend zu machen, dass die Rügen verspätet erhoben worden seien, weshalb die Rechtzeitigkeit als anerkannt gelten und von einer Anzeige gemäss Art. 39 CISG ausgegangen werden kann. Demnach konnte sich die Beschwerdegegnerin gegenüber der von den kantonalen Gerichten im Umfang von Fr. 1'030'000.- gutgeheissenen Forderung auf Zahlung des restlichen Kaufpreises einredeweise auf Forderungen aus der von ihr behaupteten unvollständigen und damit vertragswidrigen Lieferung berufen, weshalb offenbleiben kann, ob diese Forderungen verjährt waren. 8. 8.1 Die Verteilung der Beweislast gehört zu den im UN-Kaufrecht geregelten Gegenständen. Fehlt eine ausdrückliche Beweislastregel, so kommen die allgemeinen Grundsätze zur Anwendung, welche dem UN-Kaufrecht zu Grunde liegen. Nach diesen Grundsätzen ist insbesondere die Beweisnähe zu beachten, weshalb der Käufer, der die Ware vorbehaltlos übernommen und daran die Sachherrschaft BGE 138 III 601 S. 609 erlangt hat, deren Vertragswidrigkeit zu beweisen hat, soweit er daraus Rechte ableitet ( BGE 130 III 258 E. 5.3 S. 264 ff. mit Hinweisen; vgl. auch Urteil 4C.245/2003 vom 13. Januar 2004 E. 3.1). Dieser Grundsatz gilt auch bezüglich einer von der Käuferin nach der vorbehaltlosen Übernahme der Waren geltend gemachten Unvollständigkeit der Lieferung (Urteil 4C.144/2004 vom 7. Juli 2004 E. 3.3 und 3.4; vgl. auch: TOBIAS MALTE MÜLLER, Ausgewählte Fragen der Beweislastverteilung im UN-Kaufrecht im Lichte der aktuellen Rechtsprechung, München 2005, S. 90 f.). 8.2 Die Vorinstanz erwog, die Nichtlieferung verschiedener Teile stelle eine negative Tatsache dar, deren Beweis nicht möglich sei. Selbst wenn die unvollständige Lieferung in den Herrschaftsbereich der Beschwerdeführerin gelangt sei, sei sie damit nicht in der Lage, den Bestand der Vertragswidrigkeit zu beweisen. Demgegenüber habe es die Beschwerdeführerin in der Hand gehabt, den Nachweis der vollständigen Lieferung durch die Einreichung von Packlisten, Frachtbriefen und ähnlichen Dokumenten zu erbringen. Da die Beschwerdeführerin vorliegend die Vollständigkeit der Lieferung leichter beweisen könne als die Beschwerdegegnerin deren Unvollständigkeit, sei der Beschwerdeführerin die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung aufzuerlegen. Diesen Beweis habe die Beschwerdeführerin nicht erbringen können. 8.3 Die Beschwerdeführerin rügt einen Verstoss gegen die anerkannten Grundsätze der Beweislastverteilung des CISG. Die Ware habe sich nach der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigem Herrschaftsbereich befunden. Diese sei daher entgegen der Meinung der Vorinstanz besser in der Lage gewesen, den Bestand einer Vertragswidrigkeit nachzuweisen als die Beschwerdeführerin deren Abwesenheit. 8.4 Aus dem angefochtenen Urteil geht nicht hervor, dass die Beschwerdegegnerin bereits bei der Übernahme der Waren in Indonesien Vorbehalte angebracht hätte, so dass von vorbehaltloser Übernahme auszugehen ist. Die Parteien stimmen darin überein, dass die Beschwerdegegnerin die ihr gelieferten Waren ohne Beizug der Beschwerdeführerin auspackte. Entsprechend nahm die Vorinstanz an, die Lieferungen seien mit der Übernahme durch die Beschwerdegegnerin in deren alleinigen Herrschaftsbereich gelangt. Danach war einzig diese in der Lage, die Vollständigkeit der umfangreichen Lieferung zu prüfen und die entsprechenden Beweise zu sichern, weshalb sie gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die von BGE 138 III 601 S. 610 ihr nachträglich geltend gemachte Unvollständigkeit der Lieferungen beweispflichtig ist. Weshalb ihr diese Beweisführung unzumutbar sein soll, ist nicht ersichtlich, zumal das Fehlen bestimmter Bestandteile, anders als zum Beispiel die unterlassene Verletzung eines Konkurrenzverbots, nicht zu den so genannten unbestimmten Negativa zu zählen ist (vgl. HANS PETER WALTER, Berner Kommentar, 2012, N. 340 f. zu Art. 8 ZGB ; Urteil 4C.344/2006 vom 8 Januar 2007 E. 2.1.2, nicht publ. in: BGE 133 III 189 ). Die Vorinstanz hat daher die Grundsätze des CISG zur Beweislastverteilung verletzt, indem sie die Beweislast hinsichtlich der vollständigen Lieferung der Beschwerdeführerin auferlegte und mangels dieses Beweises auf Unvollständigkeit der Lieferung gemäss den Behauptungen der Beschwerdegegnerin schloss. 8.5 Da die Vorinstanz aufgrund der unzutreffenden Beweislastverteilung nicht prüfte, ob die Beschwerdegegnerin die von ihr geltend gemachte unvollständige Lieferung beweisen konnte, ist das angefochtene Urteil bezüglich der daraus abgeleiteten Forderungen der Beschwerdegegnerin aufzuheben und zur Sachverhaltsergänzung und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang werden die Rügen gegenstandslos, soweit sie sich gegen die Erwägung des Vorinstanz richten, nach welcher die Beschwerdeführerin die Vollständigkeit der Lieferung nicht nachgewiesen habe (vgl. BGE 135 I 187 E. 2.3 S. 191).
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
88b886ba-916a-47a7-955d-9427d213ebf3
Urteilskopf 90 IV 214 44. Urteil des Kassationshofes vom 30. Oktober 1964 i.S. Roth gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 33 Abs. 2 und 49 Abs. 2 SVG, Art. 6 Abs. 1 und 47 Abs. 3 VRV. 1. Die besondere Vorsichtspflicht des Fahrzeugführers vor Fussgängerstreifen gilt nicht nur im Verhältnis zu Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, sondern allen Fussgängern gegenüber. 2. Betritt der Fussgänger den Streifen rechtzeitig, so hat der Fahrzeugführer sich darauf einzustellen, dass jener sein Vortrittsrecht ausübt, und darf auf Verzicht nur schliessen, wenn der Fussgänger sich in eindeutiger Weise seines Rechtes begibt (Erw. 1). 3. Ob ein solcher Verzicht vorliege, hängt davon ab, wie der Führührer die Lage nach dem Verhalten des Fussgängers beurteilen musste (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 214 BGE 90 IV 214 S. 214 A.- Roth fuhr am 19. September 1963 mit seinem Personenwagen auf der Hauptstrasse von Luzern Richtung Gerliswil. Um 9.30 Uhr näherte er sich mit etwa 40 km/Std. dem Seetalplatz in Emmenbrücke, wo die 67-jährige Frau Buri sich soeben anschickte, die 9 m breite Strasse auf einem Fussgängerstreifen von rechts nach links zu überschreiten. Sie tat von einer Verkehrsinsel aus einen oder zwei Schritte über die Strasse, kehrte BGE 90 IV 214 S. 215 dann aber a ngesichts des von links nahenden Wagens au die Insel zurück. Roth, der wegen der Fussgängerin gebremst hatte, um ihr den Vortritt gewähren zu können, beschleunigte daraufhin die Fahrt wieder. Als er nur noch einige Meter vom Streifen entfernt war, betrat Frau Buri die Strasse von neuem und begann sie raschen Schrittes zu üb erqueren. Obschon Roth sogleich kräftig bremste und nach links auszuweichen versuchte, konnte er den Zusammenstoss nicht mehr vermeiden. Frau Buri wurde mitten auf dem Fussgängerstreifen vom Wagen frontal erfasst und auf die Strasse geschleudert. Sie erlitt schwere Verletzungen, die zu ihrem Tode führten. B.- Das Amtsgericht Hochdorf verurteilte Roth wegen Übertretung von Art. 26 Abs. 2 und 33 SVG und Art. 6 VRV sowie wegen fahrlässiger Tötung zu Fr. 300.-- Busse. Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte am 9. Juli 1964 dieses Urteil im Schuldspruch, verurteilte Roth jedoch nicht nur zu Fr. 300.-- Busse, sondern auch zu einer Gefängnisstrafe von einem Monat, deren Vollzug es bedingt aufschob. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 33 Abs. 2 SVG hat der Fahrzeugführer vor Fussgängerstreifen besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um Fussgängern, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten, den Vortritt zu lassen. Diese Regel war teils wörtlich, teils dem Sinne nach bereits in Art. 45 Abs. 3 MFV enthalten. Sie verpflichtet den Fahrer, der sich einem Fussgängerstreifen ohne Verkehrsregelung nähert, zu besonderer Aufmerksamkeit und Rücksichtnahme, und zwar nicht nur im Verhältnis zu Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, sondern allen Fussgängern gegenüber. Bestehen BGE 90 IV 214 S. 216 Anzeichen dafür, dass Fussgänger die Strasse noch vor seiner Durchfahrt überqueren, ihm gegenüber also vom Vortrittsrecht Gebrauch machen könnten, so hat er sich rechtzeitig durch Mässigung der Geschwindigkeit darauf einzustellen ( Art. 6 Abs. 1 Satz 1 VRV ). Der Fussgänger seinerseits ist gemäss Art. 49 Abs. 2 SVG verpflichtet, den Streifen nicht überraschend zu betreten. Das heisst, dass er nicht nach Belieben, sondern nur dann Anspruch darauf hat, die Strasse vor einem nahenden Fahrzeug zu überqueren, wenn es dessen Führer noch möglich ist, ihm den Vortritt zu lassen, ohne jemanden zu gefährden. Andernfalls hat er vor dem Streifen zu warten und das Fahrzeug durchzulassen. Daran ändert auch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 VRV nichts. Diese Bestimmung kann nicht gestatten, was Art. 49 Abs. 2 SVG und Art. 47 Abs. 3 Satz 2 VRV ausdrücklich verbieten, den Fussgänger folglich nicht berechtigen, sich noch rasch auf die Strasse zu begeben und den Vortritt zu erwirken, wenn ein Fahrzeug sich bereits unmittelbar vor dem Streifen befindet, jedoch so schnell fährt, dass es nicht mehr davor anhalten kann. Hat er die Strasse aber auf angemessene Entfernung vor dem nahenden Fahrzeug betreten, so soll der Fussgänger sein Vorhaben ungehindert und in der Erwartung ausführen können, der Fahrer werde sich pflichtgemäss verhalten. Er braucht alsdann auch nicht besonders kundzutun, dass er das Vortrittsrecht ausüben wolle; der Fahrzeugführer hat sich vielmehr zu sagen, dass dies der Fall sei, und darf auf Verzicht nur schliessen, wenn der Fussgänger sich in eindeutiger Weise seines Rechtes begibt ( BGE 86 IV 37 f., BGE 89 II 53 f., BGE 89 IV 211 ). 2. Das Obergericht wirft dem Beschwerdeführer vor, er habe darin, dass Frau Buri auf die Verkehrsinsel zurücktrat, noch keinen eindeutigen Verzicht auf ihr Vortrittsrecht erblicken dürfen. Er habe leicht erkennen können, dass es sich um eine ältere Frau handelte, die bei seinem Herannahen unsicher geworden sei. Er hätte sich sagen müssen, dass sie die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges BGE 90 IV 214 S. 217 nicht richtig einschätzen könne, und daher nicht damit rechnen dürfen, dass sie sich einwandfrei verhalten und die Vorbeifahrt des Wagens abwarten werde. Statt den Lauf weiter zu mässigen, habe er sich darauf verlassen, dass Frau Buri auf der Verkehrsinsel bleiben werde. Dadurch habe er den Art. 26 Abs. 2 und 33 SVG sowie Art. 6 VRV zuwidergehandelt, den Tod der Verunfallten also fahrlässig verursacht. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Es gibt zweifellos immer noch zahlreiche Fahrzeugführer, namentlich Autofahrer, welche die Furcht vieler Fussgänger vor herannahenden Fahrzeugen leichtsinnig oder gar bewusst ausnützen und sich so gebärden, als ob das Vortrittsrecht ihnen zustände. Solchem Gebaren ist auch dann, wenn es nicht zu Unfällen führt, mit aller Strenge entgegenzutreten. Dass es häufig vorkommt, darf die Strafverfolgungsbehörden nicht davon abhalten, Fehlbare zur Verantwortung zu ziehen, soll das Vortrittsrecht des Fussgängers nicht weitgehend illusorisch bleiben. Das heisst nicht, dass die Anforderungen an den Fahrzeugführer, der sich rechtzeitig vorsieht und einem zaghaften oder ängstlichen Fussgänger den Vortritt lassen will, überspannt werden dürfen. Der Beschwerdeführer hat sich mit höchstens 40 km/Std. dem Fussgängerstreifen genähert, eine Geschwindigkeit, die angesichts der 9 m breiten, übersichtlichen und trockenen Strasse auch nach der Auffassung des Obergerichts nicht übersetzt war. Als Frau Buri den Streifen das erste Mal betrat, hat er sogleich gebremst, um ihr den Vortritt zu lassen. Obschon sie in diesem Augenblick die Strasse ohne Gefahr hätte überqueren können, sah sie davon ab und kehrte auf die Schutzinsel zurück. Ein solches Verhalten kam aber einem klaren Verzicht auf das Vortrittsrecht gleich, musste den Beschwerdeführer folglich nicht daran hindern, die Fahrt wieder zu beschleunigen. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall denn auch deutlich von dem in BGE 89 II 50 veröffentlichten, wo der Fussgänger nach mehreren BGE 90 IV 214 S. 218 Schritten auf dem Streifen stehenblieb, dann aber, ohne zurückzuweichen, den Weg fortsetzte. Ob Frau Buri auf ihr Vortrittsrecht verzichten wollte oder nicht, kann dahingestellt bleiben, weil darauf nichts ankommt; massgebend ist allein, wie der Autofahrer die Lage nach ihrem Verhalten beurteilen musste. Gewiss ist dem Beschwerdeführer nicht entgangen, eine ältere Frau vor sich zu haben. Nichts in den Akten deutet jedoch darauf hin, dass Frau Buri, abgesehen von ihrer Unsicherheit, irgendwelche Unbeholfenheit an den Tag gelegt hätte. Unsicher oder ängstlich war sie nur, weil sie ein Auto nahen sah. Nachdem sie auf die Schutzinsel zurückgetreten war, sich also in Sicherheit befand, hatte sie hiezu keinen ersichtlichen Anlass mehr. Es war deshalb nicht zu erwarten, dass sie die Strasse unversehens wieder betreten könnte. Der Beschwerdeführer musste damit umsoweniger rechnen, als er nun dem Streifen viel näher, und die Gefahr, um derentwillen sie die Strasse verlassen hatte, viel grösser war. Dass Anhaltspunkte für eine Unsicherheit selbst dann noch bestanden hätten, als Frau Buri sich in Sicherheit befand, stellt das Obergericht nicht fest. Auch die Zeugen sagten dies nicht. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Amtsgerichtes, auf dessen Urteil die Vorinstanz verweist, waren diese vielmehr einhellig der Auffassung, dass die Fussgängerin die Strasse auch für sie völlig unerwartet wieder betreten habe. Der Zeuge Müller, der auf einem Motorroller hinter dem Beschwerdeführer herfuhr, sich also in einer durchaus ähnlichen Lage befand wie dieser, hatte angesichts des Verhaltens der Fussgängerin sogar den bestimmten Eindruck bekommen, Frau Buri werde auf der Insel warten und nicht nur den Autofahrer, sondern auch ihn durchlassen. Es liegt auch nichts dafür vor, dass der Beschwerdeführer die Fussgängerin durch seine Fahrweise hätte täuschen können. Nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz hat er nicht gebremst, als Frau Buri von der Strasse zurücktrat, sondern als sie die Strasse betrat. BGE 90 IV 214 S. 219 Nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, kann dem Beschwerdeführer somit keine Pflichtwidrigkeit zur Last gelegt werden; er ist freizusprechen. Ob ein Fahrer, der Verkehrsregeln verletzt und dadurch fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, nicht nur nach Art. 117 StGB , sondern auch nach Art. 90 SVG zu bestrafen ist, wie das Obergericht annimmt, braucht bei diesem Ergebnis nicht entschieden zu werden. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 9. Juli 1964 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
88b984c0-b5ba-4d58-b542-5571eafe5ae0
Urteilskopf 98 Ia 212 32. Urteil vom 3. Mai 1972 i.S. Bulletti gegen Kantone Solothurn und Freiburg.
Regeste Doppelbesteuerung. 1. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde auch bei Einigung der beteiligten Kantone über die Steuerausscheidung (Erw. 1). 2. Nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft, die aus Angehörigen einer Familie besteht und sich ausschliesslich mit der Verwaltung des gemeinsamen Vermögens der Gesellschafter befasst. Handelt es sich um eine gewöhnliche Vermögensverwaltung und besitzt die Gesellschaft keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen für einen Geschäftsbetrieb, so sind die einzelnen Gesellschafter für ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen und andessen Ertrag nicht an dem im Handelsregister eingetragenen Sitz der Gesellschaft, sondern an ihrem Wohnsitz zu besteuern (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 213 BGE 98 Ia 212 S. 213 A.- Im Oktober 1948 gründete der damals in New York wohnhafte Karl Kropf-Steffen zusammen mit seiner Ehefrau die Kommanditgesellschaft Kropf & Co mit Sitz in Gretzenbach (SO) und übertrug ihr einen Teil seines beträchtlichen Vermögens. Die Gesellschaft wurde im Dezember 1948 im Handelsregister eingetragen und bezweckte nach dem Gesellschaftsvertrag die "Verwaltung der Vermögen der Gesellschafter, Finanzierungen, Beteiligungen, An- und Verkauf von Wertpapieren". Im Jahre 1963 wurde die Kropf & Co (unter Änderung der Firma in Kropf & Cie) in eine Kollektivgesellschaft umgewandelt und ihr Sitz nach Freiburg verlegt. Gesellschaftszweck ist nur noch die "Verwaltung der Vermögen der Gesellschafter". Die Gesellschaft besteht aus sechs Angehörigen des Karl Kropf-Steffen, die zu je 1/6 am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind, darunter Frau Dory Bulletti-Kropf, die mit ihrem Ehemann BGE 98 Ia 212 S. 214 Fernando Bulletti bis zum 31. Januar 1970 in Grenchen (SO) wohnte. Von den übrigen Gesellschaftern wohnten im Jahre 1967 drei im Kanton Aargau und je einer in den Kantonen Bern und Waadt. Das Vermögen der Gesellschaft bestand 1967 etwa zur Hälfte aus Beteiligungen an einem Kino- und Hotelunternehmen in Biel (100%) und an einer Uhrenfabrik in Lengnau (40%) und zur Hälfte aus verschiedenen Wertschriften. Bis 1967 wurden die Gesellschafter für ihre Anteile und deren Ertrag in Freiburg besteuert, wobei der Kropf & Cie die gleichen Steuerprivilegien wie einer Holdinggesellschaft gewährt wurden. Im Jahre 1967 nahmen die Solothurner Steuerbehörden an, es rechtfertige sich nicht, die nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft Kropf & Cie weiterhin wie eine kaufmännische Kollektivgesellschaft zu behandeln und die Besteuerung des Anteils von Frau Dory Bulletti-Kropf dem Kanton Freiburg zu überlassen. Die Steuerkommission Grenchen rechnete daher diesen Anteil und dessen Ertrag bei der Veranlagung für 1967 zum Vermögen und Einkommen des Ehemanns Bulletti. Dieser erhob hiegegen Einsprache und nach deren Abweisung Rekurs. Die Kantonale Rekurskommission Solothurn (KRK) wies den Rekurs mit Urteil vom 27. Februar 1971 ab, indem sie feststellte, dass die Ehefrau des Rekurrenten für ihren Anteil am Kapital und Ertrag der Kollektivgesellschaft Kropf & Cie per 1. Januar 1967 in Grenchen steuerpflichtig sei. Zur Begründung führte sie aus: Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Gesellschafter für ihren Anteil am Gesellschaftssitz steuerpflichtig seien, beziehe sich auf Kollektivgesellschaften, die mit ihrem kaufmännischen oder technischen Betrieb nach aussen in Erscheinung träten. Bei einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft, die - wie die Kropf & Cie - lediglich die Verwaltung des Vermögens der Gesellschafter bezwecke, fehle der wirtschaftliche und steuerrechtliche Grund für die steuerrechtliche Erfassung an einem einzigen Orte. Die Anteile der einzelnen Gesellschafter seien Privatvermögen derselben und entsprechend an ihrem Wohnsitz zu besteuern, und dasselbe müsse für den Ertrag des Vermögens gelten. Bei dieser Sachlage spiele es keine Rolle, ob der Sitz der Kropf & Cie zur Steuerumgehung nach Freiburg verlegt worden sei. Wäre die Frage massgebend, so wäre sie zu bejahen (wird näher ausgeführt). BGE 98 Ia 212 S. 215 B.- Gegen dieses Urteil der KRK Solothurn hat Fernando Bulletti-Kropf staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Art. 46 BV erhoben. Er stellt den Antrag, es sei das Urteil aufzuheben und festzustellen, dass der Beschwerdeführer für den Anteil seiner Ehefrau am Kapital und am Ertrag der Kollektivgesellschaft Kropf & Cie an deren Sitz in Freiburg steuerpflichtig sei; eventuell sei der Kanton Freiburg anzuweisen, die für 1967 bezahlte Steuer im Betrag von Fr. 611.-- an die Kropf & Cie zurückzuerstatten. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht: Das Bundesgericht habe in seiner Doppelsteuerungspraxis nie zwischen kaufmännischen und nichtkaufmännischen Personengesellschaften unterschieden. Auch in BGE 55 I 389 ff., wo es um eine nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft ging, habe das Bundesgericht nicht entschieden, dass Kapital und Ertrag nicht am Gesellschaftssitz, sondern am Wohnsitz der Gesellschafter zu versteuern seien; vielmehr habe es geprüft, wo sich der "natürliche" Sitz der Gesellschaft befand. Entscheidend sei, wo die Gesellschaft sich dauernd wirtschaftlich betätige und damit eine wirtschaftliche Zugehörigkeit begründe. Von daher gesehen sei Freiburg der Sitz der Kropf & Cie. Gemäss Gesellschaftsvertrag besorgten die Gesellschafter die Geschäftsführung gemeinsam. Zur Beschlussfassung träfen sie sich jeweils in Freiburg. Dort führe Hermann Egger, Vizedirektor der Société de Contrôle Fiduciaire SA die Bücher, und dort würden die Gesellschafter durch die Herren Thierry und Hubert de Broccard geschäftlich beraten. In der Sitznahme in Freiburg liege keine Steuerumgehung; wohl habe die Kropf & Cie im Kanton Freiburg ein Steuerprivileg genossen, das jedoch am 1. Juli 1969 dahingefallen sei. Da der Kanton Freiburg die Kropf & Cie für 1967 bereits besteuert habe, liege nicht nur eine virtuelle, sondern auch eine tatsächliche Doppelbesteuerung vor. C.- Die KRK Solothurn beantragt Abweisung der Beschwerde. Sie hält an der Auffassung fest, dass bei nichtkaufmännischen Gesellschaften und insbesondere bei solchen, die lediglich die Verwaltung gemeinsamen Vermögens bezwecken, die einzelnen Gesellschafter an ihrem Wohnsitz für ihren Anteil am Vermögen der Gesellschaft und an dessen Ertrag zu besteuern seien. D.- Die Steuerverwaltung des Kantons Freiburg beantragt Abweisung der Beschwerde in dem Sinne, dass Vermögen und BGE 98 Ia 212 S. 216 Ertrag der Kollektivgesellschaft Kropf & Cie (für 1967) ganz in Grenchen (SO) steuerbar seien, und erklärt sich bereit, dem Beschwerdeführer die für 1967 auf den Anteil seiner Ehefrau am Vermögen und am Ertrag der Gesellschaft bezogenen Steuern von Fr. 611.-- zurückzuerstatten. Sie bestreitet die Auffassung der Solothurner Behörden, wonach jeder Gesellschafter der Kropf & Cie an seinem Wohnsitz für den Anteil am Vermögen und Ertrag der Gesellschaft besteuert werden könne, und macht geltend, eine Kollektivgesellschaft, die lediglich die Verwaltung eines Vermögens bezwecke, habe ihren natürlichen Wohnsitz und damit ihr Steuerdomizil am Wohnsitz der Gesellschafter, insbesondere der geschäftsführenden Gesellschafter. Nun würden die Geschäfte der Kropf & Cie, obwohl sie nach dem Gesellschaftsvertrag von den Gesellschaftern gemeinsam besorgt würden, in Wirklichkeit von Frau Dory Bulletti-Kropf von Grenchen aus geführt, weshalb Grenchen als natürlicher Sitz und damit als Steuerdomizil der Kropf & Cie zu betrachten sei (wird näher ausgeführt). Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da der Kanton Freiburg in seiner Beschwerdeantwort für 1967 auf die Besteuerung des Anteils der Ehefrau des Beschwerdeführers am Vermögen und Ertrag der Kropf & Cie verzichtet und sich zur Rückerstattung der bereits bezogenen Steuern für 1967 bereit erklärt hat, liegt keine effektive Doppelbesteuerung mehr vor. Der Beschwerdeführer, dem hievon Kenntnis gegeben wurde, hält jedoch an der staatsrechtlichen Beschwerde fest, bestreitet also nach wie vor die Steuerhoheit des Kantons Solothurn. Hiezu ist er befugt, da Art. 46 Abs. 2 BV auch die bloss virtuelle Doppelbesteuerung verbietet ( BGE 91 I 474 /75, BGE 93 I 421 E. 2) und selbst eine Einigung der Kantone über die Steuerausscheidung den Steuerpflichtigen nicht bindet ( BGE 91 I 281 E. 2 sowie LOCHER, Doppelbesteuerung § 1 III A 2 Nr. 3-6). Eine solche Einigung liegt übrigens insofern nicht vor, als nach Auffassung des Kantons Freiburg das gesamte Vermögen und der gesamte Ertrag der Kollektivgesellschaft, nach Auffassung des Kantons Solothurn dagegen nur der Anteil der Ehefrau des Beschwerdeführers im Kanton Solothurn zu versteuern sind. Am Ausgang des Rechtsstreites sind mittelbar auch die Kantone Bern, Aargau und Waadt interessiert, in denen die andern BGE 98 Ia 212 S. 217 Mitglieder der Kollektivgesellschaft Kropf & Cie wohnen und die, nach Angabe des Beschwerdeführers, Veranlagungsverfahren gegen sie eingeleitet, diese jedoch bis zum Entscheid über die vorliegende staatsrechtliche Beschwerde sistiert haben. Das ändert jedoch nichts daran, dass der Entscheid über die Beschwerde nur zwischen dem Beschwerdeführer und den Kantonen Solothurn und Freiburg für das Steuerjahr 1967 Recht schafft. 2. Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass die Kropf & Cie eine nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft im Sinne des Art. 553 OR bildet. Diese Auffassung ist zutreffend. Die Kropf & Cie befasst sich ausschliesslich mit der Verwaltung des Vermögens ihrer Gesellschafter, das etwa zur Hälfte aus zwei Beteiligungen und zur Hälfte aus Wertschriften besteht. Die Verwaltung gemeinsamen Vermögens gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 79 I 60 E. 1c, BGE 55 I 394 ) auch dann nicht als kaufmännisches Gewerbe, wenn das Vermögen beträchtlich ist und die Geschäftsführung über den Rahmen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinausgeht. Dabei bleibt es nach dieser Rechtsprechung selbst dann, wenn die Vermögensverwaltung einen stark spekulativen und sogar bankähnlichen Charakter annimmt, solange kein eigentlicher Kundenverkehr vorhanden ist. 3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Geschäftsvermögen und Geschäftsgewinn der Kollektivwie der Kommanditgesellschaft am Sitze der Gesellschaft (und an allfälligen Betriebsstätten) zu versteuern und ist es bundesrechtlich unzulässig, die einzelnen Gesellschafter für ihren Anteil an ihrem Wohnsitz zu besteuern (LOCHER a.a.O. § 8 IV A 1 und § 8 IV B 1; BGE 80 I 22 E. 1, BGE 93 I 544 E. 1). In allen Fällen, wo nach diesem Grundsatz entschieden wurde, handelte es sich indessen, auch wenn dies nicht ausdrücklich gesagt wurde, um kaufmännische Kollektiv- und Kommanditgesellschaften, die ihr Gewerbe am Orte des Sitzes in ständigen, ihrer Geschäftstätigkeit dienenden körperlichen Anlagen und Einrichtungen betrieben und so die wirtschaftliche Zugehörigkeit des Geschäfts zum Orte des Sitzes zum Ausdruck brachten. Mit der Frage des Steuerdomizils einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft hatte sich das Bundesgericht, soweit ersichtlich, einzig in BGE 55 I 389 ff. zu befassen. Die damals zu beurteilende Gesellschaft war, wie die Kropf & Cie, zur Verwaltung BGE 98 Ia 212 S. 218 eines gemeinsamen Familienvermögens gegründet worden, doch ging die von zwei Gesellschaftern besorgte Geschäftsführung, anders als bei der Kropf & Cie, über den Rahmen einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung hinaus und hatte einen stark spekulativen Charakter. Das Bundesgericht erklärte dort, eine solche Kollektivgesellschaft habe "ihren natürlichen Sitz (und damit das Steuerdomizil) am Wohnort der Gesellschafter, speziell der geschäftsführenden, dies namentlich dann, wenn wie hier alle Gesellschafter ihr Domizil am gleichen Orte haben". Offensichtlich im Hinblick auf diesen Satz vertritt die freiburg. Steuerverwaltung die Auffassung, das Steuerdomizil der Kropf & Cie habe sich im Jahre 1967 in Grenchen befunden, denn die Geschäfte derselben seien in Wirklichkeit nicht von den Gesellschaftern gemeinsam, sondern von Frau Bulletti-Kropf allein von deren Wohnsitz in Grenchen aus geführt worden. Selbst wenn diese vom Beschwerdeführer bestrittene Behauptung richtig sein sollte, könnte Grenchen nicht als Sitz und Steuerdomizil der Kropf & Cie gelten. Die in BGE 55 I 389 ff. beurteilte Kollektivgesellschaft unterscheidet sich auch abgesehen davon, dass dort alle Gesellschafter am gleichen Orte wohnten, in wesentlichen Punkten von der Kropf & Cie. In jenem Falle handelte es sich um eine stark spekulative Verwaltung, welche einen offenbar nicht unbeträchtlichen Teil der Arbeitszeit der beiden geschäftsführenden Gesellschafter in Anspruch nahm, und überdies stand der Gesellschaft für die untergeordneten Arbeiten ein ständiger Angestellter zur Verfügung, der täglich mehrere Stunden für sie tätig war. Bei der Kropf & Cie dagegen handelt es sich um eine gewöhnliche Vermögensverwaltung. Entscheidungen der Gesellschafter über die Geschäftsführung waren nach den unbestrittenen Angaben des Beschwerdeführers in der Zeit um 1967 verhältnismässig selten zu treffen und erforderten nur wenige Zusammenkünfte der Gesellschafter im Jahr, während ihre Bücher vom Vizedirektor einer Treuhandgesellschaft geführt wurden, der dafür, wie im Einspracheentscheid der Steuerkommission Grenchen ausgeführt und vom Beschwerdeführer nicht bestritten wurde, im Jahre 1967 ein Honorar von nur Fr. 1150.-- bezog. Bei einer nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft, deren Tätigkeit sich dergestalt in einer gewöhnlichen Vermögensverwaltung erschöpft, rechtfertigt es sich nicht, ein besonderers BGE 98 Ia 212 S. 219 Steuerdomizil anzunehmen, sondern sind die Anteile am Vermögen und Ertrag von den einzelnen Gesellschaftern an deren Wohnsitz zu besteuern. Aus den für die Abgrenzung der Steuerhoheit massgebenden Gesichtspunkten besteht kein wesentlicher Unterschied zwischen einer solchen Kollektivgesellschaft und einem Gesamthandverhältnis wie der Erbengemeinschaft oder der einfachen Gesellschaft. Das bewegliche Vermögen einer Erbengemeinschaft ist nach feststehender Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht am letzten Wohnsitz des Erblassers, sondern am Wohnsitz der einzelnen Erben im Verhältnis ihrer Erbquote zu besteuern (LOCHER a.a.O. § 4 III Nr. 1-6). Und für die einfache Gesellschaft hat das Bundesgericht ein besonderes Steuerdomizil nur angenommen, wenn sie ein Geschäft betrieb und ständige Anlagen und Einrichtungen besass, die dem Geschäftsbetrieb dienten ( BGE 48 I 408 , BGE 66 I 154 , LOCHER a.a.O. § 8 IV C Nr. 2, 3 und 7). Im vorliegenden Falle fehlt ein Geschäftsbetrieb und bestehen dementsprechend auch keine ständigen körperlichen Anlagen und Einrichtungen, die einem solchen Betrieb dienen. Der Ort, wo die Gesellschafter gelegentlich zusammenkommen und sich beraten lassen und wo sie - ohne hiezu verpflichtet zu sein ( BGE 79 I 61 ) - Bücher führen lassen, begründet kein Steuerdomizil (vgl. BGE 55 I 395 /96). Die Gesellschafter der Kropf & Cie hätten sich für die gemeinsame Verwaltung ihres Familienvermögens ebenso gut zu einer einfachen Gesellschaft zusammenschliessen können. Von einer solchen unterscheidet sich die von ihnen gegründete nichtkaufmännische Kollektivgesellschaft lediglich dadurch, dass diese mit einer Firma im Handelsregister eingetragen ist und dass die Gesellschaft wie auch ihre Mitglieder der Konkursbetreibung unterliegen. Diese Unterschiede der nichtkaufmännischen Kollektivgesellschaft von einer einfachen Gesellschaft haben, wenn sich die Gesellschaftstätigkeit auf gewöhnliche Vermögensverwaltung beschränkt, so wenig praktische Bedeutung, dass sie eine verschiedene Behandlung hinsichtlich des Steuerdomizils nicht zu rechtfertigen vermögen. Die Anteile der Gesellschafter am Vermögen und Ertrag der Kropf & Cie sind daher, wie die Kantonale Rekurskommission Solothurn zu Recht angenommen hat, von den einzelnen Gesellschaftern an ihrem Wohnsitz zu versteuern. Ist die Beschwerde schon aus diesem Grunde abzuweisen, soweit sie sich gegen den Kanton Solothurn richtet, so braucht BGE 98 Ia 212 S. 220 nicht geprüft zu werden, ob mit der Wahl des Gesellschaftssitzes in Freiburg eine Steuerumgehung beabsichtigt war und ob die Voraussetzungen einer solchen vorlagen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 106 Ia 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Januar 1980 i.S. Waeber gegen Kantonsschule Reussbühl und Erziehungsrat des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; kantonales Beschwerdeverfahren. Eine kantonale Rechtsmittelbehörde, die nach der gesetzlichen Ordnung freie Überprüfungsbefugnis hat, kann ihre Kognition ohne Verstoss gegen Art. 4 BV auf das Vorliegen von Willkür beschränken, wenn sie über die Bewertung von Examensleistungen zu entscheiden hat. Anders verhält es sich, wenn die Auslegung und Anwendung von Rechtssätzen streitig ist oder Verfahrensmängel gerügt worden sind.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 106 Ia 1 S. 1 Irene Waeber besuchte im Schuljahr 1978/79 die sechste Klasse des Literaturgymnasiums der Kantonsschule Reussbühl. Die Klassenkonferenz beschloss am Ende des Schuljahres, sie wegen ungenügender Leistungen nicht in die Maturitätsklasse zu versetzen. Die beim Erziehungsrat des Kantons Luzern erhobene Beschwerde blieb ohne Erfolg. Irene Waeber rügt mit staatsrechtlicher Beschwerde, der Erziehungsrat habe seine Kognition in unzulässiger Weise beschränkt. BGE 106 Ia 1 S. 2 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. (Ausführungen darüber, dass das luzernische Erziehungsgesetz gegen den Entscheid über die Nichtversetzung die Verwaltungsbeschwerde vorsieht. Mit diesem Rechtsmittel kann nach der Regelung des Verwaltungsrechtspflegegesetzes die unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts, unrichtige Rechtsanwendung und unrichtige Handhabung des Ermessens gerügt werden.) c) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Rechtsmittelbehörde, die nach der gesetzlichen Ordnung mit freier Prüfung zu entscheiden hat, ihre Kognition ohne Verstoss gegen Art. 4 BV einschränken kann, soweit die Natur der Streitsache einer unbeschränkten Nachprüfung der angefochtenen Verfügung entgegensteht ( BGE 99 Ia 590 E. 1). Das ist namentlich der Fall, wenn die Rechtsmittelbehörde die dem angefochtenen Entscheid zugrundeliegenden tatsächlichen Verhältnisse nicht in gleicher Weise wie die untere Instanz zu beurteilen vermag und es ihr deshalb verwehrt ist, ihr Ermessen an die Stelle desjenigen der unteren Instanz zu setzen. Wie das Bundesgericht bereits in BGE 99 Ia 590 E. 1 entschieden hat, kann die Rechtsmittelbehörde ihre Kognition ohne Verstoss gegen Art. 4 BV namentlich dann beschränken, wenn sie über die Bewertung von Examensleistungen zu befinden hat. Derartige Bewertungen sind kaum überprüfbar, weil der Rechtsmittelbehörde zumeist nicht alle massgebenden Faktoren der Bewertung bekannt sind. So ist es ihr in der Regel nicht möglich, sich über den im Unterricht vermittelten Stoff, die Gesamtheit der Leistungen des Beschwerdeführers in der Prüfung und die Leistungen der übrigen Kandidaten ein zuverlässiges Bild zu machen. Die Prüfungen haben darüber hinaus häufig Spezialgebiete zum Gegenstand, in denen die Rechtsmittelbehörde über keine eigenen Fachkenntnisse verfügt. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich für die Nachprüfung überdies dann, wenn Notengebungen zu beurteilen sind, die sich nicht ausschliesslich auf schriftliche, sondern auch auf mündliche Prüfungen beziehen oder wenn bei der Bewertung zu berücksichtigen ist, wie sich ein Schüler während einer längeren Zeitspanne am Unterricht beteiligt hat. Der massgebende Sachverhalt kann in diesen Fällen durch Beweiserhebungen der BGE 106 Ia 1 S. 3 Rechtsmittelbehörde nicht vollständig rekonstruiert werden. Eine freie Überprüfung der Notengebung ist daher schon aus diesem tatsächlichen Grunde ausgeschlossen. Wie das Bundesgericht unlängst dargetan hat, birgt die Abänderung einer Examensbewertung zudem die Gefahr neuer Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten gegenüber anderen Kandidaten in sich. Diese Gefahr besteht namentlich dann, wenn die Prüfung aufgrund des Rechtsmittelentscheids wiederholt werden muss, denn Examen lassen sich nicht unter völlig gleichen Bedingungen nochmals durchführen ( BGE 105 Ia 190 E. 2a). In der Schweiz herrscht daher ganz allgemein die Auffassung vor, dass die Bewertung von schulischen Leistungen von der Rechtsmittelbehörde nicht frei, sondern nur mit beschränkter Kognition zu überprüfen sei (vgl. IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. A., Nr. 66 B IIa, d, B Va, Nr. 67 B IIIc und dort angeführte Entscheide). Gleich verhält es sich in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. ERICHSEN/ MARTENS, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. A., S. 350 ff.; VON MÜNCH, Besonderes Verwaltungsrecht, 2. A., S. 592). Wenn die Beschränkung der Kognition nicht auf einer gesetzlichen Vorschrift beruht, so ist sie ohne Verstoss gegen Art. 4 BV jedoch nur hinsichtlich der eigentlichen Bewertung der erbrachten Leistungen zulässig. Soweit die Auslegung und Anwendung von Rechtsvorschriften streitig ist oder soweit Verfahrensmängel gerügt werden, hat die Rechtsmittelbehörde die erhobenen Einwendungen mit freier Kognition zu prüfen (vgl. auch PLOTKE, Probleme des Schulrechts, Prüfungen und Promotionen, Diss. Bern 1974, S. 354 ff.; ders. Schweizerisches Schulrecht, S. 495 ff.; MÜLLER, Schule und Schulbenützer, eine Untersuchung der gegenseitigen Beziehungen unter besonderer Berücksichtigung des aargauischen Rechts, Diss. Zürich 1978, S. 216 ff.). Auf Verfahrensfragen haben alle Einwendungen Bezug, die den äusseren Ablauf des Examens oder der Bewertung betreffen. Eine Verfahrensfrage betrifft auch die Einwendung, es sei bei der Notengebung in rechtsungleicher Weise von den Grundsätzen abgewichen worden, die der Examinator in allen andern Fällen befolgt habe. Prüft die Rechtsmittelbehörde derartige Einwendungen lediglich mit beschränkter Kognition, obwohl ihr nach der gesetzlichen Ordnung eine freie Prüfung obliegt, so begeht sie eine formelle Rechtsverweigerung. Das hat die Aufhebung ihres Entscheids zur Folge, BGE 106 Ia 1 S. 4 ohne dass zu untersuchen ist, ob er bei richtigem Vorgehen anders ausgefallen wäre. Beigefügt sei schliesslich, dass sich auch das Bundesgericht besondere Zurückhaltung auferlegt, wenn es auf staatsrechtliche Beschwerde hin die Bewertung von Examensleistungen zu beurteilen hat. Das Bundesgericht prüft bei solchen Beschwerden in erster Linie, ob das gesetzlich vorgeschriebene oder unmittelbar durch Art. 4 BV gewährleistete Prüfungsverfahren durchgeführt wurde und ob die kantonalen Rechtsmittelbehörden ihrer Kontrollpflicht in hinreichender Weise nachgekommen sind. Bezüglich der Bewertung von Examensleistungen prüft es lediglich, ob sich die entscheidenden Instanzen von sachfremden Erwägungen haben leiten lassen, so dass der Prüfungsentscheid unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten als nicht mehr vertretbar erscheint ( BGE 105 Ia 190 E. 2a).
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Urteilskopf 91 IV 141 38. Urteil des Kassationshofes vom 1. Oktober 1965 i.S. Kunz gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich.
Regeste Art. 32 Abs. 1 SVG . Geschwindigkeit. 1. Befugnis des Kassationshofes, die Angemessenheit einer Geschwindigkeit zu überprüfen; Grenzen dieser Prüfung (Erw. 1). 2. Bei städtischen Verkehrszentren, die an alle Fahrer besondere Anforderungen stellen, darf die Frage, welche Geschwindigkeit den Umständen angepasst sei, nicht nur vom Verhältnis zwischen einzelnen Fahrern (z.B. vom Vortritt) abhängig gemacht werden (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 91 IV 141 S. 141 A.- Kunz fuhr am Ostermontag 1964, um 17.35 Uhr, mit einem "Volkswagen" in Zürich von der Wipkingerbrücke her gegen den Escher Wyss-Platz. Auf diesem Platz treffen fünf grosse Verkehrsadern sternförmig zusammen, nämlich von Norden die von Kunz benützte Strasse, von Osten der Sihlquai und die Limmatstrasse, von Süden die Hardstrasse und von Westen die Hardturmstrasse. Dazu kommen verschiedene Linien der städtischen Verkehrs betriebe. BGE 91 IV 141 S. 142 Kunz, der den Platz in Richtung Hardstrasse überqueren wollte, fuhr nach der Brücke auf den innern von zwei Fahrstreifen, die rechts an der grossen Verkehrsinsel vorbeiführen. Auf dem äussern Streifen bewegte sich eine dichte Autokolonne, die in die Hardturmstrasse abbiegen wollte. Als Kunz sich mit etwas mehr als 40 km/Std. der Insel näherte, wurde sein Fahrzeug von einem Personenwagen "Ford Taunus", der vom Sihlquai herkam und von Margaret Schmid gesteuert war, seitlich gerammt. Es enstand beträchtlicher Sachschaden. B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich sprach am 11. Juni 1965 Kunz von der Anschuldigung der Verletzung des Art. 4 Abs. 1 VRV frei, erklärte ihn dagegen der Übertretung von Art. 32 Abs. 1 SVG schuldig und büsste ihn mit Fr. 20.-. C.- Kunz führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn freizusprechen. Er macht geltend, seine Geschwindigkeit könne nicht als übersetzt bezeichnet werden. D.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 32 Abs. 1 SVG ist die Geschwindigkeit stets den Umständen, insbesondere den Strassen- und Verkehrsverhältnissen anzupassen. Welche Geschwindigkeit jeweils als angemessen zu gelten hat, ist zwar eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüfen kann. Es ist aber zu bedenken, dass die Beantwortung der Frage weitgehend von der Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, die der kantonale Richter im allgemeinen aus eigener Wahrnehmung kennt. Auch muss diesem ein gewisses Ermessen eingeräumt werden, weil die Angemessenheit einer Fahrweise sich naturgemäss nicht genau feststellen, sondern bloss abschätzen lässt. Der Kassationshof weicht daher von der Ansicht der kantonalen Instanzen über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit einer Geschwindigkeit nur ab, wenn es sich aufdrängt ( BGE 89 IV 102 Erw. 2). 2. Das ist hier nicht der Fall. Der Beschwerdeführer bemerkte nach seinen eigenen Angaben gleich nach der Wipkingerbrücke, dass sich von links her ein Wagen seiner Fahrbahn näherte. Er glaubte zwar, die Lenkerin, Margaret Schmid, habe ihn gesehen und werde ihm den Vortritt lassen. Sicher war er dessen jedoch nicht, weil er, wie er selber sagt, der durch eine BGE 91 IV 141 S. 143 Begleitperson verdeckten Lenkerin nicht ins Gesicht habe sehen können und sie zudem immer weiter gefahren sei. Ob diese Unsicherheit den Beschwerdeführer hätte veranlassen sollen, langsamer zu fahren, kann dahingestellt bleiben. Die Vorinstanz macht ihm deswegen keinen Vorwurf, sondern übergeht die Frage, weil sie der Auffassung ist, dass er seine Geschwindigkeit schon im Hinblick auf die ungünstigen Strassen- und Verkehrsverhältnisse am Escher Wyss-Platz hätte mässigen sollen. Diese Betrachtungsweise ist nicht abwegig. Gerade in Fällen wie dem vorliegenden muss der Richter, dem umfassenden Charakter des Art. 32 Abs. 1 SVG entsprechend, die gesamten Umstände im Auge behalten, darf die Frage nach der angemessenen Geschwindigkeit folglich nicht nur vom Verhältnis zwischen einzelnen Fahrern (z.B. vom Vortritt) abhängig machen. Das ist denn auch der Sinn des angefochtenen Urteils. Es kann nur dahin verstanden werden, dass der Escher Wyss-Platz an alle Fahrer besondere Anforderungen stelle und dass deshalb jeder mit Rücksicht auf die erhöhten Schwierigkeiten der andern vorsichtig fahren müsse, auch der Vortrittsberechtigte. Die Schwierigkeiten ergeben sich vor allem daraus, dass dort fünf grosse Verkehrsadern und zudem mehrere Linien der städtischen Verkehrsbetriebe zusammentreffen. Die Gefahren, die sich aus einer solchen Häufung von Verkehrswegen auf gleicher Ebene ergeben, waren zur Zeit der Tat besonders gross, da nach den Zeugenaussagen sehr starker Verkehr herrschte. Angesichts dieser Umstände durfte die Vorinstanz mit guten Gründen sagen, der Beschwerdeführer habe Art. 32 Abs. 1 SVG schon dadurch verletzt, dass er mit einer Geschwindigkeit von über 40 km/Std. auf den Platz gefahren sei. Dass er sich in einer lockeren Kolonne befand, lässt sein Verschulden wohl als milder erscheinen, enthob ihn jedoch sowenig wie alle andern der Pflicht, seine Fahrweise den besonders schwierigen Verhältnissen auf dem Escher Wyss-Platz anzupassen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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1,965
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88bf5c8e-e201-410a-9440-27d06657b304
Urteilskopf 90 I 128 20. Auszug aus dem Urteil vom 19. Juni 1964 i.S. Dezuari gegen Regierungsrat des Kantons Bern.
Regeste Schwcizerbürgerrecht: Status des ausserehelichen Kindes eincr schweizerischen Mutter, das vom Vater, einem tunesischen Staatsangehörigen, anerkannt und dann durch die Eheschliessung des Vaters mit der Mutter legitimiert worden ist.
Sachverhalt ab Seite 128 BGE 90 I 128 S. 128 Aus dem Tatbestand: A.- Der Beschwerdeführer Ernest Mosché Dezuari wurde am 25. November 1932 in Tunis als aussereheliches Kind der Marie Egger von Aarwangen geboren. Er wurde BGE 90 I 128 S. 129 in Tunis am 5. Dezember 1932 von seinem dort geborenen natürlichen Vater Léon Dezuari anerkannt. Am 18. Dezember 1934 schlossen seine Eltern in Aarwangen die Ehe und wurde er legitimiert. Am 30. Juli 1945 wurde die Ehe Dezuari in Tunis geschieden; die Kinder wurden der Mutter zugesprochen. Im Sommer 1946 kehrte die Mutter mit den Kindern in die Schweiz zurück. Sie wollte die Kinder hier einbürgern lassen; doch kam das Verfahren nicht in Gang, weil die Kinder keine rechtsgültigen Schriften besassen. Der Beschwerdeführer besuchte die Sekundarschule in Wynau, erlernte in Roggwil den Beruf eines Bauzeichners und erwarb am Technikum Burgdorf das Diplom für Hochbau. Seit 1958 ist er in Tunis als Architekt tätig. Er hat dort neue Schriften als tunesischer Bürger erhalten. Nachdem er am 21. Oktober 1958 ein Gesuch um Erteilung des Schweizerbürgerrechtes an den Gemeinderat Wynau gerichtet hatte, ersuchte er am 18. August 1962 den bernischen Regierungsrat um die Feststellung, dass er das durch die Geburt erworbene Bürgerrecht von Aarwangen - und damit das Bürgerrecht des Kantons Bern und das Schweizerbürgerrecht - noch besitze. Mit Entscheid vom 6. März 1964 hat der Regierungsrat das Gesuch abgewiesen und festgestellt, dass der Beschwerdeführer das Schweizerbürgerrecht nicht besitze. Er führt aus, der Beschwerdeführer habe zwar als ausserehelicher Sohn der Marie Egger gemäss Art. 324 ZGB dieses Bürgerrecht erworben; durch die Legitimierung habe er es aber nach Art. 270 ZGB wieder verloren, da sein Vater und er in Tunesien geboren seien und er deshalb gemäss dem Décret Beylical vom 8. November 1921 tunesischer Staatsangehöriger sei. B.- Gegen diesen Entscheid erhebt Dezuari Verwaltungsgerichtsbeschwerde, mit der er das gegenüber dem Regierungsrat gestellte Begehren erneuert. Er macht geltend, er habe das Schweizerbürgerrecht, das er durch die Geburt erworben habe, nicht verloren, auch wenn er infolge der Heirat der Eltern "protégé français, tunisien" geworden sei. BGE 90 I 128 S. 130 C.- Der Regierungsrat des Kantons Bern und das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht folgt diesem Antrag. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer hat das ursprünglich bei der Gemeinde Wynau gestellte Gesuch um Einbürgerung fallen lassen und im Verfahren nach Art. 49 des Bundesgesetzes über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts vom 29. September 1952 die Feststellung verlangt, dass er das Schweizerbürgerrecht besitze. Der in diesem Verfahren vom Regierungsrat des Kantons Bern getroffene Entscheid unterliegt gemäss Art. 50 Abs. 1 Ziff. 2 lit. c des genannten Gesetzes der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. 2. Art. 57 Abs. 2 desselben Gesetzes bestimmt, dass Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts von Gesetzes wegen sich nach dem bei Eintritt des massgebenden Tatbestandes geltenden Recht richten. Da es hier um die Wirkungen der am 25. November 1932 erfolgten ausserehelichen Geburt des Beschwerdeführers, seiner am 5. Dezember 1932 ausgesprochenen Anerkennung durch den Vater und seiner Legitimation durch die am 18. Dezember 1934 geschlossene Ehe seiner Eltern geht, sind die damals gültigen Regeln anwendbar, also - neben den in erster Linie für die internen schweizerischen Verhältnisse aufgestellten Vorschriften des ZGB - die durch die Rechtsprechung des Bundesgerichts herausgearbeiteten Grundsätze für das internationale Verhältnis, die im wesentlichen auf der entsprechenden Anwendung des ZGB und auf den Prinzipien der Einheit der Familie und der Vermeidung von Heimatlosigkeit beruhen. Danach erwarben die ausserehelichen Kinder - entsprechend der internen Regelung der Art. 324 und 325 ZGB - die Heimatangehörigkeit der Mutter, ausser wenn sie infolge freiwilliger Anerkennung oder Zusprechung mit Standesfolge diejenige des Vaters erhielten ( BGE 54 I 232 Erw. 3; SAUSER-HALL, La nationalité en BGE 90 I 128 S. 131 droit suisse, S. 7). Heiraten die Eltern eines ausserehelichen Kindes einander, so wird dieses gemäss Art. 258 und 270 ZBG von Gesetzes wegen ehelich und erhält das Bürgerrecht des Vaters; damit verliert es das bisherige Bürgerrecht der Mutter (die ja selbst ebenfalls ihre Heimatangehörigkeit wechselt) (SAUSER-HALL, a.a.O., S. 6). Im internationalen Verhältnis galt schon in der hier in Frage stehenden Zeit die gleiche Regel mit der Einschränkung, dass der Verlust des Schweizerbürgerrechts für Mutter und Kind nur eintrat, wenn diese dadurch nicht heimatlos wurden, d.h. wenn sie die Staatsangehörigkeit des Ehemannes bzw. Vaters erwarben oder erwerben konnten ( BGE 83 I 59 ; dieser Entscheid wurde in Anwendung des Art. 5 des BRB vom 11. November 1941 über Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts gefällt, stellt aber ausdrücklich fest, dass damit nur die schon vorher gültige Ordnung sanktioniert wurde). 3. Es steht fest, dass der Beschwerdeführer am 25. November 1932 von der Schweizerbürgerin Marie Egger ausserehelich geboren wurde und in diesem Zeitpunkt weder von seinem Vater anerkannt noch diesem mit Standesfolge zugesprochen war. Er erwarb deshalb - was unbestritten ist - mit der Geburt des Schweizerbürgerrecht. Es steht jedoch ebenfalls fest, dass er schon zehn Tage später von seinem Vater anerkannt wurde. Dass er durch diese Anerkennung nicht nur den Familiennamen, sondern auch die Staatsangehörigkeit des Vaters erhielt, ergibt sich aus dem Décret Beylical vom 8. November 1921 (wird näher ausgeführt). Mit dem Erwerb der tunesischen Staatsangehörigkeit infolge der Anerkennung durch den Vater verlor der Beschwerdeführer automatisch das bis dahin besessene Schweizerbürgerrecht, das er ja nur erhalten hatte, weil er sonst heimatlos geworden wäre. Art. 5 Abs. 4 des BRB vom 11. November 1941 schrieb den Verlust des Schweizerbürgerrechts ausdrücklich vor für das eheliche Kind einer Schweizerin, welches dasselbe aus dem gleichen Grunde BGE 90 I 128 S. 132 mit der Geburt erhalten hatte - und zwar nicht nur für den Fall des Erwerbs der Staatsangehörigkeit des Vaters, sondern sogar irgend einer ausländischen Staatsangehörigkeit; auch damit bestätigte die Bestimmung lediglich die schon vorher gültige Ordnung, mindestens soweit es sich um die Staatsangehörigkeit des Vaters handelte. Das Gleiche muss auch gelten für den Fall der Anerkennung eines ausserehelichen Kindes, wodurch dieses die Staatsangehörigkeit des Vaters erwarb. Haben doch auch im innerschweizerischen Verhältnis die Anerkennung und die Zusprechung mit Standesfolge diese Wirkung. Zwar sagt Art. 325 Abs. 1 ZGB nur, das Kind erhalte die Heimatangehörigkeit des Vaters; doch gilt als selbstverständlich, dass es damit zugleich das mit der Geburt erworbene Bürgerrecht der Mutter verliert (Kommentare EGGER, N. 7, und SILBERNAGEL, N. 12 zu Art. 325 ZGB ). EGGER stellt diese Folge ausdrücklich auch für das internationale Verhältnis fest, unter Vorbehalt des - hier nicht gegebenen - Falles, dass das Kind durch den Verlust des mütterlichen Bürgerrechts heimatlos würde. Der Beschwerdeführer hat somit das Schweizerbürgerrecht nur während der zehn Tage von seiner Geburt bis zu seiner Anerkennung durch den Vater besessen. Selbst wenn angenommen würde, die Anerkennung habe dessen Verlust nicht bewirkt, so hätte doch die nachfolgende Legitimation des Beschwerdeführers durch die Eheschliessung zwischen seinen Eltern diese Folge gehabt, weil er dadurch zu einem ehelichen Kinde wurde und die auf solche bezüglichen Regeln auf ihn anwendbar waren. (Für diesen Fall sieht sogar das weniger strenge Bürgerrechtsgesetz vom 29. September 1952 in Art. 8 Abs. 1 den Verlust ausdrücklich vor, sofern das Kind die Staatsangehörigkeit des Vaters erwirbt oder bereits besitzt, ohne Rücksicht darauf, ob auch die Mutter dieselbe durch die Heirat erlangt.) Nach schweizerischem Recht folgen die ehelichen Kinder, wenn die Einheit des Bürgerrechts der Familie wegen Verschiedenheit der Staatsangehörigkeit der Eltern nicht verwirklicht werden kann, dem Bürgerrecht des Vaters; nur BGE 90 I 128 S. 133 wenn sie das nach dessen ausländischem Heimatrecht nicht können und deshalb sonst heimatlos würden, erwerben bzw. behalten sie das Schweizerbürgerrecht der Mutter.
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Urteilskopf 80 II 102 16. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. Mai 1954 i.S. Städeli gegen Weber.
Regeste Die Entschädigung an den schuldlos geschiedenen Ehegatten ( Art. 151 Abs. 1 ZGB ) kann, wo besondere Gründe es rechtfertigen, in einer Sachleistung (hier: Übertragung einer Liegenschaft) bestehen.
Sachverhalt ab Seite 102 BGE 80 II 102 S. 102 Aus dem Tatbestand: A.- Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Ehe der Parteien auf Klage der Ehefrau geschieden, ihr die BGE 80 II 102 S. 103 drei der Ehe entsprossenen Kinder zugewiesen und eine Entschädigung im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB für den Wegfall des ehelichen Unterhaltsanspruchs zuerkannt. Laut Disp. 9 des obergerichtlichen Urteils hat der Ehemann diese Entschädigung durch Übereignung der Liegenschaft am Fuchsrain samt Vieh und landwirtschaftlichen Gerätschaften (gemäss genauem Verzeichnis) zu leisten, während die Ehefrau laut Disp. 10 verpflichtet ist, die auf der Liegenschaft lastende Schuld von Fr. 28'000.-- aus einem Schuldbrief zu übernehmen. B.- Gegen Disp. 9 des obergerichtlichen Urteils hat der Beklagte Berufung an das Bundesgericht eingelegt, mit dem Antrag, die ihm auferlegte Verpflichtung, die Ehefrau durch Übertragung der erwähnten Liegenschaft mit lebendem und totem Inventar zu entschädigen, sei aufzuheben. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Dass er der Klägerin als schuldloser Ehegattin eine Entschädigung nach Art. 151 Abs. 1 ZGB zu leisten hat, bestreitet der Beklagte nicht mehr. Er hält jedoch eine Geldzahlung (Kapital oder Rente) für die einzige zulässige Form einer solchen Entschädigung; zur Übereignung von Sachen, namentlich eines Grundstücks, dürfe der schuldige Ehegatte nicht verpflichtet werden. Er beruft sich auf BGE 78 II 302 ff., wonach dem Ehemann als Ersatz für nicht mehr vorhandenes Frauengut bei Scheidung der Ehe niemals die Übertragung von Gegenständen seiner Errungenschaft auf die Ehefrau obliegt. Eine Sachleistung ist nach seiner Ansicht noch weniger am Platze als Entschädigung im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB ; denn dabei handle es sich nicht einmal um Ersatz für einen von der Ehefrau eingebrachten und nicht mehr vorhandenen Sachwert, sondern um einen wertmässigen und daher in Geld zuzusprechenden Ersatz für die durch die Ehescheidung beeinträchtigten Vermögensrechte und Anwartschaften des schuldlosen Ehegatten insgesamt. Die besondere Natur dieses familienrechtlichen Anspruchs schliesse die dem BGE 80 II 102 S. 104 angefochtenen Urteil zugrunde liegende analoge Anwendung von Art. 43 OR aus, wonach der Richter (bei unerlaubten Handlungen) "Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden" zu bestimmen hat und somit unter Umständen Natural- statt Geldersatz gewähren kann. Diese Betrachtungsweise wird dem vorliegenden Falle nicht gerecht. Gewiss ist eine Entschädigung im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB gewöhnlich in Geld zu gewähren. Als allgemeiner Wertmesser ist das Geld die übliche Form der Entschädigung (auch in andern Rechtsgebieten) geworden. Nicht nur lässt sich die Höhe der Entschädigung am leichtesten in Geld bestimmen; dem Berechtigten ist in den meisten Fällen an einer Geldleistung gelegen, die er nach Belieben verwenden kann, und dem Verpflichteten ist, von Ausnahmefällen abgesehen, eine Geldleistung am ehesten zumutbar. Verfügt er nicht über den erforderlichen Betrag, so kann er sich ihn durch Veräusserung von Vermögensstücken beschaffen. Besondere Gründe können aber eine Sachleistung, wenn der Berechtigte sie verlangt, als gerechtfertigt und dem Verpflichteten als zumutbar erscheinen lassen. Dass Art. 151 Abs. 1 ZGB eine solche Art der Entschädigung überhaupt ausschliesse, ist dem Beklagten nicht zuzugeben. Dem Begriff der Entschädigung entspricht nach landläufigem Sprachgebrauche wie die Geldso auch die Naturalentschädigung. Als "angemessene Entschädigung" lässt sich somit zwanglos auch eine den Verhältnissen angemessene Sachleistung betrachten. Nichts verbietet es, diesen weiten Begriff der Entschädigung anzuwenden, zumal Abs. 1 von Art. 151 ZGB nicht wie Abs. 2 (für die Genugtuung) ausdrücklich nur Geldzahlung vorsieht. Ganz anderer Natur ist die auf Wertersatz in Geld gehende, nur unter besondern Voraussetzungen fällige und (zumal durch Anschlusspfändung oder Konkurseingabe) geltend zu machende Forderung für nicht mehr (auch nicht in Ersatzstücken) vorhandenes oder dem Ehemanne nach Art. 199 ZGB überlassenes Frauengut. Daraus, dass an deren Stelle nicht Sachleistungen verlangt werden können, BGE 80 II 102 S. 105 wie in BGE 78 II 302 entschieden, folgt nichts gegen jene weite Auslegung von Art. 151 Abs. 1 ZGB . Entspricht aber die Möglichkeit der Zuerkennung einer Sachleistung bei besondern Umständen schon dem Begriff der Entschädigung, so bedarf es nicht der analogen Anwendung von Art. 43 OR , der immerhin geeignet ist, jene Auslegung zu unterstützen; denn Entschädigung ist dasselbe wie Schadenersatz, jedenfalls nicht als engerer Begriff zu verstehen (das Gesetz selbst vermengt die beiden Begriffe, indem die Randtitel der Art. 43 und 44 OR "indemnité" für "dommages-intérêts" sagen). Auch "familienrechtliches Denken" führt nicht zu engerer Auslegung von Art. 151 Abs. 1 ZGB . Der schuldlose Ehegatte verliert unter Umständen durch die Ehescheidung seine wirtschaftliche Existenz, und es kann die ihm dafür gebührende Entschädigung je nach den beidseitigen Vermögensverhältnissen in angemessenster Weise durch eine Sachleistung bewirkt werden. Bei der Beurteilung der nähern Voraussetzungen hiefür ist nicht massgebend, in welcher Weise der hier eben nicht anwendbare Art. 43 OR bei unerlaubten Handlungen ausgelegt zu werden pflegt (wobei einzelne Autoren Naturalersatz grundsätzlich nur bei Sachschaden in Betracht ziehen; vgl. OFTINGER, Haftpflichtrecht I 39; ähnlich OSER-SCHÖNENBERGER, N. 9 und 10 zu Art. 43 OR ). Gerade weil es mitunter gilt, dem schuldlosen Ehegatten eine Existenzgrundlage zu bieten, ist eine Verpflichtung, ihm liegendes Gut zu übertragen, nicht ausgeschlossen (was auch GMÜR, N. 13 zu Art. 151, annimmt, während EGGER, N. 8 daselbst, hauptsächlich Hausrat ins Auge fasst; vgl. ferner SJZ 17 S. 266 N. 199 und BlZR 29 N. 149). 2. Die Klägerin hat ein ausgeprägtes Interesse, mit den drei Kindern auf dem Heimwesen zu bleiben. Der Beklagte erwarb es im Jahre 1939, überliess aber die Bewirtschaftung zum grössten Teile der Ehefrau. Diese ist eine Bauerntochter und hat die landwirtschaftlichen Arbeiten all die Jahre hindurch eifrig und tüchtig besorgt. Der Beklagte ist nicht Landwirt, sondern gelernter Schmied BGE 80 II 102 S. 106 und jetzt Heizungsmonteur. Auf das Gütchen ist er nicht angewiesen und vermöchte sich daraus auch kein genügendes Auskommen zu verschaffen. Unter diesen Umständen erscheint das Begehren der Klägerin als begründet und diese Sachleistung als dem Beklagten zumutbar, sofern sie dem Werte nach angemessen ist. Er läuft nicht etwa Gefahr, als Schuldner des auf der Liegenschaft lastenden, auf die Klägerin als neue Schuldnerin zu übertragenden Schuldbriefs von Fr. 28'000.-- beibehalten zu werden. Die Schuldbriefgläubigerin hat der Schuldübernahme durch die Klägerin mit Entlassung des Beklagten als Schuldner zum voraus zugestimmt. Es liegt im Sinne des Familienschutzes, den drei Kindern das Heim zu erhalten, wo sie bisher aufgewachsen sind. Die Möglichkeit, dass unter Umständen jemand anders als sie nach bäuerlichem Erbrecht das Heimwesen erwerben kann (nämlich ein Kind aus allfälliger späterer Ehe der Klägerin), muss mit in Kauf genommen werden. 3. Die in Frage stehende Sachleistung ist nicht deshalb unzulässig, weil sie andern Gläubigern des Ehemannes nachteilig sein könnte. Das Obergericht hat zutreffend keinen Eigentumsübergang verfügt, sondern nur eine Verpflichtung ausgesprochen (vgl. BGE 50 II 381 Erw. 5), die auf gleicher Linie wie Geldschulden steht und somit die Ehefrau nicht vor Geldgläubigern begünstigt. Sollte sie vor andern Verpflichtungen erfüllt werden, so kann sich die Frage erheben, ob die Erfüllung nach Art. 288 SchKG anfechtbar oder ein anderer Rechtsbehelf zum Schutz anderer Gläubiger gegeben sei. Der Entschädigungsanspruch als solcher besteht aber zu Recht, so wie er vom Richter geschützt wird, sei es im Sinn einer Geldforderung oder eines Anspruches auf Sachleistung. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 7. Dezember 1953, soweit es angefochten ist, bestätigt.
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Urteilskopf 115 Ib 216 31. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 13 septembre 1989 dans la cause Y. contre Commission fédérale des recours en matière de douane et contre Commission fédérale de recours de l'alcool (recours de droit administratif)
Regeste Verwaltungsstrafrecht; solidarische Mithaftung des Dritten gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR . Verfahrensgarantien während der Untersuchung; Art. 32 ff. VStrR . Indem die Verwaltungsbehörden mit einer Feststellungsverfügung die Höhe der hinterzogenen Abgaben festsetzen, für welche ein Beschuldigter einzustehen hat, bestimmen sie die Höchstgrenzen, innerhalb welchen die Strafbehörden über die Solidarhaftung des Betroffenen gemäss Art. 12 Abs. 3 VStrR entscheiden können (E. 3). Im Rahmen des Feststellungsverfahrens kann die Verwaltungsbehörde die Untersuchungen betreffend die hinterzogenen Abgaben - sogar von Amtes wegen - wieder aufnehmen (E. 5a). Beschwerdeverfahren nach Art. 27 VStrR (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 217 BGE 115 Ib 216 S. 217 Le 19 juin 1970, la compagnie aérienne X. a reçu de la Direction générale des douanes une autorisation d'exploiter un port-franc annexe a l'aéroport de Genève-Cointrin. Lors d'un contrôle, il est apparu que des employés de cette société importaient en fraude des marchandises non dédouanées sur territoire suisse pour leur propre compte ou sur ordre de la direction. Dans ce dernier cas, les marchandises étaient consommées au profit exclusif de la société. L'enquête a permis de déterminer que le montant total des droits d'entrée éludés par ces manoeuvres s'élève à 204'804 fr. 15 et comprend 16'874 fr. 15 de droits de douane, 5'104 fr. 60 de droits de statistique, 14'205 fr. 30 d'impôt sur le chiffre d'affaires, 15'351 fr. 15 d'impôt sur le tabac et 153'268 fr. 35 de droits de monopole. Se fondant sur les résultats de l'enquête confiée à ses services, la Direction du VIe arrondissement des douanes a rendu, le 7 avril 1981, une décision d'assujettissement visant spécialement Y., qui avait exercé la fonction d'administrateur et de directeur général de la compagnie aérienne de juin 1966 à janvier 1978. L'autorité douanière lui a réclamé le paiement d'une somme de 193'751 fr. 70 pour sa participation aux importations frauduleuses. Cette somme comprend 16'477 fr. 70 de droit de douane, 4'812 fr. 15 de droits de statistique, 15'141 fr. 70 de droits sur le tabac et 143'926 fr. 60 de droits de monopole. La société et les autres personnes physiques impliquées dans l'affaire ont fait l'objet de décisions d'assujettissement séparées. De plus, sur le plan pénal, un mandat de répression établi le 3 mars 1986 par la Régie fédérale des alcools a été notifié à Y. le condamnant à une amende de 70'000 francs pour avoir soustrait des droits de monopole en qualité de coauteur. Cette procédure est actuellement suspendue. La décision d'assujettissement du 7 avril 1981 a fait l'objet de deux procédures parallèles, l'une devant la Régie fédérale des alcools, puis devant la Commission fédérale de recours de l'alcool pour ce qui concerne les droits de monopole, l'autre devant la Direction générale des douanes, puis devant la Commission de recours en matière de douane pour ce qui a trait aux autres redevances. BGE 115 Ib 216 S. 218 Statuant respectivement le 17 mars 1989 et le 18 mars 1988, les deux commissions de recours ont rejeté les recours interjetés par Y. en constatant en substance que la décision attaquée est une simple décision de constat et que l'existence de la créance est subordonnée à la condition qu'un jugement entré en force et exécutoire reconnaisse le recourant coupable d'infraction intentionnelle ou de participation à une infraction aux législations applicables. Elles ne se sont pas prononcées sur la responsabilité solidaire du recourant selon l' art. 12 al. 3 DPA (DPA; RS 313.0) dans la mesure où ces questions relèvent, à leur avis, de la seule compétence du juge pénal. Par deux recours de droit administratif distincts, Y. a demandé au Tribunal fédéral d'annuler les décisions des commissions de recours. En particulier, il conteste dans son mémoire la compétence des autorités intimées pour fixer à sa charge une quote-part des importations frauduleuses ainsi que la quantité totale de ces importations. Selon lui, seules les autorités pénales seraient éventuellement habilitées à statuer sur ces questions. Il se plaint par ailleurs du rejet d'une requête en complément d'enquête, d'une constatation inexacte des faits ainsi que de la violation de l' art. 18 PA qui lui donnait, à son avis, le droit d'assister à l'audition des témoins pendant la procédure d'enquête et de poser des questions complémentaires. Prononçant la jonction des causes, le Tribunal fédéral a rejeté les deux recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Le recourant conteste tout d'abord aux autorités attaquées la compétence de rendre une décision constatatoire fixant la part des droits éludés par la compagnie aérienne dont il pourrait répondre solidairement en vertu de l' art. 12 al. 3 DPA ; selon le recourant, cette part ne pourrait être déterminée, le cas échéant, que dans le cadre de la procédure pénale. a) La loi fédérale sur le droit pénal administratif distingue entre deux genres de décisions susceptibles d'être prises par l'administration; elle prévoit d'une part la procédure d'assujettissement à une prestation ou à une restitution ( art. 63 DPA ) et d'autre part la procédure pénale caractérisée par l'émission d'un mandat de répression ( art. 62 DPA ) et la possibilité de déférer la décision devant une juridiction pénale ( art. 73 ss DPA ). BGE 115 Ib 216 S. 219 En vertu des art. 64 al. 1 et 79 al. 1 DPA, il incombe à l'autorité pénale - administrative ou éventuellement judiciaire - de déterminer la responsabilité du tiers selon l' art. 12 al. 3 DPA ; dans la mesure où cette dernière disposition subordonne l'assujettissement solidaire à la prestation à la condition que le tiers ait commis intentionnellement l'infraction ou y ait participé, ces questions échappent à l'autorité administrative chargée de se prononcer sur l'assujetissement. Celle-ci doit se limiter à fixer les droits objectivement éludés sous réserve d'une décision ou d'un jugement pénal reconnaissant la responsabilité du tiers ( ATF 114 Ib 99 /100). Aussi, plutôt que de se caractériser comme une décision d'assujettissement susceptible de faire l'objet d'une mesure d'exécution (cf. art. 12 al. 1 et 2 DPA ), la décision en cause devient une simple décision de constat au sens de l'art. 124 al. 2 de l'ordonnance relative à la loi sur les douanes (OLD; RS 631.01) - applicable aux droits de monopole par le renvoi de l'art. 34 al. 2 de la loi fédérale sur l'alcool - et sert à déterminer les limites de la procédure pénale en établissant les bases du calcul des redevances; à ce titre, elle doit indiquer les sortes de marchandises importées illégalement, leur quantité ainsi que le montant des droits d'entrée éludés qui résulte de l'application du tarif. b) Dans ce cadre, elle ne doit pas forcément se limiter, ainsi que conclut le recourant, à déterminer la quantité totale des marchandises illégalement importées et la somme globale des droits éludés en laissant à la charge de l'autorité pénale le soin de préciser la part afférente à chaque inculpé. Ayant à fixer le cadre dans lequel l'autorité pénale aura à statuer, il lui est loisible de restreindre d'emblée le champ d'investigation du juge pénal en limitant la liste des marchandises pour lesquelles une éventuelle culpabilité du prévenu entre en considération. Contrairement aux craintes du recourant, ce procédé ne préjuge en rien de l'activité des autorités pénales; il restreint simplement leur marge de manoeuvre aux importations illicites mentionnées dans la décision de constat. Dans ce sens, une décision ne mettant - sous réserve de condamnation pénale - qu'une part des droits éludés à la charge d'un prévenu constitue un avantage pour ce dernier puisque l'autorité pénale n'aura pas à se prononcer sur la culpabilité pour les importations non comprises dans cette quote-part. Par ailleurs, la décision de constat limitée à une quote-part de l'ensemble des marchandises importées en fraude et des droits éludés n'interdit pas aux autorités pénales de ramener à un niveau BGE 115 Ib 216 S. 220 inférieur les montants définitifs imputables à un contrevenant. En effet, la décision de constat établit le montant maximum que l'administration pourra éventuellement réclamer au tiers; l'autorité pénale pourra baisser cette somme selon ses constatations relatives à la culpabilité et les implications qu'elles peuvent avoir sur l'imputation au tiers de telle ou telle quantité de marchandises importées en fraude volontairement. Selon l'issue de la procédure pénale, les chiffres arrêtés dans la décision de constat seront plus ou moins modifiés à la baisse et seuls les montants ainsi déterminés pourront faire l'objet d'une procédure d'exécution. c) En l'occurrence, à défaut de précision sur les conséquences exactes que les autorités intimées attachent à leur décision, on doit admettre que, conformément à la loi, elles se sont strictement limitées à déterminer le montant maximum des droits éludés qui pourrait être réclamé au recourant pour le cas où sa pleine responsabilité au sens de l' art. 12 al. 3 DPA était reconnue dans le cadre d'une procédure pénale, telle qu'elle a été ouverte, pour les droits de monopole, par le mandat de répression du 3 mars 1986. Fixant ainsi le cadre de la procédure pénale, les deux Commissions fédérales de recours ont respecté la répartition des compétences organisée par la règle de l' art. 12 al. 3 DPA ; leurs décisions de constat ne préjugent en rien de la culpabilité du recourant, mais se bornent à fixer d'une manière objective la quotité maximale des droits susceptibles de lui être imputés, à titre solidaire, compte tenu de la période pendant laquelle il a exercé la fonction de directeur général, du montant total réclamé à la compagnie aérienne et des fraudes que d'autres employés ont avoué avoir commises à des fins privées et pour lesquelles la responsabilité du recourant n'entre visiblement pas en considération. Liées par ce maximum, les autorités pénales pourront éventuellement réduire la somme définitivement mise à la charge du recourant en fonction de sa culpabilité effective dans l'importation frauduleuse des marchandises mentionnées précisément dans les décisions de constat. Dans cette mesure, les critiques du recourant contestant la compétence des autorités intimées pour rendre les décisions querellées s'avèrent donc sans fondement. d) Peu importe, au demeurant, qu'en l'occurrence les décisions de constat au sens de l' art. 124 al. 2 OLD n'ont pas été rendues d'office par le fonctionnaire enquêteur, mais uniquement sur recours, par les autorités de première instance. Ayant des BGE 115 Ib 216 S. 221 compétences aussi étendues que la Direction du VIe arrondissement des douanes, la Régie fédérale des alcools et la Direction générale des douanes avaient le pouvoir de corriger valablement l'erreur affectant la décision de l'instance inférieure qui prononçait un assujettissement sans réserve de Y. e) Il convient en outre de remarquer qu'actuellement aucun mandat de répression n'a encore été décerné à l'encontre du recourant par les autorités douanières pour les éventuelles fraudes concernant les droits relevant de leur compétence. Cette situation est sans effet sur la validité de leur décision de constat. Alors même que l' art. 63 al. 2 DPA leur donnait la compétence de joindre mandat de répression et décision d'assujettissement - plus précisément de constat - dans une même décision, les autorités administratives douanières n'étaient pas tenues d'agir de la sorte; elles pouvaient sans autre attendre les résultats de la procédure relative à la constatation des montants éludés avant d'agir pénalement. Cela étant, elles ne pourront se dispenser d'engager la procédure pénale sous prétexte qu'une procédure identique a d'ores et déjà été introduite par la Régie fédérale des alcools. Si, dans le cas particulier, les mêmes agissements peuvent être constitutifs à la fois de délits à la législation douanière et à celle sur l'alcool, il n'en est pas toujours ainsi (cf. ATF 114 Ib 94 ss); chaque loi en cause régit un domaine spécial du droit administratif et possède des règles spécifiques dont on ne saurait exclure a priori l'application. Il ne suffit donc pas que le principe de la responsabilité d'un contrevenant soit, par hypothèse, reconnue au sens de l' art. 12 al. 3 DPA en matière de loi sur l'alcool pour considérer qu'une décision de constat en matière douanière soit exécutoire. Dans un pareil cas, il appartient à l'autorité douanière, puis éventuellement aux tribunaux pénaux, de se prononcer en détail - et dans les limites maximales fixées par la décision de constat - sur la culpabilité de l'intéressé pour ce qui a trait aux droits d'entrée autres que les droits de monopole. 5. Contestant la quantité totale des marchandises importées en fraude, le recourant fait valoir une constatation inexacte et incomplète des faits pertinents au sens de l' art. 104 let. b OJ . a) Dès lors que, dans le cadre de l' art. 12 al. 3 DPA , une décision de constat fixe les limites maximales de la procédure pénale et lie les autorités pénales sur les quantités objectivement importées - à charge pour elles de procéder à une appréciation de la responsabilité concrète du tiers dans l'importation BGE 115 Ib 216 S. 222 frauduleuse ainsi définie - (cf. consid. 3b), il ne saurait être question de renvoyer le recourant à agir devant ces autorités pour obtenir une éventuelle réouverture des enquêtes sur les quantités totales de marchandises à prendre en considération. S'il ne peut, en vertu de l' art. 61 al. 4 DPA , recourir directement contre le procès-verbal final, rien ne l'empêche, en revanche, de solliciter de nouvelles enquêtes dans le cadre de la procédure d'assujettissement (ou de constat) du moment que ces nouvelles mesures d'instruction se rapportent à cette procédure et non pas à l'aspect pénal du litige. Etablissant d'office les faits à la base de leur décision, les autorités administratives chargées de constater le montant des droits éludés ( art. 124 al. 2 OLD ) peuvent, dans les limites de leur compétence, se saisir de toute requête en complément d'enquête. En l'espèce, et contrairement à ce que prétend le recourant, les autorités intimées ne l'ont renvoyé devant les autorités pénales que sur les questions ressortant du mandat de répression; pour le reste, elles ont considéré que l'état de fait établi en première instance était complet et ne justifiait pas de nouvelles mesures d'instruction. Le refus d'ouvrir à nouveau les enquêtes sur les quantités de marchandises importées illégalement ne constitue donc pas un déni de justice, mais traduit simplement une appréciation de l'état de fait. b) (Lié par l' art. 105 al. 2 OJ , le Tribunal fédéral rejette les critiques portant sur l'établissement des faits de la cause.) 6. Restent les griefs du recourant visant le déroulement correct de la procédure d'enquête, en particulier le non-respect de son droit d'assister à l'audition des témoins et de poser les questions complémentaires tel qu'il serait garanti par l' art. 18 PA . a) La procédure d'enquête menée par l'administration est régie par les art. 32 ss DPA . La loi sur la procédure administrative ne s'applique, par conséquent, qu'à titre subsidiaire. Dès lors, plutôt que de faire valoir une violation de l' art. 18 PA , le recourant qui conteste le déroulement correct de l'enquête aurait dû invoquer l' art. 35 al. 1 DPA qui prévoit la participation de l'inculpé à l'administration des preuves ou l'art. 41 qui pose à son al. 3 une règle analogue à celle de l' art. 18 PA . b) Ces griefs toutefois ne sont pas recevables dans le cadre du recours de droit administratif contre les décisions de constat. Selon l' art. 27 DPA , les actes et omissions du fonctionnaire enquêteur - autres que les mesures de contrainte régies par l' art. 26 DPA - pouvaient faire l'objet d'une plainte adressée au directeur ou au BGE 115 Ib 216 S. 223 chef de l'administration concernée, puis, éventuellement, à la Chambre d'accusation du Tribunal fédéral. Le délai pour agir de la sorte est fixé à trois jours dès la connaissance de l'acte d'enquête ( art. 28 al. 3 DPA ). En l'occurrence, il apparaît clairement au vu des procès-verbaux d'enquête que le recourant savait que ses anciens collaborateurs étaient - ou avaient été - interrogés sur ses activités. S'il estimait que ses droits d'inculpé étaient lésés par ces actes d'instruction, il avait dès lors la possibilité de former une plainte contre une éventuelle violation des art. 35 ou 41 al. 3 DPA . Or, il a fallu attendre le 30 janvier 1981, soit plusieurs semaines après la notification du procès-verbal final, pour que l'intéressé songe à requérir une confrontation et demande la réouverture des enquêtes, sans même faire allusion à une possible violation de ses droits d'inculpé. Ses critiques contre la procédure choisie pour entendre les témoins s'avèrent ainsi non seulement tardives, mais utilisent en plus une voie de droit erronée. c) Au demeurant, il faut également relever que parmi les nombreuses personnes entendues au cours de l'instruction, beaucoup avaient elles-mêmes commis une infraction et n'étaient pas entendues à titre de témoins, mais d'inculpés. Dans ce cas, le recourant n'avait aucun droit à être présent lors de leur interrogatoire. Le moyen tenant à la violation de l' art. 18 PA s'avère ainsi irrecevable.
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Urteilskopf 118 IV 14 4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. März 1992 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 63 ff. StGB . Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung. Kognition des Bundesgerichts.
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 118 IV 14 S. 14 A.- Das Kantonsgericht von Graubünden sprach K. am 28. Oktober 1991 der Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 BetmG in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sowie des untauglichen Versuchs dazu gemäss Art. 19 Ziff. 1 Abs. 7 BetmG in Verbindung mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG und Art. 23 Abs. 1 StGB , des Diebstahls ( Art. 137 Ziff. 1 StGB ), des Hausfriedensbruchs ( Art. 186 StGB ), der Sachbeschädigung ( Art. 145 Abs. 1 StGB ) und der wiederholten Widerhandlung gegen Art. 17 Abs. 1 lit. a und i des Jagdgesetzes (JSG; SR 922.0) schuldig und verurteilte ihn deswegen zu 2 Jahren Gefängnis, unter Anrechnung der ausgestandenen Untersuchungshaft von 137 Tagen. Es verweigerte dem Verurteilten die Jagdberechtigung für die Dauer von 10 Jahren. B.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Kantonsgerichts sei aufzuheben und er sei zu 18 Monaten Gefängnis, abzüglich 137 Tage Untersuchungshaft, zu verurteilen, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer richterlich anzusetzenden Probezeit von maximal 5 Jahren. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden hat unter Hinweis auf das ihres Erachtens zutreffende Urteil des Kantonsgerichts auf Vernehmlassung verzichtet. BGE 118 IV 14 S. 15 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Richter misst die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Schuldigen ( Art. 63 StGB ). Der Kassationshof des Bundesgerichts kann auf Nichtigkeitsbeschwerde hin in die Strafzumessung nur eingreifen, wenn der Richter den gesetzlich vorgeschriebenen Strafrahmen über- oder unterschritt, wenn er von rechtlich nicht massgebenden Gesichtspunkten ausging oder wenn er wesentliche Gesichtspunkte ausser acht liess bzw. in Überschreitung oder Missbrauch seines Ermessens falsch gewichtete ( BGE 117 IV 114 mit Hinweisen). Der Kassationshof stellt in seiner neuesten Rechtsprechung höhere Anforderungen an die Begründung der Strafzumessung durch den Sachrichter und greift häufiger korrigierend in die Strafzumessung ein als früher. So hat er in BGE 116 IV 4 Grundsätze über die Bussenbemessung beim haushaltführenden Ehegatten aufgestellt und den Entscheid der kantonalen Instanz aufgehoben, da diese nicht von den bundesrechtlich massgebenden Kriterien ausgegangen war. Er hat in BGE 116 IV 288 präzisiert, dass er frei prüft, ob die ausgefällte Strafe Bundesrecht entspricht, aber daran festgehalten, dass eine Strafzumessung, die von den gesetzlichen Beurteilungskriterien ausgeht, nur dann Bundesrecht verletzt, wenn dem Sachrichter Ermessensüberschreitung vorzuwerfen ist. Er hat in BGE 116 IV 294 erkannt, dass die Wirkungen des Einsatzes eines V-Mannes bei der Strafzumessung auf eine umfassende Weise zugunsten des Angeschuldigten zu berücksichtigen seien; er hat in einem zweiten Urteil vom 10. März 1992 in derselben Angelegenheit entschieden, dass die Vorinstanz in ihrem neuen Urteil das (passive) Verhalten der V-Leute bei der Strafzumessung zu stark zugunsten der Täter berücksichtigt habe und dass anstatt der von der Vorinstanz vorgenommenen Herabsetzung der Strafen um rund einen Viertel bzw. einen Fünftel bloss eine Reduktion der Strafen um weniger als einen Zehntel in Betracht kommen könne. Er hat sich in BGE 116 IV 300 mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Strafe beim Zusammentreffen von Strafmilderungsgründen und Strafschärfungsgründen zu bemessen ist, und entschieden, dass ein vermindert zurechnungsfähiger Täter, der einen Mord und daneben weitere Straftaten verübte, zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt werden kann. Er hat in BGE 117 IV 8 erkannt, dass ein Kulturkonflikt die Tatschuld vermindern könne und dann strafmindernd zu berücksichtigen sei. Der Kassationshof hat in einem Urteil vom 12. April 1991 i.S. S. BGE 118 IV 14 S. 16 entschieden, die obere kantonale Instanz, welche trotz Wegfalls eines nicht völlig untergeordneten Schuldpunktes die erstinstanzliche Strafe bestätige, müsse die Gründe hiefür im Urteil darlegen. Er hat in einem Urteil vom 16. Januar 1992 i.S. S. betreffend Betäubungsmittelhandel erkannt, dass es unzulässig sei, die schuldangemessene Strafe aus Gründen der Generalprävention zu erhöhen; zulässig sei die Berücksichtigung generalpräventiver Überlegungen nur insoweit, als damit die schuldangemessene Strafe nicht überschritten wird. Er hat im gleichen Urteil entschieden, das Handeln aus Angst vor angedrohten wirtschaftlichen Repressalien lasse entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht auf eine verwerfliche Gesinnung schliessen, die straferhöhend zu berücksichtigen ist. Der Richter hat im Urteil die wesentlichen schuldrelevanten Tat- und Täterkomponenten so zu erörtern, dass festgestellt werden kann, ob alle rechtlich massgebenden Gesichtspunkte Berücksichtigung fanden und wie sie gewichtet wurden, d.h. ob und in welchem Grade sie strafmindernd oder straferhöhend in die Waagschale fielen ( BGE 117 IV 114 /115). Entsprechendes gilt für die im Gesetz genannten Strafschärfungs- und Strafmilderungsgründe, durch die erstens der Strafrahmen nach oben und nach unten erweitert wird und welche zweitens jedenfalls straferhöhend bzw. strafmindernd berücksichtigt werden müssen ( BGE 116 IV 13 /14, 302). So hat der Kassationshof in seinen Urteilen vom 27. Februar 1992 i.S. P. und vom 10. März 1992 i.S. B. die Herabsetzung der Freiheitsstrafe um einen Elftel von 33 auf 30 Monate bzw. um einen Sechstel von 60 auf 50 Tage bei einer Verminderung der Zurechnungsfähigkeit in mittlerem Grade als nicht genügend erachtet. Die neuere Rechtsprechung bedeutet indessen nicht, dass der Sachrichter etwa in absoluten Zahlen oder in Prozenten angeben müsse, inwieweit er einem bestimmten Faktor straferhöhend bzw. strafmindernd Rechnung trug. Das Bundesrecht verlangt nicht das Anstellen derartiger Berechnungen (siehe auch BGE 116 IV 290 E. b). Solche wären im übrigen schon deshalb wenig sinnvoll, weil ja dem Richter bei der Bestimmung der sogenannten "Einsatzstrafe" als Ausgangspunkt der Berechnungen innerhalb des weiten gesetzlichen Strafrahmens mangels allgemeingültiger "Tarife" ein grosser Spielraum des Ermessens zukommt, in den der auf Rechtskontrolle beschränkte Kassationshof nicht eingreifen kann. Der Sachrichter muss aber die Überlegungen, die er bei der Bemessung der Strafe angestellt hat, in seinem Urteil in den Grundzügen darstellen. Er muss die Strafzumessung so gut wie möglich nachvollziehbar machen BGE 118 IV 14 S. 17 (siehe SCHUBARTH, Qualifizierter Tatbestand und Strafzumessung in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichts, BJM 1992 S. 57 ff., 65 unten). Die Begründung der Strafzumessung muss so ausführlich gestaltet sein, dass erkennbar wird, welche Gesichtspunkte der Richter in welchem Sinne berücksichtigt hat. Dann ist es auch möglich zu prüfen, ob sich der Richter von zutreffenden oder aber falschen Gesichtspunkten leiten liess bzw. ob er sich bei der Gewichtung der relevanten Faktoren im Rahmen seines weiten Ermessens hielt oder aber dieses überschritt oder missbrauchte. Bundesrechtlich vorgeschrieben ist eine insoweit ausreichende Begründung, die es erlaubt, die Überlegungen des Sachrichters zur Strafzumessung nachzuvollziehen. Der Kassationshof ist sich bewusst, dass erstens die Strafzumessung als solche und zweitens deren Erläuterung in sprachlichen Formeln äusserst schwierige Aufgaben sind und dass drittens die Bemessung und die Begründung der Strafe schwieriger sind als das Aufdecken von Fehlern in der schriftlichen Begründung. Nur um eine Begründung der Strafzumessung, die man sich anders oder eingehender wünschte, zu verbessern, kann eine Nichtigkeitsbeschwerde nicht gutgeheissen werden ( BGE 117 IV 115 , BGE 116 IV 292 oben). Die Begründung des Strafmasses ist mit andern Worten nicht Selbstzweck, sondern Mittel zum Zweck. Je höher die ausgefällte Strafe ist, desto höher sind auch die Anforderungen an ihre Begründung ( BGE 117 IV 115 ). Das gilt insbesondere auch dann, wenn innerhalb eines sehr weiten Strafrahmens eine vergleichsweise sehr hohe Strafe ausgefällt wird ( BGE 117 IV 403 E. 4). Dementsprechend sind Strafzumessungsfaktoren, denen im konkreten Fall eine gewichtige Bedeutung zukommt, eingehender zu erläutern als Faktoren von untergeordneter Bedeutung, welche beispielsweise nur einen Tatbestand neben andern, schwerer wiegenden betreffen. Bei der Beantwortung der Frage, ob die Begründung des Strafmasses ausreicht und nachvollziehbar ist, muss auch die tatsächlich ausgefällte Strafe berücksichtigt werden. Wo diese sich unter Beachtung aller relevanten Faktoren offensichtlich im Rahmen des dem Sachrichter zustehenden Ermessens hält, kann der Kassationshof das angefochtene Urteil bestätigen, auch wenn dieses in bezug auf die Erwägungen zum Strafmass einzelne Unklarheiten und Unvollkommenheiten enthält. Wo anderseits Art oder Ausmass der verhängten Sanktion auffallen, ist eine besonders eingehende Begründung zu verlangen. Der bereits mehrfach zitierte BGE 117 IV 112 ff. betraf einen Täter, der wegen gewerbs- und bandenmässigen Diebstahls in 40 Fällen und mit einer Deliktssumme von insgesamt Fr. 530'000.-- sowie BGE 118 IV 14 S. 18 gewerbsmässiger Hehlerei zu einer Zuchthausstrafe von 8 Jahren verurteilt worden war, was dem Kassationshof als eine "für Vermögensdelikte ausgesprochen hohe Freiheitsstrafe" erschien ( BGE 117 IV 117 ). Die blosse Auflistung einiger Strafzumessungsfaktoren mit der Bemerkung, unter diesen Umständen sei die ausgefällte Strafe angemessen, reicht nicht aus; denn bei einer solchen Begründung kann nicht überprüft werden, von welchen Überlegungen sich der Sachrichter bei der Festsetzung der Strafe leiten liess (siehe PETER ALBRECHT, Die Strafzumessung im Spannungsfeld von Theorie und Praxis, ZStrR 108/1991, S. 45 ff., 50, 60). Im Lichte dieser neueren Rechtsprechung des Kassationshofes ist die Begründung der Strafzumessung im angefochtenen Urteil noch ausreichend. Was der Beschwerdeführer vorbringt, ist nicht geeignet, eine Verletzung von Bundesrecht darzulegen. (Dies wird in den nachfolgenden Erwägungen im einzelnen begründet.)
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1,992
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88c410cf-bf9c-499e-9c1d-617b0140d067
Urteilskopf 135 I 257 28. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. GmbH und Y. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Beschwerde in Strafsachen) 1B_252/2008 vom 16. April 2009
Regeste Art. 46 Abs. 2 BGG (sog. "Gerichtsferien"; Ausnahme vom Fristenstillstand). Strafprozessuale Zwischenentscheide (insbesondere Beschlagnahmen und Kontensperren) sind als "andere vorsorgliche Massnahmen" im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG zu behandeln (E. 1.1-1.5). Ausnahmsweises Eintreten auf die Beschwerde (nach Treu und Glauben bzw. angesichts der altrechtlichen OG-Praxis) im vorliegenden Fall (E. 1.6).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 135 I 257 S. 258 A. Das Untersuchungsamt St. Gallen führt eine Strafuntersuchung gegen Y. und die X. GmbH wegen Verdachts des gewerbsmässigen Betrugs, der Übertretung des Bundesgesetzes über den unlauteren Wettbewerb und der Widerhandlung gegen die Preisbekanntgabeverordnung. Am 8. Mai 2007 verfügte es Kontensperren, und am 14. Mai 2007 beschlagnahmte es in Geschäftsräumlichkeiten der genannten Gesellschaft unter anderem Geschäftsunterlagen und Vermögenswerte, insbesondere Teppiche. B. Mit Schreiben vom 5. Mai 2008 beantragten die Gesellschaft und Y. beim Untersuchungsamt die Herausgabe der (unterdessen noch) sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte. Mit Schreiben vom 6. Mai 2008 hielt das Untersuchungsamt an der Aufrechterhaltung der Beschlagnahmen und Kontensperren fest. Eine dagegen erhobene Beschwerde wies die Anklagekammer des Kantons St. Gallen am 9. Juli 2008 ab. C. Gegen den Entscheid der Anklagekammer vom 9. Juli 2008 gelangten die Gesellschaft und Y. mit Beschwerde vom 15. September 2008 an das Bundesgericht. Sie beantragen zur Hauptsache die Aufhebung der Kontensperren bei drei Finanzinstituten sowie die Herausgabe der beschlagnahmten Teppiche und Geschäftsunterlagen. (...) (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Zu prüfen ist zunächst, ob die Beschwerde angesichts des Fristenstillstands während den sogenannten "Gerichtsferien" ( Art. 46 Abs. 1 BGG ) rechtzeitig erhoben wurde. BGE 135 I 257 S. 259 1.1 Nach alter Bundesrechtspflege galten für "Strafsachen" die Gerichtsferien nicht ( Art. 34 Abs. 2 OG ). Unter die Strafsachen im Sinne des OG fielen jedoch nur Verfahren, mit denen das Bundesgericht als eidgenössische Strafgerichtsbehörde befasst war, nicht aber Verfahren der Staats- oder Verwaltungsrechtspflege. Die Gerichtsferien waren daher nach altem Recht im (staatsrechtlichen) Beschwerdeverfahren gegen strafprozessuale Zwischenentscheide, insbesondere Zwangsmassnahmen, zu berücksichtigen ( BGE 103 Ia 367 f.; Urteil 1P.534/2003 vom 6. Oktober 2003 E. 1). Der seit 1. Januar 2007 anwendbare Art. 46 BGG regelt den Fristenstillstand im Rahmen der sogenannten Gerichtsferien in Absatz 1. Als Ausnahmen vom Fristenstillstand nennt Absatz 2 "Verfahren betreffend aufschiebende Wirkung und andere vorsorgliche Massnahmen" sowie die Wechselbetreibung und die internationale Rechtshilfe in Strafsachen. 1.2 Der bundesrätlichen Botschaft zur Totalrevision der Bundesrechtspflege lässt sich nicht entnehmen, was unter "anderen vorsorglichen Massnahmen" im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG zu verstehen ist. Gemäss Botschaft sei die altrechtlich (in Art. 34 Abs. 2 OG ) noch vorgesehene Ausnahme vom Fristenstillstand für "Strafsachen" nach Inkrafttreten des BGG zwar "nicht mehr gerechtfertigt, da das Bundesgericht in diesem Bereich nur noch Beschwerdeinstanz sein" werde (BBl 2001 4297 Ziff. 4.1.2.5; s. auch AMSTUTZ/ARNOLD, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 10 zu Art. 46 BGG ). Der Hinweis auf die altrechtliche Ausnahme für "Strafsachen" bezieht sich jedoch, wie bereits dargelegt, nicht auf strafprozessuale Zwangsmassnahmenentscheide. Ausserdem wäre nicht einzusehen, weshalb bei vorsorglichen Massnahmen in Zivil- und Verwaltungsverfahren (wo das Bundesgericht ebenfalls als Beschwerdeinstanz tätig wird) die fragliche Ausnahme von den Gerichtsferien gelten sollte (vgl. dazu nachfolgend E. 1.4), im Strafprozess hingegen nicht. Dies umso weniger, als schon die altrechtliche materielle Praxis Beschlagnahmenentscheide als "provisorische prozessuale Massnahmen" bezeichnete (vgl. BGE 126 I 97 E. 1c S. 102; s. dazu unten E. 1.5). 1.3 In BGE 133 I 270 E. 1.2.1 S. 273 f. liess das Bundesgericht ausdrücklich offen, ob es sich bei strafprozessualen Haftprüfungen um "Verfahren betreffend andere vorsorgliche Massnahmen" im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG handelt. Die Frage konnte offenbleiben, da in Haftfällen der Fristenstillstand bereits wegen des besonderen BGE 135 I 257 S. 260 Beschleunigungsgebots in Haftsachen nicht greift. Hier ist zu prüfen, ob Entscheide über strafprozessuale Beschlagnahmungen bzw. Kontensperren als vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG zu behandeln sind. 1.4 Im Zivilprozessrecht fallen unter die vorsorglichen Massnahmen im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG zum Beispiel die Schuldneranweisung gemäss den Bestimmungen zum Schutz der ehelichen Gemeinschaft ( Art. 177 ZGB ; BGE 134 III 667 ), die Einsprache gegen die Ausstellung einer Erbenbescheinigung ( Art. 559 Abs. 1 ZGB ; Urteil 5A_162/2007 vom 16. Juli 2007 E. 5.2) oder das Inventar über das Kindesvermögen ( Art. 318 Abs. 2 ZGB ; Urteil 5A_169/2007 vom 21. Juni 2007 E. 3). Im Verwaltungsverfahrensrecht gehören etwa provisorische Lärmschutzmassnahmen dazu (Urteil 1C_283/2007 vom 20. Februar 2008 E. 2.3 und 2.4), bei den SchKG-Verfahren der Arrest (inklusive Weiterziehung des Einspracheentscheides nach Art. 278 Abs. 3 SchKG ; Urteil 5A_218/2007 vom 7. August 2007 E. 3.2, in: Pra 2007 Nr. 138 S. 944 ff.). Ausländerrechtliche Zwangsmassnahmenentscheide, etwa betreffend Durchsetzungshaft, fallen hingegen weder unter die Rechtsprechung zu strafprozessualen vorläufigen Zwangsmassnahmen (im Sinne von BGE 133 I 270 E. 1.2.2 S. 274) noch unter die "anderen vorsorglichen Massnahmen" im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG ( BGE 134 II 201 E. 1.2 S. 203 f.). 1.5 Die hier streitige Einziehungsbeschlagnahme (Art. 141 Abs. 1 lit. b des sankt-gallischen Strafprozessgesetzes vom 1. Juli 1999 [StP/SG; sGS 962.1] stellt - im Gegensatz zur endgültigen materiellrechtlichen Einziehung - eine von Bundesrechts wegen vorgesehene provisorische (konservatorische) strafprozessuale Massnahme dar zur vorläufigen Sicherstellung von allenfalls der Einziehung unterliegenden Vermögenswerten oder zur Durchsetzung einer möglichen staatlichen Ersatzforderung. Die Beschlagnahme greift dem Einziehungsentscheid nicht vor; und auch die zivilrechtlichen Eigentumsverhältnisse an den Vermögenswerten bleiben durch die strafprozessuale Beschlagnahme unberührt ( BGE 126 I 97 E. 1c S. 102; BGE 124 IV 313 E. 4 S. 316; BGE 120 IV 365 E. 1c S. 366 f.). Bei der Beweismittelbeschlagnahme (Art. 141 Abs. 1 lit. a StP/SG) handelt es sich um eine provisorische strafprozessuale Massnahme zur Beweissicherung. Der Sinn und Zweck von Art. 46 Abs. 2 BGG erfasst auch diese vorläufigen prozessualen Zwangsmassnahmen. Zwar ist hier kein (zusätzliches) besonderes verfassungsmässiges Beschleunigungsgebot wie in strafprozessualen Haftsachen zu BGE 135 I 257 S. 261 berücksichtigen (vgl. Art. 31 Abs. 3 und 4 BV ; BGE 133 I 270 E. 1.2.1 S. 273 f.). Auch Beschwerdefälle betreffend Beschlagnahmen sind jedoch zur Wahrung der Verhältnismässigkeit und im Interesse der Verfahrensbeschleunigung möglichst zügig zu entscheiden. Im Übrigen rechtfertigt - im Vergleich mit zivil- und verwaltungsprozessualen vorsorglichen Massnahmen (bei denen Art. 46 Abs. 2 BGG nach der dargelegten Rechtsprechung zur Anwendung kommt) - auch die Bedeutung und Eingriffsintensität strafprozessualer Beschlagnahmungen und Kontensperren eine analoge verfahrensrechtliche Praxis. 1.6 Auch wenn strafprozessuale Zwischenentscheide (wie Beschlagnahmen und Kontensperren) somit als andere vorsorgliche Massnahmen im Sinne von Art. 46 Abs. 2 BGG zu behandeln sind, muss im vorliegenden Fall nach Treu und Glauben noch auf die Beschwerde eingetreten werden ( BGE 133 I 270 E. 1.2.3 S. 274 f. mit Hinweisen). Die neue Rechtslage war aufgrund von BGE 133 I 270 E. 1.2.1 S. 273 f. (und angesichts der altrechtlichen Praxis bzw. der erfolgten Revision der Bundesrechtspflege) jedenfalls noch nicht ausreichend klar.
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Urteilskopf 136 V 24 4. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause Caisse suisse de compensation contre J. (recours en matière de droit public) 9C_1039/2008 du 10 décembre 2009
Regeste a Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Australien über Soziale Sicherheit; zeitlicher Geltungsbereich. Die am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und Australien über soziale Sicherheit sind nicht anwendbar auf einen vor diesem Datum gestellten Antrag auf Rückvergütung der von Ausländern an die Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge (E. 4). Regeste b Art. 18 Abs. 3 und Art. 29 quinquies Abs. 3 AHVG ; Art. 4 Abs. 2 RV-AHV ; Rückvergütung der von Ausländern an die Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge. Art. 29 quinquies Abs. 3 AHVG zählt die Tatbestände einer Teilung der von den Ehegatten während der Kalenderjahre der gemeinsamen Ehe erzielten Einkommen abschliessend auf, weshalb für dieses Vorgehen im Rahmen der Rückforderung der von Ausländern an die Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge kein Raum besteht (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 136 V 24 S. 25 A. J., ressortissant australien né en 1940, a travaillé en Suisse de 1974 à 1981 et de 1991 à 1999. Il s'est marié en 1965 avec F., ressortissante suédoise née en 1940. Au mois de mars 2000, les époux ont quitté la Suisse pour s'installer en Grande-Bretagne. Le 7 juin 2005, J. a requis de la Caisse suisse de compensation (CSC) le remboursement des cotisations qu'il avait versées à l'assurance-vieillesse et survivants (AVS). Par décision du 26 septembre 2005, la CSC a fixé le montant dû à 140'103 fr. L'intéressé a fait opposition à cette décision et demandé que la CSC détermine le montant du remboursement après avoir préalablement procédé au partage des revenus réalisés par lui et son épouse pendant les années civiles de mariage et alloué à cette dernière une rente de vieillesse. Par décision du 11 août 2006, la CSC a rejeté l'opposition, en précisant notamment que les revenus de J. ne pouvaient pas être partagés puisque les époux avaient quitté la Suisse. B. Par jugement du 7 novembre 2008, le Tribunal administratif fédéral a admis le recours formé par J. contre la décision sur opposition du 11 août 2006 et renvoyé la cause à la CSC pour nouvelle décision au sens des considérants. C. La CSC a interjeté un recours en matière de droit public contre ce jugement dont elle a demandé l'annulation. J. a conclu au rejet du recours. Après avoir renoncé dans un premier temps à prendre position, l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) a, sur l'interpellation du Juge instructeur, déposé des observations. Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 Se fondant sur le texte de l'art. 4 al. 2 (dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 2003) de l'ordonnance du 29 novembre 1995 sur le remboursement aux étrangers des cotisations versées à l'assurance-vieillesse et survivants (OR-AVS; RS 831.131.12), la CSC a, dans sa décision du 11 août 2006, estimé qu'il n'y avait pas lieu de procéder au partage des revenus lors du remboursement des cotisations BGE 136 V 24 S. 26 s'agissant de personnes mariées quittant définitivement la Suisse, une telle procédure n'étant réservée que dans les cas de dissolution du mariage par le divorce. Le montant du remboursement devait par conséquent être déterminé sur la base de la totalité des revenus inscrits sur le compte individuel de J. ainsi que sur l'entier des bonifications auxquelles il pouvait prétendre. 3.2 Le Tribunal administratif fédéral a considéré que l' art. 4 al. 2 OR- AVS , dans sa teneur actuelle, ne reposait sur aucun motif objectif et sérieux, et violait le principe de la légalité, en tant qu'il dépassait le cadre de la délégation législative prévue à l' art. 18 al. 3 LAVS . Cela étant, il a renvoyé la cause à la Caisse pour qu'elle examine préalablement la situation à l'aune des dispositions de la Convention de sécurité sociale du 9 octobre 2006 entre la Confédération suisse et l'Australie (RS 0.831.109.158.1; ci-après: la Convention australo-suisse de sécurité sociale), qui prévoit le choix entre le versement d'une rente lors de la réalisation du risque ou le remboursement des cotisations versées à l'AVS. Si l'intimé devait décider de maintenir sa demande de remboursement, il conviendrait alors d'appliquer les règles en matière de partage des revenus (art. 29 quinquies al. 3 et 4 LAVS). 3.3 A l'appui de son recours, la CSC reprend l'argumentation qu'elle avait développée dans la décision litigieuse. Pour le surplus, elle ajoute que dans la mesure où le législateur a prévu de manière exhaustive les situations dans lesquelles la procédure de partage des revenus doit être effectuée, il n'est pas possible de procéder à un tel partage dans le cadre d'une demande de remboursement, faute de base légale pour ce faire. 4. 4.1 La cause présente un élément d'extranéité puisque l'intimé est de nationalité australienne et domicilié en Grande-Bretagne. Dans ces circonstances, le Tribunal fédéral examine d'office la question du droit applicable au litige ( ATF 130 I 312 consid. 1.2 p. 318 et les références; ULRICH MEYER, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, n° 8 ad art. 106 LTF ). 4.2 Le 1 er janvier 2008 est entrée en vigueur la Convention australo- suisse de sécurité sociale. Les branches couvertes par le champ d'application de la Convention sont, en ce qui concerne la Suisse, l'AVS et l'AI (art. 2). La Convention garantit le versement des prestations des deux Etats quel que soit le lieu de résidence de l'ayant droit, dans BGE 136 V 24 S. 27 la mesure où une prestation est due selon le droit national (art. 5; principe de l'exportation des prestations). A la place d'une rente suisse, les ressortissants australiens qui ont quitté définitivement la Suisse peuvent sur demande obtenir, aux conditions fixées par la législation suisse en la matière, le remboursement des cotisations payées à l'AVS suisse (art. 16). 4.3 En cas de changement de règles de droit, la législation applicable reste en principe celle qui était en vigueur lors de la réalisation de l'état de fait qui doit être apprécié juridiquement ou qui a des conséquences juridiques, sous réserve de dispositions particulières de droit transitoire ( ATF 130 V 445 et les références). Dans le courant d'une procédure judiciaire subséquente, les modifications législatives sont en règle générale sans incidence et, dans le cadre d'un recours en matière de droit public, il incombe au Tribunal fédéral d'examiner uniquement si la décision attaquée est conforme au droit en vigueur au moment où elle a été rendue. Lorsqu'il existe des motifs particuliers imposant l'application immédiate du nouveau droit, une exception peut se justifier ( ATF 119 Ib 103 consid. 5 p. 110 et les références). 4.4 Dans le cas particulier, le fait dont il y a lieu d'examiner les conséquences juridiques est la demande de remboursement des cotisations à l'AVS déposée par l'intimé auprès de la CSC. Au vu des critères précités, le bien-fondé matériel de cette demande doit être jugé à l'aune du droit fédéral en vigueur au moment de la demande de remboursement. Il n'y a par conséquent pas lieu de tenir compte des dispositions de la Convention australo-suisse de sécurité sociale entrée en vigueur le 1 er janvier 2008. Selon les dispositions transitoires de la Convention, celle-ci s'applique toutefois également aux événements assurés survenus avant son entrée en vigueur (art. 31 par. 1), les demandes sur lesquelles il a été statué avant l'entrée en vigueur de la Convention pouvant également être sur demande de l'intéressé réexaminées en application de la Convention (art. 32 par. 2 en corrélation avec l'art. 31 par. 4; voir également le Message du 28 février 2007 concernant la Convention de sécurité sociale entre la Suisse et l'Australie, FF 2007 1691 ch. 2.2.5). Cela étant, une demande de remboursement de cotisations ne saurait constituer un cas d'assurance au sens de l'art. 31 par. 1, de sorte qu'il n'y a pas lieu de considérer que les dispositions transitoires de la Convention sont applicables à cette situation. En tant que le jugement entrepris renvoie la cause BGE 136 V 24 S. 28 pour qu'elle soit examinée sous l'angle de la Convention australo-suisse de sécurité sociale, il se révèle erroné. 5. 5.1 Les objectifs de la 10 e révision de l'AVS étaient de plusieurs ordres. Outre la concrétisation de différents postulats de nature socio-politique (introduction d'une allocation pour impotent de degré moyen dans l'AVS et d'une forme de rente anticipée) et la réalisation de mesures d'économie (suppression de la rente complémentaire de l'épouse), cette réforme a avant tout été marquée par l'inscription dans la loi du principe de l'égalité des droits entre hommes et femmes. Des innovations importantes ont été introduites notamment dans le domaine des cotisations (suppression des exemptions dont bénéficiaient les femmes mariées et les veuves sans activité lucrative ainsi que les épouses travaillant dans l'entreprise du mari), des rentes (suppression de la rente de couple et remplacement par deux rentes individuelles) ou du calcul des rentes (introduction du partage des revenus acquis pendant les années du mariage; introduction des bonifications pour tâches éducatives et d'assistance; Message du 5 mars 1990 concernant la 10 e révision de l'AVS, FF 1990 II 4; PHILIPPE GNAEGI, Histoire et structure des assurances sociales en Suisse, 2 e éd. 2004, p. 108 ss). 5.2 Jusqu'au 31 décembre 1996, les épouses d'assurés ou les veuves qui n'exerçaient pas d'activité lucrative n'étaient pas tenues de payer des cotisations à l'AVS (ancien art. 3 al. 2 let. b et c LAVS; RS 3 452). La 10 e révision de l'AVS a introduit le système dit du splitting qui prévoit que les revenus réalisés par les époux pendant les années civiles de mariage commun sont répartis et attribués pour moitié à chacun d'eux. D'après l'art. 29 quinquies al. 3 LAVS, la répartition est effectuée lorsque les deux conjoints ont droit à la rente (let. a), lorsqu'une veuve ou un veuf a droit à une rente de vieillesse (let. b) ou lorsque le mariage est dissous par le divorce (let. c). Dans ce contexte, l'exemption de cotiser dont bénéficiaient les épouses et les veuves sans activité lucrative a été supprimée et remplacée par la fiction de l' art. 3 al. 3 let. a LAVS , selon laquelle le conjoint sans activité lucrative d'un assuré exerçant une activité lucrative est réputé avoir payé lui-même des cotisations, pour autant que le conjoint qui travaille ait versé sur le revenu de son activité lucrative au moins l'équivalent du double de la cotisation minimale. Ce montant permet de garantir que chaque époux puisse inscrire à son compte individuel au moins le montant de la cotisation minimale, de sorte que l'année BGE 136 V 24 S. 29 correspondante puisse être comptée comme année de cotisations ( ATF 126 V 417 consid. 3 p. 419 et les références). 6. 6.1 Selon l' art. 18 al. 3 LAVS (dans sa teneur en vigueur depuis le 1 er janvier 1997, applicable en l'espèce par renvoi de la let. h, dernière phrase, des dispositions finales de la modification du 7 octobre 1994 [10 e révision de l'AVS]), les cotisations payées conformément aux art. 5, 6, 8, 10 ou 13 LAVS par des étrangers originaires d'un Etat avec lequel aucune convention n'a été conclue peuvent être, en cas de domicile à l'étranger, remboursées à eux-mêmes ou à leurs survivants. Le Conseil fédéral règle les détails, notamment l'étendue du remboursement. 6.2 Se fondant sur cette délégation, le Conseil fédéral a édicté l'OR- AVS. Son article premier pose le principe selon lequel le remboursement peut être demandé par un étranger (avec le pays d'origine duquel aucune convention n'a été conclue) si les cotisations ont été payées, au total, pendant une année entière au moins et n'ouvrent pas droit à une rente. Seules les cotisations effectivement versées sont remboursées. Des intérêts ne sont en principe pas dus (art. 4 al. 1). Le remboursement peut être refusé dans la mesure où il dépasse la valeur actuelle des futures prestations de l'AVS qui reviendraient à une personne ayant droit à une rente, placée dans les mêmes circonstances (art. 4 al. 4). 6.3 Dans sa teneur originelle en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002, l' art. 4 al. 2 OR-AVS prévoyait le déclenchement d'office d'une procédure de partage des revenus au sens de l'art. 29 quinquies LAVS lors du dépôt par un étranger d'une demande de remboursement. Les cotisations portées en compte à la suite du partage des revenus étaient déterminantes pour fixer le montant remboursable (cf. VSI 1996 p. 55). Par la suite, la teneur de l' art. 4 al. 2 OR-AVS a été modifiée afin de tenir compte des expériences acquises depuis l'entrée en vigueur de cette disposition. Depuis le 1 er janvier 2003, la demande de remboursement ne déclenche la procédure de partage des revenus que dans les cas prévus à l'art. 29 quinquies al. 3 let. c LAVS (dissolution du mariage par le divorce). Selon les explications du Conseil fédéral, les cas de splitting, pour rares qu'ils étaient, n'en occasionnaient pas moins une charge de travail considérable. Par mesure de simplification, il convenait de manière générale de renoncer à une telle réglementation (cf. VSI 2003 p. 20 s.). BGE 136 V 24 S. 30 7. 7.1 Le Tribunal fédéral examine en principe librement la légalité et la constitutionnalité des ordonnances, dites dépendantes, du Conseil fédéral qui reposent sur une délégation législative. Lorsque celle-ci est relativement imprécise et que, par la force des choses, elle donne au Conseil fédéral un large pouvoir d'appréciation, le tribunal doit se borner à examiner si les dispositions incriminées sortent manifestement du cadre de la délégation de compétence donnée par le législateur à l'autorité exécutive ou si, pour d'autres motifs, elles sont contraires à la loi ou à la Constitution. Une norme réglementaire viole l'interdiction de l'arbitraire ou le principe de l'égalité de traitement ( art. 9 et 8 al. 1 Cst. ) lorsqu'elle n'est pas fondée sur des motifs sérieux et objectifs, qu'elle est dépourvue de sens et d'utilité ou qu'elle opère des distinctions juridiques que ne justifient pas les faits à réglementer. Dans l'examen auquel il procède à cette occasion, le juge ne doit toutefois pas substituer sa propre appréciation à celle de l'autorité dont émane la réglementation en cause. Il doit se borner à vérifier si la disposition litigieuse est propre à réaliser objectivement le but visé par la loi, sans se soucier, en particulier, de savoir si elle constitue le moyen le mieux approprié pour atteindre ce but ( ATF 133 V 42 consid. 3.1 p. 44 et les références). 7.2 Dans le cas particulier, il n'est pas contestable que la norme de délégation prévue à l' art. 18 al. 3 LAVS confère à l'autorité exécutive une grande latitude d'appréciation pour fixer l'étendue et les modalités du remboursement des cotisations à l'AVS. Cela étant, l'art. 29 quinquies al. 3 LAVS énumère de manière exhaustive les situations où une répartition des revenus que les époux ont réalisés pendant les années civiles de mariage peut être effectuée, soit lorsque les deux conjoints ont droit à la rente (let. a), lorsque une veuve ou un veuf a droit à une rente de vieillesse (let. b) ou lorsque le mariage est dissous par le divorce (let. c). Faute d'une base légale explicite, on ne saurait étendre par voie réglementaire la possibilité de procéder à un tel partage dans le cas où un étranger dépose une demande de remboursement des cotisations qu'il a versées à l'AVS, aussi large que la délégation législative prévue à l' art. 18 al. 3 LAVS puisse être. Le fait que l' art. 4 al. 2 OR-AVS prévoyait, dans sa teneur en vigueur jusqu'au 31 décembre 2002, le déclenchement d'office d'une procédure de partage des revenus au sens de l'art. 29 quinquies LAVS n'y change rien, puisque cette disposition n'était en tout état de cause pas conforme au droit supérieur. BGE 136 V 24 S. 31 7.3 Contrairement à ce que soutiennent le Tribunal administratif fédéral et l'intimé, le refus d'appliquer la procédure de partage en matière de remboursement de cotisations n'est contraire ni aux buts poursuivis par la LAVS ni au principe de l'égalité. 7.3.1 L'intimé se méprend notamment lorsqu'il prétend que le fait de ne pas procéder au partage dans le cadre d'une demande de remboursement de cotisations revient à priver le conjoint du demandeur de son droit à la rente, en particulier lorsque celui-ci n'a jamais exercé d'activité lucrative. Dès lors que les conditions d'un partage au sens de l'art. 29 quinquies al. 3 let. a et b LAVS ne sont pas réalisées, le droit à une rente de vieillesse se détermine de manière autonome en fonction des particularités de chaque bénéficiaire (durée de cotisation, revenus portés au compte individuel et bonifications; UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in Soziale Sicherheit, SBVR vol. XIV, 2 e éd. 2007, p. 1312 n. 333). En vertu de la fiction de l' art. 3 al. 3 let. a LAVS , le conjoint sans activité lucrative d'un assuré exerçant une activité lucrative acquiert un droit propre et irrévocable aux prestations de l'AVS (cf. supra consid. 5.2). 7.3.2 Qui plus est, on ne voit pas que les époux subiraient une inégalité de traitement du fait qu'il ne peut être procédé à un partage des revenus. En qualité de ressortissante suédoise, F. possède, malgré son domicile à l'étranger, un droit inconditionnel à une rente ordinaire de l'AVS suisse, à l'exclusion d'un droit au remboursement de ses cotisations (art. 10 du Règlement [CEE] n° 1408/71 du Conseil du 14 juin 1971 relatif à l'application des régimes de sécurité sociale aux travailleurs salariés, aux travailleurs non salariés et aux membres de leur famille qui se déplacent à l'intérieur de la Communauté [RS 0.831.109.268.1]). Compte tenu du nombre d'années qui peuvent être prises en considération et des revenus - modiques - inscrits sur son compte individuel, elle aurait en principe droit - moyennant le dépôt d'une demande de prestations de sa part - à une rente partielle de vieillesse dont le montant correspondrait très vraisemblablement au minimum de la rente de vieillesse. J., qui a versé durant la même période un montant important de cotisations, peut prétendre quant à lui au remboursement de la somme équivalant à la valeur - capitalisée - maximale de la rente de vieillesse ( art. 4 al. 4 OR-AVS ). Si on capitalise la rente de l'épouse et qu'on ajoute à ce montant la rente capitalisée de son mari, on se rend compte que la somme équivaut au montant maximal de la rente plafonnée capitalisée (150 % du montant maximum de la rente de vieillesse; art. 35 al. 1 LAVS ). Une telle BGE 136 V 24 S. 32 conséquence est logique dans la mesure où le montant de la rente maximale est deux fois plus élevé que le montant de la rente minimale ( art. 34 al. 3 LAVS ). S'il y avait lieu de procéder à un partage des revenus comme l'a jugé le Tribunal administratif fédéral, le résultat ne serait pas différent, puisque la somme des deux rentes capitalisées de chaque époux ne pourrait dépasser le montant maximal de la rente plafonnée capitalisée. La seule différence entre ces deux méthodes réside en fait dans le montant directement remboursable, celui-ci étant plus faible dans le cadre du partage des revenus. 7.4 Dans sa teneur actuelle, l' art. 4 al. 2 OR-AVS est conforme au droit supérieur. Cette disposition doit en effet être interprétée en ce sens qu'elle précise les modalités du droit au remboursement lorsque le demandeur est divorcé. Selon l' art. 50c al. 1 RAVS (RS 831.101), le partage des revenus n'a pas lieu d'office à la suite de la dissolution du mariage par le divorce, mais sur demande de chaque conjoint séparément ou des deux conjoints ensemble (cf. arrêt 9C_518/2008 du 29 août 2008 consid. 2.2). Afin d'éviter que le conjoint demandeur ne tire avantage de l'absence de partage préalable et se voie rembourser plus qu'il ne pourrait légalement prétendre, il est nécessaire que la caisse de compensation procède d'office à l'exécution du partage des revenus au moment du dépôt de la demande de remboursement.
null
nan
fr
2,009
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
88cedff9-6ae5-4630-ac13-1599c2296b71
Urteilskopf 92 I 121 21. Auszug aus dem Urteil vom 18. Februar 1966 i.S. X. gegen Steuer-Rekurskommission des Kantons Aargau.
Regeste Wehrsteuer; Merkmale des nach Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB steuerpflichtigen Einkommens aus Liegenschaftenhandel.
Sachverhalt ab Seite 121 BGE 92 I 121 S. 121 X. betreibt in N. ein Installationsgeschäft für Zentralheizungen und sanitäre Anlagen. Er ist seit 1949 verheiratet mit Hedwig geb. Y., die Fr. 20'000.-- in die Ehe einbrachte. X. kaufte am 4. Januar 1952 von Z. einen hälftigen Miteigentumsanteil an 4 Parzellen mit insgesamt 82,93 a Land in Wettingen für Fr. 60'967.50. Am 12. September 1953 trat er diesen Miteigentumsanteil seiner Ehefrau ab. Im Jahre 1957 wurde das Grundeigentum unter die Miteigentümer aufgeteilt. Dabei erhielt die Ehefrau anstelle des bisherigen Miteigentumsanteils das Alleineigentum an zwei zusammenhängenden Landstücken von total 37,03 a. Sie verkaufte dieses Land 1958 für Fr. 320'000.-- und erzielte einen Nettogewinn von Fr. 255'912.--. Frau X. kaufte ferner am 24. August 1954 in Widen eine Parzelle, die sie ungefähr acht Monate später mit einem Gewinn von rund Fr. 218'600.-- veräusserte. Bei beiden Verkäufen hatte Frau X. dem Käufer die Pflicht auferlegt, ihrem Ehemann bei der Überbauung die Installationsarbeiten zu übertragen. BGE 92 I 121 S. 122 Die Steuerkommission O. setzte im Einspracheentscheid vom 28. Oktober 1964 das wehrsteuerpflichtige Einkommen auf Fr. 149'800.-- fest, da der Rechtsanspruch auf die Kaufpreisforderung Widen bereits 1955 entstanden sei und der damals erzielte Gewinn für die Steuer der Jahre 1959 und 1960 ausser Betracht falle. Die Einschätzungsbehörde hielt dagegen Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB hinsichtlich des Liegenschaftsgewinns Wettingen für anwendbar. Die Steuer-Rekurskommission des Kantons Aargau wies eine Beschwerde des X. am 29. Juni 1965 ab und bestätigte die Auffassung der Einschätzungsbehörde, wonach der Gewinn durch geschäftliche Tätigkeit erzielt worden sei. Gegen den Entscheid der kantonalen Rekurskommission führt X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist sie ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. ..... 2. a) Gewerbsmässig ist der Liegenschaftshandel dann, wenn ein Steuerpflichtiger Grundstückskäufe und -verkäufe nicht bloss bei der Verwaltung seines Vermögens oder bei einer sich zufällig bietenden Gelegenheit vornimmt, sondern planmässig und mit der Absicht handelt, damit einen Verdienst zu erzielen. Die Gewerbsmässigkeit kann sich aus der Häufung der An- und Verkäufe (ASA 30 S. 373), aus der Inanspruchnahme bedeutender fremder Gelder sowie der Investition der Gewinne in neuem Grundbesitz (ASA 33 S. 44) ergeben, ferner aus dem Umstand, dass vereinzelte Umsatzgeschäfte im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit erfolgen ( BGE 82 I 174 ). b) Der Beschwerdeführer kaufte 1952 mit bloss einem Viertel eigenen Mitteln für Fr. 60'967.50 Wies- und Ackerland. Der landwirtschaftliche Ertrag des gekauften Landes konnte unmöglich den Zins für das eingesetzte Fremdkapital, geschweige denn für den ganzen Kaufpreis einbringen. Der Kauf war also einzig erklärbar aus der Voraussicht, dass der Boden im Zentrum der Gemeinde Wettingen Bauland werde, wobei die Wertsteigerung nicht nur den Zinsverlust ausgleichen, sondern einen zusätzlichen Erlös ermöglichen werde. Eben dieser Plan wurde durch die Veräusserung 1958 verwirklicht, indem die Ehefrau einen Gesamtgewinn von Fr. 255'912.-- zu erzielen vermochte. BGE 92 I 121 S. 123 Aus dem 1954/55 in Widen getätigten Handel löste sie nach Abzug des Kaufpreises Fr. 218'600.--. Die Gewinne wurden wieder in Liegenschaften angelegt, wie die staatsrechtliche Kammer des Bundesgerichtes in einem die kantonale Einkommenssteuer betreffenden Urteil vom 17. Juni 1964 ausdrücklich festgestellt hat. Eine "Aufstellung über das Privatvermögen" des Beschwerdeführers zählt am 1. Januar 1959 acht Liegenschaften (unüberbaute Grundstücke, Miet- und Geschäftshäuser) auf, die zusammen einen Schätzungswert von über einer Million Franken aufweisen. Es ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer in verhältnismässig kurzer Zeit mehrmals Grundstücke gekauft und weiterverkauft hat. Hinzu kommt, dass er sich in den Kaufverträgen, welche die Liegenschaften in Widen und Wettingen betrafen, die Ausführung der Heizungs- und sanitären Anlagen zusichern liess. Er verknüpfte somit den Landverkauf mit seiner Stellung als selbständiger Handwerker, um sich dergestalt weitere Einnahmen zu sichern. Eine solche Tätigkeit weist - wie oben ausgeführt - die Merkmale gewerbsmässigen Liegenschaftshandels auf. In diesem Rahmen haben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau den Gewinn aus dem Verkauf der Liegenschaft in Wettingen erzielt, weshalb er gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. a WStB zu versteuern ist...
public_law
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Federation
88d02be6-3a2f-4b53-94f1-ddca711a8ff3
Urteilskopf 118 V 239 31. Sentenza del 22 ottobre 1992 nella causa Fondo di previdenza per il Personale dell'Ente Ospedaliero del Cantone Ticino contro B. e Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino
Regeste Art. 2 und 23 BVG , Art. 1 Abs. 1 lit. d BVV 2 : Verhältnis zwischen den Art. 2 BVG und 1 Abs. 1 lit. d BVV 2 einerseits und Art. 23 BVG anderseits im Bereich des Anspruchs auf eine vorsorgerechtliche Invalidenrente. Ist ein Invalider im Bereich der obligatorischen Vorsorge nach den Art. 2 Abs. 1 BVG und 1 Abs. 1 lit. d BVV 2 obligatorisch versichert und ist er im Bereich der weitergehenden Vorsorge von der Vorsorgeeinrichtung gemäss deren reglementarischen Bestimmungen ohne Vorbehalt aufgenommen worden, so kann er eine vorsorgerechtliche Invalidenrente auch dann beanspruchen, wenn die Invalidität auf Ursachen aus der Zeit vor der Aufnahme in die Versicherung zurückzuführen ist. Art. 23 BVG steht dieser Schlussfolgerung nicht entgegen: diese Bestimmung will lediglich vermeiden, dass von Leistungen ausgeschlossen wird, wer im Anschluss an eine Krankheit oder einen Unfall entlassen wird und nicht mehr versichert ist im Zeitpunkt, in welchem der Anspruch auf Leistungen entsteht, was in der Regel bei Ablauf der Wartezeit nach Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG der Fall ist.
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 118 V 239 S. 240 A.- Carmela B., nata nel 1961, ha iniziato nell'ottobre 1979 la scuola di infermiera presso un ospedale distrettuale ticinese e come tale era assicurata contro gli infortuni tramite la polizza collettiva del personale dello Stato e dei docenti stipulata dal Dipartimento delle finanze presso la Zurigo, compagnia di assicurazioni. Dal 1984 è invece assicurata obbligatoriamente contro gli infortuni, ai sensi della LAINF, presso la Cassa malati Elvezia. A far tempo dal 16 giugno 1986, terminata la formazione, l'interessata è stata assunta quale infermiera presso lo stesso ospedale e come tale è stata affiliata presso il Fondo BGE 118 V 239 S. 241 di previdenza per il personale dell'Ente Ospedaliero Cantonale (FEOC). Carmela B. è stata messa al beneficio di una mezza rendita dell'assicurazione federale per l'invalidità, con effetto dal 1o luglio 1989, nonché di una rendita d'invalidità del 50% da parte della Zurigo assicurazioni, per le conseguenze di un infortunio di cui era rimasta vittima il 27 maggio 1980. L'istituto di previdenza FEOC ha invece rifiutato di mettere l'assicurata al beneficio di prestazioni previdenziali d'invalidità, per il motivo che essa aveva percepito per l'evento causa dell'invalidità delle prestazioni dell'assicurazione infortuni. B.- L'interessata ha adito il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino per una petizione con cui chiedeva che al FEOC fosse fatto obbligo di versare una rendita d'invalidità del 50% ai sensi del diritto previdenziale. Faceva valere che il disciplinamento concernente il coordinamento con l'assicurazione militare e l'assicurazione obbligatoria contro gli infortuni non si riferiva alle assicurazioni infortuni private o collettive stipulate precedentemente all'entrata in vigore della LAINF. Il FEOC ha rilevato che l'assegnazione di una rendita dell'assicurazione contro gli infortuni escludeva il versamento di prestazioni previdenziali e che comunque non potevano essere riconosciute simili prestazioni per un infortunio capitato nel 1980, quando il Fondo non ancora esisteva. Per giudizio 4 luglio 1990 il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino ha accolto la petizione nel senso dei considerandi. I primi giudici hanno dichiarato dover l'attrice essere considerata obbligatoriamente assicurata presso il FEOC, il quale doveva pertanto riconoscerle il diritto alla prestazione assicurativa. Esaminato poi il tema della sovrassicurazione e del coordinamento con altre assicurazioni, l'autorità giudiziaria cantonale ha rilevato che, sia per le prestazioni minime LPP, sia per le prestazioni extraobbligatorie, erano unicamente conteggiabili i redditi provenienti da assicurazioni sociali: quindi non era computabile né tanto meno escludibile la rendita d'invalidità versata dalla Zurigo a dipendenza dell'infortunio del 1980, mentre doveva essere tenuto conto, ai fini di un eventuale sovraindennizzo, della mezza rendita dell'assicurazione federale per l'invalidità; al Fondo era fatto obbligo al riguardo di applicare la normativa di cui all' art. 15 OPP 2 . C.- Il FEOC interpone ricorso di diritto amministrativo a questa Corte. Chiede, in annullamento del giudizio cantonale, che venga BGE 118 V 239 S. 242 denegato il diritto a una rendita d'invalidità del 50% da parte del Fondo, asserendo che al momento dell'inizio dell'incapacità che ha determinato l'eventuale diritto a una rendita d'invalidità Carmela B. non era ancora assicurata. In via del tutto prudenziale asserisce che dovrebbe se del caso essere riconosciuta una prestazione nella misura minima prevista dalle norme LPP. L'assicurata propone la reiezione del gravame. L'Ufficio federale delle assicurazioni sociali, dal canto suo, ammette per l'assicurata il diritto di massima ad una rendita del 50%, riferendosi per quel che concerne un'eventuale riduzione della prestazione a una sua presa di posizione rilasciata in occasione di una procedura analoga. Erwägungen Diritto: 1. a) e b) (Competenza a statuire del Tribunale federale delle assicurazioni) 2. Litigiosi in concreto sono due punti essenziali, il primo, quello dell'esistenza o meno del rapporto assicurativo dell'opponente con l'istituto previdenziale FEOC, rispettivamente del diritto di principio a prestazioni a carico del Fondo, e, se del caso, quello della sovrassicurazione e del coordinamento con altre assicurazioni. 3. Per quel che concerne il rapporto assicurativo, il Tribunale federale delle assicurazioni ha esaminato il tema in una recente sentenza 1o settembre 1992 pubblicata in DTF 118 V 158 . La Corte ha posto una distinzione fra l'assicurazione obbligatoria e l'assicurazione facoltativa. a) Per l'assicurazione obbligatoria, il Tribunale ha rilevato che giusta l' art. 2 cpv. 1 LPP sottostanno a questa assicurazione i lavoratori che hanno compiuto i 17 anni e riscuotono da un datore di lavoro un salario annuo eccedente un determinato limite, ammontante inizialmente a fr. 14'880.--, poi gradualmente aumentato sino a raggiungere oggi fr. 19'200.--. La Corte ha precisato che l'assicurazione obbligatoria, conformemente all' art. 10 cpv. 1 LPP , inizia con il rapporto di lavoro. Il cpv. 2 dell' art. 2 LPP prevede che il Consiglio federale determina quali categorie di salariati non sottostanno, per particolari motivi, all'assicurazione obbligatoria. L'autorità esecutiva federale, in applicazione del disposto, ha emanato l' art. 1 OPP 2 , in cui vengono definiti i casi nei quali i salariati sono esenti dall'assicurazione obbligatoria. Per quel che concerne la BGE 118 V 239 S. 243 questione, decisiva in concreto, dell'assicurazione di salariati la cui capacità di lavoro, rispettivamente di guadagno, è pregiudicata al momento dell'ammissione, la norma regolamentare predispone al cpv. 1 lett. d che non sottostanno all'assicurazione obbligatoria le persone che sono invalide almeno in misura dei due terzi, ai sensi dell'assicurazione per l'invalidità. La norma è stata considerata conforme a legge dalla Corte. In sostanza, quindi, chi è invalido in misura minore dei due terzi giusta la LAI è obbligatoriamente assicurato quando assume un'attività lucrativa. Né è data la possibilità di introdurre una riserva nell'assicurazione obbligatoria ( DTF 115 V 223 consid. 6; sentenza predetta 1o settembre 1992 in DTF 118 V 158 ; VIRET, La jurisprudence récente du Tribunal fédéral des assurances en matière de prévoyance professionnelle [à l'exception du libre passage], Journée 1991 de droit du travail et de la sécurité sociale, in: Le droit en pratique, vol. 4, pag. 10 segg. Nella fattispecie l'assicurata lavorava normalmente al momento in cui, il 16 giugno 1986, è stata assunta dall'ospedale distrettuale, guadagnando ovviamente più di quanto indicato all' art. 2 cpv. 1 LPP e non era percettrice di rendita dell'assicurazione per l'invalidità, per cui era obbligatoriamente assicurata. b) Per la previdenza più estesa, il Tribunale federale delle assicurazioni nella medesima sentenza 1o settembre 1992 in DTF 118 V 158 ha osservato che gli istituti previdenziali hanno la facoltà di assicurare anche le persone invalide per la capacità residua di guadagno, i medesimi avendo la possibilità di introdurre una riserva, limitata o meno nel tempo, per l'affezione cui è imputabile l'invalidità. Se l'assicurato ha commesso reticenza, si applicano, in assenza di norme statutarie o regolamentari al riguardo, le disposizioni di cui agli art. 4 segg. LCA ( DTF 116 V 218 ). Nel caso in esame il regolamento del Fondo, nella sua versione 24 novembre 1987, vigente dal 1o gennaio 1986, definisce all'art. 9 la cerchia degli assicurati predisponendo: "Al FEOC devono essere ammessi tutti i salariati dell'EOC soggetti ai contributi AVS con un salario annuo superiore al salario minimo fissato nel piano previdenziale sotto la lettera A.2. Possono essere assicurati dipendenti di altri enti il cui scopo è affine all'attività dell'EOC (attività sanitaria o di cura) e il cui datore di lavoro ha stipulato un accordo con il FEOC, o ex-dipendenti già affiliati al FEOC. Nel FEOC non vengono ammessi salariati - che sono invalidi per oltre due terzi; BGE 118 V 239 S. 244 - il cui contratto di lavoro è stato concluso per meno di tre mesi. Se in seguito la durata del contratto viene prolungata, l'obbligo assicurativo ha inizio al momento in cui viene convenuto il prolungamento." L' art. 10 del medesimo regolamento stabilisce le condizioni di ammissione nel modo seguente: "L'ammissione avviene con l'inizio del rapporto di lavoro, tuttavia al più presto - il 1o gennaio dopo il compimento del 17mo anno di età per l'assicurazione dei rischi di decesso e d'invalidità; - il 1o gennaio dopo il compimento del 19mo anno di età per la vecchiaia." L'art. 12 definisce infine l'inizio e il termine della copertura assicurativa: "L'assicurazione risponde dal giorno in cui il salariato inizia o avrebbe dovuto iniziare il lavoro in base all'assunzione, ma in ogni caso dal momento in cui si avvia per recarsi al lavoro. L'assicurazione cessa con il giorno della fine del rapporto di lavoro, a meno che, non avendo un nuovo datore di lavoro, chiede di rimanere affiliato. Rimane comunque valida la disposizione dell' art. 10 LPP in caso di non affiliazione immediata a una nuova fondazione." Manifestamente quindi anche per quel che concerne la previdenza più estesa, l'interessata è da ritenere assicurata presso il FEOC dal momento dell'inizio del lavoro. Essa adempiva chiaramente le condizioni poste dal regolamento. Né il FEOC ha introdotto una riserva. Vero è che il Fondo si è dato un regolamento definitivo il 4 agosto 1989, con effetto retroattivo dal 1o gennaio 1986, il quale dispone all'art. 3 quanto segue: "Se una persona è in possesso della piena capacità lavorativa sono garantite tutte le prestazioni a norma del presente regolamento. Un esame approfondito dello stato di salute viene effettuato solo in casi speciali. Se una persona non è in possesso della piena capacità lavorativa al momento dell'ammissione nell'istituzione di previdenza - senza tuttavia essere parzialmente invalida ai sensi dell'Assicurazione federale per l'invalidità (AI) - e in seguito diventa invalida o decede per lo stesso sinistro che ha provocato l'incapacità lavorativa, non esiste alcun diritto alle prestazioni ai sensi del presente regolamento ( art. 18 e 23 LPP )." Ora una simile modifica retroattiva del regolamento, dopo l'insorgere della lite in esame, non può essere opposta all'assicurata. Sarebbe stata necessaria perlomeno una norma statutaria specifica in tal senso, predisponente un tale emendamento, accettata dall'interessata esplicitamente o per atto concludente, e comunque la nuova BGE 118 V 239 S. 245 normativa non poteva ledere diritti acquisiti (cfr. DTF 117 V 225 consid. 4 e 227 consid. 5b e c). Il quesito di sapere quali conseguenze di merito una simile modifica del regolamento sarebbe suscettibile di comportare ai fini dei diritti dell'opponente può pertanto rimanere irrisolto. c) Dato quanto precede, Carmela B. deve quindi essere ritenuta assicurata sia per la previdenza obbligatoria che per la previdenza più estesa sin dall'inizio del rapporto lavorativo, per cui, conformemente alla giurisprudenza 1o settembre 1992 in DTF 118 V 158 , ha di principio diritto a una rendita d'invalidità, pacifico essendo che essa era ancora assicurata quando è insorta l'invalidità di rilievo pensionistico. In sostanza, per la previdenza obbligatoria, chi è obbligatoriamente assicurato giusta gli art. 2 cpv. 1 LPP e 1 OPP 2, e, per la previdenza più estesa, è assicurato conformemente alle disposizioni statutarie senza essere oggetto di riserva, può beneficiare delle prestazioni d'invalidità anche qualora il danno alla salute che ha poi determinato l'invalidità si è verificato prima dell'ammissione nell'istituto previdenziale. Non è in particolare lecito ravvisare una contraddizione fra le considerazioni che precedono, dedotte dagli art. 2 LPP e 1 OPP 2 con il disciplinamento di cui all' art. 23 LPP secondo cui hanno diritto alle prestazioni d'invalidità le persone che nel senso dell'AI sono invalide per almeno il 50% ed erano assicurate al momento in cui è sorta l'incapacità di lavoro la cui causa ha portato all'invalidità. Con quest'ultima norma si voleva soltanto evitare di escludere dal diritto a prestazioni chi, in seguito a malattia o infortunio, viene licenziato e non è più assicurato al momento in cui matura il diritto alle prestazioni, di regola coincidente con la scadenza del periodo di attesa di un anno ai sensi dell' art. 29 cpv. 1 lett. b LAI (cfr. DTF 117 V 332 consid. 3). 4. Rimane da esaminare il tema di un'eventuale sovrassicurazione e del coordinamento con altre assicurazioni, al lume del disciplinamento legale, da un lato, e delle regole statutarie, d'altro lato. a) Giusta l' art. 34 cpv. 2 LPP il Consiglio federale emana disposizioni per impedire indebiti profitti dell'assicurato o dei suoi superstiti in caso di concorso di prestazioni, precisando che, di regola, le prestazioni ai sensi della LAINF e della LAM sono poziori. Sulla base di questa delega l'autorità esecutiva federale ha emanato gli art. 24 e 25 OPP 2 . Per l' art. 24 OPP 2 , disciplinante il tema dei profitti indebiti, l'istituto di previdenza può ridurre le prestazioni per i superstiti o quelle d'invalidità nella BGE 118 V 239 S. 246 misura in cui, aggiunte ad altri redditi conteggiabili, superano il 90% del guadagno presumibilmente perso dall'assicurato (cpv. 1). Sono considerati redditi conteggiabili le rendite e le prestazioni in capitale, al loro valore di trasformazione in rendite, provenienti da assicurazioni sociali e da istituti di previdenza svizzeri ed esteri, ad eccezione degli assegni per grandi invalidi, delle indennità per menomazione dell'integrità e di prestazioni analoghe. È inoltre conteggiato il reddito dell'attività lucrativa conseguito da beneficiari di prestazioni d'invalidità (cpv. 2). Per il cpv. 1 dell' art. 25 OPP 2 , il quale regolamenta il coordinamento con l'assicurazione contro gli infortuni e l'assicurazione militare, l'istituto di previdenza può escludere il versamento di prestazioni per superstiti o d'invalidità se l'assicurazione contro gli infortuni o l'assicurazione militare sono già obbligate a fornire prestazioni per lo stesso evento assicurato. Chiamato ad esprimersi sulla legalità di quest'ultimo disposto, il Tribunale federale delle assicurazioni ha affermato che, nella misura in cui autorizza gli istituti di previdenza a escludere il versamento di prestazioni per i superstiti o d'invalidità se l'assicurazione contro gli infortuni o l'assicurazione militare sono obbligate a prestare per lo stesso evento assicurato, il disposto è contrario alla legge, in quanto riferito alla previdenza obbligatoria ( DTF 116 V 189 ). Giusta l' art. 51 del regolamento del 24 novembre 1987 il FEOC corrisponde le sue rendite per superstiti e quelle per invalidi se esse, insieme con i redditi imputabili, non superano il 90% dell'ultimo salario determinante, redditi imputabili essendo considerati le rendite o le prestazioni in capitale trasformate in rendite di assicurazioni sociali e istituti di previdenza svizzeri ed esteri ad eccezione di indennità per bisognosi, liquidazioni e prestazioni simili, fermo restando inoltre che ai beneficiari di rendite d'invalidità viene imputato il reddito del lavoro che essi continuano a riscuotere. L' art. 52 del medesimo regolamento prevede che il FEOC esclude la concessione di rendite per superstiti o per invalidi se per lo stesso evento devono versare le prestazioni "l'assicurazione contro gli infortuni o l'assicurazione militare". b) Nell'evenienza concreta rettamente i primi giudici hanno considerato non essere computabile la rendita versata dalla compagnia assicurativa Zurigo per le conseguenze dell'infortunio, non potendo simile assicurazione essere annoverata fra le "assicurazioni sociali" ai sensi dell' art. 24 OPP 2 né essere considerata "assicurazione contro gli infortuni" giusta l' art. 52 del regolamento. Per quanto attiene al BGE 118 V 239 S. 247 primo punto, il Tribunale federale delle assicurazioni ha già avuto modo di affermare che in tale tipo di assicurazione non è ravvisabile un'assicurazione sociale, irrilevante essendo che essa sia stata obbligatoria in virtù del diritto cantonale e che il datore abbia contribuito al pagamento dei premi (cfr. DTF 117 V 346 consid. 4b/cc). Per quel che concerne il secondo punto deve ovviamente essere ritenuto che l'espressione "assicurazione contro gli infortuni", formulata al singolare, accanto ad "assicurazione militare", il che corrisponde del resto al testo dell' art. 25 OPP 2 , non può che riferirsi all'assicurazione infortuni giusta la LAINF - dal 1o gennaio 1984 - rispettivamente secondo la LAMI - precedentemente a questa data - ogni altra assicurazione essendo esclusa. Può certo essere rilevato che il nuovo regolamento FEOC del 4 agosto 1989, avente effetto retroattivo al 1o gennaio 1986, prevede all'art. 9 che le prestazioni regolamentari d'invalidità e di decesso vengono proporzionalmente ridotte se, unitamente a prestazioni di terzi, ossia, segnatamente prestazioni di un'altra assicurazione, per la quale il datore di lavoro o un'istituzione di previdenza del datore di lavoro hanno pagato dei premi, e al salario eventualmente corrisposto, superano il 90% del reddito che viene presumibilmente a mancare. Ma questa norma, per i motivi prima esposti (cfr. consid. 3b), non può esplicare effetti nei confronti dell'assicurata. Incensurabile, e incontestato del resto, è il giudizio cantonale nella misura in cui ritiene dover essere tenuto conto ai fini di un eventuale sovraindennizzo, della mezza rendita dell'assicurazione per l'invalidità e dover essere data applicazione per l'altra metà all' art. 15 OPP 2 , il quale dispone che se l'assicurato beneficia di una mezza rendita d'invalidità, l'istituto divide l'avere di vecchiaia in due parti uguali, nel senso che una metà è trattata secondo l'art. 14, l'altra essendo assimilata all'avere di vecchiaia di un assicurato che esercita un'attività lucrativa a tempo completo, ritenuto che in caso di scioglimento del rapporto di lavoro sarà trattata secondo gli art. 29 e 30 LPP . 5. Dato quanto precede, l'opinione dei primi giudici è incensurabile. Il giudizio cantonale deve comunque essere riformato nella misura in cui fa obbligo al FEOC di procedere al calcolo della prestazione assicurativa. Infatti, in materia di LPP non è lecito all'autorità giudiziaria di primo grado rinviare all'amministrazione, essendo compito del giudice dire se una richiesta trovi fondamento nel diritto applicabile, ad un istituto di previdenza non potendo essere fatto obbligo di modificare una BGE 118 V 239 S. 248 sua dichiarazione unilaterale di volontà (cfr. DTF 117 V 348 consid. 7 e 115 V 239; vedi pure DTF 117 V 237 e 329). Il Tribunale cantonale delle assicurazioni avrebbe quindi dovuto procedere al calcolo della prestazione previdenziale: gli atti devono pertanto essere rinviati a questa autorità perché determini la rendita d'invalidità spettante all'opponente. Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale delle assicurazioni pronuncia: Il ricorso di diritto amministrativo è respinto, il giudizio querelato essendo riformato e gli atti rinviati all'autorità giudiziaria di primo grado, nel senso dei considerandi.
null
nan
it
1,992
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
88d5eb2f-335d-47d0-9272-482fdc1aef4b
Urteilskopf 113 Ia 12 2. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Februar 1987 i.S. E. gegen Staatsanwaltschaft und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; § 10 Abs. 3 lit. a StPO /BS, Anspruch auf einen amtlichen Verteidiger. Es verstösst gegen Art. 4 BV , wenn der Anspruch eines Angeschuldigten auf Beigabe eines Offizialverteidigers verneint wird, obgleich im betreffenden Fall die Voraussetzungen dieses Anspruchs nach dem Wortlaut des massgebenden kantonalen Rechts ( § 10 Abs. 3 lit. a StPO /BS) erfüllt sind. Eine Auslegung dieser Vorschrift gegen ihren Wortlaut lässt sich mit sachlichen Gründen nicht vertreten (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 113 Ia 12 S. 12 E. wurde in Basel wegen gewerbsmässigen Diebstahls und wiederholten und fortgesetzten Konsums von Betäubungsmitteln in Strafuntersuchung gezogen. Die Staatsanwaltschaft beantragte, ihn mit zehn Monaten Gefängnis zu bestrafen. Am 29. August 1986 ersuchte E. um Bewilligung der Offizialverteidigung. Der Strafgerichtspräsident lehnte das Gesuch mit Verfügung vom 1. September 1986 ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 18. September 1986 abgewiesen. Gegen das Urteil des Appellationsgerichts reichte E. staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es auf sie eintreten kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Anspruch eines Angeschuldigten auf Beigabe eines Verteidigers von Amtes wegen beurteilt sich in erster Linie nach BGE 113 Ia 12 S. 13 dem massgebenden kantonalen Strafprozessrecht. Allgemein hat das Bundesgericht gewisse Mindestanforderungen aufgestellt, bei deren Vorliegen sich der Anspruch auf amtliche Verteidigung unmittelbar aus dem Gleichheitssatz ( Art. 4 BV ) ergibt. Dies trifft zu, wenn dem Angeschuldigten eine Strafe droht, bei der wegen ihrer Dauer der bedingte Strafvollzug nicht mehr möglich ist; ferner dann, wenn zwar eine weniger schwere Strafe droht, der Fall aber in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht Schwierigkeiten bietet, deren Beurteilung und Erörterung die Fähigkeiten des Angeschuldigten übersteigt; hiervon ausgenommen sind lediglich Bagatellfälle ( BGE 103 Ia 5 E. 2; BGE 102 Ia 89 ff.). Der Beschwerdeführer anerkennt ausdrücklich, dass der so umschriebene, unmittelbar aus Art. 4 BV fliessende Anspruch auf amtliche Verteidigung im vorliegenden Fall nicht verletzt worden ist; indessen rügt er eine willkürliche Anwendung der massgebenden kantonalrechtlichen Bestimmung. Da die Kantone die unentgeltliche Verteidigung auch in weitergehendem Masse gewähren können, als sie dem Angeschuldigten bereits aufgrund von Art. 4 BV zusteht, ist im folgenden zu prüfen, ob das kantonale Recht willkürfrei angewendet worden sei. 3. a) § 10 Abs. 3 lit. a der Strafprozessordnung des Kantons Basel-Stadt vom 15. Oktober 1931 (StPO) lautet: "Ist ein Angeschuldigter unvermögend, so wird ihm auf sein Begehren von Amtes wegen ein Advokat als Verteidiger beigegeben, a) sofern der gesetzliche Strafrahmen eine Höchststrafe von fünf Jahren Zuchthaus überschreitet." Das Recht des Kantons Basel-Stadt stellt somit klarerweise für die Beurteilung der Frage nach der notwendigen Verteidigung nicht auf die im konkreten Einzelfall in Aussicht stehende, sondern auf die vom Gesetzgeber in abstrakter Form angedrohte Freiheitsstrafe ab. Es unterscheidet sich in diesem Punkte von den analogen Gesetzen der meisten anderen Kantone und auch von der dargelegten bundesgerichtlichen, lediglich die Minimalanforderungen umschreibenden Rechtsprechung. Es bedarf keiner weiteren Ausführungen, dass eine solche, für den Angeschuldigten günstigere Lösung der Verteidigungsfrage nicht gegen eidgenössisches Verfassungsrecht verstossen kann. b) Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt macht geltend, die vorstehend wiedergegebene Bestimmung sei "unglücklich abgefasst", das Abstellen auf den abstrakten Strafrahmen führe dazu, dass z.B. ein kleiner Ladendieb nach zwei Diebstählen BGE 113 Ia 12 S. 14 bereits Anspruch auf einen Offizialverteidiger hätte. Ausschlaggebend müsse der gesetzgeberische Gedanke sein, der im Gesetzeswortlaut immer nur einen unvollkommenen Ausdruck finde. Dieser Gedanke bestehe in der hier zu beurteilenden Frage darin, dass Offizialverteidigung immer dann zu gewähren sei, wenn der Angeschuldigte konkret mit einer längeren Freiheitsstrafe rechnen müsse. Das treffe in Fällen wie dem vorliegenden, wo nur eine verhältnismässig kurze Freiheitsstrafe drohe, nicht zu, weshalb vom Wortlaut des Gesetzestextes abgewichen werden dürfe. Dieses Vorgehen stehe mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Minimalanspruch, wie sie vorstehend dargelegt wurde, in Einklang, und das Bundesgericht habe diese Praxis in seinem Urteil BGE 103 Ia 4 ff. nicht beanstandet, sondern die Frage ausdrücklich offengelassen. Wenn möglicherweise einzelne erstinstanzliche Strafgerichtspräsidenten eine andere Praxis befolgten, so sei dies für das Appellationsgericht bedeutungslos. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Entscheid und die erwähnte Begründung für willkürlich. Zur Stützung seines Standpunktes verweist er auf den Gesetzeswortlaut, auf die Entstehungsgeschichte der Norm sowie darauf, dass die erstinstanzlichen Gerichtspräsidenten im Kanton Basel-Stadt § 10 Abs. 3 lit. a StPO teils nach seinem Wortlaut, teils nach der engeren Praxis des Appellationsgerichtes anwendeten, was zu einer Rechtsungleichheit führe. c) Der Wortlaut der vorstehend angeführten Norm ist an sich unzweideutig, was das Gericht sinngemäss selbst anerkennt. Auch kann er nicht gegen eidgenössisches Verfassungsrecht verstossen, da er den Angeschuldigten nicht weniger, sondern mehr Rechte einräumt als die vom Bundesgericht aus Art. 4 BV abgeleiteten Minimalansprüche. Dies bedeutet noch nicht, dass die Auslegung der Norm gegen ihren Wortlaut von vornherein ausgeschlossen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein solches Abweichen vom Text vielmehr dann zulässig, wenn triftige Gründe zur Annahme bestehen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte, aus Sinn und Zweck der Vorschrift und aus dem Zusammenhang mit anderen Gesetzesbestimmungen ergeben ( BGE 108 Ia 297 E. 2a; BGE 106 Ia 211 E. 5 mit Hinweis; ferner BERNHARD SCHNYDER, "Entgegen dem Wortlaut...", in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, BGE 113 Ia 12 S. 15 Festgabe 1975, S. 29 ff.; ULRICH HÄFELIN, Bindung des Richters an den Wortlaut des Gesetzes, in: Festschrift für Cyril Hegnauer, Bern 1986, S. 111 ff.). Gründe dieser Art sind indessen hier, entgegen der Auffassung des Appellationsgerichtes, nicht ersichtlich. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Materialien aus den Jahren 1926-1929 zeigen, dass der Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt bewusst die abstrakte Strafandrohung als Massstab für die notwendige Verteidigung gewählt hat, wobei darüber diskutiert wurde, ob die Grenze - nach altem kantonalem Strafrecht - bei vier oder fünf Jahren Freiheitsentzug zu ziehen sei. Dabei herrschte offensichtlich eine weitherzige Auffassung vor. Aus dem Bericht der Kommission des Grossen Rates vom 4. April 1929 ergibt sich, dass diese die notwendige Verteidigung verglichen mit dem früheren Rechtszustand in vermehrtem Masse gewähren wollte und sich sogar die Frage gestellt hat, ob nicht vor Strafgericht jedem Angeschuldigten ein Verteidiger beizugeben sei (Prot. S. 37). Historische Gründe rechtfertigen somit ein Abweichen vom Wortlaut des Gesetzes jedenfalls nicht. Der Vollständigkeit halber sei beigefügt, dass das Appellationsgericht selbst nicht geltend macht, das Inkrafttreten des Schweizerischen Strafgesetzbuches im Jahre 1942 habe hinsichtlich der Strafandrohungen eine fundamental andere Lage geschaffen, so dass die Bestimmungen über die notwendige Verteidigung aus diesem Grunde nicht mehr nach ihrem Wortlaut angewendet werden könnten. Es lässt sich auch nicht sagen, Sinn und Zweck der Vorschrift stünden einer wortgetreuen Anwendung entgegen. Wohl führt diese dazu, dass gelegentlich Angeklagte in den Genuss der Offizialverteidigung gelangen, bei denen dies, gemessen an den Minimalgarantien gemäss Art. 4 BV , nicht unbedingt erforderlich wäre; es ist jedoch nicht ersichtlich, weshalb ein Kanton in dieser Hinsicht nicht weitherziger sein dürfte (vgl. Art. 64bis Abs. 2 BV ). Beispiele für das Gegenteil, nämlich dafür, dass nach dem Wortlaut der fraglichen Bestimmung Offizialverteidigung in bestimmten Fällen nicht gewährt werden könnte, wo sie von der Sache her erforderlich oder mindestens wünschenswert wäre, führt das Appellationsgericht nicht an. Schliesslich ist auch nicht ersichtlich, dass andere Gesetzesbestimmungen bestünden, deren Heranziehung eine Auslegung des Gesetzes entgegen seinem Wortlaut geböten. Das Appellationsgericht verweist auf das in BGE 103 Ia 4 veröffentlichte Urteil des Bundesgerichtes; doch lässt sich daraus, BGE 113 Ia 12 S. 16 entgegen seiner Auffassung, nichts zugunsten seines Standpunktes herleiten. Das Bundesgericht hat in jenem Falle wörtlich ausgeführt: "Da die StPO auf den gesetzlichen Strafrahmen abstellt, wäre zu berücksichtigen, dass die Straftaten, welche das Strafgericht dem Beschwerdeführer zur Last legt, alle mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren als Höchststrafe bedroht sind (...). Man kann sich fragen, ob nicht im Hinblick auf Art. 68 StGB anzunehmen wäre, der gesetzliche Strafrahmen aller Delikte überschreite die Grenze von fünf Jahren Zuchthaus. Die Frage kann indessen offen bleiben." In der Folge gelangte das Bundesgericht zum Ergebnis, die Verweigerung eines Offizialverteidigers sei im konkreten Falle schon wegen der Schwierigkeit der Sache weder mit dem einschlägigen § 10 Abs. 3 lit. c StPO noch mit den sich unmittelbar aus Art. 4 BV ergebenden Minimalanforderungen vereinbar gewesen. Verhielt es sich aber so, dann kann daraus, dass das Bundesgericht zur Anwendbarkeit von § 10 Abs. 3 lit. a StPO in diesem Urteil bewusst nicht Stellung genommen hat, nichts zugunsten der Auslegung gegen den Wortlaut abgeleitet werden; die vorstehend wiedergegebenen beiden Sätze sprechen eher für die gegenteilige Auffassung. Sodann ist auch der vom Beschwerdeführer erwähnte, im Urteil des Appellationsgerichtes nicht in Abrede gestellte Umstand zu berücksichtigen, dass die Praxis der erstinstanzlichen Strafgerichtspräsidenten in der hier streitigen Frage uneinheitlich ist und dass es dem Appellationsgericht - da bei Gewährung der Offizialverteidigung durch die erste Instanz keine beschwerdelegitimierte Partei vorhanden sein dürfte - praktisch nicht möglich ist, seine Auffassung innerhalb des Kantons durchzusetzen. Die sich hieraus notwendigerweise ergebende Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit bildet einen zusätzlichen Grund, um hier die Notwendigkeit der Auslegung einer gesetzlichen Bestimmung gegen ihren Wortlaut nicht als berechtigt anzuerkennen. Abschliessend darf darauf hingewiesen werden, dass eine zurückhaltende Anwendung der "Auslegung gegen den Wortlaut" auch in der neuesten einschlägigen wissenschaftlichen Literatur gefordert wird (ULRICH HÄFELIN, a.a.O., Schlussbetrachtung, S. 138/139). Nach dem Gesagten lässt sich die Auffassung des Appellationsgerichts, bei der Auslegung von § 10 Abs. 3 lit. a StPO dürfe vom Wortlaut der Vorschrift abgewichen werden, mit sachlichen BGE 113 Ia 12 S. 17 Gründen nicht vertreten. Das Gericht verletzte daher Art. 4 BV , wenn es einen Anspruch des Beschwerdeführers auf Beigabe eines Offizialverteidigers verneinte, obgleich die Voraussetzungen dieses Anspruchs nach dem Wortlaut der kantonalen Vorschrift erfüllt waren, da die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Straftat (gewerbsmässiger Diebstahl) gemäss Art. 137 Ziff. 1bis StGB mit einer Höchststrafe von mehr als fünf Jahren Zuchthaus bedroht ist. Die staatsrechtliche Beschwerde ist deshalb gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann, und der angefochtene Entscheid aufzuheben.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_002
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Federation
88db79d1-c8ab-4938-9c5e-1fbc571a756b
Urteilskopf 126 V 390 64. Auszug aus dem Urteil vom 23. Oktober 2000 i.S. L. gegen Öffentliche Arbeitslosenkasse Basel-Stadt und Kantonale Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung Basel-Stadt
Regeste Art. 11 Abs. 3 AVIG ; Art. 5 Abs. 4 AHVG ; Art. 6 Abs. 2 lit. i und k, Art. 6bis und Art. 7 AHVV : Arbeitslosenversicherungsrechtliche Bedeutung freiwilliger Abgangsentschädigungen ohne Vorsorgecharakter. Die Weisung des Bundesamtes für Wirtschaft und Arbeit vom 15. Mai 1998, wonach freiwillige Abgangsentschädigungen ohne Vorsorgecharakter rückwirkend ab 18. März 1998 unabhängig von ihrer AHV-rechtlichen Qualifizierung für die Arbeitslosenversicherung unberücksichtigt bleiben und somit keinen Einfluss auf Beginn und Höhe der Arbeitslosenentschädigung ausüben, ist gesetzwidrig, wird aber von der Verwaltung seit ihrem Erlass konsequent angewendet, weshalb die Gleichbehandlung im Unrecht der Gesetzmässigkeit des Verwaltungshandelns vorgeht.
Erwägungen ab Seite 391 BGE 126 V 390 S. 391 Aus den Erwägungen: 4. Das damalige Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA; ab 1. Juli 1999: Staatssekretariat für Wirtschaft [seco]) hatte gestützt auf die Rechtsprechung (nicht veröffentlichtes Urteil B. vom 5. September 1996) in einem Kreisschreiben vom 18. März 1998 festgehalten, freiwillige Abgangsentschädigungen seien in Übereinstimmung mit der AHV-rechtlichen Qualifikation als Lohn zu betrachten, mit der Folge, dass gegebenenfalls während einer diesem Lohn entsprechenden Zeitspanne kein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestand. Dieses Kreisschreiben wurde nach Gesprächen mit den Sozialpartnern mit Weisung vom 15. Mai 1998 rückwirkend aufgehoben. Das hatte zur Folge, dass die seither gestützt auf das Kreisschreiben erlassenen Verfügungen aufzuheben und die Fälle im Lichte der neuen Praxis (gemäss Weisung vom 15. Mai 1998) zu beurteilen waren. Betroffen waren somit sämtliche am 18. März 1998 oder später hängigen Fälle, unabhängig davon, wann sich der ihnen zu Grunde liegende Sachverhalt ereignet hatte ( BGE 120 V 131 Erw. 3a in initio). Die neue Verwaltungspraxis wurde mithin auf den 18. März 1998 eingeführt. (...) 5. Voraussetzung für die Anwendung der neuen Rechtspraxis ist aber, dass sie gesetz- und verfassungsmässig ist. a) Nach der Rechtsprechung ist bei der Beurteilung der Anspruchsberechtigung im Sinne von Art. 11 Abs. 3 AVIG auf die AHV-Gesetzgebung ( Art. 5 Abs. 4 AHVG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 AHVV ) abzustellen. Daraus ergibt sich, dass auf dem massgebenden Lohn Beiträge zu entrichten sind und im Gegenzug die diesem Lohnwert entsprechende Ausfallzeit nicht zu entschädigen ist (Erw. 2a des erwähnten nicht veröffentlichten BGE 126 V 390 S. 392 Urteils B. vom 5. September 1996). Abgangsentschädigungen und freiwillige Vorsorgeleistungen gehören zum massgebenden Lohn, soweit ihnen nicht Sozialleistungs- oder Vorsorgecharakter zukommt (Erw. 2b des genannten Urteils B.). Die Weisung vom 15. Mai 1998 ist somit gesetzwidrig. b) Die dem Beschwerdeführer ausgerichtete Zahlung von 26'471 Franken stellt eine Entschädigung für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und das damit verbundene Risiko eines Lohnausfalles wegen Arbeitslosigkeit dar. Vorsorgecharakter kommt dieser Leistung nicht zu, ist sie doch nicht zur Deckung der Risiken Alter, Invalidität oder Tod bestimmt. Gestützt auf das erwähnte Urteil B. ist folglich die diesem Lohn entsprechende Ausfallzeit von der Arbeitslosenversicherung nicht zu entschädigen. 6. Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer allenfalls unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung im Unrecht Anspruch auf die Anwendung der neuen Rechtspraxis hat. a) Nach der Rechtsprechung geht der Grundsatz der Gesetzmässigkeit der Verwaltung in der Regel der Rücksicht auf die gleichmässige Rechtsanwendung vor. Der Umstand, dass das Gesetz in anderen Fällen nicht oder nicht richtig angewendet worden ist, gibt dem Bürger und der Bürgerin grundsätzlich keinen Anspruch darauf, ebenfalls abweichend vom Gesetz behandelt zu werden. Das gilt jedoch nur, wenn lediglich in einem einzigen oder in einigen wenigen Fällen eine abweichende Behandlung dargetan ist. Wenn dagegen die Behörde die Aufgabe der in anderen Fällen geübten gesetzwidrigen Praxis ablehnt, kann der Bürger oder die Bürgerin verlangen, dass die gesetzwidrige Begünstigung, die den Dritten zuteil wird, auch ihm bzw. ihr gewährt werde, soweit dies nicht andere legitime Interessen verletzt. Die Anwendung der Gleichbehandlung im Unrecht setzt als Vorbedingung voraus, dass die zu beurteilenden Sachverhalte identisch oder zumindest ähnlich sind ( BGE 116 V 238 Erw. 4b, BGE 115 V 238 Erw. 7b/bb f., je mit Hinweisen; BGE 106 V 119 Erw. 3; RKUV 1987 Nr. K 710 S. 27 Erw. 3b; ANDREAS AUER, L'égalité dans l'illégalité, in: ZBl 1978 S. 297; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 73 f.; MEYER-BLASER, Die Bedeutung von Art. 4 BV für das Sozialversicherungsrecht, in: ZSR 1992, 2. Halbbd., S. 417; JÖRG-PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, Bern 1991, S. 223 f.). b) Vorliegend hat das BWA das anders lautende Kreisschreiben vom 18. März 1998 gestützt auf Gespräche mit den Sozialpartnern BGE 126 V 390 S. 393 widerrufen und mit der Weisung vom 15. Mai 1998 eine neue Praxis eingeführt. Diese wurde damit begründet, dass die Beibehaltung der alten, laut dem erwähnten nicht veröffentlichten Urteil B. gesetzmässigen Praxis die sozialpolitisch unerwünschte Folge haben könnte, dass in Zukunft bei Entlassungen weniger oder gar keine Sozialpläne ausgearbeitet werden. Die neue Praxis wurde daher im Interesse des Einvernehmens zwischen den Sozialpartnern und des für den sozialen Frieden wichtigen Instituts des Sozialplanes erlassen. Der Verwaltung schien bewusst zu sein, dass ihr Vorgehen vom Gesetz womöglich nicht gedeckt war. Daher kündigte sie zusammen mit dem Erlass der neuen Weisung an, im Rahmen der nächsten ordentlichen Gesetzesrevision werde diese Frage neu beurteilt und klar geregelt. Die auch in der Presse veröffentlichte neue Verwaltungspraxis fand in den nunmehr zweieinhalb Jahren ihrer Geltung auf zahlreiche Fälle, namentlich im Zusammenhang mit Restrukturierungsmassnahmen grosser Firmen, Anwendung. Somit liegt eine konstante gesetzeswidrige Praxis vor und besteht Grund zur Annahme, die Verwaltung sei nicht gewillt, in Zukunft anders zu entscheiden. Vielmehr will sie ihre Praxis bei nächster Gelegenheit (AVIG-Revision 2003) gesetzlich absichern. Dies hat das seco in der (im vorliegenden Verfahren eingeholten) Auskunft vom 4. September 2000 ausdrücklich bestätigt. Aus diesen Gründen ist vorliegend ausnahmsweise dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Vorrang vor jenem der Gesetzmässigkeit des Verwaltungshandelns einzuräumen.
null
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88dc198f-419f-4897-b6bc-56b1a69a584d
Urteilskopf 141 II 50 3. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Einwohnergemeinde Golaten (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_193/2013 vom 4. Dezember 2014
Regeste Zonenplanrevision; Zuweisung eines Gebiets in die Intensivlandwirtschaftszone; Anwendbarkeit des Konzentrationsprinzips; Legitimation zur Rüge der Verletzung dieses Prinzips ( Art. 16a Abs. 3 RPG ; Art. 111 und 89 Abs. 1 BGG ). Allgemeine Grundsätze betreffend die Legitimation zur Anfechtung von Bau- und Planungsentscheiden (E. 2.1 und 2.2). Auf Intensivlandwirtschaftszonen ist das für Bauzonen geltende Konzentrationsprinzip analog anzuwenden (E. 2.5). Wird ein Grundeigentümer durch die Zuweisung eines Gebiets in die Intensivlandwirtschaftszone belastet, ist er berechtigt zu rügen, diese Zuweisung verletze das Konzentrationsprinzip. Die Prüfung dieser Rüge erfordert eine Gesamtbeurteilung der kommunalen Nutzungsplanung (E. 2.6).
Sachverhalt ab Seite 51 BGE 141 II 50 S. 51 A. Die Gemeindeversammlung von Golaten beschloss am 2. Juni 2010 eine Revision der Ortsplanung, bestehend aus Zonen- und Schutzzonenplan, Baureglement und Richtplan, und wies dabei im Zonenplan elf Gebiete der Intensivlandwirtschaftszone für Gewächshäuser zu. Eine solche Zone wurde namentlich auf der Südseite des Dorfes Golaten ausgeschieden. Die daran nördlich angrenzende und in der Dorfkernzone gelegene Parzelle Nr. x. steht im Eigentum von A., der gegen die Revision der Ortsplanung Einsprache erhob. B. Am 6. Dezember 2010 genehmigte das Amt für Gemeinden und Raumordnung des Kantons Bern die Ortsplanungsrevision der Gemeinde Golaten vom 2. Juni 2010 (mit Ausnahme einer Intensivlandwirtschaftszone im Richtplan) und wies die Einsprache von A. ab. Dieser erhob dagegen eine Beschwerde, welche die Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektion (JGK) des Kantons Bern am 15. September 2011 abwies, soweit sie darauf eintrat. Diesen Entscheid focht A. mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern an, das diese mit Urteil vom 14. Januar 2013 namentlich bezüglich der Ausscheidung von Intensivlandwirtschaftszonen abwies, soweit es darauf eintrat. C. A. (Beschwerdeführer) erhebt gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. Januar 2013 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem sinngemässen Antrag, das angefochtene Urteil im Punkt "Ausscheidung von Intensivlandwirtschaftszonen" aufzuheben und zu neuem Entscheid an die Gemeinde Golaten zurückzuweisen. Die Gemeinde Golaten und das Verwaltungsgericht ersuchen um Abweisung der Beschwerde. Die JGK hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Beschwerdeführer und die Gemeinde Golaten halten in weiteren Eingaben an ihren Anträgen fest. BGE 141 II 50 S. 52 Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung hat der Beschwerde am 15. April 2013 die aufschiebende Wirkung zuerkannt. D. Am 4. Dezember 2014 wurde die Sache in öffentlicher Sitzung beraten. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gemäss Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung besitzt (lit. c). Verlangt ist somit neben der formellen Beschwer, dass der Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht. Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein ( BGE 137 II 30 E. 2.2.2 S. 34). Liegt diese besondere Beziehungsnähe vor, braucht das Anfechtungsinteresse nicht mit dem Interesse übereinzustimmen, das durch die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Normen geschützt wird (Urteil 1C_236/2010 vom 16. Juli 2010 E. 1.4 mit Hinweisen). Er kann daher die Überprüfung eines Bauvorhabens im Lichte all jener Rechtssätze verlangen, die sich rechtlich oder tatsächlich in dem Sinne auf seine Stellung auswirken, dass ihm im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht. Nicht zulässig ist hingegen das Vorbringen von Beschwerdegründen, mit denen einzig ein allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird, ohne dass dem Beschwerdeführer im Falle des Obsiegens ein Vorteil entsteht ( BGE 137 II 30 E. 2.2.3 S. 34; BGE 139 II 499 E. 2.2 S. 504; je mit Hinweisen). Entsprechend diesen Grundsätzen können bei der Planung von Hochspannungsleitungen die in räumlicher Hinsicht betroffenen Personen nicht nur Mängel des Projekts in ihrer unmittelbaren Umgebung geltend machen, sondern innerhalb des Planungsperimeters die Notwendigkeit des Neubaus und die Linienführung in Frage stellen, soweit der gerügte Mangel zu einer Aufhebung oder Änderung der Linienführung im Nahbereich dieser Personen führen und ihnen damit einen konkreten Vorteil verschaffen könnte ( BGE 139 II 499 E. 2.3 S. 505 mit Hinweisen). BGE 141 II 50 S. 53 2.2 Gemäss Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG (SR 700) gewährleistet das kantonale Recht gegen Verfügungen betreffend die Raumplanung die Legitimation mindestens im gleichen Umfang wie für die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht. Zudem sieht Art. 111 Abs. 1 und 3 BGG die Einheit des Verfahrens vor. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die kantonalen Behörden die Rechtsmittelbefugnis nicht enger fassen dürfen, als dies für die Beschwerde an das Bundesgericht vorgesehen ist (Urteil 1C_82/2007 vom 19. November 2007 E. 3.1). 2.3 Die Vorinstanz führte bezüglich der Legitimation des Beschwerdeführers unter Berufung auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung aus, ein Nachbar sei nur in dem Umfang zur Anfechtung von Planfestsetzungen legitimiert, als diese sich wegen der räumlichen Nähe auf seine Parzelle nachteilig auswirken könnten. Der Beschwerdeführer sei von der Zuordnung des südlich an seine Parzelle angrenzenden Gebiets zur Intensivlandwirtschaftszone beschwert und insoweit zur Beschwerde befugt. Seine Vorbringen zu den übrigen Intensivlandwirtschaftszonen hingegen würden allgemeine öffentliche Interessen betreffen. Diese Zonen würden das Grundstück des Beschwerdeführers angesichts des Abstands dazu nicht beeinträchtigen. Der Beschwerdeführer sei daher nur bezüglich der an seine Parzelle angrenzenden Intensivlandwirtschaftszone beschwerdebefugt. Soweit er die Festlegung der weiteren Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet beanstande, sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Ergebnis zutreffend habe somit auch die JGK ihre Prüfung auf diese angrenzende Zone beschränkt. 2.4 Der Beschwerdeführer rügt, diese Beschränkung seiner Legitimation widerspreche Art. 89 Abs. 1 BGG , weil sie die Überprüfung des raumplanerischen Konzepts sowie der raumplanerischen Interessenabwägung verunmögliche. Die Vorinstanz habe nicht beachtet, dass die Rüge der Missachtung des Konzentrationsprinzips eine Überprüfung der Anordnung und Dimensionierung aller Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet erfordere, um die umfassende raumplanerische Interessenabwägung zu ermöglichen. Diese Überprüfung könne zu einer Redimensionierung der Intensivlandwirtschaftszone vor seiner Liegenschaft führen und verschaffe ihm damit einen praktischen Nutzen. 2.5 Mit der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom 20. März 1998 hat der Gesetzgeber in Art. 16a Abs. 3 RPG die Ausscheidung BGE 141 II 50 S. 54 von Intensivlandwirtschaftszonen erlaubt, in denen bodenunabhängige Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaftszone als zonenkonform gelten (Urteil 1C_561/2012 vom 4. Oktober 2013 E. 2.4.3 und 2.4.4). Intensivlandwirtschaftszonen zählen somit nach der bundesrechtlichen Systematik zu den Nichtbauzonen. Faktisch handelt es sich bei ihnen jedoch um "landwirtschaftliche Bauzonen", da sie im Ergebnis bauliche Tätigkeit relativ weitgehend zulassen (Urteil 1C_157/2009 vom 26. November 2009 E. 3.2.4 mit Hinweisen, in: ZBl 2011 S. 220). Dies rechtfertigt gemäss der zutreffenden Meinung der Vorinstanz, das bezüglich Bauzonen geltende Konzentrationsprinzip sinngemäss auch auf Intensivlandwirtschaftszonen anzuwenden. Entsprechend wird in den vom Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) herausgegebenen Erläuterungen zum neuen Raumplanungsrecht ausgeführt, ein Wildwuchs einzelner Bauten und Anlagen für die bodenunabhängige Produktion in zufälliger Verteilung über den gesamten Landschaftsraum sei zu verhindern; anzustreben sei eine Zusammenfassung der Bedürfnisse an einem Standort pro Planungsgebiet (ARE, Ausscheidung von Zonen nach Artikel 16a Absatz 3 RPG in Verbindung mit Artikel 38 RPV, in: Neues Raumplanungsrecht, Teil II, 2000/2001, S. 3). 2.6 Der Beschwerdeführer wird durch die Zuweisung des südlich an seine Liegenschaft angrenzenden Gebiets zur Intensivlandwirtschaftszone in räumlicher Hinsicht belastet. Er ist daher befugt, die Verletzung des Konzentrationsprinzips hinsichtlich der Anordnung der auf dem Gemeindegebiet vorgesehenen Intensivlandwirtschaftszonen zu rügen, weil eine Zusammenfassung dieser über weite Teile des Gebiets verstreuten Zonen an einem oder wenigen Standorten dazu führen könnte, dass auf die an seine Parzelle angrenzende Intensivlandwirtschaftszone verzichtet oder diese verkleinert wird. Bei der Anwendung des Konzentrationsprinzips sind übergeordnete raumplanerische Aspekte zu beachten und widerstreitende Interessen bezüglich der Standortauswahl in ihrer Gesamtheit gegeneinander abzuwägen (vgl. BGE 132 II 209 E. 2.2.3 S. 216; ARE, a.a.O., S. 6). Demnach ist insoweit eine Gesamtbeurteilung der kommunalen Nutzungsplanung erforderlich, bei der alle im Planungsgebiet festgesetzten Intensivlandwirtschaftszonen in die Betrachtung einzubeziehen sind. Der Beschwerdeführer ist daher legitimiert, bezüglich des als verletzt gerügten Konzentrationsprinzips eine Gesamtbeurteilung der Intensivlandwirtschaftszonen auf dem Gemeindegebiet zu verlangen. Dies hat die Vorinstanz nicht beachtet. Sie prüfte zwar, ob BGE 141 II 50 S. 55 die Intensivlandwirtschaftszone südlich des Dorfes mit dem Konzentrationsprinzip vereinbar ist, fokussierte sich dabei jedoch auf diese Zone und die westlich des Dorfes Golaten und beidseits des Weilers Lachen vorgesehenen Intensivlandwirtschaftszonen. Mit dieser eingeschränkten Prüfung beging die Vorinstanz eine formelle Rechtsverweigerung. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese umfassend prüft, ob die Beachtung des Konzentrationsprinzips bezüglich der Anordnung aller Intensivlandwirtschaftszonen in der Gemeinde einen Verzicht auf die südlich des Dorfes Golaten vorgesehene Intensivlandwirtschaftszone oder deren Verkleinerung erfordert. Sollte die Vorinstanz diese Frage beim neuen Entscheid bejahen, müsste die Gemeinde die Intensivlandwirtschaftszonen unter Berücksichtigung des Konzentrationsprinzips neu planen und auflegen.
public_law
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
88dfb665-b37d-42b7-81ae-a0044eb1315d
Urteilskopf 110 IV 118 37. Estratto della sentenza della Camera d'accusa del 6 agosto 1984 nella causa P. e P. S.A. c. Ufficio federale di polizia (reclamo)
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Gesuch um Aufhebung einer Sicherstellungsverfügung; Art. 45, 47 Abs. 3, 34 IRSG . Das Rechtshilfegesetz sieht in bezug auf die Sicherstellung von Gegenständen, anders als hinsichtlich der Auslieferungshaft ( Art. 50 Abs. 3 IRSG ), nicht die Möglichkeit vor, jederzeit ein Gesuch um Aufhebung der Verfügung einzureichen. Nach Ablauf der Frist zur Anfechtung der Sicherstellungsverfügung bleibt dem Betroffenen nur die Möglichkeit der Beschwerde gegen den Entscheid, der gemäss Art. 34 IRSG (Sachauslieferung) die Auslieferung von Gegenständen und Vermögenswerten an den ersuchenden Staat anordnet, die als Beweismittel dienen können oder aus der strafbaren Handlung herrühren. Die Anklagekammer des Bundesgerichts ist diesbezüglich nicht zuständig.
Erwägungen ab Seite 118 BGE 110 IV 118 S. 118 Considerando in diritto: 1. Il sequestro litigioso è stato ordinato in applicazione degli art. 45 e 47 cpv. 3 AIMP il 20 aprile 1984 ed è stato confermato il 5 giugno 1984. Il termine di reclamo di dieci giorni stabilito dall'art. 48 cpv. 2 AIMP era da tempo scaduto il 31 luglio 1984, data in cui BGE 110 IV 118 S. 119 è stato proposto il reclamo, di guisa che questo è tardivo. L'AIMP non prevede, con riferimento ad un ordine di sequestro, la possibilità di presentare in ogni tempo una domanda di revoca, come invece fa per quanto concerne l'arresto (art. 50 cpv. 3). Al ricorrente P. non è quindi consentito di ovviare alla scadenza infruttuosa del termine presentando nell'ulteriore corso della procedura nuove domande di dissequestro. Nella lettera del 20 luglio 1984 dell'UFP (che si riferisce alla domanda di dissequestro del 17 luglio 1984) non può pertanto essere ravvisata una decisione ai sensi dell'art. 47 cpv. 3 AIMP. Pertanto egli potrà semmai ricorrere contro la decisione d'estradizione, nella misura in cui, in applicazione dell'art. 34 AIMP, essa statuisca sulla consegna allo Stato richiedente degli oggetti e beni che possono servire come mezzi di prova o che provengono dal reato. A ragione dunque l'UFP dichiara di voler allestire l'elenco definitivo degli oggetti da consegnare allo Stato richiedente dopo esame del memoriale d'opposizione all'estradizione. La Camera d'accusa del Tribunale federale non è competente a pronunciarsi su di un eventuale ricorso contro la decisione d'estradizione.
null
nan
it
1,984
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
88e198ec-7c67-4cd3-b083-060cdc44fbfd
Urteilskopf 126 III 93 19. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 2. März 2000 i.S. A. (Beschwerde)
Regeste Freihandverkauf ( Art. 130 SchKG ): Folgen für ein vertragliches Vorkaufsrecht ( Art. 51 Abs. 1 VZG ). Das vertragliche Vorkaufsrecht, das an dem auf dem Weg des Freihandverkaufs verwerteten Grundstück besteht, kann dem Erwerber gegenüber nicht ausgeübt werden.
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 126 III 93 S. 94 Die Liquidatorin im Nachlassverfahren (Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung) der X. zeigte A. am 29. Oktober 1999 an, dass mit Zustimmung des Gläubigerausschusses das Grundstück, an dem ihm ein vertragliches Vorkaufsrecht zusteht, freihändig an F. verkauft werde. Gleichzeitig verfügte sie, dass das Vorkaufsrecht F. überbunden werde, auf Grund von Art. 51 der Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG; SR 281.42) diesem gegenüber jedoch nicht ausgeübt werden könne. A. focht die Anordnung der Liquidatorin zum Vorkaufsrecht erfolglos bei der kantonalen Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen an. Die von ihm gegen deren Entscheid vom 28. Januar 2000 eingereichte Beschwerde weist die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts ebenfalls ab, soweit sie darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Art. 51 Abs. 1 VZG bestimmt, dass bei der Zwangsversteigerung vertraglich begründete Vorkaufsrechte nicht ausgeübt werden können. Diese Regelung deckt sich mit der Rechtsauffassung, wonach bei solchen Vorkaufsrechten nur ein auf dem freien Willen des Veräusserers beruhendes Rechtsgeschäft einen Vorkaufsfall begründe (dazu BGE 115 II 175 E. 4a S. 178; MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 161 zu Art. 681 [a]ZGB; HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, Zürcher Kommentar, N. 32 zu Art. 681/682 [a]ZGB). Auch wenn die angeführte Verordnungsbestimmung nur die (vollstreckungsrechtliche) Steigerung ausdrücklich erwähnt, fällt dem Sinne nach auch die andere Form der Zwangsverwertung, der Freihandverkauf, darunter (vgl. BGE 106 III 79 E. 4 S. 82; FRANCO LORANDI, Der Freihandverkauf im schweizerischen Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, Diss. St. Gallen 1993, S. 147; KURT AMONN, Ausgewählte Probleme der Zwangsverwertung von Grundstücken, in: Beiträge zum SchKG, Banken- und Steuerrecht, Bern 1997, S. 287). b) Auf Grund des Gesagten hat die kantonale Aufsichtsbehörde - wie schon die Liquidatorin - zu Recht festgehalten, dass der Beschwerdeführer das Vorkaufsrecht gegenüber dem Erwerber des im Sinne von Art. 130 (in Verbindung mit Art. 322) SchKG durch Freihandverkauf veräusserten Grundstücks nicht ausüben könne. Der Beschwerdeführer bringt nichts vor, was die dargelegte Praxis BGE 126 III 93 S. 95 in Frage zu stellen vermöchte. Der von ihm angeführte Vergleich mit dem Fall der Steigerung ist nicht stichhaltig: Der an der Steigerung teilnehmende Vorkaufsberechtigte muss, wie jeder andere Interessent, das höchste Angebot machen, um das Grundstück zugeschlagen zu erhalten; er hat nicht etwa einen Anspruch darauf, das Grundstück zu dem von einem Dritten gebotenen Preis zu übernehmen.
null
nan
de
2,000
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
88e2e766-811e-432d-a4d7-ebbde2983cc8
Urteilskopf 116 Ia 485 72. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Dezember 1990 i.S. G.Z. und weitere Beteiligte gegen Stadt Zürich, R., J. und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 58 Abs. 1 BV ; Ablehnung von nebenamtlichen Richtern. 1. Wenn die Zusammensetzung eines Gerichts nicht im voraus bekannt ist, kann von den Beschwerdeführern nicht verlangt werden, dass sie vorgängig Ablehnungsbegehren gegen bestimmte Mitglieder des Gerichts stellen (E. 2). 2. Ein als Richter amtender Anwalt erscheint befangen, wenn zu einer Partei ein noch offenes Mandat besteht oder er für eine Partei mehrmals anwaltlich tätig wurde (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 485 BGE 116 Ia 485 S. 485 Der Stadtrat von Zürich erliess am 19. November 1986 gestützt auf § 206 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG) die "Verordnung zum Schutz der Zürcher Altstadt" (SchutzV). Die Publikation des Beschlusses erfolgte am 2. Dezember 1986. Gegen BGE 116 Ia 485 S. 486 diesen Beschluss erhoben G.Z. und weitere Beteiligte am 15. bzw. 22. Dezember 1986 Rekurs bei der Baurekurskommission I des Kantons Zürich. Diese hiess die Rekurse mit Entscheid vom 11. November 1988 gut und hob die Schutzverordnung auf. Dagegen erhob der Stadtrat von Zürich Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Am 17. März 1989 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde gut, hob den Entscheid der Baurekurskommission I vom 11. November 1988 auf und stellte den Beschluss des Stadtrats von Zürich vom 19. November 1986 über den Erlass einer "Verordnung zum Schutz der Zürcher Altstadt" wieder her. An der Sitzung des Verwaltungsgerichts wirkten zwei vollamtliche Mitglieder des Verwaltungsgerichts und drei nebenamtliche Verwaltungsrichter, worunter die beiden Rechtsanwälte J. und R., mit. Gegen diesen Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich erhoben G.Z. und weitere Beteiligte staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Die Beschwerdeführer rügen in verfahrensrechtlicher Hinsicht unter anderem eine unrichtige Besetzung des Gerichts, weil die Rechtsanwälte R. und J. trotz Mandatsverhältnissen mit der Stadt Zürich als Richter am verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitgewirkt hätten. Das Bundesgericht heisst die staatsrechtliche Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführer erachten Art. 58 Abs. 1 BV wegen unrichtiger Besetzung des Gerichts als verletzt. a) Wenn wie vorliegend die Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts nicht umstritten sind, prüft das Bundesgericht auf staatsrechtliche Beschwerde hin mit freier Kognition, ob die Auslegung des kantonalen Prozessrechts mit den Garantien nach Art. 58 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK vereinbar ist ( BGE 116 Ia 33 E. 2a, BGE 114 Ia 52 E. 2b). b) Sowohl aufgrund von Art. 58 Abs. 1 BV als auch gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Einzelne einen Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unvoreingenommenen, unparteiischen und unbefangenen Richter beurteilt wird. Damit soll garantiert werden, dass keine Umstände, die ausserhalb des Prozesses liegen, in sachwidriger Weise zugunsten oder zu Lasten einer Partei auf das Urteil einwirken; es soll mit andern Worten verhindert werden, dass jemand als Richter tätig wird, der unter solchen Einflüssen BGE 116 Ia 485 S. 487 steht und deshalb kein "rechter Mittler" mehr sein kann. Voreingenommenheit in diesem Sinne ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung anzunehmen, wenn Umstände vorliegen, die geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit eines Richters zu erwecken. Solche Umstände können entweder in einem bestimmten persönlichen Verhalten des betreffenden Richters oder in gewissen funktionellen und organisatorischen Gegebenheiten begründet sein. In beiden Fällen wird aber nicht verlangt, dass der Richter deswegen tatsächlich befangen ist. Es genügt, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen. Bei der Beurteilung des Anscheins der Befangenheit und der Gewichtung solcher Umstände kann nicht auf das subjektive Empfinden einer Partei abgestellt werden; das Misstrauen in die Unvoreingenommenheit muss vielmehr in objektiver Weise begründet erscheinen ( BGE 116 Ia 33 f. E. 2b mit Hinweisen). c) Ein Richter oder Beamter ist so früh wie möglich abzulehnen. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Einwände dieser Art erst im Rechtsmittelverfahren vorzubringen, wenn der Mangel schon vorher hätte festgestellt werden können. Wer den Richter oder den Beamten nicht unverzüglich ablehnt, wenn er vom Ablehnungsgrund Kenntnis erhält, sondern sich stillschweigend auf den Prozess einlässt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Verfassungsbestimmung ( BGE 114 Ia 280 E. 3e, BGE 112 Ia 340 E. 1c). Nach der Verordnung über die Organisation und den Geschäftsgang des Verwaltungsgerichts vom 14. September 1961/25. April 1985 besteht das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich aus drei Kammern. Jedes Mitglied gehört einer Kammer an, ist jedoch zur Aushilfe in den anderen Kammern verpflichtet. Das Gericht besteht nach dem Beschluss des Kantonsrates über die Zahl der Mitglieder und Ersatzleute des Verwaltungsgerichts vom 4. März 1985 aus vier vollamtlichen und neun nebenamtlichen Mitgliedern sowie acht Ersatzleuten. Jedes Geschäft kann der einen oder der anderen Kammer zugeteilt werden (vgl. ALFRED KÖLZ, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, N. 1 zu § 38). In welcher Zusammensetzung über einen Fall entschieden wird, ist somit nicht im voraus bekannt. Der echte oder vermeintliche Organmangel konnte deshalb nicht vor der mit dem Urteil erfolgten Mitteilung der Besetzung des Gerichts festgestellt werden. Dass nicht schon im voraus Ablehnungsbegehren gegen BGE 116 Ia 485 S. 488 bestimmte Mitglieder des Gerichts gestellt wurden, kann den Beschwerdeführern nicht entgegengehalten werden. 3. Die Beschwerdeführer machen gegen die nebenamtlichen Verwaltungsrichter R. und J. Ablehnungsgründe geltend. R sei als anwaltlicher Vertreter und J. als Experte verschiedentlich und noch während des laufenden Verfahrens für die Stadt Zürich tätig gewesen. a) R. und J. machen geltend, dass nach der vom Gericht verfolgten Praxis ein Richter selbstverständlich immer dann in den Ausstand trete, wenn er als Anwalt mit dem zur Diskussion stehenden Fall befasst war. Weiter trete ein Richter in den Ausstand, wenn ein kleines Gemeinwesen, für welches der Richter in letzter Zeit tätig war, durch den Fall betroffen sei. Sei dagegen ein grosses Gemeinwesen wie der Kanton oder die Stadt Zürich von einem Fall betroffen, so trete ein Richter nur dann in den Ausstand, wenn er für die unmittelbar betroffene Amtsstelle dieses Gemeinwesens tätig war. Nach J. trifft es zu, dass er schon verschiedentlich für Amtsstellen der Stadt Zürich anwaltschaftlich tätig war. Diese Tätigkeit habe sich indes einerseits auf gemeinderätliche Kommissionen und andererseits auf das Bauamt I und die Präsidialabteilung beschränkt. Vom Bauamt II der Stadt Zürich habe er bis heute noch nie einen Auftrag erhalten. Wie R. ausführt, hat er für die Stadt Zürich am 9. Juni 1988 eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den Beschluss des Regierungsrates des Kantons Zürich vom 20. April 1988 betreffend die Genehmigung der Unterstellung unter das Wohnerhaltungsgesetz eingereicht. Die Kontaktnahme für die Ausarbeitung und die Einreichung der staatsrechtlichen Beschwerde und die spätere Korrespondenz sei immer über das Zentralsekretariat des Bauamtes II erfolgt. Zur Begründung der geltend gemachten Ausstandspraxis führen J. und R. aus, dass sich die aus dem Auftragsverhältnis zwischen Anwalt und Klient ergebende Treuepflicht anders als beim Arbeitnehmer auf den einzelnen Fall, in welchem der Anwalt beauftragt werde, beschränke. Da sich trotzdem eine über diesen Einzelfall hinausgehende Befangenheit des Anwalts gegenüber seinem Auftraggeber nicht ohne weiteres ausschliessen lasse, rechtfertige sich grundsätzlich der Ausstand eines Richters in jenen Fällen, in welchen ein Klient von ihm Partei sei. Anders verhalte es sich bei einem grossen Gemeinwesen wie dem Kanton oder einer grösseren Stadtgemeinde. In diesen Fällen bestehe ein besonderes BGE 116 Ia 485 S. 489 Pflicht- oder Abhängigkeitsverhältnis weniger zum Gemeinwesen als Ganzem, sondern vielmehr zu den einzelnen Ämtern und Personen, welche den Auftrag und die damit verbundenen Instruktionen erteilt haben. Das Pflichtverhältnis erstrecke sich deshalb in solchen Fällen nicht auf das gesamte Gemeinwesen, sondern beschränke sich auf die betroffene Amtsstelle. Die Gefahr der Befangenheit bestehe höchstens dieser gegenüber. Mit dem Verwaltungsgericht machen deshalb die betroffenen Verwaltungsrichter geltend, dass objektiv gesehen von einer Bindung, die sich auf die richterliche Unabhängigkeit auswirke, mangels einer besonders engen Beziehung zur Stadt Zürich oder zu dem von der Streitsache betroffenen Amt, nicht gesprochen werden könne. Im zürcherischen System mit mehrheitlich nebenamtlichen Richtern würde ansonsten deren freie Berufsausübung in schwerwiegender Weise eingeschränkt und die Tätigkeit des Gerichts in einschneidender Weise beeinträchtigt, da nebenamtliche Verwaltungsrichter, die hauptberuflich Anwälte sind, von der Mitwirkung bei unzähligen Fällen ausgeschlossen wären. b) Was das Verwaltungsgericht und die betroffenen Verwaltungsrichter gegen die Rüge der unrichtigen Besetzung des Gerichts vorbringen, erscheint nicht von vornherein als unbegründet. Zu bedenken ist indes, dass bei der Beurteilung der Unvoreingenommenheit unter objektivem Gesichtspunkt auch die äusseren Umstände sowie Fragen funktioneller Natur und der inneren Organisation des Verfahrens von Bedeutung sind. In dieser Hinsicht kann schon dem blossen Anschein der Befangenheit Gewicht zukommen ( BGE 114 Ia 54 f. E. 3b, BGE 112 Ia 293 f. E. 3b). Es fällt diesbezüglich insbesondere der Umstand in Betracht, dass ein Anwalt auch ausserhalb seines Mandates versucht sein kann, in einer Weise zu handeln, welche seinen Klienten ihm gegenüber nach wie vor gut gesinnt sein lässt (vgl. BGE 116 Ia 141 f. E. 3c). Ein als Richter amtender Anwalt erscheint befangen, wenn zu einer Partei ein noch offenes Mandat besteht oder er für eine Partei in dem Sinne mehrmals anwaltlich tätig wurde, dass zwischen ihnen eine Art Dauerbeziehung besteht. Ein einzelnes abgeschlossenes Mandat vermag jedenfalls im Normalfall den Anschein der Befangenheit nicht zu begründen. Ein solches Verhältnis zwischen dem als Richter amtenden Anwalt und seinem Klienten kann aber auch bei anwaltlichen Mandatsverhältnissen mit grösseren Gemeinwesen nicht ausgeschlossen werden. Dass die bisherigen Mandatsverhältnisse in keinem Sachzusammenhang mit dem aktuellen BGE 116 Ia 485 S. 490 Streitgegenstand stehen und für dessen Beurteilung ohne präjudizielle Bedeutung sind, ist deshalb nicht entscheidend. Der Eindruck kann vielmehr auch in diesem Fall nicht von der Hand gewiesen werden, dass bei der Beurteilung eine unzulässige Rücksichtnahme wegen einer künftigen Mandatierung durch dieses Gemeinwesen mitzuspielen vermag. Diesbezüglich den Ausstand nur auf Streitfälle mit gleichen Amtsstellen zu beschränken, vermöchte ein entsprechendes Misstrauen nicht zu beseitigen. Denn bei den städtischen Mandaten wird es sich in der Regel um für den Anwalt interessante Mandate mit einem gewissen Prestigewert handeln, deren Bedeutung über den Bereich der entsprechenden Amtsstelle hinausgeht. Zudem geht es bei dem für Tiefbau zuständigen Bauamt I und dem für Hochbau zuständigen Bauamt II weder um fremde Sach- und Rechtsgebiete noch um organisatorische Einheiten, die eine gegenseitige Bezugnahme von vornherein ausschliessen. Dass nebenamtliche Verwaltungsrichter ohne entsprechende Mandate in ihrer freien Berufsausübung unverhältnismässig beschränkt und der Gerichtsbetrieb dadurch in einschneidender Weise beeinträchtigt würde, ist demgegenüber angesichts der im Einzugsgebiet von grossen Gemeinwesen um so grösseren Zahl von anderen Auftraggebern offensichtlich nicht der Fall. Ebenso vermag die Vertretung auch von Prozessgegnern der Stadt Zürich den Anschein der Befangenheit nicht auszuschliessen. Der Umstand, dass die Beratungen des Verwaltungsgerichts nach § 62 Abs. 1 Satz 1 VRG unter Ausschluss der Parteien und der Öffentlichkeit stattfinden, vermag den durch die Mandatsverhältnisse begründeten Anschein der Befangenheit nicht ungeschehen zu machen. Nachdem R. noch während des laufenden Verfahrens für die Stadt Zürich mit einer Bausache ein Anwaltsmandat innehatte, war seine richterliche Mitwirkung im Verfahren vor Verwaltungsgericht mit den aus Art. 58 Abs. 1 BV sich ergebenden Ansprüchen auf einen unparteilichen Richter nicht verträglich. Auch die Mitwirkung von J. erscheint in dem Sinne als fragwürdig, als er nach eigenen Angaben vor nicht langer Zeit schon verschiedentlich für Amtsstellen der Stadt Zürich, und auch für das Bauamt I, tätig gewesen ist. Wie sich diese Mandatsverhältnisse im einzelnen darstellten und inwieweit mit Bezug auf die von ihm ausgeübte Gutachtertätigkeit ein Ausstandsgrund verneint werden kann, kann offenbleiben, nachdem J. am 30. September 1990 aus seinem Amt im Verwaltungsgericht zurückgetreten ist.
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nan
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CH_BGE_002
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88e52809-c7df-4e95-a5cb-d81c0be34a2a
Urteilskopf 137 IV 25 5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. SA gegen Bundesamt für Justiz (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_308/2010 / 1C_309/2010 vom 20. Dezember 2010
Regeste Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 5 RVUS; Art. 3 Abs. 3 lit. a und Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG ; Art. 14 Abs. 2 VStrR ; Art. 186 Abs. 1 und Art. 189 DBG ; Rechtshilfe in Strafsachen an die Vereinigten Staaten zur Verfolgung von Steuerdelikten; Verjährung. Im zu beurteilenden Fall kommt der mit den Vereinigten Staaten geschlossene Vertrag über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen nicht zur Anwendung. Die Voraussetzungen der Rechtshilfe richten sich damit nach dem Rechtshilfegesetz, wonach die Verjährung nach schweizerischem Recht ein Rechtshilfehindernis darstellt (E. 4.2). Darauf kann sich berufen, wer in der Schweiz von einer Zwangsmassnahme betroffen ist, auch wenn er im ausländischen Verfahren nicht Beschuldigter ist (E. 4.3). Die den Beschuldigten vorgeworfenen Taten stellten nach schweizerischem Recht einen Steuerbetrug dar. Die Verjährungsfrist betrüge damit 15 Jahre, weshalb die Verjährung, hätten die Beschuldigten die Taten in der Schweiz verübt, nicht eingetreten wäre (E. 4.4).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 137 IV 25 S. 26 A. Die Staatsanwaltschaft New York führt gegen X. und weitere Personen ein Strafverfahren wegen Steuerdelikten. Sie wirft den Beschuldigten vor, den Steuerbehörden inhaltlich unwahre Geschäftsbücher einer Gesellschaft eingereicht und dadurch den Vereinigten Staaten einen Steuerausfall von mehr als 7 Millionen USD verursacht zu haben. Am 4. September 2007 ersuchte das Justizministerium der Vereinigten Staaten die Schweiz um Rechtshilfe. Es bat um die Erhebung von Bankunterlagen. BGE 137 IV 25 S. 27 Mit Eintretensverfügung vom 3. Juni 2008 entsprach das Bundesamt für Justiz, Zentralstelle USA (im Folgenden: Bundesamt), dem Rechtshilfeersuchen und betraute die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich mit dessen Ausführung. Mit Schlussverfügungen vom 24. Juli und 4. August 2009 ordnete das Bundesamt die Herausgabe von Bankunterlagen an den ersuchenden Staat an. Die von X. und der Y. SA dagegen je erhobenen Beschwerden wies das Bundesstrafgericht (II. Beschwerdekammer) am 10. Juni 2010 in zwei separaten Entscheiden ab (soweit es darauf eintrat). Es befand, die den Beschuldigten in den Vereinigten Staaten vorgeworfenen Steuerdelikte stellten nach schweizerischem Recht einen Abgabebetrug dar, weshalb die beidseitige Strafbarkeit gegeben sei. Die Verjährung nach schweizerischem Recht sei noch nicht eingetreten. Der Rechtshilfe stehe auch insoweit nichts entgegen. B. X. (1C_308/2010; im Folgenden: Beschwerdeführer 1) und die Y. SA (1C_309/2010; im Folgenden: Beschwerdeführer 2) führen je Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den übereinstimmenden Anträgen, die Entscheide des Bundesstrafgerichts, die Schlussverfügungen sowie die Eintretensverfügung seien aufzuheben. Auf das Rechtshilfeersuchen sei nicht einzutreten. Die erhobenen Unterlagen seien den Beschwerdeführern über ihre Rechtsvertreter zurückzugeben. Eventuell seien die Entscheide des Bundesstrafgerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an dieses zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. (Auszug) Aus den Erwägungen: Erwägungen 4. 4.1 Die Beschwerdeführer wenden ein, die den Beschuldigten im ersuchenden Staat vorgeworfenen strafbaren Handlungen wären nach schweizerischem Recht verjährt. Die Rechtshilfe sei daher unzulässig. 4.2 4.2.1 Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG (SR 351.1) wird einem Ersuchen nicht entsprochen, wenn seine Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert und die Strafverfolgung (...) nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre. BGE 137 IV 25 S. 28 Diese Bestimmung ist bei allen Arten von Rechtshilfe anwendbar, also auch bei der "kleinen" Rechtshilfe nach Art. 63 ff. IRSG ( BGE 136 IV 4 E. 6.2 S. 11). Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG setzt eine Zwangsmassnahme voraus. Eine solche ist bei der Erhebung von Kontounterlagen bei einer Bank unter Aufhebung des Bankgeheimnisses - wie hier - gegeben ( BGE 126 II 462 E. 4b S. 464 f.). Nach der Rechtsprechung ist im Rahmen des dem Staatsvertrag vom 25. Mai 1973 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen (RVUS; SR 0.351.933.6) unterstellten Rechtshilfeverkehrs die Frage des Verjährungseintritts nicht zu prüfen ( BGE 118 Ib 266 ). Das den Beschuldigten nach dem Rechtshilfeersuchen vorgeworfene Verhalten stellt nach schweizerischem Recht unstreitig einen Abgabebetrug nach Art. 14 Abs. 2 VStrR (SR 313.0) dar. Die Rechtshilfe ist daher gemäss Art. 3 Abs. 3 lit. a IRSG i.V.m. Art. 24 Abs. 1 IRSV (SR 351.11) insoweit zulässig. Das Bundesamt ist der Auffassung, wenn die Schweiz aufgrund des Günstigkeitsprinzips Rechtshilfe gemäss Art. 3 Abs. 3 lit. a IRSG leiste, bedeute das nicht, dass deshalb die Verjährung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG zu prüfen sei. Vielmehr sei für die übrigen Rechtshilfevoraussetzungen der RVUS massgeblich, wonach die Verjährung keine Rolle spiele. Die Beschwerdeführer halten dem entgegen, der RVUS sei hier nicht anwendbar, weshalb sich die Rechtshilfevoraussetzungen einzig nach dem IRSG beurteilten. Danach stelle die Verjährung ein Rechtshilfehindernis dar. 4.2.2 Gemäss Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 5 RVUS ist dieser Vertrag nicht anwendbar auf Ermittlungen oder Verfahren wegen Verletzung von Vorschriften über Steuern (...), ausgenommen für Straftaten, die unter Nummer 26 und 30 in der dem Vertrag beigefügten Liste (im Folgenden: Liste) aufgeführt sind, sowie für damit zusammenhängende Straftaten nach Nummer 34 und 35 der Liste. Nummer 26 der Liste betrifft Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über gewerbsmässige Wetten, Lotterien und Glücksspiele; Nr. 30 Zuwiderhandlungen gegen Vorschriften über Rauschgifte, giftige chemische Substanzen und gesundheitsschädliche Stoffe sowie Waffen, Sprengstoffe und Vorrichtungen zur Brandstiftung. Um BGE 137 IV 25 S. 29 derartige Zuwiderhandlungen und solche nach Nr. 34 und 35 der Liste, die damit in Zusammenhang stehen, geht es im vorliegenden Fall nicht. Nach Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 5 RVUS ist dieser Vertrag somit nicht anwendbar. Dass es sich insoweit um keine versehentliche Wortwahl der Vertragsstaaten handelt, ergibt sich daraus, dass sich Art. 2 Ziff. 1 lit. c Abs. 5 RVUS in Kapitel I des RVUS befindet, der den "Anwendungsbereich" des Vertrages umschreibt. Art. 2 RVUS trägt zudem die Überschrift "Unanwendbarkeit des Vertrags". Ist der RVUS demnach nicht anwendbar, richten sich die Voraussetzungen der Rechtshilfe ausschliesslich nach dem IRSG. Danach leistet die Schweiz bei Verjährung gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG keine Rechtshilfe ( BGE 136 IV 4 E. 6.3 S. 11). Da der RVUS nicht zur Anwendung kommt, erübrigen sich Ausführungen zu Art. 38 Ziff. 1 desselben, auf welchen sich das Bundesamt beruft. 4.3 4.3.1 Die Vorinstanz erwägt, auf Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG könne sich nur der im ausländischen Verfahren Beschuldigte berufen, nicht jedoch ein Dritter. Die Beschwerdeführerin 2 sei daher nicht zum Einwand der Verjährung befugt. Die Beschwerdeführerin 2 rügt, diese Auffassung sei bundesrechtswidrig. 4.3.2 Wie das Bundesgericht in BGE 136 IV 4 klargestellt hat, kann sich nach der Rechtsprechung grundsätzlich nur der im ersuchenden Staat Beschuldigte auf Verjährung berufen. Dies gilt für die Verjährung nach dem Recht des ersuchenden Staates, weil die diesbezüglichen Bestimmungen den Schutz des Beschuldigten bezwecken. Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG schützt dagegen vor in der Schweiz angeordneten Zwangsmassnahmen nach Eintritt der absoluten Verjährung gemäss schweizerischem Recht. Folglich können sich Personen, die von den in Frage stehenden Zwangsmassnahmen betroffen sind, auf diese Bestimmung berufen (E. 6.1 S. 10 mit Hinweisen). 4.3.3 Die Beschwerdeführerin 2 ist als Kontoinhaberin von der zwangsweisen Erhebung und Herausgabe der entsprechenden Bankunterlagen betroffen. Sie ist deshalb zum Einwand der Verjährung nach Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG berechtigt. BGE 137 IV 25 S. 30 4.4 4.4.1 Die Beschwerdeführer bringen vor, für Abgabebetrug drohe Art. 14 Abs. 2 VStrR Gefängnis bis zu einem Jahr oder Busse bis zu 30'000 Franken an. Die Verjährungsfrist betrage somit gemäss Art. 97 Abs. 1 lit. c StGB sieben Jahre. Nach dem Rechtshilfeersuchen seien die angeblichen strafbaren Handlungen von Januar 1999 bis April 2000 sowie vom 12. Januar 1999 bis 15. Mai 2001 verübt worden. Die Strafverfolgungsverjährung nach schweizerischem Recht wäre daher spätestens am 15. Mai 2008 eingetreten. 4.4.2 Die Vorinstanz erwägt, die Verjährungsfrage richte sich vorliegend nicht nach dem Strafgesetzbuch, sondern werde in den Steuergesetzen speziell geregelt ( Art. 2 VStrR ). Gemäss Art. 189 DBG (SR 642.11) verjähre die Strafverfolgung der Steuervergehen nach Ablauf von zehn Jahren, seitdem der Täter die letzte strafbare Tätigkeit ausgeführt habe. Die Verjährung werde durch jede Strafverfolgungshandlung gegenüber dem Täter, dem Anstifter oder dem Gehilfen unterbrochen. Mit jeder Unterbrechung beginne die Verjährungsfrist neu zu laufen; sie könne aber insgesamt nicht um mehr als fünf Jahre hinausgeschoben werden (vgl. auch Art. 60 StHG [SR 642.14]). Die absolute Verjährungsfrist für Steuervergehen, wozu der Abgabebetrug nach Art. 14 VStrR gehöre, betrage demnach 15 Jahre. Angesichts des im Rechtshilfeersuchen genannten Deliktszeitraums - 1999 bis 2001 - sei die absolute Verjährung damit nach schweizerischem Recht klarerweise nicht eingetreten. 4.4.3 Dem ist im Ergebnis zuzustimmen. 4.4.3.1 Gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG wird einem Ersuchen nicht entsprochen, wenn (...) die Strafverfolgung (...) nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre. Massgeblich ist damit, wie es sich hinsichtlich der Verjährung verhielte, wenn die Tat in der Schweiz verübt worden wäre. Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG will nach seinem Sinn und Zweck in einem schweizerischen Rechtshilfeverfahren Zwangsmassnahmen ausschliessen, wenn sie - wäre die Tat in der Schweiz verübt worden - auch in einem hiesigen Strafverfahren wegen Verjährung nicht mehr möglich wären (vgl. BGE 116 Ib 452 E. 4 S. 458 f.; PETER POPP, Grundzüge der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen, 2001, S. 171 N. 255; Bundesamt für Justiz, Die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Wegleitung, 9. Aufl. 2009, S. 22). Man muss sich damit den Sachverhalt so vorstellen, wie wenn er sich in der Schweiz zugetragen hätte (ROBERT BGE 137 IV 25 S. 31 ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, 3. Aufl. 2009, S. 623 N. 671). 4.4.3.2 Gemäss Art. 14 Abs. 2 VStrR liegt ein Abgabebetrug vor, wenn der Täter durch sein arglistiges Verhalten bewirkt, dass dem Gemeinwesen unrechtmässig und in einem erheblichen Betrag eine Abgabe, ein Beitrag oder eine andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird. Der damit umschriebene Tatbestand ist weiter als jener des Steuerbetrugs gemäss Art. 186 Abs. 1 DBG , welcher eine Täuschung der Steuerbehörden durch gefälschte, verfälschte oder inhaltlich unwahre Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrechnungen, Lohnausweise oder andere Bescheinigungen Dritter voraussetzt. Ein Abgabebetrug muss nicht notwendig durch Verwendung falscher oder gefälschter Urkunden begangen werden, sondern es sind auch andere Fälle arglistiger Täuschung denkbar ( BGE 125 II 250 E. 3a und b S. 252 mit Hinweisen). Nach der massgeblichen Schilderung des Sachverhalts im Rechtshilfeersuchen haben die Beschuldigten zur Täuschung der Steuerbehörden inhaltlich unwahre Geschäftsbücher verwendet. Dabei handelt es sich nach schweizerischem Recht, wie Art. 186 Abs. 1 DBG ausdrücklich sagt, um Urkunden (vgl. ebenso BGE 132 IV 12 E. 8.1 S. 15; BGE 129 IV 130 E. 2.2 S. 134 f.; je mit Hinweisen). Die den Beschuldigten vorgeworfenen Handlungen stellten somit, hätten sie diese in der Schweiz begangen, einen Steuerbetrug nach Art. 186 Abs. 1 DBG dar. Die strafbaren Handlungen fielen unter das DBG, weil die Steuern nach dem Rechtshilfeersuchen den Vereinigten Staaten und damit dem Bundesstaat geschuldet waren. Stellt man sich vor, die strafbaren Handlungen wären in der Schweiz verübt worden, ginge es damit um die direkte Bundessteuer. Gemäss Art. 1 lit. b DBG erhebt der Bund als direkte Bundessteuer eine Gewinnsteuer von den juristischen Personen. Gegenstand der Gewinnsteuer ist nach Art. 57 DBG der Reingewinn. Diesen haben die Beschuldigten nach dem Rechtshilfeersuchen deutlich zu tief angegeben und damit den Vereinigten Staaten einen Steuerausfall in grossem Ausmass verursacht. 4.4.3.3 Geht es somit um einen Steuerbetrug gemäss Art. 186 Abs. 1 DBG , beurteilt sich die Frage der Verjährung nach Art. 189 DBG . Danach verjährt die Strafverfolgung nach Ablauf von zehn Jahren, seitdem der Täter die letzte strafbare Tätigkeit ausgeführt hat (Abs. 1). Die Verjährung wird durch jede Strafverfolgungshandlung BGE 137 IV 25 S. 32 gegenüber dem Täter, dem Anstifter oder dem Gehilfen unterbrochen. Die Unterbrechung wirkt gegenüber jeder dieser Personen. Mit jeder Unterbrechung beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen; sie kann aber insgesamt nicht um mehr als fünf Jahre hinausgeschoben werden (Abs. 2). Die absolute Verjährungsfrist beträgt somit 15 Jahre. Das Verjährungsrecht wurde mit Bundesgesetz vom 5. Oktober 2001, in Kraft getreten am 1. Oktober 2002, geändert. Damit wurde eine Bestimmung in das Strafgesetzbuch aufgenommen, welche heute - nach der neuerlichen Revision des Strafgesetzbuches - in Art. 333 Abs. 6 StGB enthalten ist (vgl. ROLAND WIPRÄCHTIGER, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 2. Aufl. 2007, N. 30 zu Art. 333 StGB ). Danach gilt in anderen Bundesgesetzen bis zu ihrer Anpassung: a) die Verfolgungsverjährungsfristen für Verbrechen und Vergehen werden um die Hälfte (...) der ordentlichen Dauer erhöht; c) die Regeln über die Unterbrechung (...) der Verfolgungsverjährung werden aufgehoben. Die Strafverfolgung bei Steuerbetrug verjährt demnach nunmehr gemäss Art. 189 Abs. 1 DBG i.V.m. Art. 333 Abs. 6 lit. a StGB nach 15 Jahren. Art. 189 Abs. 2 DBG ist mit Art. 333 Abs. 6 lit. c StGB aufgehoben (ANDREAS DONATSCH, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2b, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, Art. 83-222, 2. Aufl. 2008, N. 5 und 10 zu Art. 189 DBG ). Nach dem Rechtshilfeersuchen erstreckt sich der Deliktszeitraum auf die Jahre 1999 bis 2001. Massgeblich ist somit das vor dem 1. Oktober 2002 geltende Verjährungsrecht. Anders verhielte es sich gemäss Art. 389 Abs. 1 StGB nur, wenn das neue Verjährungsrecht milder wäre (vgl. CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. II, 2. Aufl. 2007, N. 1 ff. zu Art. 389 StGB ). Das ist nicht der Fall. Das Bundesamt hat die Eintretensverfügung, mit der es die Erhebung von Bankunterlagen angeordnet hat, am 3. Juni 2008 erlassen. Auf dieses Datum kommt es nach der Rechtsprechung für die Prüfung des Eintritts der Verjährung an ( BGE 126 I 462 E. 4c f. S. 465 f.). Am 3. Juni 2008 war die absolute Verjährungsfrist von 15 Jahren offensichtlich noch nicht abgelaufen. 4.4.3.4 Anzumerken bleibt, dass sich am Ergebnis nichts geändert hätte, wenn es nicht um eine dem Bundes-, sondern einem Gliedstaat geschuldete Steuer gegangen wäre. Art. 59 Abs. 1 StHG , der im Bereich der kantonalen Steuern anwendbar ist, umschreibt den Steuerbetrug inhaltlich gleich wie Art. 186 Abs. 1 DBG . Art. 60 BGE 137 IV 25 S. 33 StHG , der die Verjährung regelt, stimmt sodann mit Art. 189 DBG wörtlich überein. 4.4.4 Nach dem Gesagten wäre die Verjährung nach schweizerischem Recht nicht eingetreten. Zwangsmassnahmen wären somit, wenn die Tat in der Schweiz verübt worden wäre, in einem hiesigen Strafverfahren möglich gewesen. Damit besteht kein Grund, sie im Rechtshilfeverfahren auszuschliessen. 4.5 Die Beschwerden erweisen sich demnach auch im vorliegenden Punkt als unbegründet.
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2,010
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88e54908-28fc-4f9e-bf87-1e467d05360e
Urteilskopf 85 IV 152 40. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 1. Oktober 1959 i.S. Völlm gegen Statthalteramt Horgen.
Regeste Art. 46 Abs. 1 MFV . Überholen eines die Beobachtung nach vorne erheblich erschwerenden Lastwagens. Die Pflicht des Lastwagenführers, ein beabsichtigtes Überholmanöver durch Stellen des linken Richtungsanzeigers frühzeitig anzukündigen, enthebt den nachfolgenden Führer, der dem Lastwagen vorfahren will, nicht eines Teiles der ihm selber obliegenden Sorgfaltspflicht.
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 85 IV 152 S. 152 Am Vormittag des 16. August 1958 führte Völlm seinen Personenwagen auf der Sihltalstrasse von Zürich Richtung BGE 85 IV 152 S. 153 Zug. Nach Langnau a.A. holte er auf der beim Eingang des Sihlwaldes leicht ansteigenden, geraden und 6,10 m breiten Teilstrecke einen von Häusler gesteuerten Lastwagen ein, der in gleicher Richtung hinter einem sich ungefähr mit 35 km/Std. voranbewegenden Auto, Marke Citroën, fuhr. Völlm beabsichtigte, den Lastwagen zu überholen, gab zu diesem Zwecke angeblich mehrere kräftige Hupsignale und bog sodann nach links aus. Während des Überholmanövers schwenkte der Lastwagen seinerseits gegen die linke Strassenseite aus, um dem Citroën vorzufahren. Völlm bremste und versuchte seitlich auszuweichen. Dabei stiess sein Fahrzeug mit zwei Wehrsteinen des linken Strassenrandes zusammen und wurde überdies auf der rechten Seite vom Lastwagen Häuslers gestreift. Am 17. Januar 1959 büsste der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichtes Horgen Völlm wegen Übertretung von Art. 46 Abs. 1 MFV mit Fr. 30.-. Erwägungen Aus den Erwägungen: Angesichts des an der Spitze der Kolonne fahrenden Citroën hatte sich der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einzustellen, dass der Lastwagen seinerseits überholen werde. Zwar hat der Lenker eines Fahrzeuges, das wie der Lastwagen Häuslers dem Nachfolgenden die Beobachtung nach vorn erheblich erschwert, das beabsichtigte Überholen durch Stellen des linken Richtungsanzeigers frühzeitig anzukündigen ( BGE 84 IV 31 ). Das enthob jedoch Völlm nicht der Pflicht, sich gemäss Art. 46 MFV vorzusehen. In BGE 84 IV 31 wurde allerdings ausgesprochen, der nachfolgende Führer dürfe sich darauf verlassen, dass der vorausfahrende Lastwagen, der die Sicht in erheblicher Weise erschwert, nicht zum Überholen nach links ausweichen werde, ohne vorher ein entsprechendes Zeichen zu geben. Damit wollte indessen nicht mehr gesagt werden, als dass die in der Beschaffenheit seines Fahrzeuges liegende erhöhte Gefahr für den Nachfolgenden das Verhalten BGE 85 IV 152 S. 154 des Lastwagenführers, der sich zum Überholen anschickt, bestimmen müsse. Es wäre daher verfehlt, aus dem besagten Satz abzuleiten, die gesteigerte Rücksichtnahme des Lastwagenführers enthebe den Nachfolgenden, wenn dieser selbst zu überholen beabsichtigt, eines Teiles der ihm obliegenden Sorgfaltspflicht. Diese bleibt vielmehr ungeschmälert bestehen. Wenn im vorliegenden Fall der Lastwagenführer Häusler - und das ist mangels einer gegenteiligen Feststellung der Vorinstanz zugunsten des Beschwerdeführers anzunehmen - kein Zeichen gab, so durfte infolgedessen dieser daraus nicht folgern, die Bahn sei für ihn frei zum Überholen. Vielmehr musste er sich vorerst, wollte er seiner Sorgfaltspflicht genügen, darüber Klarheit verschaffen, dass Häusler ihn bemerkt habe und dass er ihn vorfahren lassen werde. Das hat Völlm nicht getan. Zwar will er seine Absicht zu überholen, durch mehrfaches kräftiges Hupen angekündigt haben. Da jedoch der Lastwagenführer auf das Signal nicht reagierte (was beispielsweise durch ein Handzeichen oder durch Ausweichen nach rechts hätte geschehen können), musste er sich sagen, jener habe das Hupzeichen möglicherweise wegen des Motorenlärms nicht gehört. Statt bei dieser ungewissen Sachlage vorläufig von einem Überholen abzusehen, verliess er sich einfach auf seine Signalgabe und begann links vorzufahren. Damit verstiess er gegen Art. 46 Abs. 1 MFV . Denn Gewähr dafür, dass die Überholstrecke während des ganzen Manövers frei bleiben werde, hatte er unter den gegebenen Umständen nicht. Tatsächlich bog denn auch der Lastwagen, als Völlm im Begriffe war, ihm vorzufahren, seinerseits nach links aus, um den vorausfahrenden Citroën zu überholen.
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nan
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1,959
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CH_BGE_006
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88e757a2-bba2-4a5b-9c90-e74d34c3ba8c
Urteilskopf 82 II 362 49. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. September 1956 i.S. Eheleute Salzmann gegen Amtsvormundschaft Horgen und Gemeinderat Thalwil.
Regeste Berufung. Gegen einen Entscheid über die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB ist die Berufung an das Bundesgericht nicht zulässig, selbst wenn die Adoption zur Folge hat, dass die Eltern des Kindes die elterliche Gewalt verlieren.
Sachverhalt ab Seite 363 BGE 82 II 362 S. 363 Am 12. Dezember 1952 gebar Mina Nagel ausserehelich das Kind Beatrice Susanne. Als Vater bezeichnete sie Kurt Salzmann. Am 9. Januar 1953 erklärte sich die Mutter damit einverstanden, dass das Kind an einen geeigneten Pflegeplatz gegeben werde, und stimmte einer allfälligen Adoption zu. Am 29. Juni 1955 schloss der Vormund des Kindes mit dessen Pflegeeltern einen Adoptionsvertrag. Nach vorausgegangener Beschlussfassung des Waisenamtes Thalwil stimmte der Bezirksrat Horgen als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde dieser Adoption am 3. August 1955 im Sinne von Art. 442 Ziff. 1 ZGB zu. Gleichzeitig beschloss er als die nach dem massgebenden kantonalen Recht zum Entscheid über "Gesuche betreffend Kindesannahme" zuständige Behörde (§ 39 des zürch. EG zum ZGB; vgl. Art. 267 ZGB und Art. 54 SchlT) auf Antrag des Gemeinderates Thalwil, den Pflegeeltern werde "die Ermächtigung erteilt, ihr Pflegetöchterchen B. S. Nagel an Kindesstatt anzunehmen, womit die Adoption als vollzogen erklärt wird." Am 15. August 1955 rekurrierten Kurt Salzmann und Mina Nagel gegen den "Adoptionsbeschluss" des Bezirksrates vom 3. August 1955 an den Regierungsrat des Kantons Zürich. Am 3. September 1955 heirateten sie. Am 14. Juni 1956 hat der Regierungsrat entschieden, der Rekurs der Eheleute Salzmann-Nagel gegen den Ermächtigungsbeschluss des Bezirksrates werde abgewiesen. Gegen diesen Entscheid haben die Eheleute Salzmann die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Subsidiär haben sie ihn ausserdem mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 54 und 4 BV angefochten. Der Regierungsrat beantragt in seinen Gegenbemerkungen zur Berufung, es sei hieraufnicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen. BGE 82 II 362 S. 364 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vormundschaftsbehörde Thalwil und der Bezirksrat Horgen, die in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte genannt sind, haben am kantonalen Verfahren nicht als Parteien, sondern als entscheidende Behörden teilgenommen. Antragsteller waren dort die Amtsvormundschaft des Bezirkes Horgen und der Gemeinderat Thalwil. Nur diese können daher vor Bundesgericht als Gegenpartei der Berufungskläger gelten. 2. Der angefochtene Entscheid betrifft die Frage, ob im vorliegenden Fall die Ermächtigung zur Adoption im Sinne von Art. 267 ZGB zu erteilen sei. Dabei handelt es sich wie bei der Zustimmung der vormundschaftlichen Behörden zu dem vom Vormund abgeschlossenen Adoptionsvertrag ( Art. 422 Ziff. 1 ZGB ), gegen die das zulässige kantonale Rechtsmittel, der Rekurs an die Justizdirektion als obere Aufsichtsbehörde in Vormundschaftssachen, nicht ergriffen wurde, um ein Geschäft der sog. freiwilligen Gerichtsbarkeit. Der angefochtene Entscheid ist also nicht in einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG ergangen (vgl. BGE 78 II 180 ). Die Berufungskläger behaupten dies denn auch selber nicht, sondern machen geltend, gegen den angefochtenen Entscheid sei die Berufung nach Art. 44 lit. b OG zulässig, weil ihnen durch die Bewilligung der Adoption ihres Kindes, das durch ihre Heirat legitimiert worden sei, mittelbar die elterliche Gewalt entzogen werde. Dabei verkennen sie jedoch den klaren Sinn von Art. 44 lit. b OG . Diese Vorschrift spricht nur von der Entziehung und Wiederherstellung der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 und 287 ZGB und will unzweifelhaft nur die Möglichkeit schaffen, dass die Beteiligten die in Anwendung dieser Bestimmung getroffenen Entscheidungen durch das Bundesgericht überprüfen lassen können. Eine Entscheidung, die den Verlust der elterlichen Gewalt bewirkt, unterliegt also der Weiterziehung an das Bundesgericht nur dann, wenn sie BGE 82 II 362 S. 365 sich auf Art. 285 ZGB stützt, nicht auch dann, wenn sich der Verlust der elterlichen Gewalt aus der Anwendung anderer Bestimmungen ergibt. Demgemäss wurde unter dem früheren OG, das als Rechtsmittel gegen kantonale Entscheidungen über den Entzug und die Wiederherstellung der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 285 und 287 ZGB anstelle der Berufung die zivilrechtliche Beschwerde vorsah (Art. 86 Ziff. 2 aoG), die Weiterziehung von Entscheidungen nach Art. 286 ZGB als unzulässig erklärt, obwohl durch die Bestellung eines Vormundes für die Kinder auf Grund dieser Bestimmung die elterliche Gewalt aufgehoben wird ( BGE 38 II 771 , BGE 65 II 119 ). Im vorliegenden Fall kann nichts anderes gelten. Ob die Adoption des Kindes Barbara Susanne zu bewilligen sei, wodurch die elterliche Gewalt der Berufungskläger beseitigt würde, ist eine Frage der Anwendung von Art. 267 ZGB . Art. 285 ZGB spielt bei dieser Entscheidung keine Rolle. Der angefochtene Entscheid fällt daher nicht unter Art. 44 lit. b OG . BIRCHMEIER erklärt an der von den Berufungsklägern angerufenen Stelle (N. 6 b zu Art. 44 OG , S. 131) nicht allgemein, dass die Berufung auch bei bloss mittelbarem Gewaltentzug zulässig sei. Er sagt vielmehr nur, die elterliche Gewalt könne ausdrücklich oder dadurch entzogen werden, dass dem Unmündigen ein Vormund bestellt werde; auch in diesem Falle bloss mittelbaren Gewaltentzuges sei der Weiterzug zulässig. Damit wollte er die Ausführungen in der vorhergehenden Note (6 a), wonach es sich um einen Gewaltentzug nach Art. 285 ZGB handeln muss, offensichtlich nicht widerrufen. Das von ihm angeführte PräjudizBGE 47 II 16betrifft einen Fall, wo der Scheidungsrichter in gesetzwidriger Weise die Kinderzuteilung der Vormundschaftsbehörde überlassen und diese hierauf die Kinder "gemäss Art. 285 und 368 ZGB " unter Vormundschaft gestellt hatte. Diese von den kantonalen Rekursinstanzen bestätigte Massnahme lief zweifellos auf einen Entzug der elterlichen Gewalt gemäss Art. 285 ZGB BGE 82 II 362 S. 366 hinaus. Indem das Bundesgericht in diesem Falle die zivilrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 86 Ziff. 2 aoG zuliess, bekannte es sich also keineswegs zur Auffassung, dass Entscheidungen, die den Verlust der elterlichen Gewalt nach sich ziehen, auch dann ans Bundesgericht weitergezogen werden können, wenn sie sich nicht auf Art. 285 ZGB stützen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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nan
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Urteilskopf 103 Ia 63 14. Auszug aus dem Urteil vom 6. Mai 1977 i.S. Munizipalgemeinde Ritzingen gegen Staatsrat des Kantons Wallis
Regeste Art. 88 OG . Die Gemeinde ist nicht legitimiert, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben gegen einen kantonalen Entscheid, mit dem der Betrag festgesetzt wird, den sie an die Kosten einer Zivilschutzbaute zu leisten hat.
Sachverhalt ab Seite 63 BGE 103 Ia 63 S. 63 Im Neubau des Spitals von Brig wurde nach Massgabe des Bundesgesetzes über bauliche Massnahmen im Zivilschutz eine geschützte Operationsstelle eingerichtet. Der Staatsrat des Kantons Wallis beschloss am 10. Dezember 1976, die nach Abzug der Bundes- und der kantonalen Subvention verbleibenden 17,5% der Baukosten dieser Operationsstelle auf die interessierten Gemeinden im Verhältnis zur Einwohnerzahl aufzuteilen. Demgemäss wurde die Gemeinde Ritzingen mit 0,07% der Gesamtkosten oder Fr. 1'120.-- belastet. Dagegen erhob der Gemeinderat namens der Munizipalgemeinde "Einsprache" an das Bundesgericht mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Staatsrat anzuweisen, eine neue Kostenverteilung vorzunehmen, die nicht nur der Bevölkerungszahl, sondern auch der finanziellen Lage der Gemeinden Rechnung trage. Zur Begründung wird ausgeführt, die Verteilung der Kosten ausschliesslich nach der Bevölkerungszahl verletze Art. 8 Absatz 2 des kantonalen Ausführungsgesetzes zum Bundesgesetz über bauliche Massnahmen im Zivilschutz. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ist nach der Umschreibung ihrer BGE 103 Ia 63 S. 64 Voraussetzungen in Verfassung ( Art. 113 BV ) und Gesetz ( Art. 88 OG ) ein Rechtsbehelf zum Schutze der natürlichen und juristischen Personen gegen Übergriffe der Staatsgewalt. Öffentlichrechtliche Korporationen können staatliche Akte, die sie in ihrer Eigenschaft als Träger hoheitlicher Gewalt berühren, nicht unter Berufung auf verfassungsmässig gewährleistete Individualrechte anfechten. Eine Ausnahme gilt, wenn sich solche Korporationen, namentlich Gemeinden, gegen eine Verletzung ihrer allenfalls gewährleisteten Autonomie oder ihres Bestandes zur Wehr setzen wollen ( BGE 100 Ia 90 E. 1a, 202 E. 1; BGE 99 Ia 110 E. 1 mit Hinweisen). Weiter sind die öffentlichrechtlichen Korporationen zur staatsrechtlichen Beschwerde allgemein dann legitimiert, wenn sie sich auf dem Boden des Privatrechtes bewegen oder sonstwie (z.B. als Steuer- oder Gebührenpflichtige) als dem Bürger gleichgeordnete Rechtssubjekte auftreten und durch den angefochtenen staatlichen Akt wie eine Privatperson betroffen werden ( BGE 99 Ia 110 E. 1, 756 E. b; BGE 96 I 329 E. 1, 467 E. 2 mit Hinweisen). Im vorliegenden Falle trifft weder die eine noch die andere dieser Voraussetzungen zu. Die Autonomie oder der Bestand der Gemeinde Ritzingen werden durch den angefochtenen Entscheid des Staatsrates nicht berührt; die Gemeinde macht dies selbst nicht geltend. Sie wird aber auch nicht wie ein Privater davon betroffen. Es geht nicht darum, dass sie etwa als Grundeigentümerin Steuern oder Gebühren entrichten müsste, sondern sie wird als Trägerin hoheitlicher Gewalt für Beiträge an eine Massnahme des baulichen Zivilschutzes belangt. In solchen Fällen besteht nach ständiger Praxis des Bundesgerichtes für die Gemeinde keine Möglichkeit, sich mit staatsrechtlicher Beschwerde gegen Verfügungen einer kantonalen Behörde zur Wehr zu setzen. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten.
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nan
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1,977
CH_BGE
CH_BGE_002
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Federation
88ecb7c4-ea05-4279-9e02-8a693a6e819a
Urteilskopf 121 II 224 38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Juni 1995 i.S. Verkehrsclub der Schweiz (VCS) gegen 3M (Schweiz) AG, Baukommission Rüschlikon, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 55 USG , Art. 12 NHG , §§ 315 f. PBG/ZH; Beschwerderecht der gesamtschweizerischen Umweltschutzorganisationen und kantonales Verfahrensrecht. Beschwerdeberechtigte Organisationen, die kantonale Rechtsmittel ergreifen wollen, haben grundsätzlich die kantonalen Verfahrensvorschriften einzuhalten, soweit dadurch die Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben nicht verunmöglicht oder übermässig erschwert wird (E. 2). Nach den §§ 315 f. PBG/ZH verwirkt ein Beschwerdeberechtigter, der nicht innert zwanzig Tagen seit Veröffentlichung eines Baugesuchs die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangt, das Rekursrecht (E. 3). Die Anwendung dieser kantonalen Vorschriften auf gesamtschweizerische Umweltschutzorganisationen, die gegen UVP-pflichtige Bauvorhaben in der Bauzone rekurrieren wollen, stellt keine übermässige Behinderung des Beschwerderechts dieser Organisationen dar, wenn die Bauvorhaben korrekt öffentlich ausgeschrieben und die baurechtlichen Entscheide den beschwerdeberechtigten Organisationen kostenlos zugestellt werden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 225 BGE 121 II 224 S. 225 Die Firma 3M (Schweiz) AG beabsichtigt, ihr in Rüschlikon an der Eggstrasse 93 auf dem Grundstück Kat.Nr. 5110 bestehendes Verwaltungsgebäude zu erweitern und die Zahl der Auto-Parkplätze von heute 215 auf neu 622 zu erhöhen. Das Grundstück liegt in der Gewerbezone G1 und wird von einem privaten Gestaltungsplan erfasst, der von der Gemeindeversammlung Rüschlikon am 23. Juni 1986 festgesetzt und vom Regierungsrat des Kantons Zürich am 17. September 1986 genehmigt wurde. Bezüglich des Vorhabens der 3M (Schweiz) AG liegt ein Umweltverträglichkeitsbericht vor, zu dem die Koordinationsstelle für Umweltschutz des Kantons Zürich Stellung genommen hat. Das Bauvorhaben und der Umweltverträglichkeitsbericht wurden am 7. Mai 1993 in den amtlichen Publikationsorganen ausgeschrieben und während zwanzig Tagen öffentlich aufgelegt. Die Projektausschreibung enthielt den BGE 121 II 224 S. 226 folgenden Hinweis: "Rechtsbehelfe: Begehren um die Zustellung von baurechtlichen Entscheiden sind innert zwanzig Tagen seit der Ausschreibung schriftlich an die Baukommission zu richten. Wer das Begehren nicht innert dieser Frist stellt, hat das Rekursrecht verwirkt. Die Rekursfrist läuft ab der Zustellung des Entscheids ( § § 314-316 PBG ). Baurechtsentscheide sind kostenpflichtig." Die Baukommission Rüschlikon bewilligte am 17. Mai 1993 unter zahlreichen Vorbehalten und Nebenbestimmungen den Neubau des Verwaltungsgebäudes mit Unterniveaugarage als Erweiterung des bestehenden 3M-Gebäudes. Dabei wurde die Zahl der zulässigen Parkplätze auf 511 beschränkt. Gegen den Baukommissionsbeschluss vom 17. Mai 1993 erhob der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) Rekurs beim Regierungsrat des Kantons Zürich und beantragte, die Baubewilligung sei zu verweigern. Der Regierungsrat trat auf dieses Rechtsmittel mit Entscheid vom 1. Dezember 1993 nicht ein. Er begründete dies im wesentlichen damit, dass der VCS innert Frist nicht um Zustellung des baurechtlichen Entscheids gemäss § 315 Abs. 1 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Zürich vom 7. September 1975 (PBG; Fassung vom 1. September 1991) ersucht habe, obwohl das Bauvorhaben am 7. Mai 1993 mit Hinweis auf die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) amtlich publiziert worden sei. Er habe somit nach § 316 Abs. 1 PBG sein Rekursrecht verwirkt. Der VCS focht den Nichteintretensentscheid des Regierungsrats beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich an. Dieses wies das Rechtsmittel mit Urteil vom 22. September 1994 ab. Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. September 1994 erhebt der VCS Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht und beantragt im wesentlichen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Angelegenheit zur materiellen Behandlung an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Dem vorliegenden Verfahren liegt ein Bauvorhaben in der Gewerbezone von Rüschlikon zugrunde, welches wegen der Anzahl der vorgesehenen Parkplätze der UVP-Pflicht untersteht (Ziff. 11.4 des Anhangs der UVPV, BGE 121 II 224 S. 227 SR 814.011). Der VCS darf somit gestützt auf Art. 55 Abs. 3 USG (SR 814.01) grundsätzlich von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch machen. Er hat dabei jedoch die Verfahrensvorschriften des kantonalen Rechts - insbesondere hinsichtlich Form- und Fristwahrung - zu beachten, soweit dadurch die Erfüllung der den Organisationen übertragenen Aufgaben nicht verunmöglicht oder übermässig erschwert wird ( BGE 118 Ib 296 E. 2c S. 300, BGE 116 Ib 418 E. 3g S. 433, 465 E. 2c S. 267). b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung müssen sich die gemäss Art. 55 Abs. 1 USG oder Art. 12 Abs. 1 des Natur- und Heimatschutzgesetzes vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) beschwerdeberechtigten Organisationen grundsätzlich bereits am kantonalen Verfahren als Partei beteiligen, um Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht führen zu können. Ein Verzicht auf das Ergreifen desjenigen Rechtsmittels, das zum letztinstanzlichen kantonalen Entscheid führt, schliesst die beschwerdeberechtigten Organisationen in der Regel von der Beschwerdeführung im Bund aus ( BGE 116 Ib 418 E. 3 S. 426 ff. = ZBl 92/1991 374 ff., BGE 117 Ib 270 E. 1 S. 274 ff., s. auch BGE 119 Ib 254 E. 1d S. 264, 116 Ib 465 E. 2b S. 467, je mit Hinweisen). Eine Beteiligungspflicht der gesamtschweizerischen ideellen Vereinigungen an einem allfälligen Einsprache- oder Beschwerdeverfahren vor den unteren kantonalen Instanzen als Voraussetzung für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Bund kann sich nur aus dem Bundesrecht ergeben. Das kantonale Recht kann zwar trotzdem gewisse Beteiligungspflichten vorsehen; diese dürfen jedoch nicht zum Ausschluss von Rechtsmittelmöglichkeiten führen, welche gestützt auf Art. 12 NHG und Art. 55 USG bestehen. Gegen eine freiwillige Beteiligung der gesamtschweizerischen Organisationen am kantonalen Rechtsmittelverfahren ist hingegen nichts einzuwenden. Sie sind dazu gemäss Art. 55 Abs. 3 USG sogar ausdrücklich berechtigt; dies gilt wegen des engen Zusammenhangs zwischen Art. 55 USG und Art. 12 NHG für den Anwendungsbereich beider Vorschriften. Dabei ist zu beachten, dass das kantonale Recht den beschwerdeberechtigten Organisationen dieselben Parteirechte zu gewähren hat wie das Bundesrecht, was der Einheit des Verfahrens entspricht und sich für den Anwendungsbereich des Raumplanungsgesetzes des Bundes (RPG; SR 700) auch ausdrücklich aus Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG ergibt ( BGE 118 Ib 381 E. 3b S. 395 f., BGE 117 Ib 270 E. 1a,b S. 275 f. mit Hinweisen). c) Das Bundesgericht hat in BGE 117 Ib 270 E. 1b S. 275 f. darauf hingewiesen, dass der Bundesrat und das Parlament die bisherige Regelung BGE 121 II 224 S. 228 des Verbandsbeschwerderechts gemäss Art. 12 NHG und Art. 55 USG einer Revision unterziehen. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Beschwerderechts (BBl 1991 III 1121 ff.) war in den parlamentarischen Beratungen sehr umstritten (Amtl.Bull. S 1994 862, 1995 287, 438, Amtl.Bull. N 1994 2432, 1995 707, 1007). In bezug auf Art. 55 USG haben die eidgenössischen Räte am 24. März 1995 folgender Regelung zugestimmt: "Die Behörde eröffnet den Organisationen ihre Verfügung nach Absatz 1 durch schriftliche Mitteilung oder durch Veröffentlichung im Bundesblatt oder im kantonalen Publikationsorgan. Organisationen, die kein Rechtsmittel ergriffen haben, können sich am weiteren Verfahren nur noch als Partei beteiligen, wenn die Verfügung zugunsten einer anderen Partei geändert wird und sie dadurch beschwert werden. Sieht das Bundesrecht oder das kantonale Recht vor, dass vor dem Erlass der Verfügung ein Einspracheverfahren durchgeführt wird, so sind Organisationen nur beschwerdebefugt, wenn sie sich an diesem Einspracheverfahren als Partei beteiligt haben. In diesem Fall ist das Gesuch nach den Vorschriften von Abs. 4 zu veröffentlichen." (neue Abs. 4 und 5 von Art. 55 USG , BBl 1995 II 380). Mit dieser Formulierung bringt das Parlament zum Ausdruck, dass die beschwerdeberechtigten Organisationen in Zukunft verpflichtet werden sollen, am kantonalen Verfahren in der Regel von Anfang an teilzunehmen, um zur eidgenössischen Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen zu werden. Die revidierte Fassung von Art. 55 USG steht noch nicht in Kraft und ist auf die vorliegende Angelegenheit nicht anwendbar. Indessen kann der Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber sich für eine möglichst frühzeitige Verfahrensbeteiligung der Verbände ausgesprochen hat, bei der Auslegung des heute geltenden Rechts, das zu dieser Frage keine Bestimmung enthält, beigezogen werden. 3. Angesichts der beschriebenen bundesrechtlichen Anforderungen erscheint es angebracht, das im Kanton Zürich in bezug auf kommunale Baubewilligungen anwendbare Verfahrensrecht kurz darzustellen: a) Zur Prüfung der Frage, ob und allenfalls unter welchen Bedingungen und Auflagen eine ordentliche baurechtliche Bewilligung im Sinne von Art. 22 RPG erteilt werden kann, ist nach dem kantonalen Bau- und Planungsrecht die örtliche Baubehörde zuständig ( § 318 PBG ). Das kantonale Recht bestimmt, dass die Baubehörde das Vorhaben nach einer Vorprüfung des Baugesuchs öffentlich bekannt macht und die Gesuchsunterlagen während zwanzig Tagen BGE 121 II 224 S. 229 öffentlich auflegt ( § § 6 und 314 PBG ). Wer Ansprüche aus dem PBG wahrnehmen will, hat innert zwanzig Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung bei der örtlichen Baubehörde schriftlich die Zustellung des oder der baurechtlichen Entscheide zu verlangen ( § 315 Abs. 1 PBG ). Wer den baurechtlichen Entscheid nicht rechtzeitig verlangt, hat das Rekursrecht verwirkt ( § 316 Abs. 1 PBG ). Ein Rechtsmittel ( § 329 PBG ) kann allerdings erst nach dem Entscheid der örtlichen Baubehörde über das Baugesuch ergriffen werden. Der Rekursentscheid ist grundsätzlich mit Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht anfechtbar ( § 329 Abs. 2 und 3 PBG ; vgl. zum Ganzen: HALLER/KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, 2. Aufl., S. 191 und 251). b) Das Zürcher Bau- und Planungsrecht sieht im Unterschied zu zahlreichen anderen kantonalen Regelungen kein Einspracheverfahren vor, in welchem Dritte, die sich gegen ein Bauvorhaben wenden wollen, bereits vor der Erteilung der Baubewilligung ihre schriftlich begründeten Einwände erheben müssen, um am nachfolgenden Rechtsmittelverfahren teilnehmen zu können (zu den Einspracheverfahren allgemein s. SCHÜRMANN/HÄNNI, Planungs-, Bau- und besonderes Umweltschutzrecht, 3. Aufl., S. 262 f. und 411 f.). Nach dem Zürcher Recht genügt es, wenn ein interessierter Dritter ohne weitere Begründung innert Frist um Zustellung des Bauentscheids ersucht, damit er nach dessen Zustellung Rekurs erheben kann. Dabei ist es ihm allerdings freigestellt, bereits im Anschluss an die Veröffentlichung des Baugesuchs, Einwendungen gegen das Vorhaben zu formulieren. In einem allfälligen späteren Rechtsmittelverfahren ist er jedoch an seine Einwendungen nicht gebunden (WOLF/KULL, Das revidierte Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich, S. 273 f., HALLER/KARLEN, a.a.O., S. 192 f.). 4. a) Im vorliegenden Fall hat der VCS zwar innert der 20tägigen Frist Rekurs gegen die baurechtliche Bewilligung erhoben. Er hat es jedoch unterlassen, vorgängig innert Frist die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen. Damit hat er die Formvorschriften des zürcherischen Verfahrensrechts in Baubewilligungssachen nicht eingehalten, und das Verwaltungsgericht ist gestützt auf die §§ 315 Abs. 1 und 316 Abs. 1 PBG von der Verwirkung des Rekursrechts ausgegangen; das Institut des Verbandsbeschwerderechts gemäss Art. 55 USG oder Art. 12 NHG steht nach Auffassung der Vorinstanz der Annahme der Verwirkung nicht entgegen. Sie führt im angefochtenen Entscheid aus, das streitbetroffene Vorhaben sei am 7. Mai 1993 sowohl im kantonalen Amtsblatt als auch in einem kommunalen BGE 121 II 224 S. 230 Organ veröffentlicht worden, und zwar unter Hinweis auf den vorliegenden Umweltverträglichkeitsbericht. Neben der Lektüre der amtlichen Ausschreibung brauche der Dritte nichts weiter vorzukehren, als beim Bauamt der Standortgemeinde die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen; der interessierte Dritte müsse weder seine Rekurslegitimation dartun noch sonst irgendeine Begründung liefern. b) Der VCS hingegen vertritt die Meinung, die in § 316 Abs. 1 PBG vorgesehene Verwirkung gelte für die nach Art. 55 USG beschwerdeberechtigten Organisationen nicht, weil sonst ihr Beschwerderecht beeinträchtigt und damit Bundesrecht vereitelt werde. Er beruft sich für seinen Standpunkt u.a. auf die vorne (E. 2b) wiedergegebene Rechtsprechung des Bundesgerichts. Zudem hält der VCS die Zürcher Regelung, nur die Baugesuche zu publizieren, nicht aber die baurechtlichen Entscheide, für bundesrechtswidrig, soweit dadurch die Rechte der nach Art. 55 USG und Art. 12 NHG beschwerdeberechtigten Organisationen beschnitten würden. Diese müssten, wenn sie von einem baurechtlichen Entscheid - auf irgendeinem Weg - Kenntnis erhielten, noch zur Anfechtung zugelassen werden, selbst wenn sie dessen Zustellung nicht verlangt hätten. Nach Auffassung des Beschwerdeführers wäre es Sache der zuständigen Behörden, für eine genügende Bekanntmachung der Entscheide zu sorgen, sei es durch Publikation oder durch direkte Zustellung an die in der Verordnung vom 27. Juni 1990 über die Bezeichnung der beschwerdeberechtigten Umweltschutzorganisationen (VBUO; SR 814.076) genannten Organisationen. c) Die Baukommission Rüschlikon betont, dass im vorliegenden Fall ein Bauvorhaben innerhalb der ordentlichen Bauzonen und nicht ein solches ausserhalb der Bauzonen im Sinne von Art. 24 RPG umstritten sei. Der vom Beschwerdeführer in den Vordergrund gestellte Fall BGE 117 Ib 270 ff. sei in Anwendung von Art. 24 RPG ergangen. Gestützt auf diese Norm erteilte Bewilligungen seien - anders als Bewilligungen nach USG - kraft bundesrechtlicher Spezialvorschrift gesondert zu publizieren ( Art. 25 Abs. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989 [RPV, SR 700.1] , vgl. BGE 118 Ib 296 E. 2a S. 299 mit Hinweisen). Ähnlich argumentiert die private Beschwerdegegnerin. Sie führt aus, die vom Beschwerdeführer zitierte Rechtsprechung, aus welcher er ableiten wolle, dass für ihn die kantonalrechtlichen Verfahrensvorschriften keine oder nur beschränkte Geltung hätten, befasse sich nicht mit der Frage, ob die BGE 121 II 224 S. 231 ideellen Vereinigungen gehalten seien, die im kantonalen Rekurs- und Beschwerdeverfahren vom kantonalen Recht statuierten Obliegenheiten und Formvorschriften zu beachten. § 316 PBG auferlege den ideellen Vereinigungen keine Pflicht zur Beteiligung am kantonalen Rekurs- und/oder Beschwerdeverfahren. Es handle sich bloss um eine verfahrensrechtliche Obliegenheit, die ideelle Vereinigungen wie alle anderen von einem baurechtlichen Entscheid Betroffenen erfüllen müssten, wenn sie sich am kantonalen Verfahren beteiligen wollten. Ob eine ideelle Vereinigung das tun wolle, bleibe ihr auch nach der Gesuchstellung freigestellt. So könne sie sich, um Beschwerde an das Bundesgericht zu erheben, erst bei der letzten kantonalen Instanz einschalten; die Möglichkeit dazu werde ihr durch die Zustellung des vorinstanzlichen Entscheids gemäss § 316 Abs. 2 PBG gesichert. Es stelle sich somit hier nur die allgemeine Grundsatzfrage, ob die kantonale Verfahrensordnung den ideellen Vereinigungen die Wahrung ihrer Aufgaben verunmögliche oder unverhältnismässig erschwere. 5. a) Es ist unbestritten, dass der VCS gestützt auf Art. 55 Abs. 3 USG grundsätzlich von den kantonalen Rechtsmitteln Gebrauch machen kann. Umstritten ist indessen, ob § 316 Abs. 1 PBG auch auf die nach Art. 55 USG beschwerdeberechtigten Organisationen angewendet werden darf. Dabei geht es nicht um die Frage der Beteiligung des Beschwerdeführers als Partei an einem Einsprache- oder Rekursverfahren als Voraussetzung für das Ergreifen weiterer Rechtsmittel, insbesondere auch der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht. Wie vorne (E. 3b) ausgeführt wurde, kennt das Zürcher Bau- und Planungsrecht in bezug auf kommunale Baubewilligungen kein eigentliches Einspracheverfahren. b) Zu prüfen ist, ob der Beschwerdeführer, der nach Auffassung der Vorinstanz gemäss der Verfahrensvorschrift von § 316 Abs. 1 PBG sein Rekursrecht verwirkt haben soll, den weder von ihm formgerecht verlangten noch von sonst jemandem angefochtenen baurechtlichen Entscheid trotz der Missachtung der Verfahrensvorschrift von § 316 Abs. 1 PBG noch mit Rekurs beim Regierungsrat anfechten kann. Die vom Beschwerdeführer angerufene Rechtsprechung des Bundesgerichts befasst sich nicht mit der Frage, ob das kantonale Recht eine Pflicht der ideellen Organisationen zur Anmeldung am erstinstanzlichen baurechtlichen Verfahren vorschreiben dürfe mit der Wirkung, dass eine Unterlassung der Anmeldung zum Ausschluss weiterer kantonaler Rechtsmittel führt. Da sich beschwerdeberechtigte Organisationen, die kantonale Rechtsmittel ergreifen wollen, an die Verfahrensvorschriften des kantonalen Rechts BGE 121 II 224 S. 232 - insbesondere hinsichtlich Form- und Fristwahrung - grundsätzlich zu halten haben, kann eine vom kantonalen Verfahrensrecht abweichende Behandlung nur in Frage kommen, soweit die Einhaltung der kantonalen Verfahrensvorschriften die Erfüllung der den Organisationen übertragenen Aufgaben verunmöglicht oder übermässig erschwert ( BGE 118 Ib 296 E. 2c S. 300, BGE 116 Ib 418 E. 3g S. 433, 465 E. 2c S. 267). Diesbezüglich ist zunächst zu beachten, dass es sich beim hier umstrittenen Bauprojekt um ein Vorhaben innerhalb der Bauzone handelt, das korrekt - insbesondere mit Hinweis auf den Umweltverträglichkeitsbericht - öffentlich bekannt gemacht wurde. Es kann nicht gesagt werden, dass es für die Organisationen generell einen unverhältnismässigen Aufwand bedeuten würde, sich form- und fristgerecht um die Zustellung des baurechtlichen Entscheids gemäss § 315 Abs. 1 PBG zu bemühen, wenn wie hier eine korrekte, aussagekräftige Publikation des Baugesuchs erfolgte. Wie im Lichte von Art. 25 Abs. 2 RPV bei einem Verfahren über eine Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG zu entscheiden wäre, ist im vorliegenden Verfahren nicht Streitgegenstand und daher hier nicht zu prüfen. c) Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass das Begehren um Zustellung des baurechtlichen Entscheids gemäss § 315 Abs. 1 PBG eine fristgebundene Vorbereitungshandlung darstellt, die jeder Dritte vorzunehmen hat, wenn er die Baubewilligung mit Rekurs anzufechten gedenkt. Weder aus dem kantonalen Recht noch aus dem Bundesrecht ergibt sich, dass die Umweltschutzorganisationen von der Einhaltung der kantonalen Verfahrensvorschrift befreit wären. Auch besteht in bezug auf das hier umstrittene Vorhaben keine dem Art. 25 Abs. 2 RPV vergleichbare Bestimmung, welche die Publikation der baurechtlichen Bewilligung für Vorhaben innerhalb der Bauzone vorschreiben würde (vgl. BGE 118 Ib 296 E. 2a S. 299 mit Hinweisen). Nach Art. 20 Abs. 2 UVPV muss die zuständige Behörde lediglich bekannt geben, wo der Umweltverträglichkeitsbericht und der Entscheid über die UVP eingesehen werden können. Eine vom zürcherischen Verfahrensrecht abweichende erweiterte Anfechtungsmöglichkeit kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers somit nicht aus dem Bundesrecht abgeleitet werden. Die Pflicht, die Zustellung des baurechtlichen Entscheids nach der Ausschreibung des Baugesuchs zu verlangen, hat u.a. den Zweck, den Kreis der an einem BGE 121 II 224 S. 233 bestimmten Baubewilligungsverfahren Interessierten möglichst frühzeitig zu bestimmen, was der Verfahrensökonomie und der Rechtssicherheit dient. Zudem können die Interessierten ihre Einwände gegen ein Vorhaben bereits zuhanden der erstinstanzlich zuständigen Behörde formulieren und damit ihr allfälliges Fachwissen in das Verfahren einbringen oder auf problematische Aspekte des Vorhabens hinweisen, ohne dass sie bereits eine schriftlich begründete Einsprache erheben müssten. Unter diesen Umständen verstösst es nicht gegen Bundesrecht, wenn die Vorinstanz auf der Einhaltung der Verfahrensvorschrift des § 315 Abs. 1 PBG auch gegenüber einer gesamtschweizerischen Umweltschutzorganisation beharrt, zumal der Baupublikation klar zu entnehmen war, dass es sich um ein UVP-pflichtiges Vorhaben handelt. Auch mit Blick auf die bisherige Rechtsprechung und den neuen noch nicht in Kraft stehenden Art. 55 Abs. 4 und 5 USG (s. vorne E. 2c) kann der Kritik des Beschwerdeführers an der kantonalen Verfahrensordnung nicht gefolgt werden. Der Bundesgesetzgeber erachtet es heute ebenfalls als unabdingbar, dass der Kreis der an einem baurechtlichen Verfahren Beteiligten möglichst frühzeitig bestimmt wird. Die Zürcher Verfahrensregelung sieht mit dem in § 315 Abs. 1 PBG enthaltenen Erfordernis, fristgerecht die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen, nicht die Pflicht zur Beteiligung an einem formellen Einspracheverfahren vor. Dies wäre nach der Rechtsprechung zum geltenden Art. 55 USG auch unzulässig (s. vorne E. 2b). Dem BUWAL kann somit nicht zugestimmt werden, wenn es ausführt, die Anwendung der Zürcher Verfahrensregelung führe im vorliegenden Fall zu einem unzulässigen Ausschluss der Rechtsmittelmöglichkeiten nach Art. 55 USG . Die Befolgung der Pflicht gemäss § 315 Abs. 1 PBG , innert zwanzig Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung bei der örtlichen Baubehörde schriftlich die Zustellung des baurechtlichen Entscheids zu verlangen, stellt wie erwähnt keine Pflicht zur Einspracheerhebung dar und es kommt ihr bei Nichteinhaltung auch nicht die identische Folge, nämlich der Verlust der Teilnahmemöglichkeit an allen nachfolgenden Verfahren, zu. Die Verwirkung des Rekursrechts gemäss § 316 Abs. 1 PBG bezieht sich nur auf die direkte Anfechtung des baurechtlichen Entscheids mit Rekurs ( § 329 Abs. 1 PBG ). Im vorliegenden Fall wurde die baurechtliche Bewilligung jedoch ausser vom VCS von keiner Seite beanstandet, was bewirkte, dass gar keine weiteren Rechtsmittelverfahren durchzuführen waren. In einer solchen Situation hat es der VCS selbst zu verantworten, dass er sich nicht an die kantonale Verfahrensvorschrift gehalten hat. BGE 121 II 224 S. 234 d) Eine andere Frage ist, ob der Beschwerdeführer einen auf Initiative eines anderen Rekurrenten ergangenen Rekursentscheid mit Rechtsmitteln letztinstanzlich bis zum Bundesgericht weiterziehen könnte. Ein solches Vorgehen würde der heutigen Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 12 NHG i.V.m. Art. 24 RPG entsprechen ( BGE 117 Ib 270 E. 1c S. 276) und wäre nach der vom eidgenössischen Parlament verabschiedeten Änderung von Art. 55 USG jedenfalls dann möglich, wenn in einem solchen Rekursentscheid die baurechtliche Verfügung zugunsten der Bauherrschaft geändert und eine beschwerdeberechtigte Organisation dadurch beschwert würde. Diese Fragen sind hier aber nicht umstritten und somit nicht weiter zu prüfen. e) Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer, dass für die Zustellung des baurechtlichen Entscheids auch von den beschwerdeberechtigten ideellen Organisationen in Anwendung von § 315 Abs. 1 PBG eine Gebühr von 10 bis 50 Franken erhoben wird. Er führt aus, eine Beteiligungspflicht im Sinne der vom Verwaltungsgericht befürworteten Zürcher Lösung würde die beschwerdeberechtigten gesamtschweizerischen Organisationen überfordern. So müssten sie bei dieser Lösung standardmässig auf eine riesige Anzahl von Gesuchen reagieren. Pro Jahr gebe es in der Schweiz etwa 12'500 Baugesuche mit Beschwerdeberechtigung der Verbände. Multipliziere man diese Zahl mit der vom Verwaltungsgericht genannten Verwaltungsgebühr von in der Regel zwischen 10 und 50 Franken für die Zustellung des Bauentscheids, so würde dies das mit öffentlichen Spendegeldern geäufnete Budget der Organisationen allein schon mit jährlich Fr. 125'000.-- bis Fr. 625'000.-- belasten. Zumindest der höhere Betrag sei mehr, als einige Organisationen zusammen jährlich für Beschwerdefälle überhaupt ausgeben könnten, und auch die untere Zahl sprenge das Budget vor allem kleinerer Organisationen bei weitem. Für die Ausübung des den ideellen Organisationen in den Art. 12 NHG und Art. 55 USG zuerkannten Beschwerderechts ist die Kenntnis der allenfalls anzufechtenden Entscheide unabdingbar (vgl. BGE 118 Ib 296 E. 2a S. 299, 116 Ib 119 E. 2c S. 123, 465 E. 2b S. 467). Die Umweltschutzorganisationen nehmen im Rahmen des ihnen bundesrechtlich zugestandenen Beschwerderechts wichtige öffentliche Interessen wahr (vgl. RIVA, Die Beschwerdebefugnis der Natur- und Heimatschutzvereinigungen im schweizerischen Recht, Bern 1980, S. 15 ff., 177 ff.). Es liegt somit auch im öffentlichen Interesse, dass die Tätigkeit dieser Organisationen nicht unnötig erschwert bzw. behindert BGE 121 II 224 S. 235 wird. Das Bundesrecht geht mit der Einräumung des ideellen Beschwerderechts davon aus, dass die beschwerdebefugten Organisationen die durch sie anfechtbaren Entscheide grundsätzlich ungehindert und kostenlos erhalten, damit sie daraufhin überprüft werden können, ob sie aus ideellen Gründen angefochten werden sollen. Eine Gebührenpflicht für die Zustellung baurechtlicher Entscheide an die ideellen Vereinigungen ist mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar. Im vorliegenden Fall wurde zwar gar keine Gebühr erhoben, weil der Beschwerdeführer es unterlassen hatte, die Zustellung des baurechtlichen Entscheids fristgerecht zu verlangen; insoweit geht auch die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, die zu einer unrichtigen Sachverhaltsfeststellung geführt habe, fehl. Doch ist die vom Verwaltungsgericht als zumutbar bezeichnete Gebühr von in der Regel zwischen 10 und 50 Franken pro zugestelltem Entscheid als unzulässig zu bezeichnen, weil sie wie erwähnt zum bundesrechtlich garantierten Beschwerderecht der ideellen Vereinigungen gemäss Art. 55 USG und Art. 12 NHG im Widerspruch steht. Daran ändert auch die Revision von Art. 12 NHG und Art. 55 USG vom 24. März 1995 nichts. Die fristgerecht nach der korrekten Baugesuchspublikation verlangten baurechtlichen Entscheide sind den ideellen Organisationen somit regelmässig gebührenfrei abzugeben. Die Situation der Umweltschutzorganisationen ist diesbezüglich nicht mit derjenigen eines Nachbarn vergleichbar, weil dieser grundsätzlich keine öffentlichen Interessen wahrnimmt und zudem nur in einer kleinen Zahl von Fällen zur Beschwerdeführung befugt ist.
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Urteilskopf 101 Ib 120 22. Extrait de l'arrêt du 16 mai 1975 dans la cause Bornand contre Département fédéral de justice et police
Regeste Schweizerbürgerrecht, Wiedereinbürgerung. Art. 21 BüG . Nicht verschuldete Unkenntnis des Gesetzes kann als entschuldbarer, die Wiedereinbürgerung rechtfertigender Grund im Sinne des Art. 21 BüG betrachtet werden.
Sachverhalt ab Seite 120 BGE 101 Ib 120 S. 120 A.- Descendant d'une famille originaire de Sainte-Croix, Georges Bornand est né le 8 avril 1940 à Marseille, où étaient déjà nés son père en 1905 et son grand-père en 1876. Au moment de sa naissance en 1940, Georges Bornand a acquis, par filiation, la nationalité suisse que possédait encore son père en vertu des dispositions légales en vigueur à l'époque; il a également acquis la nationalité française en vertu de la législation de ce pays. Comme sa naissance n'avait pas été annoncée aux autorités suisses et que lui-même n'avait pas non plus déclaré, avant d'avoir atteint l'âge de 22 ans révolus, vouloir conserver la nationalité suisse, Georges Bornand a perdu, dès le 9 avril 1962, cette nationalité ainsi que son droit de cité communal et cantonal en vertu de l'art. 10 de la loi fédérale du 29 septembre 1952 sur l'acquisition et la perte de la nationalité suisse (en abrégé: LN). B.- Le 11 février 1971, Georges Bornand a rempli et signé, au Consulat général de Suisse à Marseille, une formule officielle de demande de réintégration dans la nationalité suisse, en application de l'art. 21 LN. Il y explique l'omission de souscrire une déclaration dans les délais prescrits par le fait qu'il ignorait avoir à faire une telle déclaration pour conserver sa nationalité suisse; son attention aurait été attirée sur ce point par la lecture, en 1970, d'un article paru dans une revue de la Chambre de commerce suisse en France. BGE 101 Ib 120 S. 121 Sur préavis du Département de l'intérieur du canton de Vaud, le Département fédéral de justice et police (en abrégé: le Département fédéral) a rejeté la demande de réintégration de Georges Bornand, en relevant notamment que la seule ignorance de la loi ne constitue pas une raison excusable au sens de l'art. 21 LN et que le requérant aurait dû établir qu'avant la perte de sa nationalité suisse, ses relations avec la Suisse étaient telles qu'il se considérait et se comportait comme un citoyen suisse. Sur recours de Bornand, le Tribunal fédéral a annulé la décision attaquée et déclaré que le recourant était réintégré dans la nationalité suisse ainsi que dans ses droits de cité communal et cantonal. Erwägungen Extrait des motifs: 2. Ayant perdu la nationalité suisse par péremption dès le 9 avril 1962, le recourant a signé une demande officielle de réintégration le 11 février 1971, soit avant l'expiration du délai de dix ans dès la péremption, prévu à l'art. 21 LN. Sa demande était donc recevable, mais il y a lieu d'examiner si les autres conditions d'application de cette disposition sont remplies en l'espèce et si, de ce fait, Georges Bornand doit être réintégré dans sa nationalité suisse et dans ses droits de cité communal et cantonal. a) Au cours des débats devant les Chambres au sujet du projet de loi sur l'acquisition et la perte de la nationalité suisse, deux propositions avaient été formulées, relatives à la procédure de réintégration de la femme dans la nationalité suisse, prévue à l'art. 18 du projet (devenu l'art. 19 LN): l'une, présentée par la majorité de la commission du Conseil national, tendait à maintenir en vigueur la solution de l'ancien droit, c'est-à-dire à ne pas reconnaître en faveur de la femme un véritable droit - Rechtsanspruch - à sa réintégration dans la nationalité suisse; en revanche, la minorité de la commission proposait de renverser la situation et d'accorder ce droit aux femmes se trouvant dans les conditions énoncées par la loi. En réalité, comme l'avait fait remarquer un conseiller national, ces deux propositions étaient au fond beaucoup moins divergentes qu'elles ne pouvaient paraître, car, même selon le rapporteur de la majorité, "l'autorité accorde la réintégration BGE 101 Ib 120 S. 122 lorsque les conditions prévues par la loi sont remplies" (cf. Bull.stén. CN, 1951, p. 811). Il faut donc admettre que l'autorité compétente ne dispose que d'une liberté très restreinte dans l'appréciation de l'ensemble des circonstances: dans le cadre de l'art. 21 LN, comme dans les autres cas de réintégration dans la nationalité suisse, l'autorité compétente doit accepter la demande lorsque les conditions légales sont remplies. b) L'art. 21 LN subordonne la réintégration à deux conditions de fond seulement, l'une négative, l'autre positive: d'une part, la procédure de réintégration dans la nationalité suisse suppose qu'il n'y a eu, en temps utile, ni annonce, ni déclaration à une autorité suisse comme l'exige l'art. 10, sinon il n'y aurait même pas péremption au sens de cette disposition; d'autre part, la réintégration doit être accordée si cette omission a pu s'expliquer par des raisons excusables. Cela résulte clairement non seulement du texte même de la loi, mais aussi de la volonté que le législateur a nettement exprimée, notamment par la voix du rapporteur de la commission du Conseil des Etats: "Liegen entschuldbare Gründe dafür vor, dass die erforderliche Meldung oder Erklärung unterlassen wurde, so soll hiernach eine Restitutio in integrum erfolgen können. Das empfiehlt sich mit Rücksicht auf die betonte Notwendigkeit, das Instrument des Verfalles überhaupt nur mit grösster Vorsicht zu handhaben" (Bull.stén. CE, 1952, p. 101). C'est donc à tort que le secrétariat général du Département vaudois de l'intérieur a donné un préavis négatif en faisant valoir notamment que Georges Bornand et son père ne se sont jamais inscrits, annoncés ou manifestés au Consulat général de Suisse à Marseille: cette abstention ou omission ne peut évidemment pas priver le recourant de son droit d'invoquer en sa faveur la disposition de l'art. 21, puisqu'elle en constitue précisément l'une des deux conditions d'application. En outre, c'est également en opposition avec le texte légal que, dans la décision attaquée, le Département fédéral de justice et police a soutenu que "le requérant doit bien plus faire valoir qu'avant la perte de sa nationalité suisse ses relations avec sa patrie étaient telles qu'il se considérait et se comportait comme un citoyen suisse". Il faut admettre, au contraire, que dans la mesure où il a présenté sa demande de réintégration dans les dix ans qui ont suivi la péremption, le requérant BGE 101 Ib 120 S. 123 doit simplement justifier, par des raisons excusables, l'absence d'annonce ou de déclaration à une autorité suisse dans le délai de péremption fixé à l'art. 10. Il n'a pas d'autre preuve à rapporter: en particulier, il n'a pas à établir qu'avant d'avoir perdu sa nationalité suisse, il s'était considéré et comporté comme un citoyen suisse. 3. La loi ne dit pas ce qu'il faut entendre par une raison excusable au sens de l'art. 21 LN; il faut donc en rechercher la définition. a) La notion de raison excusable semble être de celles que l'on qualifie d'imprécises (cf. MAX IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd., I No 221 Ib, p. 72/73). Cependant, il ne s'ensuit pas que les premiers juges disposent, en appliquant cette notion imprécise, d'une certaine marge d'appréciation, ni que le Tribunal fédéral doive limiter son pouvoir d'examen. Une restriction du pouvoir d'examen de l'autorité de seconde instance ne se justifie que si cette autorité ne dispose pas de connaissances techniques ou de renseignements de fait aussi complets que l'autorité inférieure (RO 99 Ib 67 consid. 2a). Or tel n'est pas le cas en l'espèce: d'une part, l'interprétation de la notion de raison excusable n'exige pas de connaissances techniques particulières que le Tribunal fédéral n'aurait pas, mais que le Département fédéral de justice et police posséderait; d'autre part, le Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit administratif, dispose des mêmes renseignements de fait que l'autorité inférieure; en vertu de l'art. 105 al. 1 OJ, il peut d'ailleurs revoir librement les constatations de fait, la disposition de l'art. 105 al. 2 OJ étant inapplicable en l'espèce. Au surplus, l'interprétation de cette notion pose une question de droit que le Tribunal fédéral peut résoudre avec un plein pouvoir d'examen. b) La raison excusable n'est pas une notion juridique d'application courante en droit public ou en droit privé; cette expression ne figure ni dans la constitution fédérale, ni dans les principaux textes de droit public ou de droit privé, ni même, sauf erreur, dans certaines lois particulières; elle ne semble pas non plus avoir fait l'objet d'une étude dans la doctrine. Dès lors, une interprétation par référence à d'autres textes se révèle impossible. En particulier, les dispositions des art. 20 BGE 101 Ib 120 S. 124 et 33 al. 2 CP sont trop différentes pour qu'on puisse appliquer à l'art. 21 LN, même par analogie, les règles de doctrine et de jurisprudence relatives à l'erreur de droit et à la légitime défense. Il en va de même de la disposition de l'art. 10 al. 4 LN, qui permet à celui qui, contre sa volonté, a été empêché de faire la déclaration prévue à l'al. 1, d'éviter la perte de sa nationalité suisse en présentant une telle déclaration dans le délai d'un an dès la fin de l'empêchement: en raison du texte même et de la genèse de cette disposition, le Tribunal fédéral a déclaré (RO 91 I 387 consid. 3) que l'ignorance de la loi ne constituait pas un tel empêchement; mais on ne saurait appliquer cette jurisprudence à la notion de "raisons excusables" de l'art. 21 LN, dont le contexte est tout différent. c) En revanche, la notion de raison excusable figure dans le texte de deux articles de la LN: elle est, en effet, prévue comme une condition de la réintégration dans la nationalité suisse non seulement à l'art. 21, mais aussi à l'art. 19 al. 1 lettre b. Or, dans le cadre de cette dernière disposition, le législateur de 1952 a très clairement exprimé la volonté de considérer l'ignorance de la loi comme une raison excusable, justifiant la réintégration de la femme mariée qui, avant la célébration de son mariage avec un étranger, n'avait pas fait la déclaration exigée à l'art. 9 LN. Dans ce sens, les membres de la commission du Conseil national avaient autorisé le rapporteur de langue allemande à donner la précision suivante: "Nichtkenntnis des neuen Rechtes soll als Entschuldigungsgrund im Sinne dieser Bestimmung gelten. Die Kommission ermächtigte die Herren Referenten ausdrücklich, diese kurze Erklärung abzugeben; es soll das der Wille des Gesetzgebers sein" (Bull. stén. CN 1952, p. 637). En outre, dans deux arrêts récents, le Tribunal fédéral a également interprété dans ce sens cette disposition de l'art. 19 al. 1 lettre b LN: la femme qui, avant la célébration de son mariage avec un ressortissant étranger, n'a pas déclaré vouloir conserver sa nationalité suisse, doit obtenir sa réintégration si elle a omis de faire cette déclaration par ignorance de la règle de péremption établie à l'art. 9; au sens de l'art. 19 al. 1 lettre b, l'ignorance de la loi peut donc être une raison excusable (cf. ATF Toccafondi et Augugliaro, du 28 février 1975, BGE 101 Ib 120 S. 125 non publiés; cf. aussi la jurisprudence antérieure du Conseil fédéral: JAAC fasc. 29, 1959/60, p. 203). d) Dans le cadre de l'art. 21 LN, le Conseil fédéral a, il est vrai, adopté une interprétation beaucoup plus restrictive de la notion de raison excusable. Considérant que la procédure de réintégration doit demeurer exceptionnelle, être ainsi pratiquement admise seulement en faveur des citoyens qui ont été injustement privés par péremption de leur nationalité suisse, il a jugé, dans deux décisions de 1956 et 1967, que ne constitue une raison excusable pour le requérant ni l'ignorance de sa nationalité suisse, ni le fait d'avoir ignoré la possibilité, prévue à l'art. 10, de s'annoncer à une autorité suisse ou de déclarer vouloir conserver sa nationalité suisse. La réintégration n'a pas été prévue pour ceux dont la nationalité suisse était une pure fiction; avant d'accorder la réintégration, l'autorité compétente doit donc s'assurer que le requérant a bien été assimilé et qu'il a gardé des contacts étroits avec son pays d'origine (ZBl 1968, p. 453 ss consid. 5 et Revue de l'état civil 1962, p. 66 ss). Cette jurisprudence apparaît cependant trop restrictive au regard du texte des art. 10 et 21 LN: en effet, il a déjà été établi que l'autorité compétente doit accorder la réintégration dans la nationalité suisse lorsque les deux conditions d'application de l'art. 21 sont réunies, c'est-à-dire lorsque le requérant peut, par des raisons excusables, expliquer pourquoi il n'a pas fait l'annonce à l'autorité suisse ou la déclaration prévues à l'art. 10 (consid. 2 b ci-dessus); en particulier, elle ne peut pas subordonner la réintégration à d'autres conditions, par exemple à la condition de l'assimilation. Au surplus, il n'y a pas de raison impérieuse d'adopter une interprétation différente de la notion de raison excusable dans le cadre des art. 19 al. 1 lettre b et 21 LN. En abandonnant le principe traditionnel de la pérennité de la nationalité suisse, le législateur a voulu, comme dans le cas de la femme mariée, donner encore une possibilité d'être réintégré à celui qui, par omission et péremption, a perdu son droit de cité communal et cantonal ainsi que sa nationalité suisse. Dans les deux cas, il a jugé nécessaire de limiter les conséquences de la péremption aux cas où la nationalité suisse est devenue une pure fiction, "la condition première de cette rupture étant toujours, bien entendu, que cette famille n'ait plus aucune attache de fait BGE 101 Ib 120 S. 126 avec la Suisse" (Message du Conseil fédéral du 9 août 1951, FF 1951 II 676). En revanche, le citoyen né à l'étranger d'un père né lui-même à l'étranger échappe à la péremption prévue à l'art. 10 dès que, en fait, il entretient certains liens avec son pays d'origine, savoir si sa naissance a été annoncée à une autorité suisse, à l'étranger ou en Suisse, ou si, avant d'avoir atteint l'âge de 22 ans révolus, il a fait quelque chose pour exprimer sa volonté de conserver sa nationalité suisse et du même coup son droit de cité communal et cantonal. En outre, en considérant comme une annonce toute communication, au sens large du terme, faite à une autorité suisse, selon l'art. 10 al. 3, le législateur a voulu dire "dass der Verlust des Schweizerbürgerrechtes nach Artikel 10 nur im äussersten Falle in Kauf genommen werden soll" (Bull.stén. CE 1952, p. 95). Il résulte ainsi clairement du texte de l'art. 10 LN que l'absence de tout lien avec la Suisse constitue la condition première de la perte de la nationalité suisse par péremption; il est dès lors logiquement impossible de considérer l'existence de tels liens comme une condition de la réintégration selon l'art. 21. e) L'ignorance des exigences nouvelles de la loi peut donc constituer une raison excusable, suffisante en soi pour justifier la réintégration dans la nationalité suisse non seulement de la femme mariée en vertu de l'art. 19 al. 1 lettre b, mais aussi, selon l'art. 21, du citoyen né à l'étranger d'un père qui y était né lui aussi. Dans ces deux cas, il faut cependant réserver la possibilité pour l'autorité compétente de refuser cette réintégration lorsque l'ignorance de la loi est en elle-même fautive, donc inexcusable. 4. En l'espèce, Georges Bornand a fait valoir deux faits à l'appui de sa demande de réintégration. a) A titre principal, il a affirmé qu'il avait toujours ignoré, avant 1970, avoir perdu par péremption sa nationalité suisse et son droit de cité communal et cantonal. Or, ni la Division fédérale de police qui a instruit l'affaire, ni le Département fédéral de justice et police qui a statué, n'ont mis en doute la sincérité de cette affirmation: au contraire, dans la décision attaquée, l'autorité inférieure a expressément admis ce fait, soutenant simplement en droit que l'ignorance de la loi n'est pas une raison excusable; par ailleurs, elle n'a pas non plus BGE 101 Ib 120 S. 127 retenu à la charge du recourant des circonstances particulières qui auraient permis de penser que cette ignorance fût, en l'espèce, fautive ou inexcusable. Au surplus, il ressort des pièces du dossier que Georges Bornand, comme son père et son grand-père, n'ont jamais perdu le contact avec les autres membres de la colonie suisse de Marseille, ni même avec certains de leurs parents en Suisse. On peut dès lors penser que le recourant aurait été informé des changements intervenus en 1952 dans la législation suisse relative à la nationalité suisse s'il avait été plus âgé à l'époque de l'entrée en vigueur de la nouvelle loi du 29 septembre 1952; en effet, c'est probablement à cette époque surtout que l'on a parlé de ces changements dans les colonies suisses à l'étranger; or le recourant n'avait pas encore 15 ans, de sorte qu'on ne saurait lui reprocher son ignorance de ces changements. Les conditions d'application de l'art. 21 LN sont ainsi réunies, puisqu'il faut admettre que l'ignorance - de la règle nouvelle de l'art. 10 - dans laquelle se trouvait le recourant avant 1970 constitue une raison excusable, suffisante en soi pour justifier la réintégration dans la nationalité suisse. En refusant d'accorder cette réintégration, et de ce seul fait, le Département fédéral de justice et police a donc violé une disposition de droit fédéral; sa décision doit être réformée et Georges Bornand doit être réintégré dans la nationalité suisse de même que dans son droit de cité communal et cantonal. b) Dans la procédure, le recourant a encore expliqué que sa naissance à Marseille, le 8 avril 1940, n'avait pas été annoncée aux autorités suisses parce que son père était, en cette période de guerre, mobilisé dans l'armée française, et, de ce fait, empêché de faire cette annonce au Consulat général de Suisse à Marseille. Au sens de l'art. 21 LN, cet empêchement serait également une raison excusable, justifiant la réintégration, Georges Bornand s'était par la suite abstenu de s'annoncer lui-même à une autorité suisse parce qu'il croyait avoir été régulièrement inscrit dans le registre d'état civil de Sainte-Croix, sa commune d'origine. Or, par lettre du 25 octobre 1971 adressée au Département fédéral, son avocat a affirmé que "M. Bornand était convaincu qu'il était resté de nationalité suisse et que les inscriptions avaient suivi leurs cours, sans qu'il ait à faire quoi que ce soit", mais, dans la décision BGE 101 Ib 120 S. 128 attaquée, l'autorité inférieure ne s'est pas prononcée sur cette question de fait; normalement, il faudrait lui renvoyer le dossier pour lui permettre de vérifier la vérité de cette allégation. Cependant, comme le recourant ignorait jusqu'en 1970 les nouvelles règles de la loi relatives à la perte de la nationalité suisse et que cette ignorance constitue une raison excusable suffisante pour justifier la réintégration selon l'art. 21 LN, il est inutile de renvoyer le dossier au Département fédéral pour qu'il statue à nouveau dans le sens des considérants. Saisi d'un recours de droit administratif, le Tribunal fédéral peut statuer lui-même sur le fond (art. 114 al. 2 OJ). Il peut donc accorder à Georges Bornand sa réintégration dans la nationalité suisse et dans son droit de cité communal et cantonal.
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Urteilskopf 110 II 141 29. Arrêt de la Ire Cour civile du 15 mai 1984 dans la cause Leuzzo contre Meubles Segalo S.A. (recours en réforme)
Regeste Art. 107 ff. OR . Rücktritt vom Vertrag vor Fälligkeit. Reugeld. 1. Erklärt der Verkäufer dem Käufer, er könne die Kaufsache innert der vorgesehenen Frist nicht liefern, so ist der Rücktritt vom Vertrag erst nach Ansetzung einer Erfüllungsfrist an den Schuldner zulässig, ausser wenn die Aufforderung zu erfüllen sich ohne Zweifel als zwecklos erweisen würde (E. 1). 2. Eine Klausel der allgemeinen Vertragsbedingungen, wonach der Käufer bei Rücktritt vom Vertrag eine Strafe von 20% des Kaufpreises zu zahlen hat, ist unter den gegebenen Umständen als Reugeld auszulegen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 141 BGE 110 II 141 S. 141 A.- Selon contrat de vente du 7 janvier 1980, établi sur formule préimprimée de la venderesse, Salvatore Leuzzo, demandeur, a acheté à Segalo Meubles S.A. (ci-après: Segalo), défenderesse, un ensemble de meubles pour le prix total de fr. 12'230.-- soit une bibliothèque, une table avec rallonges, quatre chaises avec placets, un lit, un matelas, un salon rustique et un tapis mécanique. Les conditions générales figurant au verso du contrat prévoient notamment: "Délai de livraison 1. La livraison aura lieu dans le délai convenu, sauf empêchement BGE 110 II 141 S. 142 majeur. Dans ce dernier cas, l'acheteur renonce d'ores et déjà à se prévaloir du retard à la livraison pour refuser, même partiellement, les marchandises commandées ou pour réclamer des dommages-intérêts. ... Garantie ... 4. Dans les cas de garantie, le vendeur s'engage à réparer ou à remplacer la pièce défectueuse. L'acheteur renonce à toute autre prétention (résiliation, rabais, suspension de paiement, dommages-intérêts, etc.). ... Résiliation 10. En cas de résiliation du contrat par l'acheteur, celui-ci reconnaît devoir une pénalité de 20% du prix de vente des marchandises, à quoi s'ajoute une indemnité pour les frais effectivement engagés par le vendeur et le dommage qu'il subit." A la signature du contrat, le demandeur a payé un acompte de fr. 3'000.--. Certains des meubles vendus s'étant avérés défectueux, les parties ont signé, le 18 avril 1980, un "contrat de vente" annulant la vente de la bibliothèque, du salon et du tapis et prévoyant la livraison de nouveaux meubles. Ce second contrat portait les mêmes conditions générales que le premier. Il prévoyait la livraison à fin mai 1980 et comportait une différence de fr. 1'290.-- en faveur de Segalo. Le 19 mai 1980, Segalo a écrit à Leuzzo pour l'avertir qu'elle ne pourrait pas livrer les meubles commandés à la date prévue et que le délai de livraison était repoussé au mois de juillet 1980. Par lettre du 23 mai 1980, Leuzzo a répondu qu'il n'acceptait pas ce nouveau report de la livraison et qu'il résiliait le contrat. Il priait en conséquence Segalo de venir reprendre son mobilier. Par lettre du 28 mai 1980, Segalo a informé Leuzzo qu'après de multiples démarches auprès de ses fournisseurs, elle pourrait finalement livrer les meubles commandés dans le délai initialement prévu, soit le 30 mai 1980. Dans sa réponse du 29 mai 1980, Leuzzo maintint l'annulation du 23 mai 1980 et demanda la restitution de l'acompte de fr. 3'000.-- versé lors de la signature du premier contrat. Les parties demeurèrent ensuite sur leur position, Segalo offrant et demandant l'exécution du contrat, Leuzzo prétendant avoir valablement résilié. B.- Leuzzo a assigné Segalo en paiement de fr. 3'000.-- avec intérêt à 5% dès le 7 janvier 1980, demandant en outre la levée de l'opposition faite au commandement de payer notifié à la défenderesse. BGE 110 II 141 S. 143 Segalo a conclu au rejet de la demande. Reconventionnellement, elle a conclu, en bref, qu'acte lui soit donné de son offre de livrer le solde des biens commandés, que Leuzzo soit condamné à lui payer fr. 10'220.-- avec intérêt à 5% dès le 3 juin 1980, que Leuzzo soit condamné à lui restituer le salon et le tapis livrés le 11 janvier 1980 (prêts) et la bibliothèque livrée le 21 mars 1980, et que ses droits soient réservés quant à l'état des biens à restituer. Le demandeur a conclu au rejet des conclusions reconventionnelles de Segalo. Par jugement du 18 août 1983, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a donné acte à Segalo de son offre de livrer le solde des biens commandés par contrats des 7 janvier et 18 avril 1980, condamné Leuzzo à payer à Segalo fr. 10'020.-- avec intérêt à 5% dès le 5 février 1981 et condamné Leuzzo à restituer à Segalo la bibliothèque livrée le 21 mars 1980, le salon livré le 28 mars 1980 et un tapis. C.- Contre ce jugement, Leuzzo interjette un recours en réforme dans lequel il conclut à ce qu'il lui soit donné acte de ce qu'il tient à disposition de Segalo une table avec rallonges, quatre chaises, un lit avec matelas, un tapis mécanique, la bibliothèque livrée le 21 mars 1980, le salon livré le 28 mars 1980, ainsi que deux tapis livrés le 11 janvier 1980 et que Segalo soit condamnée à lui payer fr. 3'000.-- avec intérêt à 5% dès le 7 janvier 1980, l'opposition formée par la défenderesse au commandement de payer qui lui a été notifié étant levée; implicitement, il conclut au rejet de la demande reconventionnelle. L'intimée conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) La cour cantonale a considéré que la lettre du 19 mai 1980 de la défenderesse ne permettait pas au demandeur de résilier le contrat - avant l'échéance - parce que la défenderesse y aurait exprimé n'avoir ni la volonté ni la possibilité d'exécuter son obligation. b) Le recourant tente en vain de critiquer cette façon de voir en invoquant les règles légales. Selon la jurisprudence, en effet, si avant l'échéance marquant le début de la demeure (cf. art. 102 al. 2 CO ) le débiteur annonce qu'il ne s'exécutera pas et si une sommation apparaît d'emblée inutile, le contrat peut, par une application analogique des art. 107 ss CO , être résilié ou résolu par le créancier BGE 110 II 141 S. 144 ( ATF 69 II 244 /5; cf. également Appellationsgericht BS in BJM 1973, p. 58, Obergericht Zürich ZR 1941 No 114, p. 300). Cependant, comme dans le cas de l' art. 108 ch. 1 CO , la sommation avec fixation de délai ne peut être évitée que si elle n'a aucun sens; tel est le cas si le refus du débiteur de s'exécuter apparaît clair et définitif (cf. BECKER, Kommentar ad art. 108, n. 3 p. 562; OSER-SCHÖNENBERGER, n. 3 ad art. 108, p. 580). En revanche, ne suffisent pas à eux seuls la demande du débiteur tendant à l'octroi d'un délai, son affirmation qu'il ne peut s'exécuter pour l'instant ou les doutes qu'il pourrait émettre quant à la validité du contrat (BUCHER, AT p. 298, 317, 326, VON TUHR/ESCHER, p. 141 et n. 55; DECURTINS, Die Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit..., thèse Zurich 1956, p. 40, 63/64, 74). Or, en l'espèce, si la lettre du 19 mai 1980 laissait supposer un retard dans l'exécution, les autres circonstances ne permettent point de retenir qu'une sommation avec fixation de délai eût été vaine. Tout d'abord, le contrat n'était pas un contrat à terme fixe ( art. 108 ch. 3 CO ), soit un contrat qui, selon la volonté exprimée par les contractants, ne pouvait être exécuté que dans un délai déterminé (cf. ATF 96 II 47 , ATF 49 II 227 , ATF 46 II 164 ); aussi un certain retard n'aurait-il point empêché l'exécution du contrat ni entraîné de plein droit son extinction ou permis une résolution ou sa résiliation immédiate. Ensuite, les deux parties admettent avec raison qu'il fallait considérer la lettre du 19 mai 1980 comme une offre de Segalo de modifier le terme de livraison; la lettre ne disait cependant pas ce qu'il adviendrait si l'offre n'était point acceptée. A cet égard, il n'apparaissait en tout cas pas exclu qu'une livraison pût encore intervenir dans le délai conventionnel ou, à tout le moins, dans le délai convenable suivant la demeure qu'il incombait au demandeur de fixer à la défenderesse ( art. 107 al. 1 CO ). En effet, cette dernière, lorsqu'elle a fixé le délai de livraison à fin mai 1980, avait sans doute des raisons de penser que le salon et la bibliothèque étaient en stock chez le fournisseur ou pouvaient être obtenus à bref délai. Or, si son intervention auprès de son fournisseur était, d'après sa lettre du 19 mai 1980, restée sans succès, on ne pouvait exclure - compte tenu du ton de la lettre où transparaissait le souci de satisfaire le client - la possibilité d'une livraison à temps moyennant certains efforts de la défenderesse elle-même, de ses fournisseurs ou de ses auxiliaires. Du reste, la lettre suivante de la défenderesse, en date du 28 mai 1980, comportait une offre d'exécuter le contrat dans le délai BGE 110 II 141 S. 145 initialement fixé, ce qui montre que cette possibilité existait bel et bien. Dans ces conditions, une sommation n'apparaissait pas inutile et aurait dû être formulée par l'acheteur avant de résilier pour cause de retard dans l'exécution. c) Le recourant soutient aussi que l'art. 1er des conditions générales du contrat, interprété a contrario, lui permettait de résilier en cas de livraison tardive non due à la faute majeure, et même avant l'échéance au cas où la venderesse affirmerait par avance ne pas vouloir exécuter. Interprétée selon les règles de la bonne foi, cette clause se comprend comme une restriction en faveur de la venderesse pour l'hypothèse où le retard serait dû à la force majeure. On ne saurait raisonnablement en inférer que, dans les autres cas de retard, les règles légales seraient modifiées. Une résiliation immédiate sans sommation préalable avec fixation de délai n'était donc pas possible non plus sur la base de cette disposition contractuelle. d) Le recourant prétend encore que, l'offre du 19 mai 1980 n'ayant pas été acceptée, les parties seraient convenues de renoncer à la vente. L'argument n'est pas sérieux. On cherche en vain dans ladite lettre une offre d'annuler conventionnellement la vente. 2. a) La cour cantonale a nié que l'art. 10 des conditions générales contînt une clause de dédit permettant à l'acheteur de résilier le contrat moyennant paiement du dédit. A son avis, l' art. 160 al. 3 CO exigeait que le débiteur apportât cette preuve. Or, l'art. 10 précité n'exprimerait rien de tel, mais indiquerait seulement le montant de la peine conventionnelle pour le cas, par exemple, d'une résiliation acceptée par la venderesse; si on interprétait cette clause comme le veut le demandeur, la résiliation serait possible en tout temps, même après l'exécution, ce qui ne serait guère concevable. Il résulte par ailleurs de l'art. 1er des conditions générales que, même en cas de retard (dû à la force majeure), le client renonce à la résiliation; il serait dès lors illogique qu'il puisse résilier lorsque les objets vendus lui sont livrés à temps. Ayant en outre reçu une partie de la livraison, l'acheteur ne saurait refuser la totalité de la livraison en résiliant le contrat dans son entier. b) Ces motifs, tous contestés par le recourant, ne sont pas convaincants. La clause de dédit permet à un contractant de résoudre le contrat librement, en payant la peine conventionnelle prévue ( ATF 84 II 155 ). Il y a lieu d'examiner si tel est le sens de l'art. 10 des conditions générales. BGE 110 II 141 S. 146 Les conditions générales doivent être interprétées selon les règles de la bonne foi; un doute doit être interprété contre celui qui les a rédigées ( ATF 100 II 153 , 99 II 76, 93 I 328, 87 II 95, 242 et références). Une clause peu claire doit, autant que possible, être interprétée dans un sens lui donnant une signification. Il sied également de prendre en considération la manière dont les parties elles-mêmes ont compris une clause et l'ont interprétée ( ATF 107 II 418 , 100 II 348, 99 II 305). La clause litigieuse, selon sa lettre, n'est pas claire, car elle indique seulement les conséquences d'une résiliation déclarée par l'acheteur, sans préciser dans quel cas ce dernier peut résilier. Cependant, si elle n'était pas une clause de dédit, la règle litigieuse serait pratiquement vidée de toute signification. En effet, on ne saurait présumer qu'elle doive viser une résiliation déclarée valablement par l'acheteur en raison de la carence du vendeur, puisqu'en pareil cas l'acheteur pourrait lui-même prétendre des dommages-intérêts de la part de son cocontractant (cf. ATF 84 II 156 ). Par ailleurs, dans un tel type de contrat de vente, ni la loi ni le contrat écrit ne réservent expressément à l'acheteur un droit de dénonciation unilatéral, indépendamment de la carence du vendeur. C'est pourquoi la cour cantonale en est venue à envisager que la peine stipulée serait prévue comme conséquence d'une résiliation conventionnelle; mais, sans compter que cette construction se concilie mal avec le texte du contrat qui fait du paiement d'une telle peine la conséquence d'une "résiliation (...) par l'acheteur", on voit difficilement l'utilité de cette règle pour le cas où les parties se seraient mises d'accord sur la résiliation. Aussi le demandeur pouvait-il raisonnablement penser que la clause avait une signification pratique et que, moyennant paiement de la peine conventionnelle (dédit), il pouvait unilatéralement résilier le contrat. On est conforté dans cette interprétation par la présentation de la clause dans les conditions générales. L'art. 10 y a pour titre "Résiliation"; on peut en inférer qu'il régit non seulement la conséquence d'une résiliation, mais aussi le droit de l'acheteur de résilier. Cela est confirmé par l'ordre des articles, car l'art. 10 régissant la "résiliation (...) par l'acheteur" suit les art. 8 et 9 figurant sous le titre de "Demeure de l'acheteur" dans lesquels on prévoit en particulier le droit du vendeur de dénoncer le contrat (art. 8). L'acheteur peut d'autant plus comprendre la clause dans ce sens, qu'ainsi interprétée elle ne comporterait rien d'exorbitant BGE 110 II 141 S. 147 en sa faveur, dès lors que le dédit prévu est destiné à couvrir intégralement l'intérêt de la venderesse à l'exécution du contrat. La comparaison faite par la cour cantonale avec l'art. 1er ne saurait conduire à une autre conclusion. En effet, si l'art. 10 contient une clause de dédit, l'art. 1er empêche une résiliation par l'acheteur (sans paiement du dédit) en raison de la carence de la venderesse, lorsque le retard est dû à la force majeure; la même renonciation de l'acheteur à résilier est prévue à l'art. 4 des conditions générales pour le cas de livraison défectueuse soumise à garantie. Or, même dans ces deux dernières hypothèses, rien n'empêche l'acheteur de résilier en payant le dédit. Enfin, si la clause litigieuse ne contient pas de limitation quant au moment jusqu'auquel la résiliation peut intervenir, il n'est nullement inconcevable qu'une telle limitation puisse être apportée par la voie de son interprétation selon les règles de la bonne foi (dans le même sens, la résiliation ou résolution fondée sur l' art. 107 CO n'est plus possible après l'exécution, cf. ATF 92 II 331 ). Quant à l' art. 160 al. 3 CO , il ne présente guère d'intérêt en l'occurrence, car il vise l'hypothèse où une peine conventionnelle a été stipulée pour le cas de l'inexécution d'une obligation ( art. 160 al. 1 CO ) et où il s'agit de savoir si cette peine a un caractère cumulatif ou alternatif avec l'exécution de l'obligation, alors qu'en l'occurrence la peine conventionnelle a été stipulée comme conséquence de la "résiliation (...) par l'acheteur", ce qui suppose la renonciation à l'exécution. Le recourant relève à juste titre, dans le même sens, que selon l'expert Doudin, d'autres entreprises vendant en grandes quantités du mobilier ont, dans leurs conditions générales, des clauses permettant à l'acheteur de résilier le contrat avant livraison, moyennant paiement d'un dédit. Enfin, la correspondance des parties donne à penser qu'en mai et juin 1980, elles n'ont pas compris ladite clause dans un sens différent. Dans sa lettre du 23 mai 1980, Leuzzo disait adresser un double à son employeur "pour régler les art. 1er et 10 de vos conditions générales". Dans sa lettre du 28 mai 1980, Segalo exprimait l'espoir que Leuzzo accepterait ses propositions "en revenant sur votre décision d'annuler votre commande", ce qui donne à penser que Segalo reconnaissait alors à son client le droit de résiliation dans son principe. Enfin, dans sa lettre du 6 juin 1980, Segalo était encore plus claire dans ce sens, puisqu'elle faisait expressément allusion au paiement d'une pénalité pour rupture de contrat, conformément à l'art. 10 des conditions générales. Une BGE 110 II 141 S. 148 telle prise de position implique un droit de résiliation en faveur de l'acheteur. c) Au moment où l'acheteur a déclaré résilier, les objets vendus, pour l'essentiel de leur valeur, n'avaient pas encore été livrés. A leur égard, il est vain d'examiner si la clause de dédit peut encore être invoquée après la livraison. Par ailleurs, la clause de dédit n'envisage pas une résiliation partielle du contrat, lorsque celui-ci a été exécuté en partie. Les règles de la bonne foi n'exigent pas non plus, du moins dans les circonstances de l'espèce, que les effets de la résiliation soient limités à une partie du contrat. Aussi la déclaration du 23 mai 1980 a-t-elle eu pour effet de résilier le contrat dans sa totalité et d'astreindre le demandeur au paiement du montant du dédit. d) La cour cantonale ne s'est pas encore prononcée sur le montant dû à la venderesse suite à la résiliation de l'acheteur. La cause doit donc lui être renvoyée pour qu'elle se prononce à ce sujet ( art. 64 OJ ).
public_law
nan
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Federation
88f184ea-41dc-4442-a009-dd5077d05459
Urteilskopf 137 IV 219 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG und Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Beschwerde in Strafsachen) 1B_123/2011 vom 11. Juli 2011
Regeste Art. 9, 29 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1 BV ; Art. 6, 10 Abs. 3, Art. 139 Abs. 1, Art. 324 i.V.m. Art. 319 Abs. 1 sowie Art. 453 Abs. 1 StPO ; Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 i.V.m. Art. 132 Abs. 1 BGG ; Art. 29 Abs. 3 BGerR ; Art. 122-125 StGB ; Einstellung der Strafuntersuchung; strafprozessualer Grundsatz "in dubio pro duriore"; Untersuchungsmaxime; rechtliches Gehör; Willkürverbot. Intertemporalrechtliche Bestimmungen betreffend die Anwendbarkeit der StPO (E. 1.1), des BGerR (Zuständigkeit; E. 1.2) und des BGG (E. 2.1). Beschwerdeberechtigung des Privatklägers gegen definitive Verfahrenseinstellungen, wenn die Frage einer möglichen Strafbarkeit von weiteren Untersuchungsergebnissen abhängt (E. 2.2-2.7). Im vorliegenden Fall lässt sich eine strafbare Körperverletzung (durch einen medizinischen Kunstfehler) nicht mit grosser Wahrscheinlichkeit ausschliessen. Es bestehen Anhaltspunkte für schwere, sich langfristig auswirkende Gesundheitsschäden zum Nachteil des Privatklägers infolge eines (durch Erbgut-Schädigungen verursachten) deutlich erhöhten Krebsrisikos. Die definitive Einstellung des Strafverfahrens durch die Untersuchungsbehörde mangels Strafbarkeit verstösst gegen Bundesrecht, insbesondere gegen den Grundsatz "in dubio pro duriore" (E. 3-8). Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist auf die Frage der Einstellung oder Anklageerhebung nach Abschluss der Strafuntersuchung nicht anwendbar (E. 7.3).
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 137 IV 219 S. 220 A. Zwischen dem 14. und 15. April 2008 wurde X. in der Klinik Y. in Luzern medizinisch behandelt. Am 3. Mai 2010 erstattete er Strafanzeige (gegen Unbekannt) wegen schwerer Körperverletzung durch das verantwortliche medizinische Personal. Mit Entscheid vom 23. Juli 2010 stellte das Amtsstatthalteramt Luzern die eingeleitete Strafuntersuchung mangels strafbarer Handlung definitiv ein. Gegen die Einstellungsverfügung erhob der Strafanzeiger am 10. August 2010 als Privatstrafkläger Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern. Er beantragte die Aufhebung der Einstellungsverfügung und die Durchführung weiterer Untersuchungsmassnahmen; eventualiter sei der Fall zur gerichtlichen Beurteilung an das zuständige Gericht zu überweisen. B. Die Staatsanwaltschaft gelangte am 21. Dezember 2010 im Rekursverfahren an die Kriminal- und Anklagekommission des Kantons Luzern und beantragte die Abweisung des Rekurses. Mit Entscheid vom 26. Januar 2011 wies das Obergericht des Kantons Luzern, BGE 137 IV 219 S. 221 2. Abteilung (als Rekursinstanz nach § 138 Abs. 2 StPO /LU) den Rekurs ab. C. Gegen den Rekursentscheid des Obergerichtes vom 26. Januar 2011 gelangte X. mit Beschwerde vom 17. März 2011 an das Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Die Staatsanwaltschaft hat auf eine Stellungnahme verzichtet. Das Obergericht schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Die Y. AG beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Es stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht und nach der Zuständigkeit zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde: 1.1 Seit dem 1. Januar 2011 ist die Schweizerische Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) in Kraft. Ist ein Entscheid noch vor Inkrafttreten der StPO gefällt worden, so werden dagegen erhobene Rechtsmittel nach bisherigem Recht und von den bisher zuständigen Behörden beurteilt ( Art. 453 Abs. 1 StPO ). Für Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Entscheide, die nach dem 31. Dezember 2010 gefällt werden, gilt neues Recht ( Art. 454 Abs. 1 StPO ). Ausschlaggebend für die Anwendbarkeit des alten oder neuen Prozessrechts ist insofern das erstinstanzliche Entscheiddatum ( BGE 137 IV 189 E. 1; vgl. VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [nachfolgend: Zürcher Kommentar StPO], 2010, N. 2 zu Art. 453 und N. 2 zu Art. 454 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Übergangsrecht der Schweizerischen Strafprozessordnung, 2010, Rz. 280 ff.). Der hier streitige erstinstanzliche Einstellungsbeschluss basiert auf kantonalem Strafprozessrecht und datiert vom 23. Juli 2010. Damit ist auch die vorliegende Beschwerde, soweit sie sich als zulässig erweist, materiell nach dem bisherigen kantonalen Strafprozessrecht zu beurteilen. 1.2 Per 1. Januar 2011 hat die Zuständigkeit für die Behandlung von Beschwerden in Strafsachen (Art. 78 Abs. 1 i.V.m. Art. 90 BGG ) gegen verfahrensabschliessende (definitive) Einstellungen geändert: Die Erste öffentlich-rechtliche Abteilung hat neben Beschwerden gegen strafprozessuale Zwischenentscheide nun (neu) auch solche gegen "Nichteröffnungen und Einstellungen" zu behandeln ( Art. 29 BGE 137 IV 219 S. 222 Abs. 3 BGerR [SR 173.110.131], in der Fassung gemäss Ziff. I der Verordnung des Bundesgerichtes vom 9. Dezember 2010 [AS 2010 6387]). Diese Zuständigkeitsregelung ist seit dem 1. Januar 2011 in Kraft und daher auch auf altrechtliche Fälle anwendbar (Ziff. II der Verordnung des Bundesgerichtes vom 9. Dezember 2010 [AS 2010 6388]; vgl. Urteil des Bundesgerichtes 1B_1/2011 vom 20. April 2011 E. 1.2). Für die Überprüfung der vorliegenden verfahrensabschliessenden Einstellung (nach erfolgter Untersuchung) ist nach dem Gesagten die Erste öffentlich-rechtliche Abteilung zuständig. 2. Zu prüfen ist zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde. 2.1 Für den angefochtenen Rechtsmittelentscheid vom 26. Januar 2011 gelten die Sachurteilsvoraussetzungen von Art. 81 BGG in der Fassung gemäss Anhang Ziff. II/5 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010, in Kraft seit dem 1. Januar 2011 ( Art. 132 Abs. 1 BGG ; vgl. Urteile des Bundesgerichtes 1B_200/2011 vom 15. Juni 2011 E. 2.1; 1B_119/2011 vom 20. April 2011 E. 1.2). 2.2 Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG setzt eine Beschwerdeberechtigung der Privatklägerschaft voraus, dass der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann. 2.3 Nach dem hier anwendbaren kantonalen Strafprozessrecht (vgl. oben, E. 1.1) ist Privatstrafkläger, wer die Strafverfolgung des mutmasslichen Täters verlangt ( § 35 Abs. 1 StPO /LU). Zur Privatstrafklage ist berechtigt, wer durch die strafbare Handlung in seinen Interessen unmittelbar verletzt wurde bzw. (bei Antragsdelikten) wer antragsberechtigt ist ( § 35 Abs. 2 StPO /LU). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die kantonalen Behörden haben den Beschwerdeführer im Rekursverfahren denn auch als Privatstrafkläger im Sinne von § 137 Abs. 1 StPO /LU (bzw. als mögliches Opfer i.S. von aArt. 8 Abs. 1 lit. b OHG [SR 312.5]) grundsätzlich anerkannt. 2.4 Die streitige Verfahrenseinstellung bezieht sich ausdrücklich auf die Untersuchung von (eventual-)vorsätzlicher schwerer Körperverletzung ( Art. 122 StGB ). Der beanzeigte Sachverhalt wäre strafrechtlich allerdings auch unter dem Gesichtspunkt der fahrlässigen schweren oder einfachen Körperverletzung ( Art. 125 StGB ) bzw. der eventualvorsätzlichen einfachen Körperverletzung ( Art. 123 StGB ) zu prüfen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes muss der Privatstrafkläger zwar seine Zivilansprüche im Untersuchungsverfahren noch nicht (adhäsionsweise) geltend gemacht haben, damit er zur BGE 137 IV 219 S. 223 Beschwerde gegen definitive Einstellungen befugt ist. Er hat jedoch darzulegen, welche Zivilansprüche er gegen beschuldigte Personen stellen möchte, sofern dies (etwa aufgrund der Natur der untersuchten Straftat) nicht ohne Weiteres aus den Akten ersichtlich ist (vgl. BGE 127 IV 185 E. 1a S. 187; BGE 122 IV 139 E. 1 S. 141; BGE 120 IV 44 E. I/4a S. 52 f.; je mit Hinweisen; Urteil 1B_119/2011 vom 20. April 2011 E. 1.2.1 mit Hinweis auf BGE 133 II 353 E. 1 S. 356, BGE 133 II 249 E. 1.1 S. 251; s. neurechtlich auch Art. 118-123 StPO ; Urteil 1B_200/2011 vom 15. Juni 2011 E. 2.3). 2.5 Im vorliegenden Fall räumt der Beschwerdeführer ein, dass noch keine erkennbare schwere Gesundheitsschädigung bzw. akute Krankheit bei ihm ausgebrochen ist. Allerdings macht er schwere sich langfristig auswirkende Gesundheitsschäden geltend, infolge eines (durch Erbgut-Schädigungen verursachten) deutlich erhöhten Krebsrisikos (vgl. dazu näher unten, E. 3). 2.6 Zwar könnte fraglich erscheinen, ob im Falle eines erhöhten Krebsrisikos bzw. mutmasslicher toxischer Schädigungen des Erbguts bereits ein strafrechtlicher Erfolg im Sinne von Art. 122-125 StGB eingetreten wäre. In ähnlich gelagerten Fällen hat das Bundesgericht jedoch erwogen, dass es in diesem Zusammenhang auf die Wahrscheinlichkeit einer schweren Erkrankung ankomme. So gilt im Falle einer Ansteckung mit dem HI-Virus der tatbestandsmässige Körperverletzungserfolg grundsätzlich als eingetreten, auch wenn die Krankheit AIDS noch nicht erkennbar ausgebrochen ist (vgl. BGE 131 IV 1 E. 1.1 S. 3; BGE 116 IV 125 E. 2c S. 128 f., E. 4b S. 131 f., E. 5 S. 133 f.). 2.7 Der Beschwerdeführer beansprucht (sinngemäss) Genugtuung wegen Erbgut-Schädigung mit konkret erhöhtem Krebsrisiko. Ausserdem behält er sich Schadenersatz für entsprechende medizinische Abklärungen und (nötigenfalls) Behandlungen vor. In der Beschwerdeschrift legt er dar, dass die "tatsächliche Quantifikation langfristiger schwerer Gesundheitsschäden" von einer medizinischen Begutachtung seines Falles abhänge, welche von den kantonalen Instanzen zu Unrecht verweigert werde. Ob im vorliegenden Fall eine DNS-Schädigung mit konkret erhöhtem Krebsrisiko eingetreten ist, welche als mögliche strafbare Körperverletzung ( Art. 122-125 StGB ) zu verfolgen wäre, hängt von weiteren Untersuchungsergebnissen ab, welche die kantonalen Instanzen bisher nicht erhoben haben (vgl. dazu unten, E. 8). Bei dieser Sachlage ist die Beschwerdelegitimation des Privatstrafklägers zu bejahen. BGE 137 IV 219 S. 224 3. In der Hauptsache macht der Beschwerdeführer Folgendes geltend: Er sei in der Klinik wegen ausgeprägter Anämie (Eisenmangel) therapiert worden. Man habe ihm intravenös sogenannte parenterale Eisenpräparate verabreicht. Diese synthetischen Eisenverbindungen sollten das Auftreten hochtoxischer freier Eisenverbindungen vermeiden. Bei Letzteren handle es sich um sogenanntes nicht-transferringebundenes Eisen (NBTI), welches eine gentoxische Wirkung (durch sogenannten "oxidativen Stress") auslöse und das Erbgut (DNS) schädige. Bei der medizinischen Behandlung seien drei Fehler erfolgt. Erstens sei ihm entgegen der Verordnung des behandelnden Arztes am zweiten Behandlungstag das pharmazeutische Präparat A. verabreicht worden, anstatt (wie am ersten Tag) B. Ob die beiden Medikamente direkt nacheinander abgegeben werden dürften, sei unklar. Zweitens sei das Präparat A. zu stark verdünnt gewesen. Verdünnungen mit weniger als 2 mg Eisen/ml seien ausdrücklich nicht erlaubt und destabilisierten das Eisenpräparat. Drittens sei zwischen den beiden Therapien eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) des Magen-Darmtraktes erfolgt. Die dabei verwendeten Kontrastmittel (sogenannte Gd-Chelate) sowie das starke Magnetfeld erhöhten zusätzlich das Risiko einer toxischen Eisenfreisetzung bzw. einer Instabilität der Eisenpräparate. Diese Behandlungsfehler hätten wahrscheinlich (einzeln oder in ihrem Zusammenwirken) gentoxisches NBTI verursacht. Zwar seien noch keine akuten Gesundheitsschäden feststellbar. Es bestehe jedoch die konkrete und erhöhte Gefahr langfristiger Schädigungen, namentlich ein durch Gentoxizität erhöhtes Krebsrisiko. Der Hersteller der Medikamente habe ihm, dem Beschwerdeführer, dazu keine Informationen geben wollen. Das Strafverfahren sei durch die Untersuchungsbehörde zu Unrecht mangels Tatbestands eingestellt worden. Der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang eine Verletzung von Bundesrecht, insbesondere von Art. 9 und 29 Abs. 2 BV (willkürliche Anwendung des kantonalen Prozessrechts, offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung, unhaltbare antizipierte Beweiswürdigung, Verletzungen des strafprozessualen Grundsatzes "in dubio pro duriore", der Untersuchungsmaxime sowie des rechtlichen Gehörs, unrichtige Anwendung des materiellen Strafrechts, Art. 122-125 StGB ). 4. Die Vorinstanz bestätigte die definitive Einstellung des Verfahrens im Wesentlichen wie folgt: Bei den vom Beschwerdeführer im Untersuchungsverfahren eingereichten medizinischen Fachberichten BGE 137 IV 219 S. 225 und weiteren Unterlagen handle es sich um wenig konkrete Studien, die blosse Vermutungen aufstellten. Zwar lege der Beschwerdeführer gewisse Verdachtsmomente für einen medizinischen Behandlungsfehler dar. Die befürchteten Gesundheitsrisiken würden von ihm jedoch nicht weiter präzisiert. Auf diesbezügliche Beweiserhebungen sei zu verzichten, da im Verhalten der medizinisch Verantwortlichen keine strafbare Körperverletzung zu erkennen sei. Für den Vorwurf, dass die Medikamentierungsänderung entgegen der Verordnung des behandelnden Arztes erfolgt sei, lägen keine Anhaltspunkte vor. Das medizinische Personal habe die erfolgte Verdünnung des Präparats mit der damaligen Klinik-Apothekerin und mit der Lieferantenfirma abgesprochen. Deshalb sei auch eine fahrlässige Körperverletzung auszuschliessen. Zwar räumten die Klinik-Verantwortlichen ein, dass eine Wirkungsabnahme bzw. eine kurzfristige Instabilität des Medikaments aufgrund der erfolgten Verdünnung theoretisch nicht ausgeschlossen werden könne. Doch gebe es dazu keine wissenschaftlichen Daten des Lieferanten. Dennoch könne davon ausgegangen werden, dass "keine nachteilige Wirkung" entstanden sei. Insgesamt erscheine es "fraglich, ob der objektive Tatbestand der schweren Körperverletzung im Sinne einer dauernden und irreversiblen Beeinträchtigung der Gesundheit" des Beschwerdeführers erfüllt ist. 5. Die private Beschwerdegegnerin stellt sich ergänzend auf den Standpunkt, es könne ihr und ihrem Personal keine Sorgfaltswidrigkeit vorgeworfen werden. Eine Verurteilung der medizinisch Verantwortlichen wegen fahrlässiger schwerer Körperverletzung erscheine höchst unwahrscheinlich. Daher halte die Verfahrenseinstellung vor dem Grundsatz "in dubio pro duriore" stand. Die Rügen der willkürlichen Beweiswürdigung durch das Obergericht oder der Verletzung des rechtlichen Gehörs seien ebenfalls unbegründet. Die Frage, ob dem Beschwerdeführer aufgrund der medizinischen Behandlung langfristige schwere Gesundheitsschäden drohen, könne "offenbleiben". 6. Nach bisherigem Luzerner Strafprozessrecht erforscht der Amtsstatthalter im Untersuchungsverfahren die Tat, das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse des Täters ( § 60 Abs. 1 StPO /LU). Hat der Geschädigte Zivilansprüche geltend gemacht, so erhebt der Amtsstatthalter (unter Vorbehalt von § 5 bis Abs. 1 StPO /LU) die zu ihrer Abklärung nötigen Beweise ( § 60 Abs. 2 StPO /LU). Ist der Täter BGE 137 IV 219 S. 226 unbekannt, so trifft die Untersuchungsleitung die zu dessen Ermittlung notwendigen Anordnungen ( § 61 Abs. 1 StPO /LU). Der Amtsstatthalter schliesst die Untersuchung mit einem begründeten Erkanntnis ab ( § 124 Abs. 1 StPO /LU). Eine definitive Verfahrenseinstellung durch die Untersuchungsbehörde kann insbesondere erfolgen, wenn keine strafbare Handlung vorliegt oder zureichende Beweise fehlen ( § 125 Abs. 1 StPO /LU). Bestehen hinreichende Anhaltspunkte für eine strafbare Handlung, überweist der Amtsstatthalter den Fall dem zuständigen Gericht, falls die Untersuchung nicht durch Strafverfügung erledigt werden kann ( § 126 StPO /LU). Wird die Untersuchung eingestellt, so kann der Privatkläger beim Staatsanwalt Rekurs einlegen mit dem Antrag, dass der Angeschuldigte dem zuständigen Gericht überwiesen werde ( § 137 Abs. 1 StPO /LU). Hält der Staatsanwalt den Rekurs für unbegründet, so stellt er einen Antrag an die Kriminal- und Anklagekommission, die entscheidet ( § 138 Abs. 2 StPO /LU). Im vorliegenden Fall entschied das Obergericht des Kantons Luzern, 2. Abteilung, als (altrechtliche) Rekursinstanz nach § 138 Abs. 2 StPO /LU. 7. 7.1 Bei der Frage, ob ein Strafverfahren über eine (definitive) Verfahrenseinstellung durch die Untersuchungsbehörde erledigt werden kann, gilt im schweizerischen Strafprozessrecht der Grundsatz "in dubio pro duriore". Danach darf eine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft nur bei klarer Straflosigkeit bzw. offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen verfügt werden (Urteile des Bundesgerichtes 1B_46/2011 vom 1. Juni 2011 E. 4; 1B_1/2011 vom 20. April 2011 E. 4; 6B_588/2007 vom 11. April 2008 E. 3.2.3, in: Pra 2008 Nr. 123; vgl. HAUSER/SCHWERI/HARTMANN, Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 78 Rz. 9; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2005, Rz. 1375; NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 4. Aufl. 2004, Rz. 797). In Zweifelsfällen hat hingegen eine Anklage und gerichtliche Beurteilung zu erfolgen (sofern der Fall nicht mit Strafbefehl bzw. Strafverfügung erledigt werden kann). Dieser Rechtsprechung folgt auch die Luzerner Praxis (in Anwendung von §§ 125 f. StPO/LU). Eine Überweisung an das Gericht ist insbesondere dann zu verfügen, wenn zwar eher ein Freispruch zu erwarten ist, eine Verurteilung aber nicht als unwahrscheinlich ausgeschlossen werden kann (vgl. Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2005 I Nr. 66; 1983 I Nr. 65). BGE 137 IV 219 S. 227 7.2 Auch nach neuer Eidg. StPO gilt der Grundsatz "im Zweifel für die Anklageerhebung" bzw. "in dubio pro duriore", der zwar - wie nach bisherigem Luzerner Strafprozessrecht - nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist, sich aber indirekt aus Art. 324 Abs. 1 i.V.m. Art. 319 Abs. 1 StPO ergibt (vgl. Botschaft StPO, BBl 2006 1273; GRÄDEL/HEINIGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 8-11 zu Art. 319 StPO ; NATHAN LANDSHUT, in: Zürcher Kommentar StPO, a.a.O., N. 5 zu Art. 324 StPO ; ROBERT ROTH, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 5 zu Art. 319 StPO ; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [nachfolgend: Praxiskommentar], 2009, N. 5 zu Art. 319 StPO ). 7.3 Entgegen der (im Rekursverfahren geäusserten) Ansicht der Staatsanwaltschaft ist der Grundsatz "in dubio pro reo" (vgl. Art. 32 Abs. 1 BV , Art. 10 Abs. 3 StPO ) auf die Frage der Einstellung oder Anklageerhebung im Untersuchungsstadium gerade nicht anwendbar (vgl. Botschaft StPO, BBl 2006 1273; SCHMID, Praxiskommentar, a.a.O., N. 5 zu Art. 319 StPO ). Er kommt (insbesondere als Beweiswürdigungsregel) vielmehr bei der richterlichen Prüfung sämtlicher massgeblicher Beweisergebnisse zum Zuge (vgl. BGE 120 Ia 31 E. 2b-e S. 35-38 mit Hinweisen; ESTHER TOPHINKE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, N. 75-85 zu Art. 10 StPO ; WOLFGANG WOHLERS, in: Zürcher Kommentar StPO, a.a.O., N. 11-15 zu Art. 10 StPO ; MARC FORSTER, Kettentheorie der strafprozessualen Beweiswürdigung, "in dubio pro reo" vor Bundesgericht - zum Prüfungsprogramm der Rüge willkürlicher Beweiswürdigung, ZStrR 115/1997 S. 61-85). 8. Es liegt hier kein Fall klarer Straflosigkeit vor. Ebenso wenig fehlt es offensichtlich an einer gesetzlichen Prozessvoraussetzung. Ob der objektive Tatbestand einer schweren Körperverletzung erfüllt sei, wird auch im angefochtenen Entscheid als "fraglich" eingestuft. Die Argumentation der Vorinstanz erscheint überdies widersprüchlich. Einerseits schliesst sie eine Wirkungsabnahme bzw. eine kurzfristige Instabilität des fraglichen Medikaments aufgrund der erfolgten Verdünnung "theoretisch" nicht aus. Anderseits geht sie (ohne medizinische Abklärungen) davon aus, dass "keine nachteilige Wirkung" eingetreten sei. 8.1 In diesem Zusammenhang erscheint die Beweiswürdigung der kantonalen Instanzen bzw. ihre Ablehnung weiterer BGE 137 IV 219 S. 228 Untersuchungshandlungen (in sogenannter "antizipierter Beweiswürdigung") sachlich nicht nachvollziehbar. Dies gilt namentlich für die Ablehnung des vom Beschwerdeführer beantragten medizinischen Gutachtens sowie für das vollständige Fehlen von Einvernahmen der medizinisch verantwortlichen Personen und des Beschwerdeführers. Das Einholen einer Expertise sowie weitere Untersuchungsmassnahmen drängen sich hier geradezu auf. Gemäss der bei den Akten liegenden medizinischen Fachliteratur könne NBTI-Gentoxizität zu erhöhtem Krebsrisiko führen. Der Hersteller warnt in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor einer zu starken Verdünnung des hier verwendeten Präparats. Zu den Folgen der unbestrittenermassen erfolgten (aber nicht näher abgeklärten) Verdünnung sowie zu möglichen Wirkungskomplikationen im Zusammenhang mit MRT-Untersuchungen (Kontrastmittel, Magnetfeld) und Präparatewechseln konnte oder wollte der Hersteller jedoch gegenüber dem Beschwerdeführer keine sachdienlichen Angaben machen. 8.2 Die Auseinandersetzung der Vorinstanz mit den betreffenden (wenig umfangreichen) Strafakten erscheint nicht sachgerecht und verletzt wichtige Grundsätze des Strafprozessrechts: 8.2.1 Im angefochtenen Entscheid wird erwogen, den medizinisch Verantwortlichen könne kein fahrlässiges Handeln nachgewiesen werden, da sie sich hinsichtlich des Verdünnungsgrades des fraglichen Präparates mit der damaligen Klinik-Apothekerin und mit dem Hersteller (vorgängig) "abgesprochen" hätten. Für diese Erwägung stützt sich die Vorinstanz auf ein vom Beschwerdeführer eingereichtes Schreiben des Klinik-Direktors vom 25. November 2009. Diesem Brief lässt sich allerdings keineswegs entnehmen, dass die betreffenden Absprachen vor der Verabreichung des Medikaments (Mitte April 2008) erfolgt wären. Der Brief bezieht sich vielmehr auf ein "Gespräch im August 2009". Damals habe die Klinik-Leitung dem Beschwerdeführer (nachträglich) versprochen, Abklärungen in Bezug auf die fragliche Wirkstoffverdünnung vorzunehmen. Für erst nachträgliche Abklärungen spricht zusätzlich deren Ergebnis gemäss Brief der Klinik-Leitung: Danach sei "aufgrund von theoretischen pharmakologischen Überlegungen eine Wirkungsabnahme bei der angewendeten Verdünnung nicht auszuschliessen". Zudem könne "eine Instabilität des Produktes, welche sich kurzfristig auswirken könnte, nicht ausgeschlossen werden". Nach diesen Abklärungen wäre es schlechterdings nicht nachvollziehbar, dass die medizinisch Verantwortlichen die fragliche Verdünnung - im Wissen um deren BGE 137 IV 219 S. 229 Gefährlichkeit - dennoch angeordnet hätten. Und selbst wenn dies geschehen wäre (was jedenfalls die Vorinstanz anzunehmen scheint), könnte damit ein fahrlässiges strafbares Verhalten gerade nicht ausgeschlossen werden. 8.2.2 Hinzu kommt, dass gemäss der bei den Akten liegenden "Fachinformation des Arzneimittel-Kompendium der Schweiz" der Hersteller ausdrücklich und deutlich vor zu starker Verdünnung des fraglichen Wirkstoffes warnt: "Aus Stabilitätsgründen sind Verdünnungen mit weniger als 2 mg Eisen/ml nicht erlaubt". In einem Schreiben (E-Mail) vom 9. März 2010 bestätigt der Klinik-Direktor dem Beschwerdeführer, dass es, "wie von Ihnen richtigerweise moniert", bei der Injizierung des Wirkstoffes "zu einem höheren Verdünnungsgrad" gekommen sei. Auf sein mehrmaliges schriftliches Nachfragen beim Wirkstoffhersteller hat der Beschwerdeführer keine sachdienlichen Informationen erhalten. Dennoch haben die kantonalen Instanzen keine weiteren Abklärungen (zum Verdünnungsverbot des Herstellers, zum konkret erfolgten Verdünnungsgrad und zu dessen wahrscheinlichen Gesundheitsfolgen) getroffen. 8.2.3 Die Erwägungen des angefochtenen Entscheides sind insofern sachlich nicht nachvollziehbar. Sie verletzen im Ergebnis den strafprozessualen Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 60 f. StPO/LU; Art. 6 und 139 Abs. 1 StPO ) und setzen sich mit den Vorbringen des Beschwerdeführers im Rekursverfahren nicht genügend auseinander. 8.2.4 Nicht ausreichend untersucht erscheint sodann die Frage der medizinischen Zulässigkeit bzw. Unbedenklichkeit des erfolgten Präparatewechsels. Zu den (gemäss Untersuchungsakten) in der medizinischen Fachliteratur erörterten und vom Beschwerdeführer schon im Rekursverfahren geltend gemachten zusätzlichen Risiken einer gentoxischen Eisenfreisetzung bei MRT-Untersuchungen infolge der verwendeten Kontrastmittel ("Gd-Chelate") sowie (kumulativ oder alternativ) aufgrund der starken Magnetfeldwirkung äussert sich die Vorinstanz nicht. 8.3 Die in objektiv-tatbestandsmässiger Hinsicht wesentliche Frage, ob im vorliegenden Fall aufgrund eines medizinischen Behandlungsfehlers eine irreversible schwerwiegende Erbgut-Schädigung mit konkret erhöhtem Krebsrisiko kausal hervorgerufen wurde, welche allenfalls als strafbare fahrlässige oder eventualvorsätzliche Körperverletzung ( Art. 122-125 StGB ) zu verfolgen wäre, hängt von weiteren Untersuchungsergebnissen ab, welche die kantonalen Instanzen BGE 137 IV 219 S. 230 bisher nicht eingeholt haben. Das Gleiche gilt für Fragen der subjektiven Tatbestandsmässigkeit. 8.4 Die definitive Einstellung des Strafverfahrens durch die Untersuchungsbehörde erweist sich damit als bundesrechtswidrig ( Art. 9 und 29 Abs. 2 BV , strafprozessualer Grundsatz "in dubio pro duriore", Untersuchungsmaxime, rechtliches Gehör, Art. 122-125 StGB ). 8.5 Die Strafsache ist an die kantonalen Instanzen zurückzuweisen zur weiteren Untersuchung eines möglichen Körperverletzungsdeliktes. Bei Zweifeln bezüglich der Strafbarkeit wird Anklage beim Gericht zu erheben sein (sofern der Fall nicht mit Strafbescheid erledigt werden kann).
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
88f6fa20-83c5-476d-bc52-a673659a8a7b
Urteilskopf 119 IV 180 31. Urteil des Kassationshofes vom 3. September 1993 i.S. K. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ; 12-Gramm-Grenze bei Heroin; Berücksichtigung des Reinheitsgrades. Bei einem Heroingemisch ist ein schwerer Fall unter dem Gesichtspunkt der Menge erst dann anzunehmen, wenn der im Gemisch enthaltene reine Drogenwirkstoff mindestens 12 Gramm beträgt (E. 2d; Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 180 BGE 119 IV 180 S. 180 A.- Am 21. November 1991 bestrafte das Bezirksgericht St. Gallen K. unter anderem wegen wiederholter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz mit 21 Monaten Gefängnis und mit einer Busse von Fr. 200.--. B.- Am 7. Mai 1992 erklärte das Kantonsgericht St. Gallen K. in teilweiser Änderung des Urteils des Bezirksgerichts unter anderem schuldig der wiederholten, teilweise qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und bestätigte die vom Bezirksgericht ausgesprochene Strafe. BGE 119 IV 180 S. 181 C.- K. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kantonsgerichtes aufzuheben. D.- Das Kantonsgericht hat auf Gegenbemerkungen, die Staatsanwaltschaft auf eine Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerde richtet sich gegen die Annahme einer qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . a) Das Bezirksgericht legt dar, der Beschwerdeführer habe 4 Gramm eines Heroingemisches in kleinen Mengen verkauft. Weitere 15 Gramm des Heroingemisches habe er gegen 15 Gramm Kokain getauscht. Das Kokain habe er in der Folge selber konsumiert. Das Heroingemisch habe einen Reinheitsgrad von fünfzig Prozent gehabt. Der Beschwerdeführer habe somit 9,5 Gramm reines Heroin abgegeben. Der vom Bundesgericht für die Annahme des schweren Falles gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG festgelegte Grenzwert von 12 Gramm Heroin beziehe sich auf reinen Stoff. Der Qualifikationsgrund von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei deshalb nicht gegeben. Die Ansicht des Bundesgerichts, wonach es bei der Berechnung der 12-Gramm-Grenze auf den Reinheitsgrad nicht ankomme, sei abzulehnen. Sonst müsste selbst die geringste Menge von Rauschgift in Milchzucker oder Traubenzucker genügen, um den Tatbestand von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG zu erfüllen. Die Vorinstanz geht ebenfalls davon aus, in den vom Beschwerdeführer abgegebenen 19 Gramm des Heroingemisches seien 9,5 Gramm reines Heroin enthalten gewesen. Sie führt aus, mit einem Heroingemisch von 19 Gramm könnten viele Menschen (20 Personen) bei einer durchschnittlichen Konsumeinheit von 45 mg pro Tag ungefähr 21 Tage versorgt werden. Dieser Zeitraum und diese Menge erscheine ausreichend, um bei drogenunerfahrenen Konsumenten das Risiko der Abhängigkeit zu schaffen, nicht zuletzt bei einem Reinheitsgrad von 50 Prozent. Der schwere Fall gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei deshalb zu bejahen. b) Der Beschwerdeführer bringt vor, angesichts der Mindeststrafdrohung von einem Jahr sei der in Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG enthaltene unbestimmte Rechtsbegriff der Menge von Betäubungsmitteln, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen könne, eng auszulegen. Die Gesundheitsgefahr müsse eine BGE 119 IV 180 S. 182 naheliegende und ernstliche sein. Das Bundesgericht habe seine Rechtsprechung zu Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG bei Cannabis geändert. Eine Überprüfung und Änderung der Rechtsprechung sei auch nötig beim Heroin. Der heute sehr tiefe Grenzwert für die Annahme eines schweren Falles gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG bei Heroin führe zur Anwendung des qualifizierten Tatbestandes auf Süchtige und Kleinkriminelle ebenso wie auf grosse Drogenhändler. Dies widerspreche der Rechtsgleichheit. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung gehe bei der Festlegung der für die Qualifikation massgebenden Minimalmenge von äusserst ungünstigen Kriterien aus (drogenunerfahrene Konsumenten, gefährlichste gebräuchliche Applikationsart). Bei nur schon durchschnittlichen Bedingungen (Umgang mit drogenerfahrenen Abnehmern) würden sich die Grenzwerte deutlich nach oben verschieben. Solche durchschnittliche Bedingungen seien meistens gegeben. Unhaltbar sei die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach es belanglos sei, ob der Stoff gestreckt war. Dies widerspreche dem Tatschuldprinzip. Bei einem Betäubungsmitteldelikt müsse sich das Verschulden auf die Drogen und nicht auf das Streckmittel beziehen. Vorwürfe hinsichtlich der Verwendung des Streckmittels seien gegebenenfalls nach anderen Strafbestimmungen zu erfassen. In Betracht kämen insoweit die Tatbestände der Gefährdung des Lebens ( Art. 129 StGB ) und des Betrugs ( Art. 148 StGB ). Sei der Stoff so gestreckt, wie es der Abnehmer erwarte, und seien keine gesundheitsschädigenden Streckmittel verwendet worden, dürfe der Täter nicht für die Verwendung des Streckmittels bestraft werden. Stelle man hier auf den reinen Stoff ab (9,5 Gramm), entfalle der schwere Fall gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Der Beschwerdeführer habe im übrigen den grösseren Teil des Heroingemisches zum Zweck des Eigenkonsums gegen Kokain getauscht. Der Tausch sei nicht als Abgabehandlung gemäss Art. 19 Ziff. 1 BetmG , sondern als Vorbereitung des Eigenkonsums im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG zu betrachten. 2. a) Art. 19 Ziff. 1 BetmG stellt den unbefugten Anbau, Handel und Besitz von Betäubungsmitteln in allen seinen Formen unter Strafe. Gemäss Ziff. 1 Abs. 4 ist unter anderem strafbar, wer unbefugt Betäubungsmittel verkauft oder abgibt. Für vorsätzliche Tatbegehung droht das Gesetz Gefängnis (bis zu drei Jahren) oder Busse (bis zu Fr. 40'000.--) an. Gemäss Art. 19a Ziff. 1 BetmG wird lediglich mit Haft (bis zu drei Monaten) oder mit Busse (bis zu Fr. 5'000.--) bestraft, wer zum eigenen Konsum eine Widerhandlung im Sinne von Art. 19 BetmG begeht. Nach der bundesgerichtlichen BGE 119 IV 180 S. 183 Rechtsprechung erfasst der privilegierte Tatbestand von Art. 19a BetmG nur jene Beschaffungshandlungen, die ausschliesslich dem eigenen Drogenkonsum dienen und somit eine Gefährdung Dritter ausschliessen. Nicht privilegiert sind Beschaffungshandlungen, die zum Drogenkonsum Dritter führen oder konkret führen können ( BGE 118 IV 202 ff. E. 3). Der Beschwerdeführer hat zwecks Erwerbs von 15 Gramm Kokain für den eigenen Konsum 15 Gramm eines Heroingemischs an Dritte abgegeben. Seine Beschaffungshandlung hat somit nicht ausschliesslich dem Eigenkonsum gedient. Sie hat vielmehr zu einer konkreten Gefährdung Dritter geführt. Die Vorinstanz hat deshalb den Beschwerdeführer auch in bezug auf die Abgabe der 15 Gramm des Heroingemenges zu Recht nach Art. 19 Ziff. 1 BetmG verurteilt. b) Gemäss Art. 19 Ziff. 1 Satz 2 BetmG ist in schweren Fällen die Strafe Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr, womit eine Busse bis zu 1 Million Franken verbunden werden kann. Ein schwerer Fall liegt gemäss Art. 19 Ziff. 2 BetmG unter anderem dann vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann (lit. a). In BGE 108 IV 65 f. E. 2 nahm das Bundesgericht an, eine Vielzahl von Menschen im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG sei bei zwanzig Personen gegeben. In BGE 109 IV 143 ff. legte es nach Anhörung von Sachverständigen Grenzwerte für die Annahme des schweren Falles gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG fest. Es ging davon aus, die tägliche intravenöse Applikation von 10 mg Heroin-Hydrochlorid während 60 Tagen könne zur psychischen Abhängigkeit führen. Eine Gefährdung der Gesundheit vieler Menschen (20 Personen) liege demnach bei einer Rauschgiftmenge von 12 Gramm Heroin vor. In BGE 111 IV 100 ff. vertrat das Bundesgericht die Ansicht, der Qualifikationsgrund der grossen Stoffmenge entfalle nicht, wenn sich die Widerhandlung auf eine Stoffmenge beziehe, welche gewichtsmässig klarerweise über der in BGE 109 IV 143 S. 145 berechneten Limite liege, aber wegen starker Verdünnung einen unter der Limite liegenden Gehalt an reinem Stoff aufweise. Ein schwerer Fall sei sinngemäss auch anzunehmen, wenn die strafbare Handlung sich auf eine gestreckte Stoffmenge beziehe, welche nach ihrem Gewicht erlaube, so viele übliche Dosen zu bilden, dass viele Menschen (mindestens 20) damit über einen Zeitraum versorgt werden könnten, der ausreiche, um bei einem drogenunerfahrenen Konsumenten das BGE 119 IV 180 S. 184 Risiko einer Abhängigkeit zu schaffen. Sei die Gefahr der Suchterzeugung wegen der starken Verdünnung theoretisch geringer, als nach der gesamten (verdünnten) Stoffmenge anzunehmen wäre, so entlaste dies den Täter, der den Reinheitsgrad nicht kenne und sich nicht darum kümmere, nicht. Seine Widerhandlung im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 BetmG beziehe sich auf eine Menge, von der er annehmen müsse, sie könne (wegen der Anzahl möglicher Einzeldosen) die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen. Nachträgliche Feststellungen über einen geringeren Reinheitsgrad stünden dem Vorwurf der in der Stoffmenge begründeten Schwere der Verfehlung nicht entgegen. Das Handeln im Bewusstsein, dass es um eine Quantität gehe, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen könne, rechtfertige die Annahme eines schweren Falles unabhängig von der genauen Feststellung des Reinheitsgrades und von Unterschieden in der eigentlichen Betäubungsmittelwirkung (E. 2c). Aber auch wenn der Täter vom geringeren Reinheitsgrad Kenntnis habe, z.B. weil er selber die Verdünnung des Stoffes vorgenommen habe, vermöge ihn dies nicht zu entlasten. Abzustellen sei letztlich immer darauf, ob die Stoffmenge für eine so grosse Anzahl von üblichen Einzeldosen ausreiche, dass viele Menschen (mindestens 20) während einer längeren Zeit versorgt und damit in die Gefahr einer Abhängigkeit gebracht werden könnten. Dass ein Hersteller oder Händler unter Täuschung der Abnehmer Betäubungsmittelsubstanz mit viel geringerem Reingehalt anbiete, rechtfertige es nicht - trotz der grossen Menge -, vom Qualifikationsgrund des schweren Falles abzusehen. Die Möglichkeit der Versorgung von vielen (mindestens 20) neuen drogenunerfahrenen Konsumenten bestehe auch in diesem Fall. Dass das Gefährdungspotential nach der Berechnung der Fachleute infolge der (meist betrügerischen) übermässigen Streckung des Stoffes geringer sei, lasse das deliktische Vorgehen gesamthaft nicht als weniger schwer erscheinen. Die Injektion von Drogen, welche mit giftigen Stoffen oder mit harmlosen Stoffen aber unsteril gemischt worden seien, könne zu erheblichen gesundheitlichen Schädigungen führen; und Drogen, welche mit harmlosen Stoffen und steril vermischt worden seien, könnten die Konsumenten zu stärkeren Dosierungen verleiten mit der Folge, dass ebenfalls gesundheitliche Schädigungen oder gar der Tod eintreten könnten, wenn der betreffende Konsument zwischenhinein von einem andern Händler bedeutend reineren Stoff erhalte und diesen in der bisher gewohnten starken Dosierung appliziere. Diese Gefährdungen seien bei einer stark verdünnten Substanz nicht geringer BGE 119 IV 180 S. 185 und bezögen sich abstrakt auf so viele Personen, wie mit der Gesamtmenge versorgt werden könnten (E. 2d). Der unbestimmte Rechtsbegriff des schweren Falles, der vom Gesetzgeber in Ziff. 2 von Art. 19 BetmG durch Beispiele erläutert, aber nicht abschliessend umschrieben werde, sei nach der ratio legis so auszulegen, dass eine Betäubungsmittelmenge, welche die in BGE 109 IV 143 S. 145 berechneten Grenzwerte übersteige, auch dann die Annahme eines schweren Falles rechtfertige, wenn der Reinheitsgrad den üblichen Durchschnitt nicht erreiche, durch die grosse Anzahl möglicher Einzeldosen ("Schüsse") aber trotzdem eine gesundheitliche Gefahr für viele Menschen entstehen könne. Folgerungen aus dem Schuldprinzip und praktische Überlegungen schlössen die Beachtung des - vielfach gar nicht mehr feststellbaren - Reinheitsgrades von Gemengen bei der Beurteilung der Frage des schweren Falles aus (E. 2e). Der zu beurteilende Transport von 99,7 Gramm Heroin sei deshalb als schwerer Fall im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG zu qualifizieren, auch wenn das Gemenge dieser Substanz nur 7,7 Gramm reinen Drogenwirkstoff enthalten habe, denn damit hätten 20 Personen während über 100 Tagen mit je einer Konsumeinheit von 40-50 mg versorgt werden können (E. 3). c) BGE 111 IV 100 ff. ist auf Kritik gestossen. Es wird eingewandt, der Entscheid sei mit dem Schuldprinzip nicht zu vereinbaren (SCHULTZ, ZBJV 123/1987, S. 53; vgl. auch ALBRECHT, ZStrR 111/1993, S. 144 f.). Er erlaube zwar eine einfache Anwendung des Gesetzes, stelle jedoch aus praktischen Gründen einen gewissen Bruch dar gegenüber den vorangegangenen Entscheiden (CORBOZ, Sem. jud. 1988, S. 536 f.). d) An BGE 111 IV 100 ff. kann nicht festgehalten werden. Die Annahme eines schweren Falles gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ist geknüpft an eine objektive und an eine subjektive Voraussetzung. Die objektive Voraussetzung besteht darin, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Die Heroinmenge, die diese Gefahr bewirken kann, hat der Kassationshof in BGE 109 IV 143 S. 145 festgelegt. Er nahm an, 12 Gramm Heroin-Hydrochlorid reichten dafür aus. Diese Gewichtsangabe bezieht sich auf den reinen Drogenwirkstoff (vgl. BGE 111 IV 101 E. 2). Ist die Grenze von 12 Gramm reinem Heroin nicht erreicht, ist die objektive Voraussetzung der Anwendung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG somit nicht erfüllt. Der Qualifikationsgrund nach Ziff. 2 lit. a scheidet damit aus, und zwar auch dann, wenn der Täter irrtümlicherweise BGE 119 IV 180 S. 186 meint, das gehandelte Heroin enthalte mindestens 12 Gramm reinen Stoff. Die subjektive Vorstellung des Täters kann die fehlende objektive Voraussetzung nicht ersetzen. Es besteht insoweit eine Analogie zum Wahndelikt (CORBOZ, a.a.O., S. 536/7). Weiss der Täter, dass das Heroingemisch weniger als 12 Gramm reinen Stoff enthält - etwa weil er das Gemenge selber hergestellt hat -, fehlt neben der objektiven auch die subjektive Voraussetzung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Gefahren, die sich ergeben aus der Beimengung giftiger Substanzen, der unsterilen Mischung des Stoffes oder der übermässigen Streckung der Droge (Risiko der Überdosis bei späterem Gebrauch bedeutend reineren Stoffes), vermögen die Anwendung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG nicht zu begründen. Qualifikationsgrund nach Ziff. 2 lit. a ist die Betäubungsmittelmenge und die sich daraus ergebende Gefahr. Die Betäubungsmittelmenge bleibt sich gleich unabhängig davon, ob, mit welchen Substanzen und in welchem Ausmass der Täter die Droge gestreckt hat. Vermischt er beispielsweise 1 Gramm reines Heroin mit 19 Gramm einer giftigen Substanz zwecks Täuschung des Abnehmers, beträgt die Betäubungsmittelmenge nach wie vor 1 Gramm und ändert sich die davon ausgehende Gefahr nicht. Die Verwendung eines giftigen Streckmittels kann, da die Buchstaben a-c von Art. 19 Ziff. 2 BetmG den schweren Fall nicht abschliessend umschreiben ( BGE 114 IV 164 ff.), gegebenenfalls unabhängig von der Betäubungsmittelmenge zur Annahme einer qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz führen (ALBRECHT, a.a.O., S. 145 Fn. 30). In Betracht kommt bei der Beimengung giftiger Substanzen ausserdem eine Bestrafung wegen Gefährdung des Lebens ( Art. 129 StGB ). Die übermässige Streckung der Droge schliesslich kann zu einem Schuldspruch wegen Betrugs führen ( Art. 148 StGB ; BGE 117 IV 139 ff.). Die Gleichbehandlung von reinem und unreinem Stoff widerspricht auch der Rechtsgleichheit. Zwischen dem Gefährdungspotential von 20 Gramm reinem Heroin und 1 Gramm Heroin vermischt mit 19 Gramm Mehl etwa besteht ein derartiger Unterschied, dass sich eine Gleichbehandlung nicht rechtfertigen lässt. Bei einem Heroingemisch ist ein schwerer Fall gemäss Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG demnach jedenfalls erst dann anzunehmen, wenn der darin enthaltene reine Drogenwirkstoff mindestens 12 Gramm beträgt. e) Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) enthielten die vom Beschwerdeführer verkauften bzw. abgegebenen 19 Gramm eines Heroingemenges BGE 119 IV 180 S. 187 9,5 Gramm reines Heroin. Diese 9,5 Gramm liegen unter dem in BGE 109 IV 143 S. 145 festgelegten Grenzwert von 12 Gramm. Die Vorinstanz hat den Qualifikationsgrund von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG somit zu Unrecht bejaht. Die Beschwerde ist deshalb gutzuheissen. Auf die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG braucht damit nicht eingegangen zu werden.
null
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
88f72b12-c7e9-4d55-b904-5adfcc8b6897
Urteilskopf 108 Ia 38 9. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Februar 1982 i.S. Progressive Organisationen der Schweiz, Sektion Luzern-Stadt gegen Stadtrat von Luzern und Regierungsrat des Kantons Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Ungültigerklärung einer kommunalen Verwaltungsinitiative. 1. Das Bundesgericht prüft die Auslegung kommunalen Rechts, welches den Inhalt der politischen Rechte normiert oder mit diesem in engem Zusammenhang steht, grundsätzlich frei (E. 2). 2. Ungültigerklärung einer Verwaltungsinitiative, obwohl die Gemeindeordnung der Stadt Luzern eine Regelung mit weitgehendem Initiativrecht kennt (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 38 BGE 108 Ia 38 S. 38 Nach Art. 15 Abs. 1 der Gemeindeordnung der Stadt Luzern vom 7. Februar 1971 (Gemeindeordnung) können mindestens 1000 Stimmberechtigte durch Initiative in Form der Anregung oder des ausgearbeiteten Entwurfs den Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Beschlusses verlangen, der in die Zuständigkeit BGE 108 Ia 38 S. 39 der Stimmberechtigten oder des Grossen Stadtrates fällt. Voranschlag und Höhe der Gemeindesteuer sind ausgenommen. Am 24. August 1979 reichten die Progressiven Organisationen der Schweiz, Sektion Luzern-Stadt, 1092 gültige Unterschriften für ein Initiativbegehren mit dem Titel "Südzubringer und Nordtangente vors Volk" mit folgendem Wortlaut ein: "1. ... 2. Der Grosse Stadtrat erlässt folgenden Beschluss: Es dürfen für die Nordtangente, den Südzubringer und die T2 keine Ausgaben, welche in die Kompetenz des Grossen Stadtrates fallen, gemacht werden, bevor das Volk zu diesen Strassenprojekten - in Form von je einem Gesamt- oder Rahmenkredit - Stellung genommen hat." Mit Entscheid vom 24. Januar 1981 erklärte der Stadtrat von Luzern die Initiative als ungültig. Zu Ziffer 2 des Initiativbegehrens wurde im wesentlichen ausgeführt, mit einer Initiative könne nur ein Beschluss im positiven Sinne verlangt werden. Die Gemeindeordnung habe rechtsverbindlich festgelegt, wie weit die direkten Mitwirkungsrechte der Stimmberechtigten reichen. Mittels einer Initiative könne der zuständigen Behörde nicht der Erlass bestimmter Beschlüsse untersagt werden. Eine solche Initiative würde im Widerspruch zum kantonalen Recht stehen. Der Regierungsrat des Kantons Luzern schützte diesen Entscheid. Das Bundesgericht weist die gegen den Entscheid des Regierungsrates erhobene Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Bei Stimmrechtsbeschwerden überprüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch die Auslegung anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst es sich jedoch der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auslegung an ( BGE 105 Ia 82 E. 4 mit Hinweisen). Dies muss analog für die Auslegung des kommunalen Rechts gelten, welches den Inhalt der politischen Rechte normiert oder mit diesem in engem Zusammenhang steht. 3. Gegenstand des Initiativrechts kann nach Art. 15 Abs. 1 der Gemeindeordnung der Erlass, die Änderung oder die Aufhebung eines Beschlusses sein, der in die Zuständigkeit der Stimmberechtigten oder des Grossen Stadtrates fällt. Es handelt sich dabei um eine Regelung mit weitestgehendem Initiativrecht, BGE 108 Ia 38 S. 40 welche auch die sogenannte Verwaltungsinitiative umfasst (zur Verwaltungsinitiative vgl. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, S. 525 ff.; KÖLZ, Die kantonale Volksinitiative in der Rechtsprechung des Bundesgerichts, in ZBl 83/1982 S. 10 ff.; BACHER, Die Volksinitiative nach dem Recht des Kantons Basel-Stadt, Diss. Basel 1953, S. 22). Bei der Initiative "Südzubringer und Nordtangente vors Volk" handelt es sich um eine Verwaltungsinitiative. Sie verlangt vom Grossen Stadtrat den Erlass eines Beschlusses, wonach für bestimmte Strassenprojekte keine Ausgaben, welche in seine Kompetenz fallen, gemacht werden dürfen, bevor das Volk zu diesen Strassenprojekten Stellung genommen hat. An sich könnte der Grosse Stadtrat einen derartigen Beschluss fassen. Daher liegt der Schluss nahe, die Initiative müsse zugelassen werden. Insbesondere kann nicht argumentiert werden, die Initiative sei unzulässig, weil sie einen negativen Beschluss des Grossen Stadtrates fordere, nämlich vor der Durchführung der Volksabstimmung über je einen Gesamt- oder Rahmenkredit für jedes der drei Bauvorhaben keine Teilkredite zu sprechen. Es spricht jedoch ein anderes Argument gegen die Vereinbarkeit der Initiative mit der Gemeindeordnung. Durch die Initiative sollen Ausgabenbeschlüsse betreffend bestimmte projektierte Strassen auf jeden Fall der Volksabstimmung unterstellt werden, im Widerspruch zu den Bestimmungen der Gemeindeordnung, wonach es im Ermessen des Grossen Stadtrates liegt, zu beschliessen, wann er ausnahmsweise Ausgabenbeschlüsse, die an sich dem obligatorischen oder fakultativen Referendum nicht unterstehen, diesem unterstellen will (Art. 13 Abs. 2 und 14 Abs. 2 der Gemeindeordnung). Die Initiative entzieht also dem Grossen Stadtrat ein Feld der freien Ermessensbetätigung, das die Gemeindeordnung ihm einräumt. Wenn die Initianten eine solche Ausnahme zur geltenden Gemeindeordnung verwirklichen wollten, hätten sie eine Initiative auf Änderung der Gemeindeordnung einreichen müssen. Ein Wille der Initianten in diesem Sinne die Gemeindeordnung durch eine Ausnahmebestimmung zu ergänzen, kann jedoch aus dem Initiativtext nicht herausgelesen werden. Deshalb hat der Regierungsrat die Initiative zu Recht für ungültig erklärt, auch wenn die von ihm vorgebrachten Gründe nicht durchwegs zu überzeugen vermögen. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.
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88f9d296-1832-4796-9de9-901124e2d2e4
Urteilskopf 99 II 129 19. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 12 juillet 1973 dans la cause H. contre H.
Regeste Art. 151 ZGB . Der Richter kann dem Ehegatten, dessen Verschulden, ohne ganz nebensächlich zu sein, angesichts der gesamten Umstände und des überwiegenden Verschuldens des andern Ehegatten als leicht erscheint, eine - eventuell herabgesetzte - Entschädigung zusprechen (Änderung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 129 BGE 99 II 129 S. 129 Selon la jurisprudence, le conjoint dont la faute est en rapport de cause à effet avec la rupture du lien conjugal n'a pas la qualité d'époux innocent au sens de l'art. 151 CC et n'a partant droit à aucune prestation, à moins que son manquement n'ait joué un rôle tout à fait secondaire dans la désunion ou ne soit que la réaction à de graves provocations; le juge se bornera alors à réduire l'indemnité demandée, s'il l'estime opportun (RO 88 II 140 et les arrêts cités, 90 II 71). Le Tribunal fédéral interprétait de la même façon, quant aux effets d'une faute légère en relation de causalité avec la désunion, la notion d'époux innocent dans le cadre de l'art. 152 CC, jusqu'à l'arrêt Merenda contre Berset, du 9 mars 1972 (RO 98 II 9 ss.). Il a reconnu dans cet arrêt la qualité d'époux innocent au conjoint dont la faute, sans être "tout à fait secondaire", est légère et n'a joué qu'un rôle secondaire dans la rupture du lien conjugal. BGE 99 II 129 S. 130 Cette décision repose principalement sur les considérations d'ordre social à la base de l'art. 152, qui justifient une solution nuancée et commandent de renoncer à voir dans la causalité entre la faute et la désunion un critère absolu. Ces considérations ne peuvent pas être invoquées s'agissant d'une indemnité au sens de l'art. 151 CC. Néanmoins, la jurisprudence doit être revue dans le cadre de cette disposition également. La nature de la prétention, tout d'abord, conduit à adopter une solution semblable à celle de l'arrêt Merenda contre Berset. En droit commun, la faute concomitante de la victime d'un dommage n'exclut pas nécessairement le droit à la réparation: en vertu de l'art. 44 CO, c'est un facteur dont le juge tient équitablement compte, en réduisant les dommages-intérêts ou en n'allouant aucune indemnité, selon la gravité des fautes respectives et leur incidence sur le dommage. L'art. 151 CC, il est vrai, ne reconnaît de droit à une indemnité qu'à l'époux "innocent". Il institue ainsi un régime spécial, qui déroge au droit commun de la responsabilité. La jurisprudence a toutefois interprété de manière très extensive la notion d'époux innocent au sens de l'art. 152 CC. Il apparaît légitime d'adopter la même solution dans le cadre de l'art. 151 (cf. dans le même sens MERZ, in RJB 1960 p. 402 s.; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3e éd., p. 141 s.). Certains des arguments invoqués dans l'arrêt Merenda contre Berset s'imposent ici aussi. Ainsi la difficulté d'appliquer le critère de la causalité entre la faute et la désunion. Lorsqu'une décision repose sur des éléments dont l'appréciation est difficile et qui partant ne peuvent être déterminés de façon précise et certaine, il convient de laisser la porte ouverte à une solution nuancée. Jouissant d'un large pouvoir d'appréciation, le juge est en mesure d'adapter sa décision aux circonstances de la cause. La souplesse qui caractérise à cet égard les art. 41 ss. CO mérite d'être étendue au domaine des indemnités de l'art. 151 CC. Dans le cadre de cette disposition, le juge doit ainsi pouvoir allouer une indemnité, éventuellement réduite, si les conditions de l'espèce font apparaître inéquitable (art. 4 CC) de refuser toute prestation à un conjoint dont la faute, sans être tout à fait secondaire au point qu'elle puisse être tenue pour négligeable, apparaît comme légère au regard de l'ensemble des circonstances et de la faute prépondérante de l'autre époux.
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Urteilskopf 113 V 352 56. Auszug aus dem Urteil vom 18. Dezember 1987 i.S. Kantonales Arbeitsamt Basel-Stadt gegen G. und Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 13 Abs. 1 AVIG : Erfüllung der Beitragszeit. Im Rahmen des Art. 13 Abs. 1 AVIG ist einzig vorausgesetzt, dass der Versicherte effektiv eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, nicht aber, dass der Arbeitgeber als Organ des Beitragsbezugsverfahrens die Arbeitnehmerbeiträge tatsächlich der Ausgleichskasse überwiesen hat.
Erwägungen ab Seite 352 BGE 113 V 352 S. 352 Aus den Erwägungen: Der Wortlaut von Art. 13 Abs. 1 AVIG verlangt, dass der Versicherte innerhalb der Rahmenfrist des Art. 9 Abs. 3 AVIG während mindestens sechs Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, nicht jedoch, dass die für diese Zeit geschuldeten Arbeitnehmerbeiträge an die Ausgleichskasse überwiesen wurden. Dass unter dem Gesichtspunkt des Art. 13 Abs. 1 AVIG die Ausübung einer beitragspflichtigen Beschäftigung und nicht die Erfüllung der Beitragspflicht massgeblich ist, ergibt sich im weiteren aus der gesetzlichen Beitragsordnung: Gemäss Art. 5 Abs. 1 AVIG zieht der Arbeitgeber den Beitragsanteil des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung ab und entrichtet ihn zusammen mit seinem eigenen Anteil der zuständigen AHV-Ausgleichskasse. Es gilt somit die gleiche Regelung wie in Art. 14 Abs. 1 AHVG , welcher BGE 113 V 352 S. 353 hinsichtlich der paritätischen Beiträge den Arbeitgeber als Subjekt des Beitragsbezugsverfahrens betrachtet. Dementsprechend sieht Art. 138 Abs. 1 AHVV vor, dass die von einem Arbeitnehmer erzielten Erwerbseinkommen, von welchen der Arbeitgeber die gesetzlichen Beiträge abgezogen hat, in das individuelle Konto des Versicherten eingetragen werden, selbst wenn der Arbeitgeber die entsprechenden Beiträge der Ausgleichskasse nicht entrichtet hat. Nach Art. 6 Abs. 1 AVIG gilt für den Bereich der Beiträge die AHV-Gesetzgebung, soweit das AVIG selber nicht etwas anderes bestimmt. Der unselbständig erwerbende Versicherte hat es in der Arbeitslosenversicherung sowenig wie in der AHV in der Hand, dafür zu sorgen, dass die Arbeitnehmerbeiträge tatsächlich der Ausgleichskasse entrichtet werden. Wenn der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer die Einsicht in die Geschäftsbücher verweigert, ist auch keine Kontrolle durch den Versicherten möglich. Unter dem Gesichtspunkt der Anspruchsvoraussetzung gemäss Art. 13 Abs. 1 AVIG ist daher bloss erforderlich, dass der Versicherte effektiv eine beitragspflichtige Beschäftigung als Arbeitnehmer ausgeübt hat, nicht aber, dass der Arbeitgeber als Organ des Beitragsbezugsverfahrens auch tatsächlich seinen Verpflichtungen nachgekommen ist.
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88fa8dbc-9311-44b5-8046-f9f7cfbddfed
Urteilskopf 83 IV 95 27. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Mai 1957 i.S. Deucher gegen Statthalteramt Horgen.
Regeste Art.27 Abs. 1 MFG. Verhältnis dieser Bestimmung zu Art. 12bis SigV (Erw. 1). Besteht eine Rechtspflicht des Vortrittsberechtigten, seine Geschwindigkeit herabzusetzen, um andern Fahrzeugen, die in einer Stopstrasse warten, das Einbiegen zu ermöglichen? (Erw. 2, 3).
Sachverhalt ab Seite 96 BGE 83 IV 95 S. 96 A.- Franz Deucher fuhr am 30. März 1956, ca. 17 Uhr, mit seinem Personenwagen durch die mit einem Stopsignal versehene Zugerstrasse in Horgen, um in die verkehrsreiche Seestrasse nach links Richtung Zürich einzubiegen. Als sich in der seeabwärts bewegenden Fahrzeugkolonne eine Lücke zeigte, brach er den Sicherheitshalt ab und schwenkte auf die rechte Fahrbahn der Seestrasse ein. Dadurch wurde ein Motorradfahrer, der mit Abstand der Kolonne gefolgt war, an den rechten Trottoirrand gedrängt und zum Bremsen gezwungen. B.- Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Horgen büsste Deucher am 12. Juli 1956 wegen Verletzung des Vortrittsrechts (Art. 27 Abs. 1 MFG) und wegen einer weitern Übertretung mit einer Busse von Fr. 30.-. C.- Deucher beantragt mit eidgenössischer Nichtigkeitsbeschwerde, das Urteil des Einzelrichters sei aufzuheben und die Sache zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er macht mit Bezug auf den ersten Tatbestand geltend: Auf das Einbiegen aus einer Stopstrasse sei nicht Art. 27 Abs. 1 MFG, sondern ausschliesslich Art. 12 bis SigV anwendbar. Nach dieser Bestimmung habe sich der Fahrzeugführer nur zu vergewissern, ob er die Fahrt ohne Gefährdung anderer fortsetzen könne. Im vorliegenden Fall habe eine solche Gefahr nicht bestanden. Denn der Anspruch auf ungestörte Beibehaltung der Geschwindigkeit, den der von rechts Kommende an gewöhnlichen Kreuzungen innerorts habe, könne an der Einmündung einer stark befahrenen Stopstrasse in eine Strasse mit Kolonnenverkehr nicht gelten. Die gegenteilige Auffassung werde den Bedürfnissen der heutigen Verkehrsdichte nicht gerecht. Dem Vortrittsberechtigten dürfe vielmehr eine angemessene Herabsetzung der Geschwindigkeit zugemutet werden, um den in der Stopstrasse Wartenden das Einschwenken zu ermöglichen. Selbst wenn Art. 27 Abs. 1 MFG anwendbar wäre, so hätte das Gebot der Rücksichtnahme verlangt, BGE 83 IV 95 S. 97 dass der Motorradfahrer nicht mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren wäre. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Art. 12 bis SigV schreibt dem Motorfahrzeugführer an Stellen mit Stopsignal einen Sicherheitshalt vor und entzieht ihm das Vortrittsrecht, das er allenfalls hätte. Mehr sagt die Vorschrift nicht. Insbesondere setzt sie weder ausdrücklich noch sinngemäss die Bestimmung des Art. 27 Abs. 1 MFG über den Rechtsvortritt ausser Kraft. Im Gegenteil. Art. 12 bis SigV will nicht nur die Unfallgefahr vermindern, sondern zu gleicher Zeit dem Verkehr auf der Strasse, in die die Stopstrasse einmündet, im Interesse einer flüssigen Abwicklung den Vorzug geben. Zu diesem Zweck entzieht die Verordnung den Fahrzeugen in der Stopstrasse das allenfalls bestehende Vortrittsrecht und überträgt es auf diejenigen auf der Hauptverkehrsader. Die dort von links kommenden werden damit ebenfalls vortrittsberechtigt. Es wäre daher sinnwidrig, anzunehmen, Art. 12 bis SigV habe Art. 27 Abs 1 MFG ausschalten wollen. 2. Nach Art. 27 Abs. 1 MFG setzt der Rechtsvortritt gleichzeitiges Eintreffen zweier Fahrzeuge an einer Kreuzung oder Strasseneinmündung voraus. Gleichzeitigkeit ist gegeben, wenn der Vortrittsberechtigte seine Fahrt auf der Schnittfläche der beiden Strassen nicht mit gleichmässiger Geschwindigkeit fortsetzen könnte, ohne Gefahr zu laufen, mit dem von links kommenden Fahrzeug zusammenzustossen ( BGE 77 IV 219 , BGE 79 II 214 , BGE 80 IV 199 ). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, und zwar - entgegen einem in der Zeitschrift des bernischen Juristenvereins 90 S. 416 angeführten kantonalen Urteil - ohne Rücksicht darauf, ob die Kreuzung ausser- oder innerorts liege und wie gross die Entfernung zwischen einem rasch fahrenden Vortrittsberechtigten und dem von links Kommenden sei. Wollte man von den geltenden Grundsätzen abweichen und dem Berechtigten die Pflicht BGE 83 IV 95 S. 98 auferlegen, die Geschwindigkeit zugunsten Nichtvortrittsberechtigter, die vor ihm einbiegen wollen, herabzusetzen, so würde das Vortrittsrecht als elementare Verkehrsregel entwertet. Die Folge wäre, dass eine erhebliche Unsicherheit an Kreuzungen und Strasseneinmündungen entstände, die Unfallgefahr erhöht und die mit der Einführung der Stopstrassen erstrebte Flüssigkeit des Verkehrs auf Durchgangsstrassen weitgehend vereitelt würde. Zudem wäre es schwierig, das Ausmass der dem Berechtigten obliegenden Pflicht zur Herabsetzung der Geschwindigkeit generell festzusetzen und im Einzelfall festzustellen, ob und inwieweit ihr nachgelebt worden sei. Richtig ist, dass starker Verkehr auf Durchgangstrassen in den einmündenden Stopstrassen zu Fahrzeugstauungen und zu langen Wartezeiten führen kann. Das gleiche Problem stellt sich aber auch in Nebenstrassen, die nicht mit einem Stopsignal versehen sind, und überall, wo aus sich kreuzenden Fahrzeugkolonnen nach links abgebogen werden soll. Diese mit der heutigen Verkehrsdichte zusammenhängenden Schwierigkeiten durch eine wesentliche Einschränkung des Rechtsvortrittsrechts beheben zu wollen, dafür aber eine erhebliche Lockerung der allgemeinen Verkehrssicherheit einzutauschen, wäre unzweckmässig und nicht zu verantworten. Wo die Polizei nicht durch besondere Anordnungen (Art. 18 MFG) eingreifen kann, bleibt als Lösung einzig der freiwillige Verzicht der Vortrittsberechtigten. Er beruht aber nicht auf gesetzlicher Pflicht und darf, wenn sich der Berechtigte nicht durch die sittlichen Gebote des Anstandes und der Rücksichtnahme leiten lässt, nicht erzwungen werden. 3. Die Vorinstanz stellt verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer während seines Einbiegens den von rechts kommenden Motorradfahrer seitlich abgedrängt und zum Bremsen gezwungen hat. Ob sie bei der Berechnung der Anfahrtswege den Grundsatz "in dubio pro reo" missachtet habe, der dem kantonalen Recht angehört, hat der Kassationshof auf Nichtigkeitsbeschwerde hin nicht zu BGE 83 IV 95 S. 99 überprüfen. Somit steht fest, dass der Motorradfahrer seine Fahrt nicht ungestört fortsetzen konnte, wollte er eine Kollision verhindern, und dass folglich die beiden Fahrzeuge gleichzeitig an der Kreuzung eingetroffen sind. Der Beschwerdeführer hat daher Art. 27 Abs. 1 MFG verletzt. 4. ..... Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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88fd914f-3b87-423e-8aa8-0fe2b62f8957
Urteilskopf 102 Ib 245 40. Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. November 1976 i.S. von Andrian-Werburg gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt
Regeste Eintragung des Namens in die Zivilstandsregister Die Partikel "Freiherr von" kann in die schweizerischen Zivilstandsregister nicht eingetragen werden, auch wenn sie im Ausland als Bestandteil des Namens gilt.
Sachverhalt ab Seite 245 BGE 102 Ib 245 S. 245 Friedrich Karl Richard Martin Freiherr von Andrian-Werburg, deutscher Staatsangehöriger, und Charlotte Maria Sibylla Burckhardt, Bürgerin von Basel, heirateten am 20. Februar 1976 in Lörrach (BRD). Die Ehefrau hat das Schweizer Bürgerrecht beibehalten. Im Familienregister der Gemeinde Basel wurde dem Ehemann ein Blatt eröffnet, wobei der Familienname lediglich mit "von Andrian-Werburg", ohne die Bezeichnung "Freiherr", eingetragen wurde. Ein Gesuch um Eintragung des vollen Familiennamens "Freiherr von Andrian-Werburg" bzw. "Freifrau von Andrian-Werburg-Burckhardt" wurde am 12. März 1976 vom Zivilstandsamt Basel-Stadt abgewiesen. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt bestätigte am 12. Mai 1976 die Verfügung des Zivilstandsbeamten. Der Entscheid spricht dem Ehemann die Legitimation zur Beschwerde ab, weil er als Ausländer dadurch, dass er alle Zivilstandsdokumente in seiner Heimat anfordern müsse, in keiner Weise durch den Eintrag im Basler Familienregister beschwert sei. In der Sache selbst erklärt die kantonale Aufsichtsbehörde, die Führung schweizerischer Zivilstandsregister richte sich ausschliesslich nach schweizerischem Recht. Schweizerisches Recht sei ebenfalls massgebend für die Frage, BGE 102 Ib 245 S. 246 welchen Familiennamen eine in der Schweiz wohnhafte Schweizerin führe. Der vom deutschen Recht ausdrücklich als Namensbestandteil deklarierte Adelstitel "Freiherr" bzw. "Freifrau" gelte nach schweizerischem Recht nach wie vor als Adelstitel und daher nicht als Bestandteil des Familiennamens. Das Verbot, Adelstitel in die schweizerischen Zivilstandsregister einzutragen, leite sich zudem direkt aus Art. 4 BV ab. Die Ehegatten von Andrian-Werburg führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie stellen die Anträge: "1. Der vorinstanzliche Entscheid sei aufzuheben und das Zivilstandsamt des Kantons Basel-Stadt über den Beschwerdegegner anzuweisen, die Beschwerdeführer mit ihrem vollständigen Familiennamen, nämlich Freiherr von Andrian-Werburg bzw. Freifrau von Andrian-Werburg-Bruckhardt in die Zivilstandsregister einzutragen. 2. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Beschwerdegegners." Sowohl das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt als auch das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beantragen in ihren Vernehmlassungen die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Entgegen der Auffassung der kantonalen Instanzen, aber in Übereinstimmung mit dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement ist die Beschwerdelegitimation des ausländischen Ehemannes im Sinne von Art. 103 lit. a OG zu bejahen. Gemäss Art. 115 Ziff. 1 lit. b ZStV wird im Familienregister dem ausländischen Ehemann, dessen Ehefrau bei der Eheschliessung das Schweizer Bürgerrecht beibehalten hat, ein Blatt eröffnet. Er hat deshalb, obwohl bloss mittelbarer Blattinhaber, ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Eintragung namentlich auch mit Rücksicht auf die Kinder, die gemäss der gleichen Vorschrift ebenfalls einzutragen sind, mit dem richtigen und vollständigen Namen erfolge. 2. Die Führung des Namens richtet sich nach Heimatrecht ( Art. 8 NAG ; vgl. BGE 60 II 388 ), für den Beschwerdeführer somit nach deutschem Recht. Nach der vom Bundesgericht nicht überprüfbaren Auslegung des deutschen Rechts durch BGE 102 Ib 245 S. 247 die Vorinstanz hat Art. 109 Abs. 3 der Weimarer Verfassung die Adelsbezeichnungen zu Teilen des Namens erklärt. (Dass die Partikel "Freiherr" keine Adelsbezeichnung darstelle, da der entsprechende Titel hiefür "Baron" laute, ist eine unbelegte Behauptung der Beschwerdeführer.) Wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement indessen hervorhebt, wird der deutsche Adelstitel "Freiherr von" auch jetzt noch nicht als unveränderlicher Bestandteil des Familiennamens behandelt, sondern, obwohl auch in Deutschland im übrigen der Familienname als starr gilt, nach dem Geschlecht und allenfalls auch nach dem Zivilstand seines Trägers abgewandelt. So ist die Ehefrau eines Freiherrn als "Freifrau", seine ledige Tochter als "Freiin" zu bezeichnen. Die Übertragung erfolgt nicht nach namensrechtlichen Regeln. Die Partikel "Freiherr von" erscheint somit in der Tat nicht (oder nicht nur) als Teil eines zusammengesetzten Familiennamens, sondern wird (auch) als Standesbezeichnung verwendet. Bezeichnungen, welche auf den Adel als Stand hinweisen, werden aber in der Schweiz, von den Partikeln "von" und "de" abgesehen, als Adelstitel angesehen, verstossen nach schweizerischer Rechtsauffassung gegen den in Art. 4 BV verkörperten Gleichheitsgrundsatz und dürfen in die Zivilstandsregister, denen sie fremd sind ( Art. 39 ZStV ), nicht eingetragen werden. Adelstitel und Adelsbezeichnungen gelten nicht als Bestandteil des Namens (FLEINER/GIACOMETTI, Schweiz. Bundesstaatsrecht, S. 410 N. 50; EGGER N. 5 zu Art. 29 ZGB ; GROSSEN, Das Recht der Einzelperson, S. 337, und GÖTZ, Die Beurkundung des Personenstandes, S. 400 f., beide in Schweiz. Privatrecht, Bd. II. Auf dem gleichen Standpunkt steht seit der Einführung des staatlichen Zivilstandswesens die Registerpraxis und namentlich die bundesgerichtliche Praxis: nicht veröffentlichter Entscheid vom 7. Februar 1963 i.S. Branca). Trotz der bei der Namensführung grundsätzlichen Massgeblichkeit des Heimatrechts des Beschwerdeführers stehen somit der Eintragung des nach Heimatrecht zugelassenen und zum Teil des Namens erklärten Standesprädikats zwingende Vorschriften des schweizerischen Bundesstaatsrechts entgegen. Dabei wird dem Beschwerdeführer die Führung seines nach Heimatrecht gebildeten Namens nicht untersagt. Verweigert wird nur dessen Eintragung in die schweizerischen Zivilstandsregister (vgl. etwa BGE 40 II 433 ). BGE 102 Ib 245 S. 248 3. Für die Beschwerdeführerin Sibylla von Andrian-Werburg-Buckhardt, welche das Schweizer Bürgerrecht beibehalten hat und in der Schweiz Wohnt, gilt ausschliesslich schweizerisches Recht. Gemäss Art. 161 Abs. 1 ZGB erhält bei der Verheiratung die Ehefrau den Familiennamen des Ehemannes. Sie verliert ihren angestammten Familiennamen ( BGE 98 Ia 452 ; LEMP, N. 1 zu Art. 161 ZGB ). Schon deshalb ist das Begehren, dem Familiennamen des Ehemannes den Mädchennamen (Burckhardt) beizufügen, abzuweisen. Die schweizerische Ehefrau kann nicht mit einem aus dem Familiennamen des Mannes und dem Mädchennamen gebildeten Doppelnamen in die schweizerischen Zivilstandsregister eingetragen werden. Dass sie im privaten Verkehr den aus dem Ehenamen und dem Mädchennamen gebildeten Allianznamen verwenden darf, ändert daran nichts. Aber auch das Begehren um Eintragung des Familiennamens "Freifrau von Andrian-Werburg" ist abzuweisen. Nach Massgabe des schweizerischen Rechts hat die Ehefrau den unveränderten Familiennamen ihres Ehemannes zu führen (vgl. BGE 98 Ia 452 f. E. 3). Das Erfordernis der Unveränderlichkeit ist selbst in der Schreibweise zu beachten (EGGER, N. 9 zu Art. 29 ZGB ). Die Beschwerdeführerin beruft sich im übrigen selber auf die Einheit des Familiennamens. Sie müsste deshalb, wie das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement zutreffend bemerkt, sofern man das Prädikat "Freiherr" als Teil des Familiennamens ansieht, mit dem unveränderten Namen ihres Ehemannes, somit als "Freiherr von Andrian-Werburg" bezeichnet werden. Das wäre unsinnig und wird in der Beschwerde auch nicht beantragt. Gilt hingegen die Partikel "Freiherr" mit der Abwandlung "Freifrau" als Adelstitel, so kann sie in der Schweiz nicht eingetragen werden. Die Beschwerdeführer weisen auf angebliche Schwierigkeiten hin, welche beim Vorlegen von Ausweisschriften und mit Bezug auf den Familiennamen der Kinder aus der Nichteintragung der Prädikate "Freiherr" und "Freifrau" entstehen könnten. Aber gerade eine solche Eintragung würde zu unterschiedlich zusammengesetzten Familiennamen führen, nämlich im Verhältnis unter den Ehegatten, zwischen den Eltern und einer ehelichen Tochter (Freiherr, Freifrau, Freiin) und zwischen Bruder und Schwester (Freiherr, Freiin). 4. Man könnte sich fragen, ob das Zivilstandsamt berechtigt BGE 102 Ib 245 S. 249 war, lediglich die Partikel "von" einzutragen, und ob diese Partikel nicht mit dem Titel "Freiherr" untrennbar verbunden ist (vgl. den bereits erwähnten Entscheid des Bundesgerichts i.S. Branca E. 4). Es steht nicht fest, ob der Beschwerdeführer jemals den Familiennamen "von Andrian-Werburg" getragen hat. In der Beschwerde wird sogar vorgebracht, die Familiennamen "Freiherr von Andrian-Werburg" und "von Andrian-Werburg" stellten in Deutschland zwei verschiedene Namen dar. Die Frage bildet indessen nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens, und das Bundesgericht kann nicht von Amtes wegen und ohne entsprechende Begehren die Eintragung abändern und berichtigen. Es bleibt den Beschwerdeführern unbenommen, wenn sie Wert darauf legen, im Zivilstandsregister nur mit dem vollen Titel ("Freiherr von") oder überhaupt mit keinem Titel zu erscheinen, die Berichtigung der Eintragung durch die Aufsichtsbehörde oder durch den Richter ( Art. 45 ZGB , Art. 51 ZStV ) zu verlangen. 5. Da sich die Beschwerde nicht auf Art. 19, sondern auf Art. 20 ZStV stützt, gelten für die Kostenpflicht entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer die Bestimmungen des OG. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 106 Ib 136 22. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. Mai 1980 i.S. Burgergemeinde Grächen gegen Eidg. Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Forstpolizei. Bewilligung zur Rodung bedeutender Flächen zwecks Anlage von Skipisten und eines Skilifts in einer Region, in welcher für den Bau solcher Sportanlagen schon erhebliche Rodungen zugelassen wurden. Überwiegendes Interesse an der Walderhaltung.
Sachverhalt ab Seite 137 BGE 106 Ib 136 S. 137 Die Burgergemeinde Grächen ist Eigentümerin sämtlicher touristischer Transportanlagen im Raum Hannigalp-Stafel-Wannihorn auf dem Gebiet der Gemeinde Grächen. Am 2. Oktober 1978 stellte sie ein Gesuch um Bewilligung von Rodungen im Ausmass von 56'770 m2 Wald im Gebiet Heimiplatte-Wasserschepfi zwecks Anlage von Skipisten und eines Skiliftes. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) wies das Rodungsgesuch mit Verfügung vom 28. September 1979 ab. Hiegegen führt die Burgergemeinde Grächen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht weist diese ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Mit der angefochtenen Verfügung verweigerte das EDI der Beschwerdeführerin die Bewilligung zur Rodung von 56'770 m2 Wald für die Anlage von Skipisten und eines Skiliftes. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dieser Entscheid verletze Bundesrecht, denn das EDI habe zu Unrecht angenommen, die in Art. 26 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolV) genannten Voraussetzungen für die Bewilligung von Rodungen seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Gemäss Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG) soll das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden. Der Wald ist im Hinblick auf seine Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsaufgaben in seinem Bestand und seiner regionalen Verteilung zu BGE 106 Ib 136 S. 138 erhalten ( Art. 24 Abs. 1 FPolV ). Der Bundesrat hat die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rodung in Art. 26 FPolV umschrieben. Danach darf eine Rodung nur bewilligt werden, wenn sich hiefür ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt (Abs. 1). Ausserdem dürfen keine polizeilichen Gründe gegen die Rodung sprechen (Abs. 2), und das Werk, für welches die Rodung begehrt wird, muss auf den vorgesehenen Standort angewiesen sein (Abs. 3). Finanzielle Interessen, wie möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder billige Beschaffung von Land, gelten nach Art. 26 Abs. 3 nicht als gewichtiges Bedürfnis im Sinne von Art. 26 Abs. 1. Schliesslich ist auch dem Natur- und Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen (Art. 26 Abs. 4). 2. Das EDI stellte im angefochtenen Entscheid fest, die touristische Entwicklung einer Ortschaft habe sich in erster Linie den vorhandenen natürlichen Gegebenheiten anzupassen. Aufgrund des gesetzlichen Gebots der Walderhaltung seien Skipisten durch den Wald im allgemeinen nur dort zulässig, wo kurze Waldaushiebe zur Verbesserung der Linienführung oder zur Verbindung offener Abfahrtsstrecken nötig seien. Für das hier in Frage stehende Projekt sei indes auf einer Länge von ca. einem Kilometer eine durchgehende Rodung mit nachfolgenden Geländekorrekturen für die Skipiste im Ausmass von über 40'000 m2 vorgesehen. Auch der Skilift solle teilweise durch geschlossenen Hochwald geführt werden. Das Projekt entspreche zwar einem Bedürfnis der Ortschaft Grächen; die Erhaltung des beanspruchten Waldareals sei jedoch höher einzustufen als das Rodungsbedürfnis, weshalb die Bewilligung für die nachgesuchte Rodung nicht erteilt werden könne. Ob für die anbegehrte Rodung ein gewichtiges, das Interesse an der Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis besteht, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, wobei den Vorinstanzen ein gewisser Beurteilungsspielraum zukommt, soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind ( BGE 104 Ib 225 E. 5a, BGE 98 Ib 497 ). Ein Augenschein ist im vorliegenden Fall nicht erforderlich, da der Sachverhalt aus den Akten hinreichend ersichtlich ist. 3. Das fragliche Rodungsgesuch wurde zwecks Anlage von Skipisten und eines Skiliftes im Gebiet Wasserschepfi-Heimiplatte eingereicht. Mit diesem Projekt wird die Förderung BGE 106 Ib 136 S. 139 der touristischen Entwicklung der Ortschaft Grächen angestrebt. Die Beschwerdeführerin macht geltend, Grächen sei auf den Tourismus, insbesondere den Wintertourismus, als Haupterwerbsquelle angewiesen. Sein Rückgang hätte den Verlust von Arbeitsplätzen und damit eine Abwanderung zur Folge. Das bestehende Angebot an Skipisten und Transportanlagen vermöge der vermehrten Nachfrage nicht mehr zu genügen. Die projektierten Anlagen seien nötig, um Grächen konkurrenzfähig zu erhalten. Eine Erweiterung der Pistenflächen dränge sich auch aus Sicherheitsgründen auf, denn die Zahl der Skifahrer betrage im Raum Hannigalp 90-100 pro Hektare Pistenfläche, während das in Fachkreisen anerkannte Maximum bei 35-45 Skifahrern liege. Das EDI stellte im angefochtenen Entscheid in zutreffender Weise fest, das dem Rodungsgesuch zugrunde liegende Projekt entspreche einem Bedürfnis der Ortschaft Grächen. Es darf davon ausgegangen werden, dass die geplanten Skisportanlagen den Wintertourismus in der Region Grächen fördern würden, und an der touristischen Entwicklung dieser Gegend besteht zweifellos ein erhebliches Interesse. Die Frage, ob dieses Interesse dasjenige an der Walderhaltung überwiege, wurde indes vom EDI zu Recht verneint. Wie den Akten zu entnehmen ist, verfügt Grächen bereits über ein ausgedehntes Angebot an Skipisten, wobei als Zubringer insgesamt neun Skilifte vorhanden sind. Für die Erstellung von Skipisten und Transportanlagen in der Region Grächen hat das EDI schon erhebliche Rodungen zugelassen. Am 21. Oktober 1970 bewilligte es Rodungen im Ausmass von 114'000 m2 Wald. Gestützt auf die damals von der Gemeinde vorgelegte generelle Planung hielt der Vorsteher des EDI am 20. Januar 1971 in einem Schreiben an den Gemeinderat Grächen fest, in Grächen würden keine zusätzlichen Rodungen für die sportliche Entwicklung mehr nötig sein. Damit brachte das EDI deutlich zum Ausdruck, dass inskünftig eine Rodungsbewilligung für den Bau von Sportanlagen nicht mehr erteilt werde. Die Beschwerdeführerin hätte ihre Dispositionen danach ausrichten sollen. In Anbetracht der erwähnten Umstände könnte die hier streitige Verweigerung einer erneuten Rodungsbewilligung für immerhin sehr beträchtliche 56770 m2 Wald nur dann eine Verletzung von Bundesrecht darstellen, wenn aufgrund einer neuen, für die Gemeinde Grächen ausserordentlich schwerwiegenden Situation BGE 106 Ib 136 S. 140 eine weitere Rodung im verlangten Ausmass einer zwingenden Notwendigkeit entspräche. Das ist nicht der Fall. Die Beschwerdeführerin bringt zwar vor, die Ablehnung der nachgesuchten Rodungsbewilligung und damit des projektierten Ausbaus der Skisportanlagen würde die Ortschaft Grächen in ihren Existenz-Grundlagen treffen. Dass seit der letzten Rodungsbewilligung im Oktober 1970 eine Entwicklung eingetreten wäre, die zu einer geradezu notstandsähnlichen Situation in Grächen geführt hätte, wird jedoch nicht dargetan. Die Beschwerdeführerin führte zur Begründung ihres Rodungsgesuchs im wesentlichen lediglich aus, das bestehende Pistenangebot und die Transportanlagen vermöchten der Nachfrage bei weitem nicht mehr zu genügen, insbesondere dränge sich eine Entlastung des überfüllten Skigebietes Hannigalp aus Sicherheitsgründen auf. Diese Argumente reichen indes für den Nachweis eines gewichtigen Bedürfnisses im Sinne von Art. 26 Abs. 1 FPolV nicht aus, müsste doch sonst jede vernünftig geplante Rodung in einer waldreichen, stark besuchten Ortschaft des Wintertourismus bewilligt werden, was mit dem Sinn des Forstpolizeigesetzes unvereinbar wäre. Liegt aber hier keine notstandsähnliche Situation vor, so hat das EDI seinen Beurteilungsspielraum nicht überschritten, wenn es annahm, das öffentliche Interesse an den projektierten Anlagen und der hiefür erforderlichen Rodung von 56'770 m2 Wald sei nicht derart gewichtig, dass es das Interesse an der Erhaltung des Waldbestandes überwiegen würde. Abgesehen vom Gebot der Walderhaltung sprechen auch gewichtige Gründe des Natur- und Landschaftsschutzes gegen die anbegehrte Rodung. Im angefochtenen Entscheid wurde festgestellt, das beanspruchte Waldareal weise eine besondere subalpine Bestockung auf, die in noch unbeeinträchtigter Form vorhanden sei und sich in einem selten guten Zustand befinde. Das EDI hat nach dem Gesagten zu Recht angenommen, die in Art. 26 FPolV genannten Voraussetzungen für die Bewilligung einer Rodung seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der angefochtene Entscheid verstösst daher nicht gegen Bundesrecht, und die Beschwerde erweist sich als unbegründet.
public_law
nan
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1,980
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
89115d5e-c301-4055-baff-05c3206d2ede
Urteilskopf 85 III 185 39. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Oktober 1959 i.S. W. gegen M.
Regeste Paulianische Anfechtung gemäss Art. 288 SchKG . Streitwertberechnung (E. 1). Die Pauliana setzt eine Schädigung der Exekutionsrechte des Anfechtenden als Folge der angefochtenen Rechtshandlung voraus. Der Anfechtungsbeklagte kann daher den Nachweis erbringen, dass diese Handlung eine solche Benachteiligung in concreto nicht zur Folge hatte, weil der Anfechtungskläger auch ohne die anfechtbare Handlung zu Verlust gekommen wäre. Verlust von Unterhaltsbeiträgen, die zur Zeit der Rechtshandlung noch nicht fällig waren (E. 2 a); im Konkurs? (b); Berücksichtigung der Anschlussfrist (d).
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 85 III 185 S. 186 A.- Die Eheleute W.-T. betrieben ab 1942 in Basel ein Merceriegeschäft. Wegen ehewidriger Beziehungen des Ehemannes W. mit seiner Angestellten Frau M. kam es 1943 zur Trennung der Eheleute, 1944 zur Übersiedlung der Frau W. nach Zürich und am 17. März 1948 zur Scheidung durch das dortige Bezirksgericht, wobei gemäss Parteivereinbarung dem Manne eine monatliche Unterhaltsrente von Fr. 150.-- an die Frau auferlegt wurde, die jener bis 1953 regelmässig entrichtete. Mit Kaufvertrag vom 11. März 1953 übereignete W. seine Liegenschaft in Basel der mit ihm zusammenlebenden Frau M., wobei diese bei einem Kaufpreis von Fr. 70'000.-- Hypotheken im Betrage von Fr. 57'200.-- übernahm, während die Kaufpreisrestanz von Fr. 12'800.-- durch Verrechnung mit Lohnguthaben der Käuferin gegenüber W. abgegolten wurde. Gleichzeitig übertrug dieser auch sein Merceriegeschäft mit Aktiven und Passiven auf Frau M. Seither endeten alle Betreibungen der Frau T. für ihre Rentenforderungen mit Verlustscheinen. Am 18. März 1957 focht Frau T. den Verkauf der Liegenschaft und der Geschäftsaktiven durch W. an Frau M. gemäss Art. 288 SchKG an, da in der Absicht vorgenommen, die Klägerin Frau T. als Alimentengläubigerin des W. zu benachteiligen, eventuell zu deren Nachteil die Beklagte zu bevorteilen. W. habe sich mit jener Veräusserung seines gesamten Vermögens entäussert, ohne dafür einen pfändbaren Gegenwert zu erhalten. Der Kaufpreis der Liegenschaft sei mit Fr. 70'000.-- zu niedrig angesetzt. Die angebliche Lohnforderung der Frau M. sei eine reine Fiktion, da zwischen den beiden ein Konkubinats-, kein Dienstverhältnis bestehe. B.- Das Zivilgericht schützte die Anfechtungsklage nur bezüglich des Grundstückes für den Betrag von Fr. 3000.--. BGE 85 III 185 S. 187 Hiegegen appellierte die Klägerin mit dem Begehren um Zulassung der Zwangsvollstreckung in das Grundstück für ihre ganze Verlustscheinforderung von Fr. 6038.60. Die Beklagte appellierte ebenfalls und beantragte gänzliche Abweisung der Klage. In teilweiser Gutheissung der Appellation der Beklagten hat das Appellationsgericht die Klage nur für den Betrag von Fr. 150.-- gutgeheissen, gestützt auf folgende Erwägungen: Im Zeitpunkt der Vornahme des angefochtenen Rechtsgeschäftes (11. März 1953) schuldete W. der Frau M. aus Dienstvertrag Fr. 14'775.--. Mit der Tilgung dieser Forderung durch Übertragung seiner Liegenschaft auf sie hat er sich hablos gemacht. Angesichts seines schlechten Gesundheitszustandes war er nicht mehr in der Lage, ein angemessenes Einkommen zu erzielen. Mit der Veräusserung seiner ganzen Aktiven an die Beklagte hat er es mithin bewusst in Kauf genommen, die später fällig werdenden Unterhaltsbeiträge an die geschiedene Frau nicht mehr zahlen zu können. Das hat Frau M. gewusst; daher ist der Tatbestand der Absichtsanfechtung nach Art. 288 SchKG auf beiden Seiten subjektiv erfüllt. Objektiv fehlt es dagegen - abgesehen von dem einzigen bei Vornahme des Geschäftes schon fälligen Unterhaltsbeitrag von Fr. 150.-- - an einer Schädigung der Klägerin durch den Liegenschaftsverkauf. Die Beklagte war berechtigt, von ihrem Lohnschuldner Zahlung zu fordern und zu erhalten. Ohne das angefochtene Rechtsgeschäft hätte die Beklagte den W. nach dem normalen Lauf der Dinge für ihre Lohnforderung von Fr. 14'775.-- betrieben. Daraus hätte sich eine sofortige Pfändung und Verwertung der Liegenschaft zu Gunsten der Beklagten für diese Forderung ergeben, ohne dass die Klägerin für die noch nicht fälligen künftigen Monatsrenten sich hätte der Pfändung anschliessen können. Konnte sich somit Frau M. damals durch Zwangsvollstreckung Befriedigung verschaffen, so brauchte der Schuldner deren Durchführung nicht abzuwarten, BGE 85 III 185 S. 188 sondern durfte das Guthaben der Beklagten sofort tilgen. Die Klägerin ist somit durch diese Tilgung nur im Betrage der einzigen damals fälligen Monatsrate von Fr. 150.-- benachteiligt worden, weshalb die Anfechtung auch nur in dieser Höhe zu schützen ist. C.- Mit der vorliegenden Berufung hält der Sohn und alleinige Erbe der inzwischen verstorbenen Klägerin T., Dr. R. W., an der Anfechtungsklage für die ganze Alimentenforderung von Fr. 6038.60 fest. Die Beklagte beantragt Nichteintreten auf die Berufung, weil der Streitwert nur Fr. 3800.-- betrage, evtl. Abweisung derselben. Eine gegen den Kostenentscheid der Vorinstanz gerichtete Anschlussberufung hat sie zurückgezogen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Berufungskläger beziffert den Streitwert auf Fr. 6038.60 gleich dem Gesamtbetrag der Verlustscheinforderung seiner Mutter an W. Die Berufungsbeklagte behauptet dagegen, unter Berücksichtigung ihrer eigenen, heute anerkannten Lohnforderung von Fr. 14'775.-- entfiele auf die Forderung desBerufungsklägers von Fr. 6038.60 von einem Nettoerlös der Liegenschaft von Fr. 12'800.-- nur ein Betrag von Fr. 3800.--; in Wahrheit sei die Liegenschaft noch weniger wert. Das Prozessinteresse des Berufungsklägers betrage daher etwa Fr. 3000.--. Die Berufungsbeklagte übersieht dabei, dass sich der Streitwert nach den Rechtsbegehren bemisst, wie sie vor der letzten kantonalen Instanz noch streitig waren ( Art. 46 OG ). Vor dem Appellationsgericht war die Lohnforderung der Beklagten noch bestritten. Das Rechtsbegehren der Klägerin hatte daher den Sinn, die Liegenschaft zur Deckung ihrer Forderung allein verwerten zu können. Der Betrag dieser Forderung (Fr. 6038.60) war aber gedeckt durch den Liegenschaftswert, den die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich mit Fr. 70'000.-- angenommen hat, was nach Abzug der Belastung nach der eigenen Berechnung BGE 85 III 185 S. 189 der Beklagten Fr. 12'800.-- als Nettowert ergibt. Diese behauptet freilich, dies sei der Wert für das Jahr 1953; seither habe die Liegenschaft an Wert verloren. Dies ist jedoch - bei einer Liegenschaft an einer belebten Strasse mitten in Kleinbasel - in Ansehung des Bodenwertes derart unwahrscheinlich, dass ohne Einholung einer Expertise angenommen werden darf, die Forderung des Berufungsklägers wäre - bei Nichtbestehen derjenigen der Beklagten - immer noch mindestens für Fr. 4000.-- gedeckt. Auf die Berufung ist daher einzutreten. 2. Vor Bundesgericht ist nicht mehr bestritten, dass der Beklagten gegen W. eine fällige Lohnforderung von Fr. 14'775.-- zustand. Der Berufungskläger wendet sich einzig gegen die Annahme der Vorinstanz, das angefochtene Geschäft habe in Ansehung der künftigen Unterhaltsrenten keine Gläubigerbenachteiligung bewirkt, weil nach seiner Ansicht das Vorhandensein einer solchen Benachteiligung keine Voraussetzung für die Anfechtung nach Art. 288 SchKG bildet, und verweist ausserdem auf den nach seiner Meinung hier erfüllten Tatbestand des Art. 525 Abs. 1 OR betreffend Anfechtbarkeit eines Verpfründungsvertrags. a) Der Wortlaut des Art. 288 SchKG scheint dem Berufungskläger Recht zu geben. In der Tat spricht das Gesetz nur von der verpönten Absicht des Schuldners, seine Gläubiger zu benachteiligen, und nicht von der Verwirklichung dieser Absicht. Daraus folgt jedoch nur, dass der Gläubiger zur Begründung seiner Anfechtungsklage nicht ausser dieser Absicht und ihrer Erkennbarkeit noch den Eintritt einer durch das angefochtene Geschäft tatsächlich bewirkten Gläubigerschädigung beweisen muss. Letztere wird zugunsten des Verlustscheinsgläubigers und der Konkursmasse vom Gesetze vermutet ( Art. 285 SchKG ). Anfechten können soll nur der Gläubiger, der infolge des anzufechtenden Geschäftes in der Zwangsvollstreckung schlechter weggekommen ist, als er es ohne dasselbe wäre. Es liegt daher in der Natur der Sache, dass dem Anfechtungsbeklagten gestattet sein muss, jene aus dem Verlustschein BGE 85 III 185 S. 190 folgende Vermutung zu widerlegen. DieAnfechtungsklage dient nicht der Bestrafung des Beklagten, sondern der Wiederherstellung des Zustandes, in welchem sich ohne das angefochtene Geschäft das Vermögen des Schuldners im Zeitpunkt des Konkurses oder der Pfändung befunden, und soweit es dem anfechtenden Gläubiger zu seiner Befriedigung gedient hätte. Diesem Zweck entspricht es, der Anfechtungsklage auch bei Vorhandensein der subjektiven Voraussetzungen auf Seiten des Schuldners und des Beklagten den Erfolg insoweit zu versagen, als bei richtigem Verhalten des Schuldners der Anfechtungskläger ohnehin zu Verlust gekommen wäre. Die Pauliana setzt eine Schädigung der Exekutionsrechte des Anfechtenden als Folge der angefochtenen Rechtshandlung voraus; der Anfechtungsbeklagte kann daher den Nachweis erbringen, dass diese Handlung eine solche Benachteiligung in concreto nicht zur Folge haben konnte (JAEGER Komm. Bd. II S. 358 oben, 386 oben; GAUGLER, Die paul. Anfechtung, Bd. I S. 102/3; BGE 30 II 163 E. 4, wo von drei Voraussetzungen der Deliktspauliana die Rede ist, nämlich: 1. Schädigung der Gläubiger, 2. Absicht hiezu, 3. Erkennbarkeit dieser Absicht). Im vorliegenden Falle trifft, wie die Vorinstanz überzeugend dartut, diese Grundvoraussetzung für die bei Abschluss des angefochtenen Verkaufes noch nicht fällig gewesenen Rentenforderungen der Frau T. nicht zu. Beim Verkauf seiner Liegenschaft war, wie nicht mehr bestritten, W. der Beklagten den Lohn für mehr als 8 Jahre im Totalbetrag von Fr. 14'775.-- schuldig. Mit Recht nimmt die Vorinstanz an, dass die Beklagte diesen Rückstand nicht endlos hingenommen hätte. In jenem Zeitpunkt hätte mithin die Beklagte den W. für ihre ganze, fällige Forderung von Fr. 14'775.-- betreiben können, während Frau T. dies nur für die einzige damals fällige Monatsrate von Fr. 150.-- (für März 1953) tun konnte. In den nach der Schätzung vor der Vorinstanz anzunehmenden Nettowert der Liegenschaft von Fr. 12'800.--, die gepfändet und BGE 85 III 185 S. 191 verwertet worden wäre, hätten sich somit diese beiden Forderungen teilen müssen, wären also beide nicht einmal gedeckt worden. Die Vorinstanz hat daher mit Fug angenommen, auch wenn W. seine Liegenschaft damals nicht der Beklagten zugeschoben hätte, wäre Frau T. mit ihren künftigen Monatsrenten zu Verlust gekommen. b) Einer Richtigstellung bedarf die - ad abundantiam angebrachte - Bemerkung der Vorinstanz, die Auffassung der Klägerin, dass die Aktiven des W. im März 1953 zugunsten auch der nichtverfallenen Rentenforderungen verfangen gewesen seien, liesse sich allenfalls hören, wenn W. der Konkursbetreibung unterstanden hätte, weil in diesem Falle die nach dem Scheidungsurteil unabänderliche Rente, "wenigstens nach der Auffassung des Bundesgerichts ( BGE 40 III 456 )" im Konkurse kapitalisierbar gewesen sei. Dies folgt jedoch keineswegs aus dem zit. Entscheide. Nach diesem ist eine Unterhaltsrente nicht schon dann als Konkursforderung zu behandeln, wenn sie "unabänderlich" ist, sondern nur, wenn sie gemäss Vereinbarung (oder Urteil) "von den gesetzlichen Bedingungen unabhängig" ist (S. 458), d.h. bei einer gemäss Art. 151 ZGB geschuldeten Rente nur, wenn diese auch bei Wiederverheiratung des Berechtigten weiterbezahlt werden soll (vgl. E. BRAND, Schweiz. Jur. Kartothek, Karte 1000, A II 4). Ob in casu, wo im Scheidungsurteil von 1948 ausdrücklich das Gegenteil vorgesehen ist, der Ausfall jener Resolutivbedingung im Hinblick auf das damalige Alter der Klägerin (59 Jahre) hätte angenommen werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, da die Hypothese des Konkurses ja nicht zutrifft. c) ..... d) Dagegen ergibt sich auf dem Boden der zutreffenden Betrachtung der Vorinstanz (a hievor) eine geringfügige Korrektur zugunsten des Berufungsklägers daraus, dass, wie die Vorinstanz übrigens schon selber als möglich bezeichnete, im Falle der Betreibung und Pfändung durch die Beklagte mit Rücksicht auf die 30-tägige Anschlussfrist BGE 85 III 185 S. 192 gemäss Art. 110 SchKG Frau T. den Anschluss für einen inzwischen fällig gewordenen weiteren Monatsbeitrag (April 1953) hätte nehmen können und daher für Fr. 300.-- mit der Beklagten konkurriert hätte. Um diesen Betrag ist sie somit durch das angefochtene Geschäft effektiv benachteiligt worden (wobei der wegen Nichtgenügens der Aktiven auf beiden Forderungen eintretende Ausfall unberücksichtigt bleiben kann); für ihn ist daher die Klage gutzuheissen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: In teilweiser Gutheissung der Berufung wird Abs. 1 des Dispositivs der Vorinstanz dahin abgeändert, dass die Anfechtung im Betrage von Fr. 300.-- (statt Fr. 150.--) geschützt wird. Im übrigen wird das angefochtene Urteil des Appellationsgerichts vom 10. Oktober 1958 bestätigt.
null
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1,959
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