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Urteilskopf 139 V 72 11. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Einwohnergemeinde Aristau und Mitb. gegen APK Aargauische Pensionskasse (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_500/2012 vom 28. Februar 2013
Regeste Art. 53b Abs. 2 und Art. 53d Abs. 6 Satz 1 BVG ; Art. 5 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit Art. 37 VGG ; Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung durch die Aufsichtsbehörde, Beschwerdelegitimation von Arbeitgebern und Destinatären. Die aufsichtsrechtliche Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung stellt keinen rechtsetzenden Akt dar, sondern ist als Einzelakt im Sinne einer Feststellungsverfügung zu qualifizieren (E. 2). Gegen die Genehmigung des Teilliquidationsreglements durch die Aufsichtsbehörde ist die Beschwerdelegitimation von Arbeitgebern und Destinatären (aktive und passive Versicherte) nur gegeben, soweit sie durch eine sich daraus aktuell ergebende Verpflichtung beschwert sind (was in casu nicht zutrifft; E. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 73 BGE 139 V 72 S. 73 A. Die Aargauische Pensionskasse (APK) ist eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit im Sinne von Art. 48 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG; SR 831.40) . Sie versichert im Rahmen der bundesrechtlichen Vorschriften die Mitglieder des Obergerichts, die Angestellten und Beamten des Kantons und seiner selbstständigen Anstalten sowie die Angestellten der Gemeinden, deren Lohn direkt durch den Kanton ausgerichtet wird, gegen die wirtschaftlichen Folgen von Alter, Tod und Invalidität (§ 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 des Dekrets vom 5. Dezember 2006 über die Aargauische Pensionskasse [Pensionskassendekret; SAR 163.120]). Vor dem Hintergrund einer Ausfinanzierung durch den Kanton Aargau mit Übergang zum Beitragsprimat per 1. Januar 2008 BGE 139 V 72 S. 74 verabschiedete der Vorstand der APK am 27. August 2008 das Reglement über die Durchführung einer Teilliquidation (Voraussetzungen und Verfahren bei einem Stichtag zwischen 1. Januar 2005 und 31. Dezember 2007). Am 17. Oktober 2008 genehmigte das Amt für berufliche Vorsorge und Stiftungsaufsicht des Kantons Aargau (heute: BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Aargau; nachfolgend: Aufsichtsbehörde) das Teilliquidationsreglement. B. Dagegen erhoben mehrere bis Ende Dezember 2007 angeschlossene Arbeitgeber sowie einzelne bis zu diesem Zeitpunkt aktive Versicherte und Rentner der APK Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht und beantragten, die Verfügung vom 17. Oktober 2008 sei aufzuheben. Zur Begründung brachten sie hauptsächlich vor, das Teilliquidationsreglement verstosse als Ganzes und in seinen wesentlichen Teilen gegen Bundesrecht und die Statuten der APK. Mit Entscheid vom 8. Mai 2012 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Unter anderem hatte es die Beschwerdelegitimation der Arbeitgeber verneint. C. Die am Verfahren vor Bundesverwaltungsgericht beteiligten Arbeitgeber, aktiv Versicherten und Rentner - mit vier Ausnahmen - haben Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben und beantragt, der Entscheid vom 8. Mai 2012 und die Verfügung der Aufsichtsbehörde vom 17. Oktober 2008 seien aufzuheben, und es sei die APK anzuweisen, ein neues Teilliquidationsreglement zur Genehmigung einzureichen; eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die APK schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werde. Die Aufsichtsbehörde, das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) und das Bundesverwaltungsgericht verzichten auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gemäss Art. 53b Abs. 2 BVG (SR 831.40) müssen die reglementarischen Vorschriften über die Voraussetzungen und das Verfahren der Teilliquidation von der Aufsichtsbehörde genehmigt werden. Diese hat präventiv darüber zu befinden, ob die massgebenden Bestimmungen gesetzeskonform ins Reglement transponiert worden sind. Der entsprechenden Genehmigung kommt konstitutive BGE 139 V 72 S. 75 Wirkung zu (Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [1. BVG-Revision], BBl 2000 2637 ff., 2674 Ziff. 2.7.5.3 und 2697 zu Art. 53a E-BVG). Insoweit übernimmt die Aufsichtsbehörde auch die abstrakte Normenkontrolle von öffentlich-rechtlichen Erlassen, die von den zuständigen legislativen oder exekutiven Behörden als reglementarische Vorschriften öffentlich-rechtlicher Vorsorgeeinrichtungen ergangen sind ( BGE 135 I 28 E. 3.2.1 S. 32). 2.2 Verfügungen der Aufsichtsbehörde können mit Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden ( Art. 74 Abs. 1 BVG ). Demgegenüber ist die Anfechtbarkeit von Erlassen nicht vorgesehen. Das nach Art. 37 des Bundesgesetzes vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32) massgebende Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes findet Anwendung in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind ( Art. 1 Abs. 1 VwVG [SR 172.021]). Für die Zulässigkeit der Anfechtung des Genehmigungsentscheids vom 17. Oktober 2008 ist zunächst also entscheidend, ob er als Akt der Verwaltung (Verfügung gemäss Art. 5 Abs. 1 VwVG ) oder als Akt der Rechtsetzung zu qualifizieren ist. Diese Klärung ist auch deshalb von Relevanz, weil die Legitimation zur Anfechtung einer Verfügung an das Erfordernis eines aktuellen schutzwürdigen Interesses an deren Aufhebung oder Änderung anknüpft ( Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG ; Urteil 2C_11/2012 vom 25. April 2012 E. 2.1; vgl. E. 3 hinten), während bei der Anfechtung eines Erlasses ein virtuelles Interesse genügt in dem Sinne, dass der Beschwerdeführer von der angefochtenen Regelung früher oder später einmal mit einer minimalen Wahrscheinlichkeit unmittelbar betroffen ist ( BGE 136 I 17 E. 2.1 S. 21; BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246; BGE 133 I 206 E. 2.1 S. 210). 2.2.1 Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen und zum Gegenstand haben: Begründung, Änderung oder Aufhebung von Rechten oder Pflichten (lit. a); Feststellung des Bestehens, Nichtbestehens oder Umfanges von Rechten und Pflichten (lit. b); Abweisung von Begehren auf Begründung, Änderung, Aufhebung oder Feststellung von Rechten und Pflichten oder das Nichteintreten auf ein solches Begehren (lit. c). Als Verfügungen gelten mithin autoritative, einseitige, individuell-konkrete Anordnungen BGE 139 V 72 S. 76 der Behörde, die in Anwendung von Verwaltungsrecht ergangen, auf Rechtswirkungen ausgerichtet sowie verbindlich und erzwingbar sind. Demgegenüber sind Erlasse (Rechtssätze) Anordnungen genereller und abstrakter Natur, die für eine unbestimmte Vielzahl von Menschen gelten und eine unbestimmte Vielheit von Tatbeständen regeln ohne Rücksicht auf einen bestimmten Einzelfall oder auf eine einzelne Person, d.h. die letztlich Allgemeinverbindlichkeit beanspruchen ( BGE 135 II 38 E. 4.3 S. 44 f. mit Hinweisen auf die Lehre). 2.2.2 Das BSV ist im Rahmen seiner aufsichtsrechtlichen Befugnisse (vgl. Art. 3 f. der Verordnung vom 29. Juni 1983 über die Beaufsichtigung und Registrierung der Vorsorgeeinrichtungen [BVV 1; SR 831.435.1], in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2011) davon ausgegangen, dass die Genehmigung oder Nichtgenehmigung des Teilliquidationsreglements in Form einer verwaltungsrechtlichen Verfügung zu erfolgen hat (Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 100 vom 19. Juli 2007 Rz. 589). Die gegenteilige Auffassung, dass die Genehmigung Teil des Erlasses der (generell-abstrakten) Regelung von Teilliquidationen ist ( Art. 53b Abs. 1 BVG ), bedeutete, dass der Aufsichtsbehörde diesbezüglich rechtsetzende Befugnisse zukommen würden. Solche sind hier nicht gewollt. In der Botschaft zur 1. BVG-Revision ist klar von einer präventiven Prüfung die Rede (vorne E. 2.1). Mit anderen Worten dient die Genehmigung der Vorbeugung offensichtlicher Verstösse; ihre Funktion besteht allein in der Kontrolle der Übereinstimmung des zu prüfenden Erlasses u.a. mit dem Recht der beruflichen Vorsorge und auch mit höherem Recht (vgl. CHRISTINA RUGGLI, in: Handkommentar zum BVG und FZG, Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], 2010, N. 5 zu Art. 62 BVG ). Die Ermächtigung, im Rahmen des Genehmigungsverfahrens das vorgelegte Teilliquidationsreglement selber abzuändern und sich damit gleichsam an der Inhaltsgebung zu beteiligen, stellt demgegenüber eine repressive Aufsichtstätigkeit dar. Weder aus den Protokollen der parlamentarischen Kommissionssitzungen noch aus denjenigen zur Debatte in den beiden Räten ergibt sich, dass der Aufsichtsbehörde im Rahmen von bzw. gestützt auf Art. 53b Abs. 2 BVG eine derartige legislative Befugnis zukommen sollte. Die Genehmigung ist kein Schritt der Mitwirkung beim Erlass des Teilliquidationsreglements, sondern das Produkt desselben. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass es sich bei der aufsichtsrechtlichen Genehmigung vom 17. Oktober 2008 nicht um einen Akt handelt, der Recht setzt. Vielmehr ist die Genehmigung als Einzelakt im Sinne BGE 139 V 72 S. 77 einer Feststellungsverfügung zu qualifizieren. Die konstitutive Wirkung bleibt dabei bedeutungslos (ATTILIO R. GADOLA, Der Genehmigungsentscheid als Anfechtungsobjekt in der Staats- und Verwaltungsrechtspflege, AJP 1993 S. 293 und 295). 3. Zur Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ist berechtigt, wer (kumulativ) vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 48 Abs. 1 lit. a-c VwVG in Verbindung mit Art. 37 VGG ). 3.1 3.1.1 Das Teilliquidationsreglement vom 27. August 2008 war vom Vorstand der APK erlassen worden, wozu er befugt war (§ 16 Abs. 4 lit. b Pensionskassendekret und § 40 der vom Grossen Rat des Kantons Aargau genehmigten Statuten und Versicherungsbedingungen [übergeordnete Führung] in Verbindung mit Art. 51a Abs. 2 lit. c und Art. 53b Abs. 1 erster Satz BVG). Er war somit in erster Linie Adressat der aufsichtsbehördlichen Genehmigung vom 17. Oktober 2008, die denn auch ausschliesslich ihm zugestellt wurde. Die Verpflichtung, das Reglement sowie die Genehmigung sämtlichen Destinatären (aktive Versicherte und Rentner) schriftlich zu eröffnen, ist vor dem Hintergrund der Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtungen zu sehen (vgl. Art. 86b Abs. 1 BVG und BGE 136 V 331 E. 4.2.3.1 S. 336). Die Genehmigung des Teilliquidationsreglements vom 17. Oktober 2008 wurde auch im Amtsblatt des Kantons Aargau vom 19. Januar 2009 publiziert, wobei auf die Möglichkeit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht nach Art. 74 Abs. 1 BVG hingewiesen wurde. Dadurch mutierte dieser Entscheid jedoch nicht zu einer Allgemeinverfügung, wie die Aufsichtsbehörde darin anzunehmen schien. Eine Allgemeinverfügung zeichnet sich dadurch aus, dass sie sich einerseits an einen (relativ) unbestimmten Personenkreis richtet, also genereller Natur ist, anderseits einen konkreten Tatbestand regelt (statt vieler BGE 134 II 272 E. 3.2 S. 280). Abgesehen davon, dass die Genehmigung des Teilliquidationsreglements hinsichtlich einer namentlich bezeichneten Vorsorgeeinrichtung erging und die Destinatäre diesbezüglich nicht primäre Verfügungsadressaten waren, mangelte es vor allem an der Erfüllung der zweiten Voraussetzung. Die Genehmigung liess sich ihnen gegenüber nicht ohne konkretisierende Anordnung unmittelbar anwenden und vollziehen (vgl. E. 3.1.2 nachfolgend). BGE 139 V 72 S. 78 3.1.2 Die in Art. 53b Abs. 2 BVG statuierte Vorgehensweise (vgl. E. 2.1) ist von der Konstellation zu unterscheiden, dass die Aufsichtsbehörde auf Beschwerde eines Destinatärs hin die (allgemeinen) reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften des privaten und öffentlichen Rechts prüft und einen entsprechenden Entscheid erlässt (vgl. BGE 112 Ia 180 E. 3e S. 191). Das Gesetz sieht für die Destinatäre bei der Erstellung und rechtsbegründenden Genehmigung des Teilliquidationsreglements, welches Verfahren zwingend und in sich abgeschlossen ist, keine Rolle vor. Erst im Rahmen der Durchführung einer konkreten Teilliquidation wird ihnen Parteistellung zuerkannt, indem sie das Recht haben, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen und entscheiden zu lassen ( Art. 53d Abs. 6 Satz 1 BVG ). Diese zweistufige Regelung ist im Rahmen der 1. BVG-Revision gemäss Bundesgesetz vom 3. Oktober 2003 (AS 2004 1677 ff.) eingeführt worden. Davor waren die Vorschriften über die Teil- (wie auch Gesamt-)Liquidation in Art. 23 FZG (SR 831.42) integriert. Seine Formulierung wurde im neuen Art. 53b Abs. 1 Satz 2 BVG übernommen. Der Botschaft lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Teilliquidation materiell neu zu regeln. Ziel der Revision war in erster Linie die Änderung des Verfahrens. Die Aufsichtsbehörden sollten von der Prüfung der Voraussetzungen einer Teilliquidation im konkreten Einzelfall entlastet werden. So beschliesst und vollzieht die Vorsorgeeinrichtung die Teilliquidation neu autonom, ohne deren Mitwirkung. Die Aufsichtsbehörde wird nur dann eingeschaltet, wenn die Destinatäre an sie gelangen und eine Überprüfung der Voraussetzungen, des Verfahrens oder des Verteilungsplans verlangen ( BGE 138 V 346 E. 6.3.3 S. 363). Die Botschaft äussert sich dazu unmissverständlich: "Erst in diesem Fall setzt sich die Aufsichtsbehörde mit dem konkreten Einzelfall auseinander und erlässt eine Verfügung" (BBl 2000 2674 Ziff. 2.7.5.3). Die Eidgenössischen Räte sind nicht darüber hinausgegangen. Es finden sich in den Materialien keine Anhaltspunkte dafür, dass die Destinatäre bereits in der ersten Phase der abstrakten Normenkontrolle (vgl. E. 2.1) miteinzubeziehen sind. 3.1.3 Das Bundesverwaltungsgericht verweist bei der Begründung, weshalb die aktiv Versicherten und Rentner ein schutzwürdiges Interesse an der Anfechtung der aufsichtsrechtlichen Genehmigung BGE 139 V 72 S. 79 haben (können), auf UELI KIESER (in: Handkommentar zum BVG und FZG, Schneider/Geiser/Gächter [Hrsg.], 2010, N. 36 zu Art. 53b BVG ). An besagter Stelle hält dieser Autor - ohne sich weiter mit Adressat und Charakter der Genehmigung auseinanderzusetzen - fest, dass den Destinatären prinzipiell eine Rechtsmittelbefugnis gegen die Genehmigungsverfügung zustehe. Dabei zitiert er ISABELLE VETTER-SCHREIBER (Schweizer Personalvorsorge [SPV] 7/2007 S. 77), deren Überlegungen sich wiederum entnehmen lässt, dass die eingeräumte Rechtsmittelbefugnis auf die "Richtlinie Genehmigung Teilliquidationsreglement" der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich vom Juli 2007/Juni 2010 ( www.bvs.zh.ch unter: Berufliche Vorsorge/Formulare und Merkblätter) zurückzuführen ist. Darin findet sich folgender Passus (Rz. 24): "Mit der Genehmigungsverfügung wird die Vorsorgeeinrichtung angewiesen, den Destinatären das Teilliquidationsreglement und den Inhalt der Genehmigungsverfügung (insbesondere Rechtsmittelbelehrung) zur Kenntnis zu bringen. Die Genehmigungsverfügung gilt dann als eröffnet. Nach Ablauf der Rechtsmittelfrist bestätigt die Vorsorgeeinrichtung, dass die Destinatäre informiert wurden, so dass anschliessend die Rechtskraft der Genehmigungsverfügung bescheinigt werden kann." Eine Begründung, weshalb den Destinatären bereits im Zeitpunkt der Genehmigung die Möglichkeit zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen das Teilliquidationsreglement zu geben ist - was im Übrigen auch für die betreffende Autorin nicht nachvollziehbar ist -, fehlt. So oder anders ist die Richtlinie, die einer Verwaltungsweisung gleichkommt, für das Bundesgericht nicht verbindlich (vgl. BGE 133 V 450 E. 2.2.4 S. 455). Anzufügen bleibt, dass auch das BSV in seinem Schreiben "Anpassung der Teilliquidationsreglemente - Revision der BVV 2" vom 20. Juli 2009 an die seiner Aufsicht unterstellten Vorsorgeeinrichtungen (vgl. Art. 3 BVV 1 , in Kraft gestanden bis 31. Dezember 2011; vorne E. 2.2.2) davon ausging, "dass die Versicherten und Rentenbeziehenden nicht bereits bei der Genehmigung des Teilliquidationsreglements eine Frist zur Einsprache erhalten müssen, da sie im konkreten Teilliquidationsfall das Reglement überprüfen lassen können". 3.1.4 Aus dem Gesagten ergibt sich, dass die Destinatäre durch die Genehmigung des Teilliquidationsreglements vom 27. August 2008 nicht formell beschwert sind. Weder haben sie am abstrakten Prüfungsverfahren vor der Aufsichtsbehörde teilgenommen noch sind sie befugt, sich diesbezüglich als Partei zu konstituieren. Gemäss der BGE 139 V 72 S. 80 klaren gesetzlichen Konzeption können sie erst im Rahmen des konkreten Teilliquidationsfalls formell beschwert ( BGE 121 II 359 E. 1b/aa S. 362) sein. Ebenso wenig besteht eine hinreichende materielle Beschwer, die Raum für eine sogenannte Drittbeschwerde "contra Adressat" (vgl. dazu BGE 134 V 153 E. 5.1 S. 156) liesse: Die Vorsorgenehmer (aktive Versicherte und Rentner) verfügen über kein aktuelles Rechtsschutzinteresse. Daran ändert die rückwirkende Geltung des Teilliquidationsreglements (mögliche Stichtage für die Vornahme einer Teilliquidation sind der 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2007; BGE 131 II 533 E. 6.2 S. 539) nichts. Wohl ist unbestritten, dass infolge der grundlegenden Neuordnung der APK per 1. Januar 2008 eine grössere Anzahl Arbeitgeber ihre Anschlussvereinbarungen auf Ende Dezember 2007 kündigten. Nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz war zum Zeitpunkt der aufsichtsrechtlichen Genehmigung des Teilliquidationsreglements jedoch noch keine Teilliquidation durchgeführt worden. Soweit dem Urteil 9C_434/2009 vom 6. Oktober 2010 E. 5 (nicht publ. in: BGE 136 V 322 , aber in: SVR 2012 BVG Nr. 43 S. 153) dem Vorstehenden Widersprechendes entnommen werden kann, ist daran nicht festzuhalten. Zu keinem anderen Ergebnis vermag auch das in BGE 110 II 436 E. 2 S. 440 Gesagte zu führen. Darin umschrieb das Bundesgericht in einem Fall, in dem die Aufsichtsbehörde von Amtes wegen gestützt auf Art. 84 ff. ZGB eine Verfügung erlassen hatte, die Legitimation zur Beschwerdeführung an die nächsthöhere Instanz ebenso weit wie bei der Aufsichtsbeschwerde (vgl. Urteil 9C_823/2011 vom 23. März 2012 E. 2.1). Indes betraf das besagte Urteil, das lange vor Inkrafttreten der 1. BVG-Revision am 1. Januar 2005 erging, eine konkrete Teilliquidation. Im Rahmen einer solchen bleibt die inzidente oder akzessorische Normenkontrolle möglich (vgl. dazu AEMISEGGER/SCHERRER REBER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 25 zu Art. 82 BGG ). 3.2 Mit Bezug auf die Beschwerdelegitimation der angeschlossenen Arbeitgeber steht nach verbindlicher Feststellung der Vorinstanz ( Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG ) deren Nachschusspflicht im Vordergrund. Eine solche Pflicht lässt sich nicht aus dem Teilliquidationsreglement ableiten. Diesbezügliche Grundlage bildet das vom Vorstand der APK gestützt auf § 3 Abs. 5 Statuten und Versicherungsbedingungen erlassene "Reglement über den Anschluss und Austritt von Arbeitgebenden" vom 24. April 2002. Darin werden auch die Folgen der Auflösung der Anschlussvereinbarung geregelt (§§ 9-14), BGE 139 V 72 S. 81 u.a. die freien Mittel (§ 10), den von den Arbeitgebenden zu ersetzenden versicherungstechnischen Fehlbetrag und dessen Berechnung (§§ 11, 12 und 14) sowie die Teilliquidationsbilanz (§ 13). Unter diesen Umständen ist keine besondere Beziehungsnähe zum Streitgegenstand oder sogar eine direkte Beeinträchtigung auszumachen. Selbst wenn sich für die Arbeitgeber "Folgen" aus dem Teilliquidationsreglement ergeben sollten, wie in der Beschwerde geltend gemacht wird, so manifestieren sich diese frühestens im Falle einer konkreten Teilliquidation. Es fehlt somit (auch) den am Recht stehenden Arbeitgebern an einem aktuellen Rechtsschutzinteresse. Daran vermag die rückwirkende Geltung des (genehmigten) Teilliquidationsreglements vom 27. August 2008 nichts zu ändern (vorne E. 3.1.4). Im Übrigen können die Arbeitgeber unabhängig von der Frage, ob und inwieweit sie gesetzlich verpflichtet sind, die vorsorgerechtlichen Interessen ihrer Arbeitnehmer zu wahren (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts C-5329/2010 vom 14. März 2012 E. 2.2), über keine weiter gehende Beschwerdebefugnis verfügen, als sie jedem einzelnen Destinatär zukommt. 4. Zusammenfassend ist festzuhalten: Gegen die Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung durch die Aufsichtsbehörde als Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG ist die Beschwerdelegitimation von Arbeitgebern und Destinatären (aktive und passive Versicherte) nur gegeben, soweit sie durch eine sich daraus aktuell ergebende Verpflichtung beschwert sind, was in casu nicht zutrifft. Es gibt hinsichtlich des Teilliquidationsreglements und im Zuge seiner bzw. im Anschluss an seine Genehmigung kein abstraktes Normenkontrollverfahren. Die Überprüfung des Teilliquidationsreglements vorfrageweise im Rahmen des konkreten Anwendungsfalles (Inzidenzkontrolle) auf seine Übereinstimmung mit höherrangigem Recht ist und bleibt in jedem Fall zulässig. Der Ausschluss der abstrakten Normenkontrolle hinsichtlich des Teilliquidationsreglements berührt die im Aufsichtsrechtsverfahren nach Art. 74 BVG zulässige abstrakte Normenkontrolle der Regelungen des Vorsorgeverhältnisses gemäss bestehender und zu bestätigender Rechtsprechung nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hätte somit vollumfänglich nicht auf die Beschwerde gegen die Genehmigung des Teilliquidationsreglements der APK vom 27. August 2008 durch die Beschwerdegegnerin (Verfügung vom 17. Oktober 2008) eintreten dürfen. Von einer förmlichen Aufhebung des angefochtenen Entscheides wird indessen abgesehen, auch aus prozessualen Gründen (vgl. Urteil 9C_194/2009 BGE 139 V 72 S. 82 vom 15. Dezember 2009 E. 2.5 in fine, nicht publ. in: BGE 136 V 7 , aber in: SVR 2010 IV Nr. 34 S. 107). Bei diesem Ergebnis braucht nicht auf die materiellen Vorbringen und die in diesem Zusammenhang erhobenen Rügen eingegangen zu werden.
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
84b9fa0b-6ea9-4bf7-b420-c3f15aaae02a
Urteilskopf 109 III 1 1. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 28. März 1983 i.S. X. (Rekurs)
Regeste Zustellung eines Zahlungsbefehls ( Art. 64 Abs. 1 SchKG ). Ein Zahlungsbefehl gilt grundsätzlich auch dann als zugestellt, wenn der Hausgenosse des Schuldners, dem der Betreibungsbeamte die Urkunde übergeben will, die Annahme verweigert. (Frage offen gelassen, ob ein Hausgenosse oder Angestellter des Schuldners unter gewissen Umständen befugt sei, die Annahme einer Betreibungsurkunde zu verweigern und damit eine rechtsgültige Zustellung zu verhindern.)
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 109 III 1 S. 1 Nachdem verschiedene Gläubiger gegen X. Betreibungen eingeleitet hatten, begab sich der Betreibungsbeamte von Z. am 8. Oktober 1982 zur Wohnung des Betreibungsschuldners, um die Zahlungsbefehle zuzustellen. Er traf hier einzig die Ehefrau des Schuldners, die sich weigerte, die Zahlungsbefehle entgegenzunehmen. In der Folge sandte das Betreibungsamt die Zahlungsbefehle per Post an die gleiche Adresse sowie an eine weitere Adresse, die ihm von X. mitgeteilt worden war. Mit der Post am 1. November 1982 übergebener Eingabe vom gleichen Datum liess X. Recht vorschlagen. BGE 109 III 1 S. 2 Durch Verfügung vom 2. November 1982 wies das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag als verspätet zurück. Beide kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen bestätigten die betreibungsamtliche Verfügung. Gegen den Entscheid der oberen kantonalen Aufsichtsbehörde hat X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts rekurriert mit dem Rechtsbegehren, der angefochtene Entscheid und die Verfügung des Betreibungsamtes Z. vom 2. November 1982 seien aufzuheben und das Betreibungsamt sei anzuweisen, den von ihm am 1. November 1982 erklärten Rechtsvorschlag als rechtzeitig erfolgt zuzulassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Betreibungsurkunden werden dem Schuldner in seiner Wohnung zugestellt; wird er daselbst nicht angetroffen, so kann die Zustellung an eine zu seiner Haushaltung gehörende erwachsene Person oder an einen Angestellten geschehen ( Art. 64 Abs. 1 SchKG ). Dass sich sein Wohnsitz in Z. befindet und dass er am 8. Oktober 1982, als ihm der Betreibungsbeamte die Zahlungsbefehle übergeben wollte, nicht in seiner Wohnung in Z. war, bestreitet der Rekurrent nicht. Er ist jedoch der Ansicht, die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung im Sinne einer Übergabe der Zahlungsbefehle an seine Ehefrau seien nicht erfüllt gewesen. a) Der Rekurrent weist darauf hin, dass gemäss Art. 64 Abs. 1 SchKG das Betreibungsamt zwar die Möglichkeit habe, eine Betreibungsurkunde durch Übergabe beispielsweise an die Ehefrau des Schuldners zuzustellen, dass es hierzu jedoch keineswegs verpflichtet sei. Es trifft zu, dass der Betreibungsbeamte ... die Zahlungsbefehle am 8. Oktober 1982 ohne vorgängigen Versuch, sie der Ehefrau des Rekurrenten zu übergeben, wieder hätte mitnehmen können und dass er alsdann hätte versuchen können, den Rekurrenten zu einem späteren Zeitpunkt persönlich zu erreichen. Wenn er es vorzog, die Zahlungsbefehle der Ehefrau auszuhändigen (welche die Annahme allerdings verweigerte) und so von einer im Gesetz ausdrücklich vorgesehenen Zustellungsmöglichkeit Gebrauch zu machen, hat er indessen in keiner Weise Bundesrecht verletzt. b) Sodann macht der Rekurrent geltend, dass seine Ehefrau nicht gehalten gewesen sei, die für ihn bestimmten Zahlungsbefehle entgegenzunehmen; eine derartige Pflicht sehe das Gesetz nicht BGE 109 III 1 S. 3 vor; es dürfe zudem nicht in jedem Fall vermutet werden, dass die in Art. 64 Abs. 1 SchKG genannten Personen zur Entgegennahme von Betreibungsurkunden zu Handen des Schuldners ermächtigt seien. Auch diese Vorbringen sind unbehelflich. Dass der Schuldner eine ihm persönlich übergebene Betreibungsurkunde anzunehmen habe, ergibt sich auch nicht ausdrücklich aus dem Gesetz. Dennoch ist davon auszugehen, dass eine solche Pflicht besteht, gilt doch eine Betreibungsurkunde, deren Annahme der Schuldner verweigert, nach der Rechtsprechung grundsätzlich als zugestellt (vgl. BGE 91 III 44 E. 2 am Ende; BGE 90 III 10 oben, je mit Hinweisen). Das gleiche trifft auch bezüglich der in Art. 64 Abs. 1 SchKG genannten Hausgenossen und Angestellten des Schuldners zu (vgl. BGE 96 III 6 E. 1; BGE 91 III 44 E. 2). Erlangt der Schuldner im Falle der Übergabe an einen Hausgenossen oder an einen Angestellten erst nach Ablauf der zehntägigen Frist des Art. 74 SchKG von einem Zahlungsbefehl Kenntnis, steht ihm allenfalls der Weg des nachträglichen Rechtsvorschlages im Sinne von Art. 77 SchKG offen. Ob eine der im Gesetz erwähnten Drittpersonen unter gewissen Umständen befugt sei, die Annahme einer Betreibungsurkunde zu verweigern und damit eine rechtsgültige Zustellung zu verhindern, braucht hier nicht erörtert zu werden. Sollte der Rekurrent nämlich geltend machen wollen, seine Ehefrau habe die Entgegennahme der Zahlungsbefehle deshalb verweigert, weil sie ihn davon nicht rechtzeitig hätte in Kenntnis setzen können, fänden seine Vorbringen in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz keine Stütze. Der Rekurrent führt in diesem Zusammenhang sodann aus, die Vorinstanz habe ihm in willkürlicher Weise unterstellt, dass er zwecks Zustellungsvereitelung seine Ehefrau angewiesen habe, keine Betreibungsurkunden entgegenzunehmen. Dass er im kantonalen Verfahren Gründe für die Annahmeverweigerung durch seine Ehefrau genannt und entsprechende Beweise anerboten habe, bringt er indessen nicht vor. Eine Verletzung von Bundesrecht (insbesondere von Art. 8 ZGB ) ist unter diesen Umständen nicht dargetan. c) Mit Recht hat die Vorinstanz festgehalten, die schriftliche Mitteilung des Rekurrenten an das Betreibungsamt vom 2. September 1982, Gerichtsurkunden könnten ihm an eine bestimmte Adresse ... zugestellt werden, sei nicht geeignet gewesen, die gesetzlichen Zustellungsvorschriften ausser Kraft zu setzen. Ein Betreibungsschuldner kann nicht nach seinem Belieben verlangen, BGE 109 III 1 S. 4 dass Zustellungen an einem andern Ort vollzogen werden als am Wohnsitz. Eine Abweichung von diesem Grundsatz sieht zwar Art. 66 SchKG vor, jedoch nur für den Fall, dass der Schuldner nicht am Orte der Betreibung wohnt. Dies trifft nach den für die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz hier nicht zu.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
84bacb86-7802-4808-8463-03f7a16e23c0
Urteilskopf 118 II 365 72. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Juli 1992 i.S. D. AG gegen L. und Z. (Berufung)
Regeste Überprüfung der subjektiven Vertragsauslegung im Berufungsverfahren. Auch wenn der kantonale Richter den tatsächlichen Parteiwillen aufgrund von Indizien festgestellt hat, ist im Berufungsverfahren eine Überprüfung dieser Feststellung unter Vorbehalt der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG ausgeschlossen (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 365 BGE 118 II 365 S. 365 Aufgrund eines "Software-Lizenzvertrags" erhoben die beiden EDV-Fachleute L. und Z. gegen ihre Vertragspartnerin, die D. AG, beim Zürcher Handelsgericht u.a. Klage auf Zahlung von Lizenzgebühren, die das Handelsgericht mit Urteil vom 25. Oktober 1991 guthiess. Die Beklagte ficht dieses Urteil erfolglos mit eidgenössischer Berufung an. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Inhalt eines Vertrags bestimmt sich in erster Linie durch subjektive Auslegung, d.h. nach dem übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen ( Art. 18 Abs. 1 OR ). Nur wenn eine tatsächliche BGE 118 II 365 S. 366 Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten ( BGE 117 II 278 E. 5a). Während das Bundesgericht die objektivierte Vertragsauslegung nach dem Vertrauensprinzip als Rechtsfrage im Berufungsverfahren frei prüft ( BGE 117 II 278 f. E. 5a), beruht die subjektive Vertragsauslegung auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und Art. 64 OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im Berufungsverfahren auch dann entzogen ist, wenn der kantonale Richter den tatsächlichen Parteiwillen aufgrund von Indizien wie dem nachträglichen Parteiverfahren festgestellt hat ( BGE 107 II 418 E. 6). Trotz der in einem Teil der Literatur geäusserten Kritik ist an dieser Beschränkung festzuhalten (KRAMER, N. 74 ff. zu Art. 18 OR mit weiteren Hinweisen; vgl. auch POUDRET, COJ N. 4.4.4 zu Art. 63 OG ). Sie ergibt sich schon aus der verfassungsmässigen Ordnung, nach der die Berufung allein die Sicherstellung der einheitlichen Anwendung des formellen und materiellen Bundesprivatrechts bezwecken kann ( Art. 114 BV ) und nicht in die kantonale Prozesshoheit ( Art. 64 Abs. 3 BV ) eingreifen darf. Für erhebliche Tatsachenbehauptungen gibt das Bundesrecht zwar einen Anspruch auf Zulassung zum Beweis ( BGE 114 II 290 f. E. 2a), im übrigen sind jedoch sowohl die Abnahme wie die Würdigung von Beweisen (KUMMER, N. 10 und N. 111 zu Art. 8 ZGB ) ausschliesslich vom kantonalen Prozessrecht beherrscht, das nicht Gegenstand der Berufung sein kann (Art. 55 Abs. 1 lit. c a. E. OG). Dass der Richter beim Indizienbeweis aufgrund von Erfahrungssätzen aus dem Indiz auf die rechtlich zu beurteilende Tatsache schliesst (KUMMER, N. 93 zu Art. 8 ZGB ), kann zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn hätte bereits das Abstellen auf Erfahrungssätze zur Folge, dass die Beweiswürdigung auf Berufung hin zu überprüfen wäre, könnte jede Beweiswürdigung mit diesem Rechtsmittel angefochten werden, beruht doch Beweiswürdigung stets auch auf richterlicher Lebenserfahrung. Entsprechend der verfassungsmässigen Ordnung hat die Überprüfung von Erfahrungssätzen im Berufungsverfahren daher auf Sätze der allgemeinen Lebenserfahrung beschränkt zu bleiben, die sich generell abstrakten Rechtsnormen nähern, weil sie dem Richter über den konkreten Einzelfall hinaus als allgemeingültiger Massstab für die Beurteilung von Tatsachen dienen ( BGE 69 II 204 ff. E. 5; POUDRET, COJ N. 4.2.4 BGE 118 II 365 S. 367 zu Art. 63 OG mit weiteren Hinweisen). Dazu gehören die Erfahrungssätze, die der Richter bei der Ermittlung des tatsächlichen Parteiwillens im Rahmen der subjektiven Vertragsauslegung heranzieht, indessen nicht (POUDRET, COJ N. 4.4.4 zu Art. 63 OG ).
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84c02138-ec58-4029-a4e1-f9d88d602e4f
Urteilskopf 93 I 656 83. Urteil vom 19. Dezember 1967 i.S. X. gegen Schweizerische Eidgenossenschaft.
Regeste Klage auf Leistungen der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung. 1. Die Klage beim Bundesgericht richtet sich gegen die Eidgenossenschaft (Erw. 1). 2. Berechnung der Klagefrist, wenn die Verwaltung den Anspruch des Versicherten zunächst nicht bestritten hat (Erw. 2). 3. Wird der Versicherte wegen Verfehlungen, die er im Amte begangen hat, in eine Stellung mit niedrigerer Besoldung versetzt, so kann der bisherige versicherte Verdienst mit Zustimmung der Wahlbehördebeibehalten werden. Die Zustimmung kann auch durch konkludentes Verhalten bekundet werden. Wenn sie einmal erteilt worden ist, dürfen der versicherte Verdienst und die Rente nicht mehr herabgesetzt werden (Erw. 3-5). 4. Verzinsung der rückständigen Rentenbeträge (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 657 BGE 93 I 656 S. 657 A.- Der Kläger X., geb. 1902, war seit 1933 Posthalter in einem Dorfe. In einer im Herbst 1963 durchgeführten administrativen Untersuchung wurde festgestellt, dass er im Amte strafbare Handlungen begangen hatte. Er wurde im November 1963 provisorisch nach Basel versetzt und dort als uniformierter Beamter beschäftigt, wofür ihm weiterhin die Posthalterbesoldung - gekürzt nach Massgabe der nun für ihn geltenden Arbeitszeit - ausgerichtet wurde. Am 10. Februar 1964 verfügte die Generaldirektion der PTT gestützt auf Art. 52 des Beamtengesetzes die sofortige vorläufige Enthebung des BGE 93 I 656 S. 658 Klägers vom Amte eines Posthalters; zugleich ordnete sie an, dass er provisorisch in Basel als uniformierter Gehilfe weiterzuverwenden und sein Gehalt vom 16. Februar 1964 an auf den Höchstbetrag der 22. Besoldungsklasse herabzusetzen sei. Am 21. Dezember 1964 eröffnete die Kreispostdirektion Basel dem Kläger, dass er gemäss Verfügung der Generaldirektion als Posthalter für die am 1. April 1965 beginnende neue Amtsdauer nicht wiedergewählt werde. Am 12. Oktober 1965 wurde der Kläger wegen Betruges und Urkundenfälschung zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe verurteilt. Bis dahin war das gegen ihn eingeleitete Disziplinarverfahren ausgesetzt worden. Am 11. November 1965 teilte ihm die Kreispostdirektion Basel mit, die Generaldirektion verzichte auf ein "weiteres Vorgehen disziplinarischer Art", weil sich die Abberufung vom Amte eines Posthalters für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe. Auf den 1. Januar 1966 wurde der Kläger aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand versetzt. Am 14. Januar 1966 gab ihm die Verwaltung der Eidg. Versicherungskasse den Bescheid, er habe Anspruch auf eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.--, was der vom Kläger als Posthalter bezogenen Besoldung entspricht. Am 29. April 1966 schrieb die Kreispostdirektion Basel dem Kläger, mit der Rückversetzung im Amte sollte auch der versicherte Verdienst herabgesetzt werden. Zwar könne nach Art. 14 Abs. 4 der Statuten der Versicherungskasse bei Herabsetzung der Besoldung wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung der bisherige versicherte Verdienst mit Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten werden. Dies sei jedoch "sowohl nach konstanter Praxis der Bundeszentralverwaltung als auch gestützt auf Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" nur dann möglich, wenn kein Selbstverschulden des Versicherten vorliege. Da diese Voraussetzung hier nicht erfüllt sei, werde der versicherte Verdienst nach Weisung der Generaldirektion rückwirkend auf den 1. März 1964 von Fr. 13'170.-- auf Fr. 9'328.-- herabgesetzt. Dementsprechend wurde die Rente gekürzt. Am 13. Mai 1966 übermittelte die Kassenverwaltung dem Kläger die neue Berechnung. Die Beiträge, die er für den wegfallenden Verdienstteil bezahlt hatte, wurden ihm gemäss Art. 17 der Kassenstatuten zurückerstattet. In einem Schreiben vom 13. Mai 1966 an die Kreispostdirektion BGE 93 I 656 S. 659 Basel erhob der Kläger Einsprache gegen die Kürzung des versicherten Verdienstes und der Rente. Die Generaldirektion antwortete, sie habe dieser Eingabe nicht "den Charakter einer begründeten Einsprache" beigelegt; eine Einsprache wäre unmittelbar beim Eidg. Finanz- und Zolldepartment anzubringen. Am 26. April 1967 unterbreitete der Kläger dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement das Begehren, die Rente sei in der ursprünglich festgesetzten Höhe auszurichten. Das Departement lehnte das Begehren am 6. Juli 1967 ab. B.- Am 12. Juli 1967 hat X. beim Bundesgericht Klage gegen die Eidg. Versicherungskasse eingereicht, mit dem Antrag, es sei ihm "eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- als Posthalter auszurichten und, soweit gekürzt, mit Verzugszins nachzuzahlen". Er macht geltend, nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten habe die Wahlbehörde darüber zu entscheiden, ob im Falle der Herabsetzung der Besoldung wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung der bisherige versicherte Verdienst beizubehalten oder zu kürzen sei. Hier habe die Wahlbehörde - die Generaldirektion der PTT - seinerzeit verfügt, dass der versicherte Verdienst auf der bisherigen Höhe zu belassen sei. Tatsächlich seien die Versicherungsbeiträge bis zuletzt für diesen Verdienst bezahlt worden, und auf der gleichen Grundlage sei zunächst auch die Rente berechnet worden. Die Verwaltung sei nicht berechtigt gewesen, hinterher den versicherten Verdienst herabzusetzen; ihr Vorgehen verstosse gegen Treu und Glauben. C.- Die Schweizerische Eidgenossenschaft beantragt die Abweisung der Klage. Sie führt aus, auf den 1. April 1965 seien die Versetzung des Klägers im Dienst und die damit verbundene Herabsetzung des Gehalts endgültig geworden, so dass sich "ex lege" auch der versicherte Verdienst entsprechend verringert habe. Wohl seien die weiteren Versicherungsbeiträge und dann zunächst auch die Rente nach dem früheren versicherten Verdienst bemessen worden, doch beruhe dies auf einem Irrtum. Offenbar hätten die mit der Auszahlung des Gehalts beauftragten Stellen der Kreispostdirektion Basel übersehen, dass am 1. April 1965 die Herabsetzung der Besoldung definitiv geworden war, und daher sei diese Tatsache auch der Versicherungskasse nicht gemeldet worden. Es treffe nicht zu, dass die Wahlbehörde die Beibehaltung BGE 93 I 656 S. 660 des früheren versicherten Verdienstes bewilligt habe. Der Kläger habe ein dahingehendes Gesuch nicht gestellt. Einem solchen Gesuch hätte nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten auch nicht entsprochen werden können, weil der Kläger nicht wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen der im Dienste verübten strafbaren Handlungen zurückversetzt worden sei. Nach Art. 7 Abs. 1 der Statuten habe die unrichtige Festsetzung der Kassenleistung berichtigt werden müssen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 60 Abs. 1 BtG und Art. 110 Abs. 1 lit. a OG urteilt das Bundesgericht als einzige Instanz über streitige vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund aus dem Dienstverhältnis, inbegriffen Ansprüche auf Leistungen einer Versicherungskasse des Bundes. In Übereinstimmung damit bestimmt Art. 11 Abs. 1 der Statuten der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung, dass vermögensrechtliche Ansprüche gegen die Kasse im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess vor dem Bundesgericht nach Art. 110 ff. OG geltend zu machen sind. Um einen solchen Anspruch handelt es sich hier. Als Beklagte wird in der Klageschrift vom 12. Juli 1967 die Kasse bezeichnet. Diese ist indessen ein unselbständiger Zweig der allgemeinen Bundesverwaltung; sie besitzt nicht eine eigene juristische Persönlichkeit und kann - im Unterschied zu den SBB - nicht selbständig Prozess führen ( BGE 66 I 304 ; vgl. zur Stellung der SBB BGE 91 I 228 ). Die vorliegende Klage ist daher als gegen die Eidgenossenschaft gerichtet zu betrachten. 2. Nach Art. 11 Abs. 1, Satz 2 der Kassenstatuten muss die Klage innert einem Jahr seit Entstehen des Anspruchs eingereicht werden, ansonst das Klagerecht verwirkt ist. Da jedoch die Klage erst erhoben werden kann, nachdem die zuständige Verwaltungsinstanz - das Eidg. Finanz- und Zolldepartement - zum Anspruch Stellung genommen hat (Art. 73 BO I), ruht die Klagefrist während der Zeit von der Einreichung bis zur Erledigung des Begehrens um Stellungnahme dieser Instanz (Art. 11 Abs. 1, Satz 3 der Kassenstatuten). Der hier eingeklagte Anspruch ist - wenn überhaupt - beim Dienstaustritt des Klägers, also am 1. Januar 1966 entstanden. BGE 93 I 656 S. 661 Indessen war dieser Anspruch damals und bis Ende April 1966 nicht bestritten, so dass der Kläger bis dahin keinen Anlass hatte, ihn dem Eidg. Finanz- und Zolldepartement zur Stellungnahme zu unterbreiten. Erst durch das Schreiben der Kreispostdirektion Basel vom 29. April 1966 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass der versicherte Verdienst, von dem die Rente bisher berechnet worden war, herabgesetzt und daher auch die Rente gekürzt werde. Unter diesen besonderen Umständen muss angenommen werden, dass die Klagefrist erst Ende April 1966 zu laufen begonnen hat. X. erhob gegen den ihm damals eröffneten Bescheid am 13. Mai 1966 Einsprache bei der Kreispostdirektion Basel. Ob die PTT-Verwaltung nicht verpflichtet gewesen wäre, in Analogie zu Art. 96 Abs. 1 OG diese als "Einsprache" bezeichnete und als solche erkennbare Eingabe an die zuständige Amtsstelle - das Eidg. Finanz- und Zolldepartement - weiterzuleiten, kann dahingestellt bleiben. Die Eingabe vom 26. April 1967, die der Kläger an das Departement richtete, war immer noch rechtzeitig. Die Frist ruhte von da an bis zur Stellungnahme des Departements. Das Schreiben, in dem das Departement Stellung nahm, ist vom 6. Juli 1967 datiert und wurde an diesem Tage um 17 Uhr von der Bundeshauspost abgestempelt. Daher ist glaubhaft, dass die Sendung dem Anwalt des Klägers am 7. Juli 1967 zugestellt wurde. Mit der Einreichung der Klage am 12. Juli 1967 ist - wie auch die Beklagte anerkennt - die Verwirkungsfrist eingehalten worden. Unter diesen Umständen braucht die Frage, ob - wie der Kläger behauptet - als Ausgangspunkt der Frist das Schreiben der Kasse an ihn vom 13. Mai 1966 anerkannt werden dürfte (was zweifelhaft ist), nicht erörtert zu werden. 3. Nach Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten gilt der Grundsatz, dass der versicherte Verdienst von der jeweiligen Besoldung des Versicherten aus berechnet wird. Die im November 1963 angeordnete provisorische Versetzung des Klägers nach Basel hatte eine erste Kürzung seiner Besoldung zur Folge; er erhielt zwar zunächst weiterhin die Posthalterbesoldung, doch verminderte sie sich nach Massgabe der nun für ihn geltenden kürzeren Arbeitszeit. Sodann wurde mit der am 10. Februar 1964 verfügten vorläufigen Enthebung des Klägers vom Amte eines Posthalters eine weitere Herabsetzung des Gehalts - auf das Maximum der 22. Besoldungsklasse BGE 93 I 656 S. 662 - verbunden. Diese provisorischen Massnahmen berührten indessen das Versicherungsverhältnis nicht ( Art. 52 Abs. 1 BtG ). Die Herabsetzung des Gehalts wurde erst endgültig durch den dem Kläger am 21. Dezember 1964 eröffneten Beschluss der Wahlbehörde, ihn als Posthalter für die am 1. April 1965 beginnende neue Amtsperiode nicht wiederzuwählen. Nun musste der Kläger allerdings damit rechnen, dass nach der in Art. 14 Abs. 1 der Kassenstatuten aufgestellten Regel der versicherte Verdienst entsprechend der endgültig gewordenen Gehaltskürzung herabgesetzt werde. Diese Folge ist jedoch nicht in allen Fällen unvermeidlich. In der Tat bestimmt Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten: "Wird der Verdienst wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung herabgesetzt, so kann der Versicherte mit Zustimmung der Wahlbehörde zum bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben. Diese Zustimmung ist innert 3 Monaten, vom Zeitpunkt der Herabsetzung an gerechnet, nachzusuchen..." Es steht zwar fest, dass der Kläger weder binnen dreier Monate nach der (endgültigen) Herabsetzung des Gehalts noch nachher um Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- ersucht hat. Anderseits steht aber auch fest, dass die PTT-Verwaltung sich so verhalten hat, wie wenn ein solches Gesuch gestellt und von der Wahlbehörde gutgeheissen worden wäre: Sie hat seit der endgültigen Abberufung des Klägers vom Amte eines Posthalters weiterhin, bis zu seinem Dienstaustritt Ende 1965, die Beiträge des Bundes an die Versicherungskasse auf Grund eines versicherten Verdienstes von Fr. 13'170.-- geleistet und die Beiträge des Versicherten in gleicher Höhe von dessen Gehalt abgezogen. Damit hat sie bekundet, dass sie den Kläger ungeachtet der Herabsetzung des Gehalts zum bisherigen versicherten Verdienst versichert bleiben lasse. Sollte dieser Sachverhalt der Wahlbehörde - der Generaldirektion der PTT - anfänglich entgangen sein, so muss sie davon, wie überhaupt vom ganzen den Kläger betreffenden Dossier, doch spätestens im November 1965, als nach dem Urteil des Strafgerichts das Disziplinarverfahren abzuschliessen war, Kenntnis erhalten haben. Sie hat nie das Gegenteil behauptet. Damals aber hat sie sich auf Antrag der Kreispostdirektion Basel dazu entschlossen, die Abberufung vom Amte eines Posthalters als genügende Sühne für die Verfehlungen des BGE 93 I 656 S. 663 Klägers zu betrachten, weil sich diese Massnahme für ihn als Disziplinarstrafe ausgewirkt habe, und hat daher von einem "weiteren Vorgehen disziplinarischer Art" abgesehen. Sie hat dem Kläger diese Erledigung durch Schreiben der Kreispostdirektion vom 11. November 1965 mitteilen lassen und damit zum Ausdruck gebracht, dass sie darauf verzichte, ihm irgendeinen weiteren Rechtsnachteil zuzufügen. Der Kläger durfte diese Mitteilung unter den gegebenen Umständen so verstehen, dass die Wahlbehörde im Sinne des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten der Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes zustimme; denn die Herabsetzung dieses Verdienstes hätte sich für ihn ebenfalls, wie die Abberufung vom Amte eines Posthalters, als Disziplinarstrafe ausgewirkt. 4. Es wäre zwar nicht ausgeschlossen, dass die Beiträge an die Versicherungskasse für die letzten Monate vor der Pensionierung des Klägers von einem untergeordneten Beamten versehentlich und ohne Kenntnis der Wahlbehörde zu hoch berechnet worden wären. Dass dem so sei, hat aber die Generaldirektion der PTT selber nicht behauptet. Insbesondere hat sie dies in den Schreiben, die sie dem Kläger am 11. November 1965 und am 29. April 1966 hat zustellen lassen, nicht getan. Mit dem ersten Schreiben hat sie dem Kläger zu erkennen gegeben, dass sie mit der Beibehaltung des der Posthalterbesoldung entsprechenden versicherten Verdienstes einverstanden sei, und aus dem zweiten Schreiben ergibt sich klar, dass sie lediglich durch eine von ihrer bisherigen Auffassung abweichende Auslegung des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten veranlasst worden ist, nunmehr die Herabsetzung des versicherten Verdienstes anzuordnen. Diese Auslegung wird in dem Schreiben vom 29. April 1966 durch den Hinweis auf eine "konstante Praxis der Bundeszentralverwaltung" und auf "Entscheide des Bundesrates in analogen Fällen" gestützt. Wie es sich damit verhalte, kann dahingestellt bleiben. Weder hat das Eidg. Finanz- und Zolldepartement in seinem Schreiben vom 6. Juli 1967 an den Kläger noch hat die Eidg. Finanzverwaltung in der Antwort auf die Klage irgendeinen konkreten, vergleichbaren Fall namhaft gemacht. Anderseits hat auch der Kläger seine Behauptung, die Praxis sei gegenteilig, nicht belegt. Wesentlich ist, ob die Auslegung, welche die Beklagte nun dem Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten gibt, richtig sei oder nicht. BGE 93 I 656 S. 664 Die Beklagte macht geltend, diese Bestimmung falle hier völlig ausser Betracht, weil das Gehalt des Klägers gar nicht wegen veränderter dienstlicher Beanspruchung, sondern wegen seiner im Dienst verübten strafbaren Handlungen herabgesetzt worden sei. Diese Überlegung überzeugt nicht. Es trifft zwar zu, dass der Kläger wegen der im Dienst begangenen strafbaren Handlungen nach Basel versetzt wurde. Anderseits steht aber auch fest, dass die damit verbundene veränderte dienstliche Inanspruchnahme die Ursache dafür war, dass der Kläger in Basel geringer besoldet wurde als vorher. Die strafbaren Handlungen waren also die Ursache der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme, diese selbst aber war die Ursache der Gehaltskürzung. Beide Ursachen waren wirksam: Die strafbaren Handlungen waren die entferntere, die veränderte dienstliche Inanspruchnahme die nähere Ursache für die Herabsetzung des Gehalts. Die Auffassung der Beklagten, das Gehalt des Klägers sei überhaupt nicht wegen der veränderten dienstlichen Inanspruchnahme herabgesetzt worden, ist daher nicht haltbar. Damit fällt auch ihre Schlussfolgerung, es handle sich um einen Sachverhalt, der ausserhalb des Anwendungsbereiches des Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten liege. Daraus folgt, dass nach dieser Bestimmung der bisherige versicherte Verdienst des Klägers mit Zustimmung der Wahlbehörde beibehalten werden konnte. Der Entscheid darüber war dem Ermessen der Wahlbehörde anheimgegeben. Tatsächlich hat sie der Beibehaltung des bisherigen versicherten Verdienstes zunächst durch konkludentes Verhalten zugestimmt, wie aus dem Schreiben an den Kläger vom 11. November 1965 geschlossen werden muss. 5. Es stellt sich die Frage, ob die Wahlbehörde nach der Pensionierung des Klägers den versicherten Verdienst auf Fr. 9'328.-- herabsetzen durfte, obwohl sie vorher der Beibehaltung des Betrages von Fr. 13'170.-- zugestimmt und sich seither am massgebenden Sachverhalt nichts geändert hatte. Die Zustimmung, welche die Generaldirektion durch konkludentes Verhalten zum Ausdruck gebracht hatte, ist einer förmlichen Verwaltungsverfügung gleichzustellen. Verwaltungsverfügungen sind zwar grundsätzlich nicht unabänderlich. Ihre Abänderung oder Aufhebung wurde aber in der Rechtsprechung auch nie vorbehaltlos als zulässig erachtet. Vielmehr wurde jeweils das Interesse an der Verwirklichung des objektiven BGE 93 I 656 S. 665 Rechts gegenüber dem Interesse an der Wahrung der Rechtssicherheit abgewogen, sofern der Konflikt nicht schon durch einen Satz des positiven Rechts entschieden war ( BGE 89 I 434 , BGE 91 I 95 Erw. 3 a, BGE 93 I 394 Erw. 2). Die Beklagte ist der Meinung, ein solcher Rechtssatz sei hier vorhanden; sie erblickt ihn in Art. 7 Abs. 1 der Kassenstatuten, welcher vorschreibt, dass eine irrtümlich unrichtig festgesetzte Kassenleistung mit Wirkung für die künftigen Auszahlungen zu berichtigen ist. Allein mit dem Hinweis auf diese Bestimmung ist die zu entscheidende Frage nicht beantwortet. Sowohl der erste, für den Kläger günstige, als auch der zweite, für ihn ungünstige Rentenbescheid der Kassenverwaltung beruhen ja auf Berechnungen, die an sich richtig sind, der gegebenen Grundlage - dem jeweils angenommenen versicherten Verdienst - entsprechen. Die Frage, welche Grundlage zu wählen sei, war nach Art. 14 Abs. 4 der Kassenstatuten nicht von der Kassenverwaltung, sondern von der Wahlbehörde zu entscheiden, und zu prüfen ist gerade, ob diese Behörde die Grundlage der Berechnung der Rente vier Monate nach dem Wirksamwerden ihres ursprünglichen Entscheids noch ändern durfte. Unter solchen Umständen geht das Postulat der Rechtssicherheit dann vor, wenn durch den ersten Verwaltungsakt ein subjektives Recht des Bürgers begründet worden ist, oder wenn dieser Akt in einem Verfahren ergangen ist, in welchem die öffentlichen Interessen allseitig zu prüfen und gegenüber den entgegengesetzten Privatinteressen abzuwägen waren ( BGE 79 I 6 , BGE 86 I 173 , BGE 88 I 227 , BGE 89 I 434 ). Im vorliegenden Fall trifft beides zu: Durch den ersten, vor der Pensionierung getroffenen Entscheid der Generaldirektion der PTT hat der Kläger ein wohlerworbenes Recht erlangt, das auf einer individuell abgegebenen Zusicherung beruht ( BGE 83 I 65 , BGE 87 I 325 ), und dieser Entscheid ist das Ergebnis eines Verfahrens, in dem das Verhalten des Klägers und dessen beamtenrechtliche Folgen abgeklärt worden sind. Dazu kommt noch, dass eine blosse Änderung der Auslegung einer Kann-Vorschrift, wobei - wie hier - die eine und die andere Lösung mit dem Wortlaut und Sinn der Bestimmung vereinbar sind, ohnehin keinen Revisionsgrund bildet ( BGE 83 I 326 ). Für die Berechnung der Rente des Klägers massgebend ist somit der versicherte Verdienst von Fr. 13'170.--, welcher der BGE 93 I 656 S. 666 Posthalterbesoldung entspricht. Es ist nicht bestritten, dass die Kassenverwaltung im ersten Rentenbescheid vom 14. Januar 1966 die Rente von dieser Grundlage aus richtig bemessen hat. Der Kläger hat daher Anspruch auf die damals festgesetzte Kassenleistung. 6. Der Anspruch des Klägers auf Verzugszinsen ist ebenfalls begründet. Die Leistungen der Versicherungskasse waren monatlich stets am gleichen Tage fällig. Die Kasse war jeweils von diesem Tage an im Verzug (vgl. Art. 102 Abs. 2 OR ). Der Zinssatz wurde früher (noch in BGE 87 I 420 oben) für öffentlichrechtliche Forderungen auf 3% bemessen. Angesichts der heutigen Geld- und Zinsverhältnisse ist indessen ein Satz von 5% angemessen (Urteil vom 26. Mai 1967 i.S. Eidgenossenschaft gegen Eheleute Blanc, Erw. 3, nicht publiziert). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Klage wird gutgeheissen. Die Eidg. Versicherungskasse ist verpflichtet, dem Kläger eine Rente von 57% des versicherten Verdienstes von Fr. 13, 170.-- auszurichten. Verfallene und zurückbehaltene Treffnisse sind ab Verfalltag bis zur Auszahlung mit 5% zu verzinsen.
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84c0277e-9585-4d08-95ce-251403e01f97
Urteilskopf 82 I 309 44. Arrêt du 16 novembre 1956 dans la cause Chambre suisse de l'horlogerie contre Tenor SA
Regeste Art. 11 Abs.2UB: Legitimation der Schweizerischen Uhrenkammer zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Art. 4 Abs. 1 lit. b UB: Können in einem Falle, wo die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Betriebsumgestaltung nach lit. b erfüllt sind, dem Gesuchsteller wesentliche Interessen der Uhrenindustrie entgegengehalten werden?
Sachverhalt ab Seite 309 BGE 82 I 309 S. 309 A.- Tenor SA fabrique des montres Roskopf et genre Roskopf. R. Choffat en est le seul conseiller d'administration; toutes les actions appartiennent soit à lui-même, soit aux membres de sa famille. Le 4 mai 1953, Tenor SA a acquis de Cervinka la licence pour la fabrication d'un dispositif de remontage automatique inventé par lui et breveté. Elle s'engagea à n'employer que ce dispositif pour les montres fabriquées par elle. Choffat demanda alors au Département fédéral de l'économie publique (en abrégé: le Département) l'autorisation d'adjoindre à son entreprise une nouvelle activité: la fabrication du dispositif; par la suite, il modifia sa requête en ce sens qu'il demandait que l'autorisation lui soit accordée à lui-même. Le 20 juillet 1954, le Département fit droit à la requête, considérant que, comme actionnaire principal et membre unique du BGE 82 I 309 S. 310 conseil d'administration de Tenor SA, Choffat exploitait déjà une entreprise de l'industrie horlogère, que les dispositions relatives à la transformation des entreprises étaient dès lors applicables en l'espèce, bien que l'autorisation lui soit accordée personnellement; que cette autorisation était du reste limitée à la fabrication du dispositif de remontage pour les montres fabriquées par Tenor SA; qu'en outre, elle était personnelle et intransmissible, sauf autorisation du Département. Par la suite, des difficultés s'élevèrent entre l'inventeur et Tenor SA, du fait notamment que le contrat de licence avait pour titulaire cette société, tandis que l'autorisation du Département était au nom de Choffat. Le Département demanda que la situation soit clarifiée et Choffat requit l'inscription de Tenor SA en son lieu et place comme titulaire de l'autorisation. Le 19 juillet 1956, le Département admit cette requête, en bref par les motifs suivants: Les raisons qui ont justifié l'autorisation accordée à Choffat valent manifestement aussi pour Tenor SA Elle est titulaire de la licence, de sorte que c'est à elle que l'autorisation doit être accordée. On objecte qu'il serait incompatible avec les intérêts importants de l'industrie horlogère d'autoriser un établisseur à fabriquer une partie de l'ébauche. Mais le principe selon lequel chaque entrepreneur doit rester dans sa branche ne saurait être invoqué ici, car le statut horloger y a précisément fait une exception dans le cas de la mise en oeuvre d'une invention (art. 4 al. 1 lit. b). L'autorisation est limitée à la fabrication du dispositif de remontage selon la licence pour les montres fabriquées par la requérante; elle deviendrait donc caduque si Tenor SA perdait le droit de fabrication que lui confère la licence. B.- A la demande de l'Association d'industriels suisses de la montre Roskopf, la Chambre suisse de l'horlogerie a formé un recours de droit administratif. Elle conclut à BGE 82 I 309 S. 311 l'annulation de la décision du 19 juillet 1956 et argumente en résumé comme il suit: Tenor SA est un établisseur de la branche Roskopf. Selon un usage déjà ancien, qui, pour la branche des montres à ancre, est consigné à l'art. 4 ch. 14 de la convention collective, on considère comme un établisseur le fabricant d'horlogerie qui achète toutes les ébauches nécessaires à sa fabrication. Cette définition s'applique aussi à la fabrication des montres Roskopf. Le dispositif de remontage est une partie de l'ébauche des montres automatiques. L'autorisation de fabriquer ce dispositif, accordée à Tenor SA, constitue donc une entorse à cet usage et à la règle conventionnelle. Tenor SA pourrait aussi tirer parti de l'invention en faisant fabriquer le dispositif par une fabrique d'ébauches. Le Département a créé un précédent fâcheux. On peut craindre que tous les établisseurs qui réalisent ou achètent une telle invention ne veuillent fabriquer les pièces brevetées et que le Département ne puisse s'y opposer en raison de la décision prise en faveur de Tenor SA C'est pourquoi, il y a lieu d'annuler cette décision en vertu du préambule à l'art. 4 al. 1 AIH. C.- Tenor SA et le Département concluent tous deux au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l'art. 11 al. 2 AIH, ont qualité pour recourir contre les décisions du Département sur les demandes d'autorisation, non seulement le requérant lui-même, mais encore la Chambre suisse de l'horlogerie. Le droit de recours accordé à cet organisme doit lui permettre de défendre les intérêts de l'industrie horlogère dans son ensemble et aussi de chacune de ses branches, intérêts que le préambule à l'art. 4 al. 1 vise en termes exprès, mais que les entrepreneurs et leurs associations des diverses branches n'ont pas qualité pour représenter. Il s'agit, en l'espèce, d'un recours BGE 82 I 309 S. 312 formé à la demande d'une association d'entrepreneurs appartenant à une branche, qui s'estiment lésés par la décision attaquée. 2. Tenor SA a demandé que soit transcrite à son nom l'autorisation accordée à Choffat, le 20 juillet 1954. Cette autorisation avait été accordée expressément à titre personnel; elle ne pouvait donc être transmise à moins que le Département n'y consente. C'est pourquoi ce consentement est aussi nécessaire pour la transmission à Tenor SA Ce dernier acte emporte la transformation de l'entreprise car, du point de vue juridique et formel, Tenor n'a pas jusqu'ici fabriqué elle-même son dispositif de remontage; en le faisant, elle s'adjoint une nouvelle branche de fabrication. En réalité, du reste, rien ne sera changé à l'exploitation telle qu'elle existe actuellement. Car la fabrication des montres Tenor et celle des dispositifs de remontage automatique exécutée sous le nom de Choffat lui-même forment aujourd'hui déjà une unité effective. L'autorisation du 20 juillet 1954 l'admettait déjà puisqu'elle a expressément déclaré applicables les dispositions qui règlent la transformation d'une entreprise. Effectivement, c'est par suite de cette autorisation que la nouvelle branche de production a été ajoutée à la fabrique. La séparation était purement formelle et ne correspondait à la situation ni du point de vue des faits, ni du point de vue du droit. Car la licence qui permet l'exploitation de la nouvelle branche n'appartient pas à Choffat, titulaire de l'autorisation, mais à Tenor SA Des difficultés se sont nécessairement ensuivies; pour les surmonter, le Département a fini, dans la décision attaquée, par mettre l'autorisation en accord avec la situation de fait. On ne voit pas dès lors pourquoi la Chambre suisse de l'horlogerie recourt aujourd'hui contre la transmission purement formelle de l'autorisation à Tenor SA, alors qu'elle n'a pas agi contre l'autorisation elle-même, accordée en 1954. Si le préambule au 1er alinéa de l'art. 4 AIH empêchait effectivement d'accorder à un BGE 82 I 309 S. 313 établisseur l'autorisation de fabriquer une partie de l'ébauche, c'est alors qu'elle aurait dû en faire état, à savoir au moment où le Département a admis la transformation par l'adjonction à l'entreprise d'établissage de la fabrication des dispositifs de remontage automatique. 3. Cet argument, du reste, le seul dont le recours fasse état, n'est pas fondé. Il repose sur le principe de la division de l'industrie horlogère en branches distinctes, qui est inscrit dans l'arrêté fédéral du 22 juin 1951 en ce sens que cet arrêté soumet à une autorisation la transformation d'une entreprise horlogère - c'est-à-dire le passage d'une branche à une autre ou l'adjonction d'une branche de fabrication à une autre (art. 4 al. 1 lit. b et c, al. 2 lit. a et art. 3 al. 2 AIH). Sans doute cet arrêté ne prescrit-il nulle part d'une façon expresse qu'un établisseur n'a pas le droit de fabriquer des ébauches; mais cette règle résulte de la définition même de l'établisseur, reçue selon un usage incontesté et formulée conformément à cet usage au ch. 14 de l'art. 4 de la convention collective de l'industrie horlogère suisse: l'établisseur est un fabricant d'horlogerie qui achète toutes les ébauches nécessaires à sa fabrication. Si donc un établisseur fabrique, ne fût-ce que certaines des pièces de l'ébauche, il empiète sur une branche qui n'est pas la sienne. Mais un tel empiétement par adjonction d'une branche de fabrication à une autre n'est pas absolument interdit. Comme transformation d'une entreprise, il est soumis à une autorisation. Celle-ci devra être accordée, selon l'art. 4 al. 1 lit. b AIH lorsque le requérant veut exploiter une invention brevetée, un nouveau procédé de fabrication ou une amélioration technique, s'il en résulte un progrès sensible pour l'industrie horlogère. En l'espèce, la Chambre suisse de l'horlogerie - et c'est à juste titre - ne conteste pas que cette condition soit remplie. Dans la procédure qui a abouti à l'autorisation du 20 juillet 1954, deux experts ont affirmé qu'elle l'était et le Département a suivi leur avis. La recourante invoque BGE 82 I 309 S. 314 uniquement la réserve contenue dans le préambule à l'al. 1 de l'art. 4 AIH et allègue que l'empiétement des établisseurs sur la fabrication des ébauches léserait d'importants intérêts de l'industrie horlogère dans son ensemble ou tout au moins de l'ensemble des fabricants d'ébauches. Mais étant donné que l'art. 4 al. 1 lit. b AIH, sous les conditions qu'il formule, prévoit expressément l'autorisation non seulement pour l'ouverture, mais encore pour la transformation des entreprises, il faut admettre que, dans les cas visés, le législateur n'a pas considéré l'empiétement d'une branche sur une autre comme contraire en principe aux intérêts importants de l'industrie horlogère ou d'une de ses branches. En effet, on ne saurait guère admettre que ces intérêts puissent être lésés lorsque la transformation apporte un progrès sensible (RO 79 I 90; arrêts du 15 juillet 1955 en la cause Kunz et du 2 novembre 1956 en la cause Zurbrügg, non publiés). En vue de la réalisation d'un tel progrès par l'exploitation d'une invention, l'arrêté du 22 juin 1951 accorde le droit d'empiéter sur une autre branche. C'est là un des cas dans lesquels l'art. 4 al. 1 lit. b AIH fait exception au principe de la séparation des branches. C'est sans droit que la recourante voudrait renvoyer Tenor SA à exploiter le brevet en cédant une licence à une fabrique d'ébauches. Cela ne serait pas praticable, en l'espèce, puisque la licence n'appartient qu'à Tenor SA De plus, cette entreprise a droit, de par la disposition légale précitée, à exploiter sa licence elle-même. Tout établisseur a le même droit s'il remplit les conditions de l'art. 4 al. 1 lit. b AIH et demande à entreprendre luimême la fabrication. Le précédent que craint la recourante est absolument conforme à la volonté du législateur, clairement formulée dans l'arrêté applicable. On peut d'autant moins, en l'espèce, admettre la lésion d'importants intérêts de la branche des ébauches que l'autorisation accordée à Tenor SA est limitée à la fabrication des dispositifs de remontage automatique pour les BGE 82 I 309 S. 315 montres que cette maison produit elle-même. Tenor SA ne fera donc pas de concurrence aux fabricants d'ébauches auprès d'autres établisseurs. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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84d21cc8-6f1f-4432-a802-9e6e5a7450b7
Urteilskopf 109 Ib 146 24. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 3. Juni 1983 i.S. Schweizerischer Treuhänder-Verband c. Schweizerische Nationalbank (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. Art. 97 Abs. 1 OG ; Rechtsnatur der Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses vom 1. Juli 1982 (VSB). 1. Ob das angefochtene Schreiben der Schweizerischen Nationalbank (SNB) eine Verfügung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 VwVG ist, hängt davon ab, ob der VSB privat- oder öffentlichrechtlicher Charakter zukommt (E. 1a). 2. Die Abgrenzung des öffentlichen vom privaten Recht ist in jedem Einzelfall nach den Kriterien vorzunehmen, die den konkreten Gegebenheiten am besten gerecht werden (E. 1b). 3. Die Anwendung der Interessentheorie führt vorliegend zu keinem schlüssigen Ergebnis (E. 2); hingegen ist die VSB in casu nach der Subordinationstheorie dem privaten Recht zuzuordnen (E. 3). 4. Auch dort, wo die SNB privatrechtlich auftritt, ist sie an ihren öffentlichrechtlichen Auftrag im weitesten Sinn und somit an die Grundrechte gebunden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 147 BGE 109 Ib 146 S. 147 In der revidierten Vereinbarung der unterzeichnenden Banken und der Schweizerischen Bankiervereinigung mit der Schweizerischen Nationalbank (SNB) über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses (VSB) vom 1. Juli 1982 wurde im Vergleich BGE 109 Ib 146 S. 148 zur vorhergehenden Vereinbarung u.a. der Kreis der Berufsgeheimnisträger, die von der Offenlegung der Identität eines Dritten, für dessen Rechnung sie Vermögenswerte anlegen, gegenüber der Bank dispensiert sind, neu geregelt ( Art. 6 VSB , Ziff. 40-43 Ausführungsbestimmungen; AB). Neu erfasst der Kreis der Berufsgeheimnisträger neben den Rechtsanwälten und Notaren nur noch die Treuhänder, die Mitglied eines der Schweizerischen Treuhand- und Revisionskammer angeschlossenen Verbandes sind. Die revidierte Vereinbarung trat auf den 1. Oktober 1982 in Kraft und gilt für eine feste Laufzeit von fünf Jahren ( Art. 14 Abs. 1 VSB ). Der Schweizerische Treuhänder-Verband (STV) ersuchte mit Eingabe vom 9. September 1982 die SNB, seine Mitglieder in der Vereinbarung gleich wie die Mitglieder der Schweizerischen Treuhand- und Revisionskammer zu behandeln. Die Mitglieder des STV sollten wie vor der VSB-Revision 1982 von der Offenlegung der Identität des Dritten befreit sein. Dieses Begehren lehnte die SNB mit Schreiben vom 24. September 1982 ab. Sie wies dabei auf die wesentlich höheren fachlichen Anforderungen, die für eine Aufnahme in einen der Treuhand- und Revisionskammer angeschlossenen Verband vorausgesetzt werden, und auf die Unterschiede in den Standesregeln hin. Mit Schreiben vom 6. Oktober 1982 ersuchte der Beschwerdeführer um Rücknahme dieses Bescheides, da die SNB nicht alle Umstände richtig gewürdigt habe und zudem zum Abschluss derartiger Vereinbarungen gar nicht kompetent sei. Darüber hinaus stellte der Beschwerdeführer eine Anpassung seiner Statuten an jene der Treuhand- und Revisionskammer in Aussicht. Die SNB teilte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 9. November 1982 mit, dass sie das Wiedererwägungsgesuch ablehnen müsse. Eine Ausdehnung des Kreises der Berufsgeheimnisträger gemäss Art. 6 VSB lasse sich mit dem Sinn und Zweck der Revision nicht vereinbaren. Gegen den Bescheid der SNB vom 9. November 1982 führt der STV Verwaltungsgerichtsbeschwerde wegen fehlender gesetzlicher Grundlage, Unvereinbarkeit mit der Handels- und Gewerbefreiheit sowie der Rechtsgleichheit. Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen das Schreiben der SNB an den Beschwerdeführer vom 9. November 1982. Die SNB weist darin das Wiedererwägungsgesuch des STV ab, BGE 109 Ib 146 S. 149 dessen Mitglieder in den Kreis der privilegierten Geheimnisträger nach Art. 6 VSB aufzunehmen. a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht ist nach Art. 97 Abs. 1 OG nur gegen Verfügungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 und 2 VwVG zulässig. Die Zuständigkeit des Bundesgericht im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ist somit nur gegeben, wenn eine Anordnung einer Behörde im Einzelfall gestützt auf öffentliches Recht des Bundes vorliegt. Ob das angefochtene Schreiben der SNB eine Verfügung in diesem Sinne darstellt, hängt u.a. von der Rechtsnatur der VSB ab. Handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, stellt auch die Gestaltung der einzelnen Vertragsbestimmungen privatrechtliches Handeln dar, während bei Vorliegen eines öffentlichrechtlichen Aktes die Änderung einzeler Artikel durch hoheitliches Handeln möglich ist. Die Frage, ob die VSB, welche zwischen den unterzeichnenden Banken und der Schweizerischen Bankiervereinigung einerseits und der Schweizerischen Nationalbank anderseits geschlossen wurde, öffentliches Recht des Bundes darstellt oder nicht hoheitlichen Charakter hat, betrifft somit eine Prozessvoraussetzung, die vorab zu entscheiden ist. Dies ist auch dann geboten, wenn man mit der Beschwerdegegnerin davon ausgeht, dass sich die Beschwerde im Grunde genommen nicht nur gegen ihren Brief vom 9. November 1982, sondern auch gegen den Abschluss der Vereinbarung durch die SNB als solcher richtet. b) Das Bundesgericht stützt sich für die Abgrenzung des öffentlichen vom privaten Recht auf verschiedene Theorien, wobei keiner a priori ein Vorrang zukommt. Vielmehr prüft es in jedem Einzelfall, welches Abgrenzungskriterium den konkreten Gegebenheiten am besten gerecht wird (vgl. BGE 96 I 407 ff. E. 2 a-c). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Unterscheidung zwischen privatem und öffentlichem Recht ganz verschiedene Funktionen zukommen, je nach den Regelungsbedürfnissen und insbesondere den Rechtsfolgen, die im Einzelfall in Frage stehen; sie lassen sich nicht mit einem einzigen theoretischen Unterscheidungsmerkmal erfassen (IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Basel und Stuttgart 1976, Bd. I Nr. 1 B IV; SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht, Basel 1979, S. 76 und DESCHENAUX, Der Einleitungstitel, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. II, Basel 1976, S. 15 ff.). 2. Der Beschwerdeführer stützt sich im wesentlichen auf die Interessentheorie, auf die sich auch das Bundesgericht in BGE 109 Ib 146 S. 150 verschiedenen Entscheiden ( BGE 85 I 21 und dort zit. Entscheide) berufen hat. Dabei hat es allerdings ausgeführt, dass diese Theorie dann nicht schlüssig sein könne, wenn es um Vorschriften gehe, die sowohl öffentliche als auch private Interessen wahrnehmen, ohne dass einer der beiden Zwecke dominiert ( BGE 96 I 408 E. 2b in fine). Im folgenden ist zu untersuchen, welche Art von Interessen mit der VSB geschützt sein sollen und welchen allenfalls ein Vorrang zukommt. a) Der Beschwerdeführer macht geltend, mit der VSB würden insbesondere die Durchsetzung des Strafrechts, die Gewähr einer einwandfreien Geschäftsführung durch die Schweizer Banken, die Verbesserung des internationalen Ansehens der Schweiz sowie eine präzisere Abgrenzung des Bankgeheimnisses bezweckt, was alles im öffentlichen Interesse liege. b) Dass die Statuierung der Sorgfaltspflichten auch das Abklären von Straftaten erleichtern bzw. die Durchsetzung des Strafrechts insbesondere in internationalen Fällen von Wirtschaftskriminalität oder Terror verbessern kann, ist unbestritten. Die von der Vereinbarung anvisierten Straftaten sind solche des ausländischen Rechts. Gerade weil grundsätzlich keine Rechtspflicht der Schweiz besteht, ausländisches Strafrecht durchzusetzen, bleibt Raum für Vereinbarungen unter den Banken, die über positive Rechtspflichten hinausgehend die Beteiligung von Schweizer Banken an im Ausland nach ausländischem Recht deliktischen Tatbeständen eindämmen wollen. Indem eine schweizerische Bank, die aktive Beihilfe zu ausländischen Steuer- oder Devisendelikten leistet, sich nach schweizerischem Recht nicht strafbar macht, wird mit der VSB im wesentlichen nicht eine Verbesserung der Durchsetzung des Strafrechts, sondern eine den guten Ruf des Bankgewerbes fördernde Selbstbeschränkung der einzelnen Banken beabsichtigt. Dadurch hofft man, einerseits Konflikte mit ausländischen Rechtsordnungen zu vermeiden und anderseits einen Beitrag zur Erhaltung des guten Rufes des Finanzplatzes Schweiz zu leisten. c) Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, mit der VSB werde beabsichtigt, eine einwandfreie Geschäftsführung der Banken zu gewährleisten; damit werde Art. 3 Abs. 2 lit. c des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (BankG) - mithin eine polizeirechtliche Norm - konkretisiert. Dass das BankG die Bewilligung zum Betrieb einer Bank auch vom guten Ruf der mit Verwaltung und Geschäftsführung BGE 109 Ib 146 S. 151 betrauten Personen und der Garantie für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit abhängig macht, schliesst keineswegs aus, dass diese Ziele im Rahmen von Vereinbarungen im eigenen Interesse der Banken weiter konkretisiert werden. Die VSB will den guten Ruf der Schweizer Banken im Hinblick auf ein ganz bestimmtes aktuelles Problem hin verdeutlichen. Es geht im wesentlichen um die Präzisierung der Sorgfaltspflichten im Umgang mit ausländischen Kunden, die ihr Geld zum Zwecke der Kapitalflucht, der Steuerhinterziehung und ähnlicher Handlungen in Schweizer Banken in Sicherheit bringen wollen. d) Der Beschwerdeführer sieht den öffentlichrechtlichen Charakter der VSB auch darin begründet, dass damit das Bankgeheimnis näher konkretisiert werde. Dabei ist offensichtlich insbesondere die Pflicht der Banken zur Identifikation des wirtschaftlichen Interessierten bei der Entgegennahme von Geldern gemäss Art. 3 ff. VSB anvisiert. Die SNB hat in ihrer Vernehmlassung zu Recht auf das eigene Interesse der Banken hingewiesen, die Identität ihrer Kunden zu kennen, um sich so vor der Entgegennahme von Geldern deliktischer Herkunft besser zu schützen. Zudem ist die sorgfältige Prüfung der Kundenidentität zweifellos eine Vorbedingung für die wirksame Durchsetzung im eidgenössischen und im kantonalen Recht bestehender Zeugnis- und Auskunftspflichten der Banken (vgl. Ziff. 4 AB zu Art. 2 VSB ). Insoweit stellt die Identitätsprüfung eine Voraussetzung der gesetzlich vorgesehenen Zeugnis- und Auskunftspflichten der Banken dar ( Art. 47 Ziff. 4 BankG ). Eine Verschiebung der Grenzen des bestehenden Bankgeheimnisses liegt indessen nicht vor. e) Der Beschwerdeführer erkennt den öffentlichrechtlichen Charakter der Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken ferner in dem in Art. 13 VSB festgelegten Sanktionsmechanismus, der seiner Ansicht nach öffentlichrechtlicher Natur ist. Schiedskommission und Untersuchungsbeauftragter werden von Nationalbank und Bankiervereinigung einvernehmlich beauftragt (Art. 13 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Satz 1 VSB). Weder das Wahlverfahren noch die Befugnisse dieser Organe lassen öffentlichrechtliche Kompetenzen erkennen. Schiedsgerichte dieser Art sind im Privatrecht auch sonst bekannt. Die Behauptung des Beschwerdeführers, die Schiedskommission sei als "Dritter" und nicht als "Beauftragter" im Sinne von Art. 47 Ziff. 1 BankG zu betrachten, vermag nicht zu überzeugen. Äusserungen in der BGE 109 Ib 146 S. 152 Literatur zur Charakterisierung der Organe nach Art. 13 VSB gehen überwiegend in die gleiche Richtung (vgl. NOBEL, Praxis zum öffentlichen und privaten Bankenrecht der Schweiz, Bern 1979, S. 69 f.; MANFRINI, Le contentieux en droit administratif économique, in ZSR NF 101 (1982) II. S. 361; im Ergebnis gleich, aber unter Verwendung des Organbegriffs von Art. 47 BankG AUBERT/KERNEN/SCHÖNLE, Das schweizerische Bankgeheimnis, Bern 1978, S. 174; a.M. CH. SCHMID, Die neue Vereinbarung über die Sorgfaltspflichten der Banken, in SJZ 79 (1983) S. 72 f.; zum Begriff des Beauftragten nach Art. 47 BankG vgl. auch BODMER/KLEINER/LUTZ, Kommentar zum schweizerischen Bankengesetz, Zürich 1976, N. 102 zu Art. 47 BankG ). Ein Blick auf das Gesamtwerk der VSB zeigt, dass es das Bemühen der Vertragspartner war, die Vereinbarung in den Rahmen des schweizerischen Rechts zu stellen. Dieses sollte keinesfalls derogiert werden (vgl. Ziff. 2 AB zu Art. 1 und speziell zum Bankgeheimnis Ziff. 63 AB zu Art. 13 VSB ). Diesem Bemühen ist auch bei der Auslegung der einzelnen Bestimmungen der Konvention Rechnung zu tragen. Die Interessentheorie bietet somit im vorliegenden Fall keine schlüssigen Ergebnisse zur Qualifizierung der VSB als öffentlichrechtliches oder privatrechtliches Instrument, was der Beschwerdeführer im Ergebnis denn auch selbst einräumt. Er ist jedoch der Ansicht, dass jedenfalls insoweit öffentliches Recht vorliege, als der Nationalbank besondere Handlungsbefugnisse eingeräumt würden. Dem ist entgegenzuhalten, dass jedenfalls gerade beim vorliegend umstrittenen Art. 6 VSB der SNB keine besonderen Befugnisse eingeräumt werden. Vielmehr stellt auch diese Bestimmung das Ergebnis von Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien dar, und die Nationalbank weist zu Recht darauf hin, dass sie nicht durch einseitige Verfügung Art. 6 VSB im Sinne des Begehrens des Beschwerdeführers abändern könne. 3. Ist nach der Interessentheorie keine eindeutige Zuordnung der VSB zum privaten oder öffentlichen Recht möglich, so bietet sich die vom Bundesgericht oft verwendete Subordinationstheorie an, der nach herrschender Auffassung diesbezüglich vorrangige Bedeutung zukommt (IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 1 B IV). Das Bundesgericht hat im Sinne dieser Theorie bei der Abgrenzung des materiellen privaten vom materiellen öffentlichen Recht wiederholt festgestellt, dass das Privatrecht die Rechtsbeziehungen zwischen gleichartigen, gleichwertigen, gleichberechtigten Rechtssubjekten ordnen, während das öffentliche Recht das Verhältnis BGE 109 Ib 146 S. 153 des Individuums zur Staatsgewalt, d.h. seine diesbezügliche Unterordnung regelt ( BGE 96 I 409 , BGE 54 II 122 und BGE 40 II 85 ). a) Die in der VSB enthaltenen Sorgfaltspflichten der Banken können als eine Art "minimal standard" bezeichnet werden, den die Banken bei der Entgegennahme von Geldern und für die Handhabung des Bankgeheimnisses zu berücksichtigen haben (SCHMID-LENZ, Die Vereinbarung über die Sorgfaltspflichten der Banken, in SJZ 1978, S. 118). Der Umstand, dass mit der VSB neben privaten auch öffentliche Interessen verfolgt werden, ändert nichts daran, dass sie - jedenfalls rechtlich betrachtet - auch ohne die Mitarbeit der Schweizerischen Nationalbank von den Banken unter sich im Rahmen privatautonomer Vertragsverhandlungen hätte ausgearbeitet und in Kraft gesetzt werden können. Die VSB ist denn auch nicht das Ergebnis hoheitlichen Handelns der SNB, sondern intensiver Verhandlungen zwischen ihr und der Schweizerischen Bankiervereinigung (SCHMID-LENZ, a.a.O., S. 119). Zu berücksichtigen ist auch, dass es den einzelnen Banken frei steht, ob sie der Vereinbarung beitreten wollen oder nicht. Unter diesen Umständen kann nicht von einer hoheitlichen Regelung der Mindestanforderungen für den Geschäftsbetrieb im schweizerischen Bankenwesen durch die SNB gesprochen werden. Daran ändert auch die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Tatsache nichts, dass die SNB nur unter bestimmten Bedingungen zur Fortführung der VSB bereit war. Jeder Partei steht es frei, ihre Bedingungen für eine Vertragsverlängerung festzulegen. Es fehlt somit an einem das öffentliche Recht kennzeichnenden Unterordnungsverhältnis der Banken zur Nationalbank, da es letzterer nicht möglich war, mittels der VSB den Vertragsparteien durch einseitige Willensäusserung Pflichten aufzuerlegen und diese nötigenfalls mit Verwaltungszwang durchzusetzen (IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 1 B IIa). b) Der Beschwerdeführer wendet demgegenüber ein, die Subordinationstheorie sei für die Abgrenzung zwischen öffentlichem und privatem Recht ungeeignet. Er begründet seine Auffassung damit, dass heute viele Aufgaben der Leistungsverwaltung durch öffentlichrechtliche Verträge an Private übertragen würden. In diesen Fällen werde die Gleichheit der Partner geradezu vorausgesetzt, womit die Subordinationstheorie ihre Geltungskraft verliere. Für die Annahme von öffentlichem Recht genüge somit das Vorliegen einer öffentlichen Aufgabe. BGE 109 Ib 146 S. 154 Das Bundesgericht hat sich zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Privater öffentlichrechtliche Aufgaben wahrnimmt, mehrfach geäussert. Als entscheidend erachtete es dabei, ob die entsprechende Ordnung vom Bund direkt geschaffen und die zu erfüllenden Aufgaben auch durch Bundesbehörden besorgt werden könnten. In den Fällen, in denen dies bejaht wurde, waren es Erwägungen handelspolitischer und technischer Zweckmässigkeit, die den Bund dazu bewogen, die Durchführung der Aufgaben nichtstaatlichen Institutionen zu übertragen ( BGE 97 I 296 , 741). Im vorliegenden Fall hat nicht der Bund eine Aufgabe an Private delegiert. Die SNB hat sich vielmehr zusammen mit den Schweizer Banken des Instruments einer Vereinbarung bedient, um die in Art. 1 VSB genannten Zwecke zu erreichen. Es kann hier nicht entscheidend sein, dass eine vergleichbare Ordnung auch hoheitlich, z.B. durch Gesetz hätte geschaffen werden können; die an der Vereinbarung Beteiligten haben eben vorgezogen, sich freiwillig einer bestimmten Sorgfaltspflicht zu unterwerfen, statt eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung abzuwarten. Die relativ intensive Beteiligung der SNB am Zustandekommen der revidierten Vereinbarung vom 1. Juli 1982 ist einerseits darauf zurückzuführen, dass sie im Frühjahr 1982 dazu ausdrücklich vom Bundesrat ermuntert wurde und anderseits dadurch bedingt, dass sie es auch als eigenes Interesse betrachtete, einen intakten und in gutem Ruf stehenden Bankenapparat als privatwirtschaftlichen Partner zu haben. In der VSB sind keine Elemente ersichtlich, welche die SNB kraft ihrer Stellung als Notenbank des Bundes den privaten Partnern zwangsweise auferlegt hätte. Dass die Vereinbarung als Ganzes auch in einem öffentlichen Interesse (Integrität des Finanzplatzes Schweiz zur Stärkung des Ansehens dieses volkswirtschaftlich bedeutsamen Bereichs) liegt, und dass die SNB als Partner der unterzeichnenden Banken und der Bankiervereinigung dieses Interesse in den Vertragsverhandlungen und in der Vertragsdurchführung in besonderem Mass zur Geltung brachte bzw. bringt, liegt in der Doppelnatur der SNB als Privatrechtssubjekt einerseits und als Institut mit öffentlichrechtlichen Aufgaben anderseits begründet. Am privatrechtlichen Charakter der VSB als Instrument zur Regelung der Sorgfaltspflicht der Banken ändert dies nichts. Somit führt die Subordinationstheorie zum eindeutigen Ergebnis, dass der VSB kein öffentlichrechtlicher Charakter zukommt. BGE 109 Ib 146 S. 155 4. Schliesslich ist festzuhalten, dass die Nationalbank selbstverständlich auch dort, wo sie als Aktiengesellschaft privatrechtlich handelnd auftritt, an ihren öffentlichen Auftrag im weitesten Sinne gebunden bleibt, was zur Folge hat, dass sie in ihren privatrechtlichen Aktivitäten sinngemäss die verfassungsmässigen Grundrechte zu beachten hat. Sie darf auch als Subjekt des Privatrechts insbesondere nicht rechtsungleich oder willkürlich Rechte erteilen oder Pflichten auferlegen. Über die Einhaltung dieser Grundsätze hat jedoch in einem Fall wie dem vorliegenden nicht das Bundesgericht als Verwaltungsgericht zu wachen, sondern es sind die gesetzlich vorgesehenen Aufsichtsorgane zuständig. Der Zugang zu ihnen ist im Falle fehlender formeller Rechtsmittel jedenfalls durch das Instrument der Aufsichtsbeschwerde geöffnet. 5. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass es sich bei der Vereinbarung über die Sorgfaltspflicht der Banken bei der Entgegennahme von Geldern und über die Handhabung des Bankgeheimnisses vom 1. Juli 1982 nicht um öffentliches Recht des Bundes handelt und dass deshalb das Schreiben der Schweizerischen Nationalbank vom 9. November 1982 keine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG darstellt, die Voraussetzung für eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht gemäss Art. 97 Abs. 1 OG wäre. Aus diesem Grund ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.
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84d294c3-abdb-497c-a04e-d58d591501d4
Urteilskopf 116 III 111 23. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 31 juillet 1990 dans la cause American Express Bank (Recours LP)
Regeste Art. 281 Abs. 1 und Art. 3 SchKG . Wirkungen des Arrestvollzugs aus der Sicht des Arrestgläubigers. Der Arrest ist keine Vollstreckungsmassnahme im eigentlichen Sinn; er begründet keinerlei Vorzugsrecht materieller Natur. Bei der Auslegung und Anwendung der ihn betreffenden gesetzlichen Bestimmungen ist dem höchst provisorischen Charakter des Arrestes Rechnung zu tragen (Erw. 3a). Die durch den Arrest gewährte Sicherheit verleiht dem Gläubiger nicht den Anspruch, sich aus dem Erlös der Verwertung der mit Beschlag belegten Vermögenswerte vorweg befriedigen zu lassen. Letztere können daher jederzeit zu Gunsten anderer Gläubiger gepfändet oder nochmals arrestiert werden (Erw. 3b). Stehen zwei Arreste zueinander in Konkurrenz, ist die vom zweiten Gläubiger erwirkte Beschlagnahme nicht - im Sinne einer analogen Anwendung von Art. 110 Abs. 3 SchKG - auf den Teil der bereits ein erstes Mal arrestierten Vermögenswerte beschränkt, der nach einer Befriedigung des ersten Gläubigers noch übrig bleiben würde (Erw. 4a). Dieser hat keine Vorzugsstellung, solange er nicht die Pfändung erwirkt hat (Erw. 4b).
Sachverhalt ab Seite 112 BGE 116 III 111 S. 112 A.- Le 12 mai 1981, la République Islamique d'Iran a requis et obtenu de l'autorité de séquestre de Genève, au préjudice BGE 116 III 111 S. 113 d'Universal Oil Trade Inc. (UOT), le séquestre No 381 SQ 276 portant sur tous les avoirs de la débitrice, ainsi que sur ceux inscrits au nom de Ahmed Heidari et de Ahmad Sarakbi auprès de la Compagnie Financière Méditerranéenne COFIMED S.A. Conformément à une ordonnance du Tribunal de première instance du canton de Genève, les biens se trouvant en main des tiers ont été transférés par la suite auprès de l'Union de Banques Suisses (UBS). Heidari et Sarakbi ayant revendiqué une partie des biens mis sous main de justice, la République Islamique d'Iran a contesté avec succès la revendication du premier nommé. B.- Le 9 décembre 1988, l'autorité de séquestre de Genève a rendu, à l'encontre de Ahmed Heidari, à la requête d'American Express Bank (ci-après: l'American Express) et pour des créances en capital de 1'178'987 francs et 752'422 francs, une ordonnance de séquestre No 288 SQ 680 (88 902.680.B) portant sur tous les avoirs du débiteur en main de l'Office des poursuites de Genève d'une part, de l'UBS d'autre part, "y compris le compte particulier ouvert au nom de (l'Office) pour y détenir les avoirs appartenant à M. Heidari faisant l'objet d'un séquestre de tiers". L'Office a exécuté le séquestre le 9 décembre 1988. Le procès-verbal de séquestre renvoyait à une lettre du 6 janvier 1989, par laquelle l'Office avait informé l'UBS qu'en cas de transformation en saisie définitive du séquestre No 381 SQ 276 obtenu précédemment par la République Islamique d'Iran contre UOT, cette mesure annulerait l'exécution des autres séquestres, notamment celui qui avait été ordonné à l'encontre de Heidari. L'American Express a validé la mesure en temps utile. C.- Le 30 janvier 1989, l'American Express a formé une plainte devant l'autorité cantonale de surveillance contre le procès-verbal de séquestre, en tant qu'il prévoyait, en cas de transformation du séquestre No 276/81 contre UOT en saisie définitive, l'annulation par cette mesure de l'exécution des autres séquestres, notamment ceux obtenus contre Ahmad Sarakbi et Ahmed Heidari. Elle concluait également à la modification dudit procès-verbal, en ce sens qu'en application de l' art. 281 LP , le séquestre No 288 SQ 680 devait participer provisoirement aux séquestres antérieurs sur les mêmes biens, en particulier au séquestre No 276/81, autant que ces mesures seraient converties en saisies définitives. Enfin, elle requérait que l'Office fût invité à engager le procès en revendication de l' art. 107 LP entre elle-même et la créancière du séquestre No 276/81, afin de BGE 116 III 111 S. 114 déterminer si ce dernier pouvait être étendu aux biens personnels de Ahmed Heidari. Par décision du 6 juin 1990, l'Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève n'a admis la plainte que partiellement, dans la mesure où elle a invité l'Office à statuer sur les requêtes de la plaignante tendant à la transmission du dossier relatif au séquestre No 276/81 et à l'ouverture du procès en revendication précité. D.- L'American Express exerce en temps utile un recours à la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. Elle conclut à l'annulation partielle de la décision de l'autorité cantonale de surveillance en ce qu'elle attribue au séquestre obtenu par la République Islamique d'Iran un privilège sur le séquestre obtenu par la recourante sur les mêmes biens. Elle demande la constatation qu'ira sa voie la saisie de la recourante sur les biens faisant l'objet du procès-verbal de saisie des 27 avril et 9 mai 1989. A titre subsidiaire, elle requiert le renvoi de la cause à l'autorité cantonale, pour une nouvelle décision qui tienne compte du fait nouveau constitué par la conversion intervenue les 27 avril et 9 mai 1989 du séquestre No 288 SQ 680 en saisie définitive. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Il est conforme à la nature de l'exécution spéciale d'attribuer le produit de la réalisation des biens saisis au créancier qui a agi en premier lieu. Ce principe de l'antériorité a cependant été tempéré par l' art. 110 LP , selon lequel les créanciers qui ont requis la saisie dans les trente jours qui suivent l'exécution d'une première saisie participent à cette saisie. L'office complète alors la saisie, autant qu'il est nécessaire pour assurer la couverture de l'ensemble des créances de la série. Le créancier séquestrant bénéficie lui aussi d'un important privilège: lorsque les objets séquestrés, après la délivrance de l'ordonnance de séquestre, viennent à être saisis par un autre créancier, le séquestrant, en vertu de l' art. 281 al. 1 LP , participe provisoirement de plein droit à la saisie, sans qu'il ait besoin de requérir la continuation de la poursuite (Amonn, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4e éd., Berne 1988, § 25, n. 11, p. 207 et § 51, n. 53, p. 410; cf. également ATF 92 III 9 et ATF 101 III 84 ; arrêt L. contre A. du 29 mars 1990, destiné à la publication). BGE 116 III 111 S. 115 a) Devant l'autorité cantonale, la recourante, en se référant à l' art. 281 al. 1 LP , avait demandé de pouvoir participer provisoirement à une éventuelle saisie requise par la République Islamique d'Iran. L'autorité de surveillance a rejeté cette conclusion, motif pris que les séquestres requis sur les mêmes biens n'étaient pas dirigés contre les mêmes débiteurs; alors que la République Islamique d'Iran avait obtenu le séquestre No 381 SQ 276 contre UOT, la mesure No 288 SQ 680 a été obtenue par la recourante au détriment de Ahmed Heidari. L'autorité cantonale a justifié le privilège du séquestre No 381 SQ 276 par le fait qu'en cas de séquestres multiples ou de saisies visant des biens identiques au préjudice de différents débiteurs, des procès-verbaux de séquestre ou de saisie doivent être dressés pour chaque débiteur, de manière que les ayants droit aient la faculté de mener les procès en revendication. Si aucune revendication n'intervient, c'est le créancier qui a obtenu le premier une saisie ou un séquestre qui peut se désintéresser sur le produit de la réalisation des biens. Dans le cas présent, selon l'autorité cantonale, la recourante n'est pas en mesure de contester à la République Islamique d'Iran son droit à la mainmise sur les biens séquestrés dans le cadre de la mesure No 381 SQ 276; elle ne pourrait donc prétendre au produit de la réalisation que si le séquestre précité tombait ou, après satisfaction des créanciers de rang antérieur, si un excédent subsistait. b) La recourante prétend qu'elle doit être considérée comme le créancier le plus diligent puisqu'elle a obtenu la première la conversion de son séquestre en saisie définitive. Dès lors, en vertu du principe de l'antériorité dans les saisies - et non des séquestres -, elle doit se voir attribuer le produit de la réalisation des biens. Les avoirs mis sous main de justice, puis saisis n'ont pas été revendiqués par des tiers, et notamment pas par UOT. La saisie doit d'ailleurs avoir le pas sur le séquestre, qui - hormis le droit de participer provisoirement à la saisie de l' art. 281 al. 1 LP et la possibilité de prélever les frais de séquestre sur le prix de vente des biens saisis et réalisés ( art. 281 al. 2 LP ) - ne crée pas en tant que mesure provisoire d'autre droit de préférence dans la saisie. En outre, le défaut d'identité des débiteurs séquestrés fait obstacle à la participation provisoire, au sens de l' art. 281 al. 1 LP , de la République Islamique d'Iran à la saisie obtenue par la recourante. 3. a) Le séquestre est une mesure provisoire qui tend uniquement à éviter que le débiteur ne dispose de ses biens pour BGE 116 III 111 S. 116 les soustraire à l'action future de son créancier. Il permet de garantir une créance - objet d'une poursuite pendante ou future - par la mise sous main de justice de biens que, faute de pouvoir requérir la continuation de la poursuite ou participer à une saisie sans poursuite préalable, le créancier ne peut encore faire saisir ou inventorier; le séquestre n'a pas d'autre fonction. Le séquestre ne constitue pas une mesure d'exécution proprement dite contrairement à la saisie définitive, et ne crée aucun privilège de droit matériel, à l'inverse de la constitution d'un gage. Au contraire, le séquestre est une mesure purement conservatoire, qui a par conséquent un caractère éminemment provisoire. Il y a lieu de tenir compte de ces particularités lors de l'interprétation et de l'application des normes légales qui le régissent ( ATF 107 III 35 consid. 2; AMONN, op.cit., § 51, n. 2, p. 399; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, Berne 1911, § 60, p. 827 ss; DALLÈVES, FJS No 740, p. 2 in fine; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2e éd., Lausanne 1988, p. 357). La distinction entre les institutions juridiques du séquestre et de la saisie a son pendant procédural. Le séquestre est ordonné en procédure sommaire après un examen unilatéral. Le débiteur n'est pas entendu ni prévenu, ce qui est en accord avec la soudaineté de la mesure ( ATF 107 III 30 consid. 2/3). En revanche, la saisie, et même la saisie provisoire ( art. 83 LP ), présuppose que le débiteur a été entendu pour le moins dans le cadre limité d'une procédure de mainlevée. C'est pourquoi le créancier séquestrant ne peut obtenir la réalisation des biens mis sous main de justice sans avoir requis une poursuite ou intenté une action judiciaire, permettant au débiteur de faire valoir ses moyens de défense (AMONN, op.cit., § 51, n. 50, p. 409). b) La garantie que confère le séquestre au créancier ne lui octroie pas le privilège d'être désintéressé par préférence sur le produit de la vente des objets mis sous main de justice. Si le débiteur séquestré est déclaré en faillite, les biens séquestrés rentrent de plein droit dans la masse ( art. 199 al. 1 LP ). De même, ces biens peuvent être saisis en tout temps par d'autres créanciers ou séquestrés à nouveau. Il n'en demeure pas moins que la loi ( art. 275 LP en relation avec l' art. 95 al. 3 LP ) prend en considération l'intérêt du séquestrant, dans la mesure où les biens qu'il a fait séquestrer ne sont saisis qu'en dernier lieu au profit d'autres créanciers (cf. sur ces questions: BLUMENSTEIN, op.cit., BGE 116 III 111 S. 117 § 60, p. 850; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, vol. I, 3e éd., Zurich 1984, § 23, n. 23, p. 288 ss; JAEGER, Das Bundesgesetz betreffend Schuldbetreibung und Konkurs, Commentaire en deux volumes, 3e éd., Zurich 1911, vol. II, n. 1 ad art. 275 LP , p. 318 in fine). 4. Les privilèges dont bénéficie le créancier séquestrant, indépendamment de la création d'un for pour la poursuite en validation de séquestre ( art. 52 LP ), consistent dans la participation provisoire à la saisie susmentionnée ( art. 281 al. 1 LP ) et la faculté de prélever les frais du séquestre sur le prix de vente ( art. 281 al. 2 LP ); l' art. 281 al. 3 LP dispose expressément que le séquestre ne crée pas d'autres droits de préférence. a) Comme on l'a vu, un bien déjà séquestré ou saisi peut être à nouveau séquestré ou saisi par un autre créancier. Si la saisie est postérieure au séquestre, le créancier séquestrant participe de plein droit à la saisie, à titre provisoire ( art. 281 al. 1 LP ; cf. également ATF 92 III 9 ; Circulaire No 27 du 1er novembre 1910 de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral). Si la saisie est antérieure au séquestre, l' art. 281 al. 1 LP , dont la teneur est claire, n'est pas applicable. Le créancier séquestrant ne pourra alors que participer à la saisie selon les règles ordinaires de l' art. 110 LP , autant qu'il est en mesure de requérir en temps utile la continuation de la poursuite en validation du séquestre. S'il n'a pas cette possibilité de participer, le séquestre ne porte plus que sur la valeur résiduelle de l'objet, à savoir le solde éventuel subsistant après la réalisation ( ATF 101 III 78 ss, spéc. consid. 1; ATF 113 III 36 /37; DALLÈVES, op.cit., p. 20). A supposer toutefois qu'un autre séquestre succède, comme en l'espèce, au premier séquestre, on ne voit pas pourquoi la position juridique du second séquestrant devrait être moins bonne que celle du précédent. Il n'y a aucune raison dans un tel cas d'appliquer par analogie l' art. 110 LP et de limiter l'objet de la mesure obtenue par un autre créancier à la part des biens déjà séquestrés qui resterait après que le premier créancier a été désintéressé. D'une part, les dispositions légales ( art. 271 ss LP ) ne prévoient nullement l'octroi d'un tel privilège au créancier séquestrant précédent; d'ailleurs, l' art. 275 LP ne renvoie pas à l' art. 110 LP et l' art. 281 al. 3 LP précise que, hormis les privilèges mentionnés ci-dessus, le séquestre ne crée pas d'autres droits de préférence. D'autre part, la Chambre de céans a déjà constaté que l' art. 110 al. 3 LP ne pouvait s'appliquer par analogie au séquestre, BGE 116 III 111 S. 118 qui ne constitue pas une mesure d'exécution, mais ne tend qu'à assurer une protection provisoire au créancier séquestrant ( ATF 101 III 80 consid. 1). Cette opinion a été émise certes dans un autre contexte; elle s'applique néanmoins sans conteste à la situation où deux séquestres se font concurrence. Le séquestre ne créant en tant que tel aucun privilège dans la réalisation des biens (cf. FRITZSCHE/WALDER, op.cit., p. 288), il ne saurait sortir cet effet vis-à-vis d'autres créanciers séquestrants. Le Tribunal fédéral a déjà exprimé le même avis dans un arrêt plus ancien. Il avait alors à décider si un créancier saisissant ayant préalablement opéré un séquestre sur les biens saisis pouvait s'opposer à la participation à la saisie d'un autre créancier, qui avait séquestré ces mêmes biens après le premier séquestre, mais avant la saisie. La suppression du droit de participation du second créancier séquestrant ne serait admissible - selon le Tribunal fédéral - que si l'on considérait que le premier séquestre a relativement au second le même effet qu'une saisie antérieure au séquestre, à laquelle, en vertu de l' art. 281 al. 1 LP , le second séquestre ne conférerait en effet aucun droit de participation. Cette manière de voir n'est cependant pas conciliable avec l' art. 281 al. 3 LP ( ATF 48 III 155 ss). b) C'est donc à la saisie en tant qu'acte d'exécution qu'il convient d'accorder une importance décisive, et non au séquestre. Comme la présente espèce le démontre, le second créancier séquestrant peut parfaitement parvenir à obtenir la saisie avant le premier. Grâce au privilège instauré par l' art. 281 al. 1 LP , ce dernier n'encourt aucun désagrément, dans la mesure où il est assuré de pouvoir participer provisoirement à la saisie et, s'il accomplit certains actes, d'être traité sur un pied d'égalité avec le créancier saisissant lors de la répartition du produit de la réalisation des biens saisis. En revanche, le premier créancier séquestrant n'acquiert aucune position privilégiée tant qu'il n'a pas lui-même obtenu la saisie. Par conséquent, il doit toujours s'attendre à ce que d'autres créanciers s'intéressent aux mêmes biens et cherchent avant lui à obtenir leur réalisation. Accorder au premier créancier séquestrant des droits plus étendus que ceux conférés par l' art. 281 al. 1 LP reviendrait à faire fi de l'al. 3 de cette même disposition (DALLÈVES, op.cit., p. 20). c) En déniant à la recourante le droit de contester la mainmise de la République Islamique d'Iran sur les biens séquestrés dans le cadre de la mesure No 381 SQ 276, l'autorité cantonale a méconnu BGE 116 III 111 S. 119 l' art. 281 al. 3 LP . Le fait que les avoirs séquestrés ont été précédemment séquestrés ou saisis au profit de tiers ne saurait empêcher qu'ils soient séquestrés à nouveau; le procès-verbal de séquestre doit mentionner la mesure précédente, autant évidemment qu'elle est connue (JAEGER, op.cit., n. 1 ad art. 275 LP , p. 318 in fine). Le recours à l' art. 110 al. 3 LP perd tout fondement lorsque la mesure officielle obtenue en premier lieu ne constitue qu'une sûreté en vue de l'exécution forcée en cours ou future (pour le moins imprécis: RJB 35/1899, p. 341 in fine). Tant que la République Islamique d'Iran n'a pas obtenu de son côté la saisie, elle ne bénéficie de par la loi d'aucuns droits préférentiels à l'égard des autres créanciers séquestrants; l'autorité chargée d'exécuter le séquestre ne peut donc lui en conférer. La République Islamique d'Iran doit se résigner à ce que la recourante, qui a pu acquérir plus rapidement un titre exécutoire, exécute les biens qu'elle a fait mettre sous main de justice. La question de savoir si la République Islamique d'Iran peut revendiquer le privilège instauré par l' art. 281 al. 1 LP et participer au produit de la réalisation sort du cadre de la question à résoudre. Le facteur temporel ne joue du moins aucun rôle; il n'y a pas lieu d'examiner l'influence que peut exercer dans le cas particulier le défaut d'identité des débiteurs poursuivis. Au demeurant, la République Islamique d'Iran ne peut pas se prévaloir de la circonstance qu'elle a contesté avec succès la revendication formée par Ahmed Heidari dans le cadre du séquestre No 381 SQ 276. Comme la recourante le souligne avec raison, une telle décision, qui n'a d'effet que dans la poursuite en cours, ne lui est pas opposable ( ATF 107 III 120 consid. 2 et les références citées; AMONN, § 24, n. 57 ss, p. 204 ss). La mainmise de la recourante sur les biens séquestrés n'aurait pu être battue en brèche que par le jeu des art. 106 ss LP , autant que UOT - débitrice séquestrée de la mesure obtenue par la République Islamique d'Iran - aurait fait valoir ses droits prétendument préférables à l'encontre de Ahmed Heidari ( ATF 96 III 109 consid. 2; à propos de la déchéance du droit de revendiquer pour cause de tardiveté, cf. ATF 112 III 62 ; ATF 109 III 18 ss, 22 ss). 5. En résumé, l'autorité cantonale a violé le droit fédéral lorsqu'elle a accordé une position privilégiée au séquestre No 381 SQ 276 à l'encontre du séquestre No 288 SQ 680 obtenu par la recourante. Le recours doit donc être admis dans la mesure de sa BGE 116 III 111 S. 120 recevabilité, et la décision attaquée réformée en ce sens que la position privilégiée précitée doit être annulée, l'Office étant invité à supprimer la réserve correspondante du procès-verbal de séquestre. La décision attaquée est confirmée pour le surplus. On peut se dispenser d'examiner la conclusion constatatoire de la recourante, l'admission du présent recours lui ayant enlevé toute portée.
null
nan
fr
1,990
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
84d395cb-baca-48a8-a8ae-a01cdc0ea199
Urteilskopf 110 IV 12 7. Urteil des Kassationshofes vom 21. August 1984 i.S. N. c. Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 137 Ziff. 1 StGB . Wer sich an einer Tankstelle mit zentraler Kasse Benzin einfüllen lässt, diesen Bezug der Kassiererin nicht meldet und ohne Bezahlung des Kaufpreises wegfährt, um sich dadurch unrechtmässig zu bereichern, macht sich des Diebstahls schuldig.
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 110 IV 12 S. 12 A.- Am 13. November 1982 liess sich N. an der Autobahn-Raststätte Ruderbach-Süd vom Tankwart B. Benzin im Werte von BGE 110 IV 12 S. 13 Fr. 52.- einfüllen, bediente sich dann noch mit Zigaretten im Werte von Fr. 23.- und bezahlte an der zentralen Kasse mit einer Hunderternote. Die Kassiererin gab ihm Fr. 77.- zurück, berücksichtigte also den Benzinbezug nicht, weil sie das ihr diesen Bezug anzeigende Klingelzeichen überhört hatte und N. nichts sagte. Dieser begab sich darauf schnell zu seinem Auto und fuhr weg. B.- Wegen dieses Verhaltens wurde N. am 20. Februar 1984 vom Kantonsgericht St. Gallen im Appellationsverfahren des Diebstahls schuldig erklärt und zu einer Woche Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug verurteilt. C.- Gegen diesen Entscheid führt N. Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache sei zur Freisprechung, eventuell zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. In tatsächlicher Hinsicht ist nach den für den Kassationshof verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer das eingefüllte Benzin nicht bezahlte, den Irrtum der Kassiererin bemerkte und vorsätzlich mit dem nicht bezahlten Benzin die Raststätte verliess, um sich dadurch unrechtmässig zu bereichern. Gegen die Bestrafung wegen Diebstahls erhebt N. den Einwand, es fehle das Tatbestandselement der Wegnahme. Der Tankwart habe den Gewahrsam am Benzin (durch das Einfüllen) freiwillig aufgegeben. Der nachträgliche Entschluss, das Benzin nicht zu bezahlen, könnte höchstens als Unterschlagung erfasst werden, doch fehle hiefür ein rechtzeitiger Strafantrag. 2. Es ist daher zu prüfen, ob eine Wegnahme im Sinne von Art. 137 StGB vorliegt, d.h. ob der Gewahrsam des Eigentümers gebrochen wurde. Bei einem Barkauf (Handkauf), welcher korrekterweise so vor sich geht, dass der Käufer die Ware an sich nimmt (Selbstbedienungsladen, Selbstbedienungstankstelle) oder sich geben lässt und nachher an der Kasse bezahlt, bevor er den Verkaufsraum oder das Verkaufsareal verlässt, geht nach der Rechtsprechung der Gewahrsam an der Kaufsache erst mit der ordnungsgemässen Bezahlung des Kaufpreises vollständig auf den Käufer über. Bis zur Preiszahlung bleibt zumindest Mitgewahrsam des Verkäufers bestehen (vgl. R. LEVI-ANLIKER, Zur Problematik des strafrechtlichen BGE 110 IV 12 S. 14 Gewahrsamsbegriffs, Diss. Zürich 1977, S. 64 ff.). Die in dieser Phase (vor der Zahlung des Preises) vorhandene "Herrschaftsmöglichkeit" des Kunden erlaubt allenfalls die Verschiebung innerhalb des Verkaufsareals, nicht aber die Wegnahme der Sache aus dem Herrschaftsbereich des Verkäufers. Die gänzliche Aufhebung der Sachherrschaft des Verkaufsgeschäftes, d.h. die Mitnahme der Sache aus dem Verkaufsraum/Verkaufsareal ist rechtlich erst zulässig, wenn der Preis bezahlt ist. Ein Mitnehmen oder Wegführen der Sache ohne Zahlung des Preises (oder Zustimmung des Verkäufers, d.h. Vereinbarung eines Kreditkaufes) stellt einen Bruch des Gewahrsams bzw. Mitgewahrsams des Verkäufers dar (vgl. BGE 92 IV 90 ; R. STEPHANI, Die Wegnahme von Waren in Selbstbedienungsgeschäften durch Kunden, Diss. Bern 1968, S. 9 f.). Diese herrschende strafrechtliche Betrachtungsweise entspricht dem effektiven Ablauf der Verkaufstätigkeit in solchen Geschäften. Ob die Ware vom Kunden selber vom Regal genommen oder durch Verkaufspersonal abgeschnitten und eingepackt (z.B. Fleisch, Käse) bzw. eingefüllt (Benzin) wird, kann für die Frage des Fortbestandes von Mitgewahrsam des Verkäufers bis zur ordnungsgemässen Bezahlung des Preises nicht massgebend sein. Solange die Ware sich noch im Verkaufsareal befindet und nicht bezahlt ist, hat der Verkäufer subjektiv und objektiv noch eine erhebliche Sachherrschaft, die von demjenigen rechtswidrig gebrochen wird, der die Ware ohne Bezahlung mitnimmt ( BGE 92 IV 90 /91). Das vorsätzliche Wegfahren mit dem nicht bezahlten Benzin wurde daher im vorliegenden Fall richtigerweise unter Art. 137 StGB subsumiert. Eine Bestrafung wegen Unterschlagung kam von vornherein nicht in Frage, weil Art. 141 StGB voraussetzt, dass der Täter den Alleingewahrsam hat und dass dieser Gewahrsam ohne den Willen des Täters (durch Naturgewalt, Irrtum, Zufall, Fund) zustande kam. Dies trifft hier nicht zu. Die Beziehung zur in Frage stehenden Ware hat der Beschwerdeführer willentlich herbeigeführt, indem er sich vom Tankwart Benzin einfüllen liess. Diese Übergabe der Ware erfolgte unter der stillschweigenden, aber klaren Bedingung, dass der Preis sofort bezahlt werde und dass ein Wegführen des Benzins ohne Bezahlung nicht gestattet sei. Die Sachherrschaft des Verkäufers über das Benzin war mit dem Einfüllen in den Tank faktisch gelockert, aber nicht aufgehoben. Mitgewahrsam am eingefüllten, aber (noch) BGE 110 IV 12 S. 15 nicht bezahlten Benzin blieb bestehen, und diesen Mitgewahrsam hat der Beschwerdeführer durch das Wegfahren gebrochen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
84e55cbf-6dea-475b-91d6-fefaeac6a292
Urteilskopf 86 II 398 60. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Dezember 1960 i. S. Oberleitner gegen Huber.
Regeste Grundstückkauf, Formmangel; Rechtsmissbrauch. Art. 216 Abs. 1 OR , Art. 2 ZGB . Der Formmangel ist im Verhältnis zwischen den Vertragsparteien unbeachtlich, wenn seine Berücksichtigung gegen Treu und Glauben verstiesse (Erw. 1). Voraussetzungen hiefür (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 398 BGE 86 II 398 S. 398 A.- Der Beklagte Oberleitner verkaufte an den Kläger Huber mit öffentlich beurkundetem Kaufvertrag vom 29. November 1956 eine Liegenschaft, bestehend aus Wohnhaus und Garten. Der Kaufpreis wurde mit Fr. 53'000.-- verurkundet, zu tilgen durch Übernahme der Grundpfandschulden von Fr. 45'000.-- und durch Barzahlung der Differenz von Fr. 8000.--. Bezüglich dieses Restkaufpreises von Fr. 8000.-- wurde in der Kaufsurkunde erklärt, er sei bereits bar bezahlt worden. Wie nicht streitig ist, hatte jedoch der Kläger nur Fr. 3000.-- in bar erlegt und dazu ein Gemälde im Werte von Fr. 2000.-- an Zahlung gegeben, d.h. also insgesamt Fr. 5000.-- bezahlt. Der Kaufpreis betrug somit in Wirklichkeit nicht Fr. 53'000.-- wie verurkundet, sondern lediglich Fr. 50'000.--. Der Kläger bezog die Liegenschaft Anfang Dezember BGE 86 II 398 S. 399 1956. In der Folge zeigten sich am Haus Feuchtigkeitserscheinungen, weswegen der Kläger am 24. Januar 1957 Mängelrüge erhob. B.- Am 9./22. November 1957 reichte der Käufer Huber beim Vermittleramt Klage ein auf Wandelung des Kaufvertrages wegen Mängeln der Kaufsache und auf Zusprechung von Fr. 984.-- Schadenersatz; eventuell verlangte er Zusprechung des Betrages von Fr. 10'619.70 nebst Zins unter dem Titel der Minderung des Kaufpreises und des Schadenersatzes. Vor Gericht liess er dann aber das Hauptbegehren auf Wandelung fallen und beschränkte sich auf die Geltendmachung des Minderungs- und Schadenersatzanspruches. Der Beklagte bestritt die Klage im vollen Umfang. C.- Das Bezirksgericht St. Gallen wies mit Urteil vom 27. November 1958 die Klage mit der Begründung ab, Voraussetzung für einen Gewährleistungsanspruch sei das Vorhandensein eines gültigen Kaufvertrages. Ein solcher sei aber zwischen den Parteien nicht zustande gekommen, weil der öffentlich beurkundete Kaufpreis von Fr. 53'000.-- nicht dem tatsächlich vereinbarten von Fr. 50'000.-- entsprochen habe. Die Auseinandersetzung der Parteien habe daher nach den Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung bezw. nach den Besitzesregeln ( Art. 938-940 ZGB ) zu erfolgen, was im vorliegenden Prozess wegen des Verbotes der Klageänderung nicht möglich sei. Übrigens hätte die Klage auch unter dem Gesichtspunkt des Währschaftsrechtes wegen verspäteter Mängelrüge abgewiesen werden müssen. D.- Das Kantonsgericht St. Gallen pflichtete zwar der ersten Instanz darin bei, dass der Kaufvertrag wegen Nichtübereinstimmung des beurkundeten mit dem vereinbarten Kaufpreis an sich nichtig sei. Es erklärte die Nichtigkeit jedoch im vorliegenden Falle als unbeachtlich, weil die Berufung darauf gegen Treu und Glauben verstosse und daher einen Rechtsmissbrauch bedeute. Demgemäss behandelte das Kantonsgericht den Vertrag als rechtsgültig BGE 86 II 398 S. 400 und trat auf das Preisminderungsbegehren ein. Es erachtete die Mängelrüge des Klägers als nicht verspätet, bejahte auf Grund eines von ihr eingeholten Expertengutachtens das Bestehen eines Preisminderungsanspruches und schützte mit Urteil vom 7. Juli 1960 die Klage im Betrage von Fr. 8770.-- nebst 5% Zins seit 29. November 1957. E.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt der Beklagte erneut Abweisung der Klage, eventuell Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Beurteilung. Der Kläger beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wie beide Vorinstanzen zutreffend entschieden haben und im Berufungsverfahren auch seitens beider Parteien anerkannt wird, ist der Kaufvertrag über eine Liegenschaft formnichtig, wenn, wie im vorliegenden Fall, der öffentlich beurkundete Kaufpreis dem unter den Parteien vereinbarten nicht entspricht, und zwar gilt dies nach der gegenwärtigen Rechtsprechung des Bundesgerichts ohne Rücksicht darauf, ob der tatsächlich vereinbarte Kaufpreis höher oder niedriger ist als der verurkundete. Das ist die notwendige Folge daraus, dass die gesetzlich vorgeschriebene Form alle wesentlichen Punkte des Vertrages decken muss ( BGE 86 II 36 und dort erwähnte Entscheide, sowie BGE 86 II 231 , 260). Die Formnichtigkeit ist durch den Richter an sich von Amtes wegen zu beachten. Daher ist belanglos, dass der Beklagte sie im erstinstanzlichen Verfahren nicht eingewendet hat, sondern sich erst nachträglich, nachdem das Bezirksgericht die Frage von Amtes wegen aufgegriffen und das Geschäft als nichtig erklärt hatte, dann vor der zweiten Instanz auf den Formmangel berief. Nach der Rechtsprechung ( BGE 78 II 226 Erw. 2, BGE 84 II 375 Erw. 2, 641 Erw. 2, BGE 86 II 232 Erw. 6, 261 Erw. 3) ist die Formnichtigkeit im Verhältnis unter den Parteien BGE 86 II 398 S. 401 unbeachtlich, wenn ihre Berücksichtigung gegen Treu und Glauben verstossen würde; auch diese Frage ist von Amtes wegen zu prüfen ( BGE 78 II 227 , BGE 86 II 232 Erw. 6). Dabei hat der Richter ohne Bindung an starre Regeln die gesamten Umstände nach freiem Ermessen zu würdigen ( BGE 72 II 44 , BGE 78 II 227 , BGE 84 II 375 , BGE 86 II 232 ). Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlass. Rechtstheoretisch bedeutet es zwar einen gewissen Widerspruch, die von Amtes wegen zu beachtende Nichtigkeit im Einzelfalle gleichwohl unberücksichtigt zu lassen und ein an sich nichtiges Geschäft so zu behandeln, wie wenn es gültig wäre. Allein über diese theoretische Unstimmigkeit darf, wie die I. Zivilabteilung des Bundesgerichts anlässlich eines Meinungsaustausches vom 6. November 1958 mit dem Kassationshof über diese Frage ausgeführt hat, aus praktischen, vom Gesichtspunkt der Billigkeit aus gebotenen Gründen hinweggesehen werden. Insbesondere kommt dem Umstand, dass bei dieser Lösung Grundbucheintrag und materielle Rechtslage nicht miteinander übereinstimmen, praktisch keine grosse Bedeutung zu, da eine ernstliche Beeinträchtigung der Grundbuchsicherheit deswegen nicht zu befürchten ist. Denn wer von dem im Grundbuch als Eigentümer Eingetragenen gutgläubig das Eigentum oder ein anderes dingliches Recht erwirbt, ist nach Art. 973 ZGB in seinem Erwerb geschützt, selbst wenn sein formeller Rechtsvorgänger zufolge Formmangels seines Erwerbsaktes materiell nicht Eigentümer gewesen sein sollte. Der als Eigentümer Eingetragene selber befindet sich allerdings insofern in einer ungewissen Rechtslage, als er mit der Möglichkeit rechnen muss, dass der zu seinen Gunsten bestehende Grundbucheintrag wegen Fehlens eines Rechtsgrundes dahinfallen könnte. Aber über diese Unsicherheit kann er sich nicht beklagen, wenn er um anderer Vorteile willen zu der Eintragung auf Grund eines ungültigen Kaufvertrages Hand geboten hat. Gegen unbillige Folgen dieser Ungewissheit ist er dadurch geschützt, dass dort, wo die Umstände es rechtfertigen, dem BGE 86 II 398 S. 402 Vertragsgegner die Berufung auf den Formmangel wegen Rechtsmissbrauchs verwehrt ist. Angesichts der praktisch geringen Bedeutung, welche der Nichtübereinstimmung von Grundbuch und materieller Rechtslage zukommt, besteht auch kein Anlass, als Folge des Formmangels statt der Nichtigkeit eine besonders geartete Ungültigkeit anzunehmen, die vom Richter nicht von Amtes wegen berücksichtigt werden müsste, sondern der Geltendmachung seitens einer Partei bedürfte, wie dies gelegentlich im Schrifttum vorgeschlagen worden ist (vgl. HAAB, ZGB Art. 657 N. 34/5; KELLERHALS, Simulation im Grundstückkauf, S. 74 ff.). Denn nimmt man an, dass die Frage, ob die Berücksichtigung der Nichtigkeit nicht gegen Treu und Glauben verstiesse, ebenfalls von Amtes wegen zu prüfen ist, so entfällt das Hauptbedenken der Vertreter der Ungültigkeitstheorie, dass die Nichtigkeit auch dort von Amtes wegen berücksichtigt werden müsste, wo dies stossend wäre. 2. Die Vorinstanz hat angenommen, im vorliegenden Fall sei die Formnichtigkeit des Kaufvertrages nicht zu beachten, weil ihre Berücksichtigung gegen Treu und Glauben verstossen würde. Sie begründet diese Auffassung damit, der Beklagte wolle offensichtlich nur einer Auseinandersetzung über das Minderungs- und Schadenersatzbegehren des Klägers ausweichen; damit mache er aber die Formvorschrift des Art. 216 OR einem ihr fremden Zwecke dienstbar. Sein Interesse an der Berücksichtigung der Formnichtigkeit des bereits vollzogenen Kaufes verdiene keinen Rechtsschutz; er habe keinen Anspruch darauf, im Streit über die Frage der richtigen Erfüllung des Vertrages besser dazustehen als ein Verkäufer, der sich ordnungsgemäss an die Formvorschrift gehalten habe. Diese Begründung hält jedoch der Prüfung nicht stand. a) Wie das Bundesgericht wiederholt ausgesprochen hat, bedeutet es grundsätzlich keinen Rechtsmissbrauch, wenn eine Partei sich zu ihren Gunsten auf die Ungültigkeit eines Rechtsgeschäftes wegen Formmangels beruft; BGE 86 II 398 S. 403 denn sonst würde die Formvorschrift praktisch ihrer Wirksamkeit weitgehend beraubt ( BGE 53 II 165 ). Als rechtsmissbräuchlich kann eine solche Einwendung nur bezeichnet werden, wenn ihre Erhebung wegen besonderer Umstände gegen Treu und Glauben verstösst ( BGE 86 II 261 und dort erwähnte Entscheide). b) Ein solch besonderer Umstand ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wie die Vorinstanz an sich zutreffend ausführt, z.B. darin zu erblicken, dass ein Verkäufer sich auf den Formmangel nur beruft, um einer Auseinandersetzung über die vom Käufer erhobenen Gewährleistungsansprüche auszuweichen; denn mit einem solchen Vorgehen macht der Verkäufer die Formvorschrift des Art. 216 OR einem ihr fremden Zweck dienstbar ( BGE 78 II 229 lit. b). Die Auffassung der Vorinstanz, dass es sich im vorliegenden Falle so verhalte, trifft jedoch nicht zu. Der Beklagte ist der Auseinandersetzung über das Minderungs- und Schadenersatzbegehren des Klägers keineswegs ausgewichen, sondern er hat sich vor erster Instanz darauf eingelassen. Die gegenteilige Annahme der Vorinstanz stellt keine tatsächliche Feststellung dar, an die das Bundesgericht gebunden wäre. Denn die Vorinstanz hat ihre Feststellung nicht aus Indizien gewonnen, die auf einen bestimmten inneren Willen des Beklagten schliessen liessen, sondern sie hat lediglich dessen Willenserklärung (die nachträgliche Berufung im Prozess auf die Nichtigkeit) ausgelegt. Zur Auslegung von Willenserklärungen ist das Bundesgericht aber befugt. c) Die Vorinstanz weist sodann darauf hin, dass das nichtige Geschäft seitens beider Parteien bereits vollzogen sei. Nun hat das Bundesgericht in seiner älteren Rechtsprechung freilich bei beidseitiger freiwilliger Erfüllung des von den Parteien in Wirklichkeit gewollten Vertrages die Berufung einer Partei auf die Formnichtigkeit als missbräuchlich zurückgewiesen mit der Begründung, die Beteiligten bedürften nach erfolgter Erfüllung des Vertrages des mit dem Formerfordernis der öffentlichen BGE 86 II 398 S. 404 Beurkundung wesentlich bezweckten Schutzes gegen die Folgen unüberlegter Entschlüsse nicht mehr ( BGE 50 II 147 , BGE 53 II 165 , BGE 54 II 331 ). Diese Betrachtungsweise verquickt aber die Motive des Gesetzgebers für die Aufstellung der Formvorschrift unrichtigerweise mit dem Schutzbedürfnis im Einzelfall. Wohl wurde der Grundstückkauf wegen des allgemeinen Schutzbedürfnisses vor unüberlegten Entschlüssen (aber nicht allein deswegen) unter die Formvorschrift gestellt; das zieht grundsätzlich die Nichtigkeit jedes dieser Form entbehrenden Kaufgeschäfts nach sich, ohne dass für jeden Einzelfall das Schutzbedürfnis der betreffenden Partei dargetan sein müsste. In der neueren Rechtsprechung wurde denn auch die Erfüllung des formungültigen Vertrages durch beide Parteien zwar als ein Umstand von erheblicher Bedeutung bezeichnet, jedoch wurde offen gelassen, ob er für sich allein die Erhebung der Nichtigkeitseinrede in jedem Falle ausschliesse ( BGE 72 II 43 , BGE 78 II 227 , BGE 84 II 376 , BGE 86 II 232 ). Es wurden vielmehr jeweils weitere Gesichtspunkte mit in Erwägung gezogen, wie z.B., ob die Anrufung des Formmangels auf der Verfolgung eines der Formvorschrift fremden Zweckes beruhe oder ob die den Formmangel einwendende Partei diesen in arglistiger Weise selber verschuldet habe. Von einer zweckfremden Anrufung der Formvorschrift kann aber, wie bereits ausgeführt wurde, im vorliegenden Falle nicht gesprochen werden. Dass der Beklagte die Nichteinhaltung der Formvorschrift in arglistiger Absicht selber herbeigeführt habe, ist nicht behauptet, geschweige denn dargetan. Es fehlt jeder Anhaltspunkt dafür, dass der Beklagte die unrichtige Beurkundung mit der Absicht veranlasst habe, sich hinterher auf die Formwidrigkeit des Geschäftes zu berufen. d) Wenn die Vorinstanz schliesslich ausführt, dass der Beklagte keinen Anspruch darauf habe, im Streit um die Frage der richtigen Erfüllung des Vertrages besser dazustehen als ein Verkäufer, der sich ordnungsgemäss an die Formvorschrift gehalten habe, so übersieht sie, dass nach BGE 86 II 398 S. 405 BGE 78 II 229 , welchen Entscheid sie offenbar im Auge hat, dies nur dem Verkäufer entgegengehalten werden kann, der den Formfehler gewollt und gefördert hat. Für eine solche Absicht des Beklagten liegt aber, wie bereits dargelegt, nichts vor. In Anbetracht aller Umstände kann daher entgegen der Vorinstanz nicht angenommen werden, es liege darin, dass der Beklagte nachträglich die ihm von der ersten Instanz zugeschobene Berufung auf den Formmangel übernahm, ein Verstoss gegen Treu und Glauben, der eine Berücksichtigung der Formwidrigkeit verbiete. 3. Muss es somit bei der Nichtigkeit des Kaufvertrages vom 29. November 1956 sein Bewenden haben, so ist für die vom Kläger geltend gemachten Minderungs- und Schadenersatzansprüche kein Raum, da diese einen gültigen Kaufvertrag voraussetzen. Das führt zur Abweisung der Klage. Es muss den Parteien überlassen bleiben, sich, ausgehend von der Nichtigkeit des Vertrages, über die gegenseitigen Rückleistungen auseinanderzusetzen. Nach den in Anwendung des kantonalen Prozessrechtes getroffenen und daher vom Bundesgericht nicht überprüfbaren Erwägungen des Bezirksgerichts war dies im vorliegenden Prozess nicht möglich. Aber auch das Bundesgericht könnte nach Art. 55 Abs. 1 lit. c OG auf eine solche Rückforderungsklage als auf einen neuen Anspruch nicht eintreten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer, vom 7. Juli 1960 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.
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Federation
84e85562-5514-4edb-be10-4563b952f33e
Urteilskopf 126 V 480 80. Extrait de l'arrêt du 1er décembre 2000 dans la cause A. contre La Caisse Vaudoise, Assurance maladie et accidents, et Tribunal administratif du canton de Neuchâtel
Regeste Art. 7 Abs. 2 KVG (in der bis 30. September 2000 gültig gewesenen Fassung): Berechnung der für einen Wechsel des Versicherers einzuhaltenden einmonatigen Kündigungsfrist. Die Willenserklärung, mittels welcher die versicherte Person den Versicherer unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Monat seit Ankündigung einer Prämienerhöhung auf das Ende eines Monats wechseln kann, ist ein empfangsbedürftiger Gestaltungsakt. Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Kündigung dem Empfänger spätestens am letzten Tag des der Auflösung des Versicherungsverhältnisses vorangehenden Monats zugeht.
Erwägungen ab Seite 481 BGE 126 V 480 S. 481 Extrait des considérants: 1. Le litige porte sur le point de savoir quand ont pris effet les avis remis à la poste le 30 novembre 1998, par lesquels A., son épouse et son fils (ci-après: les recourants) ont manifesté à la caisse intimée leur volonté de changer d'assureur pour le 1er janvier 1999. 2. a) L' art. 7 LAMal règle les conditions de changement d'assureur. Avant que son alinéa 2 ne soit modifié par la novelle du 24 mars 2000, en vigueur depuis le 1er octobre 2000 (RO 2000 2305, 2311), cette disposition avait, jusqu'au 30 septembre 2000, la teneur suivante (déterminante pour trancher le litige): "1. L'assuré peut, moyennant un préavis de trois mois, changer d'assureur pour la fin d'un semestre d'une année civile. 2. En cas d'augmentation de la prime, le délai de préavis est d'un mois pour la fin du mois dès la communication de l'augmentation. Les assureurs doivent annoncer les augmentations de primes au moins deux mois à l'avance et signaler le droit de changer d'assureur." S'agissant des formes particulières d'assurance, l' art. 94 al. 2 OAMal précise que le changement d'assureur est possible un an au plus tôt après l'adhésion à l'assurance avec franchises à option, pour la fin de l'année civile et moyennant préavis donné dans les délais fixés à l'art. 7, 1er et 2e alinéas de la loi. b) Selon les juges cantonaux, le droit de changer d'assureur au sens de cette disposition correspond, par sa nature, à une résiliation. Or, comme manifestation de volonté soumise à réception, une telle résiliation ne peut produire ses effets, à leurs yeux, que lorsqu'elle parvient effectivement à son destinataire (théorie dite de la réception). Aussi bien considèrent-ils que la date déterminante pour savoir si les recourants ont annoncé à temps leur volonté de changer d'assureur est le 1er décembre 1998, soit le jour où les préavis remis à la poste un jour plus tôt sont parvenus à la caisse intimée. Les recourants soutiennent au contraire que, dans la mesure où leurs rapports d'assurance avec l'intimée relèvent du droit public, c'est la date à laquelle les préavis ont été remis à la poste qui "fait foi" (théorie dite de l'expédition), comme cela vaudrait, d'après eux, de manière générale en droit administratif. c) Avec les premiers juges, il faut convenir que la possibilité de changer d'assureur prévue à l' art. 7 LAMal s'apparente, par sa nature et dans ses effets, à une résiliation (dans le même sens, GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, ch. 46). La jurisprudence parle BGE 126 V 480 S. 482 d'ailleurs de résiliation ordinaire au sujet de l' art. 7 al. 1 LAMal ( ATF 124 V 336 consid. 2a), et de résiliation extraordinaire quand celle-ci survient, conformément à l'ancien art. 7 al. 2 LAMal , ensuite d'une augmentation des primes ( ATF 124 V 336 consid. 2b). Quant aux parties, elles ne s'y sont pas trompées, puisqu'elles ont qualifié soit de "résiliation", soit de "démission", les avis par lesquels les recourants ont communiqué leur volonté de changer d'assureur. d) Sous l'empire de la LAMA, le Tribunal fédéral des assurances a jugé que la déclaration de volonté par laquelle un assuré démissionnait d'une caisse-maladie était un acte juridique unilatéral produisant ses effets indépendamment du consentement de l'assureur. Comme droit formateur (résolutoire), cette déclaration de volonté était soumise à réception. Autrement dit, la résiliation devait être reçue par la caisse-maladie au plus tard le dernier jour du terme légal ou statutaire, sous peine d'être tardive et de ne prendre effet que pour le prochain terme utile (RAMA 1991 no K 873 p. 195 consid. 4 et les références). Cette jurisprudence conserve toute sa valeur après l'entrée en vigueur de la LAMal. En effet, le nouveau droit n'a rien changé au fait que l'assuré peut toujours, par un simple acte formateur, mettre un terme au rapport juridique qui le lie à sa caisse-maladie. La seule différence tient à ceci que, pour respecter le principe de l'assurance obligatoire consacré par l' art. 3 LAMal , "l'affiliation auprès de l'ancien assureur ne prend fin que lorsque le nouvel assureur lui a communiqué qu'il assure l'intéressé sans interruption de la protection d'assurance" ( art. 7 al. 5 LAMal ). Cette restriction n'enlève toutefois rien au caractère unilatéral de la déclaration de volonté par laquelle l'assuré demeure libre, par le jeu de l' art. 7 LAMal , de résilier son rapport d'assurance, en ce sens que, comme c'était le cas sous l'ancien droit, la validité de cette résiliation ne dépend pas de l'accord de l'assureur concerné. e) Cette solution s'impose pour une autre raison encore. Dans sa nouvelle teneur en vigueur depuis le 1er octobre 2000, l' art. 7 al. 2 LAMal dispose ceci: "Lors de la communication de la nouvelle prime, il (l'assuré) peut changer d'assureur pour la fin du mois qui précède le début de la validité de la nouvelle prime, moyennant un préavis d'un mois. L'assureur doit annoncer à chaque assuré les nouvelles primes approuvées par l'Office fédéral des assurances sociales au moins deux mois à l'avance et signaler à l'assuré qu'il a le droit de changer d'assureur." BGE 126 V 480 S. 483 Selon le Message du Conseil fédéral du 21 septembre 1998 concernant la révision partielle de la LAMal, la nouvelle formulation de l' art. 7 al. 2 LAMal vise à permettre aux assurés de changer d'assureur, non plus seulement en cas d'augmentation des primes comme jusqu'ici, mais également lorsque les nouvelles primes approuvées par l'Office fédéral des assurances sociales ne varient pas ou sont inférieures aux précédentes. Il s'est également agi, dans l'esprit du législateur, d'uniformiser la date à laquelle le changement d'assureur peut intervenir, en ce sens que "si les primes sont valables pour le 1er janvier, les assureurs les annoncent pour le 31 octobre au plus tard et les assurés peuvent communiquer leur changement jusqu'au 30 novembre" (FF 1999 753 ss, 767). Il apparaît ainsi qu'en ce qui concerne le principe de soumettre la personne assurée à l'observation d'un délai de préavis d'un mois pour changer d'assureur, le nouvel art. 7 al. 2 LAMal n'a pas introduit de nouveauté par rapport à son ancienne version, son but étant simplement d'instaurer un terme de résiliation unique. Dès lors, en disant que les "assurés peuvent communiquer leur changement d'assureur jusqu'au 30 novembre" (en allemand: "die Versicherten können ihren Wechsel bis zum 30. Nov. mitteilen" [BBl 1999 836]; en italien: "gli assicurati possono comunicare il cambiamento per al 30 nov." [FF 1999 727]), le législateur témoigne clairement de sa volonté de voir appliquer la théorie de la réception pour computer le délai de préavis d'un mois. f) Reçus par l'intimée le 1er décembre 1998, les avis par lesquels les recourants ont manifesté à la caisse intimée leur volonté de changer d'assureur pour le 31 décembre 1998 sont donc tardifs. Partant, leurs effets s'en trouvent reportés au prochain terme légal soit, s'agissant d'assurances avec franchise à option, au 31 décembre 1999 (conformément à ce que prévoit l' art. 94 al. 2 OAMal , dont le Tribunal fédéral des assurances a reconnu la légalité dans l'arrêt publié à la RAMA 1998 no KV 39 p. 375).
null
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Urteilskopf 99 Ia 518 63. Extrait de l'arrêt du 24 octobre 1973 dans la cause Comité référendaire de Cheseaux-sur-Lausanne contre commune de Cheseaux-sur-Lausanne et Conseil d'Etat du canton de Vaud.
Regeste Referendum gegen einen rechtsetzenden Erlass. Muss sich das Referendum auf den Erlass als Ganzes beziehen oder kann es sich auch nur gegen einzelne seiner Bestimmungen richten?
Sachverhalt ab Seite 518 BGE 99 Ia 518 S. 518 Résumé des faits: A.- Le Conseil communal (assemblée délibérante) de Cheseaux-sur-Lausanne a adopté le 19 septembre 1972 un règlement sur les égouts et l'épuration des eaux usées, dont les art. 41 à 49 prévoient le prélèvement de diverses taxes, les unes uniques, les autres annuelles. L'art. 44 prévoit, pour tout bâtiment raccordé directement ou indirectement aux collecteurs aboutissant aux installations collectives d'épuration, la perception: a) d'une taxe unique d'introduction à la station d'épuration de 3‰ de la valeur d'assurance incendie, selon l'indice de l'année en cours et payable selon les dispositions de l'art. 42, sous déduction de la participation déjà versée; b) d'une taxe annuelle proportionnelle à la quantité d'eau concédée et dont le tarif est arrêté par le Conseil communal. B.- Un comité référendaire a déposé le 22 septembre au greffe municipal une demande de référendum selon laquelle devait être soumise à l'assemblée de commune la question suivante: BGE 99 Ia 518 S. 519 "Acceptez-vous, à l'art. 44 du règlement sur les égouts et l'épuration des eaux usées, que pour tout bâtiment raccordé directement ou indirectement aux collecteurs et aboutissant aux installations collectives d'épuration, il soit perçu une taxe unique d'introduction à la station d'épuration, calculée au taux de 3‰ de la valeur de l'assurance incendie selon l'indice de l'année en cours et payable selon les dispositions de l'art. 42, sous déduction de la participation déjà versée?" La demande de référendum a obtenu dans le délai légal le nombre de signatures requis par la loi. Par lettre du 4 octobre 1972, la Municipalité de Cheseaux a cependant informé le comité référendaire que cette demande ne pouvait pas être soumise au vote du peuple, parce que contraire à la loi. En effet, disait la Municipalité, "un référendum ne peut pas être dirigé contre une seule disposition d'un règlement mais doit viser le règlement dans son ensemble". C.- Saisi d'un recours contre la décision de la Municipalité, le Conseil d'Etat l'a rejeté. D.- Agissant par la voie du recours de droit public fondé sur l'art. 85 lettre a OJ, le comité référendaire demande au Tribunal fédéral d'annuler les décisions prises par la Municipalité de Cheseaux et par le Conseil d'Etat, puis d'ordonner que soit soumise au peuple la question qui avait fait l'objet de la demande de référendum. Après avoir relevé que le référendum est une soupape essentielle de notre système démocratique, que le droit vaudois en restreint déjà l'exercice par la brièveté du délai et par le nombre de signatures exigé, et enfin que la taxe contestée n'a pas une importance financière décisive pour la commune de Cheseaux, le recourant s'en prend à l'interprétation selon laquelle un nouveau règlement ne peut faire l'objet d'un référendum que dans son entier; il qualifie cette interprétation d'arbitraire et reproche au Conseil d'Etat d'avoir péché par excès de formalisme. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des motifs: 3. La question à résoudre est de savoir si, lorsqu'il a pour objet un acte législatif (loi ou règlement) le référendum ne peut porter que sur cet acte dans son ensemble, tel qu'il a été finalement adopté par l'autorité législative dans un vote unique, ou s'il peut se limiter à certaines dispositions seulement. BGE 99 Ia 518 S. 520 S'agissant d'actes cantonaux ou communaux, cela dépend uniquement du droit public cantonal - par opposition au droit fédéral - qui est sur ce point souverain. a) Le droit public vaudois ne tranche pas expressément la question, ni dans un sens, ni dans l'autre. Il faut donc l'interpréter, pour remédier à ce qui constitue une véritable lacune. Le Tribunal fédéral peut le faire avec un pouvoir de libre examen. En effet, lorsqu'il est saisi comme en l'espèce d'un recours fondé sur l'art. 85 lettre a OJ, il examine en principe librement l'application du droit constitutionnel cantonal et des lois qui précisent le contenu et l'étendue du droit de vote (RO 98 I a 205 consid. 3, 97 I 32 s. et 663 consid. 3, 94 I 33). L'art. 90 bis Cst. cant. soumet au référendum facultatif les "décisions" prises par le Conseil communal, tout en laissant au législateur le soin d'en définir l'objet possible. A son art. 114, qui est une paraphrase du texte constitutionnel, la loi cantonale sur l'exercice des droits politiques reprend ce terme de "décision" sans lui apporter aucune précision; l'art. 116 se borne à énumérer les actes qui, par exception au principe, sont soustraits au référendum. Dans le langage du droit public, le mot "décision" au sens large vise habituellement toute résolution que prend une autorité et qui est destinée à produire un certain effet juridique ou à constater l'existence ou l'inexistence d'un droit ou d'une obligation; au sens étroit, c'est un acte qui, tout en répondant à cette définition, intervient dans un cas individuel et concret. De toute évidence, c'est dans le sens large que l'art. 90 bis de la constitution vaudoise utilise le mot "décision", avec cette conséquence que le référendum facultatif est en principe ouvert sur le plan communal aussi bien contre des actes législatifs (règlements communaux) que contre des actes administratifs individuels du Conseil communal. Cela n'est d'ailleurs contesté en l'espèce par aucune des parties. S'agissant d'actes législatifs (règlements), il n'y a qu'une seule décision au sens de la définition qu'on vient de rappeler: c'est celle qui, dans un vote final, approuve l'acte dans son ensemble et qui tend à lui donner force de loi, sous réserve de référendum ou de l'approbation d'une autre autorité. Certes, il est d'usage qu'un projet de loi ou de règlement soit d'abord discuté article par article, avec vote éventuel sur chacun d'eux. Mais il ne s'agit encore que de décisions préliminaires et provisoires qui BGE 99 Ia 518 S. 521 resteront sans effet si le projet n'est pas finalement adopté dans son ensemble, avec les amendements qui lui ont été apportés au cours des débats. En droit vaudois, la loi sur les communes (du 28 février 1956) ne prescrit même pas cette procédure fractionnée, si bien qu'elle considère implicitement un projet de règlement soumis au Conseil communal comme formant un tout quant à la décision à prendre. En revanche, la manière de procéder de chaque Conseil communal fait généralement l'objet d'un règlement que ce Conseil établit lui-même. Or celui de la commune de Cheseaux, qui date du 20 février 1962, consacre la procédure usuelle à son art. 65. Il y est dit que lorsque l'objet en discussion embrasse diverses questions, la discussion est ouverte sur chacun des articles qu'il renferme, qu'une votation éventuelle intervient sur chacun d'eux, et qu'après une discussion générale a lieu une votation de l'ensemble de la proposition telle qu'elle a été amendée dans la votation des articles. Formellement, c'est cette votation d'ensemble, et elle seule, qui constitue la "décision" susceptible de référendum. Ainsi les textes applicables, interprétés de cette façon, conduisent à dire que le référendum ne peut pas être demandé contre certains articles seulement d'un règlement nouvellement adopté. Pour qu'il puisse l'être, il aurait fallu que le législateur cantonal le dise expressément, ce qu'il n'a pas fait. En revanche, il va de soi qu'une décision modifiant un règlement existant, fût-ce dans un seul de ses articles, est susceptible de référendum, car c'est bien une décision au sens défini plus haut. b) Fondée sur des motifs d'ordre formel, cette conclusion est en outre matériellement raisonnable. Certes, en ouvrant le référendum facultatif contre certaines dispositions seulement d'une loi ou d'un règlement, on élargirait de façon séduisante l'exercice des droits démocratiques: on permettrait aux citoyens qui admettent, dans son principe et dans sa généralité, une nouvelle réglementation de demander que le peuple se prononce sur quelques points particulièrement controversés, et cela sans le risque de faire échouer le tout; on fermerait en outre la porte - mais en partie seulement - aux marchandages qui se produisent parfois à propos de certains articles d'un projet de loi, sous la menace d'un référendum contre le tout. Mais à ces avantages s'opposent de graves inconvénients. Tout d'abord, quant à son contenu, une loi forme à tel point un tout qu'on risquerait d'en compromettre l'harmonie, la BGE 99 Ia 518 S. 522 cohérence ou l'efficacité en permettant au peuple lui-même d'en retrancher, par un choix plus ou moins arbitraire, certains de ses éléments seulement. Et il ne saurait évidemment être question d'admettre le référendum partiel de cas en cas, suivant qu'il doit porter ou non sur des éléments essentiels: on créerait alors une intolérable insécurité juridique qui serait la source de nombreuses contestations parfois insolubles. D'autre part, dans le cas où le peuple rejetterait certains articles seulement d'une nouvelle réglementation, il faudrait se demander si ce rejet ne devrait pas entraîner la caducité de toute la réglementation, ou du moins la caducité d'autres dispositions étroitement liées à celles qui ont été condamnées (cf. AUBERT, Le référendum populaire, RDS 1972, p. 480 ss., N. 56 et 66). Il est vrai que la même difficulté peut se présenter pour le législateur - et pour le juge - en cas d'annulation judiciaire partielle; mais cela ne justifie pas d'ouvrir encore la porte à d'autres complications du même genre. Enfin, le référendum partiel aurait pour résultat, s'il était admissible, qu'une même réglementation pourrait faire parallèlement l'objet de plusieurs, voire de nombreuses demandes de votations séparées, ce qui créerait la confusion pour l'électeur. c) Des raisons de ce genre expliquent probablement que, de façon assez générale en droit public suisse, le référendum législatif facultatif est nécessairement global et ne peut porter que sur la loi contestée dans son ensemble. Il en est ainsi en droit fédéral (AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, N. 1133 p. 423) et dans la majorité des cantons. Plusieurs font à vrai dire exception, tels que Zurich (art. 30 al. 3 Cst. cant.), Zoug (§ 34 al. 3 Cst. cant.), Soleure (art. 17 al. 2 Cst. cant.), Schaffhouse (art. 42 al. 4 Cst. cant.), Saint-Gall (art. 47 Cst. cant.) et Argovie (art. 25 al. 2 Cst. cant.); jusqu'en 1969, Lucerne était aussi du nombre (ancien § 39 al. 4 Cst. cant., cf. RO 80 I 168 ss.). Mais dans tous ces cantons - que le référendum législatif y soit obligatoire ou facultatif - c'est au Grand Conseil qu'il appartient de décider, à titre exceptionnel généralement, qu'il y aura des votations séparées sur certains éléments déterminés de la loi soumise au peuple. On a probablement considéré que cette autorité pouvait seule apprécier s'il est opportun de fractionner la votation sans risque sérieux d'aboutir à une réglementation essentiellement incomplète. Mais nulle part, semble-t-il, les citoyens ne peuvent euxmêmes BGE 99 Ia 518 S. 523 demander - là où le référendum est facultatif - que le peuple se prononce sur certains articles seulement ou qu'il y ait plusieurs votations séparées sur les divers éléments d'une loi. De lege ferenda, la question est peut-être discutable. Mais la tendance générale du droit public suisse est telle que, de lege lata, on doit exiger une disposition expresse de la constitution ou de la loi pour que le référendum partiel soit possible. Or une telle disposition fait défaut en droit vaudois. d) Pour ces divers motifs, la Municipalité de Cheseaux, puis le Conseil d'Etat, ont eu raison de déclarer irrecevable la demande de référendum portant sur un seul article - et même sur l'un de ses éléments seulement - du nouveau règlement communal sur les égouts et l'épuration des eaux usées. Bien loin de tomber dans l'arbitraire, les autorités communales et cantonales ont choisi la solution juste. Contrairement à ce que soutient le recourant, elles n'ont pas non plus fait preuve d'un formalisme excessif, car la décision prise avait une importance de fond pour l'équilibre du nouveau règlement. 4. On peut se demander si la Municipalité de Cheseaux n'aurait pas dû déclarer la demande de référendum irrecevable au moment déjà où elle lui a été présentée le 22 septembre 1972, avant la récolte des signatures. Le Comité référendaire aurait alors pu soit modifier sa proposition, soit renoncer au référendum s'il ne voulait pas remettre en cause tout le règlement. Mais il faudrait d'abord se demander si la Municipalité aurait eu ce pouvoir, ce qui semble pour le moins douteux. Le Tribunal fédéral n'a cependant pas à examiner ici ces questions, étant donné que le recourant ne les a pas soulevées et qu'il n'y voit donc pas de motif d'annuler la décision attaquée. En matière de recours de droit public, même fondé sur l'art. 85 lettre a OJ, le Tribunal fédéral se considère comme lié par les moyens que les parties ont invoqués, au moins implicitement.
public_law
nan
fr
1,973
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
84ee716d-7a67-4e17-95af-402a03247773
Urteilskopf 103 IV 126 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Mai 1977 i.S. R. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern
Regeste Art. 272 Abs. 2 BStP . Frist zur Beschwerdebegründung. Eine nach Ablauf der Frist eingereichte Beschwerdebegründung ist nur rechtsgültig, wenn die Voraussetzungen der Wiederherstellung nach Art. 35 Abs. 1 OG erfüllt sind. Das gilt auch, wenn der Beschwerdeführer einen Anwalt beiziehen und ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gemäss Art. 152 Abs. 2 OG stellen will.
Erwägungen ab Seite 127 BGE 103 IV 126 S. 127 Aus den Erwägungen: Die Frist zur Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 272 Abs. 2 BStP ist eine gesetzliche Frist, die gemäss Art. 33 Abs. 1 OG nicht erstreckt werden kann. Auch finden die Vorschriften über den Stillstand der Fristen in Strafsachen keine Anwendung ( Art. 34 Abs. 2 OG ). Eine von einem Verteidiger des Beschwerdeführers verfasste Beschwerdebegründung könnte daher nach Ablauf der gesetzlichen Frist nur entgegengenommen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung gemäss Art. 35 Abs. 1 OG erfüllt wären, insbesondere wenn der Beschwerdeführer durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden wäre, fristgerecht eine durch einen Verteidiger verfasste Beschwerdebegründung einreichen zu lassen. Ein solches Hindernis lag hier nicht vor. Der Beschwerdeführer wusste bereits am 24. oder 25. März 1977, dass er keinen Verteidiger mehr hatte. Auch war ihm in diesem Zeitpunkt bekannt, dass noch eine Beschwerdebegründung einzureichen war, nachdem er die Nichtigkeitsbeschwerde bereits am 18. März angemeldet hatte. Er hätte daher sogleich durch den Anwalt, den er als Verteidiger beiziehen will, ein Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gemäss Art. 152 Abs. 2 OG stellen lassen sollen. Statt unverzüglich zu handeln, hat er bis zum 12. April 1977 gewartet und damit beinahe drei Wochen nutzlos verstreichen lassen, um dann kurz vor Ablauf der Begründungsfrist die Bestellung eines amtlichen Verteidigers zu verlangen. Der Umstand, dass innert der gesetzlichen Frist des Art. 272 Abs. 2 BStP das Gesuch nicht mehr behandelt werden konnte und demzufolge für den Fall der Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege auch nicht mehr rechtzeitig eine Beschwerdebegründung eines rechtskundigen Verteidigers hat eingereicht werden können, ist somit vom Beschwerdeführer selbst verschuldet worden. BGE 103 IV 126 S. 128 Entfällt demnach für den Beschwerdeführer die Möglichkeit der nachträglichen Einreichung einer Beschwerdebegründung durch einen Verteidiger, wird das Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege gemäss Art. 152 Abs. 2 OG gegenstandslos.
null
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
84f5c167-dba6-46e1-ac12-399bf40a90c5
Urteilskopf 110 II 455 86. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 27 septembre 1984 dans la cause G. contre M.G.F.A. (Compagnie d'assurances) (recours en réforme)
Regeste Art. 42 Abs. 2 und 43 Abs. 1 OR. Der Umstand, dass ein durch Unfall invalid gewordener Ehemann teilweise den Haushalt führt, ist bei der Bemessung des Schadenersatzanspruches wegen Verdienstausfalls nicht zu berücksichtigen.
Erwägungen ab Seite 455 BGE 110 II 455 S. 455 Extrait des considérants: L'intimée et recourante par voie de jonction reproche à la cour cantonale de n'avoir pas tenu compte de ce que, depuis le 1er janvier 1979, G. fait des travaux de ménage. Ce grief n'est pas fondé. Certes, l'activité de la femme mariée au foyer a une valeur économique ( ATF 108 II 437 ss consid. 3). On ne saurait cependant transposer cette jurisprudence au cas du mari devenu invalide qui accomplit diverses tâches ménagères, préparant les repas et passant l'aspirateur, et opérer une déduction sur l'indemnité lui revenant pour perte de gain, en particulier lorsque, comme en l'espèce, l'épouse travaille désormais à plein temps dans son entreprise et non plus à mi-temps comme elle le faisait avant l'accident subi par le lésé. La cour cantonale considère avec raison, à cet égard, qu'il n'y a pas lieu de tenir compte de l'activité ménagère de G. dans le calcul de la perte de gain qu'il subit du fait de l'accident dont il a été la victime. Cette activité n'est pas, ainsi BGE 110 II 455 S. 456 qu'elle le souligne, de nature à procurer au demandeur un quelconque avantage matériel: en effet, si l'accident ne s'était pas produit, elle aurait été assumée, sinon par G. lui-même, du moins par sa femme, et ce en plus du travail inhérent à l'exploitation du salon de coiffure. Aucune déduction ne doit être opérée sur les indemnités dues au demandeur et recourant principal pour perte de gain passée, ni perte de gain future, en raison de l'activité ménagère limitée qu'il a depuis le 1er janvier 1979.
public_law
nan
fr
1,984
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
84f620f4-0d62-4027-b0f6-1cd91187d724
Urteilskopf 96 II 218 34. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Oktober 1970 i.S. Schweizerische Bundesbahnen gegen Baumann.
Regeste Art. 1 EHG , Art. 128 Ziff. 3 und 129 Abs. 2 KUVG . Eisenbahnhaftpflicht. 1. Die Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber den beim Eisenbahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Arbeitnehmern anderer Unternehmungen ist durch Art. 128 Ziff. 3 KUVG grundsätzlich aufgehoben worden, gleichgültig ob der Unfall auf Gefahren des Bahnbaues oder des Bahnbetriebes zurückzuführen sei (Erw. 3). 2. Das gilt auch für den durch die SUVA nicht gedeckten Teil einer dem KUVG unterstehenden Forderung (Erw. 4). 3. Wenn Bedienstete der Bahn, wie dem bahnfremden Bauarbeiter gegenüber, hier ein Verschulden trifft, kann die Eisenbahnunternehmung sich nicht auf Art. 129 Abs. 2 KUVG berufen, sondern hat ihm nach Art. 41 ff. OR Schadenersatz zu leisten (Erw. 5-7; Änderung der Rechtsprechung). 4. Art. 47 OR und Art. 8 EHG . Bemessung der Genugtuungssumme (Erw. 8).
Sachverhalt ab Seite 219 BGE 96 II 218 S. 219 A.- Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) liessen durch die Firma Reller & Cie. gewisse der Einführung der neuen Käferberglinie in den Bahnhof Zürich-Oerlikon dienende Tiefbauarbeiten ausführen. Unter anderem hatte diese Firma 1,7 m von der Achse des von Zürich-Hauptbahnhof nach Oerlikon BGE 96 II 218 S. 220 führenden Geleises entfernt und parallel dazu einen etwa 2 m tiefen Entwässerungsgraben auszuheben. Sie hatte zu diesem Zwecke einen Bagger eingesetzt. Zwischen diesem und dem Bahnhof Zürich-Oerlikon, etwa 50-70 m vom Bagger entfernt, spitzte ihr Polier Heinrich Baumann am Freitag den 23. September 1966 nach der Mittagszeit mit einem Pressluft-Abbauhammer einen in den Graben hineinragenden betonierten Teil eines unter den Geleisen durchführenden Wasserdurchlasses weg, damit im Graben, der dort noch nicht vollständig ausgehoben war, bei allenfalls über das Wochenende einsetzendem Regen das Wasser abfliessen könne. Die Sicherung des Personals der Firma Reller & Cie. gegen die Gefahren des Eisenbahnverkehrs an der Baustelle besorgten die SBB. Für die Organisation und die Wirksamkeit dieses Sicherungsdienstes war ihr technischer Assistent Edwin Rutschmann verantwortlich. Er hatte auf jeder Seite der Baustelle in einer Entfernung von rund 100 m einen Vorwarner und auf der Baustelle selbst Alfonso Buffolini als Wächter eingesetzt. Buffolini hatte die Arbeiter bei der Annäherung von Zügen durch Hornsignale zu warnen. Er befand sich zur erwähnten Zeit in der Nähe der beim Bagger beschäftigten Arbeiter, die er als am meisten gefährdet erachtete, da der Baggerarm beim Ausschwenken in das Profil des Geleises geriet. Dem Verlangen Baumanns, durch einen ihm persönlich zugeordneten besonderen Wächter geschützt zu werden, entsprach Rutschmann nicht. Er begnügte sich damit, Baumann das Betreten des Lichtraumprofils des Geleises zu untersagen. Um anzuzeigen, wie weit dieses Profil reiche, spannte er eine Schnur. Als etwa um 13.25 Uhr ein "Roter Pfeil" als Extrazug von Zürich-Hauptbahnhof her sich mit 80-40 km/h dem Bahnhof Oerlikon näherte, stand Baumann, den Rücken gegen das Geleise gewandt und die Schnur eindrückend, auf dem alten Wasserdurchlass und bediente den Abbauhammer. Wegen des Lärms, den dieses Gerät und der Kompressor verursachten, überhörte er sowohl das Hornsignal Buffolinis als auch das Pfeifsignal des noch etwa 200 m entfernten Zuges. Aus ungefähr 50 m Nähe warnte der Lokomotivführer zum zweiten Mal, doch gelang es Baumann nicht mehr, genügend wegzutreten. Das vorderste Trittbrett des noch mit 36 km/h fahrenden Zuges streifte ihn und warf ihn um. Baumann wurde verletzt, war vorerst vollständig arbeitsunfähig und bleibt dauernd zu 20% invalid. BGE 96 II 218 S. 221 B.- Im Mai 1968 klagte Baumann beim Bezirksgericht Zürich gegen die Schweizerischen Bundesbahnen auf Zahlung von Fr. 29 262.-- nebst Zins seit 23. Oktober 1967. Er stellt diese Forderung mit der Begründung, die Beklagten schuldeten ihm: a) Den von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) nicht gedeckten Teil des Lohnausfalles, den er vom 23. September 1967 bis am 1. April 1968 erlitten habe ................... Fr. 2 940.-- b) Den Barwert des Unterschiedes zwischen dem Lohnausfall, den er seit 2. April 1968 erleide (1/5 von jährlich Fr. 17 550.--) und der Rente,die ihm die SUVA seit diesem Tage gewährte (1/5 von 70% einesjährlichen Verdienstes von Fr. 15 000.--, d.h. des nach Gesetz zuberücksichtigenden Höchstbetrages) ... Fr. 16 539.30 c) Eine Genugtuung von ...................... Fr. 10 000.-- Zusammen Fr. 29 479.30 Der Kläger beantragte, ihm für die Dauer von zwei Jahren einen "Vorbehalt für allfällige Spätschäden einzuräumen". Das Bezirksgericht wies die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich verpflichtete dagegen auf Berufung des Klägers hin am 23. Oktober 1969 die Beklagten, dem Kläger Fr. 29 262.-- nebst 5% Zins seit 23. Oktober 1967 zu zahlen. Ausserdem erkannte es: "Dem Kläger wird ein Abänderungsvorbehalt im Sinne des Art. 10 EHG für die Dauer zweier Jahre ab Rechtskraft dieses Urteils eingeräumt". C.- Die Beklagten haben gegen dieses Urteil die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie halten am Antrag auf Abweisung der Klage fest. Der Kläger beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Nach dem Eisenbahnhaftpflichtgesetz von 1875 (aEHG) hafteten die konzessionierten Eisenbahnunternehmungen nur aus Verschulden, wenn sich die Tötung oder Körperverletzung beim Bau einer Eisenbahn ereignete (Art. 1), dagegen auch für Zufall, wenn sie durch den Betrieb einer solchen BGE 96 II 218 S. 222 verursacht wurde (Art. 2). In beiden Fällen hatte die Bahnunternehmung für das Verhalten ihrer Angestellten und der Personen, deren sie sich zum Bau der Bahn bzw. zum Betrieb des Transportgeschäftes bediente, einzustehen (Art. 3). Im Jahre 1887 wurde die durch BG vom 25. Brachmonat 1881 vorgesehene Haftpflicht aus Fabrikbetrieb, die eine auf den Betrag von Fr. 6000.-- beschränkte Zufallshaftung war (Art. 2 und 6 Abs. 2), unter anderem auf den Eisenbahnbau ausgedehnt, jedoch behielt man bezüglich der Haftbarkeit der konzessionierten Eisenbahnunternehmung Art. 1 aEHG vor (BG vom 26. April 1887 Art. 1 lit. d und 2 Abs. 3). Fortan haftete also der Bauunternehmer für Zufall, die Eisenbahnunternehmung für Bauunfälle dagegen weiterhin nur aus Verschulden. Das geltende Eisenbahnhaftpflichtgesetz von 1905 (EHG) unterwirft die Eisenbahnunternehmungen nicht nur für die beim Betrieb, sondern auch für die beim Bau einer Eisenbahn vorkommenden Tötungen und Körperverletzungen der Zufallshaftung, wobei das Verhalten ihres Personals und der Personen, deren sie sich zum Bau der Bahn oder zum Betrieb des Transportgeschäfts bedient, sie nicht entlastet (Art. 1). Vom Inkrafttreten dieses Gesetzes an konnten also die beim Bau einer Bahn verunfallten Arbeitnehmer ihre Ansprüche gegen die Eisenbahnunternehmung geltend machen, ohne ihr ein Verschulden nachweisen zu müssen, und zwar gleichgültig, ob sie im Dienste der Eisenbahnunternehmung oder im Dienste eines beim Bahnbau tätigen andern Unternehmers standen. Das BG vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung (KUVG) hob das EHG bezüglich der Unfälle, von denen die Angestellten oder Arbeiter der Eisenbahnunternehmungen betroffen werden, auf (Art. 128 Abs. 5) und ersetzte sie durch die Bestimmungen des Obligationenrechts, unter gleichzeitiger Einschränkung der Haftung des Arbeitgebers auf die Fälle von Absicht oder grober Fahrlässigkeit (Art. 129). Für die Bediensteten der Eisenbahnunternehmung bedeutete das eine Schlechterstellung, denn die Leistungen der SUVA decken den Schaden nicht ganz und für den Fehlbetrag haftet die Eisenbahnunternehmung nur, wenn sie den Unfall absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt hat. Anlässlich der Ergänzung des KUVG durch BG vom 18. Juni 1915 wurde die Ungleichheit zwischen den Angestellten und BGE 96 II 218 S. 223 Arbeitern der Eisenbahnunternehmung einerseits und den beim Bahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Arbeitnehmern anderer Unternehmungen anderseits beseitigt, indem Art. 128 Ziff. 3 KUVG nunmehr die Vorschriften des EHG als aufgehoben erklärt, "soweit sie die Haftpflicht dieser Unternehmungen für Unfälle im Dienst gegenüber ihren eigenen obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern und den bei dem Eisenbahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern anderer Unternehmungen betreffen". b) Diese Änderung wurde damit begründet, man habe bei der Revision des Eisenbahnhaftpflichtgesetzes die Zufallshaftung für Unfälle aus Bauarbeiten eingeführt, weil es vorgekommen sei, dass die beim Bahnbau verunfallten Arbeiter von Bauunternehmern bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers leer ausgegangen seien; unter der obligatorischen Unfallversicherung bestehe diese Gefahr nicht, weshalb es keinen Sinn mehr habe, den im Dienste der Bauunternehmung stehenden Arbeitern neben den Rechten aus der obligatorischen Versicherung noch einen Anspruch gegen die Eisenbahnunternehmung zu gewähren (BBl 1915 I 954; StenBull NatR 1915 150 Votum Hirter, StR 1915 98 Votum Keller). In der Tat hatte man seinerzeit auf das Argument, die Zufallshaftung für Unfälle aus Bauarbeiten sei nicht nötig, weil die Bauunternehmer nach Fabrikhaftpflichtgesetz ohnehin für Zufall hafteten, geantwortet, der Bauunternehmer sei nicht immer so zahlungsfähig wie die Eisenbahnunternehmung (StenBull NatR 1902 360 Spalte links unten, 377 Spalte rechts oben, StR 1904 42 Spalte links). Die Begründung, mit der im Jahre 1915 die Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber den bahnfremden Bauarbeitern aufgehoben wurde, mag stichhalten, wenn der Unfall ausschliesslich auf die Gefahren des Bauens zurückzuführen ist. Verunfallt der Bauarbeiter dagegen, weil er während der Arbeit mit einer im Betrieb stehenden Bahn in Berührung kommt, so kann er einwenden, er sei nicht das Opfer des Bahn baues, sondern des Bahnbetriebes und für Unfälle aus dem Betrieb habe die Eisenbahnunternehmung schon unter aEHG für Zufall gehaftet, und zwar auch gegenüber Bauarbeitern. Dass in einem solchen Falle das erwähnte Argument des Gesetzgebers nicht standhält, ändert jedoch nichts daran, dass im Jahre 1915 nach dem Wortlaut des Art. 128 Ziff. 3 KUVG BGE 96 II 218 S. 224 die Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber obligatorisch versicherten bahnfremden Bauarbeitern schlechthin aufgehoben wurde, gleichgültig ob sie wegen reiner Baugefahren oder vielmehr wegen des Betriebes einer Bahn verunfallen. Das Bundesgericht hat es denn auch ausdrücklich abgelehnt, diese Unterscheidung zu machen ( BGE 88 II 524 ). Sie hätte eine Privilegierung der bahnfremden Bauarbeiter zur Folge, da die Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber ihren eigenen Arbeitnehmern schon durch die alte Fassung des Art. 128 KUVG schlechthin aufgehoben wurde und die neue Fassung hieran nichts ändert. Der Gesetzgeber wollte im Jahre 1915 die obligatorisch versicherten bahnfremden Bauarbeiter in der Frage der Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmungen den eigenen Bediensteten dieser Unternehmungen gleichstellen. Der Kläger und die Vorinstanz sind allerdings der Auffassung, Art. 128 Ziff. 3 KUVG benachteilige die Arbeitnehmer bahnfremder Bauunternehmer im Vergleich zum Bahnpersonal, obschon sie den gleichen Gefahren ausgesetzt seien wie dieses. Sie übersehen jedoch, dass die Vorteile, welche die im Betrieb verunfallten Beamten der SBB und ihre Hinterbliebenen gemäss Art. 57 der Beamtenordnung II vom 10. November 1959 über die Leistungen der SUVA hinaus geniessen (s. auch schon Art. 52 der Beamtenordnung II vom 24. Oktober 1930), nicht dem Art. 128 Ziff. 3 KUVG zuzuschreiben sind, sondern einem entgegenkommenden Verhalten des Bundes als Arbeitgeber. Den Bediensteten anderer Eisenbahnunternehmungen kommen diese Vorteile nicht zugute. Sie können nicht dazu Anlass geben, Art. 128 Ziff. 3 KUVG irgendwie zugunsten der Arbeitnehmer bahnfremder Bauunternehmer auszulegen. Übrigens folgern auch der Kläger und die Vorinstanz aus ihrer Kritik nicht, die Eisenbahnunternehmungen müssten den bahnfremden Bauarbeitern für Zufall einstehen, wenn sich der Unfall bei einem Umbau ereignet und dem Betrieb der Bahn zuzuschreiben ist. c) Art. 128 Ziff. 2 KUVG erklärt die Vorschriften des BG vom 24. Juni 1902 betreffend die elektrischen Schwach- und Starkstromanlagen (E1 G) "über die Haftung des Betriebsinhabers, soweit sie dessen Verhältnis zu seinen obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern betreffen", als aufgehoben. Die in Art. 27 E1 G vorgesehene Zufallshaftung des BGE 96 II 218 S. 225 Betriebsinhabers gilt also gegenüber seinen obligatorisch versicherten Arbeitnehmern nicht mehr. Für Unfälle, die einem im Dienste eines anderen Unternehmers stehenden Arbeitnehmer zustossen, z.B. bei der Umänderung oder Instandstellung einer Leitung, besteht sie dagegen weiter. Diese ungleiche Behandlung der obligatorisch versicherten Arbeitnehmer des Betriebsinhabers einerseits und der Arbeitnehmer Dritter anderseits fällt auf, wenn man sie mit der in Art. 128 Ziff. 3 vorgeschriebenen Gleichbehandlung auf dem Gebiete der Eisenbahnhaftpflicht vergleicht. Sie kann aber nicht Anlass geben, Art. 128 Ziff. 3 auf Bahnbetriebsunfälle, die sich anlässlich des Umbaues einer Bahn ereignen, gegenüber Arbeitnehmern bahnfremder Unternehmer nicht anzuwenden. Der Unterschied zwischen dieser Bestimmung und Art. 128 Ziff. 2 KUVG ist gewollt. Er erklärt sich historisch daraus, dass Art. 1 EHG auch die Bauunfälle unter Zufallshaftung stellt, Art. 27 ElG dagegen nur die Unfälle aus dem Betrieb der Anlage. d) Es bleibt somit dabei, dass Art. 128 Ziff. 3 KUVG die Zufallshaftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber den beim Eisenbahnbau (inbegriffen Umbau) beschäftigten obligatorisch versicherten Arbeitnehmern anderer Unternehmungen grundsätzlich aufgehoben hat, gleichgültig welcher Art der Unfall sei. Der Umstand, dass der Kläger nicht das Opfer eines reinen Bauunfalles ist, sondern von einem dem Transportgeschäft dienenden Zuge verletzt wurde, führt also nicht dazu, dass die Beklagten für Zufall einzustehen hätten. 4. Das Obergericht ist der Auffassung, Art. 128 Ziff. 3 KUVG schliesse die Anwendung des EHG zugunsten der beim Betrieb und Bau der Bahn Beschädigten nur insoweit aus, als sie für ihre Forderungen durch Leistungen der SUVA gedeckt würden. Art. 128 Ziff. 3 ist im Zusammenhang mit Art. 129 KUVG auszulegen. Jene Bestimmung will die Eisenbahnunternehmung nicht jeder Haftung für Unfälle entheben, die ihren obligatorisch versicherten Arbeitnehmern oder den beim Eisenbahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Arbeitnehmern anderer Unternehmungen zustossen. Die Zufallshaftung nach EHG wird ersetzt durch eine Haftung nach Obligationenrecht. a) Was die Haftung gegenüber den eigenen Arbeitnehmern der Eisenbahnunternehmung betrifft - sie ist durch Art. 129 Abs. 2 KUVG auf Absicht und grobe Fahrlässigkeit beschränkt -, BGE 96 II 218 S. 226 liegt der Grund der Milderung darin, dass die Unternehmung die Prämien für Betriebsunfälle zahlt. Soweit Art. 129 Abs. 2 die Eisenbahnunternehmung gegenüber ihren Arbeitnehmern entlasten will, darf sie daher nicht durch einschränkende Auslegung des Art. 128 Ziff. 3 doch wieder belastet werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes muss der weder absichtlich noch grobfahrlässig handelnde Arbeitgeber für jene Folgen nicht einstehen, die Gegenstand der obligatorischen Versicherung gegen Betriebsunfälle sind, also für den dem Versicherten und seinen Hinterlassenen aus der Körperverletzung oder Tötung entstandenen Schaden (Kosten der versuchten Heilung, Nachteile der Arbeitsunfähigkeit, Bestattungskosten, Versorgerschaden; vgl. Art. 72 KUVG ) ( BGE 88 II 46 Erw. 4). Insoweit wird der Arbeitgeber vollständig befreit, auch soweit der materielle Schaden aus der Tötung oder Körperverletzung durch die SUVA nicht gedeckt wird. Eisenbahnunternehmungen befinden sich in dieser Hinsicht in der gleichen Lage wie andere Arbeitgeber. Art. 128 Ziff. 3 und Art. 129 KUVG können nicht den Sinn haben, dass die Eisenbahnunternehmung für den ungedeckten Teil des weder absichtlich noch grobfahrlässig zugefügten Schadens zwar nicht nach OR, aber weiterhin nach dem EHG hafte. Anders verhält es sich hinsichtlich der Genugtuung. Art. 129 Abs. 2 KUVG beschränkt die Pflicht des Arbeitgebers, unter den Voraussetzungen des Art. 47 OR Genugtuung zu leisten, nicht auf die Fälle von Absicht oder grober Fahrlässigkeit ( BGE 72 II 314 f., 432 f., BGE 81 II 553 Erw. 4, BGE 86 I 256 ). Jene Norm berührt auch die Pflicht des Arbeitgebers, Sachschaden zu ersetzen, in keiner Weise, da der Arbeitnehmer gegen solchen bei der SUVA nicht versichert ist ( BGE 88 II 47 ). Daher lässt sich die Auffassung vertreten, Art. 128 Ziff. 3 KUVG schliesse die Anwendung des EHG auf die Genugtuungsansprüche und Ersatzforderungen für Sachschaden nicht aus. Diese Frage kann aber im vorliegenden Falle offen bleiben. b) Art. 128 Ziff. 3 KUVG will die Haftung der Eisenbahnunternehmungen gegenüber den beim Bahnbau beschäftigten obligatorisch versicherten Angestellten und Arbeitern anderer Unternehmungen der Haftung annähern, der die Bahn gegenüber ihren eigenen obligatorisch versicherten Arbeitnehmern untersteht. Der Grund liegt darin, dass das KUVG beiden BGE 96 II 218 S. 227 Gruppen von Arbeitnehmern und ihren Hinterlassenen die Leistungen der SUVA verschafft. Dieser Gedanke schliesst aus, die Eisenbahnunternehmung gegenüber den bahnfremden Arbeitnehmern für den von der SUVA nicht gedeckten Teil des materiellen Schadens aus der Tötung oder Körperverletzung nach EHG haften zu lassen, während diese Zufallshaftung gegenüber den eigenen Arbeitnehmern der Bahn nicht gilt. Die II. Zivilabteilung hat denn auch in BGE 59 II 468 ff., wo sie die Eisenbahnhaftpflicht gegenüber einem Postangestellten, der anlässlich seiner dienstlichen Verrichtungen von einem Zuge getötet wurde, als durch Art. 128 Ziff. 3 KUVG aufgehoben erklärte, nicht zwischen gedecktem und von der SUVA nicht gedecktem Schaden unterschieden. Auch die I. Zivilabteilung hat in dem in BGE 88 II 516 ff. veröffentlichten Urteil, das Schadenersatzklagen eines beim Bahnbau Verunfallten und der Hinterlassenen eines bei diesen Arbeiten Getöteten betraf, diese Unterscheidung nicht gemacht. Die verwaltungsrechtliche Kammer allerdings hat dann in BGE 93 I 290 ff. den Hinterlassenen eines Arbeiters einer privaten Unternehmung, der auf dem Marsch zu einer Instandstellungsarbeit in einem Tunnel von einem Zuge der SBB getötet wurde, entgegengehalten, sie könnten sich jedenfalls insoweit, als eine Entschädigung für Bestattungskosten ("Todesfallkosten") und Genugtuungssummen in Frage ständen, auf das EHG stützen, denn Art. 128 Ziff. 3 KUVG erfasse nur solche Forderungen, für welche die obligatorische Versicherung Deckung biete; das VG sei deshalb nicht anwendbar. Die verwaltungsrechtliche Kammer verwies zur Begründung ihrer Auffassung auf OFTINGER, Haftpflichtrecht, 2. Auflage, 1384 und SAXER, Der Regress nach Art. 100 KUVG gegenüber der Eisenbahnunternehmung S. 44. OFTINGER behandelt aber an der zitierten Stelle nur die Haftung für Sachschaden. Allerdings sagt er in diesem Zusammenhange, nach allgemeiner Regel blieben "Schäden und Teile von solchen, für die die SUVA keine Deckung bietet, ausserhalb der Regelung der Art. 100, 128 und 129". Dieser Satz ist jedoch nicht dahin zu verstehen, für den durch die SUVA nicht gedeckten Teil einer dem KUVG unterstehenden Forderung gälten Art. 128 und 129 KUVG nicht. Sonst würde Oftinger dort, wo er sich über diese Teilforderung, die sog. "Restforderung", ausspricht und ausführt, dass sie der personellen und rechtlichen BGE 96 II 218 S. 228 Beschränkung des Art. 129 Abs. 2 KUVG unterliegt (S. 386), nicht beifügen (S. 388): "Es macht hierbei keinen Unterschied aus, auf welche Haftpflichtnorm sich die Klage stützt: OR, ZGB, Spezialgesetz (EHG, MFG, LFG usw.), Verschuldens- oder Kausalhaftung, vertragliche oder ausservertragliche Haftung (OR 41 ff., 101, 339 usw.)." Es wäre ein Widerspruch, einerseits die Auffassung zu vertreten, für die Restforderung gelte Art. 128 Ziff. 3 KUVG nicht, d.h. die Eisenbahnunternehmung hafte für sie nach EHG auch ohne Verschulden, anderseits auf diese Restforderung dann doch gemäss Art. 129 Abs. 2 KUVG die Haftung dieser Unternehmung auf die Fälle von Absicht oder grober Fahrlässigkeit beschränken zu wollen. Unter den "Schäden und Teilen von solchen, für die die SUVA keine Deckung bietet" (S. 384), kann Oftinger nur jene verstehen, für die gegen die SUVA überhaupt keine Forderung, auch nicht eine bloss beschränkte, gestellt werden kann, weil sie nicht unter die obligatorische Unfallversicherung fallen. Das gilt für Sachschäden und Teile von solchen. Bestattungskosten sind aber nicht Sachschaden, sondern Folgen der Tötung und können auch nicht gleich wie Sachschaden behandelt werden, da die Hinterlassenen nach KUVG Anspruch auf eine Bestattungsentschädigung haben (Art. 72), während Sachschäden überhaupt nicht nach KUVG versichert sind. Die II. Zivilabteilung hat denn auch in BGE 59 II 468 ff. die Bestattungskosten nicht von Art. 128 Ziff. 3 KUVG ausgenommen. Auch SAXER spricht sich an der von der verwaltungsrechtlichen Kammer zitierten Stelle ausser über die Genugtuungsleistungen nur über die Sachschäden, nicht auch über die durch die SUVA nicht gedeckte Restforderung für Körperschäden aus. 5. Die Beklagten berufen sich auf BGE 88 II 525 Erw. 3 a, wonach der Eisenbahnunternehmung auch gegenüber bahnfremden Bauarbeitern Art. 129 Abs. 2 KUVG zugute komme, sie also auch diesen Arbeitnehmern nur für Absicht und grobe Fahrlässigkeit hafte. Der Einwand des Klägers, diese Auffassung widerspreche dem Wortlaut des Art. 129 Abs. 2 KUVG , hält stand. Die Eisenbahnunternehmung ist nicht Arbeitgeber des bahnfremden Bauarbeiters; dieser steht im Dienste des Bauunternehmers, nicht der Bestellerin der Bauarbeiten. Diese trifft auch keine "in der obligatorischen Versicherung liegende Prämienzahlung", die der Arbeitgeber erfüllt haben muss, um sich auf Art. 129 BGE 96 II 218 S. 229 Abs. 2 berufen zu können. Die Eisenbahnunternehmung wird durch die SUVA-Prämien höchstens mittelbar belastet, indem der Bauunternehmer sie in den Werklohn einrechnen mag. Die I. Zivilabteilung hat sich denn auch im erwähnten Entscheide nur darauf berufen, dass es sich nicht rechtfertigte, die bahnfremden Arbeitnehmer anders zu behandeln als die bahneigenen. Sie führt aus, die ungleiche Behandlung widerspräche den Grundsätzen des Gesetzes, das anderseits die Verpflichtungen und Leistungen der beiden Gruppen von Arbeitnehmern einheitlich ordne, z.B. in Art. 60 Ziff. 1 und 2 lit. a und d. Dass unter dem Gesichtspunkt des KUVG beide Gruppen gleiche Pflichten und Rechte haben, weil Art. 60 KUVG nicht nur die Angestellten und Arbeiter der Eisenbahnunternehmung, sondern auch die im Baugewerbe, besonders beim Eisenbahnbau tätigen Arbeitnehmer diesem Gesetze unterstellt, ist indessen kein Grund, die sich aus dem klaren Wortlaut des Art. 129 ergebenden Rechte der bahnfremden Arbeitnehmer gegenüber der Eisenbahnunternehmung zu beschneiden, bloss weil sie den bahneigenen Arbeitnehmern nicht zustehen. Die Bahnunternehmung hat gegenüber den bahnfremden Arbeitnehmern die Stellung eines Dritten, der sie geschädigt hat, gegenüber dem bahneigenen Personal dagegen die Stellung eines Arbeitgebers, der seine Arbeitnehmer bei der SUVA versichern muss und dafür Prämien zahlt. Auch die beschränkte Gleichstellung, die Art. 128 Ziff. 3 dadurch verwirklicht, dass er die Zufallshaftung nach EHG durch die Verschuldenshaftung nach OR ersetzt, ist kein Grund, die beiden Gruppen von Arbeitnehmern selbst dort gleich zu behandeln, wo der Wortlaut des Gesetzes es verbietet und die Ungleichheit die Folge des ungleichen Rechtsverhältnisses ist, in dem der Verletzte zum Schädiger steht. Art. 128 Ziff. 3 KUVG hat ja auch nicht verhindert, dass die im Dienste der SBB verunfallenden Arbeitnehmer auf Grund der Beamtenordnung II erheblich mehr erhalten als die Arbeitnehmer von privaten Bauunternehmern. SAXER, a.a.O. S. 67, führt aus, dass auch die Bediensteten der konzessionierten Bahnunternehmungen weitergehende Rechte haben als ihre Kollegen von der Bauunternehmung. Das liegt in der Natur der Sache; denn nicht alle Arbeitgeber pflegen ihre Arbeitnehmer gleich zu behandeln. Wenn aber schon auf diesem Gebiete Ungleichheiten vorkommen, sind sie auch in einem BGE 96 II 218 S. 230 Punkte erträglich, wo ausnahmsweise der bahnfremde Arbeitnehmer gegenüber der Eisenbahnunternehmung mehr Rechte hat als der bahneigene. Dazu kommt, dass Art. 41 OR , auf Grund dessen auch der nur leicht fahrlässig Handelnde dem Geschädigten den widerrechtlich zugefügten Schaden ersetzen muss, nicht leichthin durchbrochen werden darf. Art. 129 Abs 2 KUVG ist eine Ausnahmebestimmung, und der Anwendungsbereich solcher Normen ist nicht ohne zwingenden Grund auszudehnen, namentlich dann nicht, wenn sich die Ausdehnung mit dem Wortlaut nicht verträgt. SAXER, a.a.O. S. 68, scheint denn auch BGE 88 II 525 Erw. 3 a nur zögernd zuzustimmen. Er bringt als einziges Argument vor, Art. 129 Abs. 2 KUVG wolle das "Betriebsklima" entgiften, nämlich gewährleisten, dass der Verunfallte nicht bloss den Arbeitgeber, sondern auch den Nebenarbeiter nur belangen könne, wenn er absichtlich oder grobfahrlässig handelte; würde der bahnfremde Bauarbeiter die Eisenbahnunternehmung auch bei leichterem Verschulden belangen können, so stände ihm das gleiche Recht auch gegenüber einem bloss leicht fahrlässig handelnden Bediensteten der Bahn zu, was dem "Betriebsklima" abträglich wäre. Dieser Auffassung ist entgegenzuhalten, dass die bahnfremden Arbeitnehmer und die Bediensteten der Bahn nicht ein und demselben Betriebe angehören. Sie arbeiten auch nicht ständig zusammen wie die Angehörigen ein und desselben Betriebes, sondern sie kommen nur vorübergehend dadurch miteinander in Berührung, dass die Bauunternehmung von der Eisenbahnunternehmung einen einzelnen Bauauftrag erhalten hat. Ein der Störung des "Betriebsklimas" ähnlicher Zustand kann höchstens für die Dauer dieser Arbeiten eintreten. Ein Verunfallter scheidet aber ohnehin in der Regel längere Zeit, wenn nicht dauernd aus der Arbeitsgemeinschaft mit den Bahnbediensteten aus. Es ist deshalb nicht zu ersehen, weshalb die Haftung mit Rücksicht auf das "Klima" eingeschränkt werden sollte. Eine strenge Haftung kann zudem präventiv wirken, eine gemilderte Haftung dagegen Nachlässigkeiten Vorschub leisten. Gerade im Eisenbahnbetrieb können aber Nachlässigkeiten nicht geduldet werden. Hier sind nicht nur die Interessen eines einzelnen Verunfallten auf dem Spiele, sondern die Interessen aller beim Bahnbau beteiligten Arbeiter, ja sogar die Interessen der Bahnbenützer, die geschädigt werden können, wenn ein Zug z.B. in eine Baumaschine hineinfährt. BGE 96 II 218 S. 231 Aus diesen Gründen ist von BGE 88 II 525 Erw. 3 a abzurücken und der Eisenbahnunternehmung nicht zu gestatten, sich auf Art. 129 Abs. 2 KUVG zu berufen, wenn sie von einem bahnfremden Bauarbeiter oder seinen Hinterlassenen auf Ersatz des durch die SUVA nicht gedeckten Schadens aus Körperverletzung oder Tötung belangt wird. 6. Es fragt sich ferner, nach welchen Bestimmungen des Obligationenrechtes die Eisenbahnunternehmung dem bahnfremden Bauarbeiter Schadenersatz zu leisten hat. a) In BGE 88 II 527 f. Erw. 4 c wurde erörtert, ob die Bauunternehmung und die SBB nach Art. 339 OR hafteten. Das Bundesgericht verneinte diese Frage für beide Belangten, weil der Sicherheitsdienst richtig organisiert und überwacht worden sei. Diese Erwägung war gegenstandslos, soweit sie die SBB betrifft, denn zwischen der Eisenbahnunternehmung und dem bahnfremden Bauarbeiter besteht kein Dienstvertrag, ja überhaupt kein Vertragsverhältnis, weshalb Art. 339 OR von vorneherein nicht anwendbar ist. Aus dem gleichen Grunde haftet die Eisenbahnunternehmung nicht gemäss Art. 101 OR für das Verschulden ihrer Hilfspersonen. Das ist in BGE 88 II 530 Erw. 5 zweitletzter Absatz, wo der fehlbare Sicherheitswächter als Hilfsperson der Bundesbahnen bezeichnet und Art. 101 OR zitiert wurde, offenbar verkannt worden. MERZ, ZBJV 99 381 unten, meint allerdings, das Bundesgericht habe auf diese Bestimmung abgestellt, weil es - was er als künstlich bezeichnet - von einer im Sinne des Art. 112 Abs. 2 OR eingegangenen vertraglichen Verpflichtung der SBB gegenüber der Bauunternehmung auf Einsetzung eines Warndienstes ausgehe. Das trifft aber nicht zu. Das Bundesgericht vertrat die Auffassung, die Geschädigten hätten gemäss Art. 112 Abs. 2 OR ein direktes Klagerecht gegen die Bundesbahnen nur für den Fall, dass man sich der These anschliessen würde, der Bauunternehmer habe den ihm obliegenden Sicherheitsdienst vertraglich den Bundesbahnen übertragen. Unmittelbar anschliessend verwarf es diese These, indem es in Erw. 5 Abs. 6 ausführte, in Wirklichkeit hätten die Bundesbahnen den Warndienst vorbehalten, weil die Bahnpolizeivorschriften sie dazu verpflichteten. Auch im vorliegenden Falle kann von einem Vertrag zwischen BGE 96 II 218 S. 232 der Bauunternehmung und den Beklagten zugunsten des Klägers nicht die Rede sein. Das Obergericht stellt nirgends fest, die Bauunternehmung habe den Sicherheitsdienst vertraglich den Beklagten übertragen. In Wirklichkeit oblag er von Gesetzes wegen den Beklagten, nicht nur zum Schutze der Bauarbeiter, sondern auch zum Schutze der verkehrenden Züge, die namentlich durch den Bagger erheblich gefährdet werden konnten (Art. 19 Abs. 1 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957, AS 19.58 340). b) Da der Kläger gegenüber den Beklagten keine Ansprüche aus Vertrag hat, schulden sie ihm nur unter den Voraussetzungen der Art. 41 ff. OR Schadenersatz. Sie haften ihm in erster Linie, wenn einem ihrer Organe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist ( Art. 41 Abs. 1 OR in Verbindung mit Art. 55 Abs. 2 ZGB ). Das Verschulden blosser Hilfspersonen, die nicht Organe sind, gilt nach diesen Normen nicht als Verschulden der Beklagten. Darin liegt ein Rückschritt, hatte doch die Eisenbahnunternehmung schon nach aEGH, das für die beim Bau einer Bahn vorkommenden Tötungen und Körperverletzungen noch die Verschuldenshaftung kannte, für das Verhalten ihrer Angestellten (und der Personen, deren sie sich zum Bau der Bahn bediente) einzustehen (Art. 3). Auch nach Art. 1 EHG gilt das Verschulden des Personals der Eisenbahnunternehmung (und das Verschulden bahnfremden Baupersonals) nicht als Verschulden eines Dritten, das die Bahnunternehmung entlasten würde. Es ist nicht anzunehmen, der Gesetzgeber habe beim Erlass des Art. 128 Ziff. 3 KUVG diesen Grundsatz mit über Bord werfen wollen. Es war ihm nur darum zu tun, die Zufallshaftung des EHG gegenüber den in Art. 128 Ziff. 3 genannten Personen aufzuheben und darüber hinaus das EHG auch insoweit auszuschalten, als sei ne Bestimmungen dem KUVG widersprechen. Die Pflicht der Eisenbahnunternehmung, für das Verschulden ihres Personals einzustehen, widerspricht dem KUVG nur insoweit, als dessen Art. 129 Abs. 2 zutrifft. Da diese Bestimmung auf die Haftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber bahnfremden Bauarbeitern nicht anwendbar ist, hat die Bahn diesen Arbeitern weiterhin für das Verschulden des gesamten Bahnpersonals einzustehen. Art. 1 EHG hat insoweit als nicht aufgehoben zu gelten. Haftet die Eisenbahnunternehmung für das Verschulden ihres Personals, so erübrigt es sich, den Begriff des Organs im Sinne BGE 96 II 218 S. 233 des Art. 55 ZGB einem befriedigenden Ergebnis zuliebe so ausdehnend auszulegen, dass er unglaubhaft wirken müsste. c) Wenn den Angestellten oder Arbeiter der Eisenbahnunternehmung ein Verschulden trifft und diese Unternehmung dafür einzustehen hat, ist Art. 55 OR gegenstandslos. Die Frage, ob sie alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet habe, um einen Schaden dieser Art zu verhüten oder ob der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre, stellt sich dann nicht; die Eisenbahnunternehmung darf diesen Entlastungsbeweis nicht erbringen. Da Art. 55 OR nicht ein Verschulden des Angestellten oder Arbeiters voraussetzt ( BGE 50 II 494 , BGE 56 II 287 und 289, BGE 57 II 38 und 45, BGE 88 II 135 , 90 II 90, BGE 95 II 97 ), bleibt für diese Bestimmung Raum, wenn das Personal der Eisenbahnunternehmung sich nicht schuldhaft verhalten hat. Art. 128 KUVG steht der Anwendung des Art. 55 OR nicht im Wege ( BGE 62 II 347 , BGE 68 II 291 ), und die Rechtsprechung, wonach Art. 129 Abs. 2 KUVG die Haftung nach Art. 55 OR mildert ( BGE 62 II 347 , BGE 68 II 291 , BGE 72 II 314 , BGE 81 II 224 ), trifft auf die Haftung der Eisenbahnunternehmung gegenüber dem bahnfremden Bauarbeiter nicht zu, weil Art. 129 Abs. 2 KUVG nicht anwendbar ist. 7. Das Obergericht führt aus, es sei Rutschmann, der für den Sicherheitsdienst der Baustelle verantwortlich war, bekannt gewesen, dass die ursprünglichen Sicherheitsvorschriften der Lage am Arbeitsplatz nicht mehr entsprachen, nachdem dieser auseinandergezogen worden war und man an zwei Orten mit Maschinen arbeitete; er sei sich der Gefahr durchaus bewusst gewesen, welcher der mit dem Pressluftbohrer arbeitende Kläger ausgesetzt war; er sei selber der Ansicht gewesen, für die Ausführung dieser Arbeit hätte ein Wächter unmittelbar auf den Platz gehört; er habe zugegeben, dass der Kläger von ihm einen zusätzlichen Wächter verlangte; er habe ihm aber nur untersagt, in das Lichtraumprofil des Betriebsgeleises zu treten. Aus diesen Feststellungen, die tatsächliche Verhältnisse betreffen und daher das Bundesgericht binden, ergibt sich, dass Rutschmann damit rechnete, der Kläger könnte das Hornsignal des 50-70 m entfernten Wächters Buffolini - und umso mehr auch das Signal des noch rund 100 m weiter entfernten Vorwarners - überhören. Das blosse Verbot aber, in das Lichtraumprofil des Betriebsgeleises zu treten, durfte er nicht als zur BGE 96 II 218 S. 234 Verhütung eines Unfalles genügend erachten. Freilich spannte er eine Schnur, um den vom Kläger einzuhaltenden Sicherheitsabstand kenntlich zu machen; der Kläger hat das vor dem Bezirksgericht zugegeben. Die Schnur konnte aber den Kläger, wie Rutschmann hätte bedenken sollen, nicht hindern, im Drange der Arbeit unbewusst zu nahe an das Geleise heranzutreten. Die Auffassung Rutschmanns, der Kläger hätte im Graben arbeiten können, also nicht, den Rücken gegen das Geleise gewandt, auf den Wasserdurchlass zu stehen brauchen, scheitert an der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz, es sei praktisch undurchführbar gewesen, die Arbeit vom Graben aus zu verrichten. Rutschmann, der sie angeordnet hatte und als technischer Assistent der Beklagten fachkundig war, hätte das bedenken sollen. Er wusste auch, dass die Arbeit dringend war. Umso mehr musste er damit rechnen, dass der Kläger sie auf möglichst einfache Art verrichten und darob seiner persönlichen Sicherheit zu wenig Beachtung schenken könnte. Das Ausspannen einer Schnur zeigt übrigens, dass Rutschmann sich nicht darauf verliess, der Kläger werde sich nur im Graben aufhalten. Mit Recht wirft das Obergericht Rutschmann vor, da er auf die Ausführung dieser Arbeit so Wert gelegt habe, hätte er für die kurze Zeit den notwendigen Sicherungsdienst selber versehen können. Die Auffassung der Beklagten, Rutschmann habe den Un fall des Klägers nicht verschuldet, hält somit nicht stand. Die Schadenersatzansprüche des Klägers sind daher mit Recht gutgeheissen worden. Sie sind der Höhe nach nicht bestritten. Eine Herabsetzung wegen Mitverschuldens des Klägers ist nicht am Platze. Dem Kläger kann kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er zu nahe an das Geleise herantrat, noch handelte er schuldhaft, indem er die Signale Buffolinis und des Zuges überhörte. Diese Umstände sind der Arbeit zuzuschreiben, die er verrichten musste; insbesondere war der Lärm des Abbauhammers und des Kompressors nicht vermeidbar. 8. a) Gemäss Art. 47 OR kann der Richter dem Opfer einer Körperverletzung unter Würdigung der besonderen Umstände eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes ist dies selbst dann zulässig, wenn jemand ohne Verschulden für die Folgen der Körperverletzung haftet ( BGE 74 II 210 Erw. 8, BGE 81 II 518 Erw. 5, BGE 88 II 528 Erw. 5). OFTINGER, Haftpflichtrecht, BGE 96 II 218 S. 235 2. Auflage, 1 262 vertritt demgegenüber die Auffassung, den Haftpflichtigen oder die Person, für die er einzustehen habe, müsse ein Verschulden treffen. Diese Meinung hilft den Beklagten indessen schon deshalb nicht, weil Rutschmann die Körperverletzung des Klägers verschuldet hat. Dieses Verschulden erlaubt die Zusprechung einer Genugtuung grundsätzlich auch nach Art. 8 EHG . Im übrigen hat der Richter auch nach dieser Bestimmung die besonderen Umstände des einzelnen Falles zu würdigen, also nach Recht und Billigkeit zu entscheiden ( Art. 4 ZGB ). Deshalb kann offen bleiben, ob auf die Genugtuungsforderung Art. 47 OR oder Art. 8 EHG anzuwenden sei. b) Der Kläger ist durch den Unfall zu 20% bleibend arbeitsunfähig geworden. Da er schon 52 Jahre alt war, als er verunfallte, konnte er sich der neuen Lage beruflich nicht leicht anpassen. Mitverschulden trifft ihn keines. Das Verschulden Rutschmanns anderseits ist nicht gering, da dieser fachkundige Beamte sich des Ungenügens des Sicherungsdienstes bewusst war und es darauf ankommen liess, dass der Kläger für seine Sicherheit selber sorge, d.h. sich dem Betriebsgeleise nicht zu sehr nähere. Gemildert wird das Verschulden nur dadurch, dass Rutschmann dem Kläger das Betreten der gefährlichen Zone untersagte und sie durch eine Schnur kennzeichnete. Es rechtfertigt sich eine Genugtuung. Der zugesprochene Betrag von Fr. 10 000.-- verletzt das Gesetz nicht. In den Fällen, in denen das Bundesgericht so hohe Genugtuungssummen schützte, waren allerdings die Folgen der Körperverletzung schwerer (Urteile der I. Zivilabteilung vom 23. Februar 1960 i.S. Schär [dauernde Arbeitsunfähigkeit von 70-75%], vom 23. November 1965 i.S. Nimis [offener Schädelbruch, Verletzungen im Gesicht, Verlust eines Auges, 25% bleibende Arbeitsunfähigkeit] und vom 26. Februar 1963 i.S. Gétaz, BGE 88 II 114 [sehr schwere Beeinträchtigung der Funktionen des Gehirns]). In der Sache Daziani ( BGE 88 II 516 ff.), wo Fr. 15 000.-- gewährt wurden, war der Verletzte dauernd vollständig arbeitsunfähig. Bei geringerer Beeinträchtigung sprach das Bundesgericht Genugtuungssummen von z.B. Fr. 5000.-- zu ( BGE 86 I 256 [dauernde Arbeitsunfähigkeit von 50%], 89 II 55 Erw. 3 [neurologische Störungen, beschleunigtes Altern usw.], BGE 89 II 61 Erw. 3 und 4 [dauernde Arbeitsunfähigkeit von 20%]). In den beiden ersten Fällen waren nur BGE 96 II 218 S. 236 Fr. 5000.-- verlangt worden, im dritten dagegen Fr. 8000.--. Die Kaufkraft des Geldes hat jedoch inzwischen abgenommen. Zudem weist jeder Fall seine besonderen Umstände auf. Auch steht dem kantonalen Richter ein gewisses Ermessen zu, in welches das Bundesgericht nicht einzugreifen pflegt. Das Obergericht hat es im vorliegenden Falle nicht überschritten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes (I. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 23. Oktober 1969 bestätigt.
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_004
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Federation
84f80f5c-7d3f-4376-8806-04506aceca0e
Urteilskopf 109 Ib 257 44. Sentenza 13 luglio 1983 della I Corte di diritto pubblico nella causa Stornetta c. Comune di S. Antonino e Tribunale amministrativo del Cantone Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Raumplanung; Enteignung ( Art. 22ter Abs. 3 BV , Art. 5 Abs. 2 und Art. 34 RPG , Tessiner Enteignungsgesetz vom 8. März 1971). Materielle Enteignung eines Baugrundstückes durch Zuweisung zur Zone für öffentliche Anlagen, gefolgt von einer formellen Enteignung für die Überbauung der Liegenschaft. a) Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen den Entscheid, mit dem die Gesamtentschädigung festgesetzt wird (E. 1). b) Der Anspruch auf Entschädigung für die vorausgegangene materielle Enteignung besteht selbständig neben jenem für die formelle Enteignung; er ist nach Art. 39 des Tessiner Enteignungsgesetzes innert Jahresfrist nach Inkrafttreten der Eigentumsbeschränkung geltend zu machen. Die Entschädigung ist spätestens vom Zeitpunkt an zu verzinsen, in dem sie in unverkennbarer Weise verlangt worden ist, und nicht erst vom Moment der Festsetzung der Gesamtentschädigung an (E. 2). c) Im formellen Enteignungsverfahren ist nur der Restwert des umgezonten Grundstückes zu vergüten. Die planerische Massnahme bzw. die in ihr liegende materielle Enteignung ist somit nicht als blosse Vorwirkung des Werkes zu betrachten, die bei der Verkehrswertbestimmung im formellen Enteignungsverfahren ausser acht zu lassen wäre (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 109 Ib 257 S. 258 A.- La legge ticinese sull'espropriazione dell'8 marzo 1971 (LCEspr) è applicabile tanto nei casi di espropriazione formale, quanto in quelli d'espropriazione materiale (art. 1 cpv. 1 e 2 LCEspr). Le pretese per il titolo d'espropriazione materiale debbono esser notificate, sotto comminatoria di perenzione, entro un anno dal giorno in cui la restrizione è divenuta definitiva all'ente a favore del quale essa è stata sancita, oppure direttamente al Tribunale d'espropriazione BGE 109 Ib 257 S. 259 (art. 39 cpv. 1 e 2 LCEspr). Il Presidente del Tribunale, se la pretesa è contestata, deve avviare la procedura di stima (cpv. 3); il Tribunale decide se ricorrono gli estremi di un'espropriazione materiale e, dato il caso, sull'indennità (cpv. 4). B.- Il piano regolatore (PR) del Comune di S. Antonino, adottato il 23 luglio 1975 dal Consiglio comunale, è entrato in vigore il 18 maggio 1977 con l'approvazione del Consiglio di Stato. La part. 178 RFD di 4501 m2, di proprietà di Franco Stornetta, fu inclusa nella "zona di attrezzature e d'interesse pubblico". Franco Stornetta, che già durante la procedura di adozione aveva significato al Comune la sua intenzione d'esser indennizzato, notificò formalmente le proprie pretese a titolo d'espropriazione materiale al Presidente del Tribunale d'espropriazione il 30 giugno 1977. Il Presidente aprì la procedura con decreto del 25 luglio 1977. Dopo due infruttuose udienze di conciliazione, ebbe luogo un duplice scambio di allegati. Il Comune contestava tra l'altro che fossero dati gli estremi di un'espropriazione materiale. Con comunicazione del 24 marzo 1980, esso notificò tuttavia al Presidente del Tribunale d'espropriazione che aveva risolto di acquistare la proprietà del fondo per costruirvi una palestra. La procedura d'istruzione venne continuata. Con decisione del 24 aprile 1980 il Tribunale d'espropriazione stabilì l'indennità dovuta dal Comune a Stornetta per l'acquisto della proprietà in Fr. 230'000.- tondi, oltre gli interessi su una somma di Fr. 140'000.- dal 30 giugno 1977 al 31 dicembre 1978 al tasso del 5% e dal 1o gennaio 1979 innanzi al tasso del 4%. Nella motivazione, il Tribunale d'espropriazione accertò che l'assegnazione del fondo alla zona d'interesse pubblico ne aveva comportato l'espropriazione materiale, per cui a far tempo dalla domanda di Stornetta (30 giugno 1977) correvano interessi sull'indennità dovuta per l'imposizione del vincolo, pari alla differenza fra il valore venale del terreno edilizio ed il valore agricolo residuo. Per contro, sull'ulteriore indennità dovuta per l'espropriazione formale della proprietà, ridotta al valore agricolo, gli interessi non sarebbero cominciati a correre, conformemente all'art. 54 LCEspr, che una volta trascorsi venti giorni dalla fissazione definitiva dell'indennità. Il Comune di S. Antonino impugnò la decisione del Tribunale d'espropriazione con ricorso al Tribunale cantonale amministrativo unicamente per quanto concerne l'obbligo di versare interessi su una parte dell'indennità a partire dal 30 giugno 1977. Stornetta non fece ricorso. BGE 109 Ib 257 S. 260 Con decisione del 19 agosto 1980 il Tribunale cantonale amministrativo ha accolto il gravame e riformato la decisione della prima istanza, stralciando l'obbligo di corrispondere un interesse. Nella motivazione, il Tribunale amministrativo ha rilevato che la giurisprudenza del Tribunale federale ( DTF 97 I 817 ) ha dichiarato conforme alla Costituzione la prassi di vari cantoni che, in caso d'espropriazione materiale, fa sorgere l'obbligo di versare interesse sull'indennità non dal momento dell'imposizione del vincolo, ma solo da quello della notifica delle pretese da parte dell'interessato, ed ha soggiunto che tale soluzione è approvata anche dalla dottrina (KUTTLER, Welcher Zeitpunkt ist für die Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliegt, massgebend? in ZBl 76/1975, pag. 499). Il Tribunale amministrativo s'è quindi domandato se la predetta soluzione debba esser adottata anche per il diritto ticinese, ma per finire ha lasciato aperta la questione, osservando che la procedura - avviata come espropriazione materiale - era stata trasformata, su richiesta del Comune e consenzienti espropriato e Tribunale, in procedura d'espropriazione formale. Ora - ha continuato il Tribunale amministrativo - è ammesso in dottrina che, allorquando l'espropriazione materiale costituisce solo il presupposto per una successiva espropriazione formale nell'immediato futuro, si applicano i criteri dell'espropriazione formale. Nonostante le critiche espresse circa tale sistema da IMBODEN/RHINOW (Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, n. 130, B/V/d e n. 128, B/VII/d), tale soluzione si impone addirittura allorquando la procedura d'espropriazione materiale è trasformata in espropriazione formale: le regole di questa si debbono applicare non solo in punto al dies aestimandi, ma anche per quanto riguarda la corresponsione dell'interesse. Giudicando in contrario senso, si creerebbe un'inutile e ingiustificata disparità di trattamento rispetto al proprietario espropriato formalmente che, pur non potendo compiere atti di disposizione che potessero render più gravosa l'espropriazione nel periodo di durata della procedura, può beneficiare dell'interesse sull'indennità solo decorsi venti giorni dalla fissazione definitiva di questa. L'indennità sarebbe quindi diversa a seconda che, approvato il PR, sia il proprietario a chiedere l'indennizzo per l'espropriazione materiale, oppure l'ente pubblico a postulare l'espropriazione formale. Con ricorso di diritto pubblico fondato sulla violazione degli art. 4 e 22ter Cost. , Franco Stornetta impugna la decisione del BGE 109 Ib 257 S. 261 Tribunale amministrativo, chiedendo che il Tribunale federale l'annulli e confermi il giudizio del Tribunale d'espropriazione. Dei motivi del ricorso si dirà, se necessario, nei considerandi. Il Tribunale amministrativo si riferisce alla propria sentenza; il Comune di S. Antonino chiede che il ricorso di diritto pubblico, in quanto ricevibile, sia integralmente respinto. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Il gravame è stato inoltrato come ricorso di diritto pubblico. Questo rimedio sarebbe l'unico ammissibile, se il litigio concernesse semplicemente un'espropriazione formale fondata sul diritto cantonale, per la quale - conformemente alla volontà del legislatore - il ricorso di diritto amministrativo è escluso (cfr. sentenza 17 febbraio 1982 in re Blaser e Lüthi, ZBl 83/1982, pagg. 208/209 consid. 1). Tale modo di considerare le cose sarebbe però superficiale. In realtà, al 1o gennaio 1980, data dell'entrata in vigore della LPT, pendeva davanti alla prima istanza cantonale la causa promossa da Stornetta contro il Comune e volta ad ottenere indennità per espropriazione materiale dovuta all'inclusione del fondo in una zona per attrezzature pubbliche, cioè ad una pianificazione ai sensi degli art. 5 cpv. 2 e 34 LPT ( DTF 107 Ib 382 consid. 1). Il fatto che successivamente, con dichiarazione del 24 marzo 1980, il Comune si sia dichiarato disposto ad acquistare addirittura la proprietà del fondo e Stornetta abbia acconsentito, non muta alcunché: sotto questo profilo, la situazione dev'esser equiparata a quella risultante dall'esercizio del cosiddetto "Heimschlagsrecht", allorquando questo istituto del diritto cantonale costituisce la conseguenza di un'espropriazione materiale ( DTF 108 Ib 338 consid. 4b e il consid. 1, inedito, della stessa sentenza Dorfschaftsgemeinde und Einwohnergemeinde Sarnen; ZBl 83/1982, pag. 209; GYGI, Der Rechtsschutz, in Das Bundesgesetz über die Raumplanung, pagg. 67 segg., 77 n. 9.1; DFGP/UPT, Commento LPT, n. 10 all'art. 34). D'altra parte, non può esser seriamente contestato, già sulla scorta delle indennità per terreno edilizio accordate, che l'inclusione del fondo in una zona per edifici pubblici ha effettivamente comportato un'espropriazione materiale: se ne deve quindi concludere che l'espropriazione formale non ha fatto altro che ampliare, senza soluzione di continuità procedurale, la pregressa espropriazione materiale, peraltro riconosciuta - tranne la divergenza sulla BGE 109 Ib 257 S. 262 questione dell'interesse - da entrambe le istanze cantonali. Il gravame deve quindi esser trattato come ricorso di diritto amministrativo. Che questa soluzione si impone addirittura, appare evidente non appena si consideri quale sarebbe la situazione se il Tribunale amministrativo, anziché annullare la decisione dell'istanza inferiore, l'avesse confermata. È manifesto che, in simile evenienza, non si sarebbe potuto negare al Comune la possibilità di impugnare con ricorso di diritto amministrativo fondato sull' art. 34 cpv. 2 LPT tale giudizio, opponendogli che - essendo stato d'accordo di assumere addirittura la proprietà del fondo, anziché indennizzare prima il vincolo ed espropriare poi la proprietà vincolata - esso si sarebbe precluso la via del ricorso al Tribunale federale ed avrebbe così perso quella protezione che il legislatore federale ha consapevolmente voluto accordargli per combattere indennità eccessive suscettibili di compromettere la pianificazione (ZIMMERLI, Raumplanungsgesetz und Enteignung, in Das Bundesgesetz über die Raumplanung, pagg. 51 segg., 61): una simile giurisprudenza sarebbe formalistica ed avrebbe la non certo auspicabile conseguenza di costringere cantoni e comuni, per non compromettere la possibilità di adire il Tribunale federale, a condurre sempre simili procedure in due fasi distinte. A ciò si aggiunga che - nella maggior parte dei casi - il nerbo essenziale dell'indennità è costituito dalla frazione relativa all'espropriazione materiale, per cui anche sotto questo risvolto si giustifica di attribuire peso preponderante a questa procedura. 2. Secondo il Tribunale amministrativo, il caso dev'esser trattato alla stregua di un'espropriazione formale non preceduta dalla pianificazione litigiosa, poiché alla pregressa espropriazione materiale è succeduta quella formale. Questa tesi, che considera l'imposizione del vincolo pianificatorio come un semplice effetto anticipato della successiva espropriazione formale, non può essere condivisa e lede il diritto federale. a) Come non è contestato in causa e come si desume già dal valore delle indennità accordate, la particella n. 178 di S. Antonino aveva manifestamente natura edilizia: l'inclusione di un terreno di questa natura in una zona per attrezzature pubbliche è, per costante giurisprudenza, costitutiva di espropriazione materiale ( DTF 108 Ib 337 /38 consid. 4a; inoltre ZIMMERLI, op.cit., pagg. 62/63). Il fondo cessa di essere oggetto di mercato per l'edilizia privata e di partecipare all'evoluzione dei prezzi del mercato dei fondi edilizi. La perdita o sottrazione forzata del BGE 109 Ib 257 S. 263 diritto - che costituisce la caratteristica determinante dell'esproprio - si situa qui al momento dell'entrata in vigore del piano, ed a questo momento si verifica il pregiudizio patrimoniale dovuto all'imposizione del vincolo pianificatorio. Ora, secondo la giurisprudenza del Tribunale federale, la pretesa del proprietario all'indennizzazione nasce in questo momento e l'indennità, per obbedire al principio costituzionale e legale stabilito dagli art. 22ter cpv. 3 Cost. e 5 cpv. 2 LPT, deve fruttare interesse se non dalla data in cui la pretesa è sorta, almeno da quella in cui il proprietario l'ha fatta valere in modo inequivocabile ( DTF 108 Ib 338 consid. 4c, 344 consid. 7b, DTF 97 I 814 /15, 817/18 consid. 3a, DTF 93 I 144 ; sentenza 20 maggio 1981 in re Keusen, consid. 3). Vero è che, secondo la prassi appena citata, sarebbe concepibile che il legislatore cantonale, alla condizione di rispettare i principi sanciti dagli art. 22ter Cost. e 5 cpv. 2 LPT, istituisca, per compensare il ritardo nel versamento dell'indennità, un sistema di regole diverso (cfr. DTF 97 I 817 in fine). Ma il legislatore ticinese non ha dettato norme particolari che consentano di scostarsi da questa giurisprudenza: anzi, obbligando il proprietario a far valere le proprie pretese - pena la decadenza - entro il breve termine di un anno previsto dall'art. 39 LCEspr (cfr. sulla costituzionalità di simili termini la sentenza 3 dicembre 1980 in re Einwohnergemeinde Wenslingen, ZBl 83/1982, pagg. 132/33), esso non gli ha lasciato alternativa ed ha considerato che le conseguenze finanziarie della pianificazione debbono esser liquidate entro breve termine. Ne consegue che, nel concreto caso, la pretesa d'indennità del ricorrente è sorta il 18 maggio 1977, data dell'entrata in vigore del PR, e che l'indennità dovuta deve fruttare interesse dal 30 giugno 1977, data della notifica di detta pretesa al Presidente del Tribunale d'espropriazione. Giova appena rilevare in questo contesto che se Stornetta non avesse presentato la sua richiesta entro l'anno e successivamente il Comune avesse promosso la procedura per l'espropriazione del fondo, l'ente pubblico avrebbe potuto sostenere con successo di non esser tenuto ad indennizzare che il valore venale di un fondo agricolo, qualsiasi componente edilizia essendo stata soppressa con l'inclusione della particella nella zona per attrezzature pubbliche e le pretese d'indennità per tale titolo essendo perente: avesse il Tribunale amministrativo, in simile evenienza, attribuito indennità per terreno edilizio, adottando come dies aestimandi - secondo l'art. 19 LCEspr - la data della decisione del Tribunale d'espropriazione, al Comune si sarebbe potuto difficilmente BGE 109 Ib 257 S. 264 negare la possibilità di impugnare tale decisione con un ricorso di diritto amministrativo ( art. 34 LPT ) per violazione del diritto federale, adducendo che nell'indennizzo per l'espropriazione formale era stata a torto inclusa un'indennità, non dovuta in quanto perenta, per la pregressa pianificazione ( art. 5 cpv. 2 LPT ). Le critiche espresse da IMBODEN/RHINOW (op.cit., n. 128, B/VII/d) nei confronti della giurisprudenza cantonale alla quale il Tribunale amministrativo si è appoggiato, sono pertanto giustificate: il principio per cui gli effetti anticipati, negativi o positivi, dell'opera dell'espropriante non devono esser presi in considerazione nella determinazione del valore venale - principio che si desume direttamente dall' art. 22ter Cost. ( DTF 104 Ia 470 /72) - non può essere applicato al caso in cui questi effetti sono il risultato di una pianificazione, costitutiva d'espropriazione materiale indennizzabile a titolo indipendente giusta l' art. 5 cpv. 2 LPT , che ha preceduto l'esproprio formale della proprietà del fondo. D'altro canto, il diritto cantonale non ha neppure distinto - ciò che potrebbe forse esser prospettato - tra il caso della misura pianificatoria, costitutiva d'espropriazione materiale, che chiude il processo e realizza compiutamente il fine (come ad esempio la creazione di una zona verde allo scopo di proteggere il paesaggio) ed il caso della misura pianificatoria, pure costitutiva d'espropriazione materiale, ma che rappresenta solo un primo passo di salvaguardia destinato per sua natura a completarsi in seguito con un'espropriazione formale, come si verifica appunto per le zone destinate ad accogliere edifici pubblici. Nel diritto ticinese, infatti, il proprietario è tenuto a far valere le sue pretese entro l'anno, sotto comminatoria di perenzione, nell'uno e nell'altro caso. Anche sotto questo profilo, quindi, non è possibile far distinzioni. b) Il Tribunale amministrativo ha ritenuto che il metodo adottato dalla prima istanza condurrebbe a soluzioni divergenti - e quindi a disparità di trattamento - a seconda che, dopo l'approvazione del PR, sia il proprietario a richiedere l'indennizzo per l'espropriazione materiale, oppure il Comune a promuovere la procedura di espropriazione formale. A torto. Col Tribunale amministrativo si deve ammettere che l'indennità da riconoscere al proprietario, su sua richiesta, per l'espropriazione materiale dev'essere identica alla quota dell'indennità complessiva che, nell'espropriazione formale promossa dall'ente BGE 109 Ib 257 S. 265 pubblico, è riferibile alla pregressa espropriazione materiale: in altre parole, che mentre l'indennizzo in capitale per l'espropriazione materiale resta immutato, è invece suscettibile di variazione - a dipendenza del diverso dies aestimandi - la quota dell'indennità complessiva in capitale concernente l'acquisto espropriativo formale del fondo previamente colpito dal vincolo. Ma la via seguita dalla prima istanza consente appunto di rispettare questi principi, e segnatamente di tener conto che il danno patrimoniale conseguente all'espropriazione materiale si è verificato al momento dell'entrata in vigore del PR e che questo momento deve far stato per determinare l'indennità in capitale dovuta al proprietario per tale titolo. Verosimilmente il Tribunale amministrativo si è lasciato fuorviare dal tenore letterale dell'art. 19 LCEspr, secondo cui determinante per la fissazione dell'indennità è il momento dell'anticipata immissione in possesso (cpv. 1) e, se non v'è stata immissione in possesso, il momento dell'emanazione della decisione di stima da parte del Tribunale d'espropriazione (cpv. 2), mentre secondo l'art. 52 LCEspr gli interessi sono dovuti dall'immissione in possesso e, se questa non ha avuto luogo, decorrono soltanto dopo trascorsi venti giorni dalla fissazione definitiva dell'indennità (art. 54 LCEspr). Sennonché non si può argomentare - come implicitamente il Tribunale amministrativo sottintende - che, non essendovi stata immissione in possesso, sono applicabili quanto al momento della determinazione dell'indennità l'art. 19 cpv. 2 e quanto al decorso degli interessi l'art. 54 LCEspr: tale argomentazione trascura infatti di considerare che l'imposizione del vincolo pianificatorio costituente espropriazione materiale ha posto il Comune al beneficio immediato della restrizione non solo alla stregua di un'immissione in possesso anticipata, ma addirittura alla stregua dell'acquisto definitivo del diritto espropriato alla conclusione di una procedura espropriativa formale. Ne deriva quindi che l'imposizione del vincolo al momento dell'entrata in vigore del PR dev'esser quantomeno equiparata, sotto questo profilo, all'immissione in possesso, onde il far decorrere - in simili circostanze - gli interessi solo a partire dall'interpellazione del proprietario o dall'apertura del procedimento su istanza del Comune, anziché dall'imposizione della limitazione, è soluzione - semmai - favorevole all'ente espropriante. D'altronde non è fuori luogo rilevare in questo contesto come anche nell'ambito di una BGE 109 Ib 257 S. 266 procedura d'espropriazione meramente formale possa sussistere per l'espropriante l'obbligo di corrispondere interessi nonostante non sia stata formalmente richiesta e concessa un'immissione anticipata in possesso. Ciò è il caso ad esempio per gli indennizzi dovuti per inquinamenti fonici in espropriazione dei diritti di difesa derivanti dai rapporti di vicinato: la data d'inizio delle immissioni dev'essere equiparata ad un'immissione in possesso (cfr. DTF 106 Ib 245 ). c) Si deve quindi concludere che il sistema seguito dalla prima istanza cantonale è di per sé conforme al diritto federale e contemporaneamente a quello cantonale rettamente interpretato, mentre quello preconizzato dal Tribunale amministrativo nella querelata sentenza, imponendo di trascurare la pregressa espropriazione materiale, lo viola. 3. La decisione del Tribunale amministrativo deve quindi essere annullata. Resta da decidere, in applicazione dell' art. 114 cpv. 2 OG , se il Tribunale federale possa pronunciarsi nel merito o debba rinviare la causa all'autorità cantonale, eventualmente - il Tribunale amministrativo avendo giudicato su ricorso - alla prima istanza, ossia al Tribunale d'espropriazione. Sotto questo profilo, va rilevato che il Comune aveva impugnato la decisione del Tribunale d'espropriazione unicamente in punto alla questione di principio concernente l'obbligo di pagare interesse, senza invece contestare le indennità per il terreno come tale, né la relazione valore di terreno industriale-valore agricolo. In particolare il Comune non ha sostenuto davanti al Tribunale amministrativo che, ove quest'istanza avesse condiviso l'opinione del Tribunale espropriativo circa l'obbligo di corrispondere interesse, l'indennità in capitale avrebbe dovuto essere ridotta, non corrispondendo essa al valore determinante alla data dell'entrata in vigore del PR. A questo proposito il Tribunale d'espropriazione aveva chiaramente esposto (decisione del 24 aprile 1980, pag. 22 consid. 5.4) che per la determinazione dell'indennità faceva stato la situazione di fatto e di diritto esistente al 18 maggio 1977, data dell'entrata in vigore del PR, mentre per la corresponsione dell'interesse era determinante, giusta la giurisprudenza del Tribunale federale, la data della notifica dell'espropriato (pag. 25, consid. 7). In simili circostanze, la causa può esser liquidata in modo definitivo, ripristinando puramente e semplicemente il dispositivo della prima istanza. 4. Visto l'esito del gravame, le spese processuali debbono BGE 109 Ib 257 S. 267 esser poste a carico del Comune di S. Antonino ( art. 156 cpv. 1 e 2 OG ), che dovrà anche versare al ricorrente, assistito da un avvocato, un'indennità per ripetibili della sede federale e dell'ultima istanza cantonale ( art. 159 cpv. 1, 2 e 6 OG ). Dispositiv Per questi motivi, il Tribunale federale pronuncia: Il gravame, trattato come ricorso di diritto amministrativo, è accolto; la decisione del Tribunale amministrativo, nella misura in cui ha modificato la sentenza 24 aprile 1980 del Tribunale d'espropriazione, è annullata e quest'ultima sentenza è confermata.
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Urteilskopf 80 I 1 1. Auszug aus dem Urteil vom 27. Januar 1954 i.S. Z. gegen M. und Kantonsgericht von Graubünden.
Regeste Kantonales Zivilprozessrecht. Willkür. Gelten die allgemeinen Vorschriften über die Editionspflicht auch für die Vorlegung amtlicher Akten?
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 80 I 1 S. 1 A.- Die Beschwerdeführerin Anny Z. gebar am 22. Dezember 1950 ein uneheliches Kind. Da ihr eigenartiges Verhalten vor und nach der Geburt auf eine Geistesstörung zu deuten schien, wurde sie von der Vormundschaftsbehörde Oberengadin zur Untersuchung in die kantonale Heil- und Pflegeanstalt Waldhaus eingewiesen. Deren Direktor erstattete der Vormundschaftsbehörde Ende Februar 1951 ein Gutachten über ihren Geisteszustand, auf Grund dessen von der Bevormundung abgesehen wurde. Am 27. Juni 1951 erhoben Anny Z. und ihr Kind beim Bezirksgericht Maloja Vaterschaftsklage gegen M. Dieser BGE 80 I 1 S. 2 anerkannte den Geschlechtsverkehr in der kritischen Zeit, erhob aber die Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels und verlangte u.a. die Edition aller Akten der Vormundschaftsbehörde. Das Bezirksgericht ordnete diese Edition an, worauf die Vormundschaftsbehörde alle ihre Akten einreichte mit Ausnahme des Gutachtens. Als der Beklagte auf dessen Edition beharrte, die Vormundschaftsbehörde aber bestritt, dass sie zur Vorlage ihrer Akten verhalten werden könne, kam das Bezirksgericht auf seinen Beschluss zurück und verzichtete auf die Edition des Gutachtens. Am 16. Januar 1953 hiess es die Vaterschaftsklage gut und verurteilte M. zu Vermögensleistungen an Mutter und Kind. M. appellierte gegen dieses Urteil an das Kantonsgericht und wiederholte sein Begehren um Edition des Gutachtens, aus dem sich ohne Zweifel der behauptete Mehrverkehr und unzüchtige Lebenswandel der Mutter zur Zeit der Empfängnis ergeben werde. Darauf stellte das Kantonsgericht durch Beiurteil vom 16./17. Juli 1953 fest, dass die Vormundschaftsbehörde verpflichtet sei, das über Anny Z. eingeholte psychiatrische Gutachten zu edieren. Die Begründung dieses Entscheids lässt sich wie folgt zusammenfassen: Gemäss Art. 173/4 ZPO bestehe die Editionspflicht für Dritte (d.h. solche, die nicht Prozesspartei sind) dann, wenn die betreffende Urkunde auf den Rechtsstreit Einfluss haben könne und wenn die Edition nicht offenbar zwecklos sei. Diese Voraussetzungen träfen hier zu. Die Vormundschaftsbehörde könnte daher von der Editionspflicht nur dann entbunden werden, wenn sich das Gutachten auf Tatsachen beziehen würde, über die sie das Zeugnis verweigern könnte. Indessen treffe keiner der in Art. 183 ZPO abschliessend aufgezählten Zeugnisverweigerungsgründe hier zu. Die Berufung der Vormundschaftsbehörde auf das Amtsgeheimnis könne nicht gehört werden. Wie allen Behörden obliege zwar auch ihr die Pflicht, Amtsgeheimnisse zu wahren, und die Missachtung dieses BGE 80 I 1 S. 3 Gebots sei sogar strafbar ( Art. 320 StGB ). Die Edition amtlicher Akten im Zivilprozess könne aber nicht der Preisgabe von Amtsgeheimnissen an beliebige Dritte gleichgestellt werden. Das öffentliche Interesse an einem ungestörten Gang der Rechtspflege und an der Erforschung der Wahrheit durch den Richter gehe (zumal in den nach Art. 12 EG z. ZGB der Offizialmaxime unterliegenden Ehe- und Vaterschaftssachen) der allgemeinen Schweigepflicht vor. Offensichtlich aus diesem Grunde nehme die ZPO Amtsstellen von der Editionspflicht nicht aus. Im Kanton Graubünden werde denn auch Editionsbegehren an Amtsstellen durchwegs anstandslos entsprochen. B.- Gegen diesen Entscheid haben Anny Z. und ihr Kind rechtzeitig staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, ihn wegen Verletzung von Art. 4 BV (Willkür) aufzuheben. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen Erwägungen in Erwägung: Der angefochtene Entscheid leitet die Pflicht der Vormundschaftsbehörde zur Edition des Gutachtens aus den in der ZPO enthaltenen Bestimmungen über den Urkundenbeweis (Art. 169 ff.) ab. Diese Bestimmungen kennen, von den "offenbar zwecklosen" Editionen abgesehen (Art. 174), keine Ausnahmen von der Pflicht Dritter zur Herausgabe und Vorlage von Urkunden an die Gerichte. Trotzdem anerkennt das Kantonsgericht, dass die Editionspflicht dann zu verneinen sei, wenn sich die Urkunde auf Tatsachen beziehe, über welche ihr Inhaber als Zeuge die Aussage verweigern könnte. Das ist zweifellos richtig. Dagegen ist die Auffassung, dass die Editionspflicht nur beim Vorliegen einer der in Art. 183 ZPO aufgezählten Zeugnisverweigerungsgründe entfalle, offensichtlich zu eng, denn sie übersieht gänzlich die auf die Zeugnispflicht der Beamten und auf die Editionspflicht der Behörden anwendbaren besonderen Grundsätze und Vorschriften. Für die Vorlegung amtlicher Akten gelten, wie Rechtsprechung BGE 80 I 1 S. 4 und Lehre übereinstimmend annehmen, nicht die allgemeinen zivilprozessualen Vorschriften über die Editionspflicht, sondern andere Regeln, und zwar selbst dann, wenn eine ausdrückliche Bestimmung in diesem Sinne fehlt (nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. April 1945 i.S. Ortsgemeinde Bilten; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht I S. 297). Das folgt insbesondere auch aus dem in allen Kantonen geltenden Grundsatz der Gewaltentrennung. Da nach diesem die Gerichte und die Verwaltungsbehörden einander gleichgeordnet sind, muss angenommen werden, dass die Gerichte mangels besonderer gesetzlicher Vorschriften nicht befugt sind, den Verwaltungsbehörden die Vorlegung ihrer Akten zu befehlen, sondern dass diese, sofern sie um Edition ersucht werden, selber darüber zu entscheiden haben, ob das Interesse an der Geheimhaltung ihrer Akten oder dasjenige an der Wahrheitsermittlung durch die Gerichte überwiegt (GULDENER a.a.O.). Neuere Zivilprozessordnungen tragen dem dadurch Rechnung, dass sie entweder das Verwaltungsrecht vorbehalten ( Art. 51 Abs. 4 BZP ) oder den Entscheid über die Edition ausdrücklich den Verwaltungsbehörden überlassen (St. Gallen Art. 235, Zug § 161 Abs. 2 in Verbindung mit § 168 Ziff. 2). Ob ein dahingehender allgemeiner Rechtsgrundsatz anzunehmen ist, dessen Missachtung Willkür bedeutet, kann dahingestellt bleiben, da auch die vom bündn. Grossen Rat am 29. November 1951 erlassene Verordnung über das Dienstverhältnis der Funktionäre des Kantons (Personalverordnung) auf diesem Boden steht. Nach Art. 21 dieses Erlasses darf ein Funktionär sich als Zeuge in einem Zivilprozess über dienstliche Angelegenheiten nur äussern, wenn ihn das zuständige Departement dazu ermächtigt; ferner bestimmt Art. 20, dass die Behörden einander nur dann Akteneinsicht zu gewähren und Auskünfte zu erteilen haben, wenn es im öffentlichen Interesse liegt und dadurch nicht berechtigte Interessen persönlicher Natur verletzt werden, worüber im Zweifelsfalle das vorgesetzte Departement unter BGE 80 I 1 S. 5 Vorbehalt des Weiterzugs an den Kleinen Rat entscheidet. Diese Verordnung betrifft freilich nur die staatlichen (kantonalen) vom Kleinen Rat oder vom Kantonsgericht gewählten Funktionäre, während die Mitglieder der hier in Frage stehenden Vormundschaftsbehörde Funktionäre der Kreise sind und vom Kreisgericht gewählt werden (Art. 55 EG z. ZGB). Es ist aber kein Grund ersichtlich, weshalb der den angeführten Bestimmungen zugrunde liegende, allgemein anerkannte und aus der Gewaltentrennung folgende Grundsatz im Kanton Graubünden nicht auch für die vormundschaftlichen Behörden gelten sollte. Da diese Behörden, um die ihnen vom ZGB übertragenen Aufgaben richtig erfüllen zu können, auf vertrauliche Informationen angewiesen und genötigt sind, in die private Geheimsphäre der unter ihrer Obhut stehenden Personen einzudringen, besteht ein grosses, auch öffentliches Interesse an einem ausgedehnten Schutz ihres Amtsgeheimnisses. Im Hinblick auf ihre besondere Stellung und Aufgabe ist denn auch in der Literatur mehrfach nachdrücklich und mit überzeugenden Argumenten die Auffassung vertreten worden, die vormundschaftlichen Behörden könnten mangels besonderer Vorschrift nicht verpflichtet werden, den Zivilgerichten Einsicht in ihre Akten zu geben (KAUFMANN, Die Auskunftspflicht vormundschaftlicher Organe, ZBl 1945 S. 424 ff.; BREITENSTEIN, Zur Schweigepflicht der Verwaltungsbehörden, ZBl 1947 S. 362 ff.; SCHULTZE, Die Öffnung der Vormundschaftsakten, Zeitschrift für Vormundschaftswesen 1953 S. 1 ff.). Das ist offensichtlich richtig. Ist aber schon beim Fehlen besonderer kantonaler Vorschriften über die Vorlegung amtlicher Akten anzunehmen, dass die vormundschaftlichen Behörden zur Edition ihrer Akten an die Zivilgerichte nicht verpflichtet sind, so muss dies erst recht gelten, wenn, wie im Kanton Graubünden, solche Vorschriften bestehen, die zwar nicht unmittelbar für die vormundschaftlichen Behörden gelten, deren Anwendung auf diese sich aber gebieterisch aufdrängt. Der angefochtene Entscheid, der eine unbeschränkte BGE 80 I 1 S. 6 Editionspflicht der vormundschaftlichen Behörden im Zivilprozess annimmt, erweist sich damit als unhaltbar und verstösst gegen Art. 4 BV .
public_law
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Urteilskopf 113 Ib 353 55. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. November 1987 i.S. B. gegen Gemeinderat der Einwohnergemeinde Mönthal, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 1 Abs. 3 FPolV , Garten- und Parkanlage. Ob eine Garten- oder Parkanlage vorliegt, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse zu beurteilen (E. 3, 4). (Änderung der Rechtsprechung, vgl. BGE 105 Ib 209 ). Art. 159 f. OG, Parteientschädigung. Voraussetzungen, unter denen einer nicht durch einen Anwalt vertretenen Partei ausnahmsweise eine Entschädigung für Auslagen und Umtriebe zusteht (E. 6b).
Sachverhalt ab Seite 353 BGE 113 Ib 353 S. 353 B. ist Eigentümer des 5536 m2 grossen Grundstückes Nr. 43 in der Gemeinde Mönthal. Das Grundstück liegt in der Wohnzone W2 und ist mit einem in der Nordostecke der Parzelle liegenden Einfamilienhaus überbaut. Der Westseite des Grundstückes entlang verläuft die Feldstrasse. Im Jahre 1983 wurde B. mit seinem ganzen Grundstück in den Beitragsplan für den Ausbau der Feldstrasse einbezogen. Er war damit nicht einverstanden, weil die Böschung seines Grundstückes gegen die Feldstrasse mit Wald bewachsen sei, was beim Beitragsplan hätte berücksichtigt werden müssen. In einem in der Folge eingeleiteten Waldfeststellungsverfahren hielten alle Instanzen übereinstimmend fest, dass es sich bei der U-förmigen Böschung, die längs der Strasse eine Bestockung mit gepflanzten Waldbäumen und -sträuchern (Linde, Kirschbaum, Ahorn, Weide, Buche, Fichte, Esche, Robinie, Haselstrauch, Nussbaum, Erle, Birke, Eiche) auf einer Länge von ungefähr BGE 113 Ib 353 S. 354 35 m und einer Tiefe von 10,4 m aufweist und an den beiden Schenkeln in eine lockere Bepflanzung mit Haselgebüschen und Rosen ausläuft, um eine Gartenanlage und nicht um Wald im Sinne der eidgenössischen Forstgesetzgebung handelt. Die dagegen eingereichte Verwaltungsgerichtsbeschwerde von B. heisst das Bundesgericht gut und stellt fest, dass die umstrittene Bestockung Wald im Sinne der eidgenössischen Forstgesetzgebung ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Waldareal ist Schutzobjekt des eidgenössischen Forstpolizeirechts (Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 11. Oktober 1902, SR 921.0). Art. 1 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz betreffend die Oberaufsicht über die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965 (FPolV, SR 921.01) umschreibt den Begriff des Waldes näher. Danach gilt als Wald generell jede mit Waldbäumen oder -sträuchern bestockte Fläche, die Holz erzeugt oder geeignet ist, Schutz- und Wohlfahrtswirkungen auszuüben. Das Bundesgericht hat diese Umschreibung als gesetzeskonform anerkannt ( BGE 107 Ib 356 E. 2c). Nach der Rechtsprechung gilt dieser Waldbegriff auch für die kantonale Gesetzgebung, wo diese an das Vorliegen von Wald rechtliche Folgen anknüpft ( BGE 110 Ia 92 E. 2b). Streitgegenstand ist die ca. 35 m lange und 10,4 m breite Bestockung auf der Böschung des Grundstückes des Beschwerdeführers gegen die Feldstrasse hin. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts bedeutet dies nicht, dass für die Waldfeststellung die umstrittene Bestockung isoliert zu betrachten ist. Unabhängig davon, aus welchen Gründen eine Waldfeststellung verlangt wird, kann eine solche in bezug auf die umstrittene Bestockung nur unter Mitberücksichtigung der Umgebung vorgenommen werden ( BGE 110 Ia 93 E. 2c; BGE 108 Ib 511 E. 5; BGE 107 Ib 53 E. 4a). Die umstrittene Bestockung erfüllt die nach der bundesgerichtlichen Praxis an Wald im Sinne von Art. 1 Abs. 1 FPolV gestellten Anforderungen in bezug auf Qualität, Wuchs, Mindestfläche und Alter. Dies wird von keiner Seite in Frage gestellt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts handelt es sich aber bei der fraglichen Bestockung um einen Bestandteil einer Gartenanlage, so dass diese als Gartenanlage im Sinne von Art. 1 Abs. 3 FPolV und nicht als Wald zu gelten habe. BGE 113 Ib 353 S. 355 4. a) Früher sprach das Bundesgericht von einer Garten- und Parkanlage im Sinne von Art. 1 Abs. 3 FPolV nur, wenn typische Parkbäume, die sich vom einheimischen regionalen Waldwuchs unterscheiden, gepflanzt und wenn andere für Gärten und Pärke typische Anlagen wie Wege, Mäuerchen, Bänke usw. geschaffen wurden (vgl. Hinweise in BGE 105 Ib 210 sowie nicht publizierter Bundesgerichtsentscheid vom 29. Juli 1982 i.S. K.). Das Bundesgericht liess im Entscheid BGE 105 Ib 210 offen, ob die beiden Voraussetzungen - besondere Baumarten und eigentliche Anlagen des Gartenbaus - kumulativ erfüllt sein müssen. Die Kriterien der Rechtsprechung wurden von der Lehre übernommen und dadurch ergänzt, dass Park- bzw. Gartenanlagen ausschliesslich Erholungszweck hätten (Gotthard Bloetzer/Robert Munz, Walderhaltungsgebot und Rodungsbewilligung, in: ZBl 73/1972 S. 428ff., insbes. S. 435; Aemisegger/Wetzel, Wald und Raumplanung, Schriftenfolge Nr. 38 VLP S. 12). b) Das kantonale Verwaltungsgericht findet demgegenüber im angefochtenen Entscheid, der Begriff der Park- bzw. Gartenanlage sei extensiver zu interpretieren. Wenn allzu schnell eine Bestockung innerhalb des Baugebietes als Wald bezeichnet werde, sei infolge des von Gebäuden einzuhaltenden Waldabstandes die Durchsetzung der in Art. 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplannung vom 22. Juni 1979 (RPG) verankerten Forderung einer haushälterischen Bodennutzung erschwert. Das Bundesgericht habe sich zudem bei seiner Begriffsbestimmung von der überholten Vorstellung eines Ziergartens, in dem auch exotische Pflanzen ein wichtiges Gestaltungselement bilden, leiten lassen; im Vordergrund stehe vielmehr heute der naturnahe, auf einheimische Bestockung ausgerichtete Garten. Entscheidend sei deshalb, ob die zu beurteilende Bestockung in die Gartenanlage integriert sei, d.h. zur betreffenden Liegenschaft eine räumliche und funktionelle Beziehung aufweise. Werde hievon ausgegangen, so bilde die umstrittene Bestockung Teil einer Gartenanlage. Weil der beim Hausbau angefallene Aushub gegen die Feldstrasse hin aufgeschüttet worden sei, um einen ebenen Rasenplatz zu schaffen, und weil die dadurch entstandene Böschung mit Waldbäumen und Waldsträuchern bepflanzt worden sei, weise die bestockte Böschungspartie einen "entstehungsgeschichtlichen" wie auch einen "räumlichen und funktionalen Bezug zum Haus und zum dieses umgebenden Garten auf". Deshalb könne die Böschungsbepflanzung selber, obwohl bei ihr die BGE 113 Ib 353 S. 356 einzelnen Elemente des Waldbegriffs gegeben seien, nicht als Wald gelten. c) Die Argumentation des Verwaltungsgerichtes ist schon im Ansatzpunkt unrichtig. Das eidgenössische Raumplanungsgesetz hat am Waldbegriff nichts geändert, indem es auf einen eigenen Begriff des Waldes verzichtete und hierfür in Art. 18 Abs. 3 ausdrücklich auf die Forstgesetzgebung verweist (vgl. EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 17 zu Art. 18 RPG ). Ob eine Bestockung in einer Bauzone liegt oder nicht, spielt deshalb forstrechtlich und insbesondere für den Begriff des Waldes keine Rolle ( BGE 111 Ib 306 mit Hinweis; EJPD/BRP, a.a.O. N. 18 zu Art. 18 RPG ). Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes spielt auch die Art der Entstehung der Bestockung (vgl. Art. 1 Abs. 1 FPolV ) sowie die Absicht des pflanzenden Grundeigentümers keine Rolle ( BGE 111 Ib 304 ). Zu überdenken ist einzig, ob für den Begriff der Garten- und Parkanlagen angesichts der Entwicklung des modernen Gartenbaus in Richtung naturnaher Anlagen weiterhin auf die Pflanzung von typischen Garten- oder Parkbäumen, die sich vom einheimischen Waldwuchs unterscheiden, abgestellt werden kann. In der Tat kann angesichts dieser Tendenzen in Richtung naturnaher Anlagen für die Annahme einer Gartenanlage nicht mehr länger verlangt werden, dass Parkbäume und typische bauliche Anlagen kumulativ vorhanden sind. Vielmehr muss in jedem Einzelfall eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse vorgenommen werden. d) Der Gesamtcharakter der Bestockung spricht nicht für eine Gartenanlage. Entscheidend ist, dass hier unbestrittenermassen für Gärten und Pärke typische Anlagen wie Wege, Mäuerchen, Bänke usw. gänzlich fehlen. Wesentlich ist ferner, dass der Erholungszweck der Bestockung auf der Böschung ganz oder doch weitgehend fehlt. Die Bestockung dient vielmehr vor allem der Hangsicherung, und sie hat damit hauptsächlich eine Schutzfunktion. Eine Gesamtwürdigung der fraglichen Bestockung ergibt, dass es sich dabei um Wald im Sinne von Art. 1 Abs. 1 FPolV handelt. Das Verwaltungsgericht hat somit in Verletzung von Bundesrecht die umstrittene Bestockung als Gartenanlage im Sinne von Art. 1 Abs. 3 FPolV beurteilt. 6. a) Kosten sind in Anwendung von Art. 156 Abs. 2 OG keine zu erheben. b) Der Beschwerdeführer verlangt für das Verfahren vor Bundesgericht eine Parteientschädigung. Dieses Begehren beurteilt BGE 113 Ib 353 S. 357 sich nach Art. 159 f. OG in Verbindung mit dem Tarif über die Entschädigung an die Gegenpartei für das Verfahren vor Bundesgericht vom 9. November 1978 (SR 173.119.1). Ist die obsiegende Partei - wie im vorliegenden Fall - nicht durch einen Anwalt vertreten, so wird ihr gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts in der Regel keine Parteientschädigung zugesprochen ( BGE 110 Ia 6 E. 6; BGE 105 Ia 122 ; vgl. auch André Grisel, Traité de droit administratif, vol. II, S. 849). Von vornherein entfällt eine Entschädigung von Anwaltskosten (Art. 3 des Tarifs). Ausnahmsweise sind hingegen Auslagen zu ersetzen (Art. 2 Abs. 2 des Tarifs), allerdings nur dann, wenn sie erheblich und nachgewiesen sind, was vorliegend nicht zutrifft. Sodann können besondere Verhältnisse es im Ausnahmefall rechtfertigen, eine Entschädigung für durch den Prozess verursachte Umtriebe zuzusprechen (Art. 2 Abs. 2 des Tarifs; BGE 110 V 81 E. 7, 132 ff.). Im vorliegenden Fall liegen solche besondere Verhältnisse vor. Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde sehr sorgfältig mit dem angefochtenen Entscheid und der Praxis des Bundesgerichts auseinandergesetzt. Angesichts der streitigen schwierigen Abgrenzung zwischen Wald und Gartenanlage war dies für den Beschwerdeführer als Laien mit einem erheblichen persönlichen Arbeitsaufwand verbunden. Es rechtfertigt sich deshalb, dem obsiegenden Beschwerdeführer für seine durch das bundesgerichtliche Verfahren verursachten Umtriebe eine Entschädigung zuzusprechen.
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Urteilskopf 118 II 74 15. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 21 janvier 1992 dans la cause Finanziaria Les Copains S.p.A. contre Office fédéral de la propriété intellectuelle (recours de droit administratif)
Regeste Familiennamen als Marken oder Markenbestandteile und ersonnene Firmen ( Art. 14 Abs. 1 Ziff. 4 MSchG ). 1. Voraussetzungen, unter denen es zulässig ist, als Marke bzw. Markenbestandteil zu gebrauchen: einen in der Schweiz verwendeten oder zumindest bekannten Familiennamen, einen ausländischen, in der Schweiz unbekannten Familiennamen sowie eine Phantasiebezeichnung, die auf einen in der Schweiz nicht existierenden Familiennamen schliessen lässt (E. 2). 2. Zulässigkeit der Marke "MISS ELLECI" (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 118 II 74 S. 74 A.- La société Finanziaria Les Copains S.p.A., dont le siège est à Bologne, a fait enregistrer, en Italie, la marque verbale "MISS ELLECI" pour des produits de la classe internationale 25 (articles d'habillement, souliers, chapellerie). BGE 118 II 74 S. 75 Par décision du 20 juin 1991, l'Office fédéral de la propriété intellectuelle (ci-après: l'Office) a refusé d'enregistrer ladite marque au motif qu'elle renvoie à une tierce personne dont l'usage du patronyme à titre de marque n'est pas justifié. B.- Saisi d'un recours de droit administratif, le Tribunal fédéral a annulé cette décision et invité l'Office à enregistrer la marque en question. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) L'insertion d'un nom patronymique dans une marque induit le public en erreur sur les relations commerciales du titulaire de la marque lorsqu'elle donne à penser qu'il existe un lien entre le produit ainsi désigné et le porteur du nom. C'est toujours le cas si le public connaît le nom en question et qu'il soit possible que celui qui le porte ait exercé ou exerce encore une influence sur la qualité du produit, par exemple en tant qu'inventeur, chercheur ou utilisateur renommé ( ATF 98 Ib 10 consid. 3, ATF 77 I 77 ss; TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3e éd., vol. I, p. 317; MARBACH, Die eintragungsfähige Marke, thèse Berne 1983, p. 104/105). Au demeurant, abstraction faite du risque que l'on vient d'évoquer, l'emploi comme marque d'un patronyme connu du public suisse est en principe inadmissible, selon la jurisprudence et la doctrine, car, même s'il n'en tire aucune conclusion quant à la qualité du produit qui lui est présenté sous une telle marque, l'acheteur risque toutefois d'établir à tort un lien entre ce produit, d'une part, et le porteur du nom ou une raison de commerce incluant ce patronyme, d'autre part ( ATF 98 Ib 10 consid. 4 "Santi"; arrêt non publié du 25 janvier 1985, en la cause J. Schoeff c. l'Office, reproduit dans la Feuille suisse des brevets, dessins et marques [FBDM] 1985 I 35/36 "Monsieur Dupont"; MATTER, Commentaire de la LMF, p. 83; DAVID, n. 46 ad art. 3 LMF ; MARBACH, ibid.; BITZI, Der Familienname als Marke, p. 104 ss; CURCHOD, Famille et propriété intellectuelle, in: Problèmes de droit de la famille, Neuchâtel 1987, p. 49). L' art. 14 al. 1 ch. 4 LMF prohibe, en outre, l'enregistrement d'une marque qui porte une raison de commerce fictive. Tombe, en particulier, sous le coup de cette disposition la marque contenant des mots qui sont susceptibles d'être compris comme patronymes, même si ces derniers n'existent pas en Suisse (MARBACH, op.cit., p. 101 et 105). Les décisions relatives à cette question sont délicates. L'Office BGE 118 II 74 S. 76 a dès lors jugé utile d'exposer quelle serait dorénavant sa pratique en la matière. Il a indiqué qu'il appliquerait à l'avenir le critère suivant afin de donner plus de clarté et d'assise à cette pratique: lorsque la patronyme n'existe pas en Suisse ou n'y est pas connu, la marque est acceptée à moins que le mot qui la compose ne soit accompagné d'une adjonction au point de rendre le renvoi à une tierce personne comme évident. L'adjonction pourra être un prénom, une particule ("by", "de", "création", "and Co.") ou le portrait d'un personnage. Selon l'Office, cette conception plus objective de la raison de commerce fictive constitue une nouvelle étape dans le processus de libéralisation concernant l'examen des marques (FBDM 1990 I 61/62). Le critère retenu par l'Office est assurément valable et conforme au droit fédéral, mais il est trop absolu dans sa formulation. En effet, il donne à penser que la marque comprenant un patronyme qui n'est pas connu en Suisse doit être refusée dès qu'elle renvoie clairement à une tierce personne. Ce n'est toutefois le cas que si ledit patronyme et l'adjonction qui l'accompagne confèrent à la marque visée l'apparence d'une raison de commerce, autrement dit s'ils donnent l'impression de faire partie intégrante d'une raison de commerce, généralement de la raison sociale d'une personne morale (cf., mutatis mutandis, l' ATF 98 Ib 190 consid. 2a où le Tribunal fédéral a appliqué ce principe à la marque "Sheila Diffusion"). A ce défaut, c'est-à-dire si, selon l'expérience générale, le public qui examine la marque incluant un patronyme étranger n'établit aucune relation entre ce patronyme et une raison de commerce - individuelle ou sociale - déterminée, l'enregistrement de la marque ne saurait être refusé même si le risque d'une confusion avec une raison de commerce ne peut en soi jamais être totalement écarté (dans le même sens, à propos des termes de fantaisie, cf. MATTER, op.cit., p. 177, et DAVID, n. 11 ad art. 14 LMF ). b) Cela étant, il convient de faire les distinctions suivantes en ce qui concerne le risque de tromperie: aa) Un patronyme qui est utilisé en Suisse ou qui y est un tant soit peu connu pourra être employé comme marque ou comme élément constitutif d'une marque aux trois conditions alternatives suivantes: - si le public l'associe immédiatement à une chose (par ex. "Zeppelin", "Bocca") ou si sa présentation en fait essentiellement un signe descriptif (par ex. des noms comme "Loup", "Lièvre" ou "Renard" accompagnés de l'animal stylisé; cf. MARBACH, op.cit. p. 101); - si le titulaire de la marque et le porteur du nom ne forment qu'une seule et même personne et que la marque en question ne soit BGE 118 II 74 S. 77 pas déceptive à un autre égard (au sujet de cette dernière réserve, cf. l' ATF 77 I 79 "Kübler"); - si le porteur du nom consent à l'emploi de son patronyme comme marque et qu'il existe entre le déposant et lui un lien de nature à exclure le risque d'une tromperie du public (TROLLER, ibid.; MARBACH, op.cit., p. 104/105 et les références). bb) L'emploi, comme marque ou dans une marque, d'un patronyme étranger qui n'est pas connu en Suisse portera peut-être atteinte au droit au nom de tierces personnes et sera subordonné, le cas échéant, à l'accord des intéressés (MARBACH, op.cit., p. 86). En revanche, il ne sera propre à induire le public en erreur que si la marque ainsi constituée revêt le caractère d'une raison de commerce fictive. Pour en juger, on appliquera le critère susmentionné (cf. let. a). cc) C'est également sur cette base que devra être appréciée la validité d'une désignation de fantaisie formée d'une suite de lettres ou de syllabes susceptible d'évoquer un nom de famille qui, en réalité, n'existe pas en Suisse (MARBACH, op.cit., p. 106). Il n'est, en effet, pas toujours facile pour le public de savoir si les termes qu'il a sous les yeux constituent un nom de famille ou une désignation de fantaisie: cela se vérifie déjà à propos de vocables qui lui sont familiers (par ex. la marque "Varazzi" qui est très proche du patronyme "Marazzi", connu en Suisse; MARBACH, op.cit., p. 106); mais c'est encore plus vrai lorsqu'il s'agit d'analyser des mots aux consonances se distinguant nettement, au point de vue phonétique, de celles de l'une des quatre langues nationales de la Suisse ou, plus généralement, de celles des langues indo-européennes (par ex. des mots de type extrême-oriental, tels que "Wan" ou "Wun"). Aussi faut-il savoir gré à l'Office d'avoir posé un critère sûr permettant de faire le départ entre les désignations de fantaisie admissibles comme marques et celles qui ne le sont pas. Le processus de libéralisation dans l'examen des marques, qu'il a instauré avec sa pratique actuelle, est d'autant moins critiquable que la difficulté de former de nouvelles marques verbales ne cesse de s'accroître avec le temps. Dans ces conditions, il est conforme à cette pratique de n'assimiler une désignation de fantaisie à une raison de commerce fictive, et partant d'en refuser l'enregistrement en application de l' art. 14 al. 1 ch. 4 LMF , que si, du fait de sa présentation, elle est propre, selon l'expérience générale, à tromper le public en éveillant chez lui l'idée, erronée, que la marque considérée se rapporte à une personne - physique ou morale - individualisée. BGE 118 II 74 S. 78 3. a) Le terme "ELLECI", qui figure dans la marque litigieuse, a été formé à partir des premières lettres, prononcées en italien, des mots "Les Copains", lesquels constituent l'élément essentiel de la raison sociale de la recourante et ont été également enregistrés comme marque à l'instar desdites lettres (L&C). Ce terme n'est pas utilisé comme patronyme en Suisse (RÉPERTOIRE DES NOMS DE FAMILLE SUISSES, 3e éd., vol. I, p. 496). Aux dires de la recourante, qui se fonde à cet égard sur l'examen des annuaires téléphoniques de Zurich, Berne, Genève, Lausanne, Bâle, Lugano, New York, Londres, Madrid, Milan et Rome, un tel patronyme n'existerait tout simplement pas, de sorte qu'il ne saurait être question ici d'un risque de confusion de noms. Pour l'Office, cette circonstance n'est pas déterminante, le mot "ELLECI" donnant déjà, à lui seul, l'impression - fausse - qu'il correspond au nom du titulaire de la marque, impression que le terme "MISS" ne ferait que renforcer. b) L'emploi de titres tels que "Miss", "Mademoiselle", "Missis", "Madame", "Mister", "Monsieur", "Lady" ou "Sir", pour la formation des raisons de commerce, à le supposer admissible, n'est en tout cas pas d'usage courant (MARBACH, op.cit., p. 105). Ces termes, du fait de leur large diffusion, ne sont généralement pas perçus comme un renvoi à une personne ou à une entreprise déterminée par le public, lequel y voit bien plutôt un argument publicitaire destiné à une clientèle ciblée. Aussi ne sont-ils de nature à tromper l'acheteur que si le terme qui les accompagne (nom, prénom ou désignation de fantaisie) leur confère un pouvoir d'individualisation suffisant, en particulier s'il s'agit d'un nom patronymique connu en Suisse (par ex. "Monsieur Dupont") ou d'un prénom renvoyant manifestement à une seule personne (par ex. "Lady Di", la référence à la couronne d'Angleterre étant ici évidente). En l'occurrence, contrairement à l'opinion de l'Office, la marque litigieuse ne donne pas à penser qu'il existe une relation entre le produit désigné par elle et une entreprise fictive portant le même nom. Le terme de fantaisie "ELLECI" ne correspond, en effet, à aucun patronyme suisse ou étranger et ne possède pas non plus un pouvoir d'individualisation tel que, joint au titre "MISS", il conduirait immédiatement le public à faire le rapprochement entre ladite marque et une raison de commerce inexistante. Dès lors, le recours doit être admis et l'Office invité à procéder à l'enregistrement requis.
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Urteilskopf 104 Ib 275 44. Urteil des Kassationshofes vom 12. Dezember 1978 i.S. W. gegen Regierungsrat des Kantons Glarus
Regeste Art. 55 StGB . Probeweiser Aufschub der Landesverweisung. Die für den Vollzug einer später ausgefällten Hauptstrafe zuständige Behörde ist nicht befugt, über den probeweisen Aufschub der in einem früheren Strafverfahren ausgesprochenen Landesverweisung, die rechtskräftig und vollziehbar geworden ist, zu entscheiden.
Sachverhalt ab Seite 276 BGE 104 Ib 275 S. 276 A.- Der 1941 in Westberlin geborene deutsche Staatsangehörige W. wurde am 18. Mai 1972 vom Strafgericht Basel-Stadt wegen wiederholter und fortgesetzter qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz und wiederholten Verweisungsbruchs zu zwei Jahren Zuchthaus und wegen wiederholter Zollübertretung und wiederholter Hinterziehung der Warenumsatzsteuer zu einer Busse verurteilt. Gleichzeitig ordnete das Strafgericht die Landesverweisung auf Lebenszeit an. Am 9. Januar 1974 wurde vom Polizeidepartement Basel-Stadt die gerichtliche Ausweisung publiziert. Trotz der Ausweisung reiste W. Anfang September 1976 in die Schweiz ein und verübte bis zu seiner Verhaftung am 19. September 1976 zahlreiche Einbruchdiebstähle. Am 19. April 1977 verurteilte ihn das Kriminalgericht des Kantons Glarus wegen wiederholten Diebstahls und Diebstahlsversuches, wiederholter Sachbeschädigung, wiederholten Hausfriedensbruches, wiederholten Verweisungsbruches und Verletzung von Verkehrsregeln zu drei Jahren Zuchthaus und Fr. 50.- Busse. B.- Am 29. Juli 1978 entliess der Regierungsrat des Kantons Glarus W. auf den 18. September 1978 bedingt aus dem Vollzug der vom Kriminalgericht ausgesprochenen Zuchthausstrafe, setzte die Probezeit auf zwei Jahre an und erteilte ihm die Weisung, seinen jeweiligen Aufenthaltsort der Staatskasse des Kantons Glarus zu melden. Gestützt auf eine seit 1963 bestehende Einreisesperre, die unbefristet und mit Gültigkeit für das ganze Gebiet der Schweiz verfügt worden war, ordnete die Polizeidirektion des Kantons Glarus am 18. September 1978 die sofortige Ausschaffung von W. durch die Fremdenpolizei Basel an. Seither befindet er sich wieder in der Bundesrepublik Deutschland. Am 5. September 1978 hatte der Vertreter des W. das Strafgericht Basel-Stadt ersucht, die von diesem Gericht am 18. Mai 1972 ausgesprochene Landesverweisung auf Lebenszeit probeweise BGE 104 Ib 275 S. 277 aufzuschieben. Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt, an welches das Gesuch überwiesen wurde, leitete es an den Regierungsrat des Kantons Glarus weiter in der Meinung, der Kanton Glarus sei zum Entscheid zuständig, weil er die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug verfügt habe. Am 21. September 1978 lehnte der Regierungsrat des Kantons Glarus das Gesuch um probeweisen Aufschub der Landesverweisung ab. C.- W. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, es sei der Beschluss des Regierungsrates des Kantons Glarus vom 21. September 1978 aufzuheben, der Vollzug der am 18. Mai 1972 ausgesprochenen Landesverweisung für die Dauer von zwei Jahren probeweise aufzuschieben und es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und demzufolge dem Beschwerdeführer zu gestatten, während der Dauer des Beschwerdeverfahrens in der Schweiz Wohnsitz zu nehmen oder zu Besuchszwecken in die Schweiz einzureisen. Der Regierungsrat des Kantons Glarus beantragt Abweisung der Beschwerde: Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wird der Verurteilte bedingt entlassen, so entscheidet die zuständige Behörde, ob und unter welchen Bedingungen der Vollzug der Landesverweisung probeweise aufgeschoben werden soll ( Art. 55 Abs. 2 StGB ). a) Der probeweise Aufschub des Vollzuges der Landesverweisung setzt voraus, dass der des Landes Verwiesene aus dem Vollzug der Hauptstrafe bedingt entlassen wurde. Die Landesverweisung muss daher die Nebenstrafe zur Zuchthaus- oder Gefängnisstrafe sein, aus welcher der Verurteilte bedingt entlassen wird. Wird die bedingte Entlassung aus dem Vollzug der Hauptstrafe nicht gewährt, so kann die Landesverweisung, für die der bedingte Strafvollzug nicht bewilligt worden ist, auch nicht probeweise aufgeschoben werden, so dass sie an dem Tag wirksam wird, an dem die Freiheitsstrafe verbüsst ist. Entsprechendes gilt, wenn der Verurteilte - auch wenn er bedingt entlassen und der Vollzug der Landesverweisung probeweise aufgeschoben wurde - sich während der Probezeit nicht bewährt hat; auch in diesem Falle wird die Landesverweisung mit der Verbüssung des Strafrestes wirksam ( Art. 55 Abs. 4 StGB ). Ist BGE 104 Ib 275 S. 278 die Landesverweisung auf diese Weise rechtskräftig und vollziehbar geworden, kann auf sie nicht mehr zurückgekommen werden. Selbst die Rehabilitation ist gesetzlich nicht vorgesehen. Vorbehalten bleibt lediglich die Begnadigung. Eine spätere Straffälligkeit in der Schweiz mit nachfolgender bedingter Entlassung kann nicht zum Anlass genommen werden, eine früher verhängte, rechtskräftig und wirksam gewordene Landesverweisung nachträglich aufzuheben. Dies wäre ein gesetzlich nicht vorgesehener Eingriff in ein rechtskräftiges und vollstreckbares Strafurteil. b) Aus dem Gesagten folgt, dass die für den Vollzug einer später ausgefällten Hauptstrafe zuständige Behörde nicht befugt ist, über den probeweisen Aufschub der in einem früheren Strafverfahren ausgesprochenen Landesverweisung zu entscheiden. Will der des Landes Verwiesene eine Änderung der früheren Anordnung erwirken, so muss er sich an die Behörden wenden, die zuständig sind, hinsichtlich des Urteils, das die Landesverweisung ausgesprochen hat, nachträgliche richterliche oder vollzugsrechtliche Verfügungen zu treffen. Entsprechend wurde entschieden für die Umwandlung der Busse in Haft (VEB 18/1947 Nr. 13 S. 29 f.), für die Begnadigung ( BGE 101 Ia 283 ff.) und die Löschung der Busse gemäss Art. 49 Ziff. 4 StGB ( BGE 104 IV 66 ff.). Eine Ausnahme von der allgemeinen Zuständigkeitsregel, wie sie Art. 41 Ziff. 3 Abs. 3 StGB für den Widerruf des Bedingten Strafvollzuges vorsieht, kennt das Gesetz für den probeweisen Aufschub der Landesverweisung und dessen Widerruf nicht. 2. Im vorliegenden Fall hat der Regierungsrat des Kantons Glarus materiell über den probeweisen Aufschub einer Landesverweisung entschieden, die von einem Gericht des Kantons Basel-Stadt ausgesprochen worden war. Dazu war er nicht zuständig. Die Verletzung der eidgenössischen Zuständigkeitsordnung ist im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde von Amtes wegen, ohne Bindung an die Beschwerdebegründung, zu beachten ( Art. 114 Abs. 1 OG ). Das hat zur Folge, dass dem ersten Begehren des Beschwerdeführers um Aufhebung des angefochtenen Entscheides stattzugeben ist. 3. Auf das zweite Begehren, der Vollzug der mit Urteil des Strafgerichtes Basel-Stadt vom 18. Mai 1972 ausgesprochenen Landesverweisung auf Lebenszeit sei für die Dauer von zwei Jahren probeweise aufzuschieben, ist nicht einzutreten, da diese BGE 104 Ib 275 S. 279 Frage noch nicht von einer zuständigen kantonalen Behörde geprüft wurde. Damit wird das weitere Begehren, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung zu erteilen und dem Beschwerdeführer während des Beschwerdeverfahrens die Einreise in die Schweiz zu bewilligen, gegenstandslos. Ihm hätte auch mit Rücksicht auf die fremdenpolizeiliche Einreisesperre nicht entsprochen werden können. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird teilweise dahin gutgeheissen, dass der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Glarus vom 21. September 1978 aufgehoben wird.
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Urteilskopf 91 IV 78 24. Urteil des Kassationshofes vom 9. April 1965 i.S. Meier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 33 Abs. 2, 49 Abs. 2 SVG, Art. 6 Abs. 1, 47 Abs. 3 VRV. Vortrittsrecht der Fussgänger auf Fussgängerstreifen. Das Vortrittsrecht darf nur in angemessener Entfernung vor heranfahrenden Fahrzeugen beansprucht werden. Die Angemessenheit der Entfernung bestimmt sich nach den Strassen- und Verkehrsverhältnissen, nicht nach der tatsächlichen Geschwindigkeit, mit der sich ein Fahrzeug dem Streifen nähert.
Sachverhalt ab Seite 79 BGE 91 IV 78 S. 79 A.- Meier führte am 6. Dezember 1963 um 16.55 Uhr ein Personenauto in Zürich die Winterthurerstrasse stadtauswärts. Bei der Einmündung der Dübendorfstrasse hielt er hinter zwei andern Wagen an, um dem von rechts aus der Dübendorfstrasse kommenden Verkehr den Vortritt zu lassen. Alsdann setzten sich die drei Wagen wieder in Bewegung und fuhren gegen den Fussgängerstreifen, der unmittelbar nach der Einmündung der Dübendorfstrasse über die 12 m breite Winterthurerstrasse führt. Auf dem rechten Trottoir standen vor dem Streifen Fussgänger. Nachdem die ersten beiden Wagen den Fussgängerstreifen passiert hatten, trat einer der Fussgänger, Ernesto Polentarutti, mit erhobenem Arm auf die Fahrbahn, um sie eilenden Schrittes zu überqueren. Sobald der Fussgänger den Streifen betrat, bremste Meier sein Fahrzeug. Er konnte aber nicht verhindern, dass er den Fussgänger mit dem linken vordern Kotflügel etwa 4 m vom Trottoirrand entfernt anfuhr. Polentarutti kam zu Fall und zog sich Verletzungen zu. Er stellte Strafantrag wegen fahrlässiger Körperverletzung. B.- Das Bezirksgericht Zürich sprach Meier frei. Es führte aus, Meier sei auf Grund des festgestellten Bremsweges von 3,3 m mit der nicht zu beanstandenden Geschwindigkeit von 22,5 km/Std gefahren und habe bei dieser Geschwindigkeit und bei einer Reaktionszeit von einer Sekunde zum Anhalten zwei Sekunden gebraucht, während der mit eilenden Schritten die Fahrbahn überquerende Fussgänger eine Gehgeschwindigkeit von 2,5 m/sec. gehabt und somit die Strecke von 4 m vom Trottoirrand bis zur Kollisionsstelle in 1,6 Sekunden zurückgelegt habe. Für Meier sei daher der Zusammenstoss unvermeidbar gewesen. Polentarutti habe den Fussgängerstreifen entgegen den Vorschriften nicht in angemessener Entfernung von dem herannahenden Fahrzeug betreten und sei infolgedessen nicht vortrittsberechtigt gewesen, weshalb es auch nicht darauf ankomme, ob er allenfalls das Handzeichen schon vor dem Betreten der Fahrbahn gegeben habe. C.- Das Obergericht des Kantons Zürich hob auf Berufung des Geschädigten das bezirksgerichtliche Urteil am 8. Dezember 1964 auf, erklärte Meier wegen Übertretung der Art. 33 Abs. 2 SVG und 6 Abs. 1 VRV der fahrlässigen Körperverletzung ( Art. 125 StGB ) schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 200.--. Es ging davon aus, der Fahrzeugführer habe nach Art. 33 BGE 91 IV 78 S. 80 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV allein schon angesichts des Fussgängerstreifens die Geschwindigkeit rechtzeitig so zu mässigen, dass er ausnahmslos jeden Fussgänger durchlassen könne, der vor dem Fahrzeug den Streifen erreicht habe. Diese Vorsichtspflicht der Fahrzeugführer vor Fussgängerstreifen werde durch die Vorschriften für die Fussgänger nicht eingeschränkt. Der Fahrzeugführer könne sich daher nicht mit dem Nachweis befreien, dass im Zeitpunkt, in dem er frühestens den Fussgänger auf die Fahrbahn habe treten sehen können, die verfügbare Strecke nicht mehr zum Anhalten genügt habe. Meier habe demzufolge den Zusammenstoss mit dem Fussgänger auch dann verschuldet, wenn es ihm unmöglich gewesen sei, rechtzeitig zu halten. Das Obergericht nahm sodann an, Meier habe zudem zu spät zu bremsen begonnen oder zu langsam gebremst. Wenn ein Fussgänger die Strasse überschreiten wolle, so könne ihm diese Absicht in der Regel nicht erst, wenn er den Fuss auf die Fahrbahn setze, sondern schon Sekundenbruchteile vorher angesehen werden. So verhalte es sich auch hier. Das erste Anzeichen der Absicht Polentaruttis, die Strasse zu überqueren, sei bestimmt schon 0,4 Sekunden vor dem Beginn der Überschreitung zu sehen gewesen. Meier seien somit die benötigten zwei Sekunden zur Verfügung gestanden, und er hätte bei sofortiger und richtiger Reaktion noch rechtzeitig anhalten können. D.- Gegen dieses Urteil führt Meier Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen. E.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. a) Das Verhalten des Fahrzeugführers an Fussgängerstreifen wird in Art. 33 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV geregelt. Nach der ersten Bestimmung hat er vor Fussgängerstreifen besonders vorsichtig zu fahren und nötigenfalls anzuhalten, um Fussgängern, die sich schon auf dem Streifen befinden oder im Begriffe sind, ihn zu betreten, den Vortritt zu lassen. Nach der zweiten Bestimmung, welche die besondere Vorsicht näher umschreibt, hat der Fahrzeugführer die Geschwindigkeit so zu mässigen, dass er den Fussgängern den BGE 91 IV 78 S. 81 Vortritt lassen kann, namentlich, wenn sie ein Handzeichen geben. Er muss jedem Fussgänger den Vortritt gewähren, der den Streifen betritt, bevor das Fahrzeug den Streifen erreicht. Für die Fussgänger bestimmt Art. 49 Abs. 2 SVG , dass sie auf dem Fussgängerstreifen vortrittsberechtigt sind, dass sie ihn aber nicht überraschend betreten dürfen. Art. 47 Abs. 3 VRV sodann führt hiezu aus, dass Fussgänger, die den Vortritt beanspruchen, dies dem Fahrzeugführer anzuzeigen haben, indem sie den Streifen mit einem Fuss betreten oder ein deutliches Handzeichen geben, und dass sie den Vortritt nicht beanspruchen dürfen, wenn das Fahrzeug nicht rechtzeitig halten könnte. b) Das Obergericht verlangt gestützt auf den Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 VRV , dass der Fahrzeugführer jeden Fussgänger durchlassen müsse, der vor dem Fahrzeug den Fussgängerstreifen erreiche, indem es annimmt, der Vortritt stehe dem Fussgänger immer dann zu, wenn er den Fussgängerstreifen betrete oder diese Absicht bekunde, bevor das Fahrzeug den Streifen erreiche. Demnach könnte das Vortrittsrecht ohne Rücksicht darauf, wie weit das Fahrzeug vom Streifen entfernt ist, ausgeübt werden. Diese Auffassung ist unhaltbar. Sie hätte zur Folge, dass der Fahrzeugführer jedes Mal, wenn er einen Fussgänger vor dem Streifen stehen sähe, sich nur noch im Schrittempo nähern könnte, um dem Fussgänger auch dann noch den Vortritt zu lassen, wenn dieser erst im letzten Augenblick vor dem Fahrzeug in die Fahrbahn träte. Eine solche Regelung würde, namentlich auf verkehrsreichen Strassen, zu unerträglichen Stockungen im Verkehrsablauf führen, was nicht der Sinn des Art. 6 Abs. 1 VRV sein kann. Zwischen den Vorschriften, die das Verhalten der Fahrzeugführer an Fussgängerstreifen regeln ( Art. 33 Abs. 2 SVG , Art. 6 Abs. 1 VRV ), und jenen, die das Vortrittsrecht der Fussgänger auf den Streifen ordnen ( Art. 49 Abs. 2 SVG , Art. 47 Abs. 3 VRV ), besteht eine Wechselbeziehung, die bei der Auslegung der einen oder andern dieser Bestimmungen beachtet werden muss. Wenn der Fussgänger nach Art. 49 Abs. 2 SVG den Streifen nicht überraschend betreten darf und Art. 47 Abs. 3 VRV ausdrücklich vorschreibt, dass er den Vortritt nicht beanspruchen darf, falls das Fahrzeug nicht rechtzeitig halten könnte, so heisst das umgekehrt, dass der Fahrzeugführer in diesem Falle den Vortritt nicht zu gewähren hat. Dieser muss BGE 91 IV 78 S. 82 also nach den Vorschriften über die Ausübung des Vortrittsrechts nicht damit rechnen, dass ein Fussgänger erst dann den Streifen betrete oder diese Absicht anzeige, wenn sich das Fahrzeug bereits unmittelbar vor dem Streifen befindet, sondern er darf erwarten, dass der Fussgänger den Vortritt in angemessener Entfernung vor dem herannahenden Fahrzeug geltend mache. Diese Beschränkung des Vortrittsrechts, die sowohl im Interesse der Fussgänger wie der Fahrzeugführer liegt, ist notwendig, wenn die Verkehrssicherheit gewährleistet, der Verkehrsfluss aber auch nicht in unerträglicher Weise behindert werden soll (vgl. Botschaft des Bundesrates vom 9. März 1961, BBl 1961 I 408). Anderseits darf die Ausübung des Vortrittsrechts aber auch nicht von der Geschwindigkeit herannahender Fahrzeuge abhängig gemacht werden, wozu die Vorschrift Anlass geben könnte, dass der Fussgänger den Vortritt nicht beanspruchen dürfe, wenn das Fahrzeug nicht rechtzeitig halten könnte ( Art. 47 Abs. 3 VRV ). Nach Art. 33 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV ist der Fahrzeugführer verpflichtet, bei der Annäherung an Fussgängerstreifen seine Geschwindigkeit so zu mässigen, dass er imstande ist, den Fussgängern den Vortritt zu gewähren, wenn sie ihn in angemessener Entfernung vom Fahrzeug in Anspruch nehmen. Mit der Verpflichtung des Fahrzeugführers zur Mässigung der Geschwindigkeit vor Fussgängerstreifen will verhindert werden, dass er durch schnelles Fahren dem Fussgänger die Ausübung des Vortrittsrechts verunmögliche. Es soll also nicht dem Fahrzeugführer überlassen bleiben, durch die Geschwindigkeit, mit der er gegen den Streifen zufährt, die für die Ausübung des Vortritts angemessene Entfernung frei zu bestimmen. Er muss sich vielmehr mit so mässiger Geschwindigkeit dem Streifen nähern, dass dem Fussgänger, der den Vortritt in angemessener Entfernung beansprucht, genügend Zeit verbleibt, um die Fahrbahn ungehindert überschreiten zu können. Der ordnungsgemäss das Vortrittsrecht ausübende Fussgänger soll sich darauf verlassen können, dass auch der Fahrzeugführer sich ihm gegenüber pflichtgemäss verhält ( BGE 90 IV 216 ), d.h. dass er die Geschwindigkeit frühzeitig genug herabsetzt, um nötigenfalls vor dem Streifen halten zu können. Wie in BGE 86 IV 38 ausgeführt wurde, kann die angemessene Entfernung, auf die noch damit gerechnet werden muss, BGE 91 IV 78 S. 83 dass Fussgänger den Vortritt beanspruchen könnten, nicht ein- für allemal in Metern festgelegt werden, da die im Einzelfall unterschiedlichen Strassen- und Verkehrsverhältnisse nicht ausser Acht gelassen werden können. Insbesondere ist zu berücksichtigen, ob sich der Fussgängerstreifen auf einer Innerorts- oder Ausserortsstrecke befindet. Innerorts, wo die an sich zulässige Geschwindigkeit niedriger und der Fussgängerverkehr grösser als ausserorts ist, muss dem Fahrzeugführer zugemutet werden, dass er bei der Annäherung an einen Fussgängerstreifen seine Geschwindikgkeit mehr herabsetze als auf einer Ausserortsstrecke, und dementsprechend hat er sich darauf einzustellen, dass innerorts die angemessene Entfernung zur Ausübung des Vortrittsrechts kürzer ist. Hievon geht auch der erwähnte Entscheid aus, wo es als angemessen erachtet wurde, dass Fussgänger auf einer verhältnismässig schmalen Stadtstrasse mit dichtem Verkehr den Streifen noch in einer Entfernung von 14-17 m vor dem herannahenden Fahrzeug überquerten ( BGE 86 IV 40 ). 2. Eine Widerhandlung gegen Art. 33 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV kann demnach dem Beschwerdeführer nur vorgeworfen werden, wenn er im Zeitpunkt, in dem der Fussgänger die Absicht, die Fahrbahn zu überschreiten, zu erkennen gab, vom Fussgängerstreifen noch so weit entfernt war, dass er mit der Möglichkeit, Fussgänger könnten auf diese Entfernung von ihrem Vortrittsrecht Gebrauch machen, rechnen musste. Trifft diese Voraussetzung zu, so ist er nicht mit der mässigen Geschwindigkeit oder nicht mit der besondern Vorsicht gefahren, zu der er verpflichtet war, um dem vortrittsberechtigten Fussgänger die ungehinderte Überquerung der Strasse zu ermöglichen. Hat dagegen der Fussgänger den Vortritt in zu kurzer Entfernung vom herannahenden Fahrzeug beansprucht, so war dieser nicht vortrittsberechtigt, und es kann daher dem Beschwerdeführer auch nicht eine Verletzung der entsprechenden Pflichten zur Last gelegt werden. Der Beschwerdeführer, der bremste, als der Fussgänger die Fahrbahn betrat, konnte sein Fahrzeug auf der Kollisionsstelle - kurz vor dem entfernteren Rand des 4,5 m breiten Fussgängerstreifens - praktisch anhalten. Der Bremsweg betrug nach der Annahme der Vorinstanzen 3,3 m und der Weg, den der Wagen bei der Geschwindigkeit von 22,5 km/Std in der Reaktionszeit zurücklegte, 6,25 m, sofern die Reaktionszeit BGE 91 IV 78 S. 84 auf eine Sekunde bemessen wird. Danach wäre der Wagen, als der Fussgänger die Strasse betrat, noch rund 9,5 m von der Kollisionsstelle entfernt gewesen. Bei der Beurteilung der Frage, auf welche Entfernung der Fahrzeugführer noch mit dem Überschreiten der Fahrbahn durch einen Fussgänger rechnen muss, kann jedoch nicht von der erwähnten Anhaltestrecke von 9,5 m ausgegangen werden, wovon mindestens die letzten 4 m innerhalb des Fussgängerstreifens lagen, sondern es ist darauf abzustellen, wie weit das Fahrzeug im massgeblichen Zeitpunkt vom näher gelegenen Rand des Streifens entfernt war; denn es können auch dort Fussgänger die Strasse überqueren, und der Fahrzeugführer hat allgemein die Geschwindigkeit so zu mässigen, dass er vor dem Streifen anhalten kann. Der Beschwerdeführer hätte sich somit dem Streifen auf rund 5,5 m genähert, als der Fussgänger ihn betrat. Dazu kommt, dass dem Fahrzeugführer in Situationen, in denen er auf Gefahren oder Hindernisse gefasst sein muss und deshalb zu besonderer Aufmerksamkeit und zur Erstellung der Bremsbereitschaft verpflichtet ist, nicht eine volle Sekunde als Reaktionszeit zugestanden werden kann ( BGE 90 IV 101 ). Eine solche Lage besteht auch vor Fussgängerstreifen, an denen sich Fussgänger bereit halten, um die Strasse zu überqueren. Die angemessene Reaktionszeit ist in diesen Fällen auf 0,6 bis 0,7 Sekunden zu bemessen. Werden 0,7 Sekunden zugrunde gelegt, so verkürzt sich die oben errechnete Entfernung des Beschwerdeführers vom Streifen um 1,9 m auf 3,6 m. Es liegt auf der Hand, dass der Beschwerdeführer nicht damit rechnen musste, dass ein Fussgänger auf so kurze Entfernung noch versuchen werde, vor ihm die Fahrbahn zu überqueren. Das war auch dann nicht zu erwarten, wenn der Beschwerdeführer, wie das Obergericht in seiner Eventualbegründung annimmt, die Absicht des Fussgängers nicht erst beim Betreten der Fahrbahn, sondern schon 0,4 Sekunden vorher hätte erkennen können, als er mithin noch 2,5 m weiter, d.h. ca. 6,l m vom Streifen entfernt war. Einem Fussgänger, der derart überraschend die Strasse betritt, steht das Vortrittsrecht nicht zu. Der Beschwerdeführer hat daher Art. 33 Abs. 2 SVG und Art. 6 Abs. 1 VRV nicht verletzt und ist in diesem Punkt freizusprechen. 3. Das Obergericht wirft dem Beschwerdeführer in zweiter Linie vor, er habe zu spät oder nicht genügend gebremst und hätte bei rechtzeitiger und richtiger Reaktion den Zusammenstoss mit dem Fussgänger vermeiden können. BGE 91 IV 78 S. 85 a) Es nimmt an, der Beschwerdeführer hätte schon 0,4 Sekunden, bevor der Fussgänger die Fahrbahn betrat, dessen Absicht erkennen können; es sei ihm daher die zum Anhalten benötigte Zeit von zwei Sekunden tatsächlich zur Verfügung gestanden, nicht bloss die Zeit von 0,6 Sekunden, die der Fussgänger gebraucht habe, um vom Trottoir bis zur Kollisionsstelle zu gelangen. Zu dieser Annahme genügt jedoch nicht die Überlegung, es könne dem Fussgänger, der die Strasse überqueren wolle, diese Absicht in der Regel Sekundenbruchteile vor dem Betreten der Fahrbahn angesehen werden. Es muss im Einzelfall nachgewiesen werden, dass der Fussgänger die Absicht, das Vortrittsrecht zu beanspruchen, wirklich vorzeitig zum Ausdruck gebracht hat, und zwar in einer für den Fahrzeugführer klar erkennbaren Weise. In den Erwägungen des angefochtenen Urteils wird nur auf die Akten verwiesen, nicht aber festgestellt, dass Polentarutti die Absicht, die Strasse zu überqueren, vor dem Betreten der Fahrbahn tatsächlich deutlich angezeigt und worin dieses Zeichen bestanden habe. b) Für die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer den Unfall hätte vermeiden können, ist auch von Bedeutung, wie rasch der Fussgänger auf der Fahrbahn gegangen ist. Dem angefochtenen Urteil liegen die Feststellungen des Bezirksgerichts zugrunde, wonach Pollentarutti die Fahrbahn eilenden Schrittes, also mit einer Geschwindigkeit von 2,5 m/sec., überquert habe, ohne dass das Obergericht diese Annahmen einer Prüfung unterzog. Es frägt sich indessen, ob die erwähnte Gehgeschwindigkeit von 2,5 m/sec. nicht eher einem Laufschritt entspreche und ob tatsächlich ein solcher angenommen werden wollte. c) Die Frage, ob der Beschwerdeführer den Unfall zufolge Nichtbeherrschung des Fahrzeuges ( Art. 31 Abs. 1 SVG ) verschuldet habe, kann daher mangels hinreichender Feststellungen vom Kassationshof nicht zuverlässig nachgeprüft werden. Das Obergericht hat sie erneut zu beurteilen, wozu ergänzende Feststellungen über die Art der Zeichengebung und die tatsächliche Gehgeschwindigkeit des Fussgängers notwendig sind. d) Der unter Hinweis auf BGE 89 IV 105 erhobene Einwand des Beschwerdeführers, dass es nicht angehe, seine Verantwortlichkeit von Sekundenbruchteilen abhängig zu machen, hält nicht stand. Im angezogenen Bundesgerichtsentscheid ging es um die Frage, ob ein Fahrzeugführer strafrechtlich verantwortlich BGE 91 IV 78 S. 86 gemacht werden könne, wenn er als Wartepflichtiger an einer Strassenverzweigung eine Viertels- oder Drittelssekunde länger als nötig nach rechts beobachte. Mit jenem Falle lässt sich der vorliegende nicht vergleichen. Hier musste der Beschwerdeführer, wie unter Ziff. 2 dargelegt wurde, auf Gefahren gefasst sein, und er war daher zum vorneherein zu erhöhter Aufmerksamkeit und zur Erstellung der Bremsbereitschaft verpflichtet, weshalb von ihm beim Eintritt der Gefahr eine rasche Reaktion verlangt werden durfte. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird dahin gutgeheissen, dass das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 8. Dezember 1964 aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
null
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
850f6b16-d0e6-4226-b63c-80b18d2cc492
Urteilskopf 125 V 112 16. Auszug aus dem Urteil vom 15. März 1999 i.S. M. gegen Assura Kranken- und Unfallversicherung und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz
Regeste Art. 102 f. und Art. 67 ff. KVG : Taggeldversicherung; Übergangsrecht, Leistungspflicht nach Auflösung des Versicherungsverhältnisses. - Das KVG kennt - anders als für die obligatorische Krankenpflegeversicherung ( Art. 102 Abs. 2 KVG ) - für die freiwillige Taggeldversicherung nach Art. 67 ff. KVG keine übergangsrechtliche Anpassungsvorschrift. - Wie in der Krankengeldversicherung nach KUVG besteht in der freiwilligen Taggeldversicherung nach den Art. 67 ff. KVG von Gesetzes wegen keine nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses weiterbestehende Leistungspflicht des Versicherers für Versicherungsfälle, welche vor der Beendigung des Versicherungsverhältnisses eingetreten sind; vorbehalten bleiben anders lautende Vereinbarungen im (Einzel- oder Kollektiv-)Versicherungsvertrag.
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 125 V 112 S. 113 A.- M., geboren 1965, arbeitet bei der Firma X (nachfolgend: Arbeitgeberin). Diese schloss am 27./30. Juni 1995 mit der Assura Kranken- und Unfallversicherung (nachfolgend: Assura) einen Kollektiv-Taggeldversicherungs-Vertrag (nachfolgend: Vertrag I), welcher auf den 1. Juli 1995 in Kraft trat. Am 10. Mai 1996 unterzeichneten die Arbeitgeberin und die "Assura Scoop AG" einen weiteren Kollektiv-Taggeldversicherungs-Vertrag (nachfolgend: Vertrag II), dessen Inkrafttreten auf den 1. Januar 1996 festgesetzt wurde; dieser Vertrag wurde von der Arbeitgeberin auf den 31. Dezember 1996 gekündigt. Integrierenden Bestandteil des Vertrages I bildeten die Versicherungsbedingungen der Assura in der im Jahre 1995 gültigen Fassung (nachfolgend: AVB/1995), des Vertrages II jene der "Assura Scoop AG", welche für die Zeit ab 1. Januar 1996 Geltung beanspruchten (nachfolgend: AVB/1996). M. war gemäss ärztlicher Bescheinigung ab 19. November 1996 arbeitsunfähig, am 26. November 1996 kam sie nieder. Die Assura erbrachte Taggelder bis zum 31. Dezember 1996. Am 8. April 1997 teilte sie der Arbeitgeberin mit, sie könne zufolge Kündigung des Kollektivvertrages keine Taggelder für die Zeit ab 1. Januar 1997 leisten. Allerdings habe M. das Recht, bei der Assura einen Einzel-Taggeldvertrag abzuschliessen. Von dieser Möglichkeit machte M. gemäss schriftlicher Mitteilung vom 10. April 1997 keinen Gebrauch. Mit Verfügung vom 11. Juni 1997 bestätigte die Assura die Ablehnung von Versicherungsleistungen für die Zeit ab 1. Januar 1997. Die von M. hiegegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid vom 23. Juli 1997 ab. B.- Die Beschwerde, mit welcher M. für die Zeit ab 1. Januar 1997 die Zusprechung von 38 Taggeldern im Gesamtbetrag von Fr. 4'244.-- beantragt hatte, wies das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit Entscheid vom 5. November 1997 ab (...). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneuert M. sinngemäss ihr vorinstanzliches Rechtsbegehren (...). Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und die Assura schliessen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin gegenüber der Assura für die Zeit ab 1. Januar 1997 ein Anspruch auf Bezahlung von 38 Taggeldern im Gesamtbetrag von Fr. 4'244.-- zusteht (...). BGE 125 V 112 S. 114 2. a) In übergangsrechtlicher Hinsicht erwog die Vorinstanz, der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Taggeldanspruch sei gemäss Art. 102 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung vom 18. März 1994 (KVG) anhand der altrechtlichen Gesetzesbestimmungen (Bundesgesetz über die Krankenversicherung vom 13. Juni 1911 [KUVG]) zu beurteilen. Massgebend seien im Übrigen der Vertrag II sowie - nachdem die AVB/1996 vom Bundesamt für Privatversicherungswesen (BPV) nicht genehmigt worden seien - die AVB/1995. b) Die Assura beabsichtigte, zur Durchführung der Zusatzversicherungen ( Art. 12 Abs. 2 und 3 KVG ) ab 1. Januar 1996 die "Assura Scoop AG" zu gründen. Es kam indessen nie zur Gründung dieser Gesellschaft. Auch hat das BPV den AVB/1996 die Genehmigung versagt. Andererseits erteilte die Aufsichtsbehörde der Assura am 18. Dezember 1996 die Bewilligung, im eigenen Namen ab 1. Januar 1997 u.a. Zusatzversicherungen gemäss Art. 12 Abs. 2 und 3 KVG durchzuführen. Im Ingress der AVB/1996 wurde deren Genehmigung durch das BPV ausdrücklich vorbehalten. Die Vertragsparteien waren sich also bewusst, dass der Vertrag II, dessen wesentlicher Inhalt in den AVB/1996 festgelegt war (insbesondere im Kapitel 9 betreffend die ausdrücklich dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) unterstellte Versicherungsabteilung "Pecunia", Zusatzversicherung für Erwerbsausfall), nur im Falle der Genehmigung der AVB/1996 durch das BPV Gültigkeit erlangen würde. Da diese Bedingung nicht erfüllt wurde, ist der Vertrag II nicht zustande gekommen. Der gegenteiligen Auffassung der Vorinstanz, wonach zwar die AVB/1996 keine Gültigkeit erlangten, der Vertrag II aber mit den AVB/1995 als integrierendem Bestandteil zustande kam, kann nicht gefolgt werden. Dies allein schon deshalb nicht, weil die Bestandteil des Vertrages I bildenden AVB/1995 eine Taggeldversicherung nach KUVG zum Gegenstand hatten, während mit dem Vertrag II eine solche nach VVG vereinbart werden wollte; dass der am 27./30. Juni 1995 unterzeichnete Vertrag I nicht dem VVG unterstand, wird in den AVB/1995 durch vereinzelte Verweise auf das KUVG ausdrücklich festgestellt (z.B. "Allgemeine Versicherungsbedingungen", Art. 9, sowie "Besondere Versicherungsbedingungen" der Taggeldversicherung "Pecunia", Art. 3 Abs. 1) und ist im Übrigen zwischen den Parteien zu Recht unbestritten. Die Substitution von dem Privatversicherungsrecht unterstehenden durch dem Sozialversicherungsrecht zuzuordnende Versicherungsbedingungen BGE 125 V 112 S. 115 ist angesichts der grundsätzlichen Unterschiede zwischen Privat- und Sozialversicherung a priori ausgeschlossen. c) Die Parteien mussten also mit der Nichtgenehmigung der AVB/1996 durch das BPV und demzufolge mit dem Nichtzustandekommen des Vertrages II rechnen. Indessen besteht kein Anlass, am Willen der Arbeitgeberin zu zweifeln, auch im Falle des Nichtzustandekommens des Vertrages II ihrer gesetzlichen und gesamtarbeitsvertraglichen Pflicht zur Lohnfortzahlung bei Krankheit und Mutterschaft und zum Abschluss einer entsprechenden Taggeldversicherung nachzukommen ( Art. 324a OR ; BGE 122 V 83 Erw. 2, RKUV 1997 Nr. K 983 S. 117; SCARTAZZINI, Krankentaggeldversicherung, in: AJP 1997 S. 667 ff., insbesondere Rz. 10). Der Vertrag II enthält denn auch keine Klausel, wonach der Vertrag I mit der Unterzeichnung des Vertrages II aufgehoben werde. Diese Rechtsfolge wäre demzufolge erst im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Vertrages II eingetreten. Da dieser keine Rechtsgültigkeit erlangte, hatte der Vertrag I über den 1. Januar 1996 hinaus Bestand. d) Damit fragt sich weiter, ob der Vertrag I zufolge der von der Arbeitgeberin ausgesprochenen Kündigung auf den 31. Dezember 1996 ausser Kraft getreten ist. Das Kündigungsschreiben findet sich nicht bei den Verfahrensakten. Die Parteien stimmen jedoch darin überein, dass die Arbeitgeberin den Vertrag II fristgerecht auf Ende 1996 gekündigt hat. Die Kündigungsfrist beträgt sowohl gemäss Vertrag II als auch nach Vertrag I drei Monate; es kann somit davon ausgegangen werden, dass die Frist auch hinsichtlich des Vertrages I eingehalten wurde. Fest steht zudem, dass es der Wille der Arbeitgeberin war, das Versicherungsverhältnis mit der Assura auf den 31. Dezember 1996 zu beenden. Davon geht auch die Assura aus, hat sie doch unter Hinweis auf die Vertragskündigung Taggeldleistungen über das genannte Datum hinaus abgelehnt. Mit der Anerkennung der Kündigung verzichtete die Assura im Übrigen auf die Erfüllung der im Vertrag I vereinbarten minimalen Vertragsdauer von drei Jahren. Unter diesen Umständen ist davon auszugehen, dass der Vertrag I zufolge Kündigung durch die Arbeitgeberin am 31. Dezember 1996 ausser Kraft getreten ist. e) Die Vorinstanz erwog, der Vertrag I habe gemäss Art. 102 Abs. 2 KVG im Jahre 1996 weiterhin dem KUVG unterstanden. Indessen gilt diese Gesetzesvorschrift nur für "Bestimmungen der Krankenkassen über Leistungen bei Krankenpflege". Die Regelung der Taggeldversicherung in den Art. 67 ff. KVG stimmt weitgehend mit dem alten Recht überein (vgl. RKUV 1998 BGE 125 V 112 S. 116 Nr. KV 45 S. 430). Das KVG enthält einige zwingende Vorschriften, welche unabhängig vom Inhalt der einzelnen Verträge Geltung beanspruchen, und überlässt im Übrigen die inhaltliche Ausgestaltung des Versicherungsverhältnisses der Vertragsautonomie der Parteien ( BGE 124 V 203 Erw. 2a und 205 Erw. 3d). Unter diesen Voraussetzungen konnte der Gesetzgeber davon absehen, für die altrechtlichen Krankengeldbestimmungen der Krankenkassen eine dem Art. 102 Abs. 2 KVG entsprechende Übergangsordnung (Verpflichtung der Krankenversicherer zur Anpassung ihrer das Taggeld betreffenden Statuten-, Reglements- und Vertragsbestimmungen innerhalb eines Jahres) zu treffen. Für den Taggeldbereich ist somit in übergangsrechtlicher Hinsicht Art. 102 Abs. 1 KVG massgebend, wonach ab 1. Januar 1996 das neue Recht gilt, wenn anerkannte Krankenkassen nach bisherigem Recht bestehende Krankenpflege- oder Krankengeldversicherungen nach neuem Recht weiterführen. Der Vertrag I unterstand demzufolge ab 1. Januar 1996 dem KVG. Eine Einschränkung des in Art. 102 Abs. 1 KVG festgelegten Grundsatzes sieht das Gesetz lediglich bezüglich der Leistungsdauer von am 1. Januar 1996 bei anerkannten Krankenkassen laufenden Taggeldern vor: Nach Art. 103 Abs. 2 KVG sind diese noch für längstens zwei Jahre nach den Bestimmungen des bisherigen Rechts über die Leistungsdauer zu gewähren (vgl. zu dieser Regelung: Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 215). Vorliegend ist diese Sonderregelung indessen nicht von Belang, da nicht die Leistungsdauer im Sinne von Art. 103 Abs. 2 KVG streitig ist, sondern die grundsätzliche Leistungspflicht der Assura für die Zeit ab 1. Januar 1997. 3. a) Die Frage, ob die Assura verpflichtet ist, der Beschwerdeführerin über den 31. Dezember 1996 hinaus Taggelder zu bezahlen, ist - wie dargelegt - anhand der Art. 67 ff. KVG sowie des Vertrages I und der AVB/1995 zu entscheiden. b) Nach der Rechtsprechung zu den altrechtlichen Krankengeldversicherungen ( Art. 12 Abs. 1 und 12bis KUVG ) waren die Krankenkassen von Gesetzes wegen nicht verpflichtet, Taggelder über den Zeitpunkt der Beendigung des Versicherungsverhältnisses hinaus zu leisten (SVR 1998 KV Nr. 5 S. 13 Erw. 3, mit Hinweisen). Ob die Leistungspflicht der Krankenversicherer unter dem neuen Recht ebenfalls an den Bestand des Versicherungsverhältnisses gebunden ist, wurde in der Literatur bisher namentlich bezüglich der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erörtert (MAURER, Das BGE 125 V 112 S. 117 neue Krankenversicherungsrecht, Basel und Frankfurt am Main 1996, S. 42 f.; EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Rz. 42). Während Maurer die weiter bestehende Leistungspflicht für Versicherungsfälle, die vor der Beendigung des Versicherungsverhältnisses eingetreten sind, bejaht, vertritt Eugster die gegenteilige Auffassung. Bezüglich der Taggeldversicherung nach Art. 67 ff. KVG postuliert Maurer ebenfalls eine weiterdauernde Leistungspflicht mit der Begründung, die Pflege- und die Taggeldversicherung sollten diesbezüglich gleich behandelt werden (a.a.O., S. 110). c) Ob die Versicherer verpflichtet sind, in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ( Art. 3 ff. KVG ) nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses weiterhin Leistungen zu erbringen für Versicherungsfälle, die vor der Beendigung des Versicherungsverhältnisses eingetreten sind, bildet nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens und kann demzufolge offen bleiben. Zu entscheiden ist, ob eine solche Leistungspflicht in der freiwilligen Taggeldversicherung ( Art. 67 ff. KVG ) besteht. Nach Art. 67 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 KVG sind die Versicherer verpflichtet, in ihrem örtlichen Tätigkeitsbereich mit jeder in der Schweiz wohnhaften oder erwerbstätigen Person, welche das 15., aber noch nicht das 65. Altersjahr zurückgelegt hat, auf deren Antrag eine Taggeldversicherung abzuschliessen. Die Versicherer dürfen für bei der Aufnahme bestehende Krankheiten einen Vorbehalt anbringen ( Art. 69 KVG ). Muss ein Versicherter unfreiwillig die Taggeldversicherung wechseln, darf ihn die neue Versicherung nicht mit neuen Vorbehalten belasten ( Art. 70 KVG ). Scheidet eine Person aus einer Kollektivversicherung aus, weil sie nicht mehr zu dem im Vertrag umschriebenen Kreis der Versicherten gehört oder weil der Vertrag aufgelöst wird, hat sie das Recht zum Übertritt in die Einzelversicherung; auch diesfalls dürfen keine neuen Versicherungsvorbehalte angebracht werden ( Art. 71 KVG ). Dem Versicherten, der nicht freiwillig aus einer Taggeldversicherung nach Art. 67 ff. KVG ausscheidet, steht somit grundsätzlich ein Anspruch zu auf Fortführung derselben bei einem andern Versicherer oder, im Falle des Ausscheidens aus einer Kollektivversicherung, in der Einzelversicherung des bisherigen Versicherers, ohne dass er Nachteile, namentlich die Anbringung eines Vorbehalts, in Kauf nehmen muss. Wer freiwillig eine bestehende Taggeldversicherung kündigt, kann sich vor Nachteilen schützen, indem er die Kündigung erst ausspricht, nachdem er mit der selbst gewählten BGE 125 V 112 S. 118 neuen Versicherung einen seinen Bedürfnissen entsprechenden Versicherungsvertrag unterzeichnet hat. Ein Schutzbedürfnis der Versicherten, welchem durch die Verpflichtung der Versicherer zur Weiterausrichtung von Taggeldern nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses für Versicherungsfälle, die vor Beendigung des Versicherungsverhältnisses eingetreten sind, Rechnung zu tragen wäre, besteht demnach nicht. Demzufolge ist an der zu dieser Frage unter dem KUVG ergangenen Rechtsprechung festzuhalten. Die für jene Rechtsprechung massgebenden Überlegungen behalten ihre Gültigkeit; dies gilt insbesondere auch mit Blick auf Art. 75 Abs. 1 KVG , wonach die Taggeldversicherung nach dem Ausgabenumlageverfahren finanziert wird (im Ergebnis gleich: BGE 125 V 106 ). d) Nach Art. 6 AVB/1995, "Allgemeine Versicherungsbedingungen", "erlischt der Leistungsanspruch in jedem Fall am Tag der Auflösung der Mitgliedschaft. Nach diesem Datum kann der Versicherte auch für hängige Fälle keinerlei Entschädigung mehr beanspruchen." Die AVB/1995 erweitern also in der hier streitigen Frage die gemäss Gesetz bestehenden Rechte der Beschwerdeführerin nicht. Da diese auf den Übertritt in die Einzelversicherung der Assura ausdrücklich verzichtet hat, muss ihr Begehren abgewiesen werden.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
850f98da-465d-4315-9158-fac67bdc5d34
Urteilskopf 112 II 73 14. Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. Mai 1986 i.S. The Coca-Cola Company gegen Bundesamt für geistiges Eigentum (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 15 Abs. 2 MSchG . Art. 15 Abs. 2 und 16 MSchV . Veröffentlichung der Markeneintragung. 1. Erachtet das Amt bei der Eintragung einer Marke zusätzliche Angaben als nützlich (hier den Hinweis: Durchgesetzte Marke), so kann es sie im Rahmen seines Ermessens auch in die Veröffentlichung aufnehmen (E. 3a). 2. Umstände, unter denen die Aufnahme solcher Angaben in die Veröffentlichung nicht zu beanstanden ist (E. 3b).
Erwägungen ab Seite 73 BGE 112 II 73 S. 73 Erwägungen: 1. Im Juli 1985 ersuchte die Coca-Cola Company, Atlanta (USA), das Bundesamt für geistiges Eigentum um Eintragung der Wortmarken COCA-COLA CLASSIC und CHERRY COCA-COLA ins schweizerische Register. Die erste Marke wird beansprucht für alkoholfreie Getränke, BGE 112 II 73 S. 74 die "alle natürliches Cola oder natürliches Colaextrakt sowie Kokablätterextrakt (ohne Kokain)" enthalten. Die zweite ist ebenfalls für solche Getränke bestimmt, die aber zudem "natürliche Kirschenaromen" enthalten. Das Amt wollte die beiden Warenzeichen mit dem Zusatzvermerk "COCA-COLA: Durchgesetzte Marke" ins Register eintragen und den Vermerk auch in die Publikation im Schweizerischen Handelsamtsblatt aufnehmen, weil die Zeichen in Verbindung mit den Waren, für die sie bestimmt seien, beschreibenden Charakter im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG hätten und daher an sich nicht schutzfähig wären. Die Gesuchstellerin liess dies nicht gelten, fand sich dann aber mit dem beabsichtigten Eintrag unter der Bedingung ab, dass der Zusatzvermerk nicht veröffentlicht werde. Mit Verfügung vom 13. Februar 1986 hielt das Amt an seiner Auffassung jedoch fest (Ziff. 1). Es erklärte sich bereit, die beiden Marken wegen ihrer Notorietät mit der zusätzlichen Angabe "COCA-COLA: Durchgesetzte Marke" ins Register einzutragen (Ziff. 2), und fügte bei, dass es nach Art. 15 Abs. 2 MSchV ermächtigt sei, die Marken mit dieser Angabe im Handelsamtsblatt zu veröffentlichen (Ziff. 3). 2. Die Gesuchstellerin führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, Ziff. 3 dieser Verfügung aufzuheben und das Amt anzuweisen, die Marken COCA-COLA CLASSIC und CHERRY COCA-COLA im Handelsamtsblatt ohne den Zusatz "COCA-COLA: Durchgesetzte Marke" zu veröffentlichen. Das Amt beantragt, die Beschwerde abzuweisen; es hält die Einwände der Beschwerdeführerin gegen die Veröffentlichung für unbegründet. 3. Die Beschwerdeführerin macht im wesentlichen geltend, Art. 16 MSchV enthalte keine dem Art. 15 Abs. 2 MSchV entsprechende Ermächtigung des Amtes, nebst den besonders aufgezählten Angaben noch weitere zu veröffentlichen. Die Unterschiede zwischen den beiden Bestimmungen seien nicht zufällig, sondern vom Gesetzgeber gewollt. Die Verfügung des Amtes, das sich über die abschliessende Aufzählung des Art. 16 MSchV hinwegsetze, widerspreche nicht nur dem Willen des Gesetzgebers, sondern auch dem Wortlaut der Bestimmung und der Logik. Zu bedenken sei ferner, dass die Publikation nicht den Registerauszug ersetzen, sondern die Öffentlichkeit knapp über die wichtigsten Angaben der Eintragung unterrichten wolle, weshalb das Amt auch den Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten habe. Der hier streitige Zusatz sei aber nur eine unverbindliche Bemerkung, zumal BGE 112 II 73 S. 75 der Nachweis der Verkehrsgeltung oberflächlich geführt werde, bloss die Meinung des Amtes wiedergebe und häufig objektiv falsch sei. Die Publikation des Zusatzes lasse sich auch nicht mit Gründen rechtfertigen, die sich in der Praxis bewährt hätten; sie könne vielmehr negative Wirkungen zeitigen, weil sie zur irrigen Vorstellung verleite, die Marke COCA-COLA sei unbekümmert um ihr Schriftbild an sich nicht kennzeichnungskräftig oder geniesse nur beschränkten Schutz. a) Nach Art. 15 Abs. 2 MSchG veröffentlicht das Amt die Eintragung einer Marke im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Inhalt und Umfang der Eintragung und der Veröffentlichung sind in der Verordnung näher geregelt. Gemäss Art. 15 Abs. 1 MSchV enthält die Eintragung insbesondere die Ordnungsnummer der Marke, das Hinterlegungsdatum, den Namen des Inhabers, seinen Sitz und seine Eigenschaft als Händler, Fabrikant oder Produzent sowie ergänzende Angaben darüber, wenn es um eine Kollektivmarke geht; ferner die Abbildung der Marke, das Warenverzeichnis und nähere Angaben für den Fall, dass eine farbige Ausführung der Marke oder die Priorität einer ausländischen Hinterlegung beansprucht wird (Ziff. 1-8). Die Veröffentlichung der Eintragung hat laut Art. 16 Abs. 1 Ziff. 1-8 MSchV die gleichen Angaben zu enthalten. Angaben gemäss Art. 15 Abs. 1 Ziff. 9-12 MSchV sodann sind zwar zu registrieren, aber nicht zur Publikation vorgesehen. Nach Art. 15 Abs. 2 MSchV kann das Amt ausserdem noch andere von ihm als nützlich erachtete Angaben ins Register eintragen. Richtig ist, dass in Art. 16 MSchV von einer solchen Ermächtigung des Amtes nicht die Rede ist. Deswegen der Auffassung des Amtes die gesetzliche Grundlage absprechen und sie als Verstoss gegen den Willen des Gesetzgebers und die Logik ausgeben zu wollen, geht indes schon deshalb nicht an, weil das Gesetz selber die Veröffentlichung der Eintragung ohne irgendwelche Vorbehalte vorsieht ( Art. 15 Abs. 2 MSchG ) und die nähere Regelung samt allfälligen Einschränkungen der Verordnung überlässt. Aus den angeführten Bestimmungen der Verordnung sodann erhellt, dass die Veröffentlichung zwar nicht über die Angaben der Eintragung hinausgehen darf, aber ebenfalls alle wesentlichen Einzelheiten der Eintragung im Register enthalten muss. Die Beschwerdeführerin anerkennt denn auch, dass die Öffentlichkeit mit der Publikation über diese Einzelheiten informiert werden soll. Der Grund dafür liegt darin, dass der Markeninhaber sich Dritten gegenüber erst dann auf den BGE 112 II 73 S. 76 Schutz des Gesetzes berufen kann, wenn die Eintragung veröffentlicht ist (David, Kommentar zum MSchG, 2. Aufl. N. 2 zu Art. 15). Dazu kommt, dass der Gesetzgeber die für die Eintragung und Veröffentlichung zuständige Verwaltungsbehörde, wie das Amt anhand der ersten Vollziehungsverordnungen zum Gesetz darlegt, in entsprechenden Bestimmungen stets ermächtigt hat, die Eintragung im Register durch "allfällige Bemerkungen" zu ergänzen (AS 5/1880 S. 229 ff. Art. 8 lit. n und AS 12/1891 S. 67 ff. Art. 16 Ziff. 10). Die verschiedenen Revisionen des Markenrechts haben an dieser Befugnis des Amtes grundsätzlich nichts geändert, sondern sie bloss verdeutlicht. Woraus sich ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers ergeben soll, ist nicht zu ersehen und versucht auch die Beschwerdeführerin nicht darzutun. Da die Veröffentlichung sich an den Inhalt der Eintragung zu halten hat, lässt sich vielmehr zwanglos sagen, die Ermächtigung des Amtes zu Ergänzungen gelte auch für die Publikation, wenn bei der Eintragung einer Marke weitere Angaben als nützlich erscheinen. Fragen kann sich vorliegend daher bloss, ob das Amt sachliche Gründe dafür anführen konnte, auch bei der Veröffentlichung auf dem streitigen Zusatzvermerk zu beharren, oder ob es das ihm gemäss Art. 15 Abs. 2 MSchV zustehende Ermessen überschritten habe. b) Der vom Amt verlangte Zusatz kann nur dahin verstanden werden, dass der Stammteil "Coca-Cola" der beiden Marken wegen seines Hinweises auf Eigenschaften oder die Beschaffenheit der Getränke, für welche die Marken bestimmt sind, den gesetzlichen Schutz und damit auch die Eintragung an sich ausschliesst ( BGE 104 Ib 66 E. 1 und 139 E. 1 mit Hinweisen), dass der Bestandteil sich aber im Verkehr als Kennzeichen für ähnliche Getränke aus Betrieben der Beschwerdeführerin seit langem durchgesetzt und dadurch individualisierende Kraft erlangt hat, weshalb er als Marke geschützt werden konnte ( BGE 99 Ib 25 /26, BGE 93 II 431 , BGE 77 II 326 ). Den beschreibenden Charakter ihres Stammzeichens "Coca-Cola" versucht die Beschwerdeführerin vor Bundesgericht mit Recht nicht mehr zu bestreiten; er liegt auf der Hand, da unter diesem Zeichen seit Jahrzehnten auch in der Schweiz Erfrischungsgetränke angepriesen und vertrieben werden, die Extrakte des Kokastrauches und der Kolanuss enthalten. Es ist daher kein Zufall, dass das Stammzeichen der Beschwerdeführerin gerade mit diesen Getränken identifiziert und selbst vom Publikum als Sachbezeichnung verstanden worden ist. Dass das Zeichen neuerdings auch für ganz andere Warenklassen (z.B. Textilwaren für Schlafzimmer) BGE 112 II 73 S. 77 als Marke geschützt ist, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, um seine Kennzeichnungskraft zu unterstreichen, hilft darüber nicht hinweg; entscheidend ist, dass es sich im Verkehr als Individualzeichen für Erfrischungsgetränke der erwähnten Art durchgesetzt hat. In den Beiwörtern "CLASSIC" (klassisch) und "CHERRY" (Kirsche) sind übrigens ebenfalls klare Hinweise auf Eigenschaften der Getränke zu erblicken. Um so weniger ist zu beanstanden, dass das Amt nicht nur bei der Eintragung der neuen Marken, sondern auch bei der Veröffentlichung auf dem streitigen Zusatzvermerk besteht. Wieso dies unlogisch oder unverhältnismässig sein soll, ist unerfindlich, macht der Zusatz doch klar, warum die Marken trotz ihrer beschreibenden Bedeutung zugelassen werden, eine Ausnahme von der Regel des Art. 3 Ziff. 2 Satz 2 MSchG also gerechtfertigt ist. An dieser Angabe über die Besonderheit der Zeichen ist das Publikum ebenfalls interessiert, das den Zusatz denn auch so verstehen darf, dass die neuen Marken zwar Getränke unterschiedlicher Beschaffenheit oder Güte, aber derselben Herkunft kennzeichnen wie die seit langem unter der Bezeichnung "Coca-Cola" bekannt gewordenen. Das entspricht zudem dem Sinn und Zweck der Marke gemäss Art. 1 Ziff. 2 MSchG ( BGE 105 II 53 und BGE 99 II 108 /9). Ebensowenig ist einzusehen, dass und inwiefern der Zusatz das Publikum veranlassen soll, an der Kennzeichnungskraft und damit an der Schutzfähigkeit der neuen Marken zu zweifeln. Das eine wie das andere wird vom Amt aufgrund der Verkehrsgeltung des Stammzeichens "Coca-Cola", also unabhängig von dessen äusserer Gestaltung und dessen inhaltlicher Bedeutung anerkannt, weshalb im Zusatz keine Verminderung, sondern eine ausdrückliche Bestätigung des gesetzlichen Schutzes zu erblicken ist. Das ist auch den weiteren Einwänden der Beschwerdeführerin entgegenzuhalten. Da die Besonderheit der neuen Marken ihren Bestand und ihre Gültigkeit betrifft, durfte das Amt mit guten Gründen annehmen, der Zusatzvermerk rechtfertige sich nicht nur im Register, sondern auch in der Veröffentlichung. Die Annahme hält sich somit im Rahmen seines Ermessens. Anhaltspunkte für praktische Nachteile oder andere negative Folgen, die sich aus der Praxis des Amtes ergeben sollen, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun und sind auch nicht zu ersehen. Seine seit 1978 bestehende Praxis, als Ausnahme von der Regel zu behandelnde Marken ( BGE 103 Ib 270 E. 2 mit Hinweisen) mit einem Zusatzvermerk der streitigen Art zu versehen, leuchtet vielmehr ein, BGE 112 II 73 S. 78 insbesondere bei berühmten Marken, die erfahrungsgemäss als Stammteil weiterer Warenzeichen verwendet werden (vgl. BGE 109 II 343 ). Der Vorwurf schliesslich, dass das Amt über die Verkehrsgeltung von Marken oberflächlich Beweis zu führen pflege und oft zu falschen Schlüssen gelange, steht der Beschwerdeführerin schlecht an, hält das Amt ihr doch zugute, dass sich ihr Stammzeichen infolge des langen Gebrauchs und der intensiven Werbung nicht nur zu einer Marke mit voller Unterscheidungskraft, sondern sogar zu einer der bekanntesten überhaupt entwickelt habe. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 105 Ib 45 8. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. März 1979 i.S. Grabowsky gegen Bultot und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft (Staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Schweiz.-belgisches Vollstreckungsabkommen vom 29. April 1959. Die in zahlreichen Vollstreckungsabkommen vorgesehene Bestimmung, wonach Säumnisurteile nur anerkannt werden, wenn die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung in besonderer Form zugestellt worden ist, bezieht sich nicht auf spätere Verfügungen oder Ladungen.
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 105 Ib 45 S. 45 Mit Urteil vom 15. Juni 1978 bewilligte der Bezirksgerichtspräsident Arlesheim (BL) dem in Belgien wohnhaften Marcel Bultot die definitive Rechtsöffnung für einen Betrag von Fr. 18'489.- gegen den in Arlesheim wohnhaften Eynar Grabowsky. Die Rechtsöffnung stützt sich auf ein Urteil des Handelsgerichts von Charleroi (Belgien). Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies die gegen die Erteilung der Rechtsöffnung gerichtete Beschwerde Grabowskys ab. Dieser erhebt gestützt auf Art. 84 lit. c OG staatsrechtliche Beschwerde; er rügt eine Verletzung von Art. 1 Abs. 1 lit. d des Abkommens zwischen der Schweiz und Belgien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 29. April 1959 (AS 1962 S. 894 ff.; im folgenden: Abkommen). Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 105 Ib 45 S. 46 Erwägungen Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. d des Abkommens wird das in einem der beiden Staaten gefällte gerichtliche Säumnisurteil in Zivil- und Handelssachen im andern Staat anerkannt, wenn die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung dem Beklagten gemäss dem Rechte des Staates, wo die Entscheidung ergangen ist, und den allenfalls zwischen den beiden Ländern bestehenden Abkommen, zugestellt worden ist und ihn rechtzeitig erreicht hat. Dass die in dieser Bestimmung vorgesehene Formvorschrift nur die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung, nicht aber spätere Verfügungen betrifft, ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut der Bestimmung, sondern geht auch aus der Botschaft des Bundesrates vom 31. Juli 1959 hervor, in der ausgeführt wird, die Bestimmung bezwecke den Schutz des Beklagten, der in einem Prozess, an dem er sich nicht beteiligt habe, unterlegen sei. Das Abkommen verlange, dass die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung den Beklagten rechtzeitig erreicht habe, d.h. so früh, dass dieser seine Verteidigung hätte geltend machen können, wenn er es gewollt hätte. Diese Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung habe in das Abkommen aufgenommen werden müssen, um zu verhindern, dass irgendeine fiktive Zustellung der Vorladung, wie eine Ediktalladung, zum vorneherein als genügend erachtet werde (BBl 1959 II 313). Während die ältesten Vollstreckungsabkommen forderten, dass die Parteien gehörig zitiert oder regelrecht geladen wurden (Abkommen mit Frankreich, Art. 17 Abs. 1 Ziff. 2, BS 12 S. 352; mit Spanien, Art. 2 Abs. 2 Ziff. 2, BS 12 S. 379; mit der Tschechoslowakei, Art. 1 Ziff. 2, BS 12 S. 382), präzisieren die übrigen Abkommen, dass dies lediglich für die den Prozess einleitenden Verfügungen oder Ladungen gelte (Abkommen mit dem Deutschen Reich, Art. 4 Abs. 3, BS 12 S. 361; mit Italien, Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4, BS 12 S. 364; mit Österreich, Art. 1 Abs. 1 Ziff. 4, AS 1962 S. 266; mit Schweden, Art. 4 Ziff. 5, BS 12 S. 374; mit Liechtenstein, Art. 1 Ziff. 4, AS 1970 S. 79). Der Zweck dieser Bestimmungen besteht darin, dem Beklagten die Garantie zu geben, dass er von der Einleitung des gegen ihn gerichteten ausländischen Prozessverfahrens in einer Weise BGE 105 Ib 45 S. 47 Kenntnis erhält, die ihm die Verteidigung vor dem Prozessgericht ermöglicht ( BGE 97 I 254 ). Diese Regelung wird in der Lehre nicht der Kritik unterzogen (ALEXANDER, Die internationale Vollstreckung von Zivilurteilen, insbesondere im Verhältnis zu den Nachbarstaaten, ZBJV 1931 S. 15; KALLMANN, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, Basel 1946, S. 284 ff.; GULDENER, Das internationale und interkantonale Zivilprozessrecht in der Schweiz, S. 152; PROBST, Die Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Schweiz nach den geltenden Staatsverträgen, Bern 1936, S. 107; DAVID und MAIER, Die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz, S. 15). Sie findet sich auch in Abkommen zwischen Drittstaaten (vgl. JELLINEK, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, Berlin und Tübingen, S. 208 ff.). Angesichts dieser klaren Rechtslage rechtfertigt sich keine Ausdehnung der in Art. 1 Abs. 1 lit. d des Abkommens enthaltenen Formvorschrift auf spätere Vorladungen (vgl. BGE BGE 102 Ia 311 ; BGE 98 Ia 311 ; BGE 97 I 254 ). b) Gemäss Art. 1 Abs. 1 lit. a des Abkommens muss die Anerkennung der Entscheidung mit der öffentlichen Ordnung des Staates, in dem die Entscheidung angerufen wird, vereinbar sein, und man kann sich die Frage stellen, ob die Vollstreckung eines belgischen Säumnisurteils gegen den schweizerischen ordre public verstosse, wenn eine zweite Vorladung lediglich mit eingeschriebenem Brief zugestellt wurde. Ein Urteil kann nicht nur wegen seines materiellen Inhalts, sondern auch wegen Verfahrensfehler der öffentlichen Ordnung widersprechen ( BGE 103 Ia 201 ; BGE 102 Ia 313 ). Die staatsvertragliche ordre public-Klausel geht als Spezialnorm dem allgemeinen Begriff des ordre public, wie er unter anderem in den kantonalen Zivilprozessordnungen enthalten ist, vor. Ihr Anwendungsbereich wird in dem Umfang eingeschränkt, als die Voraussetzungen, unter welchen ein ausländisches Urteil zu vollstrecken ist, im Staatsvertrag näher umschrieben sind ( BGE 103 Ia 200 ; 102 Ia 316 ). Gemäss Art. 7 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 lit. d des Abkommens ergibt sich e contrario, dass ein Säumnisurteil vollstreckt werden muss, wenn die vertraglichen Voraussetzungen erfüllt sind, insbesondere wenn die den Prozess einleitende Verfügung oder Ladung BGE 105 Ib 45 S. 48 der Konvention entsprechend zugestellt wurde. Die Vertragsstaaten sind aus diesem Grunde nicht befugt, an die weiteren Ladungen besondere Anforderungen bezüglich der Form zu stellen. Auch die schweizerischen Behörden eröffnen Verfügungen in der Regel nicht auf dem Weg der Rechtshilfe sondern fordern von den ausländischen Prozessparteien, dass sie in der Schweiz ein Zustellungsdomizil bezeichnen ( Art. 29 Abs. 4 OG und ähnliche Bestimmungen in den kantonalen Verfahrensrechten; BGE 102 Ia 315 ; BGE 97 I 260 ). Im weiteren anerkennt die Schweiz, dass bestimmte Verfügungen von ausländischen Gerichten direkt mit der Post an den Adressaten in der Schweiz zugestellt werden ( BGE 94 I 245 ). Man könnte sich allenfalls fragen, ob die ordre public-Klausel verletzt sei, wenn der Beklagte anlässlich einer späteren Verhandlung verurteilt wurde, zu welcher er überhaupt nicht geladen wurde oder die Ladung ihn zumindest nicht erreichte (JELLINEK, a.a.O., S. 210; vgl. BGE BGE 102 Ia 314 ; BGE 98 Ia 554 ; BGE 97 I 258 ). Diese Frage braucht indessen nicht entschieden zu werden, weil dem Beschwerdeführer die zweite Ladung mit eingeschriebenem Brief zugestellt wurde und er auch nicht bestreitet, sie erhalten zu haben. Da der angefochtene Entscheid aus diesen Gründen das Abkommen nicht verletzt, muss die Beschwerde abgewiesen werden.
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Urteilskopf 106 IV 261 67. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Oktober 1980 i.S. E. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 201 Abs. 1 StGB . Zuhälterei. Begriff der Ausbeutung. 1. Ausbeutung setzt nicht notwendig voraus, dass der Täter auf die Dirne irgendeinen Druck ausübt, sie zur Gewerbsunzucht direkt veranlasst oder zu finanziellen Leistungen zwingt (E. 2). 2. Der Unterhaltsbezug erscheint auch dann als ausbeuterisch bzw. moralisch verwerflich, wenn der Täter den höheren Lebensstandard, in dessen Genuss er dank der Lebensgemeinschaft mit der Prostituierten kam, gewünscht, gesucht und als eigentlicher Organisator der Dirnentätigkeit gefördert hat (E. 3c).
Erwägungen ab Seite 262 BGE 106 IV 261 S. 262 Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Strafbar ist nach Art. 201 Abs. 1 StGB nicht jede Annahme von Leistungen, die als Unterhalt zu qualifizieren sind, sondern der Straftatbestand setzt voraus, dass der Täter sich unter Ausbeutung des unsittlichen Erwerbs unterhalten lässt. Der Beschwerdeführer stellt in Abrede, schmarotzerisch vom Unzuchtsgewerbe seiner Frau profitiert zu haben. Der Ausdruck "Ausbeutung" ist im pejorativen Sinne zu verstehen. Der Unterhaltsbezug muss nach den Umständen als ethisch verwerflich erscheinen. Das trifft nicht schon immer dann zu, wenn jemand von einer Prostituierten Unterhaltsleistungen entgegennimmt, auf die er keinen Rechtsanspruch hat. Anderseits setzt Ausbeutung nicht voraus, dass der Täter auf die Dirne irgendeinen Druck ausübt, sie zur Gewerbsunzucht direkt veranlasst oder zu finanziellen Leistungen zwingt. Häufig wird allerdings das Verwerfliche der Haltung des Täters gerade darin liegen, dass seine Forderung oder zumindest seine BGE 106 IV 261 S. 263 Erwartung regelmässiger finanzieller Zuwendungen ein nicht unwesentliches Motiv der Dirnentätigkeit bildet. Deshalb ist das Verhalten jenes Partners einer Dirne bereits als ausbeuterisch zu betrachten, der zwar selber ein regelmässiges Einkommen erzielt, aber für den von ihm gewünschten und praktizierten Lebensstandard laufend Zuwendungen aus dem Dirnenlohn benötigt und auf diese Weise vorsätzlich die Gewerbsunzucht zu seiner Einkommensquelle macht (vgl. hiezu BGE 105 IV 199 ff. und dortige Hinweise). 3. a) Im vorliegenden Fall veranlasste der Beschwerdeführer seine Ehefrau nicht zur gewerbsmässigen Unzucht. Frau E. ging diesem Gewerbe aus eigener Initiative nach, weil sie sich ein luxuriöseres Leben wünschte, aber auch aus Neugierde und Langeweile. Aufgrund der blossen Tatsache, dass E. der Beschäftigung seiner Frau zustimmte und nicht versuchte, sie vom Milieu fernzuhalten, betrachtet die Vorinstanz das Tatbestandsmerkmal der Ausbeutung richtigerweise noch nicht als erfüllt ( BGE 105 IV 202 ). b) Hingegen stellt die Vorinstanz fest, dass der Beschwerdeführer seine Frau häufig zu ihrem Arbeitsplatz brachte bzw. sie von dort abholte, ihr die Aufnahme des unsittlichen Gewerbes durch überstürzte Heirat überhaupt erst ermöglichte, ihr die Anstellungen in den Massagesalons vermittelte und sich hierfür sogar wechselrechtlich verpflichtete. Im weitern übernahm er die Abrechnung mit den Kupplern, erkundigte sich, ob seine Frau in einem Salon durch Geschlechtsverkehr nicht mehr verdienen könne als durch sogenannte Feinmassage, und zeigte nach der Verhaftung der Inhaber des Massagesalons sogar die Bereitschaft, diesen selber zu übernehmen. Diese Verhaltensweise lasse erkennen, wie der Beschwerdeführer - wenn auch nicht von Anfang an, so doch sehr bald - ein erhebliches persönliches Interesse an der Tätigkeit seiner Frau bekundete. Er habe die Idee seiner damaligen Freundin immer mehr zur eigenen gemacht und habe sich - nach seinen eigenen Worten - von dieser Angelegenheit nicht mehr distanzieren können. Der unsittliche Erwerb sei ihm daher nicht nur zwangsläufig als Folge der Partnerschaft mit Frau E. zugute gekommen, sondern der Beschwerdeführer habe den materiellen Vorteil selber angestrebt und dadurch zu einer Einkommensquelle gemacht. In seinem Verhalten sei eine eigentliche Aufforderung zur Weiterführung der Prostitution gelegen. BGE 106 IV 261 S. 264 c) Diese Schlussfolgerung ist tatsächlicher Natur und bindet den Kassationshof ( Art. 277bis BStP ). Sie liegt auch nahe. Aus den persönlich eingegangenen wechselrechtlichen Verpflichtungen ist zu schliessen, dass der Beschwerdeführer auf die Einkünfte seiner Partnerin zählte, ja sogar auf sie angewiesen war. Aber auch seine Aussage, er sei mit der Heirat einverstanden gewesen, "denn ich hatte meine Frau gern und konnte so natürlich auch noch finanziell einen grossen Gewinn erzielen", sowie die ihr geleisteten Vermittlungsdienste machen deutlich, wie er sich auf den unsittlichen Erwerb einstellte. Den höheren Lebensstandard, in dessen Genuss er dank der Lebensgemeinschaft mit der Prostituierten kam, und den er sich - gemäss der verbindlichen tatsächlichen Feststellung der Vorinstanz - mit seinen eigenen Mitteln nicht hätte leisten können, hat er somit gewünscht, gesucht und als eigentlicher Organisator der Dirnentätigkeit auch gefördert. Die diesem Verhalten zugrundeliegende Erwartungshaltung hinsichtlich des Prostitutionserwerbes bestärkte seine Ehefrau in ihrem Entschluss, der Prostitution nachzugehen, bzw. erschwerte es ihr, aus dem Milieu auszusteigen. Der Unterhaltsbezug erscheint aus diesen Gründen als moralisch verwerflich, mithin als ausbeuterisch im Sinne des Art. 201 Abs.1 StGB . Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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85215bf6-2cef-4f13-bf24-2cba11dd50cc
Urteilskopf 137 III 534 79. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_534/2011 vom 13. Oktober 2011
Regeste Art. 649b Abs. 1 ZGB ; Ausschluss aus der Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer; Unzumutbarkeit der Fortsetzung der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Ein Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft, das selbst in grober Weise rechtliche und moralische Regeln des Gemeinschaftsverhältnisses missachtet, kann nicht geltend machen, die Fortsetzung der Gemeinschaft mit einem anderen, sich gemeinschaftswidrig verhaltenden Mitglied sei ihm nicht zuzumuten (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 534 BGE 137 III 534 S. 534 X. und Y. bilden zusammen eine Stockwerkeigentümergemeinschaft, wobei X. die Mehrheit der Anteile innehat. Die Parteien und der damals noch lebende Ehegatte von Y. standen bereits seit 1989 miteinander in rechtlicher Beziehung. Als Folge von Provokationen, Körperverletzungen, Tätlichkeiten unter den Beteiligten und aufgrund von Beschlüssen der Stockwerkeigentümergemeinschaft kam es zu unzähligen Prozessverfahren zwischen den BGE 137 III 534 S. 535 Verfahrensbeteiligten, die das Verhältnis untereinander vergifteten. Die Parteien sind nunmehr verfeindet. Mit Urteil vom 29. März 2010 ordnete das Amtsgericht Luzern-Land in Gutheissung der Klage von X. den Ausschluss von Y. aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft und die Veräusserung deren Stockwerkeigentumsanteils sowie die Zwangsversteigerung für den Fall der Weigerung des freiwilligen Verkaufs des Anteils an. Mit Urteil vom 26. Januar 2011 wies das Obergericht des Kantons Luzern die Klage ab. Das Bundesgericht weist die am 16. August 2011 gegen das obergerichtliche Urteil eingereichte Beschwerde des X. ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Nach Art. 649b Abs. 1 ZGB kann ein Miteigentümer durch richterliches Urteil aus der Gemeinschaft ausgeschlossen werden, wenn durch sein Verhalten oder das Verhalten von Personen, denen er den Gebrauch der Sache überlassen oder für die er einzustehen hat, Verpflichtungen gegenüber allen oder einzelnen Mitberechtigten so schwer verletzt werden, dass diesen die Fortsetzung der Gemeinschaft nicht zugemutet werden kann. Diese Bestimmung gilt auch für das Stockwerkeigentum im Sinn der Art. 712a ff. ZGB ( BGE 113 II 15 E. 2 S. 17). Besteht die Gemeinschaft - wie hier - aus nur zwei Mitgliedern, steht jedem das Klagerecht zu (BRUNNER/WICHTERMANN, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. II, 3. Aufl. 2007, N. 22 zu Art. 649b ZGB ). 2.2 2.2.1 Das Amtsgericht stellte fest, dass beide Parteien eine schwere Mitverantwortung am hoffnungslos vergifteten Verhältnis treffe und jede Partei rücksichtsloses und jeglichen Anstand vermissendes Verhalten gegenüber der anderen an den Tag gelegt habe. Mangels Antrages der Beschwerdegegnerin entsprach es dem Klageantrag des Beschwerdeführers und ordnete den Ausschluss der Beschwerdegegnerin aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft und die Veräusserung deren Stockwerkeigentumsanteils sowie die Zwangsversteigerung für den Fall der Weigerung des freiwilligen Verkaufs des Anteils an. Im Gegensatz zur ersten Instanz hat das Obergericht die Klage des Beschwerdeführers abgewiesen. In einer ersten BGE 137 III 534 S. 536 Begründung hat es in grundsätzlicher Hinsicht erwogen, die Ausschlussmöglichkeit stehe nur einem loyalen Miteigentümer zu. Wer sich grob pflichtwidrig verhalte, könne sich nicht auf Art. 649b ZGB berufen. Trügen - wie im konkreten Fall - beide Parteien eine schwere Mitverantwortung an der bestehenden Situation, fehle es an der Unzumutbarkeit der Fortführung der Gemeinschaft durch den Beschwerdeführer. 2.2.2 Dem hält der Beschwerdeführer im Wesentlichen entgegen, nicht nur der "loyale" Miteigentümer könne sich auf Art. 649b ZGB berufen. Bei Art. 649b ZGB gehe es vielmehr nur darum, dass der sich korrekt verhaltende Miteigentümer nicht wegen des renitenten Miteigentümers auf seine Anteile verzichten müsse. Selbst wenn sich beide Parteien unkorrekt verhielten, könne die Fortführung der Gemeinschaft bei einer verwahrlosten und funktionsunfähigen Gemeinschaft unzumutbar sein. 2.3 Vorliegend stellt sich die grundsätzliche Frage, ob im Lichte von Art. 649b ZGB einem Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft, das auf Ausschluss eines anderen Mitgliedes klagt, die Fortsetzung der Gemeinschaft mit dem eingeklagten Mitglied zumutbar ist, wenn es sich selbst grob gemeinschaftswidrig verhält. 2.3.1 Die vor der Stockwerkeigentumsnovelle vom 19. Dezember 1963 geltende Regelung des Miteigentums kannte den Ausschluss eines missliebigen Mitgliedes der Gemeinschaft der Miteigentümer nicht. Diejenigen Miteigentümer, die sich infolge eines unverträglichen Gemeinschaftsmitgliedes zum Verkauf ihres Anteils gezwungen sahen, mussten unter Umständen mit Nachteilen rechnen, zumal sich das ungebührliche Verhalten eines Mitgliedes nachteilig auf den zu erwartenden Verkaufserlös auswirken oder den Verkauf sogar verunmöglichen konnte (HANS-PETER FRIEDRICH, Die Wiedereinführung des Stockwerkeigentums in der Schweiz, ZSR 75/1956 II S. 241a). Mit der Einfügung von Art. 649b ZGB in das schweizerische Zivilgesetzbuch wurde nach dem Vorbild namentlich des deutschen Wohneigentumsgesetzes ( § 18 ff. WEG /D) die bis anhin fehlende Möglichkeit geschaffen, beim Gericht auf Ausschluss eines renitenten Mitgliedes der Stockwerkeigentümergemeinschaft zu klagen (Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1962 an die Bundesversammlung zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Abänderung des vierten Teils des Zivilgesetzbuches [Miteigentum und Stockwerkeigentum], BBl 1962 II 1510). Die mit dieser Bestimmung eingeführte Ausschlussmöglichkeit schützt indes nur den BGE 137 III 534 S. 537 Miteigentümer, der sich an die sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden rechtlichen und moralischen Regeln hält (vgl. PETER LIVER, Das Miteigentum als Grundlage des Stockwerkeigentums, in: Gedächtnisschrift Ludwig Marxer, Sonderdruck, S. 39; BRUNNER/WICHTERMANN, a.a.O., N. 3 zu Art. 649b ZGB ). Die Bestimmung wird den Interessen der sich korrekt verhaltenden Mitgliedern der Gemeinschaft gerecht, indem sie ihnen einen wirkungsvollen Schutz gegenüber dem sich gemeinschaftswidrig benehmenden Mitglied bietet (RETO STRITTMATTER, Ausschluss aus Rechtsgemeinschaften, 2002, S. 27). Der Ausschluss aus der Stockwerkeigentümergemeinschaft, der von der Lehre etwa als eine Art privatrechtliche Enteignung qualifiziert wird (z.B. HANS-PETER FRIEDRICH, Das Stockwerkeigentum, Reglement für die Stockwerkeigentümer, 2. Aufl. 1972, § 51 S. 195 Rz. 1), stellt einen schweren Eingriff in die Rechte des betroffenen Mitgliedes dar. Dieser wird damit gerechtfertigt, dass die Interessen der sich korrekt verhaltenden Mitglieder höher einzustufen sind als jene der sich gemeinschaftswidrig verhaltenden (zum Ganzen: STRITTMATTER, a.a.O., S. 27 und 28). Art. 649b ZGB enthält eine lex specialis i.S. des wichtigen Grundes (vgl. BÄRMANN/PICK, Wohneigentumsgesetz, Kommentar, 18. Aufl. 2007, N. 3 zu § 18 WEG /D). Er nimmt einen Gedanken auf, wie er sich auch in Dauerschuldverhältnissen - wie zum Beispiel der Miete - wiederfindet (zum Verweis auf andere Dauerschuldverhältnisse; WOLFGANG LÜKE, Wohneigentumsgesetz, Kommentar, 8. Aufl. 1995, N. 2 zu § 18 WEG /D). So sieht etwa Art. 266g Abs. 1 OR vor, dass die Parteien das Mietverhältnis aus wichtigen Gründen, welche die Vertragserfüllung für sie unzumutbar machen, mit der gesetzlichen Frist auf einen beliebigen Zeitpunkt kündigen können. Mit Bezug auf die Unzumutbarkeit wird hier von einem wesentlichen Teil der Literatur die Auffassung vertreten, dass solche Gründe nicht zur Auflösung des Mietverhältnisses führen können, die der Kündigende massgeblich (mit-)verschuldet hat (ROGER WEBER, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2007, N. 5 zu Art. 266g OR S. 1464 mit zahlreichen weiteren Literaturhinweisen). Im Lichte des mit Art. 649b ZGB verfolgten Zwecks, der Ausführungen in der Literatur und des Vergleichs mit der Bestimmung des Mietrechts ist die Auffassung des Obergerichts mit dem Bundesrecht vereinbar, die Fortführung der Gemeinschaft mit einem sich renitent verhaltenden Mitglied sei für denjenigen zumutbar, der sich selbst in grober Weise gemeinschaftswidrig verhält. Es wäre - wie BGE 137 III 534 S. 538 das Obergericht zu Recht feststellt - in der Tat unbillig, den Ausschluss eines Mitgliedes anzuordnen, wenn sich auch das klagende Mitglied grob gemeinschaftswidrig verhält und für die eingetretene Situation mitverantwortlich ist. Anders entscheiden bedeutete im Ergebnis, die Interessen eines sich grob gemeinschaftswidrig verhaltenden Mitgliedes höher einzuschätzen und zu schützen, was dem Zweck der Bestimmung zuwiderliefe. Dem Beschwerdeführer ist unter diesen Umständen zuzumuten, das Gemeinschaftsverhältnis mit der Beschwerdegegnerin fortzusetzen oder aber seinen Anteil zu veräussern. 2.3.2 Das Obergericht hat eine schwere Mitverantwortung des Beschwerdeführers angenommen und zur Begründung namentlich auf dessen Verurteilung wegen mehrfacher übler Nachrede zulasten der Beschwerdegegnerin (Strafbefehl vom 11. September 2008) verwiesen. Erwähnt wird ferner ein Entscheid des Amtsstatthalteramtes vom 19. Juli 2000 betreffend Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Ungehorsams gegen eine amtliche Verfügung, weil er der im Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 9. August 1999 enthaltenen Verpflichtung, das Stockwerkeigentümerreglement in einem bestimmten Umfang abzuändern, nicht nachgekommen war. Hingewiesen wird sodann auf einen Entscheid vom 11. Januar 1993, mit welchem das Amtsstatthalteramt Luzern ein vom Beschwerdeführer gegen die Beschwerdegegnerin und deren Ehemann angehobenes Strafverfahren eingestellt hat. Aufgeführt werden des Weiteren die vom Beschwerdeführer im Jahr 1999 veranlasste Sperrung des Telefonanschlusses des Ehemannes der Beschwerdegegnerin, das Urteil des Einzelrichters am Kantonsgericht Nidwalden vom 15. September 2009, mit dem eine Genugtuungsklage aus Ehrverletzung der Beschwerdegegnerin und deren Anwalts gegen den Beschwerdeführer gutgeheissen wurde, schliesslich eine Verurteilung des Beschwerdeführers vom 12. November 2010 wegen mehrfacher Verleumdung ( Art. 174 Ziff. 1 StGB ), namentlich begangen zum Nachteil der Beschwerdegegnerin. Der Beschwerdeführer behauptet einfach, er habe sich nicht in grober Weise gemeinschaftswidrig verhalten. Er setzt sich aber mit dem wiedergegebenen Teil der Begründung nicht rechtsgenüglich auseinander und stellt insbesondere die aufgeführten tatsächlichen Begebenheiten nicht rechtsgenüglich infrage, sodass sich Weiterungen dazu erübrigen. Angesichts der auch in jüngster Vergangenheit ausgetragenen Gerichtsverfahren, die alle zum Nachteil des Beschwerdeführers ausgegangen sind, BGE 137 III 534 S. 539 durfte das Obergericht ohne Verletzung seines Ermessenspielraums (ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, 1966, N. 73 zu Art. 4 ZGB ; BGE 132 III 49 E. 2.1 S. 51; BGE 130 III 571 E. 4.3 S. 576; je mit Hinweisen) annehmen, der Beschwerdeführer habe sich entgegen seinen Behauptungen selbst grob gemeinschaftswidrig verhalten und habe dadurch die Klageverfahren provoziert, und es könne der Beschwerdegegnerin somit nicht vorgeworfen werden, sie habe böswillig gegen die Stockwerkeigentümergemeinschaft geklagt. 2.4 Nach dem Gesagten hat das Obergericht mit der Abweisung der Klage wegen grob gemeinschaftswidrigen Verhaltens des Beschwerdeführers kein Bundesrecht verletzt.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
8527b893-e7fc-4781-a0a4-a0066b3d6844
Urteilskopf 118 Ib 503 61. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. November 1992 i.S. X. AG und Y. gegen Politische Gemeinde Thalwil und Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Werkplan für Strandbad und Seeuferweg in der Freihaltezone. Rüge der Umgehung von Art. 24 RPG : Soweit in einer Freihaltezone Bauten und Anlagen erstellt werden sollen, die dem Zonenzweck entsprechen, können diese gestützt auf Art. 22 RPG beurteilt werden. Art. 24 RPG kommt in solchen Fällen nicht zum Zuge (E. 5c, d). Zum Verhältnis Richtplan-Nutzungsplan: Die behördenverbindlichen Anordnungen in Richtplänen müssen nicht der Präzision der Nutzungspläne entsprechen. Der Behörde, die den späteren Nutzungsplan erlässt, steht ein Ermessensspielraum zu (E. 6b/cc).
Sachverhalt ab Seite 504 BGE 118 Ib 503 S. 504 Mit Beschlüssen vom 21. Oktober 1986 und 22. August 1989 setzte der Gemeinderat Thalwil den Werkplan "Erweiterung Strandbad, Seeanlage Farb bis Strandbad Bürger" über die Grundstücke Kat.Nrn. 4599, 5776, 5777, 6829 sowie 6830 in Thalwil fest. Die Eigentümerinnen der an den Zürichsee anstossenden Grundstücke Kat.Nrn. 6829 und 5776 widersetzten sich der Werkplanfestsetzung über ihre Grundstücke mit Beschwerden an die Baurekurskommission II und gegen deren Entscheid an den Regierungsrat des Kantons Zürich; jeweils ohne Erfolg. Mit dem Entscheid des Regierungsrats vom 14. September 1991 wurde ihr Rekurs im Sinne der Erwägungen abgewiesen. Mit staatsrechtlicher Beschwerde und mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragen die Eigentümerinnen, der angefochtene Entscheid des Regierungsrats sei aufzuheben. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde machen sie geltend, mit der Festsetzung des Werkplans, der ein Sondernutzungsplan im Sinne des Raumplanungsrechts sei, werde das Ausnahmebewilligungsverfahren gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) umgangen und dementsprechend materielles Bundesrecht verletzt. Ihre Liegenschaften befänden sich in einer Freihaltezone. Bauten und Anlagen dürften in dieser Zone grundsätzlich nur nach Massgabe von Art. 24 RPG verwirklicht werden. Es bestehe die Gefahr, dass aus dem Werkplan die Standortgebundenheit der projektierten Badeanlagen hergeleitet werde. Diese sei mindestens für geheizte Schwimmbecken umstritten. Es stelle sich daher die Frage, ob das Bundesrecht nicht gebiete, bereits den Werkplan dem Verfahren nach Art. 24 RPG zu unterstellen. In der staatsrechtlichen Beschwerde rügen die Beschwerdeführerinnen, der Einbezug ihrer Grundstücke in den Werkplan stütze sich nicht auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Gemäss § 114 des Zürcher Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975 (PBG) könne zur Landsicherung für öffentliche Werke ein Werkplan festgesetzt werden, sofern Grundstücke nach einem Richtplan für ein Werk oder eine Anlage im öffentlichen Interesse vorgesehen seien. Die Werkplanfestsetzung setze somit Richtplankonformität voraus. Wegen der schwerwiegenden Folge der Erteilung des Enteignungsrechts, welche mit der Genehmigung des Werkplans verbunden sei ( § 116 PBG ), heisse dies, dass der Richtplan den Standort des öffentlichen Werks, dessen Landbedarf gesichert werden solle, eindeutig und umfassend ausweisen müsse. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Der Richtplan sehe vielmehr eine Erweiterung des Freibads Bürger BGE 118 Ib 503 S. 505 südlich der bestehenden Hafenanlage vor. Nach dem Werkplan hingegen solle die Freibaderweiterung nördlich der bestehenden Hafenanlage auf dem Land der Beschwerdeführerinnen ausgeführt werden. Dies setze die Verlegung der Hafenanlage voraus, was in der Richtplanung nicht vorgesehen sei. Schliesslich gehe es nicht an, dass mit dem Werkplan auch Land für den geplanten durchgehenden Seeuferweg gesichert werde. Gemäss § 114 PBG habe die Landsicherung für einen solchen Weg mit Baulinien zu erfolgen. Die Beschwerdeführerinnen machen ferner geltend, für die Werkplanfestsetzung bestehe auch kein ausreichendes öffentliches Interesse, das ihre entgegenstehenden privaten Interessen zu überwiegen vermöchte. Sie leiten daraus ab, der Eingriff in ihr Eigentum sei unverhältnismässig. Sie bestreiten das Bedürfnis der Gemeinde Thalwil, im Bereich ihrer Grundstücke Strandbadanlagen zu erstellen. Sie verweisen als Alternative auf die Erweiterung des bestehenden Strandbads Ludretikon. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Für die Beurteilung der Rüge, mit dem angefochtenen Entscheid werde in einer das Bundesrecht verletzenden Weise Art. 24 RPG umgangen, ist von dem die Art. 22-24 RPG ausführenden kantonalen Recht auszugehen. a) Die Liegenschaften der Beschwerdeführerinnen befinden sich nach dem Zonenplan der Gemeinde Thalwil in der kommunalen Freihaltezone im Sinne der §§ 61 ff. i.V.m. § § 39 ff. PBG . Gemäss § 61 PBG (in der Fassung vom 1. September 1991) sind als Freihaltezonen oder Erholungszonen die Flächen auszuscheiden, die für die Erholung der Bevölkerung nötig sind. In der Erholungszone sind gemäss § 62 Abs. 2 PBG nur die den Vorgaben der Richtplanung entsprechenden Bauten und Anlagen zulässig. Hinsichtlich Inhalt und Verfahren gelten für Bauten und Anlagen, für die Rechte der Grundeigentümer und für das Zugrecht der Gemeinden die gleichen Bestimmungen wie bei übergeordneten Freihaltezonen ( § 62 Abs. 1 PBG ). § 40 PBG stellt klar, dass nur solche oberirdische Bauten und Anlagen erstellt werden dürfen, die der Bewirtschaftung oder unmittelbaren Bewerbung der Freiflächen dienen und die den Zonenzweck nicht schmälern. Für andere Bauten und Anlagen gilt Art. 24 RPG ( § 40 PBG ). BGE 118 Ib 503 S. 506 b) Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich klar, dass die Freihaltezone zwischen der Seestrasse und dem Ufer des Zürichsees in Thalwil Teil des Nutzungsplans der Gemeinde bildet, der die zulässige Nutzung des Bodens innerhalb des Siedlungsgebiets regelt. Es handelt sich um eine Freihaltezone, welche die Bauzonen vom Seeufer trennt, und die der Erholung der Bevölkerung sowie dem Landschaftsschutz dient. Sie entspricht damit den Zielen und Grundsätzen des Raumplanungsrechts des Bundes, namentlich den Bestrebungen, mit Massnahmen der Raumplanung wohnliche Siedlungen zu schaffen und zu erhalten und die natürlichen Lebensgrundlagen wie Wasser und Landschaft zu schützen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a und b RPG ). Im Dienste dieses Ziels sollen mit Massnahmen der Raumplanung See- und Flussufer freigehalten und der öffentliche Zugang und die Begehung erleichtert werden. Auch sollen Siedlungen viele Grünflächen und Bäume enthalten. Für die öffentlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden Bauten und Anlagen sind sodann sachgerechte Standorte zu bestimmen. Insbesondere sollen Freizeitanlagen für die Bevölkerung gut erreichbar sein (Art. 3 Abs. 2 lit. c, Abs. 3 lit. e und Abs. 4 lit. b RPG). In Erfüllung der Planungspflicht ( Art. 2 RPG ) sind die dargelegten Ziele und Grundsätze des Bundesrechts in einer für jedermann verbindlichen Weise in erster Linie mit Nutzungsplänen gemäss den Art. 14 ff. RPG zu verwirklichen. Die bundesrechtlichen Mindestanforderungen bedürfen dabei notwendigerweise kantonaler Ausgestaltung und Ergänzung (EJPD/BRP, Erläuterungen RPG, N. 1 zu Art. 18 RPG ; W. HALLER/P. KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, 2. Aufl., Zürich 1992, S. 58 f.). Die Regelung des Zürcher Planungs- und Baugesetzes fügt sich in die bundesrechtliche Ordnung ein. Die Freihaltezonen erfüllen teils die Funktion der Schutzzonen gemäss Art. 17 RPG , sollen diese doch u.a. Seen und ihre Ufer umfassen ( Art. 17 Abs. 1 lit. a RPG ). Zum Teil handelt es sich um Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen, die der Erholung der Bevölkerung dienen, wie für Sportanlagen und die damit in Verbindung stehenden Parkplätze. Solche Spezialzonen für bestimmte öffentliche Zwecke kann das kantonale Recht gemäss Art. 18 Abs. 1 RPG vorsehen (LEO SCHÜRMANN, Bau- und Planungsrecht, 2. Aufl., Bern 1984, S. 176; HALLER/KARLEN, a.a.O., S. 72 f.). c) Es ergibt sich aus der dargelegten bundesrechtlichen Ordnung, dass für die Bewilligung von Bauten und Anlagen, die dem Zweck der Nutzungszone entsprechen, nicht Art. 24 RPG , sondern Art. 22 RPG gilt. Auch wenn die Marginalie von Art. 24 von Ausnahmen BGE 118 Ib 503 S. 507 ausserhalb der Bauzonen spricht, ist hieraus nicht zu folgern, dass diese Bestimmung auf zonenkonforme Bauten und Anlagen in Spezialzonen ( Art. 18 Abs. 1 RPG ) anwendbar ist ( BGE 118 Ia 448 ff., BGE 116 Ib 378 E. 2a, BGE 114 Ib 349 E. 3b). In der hier zur Diskussion stehenden Freihaltezone sind nur bestimmte Bauten und Anlagen für öffentliche Zwecke zulässig, die der Erholung der Bevölkerung und der Wohnlichkeit der Siedlungen dienen. § 40 PBG sieht die Anwendbarkeit von Art. 24 RPG in den Freihaltezonen für solche Bauten und Anlagen vor, die dem Zonenzweck nicht entsprechen. Die Freihaltezonen des Zürcher Rechts sind nicht nur Schutzzonen und Spezialzonen innerhalb des Baugebiets. Sie umfassen vielmehr auch Zonen, die ausserhalb des Baugebiets der Erholung der Bevölkerung, dem Natur- und Landschaftsschutz oder der Trennung und Gliederung des Siedlungsgebiets dienen (HALLER/KARLEN, a.a.O., S. 72 N. 297). Dass in diesem Fall für Bauten und Anlagen, die dem Zonenzweck nicht entsprechen, Art. 24 RPG zum Zuge kommt, ergibt sich bereits direkt aus dem Bundesrecht. d) Die Einwendung der Beschwerdeführerinnen, in der Freihaltezone sei für die Verlegung der Hafenanlage und die Strandbaderweiterung ein Bewilligungsverfahren nach Art. 24 RPG erforderlich, ist somit unbegründet. Die genannten Anlagen entsprechen dem Zweck der Freihaltezone als Spezialzone im Sinne von Art. 18 Abs. 1 RPG . Es handelt sich um Bauten und Anlagen, die im öffentlichen Interesse der Erholung der Bevölkerung und somit unmittelbar der Bewirtschaftung und Bewerbung der Freifläche dienen ( § 40 Abs. 1 PBG ). Bewilligungen nach kantonalem Recht gestützt auf Art. 22 RPG sind insoweit zulässig. Dementsprechend ist die Gemeinde als Bauherrschaft und Trägerin des Werks grundsätzlich auch berechtigt, gestützt auf die §§ 114 ff., PBG einen Werkplan festzusetzen. 6. Ob im einzelnen die gesetzliche Grundlage für den Werkplan gegeben ist und ob das öffentliche Interesse die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegt und das Verhältnismässigkeitsprinzip gewahrt ist, ist nachfolgend zu prüfen. Aufgrund der vom Raumplanungsgesetz des Bundes getroffenen Rechtsmittelordnung sind diese Fragen im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren zu beurteilen ( Art. 34 Abs. 3 RPG ). a) Der Werkplan dient nach dem Titel der § § 114 ff. PBG der Landsicherung für öffentliche Werke. Seine Genehmigung schliesst die Erteilung des Enteignungsrechts ein ( § 116 PBG ) und bewirkt im vorliegenden Fall einen schweren Eigentumseingriff. Das Bundesgericht BGE 118 Ib 503 S. 508 prüft in diesem Fall frei, ob eine genügende gesetzliche Grundlage für den Eigentumseingriff besteht; die gesetzliche Grundlage muss klar und eindeutig sein ( BGE 116 Ia 185 E. 3c mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, § 114 PBG sei deshalb keine genügende gesetzliche Grundlage, weil die geplante Erweiterung des Strandbads und die damit verbundene Verlegung des Bootshafens im Richtplan nicht an den im Werkplan vorgesehenen Stellen bezeichnet seien. Der Regierungsrat und die Gemeinde Thalwil sind demgegenüber der Auffassung, § 114 PBG sei eine klare und eindeutige gesetzliche Grundlage für die Festsetzung des Werkplans. b) § 114 Abs. 2 PBG ermächtigt den Träger des Werks, jederzeit den Werkplan zu erstellen. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Grundstücke nach einem Richtplan für ein Werk oder eine Anlage im öffentlichen Interesse vorgesehen sind und dass die Landsicherung nicht durch Baulinien erfolgen kann ( § 114 Abs. 1 PBG ). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist unbestrittenermassen für die Erweiterung der Badeanlage und die damit verbundene Verlegung des Bootshafens erfüllt, nach der Meinung der Beschwerdeführerinnen jedoch nicht für den vom Kanton geplanten öffentlichen Seeuferweg, dessen Verlauf im Bereich der Badeanlagen in den Werkplan einbezogen wurde. Die Sicherung des Landes für den Fussweg hat nach der Meinung der Beschwerdeführerinnen gemäss den § § 96 ff. PBG mit Bau- und Niveaulinien zu erfolgen. aa) Es trifft zu, dass gemäss § 96 Abs. 2 lit. a PBG das für Wege benötigte Areal grundsätzlich mit Verkehrsbaulinien zu sichern ist. Doch übersehen die Beschwerdeführerinnen, dass der Uferweg für Fussgänger im Verhältnis zu den Boots- und Badeanlagen eine untergeordnete Bedeutung aufweist. Auch ist er unbestrittenermassen eine Anlage im öffentlichen Interesse, die dem Erholungszweck der Freihaltezone entspricht. Ihn in den Werkplan einzubeziehen, liegt daher nahe und widerspricht der gesetzlichen Regelung nicht, sondern ist im Interesse der Abstimmung raumwirksamer Tätigkeiten geradezu geboten ( Art. 2 Abs. 1 RPG , Art. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 2. Oktober 1989, RPV, SR 700.1). Dass ein Fussweg, soweit er nicht mit grösseren öffentlichen Anlagen in Verbindung steht, mit Baulinien zu sichern ist, schliesst nicht aus, dass er in den Werkplan für diese Anlagen aufgenommen wird, und zwar auch dann, wenn er im Auftrag des Kantons erstellt wird. Gemäss § 115 PBG wird der Werkplan vom Träger des Werks, bei Ungewissheit über die BGE 118 Ib 503 S. 509 Trägerschaft vom Ersteller des betreffenden Richtplans festgesetzt. Zufolge des Vorrangs der Bade- und Hafenanlagen, für welche die Gemeinde Trägerin des Werks ist, durfte sie als Erstellerin des kommunalen Siedlungs- und Landschaftsplans vom Mai 1982, in welchem die Freihaltezone als besonderes Erholungsgebiet bezeichnet ist, ohne Gesetzesverletzung den Fussweg in den Werkplan aufnehmen. Aus diesem Vorgehen erwächst den Beschwerdeführerinnen kein Nachteil. Die Einwendung, der Einbezug des Fusswegs in den Werkplan vermöge sich nicht auf eine eindeutige gesetzliche Grundlage zu stützen, ist demnach als unbegründet abzuweisen. bb) Die Beschwerdeführerinnen sind der Meinung, der Werkplan vermöge sich nicht auf eine genügende richtplanerische Anordnung zu stützen. Die Gemeinde wendet ein, ob dies zutreffe, sei vom Bundesgericht nur unter dem Blickwinkel der Willkür zu prüfen. Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Da ein schwerer Eingriff in das Eigentum in Frage steht und § 114 PBG klar verlangt, dass die vom Werkplan betroffenen Grundstücke nach einem Richtplan für das Werk vorgesehen sein müssen, ist ohne Kognitionsbeschränkung umfassend zu prüfen, ob die vom Gesetz verlangte Grundlage des Richtplans besteht. Wäre die Frage nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür zu prüfen, so käme dies einer dem Sinn der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht entsprechenden Abschwächung der Forderung nach einer klaren und eindeutigen gesetzlichen Grundlage für schwere Eigentumseingriffe gleich. cc) Für die umfassende freie Prüfung ist von der im Bundesrecht vorgezeichneten Funktion der Richtpläne auszugehen. Die Richtpläne sollen in den Grundzügen aufzeigen, wie sich das von ihnen erfasste Gebiet räumlich entwickeln soll ( Art. 6 RPG ). Auch wenn das Zürcher Planungs- und Baugesetz in weitergehendem Masse, als dies das Bundesrecht erfordert, davon ausgeht, dass die Richtpläne die Nutzungsplanung vorbestimmen ( BGE 112 Ia 283 E. 3c), so heisst dies nicht, dass in den Richtplänen die behördeverbindlichen Anordnungen in der Präzision der Nutzungspläne getroffen werden müssen. Dies geht auch aus der Formulierung des Zürcher Planungs- und Baugesetzes hervor. Es umschreibt die Aufgabe der Richtplanung mit Gestaltungsgrundsätzen, die den Behörden bei der Ausarbeitung der Nutzungsplanung den notwendigen Ermessensspielraum belassen. Der Ermessensspielraum, welcher den Behörden bei der Erfüllung ihrer der Richtplanung nachgeordneten Nutzungsplanungspflicht zustehen muss, ergibt sich auch aus Art. 2 Abs. 3 RPG . BGE 118 Ib 503 S. 510 Im Lichte dieser bundesrechtlich vorgegebenen Grundsätze ist die Einwendung der Beschwerdeführerinnen als unbegründet zu bezeichnen. Massgebend ist, dass gemäss dem kommunalen Siedlungs- und Landschaftsplan die Grundstücke der Beschwerdeführerinnen in einem Erholungsgebiet liegen. Dabei kennzeichnet der Plan dieses Gebiet mit den Buchstaben B und C als besonderes Erholungsgebiet. B weist gemäss der Planlegende auf "Festplatz, Parkplatz" hin, C auf "Sportanlage"; diese Kennzeichnung kann auf den gesamten Abschnitt zwischen der Seestrasse und dem Seeufer im Bereich der Grundstücke der Beschwerdeführerinnen bezogen werden. Die präzise Festsetzung der Standorte für Sportanlagen und Parkplätze erfolgt in der Nutzungsplanung. Der Gemeinderat durfte daher ohne Gesetzesverletzung die im Werkplan nun vorgesehenen Standorte für die Erweiterung der Badeanlage und die Verlegung des Bootshafens bestimmen.
public_law
nan
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1,992
CH_BGE
CH_BGE_003
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Federation
85289ea4-dc25-4ca7-9525-ee12090a6348
Urteilskopf 92 IV 161 41. Urteil des Kassationshofes vom 4. November 1966 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Nötzli.
Regeste Art. 31 Abs. 1 StGB . 1. Begriff des Urteils erster Instanz. a) Der rechtskräftige Strafbefehl ist ein Urteil erster Instanz (Bestätigung der Rechtsprechung). b) Vor seiner Rechtskraft ist der Strafbefehl nicht ein Urteil erster Instanz (Änderung der Rechtsprechung). 2. Im Fall der Anfechtung des Strafbefehls kann deshalb der Strafantrag noch bis zur Verkündung des Urteils der ersten Instanz im ordentlichen Verfahren zurückgezogen werden. Bei Nichtanfechtung des Strafbefehls ist hingegen der Rückzug des Strafantrags nur bis zum Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls zulässig.
Sachverhalt ab Seite 162 BGE 92 IV 161 S. 162 A.- Elvira Nötzli-Thoma entwendete im Mai 1965 ihrem damaligen Hausmeister Rudolf Aeschbach in Staffelbach ungefähr einen halben Ster Brennholz. Auf Strafantrag Aeschbachs und Antrag der Staatsanwaltschaft wurde sie durch Strafbefehl des Bezirksamtes Zofingen vom 5. Oktober 1965 zu einer Busse von Fr. 80.- verurteilt. Sie erhob Einsprache, worauf die Akten dem Bezirksgericht Zofingen überwiesen wurden. In der Hauptverhandlung vom 19. November 1965 zog Aeschbach den Strafantrag zurück. Das Bezirksgericht stellte deshalb das Verfahren ein. B.- Gegen den Einstellungsbeschluss legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein mit dem Antrag auf Bestrafung der Angeschuldigten. Mit Urteil vom 19. August 1966 wies das Obergericht des Kantons Aargau die Berufung ab. C.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und Rückweisung der Sache zur Bestrafung der Angeschuldigten. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Strafantrag kann vom Berechtigten zurückgezogen werden, solange das Urteil erster Instanz noch nicht verkündet ist ( Art. 31 Abs. 1 StGB ). a) In der bisherigen Rechtsprechung ( BGE 78 IV 151 , BGE 81 IV 15 und 83) ist entschieden worden, Urteil im Sinne dieser Bestimmung sei jeder Entscheid der zuständigen Behörde, der verbindlich darüber erkennt, ob der Beschuldigte sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht hat, und der gegebenenfalls die Rechtsfolgen bestimmt, die diese Handlung nach sich zieht. Nicht nötig sei eine vorherige mündliche Verhandlung, an welcher der Berechtigte Gelegenheit haben müsse, den Strafantrag zurückzuziehen. Die Bestimmung wolle das Markten zwischen Täter und Verletztem um den Rückzug des Strafantrags ausschliessen, nachdem der Staat über die Rechtsfolgen der Tat entschieden habe. Sie stelle denn auch auf die Verkündung des Urteils ab, durch welche die Parteien erführen, wie es um die Sache stehe. Auch ein Entscheid, der nur unter der Voraussetzung Recht schaffe, dass er nicht angefochten werde, könne Urteil sein. Indem Art. 31 Abs. 1 StGB von einem Urteil erster Instanz spreche, sei er gerade BGE 92 IV 161 S. 163 für jene Fälle aufgestellt worden, in denen das Verfahren vor einer oberen Instanz weitergehe. Er verlange deshalb nicht, dass das Urteil in der ersten Instanz der letzte, endgültige Entscheid sei. b) Soweit sie auf Strafbefehle angewendet wurde, kann diese Rechtsprechung, die im übrigen in dieser Hmsicht von verschiedenen kantonalen Gerichten nicht befolgt wird und in der Literatur auf Kritik gestossen ist, nicht ohne Einschränkung aufrecht erhalten werden. Die schon in BGE 69 I 73 und BGE 74 IV 15 vertretene Auffassung, dass der unangefochten in Rechtskraft erwachsene Strafbefehl ein Urteil sei, ist zwar nach wie vor begründet; denn in diesem Fall steht der Strafbefehl in jeder Hinsicht einem richterlichen Urteil gleich. Hingegen kann das für den noch nicht rechtskräftigen Strafbefehl nicht gelten. Die bisher befolgte gegenteilige Rechtsprechung verkennt die Natur des Strafbefehlsverfahrens. Dieses ursprünglich von der Praxis für die rationellere Bewältigung der wachsenden Zahl leichterer Delikte entwickelte summarische Verfahren ist, jedenfalls begriffsmässig, ein Verfahren ohne Hauptverhandlung. Die zum Erlass des Strafbefehls zuständige Behörde setzt darin die Strafe auf Grund des im Vorverfahren durch die untersuchende Behörde zusammengetragenen Beweismaterials fest. Diese summarische Beurteilung von Tat und Täter steht unter dem Vorbehalt, dass der Angeschuldigte sich dem Urteilsspruch unterzieht. Will er das nicht, so kann er, nach dem Strafbefehlsverfahren, die Durchführung des ordentlichen Strafverfahrens, beginnend mit der Hauptverhandlung vor der ersten Instanz, verlangen. Das Strafbefehlsverfahren ist also selbst nicht ein Verfahren erster Instanz, sondern ein diesem vorgelagertes besonderes Verfahren zur vereinfachten Erledigung bestimmter Straffälle. Führt es zum Ziel, dann entfällt das erstinstanzliche Verfahren, und der rechtskräftig gewordene Strafbefehl tritt an die Stelle des erstinstanzlichen Urteils; das ganze Verfahren ist beendet und die Sache abgeurteilt, ein Rückzug des Strafantrags ist deshalb nicht mehr zulässig. Wird jedoch der Strafbefehl angefochten, so findet das ordentliche Verfahren vor der ersten Instanz statt, als ob ein Strafbefehlsverfahren gar nicht bestünde. Vielfach erhält der Geschädigte im Strafbefehlsverfahren weder Gelegenheit mitzuwirken noch Akteneinsicht zu nehmen; BGE 92 IV 161 S. 164 manchmal wird ihm auch nicht der Strafbefehl eröffnet. Bei auf Antrag verfolgten Delikten ist der Geschädigte normalerweise Antragsteller. Als solcher hat er nach Art. 31 Abs. 1 StGB das Recht, seinen Strafantrag zurückzuziehen. Über den Rückzug kann er aber vernünftigerweise nur entscheiden, wenn er die gesamte Sachlage kennt. Er erhält indessen nicht schon im Strafbefehlsverfahren, sondern erst im ordentlichen Verfahren Kenntnis von den Beweggründen des Täters, seinen persönlichen Verhältnissen, seiner Einstellung zur Tat und zu der Schadenersatzforderung. Im Strafbefehlsverfahren ist er somit noch nicht in der Lage, sich mit dem Täter über eine vergleichsweise Erledigung der Sache zu verständigen und sich über den Rückzug des Strafantrages schlüssig zu machen. Gelegenheit, unter voller Würdigung von Tat und Täter über den Rückzug des Strafantrags zu entscheiden, erhält der Verletzte vielmehr erst im ordentlichen Verfahren vor erster Instanz. Deshalb soll er auch noch in diesem Verfahren seinen Antrag zurückziehen können, solange das Urteil nicht verkündet ist. c) Die Gesetzesmaterialien zeigen, dass diese Auslegung, die dem Wortlaut des Art. 31 Abs. 1 StGB entspricht, auch mit den Absichten des Gesetzgebers übereinstimmt. Vom Anfang der Vorarbeiten an wurde stets vom ordentlichen Gerichtsverfahren, nicht vom Strafbefehlsverfahren ausgegangen. Das wurde im Vorentwurf 1916 (Art. 32 Abs. 1), der mit dem bundesrätlichen Entwurf 1918 (Art. 30 Abs. 1) wörtlich übereinstimmt, ausdrücklich gesagt, indem der Rückzug des Strafantrags zugelassen wurde, "solange das Urteil des Gerichts erster Instanz noch nicht verkündet ist". Diese Formulierung wurde vorher nie ausdrücklich verwendet oder diskutiert und muss von der Redaktionskommission der Zweiten Expertenkommission, welche das Ergebnis der Kommissionsberatungen nachträglich noch abänderte (Vorbemerkung von Bundesrat Müller zum Vorentwurf 1916 S. IV) eingefügt worden sein. Diese Verdeutlichung wäre wohl nicht vorgenommen worden, wenn nicht zuvor ausschliesslich vom Gerichtsverfahren die Rede gewesen wäre. Der Nationalrat übernahm die Formulierung (StenBull Sonderausgabe NR S. 97 f.). Der Ständerat liess sie jedoch ohne diesbezügliche Diskussion fallen, wahrscheinlich aus stilistischen Gründen; denn er wollte den Rückzug zulassen, "solange das Dispositiv des Urteils erster Instanz BGE 92 IV 161 S. 165 noch nicht eröffnet ist" (StenBull StR S. 65). Mit der Formulierung "solange das Urteil erster Instanz noch nicht verkündet ist", welcher der Ständerat zustimmte, griff der Nationalrat aber wieder auf die Vorentwürfe 1893 und 1894 (Art. 2 Abs. 4 bzw. Abs. 5: "vor dem Urteil erster Instanz") und den Vorentwurf 1908 (Art. 24 Ziff. 2 Abs. 1: "solange das Urteil der ersten Instanz noch nicht verkündet worden ist") zurück (StenBull NR 619 f., StR S. 308). In beiden Räten war auf jeden Fall ausdrücklich vom Gerichtsverfahren die Rede. Dass ausschliesslich das ordentliche Gerichtsverfahren in Frage stand, zeigen auch die Abänderungsanträge. Diese bezogen sich alle auf das Problem, bis zu welchem prozessualen Zeitpunkt der Rückzug des Strafantrags zulässig sein sollte, und gingen, entsprechend den sehr unterschiedlichen kantonalen Gesetzgebungen (HAFTER, Lehrbuch des schweiz. Strafrechts 2. Aufl. S. 140 f.) weit auseinander. Der Vorschlag Correvon, der Rückzug müsse nur bis vor Beginn der Hauptverhandlung erfolgen können, wurde auf Antrag Gautiers abgelehnt. Dieser führte aus: "Le projet tient compte, avec raison, du cas où le lésé retirera sa plainte en toute connaissance de cause, éclairé qu'il aura été par les débats" (Prot. 1. ExpK I S. 28 f.). Der Nationalrat wollte den letzten Termin für den Rückzug von der Verkündung auf die Fällung des Urteils vorverlegen, was vom Ständerat abgelehnt wurde, weil ein deutlicher, nach aussen erkennbarer Zeitpunkt erforderlich sei (StenBull a.a.O.). Anscheinend aus ähnlichen Überlegungen wurde die Anregung Bolli, auf den Schluss der Parteiverhandlungen abzustellen, nicht weiter verfolgt (Prot.Komm. StR, 19. Februar 1929, S. 20). Ein Antrag Thormann, umgekehrt den Rückzug noch bis zur Verkündung des Urteils der zweiten Instanz zuzulassen, wurde verworfen, weil ein Spielen des Privaten mit den Gerichtsorganen verhindert werden müsse, zumal die Antragsdelikte vielfach zur Sicherung pekuniärer Vorteile benützt würden (Prot. 2. ExpK I S. 172-179). Die Möglichkeit einer missbräuchlichen Ausbeutung des Antragsrechts wurde jedoch "angesichts der Vorteile der Lösung" des Art. 31 Abs. 1 StGB bewusst in Kauf genommen (StenBull NR S. 98, Berichterstattung Seiler). d) Als neues, wesentliches Moment kommt nun zudem noch die Revision des Art. 268 Ziff. 1 BStP durch das Bundesgesetz BGE 92 IV 161 S. 166 vom 25. Juni 1965 (AS 1965 S. 905) hinzu, die am 1. Januar 1966 in Kraft trat. Durch diese Gesetzesänderung will vermieden werden, dass Urteile, in denen untere Gerichte (z.B. Bezirksgerichte, deren Ausschüsse und Einzelrichter) als erste und, zufolge Ausschlusses eines ordentlichen kantonalen Rechtsmittels, zugleich als letzte Instanz entschieden haben, direkt an den Kassationshof des Bundesgerichts weitergezogen werden können (Botschaft, BBl 1964 II S. 891; StenBull 1965, NR S. 284 f.). Durch den neu aufgenommenen Satz 2 wird nunmehr die Nichtigkeitsbeschwerde gegen Urteile unterer Gerichte ausgeschlossen, wenn diese als einzige kantonale Instanz geurteilt haben. Der Nichtigkeitsbeschwerde unterliegen somit Urteile unterer Gerichte nur noch, soweit diese als zweite kantonale Instanz geurteilt haben. Dieser Zweck der Revision würde weitgehend vereitelt, wenn der nicht rechtskräftige Strafbefehl als Urteil erster Instanz gälte. Das untere Gericht im ordentlichen Verfahren wäre nämlich im Falle einer Einsprache gegen den Strafbefehl bereits zweite Instanz, und seine Urteile könnten deshalb mit der Nichtigkeitsbeschwerde beim eidg. Kassationshof angefochten werden. Auch wegen dieser der ratio von Art. 268 Ziff. 1 BStP zuwiderlaufenden Konsequenzen muss die bisherige Praxis aufgegeben werden. Zusammenfassend kann also im Fall der Anfechtung des Strafbefehls der Strafantrag noch bis zur Verkündung des Urteils der ersten Instanz im ordentlichen Verfahren zurückgezogen werden. Im Falle der Nichtanfechtung eines Strafbefehls ist hingegen ein Rückzug des Strafantrages nur bis zum Eintritt seiner Rechtskraft zulässig. 2. Da im vorliegenden Fall gegen den Strafbefehl von Frau Nötzli Einsprache erhoben und das ordentliche Strafverfahren durchgeführt wurde, durfte Rudolf Aeschbach seinen Strafantrag, wie er es getan hat, noch in der Verhandlung vor dem Bezirksgericht Zofingen zurückziehen. Dieses hat daher zu Recht das Verfahren gegen Elvira Nötzli eingestellt, was die Abweisung der Beschwerde zur Folge hat. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,966
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
852a3fb8-0f42-44b8-ba69-76a34d171f75
Urteilskopf 112 Ia 97 18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Februar 1986 i.S. X. gegen Vormundschaftsbehörde, Justizdepartement und Appellationsgericht als Verwaltungsgericht des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV (Akteneinsicht), persönliche Freiheit, Art. 8 EMRK . 1. Der Anspruch, die abgeschlossenen Vormundschaftsakten hinsichtlich der ausserehelichen Vaterschaft und der Jugendzeit einzusehen, beurteilt sich nach dem kantonalen Verfahrensrecht und nach dem aus Art. 4 BV abgeleiteten Akteneinsichtsrecht. 2. Interessenabwägung im vorliegenden Fall; Verneinung eines Anspruchs auf vollständige Akteneinsicht.
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 112 Ia 97 S. 97 Nachdem Frau Z., geboren am 19. Mai 1935, am 13. April 1959 an ihrem Wohnort Basel ihre Schwangerschaft angezeigt hatte, errichtete die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt eine Beistandschaft gemäss Art. 311 ZGB (in seiner damaligen Fassung). Knapp ein Jahr nach der am 7. Oktober 1959 erfolgten Geburt des Knaben X. wurde diese Beistandschaft in eine Vormundschaft gemäss Art. 368 Abs. 1 ZGB umgewandelt. Im September 1961 zog Frau Z. nach Zürich. Dort war auch ihr Sohn X. seit 26. Juli 1962 bei einer Pflegefamilie untergebracht. Am 30. Oktober 1962 BGE 112 Ia 97 S. 98 beschloss die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich, die Vormundschaft für X. im Sinne von Art. 377 ZGB zur Weiterführung in Zürich zu übernehmen. Die bis zur Abtretung der Vormundschaft in Basel ergangenen Akten - das letzte Aktenstück datiert vom 16. November 1962 - wurden im Staatsarchiv Basel-Stadt abgelegt. Am 8. Oktober 1980 begab sich X. zur Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt und ersuchte um Einsicht in die ihn betreffenden Akten. Damit wollte er vornehmlich in Erfahrung bringen, zu welchen Unterhaltsbeiträgen sein (ausserehelicher) Vater verpflichtet worden war und ob er diese bezahlt habe. Die Behörde verweigerte X. die Einsicht in die Akten; immerhin wurde er von einem Beamten der vormundschaftlichen Abteilung über verschiedene Belange, insbesondere über die seinerzeitige Regelung der Unterhaltsbeiträge, informiert. Mit Eingabe an die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt vom 2. August 1984 liess X. durch einen Anwalt das Gesuch um Akteneinsicht wiederholen mit der Begründung, es gehe um die Wahrung von Alimentenforderungen gegenüber seiner Mutter. Am 9. August 1984 gab die Vormundschaftsbehörde dem Anwalt die Höhe der Unterhaltsleistungen gemäss Vaterschaftsanerkennung bekannt und lehnte im übrigen das Begehren um Akteneinsicht ab. Auf das Ersuchen des Anwaltes hin erliess die Behörde am 25. September 1984 eine begründete und rekursfähige Verfügung. Einen hiegegen erhobenen Rekurs wies das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt am 12. Dezember 1984 ab. Gegen diesen Entscheid liess X. Rekurs an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt als Verwaltungsgericht einreichen. Dieses wies am 5. Juni 1985 den Rekurs ab. X. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils des Appellationsgerichtes Basel-Stadt vom 5. Juni 1985 sowie des Entscheides des Justizdepartementes Basel-Stadt vom 12. Dezember 1984; er verlangt, die Vormundschaftsbehörde des Kantons Basel-Stadt sei anzuweisen, ihm Einsicht in seine Akten betreffend Beistandschaft zu gewähren. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. BGE 112 Ia 97 S. 99 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Beschwerdeführer erblickt darin, dass die kantonalen Behörden ihm die Einsichtnahme in die ihn betreffenden Vormundschaftsakten verweigerten, einen unverhältnismässigen Eingriff in seine persönliche Freiheit sowie eine Verletzung von Art. 8 EMRK . Beruft sich ein Beschwerdeführer für den nämlichen Anspruch gleichzeitig auf ein verfassungsmässiges Recht und auf eine Bestimmung der EMRK, so prüft das Bundesgericht in der Regel zunächst, ob der angefochtene Entscheid gegen die Bundesverfassung verstosse. Dabei berücksichtigt es allerdings gegebenenfalls die Konkretisierung bestimmter Rechtsgrundsätze durch die Konventionsorgane ( BGE 111 Ia 82 E. 2b mit Hinweisen). 4. Das Appellationsgericht hat den vom Beschwerdeführer erhobenen Rekurs im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es stehe ihm nach Massgabe von Art. 4 BV in Verbindung mit der dazu entwickelten bundesgerichtlichen Rechtsprechung kein Anspruch auf Einsicht in die Vormundschaftsakten zu. Zum selben Ergebnis gelangte es auch in Berücksichtigung von Art. 8 EMRK . Das ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit bildete nicht ausdrücklich Gegenstand der Erwägungen des kantonalen Gerichtes. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, der von ihm geltend gemachte Anspruch auf Akteneinsicht finde seine rechtliche Grundlage nicht in Art. 4 BV , wie dies vom Appellationsgericht vermutet werde, sondern im Grundrecht der persönlichen Freiheit. Somit wirft er ihm sinngemäss eine fehlerhafte Rechtsanwendung vor. Dazu ist er im vorliegenden Verfahren berechtigt, hatte er doch seinen Anspruch schon vor Appellationsgericht auf das Recht der persönlichen Freiheit abgestützt. Im einzelnen führt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht aus, die Kenntnis der eigenen Lebensgeschichte gehöre zum wichtigsten Teil seiner Privatsphäre. Dies betreffe die Kenntnis aller Gegebenheiten seines Lebens, die er persönlich erfahren habe. Das verfassungsmässige Recht auf Herrschaft über seine eigene Privatsphäre und über die Kenntnis der eigenen Erlebnisse dürfe nicht vom Zeitpunkt abhängig gemacht werden, in welchem die Ausübung dieses Rechts verlangt werde, was sich gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts aus der Unverzichtbarkeit und Unverjährbarkeit der persönlichen Freiheit ergebe. Deshalb habe er, BGE 112 Ia 97 S. 100 der Beschwerdeführer, noch heute einen Anspruch auf Zugang zu Aufzeichnungen über Tatsachen, die er persönlich erlebt habe; dieser Zugang ersetze lediglich sein fehlendes Erinnerungsvermögen. 5. a) Das Akteneinsichtsrecht wird im allgemeinen durch das kantonale Verfahrensrecht umschrieben. Im vorliegenden Fall fehlen allerdings kantonalrechtliche Grundlagen; das baselstädtische Recht enthält keine Regelung des Rechts auf Akteneinsicht im kantonalen Verwaltungsverfahren. Eine Verletzung kantonaler Normen macht der Beschwerdeführer denn auch nicht geltend. Vielmehr erachtet er - wie erwähnt - das ungeschriebene verfassungsmässige Recht der persönlichen Freiheit als Grundlage seines Anspruchs auf Akteneinsicht. Darin, dass die kantonalen Behörden ihm die Einsicht in die ihn betreffenden Vormundschaftsakten verweigerten, erblickt er einen unverhältnismässigen Eingriff in dieses Grundrecht. b) Nach der neueren Praxis des Bundesgerichts schützt die persönliche Freiheit als zentrales Freiheitsrecht nicht nur die Bewegungsfreiheit und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten, die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung des Menschen darstellen ( BGE 109 Ia 279 E. 4a; BGE 108 Ia 60 E. 4a, je mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat indessen wiederholt zum Ausdruck gebracht, nicht jeder beliebige Eingriff in das Recht der Persönlichkeit rechtfertige die Berufung auf ein ungeschriebenes verfassungsmässiges Recht, da sich sonst dieses von andern teils durch die Verfassung, teils durch Gesetze geschützten Ansprüchen nicht mehr abgrenzen liesse ( BGE 107 Ia 56 E. 3a mit Hinweisen); namentlich habe die persönliche Freiheit nicht die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der Einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche Lebensgestaltung auswirkt, berufen könnte ( BGE 108 Ia 61 E. 4a mit Hinweisen). Die verfassungsrechtliche Garantie der persönlichen Freiheit kann - um nicht völlig überdehnt zu werden - nicht vor jedem physischen und psychischen Missbehagen bewahren. Sie bietet nur dort Schutz, wo das Wohlbefinden des Menschen erheblich beeinträchtigt wird und sich diese Beeinträchtigung nicht gegen andere verfassungsmässige oder gesetzliche Rechte richtet, wie das im vorliegenden Fall zutrifft: Wenn - wie hier - das kantonale Recht das Akteneinsichtsrecht nur ungenügend bzw. gar nicht schützt, wird dieses durch die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden BGE 112 Ia 97 S. 101 Verfahrensregeln gewährleistet, wobei das Bundesgericht grundsätzlich frei prüft, ob die durch diese Verfassungsbestimmung aufgestellten Anforderungen eingehalten wurden ( BGE 110 Ia 85 E. 3b, mit Hinweisen). Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung besteht das aus Art. 4 BV abgeleitete Akteneinsichtsrecht nicht nur für ein laufendes, sondern ausnahmsweise auch für ein - wie in casu - schon abgeschlossenes Verfahren, sofern der Gesuchsteller ein schutzwürdiges Interesse glaubhaft machen kann ( BGE 95 I 108 ). Ob es sich um ein laufendes oder um ein abgeschlossenes Verfahren handle, der Anspruch auf Akteneinsicht findet stets seine Grenzen am Interesse des Staates oder gewisser Privatpersonen an der Geheimhaltung der Akten ( BGE 110 Ia 85 E. 4a, mit Hinweisen). Selbst wenn der Beschwerdeführer sich zur Begründung seines Begehrens auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit zu berufen vermöchte, unterläge es gegebenenfalls, wenn die Sach- und Rechtslage es erforderlich machen würde, mehr oder weniger schweren Beschränkungen. Dessen ist sich im übrigen auch der Beschwerdeführer zweifellos bewusst, rügt er doch - wenn man ihn bei seinem eigenen Worte nimmt - einen unverhältnismässigen Eingriff in seine persönliche Freiheit. Da er Zugang zu unter Verschluss liegenden Akten der Verwaltung verlangt, die Aufzeichnungen nicht nur über ihn selber, sondern auch über verschiedene Bezugspersonen aus der Frühzeit seines Lebens enthalten, muss er es sich gefallen lassen, dass die Behörde, die über sein Gesuch um Akteneinsicht zu befinden hat, die auf dem Spiel stehenden öffentlichen und privaten Interessen gegeneinander abzuwägen hat. Der Beschwerdeführer irrt jedoch, wenn er glaubt, dass diese Interessenabwägung, je nachdem, ob sich der Anspruch auf Akteneinsicht nach Massgabe von Art. 4 BV oder aber gemäss dem von ihm angerufenen verfassungsmässigen Recht der persönlichen Freiheit beurteile, nach einem qualitativ andern Massstab zu erfolgen habe: Wie das Bundesgericht frei prüft, ob höhere Interessen der Öffentlichkeit oder bestimmter Privater einen Eingriff in die persönliche Freiheit erfordern ( BGE 107 Ia 57 f. E. 3d; BGE 108 Ia 61 ff.), so prüft es auch frei, ob solche Interessen demjenigen an der Gewährung des unmittelbar aus Art. 4 BV abgeleiteten Akteneinsichtsrechts entgegenstehen ( BGE 95 I 109 ; BGE 110 Ia 83 ff., mit Hinweisen). Was der Beschwerdeführer unter Berufung auf die persönliche Freiheit vorbringt, um sein Begehren um Einsicht in die ihn betreffenden BGE 112 Ia 97 S. 102 Vormundschaftsakten zu begründen, ist im Rahmen der - wie ausgeführt - auch nach Art. 4 BV in freier Prüfung vorzunehmenden Abwägung der einander gegenüberstehenden Interessen zu würdigen. Art. 4 BV ist verletzt, wenn die kantonale Behörde schutzwürdige und hinreichend substantiierte Interessen des Beschwerdeführers zu wenig in die Waagschale gelegt, insbesondere wenn sie dem Grundrecht der persönlichen Freiheit zu wenig Gewicht beigemessen hat. 6. a) Eine Interessenabwägung, wie sie hier vorzunehmen ist, kann nur in Kenntnis der Akten erfolgen, für die ein Geheimhaltungsinteresse geltend gemacht wird. Das Bundesgericht hat daher die Akten der Vormundschaftsbehörde, die der Beschwerdeführer einsehen möchte, beigezogen, um das von den kantonalen Behörden als vorgehend erachtete Geheimhaltungsinteresse Dritter beurteilen zu können. b) Es scheint nahezuliegen, den Wunsch, den leiblichen Vater zu kennen, als zentrales Anliegen des Beschwerdeführers zu betrachten, auch wenn er diesen Punkt in der staatsrechtlichen Beschwerde nicht betont und ihn auch früher nicht in den Vordergrund gerückt hat. Einem jungen Menschen kann es offensichtlich sehr viel Mühe bereiten, nicht zu wissen, von wem er abstammt; dies um so mehr, wenn er vermutet, hierüber lägen Akten in seiner Griffweite, die klaren Aufschluss darüber gäben. Aus einer solchen Situation heraus könnten sich unter Umständen sogar krankhafte Ideen entwickeln. Von daher liegt es auf den ersten Blick nahe, die Behörden zur Auskunftserteilung zu verpflichten, allenfalls unter gewissen Bedingungen und Einschränkungen. c) Gegen eine solche Verpflichtung spricht indessen die Entstehungsgeschichte des neuen Kindschaftsrechtes, die - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen werden - in direktem Zusammenhang mit der hier zu beurteilenden Frage steht. Altrechtlich bestand klarerweise die Möglichkeit, eine blosse "Zahlvaterschaft" durch Urteil oder Vergleich zu begründen, wobei im Vergleichsfalle der Name des Vaters nicht notwendigerweise genannt werden musste. Für das neue Recht sah der Bundesrat vor, ein Kind, welches das 20. Altersjahr noch nicht zurückgelegt habe, könne innert zwei Jahren nach Inkrafttreten des neuen Rechts auf Feststellung des Kindesverhältnisses zum Vater klagen (BBl 1974 II S. 100 ff. und S. 135). Der Ständerat als Erstrat strich diese Bestimmung, d.h. er hielt dafür, alle noch unter der Herrschaft des alten Rechts geborenen Kinder sollten an der bereits BGE 112 Ia 97 S. 103 getroffenen altrechtlichen Lösung nichts mehr ändern können. Der Berichterstatter, Ständerat Arnold, führte als Beispiel an (Amtl.Bull. S 1975 S. 148), man wolle nicht, dass ein 40jähriger Mann gegen seinen 60jährigen "Zahlvater" noch auf Feststellung des Kindesverhältnisses klagen könne (wie dies im deutschen Recht unter Einhaltung bestimmter Fristen möglich ist). Im Nationalrat kam es gerade zu dieser übergangsrechtlichen Bestimmung zu einer längeren Diskussion. Nationalrat Cavelty beantragte Zustimmung zu der vom Ständerat vorgesehenen Fassung, u.a. mit der Begründung, man wolle nicht die Möglichkeit schaffen, "längst Erledigtes wieder aufzugreifen" (Amtl.Bull. N 1975 S. 1798): "Wie viele Ehen würden dadurch gefährdet oder gar zerstört, oder zu wieviel möglichen Drohungen bis Erpressungen gäbe die hier vorgesehene Rückwirkung Anlass!" Auch Nationalrat Alder sprach sich dagegen aus, eine Klage zuzulassen in Fällen, in denen keine Beziehung zwischen Vater und Kind bestehe. Die Kommissionssprecher, Nationalrat Barchi und Frau Nationalrätin Blunschy, vertraten demgegenüber eine Mittellösung zwischen der absoluten Nichtrückwirkung, wie sie der Ständerat beschlossen hatte, und dem Antrag des Bundesrates. Dieser Zwischenlösung, mit welcher die Möglichkeit des Kindes, auf Feststellung des Kindschaftsverhältnisses zu klagen, auf das 10. Altersjahr und zwei Jahre nach Inkraftsetzung des neuen Rechts befristet wurde, schloss sich Bundesrat Furgler "schweren Herzens" an. Der Nationalrat stimmte dem Kompromiss mit grosser Mehrheit zu (Amtl.Bull. N 1975 S. 1798-1801). Die Debatte wurde bei der Differenzbereinigung im Ständerat wiederaufgenommen. Die Kommissionsmehrheit, vertreten durch Ständerat Arnold, beantragte, am Streichungsbeschluss festzuhalten, d.h. überhaupt keine Rückwirkung des neuen Rechts zuzulassen. Er wurde unterstützt durch Ständerat (heute Bundesrichter) Amstad (Amtl.Bull. S 1976 S. 95): "Mit der Lösung des Nationalrates erklären wir Verträge, die von der Vormundschaftsbehörde genehmigt wurden, und gerichtliche Urteile plötzlich als anfechtbar." Ständerat Amstad wies weiter darauf hin, dass die Angst vor Gefährdung später begründeter Familien das Gesetz in der Volksabstimmung gefährden könnte. Demgegenüber setzten sich Ständerat (heute Bundesrat) Aubert und Bundesrat Furgler vehement für den nationalrätlichen Kompromiss ein, mit Betonung auf dem Grundgedanken des Vorrangs des Kindesinteresses, wenigstens für eine kurze Übergangszeit. Diese Lösung wurde mit BGE 112 Ia 97 S. 104 15:14 Stimmen angenommen und ist heute Gesetz (Amtl.Bull. S 1976 S. 93-96). Insbesondere bei verhältnismässig jungen Gesetzen darf der Wille des historischen Gesetzgebers nicht übergangen werden. Die zitierten Ratsprotokolle zeigen eindrücklich, dass ein Kompromiss gesucht wurde; dem Gesetz wäre nicht zugestimmt worden, wenn eine Lösung verlangt worden wäre, die eine alters- und fristunabhängige Unterstellung aller altrechtlichen Zahlvaterschaften unter das neue Recht zugelassen hätte (selbst eine nicht so weit gehende Variante des Bundesrates wurde ja - wie erwähnt - abgelehnt). Das hinsichtlich Rückwirkung viel weiter gehende "deutsche Modell" wurde offenbar nur in der Expertenkommission diskutiert, in den Räten aber nicht einmal mehr zur Debatte gestellt (vgl. zu diesem deutschen System: CYRIL HEGNAUER, Die Übergangsbestimmungen zum neuen Kindesrecht, Festgabe für Henri Deschenaux, Freiburg 1977, S. 169 oben). Es ist klar, dass das Parlament damit nicht einen Entscheid über das Akteneinsichtsrecht des Kindes gefällt hat. Doch geht aus der geschilderten Entstehungsgeschichte hervor, dass es die Eingriffe in altrechtliche Vaterschaftsverhältnisse stark limitieren und ein unbeschränktes Aufrollen weit zurückliegender Verhältnisse unter allen Umständen vermeiden wollte. Die historische Betrachtungsweise verbietet die Überlegung, der Grundgedanke des neuen Kindesrechtes, die Abstammungsverhältnisse immer so gut als möglich abzuklären und das rechtliche Verhältnis dem natürlichen anzugleichen, müsse auch bei der Lösung von Konflikten der vorliegenden Art massgebend sein. d) Wird die Entstehungsgeschichte des neuen Kindesrechtes, wie sie vorstehend dargelegt wurde, bei der hier vorzunehmenden Interessenabwägung berücksichtigt, so drängt sich der Schluss auf, dass Zurückhaltung auch bei der Akteneinsicht dem Willen des Gesetzgebers entspricht. Man wollte nicht nach Jahren - oder hier nach Jahrzehnten - Fragen aufrollen lassen, die doch recht tief in die inneren Beziehungen später gegründeter Ehen eingreifen können. Dies muss wohl auch heute noch anerkannt werden, obschon sich die moralischen Auffassungen über die aussereheliche Zeugung von Kindern stark liberalisiert haben. Der Beschwerdeführer übersieht, dass seine Biographie, wo sie ihm unbekannt ist oder lückenhaft erscheint, mit den Lebensumständen seiner frühkindlichen Bezugspersonen auf das engste verknüpft und verwoben ist. Die Gewährung der Akteneinsicht hätte deshalb BGE 112 Ia 97 S. 105 notwendigerweise die Preisgabe von biographischen Informationen über Dritte an ihn zur Folge. Es geht zwar nicht an, in einem Fall wie dem vorliegenden das Akteneinsichtsrecht rundweg zu versagen. Es ist aber sachgemäss, es nicht generell zu gewähren, sondern - wie mit Bezug auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung bereits ausgeführt worden ist (oben E. 5b) - vom Nachweis eines konkreten Interesses abhängig zu machen. Ein konkretes Interesse daran, Einsicht in alle ihn betreffenden Vormundschaftsakten zu erhalten und damit auch den Namen seines Vaters zu erfahren, hat der Beschwerdeführer indes nicht hinlänglich dargetan. Vielmehr hat er sein schon im Jahre 1980 und dann erneut 1984 bekundetes Interesse an der Akteneinsicht immer wieder anders begründet, so dass letztlich nicht ersichtlich ist, welches sein eigentliches Interesse ist: Zuerst wollte er anhand der Vormundschaftsakten prüfen, ob er gegenüber Vater oder Mutter noch Ansprüche finanzieller Art geltend machen könne. In einem späteren Zeitpunkt wollte er über einen Vaterschaftsprozess orientiert sein. Ein anderes Mal machte er geltend, seine Mutter habe noch in Basel gegen Pflegeeltern Strafanzeige wegen Körperverletzung erstattet, und er möchte mehr darüber erfahren. Auf alle in diesem Zusammenhang gestellten Fragen wurde dem Beschwerdeführer von den Organen der Verwaltung entweder bestimmt und zuverlässig Auskunft erteilt, oder er bzw. sein Rechtsvertreter vermochte aus den Antworten irrtumsfrei und zwanglos zu schliessen, wie es sich damals verhielt. Erst im Rekurs an das Justizdepartement Basel-Stadt vom 8. Oktober 1984 gab der Beschwerdeführer zu verstehen, er sei damit beschäftigt, seine Jugendzeit, die ihn noch heute stark belaste, aufzuarbeiten; es sei dies für ihn eine lebenswichtige Aufgabe, denn nur wenn es ihm gelinge, Vorgänge und Anordnungen, deren Ursachen ihm heute noch unklar seien, rational zu erhellen und zu verarbeiten, sei er imstande, die Lasten und Schatten seiner Jugend zu bewältigen. Diese Behauptung wird aber durch die Akten auch nicht im entferntesten belegt. Vielmehr wurde sie, wie das Justizdepartement Basel-Stadt in seinem Entscheid vom 12. Dezember 1984 zu Recht ausführt, wörtlich dem im "Schweizerischen Beobachter" vom 15. März 1984 abgedruckten Entscheid in Sachen R.H. entnommen. Aus diesem Entscheid vermag der Beschwerdeführer indes nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, denn er hat nie auch nur behauptet, geschweige denn glaubhaft gemacht, die Kenntnis der BGE 112 Ia 97 S. 106 Vormundschaftsakten sei z.B. für die Durchführung einer Psychoanalyse oder Psychotherapie erforderlich. Entsprechend kann die Frage offenbleiben, wie es sich verhielte, wenn etwa ein Psychiater die Notwendigkeit der Kenntnisgabe der Akten bejahen würde. e) Offensichtlich ist, dass der Beschwerdeführer keinen Anspruch hat, über das Privatleben seiner Mutter um die Zeit der Zeugung informiert zu werden. Hier spricht ein ethisches Moment für grösste Zurückhaltung bei der Abwägung der Interessen. Insbesondere die Mutter hat ein durchaus berechtigtes, schutzwürdiges Interesse daran, dass der Beschwerdeführer von den sie betreffenden Aufzeichnungen keine Kenntnis erhält. Ihr Geheimhaltungsinteresse geht dem Interesse des Beschwerdeführers an Akteneinsicht, jedenfalls so wie er es begründet hat, deutlich vor. f) Etwas weniger eindeutig stellen sich die Verhältnisse hinsichtlich der verschiedenen Pflegeeltern dar. Deren Geheimhaltungsinteresse ist im allgemeinen doch wohl geringer einzustufen als dasjenige von Mutter und Vater, und man könnte sich fragen, ob die Vormundschaftsbehörde dem Beschwerdeführer nicht in etwas weiterem Masse hätte behilflich sein können, namentlich durch Anfrage bei den Betroffenen. Aber auch dem lässt sich entgegenhalten, dass das Interesse an der verlangten Akteneinsicht sehr mangelhaft substantiiert ist. Das Suchen nach Kinderphotos vermag kein hinreichendes Interesse zu begründen, und was die einmal geltend gemachten Schläge betrifft, so wäre ein allfälliger Schadenersatz- oder Genugtuungsanspruch längst verjährt (eine allfällige Unterlassung seitens des Vormundes müsste sich der Beschwerdeführer selbstverständlich entgegenhalten lassen). g) Die Interessen von Vater, Mutter und Pflegeeltern an der Geheimhaltung der sie betreffenden Angaben wiegen somit schwerer als das vom Beschwerdeführer bloss behauptete, aber nicht hinreichend substantiierte Interesse daran, über die ihm bereits (zum grössten Teil) bekanntgegebenen Angaben hinaus Einsicht in die gesamten, ihn betreffenden Vormundschaftsakten erhalten zu können; die die Gegenseite betreffenden Angaben lassen sich nicht ohne weiteres aus den Akten trennen, so dass dem Beschwerdeführer verwehrt bleiben muss, diese einzusehen. Demnach ist festzustellen, dass die vom Appellationsgericht vorgenommene Interessenabwägung der Verfassungsrüge standhält. 7. Aus Art. 8 EMRK vermag der Beschwerdeführer ebenfalls nichts zu seinen Gunsten abzuleiten, weil das Privat- und Familienleben auch auf der andern Seite (Vater, Mutter und Pflegeeltern) BGE 112 Ia 97 S. 107 tangiert wird und die Konvention über die Lösung des Interessenkonfliktes nichts aussagt. Im übrigen besteht hier auf gleicher Ebene (des Europarates) eine spezielle Konvention "über die Rechtsstellung der unehelichen Kinder" vom 15. Oktober 1975, welche für die Schweiz am 11. August 1978 in Kraft getreten ist (SR 0.211.221.131). Zwar ist dieser Konvention für die hier zu entscheidende Frage nichts zu entnehmen, wohl aber dem zugehörigen "Rapport explicatif". Darin heisst es in Note 20 zu Art. 3, die Bestimmung der klageberechtigten Personen und der Fristen, innert welcher solche Klagen angehoben werden könnten, bleibe der jeweiligen landesinternen Gesetzgebung anheimgestellt. Verhält es sich aber so, dann lässt sich nicht sagen, die EMRK verleihe einen Anspruch auf Kenntnisnahme von der Person des Vaters und von den Umständen der Feststellung der Vaterschaft ohne jede Rücksicht auf den Zeitablauf.
public_law
nan
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852b45fe-d63c-43cf-8d42-44aceefae7ce
Urteilskopf 99 II 297 40. Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Dezember 1973 i.S. Mergell AG gegen Ulrich.
Regeste Prozessrecht. Bundesbeschluss vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM). Art. 57 Abs. 5 OG . Ausnahmsweise Beurteilung der Berufung vor einer in der gleichen Sache eingereichten staatsrechtlichen Beschwerde (Erw. 1). Art. 17 BMM . Es liegt weder eine erstmalige Vermietung noch eine Wiedervermietung vor, wenn die gleichen Parteien das Mietverhältnis fortsetzen (Erw. 2). Art. 34 BMM . Wird in einer am 23. März 1972 vereinbarten "Ergänzung" der auf Grund eines bisher bestehenden Vertrages entrichtete Mietzins ab 1. Januar 1968 erhöht, so liegt eine Forderung des Vermieters vor, die nach der erwähnten Vorschrift ihre Wirkung nach dem 5. März 1972 äussert und daher der Missbrauchsgesetzgebung unterliegt (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 99 II 297 S. 298 A.- Gemäss Vertrag vom 9. Januar 1958 ist die Beklagte, die Mergell AG, Mieterin eines Lokals und eines Vorplatzes in der Liegenschaft Rathausstrasse 9a in Baar, die der Klägerin, Frau Ida Ulrich-Kirchhofer, gehört. Die Beklagte betreibt dort ein Lager- und Kühlhaus. Ab 1. August 1967 betrug der Mietzins jährlich Fr. 4400.--. Der Mietvertrag war für die Dauer von 15 Jahren (gerechnet seit 1. August 1957) fest abgeschlossen und konnte erst auf den 31. Juli 1972 gekündigt werden. Diese Kündigung erfolgte mit Schreiben der Klägerin vom 14. Juli 1971. Die Parteien verhandelten über die Fortsetzung des Mietvertrages. Am 10. Januar 1972 schlug die Kläger in der Beklagten folgende "Ergänzung" des Mietvertrages vor: Pos 6: Der Mietvertrag wird ab 1. Januar 1968 bis zum 31. Dezember 1977 fest abgeschlossen und erneuert sich nach Ablauf jeweils um 3 (drei) Jahre, sofern nicht unter Beachtung einer zweijährigen Kündigungsfrist auf den Ablauf der Mietzeit gekündigt wird. Pos 7: Der Mietzins wird jeweils für ein Jahr (1. Januar bis 31. Dezember) festgesetzt und ist am 1. Mai jedes Jahr zahlbar. Er bemisst sich nach dem Landesindex der Konsumentenpreise und beträgt bei 100 Indexpunkten (Stand 1.9.66) Fr. 8000.-- p.a., somit für das Jahr 1968 Fr. 8440.--. (Index Dezember 1967 105,5 Punkte). Die bereits geleisteten Zahlungen gelten als à conto Zahlung, die Nachzahlung ist fällig am 1. März 1972. Die Beklagte sandte die von ihr unterzeichnete "Ergänzung" am 23. März 1972 der Klägerin. Im Begleitschreiben bemerkte sie, es sei ihr keine andere Wahl geblieben, da zur Zeit keine geeigneten Räume zur Verfügung ständen und sie ihre ca 400 Kühlfachmieter nicht im Stiche lassen könne. BGE 99 II 297 S. 299 In der Folge sandte die Klägerin der Beklagten eine Aufstellung über den nach der neuen Vereinbarung bis 31. Dezember 1972 geschuldeten Mietzins. Danach betrug der Saldo zu ihren Gunsten Fr. 26 046.-- und war bis 1. Mai 1972 zu bezahlen. Die Beklagte leistete am 9. Juni 1972 eine Teilzahlung von Fr. 10 000.--. B.- Nachdem die Beklagte am 29. September 1972 die Mietzinserhöhung bei der Schlichtungsstelle des Kantons Zug angefochten hatte und keine Einigung zustande gekommen war, bezeichnete diese Amtsstelle am 18. Dezember 1972 den bisher bezahlten Mietzins als massgebend und setzte der Klägerin zur allfälligen Klageeinreichung eine Frist von 30 Tagen an. Am 17. Januar 1973 klagte die Klägerin beim Kantonsgerichtspräsidium von Zug auf Feststellung, dass die Mietzinserhöhung gemäss Vereinbarung der Parteien vom lo. Januar 1972 der Anfechtung gemäss BB über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen vom 30. Juni 1972 nicht unterliege; eventuell, dass die Mietzinserhöhung nicht missbräuchlich sei. Das Kantonsgerichtspräsidium hiess das Hauptrechtsbegehren der Klägerin gut. Die Beschwerde der Beklagten gegen diesen Entscheid wurde am 28. Mai 1973 von der Justizkommission des Kantons Zug abgewiesen. C.- Die Beklagte beantragt mit der Berufung an das Bundesgericht, den vorinstanzlichen Entscheid aufzuheben und die Klage abzuweisen. Für den Fall, dass auf die Berufung nicht eingetreten werden könnte, reichte die Beklagte ausserdem eine staatsrechtliche Beschwerde ein. D.- Die Klägerin beantragt die Abweisung der Berufung, eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid ist ein Endentscheid über eine vermögensrechtliche Zivilstreitigkeit. Der Streitwert übersteigt Fr. 15 000.--. Die Beklagte rügt eine Verletzung von Bundesrecht. Auf die Berufung kann somit gemäss Art. 43, 46 und 48 OG eingetreten werden. Müsste sie abgewiesen werden, dann könnte auf die staatsrechtliche Beschwerde gemäss Art. 84 Abs. 2 OG wegen Unzulässigkeit nicht eingetreten werden. Die Berufung kann deshalb entgegen der Regel des Art. 57 Abs. 5 OG vorweg behandelt werden. BGE 99 II 297 S. 300 2. Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, bei der "Ergänzung" des Mietvertrages vom 23. März 1973 habe es sich um einen neuen Vertrag gehandelt, der an sich nach Art. 17 des BB vom 30. Juni 1972 über Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen (BMM) zu beurteilen wäre. Da jedoch diese Bestimmung nur für die Miete von Wohnungen, nicht aber von Geschäftsräumen gilt, stehe der Beklagten überhaupt keine Anfechtungsmöglichkeit zu. Das trifft nicht zu. Die Parteien des Mietvertrages vom 9. Januar 1958 haben im Jahre 1972 nicht gewechselt. Demzufolge handelt es sich nicht um eine erstmalige Vermietung oder um eine Wiedervermietung im Sinne des Art. 17 BMM . Wiedervermietung insbesondere liegt nur vor, wenn der Vertrag mit einem neuen Mieter abgeschlossen wird (RAISSIG, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, Zürich 1972, S. 37). Im vorliegenden Fall setzten die Parteien das bisherige Mietverhältnis fort, freilich mit zum Teil abweichenden Vertragsbestimmungen. Es spielt deshalb keine Rolle, dass sich Art. 17 nur auf Wohnungsmiete, nicht aber auf Geschäftsmiete bezieht. Diese Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art. 2 Abs. 1 BMM wurde bei der Beratung in den Räten auf Antrag des Bundesrates (Botsch. vom 24. April 1972, BBl 1972 S. 1243) beschlossen, weil ein Geschäftsmann in der Lage sei, von Anfang an zu beurteilen, ob der Mietzins für ihn tragbar ist oder nicht (StenBull NR 1972 S. 1138/9), und dass man ihm deshalb nicht zubilligen könne, den abgeschlossenen Vertrag nachträglich wegen missbräuchlichen Mietzinses anzufechten. 3. Der vorliegende Sachverhalt fällt daher an sich überhaupt nicht unter Art. 17, sondern unter Art. 18 BMM . Diese Vorschrift ist gemäss Art. 2 Abs. 1 BMM auch auf Mietverhältnisse für Geschäftsräume anzuwenden. Fraglich kann nur der zeitliche Geltungsbereich dieser Bestimmung sein. Gemäss Art. 34 Abs. 1 BMM finden dessen Vorschriften über die Anfechtung auf Forderungen des Vermieters Anwendung, die ihre Wirkungen nach dem 5. März 1972 äussern oder in der Zeit zwischen diesem Zeitpunkt und dem Inkrafttreten des BMM (7. Juli 1972) gestellt worden sind. Gemäss Art. 34 Abs. 2 BMM beträgt die Anfechtungsfrist drei Monate vom Zeitpunkt des Inkrafttretens des BMM an. Sie wurde von der Beklagten eingehalten. BGE 99 II 297 S. 301 Die Vorinstanz hat verneint, dass Art. 34 Abs. 1 BMM auf den vorliegenden Sachverhalt anzuwenden sei, weil die Parteien zu einer Zeit, als der BMM noch nicht galt, die Erhöhung des Mietzinses rückwirkend ab 1. Januar 1968 vereinbart haben. Damit sei die Mietzinsforderung der Klägerin für einen weit vor dem 5. März 1972 liegenden Zeitpunkt wirksam geworden. Gegenteilig entscheiden hiesse, Mietzinserhöhungen, "die irgend einmal vor Jahren begründet wurden und heute noch gelten, gestützt auf Art. 34 des erwähnten Bundesbeschlusses" anfechtbar zu erklären. Auch dieser Standpunkt trifft nicht zu. Die Mietzinserhöhung wurde nicht, wie die Vorinstanz meint, Jahre vor dem Inkrafttreten des BMM, sondern am 23. März 1972 vereinbart. Gemäss Art. 10 Abs. 1 OR beginnen nämlich die Wirkungen eines unter Abwesenden geschlossenen Vertrages mit dem Zeitpunkt, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde. Dabei handelt es sich um die sog. Gestaltungswirkung, welche die Forderung entstehen lässt (SCHÖNENBERGER/JÄGGI, Art. 10 OR N 4-6). Von einer Rückwirkung im Rechtssinne kann keine Rede sein. Eine solche kann nur vom Gesetz angeordnet werden, das in solchen Fällen die Fiktion aufstellt, der Tatbestand eines Rechtsgeschäfts habe schon anfänglich vorgelegen, obwohl er erst später eintrat (wie z.B. die Rückbeziehung des Vertragsschlusses auf den Zeitpunkt der Absendung der Annahme gemäss Art. 10 OR ; die Verrechnung von Forderungen im Zeitpunkt, als sie einander verrechenbar gegenüberstanden, gemäss Art. 124 Abs. 2 OR und dgl.). Ein Vertrag dagegen, der, wie hier, laufend beidseits erfüllt wurde, kann nicht durch Parteivereinbarung "rückwirkend" geändert werden. Was die Parteien in solchen Fällen einzig tun können, ist ein der Rückwirkung ähnliches Recht auf obligatorischem Wege herzustellen und sich zu verpflichten, "das zu leisten, was sie haben würden, wenn der von ihnen gewünschte Rechtszustand schon in einem frühern Zeitpunkt bestanden hätte" (so VON TUHR/SIEGWART § 20 VII S. 142/4). Genau das hat die Klägerin von der Beklagten erlangt, soweit es sich um die Erhöhung des Zinses handelt, der vor dem 23. März 1972 geschuldet war. Insoweit handelte es sich um nichts anderes als um die Vereinbarung einer Nachzahlungsverpflichtung der Beklagten, also um einen einseitigen Schuldvertrag, dessen Wirkungen am 23. März 1972 und nicht, wie die BGE 99 II 297 S. 302 Vorinstanz annimmt, am 1. Januar 1968, begannen. Soweit die Vereinbarung den künftigen Mietzins betrifft, handelt es sich dagegen um eine Abänderung des Mietvertrages für die Zukunft, d.h. ab 23. März 1972. Es erweist sich somit, dass die Rückwirkungsbestimmung des Art. 34 Abs. 1 BMM auf den vorliegenden Fall anzuwenden ist, da die Forderungen der Klägerin ihre Wirkungen nach dem 5. März 1972 entfaltet haben. Damit hat durchaus nichts zu tun, dass die Beklagte vor dem Inkrafttreten des BMM das Verfahren des Art. 18 BMM nicht einleiten konnte und dass die Klägerin gezwungen war, den Vertrag vorerst zu kündigen, wenn sie andere Vertragsbedingungen erzwingen wollte, während nach den neuen Vorschriften bei ungekündigtem Verhältnis verhandelt werden muss. 4. Die Berufung der Beklagten erweist sich somit als begründet. In der Sache selber kann jedoch das Bundesgericht nicht entscheiden, da zu wenig tatbeständliche Unterlagen vorliegen, um zu beurteilen, ob und allenfalls inwieweit alle Forderungen der Klägerin missbräuchlich sind oder nicht. Die Sache ist deshalb gemäss Art. 64 Abs. 1 OG zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Forderungen der Klägerin auf Nachzahlung eines Mehrbetrages an Mietzins vom 1. Januar 1968 bis 23. März 1972 und die Erhöhung des Mietzinses vom 24. März bis 31. Juli 1972 sind unter dem Gesichtspunkt der Art. 16 und 20 BMM zu würdigen. Gemäss Art. 16 BMM sind andere Forderungen des Vermieters (als Mietzinsansprüche), beispielsweise die Übernahme der Wohnung oder des Geschäftsraumes durch den Mieter zu Eigentum, der Kauf von Aktien, Kopplungsgeschäfte, wie der Abschluss eines Versicherungsvertrages, oder dergleichen, missbräuchlich, wenn sie mit dem Mietverhältnis in keinem direkten Zusammenhang stehen und in Ausnützung der Wohnungsnot gestellt werden. Die Voraussetzungen dieses Artikels liegen hier vor, so dass die Vorinstanz im Verfahren nach Art. 29 BMM diese Forderungen als missbräuchlich zu erklären haben wird. Sie stehen mit dem Mietverhältnis in keinem direkten Zusammenhang; ein solcher besteht nur für eine allfällige Mietzinserhöhung ab 1. August 1972; denn vorher konnte sich die Beklagte auf den bestehenden, fest abgeschlossenen Mietvertrag berufen. Die Klägerin hat die bestehende Wohnungsnot ausgenützt, um sich über ihre vertraglichen Rechte hinaus Vorteile zu sichern. BGE 99 II 297 S. 303 Daran ändert nichts, dass die im Gesetz angeführten Beispiele nicht auf den vorliegenden Sachverhalt passen. Der Gesetzgeber hatte offenbar nicht an solche Methoden der Vermieter gedacht. Wesentlich ist Sinn und Zweck der Missbrauchsgesetzgebung, die in Art. 1 BMM zum Ausdruck kommen. Hinsichtlich der Mietzinserhöhung ab 1. August 1972 wird die Vorinstanz zu entscheiden haben, ob und in welchem Masse sie allenfalls missbräuchlich ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, der Entscheid der Justizkommission des Kantons Zug vom 28. Mai 1973 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
public_law
nan
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1,973
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
8530783d-6c91-48aa-bd61-5926bc21448c
Urteilskopf 116 V 101 18. Auszug aus dem Urteil vom 28. Mai 1990 i.S. I. gegen Direktion der Fürsorge des Kantons Zürich und Kantonale Rekurskommission für die Zusatzleistungen zur AHV/IV, Zürich
Regeste Art. 7 Abs. 2 ELG : Kantonale Rechtspflege. Im Bereich der Ergänzungsleistungen ist ein zweifacher kantonaler Instanzenzug bundesrechtlich nicht unzulässig.
Erwägungen ab Seite 101 BGE 116 V 101 S. 101 Aus den Erwägungen: 2. Vorliegend stellt sich die - in BGE 110 V 56 Erw. 3 in fine aufgeworfene - Frage, ob in einer ergänzungsleistungsrechtlichen Streitsache nur eine einzige kantonale Beschwerdeinstanz zu entscheiden hat oder ob ein zweifacher innerkantonaler Instanzenzug, wie ihn das zürcherische Recht kennt, zulässig ist... a) Nach Art. 7 ELG kann gegen Verfügungen über Ergänzungsleistungen Beschwerde geführt werden (Abs. 1). Die Kantone bestimmen eine von der Verwaltung unabhängige Rekursbehörde und ordnen das Verfahren. Art. 85 AHVG ist sinngemäss anwendbar (Abs. 2). In Art. 85 AHVG wird die Regelung des Rekursverfahrens grundsätzlich - unter Vorbehalt gewisser vereinheitlichender Richtlinien gemäss lit. a-h dieser Bestimmung - den Kantonen anheimgestellt. Im Rahmen der erwähnten Vorschrift des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 ELG hat der Kanton Zürich ein zweistufiges Rechtsmittelverfahren geschaffen: Gegen die Verfügungen der Gemeindestellen kann binnen 20 Tagen, von der schriftlichen Mitteilung an, Einsprache BGE 116 V 101 S. 102 an den zuständigen Bezirksrat und gegen dessen Entscheide binnen 20 Tagen, von der Mitteilung an, Rekurs an die kantonale Rekurskommission erhoben werden (§ 30 des kantonalen Gesetzes über die Zusatzleistungen zur eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung vom 7. Februar 1971). Laut § 32 des zitierten Gesetzes finden auf das Einsprache- und Rekursverfahren die in Art. 85 AHVG enthaltenen Verfahrensgrundsätze entsprechende Anwendung (Abs. 1); die Einsprache sowie der Rekurs sind schriftlich der Stelle einzureichen, die den Fall zuletzt behandelt hat; diese legt Einsprachen oder Rekurse binnen einer Frist von 20 Tagen samt den Akten und einer Vernehmlassung der zuständigen Rechtsmittelinstanz zur Beurteilung vor (Abs. 2). Die von den Kantonen im Rahmen von Art. 7 Abs. 2 ELG erlassenen Bestimmungen bedürfen der Genehmigung durch den Bundesrat bzw. das Eidgenössische Departement des Innern ( Art. 15 Abs. 1 ELG in Verbindung mit Art. 57 Abs. 1 ELV ). Diese Genehmigung hat indessen keine konstitutive und für den Richter verbindliche Bedeutung, d.h. sie schliesst es nicht aus, dass der Richter im Streitfall eine bestimmte kantonale Norm als bundesrechtswidrig erklärt. Insoweit hat die vom Eidg. Versicherungsgericht im Rahmen von Art. 4 KUVG und Art. 3 Vo V zum KUVG (dazu BGE 115 V 385 Erw. 4; RKUV 1985 Nr. K 619 S. 67 Erw. 2 mit Hinweisen) befolgte Praxis auch im Bereiche von Art. 15 ELG Gültigkeit. b) In ihren Vernehmlassungen halten die Beschwerdeführer und die Direktion der Fürsorge namentlich dafür, die vom Eidg. Versicherungsgericht in BGE 110 V 56 Erw. 3 in fine offengelassene Frage nach der Zulässigkeit eines zweifachen kantonalen Instanzenzuges auf dem Gebiet der Ergänzungsleistungen, wie ihn u.a. der Kanton Zürich kenne, sei in bejahendem Sinne zu beantworten: Das zürcherische Verfahrensrecht kenne seit jeher ein zweistufiges Rechtsmittelverfahren im hier fraglichen Bereich. Auch anlässlich der Vorbereitungsarbeiten zum ELG sei dabei verschiedentlich zum Ausdruck gekommen, dass auf kantonale Besonderheiten Rücksicht genommen und die Regelung der organisatorischen Fragen den Kantonen belassen werden sollte. Die seit langem bestehende Ordnung des Kantons Zürich ermögliche sachgerechte und rasche Entscheide und habe sich in der Praxis bewährt. - Ergänzend halten die Beschwerdeführer noch die aus den Materialien hervorgehende Absicht des Gesetzgebers über die Einstufigkeit des kantonalen Verfahrens für nicht so klar wie in BGE 116 V 101 S. 103 BGE 110 V 59 f. dargestellt, während die Fürsorgedirektion sich zusätzlich auf die Genehmigung der aufgrund von Art. 7 Abs. 2 ELG erlassenen zürcherischen Ordnung durch das Eidgenössische Departement des Innern beruft. Die Rekurskommission ist im wesentlichen der gleichen Auffassung wie die Fürsorgedirektion und vertritt sodann insbesondere die Meinung, dass es sich beim Bezirksrat gar nicht um eine "von der Verwaltung unabhängige Rekursbehörde" im Sinne von Art. 7 Abs. 2 ELG , sondern um eine Verwaltungsbehörde handle. Insofern stelle sich das Problem der Zulässigkeit eines zweifachen gerichtlichen Instanzenzuges im Kanton Zürich nicht. Das Bundesamt für Sozialversicherung, welches seinerseits an die Ausführungen der Rekurskommission anknüpft, qualifiziert den Bezirksrat als Rechtspflege- und nicht als Verwaltungsorgan. Das Amt hält dieses Bestehen von zwei kantonalen Rekursinstanzen mit der aus den Materialien zum ELG sich ergebenden Absicht des Gesetzgebers nicht für vereinbar, weshalb es die Zuständigkeit des Bezirksrates verneint. Im übrigen erachtet es das Bundesamt als fraglich, ob die Genehmigung des Eidgenössischen Departements des Innern heute noch erteilt würde. c) Bei der Auslegung des Gesetzes ist von Bedeutung, dass der Wortlaut des Art. 7 Abs. 2 Satz 1 ELG - mit einer identischen Formulierung wie Art. 85 Abs. 1 Satz 1 AHVG ( BGE 110 V 58 Erw. 3b am Anfang) - nicht eindeutig ist. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 110 V 59 Erw. 3b festgestellt hat, lässt der Text dieser Bestimmungen namentlich nicht erkennen, ob den Kantonen die Schaffung einer einzigen Rekursbehörde zwingend vorgeschrieben oder ob ihnen die Möglichkeit belassen ist, ein mehrstufiges Rekursverfahren (mit mehreren Spruchbehörden) einzuführen. Aufgrund einer wörtlichen Auslegung der genannten Vorschriften erscheint daher ein zweistufiger innerkantonaler Instanzenzug nicht als ausgeschlossen. Zwar hat das Eidg. Versicherungsgericht im zitierten BGE 110 V 59 f. Erw. 3b anhand der - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer durchaus klaren - Materialien (BBl 1946 II 514ff. und 553, 1958 II 1216; vgl. auch 1964 II 707) hinsichtlich des AHV/IV-Rechts und des bundesrechtlichen Grundsatzes der Parteientschädigungspflicht eine zweite kantonale Beschwerdeinstanz als unzulässig bezeichnet. Mit Bezug auf die hier zu beurteilende Frage der Zulässigkeit eines zweifachen innerkantonalen Instanzenzuges im Bereiche der Ergänzungsleistungen kann den Materialien jedoch nicht dieselbe BGE 116 V 101 S. 104 Bedeutung zuerkannt werden wie im genannten Urteil. Abgesehen davon, dass es sich beim dortigen Problem hinsichtlich der Parteientschädigung im wesentlichen um einen Einzelfall handelte, dessen Entscheidung bis dahin - soweit ersichtlich - nie zur Diskussion stand, geht es im vorliegenden Zusammenhang um eine während Jahrzehnten geübte und unwidersprochen gebliebene Praxis (vgl. auch z.B. BGE 108 V 111 sowie ZAK 1989 S. 280 und S. 408) in einer Vielzahl von Fällen bezüglich Ergänzungsleistungen. Bei der Gesetzesauslegung schlägt darum im vorliegenden Zusammenhang die Berücksichtigung des historischen Elements und mithin der aus den Materialien sich ergebenden Absicht des Gesetzgebers (BBl 1964 II 695 und 707) nicht durch (MEIER-HAYOZ, N. 218 zu Art. 1 ZGB ). Vielmehr ist unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit der seit langem befolgten Praxis im Sinne der zürcherischen Lösung zu Art. 7 Abs. 2 Satz 1 ELG gegenüber der aus den Materialien hervorgehenden Einstufigkeit des kantonalen Rekursverfahrens der Vorzug zu geben (MEIER-HAYOZ, N. 334 zu Art. 1 ZGB mit zahlreichen Hinweisen; vgl. auch GERMANN, Methodische Grundfragen, S. 40 und 58; ders., Probleme und Methoden der Rechtsfindung, 2. Aufl., 1967, S. 66 ff.; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., 1986, Nr. 20 ff., S. 127 ff.; RIEMER, Einleitungsartikel, § 4, N. 25 ff., insbesondere N. 46 ff.). Bei Annahme einer Bundesrechtswidrigkeit der zürcherischen Regelung könnten sich unabsehbare Folgen ergeben, indem die Durchführungsstellen im Hinblick auf allfällige auch in anderen Verfahren erhobene Rücknahme-, Wiederaufnahme- oder Wiedererwägungsbegehren sich vor praktisch kaum lösbare Schwierigkeiten gestellt sähen. Zudem ist nicht ersichtlich, inwiefern der zweistufige innerkantonale Instanzenzug vorliegend - im Gegensatz zu der in BGE BGE 110 V 56 Erw. 3 und 60 Erw. 4 behandelten Zulässigkeit eines mehrstufigen Rekursverfahrens mit gleichzeitiger Gabelung des Rechtsweges - die Anwendung des materiellen Bundessozialversicherungsrechts wesentlich erschweren oder gar die Rechte der Versicherten schmälern könnte. Der in BGE 108 V 111 hinsichtlich Parteientschädigung an einen Beschwerdegegner beurteilte Fall belegt vielmehr, dass bei einer sachgerechten Auslegung und Anwendung der Verfahrensgrundsätze nach Art. 85 Abs. 2 lit. a-h AHVG den Eigenheiten des doppelten zürcherischen Instanzenzuges durchaus in genügendem Masse Rechnung getragen werden kann. BGE 116 V 101 S. 105 Bei diesen Gegebenheiten braucht auf die in den Vernehmlassungen der Fürsorgedirektion sowie der Rekurskommission und des Bundesamtes erwähnte - im vorliegenden Zusammenhang ohnehin nicht entscheidende (vgl. Erw. 2a hievor in fine) - Genehmigung der fraglichen Bestimmungen durch das Eidgenössische Departement des Innern ebensowenig näher eingegangen zu werden wie auf das von Rekurskommission und Bundesamt erörterte Problem der Qualifikation des Bezirksrates als Verwaltungs- oder Rechtspflegeorgan. Demnach muss es bei der Feststellung sein Bewenden haben, dass der zweifache kantonale Instanzenzug, wie er im zürcherischen Verfahrensrecht aufgrund von Art. 7 Abs. 2 Satz 1 ELG vorgesehen ist, bundesrechtlich nicht als unzulässig bezeichnet werden kann. In diesem Sinne ist die in BGE 110 V 60 Erw. 3b in fine offengelassene Frage zu beantworten.
null
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
85314836-50c8-4d48-a385-7ecb3b3e740c
Urteilskopf 140 III 159 26. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_29/2014 vom 7. Mai 2014
Regeste Richterliches Ermessen bei der Verfahrensleitung; Zeitpunkt der Ansetzung einer Frist zur Klageantwort; unnötige Kosten. Ist das Gericht gehalten, mit der Zustellung der Klage an die Gegenpartei und der Ansetzung einer Frist zur Klageantwort zuzuwarten, bis der Kostenvorschuss bezahlt ist, um dem Kläger allenfalls unnötige Kosten (Parteientschädigung) zu ersparen? Frage namentlich unter Berücksichtigung der Bestimmungen von Art. 59 Abs. 2 lit. f und Art. 60 ZPO sowie von Art. 65, 98, 101 Abs. 2 und Art. 124 Abs. 1 ZPO verneint (E. 2 und 4).
Sachverhalt ab Seite 159 BGE 140 III 159 S. 159 A. Am 18. Juni 2013 reichte A. (Kläger; Beschwerdeführer) beim Kantonsgericht von Graubünden gegen die B. AG (Beklagte; Beschwerdegegnerin) eine Klage wegen Urheberrechtsverletzung und unlauterem Wettbewerb ein. Mit Verfügungen vom 20. Juni 2013 setzte der Vorsitzende der II. Zivilkammer des Kantonsgerichts dem Kläger Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses und der Beklagten zur Klageantwort. In der Folge wurde das Verfahren mit Blick auf Vergleichsgespräche sistiert, womit sowohl die Frist zur Leistung des BGE 140 III 159 S. 160 Kostenvorschusses als auch zur Klageantwort entfiel. Am 7. Oktober 2013 teilte der Vertreter der Beklagten dem Gericht das Scheitern der Vergleichsverhandlungen mit. Mit Verfügungen vom 9. Oktober 2013 hob der Vorsitzende der II. Zivilkammer die Verfahrenssistierung auf, forderte den Kläger zur Leistung eines Kostenvorschusses auf und setzte der Beklagten Frist von 30 Tagen zur Einreichung der schriftlichen Klageantwort. Mit Verfügung vom 4. November 2013 wurde dem Kläger eine Nachfrist bis 11. November 2013 zur Bezahlung des Kostenvorschusses gesetzt. Der Kläger leistete den Kostenvorschuss auch innert der Nachfrist nicht. Die Beklagte reichte dem Gericht am 15. November 2013 den Entwurf der Klageantwort und eine Honorarnote ein. Mit Entscheid vom 20. November 2013 trat das Kantonsgericht auf die Klage nicht ein. Es auferlegte dem Kläger die ordentlichen Kosten von Fr. 1'000.- sowie eine Parteientschädigung von Fr. 6'587.30 für die Aufwendungen des beklagtischen Rechtsvertreters für den Entwurf der Klageantwort. B. Der Beschwerdeführer beantragt dem Bundesgericht mit Beschwerde in Zivilsachen, der Kostenentscheid des Beschlusses des Kantonsgerichts vom 20. November 2013 sei betreffend die Parteientschädigung vollumfänglich aufzuheben. Es sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer keine Parteientschädigung zu leisten habe. Eventualiter sei die Vorinstanz zu verpflichten, für die Parteientschädigung aufzukommen. Subeventualiter sei die Prozessentschädigung nach Ermessen des Gerichts herabzusetzen. Subsubeventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer moniert, dass die Vorinstanz die Klage der Beschwerdegegnerin umgehend zur Antwort zugestellt hat, anstatt zu warten, bis der Kostenvorschuss eingegangen, mithin die Prozessvoraussetzung nach Art. 59 Abs. 2 lit. f ZPO erfüllt sei. Durch diesen Verfahrensfehler habe sie unnötige Parteikosten verursacht, die sie nach Art. 108 ZPO selber zu tragen habe und nicht dem Beschwerdeführer hätte auferlegen dürfen. Verletzt seien der Art. 59 Abs. 2 lit. f sowie die Art. 98, 105, 108 und 222 ZPO. BGE 140 III 159 S. 161 Zudem habe die Vorinstanz mit ihrem Vorgehen die Dispositionsmaxime ( Art. 58 ZPO ) missachtet, da die Beschwerdegegnerin keinen Antrag auf Ausrichtung einer Parteientschädigung gestellt habe. Schliesslich habe die Vorinstanz auch den Gehörsanspruch ( Art. 29 Abs. 2 BV ) verletzt, indem sie dem Beschwerdeführer den Entwurf der Klageantwort und die Honorarnote, welche die Beschwerdegegnerin am 15. November 2013 dem Gericht eingereicht habe, nicht zur Kenntnisnahme zugestellt habe, damit er dazu hätte Stellung nehmen können. 3. (Gutheissung der Beschwerde wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs, Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit darin der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu Lasten des Beschwerdeführers zugesprochen wurde, und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Gewährung des rechtlichen Gehörs und zur neuen Entscheidung im Sinne der Erwägungen.) 4. Aus prozessökonomischen Gründen rechtfertigt es sich dennoch, dass sich das Bundesgericht vorliegend zur Frage äussert, ob die Vorinstanz Bestimmungen der ZPO verletzte, indem sie der Beschwerdegegnerin die Klage bereits vor Bezahlung des Kostenvorschusses zur Beantwortung zustellte und ihr nach der Nichtleistung des Kostenvorschusses mit Nichteintretensfolge eine Parteientschädigung zu Lasten des Beschwerdeführers zusprach. Die Parteien konnten sich zu dieser Frage im bundesgerichtlichen Verfahren eingehend - auch unter Berücksichtigung der Eingaben der Beschwerdegegnerin vom 15. November 2013 - äussern und es stellen sich einzig Rechtsfragen, die das Bundesgericht im Verfahren der Beschwerde in Zivilsachen mit voller Kognition beurteilen kann ( Art. 95 und Art. 106 Abs. 1 BGG ). 4.1 Gemäss Art. 220 ZPO wird das ordentliche Verfahren mit Einreichung der schriftlichen Klage eingeleitet. Das Gericht kann von der klagenden Partei einen Vorschuss bis zur Höhe der mutmasslichen Gerichtskosten verlangen ( Art. 98 ZPO ). Nach Eingang der Klage setzt das Gericht Frist zur Leistung des Vorschusses (und allenfalls der Sicherheit) ( Art. 101 Abs. 1 ZPO ). Wird der Vorschuss auch nicht innert einer Nachfrist geleistet, so tritt das Gericht auf die Klage nicht ein ( Art. 101 Abs. 3 ZPO ). Die fristgerechte Leistung des Kostenvorschusses bildet eine Prozessvoraussetzung ( Art. 59 Abs. 2 lit. f ZPO ), die von Amtes wegen zu prüfen ist ( Art. 60 ZPO ). BGE 140 III 159 S. 162 Das Gericht stellt die Klage der beklagten Partei zu und setzt ihr gleichzeitig eine Frist zur schriftlichen Klageantwort ( Art. 222 Abs. 1 ZPO ). Verschiedene Autoren vertreten die Auffassung, dass dies erst nach dem fristgerechten Eingang des Kostenvorschusses erfolgen soll. Da bei nicht rechtzeitiger Leistung des Kostenvorschusses auf die Klage nicht eingetreten wird, soll das Gericht nach dieser Auffassung die Klage der beklagten Partei erst dann zur Antwort zustellen bzw. dieser Frist zur schriftlichen Klageantwort ansetzen, wenn der Kostenvorschuss fristgerecht geleistet wurde. Begründet wird dies damit, dass der beklagten Partei unnötige Parteikosten erwachsen könnten, wenn sie bereits eine Klageantwort ausarbeiten würde, dann aber wegen Nichtleistung des Kostenvorschusses auf die Klage nicht eingetreten würde (LEUENBERGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 222 ZPO ; KILLIAS, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 3 zu Art. 222 ZPO ; WILLISEGGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 25 zu Art. 220 ZPO ; RÜEGG, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 101 ZPO ; HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2009, S. 138 und 143; LEUENBERGER/UFFER-TOBLER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2010, S. 318 Rz. 11.75; s. auch TAPPY, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 5 zu Art. 222 ZPO ). 4.2 Das Gesetz präzisiert allerdings nicht, in welchem Zeitpunkt die Klage der Gegenpartei zugestellt und ihr Frist zu deren Beantwortung angesetzt werden soll. Nach Art. 124 Abs. 1 ZPO leitet das Gericht den Prozess und erlässt die notwendigen prozessleitenden Verfügungen zur zügigen Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens. Die Art der Verfahrensleitung liegt weitgehend im Ermessen des Gerichts, aber es wird immerhin gesetzlich vorgeschrieben, dass sie "zügig" (franz. "rapide", ital. "speditamente") zu erfolgen hat (vgl. FREI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 5 zu Art. 124 ZPO ; GSCHWEND/BORNATICO, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 3 zu Art. 124 ZPO ; STAEHELIN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 124 ZPO ). Zur Verfahrensleitung gehört die Erhebung des Kostenvorschusses. Die Bestimmung von Art. 98 ZPO , die ausdrücklich als BGE 140 III 159 S. 163 Kann-Vorschrift konzipiert ist, schreibt die Vorschusspflicht nicht zwingend vor, sondern legt sie ins pflichtgemässe Ermessen des Gerichts, wobei die Erhebung des vollen Vorschusses die Regel und die Verfügung eines geringeren oder gar keines Kostenvorschusses die Ausnahme ist (RÜEGG, a.a.O., N. 2 zu Art. 98 ZPO ; SUTER/VON HOLZEN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 10 zu Art. 98 ZPO ; SCHMID, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 98ZPO; URWYLER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 8 zu Art. 98 ZPO ; KUSTER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Baker & Mc Kenzie[Hrsg.], 2010, N. 6 zu Art. 98 ZPO ). Das Gericht kann beispielsweise zur Verfahrensbeschleunigung im Einzelfall auf eine Vorschusserhebung verzichten. Wird dagegen ein Vorschuss erhoben, besteht keine bundesrechtliche Verpflichtung des Gerichts, mit der Fortsetzung des Verfahrens bzw. der Zustellung der Klage zur fristgebundenen Beantwortung bis nach Eingang des Kostenvorschusses zuzuwarten, sondern steht es im Ermessen des Gerichts zur Verfahrensbeschleunigung Frist zur Klageantwort anzusetzen, wobei es auch berücksichtigen darf, dass Fälle der Nichtbezahlung von Kostenvorschüssen - jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Parteien - relativ rar sind (TAPPY, a.a.O., N. 30 zu Art. 101 ZPO ; ders. , SZZP 2014 S. 121 ff., 123): 4.2.1 Eine bundesrechtliche Verpflichtung zum Zuwarten kann zunächst weder aus einer "logischen zeitlichen Abfolge" (s. TAPPY, a.a.O., N. 5 zu Art. 222 ZPO ) noch aus einer Verpflichtung des Gerichts hergeleitet werden, dem Kläger unnötige Kosten zu ersparen. Das Gericht ist nicht verpflichtet, darüber zu wachen, dass der Partei Kosten erspart werden, die sich wegen ihres eigenen Verhaltens in der Folge als unnütz erweisen könnten. Wer eine Klage einreicht, leitet damit ein gerichtliches Verfahren ein. Er muss wissen, dass er daraufhin in der Regel einen Kostenvorschuss leisten und allenfalls die Gegenpartei für deren Aufwendungen entschädigen muss. Dass mit der Ansetzung der Antwortfrist in der Regel - und damit eben nicht ausnahmslos - bis zur Leistung des Kostenvorschusses zugewartet wird, gehört zu der - dem Fall angemessenen - Verfahrensleitung, in die nicht ohne Not eingegriffen werden soll. Wird eine Antwortfrist angesetzt und ist sich der Kläger nicht darüber im Klaren, ob er den Kostenvorschuss leisten kann bzw. will, ist es an ihm, beim Gericht zu intervenieren und um Abnahme der BGE 140 III 159 S. 164 Frist zu ersuchen. Der Beschwerdeführer behauptet vorliegend zu Recht nicht, er sei über die Fristansetzung zur Klageantwort nicht informiert gewesen, ergibt sich doch aus den Beschwerdebeilagen, dass dies der Fall war, indem er vom Gericht mit einer Kopie der Fristansetzung bedient wurde. Wenn er keine Abnahme der Frist beantragte, hat er sich dies selber zuzuschreiben und kann er sich nicht darüber beklagen, die gerichtliche Verfahrensleitung hätte seine finanziellen Interessen nicht gewahrt. Noch viel weniger ist es Sache der beklagten Partei, zur Wahrung der Vermögensinteressen des Klägers gegen die Fristansetzung zur Antwort zu intervenieren, um keinen Aufwand betreiben zu müssen, der später allenfalls vom Kläger zu tragen sein könnte. 4.2.2 Die Zustellung der Klage bewirkt, dass deren Rückzug ohne Zustimmung der Gegenpartei grundsätzlich nicht mehr ohne materielle Rechtskraftwirkung möglich ist, mithin zum Verlust des eingeklagten Anspruchs führt (sog. Fortführungslast; Art. 65 ZPO ; SUTTER-SOMM/HEDIGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 13 f. zu Art. 65 ZPO ; BERTI, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 65 ZPO ; NAEGELI/RICHERS, in: ZPO, Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 1 zu Art. 222 ZPO ). Auch aus dieser Fortführungslast kann keine Verpflichtung des Gerichts abgeleitet werden, mit der Zustellung der Klage und der gleichzeitigen Fristansetzung zur Antwort gemäss Art. 222 Abs. 1 ZPO zuzuwarten, sondern den Klageeingang dem Beklagten bloss im Sinne von Art. 62 Abs. 2 ZPO anzuzeigen: Wird der Gerichtskostenvorschuss nicht bzw. nicht fristgerecht geleistet, tritt das Gericht auf die Klage nicht ein ( Art. 101 Abs. 3 ZPO ). Dieser Nichteintretensentscheid führt nicht zum Verlust des eingeklagten Anspruchs (ZÜRCHER, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], Sutter-Somm und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 29 zu Art. 60 ZPO ; SUTER/VON HOLZEN, a.a.O., N. 15 zu Art. 101 ZPO ; SCHMID, a.a.O., N. 6 zu Art. 101 ZPO ; ZINGG, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2012, N. 3 zu Art. 222 ZPO ; TAPPY, a.a.O., N. 33 zu Art. 101 ZPO ; vgl. auch SUTTER-SOMM/HEDIGER, a.a.O., N. 15 zu Art. 65 ZPO ). Angesichts des Umstands, dass es - wenn von Fällen der Bedürftigkeit abgesehen wird - im Belieben des Klägers steht, den verfügten Kostenvorschuss zu leisten oder nicht, könnte es sich immerhin fragen, ob die Nichtbezahlung des Kostenvorschusses als Klagerückzug zu BGE 140 III 159 S. 165 behandeln ist. Stellt das Gericht die Klage allerdings von sich aus vorab zur Antwort zu - und nur in diesem Fall stellt sich die Frage überhaupt -, rechtfertigt sich indessen eine Behandlung der Nichtleistung des Kostenvorschusses als Rückzug mit materieller Rechtskraftwirkung nicht. 4.2.3 Ein Verbot, das Verfahren fortzuführen, bevor der Kostenvorschuss geleistet ist, kann auch nicht aus Art. 101 Abs. 2 ZPO abgeleitet werden, der bestimmt, dass das Gericht vorsorgliche Massnahmen schon vor der Leistung der Sicherheit anordnen kann, woraus sich e contrario ergibt, dass das Verfahren im Übrigen bis zur Leistung der Sicherheit zu ruhen hat (s. dazu TAPPY, a.a.O., N. 26 zu Art. 101 ZPO ). Denn die Bestimmung bezieht sich - jedenfalls insoweit - ausdrücklich nur auf die Sicherheitsleistung für Parteikosten (s. im Übrigen: TAPPY, a.a.O., N. 29 zu Art. 101 ZPO ; URWYLER, a.a.O., N. 3 zu Art. 101 ZPO ). 4.2.4 Dass der geforderte Vorschuss und die Sicherheit für die Prozesskosten geleistet worden sind, ist eine Prozessvoraussetzung ( Art. 59 Abs. 2 lit. f ZPO ). Ob die Prozessvoraussetzungen erfüllt sind, prüft das Gericht von Amtes wegen ( Art. 60 ZPO ). Sie müssen - von gewissen Ausnahmen abgesehen - im Zeitpunkt der Fällung des Sachurteils gegeben sein (ZÜRCHER, a.a.O., N. 10 f. zu Art. 60 ZPO ; GEHRI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 9 zu Art. 60 ZPO ; BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 13 zu Art. 60 ZPO ). Steht endgültig fest, dass es an einer Prozessvoraussetzung fehlt, darf nicht zur Sache verhandelt werden und ergeht ein Nichteintretensentscheid (vgl. GEHRI, a.a.O., N. 2 zu Art. 60 ZPO ). Auch wenn daher die Prüfung hinsichtlich jeder Prozessvoraussetzung sobald als möglich und vor der materiellen Behandlung der Klage erfolgen soll (GEHRI, a.a.O., N. 4 ff. zu Art. 60 ZPO ; ZINGG, a.a.O., N. 33 zu Art. 60 ZPO ; ZÜRCHER, a.a.O., N. 13 zu Art. 60 ZPO ), besteht von wenigen Ausnahmen abgesehen (s. ZÜRCHER, a.a.O., N. 13 f. zu Art. 60 ZPO ) keine gesetzliche Regelung, wann sie stattzufinden hat (BOHNET, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 60 ZPO ; ZÜRCHER, a.a.O., N. 10 zu Art. 60 ZPO ). Es besteht damit auch keine zeitliche oder verfahrensmässige Vorgabe in Art. 60 ZPO , aus der abgeleitet werden könnte, das Verfahren dürfe nicht fortgesetzt werden, bis sämtliche in diesem Stadium bzw. nach einem Zuwarten abklärbaren Prozessvoraussetzungen vorliegen. Angesichts der Möglichkeit, einen Mangel zu verbessern, wäre eine solche Regel auch nicht praktikabel. BGE 140 III 159 S. 166 4.3 Nach dem Dargelegten besteht keine ausdrückliche Vorschrift, den Prozess bis zur Leistung des Vorschusses für die Gerichtskosten nicht weiterzuführen, und eine entsprechende Pflicht ergibt sich auch nicht aus den vom Beschwerdeführer angerufenen oder vorstehend berücksichtigten Bestimmungen der ZPO. Ein Zuwarten sollte zwar die Regel sein, aber das Vorgehen bildet Teil der Verfahrensleitung, die weitgehend - und auch in dieser Frage - ins Ermessen des Gerichts gestellt ist. Dass die Vorinstanz ihr Ermessen mit Bezug auf den vorliegenden Fall rechtsfehlerhaft ausgeübt hätte, macht der Beschwerdeführer nicht geltend und ist nicht ersichtlich. Der Vorinstanz ist in diesem Zusammenhang kein Verfahrensfehler und keine Bundesrechtsverletzung vorzuwerfen. Der Beschwerdeführer wurde mit einer Kopie der Fristansetzung zur Klageantwort bedient. Es wäre in der Folge an ihm gewesen, zu intervenieren, wenn er sich nicht darüber im Klaren war, ob er den Kostenvorschuss leisten konnte bzw. wollte. Wenn unnötige Kosten entstanden sind, hat er sich dies selber zuzuschreiben. Es besteht damit auch kein Grund für eine "angemessene Herabsetzung" der zugesprochenen Parteientschädigung. 4.4 Offensichtlich unbegründet ist schliesslich der Vorwurf des Beschwerdeführers an die Vorinstanz, mit der Zusprechung einer Parteientschädigung die Dispositionsmaxime ( Art. 58 Abs. 1 ZPO ) verletzt zu haben (vgl. dazu BGE 139 III 345 E. 4.3). Die Vorinstanz sah in der Einreichung des Entwurfs zu einer Klageantwort als Tätigkeitsnachweis und einer Honorarnote zu Recht einen zumindest impliziten (und sogar bezifferten) Antrag auf Zusprechung einer Parteientschädigung. Auch eine Verletzung der Vorschrift von Art. 105 Abs. 1 ZPO , in der kein bezifferter Antrag verlangt und nur festgehalten wird, dass die Partei eine Kostennote einreichen kann, fällt damit von vornherein ausser Betracht. Geradezu kühn ist die Behauptung, es sei nie ein prozessual korrekter Antrag auf Parteientschädigung gestellt worden, da die Vorinstanz am 12. November 2013, einen Tag nach Ablauf der Nachfrist zur Bezahlung des Gerichtskostenvorschusses, den Nichteintretensentscheid hätte fällen können und bis zu diesem Datum kein Antrag auf eine Parteientschädigung gestellt worden sei. Es ist verfehlt, wenn der Beschwerdeführer der Vorinstanz in diesem Zusammenhang vorwirft, die Beschwerdegegnerin über die Nichtbezahlung des Kostenvorschusses informiert zu haben, so dass diese am 15. November 2013 einen Entwurf der Klageantwort einreichen konnte. BGE 140 III 159 S. 167 Nachdem eine Frist zur Klageantwort angesetzt wurde, war bzw. wäre es (nach den Vorbringen der Beschwerdegegnerin erkundigte sie sich selber beim Gericht über den Eingang der Kostenvorschusszahlung) zur Wahrung des Gehörsanspruchs durchaus angebracht gewesen, dass die Vorinstanz der Beschwerdegegnerin Gelegenheit eingeräumt hätte, sich zu den Kostenfolgen des Prozesses zu äussern, bevor sie einen verfahrenserledigenden Entscheid fällte.
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
8531a406-2aae-477d-8f0d-b4ea60ecbeb0
Urteilskopf 114 IV 148 42. Urteil des Kassationshofes vom 15. Dezember 1988 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 91 Abs. 3 SVG . Vereitelung einer Blutprobe. 1. Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassen der Unfallmeldung mangels Vorsatz verneint, da der Fahrzeuglenker den Drittschaden - wenn auch aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit - nicht bemerkte und sich somit seiner Meldepflicht nicht bewusst war (E. 2b). 2. Vereitelung einer Blutprobe durch Nachtrunk mangels Vorsatz verneint, da der Nachtrunk im konkreten Fall nicht vernünftigerweise nur damit erklärt werden konnte, dass der Fahrzeuglenker die Anordnung einer Blutprobe als sehr wahrscheinlich erkannte und deren Zweck vereiteln wollte (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 149 BGE 114 IV 148 S. 149 A.- X. fuhr am 3. März 1986, um 19.20 Uhr, von Zürich herkommend, wo er nach eigenen Angaben um ca. 15.30 Uhr und um ca. 17.00 Uhr je eine Stange Bier getrunken hatte, mit seinem PW VW Passat durch die Alte Landstrasse in Rüschlikon in Richtung Thalwil. Das Fahrzeug geriet auf einem geraden und ebenen, mit Schnee bedeckten Streckenabschnitt ins Schleudern und prallte mit der Front gegen eine rund 80 cm hohe Schneemauer am rechtsseitigen Strassenrand. X. versuchte zunächst erfolglos, das Fahrzeug zurückzusetzen. Als ihm ein Anwohner und eine weitere Person zu Hilfe kommen wollten, drückte er den Sicherungsknopf der Wagentür auf der Fahrerseite hinunter, so dass diese von aussen nicht geöffnet werden konnte. Es gelang ihm wenig später, den Wagen zurückzusetzen. Er fuhr, ohne ausgestiegen zu sein und nachgeschaut zu haben, ob ein Schaden entstanden sei, nach Hause. Dort trank er nach eigenen Angaben in der Zeit zwischen 19.45 und 20.30 Uhr zunächst eine grosse Flasche Bier und dann zum Nachtessen fünf Gläser Rotwein. Infolge des Aufpralls BGE 114 IV 148 S. 150 waren der Lebhag, der sich hinter der Schneemauer befand, und der Eisenzaun hinter dem Lebhag beschädigt worden. Der Wagen wies Schäden am Kühlergitter und an der Stossstange sowie eine kleine Delle auf der Motorhaube auf. Um 20.30 Uhr traf die Polizei in der Wohnung des X. ein; der Anwohner, der X. hatte helfen wollen, hatte die Kontrollschildnummer notiert und die Polizei verständigt. Die Analyse der um 21.28 Uhr abgenommenen Blutprobe ergab unter Berücksichtigung des von X. angegebenen Nachtrunks eine Blutalkoholkonzentration von 0,78 Gew.-%o im massgebenden Zeitpunkt. B.- Der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Horgen sprach X. am 26. Februar 1987 von der Anschuldigung der Vereitelung einer Blutprobe frei. Er bestrafte ihn wegen Verletzung von Verkehrsregeln ( Art. 90 Ziff. 1 SVG in Verbindung mit Art. 31 Abs. 1 und 32 Abs. 1 SVG sowie Art. 4 Abs. 2 VRV ) und wegen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall (Art. 92 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 3 SVG ) mit einer Busse von Fr. 750.--. Die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich sprach X. am 2. Juli 1987 auf Berufung der Staatsanwaltschaft zusätzlich der Vereitelung einer Blutprobe ( Art. 91 Abs. 3 SVG ) schuldig und verurteilte ihn zu einer unbedingten Gefängnisstrafe von 45 Tagen sowie zu einer Busse von Fr. 300.--. C.- Der Verurteilte führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, die Sache sei zu seiner Freisprechung vom Vorwurf der Vereitelung einer Blutprobe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies die vom Verurteilten gegen den Entscheid des Zürcher Obergerichts erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde am 19. Juli 1988 ab, soweit es darauf eintrat. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft haben auf Vernehmlassungen verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Obergericht ist mit der 1. Instanz der Auffassung, dass der Unfall als solcher angesichts der winterlichen Verhältnisse nicht die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe begründete. Es bejaht dennoch die hohe Wahrscheinlichkeit dieser Massnahme und hält dazu fest, der Beschwerdeführer habe nach seinen Angaben im Verlauf des fraglichen Nachmittags zwei Stangen BGE 114 IV 148 S. 151 Bier getrunken und nach den Berechnungen des Gerichtlich- Medizinischen Instituts der Universität Zürich unter Berücksichtigung des geltend gemachten Nachtrunks einen Blutalkoholgehalt von mindestens 0,78 Gew.-%o aufgewiesen. Damit steht für das Obergericht "ausser Frage", dass der Beschwerdeführer "in der kritischen Zeit einen merklichen Mundalkoholgeruch aufgewiesen haben musste, welcher dem Polizeibeamten bei einer Einvernahme nicht verborgen geblieben wäre", so dass allein schon deshalb die Anordnung einer Blutprobe sehr wahrscheinlich war. Hinzu kommen nach den Ausführungen des Obergerichts die weiteren Tatsachen, dass der Beschwerdeführer den Sicherungsknopf der Wagentür hinunterdrückte, als ihm Drittpersonen bei seinen Bemühungen, den in der Schneemauer festgefahrenen Wagen wieder frei zu bekommen, behilflich sein wollten, dass er, nachdem ihm dies kurz darauf gelungen war, davonfuhr, ohne sich um den Schaden zu kümmern, und dass er zu Hause reichlich Alkohol konsumierte. Die Erklärungen des Beschwerdeführers zu den Beweggründen für dieses Verhalten, dass er nämlich die Strasse wegen der sich von beiden Seiten stauenden Fahrzeuge so schnell wie möglich habe freigeben wollen und dass er im Schreck ob des Unfalls in die Hosen gemacht habe, vermochten das Obergericht nicht zu überzeugen. Für die Vorinstanz liegt der Verdacht nahe, dass die "unkontrollierte, rein emotionale Reaktion" des Beschwerdeführers auf den angesichts der hochwinterlichen Strassenverhältnisse eher alltäglichen Schleuderunfall und die überstürzte Flucht aus Angst vor der drohenden Blutprobe und vor einer erneuten Verurteilung wegen Fahrens in angetrunkenem Zustand (nach seiner Verurteilung am 7. April 1983) erfolgten. Jedenfalls deuten nach der Meinung der Vorinstanz "alle diese äusseren Anzeichen (Mundgeruch, Verwirrungszustand, in die Hosen machen, Herunterdrücken der Sicherungsknöpfe, Unfallflucht, Nachtrunk) auf die Alkoholisierung des Fahrzeuglenkers hin, ... darf damit füglich angenommen werden, dass die Polizei mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte", und ist daher der objektive Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG erfüllt. Aus dem angefochtenen Entscheid geht nicht deutlich hervor, worin genau die Vorinstanz die Vereitelungshandlung erblickte, ob in der Unterlassung der Unfallmeldung und/oder im Nachtrunk. 2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erfüllt die Unterlassung der sofortigen Meldung eines Unfalls an die Polizei dann den objektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, BGE 114 IV 148 S. 152 wenn der Fahrzeugführer zur unverzüglichen Benachrichtigung der Polizei verpflichtet ( Art. 51 SVG ) und diese möglich war und wenn bei objektiver Betrachtung aller Umstände die Polizei bei Meldung des Unfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte. Zu diesen Umständen gehören der Unfall als solcher und das Verhalten des Fahrzeuglenkers vor und nach dem Unfall ( BGE 109 IV 137 ). Dabei kann allerdings nur das Verhalten des Fahrzeuglenkers bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Meldung des Unfalls spätestens hätte erfolgen müssen, bei der Beurteilung der Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe mitberücksichtigt werden (nicht publiziertes Urteil des Kassationshofes vom 14. Juli 1988 i.S. M. gegen Zürich, mit Hinweisen). Die Unterlassung der Unfallmeldung als solche fällt, soweit sie die Tathandlung ist, bei der Wahrscheinlichkeitsbeurteilung ebenso ausser Betracht wie die aus der Unterlassung bei Fehlen anderer plausibler Tatmotive allenfalls ableitbare Angst des Fahrzeuglenkers vor der Blutprobe; denn zu prüfen ist ja gerade, ob der Fahrzeugführer durch die Unterlassung der Unfallmeldung eine Blutprobe; die im Falle der pflichtgemässen Meldung des Unfalls sehr wahrscheinlich angeordnet worden wäre, vereitelt habe. a) Der Beschwerdeführer hatte nach seinen Aussagen, die im angefochtenen Urteil nicht in Zweifel gezogen werden, unmittelbar nach dem Unfall in die Hosen gemacht. Damit hatte er an sich einen plausiblen Grund, beim Herannahen der beiden Personen, die ihm behilflich sein wollten, den Sicherungsknopf der Fahrertür hinunterzudrücken und zur Vermeidung eines Kontakts mit Dritten möglichst rasch wegzufahren. Ob die Stresssituation, die nach den Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Defäkation führte, ihren Grund allein schon im Unfall bzw. in den Schwierigkeiten, den Wagen wieder frei zu bekommen, hatte oder ob sie durch die Alkoholisierung bzw. die Angst des Beschwerdeführers vor dem Ergebnis einer Blutprobe begründet wurde, wie die Vorinstanz offenbar annimmt, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Es kann auch offenbleiben, ob bei Meldung des Unfalls die Polizei wegen Alkoholgeruchs in der Atemluft des Beschwerdeführers mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Blutprobe angeordnet hätte. Indem der Beschwerdeführer die Unfallmeldung, die er spätestens sofort nach seiner Ankunft zu Hause hätte erstatten müssen, unterliess, erfüllte er aus nachstehenden Gründen jedenfalls den subjektiven BGE 114 IV 148 S. 153 Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG nicht. b) Der subjektive Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe durch Unterlassung der Unfallmeldung ist nach der Rechtsprechung erfüllt, wenn der Fahrzeuglenker die die Meldepflicht sowie die die hohe Wahrscheinlichkeit der Anordnung einer Blutprobe begründenden Tatsachen kannte und daher die Unterlassung der gesetzlich vorgeschriebenen und ohne weiteres möglichen Meldung vernünftigerweise nur als Inkaufnahme der Vereitelung der Blutprobe gewertet werden kann ( BGE 109 IV 137 ). Der Beschwerdeführer wurde lediglich wegen fahrlässigen pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall ( Art. 92 SVG ) verurteilt, wie sich aus dem vor Obergericht insoweit nicht angefochtenen Entscheid der 1. Instanz ergibt. Der Einzelrichter billigte dem Beschwerdeführer sinngemäss zu, dass er den durch den Aufprall verursachten Schaden am Lebhag und am Eisenzaun, die sich hinter der Schneemauer befanden, nicht wahrgenommen habe, und warf ihm vor, dass er diesen Schaden aber bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte erkennen können. Da der Beschwerdeführer somit die die Meldepflicht begründenden Umstände (Drittschaden) - wenn auch aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit - nicht kannte, kann die Unterlassung der Unfallmeldung nicht den subjektiven Tatbestand der Vereitelung einer Blutprobe, die ein Vorsatzdelikt ist, erfüllen. 3. Es bleibt zu prüfen, ob der Beschwerdeführer den Tatbestand von Art. 91 Abs. 3 SVG dadurch erfüllte, dass er nach seinen eigenen Angaben zu Hause in der Zeit zwischen 19.45 und 20.30 Uhr zunächst eine grosse Flasche (5,8 dl) Bier und dann zum Nachtessen fünf Gläser Rotwein trank. Ob durch diesen Nachtrunk der objektive Tatbestand der erwähnten Bestimmung erfüllt worden sei, kann dahingestellt bleiben, weil es vorliegend jedenfalls am subjektiven Tatbestand fehlt. Der Beschwerdeführer hatte nach den Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil - wenn auch aus pflichtwidriger Unaufmerksamkeit - den angerichteten Schaden nicht bemerkt. Er wusste somit nicht, dass er einen Schaden verursacht hatte, den er hätte melden müssen, dass er seine Meldepflicht verletzt hatte und die Polizei deswegen unter Umständen eine Blutprobe anordnen könnte. Wohl kann Vorsatz nicht nur dann gegeben sein, wenn der Fahrzeuglenker die die hohe Wahrscheinlichkeit der Blutprobe begründenden Tatsachen kannte, sondern auch dann, wenn er diese Umstände zwar nicht kannte, ihm aber eine Äusserung nachgewiesen BGE 114 IV 148 S. 154 werden kann, die belegt, dass er an das Risiko einer Blutprobe dachte (vgl. BGE 106 IV 398 , 109 IV 140 E. 2b). Eine solche Äusserung kann dem Beschwerdeführer jedoch nicht nachgewiesen werden. Der von ihm angegebene Konsum von einer grossen Flasche (5,8 dl) Bier und von fünf Gläsern Rotwein (zum Nachtessen) in der Zeit zwischen 19.45 und 20.30 Uhr mag zwar etwas auffällig sein, doch kann nicht gesagt werden, dieser Alkoholkonsum kurze Zeit nach dem Unfall lasse sich vernünftigerweise nur damit erklären, dass der Beschwerdeführer die Anordnung einer Blutprobe als sehr wahrscheinlich erkannte und den Zweck dieser Massnahme vereiteln wollte. Der Beschwerdeführer pflegte zum Nachtessen zusammen mit seiner Lebensgefährtin meistens eine Flasche Wein zu trinken, und der Konsum von einer Flasche Bier kurz nach der Heimkehr, vor dem Essen, kann mit dem Arger über den Unfall erklärt werden. Gegen die Annahme, der Beschwerdeführer habe die Anordnung einer Blutprobe für sehr wahrscheinlich gehalten und durch den Alkoholkonsum den Zweck dieser Massnahme vereiteln wollen, spricht nicht zuletzt auch die Tatsache, dass er nach dem Unfall sofort nach Hause fuhr, obschon er wusste, dass es Zeugen gab, welche die Kontroll.
null
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
8532b338-a621-472c-ae7b-b019cad1123f
Urteilskopf 94 IV 34 9. Urteil des Kassationshofes vom 22. März 1968 i.S. Firma A. gegen X. und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 13 lit. b UWG . Unrichtige oder irreführende Angaben. 1. Auslegung von Inseraten, in denen ein Radiohändler behauptet, dass er bestimmte Apparate zu den billigsten Preisen der Schweiz verkaufe; massgebend ist der Sinn, den der unbefangene Leser den Angeboten in guten Treuen beilegen darf (Erw. 1). 2. Der Vorsatz der Irreführung ist gegeben, wenn der Täter die Inserate erscheinen lässt, obschon er weiss oder nach den Umständen annehmen muss, das Publikum dadurch zu täuschen (Erw. 2 a). 3. Wer in Inseraten mutwillige Behauptungen aufstellt oder sich von unlauteren Werbemethoden anderer leiten lässt, kann sich nicht auf Rechtsirrtum berufen (Erw. 2 b).
Sachverhalt ab Seite 34 BGE 94 IV 34 S. 34 A.- X. führt in Zürich ein Geschäftshaus, das vor allem Radio- und Fernsehapparate vertreibt. Im Sommer 1965 liess er in zwei Tageszeitungen der Stadt insgesamt fünf Inserate erscheinen, in denen er unter anderem Auto- und Kofferradios BGE 94 IV 34 S. 35 der Marken "Blaupunkt", "Grundig" und "Hitachi" zu Nettopreisen anbot. Die Apparate wurden näher bezeichnet, ihre Preise genau angegeben. Die Angebote trugen jeweils die durch Fettdruck besonders hervorgehobene Überschrift "Billigste Preise der Schweiz" und begannen mit dem etwas kleiner geschriebenen Satz "Seit 13 Jahren 20-40% Rabatt im ersten Discounthaus der Schweiz". Die Firma A. hielt die Inserate für unlauteren Wettbewerb und stellte am 15. September 1965 gegen X. Strafantrag. Sie wies darauf hin, dass sie sieben Radioapparate, die in den Inseraten aufgeführt würden, laut ihrem eigenen Angebot um Fr. 1.25 bis 9.- billiger verkaufe als X; dessen Behauptung, dass er die Apparate zu den billigsten Preisen der Schweiz anbiete, stelle daher eine unrichtige Angabe im Sinne von Art. 13 lit. b UWG dar. X. habe auch vorsätzlich gehandelt, da ihm die tieferen Preise der Firma A. bekannt gewesen seien. B.- Das Bezirksgericht Zürich und auf Berufung hin am 2. November 1967 auch das Obergericht des Kantons Zürich sprachen X. frei. Das Obergericht begründet den Freispruch insbesondere damit, dass die Anpreisungen von Radiogeschäften der Jahrmarktreklame nahekämen und daher rechtlich wie diese zu behandeln seien; der Durchschnittskäufer lasse sich durch solche Reklame nicht blenden, sondern mache von sich aus die nötigen Abstriche. Wenn sie von einem Discountgeschäft ausgehe, wie der Angeklagte eines betreibe, so knüpfe die Reklame freilich an die beim Publikum vorhandene Vorstellung an, Geschäfte dieser Art seien billiger; auch habe X. es nicht bei blossen Behauptungen bewenden lassen, sondern diese mit überprüfbaren Angaben zu belegen versucht. Seine Inserate wirkten jedoch wegen der Überschrift und weiterer Übertreibungen derart marktschreierisch, dass sie nur von einem kleinen Teil der Leser ernst genommen würden. Inhaltlich unrichtig und irreführend wären die Inserate zudem nur, wenn sie den Eindruck erweckten, man erhalte bei X. jeden Artikel billiger als anderswo. Das treffe nicht zu und werde auch von der Anzeigerin nicht behauptet. Die Firma A. habe aus den 48 angepriesenen Radio-, Tonband- und Fernsehgeräten lediglich sieben Autoradios herausgegriffen; die andern Artikel der Inserate übergehe sie mit Stillschweigen. Nach allgemeiner Anschauung verkaufe indes nicht derjenige Kaufmann am BGE 94 IV 34 S. 36 billigsten, der bloss einzelne Artikel billiger absetze als seine Konkurrenten, sondern derjenige, der im Durchschnitt am billigsten liefere. Das hange vom gesamten Angebot und Preisgefüge eines Geschäftes ab. Dass der Angeklagte aber bei dieser Betrachtungsweise nicht am billigsten verkaufe, habe die Anzeigerin weder behauptet noch dargetan. C.- Die Firma A. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeschuldigten an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- X. hält die Beschwerde für unbegründet. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 13 lit. b UWG wird wegen unlauteren Wettbewerbs auf Antrag bestraft, wer vorsätzlich über sich, die eigenen Waren, Werke, Leistungen oder Geschäftsverhältnisse unrichtige oder irreführende Angaben macht, um das eigene Angebot im Wettbewerb zu begünstigen. Ob die eingeklagten Inserate unrichtige oder irreführende Angaben im Sinne dieser Bestimmung enthalten, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüfen kann. Sie beurteilt sich weder nach der Art, wie andere Radiogeschäfte die Ware anzupreisen pflegen, noch danach, wie X. die Preise festsetzt und was er selber davon hält. Massgebend ist vielmehr, welchen Sinn der unbefangene Leser den Inseraten in guten Treuen beilegen darf. Dieser Sinn ist auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung und der besonderen Umstände des Einzelfalles zu ermitteln ( BGE 90 IV 45 ). Dabei sind an die Würdigung von Einzelheiten vor allem dann keine strengen Anforderungen zu stellen, wenn es um Inserate geht, die sich wie die vorliegenden an breite Schichten der Bevölkerung richten. Solche Angebote werden namentlich von einfachen Leuten erfahrungsgemäss schnell gelesen und nicht kritisch geprüft. Auch braucht nicht untersucht zu werden, ob Käufer sich von falschen Angaben leiten lassen oder ob sie die Ware auch bei wahrheitsgemässer Anpreisung erstehen würden. Angaben im Sinne von Art. 13 lit. b UWG sind an sich unerlaubt, gleichviel, ob jemand tatsächlich getäuscht oder irregeführt werde; erforderlich ist bloss, dass sie dazu geeignet sowie darauf angelegt sind, das eigene Angebot zu begünstigen. Darüber aber, dass diese Erfordernisse hier erfüllt sind, können keine Zweifel bestehen. BGE 94 IV 34 S. 37 a) Auf dem Radiomarkt besteht heute wegen des grossen und vielfältigen Angebotes von Apparaten ein harter Preiskampf. Die Mitbewerber suchen einander zuvorzukommen, indem sie die Ware unter den Katalogpreisen anbieten und sich mit einer kleinern Handelsmarge begnügen. Die Inhaber von Discountgeschäften haben dabei den Vorteil für sich, dass sie mit weniger Dienstleistungen auskommen und die Ware schon deshalb billiger verkaufen können als herkömmliche Fachgeschäfte. Sie machen damit denn auch in der Erwartung Reklame, dass Interessenten, die besonders günstig einkaufen wollen, die Angebote der Discountgeschäfte gerade deswegen für die billigsten halten und andern vorziehen. Auch X. weist in seinen Inseraten darauf hin, dass er ein Discountgeschäft führe und deshalb in der Lage sei, aussergewöhnliche Rabatte von 20-40% zu gewähren, die Katalogpreise also um so viele Prozente zu unterbieten. Schon aus diesen Gründen lässt sich die gross und fettgedruckte Behauptung des Angeklagten, dass er zu den billigsten Preisen der Schweiz verkaufe, nicht als offensichtliche Übertreibung oder blosse Jahrmarktreklame abtun. Dazu kommt, dass X. es nicht bei Behauptungen bewenden liess, sondern diesen Auszüge aus Preislisten über Radio-, Tonband- und Fernsehgeräte beifügte. Er zählte jeweils drei Reihen solcher Artikel auf, die er näher bezeichnete und zu den ebenfalls angegebenen Nettopreisen zu verkaufen versprach. Damit machte er die Leser aber glauben, er biete alle aufgeführten Apparate zu den billigsten Preisen der Schweiz an, jeder andere Konkurrent im Lande verkaufe sie also teurer als er; jedenfalls waren seine Behauptungen im dargelegten Zusammenhang geeignet, bei einem Grossteil der Leser diesen Glauben zu erwecken. Seine Behauptungen trafen jedoch, wie die Firma A. im Verfahren nachgewiesen hat, schon im Verhältnis zu dieser Firma nicht zu, waren folglich irreführend. Die Anzeigerin wirft ihm daher mit Recht vor, dass seine Inserate gegen Art. 13 lit. b UWG verstossen. b) Das Obergericht meint freilich, die Frage, ob die Inserate des Angeklagten inhaltlich unrichtig oder irreführend seien, hange nicht von den darin angeführten Preisen, sondern vom gesamten Angebot und Preisgefüge seines Geschäftes ab. Für eine solche Auffassung lässt sich den Inseraten des X. indes nichts entnehmen. Das Obergericht übersieht selber nicht, dass BGE 94 IV 34 S. 38 X. nicht bloss rundheraus behauptete, er verkaufe zu den billigsten Preisen der Schweiz, sondern dafür jeweilen "einige Beispiele" anführte. Unter diesen Umständen hatte er aber für die Wahrheit der angegebenen Preise einzustehen, da die vergleichende Werbung nur zulässig ist, wenn die Vergleichung objektiv wahr und nicht irreführend ist ( BGE 87 II 116 und dort angeführte Urteile). X. hat die als Beispiele aufgeführten Waren zu bestimmten Preisen, die angeblich die günstigsten im Lande waren, angeboten; er muss sich folglich dabei behaften lassen, gleichviel, wie sich seine Durchschnittspreise zu denjenigen anderer Geschäfte verhalten. Dass er die Behauptung "Billigste Preise der Schweiz" in Fettdruck, die Beispiele dagegen in gewöhnlicher Schrift wiedergeben liess, ändert daran nichts; der Sinn der Inserate war deswegen kein anderer. Die Irreführung lässt sich auch nicht damit verneinen, dass die billigeren Preise, welche die Firma A. nachweisen konnte, bloss sieben Artikel betrafen und nur um einige Franken tiefer lagen. Es genügt, dass die Angaben des X. insoweit falsch waren; um wieviel sie von der Wahrheit abwichen, kann höchstens bei der Strafzumessung von Belang sein. Schliesslich kann für die Beurteilung des objektiven Tatbestandes auch nichts darauf ankommen, dass die Reklame auf dem Radiomarkt zu überborden droht. Selbst wenn mangels Strafantrages gegen unzulässige Reklame oft nicht eingeschritten wird, so heisst das nicht, dass der Richter einen klaren Verstoss gegen die geltende gesetzliche Ordnung mit der gegenseitigen Toleranz der Mitbewerber verharmlosen dürfe, ist doch das Bedürfnis, bei der steigenden Flut trügerischer Werbung dagegen streng vorzugehen, umso grösser. Missbräuchen wäre der Weg erst recht geebnet, wenn anders entschieden würde. c) Nach ihrem Text und ihrer Aufmachung kann sodann nicht zweifelhaft sein, dass die Inserate des X. den Zweck verfolgten, das eigene Angebot im Wettbewerb zu begünstigen. Der objektive Tatbestand des Art. 13 lit. b UWG ist somit auch in dieser Beziehung erfüllt. 2. Das Obergericht bezweifelt, ob X. vorsätzlich gehandelt habe, da er mit Rücksicht auf seine geringeren Nebenkosten, die Rabatte und die längere Garantiezeit habe annehmen dürfen, er sei der billigste. Ein Autoradio könne nämlich, wie der Angeklagte mit Recht einwende, nicht für sich allein benützt werden, sondern sei zum Einbau in ein Fahrzeug BGE 94 IV 34 S. 39 bestimmt, weshalb es schliesslich darauf ankomme, wie teuer der eingebaute Apparat sei. a) Dem ist zunächst entgegenzuhalten, dass der Einwand des Angeklagten der Bejahung des objektiven Tatbestandes nicht im Wege steht, folglich auch subjektiv nicht von Bedeutung sein kann. Mehr als dass der Täter die objektiven Merkmale der Tat kennt und will, erfordert der Vorsatz nicht ( Art. 18 Abs. 2 StGB ). Der Vorsatz der Irreführung ist daher gegeben, wenn X. die Tat gewollt beging, obschon er wusste oder nach den Umständen annehmen musste, dass seine Angaben geeignet waren, Kaufsinteressenten zu täuschen. Das hängt von der Aufmachung und dem Inhalt seiner Inserate, nicht davon ab, was er von seinen Kosten für Zubehör und Einbau hält und welche Rabatte er auf die Katalogpreise gewährt. Der Angeklagte brachte in seinen Inseraten jeweils klar zum Ausdruck, dass die darin aufgeführten Preise "netto" zu verstehen seien; über allfällige Nebenkosten für Einbau und Inbetriebsetzung schwieg er sich nicht nur bei den Autoradios, sondern auch bei den übrigen Apparaten aus. Die Sache ist daher zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Obergericht hat festzustellen, ob X. sich bewusst gewesen sei, das Publikum durch die Inserate irrezuführen, und ob er mit diesen auch die Absicht verfolgt habe, das eigene Angebot im wirtschaftlichen Wettbewerb zu begünstigen. Als Vorsatz im Sinne von Art. 18 StGB hat dabei auch der Eventualvorsatz zu gelten ( BGE 92 IV 67 ). b) Eine andere Frage ist, ob der Angeklagte aus zureichenden Gründen habe annehmen dürfen, er sei zur Tat berechtigt ( Art. 20 StGB ). Falls das Obergericht mit seinen Ausführungen zum Vorsatz die Frage bejahen wollte, so wäre diese Auffassung ebenfalls irrig. X. hat ohne Rücksicht auf die Mitbewerber behauptet, dass er zu den billigsten Preisen der Schweiz verkaufe, und die Behauptung mit genauen Preisangaben glaubhaft zu machen versucht. Ob die aufgeführten Preise wirklich die billigsten im Lande waren, konnte er jedoch nicht überprüfen. Seine Behauptung war daher mutwillig. Rechtsirrtum kommt ihm auch nicht schon deswegen zugute, weil andere Radiohändler sich angeblich gleich verhalten. Als Kaufmann muss der Angeklagte wissen, dass ihm dies kein Recht gibt, seinerseits mit unlauteren Mitteln zu werben. BGE 94 IV 34 S. 40 Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 2. November 1967 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
8534b55d-b9f0-430b-bbcf-46393849111e
Urteilskopf 112 IV 53 16. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1986 i.S. Eidgenössische Zollverwaltung gegen Z. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Gefährdung der gesetzmässigen Zollveranlagung ( Art. 74, 75 ZG ). 1. Art. 29 Abs. 1, 31, 35 ZG . Verantwortung des Zollmeldepflichtigen für die richtige Deklarierung des Ursprungslandes (E. 1). 2. Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (AS 1972 3115) mit Änderungen vom 29. Mai 1975 (AS 1975 1437). Protokoll Nr. 3 zu diesem Abkommen in der Fassung gemäss Beschluss vom 14. Dezember 1977 (AS 1978 601). Art. 68 Abs. 2 ZV . Bedeutung der als Präferenznachweis dienenden Warenverkehrsbescheinigung (WVB) gemäss dem genannten Abkommen. Tragweite des Vermerks "WVB fehlt" zur Begründung des Antrags auf provisorische Verzollung in der Deklaration für die Einfuhr (E. 2, 3). 3. Fahrlässigkeit (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 112 IV 53 S. 54 A.- Z. deklarierte namens der Fa. X. im September 1980 dem Zollamt Basel-Freilager Schreibmaschinenersatzteile der Tarifnummer 8445.30 (Zollansatz Fr. 198.70 je 100 kg brutto; EG zollfrei) zur Einfuhr. Im Hinblick auf eine spätere Präferenzbehandlung der Sendung als EG-Zonenware beantragte er die Verzollung zum Normaltarif nur provisorisch mit dem Hinweis "WVB fehlt" (WVB = Warenverkehrsbescheinigung). Als Land der Erzeugung gab er die Niederlande an. Bei der Warenrevision stellte das Zollamt aufgrund der Aufdrucke auf der inneren Verpackung fest, dass die fraglichen Ersatzteile spanischen Ursprungs und somit, da Spanien damals noch nicht Mitglied der EG war, nicht zollfrei waren. Nach Ablauf der Gültigkeitsfrist der provisorischen Abfertigung erhob das Zollamt mit Zollquittung Nr. 8053 vom 9. Februar 1981 den Einfuhrzoll definitiv nach dem Normaltarif. Diese Verzollung wurde innert Frist nicht angefochten und ist daher in Rechtskraft erwachsen. Die Behörden warfen Z. vor, er habe durch sein Vorgehen einen Zollanspruch von Fr. 1977.06 gefährdet. Mit Strafbescheid vom 9. Oktober 1981 büsste ihn die Eidgenössische Zollverwaltung wegen fahrlässiger Zollübertretung ( Art. 74 Ziff. 16, Art. 75 ZG ) mit Fr. 500.--. Die Oberzolldirektion bestätigte am 28. Juni 1982 diesen Entscheid. B.- Mit Urteil vom 22. Dezember 1983 sprach der Polizeigerichtspräsident Arlesheim Z. auf dessen Einsprache hin vom Vorwurf der Zollübertretung frei. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies die Appellation der Eidgenössischen Zollverwaltung am 22. Oktober 1985 ab und bestätigte das erstinstanzliche Urteil. C.- Die Eidgenössische Zollverwaltung führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft sei in allen Punkten aufzuheben und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. BGE 112 IV 53 S. 55 Z. beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 29 Abs. 1 ZG hat der Zollmeldepflichtige (siehe dazu Art. 9 ZG ) alle Massnahmen zu treffen, die nach Gesetz und Verordnung zur Durchführung der Zollkontrolle und Feststellung der Zollzahlungspflicht erforderlich sind. Er muss eine Zolldeklaration abgeben ( Art. 31 ZG ), für deren Richtigkeit er einzustehen hat ( Art. 35 Abs. 3 ZG , Art. 47 Abs. 2 ZV ); denn es gehört zum Wesen der schweizerischen Zollordnung, dass der Zollkontrollpflichtige unter eigener Verantwortlichkeit bei der Veranlagung mitwirkt (Botschaft des Bundesrates, BBl 1924 S. 36). Um der genannten Verpflichtung nachkommen zu können, muss er sich über den Inhalt der Sendung vergewissern, und zwar auch dann, wenn Absender und Empfänger ihm hierüber übereinstimmende Angaben gemacht haben. Zu diesem Zweck räumt ihm Art. 32 ZG auch das Recht ein, die unter Zollkontrolle gestellte Ware vor der Abfertigung zu untersuchen. Unterlässt er dies und stellt er einzig auf die Angaben Dritter ab, so verletzt er seine Sorgfaltspflicht. Da nach schweizerischem Zollrecht grundsätzlich auf die Deklaration abgestellt wird ( Art. 31 ff. ZG ), die Revision fakultativ ist ( Art. 36 Abs. 1 ZG , vgl. auch BBl 1924 S. 37) und schon aus praktischen Gründen nur ein Bruchteil aller Sendungen revidiert werden kann, müssen an die Deklaration hohe Anforderungen gestellt werden (zum Ganzen BGE 87 IV 27 E. 3 mit Hinweisen). Die Zollmeldepflicht ist bei der provisorischen Verzollung die gleiche wie bei der definitiven Abfertigung. Die unwahre Deklaration ist auch bei der provisorischen Verzollung strafbar (VPB 1941 Nr. 89a, vgl. auch VPB 1964/5 Nr. 114). Anmelde-, Deklarations- und Abfertigungsverfahren sind bei der provisorischen und bei der definitiven Verzollung gleich (E. BLUMENSTEIN, Grundzüge des schweizerischen Zollrechts, Bern 1931, S. 81). Der Unterschied besteht einzig darin, dass bei der provisorischen Verzollung eine provisorische Zollquittung als Abfertigungsausweis dient, die nicht gegen Bezahlung, sondern gegen Sicherheitsleistung ausgehändigt wird ( Art. 40 Abs. 3 ZG ); es wird von Amtes wegen eine endgültige Quittung ausgestellt, wenn in der durch Verordnung festgesetzten Frist kein weiterer Abfertigungsantrag erfolgt BGE 112 IV 53 S. 56 ( Art. 40 Abs. 4 ZG ). Die provisorische Verzollung bedeutet "eigentlich nur eine Aufschiebung der rechnungsmässigen Feststellung des Zollbetrages" (Botschaft des Bundesrates, BBl 1924 S. 38). Der Zweck der provisorischen Verzollung besteht darin, in bestimmten Fällen (vgl. Art. 68 ZV ), in denen eine endgültige Abfertigung der Ware im Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht tunlich erscheint ( Art. 40 Abs. 1 ZG ), gleichwohl eine Abfertigung und Freigabe der Ware zu ermöglichen. b) Der Beschwerdegegner gab an, dass die fraglichen Schreibmaschinenersatzteile in den Niederlanden hergestellt worden seien (siehe Rubrik Nr. 4, "Land der Erzeugung", in der "Deklaration für die Einfuhr"), und er beantragte daher die Präferenzbehandlung für Waren aus der Europäischen Freihandelszone (Rubrik Nr. 17). In Tat und Wahrheit waren die Schreibmaschinenersatzteile spanischen Ursprungs; sie mussten daher zum Normaltarif verzollt werden, da Spanien damals noch nicht EG-Mitglied war. Der Beschwerdegegner prüfte nicht, ob die fraglichen Waren tatsächlich aus den Niederlanden stammten. Schon bei einer relativ oberflächlichen Kontrolle hätte er die auf die spanische Herkunft hinweisenden Aufdrucke auf der inneren Verpackung bemerken müssen. Wenn auch aus diesen Aufdrucken allenfalls noch keine zwingenden Schlüsse gezogen werden konnten, so weckten sie doch erhebliche Zweifel, die zu weiteren Abklärungen hätten Anlass geben müssen. Der Beschwerdegegner gab indessen ohne irgendeine Überprüfung der Waren in der Rubrik Nr. 4 der Deklaration für die Einfuhr die Niederlande als Land der Erzeugung an. Im folgenden ist zu prüfen, ob der Beschwerdegegner mit der unrichtigen Angabe des Ursprungslandes den Tatbestand von Art. 74 Ziff. 16 ZG erfüllte, wonach eine Zollübertretung begeht, "wer auf andere als die hievor angegebene Weise dem Bund zum eigenen oder zum Vorteil eines anderen Zölle vorenthält oder sich oder einem anderen einen unrechtmässigen Zollvorteil verschafft oder die gesetzmässige Veranlagung gefährdet oder verhindert". 2. Gemäss Abkommen vom 22. Juli 1972 zwischen der Schweiz und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (AS 1972 II S. 3115, AS 1975 II S. 1437, SR 0.632.401) wird für bestimmte Waren, die Ursprungserzeugnisse im Sinne von Art. 1 des Protokolls Nr. 3 (AS 1972 II S. 3184) bilden, gegen entsprechenden Nachweis die Zoll-Präferenzbehandlung gewährt. Der Präferenznachweis erfolgt in der Form einer Warenverkehrsbescheinigung (WVB) EUR.1. Diese wird auf schriftlichen Antrag des Warenführers BGE 112 IV 53 S. 57 oder seines Vertreters von der zuständigen Zollbehörde des Ausfuhrstaates ausgestellt und ist im Einfuhrstaat den Zollbehörden nach den dort geltenden Verfahrensvorschriften vorzulegen (Art. 10-12 des Protokolls Nr. 3 in der Fassung gemäss Beschluss Nr. 1/77 des Gemischten Ausschusses, AS 1978 I S. 601 ff.). Art. 10 Abs. 3 des genannten Protokolls lautet: Da die Bescheinigung EUR.1 die Beweisurkunde für die Gewährung der im Abkommen vorgesehenen Vorzugsbehandlung hinsichtlich der Zölle und Kontingente darstellt, müssen die Zollbehörden des Ausfuhrstaates den Ursprung der Waren sowie die übrigen Angaben in der Bescheinigung EUR.1 nachprüfen. Art. 17 Abs. 1 des Protokolls lautet: Die nachträgliche Prüfung der Bescheinigung EUR.1 ... erfolgt stichprobenweise; sie wird immer dann vorgenommen, wenn die Zollbehörden des Einfuhrstaates begründete Zweifel an der Echtheit des Dokuments oder an der Richtigkeit der Angaben über den tatsächlichen Ursprung der betreffenden Waren haben. Die Vorinstanz geht mit der Beschwerde führenden Eidgenössischen Zollverwaltung darin einig, dass die von den Behörden des Ausfuhrstaates vor der Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigung (WVB) durchgeführte Überprüfung "in der Praxis sich auf die Durchsicht der vorgelegten Papiere beschränkt und keine Kontrolle der Ware selber einschliesst". Diese Feststellung ist tatsächlicher Natur und daher für den Kassationshof im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde verbindlich ( Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277bis BStP ). Auf die diesbezüglichen Einwände des Beschwerdegegners ist nicht einzutreten. Es ist vorliegend nicht zu prüfen, ob die von der Vorinstanz festgestellte Praxis der Zollbehörden des Ausfuhrstaates, wonach die Warenverkehrsbescheinigung schon aufgrund einer bloss formellen Prüfung der Unterlagen und ohne materielle Kontrolle der Waren ausgestellt wird, mit den zitierten Bestimmungen des Protokolls Nr. 3 vereinbar sei oder nicht. 3. a) Der Beschwerdegegner beantragte die Präferenzbehandlung für Waren aus der Europäischen Freihandelszone (Rubrik Nr. 17 der Deklaration für die Einfuhr), da die fraglichen Schreibmaschinenersatzteile angeblich niederländischen Ursprungs waren (Rubrik Nr. 4). Er ersuchte um provisorische Verzollung und gab als "Grund" hiefür an: "WVB fehlt" (siehe Rubrik Nr. 18). Daraus ergibt sich zweifelsfrei, dass er die provisorische Verzollung beantragte, "weil die für die Gewährung einer Zollbefreiung BGE 112 IV 53 S. 58 vorgesehenen Erfordernisse zur Zeit der Abfertigung noch nicht erfüllt" waren (siehe Art. 68 Abs. 2 ZV ). Andere Gründe für den Antrag auf provisorische Verzollung (siehe Art. 68 Abs. 3 und 4 ZV ) bestanden nicht. b) Das Obergericht stimmt abweichend von der 1. Instanz der Eidgenössischen Zollverwaltung insoweit zu, "dass durch die Unterlassung der Nachprüfung der Ware, die falsche Herkunftsbezeichnung und den Antrag auf provisorische Verzollung eine bei Angabe der spanischen Herkunft der Ware von Anfang an nicht bestehende Möglichkeit der Erwirkung einer ungerechtfertigten Präferenzbehandlung durch nachträgliche Einreichung einer falschen WVB geschaffen wurde und darin grundsätzlich eine gewisse Gefährdung des gesetzlichen Zollanspruchs zu sehen ist". Es bestand nach der übereinstimmenden Auffassung der Vorinstanz und der Eidgenössischen Zollverwaltung mit andern Worten die Möglichkeit, dass die schweizerischen Zollbehörden auf eine Revision der Waren ( Art. 36 Abs. 1 ZG ) verzichteten, wie dies auch bei der provisorischen Verzollung häufig der Fall ist, dass sie die Ware gegen Leistung der Sicherheit für den provisorisch festgesetzten Zollbetrag ( Art. 68 Abs. 1 ZV ) freigaben, dass der Beschwerdegegner nachträglich innert Frist eine WVB beibrachte, die von den Behörden des Ausfuhrstaates nach dem Gesagten praxisgemäss in der Regel schon auf bloss formelle Prüfung der Unterlagen hin und ohne materielle Prüfung des Ursprungs der Ware ausgestellt wird, und dass die schweizerischen Zollbehörden aufgrund dieser in Tat und Wahrheit unwahren WVB die Waren zwangsläufig zum EG-Präferenzansatz endgültig abfertigen mussten, weil die Waren dannzumal nicht mehr unter zollamtlichem Gewahrsam standen und aus diesem Grunde nicht mehr mittels Revision auf ihren Ursprung überprüft werden konnten, und dass somit eine Zollhinterziehung erfolgte. Diese Betrachtungsweise überzeugt. Dass angeblich in gewissen Fällen eine nachträgliche Revision der bereits freigegebenen Waren beim Empfänger möglich ist, ändert an der genannten Gefahr prinzipiell nichts. c) Die Vorinstanz ist allerdings der Auffassung, der Beschwerdegegner habe die von ihr so bezeichnete "gewisse Gefährdung des gesetzlichen Zollanspruchs" selber "wieder behoben", indem er in der Rubrik Nr. 18 der Deklaration für die Einfuhr angab: "WVB fehlt"; mit diesem Vermerk habe er die Zollbehörden "auch auf die Problematik seiner Deklaration aufmerksam gemacht"; mit dem Hinweis auf das Fehlen eines wesentlichen BGE 112 IV 53 S. 59 Erfordernisses der Präferenzbehandlung habe er den Zollbehörden die Durchführung einer Revision gemäss Art. 36 ZG vor der Freigabe der Waren "geradezu nahegelegt und eine Vorkehr zur Beseitigung der durch die unzutreffenden Angaben entstandenen Gefahr getroffen"; in der Tat hätten dann die Zollbehörden im vorliegenden Fall tatsächlich "von der Möglichkeit der Revision auch Gebrauch gemacht, wie sie dies in solchen und ähnlichen Fällen gemäss den Ausführungen des Vertreters der Verzeigerin verhältnismässig häufig tun". Diese Betrachtungsweise ist nach den zutreffenden Ausführungen der Beschwerdeführerin verfehlt. Der Beschwerdegegner beantragte die provisorische Verzollung der fraglichen Ersatzteile, die angeblich niederländischen Ursprungs waren und daher zollfrei eingeführt werden konnten, "weil die für die Gewährung einer Zollbefreiung vorgesehenen Erfordernisse zur Zeit der Abfertigung noch nicht erfüllt" waren (so der Wortlaut von Art. 68 Abs. 2 ZV ). "Noch nicht erfüllt" war das Erfordernis des Vorliegens einer Warenverkehrsbescheinigung der Behörden des Ausfuhrstaates. Der Vermerk "WVB fehlt" in der Rubrik Nr. 18 der Deklaration ("Grund" für die provisorische Verzollung) konnte demnach nur die Bedeutung haben, dass die für die beantragte Präferenzbehandlung erforderliche WVB noch nicht vorhanden war, noch fehlte und nach Möglichkeit innert der gesetzten Frist (siehe Art. 68 Abs. 2 ZV ) nachgereicht würde. Mit dem Vermerk "WVB fehlt" in der Rubrik Nr. 18 der Deklaration wurde entgegen der Ansicht der Vorinstanz und den Ausführungen des Beschwerdegegners nicht darauf hingewiesen, dass der angegebene niederländische Ursprung der Waren (Rubrik Nr. 4) und damit die Berechtigung der Inanspruchnahme der Präferenzbehandlung (Rubrik Nr. 17) zweifelhaft waren, sondern es wurde damit der "Grund" für den Antrag auf provisorische Verzollung genannt (Rubrik Nr. 18), welche von vornherein nur dann in Betracht fiel, wenn die Waren aus den Niederlanden stammten und daher in den Genuss der Präferenzbehandlung kamen. Es war nach dem Gesagten die Pflicht des Beschwerdegegners, den Ursprung der Waren mit der gebotenen Sorgfalt zu prüfen, und er konnte die Verantwortung für die gesetzmässige Zollveranlagung nicht kurzerhand den schweizerischen Zollbehörden zuschieben. Die vorinstanzliche Betrachtungsweise verkennt nach den zutreffenden Ausführungen der Eidgenössischen Zollverwaltung das Wesen des Selbstveranlagungsprinzips BGE 112 IV 53 S. 60 nach schweizerischem Zollrecht. Hatte der Beschwerdegegner Zweifel an der Berechtigung der beantragten Präferenzbehandlung, so hätte er nach den zutreffenden Ausführungen der Zollverwaltung entweder die definitive Verzollung beantragen oder, wenn der Warenempfänger allenfalls auf der provisorischen Veranlagung beharrte, in der Deklaration einen Hinweis auf diesen Auftrag des Warenempfängers sowie auf den zweifelhaften Ursprung der Waren machen müssen. Dem Vermerk "WVB fehlt" kam diese Bedeutung nicht zu. Indem der Beschwerdegegner in seiner Deklaration für die Einfuhr die Niederlande als Ursprungsland bezeichnete, daher die Präferenzbehandlung beantragte und mit der Begründung "WVB fehlt" um provisorische Verzollung nachsuchte, "gefährdete" er im Sinne von Art. 74 Ziff. 16 ZG die "gesetzmässige Veranlagung" der in Tat und Wahrheit aus Spanien stammenden Schreibmaschinenersatzteile zum Normaltarif. 4. Der Beschwerdegegner gefährdete die gesetzmässige Veranlagung (zumindest) fahrlässig ( Art. 75 ZG ). Schon bei einer relativ oberflächlichen Kontrolle hätte er die auf die spanische Herkunft hinweisenden Aufdrucke auf der inneren Verpackung bemerken müssen. Wenn auch aus diesen Aufdrucken allenfalls noch keine zwingenden Schlüsse gezogen werden konnten, so weckten sie doch erhebliche Zweifel, die zu weiteren Abklärungen hätten Anlass geben müssen. Stammten aber die Waren aus Spanien, was der Beschwerdegegner bei der gebotenen Sorgfalt hätte wissen können, dann kam eine Präferenzbehandlung nicht in Betracht und bestand von vornherein kein Anlass zur Einreichung eines Antrags auf provisorische Verzollung mangels Vorliegens einer Warenverkehrsbescheinigung. Dass sich die Gefahr einer Verkürzung des staatlichen Zollanspruchs nicht verwirklichte, da die schweizerischen Zollbehörden die Waren gemäss Art. 36 ZG einer Revision unterzogen, war nicht das Verdienst des Beschwerdegegners. Ob allfällige Bemühungen um eine WVB, welche wahrheitswidrig den niederländischen Ursprung der fraglichen Schreibmaschinenersatzteile bescheinigte, erfolgreich gewesen wären und damit die gesetzmässige Veranlagung der Waren zum Normaltarif verhindert worden wäre, wenn die schweizerischen Zollbehörden vor der Freigabe keine Revision durchgeführt hätten, kann hier dahingestellt bleiben, da dem Beschwerdegegner lediglich eine Gefährdung der gesetzmässigen Veranlagung zur Last gelegt wird. BGE 112 IV 53 S. 61 Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde der Zollverwaltung ist daher gutzuheissen, der angefochtene Entscheid ist aufzuheben, und die Sache ist zur Verurteilung des Beschwerdegegners wegen fahrlässiger Zollübertretung ( Art. 74 Ziff. 16, Art. 75 ZG ) an die Vorinstanz zurückzuweisen. 5. (Kosten und Entschädigung im kantonalen Verfahren.)
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
8536e859-734e-4330-acd5-62ccc99f0b63
Urteilskopf 93 II 354 47. Urteil der II. Zivilabteilung vom 13. Oktober 1967 i.S. Eheleute Pater.
Regeste Klage eines ungarischen Flüchtlings auf Scheidung seiner Ehe mit einer Deutschen; Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte. 1. Die Rüge, ein letztinstanzlicher kantonaler Zwischenentscheid über diese Zuständigkeit verletze Bundesrecht, ist nicht durch Nichtigkeitsbeschwerde ( Art. 68 Abs. 1 lit. b OG ), sondern durch Berufung ( Art. 49 OG ) zu erheben (Erw. 1). 2. Tragweite von Art. 7 h Abs. 1 NAG (Erw. 2 Abs. 1; vgl. auch Erw. 5 Abs. 1). Staatsangehörigkeit des Klägers. Nichtanerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch seinen Heimatstaat. Nichtanerkennung seiner Ehe? (Erw. 2 Abs. 2 und 3). 3. Ein in der Schweiz wohnender Flüchtling, der unter das Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 fällt, kann an seinem Wohnsitz auf Grund des schweizerischen Rechts auf Scheidung klagen, ohne nachweisen zu müssen, dass Gesetz oder Gerichtsgebrauch seiner Heimat den angerufenen Scheidungsgrund zulassen und den schweizerischen Gerichtsstand anerkennen (Erw. 3). 4. Für die Ungarn, die ihr Land im Anschluss an die dortigen Ereignisse vom Oktober 1956 aus begründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne von Art. 1 lit. A Ziff. 2 des Abkommens vom 28. Juli 1951 verliessen, gilt das Abkommen in den Vertragsstaaten schon heute, d.h. schon vor dem Beitritt zum Protokoll vom 31. Januar 1967, das den Stichtag des 1. Januar 1951 beseitigt (Erw. 4; Änderung der Rechtsprechung). 5. Nachweis, dass der Heimatstaat der Beklagten den schweizerischen Gerichtsstand anerkennt. Anwendung der einschlägigen deutschen Vorschriften durch das Bundesgericht ( Art. 65 OG ). (Erw. 5, 6).
Sachverhalt ab Seite 355 BGE 93 II 354 S. 355 A.- Pater, der als ungarischer Staatsangehöriger in Ungarn geboren worden war, verliess dieses Land im Anschluss an die dortigen politischen Ereignisse vom Oktober 1956. Er befindet sich seit dem 17. November 1956 in der Schweiz. Seit April 1957 arbeitet er in Zofingen. Am 6. April 1957 stellte ihm die Polizeiabteilung des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements BGE 93 II 354 S. 356 einen Reiseausweis im Sinne von Art. 28 des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (AS 1955 S. 443 ff.) aus, und am 1. Oktober 1966 bestätigte sie, dass er Flüchtling im Sinne dieses Abkommens sei. Im Juli 1965 heiratete Pater in Zofingen Frau Gedövari, die ebenfalls aus Ungarn stammt, aber nach der Darstellung beider Parteien infolge einer frühern, durch Scheidung aufgelösten Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt. B.- Am 2. Juni 1966 reichte der Ehemann beim Bezirksgericht Zofingen Klage auf Scheidung der Ehe wegen tiefer Zerrüttung ein. Die Ehefrau, die bei der Sühneverhandlung vom 29. März 1966 die Weiterführung der Ehe abgelehnt und die Scheidung verlangt hatte, stellte mit Eingabe vom 8. Juli 1966 den Antrag, auf die Klage sei wegen Unzuständigkeit der schweizerischen Gerichte nicht einzutreten. Am 6. Oktober 1966 wies das Bezirksgericht die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten ab. Das Obergericht des Kantons Aargau hat am 13. Januar 1967 dieBeschwerde der Beklagten gegen diesen Entscheid abgewiesen. C.- Gegen den Entscheid des Obergerichts hat die Beklagte beim Bundesgericht "Beschwerde" eingereicht mit dem Antrag, ihre Unzuständigkeitseinrede sei zu schützen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid ist ein Zwischenentscheid, der in einem Scheidungsprozess, also in einer nicht vermögensrechtlichen Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 OG , ergangen ist. Mit der "Beschwerde" gegen diesen Entscheid wird geltend gemacht, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Beurteilung dieses Prozesses bejahte. Eine solche Rüge kann gemäss Art. 49 OG mit der Berufung an das Bundesgericht erhoben werden (vgl. BGE 85 II 159 , wonach auch die Frage der internationalen Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Frage der örtlichen Zuständigkeit im Sinne von Art. 49 OG gehört). Die "Beschwerde" der Beklagten genügt den Vorschriften, die für die Berufung gelten. Sie ist deshalb als Berufung zu behandeln. Die Nichtigkeitsbeschwerde im Sinne von Art. 68 OG ist nach dieser Bestimmung ausgeschlossen, wo die Berufung zulässig ist. BGE 93 II 354 S. 357 2. Nach Art. 7 h Abs. 1 NAG kann ein ausländischer Ehegatte, der in der Schweiz wohnt, eine Scheidungsklage beim Richter seines Wohnsitzes anbringen, wenn er nachweist, dass nach Gesetz oder Gerichtsgebrauch seiner Heimat der geltend gemachte Scheidungsgrund zugelassen und der schweizerische Gerichtsstand anerkannt ist. Das Gesetz fordert diesen Nachweis, um nach Möglichkeit zu vermeiden, dass die Scheidung nicht schweizerischer Ehegatten durch schweizerische Gerichte Konflikte mit den Heimatstaaten dieser Personen hinsichtlich des Zivilstands schafft. Hieraus hat die Rechtsprechung abgeleitet, der klagende ausländische Ehegatte habe, wenn der Beklagte nicht dem gleichen ausländischen Staat angehört wie er, den nach Art. 7 h Abs. 1 NAG erforderlichen Nachweis grundsätzlich nicht bloss für sich selbst, sondern auch für den Beklagten zu erbringen ( BGE 59 II 114 ). Ist aber ein Ehegatte staatenlos, so ist es nicht möglich und nach dem Grundgedanken des Gesetzes auch nicht nötig, den erwähnten Nachweis für ihn zu leisten ( BGE 59 II 114 ). Unnötig ist dieser Nachweis auch für einen Ehegatten, dessen Heimatstaat die zu scheidende Ehe nicht anerkennt (STAUFFER N. 12, BECK N. 25 zu Art. 7 h NAG ). Der Kläger behauptet nicht, und es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass ihm wegen oder im Zusammenhang mit seiner Flucht aus Ungarn die ungarische Staatsangehörigkeit entzogen worden sei (vgl. zu dieser Frage MICHEL, "Zur Scheidung der Ehe ungarischer Staatsangehöriger, die nach dem Aufstand von 1956 in die Bundesrepublik Deutschland flüchteten", in Ehe und Familie im privaten und öffentlichen Recht, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht [FamRZ], 1961, S. 198). Er ist deshalb auch heute noch als ungarischer Staatsangehöriger zu betrachten. Als solcher vermag er den Nachweis der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch den Heimatstaat für seine Person nicht zu leisten, weil nach einem ungarischen Erlass vom 28. Dezember 1952 die ungarischen Gerichte in Prozessen über den Personalstand ungarischer Staatsangehöriger, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, ausschliesslich zuständig sind, und zwar auch dann, wenn nur eine Partei die ungarische Staatsangehörigkeit besitzt (ungarische Verordnung mit Gesetzeskraft Nr. 22/1952 betr. Inkrafttreten und Durchführung des Gesetzes Nr. III/1952 über die Zivilprozessordnung, § 15, ins Deutsche übersetzt in Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht [RabelsZ] 1954 BGE 93 II 354 S. 358 S. 151, sowie bei BERGMANN, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, 3. Aufl., Band V, Art. Ungarn [Stand 31. Januar 1958] S. 8; BGE 88 II 329 mit Hinweis auf Verwaltungsentscheide der Bundesbehörden [VEBB] 1958 Nr. 39 I; BOSCHAN, Europäisches Familienrecht, 3. Aufl., Berlin u. Frankfurt a. M. 1963, S. 491 unten in Verbindung mit S. 500 Ziff. IX B; PALANDT, BGB, 25. Aufl., München und Berlin 1966, N. 6 a. E. zu EGBGB 17, S. 1739). Ob allenfalls Ungarn der vom Kläger nach seiner Flucht in die Schweiz geschlossenen Ehe die Anerkennung versage und der Kläger aus diesem Grunde den Nachweis der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch Ungarn nicht zu leisten habe, kann dahingestellt bleiben, wenn sich dieser Nachweis aus einem andern Grunde als entbehrlich erweist. (Das ungarische Gesetz Nr. V/1957 über die Staatsbürgerschaft hat den Erwerb der ungarischen Staatsangehörigkeit durch Eheschliessung mit einem Ungarn abgeschafft; siehe SZLEZAK, Das Staatsangehörigkeitsrecht von Ungarn, Frankfurt a. M. 1959, S. 92 und 184 ff., insbesondere §§ 1 und 7. Wenn die Beklagte die ungarische Staatsangehörigkeit, die sie durch die Heirat mit einem Deutschen im Jahre 1942 verlor, durch die Heirat mit dem Kläger im Jahre 1965 nicht wiedererlangt hat, so liegt hierin also kein Indiz dafür, dass Ungarn die Ehe der Parteien nicht anerkenne oder dass der Kläger die ungarische Staatsangehörigkeit nicht mehr besitze.) 3. Art. 12 Ziff. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, das der Kläger anruft, lautet in der französischen Originalfassung: "Le statut personnel de tout réfugié sera régi par la loi du pays de son domicile ou, à défaut de domicile, par la loi du pays de sa résidence." Unter dem "statut personnel" (englische Fassung: "personal status") eines Flüchtlings, den diese Bestimmung dem Gesetz seines Wohnsitzlandes oder - beim Fehlen eines Wohnsitzes - dem Gesetz seines Aufenthaltslandes unterstellt, ist richtigerweise die persönliche Rechtsstellung zu verstehen (vgl. MAKAROv in RabelsZ 1955 S. 112/113). Der Ausdruck "personenrechtliche Stellung", den die deutsche Übersetzung des Abkommens in der Sammlung der eidgenössischen Gesetze verwendet (AS 1955 S. 448), ist zu eng (im gleichen Sinne MOSER, ZSR 1967 BGE 93 II 354 S. 359 II 456 Anm. 322). Zur persönlichen Rechtsstellung einer Person gehören u.a. ihre familienrechtlichen Beziehungen (BBl 1954 II 75/76; BGE 88 II 329 f. und BGE 92 I 385 ; MAKAROV a.a.O. S. 112 Fussnote 14 mit Hinweis auf einen amerikanischen Kommentar des Abkommens, wonach sich Art. 12 u.a. mit den "family rights" befasst). Art. 16 des Abkommens stellt die Flüchtlinge hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten den Angehörigen des Staates gleich, wo sie ihren Wohnsitz bzw. ihren ordentlichen Aufenthalt haben. Die Regelung des Abkommens, dem die Schweiz beigetreten ist, geht innerhalb ihres Geltungsbereichs der Regel des Art. 7 h Abs. 1 NAG vor. Ein Flüchtling, der unter das Abkommen fällt und wie der Kläger in der Schweiz wohnt, kann daher an seinem Wohnsitz ( Art. 144 ZGB ) auf Grund des schweizerischen materiellen Rechts auf Scheidung klagen, ohne für seine Person nachweisen zu müssen, dass Gesetz oder Gerichtsgebrauch seiner Heimat den angerufenen Scheidungsgrund zulassen und den schweizerischen Gerichtsstand anerkennen (BBl 1954 II 76). Ist auch der beklagte Ehegatte Flüchtling im Sinne des Abkommens, so erübrigt sich dieser Nachweis für beide Ehegatten ( BGE 88 II 330 ). Ist der Beklagte dagegen ein Ausländer ohne die Eigenschaft eines solchen Flüchtlings, so muss dieser Nachweis nach der herrschenden Rechtsprechung für ihn erbracht werden, es sei denn, dass dem Kläger zur Vermeidung einer Rechtsverweigerung ein sog. Notgerichtsstand in der Schweiz zu gewähren ist (VEBB 1957 Nr. 65, 1958 Nr. 39 II, 1959/60 Nr. 76; BGE 88 II 330 /331). 4. Nach Art. 1 lit. A Ziff. 2 des Abkommens vom 28. Juli 1951 ist Flüchtling im Sinne dieses Abkommens u.a. jede Person, die sich infolge von vor dem 1. Januar 1951 eingetretenen Ereignissen (par suite d'événements survenus avant le premier janvier 1951) und aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Auffassungen ausserhalb ihres Heimatlandes befindet und dessen Schutz nicht beanspruchen kann oder wegen dieser Befürchtung nicht beanspruchen will. Im Falle BGE 88 II 329 ff., wo beide Parteien ungarische Flüchtlinge waren, hat das Bundesgericht angenommen, die BGE 93 II 354 S. 360 Voraussetzungen von Art. 1 des Abkommens seien nicht erfüllt, weil die Parteien erst durch die Ereignisse in Ungarn vom Herbst 1956 zur Flucht bestimmt worden seien; ob die wegen dieser Ereignisse geflüchteten Ungarn in der Schweiz trotz dem entgegenstehenden Wortlaut von Art. 1 ohne weiteres in jeder Beziehung als Flüchtlinge im Sinne des Abkommens zu gelten haben, wie das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement nach seinen von der Vorinstanz erwähnten Schreiben vom 18. Juni und 16. Juli 1957 in Sachen K. anzunehmen scheine, könne dahingestellt bleiben; denn der Klägerin müsste, selbst wenn Art. 12 des Abkommens formell nicht anwendbar wäre, zur Vermeidung einer Rechtsverweigerung gestattet werden, an ihrem schweizerischen Wohnsitz gegen den ebenfalls in der Schweiz wohnhaften Ehemann auf Scheidung zu klagen. Schon in dem vom Bundesrat genehmigten Bericht des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 7. März 1957 über die schweizerische Asylpraxis in neuester Zeit, der als Anhang zum Bericht von Prof. Ludwig über "Die Flüchtlingspolitik der Schweiz in den Jahren 1933 bis 1955" veröffentlicht wurde (Beilage zum Bundesblatt 1957 II, S. 410 ff.), war indessen erklärt worden, das Abkommen gelte auch für die neuen ungarischen Flüchtlinge; die Voraussetzungen des Art. 1 seien bei ihnen erfüllt, "liegt doch der Grund zur Flucht in der Auseinandersetzung des ungarischen Volkes mit dem politischen Regime, wie es seit 1948 in Ungarn besteht"; das Hochkommissariat der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge teile diese Auffassung, und auch die Mehrzahl der Mitgliedstaaten in Europa habe kürzlich an der Sitzung des Exekutivkomitees des Hochkommissariats erklärt, das Abkommen werde auch auf die neuen ungarischen Flüchtlinge angewendet (a.a. O. S. 415, vgl. dazu MOSER, ZSR 1967 II 447). Die Polizeiabteilung des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements hat dem Kläger auf Grund dieser Auffassung im April 1957 einen Reiseausweis im Sinne von Art. 28 des Abkommens ausgestellt und später ausdrücklich bestätigt, er sei Flüchtling im Sinne des Abkommens. Im Jahre 1965 führte der damalige Hochkommissar für die Flüchtlinge, SCHNYDER, in einer Vorlesung an der Académie de droit international de La Haye aus, der vom Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen zur Vorbereitung des Abkommens eingesetzte Sonderausschuss habe in seinem Bericht die Auffassung vertreten, die Festsetzung eines Stichtages bezwecke BGE 93 II 354 S. 361 nicht, die Anwendung des Abkommens auf Personen auszuschliessen, die in einem spätern Zeitpunkte Flüchtlinge werden sollten infolge von vor dem 1. Januar 1951 eingetretenen Ereignissen oder infolge von Wirkungen solcher Ereignisse, die sich erst später zeigen ("à la suite d'effets de tels événements qui ne se manifesteraient qu'à une date ultérieure"): in der Praxis seien die Mitgliedstaaten dieser Auffassung gefolgt; so hätten sie die Eigenschaft von Flüchtlingen im Sinne des Abkommens den Ungarn zuerkannt, die ihr Land im Laufe und im Gefolge der dramatischen Ereignisse vom Jahre 1956 verliessen, welche man als Nachwirkungen ("séquelles") von vor dem 1. Januar 1951 eingetretenen Ereignissen betrachtet habe (Académie de droit international, Recueil des cours, 1965 I, Band 154 der Sammlung, S. 364 f.). In der Bundesrepublik Deutschland, die zu den Vertragsstaaten gehört und deren Praxis hier wegen der deutschen Staatsangehörigkeit der Beklagten neben der schweizerischen Praxis von besonderer Bedeutung ist, hat die innere Verwaltung nach den Feststellungen, die das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Urteil vom 13. Februar 1962 (FamRZ 1962 S. 160 f.) auf Grund der Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern vom 20. Dezember 1956 und 13. September 1957 traf, die - anerkannten - Ungarnflüchtlinge des Winters 1956/57 von Anfang an als Flüchtlinge im Sinne des Abkommens behandelt (vgl. auch MICHEL a.a.O., der ebenfalls auf das Rundschreiben des genannten Bundesministeriums vom 13. September 1957 hinweist und daraus den gleichen Schluss zieht wie das Oberlandesgericht Stuttgart). Das Oberlandesgericht Stuttgart hat sich im erwähnten Urteil der dargestellten Verwaltungspraxis mit näherer Begründung angeschlossen. Der bereits zitierte Kommentar PALANDT erklärt unter Hinweis auf dieses Urteil und den Aufsatz von MICHEL, die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens sei für die Ungarnflüchtlinge des Jahres 1956 anerkannt (N. 6 a. E. zu EGBGB 17, S. 1739). Der Kommentar ERMAN zum BGB (4. Aufl., 2. Band,Münster/Westf. 1967) bemerkt, unter die Konvention falle auch, wer auf Grund der vor dem Stichtag in den osteuropäischen Staaten eingetretenen politischen Umwälzungen nach dem Stichtag geflohen ist (Anhang zu Art. 29 EGBGB, Bem. zu Art. 1 lit. A des Abkommens, S. 1824). Bei Beurteilung der Anwendbarkeit und der Bedeutung staatsvertraglicher BGE 93 II 354 S. 362 Abmachungen ist die Praxis der politischen und administrativen Behörden für die Gerichte nicht verbindlich ( BGE 81 II 330 ; ebenso das angeführte deutsche Urteil). Sie ist aber für die eigene Meinungsbildung des Richters immerhin von wesentlichem Interesse ( BGE 81 II 330 ). Das gilt ganz besonders dann, wenn es sich wie hier um ein internationales Abkommen handelt, dessen Anwendung zum weitaus grössten Teil in den Händen der genannten Behörden liegt. In einem solchen Falle lässt sich ein Abweichen von der Praxis dieser Behörden nur rechtfertigen, wenn schlechthin zwingende Gründe ihre Übernahme verbieten. So verhält es sich hier nicht. Die Bedenken, die in der Regel gegen eine ausdehnende Auslegung staatsvertraglicher Abmachungen bestehen mögen ( BGE 90 I 47 unten mit Hinweisen), fallen weg, wenn wie hier die Praxis aller Vertragsstaaten oder doch die Praxis der Staaten, die an dem zu beurteilenden Falle unmittelbar interessiert sind, der fraglichen Auslegung zustimmt. Der Kläger ist daher auch von den schweizerischen Gerichten als Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951 zu behandeln, so dass er für seine Person den durch Art. 7 h Abs. 1 NAG geforderten Nachweis nicht zu leisten hat. (Voraussichtlich wird übrigens bei Erlass des Sachurteils im vorliegenden Prozess für die Schweiz und für die Bundesrepublik Deutschland das Protokoll vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge gelten, das den Stichtag des 1. Januar 1951 beseitigt und das gemäss Bekanntmachung des Hochkommissars der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge vom 5. Oktober 1967 infolge Hinterlegung der sechsten Beitrittsurkunde in Kraft getreten ist.) 5. Zu prüfen bleibt nach der Rechtsprechung, ob der Nachweis im Sinne von Art. 7 h Abs. 1 NAG für die Beklagte erbracht sei. Ist diese Frage zu bejahen, so kann dahingestellt bleiben, ob und allenfalls in welchem Sinne der von der Rechtsprechung aufgestellte Grundsatz, dass dieser Nachweis nicht nur für den Kläger, sondern auch für den Beklagten erforderlich ist, zu lockern sei. Die Vorinstanz hat zur Frage der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch den Heimatstaat der Beklagten nicht Stellung genommen. Sie hat also das deutsche Recht, das für den Entscheid über die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte zur Beurteilung der vorliegenden Scheidungsklage BGE 93 II 354 S. 363 neben Art. 7 h NAG und dem ebenfalls zum schweizerischen Bundesrecht gehörenden Flüchtlingsabkommen massgebend ist, nicht angewendet. Das Bundesgericht ist daher nach Art. 65 OG befugt, es selbst anzuwenden. Sein Inhalt lässt sich auf Grund des einschlägigen Schrifttums mit genügender Zuverlässigkeit ermitteln (vgl. zu diesem Erfordernis BGE 93 II 184 b mit Hinweisen). 6. Für Klagen auf Scheidung einer Ehe kann nach § 606 der deutschen ZPO stets ein deutsches Gericht angerufen werden, wenn auch nur einer der beiden Ehegatten die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt (STEIN/JONAS, Kommentar zur ZPO, 17./18. Aufl., Tübingen 1956 ff., N. II zu § 606 b [4. Nachtrag Juli 1960]; ROSENBERG, Lehrbuch des deutschen Zivilprozessrechts, 8. Aufl., München und Berlin 1960, § 161 II l'S. 804; RAAPE, Internationales Privatrecht, 5. Aufl., Berlin und Frankfurt a. M. 1961, S. 298; BAUMBACH/LAUTERBACH, ZPO, 28. Aufl., München und Berlin 1965, N. 2 A zu § 606 b). Zuständig ist in solchen Fällen nach § 606, wenn keiner der Ehegatten im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, das Landgericht Berlin (STEIN/JONAS N. II 2 f zu § 606; ROSENBERG a.a.O. Ziff. 2 S. 804 f.; BAUMBACH/LAUTERBACH N. 4 A zu § 606). Auf eine Klage, die der in der Schweiz wohnhafte Kläger dort anbrächte, wäre gemäss Art. 17 Abs. 1 EGBGB in Verbindung mit Art. 12 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens grundsätzlich schweizerisches Recht anwendbar (vgl. RAAPE S. 294 Ziff. 6 in Verbindung mit S. 63 und das erwähnte Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, das auf die Klage eines in Deutschland wohnhaften ungarischen Flüchtlings unter Berufung auf die genannten Bestimmungen deutsches Recht als das Recht des Wohnsitzlandes des Klägers angewendet hat). Im Hinblick auf diese Klagemöglichkeit dürfte im vorliegenden Falle nicht angenommen werden, dem klagenden Ehegatten müsse zur Vermeidung einer Rechtsverweigerung ein Notgerichtsstand in der Schweiz gewährt werden, wie es im Falle BGE 88 II 329 ff. geschehen war. Deutschland beansprucht jedoch für die Scheidung von Ehen, bei denen wenigstens ein Ehegatte Deutscher ist, in internationaler Hinsicht nicht die ausschliessliche Zuständigkeit in dem Sinne, dass es ausländischen Urteilen auf Scheidung solcher Ehen die Anerkennung in jedem Fall versagen würde. Der Umstand, dass § 606 ZPO die dort vorgesehenen Gerichtsstände als ausschliessliche bezeichnet, hindert die Anerkennung derartiger BGE 93 II 354 S. 364 Urteile in Deutschland namentlich dann nicht, wenn der Beklagte (Mann oder Frau) nicht Deutscher ist, oder wenn der Beklagte zwar die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, aber seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland hat, oder wenn die Ehegatten ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt zuletzt im Ausland hatten (STEIN/JONAS N. V zu § 606 b ZPO ; ROSENBERG § 149 III 3 b, S. 748; RAAPE S. 308 f.; BAUMBACH/LAUTERBACH N. 2 B zu § 606 a ZPO , S. 1024; PALANDT N. 6 b zu EGBGB 17, S. 1739 unten; VEBB 1959/60 Nr. 71, Erw. 2 S. 144). Im vorliegenden Falle hat die Beklagte ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz und hatten die Ehegatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt ebenfalls in diesem Lande. Daher ist anzunehmen, dass der schweizerische Gerichtsstand durch Deutschland anerkannt würde, wenn beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige wären. Das gleiche darf aber auch angenommen werden für den hier gegebenen Fall, dass nur die Beklagte die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und der Kläger ein unter das internationale Abkommen fallender Flüchtling ist. Die Tatsache, dass der Heimatstaat des Klägers die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts nicht anerkennt, steht der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch Deutschland nicht im Wege, weil Art. 16 des für die Schweiz und für Deutschland geltenden Flüchtlingsabkommens die Flüchtlinge im Sinne des Abkommens hinsichtlich des Zugangs zu den Gerichten den Angehörigen ihres Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsstaates gleichstellt (vgl. das angeführte Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart, FamRZ 1962 S. 161). Der Nachweis der Anerkennung des schweizerischen Gerichtsstandes durch das Heimatland der Beklagten darf somit als erbracht gelten. (Den - im voraus unmöglich zu erbringenden - Nachweis der Anerkennung des Urteils durch den Heimatstaat fordert Art. 7 h NAG nicht; vgl. BGE 43 II 283 Erw. 3 und STAUFFER N. 10, BECK N. 50 zu Art. 7 h NAG .) Hinsichtlich der Frage, ob das Heimatland der Beklagten den geltend gemachten Scheidungsgrund zulasse, genügt für den vorliegenden Zuständigkeitsentscheid die Feststellung, dass die Klage damit begründet wird, die Ehe sei aus Verschulden der Beklagten tief zerrüttet, und dass in derartigen Fällen der Scheidungsgrund von § 43 des deutschen Ehegesetzes zutreffen kann. Die nähere Prüfung der Frage, ob die Scheidung im vorliegenden BGE 93 II 354 S. 365 Falle nach deutschem Recht zulässig sei, ist dem Sachurteil vorzubehalten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau (1. Zivilabteilung) vom 13. Januar 1967 wird bestätigt.
public_law
nan
de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_004
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Federation
8539084f-a8ff-4032-b7b0-576cd8069b34
Urteilskopf 108 II 325 63. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Oktober 1982 i.S. Europea Tosolini und Mitbeteiligte gegen EVG Entwicklungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH (Berufung)
Regeste Erfindungshöhe, Übergangsrecht. Die Frage der Erfindungshöhe beurteilt sich für Altpatente nicht nach Art. 1 des Patentgesetzes in der Fassung von 1976, sondern nach altem Recht.
Erwägungen ab Seite 325 BGE 108 II 325 S. 325 Aus den Erwägungen: 1. Gegenstand der Berufung ist nach übereinstimmender Erklärung der Parteien ausschliesslich die Frage, ob das Handelsgericht durch Verneinung der Erfindungshöhe Bundesrecht verletzt hat. Während dem angefochtenen Urteil das Patentgesetz in der Fassung von 1954 zugrunde liegt, berufen sich die Beklagten auf die Fassung von 1976, wonach nicht patentfähig ist, was sich in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt ( Art. 1 Abs. 2 PatG ). a) Auch die Beklagten gehen zutreffend davon aus, dass sich für das Streitpatent die "Nichtigkeitsgründe" weiterhin nach altem Recht beurteilen ( Art. 142 Abs. 2 lit. c PatG ). Sie wollen das jedoch nur insoweit gelten lassen, als es sich um den Katalog der Nichtigkeitsgründe in Art. 26 PatG handelt, nicht aber für die Definition der Erfindung in Art. 1 PatG . Einer solchen Differenzierung BGE 108 II 325 S. 326 dürfte indes schon der Wortlaut von Art. 26 Ziff. 1 aPatG entgegenstehen, wonach ein Patent nichtig zu erklären ist, "wenn die Voraussetzungen des ersten Absatzes von Art. 1 nicht erfüllt sind". Welches diese Voraussetzungen sind, bildet demnach Teil des Nichtigkeitsgrundes, für den insgesamt altes Recht anzuwenden ist. Richtig ist freilich, dass mit dem Beitritt zum Europäischen Patentharmonisierungsabkommen und mit der Anpassung des Patentgesetzes die bisherigen Anforderungen an die Erfindungshöhe gemildert werden sollten (Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Patentgesetzes vom 24. März 1976, BBl 1976 II 67). Entgegen der Meinung der Beklagten heisst das keineswegs, dass diese Grundsätze auch auf Altpatente anzuwenden seien. Die Übergangsbestimmung von Artikel 12 des Abkommens (BBl 1976 II 135 f.) bezieht sich nur auf neue Patenterteilungen und besagt nichts für die Behandlung von Altpatenten. Entscheidend ist jedoch der zutreffende Hinweis der Klägerin, dass bei der Revision des Patentgesetzes die Beibehaltung der bisherigen Nichtigkeitsgründe für Altpatente ausdrücklich damit begründet wurde, nur so werde "eine nicht beabsichtigte Rückwirkung des neuen Gesetzes", das die Patentierbarkeitsvoraussetzungen ändere, vermieden (BBl 1976 II 115). Dies setzt indessen voraus, dass Art. 1 ebenfalls in der früheren Fassung angewandt wird. Das entspricht denn auch Lehre und Rechtsprechung zu Art. 112 lit. a aPatG, der gleich lautet wie die Übergangsbestimmung von Art. 142 Abs. 1 lit. c PatG ( BGE 89 II 164 E. 3, BGE 93 II 509 E. 3). In Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil ist daher die Frage der Erfindungshöhe nach altem Recht zu beurteilen.
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853a931a-b402-4dcc-aadb-6028178b25a8
Urteilskopf 106 II 117 22. Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Juni 1980 i.S. R. gegen R. (Berufung)
Regeste Scheidungsprozess, Berufung ans Bundesgericht. Die Berufung, mit der einzig bezweckt wird, einem Scheidungsurteil einen anderen Scheidungsgrund zugrundezulegen, ist nicht zulässig. Das gilt auch für den Scheidungsgrund des Ehebruchs (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 117 BGE 106 II 117 S. 117 Am 13. Juli 1978 hob Pierina R. eine Trennungsklage an, die sie auf Art. 142 ZGB stützte. Im Laufe des Instruktionsverfahrens vor dem Bezirksgericht schlossen die Parteien eine Konvention, in der sie dem Gericht beantragten, ihre Ehe wegen tiefer und unheilbarer Zerrüttung zu trennen, und sie die Nebenfolgen der Trennung regelten. An Schranken verlangte die Klägerin, die Ehe sei "auf beidseitiges Begehren gemäss Art. 142 ZGB bzw. Art. 137 ZGB auf unbestimmte Zeit zu trennen". Mit Urteil vom 22. März 1979 trennte das Bezirksgericht die Ehe der Parteien in Anwendung von Art. 142 Abs. 1 und 146 ZGB auf unbestimmte Zeit und regelte die Nebenfolgen der Trennung. Das Begehren der Klägerin, die Trennung auch gestützt auf Art. 137 ZGB auszusprechen, wies es ab, weil BGE 106 II 117 S. 118 das gemeinsame Trennungsbegehren in der Trennungskonvention einen Verzicht auf die Anrufung eines von Art. 142 ZGB verschiedenen Trennungsgrundes impliziere und weil die Klägerin gar kein Interesse daran habe, gesondert feststellen zu lassen, dass auch die Voraussetzungen von Art. 137 ZGB gegeben seien. Gegen dieses Urteil erklärte die Klägerin die Berufung an das Kantonsgericht St. Gallen, wobei sie unter anderem an ihrem Antrag festhielt, die Ehe sei auch in Anwendung von Art. 137 ZGB zu trennen. In diesem Punkt wies das Kantonsgericht die Berufung mit Urteil vom 19. Dezember 1979 ab, mit der Begründung, der in der Trennungskonvention enthaltene Verzicht auf die Anrufung des Art. 137 ZGB sei zulässig. Mit der vorliegenden Berufung ans Bundesgericht beantragt die Klägerin, die Ehe der Parteien sei in Anwendung von Art. 137 und 142 ZGB auf unbestimmte Zeit gerichtlich zu trennen. Das Bundesgericht tritt auf die Berufung nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die beiden kantonalen Instanzen haben die Ehe der Parteien in Anwendung von Art. 142 ZGB auf unbestimmte Zeit getrennt. Die Klägerin hat damit materiell ihr Ziel erreicht. Mit ihrer Berufung möchte sie lediglich durchsetzen, dass im Urteilsdispositiv als Trennungsgrund neben Art. 142 ZGB auch Art. 137 ZGB aufgeführt wird. Nach Rechtsprechung und Lehre bildet der Scheidungs- bzw. Trennungsgrund nicht Bestandteil des Urteilsdispositivs, sondern er gehört zu den Urteilsmotiven ( BGE 69 II 350 , BGE 68 II 338 , BÜHLER, N. 54 der Einleitung zu Art. 137 ff. ZGB ; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 3. Aufl., S. 209; STRÄULI/MESSMER, N. 11 zu § 202 ZPO /ZH). Nach Art. 143 ZGB geht die Klage auf Scheidung oder Trennung schlechthin; es gibt somit nicht für jeden Scheidungsgrund eine besondere Scheidungsklage, d.h. einen besonderen Scheidungsanspruch, sondern eine einzige Scheidungs- bzw. Trennungsklage, die allerdings verschiedener Begründung fähig ist (BÜHLER, N. 51 der Einleitung). Da aber die Urteilsmotive an der Rechtskraft des Urteils nicht teilhaben, ist eine Berufung, die sich bloss gegen die Begründung eines Entscheids richtet, mangels Beschwerung des Berufungsklägers nicht zulässig BGE 106 II 117 S. 119 ( BGE 103 II 159 /160, BGE 102 II 127 , BGE 86 II 383 , BGE 74 II 177 , BGE 56 II 136 /137, 40 II 574; BIRCHMEIER, Handbuch des OG, S. 75). Dies gilt auch dann, wenn die Motive (zu Unrecht) formell ins Dispositiv aufgenommen worden sind; dadurch wird ihr Charakter nicht geändert und der Berufungskläger nicht beschwert ( BGE 40 II 574 : Unzulässigkeit einer Berufung gegen die im Dispositiv enthaltene, materiell aber zur Begründung gehörende Feststellung, dass der Berufungskläger an der Zerrüttung der Ehe vorwiegend schuldig sei). Das Bundesgericht tritt deshalb grundsätzlich nicht auf Berufungen ein, mit denen einzig bezweckt wird, einem Scheidungsurteil einen andern bzw. einen zusätzlichen Scheidungsgrund zugrundezulegen ( BGE 69 II 350 /351, BGE 68 II 338 ). Die Berufung gegen den Scheidungsgrund wird jedoch entgegen diesem Grundsatz ausnahmsweise zugelassen, wenn es sich um den Scheidungsgrund des Ehebruchs handelt ( BGE 69 II 350 , 68 II 338/339, BGE 47 II 249 /250). Diese Ausnahme wird in den zitierten Entscheiden damit begründet, dass die Nebenfolgen der Scheidung, insbesondere die dem schuldigen Ehegatten gemäss Art. 150 Abs. 1 ZGB aufzuerlegende Wartefrist, bei einer Scheidung wegen Ehebruchs nicht gleich seien wie bei einer solchen wegen tiefer Zerrüttung und dass abgesehen davon der Ehebruch eine so schwere Verletzung der ehelichen Pflichten darstelle, dass dem verletzten Ehegatten das Recht auf dessen Feststellung durch den Ehescheidungsrichter in allen Fällen gewahrt bleiben müsse. Nach der bisherigen Rechtsprechung wäre die Berufung der Klägerin, mit der sie feststellen lassen will, das die Trennung auch gestützt auf Art. 137 ZGB ausgesprochen werde, somit als zulässig zu betrachten. 2. An dieser Rechtsprechung kann indessen nicht festgehalten werden. a) Was zunächst den Einfluss des Scheidungsgrundes auf die Scheidungsfolgen anbetrifft, so hat das Bundesgericht schon in BGE 69 II 351 festgehalten, dass diese von der Berufungsinstanz auch ohne formelle Abänderung des Urteilsdispositivs im Scheidungspunkt sachgerecht geordnet werden können (vgl. auch BÜHLER, Einleitung N. 53; HINDERLING, a.a.O. S. 215). Insbesondere ist das Bundesgericht in der Beurteilung der Schuldfrage frei, auch wenn der Scheidungspunkt nicht mehr streitig ist. Es kann z.B. einem Ehegatten eine Rente gemäss Art. 151 ZGB zusprechen, die grundsätzlich Schuldlosigkeit BGE 106 II 117 S. 120 voraussetzt, obwohl die Ehe vom kantonalen Richter aus einem Grund geschieden wurde, der ein Verschulden des betreffenden Gatten impliziert (HINDERLING, a.a.O. S. 216/217). Dass die Entscheidung im Scheidungspunkt derart jener hinsichtlich der Nebenfolgen widersprechen kann, ist die notwendige Folge des Grundsatzes, dass die Entscheidungsgründe an der Rechtskraft des Urteils nicht teilhaben (LEUCH, Die ZPO für den Kanton Bern, 3. Aufl., S. 313; E. HÄGI, Die Beschwer als Rechtsmittelvoraussetzung im schweizerischen und im deutschen Zivilprozessrecht, Diss. Zürich 1974, S. 202). b) Das Eheverbot, das der Richter nach Art. 150 Abs. 1 ZGB dem schuldigen Ehegatten aufzuerlegen hat, hat den Charakter einer Strafe, die von Amtes wegen zu verhängen ist, wenn die Voraussetzungen dafür erfüllt sind, nicht jedoch denjenigen einer Genugtuung für den verletzten Ehegatten ( BGE 69 II 353 , 68 II 149; BÜHLER, N. 1 zu Art. 150 ZGB ). Dieser hat keinen Anspruch auf Aussprechung des Eheverbots gegenüber dem schuldigen Gatten und kann deshalb mangels Beschwerung auch kein Rechtsmittel einlegen, wenn der Richter keines auferlegt hat (BÜHLER, N. 32 zu Art. 150 ZGB ; HINDERLING, a.a.O. S. 116/117; HÄGI, a.a.O. S. 142/143, 386/387). Kann aber der verletzte Ehegatte die Frage des Eheverbots für sich allein nicht zum Gegenstand einer Berufung machen, so besteht auch kein Grund, ihm zu gestatten, im Berufungsverfahren nur wegen des damit verbundenen Eheverbots den Scheidungsgrund des Ehebruchs feststellen zu lassen (HINDERLING, a.a.O. S. 215; HÄGI, a.a.O. S. 200). Wird die Ehe wie im vorliegenden Fall nur getrennt, so kommt der Frage der Wartefrist im übrigen keine Bedeutung zu. Sollte eine der Parteien nach Ablauf einer Trennungszeit von drei Jahren gestützt auf Art. 148 ZGB die Scheidung verlangen, so kann, da die Dauer einer vorausgegangenen gerichtlichen Trennung nach Art. 150 Abs. 2 ZGB in die Wartefrist einzurechnen ist und diese höchstens drei Jahre betragen darf, ein Eheverbot nicht ausgesprochen werden. Abgesehen davon wird der Scheidungsrichter das Verhalten der Parteien frei würdigen können, ohne an die Beurteilung des Trennungsrichters gebunden zu sein ( BGE 100 II 243 ; BÜHLER, N. 51 zu Art. 147/148 ZGB; HÄGI, a.a.O. S. 372). c) Dass der Ehebruch dem verletzten Ehegatten deswegen Anspruch auf Feststellung durch den Berufungsrichter geben BGE 106 II 117 S. 121 soll, weil er eine besonders schwere Verletzung der ehelichen Pflichten darstellt, vermag nicht zu überzeugen. Es gibt auch andere Scheidungsgründe, die auf ebenso schweren Pflichtverletzungen beruhen, z.B. die Nachstellung nach dem Leben ( Art. 138 ZGB ). In diesen Fällen lässt die Rechtsprechung aber die Berufung gegen den Scheidungsgrund nicht zu. Es ist nicht einzusehen, weshalb der Scheidungsgrund des Ehebruchs diesbezüglich eine Sonderbehandlung verdienen soll (HINDERLING, a.a.O. S. 215). Aus dem materiellen Scheidungsrecht, das nach dem bereits Gesagten nur eine Klage auf Scheidung oder Trennung schlechthin kennt, lässt sich eine solche jedenfalls nicht ableiten. Der Scheidungsspruch als solcher hat nicht die Funktion, dem Kläger Genugtuung zu verschaffen. Fühlt sich ein Ehegatte durch die Umstände, die zur Scheidung geführt haben, in seinen persönlichen Verhältnissen schwer verletzt, so kann er nach Art. 151 Abs. 2 ZGB eine Summe Geldes als Genugtuung verlangen. Würde man einen im Berufungsverfahren durchsetzbaren Anspruch auf Aufnahme des Scheidungsgrundes des Ehebruchs ins Urteilsdispositiv mit der Begründung anerkennen, es handle sich dabei um eine besonders schwere Pflichtverletzung, so liefe dies auf eine andere Art der Genugtuung heraus, für die das Gesetz keine Grundlage bietet. d) In der Lehre wird die Sonderbehandlung des Scheidungsgrundes des Ehebruchs dadurch gerechtfertigt, dass die strafrechtliche Erfassung des Ehebruchs gemäss Art. 214 StGB dessen Feststellung im Scheidungsurteil voraussetze (BÜHLER, N. 52 der Einleitung; HINDERLING, a.a.O. S. 215/216; HÄGI, a.a.O. S. 387 ff.). Auf diesen strafrechtlichen Gesichtspunkt kann es jedoch nicht ankommen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Straftatbestand des Ehebruchs in der Praxis eine ausserordentlich geringfügige Rolle spielt. So wurden in den Jahren 1969 bis 1978 im Jahresdurchschnitt 1634 Ehen in Anwendung von Art. 137 ZGB geschieden (Statistisches Jahrbuch der Schweiz, 1979 S. 44), aber nur 4,2 Strafurteile wegen Ehebruchs ausgesprochen (Die Strafurteile in der Schweiz, herausgegeben vom Bundesamt für Statistik, 1969-1978). Die Scheidung wegen Ehebruchs führt also nur in den seltensten Fällen zur Bestrafung des Ehebrechers. Diesem Umstand ist bei der Beurteilung der Frage, ob eine Berufung gegen den Scheidungsgrund im Falle des Ehebruchs wegen Art. 214 StGB ausnahmsweise zugelassen werden müsse, Rechnung zu tragen. Auch im BGE 106 II 117 S. 122 vorliegenden Fall macht die Klägerin übrigens nicht geltend, sie gedenke gegen den Beklagten Strafantrag wegen Ehebruchs zu stellen. Sodann gewährt der Umstand, dass es sich bei Art. 214 StGB um ein Antragsdelikt handelt, dem beleidigten Ehegatten entgegen der sinngemäss von HÄGI (a.a.O. S. 389) vertretenen Ansicht kein subjektives Recht auf Bestrafung des Ehebrechers, das er allenfalls verlieren würde, wenn er die Feststellung des Ehebruchs als Scheidungsgrund im Scheidungsurteil nicht durchsetzen könnte. Auch bei den Antragsdelikten steht der Strafanspruch grundsätzlich ausschliesslich dem Staat zu ( BGE 72 I 293 ). Wenn der Gesetzgeber in gewissen Fällen die Strafverfolgung von einem Antrag des Verletzten abhängig macht, so will er diesem damit nicht ein Mittel in die Hand geben, sein Interesse an der Strafverfolgung des Täters wirksam durchsetzen zu können. Er stellt das Erfordernis des Strafantrags vielmehr deswegen auf, weil er in diesen Fällen keinen genügenden Anlass sieht, den staatlichen Strafanspruch gegen den Willen des Verletzten geltend zu machen ( BGE 79 IV 103 ; REHBERG, Der Strafantrag, ZStrR 85/1969, S. 272). Dementsprechend hat der Antragsteller, obwohl er nach Art. 270 Abs. 1 BStP zur Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof legitimiert ist, von Bundesrechts wegen keinen Anspruch darauf, im kantonalen Strafverfahren Parteirechte auszuüben ( BGE 84 IV 131 ). Auch ist er nicht befugt, gegen einen Einstellungsbeschluss oder ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu führen ( BGE 72 I 292 ff.). Kann aber der verletzte Ehegatte sein Interesse an der Bestrafung des Ehebrechers im Strafprozess - abgesehen von der Möglichkeit der Erhebung der Nichtigkeitsbeschwerde - nicht selbständig zur Geltung bringen, so ist nicht einzusehen, weshalb es ihm im Zivilprozess gestattet sein sollte, zur Wahrung dieses Interesses ein ihm sonst nicht zustehendes Rechtsmittel zu ergreifen und von der Berufungsinstanz den Scheidungsgrund des Ehebruchs feststellen zu lassen. Auf die Berufung kann daher nicht eingetreten werden.
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Urteilskopf 105 Ib 234 37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Oktober 1979 i.S. B. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Verweigerung der Niederlassungsbewilligung bei Kantonswechsel. Dem Ausländer mit Niederlassungsbewilligung in einem Kanton darf bei Kantonswechsel die neue Bewilligung verweigert werden, wenn ein Ausweisungsgrund aus der Schweiz besteht.
Sachverhalt ab Seite 234 BGE 105 Ib 234 S. 234 B. wohnt seit 1966 in der Schweiz. Er hielt sich vorwiegend in den Kantonen Solothurn und Bern auf und besass zuletzt die Niederlassungsbewilligung des Kantons Bern. 1973 wurde er wegen SVG-Vergehen und 1976 wegen fortgesetzter Vernachlässigung von Unterstützungspflichten gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau und seinen zwei Kindern, die heute im Kanton Basel-Landschaft leben, zu Gefängnisstrafen von 40 Tagen und zwei Monaten verurteilt. Am 6. September 1976 drohte ihm das Polizeidepartement des Kantons Solothurn die Ausweisung für den Fall an, dass er erneut in relevanter Weise straffällig werde oder seine (damaligen) Schulden nicht regelmässig tilgen oder neue, nicht zwingend gegebene Schulden eingehen sollte. Er beging jedoch bereits in den Monaten Mai und Juni 1977 erneut strafrechtliche Verfehlungen, weshalb er wegen wiederholter Veruntreuung und BGE 105 Ib 234 S. 235 Urkundenfälschung am 30. März 1978 in Interlaken zu 50 Tagen Gefängnis verurteilt wurde. Am Tag nach der Verurteilung meldete sich B. in Ringgenberg nach dem Kanton Zürich ab, wo er am 26. Mai 1978 in Rümlang das Gesuch um Erteilung der Niederlassungsbewilligung einreichte. Nachdem er in der Zwischenzeit dem Strafvollzug zugeführt worden war, verweigerte die Fremdenpolizei des Kantons Zürich aufgrund seiner Vorstrafen mit Verfügung vom 7. Juli 1978 die Erteilung der Niederlassungsbewilligung und setzte zum Verlassen des zürcherischen Kantonsgebietes eine Frist an. Am 6. Dezember 1978 wies der Regierungsrat des Kantons Zürich einen Rekurs gegen die Verfügung der Fremdenpolizei vom 7. Juli 1978 ab. Gegen diesen Entscheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Mit Schreiben vom 9. Februar 1979 teilte die Fremdenpolizei des Kantons Bern der Fremdenpolizei des Kantons Zürich mit, dass sie grundsätzlich bereit sei, B. bei einer allfälligen Rückkehr in den Kanton Bern die Niederlassungsbewilligung wieder zu erteilen. Sie behalte sich jedoch vor, ihm allfällig die Ausweisung anzudrohen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 3. Gemäss Art. 1 des Niederlassungsvertrags zwischen der Schweiz und Deutschland sind die Angehörigen jedes vertragsschliessenden Teiles berechtigt, sich in dem Gebiete des andern Teiles ständig niederzulassen oder dauernd oder zeitweilig aufzuhalten, wenn und solange sie die dortigen Gesetze und Polizeiverordnungen befolgen. Nach Art. 2 wird durch diesen Anspruch das Recht der Staaten nicht berührt, Angehörigen des andern Staates die Niederlassung oder den Aufenthalt zu untersagen, sei es infolge eines strafgerichtlichen Urteils, sei es aus Gründen der inneren oder äusseren Sicherheit des Staates, sei es aus sonstigen polizeilichen Gründen, insbesondere aus Gründen der Gesundheits-, Sitten- oder Armenpolizei. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, der angefochtene Entscheid verletze diese staatsvertragliche Regelung, sondern er stützt sich ausschliesslich auf das schweizerische Landesrecht. BGE 105 Ib 234 S. 236 Nach Art. 14 Abs. 4 ANAV kann dem Ausländer mit Niederlassungsbewilligung bei Wechsel des Kantons die neue Bewilligung verweigert werden, wenn ein Widerruf- oder Erlöschungsgrund vorliegt. Die Niederlassungsbewilligung erlischt unter anderem mit der Ausweisung ( Art. 9 Abs. 3 lit. b ANAG ). Nach der Rechtsprechung muss die Ausweisung nicht verfügt oder vollzogen worden sein, um die Niederlassungsbewilligung im neuen Kanton zu verweigern, sondern es genügt, wenn ein Ausweisungsgrund vorliegt ( BGE 101 Ib 225 f.). Nach Art. 10 Abs. 1 lit. a ANAG kann ein Ausländer aus der Schweiz oder einem Kanton ausgewiesen werden, wenn er wegen eines Verbrechens oder Vergehens gerichtlich bestraft wurde. Die Ausweisung soll indessen nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen angemessen erscheint. Für die Beurteilung der Angemessenheit sind gemäss Art. 16 Abs. 3 ANAV namentlich wichtig die Schwere des Verschuldens des Ausländers, die Dauer seiner Anwesenheit in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile. Die Frage der Angemessenheit einer Ausweisungsverfügung haben in erster Linie die kantonalen Behörden zu entscheiden. Das Bundesgericht prüft auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin ausschliesslich, ob die entscheidende Behörde ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat ( BGE 98 Ib 3 f.; Art. 104 lit. a OG ). Wenn eine Ausweisung nach Art. 10 Abs. 1 lit. a OG zwar rechtlich begründet, aber nach den Umständen nicht angemessen erscheint, soll sie bloss angedroht werden ( Art. 16 Abs. 3 ANAV ). Die Niederlassungsbewilligung im neuen Kanton darf deshalb verweigert werden, wenn ein Ausweisungsgrund sowohl in rechtlicher Hinsicht ( Art. 10 ANAG ) als auch gemäss Ermessensabwägung ( Art. 11 Abs. 3 ANAG ) gegeben ist. Es wird häufig vorkommen, dass der frühere Niederlassungskanton seine Bewilligung nicht widerruft, so dass der Ausländer jederzeit in den früheren Kanton zurückkehren könnte. Es geht indessen nicht an, die Niederlassungsbewilligung im neuen Kanton mit der Begründung zu verweigern, dass zwar die Ausweisung aus der Schweiz nach den Umständen eine unzumutbare Härte für den Betroffenen darstellen würde, dass die Ausweisung aus dem neuen Kanton aber nicht unangemessen sei, weil der Gesuchsteller im bisherigen Niederlassungskanton bleiben könne; denn stets muss ein Ausweisungsgrund aus der Schweiz gegeben sein. Vorausgesetzt werden also BGE 105 Ib 234 S. 237 Gründe, welche den Widerruf oder das Erlöschen der ursprünglichen Niederlassungsbewilligung rechtfertigen würden. In diesem Sinn ist BGE 101 Ib 225 zu präzisieren. Das bedeutet nicht, dass die Verweigerung der Niederlassungsbewilligung in einem neuen Kanton die Ausweisung aus dem bisherigen Niederlassungskanton voraussetzt. Wenn ein Kanton eine Ausweisung schon Niedergelassener nicht ausspricht, obwohl die Voraussetzungen dazu gegeben wären, kann deswegen ein andere Kanton nicht verpflichtet werden, seinerseits eine Niederlassungsbewilligung zu erteilen.
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Urteilskopf 82 II 495 66. Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Dezember 1956 i.S. K. und L. gegen K.
Regeste Anfechtung der Ehelichkeit. Nachweis der Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes ( Art. 254 ZGB ). "Moralische" Unmöglichkeit der Beiwohnung? Durch welche Beweismittel kann bewiesen werden, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe? Unter welchen Voraussetzungen kann der Kläger die Anordnung einer Blutuntersuchung verlangen? Kann die Durchführung einer solchen Untersuchung gegen den Widerstand der Beklagten erzwungen werden? Kann aus der Weigerung der Beklagten, sich der Blutuntersuchung zu unterziehen, gefolgert werden, diese hätte die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen?
Sachverhalt ab Seite 495 BGE 82 II 495 S. 495 A.- Der im Kanton Wallis heimatberechtigte K., geb. 1917, verheiratete sich im Dezember 1949 in Basel mit der um 10 Jahre jüngeren deutschen Staatsangehörigen L. Im August 1951 verliess er seine Frau. Vom Oktober 1951 an lebte er mit Witwe R. zusammen. Am 7. August 1952 gebar Frau K. eine Tochter. B.- Am 18. August 1952 klagte K., dem seine Frau die Schwangerschaft verschwiegen hatte, in seinem Heimatkanton auf Aberkennung der Ehelichkeit dieses Kindes. Er machte geltend, er habe seine Frau seit dem 1. August 1951 nicht mehr gesehen und empfinde gegen BGE 82 II 495 S. 496 sie einen derartigen Abscheu, dass er nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts unmöglich noch mit ihr hätte Geschlechtsverkehr haben können. Zum Beweis beantragte er das Parteiverhör und die Anordnung einer Blutprobe. Am 27. August 1952 erhob K. in Basel Klage auf Scheidung wegen Ehebruchs seiner Frau mit einem italienischen Nebenarbeiter und Schulfreunden aus Deutschland. Frau K. und das durch einen Beistand vertretene Kind liessen im Anfechtungsprozess behaupten, der Kläger sei nach dem 1. August 1951 noch oft zu seiner Frau heimgekehrt und habe mit ihr noch in der kritischen Zeit Geschlechtsverkehr gehabt. Der Blutuntersuchung widersetzten sie sich "aus prinzipiellen Gründen". Im Scheidungsprozess bestritt die Frau, die Ehe gebrochen zu haben, und warf dem Kläger ihrerseits Ehebruch mit Frau R. vor. C.- Am 22. Dezember 1952 ordnete der Instruktionsrichter von Brig im Anfechtungsprozess die Blutgruppenbestimmung an. Der Beistand des Kindes erklärte in dessen Namen gegen diese Verfügung die Berufung an das Kantonsgericht Wallis, weil der Kläger im Anfechtungsprozess ein ehewidriges Verhalten seiner Frau weder bewiesen noch ernsthaft behauptet habe, so dass stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft nicht dargetan seien, wie es nach BGE 71 II 60 notwendig wäre, um die Anordnung der Blutprobe zu rechtfertigen. Gegen den Entscheid vom 27. März 1953 (zugestellt 24. April 1953), mit dem das Kantonsgericht diese Berufung abwies, führte der Beistand des Kindes staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht. Dieses trat am 10. Juni 1953 auf die Beschwerde nicht ein, weil die behauptete Rechtsverletzung noch mit der Berufung gegen das Sachurteil des Kantonsgerichts gerügt werden könne. Den vier Vorladungen zur Blutuntersuchung, die der Instruktionsrichter im Anschluss an seine Verfügung vom 22. Dezember 1952, an die Ausfällung und die Zustellung des kantonsgerichtlichen Entscheids und an die Zustellung BGE 82 II 495 S. 497 des Dispositivs des bundesgerichtlichen Urteils erliess, leisteten Mutter und Kind keine Folge. Ihr Anwalt teilte dem Experten jeweils in letzter Stunde mit, dass sie nicht erscheinen würden. D.- Inzwischen hatte am 27. Mai 1953 die Beweisverhandlung im Scheidungsprozess stattgefunden. Dabei ergaben sich keine Anhaltspunkte für ehebrecherische oder ehewidrige Beziehungen der Beklagten mit dem italienischen Arbeiter C. Über die Beziehungen mit Schulfreunden aus Deutschland sagte die Beklagte zunächst aus, ein Schulkamerad, dessen Name sie nicht mehr wisse, sei einmal zwischen 21 Uhr 30 und 1 Uhr nachts in Abwesenheit des Klägers, aber in Gegenwart eines Fräuleins bei ihr gewesen, um ihr Grüsse ihrer Mutter zu überbringen. Auf weiteres Befragen gab sie zu, dass dieser Schulkamerad, der S. heisse und bei der deutschen Bahnpost angestellt sei, sie ungefähr alle vierzehn Tage ohne Voranmeldung um die angegebene Zeit besucht habe, und zwar auch noch, als sie schon vom Kläger getrennt gelebt habe. Daraufhin sistierte das Basler Gericht das Scheidungsverfahren bis nach rechtskräftiger Erledigung des Anfechtungsprozesses, weil "erhebliche Verdachtsgründe für Ehebruch der Beklagten bestehen". E.- Am 29. Juni 1953 wurden die Eheleute K. durch das Zivilgericht Basel im Auftrag des Instruktionsrichters im Anfechtungsprozess als "Auskunftspersonen" befragt. Beide Teile blieben bei ihrer Darstellung. Die Ehefrau behauptete, bei den Besuchen des S. sei immer eine Kollegin, Fräulein Sch., zugegen gewesen. Mit Eingabe vom 8. Juli 1953 beantragte der Anwalt von Mutter und Kind, S. und Fräulein Sch. seien als Zeugen zu vernehmen. Gleichzeitig gab er die Erklärung ab, seine Partei werde sich einer Blutprobe nicht widersetzen, falls vom Ehemann stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dargetan werden können. Am 24. November 1953 auf dem Requisitorialweg durch das zuständige deutsche Gericht verhört, gab S. im Widerspruch BGE 82 II 495 S. 498 mit den Zugeständnissen der Frau K. an, er sei ein einziges Mal, und zwar in Gegenwart des Ehemannes, bei dieser gewesen. Intime Beziehungen stellte er wie Frau K. in Abrede. F.- Am 19. Dezember 1953 ersuchte der Anwalt von Mutter und Kind das Walliser Kantonsgericht um Sistierung des Anfechtungsprozesses, bis im Scheidungsprozess ein rechtskräftiges Urteil vorliege, da erst nach Durchführung dieses letzten Prozesses entschieden werden könne, ob im Anfechtungsprozess die Blutprobe durchzuführen sei. Das Kantonsgericht entsprach diesem Gesueh. Das Zivilgericht Basel-Stadt nahm in der Folge das Scheidungsverfahren wieder auf und erkannte am 12. August 1954, die Ehe werde gemäss Art. 137 ZGB geschieden. Es betrachtete als erwiesen, dass die Beklagte mit S. und der Kläger (der im schuldhaft ehewidrigen Verhalten den Anfang gemacht habe und der Hauptschuldige sei) mit Frau R. die Ehe gebrochen habe. Das Kind wurde der Mutter zugesprochen. Am 22. Februar 1955 bestätigte das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt das erstinstanzliche Urteil. G.- Am 2. Juni 1955 gebar Frau L. gesch. K. einen Knaben, als dessen Vater sie ihren Verlobten W. angab. Der Kläger focht die Ehelichkeit dieses Kindes mit Klage vom 8. Juni 1955 an, doch wurde dieses Verfahren am 7. Mai 1956 wegen einer prozessualen Versäumnis des Klägers abgeschrieben. Nach Beizug der Scheidungsakten forderte das Kantonsgericht Wallis den Anwalt der Beklagten im ersten Anfechtungsprozess auf, sich bei den Schlussverhandlungen eindeutig darüber auszusprechen, ob die Beklagten gewillt seien, sich auf Anordnung des Kantonsgerichts der Blutuntersuchung zu unterziehen. Die Beklagten erneuerten darauf ihre Weigerung. H.- Am 13. Oktober 1955 hat das Kantonsgericht Wallis in Gutheissung der Anfechtungsklage festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des von der Zweitbeklagten BGE 82 II 495 S. 499 geborenen Mädchens und dieses daher als aussereheliches Kind der Frau L. gesch. K. in das Geburtsregister einzutragen sei. In den Erwägungen wird ausgefuhrt, eine physische Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann sei nicht gegeben. Der Kläger habe nicht beweisen können, dass er seine Frau seit der Trennung am 1. August 1951 nicht mehr gesehen habe. Auf Impotenz habe er sich nicht berufen, ebensowenig auf besondere Merkmale des Kindes, die geeignet wären, eine anderweitige Vaterschaft zu beweisen. Der Ehebruch der Mutter sei als bewiesen anzusehen. Ihr Verhältnis mit S. falle in die kritische Zeit. Damit sei allerdings die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers noch nicht bewiesen. Die moralische Unmöglichkeit seiner Vaterschaft ergebe sich indes aus der Tatsache, dass der Kläger seit dem 1. August 1951 von seiner Frau getrennt in einem als ehebrecherisch anzusehenden Verhältnis mit einer andern Frau zusammengelebt habe. Es sei in hohem Masse unwahrscheinlich, dass er gleichwohl noch ehelichen Verkehr mit seiner Frau gepflegt habe. Noch unwahrscheinlicher sei, dass er, der Kinder von jeher abgelehnt und sich offenbar auf die Empfängnisverhütung verstanden habe, "ausgerechnet nach erfolgter Trennung von seiner Frau sich überlisten oder die bisher geübte Vorsicht fallen liess". Die Angst, die die Ehefrau daran gehindert habe, dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt mitzuteilen, sei deshalb kaum darauf zurückzuführen, dass sie es nicht gewagt habe, ihrem Gatten die Ankunft eines ehelichen Sprosses bekanntzugeben. Es sei vielmehr die Angst vor der Entdeckung gewesen, dass sie es "fertig gebracht" habe, im Verkehr mit einem andern Manne ihren Wunsch nach einem Kinde zu befriedigen. Die Tatsache, dass sie bald nach der Scheidung ein zweites Kind geboren habe, lasse darauf schliessen, dass sie schon zur Zeit der Empfängnis des ersten Kindes nicht allzugrosse Hemmungen gehabt habe, sich S. hinzugeben. Das Gericht betrachte die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers aus diesen Gründen als erwiesen, "vor allem BGE 82 II 495 S. 500 aber darum, weil die beklagte Kindsmutter sich weigerte, sich mit dem Kinde zur Blutentnahme zu stellen". Diese Weigerung sei nach der Scheidung wegen beidseitigen Ehebruchs nicht mehr gerechtfertigt gewesen. Nach all den vergeblichen Versuchen, die beklagte Partei zur Hergabe von Blut zu bewegen, komme der Weigerung "durchschlagender Beweiswert zu im Sinne von Art. 255 Abs. 2 ZPO ". Diese Bestimmung, wonach die durch Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen im Falle wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei als erwiesen angenommen werden können, sei bei wiederholter Weigerung einer Partei, sich zur Blutentnahme zu stellen, analog anwendbar. Es sei nicht ganz abwegig, die hartnäckige Weigerung der Beklagten damit zu erklären, dass sie die vom Experten am 19. Juni 1953 ermittelte Blutgruppe des Klägers in Erfahrung gebracht und dann eine private Untersuchung veranlasst habe, aus der hervorgegangen sei, dass der Kläger nicht der Vater sein könne. Jedenfalls aber stehe das Gericht nicht an, aus der ungerechtfertigten Verweigerung der Blutentnahme den Schluss zu ziehen, dass die Blutprobe zu Ungunsten der Beklagten ausgefallen wäre und der Kläger demnach unmöglich der Vater sein könne. Schliesslich könnte noch der Grundsatz der freien Beweiswürdigung ( Art. 187 ZPO ) angerufen werden, dem als allgemeine Richtlinie innewohne, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde. Gegen dieses Urteil haben die Beklagten die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Während der ersten Beratung des Bundesgerichts liess der Anwalt der Beklagten dem Gericht mitteilen, dass seine Klientinnen bereit seien, sich der Blutgruppenuntersuchung zu unterziehen. Der vom Referenten in der Folge unternommene Versuch, eine Vereinbarung herbeizuführen, wonach die Blutprobe noch durchgeführt und je BGE 82 II 495 S. 501 nach ihrem Ausgang die Klage oder die Berufung zurückgezogen worden wäre, scheiterte dann aber am Widerstand der Beklagten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Ist ein Kind, wie es hier zutrifft, wenigstens 180 Tage nach Abschluss der Ehe geboren, so vermag der Ehemann seine Anfechtungsklage nach Art. 254 ZGB nur durch den Nachweis zu begründen, dass er unmöglich der Vater des Kindes sein könne. Als Beispiele solcher Unmöglichkeit wurden in den Erläuterungen zum Vorentwurf (Art. 279) und bei der parlamentarischen Beratung die Fälle genannt, dass während der Zeit, da die Empfängnis stattgefunden haben kann, ein ehelicher Verkehr wegen Abwesenheit, Krankheit oder Impotenz des Mannes ausgeschlossen war (Erl., 1. Ausg. 1. Heft S. 236, 2. Ausg. I. Bd. S. 254; Sten.Bull. 1905 S. 733, 1163). Die Vaterschaft des Ehemannes ist in der Tat unmöglich, wenn äussere Umstände (z.B. Landesabwesenheit oder strenge Internierung des einen Ehegatten) einen ehelichen Verkehr während der erwähnten Zeit ausschlossen oder wenn der Ehemann damals zeugungsunfähig war. Das Gesetz beschränkt die Anfechtungsklage aber nicht auf derartige Fälle. Es sagt nichts darüber, auf welchen Ursachen die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Ehemannes beruhen müsse. Daher ist grundsätzlich jeder Tatbestand, der dem Richter die Überzeugung verschafft, dass der Ehemann nicht der Vater sein kann, als Anfechtungsgrund anzuerkennen ( BGE 55 II 297 , BGE 62 II 77 ). Ob ein gegebener Sachverhalt diese Überzeugung zu begründen vermöge, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht überprüfen kann ( BGE 40 II 582 , BGE 42 II 90 ). Ausser bei Unmöglichkeit der Beiwohnung aus äussern Gründen und bei Zeugungsunfähigkeit des Ehemannes ist die Anwendung von Art. 254 ZGB in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bisher in folgenden Fällen als zulässig bezeichnet worden: BGE 82 II 495 S. 502 a) Schon in seinem ersten veröffentlichten Entscheide zu dieser Bestimmung hat das Bundesgericht erklärt, es brauche nicht immer der Nachweis der physischen Unmöglichkeit der Zeugung durch den Ehemann erbracht zu werden, sondern unter Umständen genüge auch der Nachweis einer "moralischen" Unmöglichkeit ( BGE 39 II 12 Erw. 4). Gemeint ist der Nachweis einer psychischen Einstellung der Ehegatten, die eine Beiwohnung trotz bestehender Gelegenheit als ausgeschlossen erscheinen lässt ( BGE 40 II 585 , BGE 42 II 313 , BGE 62 II 78 /79, BGE 71 II 58 ). Es ist klar, dass eine solche Unmöglichkeit nicht leichthin, sondern nur auf Grund einer strengen Prüfung angenommen werden darf ( BGE 62 II 78 ), da es erfahrungsgemäss selbst zwischen Ehegatten, die sich erbittert befeinden, nicht allzu selten noch zum Geschlechtsverkehr kommt. Das Bundesgericht hat denn auch bis heute die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung auf jeden Fall in der veröffentlichten Praxis noch nie als gegeben erachtet. b) Die Praxis anerkennt, dass die Vaterschaft des Anfechtungsklägers dann (physisch) unmöglich ist, wenn nachgewiesen werden kann, dass die Mutter bereits schwanger war, als sie zum ersten Mal mit ihm geschlechtlich verkehrte ( BGE 42 II 91 , BGE 55 II 297 , BGE 61 II 302 ). c) In BGE 55 II 295 ff. wurde eine Anfechtungsklage auf Grund der durch ein Gutachten bewiesenen Tatsache gutgeheissen, dass das Kind Rassenmerkmale aufwies, die nach den Ergebnissen der wissenschaftlichen Forschung die Vaterschaft des Klägers mit Sicherheit ausschlossen. d) Die neuere Rechtsprechung lässt die Anwendung von Art. 254 ZGB auch dann zu, wenn bewiesen wird, dass zwischen den Ehegatten um die Zeit der Empfängnis trotz allfällig vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein Geschlechtsverkehr stattfand ( BGE 62 II 76 ff., BGE 71 II 58 ). Es ist denn auch unbestreitbar, dass die Vaterschaft des Ehemannes in einem solchen Falle physisch unmöglich ist. Auf Grund der blossen Zugabe der Mutter darf der Richter das Ausbleiben des ehelichen Verkehrs um die Zeit BGE 82 II 495 S. 503 der Empfängnis freilich nicht als erstellt betrachten ( BGE 42 II 313 , BGE 62 II 79 , vgl. auch BGE 78 I 4 ). Wie im Scheidungs- muss auch im Anfechtungsprozess der in Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB niedergelegte Grundsatz gelten, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat, und dass Parteierklärungen irgendwelcher Art für ihn nicht verbindlich sind ( BGE 82 II 3 und dort zit. Entscheide); denn hier wie dort stehen neben den Interessen der Parteien auch öffentliche Interessen im Spiele. Das schliesst jedoch nicht aus, dass der Richter auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör abstellt, sofern das kantonale Recht dieses als Beweismittel vorsieht und ausgestaltet ( BGE 62 II 79 , BGE 71 II 58 ). Ob solche Aussagen im einzelnen Fall glaubwürdig seien, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die im Berufungsverfahren nicht überprüft werden kann ( BGE 62 II 80 ). Eine andere Frage ist es, ob der Richter die Behauptung des Klägers, dass um die Zeit der Empfängnis kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, auch dann als erwiesen betrachten und gestützt darauf die Anfechtungsklage gutgeheissen darf, wenn jene Behauptung nur durch eine glaubwürdig erscheinende Aussage, die der Kläger selber im Parteiverhör gemacht hat, bestätigt wird. Gegen diese Art der Beweisführung, die von vornherein nur dort in Betracht kommen könnte, wo das kantonale Prozessrecht den Beweis einer Tatsache durch die eigene Aussage der beweispflichtigen Partei im Parteiverhör zulässt (vgl. BGE 80 II 296 ), hat das Bundesgericht in BGE 62 II 80 im Hinblick auf die strengen Anforderungen von Art. 254 ZGB Bedenken geäussert, und seither ist es auf diese Frage nicht zurückgekommen. e) Schliesslich hat das Bundesgericht erklärt, die Vaterschaft des Ehemannes sei im Sinne von Art. 254 ZGB als unmöglich zu betrachten, wenn sie durch das Mittel der Blutuntersuchung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit BGE 82 II 495 S. 504 ausgeschlossen wird und durch andere Beweismittel ein Ehebruch der Mutter bewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht ist ( BGE 71 II 54 ff., BGE 79 II 17 ff., besonders 19/20). Dass der Kläger vorerst in dieser Weise stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft dartut, hat nach den eben angeführten Entscheiden mit Rücksicht auf die Ehre der Mutter als Voraussetzung für die Anordnung der Blutprobe zu gelten. Der Blutprobebeweis kann wie der an Rassenmerkmale anknüpfende Beweis (oben c) zum Ziele führen, auch wenn die Ehegatten in der Empfängniszeit ehelichen Verkehr pflogen. 2. Im vorliegenden Fall ist, wie die Vorinstanz feststellt, nicht dargetan, dass der Kläger und seine Ehefrau um die Zeit der Empfängnis aus äussern Gründen keinen Geschlechtsverkehr miteinander haben konnten. Zeugungsunfähigkeit des Klägers ist nicht behauptet. Auch ein Ausschluss seiner Vaterschaft auf Grund besonderer Rassenmerkmale des Kindes kommt nicht in Betracht. Die von der Vorinstanz angeordnete Blutuntersuchung wurde wegen der Weigerung der Beklagten, sich zur Blutentnahme zur Verfügung zu stellen, nicht durchgeführt. Es kann sich daher nur noch fragen, ob die moralische Unmöglichkeit der Beiwohnung bewiesen sei oder feststehe, dass in der Empfängniszeit trotz vorhandener Möglichkeit kein ehelicher Verkehr stattfand, oder ob es möglich sei, die bisher unterbliebene Blutprobe noch durchführen zu lassen oder aus der Weigerung der Beklagten abzuleiten, dass der Kläger unmöglich der Vater sein könne. 3. Die Vorinstanz erklärt, sie betrachte "die moralische Unmöglichkeit der Vaterschaft K. als erwiesen". Die von ihr angeführten Tatsachen vermögen jedoch die Annahme, dass ein ehelicher Verkehr um die Zeit der Empfängnis wegen der psychischen Einstellung der Ehegatten unmöglich gewesen sei, nicht zu rechtfertigen. Der Umstand, dass der Kläger während jener Zeit mit einer andern Frau in einem ehebrecherischen Verhältnis zusammenlebte, genügt keineswegs, um eine solche Unmöglichkeit BGE 82 II 495 S. 505 darzutun. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger nicht zugetraut werden dürfte, während seines Verhältnisses mit Frau R. gelegentlich auch noch mit seiner Ehefrau verkehrt zu haben, oder dass die Ehefrau sich wegen der Untreue des Mannes oder wegen ihrer eigenen Beziehungen mit S. jenem unter keinen Umständen mehr hätte hingeben wollen. Die Behauptung des Klägers, dass er gegen seine Ehefrau einen unüberwindlichen Abscheu empfunden habe, ist durch nichts belegt. Die Tatsache, dass er keine Kinder haben wollte, hinderte ihn offenbar vor der Trennung nicht am ehelichen Verkehr. Schon deshalb kann aus dieser Tatsache nicht geschlossen werden, es habe bei ihm eine Einstellung des Willens bestanden, die einen solchen Verkehr nach der Trennung ausgeschlossen habe. Die Annahme sodann, er habe sich auf die Verhütung einer Empfängnis verstanden und nach der Trennung die bisher geübte Vorsicht nicht fallen lassen, hat mit der Frage der moralischen Unmöglichkeit der Beiwohnung überhaupt nichts zu tun. Sie läuft darauf hinaus, dass die Vaterschaft des Klägers deshalb physisch unmöglich sei, weil er empfängnisverhütende Methoden angewendet habe. Es bedarf keiner näheren Begründung, dass die Tatsache der Anwendung solcher Mittel zur Entkräftung der Vermutung der Ehelichkeit noch viel weniger taugt als im Vaterschaftsprozess zur Widerlegung der - viel schwächern - Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB ( BGE 45 II 491 , BGE 51 II 258 ). Wenn schliesslich die Ehefrau, wie die Vorinstanz annimmt, keine grossen Hemmungen hatte, sich S. hinzugeben, und dem Kläger die Schwangerschaft und die Geburt deshalb nicht mitteilte, weil sie sich vor der Entdeckung fürchtete, dass sie von einem andern Mann ein Kind empfangen habe, so sind auch diese Tatsachen völlig ungeeignet, eine psychische Einstellung der Ehegatten zu beweisen, die einen ehelichen Verkehr zur Zeit der Empfängnis ausgeschlossen hätte. Das gleiche gilt von der im angefochtenen Urteil besonders betonten Tatsache, dass die Ehefrau sich weigerte, sich zur Blutentnahme BGE 82 II 495 S. 506 zu stellen. Von moralischer Unmöglichkeit im Sinne der bundesgerichtlichen Praxis kann daher keine Rede sein. 4. Über die Frage, ob nachgewiesen sei, dass um die Zeit der Empfängnis trotz vorhandener Möglichkeit tatsächlich kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, hat sich die Vorinstanz nicht ausgesprochen. Es erübrigt sich jedoch, die Sache zur Entscheidung hierüber an sie zurückzuweisen, weil heute schon feststeht, dass diese Frage nicht positiv beantwortet werden kann. Eine im Parteiverhör gemachte Aussage der Ehefrau, wonach sie mit dem Kläger in der fraglichen Zeit nicht geschlechtlich verkehrt hätte, liegt nicht vor. Die Ehefrau hat im Gegenteil bei der richterlichen Befragung im Scheidungs- und im Anfechtungsprozess mit Bestimmtheit behauptet, dass der Kläger noch während der Empfängniszeit (bis in den November 1951 hinein) mit ihr intime Beziehungen unterhalten habe. Der Kläger vermochte keine Zeugen zu nennen, die das Ausbleiben ehelichen Verkehrs in der erwähnten Zeit bestätigen könnten (was nur in Frage gekommen wäre, wenn festgestanden hätte, dass die Parteien sich damals bloss bei bestimmten Gelegenheiten und in Gegenwart Dritter getroffen haben). Die eigenen Parteiaussagen des Klägers vermögen seine Sachdarstellung schon aus Gründen des kantonalen Prozessrechts, dessen Anwendung das Bundesgericht in diesem von der Vorinstanz nicht behandelten Punkte gemäss Art. 65 OG selber vornehmen kann, nicht zu beweisen. Art. 251 Abs. 1 der ZPO des Kantons Wallis bestimmt nämlich, zur Feststellung erheblicher Tatsachen könne jede Partei die persönliche Befragung der Gegenpartei verlangen. Die Befugnis, die eigene Befragung zu verlangen, wird den Parteien im Gesetz nicht eingeräumt. Art. 251 sieht neben der Befragung auf Verlangen des Prozessgegners nur die Einvernahme der Parteien von Amtes wegen vor (Abs. 3). Die Vorschriften, wonach im Falle des wiederholten Ausbleibens der zu verhörenden Partei oder der Verweigerung der Antwort die durch das Parteiverhör abzuklärenden Tatsachen als erwiesen angesehen BGE 82 II 495 S. 507 werden können (Art. 255 Abs. 2 und Art. 260), haben nur dann einen vernünftigen Sinn, wenn die Befragung sich auf Tatsachen bezieht, die für die befragte Partei ungünstig sind. Aus alledem ist zu schliessen, dass die Walliser ZPO das Parteiverhör nur als Beweismittel zum Nachteil der befragten Partei, d.h. als Behelf zur Herbeiführung von Geständnissen, nicht dagegen als Beweismittel zugunsten der befragten Partei zulässt (vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 308 lit. c). Die Aussagen des Klägers im Parteiverhör vermöchten also seine Behauptung, dass während der Empfängniszeit kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe, selbst dann nicht zu beweisen, wenn man sich über die in BGE 62 II 80 geäusserten, aus Art. 254 ZGB hergeleiteten Bedenken gegen das Abstellen auf die Aussagen des beweispflichtigen Anfechtungsklägers hinwegsetzen wollte. Für die in Frage stehende Behauptung kann also auf jeden Fall der direkte Beweis durch Zeugen oder Parteiaussagen nicht erbracht werden. Was übrig bleibt, sind einige Indizien. Die Eheleute K. lebten in der Empfängniszeit getrennt und unterhielten ehebrecherische Beziehungen. Die Ehefrau hat dem Kläger die Schwangerschaft nach ihren eigenen Aussagen verschwiegen, weil sie wegen Drohungen vor ihm Angst gehabt habe. Im Prozess hat sie sich dann in missbräuchlicher Weise geweigert, zur Blutprobe Hand zu bieten (vgl. Erw. 5). Die Trennung und die beidseitige Untreue schlossen jedoch, wie schon in anderm Zusammenhang bemerkt, gelegentlichen ehelichen Verkehr keineswegs aus. Für das Verschweigen der Schwangerschaft und die als Grund dafür angegebene Angst mag die nächstliegende Erklärung freilich darin bestehen, dass die Ehefrau in der Empfängniszeit nicht mit ihrem Manne verkehrt hatte und sich daher sagen musste, dass sie sich mit der Mitteilung der Schwangerschaft des Ehebruchs bezichtigen würde. Zwingend ist dieser Schluss aber durchaus nicht. Sie kann sehr wohl auch dann aus Angst geschwiegen haben, wenn sie in der BGE 82 II 495 S. 508 Empfängniszeit noch mit dem Kläger verkehrt hatte, weil sie allen Grund zur Annahme hatte, dass die Geburt eines Kindes dem Kläger auf jeden Fall unwillkommen sein werde. Ähnlich verhält es sich auch mit der Weigerung, für die vom Instruktionsrichter angeordnete Untersuchung Blut herzugeben. Am wahrscheinlichsten ist zwar, dass sie sich deswegen weigerte, weil sie ein für sie ungünstiges Ergebnis der Untersuchung befürchtete. Dieses Risiko bestand nur dann, wenn sie um die Zeit der Empfängnis mit einem Dritten Umgang gehabt hatte, und war dann am grössten, wenn ihr damals nur ein Dritter, nicht daneben auch noch der Ehemann beigewohnt hatte. Ihre Weigerung lässt sich also in diesem letzten Falle am leichtesten erklären. Sie ist aber keineswegs nur in diesem Fall erklärlich. Auch wenn die Ehefrau in der Empfängniszeit ausser mit S. noch mit ihrem Manne verkehrt hatte, musste sie mit der Möglichkeit rechnen, dass die Blutprobe dessen Vaterschaft ausschliessen und so die aussereheliche Erzeugung des Kindes dartun könnte. Im übrigen konnte sehr wohl auch blosser Trotz ihr Beweggrund sein. Die erwähnten Indizien können daher den von Art. 254 ZGB geforderten strengen Beweis nicht herstellen. Tatsachen der in Frage stehenden Art sind, worüber das Bundesgericht gemäss BGE 80 II 296 -298 (vgl. auch BGE 76 II 5 ) im Berufungsverfahren befinden kann, nach der Lebenserfahrung schlechterdings untauglich, für sich allein den Schluss zu rechtfertigen, dass während der Empfängniszeit sicher kein ehelicher Verkehr stattgefunden habe. Die Anwendung von Art. 254 ZGB kann sich demnach im vorliegenden Falle nicht darauf stützen, dass der Kläger seiner Frau um die Zeit der Empfängnis nachgewiesenermassen nicht beigewohnt habe. 5. Das Vorhandensein der Voraussetzungen für die Anordnung der Blutprobe wird von den Beklagten zu Unrecht bestritten. Die Vorinstanz betrachtet den Ehebruch der Zweitbeklagten in Übereinstimmung mit dem Scheidungsrichter als erwiesen. Darin liegt eine tatsächliche BGE 82 II 495 S. 509 Feststellung, die gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht verbindlich ist. Dass damit stichhaltige Gründe zu Zweifeln an der Vaterschaft des Klägers dargetan sind, ist unbestreitbar. Solche Gründe wären im übrigen auch dann gegeben, wenn der Ehebruch nicht als bewiesen anzusehen wäre. Die Zugeständnisse der Zweitbeklagten betreffend die regelmässigen nächtlichen Besuche ihres Schulkameraden S. sind zusammen mit der von den Basler Gerichten hervorgehobenen höchst verdächtigen Tatsache, dass ihre ursprüngliche Darstellung und die Aussagen des Zeugen S. weit hinter diesen Zugeständnissen zurückblieben, auf jeden Fall dazu angetan, einen Ehebruch in der Empfängniszeit wenigstens glaubhaft zu machen, was nach der Rechtsprechung genügt, um den Antrag auf Blutprobe zu begründen. Diese Expertise ist also ohne jeden Zweifel zu Recht angeordnet worden. Die Beklagten konnten das Bestehen der Voraussetzungen für diese Massnahme nach der Zustellung des erst- und zweitinstanzlichen Urteils im Scheidungsprozess selbst dann nicht mehr in guten Treuen bestreiten, wenn die Zweitbeklagte in der Empfängniszeit entgegen allem Anschein keinen Ehebruch begangen haben sollte. Es bedeutet daher einen Wortbruch, dass sie nach der Erledigung des Scheidungsprozesses auf ihrer Weigerung beharrten, obwohl sie vorher selber die präjudizielle Bedeutung des Urteils im Scheidungsprozess betont und erklärt hatten, sie würden sich der Blutprobe nicht widersetzen, falls der Kläger stichhaltige Gründe zu Zweifeln an seiner Vaterschaft darzutun vermöge. Daraus, dass die Blutuntersuchung zu Recht angeordnet wurde und dass die Beklagten gemäss ihren eigenen Zusicherungen zu dieser Untersuchung hätten Hand bieten sollen, folgt indessen noch nicht, dass es rechtlich möglich sei, den Widerstand der Beklagten gegen diese Untersuchung durch Zwang zu brechen. Wohl billigt eine ständige Rechtsprechung des Bundesgerichts dem Beklagten und gegebenenfalls auch der Klagpartei im Vaterschaftsprozess einen Anspruch auf Durchführung der Blutuntersuchung BGE 82 II 495 S. 510 zu ( BGE 61 II 75 , BGE 64 II 253 , BGE 67 II 84 , Urteil vom 15. März 1956 i.S. Redalié) und muss für den Kläger im Anfechtungsprozess das gleiche gelten, sobald er einen Ehebruch der Frau in der Empfängniszeit nachgewiesen oder wenigstens glaubhaft gemacht hat. Diese Praxis ist jedoch (vgl. BGE 61 II 76 ) nur ein Ausfluss des aus Art. 8 ZGB und den Vorschriften des materiellen Rechts sich ergebenden Grundsatzes, dass eine Partei, die eine nach Bundesrecht erhebliche Tatsache in prozessual wirksamer Weise behauptet und unter Beweis gestellt hat, von Bundesrechts wegen zum Beweis dieser Tatsache durch an sich taugliche Beweismittel zugelassen werden muss ( BGE 62 II 326 , BGE 68 II 139 ). Sie bezeichnet die Blutprobe als ein Beweismittel, das nicht als untauglich abgelehnt werden darf (vgl. BGE 82 I 237 ). Eine weitergehende Bedeutung kommt ihr nicht zu. Insbesondere kann sich die Anwendung von (unmittelbarem oder mittelbarem) Zwang gegen eine widerspenstige Partei oder einen widerspenstigen Zeugen nicht auf diese Praxis und den ihr zugrunde liegenden bundesrechtlichen Grundsatz stützen. Ob ein solcher Zwang zulässig sei, ist vielmehr eine Frage des den Kantonen vorbehaltenen Prozessrechts. Aus dem angefochtenen Urteil ist nun zu schliessen, dass die Vorinstanz annimmt, das Walliser Zivilprozessrecht biete keine Handhabe, um die Beklagten zur Abgabe von Blut für die angeordnete Untersuchung zu zwingen. (Der Instruktionsrichter hatte in seinem Schreiben an das Kantonsgericht vom 25. Juni 1953 ausdrücklich festgestellt, dass ihm keine Mittel zur Verfügung stehen, diese Untersuchung zu erzwingen). Diese Auslegung des kantonalen Rechts ist für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich. (Sie dürfte übrigens richtig sein, da in der Walliser ZPO keine Bestimmung zu finden ist, die einen solchen Zwang erlauben würde.) Den Versuch, durch eine Beschwerde bei der Vormundschaftsbehörde eine Weisung an den Beistand des Kindes auf Zulassung der Blutentnahme wenigstens beim Kinde zu erwirken, hat der Kläger nicht gemacht. BGE 82 II 495 S. 511 Unter diesen Umständen muss hingenommen werden, dass die Blutuntersuchung im vorliegenden Falle wegen der Weigerung der Beklagten nicht durchführbar ist. 6. So bleibt nur die Frage, ob aus der Weigerung der Beklagten gefolgert werden dürfe, die Blutprobe hätte, wenn durchgeführt, die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen. Die Vorinstanz hat diese Frage bejaht, indem sie die Vorschrift der Walliser ZPO über die Folgen des wiederholten Ausbleibens der zum Parteiverhör geladenen Partei auf den Fall der Verweigerung der Hergabe von Blut für die Blutprobe analog anwandte und unter Hinweis auf einen Entscheid des Bezirksgerichtes Zürich (SJZ 1954 S. 45/46) beifügte, bei der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 187 ZPO gelte als allgemeine Richtlinie, dass ein Beweis nach Treu und Glauben dann als erbracht anzusehen sei, wenn die Beweisführung durch ein schuldhaftes Verhalten des Prozessgegners unmöglich gemacht werde. Aus der Weigerung der Beklagten in Anwendung kantonaler Beweisregeln zu folgern, dass die Blutuntersuchung zu einem für sie ungünstigen Ergebnis geführt hätte, verträgt sich jedoch nicht mit dem gemäss Erwägung 1 d im Anfechtungsprozess geltenden bundesrechtlichen Grundsatze, dass der Richter die zur Begründung der Klage dienenden Tatsachen nur dann als erwiesen annehmen darf, wenn er sich von ihrem Vorhandensein überzeugt hat (siehe auch BGE 61 II 24 ). Die Blutuntersuchung vermag die Vaterschaft des Ehemannes bei weitem nicht in allen Fällen auszuschliessen, wo in Wirklichkeit nicht er, sondern ein Dritter der Vater ist. Die Ehefrau kann daher nicht zum voraus wissen, welches Ergebnis diese Untersuchung zeitigen wird, selbst wenn sie in der Empfängniszeit nur mit einem Dritten, nicht auch mit ihrem Ehemann Verkehr hatte, was hier im übrigen nicht feststeht. Dass im vorliegenden Falle die Zweitbeklagte auf Grund des bei den Akten liegenden Untersuchungsbefunds über die Bluteigenschaften des Klägers und einer von ihr veranlassten privaten Untersuchung des Bluts ihres Kindes und BGE 82 II 495 S. 512 ihres eigenen Bluts über die Ausschliessbarkeit der Vaterschaft des Klägers unterrichtet gewesen sei und aus diesem Grunde die vom Richter angeordnete Untersuchung hintertrieben habe, ist eine blosse Vermutung der Vorinstanz. Unter diesen Umständen ist ihre Weigerung ungeeignet, die richterliche Überzeugung zu begründen, dass die Blutprobe zu ihren Ungunsten ausgefallen wäre. Dass die Beklagten dank der Vereitelung der vom Kläger mit Recht beantragten Expertise, die möglicherweise die Vaterschaft des Klägers ausgeschlossen hätte, den Prozess gewinnen, ist zweifellos höchst unbefriedigend. Das geltende Recht erlaubt jedoch keinen andern Entscheid. Nur der Erlass von Vorschriften, die dem Richter in derartigen Fällen gestatten würden, die Durchführung der Blutuntersuchung zu erzwingen, wäre geeignet, einer Prozessführung den Riegel zu schieben, die darauf ausgeht, die Erforschung der materiellen Wahrheit durch dieses Beweismittel zu verhindern. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
public_law
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
853d6a90-206a-45e5-9059-adf1a23a1750
Urteilskopf 114 Ia 278 44. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. September 1988 i.S. X. gegen Stadt Zürich, Regierungsrat des Kantons Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Ablehnung von Richtern und Beamten; Art. 23 OG , Art. 4 und 58 Abs. 1 BV . - Ein Richter darf nicht bloss deswegen abgelehnt werden, weil er in einem früheren Verfahren gegen den heutigen Beschwerdeführer entschieden hat (E. 1). - Der von einem Gerichts- oder Verwaltungsentscheid Betroffene hat Anspruch darauf, die Namen der am Entscheid mitwirkenden Personen zu erfahren (E. 3b). - Es verstösst gegen Treu und Glauben, einen Richter oder Beamten erst im Rechtsmittelverfahren abzulehnen, obwohl der Ablehnungsgrund schon vorher bekannt war (E. 3e).
Erwägungen ab Seite 278 BGE 114 Ia 278 S. 278 Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer lehnt sämtliche Bundesrichter ab, die bereits früher einmal in irgendeiner Auseinandersetzung zwischen BGE 114 Ia 278 S. 279 ihm und zwei bestimmten Firmen mitwirkten. Er verlangt, dass durch Bezeichnung ausserordentlicher Ersatzmänner eine beschlussfähige Gerichtsabteilung gebildet werde ( Art. 26 Abs. 3 OG ). Der Beschwerdeführer begründet seine Ablehnung ausschliesslich damit, die abgelehnten Richter hätten in früheren Verfahren gegen ihn entschieden und seien deshalb befangen. Der Zweck des Ablehnungsverfahrens besteht darin, eine objektive Rechtsprechung durch unabhängige Richter zu gewährleisten. Die vom Beschwerdeführer abgelehnten Richter haben zwar tatsächlich in früheren Verfahren gegen ihn entschieden. Indessen war die Unabhängigkeit dieser Richter schon im früheren Verfahren in keiner Weise beeinträchtigt; sie wurden damals vom Beschwerdeführer auch nicht abgelehnt. Ein unabhängiger, nur dem Gesetz unterworfener Richter ( Art. 21 Abs. 3 OG ) verliert seine Unabhängigkeit nicht, wenn er gegen eine bestimmte Partei entscheidet. Einem Richter kann deshalb die Unabhängigkeit nicht abgesprochen werden, nur weil er einmal gegen den heutigen Beschwerdeführer entschieden hatte ( BGE 105 Ib 304 E. 1c). Eine derart begründete Ablehnung ist unzulässig, weshalb auch kein Ausstandsverfahren nach Art. 26 Abs. 1 OG durchzuführen ist. Auf das Begehren des Beschwerdeführers ist vielmehr nicht einzutreten. 3. a) Der Beschwerdeführer bringt vor, aus Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK folge ein Anspruch auf Nennung der bei einem Entscheid mitwirkenden Richter oder Beamten. Dieser Anspruch sei vom Bezirksrat Zürich verletzt worden. b) Unabhängig vom anwendbaren Verfahrens- und Gerichtsorganisationsrecht gewährleistet Art. 58 Abs. 1 BV einerseits die richtige Besetzung des Gerichts und anderseits die Beurteilung der Streitsache durch ein unparteiisches und unabhängiges Gericht. Entscheidet nicht eine gerichtliche, sondern - wie im vorliegenden Fall - eine verwaltungsbehördliche Rechtspflegeinstanz, so ergibt sich aus Art. 4 BV ein gleichartiger Anspruch. Der Anspruch auf Unparteilichkeit des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde bedeutet, dass kein befangener Richter oder Beamter am Entscheid mitwirken darf. Wenn jedoch dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird, welche Personen am Entscheid mitgewirkt haben, kann er nicht beurteilen, ob sein verfassungsmässiger Anspruch auf richtige Besetzung des Gerichts oder der Verwaltungsbehörde und eine unparteiische Beurteilung seiner Sache gewahrt worden ist. Vor allem ist es ihm ohne Kenntnis der personellen Zusammensetzung des Gerichts oder der Behörde nicht möglich, Ausstandsgründe zu BGE 114 Ia 278 S. 280 erkennen und gegebenenfalls geltend zu machen. Die Garantie des verfassungsmässigen Richters nach Art. 58 BV und der aus Art. 4 BV fliessende Anspruch auf richtige Zusammensetzung der entscheidenden Verwaltungsbehörde umfasst deshalb auch einen Anspruch auf Bekanntgabe der personellen Zusammensetzung der entscheidenden Behörde ( BGE 114 V 61 f. E. 2). c) Der erwähnte Anspruch auf Bekanntgabe der am Entscheid mitwirkenden Personen bedeutet jedoch nicht, dass die Namen dieser Personen im Rubrum des Entscheides selbst aufgeführt werden müssen. Vielmehr genügt die Bekanntgabe in irgendeiner Form. Die mitwirkenden Personen können dem Betroffenen statt im Entscheid auch in einem besonderen Schreiben mitgeteilt werden. Der Anspruch auf Bekanntgabe der entscheidenden Richter oder Beamten ist selbst dann gewahrt, wenn deren Namen dem Betroffenen gar nicht persönlich mitgeteilt werden, diese jedoch einer allgemein zugänglichen Publikation wie etwa einem Staatskalender entnommen werden können. d) Im vorliegenden Fall hat der Bezirksrat dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass seine fünf ordentlichen Mitglieder am Entscheid mitgewirkt haben. Im übrigen konnte der Beschwerdeführer deren Namen dem Staatskalender des Kantons Zürich entnehmen. Sein Anspruch auf Bekanntgabe der mitwirkenden Bezirksräte wurde dadurch erfüllt. Die staatsrechtliche Beschwerde ist soweit unbegründet. e) Ein Richter oder ein Beamter ist so früh wie möglich abzulehnen. Es verstösst gegen Treu und Glauben, Einwände dieser Art erst im Rechtsmittelverfahren vorzubringen, wenn der Mangel schon vorher hätte festgestellt werden können. Wer den Richter oder Beamten nicht unverzüglich ablehnt, wenn er vom Ablehnungsgrund Kenntnis erhält, sondern sich stillschweigend auf den Prozess einlässt, verwirkt den Anspruch auf spätere Anrufung der verletzten Verfassungsbestimmung ( BGE 114 V 62 E. 2b; BGE 112 Ia 340 ). Der Beschwerdeführer hätte schon im Verfahren vor dem Bezirksrat Statthalter D. ablehnen können. Weil er dies unterliess, kann heute auf sein Ablehnungsbegehren nicht mehr eingetreten werden.
public_law
nan
de
1,988
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
854502d6-babe-499d-8c4a-911a3f735351
Urteilskopf 96 I 189 34. Arrêt du 29 avril 1970 dans la cause Hoirs Michaud contre Forces Motrices de Mauvoisin SA
Regeste Starkstromleitung. Enteignung des Bodens, über den sie führt ( Art. 43 und 50 ElG ). Mangels einer Einigung über die Höhe der Entschädigung ist das Expropriationsrecht durch die Verwaltungsbehörde zu erteilen, selbst wenn der betroffene Grundeigentümer gegen die Expropriation als solche nichts eingewendet hat.
Sachverhalt ab Seite 189 BGE 96 I 189 S. 189 A.- La ligne électrique de 220 kV Fionnay-Riddes des Forces Motrices de Mauvoisin SA - la Société - traverse à BGE 96 I 189 S. 190 Verbier, commune de Bagnes, un bien-fonds appartenant aux hoirs de Robert Michaud. A la demande de ceux-ci, la Société ouvrit le 26 août 1969 une procédure d'expropriation aux fins de faire fixer l'indemnité due en raison de l'impossibilité de construire sur ledit fonds. Les parties s'étaient en effet mises d'accord pour que soit constituée, contre indemnité, une servitude d'interdiction de bâtir au profit de la Société. Vu l'absence d'opposition et après avoir tenu l'audience de conciliation, le président de la Commission d'estimation du 2e arrondissement ouvrit la procédure d'estimation. La Commission statua le 18 novembre 1969. Le dispositif de son prononcé est ainsi conçu: "1. Est constituée par voie d'expropriation et sera inscrite au registre foncier en faveur de la société Forces Motrices de Mauvoisin SA, à Sion, une servitude permanente, personnelle et cessible grevant la parcelle décrite comme suit au Cadastre de la Commune de Bagnes: Chapitre de Hoirie Michaud Robert de Joseph-Stanislas. Art. 36 239 , folio 4, No 1135, nom local "Pachoud", pré de 497 m2. La servitude comportera, en sus des droits de passage de la ligne électrique à haute tension Fionnay-Riddes et d'accès pour la surveillance et l'entretien de cet ouvrage, l'interdiction de bâtir sous l'emprise de la ligne et de part et d'autre de la ligne sur une distance de 5 m. à partir du conducteur extérieur. 2. Sera versée en contrepartie par la société Forces Motrices de Mauvoisin SA aux Hoirs Robert Michaud une indemnité de Fr. 35.- (trente-cinq francs) par mètre carré, à calculer sur la surface réelle de la parcelle, et portant intérêt au taux de 4 et demi pour cent dès le 11 septembre 1969. 3. Sera en outre versée aux expropriés par la société expropriante une indemnité de Fr. 500.-- (cinq cents francs) pour frais d'intervention. 4. Tous autres frais de la présente procédure sont à la charge de la partie expropriante." B.- Les hoirs Michaud ont formé en temps utile un recours de droit.administratif. Ils tiennent l'indemnité allouée pour insuffisante et critiquent également la décision quant au point de départ et au taux de l'intérêt. Ils réclament une indemnité globale de 37 240 fr. avec intérêt à 5% dès le 23 août 1967. L'expropriante conclut implicitement à la confirmation du prononcé. La Commission d'estimation conclut au rejet du recours en ce qui concerne l'indemnité et le taux de l'intérêt, et s'en remet à justice quant au point de départ de celui-ci. BGE 96 I 189 S. 191 Erwägungen Considérant en droit: 1. Le Tribunal fédéral ne peut aller au-delà des conclusions des parties (art. 114 al. 1 OJ; 84 al. 2 LEx). Cette règle ne s'applique qu'au fond du litige. Les conditions formelles de validité et de régularité de la procédure doivent au contraire être examinées d'office (GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, p. 145). 2. Pour que la procédure d'expropriation soit régulière, la partie expropriante doit avoir obtenu le droit d'expropriation. Les établissements de la Confédération l'obtiennent par décision du Conseil fédéral, les tiers, par une loi fédérale ou un arrêté fédéral (art. 3 LEx). En vertu de l'art. 43 LIE, le Conseil fédéral peut accorder le droit d'expropriation aux propriétaires d'entreprises électriques à fort courant pour les installations de transport et de distribution d'énergie électrique. L'octroi de ce droit a lieu selon une procédure particulière. Le propriétaire de l'installation de transport d'énergie commence par introduire la procédure d'expropriation, sans avoir obtenu le droit d'exproprier, et la poursuit jusqu'à l'audience de conciliation. Si les parties s'entendent, tant sur le principe de la cession du droit que sur l'indemnité, la procédure est close. En revanche, s'il est formé opposition ou si les parties ne parviennent pas à se mettre d'accord sur l'indemnité, la procédure ne peut être poursuivie qu'après l'octroi du droit d'expropriation par le Conseil fédéral ou le Département délégataire de cette compétence (art. 43 et 50 LIE; HESS, Das Enteignungsrecht des Bundes, p. 11, no 15 et 16, p. 386 notamment no 9 et 10). L'accord des parties sur le principe de l'expropriation ne dispense pas de saisir l'autorité administrative. Aussi bien l'art. 50 al. 2 LIE réserve-t-il la décision du Conseil fédéral même en l'absence d'opposition (cf. HESS, ibid., p. 387 no 12 et p. 388 no 16). L'octroi du droit d'expropriation par le Conseil fédéral - ou, en l'absence d'opposition, par le Département des transports et communications et de l'énergie - n'est pas une vaine formalité, mais un acte de puissance publique nécessaire. Il incombe en effet à l'autorité administrative de statuer sur la nécessité de l'expropriation, ainsi que sur la mesure et la durée de l'atteinte à porter aux droits des expropriés. Sur tous ces points, elle n'est pas liée par les conclusions des parties. En l'espèce BGE 96 I 189 S. 192 précisément, il ne paraît pas impossible que le droit d'expropriation ne soit pas accordé pour une servitude d'interdiction de bâtir, mais que seule une restriction du droit de bâtir soit admise. L'art. 110 de l'ordonnance du Conseil fédéral du 7 juillet 1933 sur l'établissement, l'exploitation et l'entretien des installations électriques à fort courant n'exclut pas absolument pareille possibilité. 3. L'autorité administrative n'ayant pas accordé le droit d'expropriation, la procédure qui s'est déroulée devant la Commission d'estimation après l'échec de la tentative de conciliation ne déploie aucun effet juridique. La servitude constituée par la décision attaquée ne peut être inscrite au registre foncier et l'indemnité allouée n'est pas susceptible d'exécution forcée en vertu de l'art. 80 LP. Cela étant, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière sur les conclusions des parties. La décision attaquée doit être annulée, de même que toute la procédure qui l'a précédée dès l'audience de conciliation, la Commission d'estimation étant invitée à transmettre le dossier au Département compétent pour décision sur l'octroi du droit d'expropriation. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Annule la décision attaquée et la procédure d'estimation, au sens des considérants, et invite la Commission d'estimation à soumettre le dossier au Département des transports et communications et de l'énergie pour décision sur l'octroi du droit d'expropriation.
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Urteilskopf 118 II 521 98. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Oktober 1992 i.S. G. Finanzanstalt c. Erben des Urs H. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Verhältnis zwischen staatsrechtlicher Beschwerde und zivilrechtlicher Nichtigkeitsbeschwerde ( Art. 57 Abs. 5 und Art. 74 OG ). Unzulässigkeit der Aufforderungsklage nach luzernischem Prozessrecht. 1. Wird ein Entscheid sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit zivilrechtlicher Nichtigkeitsbeschwerde angefochten, so ist in der Regel die Entscheidung über die Nichtigkeitsbeschwerde auszusetzen, bis die staatsrechtliche Beschwerde behandelt ist (E. 1; Bestätigung der Rechtsprechung). 2. Ein Entscheid, mit dem eine Aufforderungsklage nach luzernischem Prozessrecht gutgeheissen worden ist, unterliegt der Nichtigkeitsbeschwerde und nicht der Berufung (E. 2). 3. Die Aufforderungsklage nach luzernischem Prozessrecht ist bundesrechtswidrig (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 522 BGE 118 II 521 S. 522 A.- Urs H. war Direktor der X.-Bank Luzern, die zur Zeit liquidiert wird. Er verstarb am 15. Juli 1989 und hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau und seine zwei Kinder. Diese verlangten von der Teilungsbehörde M. die Aufnahme eines öffentlichen Inventars. Die G. Finanzanstalt meldete am 25. September 1989 Ansprüche im Betrag von ... Franken an, die offenbar mit der Tätigkeit der X.-Bank Luzern zusammenhängen. B.- Die gegenüber dem Nachlass von Urs H. geltend gemachte Forderung veranlasste dessen Erben, ein Aufforderungsverfahren gemäss § 333 ff. des "Gesetzes über die Gerichtsorganisation und die Zivilprozessordnung" des Kantons Luzern vom 28. Januar 1913 (im folgenden ZPO LU) gegen die G. Finanzanstalt einzuleiten. Nachdem diese die Zulässigkeit der Aufforderung bestritten hatte, reichten die Erben des Urs H. am 26. September 1990 eine Aufforderungsklage beim Amtsgericht Luzern-Land gegen die G. Finanzanstalt ein. Dieses hiess mit Urteil vom 2. Juli 1991 die Klage gut. Auf Appellation der G. Finanzanstalt hin bestätigte das Obergericht des Kantons Luzern mit Urteil vom 20. Februar 1992 den Entscheid des Amtsgerichts Luzern-Land. Das Dispositiv lautete im wesentlichen folgendermassen: "1. Die Beklagte hat die gegen die Kläger geltend gemachte Forderung im Betrag von Fr. ... innert drei Monaten einzuklagen. 2. Nach unbenutztem Ablauf der dreimonatigen Frist verliert die Beklagte das entsprechende Klagerecht. 3. Die Beklagte hat sämtliche Prozesskosten zu bezahlen. ..." C.- Die G. Finanzanstalt gelangt mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht und verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung. Die Erben des Urs H. beantragen, auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Das Obergericht des Kantons Luzern beantragt mit dem Hinweis auf die Begründung des angefochtenen Entscheides die Abweisung der Beschwerde. BGE 118 II 521 S. 523 D.- Die G. Finanzanstalt hat gleichzeitig auch staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Der Präsident der II. Zivilabteilung hat mit Verfügung vom 22. Mai 1992 beiden Beschwerden aufschiebende Wirkung zuerkannt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. a) Ist ein Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde und Berufung angefochten, so ist die staatsrechtliche Beschwerde in der Regel vorweg zu behandeln ( Art. 57 Abs. 5 OG ). Bei der Nichtigkeitsbeschwerde fehlt es an einer entsprechenden ausdrücklichen Norm. Art. 74 OG verweist indessen ergänzend auf die Bestimmungen über die Berufung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung betrifft dieser Verweis auch Art. 57 OG ( BGE 110 II 21 ; POUDRET, Commentaire de l'OJ, Bern 1990, N 2 zu Art. 74 OG ; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, Zürich 1950, S. 267). Art. 57 Abs. 5 OG hat seine Rechtfertigung bei der Berufung einerseits darin, dass der Entscheid über die Berufung sowohl bei Gutheissung wie auch bei Abweisung das angefochtene Urteil ersetzt. Ein durch einen Bundesgerichtsentscheid ersetztes kantonales Urteil kann aber nicht mehr durch eine staatsrechtliche Beschwerde aufgehoben werden (MESSMER/IMBODEN, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1922, Rz. 161). Andererseits ist Art. 57 Abs. 5 OG auch damit zu begründen, dass es sich nicht rechtfertigt, in einer Sache materiell eine Rechtsfrage zu entscheiden, wenn das angefochtene Urteil an prozessualen Mängeln leidet oder der Sachverhalt willkürlich festgestellt worden ist (POUDRET, N 5 zu Art. 57 OG ). Während das erste Argument nur im Verhältnis zwischen der staatsrechtlichen Beschwerde und der Berufung Bedeutung hat - die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde lässt den kantonalen Entscheid bestehen (MESSMER/IMBODEN, Rz. 128) -, trifft das zweite auch auf das Verhältnis zwischen staatsrechtlicher Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde zu. b) Art. 57 Abs. 5 OG stellt allerdings nur eine Regel auf. Von dieser ist abzuweichen, und die Berufung oder die Nichtigkeitsbeschwerde sind vor der staatsrechtlichen Beschwerde zu behandeln, wenn der Entscheid über die staatsrechtliche Beschwerde keinen Einfluss auf die Behandlung des anderen Rechtsmittels hat (POUDRET, N 5 zu Art. 57 OG ). BGE 118 II 521 S. 524 Mit seiner staatsrechtlichen Beschwerde wendet sich die Beklagte einerseits gegen die Zulässigkeit der Provokationsklage als solche, andererseits rügt sie, es sei willkürlich, deren Voraussetzungen als gegeben anzunehmen, und schliesslich sieht sie im Kostenpunkt das kantonale Prozessrecht verletzt. Erweist sich die Provokationsklage als von Bundesrechts wegen nicht zulässig, so werden die anderen beiden Rügen gegenstandslos. Die Bundesrechtswidrigkeit der Provokationsklage ist aber bei der Nichtigkeitsbeschwerde zu beurteilen. Es rechtfertigt sich somit, diese ausnahmsweise vorweg zu behandeln. 2. a) Nach Art. 68 Abs. 1 Buchst. a OG ist in nicht berufungsfähigen Zivilsachen die Nichtigkeitsbeschwerde gegeben, wenn geltend gemacht wird, statt des massgebenden eidgenössischen sei kantonales Recht angewendet worden. Es ist somit zuerst zu prüfen, ob eine Zivilsache vorliegt. Das in gewissen kantonalen Prozessrechten vorgesehene Provokationsverfahren stellt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nichts anderes dar als eine bestimmte Ausgestaltung der negativen Feststellungsklage ( BGE 110 II 23 f.). Ob eine solche zulässig ist, bestimmt sich aber - sofern das festzustellende Recht seine Grundlage im Bundeszivilrecht hat - ausschliesslich nach Bundesrecht. Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung steht es den Kantonen auch nicht zu, die Feststellungsklage in weiterem Umfang zuzulassen, als dies das Bundesrecht vorsieht ( BGE 110 II 354 ff.). Handelt es sich aber bei der Klageprovokation um ein besonderes Verfahren für eine negative Feststellungsklage und richtet sich die Zulässigkeit dieser Klage ausschliesslich nach Bundeszivilrecht, so folgt, dass es sich vorliegend um eine Zivilsache handelt. b) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist nach Art. 68 Abs. 1 OG indessen nur zulässig, soweit die Sache nicht berufungsfähig ist. Nachdem es sich vorliegend um eine Zivilsache handelt und sowohl der streitige Charakter wie auch das Überschreiten des nötigen Streitwertes nicht zweifelhaft sein kann, lässt sich die Zulässigkeit der Berufung nur damit ausschliessen, dass kein anfechtbarer Entscheid im Sinne der Art. 48 ff. OG vorliege. aa) Mit dem angefochtenen Entscheid hat das Obergericht nicht endgültig über den Bestand der Forderung geurteilt. Es hat erst entschieden, dass ein hinlängliches Interesse für eine Klageprovokation gegeben sei. Insofern liegt kein Endentscheid im Sinne von Art. 48 OG vor. Es ist somit zu prüfen, ob ein nach Art. 50 OG gesondert anfechtbarer Vor- oder Zwischenentscheid vorliegt. BGE 118 II 521 S. 525 bb) Als mit Berufung anfechtbarer, selbständiger Vor- oder Zwischenentscheid könnte das angefochtene Urteil nur angesehen werden, wenn bei Ablehnung der Provokationsklage über einen bundesrechtlichen Anspruch endgültig entschieden wäre. Dies trifft indessen nicht zu. Wird die Provokationsklage nicht zugelassen, so ist damit über den Leistungsanspruch nichts ausgesagt. Die im Provokationsverfahren beklagte Partei kann jederzeit ihren Leistungsanspruch gerichtlich geltend machen und die Gegenpartei kann in diesem Verfahren den Anspruch bestreiten. Aber nicht nur der Leistungsanspruch der im Provokationsverfahren beklagten Partei, sondern auch der (negative) Feststellungsanspruch der das Provokationsverfahren einleitenden Partei ist mit dem Entscheid über die Provokationsklage noch nicht beurteilt. Im Provokationsverfahren wird nur beurteilt, ob ein für dieses besondere Verfahren hinreichendes Interesse vorliegt. Damit ist nicht auch über das (negative) Feststellungsinteresse als solches entschieden. Es wird vielmehr nur eine rein verfahrensrechtliche Frage beurteilt. Wird die Klageprovokation nicht zugelassen, kann die unterlegene Partei ihren negativen Feststellungsanspruch noch immer auf dem ordentlichen Klageweg geltend machen. Es liegt somit auch kein Vor- oder Zwischenentscheid vor, der nach Art. 50 Abs. 1 OG berufungsfähig wäre. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist deshalb gegeben. c) Die Kläger beantragen in ihrer Beschwerdeantwort, auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten, weil in der Beschwerdeschrift jede Angabe darüber fehle, welche bundesrechtlichen Bestimmungen nicht angewendet worden seien. Der Umstand, dass in der Beschwerdeschrift kein bestimmter Gesetzesartikel des Bundesrechts genannt wird, kann indessen der Zulässigkeit der Beschwerde nicht schaden. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass die Beklagte geltend machen will, die Zulässigkeit des vorliegenden Rechtsstreites beurteile sich nach dem Bundesprivatrecht, dem auch die Regeln über die Parteirollen, die Behauptungs- und Beweislast sowie über den Untergang von Ansprüchen durch Fristablauf zu entnehmen seien. Diese Regeln ergäben sich zu einem grossen Teil aus dem Richterrecht. Soweit aber ungeschriebene Rechtssätze geltend gemacht werden, ist es von vornherein nicht möglich, einen Gesetzesartikel aufzuführen. Ob entsprechende Rechtssätze tatsächlich bestehen, ist - wie die Frage, ob sie gegebenenfalls verletzt sind - demgegenüber nicht Gegenstand BGE 118 II 521 S. 526 des Eintretens, sondern der materiellen Prüfung der Nichtigkeitsbeschwerde. Auf die Beschwerde ist damit einzutreten. 3. Die Beklagte sieht den Nichtigkeitsgrund darin, dass das Obergericht statt des massgebenden eidgenössischen Rechts kantonales Recht angewendet habe (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a OG). Der negative Feststellungsanspruch ergäbe sich aus dem Bundesrecht. Dem Kanton stehe es deshalb weder zu, die Klagerollen noch die Beweis- und Behauptungslast abweichend zu regeln, noch könne das kantonale Prozessrecht den Untergang des Anspruchs durch unbenutzten Ablauf einer Klagefrist anordnen. a) Es ist der Beklagten zuzugeben, dass sich aus der Verteilung der Klagerollen erhebliche Unterschiede ergeben können. Das ist aber eine unumgängliche Folge davon, dass die Zuständigkeit für das Prozessrecht den Kantonen verblieben ist. So steht es auch im Belieben des kantonalen Gesetzgebers, in welchem Umfang Prozesskostenvorschüsse erhoben werden - gegebenenfalls auch von der beklagten Partei - und was mit diesen bei Obsiegen der entsprechenden Partei geschieht. Dass diese Unterschiede für das Prozessrisiko und damit auch für den Entscheid, ob ein behaupteter Anspruch überhaupt auf dem Prozessweg geltend gemacht wird, von erheblicher Bedeutung sind, kann nicht bestritten werden. Das Bestehen dieser Unterschiede entspricht aber der Bundesverfassung, die hier dem Föderalismus den Vorrang vor der Rechtsgleichheit gegeben hat. Wenn das Bundesgericht die materiellen Voraussetzungen für einen Feststellungsanspruch vereinheitlicht hat ( BGE 110 II 22 ff.), bedeutet dies nicht, dass auch die Art seiner Durchsetzung einheitlich nach Bundesrecht erfolgen müsste. Die Umkehr der Parteirollen ist deshalb grundsätzlich nicht bundesrechtswidrig (vgl. BGE 110 II 22 f.). b) Von der Verteilung der Klagerollen hängt auch nicht die Verteilung der Behauptungs- und Beweislast ab. Sowohl bei der negativen als auch bei der positiven Feststellungsklage ist - wie auch bei der Leistungsklage - die Frage zu beurteilen, ob ein bestimmter Anspruch besteht. Wer dessen tatsächliche Grundlagen zu behaupten und zu beweisen hat, ergibt sich aus dem materiellen Recht und wird damit vom Bundesrecht beherrscht. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Partei, welche behauptet, sie schulde der anderen nichts, nicht in der Lage ist, diesen Sachverhalt nachzuweisen, ohne dass die andere Partei darlegt, worauf sich der von ihr behauptete Anspruch überhaupt gründen soll. Entsprechend führt auch die Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG nicht zu einer BGE 118 II 521 S. 527 Umkehr der Behauptungs- und Beweislast (GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, Faillite et concordat, 4. Aufl., Lausanne 1988, S. 154). Die Provokationsklage widerspricht somit auch nicht Art. 8 ZGB . c) Es bleibt schliesslich zu prüfen, wie es sich mit § 338 ZPO LU verhält, nach welchem die im Provokationsverfahren zur Klage aufgeforderte Partei ihr Klagerecht verliert, wenn sie ihren Anspruch nicht fristgemäss einklagt. Die Provokationsklage nach luzernischem Recht bewirkt, dass ein Anspruch aufgrund eines Zeitablaufs nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden kann. Wie auch immer das Verhältnis zwischen der prozessualen Durchsetzung und dem materiellen Anspruch dogmatisch angesehen wird (vgl. statt vieler: GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, Zürich 1979, S. 194 f.; VOGEL, Grundriss des Zivilprozessrechts, Bern 1988, S. 33), darf das kantonale Prozessrecht nicht die Durchsetzung eines auf Grund des materiellen Bundesrechts bestehenden Anspruchs vereiteln. Ein Recht ist mit seiner gerichtlichen Durchsetzbarkeit derart verknüpft, dass sein vollwertiger Bestand von dieser abhängt. So hat es das Bundesgericht schon 1941 als "doktrinäre Überspannung" bezeichnet, wenn als Gegenstand des Prozesses nicht der eingeklagte Anspruch, sondern der darauf bezügliche Rechtsschutzanspruch als solcher angesehen werde ( BGE 67 II 74 ). Die Klagbarkeit eines Anspruchs wird durch das Bundesrecht und nicht durch das kantonale Prozessrecht bestimmt. § 338 ZPO LU sieht vor, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann, wenn die aufgeforderte Partei ihren Anspruch nicht innert der gerichtlich festgesetzten Frist einklagt. Das Prozessrecht befristet somit einen sich aus dem Bundesrecht ergebenden Anspruch. Dies ist unzulässig. Die Verjährungs- und Verwirkungsfristen regelt das Bundesrecht grundsätzlich abschliessend. Die Aufforderungsklage, wie sie das luzernische Prozessrecht kennt, erweist sich somit als bundesrechtswidrig (vgl. auch VOGEL, S. 116; WALDER, Zivilprozessrecht, Zürich 1983, S. 260 Anm. 4). In Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an das Obergericht zurückzuweisen.
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Urteilskopf 98 Ib 433 63. Extrait de l'arrêt du 31 octobre 1972 dans la cause Vérolet et consorts contre Electricité d'Emosson SA
Regeste Enteignung. Elektrische Leitungen. Art. 50 ElG . Im Falle einer Einsprache hängt die Wahl zwischen der Enteignung und der Änderung des Trasses von der Abwägung der in Frage stehenden Interessen ab. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts (Erw. 2 a). Die am 1. Dezember 1971 vom Eidg. Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement erlassenen Weisungen, welche zu internen Zwecken die Voraussetzungen für Ausnahmen von dem in Art. 110 der Verordnung vom 7. Juli 1933 über Starkstromanlagen (StarkstrV) enthaltenen Verbot der Überführung von Hochspannungsleitungen über Gebäude kodifizieren, sind als Verwaltungsverordnung gültig (Erw. 2 b). Bei der Wahl des Trasses sind nicht nur die bestehenden Gebäude zu berücksichtigen, sondern auch ernsthafte Bauprojekte, welche die Eigentümer darunter liegender Grundstücke haben können (Erw. 3). Im vorliegenden Falle ist es aus dem Gesichtspunkt der Art. 110 und 111 StarkstrV zulässig, eine etwa 50 m über ein Gebäude führende Hochspannungsleitung zu erstellen (Erw. 4).
Erwägungen ab Seite 434 BGE 98 Ib 433 S. 434 2. a) Les recourants disent expressément qu'ils ne nient pas le caractère d'utilité publique des lignes électriques projetées. Ils contestent en revanche les tracés choisis, en soutenant qu'ils portent à leurs droits une atteinte qu'on aurait pu éviter. Ils invoquent à ce propos les art. 1er al. 2 LEx. et 50 al. 2 LIE. Selon cette seconde disposition, le droit d'expropriation pourra être accordé, contre les opposants, si le tracé n'est pas susceptible d'être modifié sans inconvénient grave de nature technique, sans dépenses hors de proportion avec l'installation en question ou sans danger pour la sécurité publique. Les trois conditions négatives ainsi posées sont des notions juridiques imprécises, qui doivent être interprétées. Elles ne sont cependant (cf. HESS, Das Enteignungrecht des Bundes, n. 30 ad art. 50 LIE) qu'un développement de la condition générale de l'art. 1er al. 2 LEx. De toute façon, ce n'est qu'en fonction des intérêts en présence que l'on pourra décider dans quelle mesure elles sont réalisées, que l'on pourra déterminer quels sont les inconvénients techniques qui doivent encore être acceptés ou quelle est l'importance des frais supplémentaires qu'il se justifie d'engager, que ce soit en raison du changement de tracé comme tel ou en raison des mesures de protection nécessaires pour éliminer les risques que ce changement entraîne pour la sécurité publique. Il est évident en outre qu'un tracé différent, ne se heurtant à aucune des conditions de l'art. 50 al. 2 LIE, ne pourra être adopté que s'il permet de porter une moindre atteinte aux intérêts protégés (cf. HESS, op.cit., n. 51 ad art. 50 LIE). En dernière analyse la pesée des intérêts en présence se révèle bien seule décisive (arrêt non publié du 16 février 1972 dans la cause Bergier). Il convient d'ajouter qu'elle devra tenir BGE 98 Ib 433 S. 435 compte, au nombre des intérêts publics en cause, de la protection du paysage (art. 9 LEx. et 3 LPN). La pesée des intérêts en présence est une question de droit, que le Tribunal fédéral saisi d'un recours de droit public fondé sur la garantie constitutionnelle de la propriété revoit en principe librement (RO 96 I 559 lit. a). Hors le cas où une loi fédérale le limiterait, son pouvoir d'examen ne peut être plus restreint lorsqu'il statue sur un recours de droit administratif (RO 97 I 585). La retenue dont il fait preuve lorsqu'il revoit une décision cantonale fondée principalement sur l'examen des circonstances locales ne se justifie plus en présence d'une décision émanant d'une autorité fédérale. Toutefois, lorsqu'il s'agit d'interpréter des notions juridiques imprécises, le Tribunal fédéral reconnaît à l'autorité administrative une certaine marge d'appréciation (Beurteilungsspielraum; RO 98 I/b 216 consid. 2a; cf. RO 96 I 683 consid. 2 et les citations). Il fera donc montre de retenue lorsqu'il s'agira de revoir la manière dont l'autorité administrative a résolu - à la limite du droit et de l'opportunité - les questions techniques qui entrent en considération pour la pesée des intérêts, en se fondant sur les rapports d'organismes experts - inspection fédérale des installations à courant fort et Commission fédérale des installations électriques - auxquels la loi elle-même confie la mission d'assister l'autorité administrative dans ces domaines particuliers (cf. RO 96 I 519 en haut). Il ne procédera à une nouvelle vision locale et ne commettra de son chef des experts que s'il a des raisons sérieuses de penser que l'administration a passé les bornes de la latitude de jugement qu'il faut lui reconnaître en matière technique (RO 98 I/b 217/218; arrêt Bergier, précité). b) Les deux recours font en outre intervenir les art. 110 et 111 de l'ordonnance du 7 juillet 1933 sur l'établissement, l'exploitation et l'entretien des installations électriques à fort courant (OICF). La première de ces deux dispositions soulève une question générale qu'il convient d'examiner préalablement. Elle exige une distance horizontale de 5 m au moins entre une ligne à haute tension et les bâtiments voisins (al. 1). Elle prescrit en outre (al. 2) qu'il y a lieu d'éviter autant que possible de faire passer une ligne à haute tension au-dessus de bâtiments ne servant pas exclusivement à l'exploitation d'installations électriques, BGE 98 Ib 433 S. 436 et que si des raisons péremptoires obligent néanmoins à le faire, ces lignes seront placées de façon que, d'une partie quelconque du bâtiment, il soit impossible de les atteindre sans l'emploi d'engins spéciaux. Ainsi que le signale la décision ici attaquée, le département a émis le 1er décembre 1971 des instructions relatives à l'application de l'art. 110 OICF. Destinées à assouplir cette disposition par des dérogations dans la mesure où les exigences de la sécurité publique le permettent, ces instructions rendent applicables des recommandations établies le 20 novembre 1971 par la Commission fédérale des installations électriques, tout en exigeant que, dans chaque cas particulier, les offices de contrôle consultent un groupe d'experts au sein duquel l'Association des établissements cantonaux d'assurance contre l'incendie, la Fédération suisse des sapeurs-pompiers et l'Union des centrales suisses d'électricité ont chacune un représentant. Les recourants passent ces instructions sous silence. Puisqu'ils en ont eu connaissance par la décision attaquée, c'est qu'ils n'en contestent pas la validité. On doit admettre qu'elles sont en principe valables juridiquement, du moins à titre de simple ordonnance administrative, vu qu'elles n'ont pas été promulguées au Recueil des lois. Elles reposent en effet, selon leur préambule, sur les art. 1er al. 3 et 131 al. 2 OICF; or la première de ces deux dispositions autorise des dérogations aux prescriptions de cette ordonnance lorsque leur observation se heurte à de sérieuses difficultés ou si elle entrave le développement technique; la seconde charge le Département fédéral des postes et des chemins de fer (aujourd'hui Département des transports et communications et de l'énergie) d'édicter toutes mesures d'application nécessaires. En cherchant, comme il l'a fait, à codifier à titre interne la pratique en matière de dérogations à l'art. 110, ce département n'a pas commis d'excès de pouvoir; il a agi dans l'intérêt de la sécurité du droit et s'est inspiré du principe de la proportionnalité, tant il est vrai qu'il serait contestable d'appliquer l'art. 110 à la lettre dans les cas où en l'état actuel de la technique et des connaissances récentes en la matière la sécurité publique ne l'exige pas. Certes, de simples instructions administratives ne lient pas le Tribunal fédéral. Mais, en l'espèce, celui-ci n'a aucun motif de mettre en doute le bien-fondé de règles essentiellement techniques qui ont été établies par l'organisme spécialisé que la loi charge de conseiller le Conseil fédéral et ses départements (art. 19 LIE). BGE 98 Ib 433 S. 437 3. En tant qu'il est formé par Marc Vérolet en son propre nom, le recours concerne les parcelles nos 100 et 101, qui seront traversées par la ligne Le Châtelard - La Bâtiaz, au lieu dit Fort de la Madeleine. a) Il y a lieu de relever tout d'abord que les droits à acquérir sur ces fonds par expropriation ne comportent ni servitude de non-bâtir, ni même restriction au droit de bätir, contrairement à ce que dit le recourant en se référant à l'art. 110 OICF. En effet, cette disposition n'impose des obligations qu'au constructeur de lignes électriques; elle ne restreint d'aucune manière les droits des propriétaires des fonds sous-jacents. Si l'un d'eux veut construire une fois la ligne établie, il en a le droit dans les seules limites des règles cantonales et communales de police des constructions. Le propriétaire de la ligne électrique doit alors, pour respecter l'art. 110 OICF, ou bien déplacer cette ligne, ou bien acquérir une servitude de non-bâtir ou de restriction au droit de bâtir, de gré à gré, ou par expropriation moyennant indemnité. Pour le moment, le droit de bâtir de Marc Vérolet n'est donc que virtuellement touché. b) Il va cependant de soi que si, au moment de la construction de la ligne électrique, le propriétaire du fonds sous-jacent est sur le point de construire selon un projet sérieux, réalisable et approuvé, il faut déjà en tenir compte dans l'appréciation du tracé de la ligne, pour éviter si possible d'entraver la réalisation de ce projet; si ce n'est pas possible, pour une raison ou pour une autre, il faut d'emblée constituer une restriction de droit privé au droit de bâtir, par voie d'expropriation si aucun accord n'est possible. En l'espèce, Marc Vérolet a manifesté des intentions si vagues et si variables qu'on peut fortement douter de leur sérieux. Dans son opposition du 14 février 1972, il s'était dit au bénéfice d'un permis de construire; cela s'est révélé faux, et dans le présent recours il dit simplement qu'il a déposé des plans de construction; Emosson SA a en outre produit en photocopie une lettre de la Commission cantonale des constructions, du 29 février 1972, désapprouvant le projet qui lui avait été soumis, en raison de l'excessive hauteur du bâtiment prévu et de son style mal adapté au site. Dans son recours, Vérolet par le de la construction d'un hôtel; or, selon l'avis d'enquête du 15 octobre 1971 qu'Emosson SA a également produit en photocopie, il s'agissait d'un immeuble locatif et commercial; certes, cet BGE 98 Ib 433 S. 438 avis ne fait pas mention des parcelles nos 100 et 101, mais il concernait certainement ce terrain-là, le recourant affirmant que les parcelles nos 100 et 101, de 2639 m3 au total, constituent le dernier terrain à bâtir du territoire du Châtelard. Vérolet n'a par ailleurs produit aucun plan quelconque, et Emosson SA déclare n'avoir jamais pu en obtenir. On ne sait pas non plus si et comment le financement serait assuré. Tout cela ne signifie certes pas nécessairement que Vérolet ne désire ni ne puisse construire tôt ou tard sur son terrain. Mais il serait prématuré de dire qu'il faut maintenant déjà chercher si possible un autre tracé pour la ligne électrique. Il n'est aucunement exclu que, sur la base d'un projet de construction précis et réaliste, un arrangement puisse être trouvé sans cela, compte tenu des dérogations à l'art. 110 OICF que permettent les instructions du 1er décembre 1971 et moyennant une éventuelle surélévation de la ligne sans modification de son tracé. Dans son rapport du 10 avril 1972, l'Inspection fédérale était même très positive à cet égard. Le plan d'expropriation montre d'ailleurs que seule la parcelle no 101, la plus petite des deux, est touchée par l'emprise de la ligne; dans sa réponse au recours, le département relève en outre qu'elle forme la berge de l'Eau Noire, ce qui ressort du plan, et qu'elle est en forte pente. On peut déduire de cela qu'une construction devrait s'implanter avant tout sur la parcelle no 100, ce qui augmente les chances de trouver le moment venu une solution conciliant la présence d'une ligne électrique et la construction d'un bâtiment rentable. Le risque qu'une telle solution ne puisse finalement être trouvée, c'est avant tout Emosson SA qui le supporte, car cette société est exposée à devoir tôt ou tard modifier la ligne, et subsidiairement acquérir une servitude restreignant le droit de bâtir. Ainsi, en l'état actuel des choses, Vérolet ne saurait exiger le déplacement immédiat de la ligne Le Châtelard-La Bâtiaz. c) On arrive à la même conclusion en procédant à la balance des intérêts en présence. De ce qui vient d'être dit, il ressort en effet que l'intérêt actuel de Vérolet au déplacement immédiat est très minime. Ce propriétaire ne propose lui-même aucune solution de rechange et, contrairement à ce qu'il demande, ce n'est pas au Tribunal fédéral d'en rechercher une en commettant des experts (voir plus haut consid. 2 a). L'Inspection fédérale, puis la BGE 98 Ib 433 S. 439 Commission fédérale des installations électriques ont déjà examiné la question, pour aboutir à la conclusion que la seule variante techniquement possible exigerait l'implantation d'un pylone très élevé sur un éperon dominant la vallée. Le supplément de coût, qu'Emosson SA estime à 30 000 fr., serait supportable. Mais l'atteinte au paysage serait plus grande, le tracé retenu ayant de ce point de vue l'avantage de faire passer la ligne dans le vallon encaissé de l'Eau Noire, où elle se verra moins. Sans avoir à vrai dire eu l'occasion de se prononcer sur la variante, la Commission fédérale pour la protection de la nature et du paysage, dans son rapport du 9 septembre 1970, l'avait relevé, en disant que "le tracé a été judicieusement choisi, afin de ne pas entraver les exploitations forestières par câbles sur la rive droite de l'Eau Noire et du Trient et afin de maintenir la ligne à une altitude aussi basse que possible pour la rendre moins visible, tout en respectant intégralement les forêts". Tout cela est assez convaincant pour qu'on puisse se dispenser de consulter à nouveau cette commission et de procéder à une inspection locale, comme le demande le recourant. Il y a là un intérêt public dont on doit tenir compte et qui l'emporte dans les circonstances de l'espèce sur l'intérêt minime qu'aurait Vérolet à obtenir la modification immédiate du tracé. Les art. 1er al. 2 LEx et 50 al. 2 LIE n'ont ainsi pas été enfreints, et le recours doit être rejeté dans la mesure où il concerne les parcelles nos 100 et 101 et la ligne Le Châtelard -La Bâtiaz. 4. En tant qu'il concerne la ligne Le Châtelard - Vallorcine, le recours s'en prend au fait que cette ligne survolera l'hôtel de la société recourante à une cinquantaine de mètres de hauteur et conteste qu'il y ait des raisons péremptoires de déroger en l'espèce à l'art. 110 OICF. Hôtel Suisse SA invoque aussi l'art. 111 OICF. Elle soutient qu'elle subira un préjudice commercial, la présence de la ligne électrique étant de nature à décourager les touristes en raison d'un certain danger et du bourdonnement désagréable qu'émettront les conducteurs. Elle prétend aussi que les possibilités d'agrandissement de l'hôtel sont entravées; mais elle renvoie à ce propos à ce qui a été dit au sujet des parcelles nos 100 et 101, sans manifester d'aucune manière l'intention de surélever un jour le bâtiment actuel. a) En ce qui concerne l'art. 110 OICF, il ressort du dossier et de la décision attaquée que le groupe d'experts institué par BGE 98 Ib 433 S. 440 les Instructions du 1er décembre 1971 a été consulté, qu'il a admis la dérogation à certaines conditions qui ont été imposées au constructeur de la ligne par la décision d'approbation du projet, et que la Commission fédérale des installations électriques, dans son préavis du 9 mai 1972, n'a de son côté fait aucune objection. On peut donc admettre que l'art. 110 OICF n'a pas été enfreint, compte tenu de l'art. 1er al. 3 de cette ordonnance, et que du point de vue technique les mesures nécessaires ont été prises pour protéger le bâtiment d'Hôtel Suisse SA contre un éventuel danger. b) Ceci établi, l'intérêt de la recourante au déplacement de la ligne est très minime, si même il existe. Il ne reste plus que l'effet possible sur le comportement des touristes, effet qui serait plus psychologique que réel. Le bourdonnement allégué est pratiquement négligeable, à une distance de 50 m des conducteurs, si l'on retient les explications hautement vraisemblables qu'Emosson SA donne dans sa réponse au recours. De l'autre côté, il ressort de l'étude sommaire mais suffisante à laquelle a procédé l'Inspection fédérale à la demande du département que la variante proposée par la recourante serait techniquement très difficile, sinon impossible, à réaliser, et qu'elle entraînerait un supplément de dépenses manifestement hors de proportion avec l'avantage qu'en retirerait la société Hôtel Suisse SA A cet égard, les considérants de la décision attaquée, qui n'ont pas été ébranlés par l'argumentation du recours, peuvent être approuvés. Ainsi, la confrontation des intérêts en présence montre qu'il ne se justifiait pas de retenir la variante proposée. L'art. 50 al. 2 LIE n'a en outre pas été enfreint, puisque cette variante comportait de sérieux inconvénients d'ordre technique tout en étant de nature à provoquer un supplément de dépenses disproportionné. Il y a lieu d'ajouter que, si elle avait été retenue, la proposition de la recourante aurait remis en cause les arrangements intrevenus entre la France et la Suisse au sujet de la ligne Le Châtelard - Vallorcine. Cette circonstance pouvait aussi jouer un rôle dans la balance des intérêts en présence. c) Dans ses motifs généraux, l'acte de recours cite sans aucun commentaire l'art. 111 al. 1 OICF. Il n'en fait plus état à propos de la ligne Le Châtelard - Vallorcine et ne dit d'aucune manière en quoi cette disposition aurait été enfreinte. On en est réduit à le supposer. BGE 98 Ib 433 S. 441 Selon l'art. 111 al. 1 OICF, on évitera autant que possible d'établir des lignes aériennes à haute tension le long des rues et surtout au-dessus des places publiques. Il ressort des plans et de la carte que la ligne contestée traversera perpendiculairement la route Le Châtelard - Vallorcine, mais que la variante proposée en fera autant. Selon le plan d'expropriation et la décision attaquée, il y a bien une petite place devant l'Hôtel Suisse, mais la recourante ne prétend nulle part que cette place soit publique. Même si elle l'était, elle n'aurait manifestement pas une importance telle que la protection du domaine public exclue absolument son survol par une ligne électrique. Le moyen est ainsi mal fondé. d) Ainsi, aucun des griefs invoqués à propos de la ligne Le Châtelard - Vallorcine n'étant fondé, le recours doit être également rejeté dans la mesure où il vise le tracé de cet ouvrage. Il incombera à la Commission d'estimation de déterminer en première instance si le passage de la ligne cause un préjudice économique à Hôtel Suisse SA, et quel en est le montant. Elle devra probablement attendre pour cela que la ligne soit construite.
public_law
nan
fr
1,972
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
854d2ab0-310c-4fb2-83cc-0a5897c33ba9
Urteilskopf 83 I 257 35. Urteil vom 29. Mai 1957 i.S. B. gegen Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft.
Regeste Doppelbesteuerung. 1. Umfang des Rechtsstreites bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Doppelbesteuerung (Erw. 1). 2. Erwerbsunternehmen mit Betriebsstätte ausserhalb des Sitzkantons. Steuerort für den Wertzuwachs auf einer Liegenschaft, die sich am Orte der Betriebsstätte befindet und für ihre Zwecke benützt wird (Änderung der Rechtsprechung) (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 83 I 257 S. 258 A.- Karl B., der Vater der Beschwerdeführer, hatte in Basel eine Blumenhandlung betrieben. Im Jahre 1920 hatte er ein 7874 m2 haltendes Grundstück an der St. Jakobstrasse in Muttenz (Kt. Baselland) gekauft und darauf eine Gärtnerei mit einem Treibhaus eingerichtet, um dort Blumen für sein Geschäft zu ziehen. Als er im Jahre 1939 starb, übernahm die Witwe das Geschäft; ferner wurde sie Miteigentümerin zu 2/3 des Grundstücks in Muttenz, während 1/3, mit der Nutzniessung zu ihren Gunsten belastet, an die Beschwerdeführer überging. Von da an wurde das Grundstück in Muttenz, dessen Steuerschätzung Fr. 31'950.-- betrug, weniger intensiv bewirtschaftet, indem das Treibhaus nicht mehr benutzt und nur noch Sommerblumen gezogen wurden. Ende November 1951 vereinbarten die Steuerverwaltungen der Kantone Basel-Stadt und Baselland mit Witwe B., dass vom gesamten Ertrag ihres Blumengeschäfts bis auf weiteres 3/4 in Basel-Stadt und 1/4 in Baselland zu versteuern seien. In diesem Verhältnis wurde in den Jahren 1951 bis 1954 der jeweils rund Fr. 10'000.-- betragende Reingewinn des Geschäftes zwischen den beiden Kantonen aufgeteilt, während als Vermögen vom Kanton Basel-Stadt das bewegliche Vermögen von rund Fr. 8000.-- und vom Kanton Baselland die Liegenschaft in Muttenz je nach Abzug eines verhältnismässigen Anteils der Hypothekarschuld besteuert wurde. Im Jahre 1952 wurde ein 309 m2 haltender Streifen des Grundstückes in Muttenz gegen eine Entschädigung von Fr. 10'200.-- für die Strassenverbreiterung enteignet. Die Steuerverwaltung Baselland berechnete den dabei erzielten, gemäss §§ 56 ff. des StG vom 7. Juli 1952 steuerbaren Grundstückgewinn auf Fr. 6454.25 und erhob hierauf am 1. Dezember 1953 von allen Miteigentümern zusammen Fr. 358.80 Steuer. Am 1. Januar 1955 starb Witwe B. In den in beiden BGE 83 I 257 S. 259 Kantonen aufgenommenen Nachlassinventaren wurde ihr bisher auf Fr. 20'686.-- geschätzter Anteil an der Liegenschaft in Muttenz mit Fr. 126'282.-- bewertet. Die Steuerverwaltung Basel-Stadt betrachtete den Mehrwert von Fr. 105'596.-- als einen auf Geschäftsvermögen eingetretenen und daher gemäss § 38 lit. c des StG vom 22. Dezember 1949 als Einkommen steuerbaren Kapitalzuwachs, von dem gemäss dem 1951 für den Geschäftsertrag vereinbarten Verteiler 3/4 oder Fr. 79'100.-- im Kanton Basel-Stadt zu versteuern seien, was für 1955 einen Steuerbetrag von Fr. 15'487.20 ausmache. Ferner beanspruchte die Steuerverwaltung Basel-Stadt einen entsprechenden Anteil an dem ihr erst jetzt bekannt gewordenen Enteignungsgewinn des Jahres 1952 zur Besteuerung, weshalb sie das für 1952 in Basel-Stadt steuerbare Einkommen der Witwe B. von Fr. 7400.-- nachträglich um Fr. 4500.-- auf Fr. 11'900.-- erhöhte und eine Nachsteuer von Fr. 516.20 verlangte. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Veranlagung Einsprache, wurden aber von der Steuerverwaltung durch Einspracheentscheid vom 8. August 1956 abgewiesen. B.- Innert 30 Tagen nach Eröffnung dieses Entscheides haben die Erben B. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde wegen Doppelbesteuerung erhoben mit den Anträgen: 1) Es sei festzustellen, dass die Liegenschaft in Muttenz nicht zum Geschäftsvermögen der verstorbenen Witwe B. gehört und der Kapitalgewinn daher nicht der Einkommenssteuer des Kantons Basel-Stadt unterliegt. 2) Für den Fall, dass die Liegenschaft zum Geschäftsvermögen gehören sollte, sei festzustellen, dass der Kanton Baselland im Falle eines späteren Verkaufs den Grundstückgewinn nur noch insoweit besteuern darf, als er die vom Kanton Basel-Stadt bereits besteuerten Fr. 79'572.-- übersteigt. Es sei in jedem Falle festzustellen, welcher Kanton zur Besteuerung eines allfälligen Verkaufsgewinnes aus der Liegenschaft zuständig sei. Die virtuelle Doppelbesteuerung sei aufzuheben. 3) Es sei festzustellen, welcher Kanton zur Besteuerung des Expropriationsgewinns von 1952 zuständig sei. Die für diesen Gewinn bestehende tatsächliche Doppelbesteuerung sei aufzuheben und die eventuell zu viel bezahlte Steuer zurückzuerstatten. BGE 83 I 257 S. 260 Zur Begründung dieser Anträge wird geltend gemacht: Die über 75 a haltende Liegenschaft in Muttenz werde bei weitem nicht voll ausgenützt: sie liefere nur etwa 20% des rund Fr. 50'000.-- betragenden Jahresumsatzes an Blumen des Geschäfts in Basel, während 80% bei Dritten eingekauft würden. In Betracht falle ferner, dass es sich nicht um einen ausgesprochen kaufmännisch geführten Betrieb handle und bis zum Tode von Witwe B. keine Bücher geführt worden seien. Bei dieser Sachlage sei das Grundstück wohl kaum als Betriebsstätte des Ladengeschäfts in Basel zu betrachten, sondern eher wie eine private Kapitalanlage zu behandeln, was zur Folge habe, dass sein Mehrwert nur vom Kanton Baselland besteuert werden könne ( BGE 79 I 136 ff.). Dies rechtfertige sich auch deshalb, weil der Mehrwert in keinem Zusammenhange mit der Benutzung des Grundstücks stehe, sondern infolge der Aufwendungen und der Entwicklung des Gemeinwesens eingetreten sei. C.- Das Finanzdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt die Abweisung der Beschwerde, soweit sie sich gegen Basel-Stadt richtet. Da auf dem Grundstück in Muttenz ein erheblicher Teil, nämlich 20% der im Geschäft verkauften Blumen gezogen werde, sei es als Betriebsstätte und Geschäftsvermögen anzusehen. Auf der Annahme eines interkantonalen Unternehmens beruhe auch der im Jahre 1951 für den Geschäftsertrag vereinbarte Verteiler. Bei einem solchen Unternehmen müsse aber der gesamte Geschäftsertrag, und zwar, wie das Bundesgericht stets erklärt habe, mit Einschluss der Liegenschaftsgewinne ( BGE 54 I 409 ) verhältnismässig auf die beiden Kantone verteilt werden. D.- Die Finanzdirektion des Kantons Baselland führt aus: a) Auch wenn man entgegen der nicht unanfechtbaren Auffassung der Beschwerdeführer die Liegenschaft in Muttenz als Geschäftsvermögen betrachte, zeige gerade der vorliegende Fall eines den ordentlichen Geschäftsertrag weit übersteigenden Grundstückgewinns, dass es BGE 83 I 257 S. 261 zu einem unhaltbaren Ergebnis führe, wenn man den Gewinn auf unbeweglichem Betriebsvermögen nach den gleichen Grundsätzen wie den Geschäftsertrag verteile. Da die Wertsteigerung von Grundstücken weitgehend auf Aufwendungen des Gemeinwesens für die Erstellung von Strassen, Kanalisationen, Wasserleitungen usw. zurückzuführen sei, wäre es äusserst unbillig, wenn der Mehrwert zum grössten Teil vom Kanton des Geschäftssitzes und nur zu einem kleinen Teil vom Liegenschaftskanton besteuert werden dürfe. Vielmehr rechtfertige es sich, auch Gewinne aus geschäftlich benütztem Grundeigentum ausschliesslich dem Liegenschaftskanton zur Besteuerung zu überlassen, sofern es sich nicht um blosse Buchgewinne handle. b) Sollten die in Frage stehenden Grundstückgewinne nach Auffassung des Bundesgerichts gleichwohl dem Geschäftseinkommen zuzurechnen und mit diesem zu repartieren sein, so seien doch für die Jahre, in denen solche Gewinne entstanden seien, die kantonalen Quoten unter Berücksichtigung dieser Gewinne und ihrer Herkunft neu festzusetzen, d.h. diese Gewinne den Anteilen des Kantons Baselland zuzuweisen. Gerade der vorliegende Fall zeige freilich die besondern Schwierigkeiten einer Repartition der Grundstückgewinne, da der 1955 festgestellte Mehrwert in Basel-Stadt beim Erbgang und auf Grund des in diesem Zeitpunkt geschätzten Wertes, in Baselland dagegen erst bei der Erbteilung und auf Grund des dem übernehmenden Erben angerechneten Wertes besteuert werde. Diese Schwierigkeiten liessen sich vermeiden, wenn das Grundeigentum ganz dem Liegenschaftskanton zur Besteuerung überlassen werde. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gegenüber dem Kanton Basel-Stadt gutgeheissen. Erwägungen Erwägungen: 1. Bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV beginnt die 30-tägige Beschwerdefrist erst mit der Erhebung des zeitlich zweiten der nach Ansicht der BGE 83 I 257 S. 262 Beschwerdeführer einander ausschliessenden Steueransprüche ( Art. 89 Abs. 3 OG ) und braucht der kantonale Instanzenzug nicht erschöpft zu werden ( Art. 86 Abs. 2 OG ). Die Beschwerdeführer konnten daher schon im Anschluss an den Einspracheentscheid der basel-städtischen Steuerverwaltung vom 8. August 1956 Doppelbesteuerungsbeschwerde erheben und damit auch die basellandschaftliche Veranlagung zur Grundstückgewinnsteuer für 1952 insoweit anfechten, als diese Steuer mit dem basel-städtischen Steueranspruch kollidiert. Wie die staatsrechtliche Beschwerde im allgemeinen, kann sich indessen auch die Doppelbesteuerungsbeschwerde nur gegen Hoheitsakte (Erlasse oder Verfügungen) richten, die in die Rechtsstellung des Bürgers eingreifen. Auf die vorliegenden Beschwerdebegehren ist daher nur einzutreten, soweit damit die Beseitigung der durch die beiden erwähnten Veranlagungen bewirkten effektiven Doppelbesteuerung für 1952 sowie die Beseitigung der inbezug auf die baselstädtischen Veranlagung für 1955 gerügten virtuellen Doppelbesteuerung verlangt wird. Dagegen ist auf das Begehren um Feststellung, welcher Kanton beim späteren Verkauf der Liegenschaft in Muttenz zur Besteuerung eines allfälligen Gewinns zuständig sei, ebensowenig einzutreten, wie auf das Begehren um Feststellung, dass die Liegenschaft nicht zum Geschäftsvermögen der verstorbenen Witwe B. gehöre. Zu entscheiden ist einzig, ob die angefochtenen Veranlagungen gegen das Verbot der Doppelbesteuerung verstossen. 2. Da auf dem Grundstück in Muttenz in den letzten Jahren vor dem Tod der Witwe B. unbestrittenermassen etwa 1/5 der im Geschäft in Basel verkauften Blumen gezogen wurden und die mit der Blumenzucht verbundene Arbeit derjenigen beim Verkauf jedenfalls nicht nachsteht, begründete die Blumenzucht für Witwe B. ein sekundäres Steuerdomizil der Betriebsstätte in Muttenz. Man hat es also mit einem die Blumenzucht in Muttenz und die Blumenhandlung in Basel umfassenden BGE 83 I 257 S. 263 interkantonalen Geschäftsbetrieb zu tun. Damit ist aber noch nicht entschieden, dass die Liegenschaft als solche zum Geschäftsvermögen und der darauf eingetretene Wertzuwachs zum Geschäftsertrag zu rechnen sind. Das Vorhandensein einer Betriebsstätte setzt nicht Eigentum des Geschäftsinhabers an den dafür benützten ständigen Anlagen und Einrichtungen voraus ( BGE 77 I 39 , BGE 80 I 197 mit Zitaten) und besagt daher, sofern diese Anlagen im Eigentum des Geschäftsinhabers stehen, nichts darüber, ob sie zu seinem Geschäftsvermögen oder Privatvermögen gehören. An sich ist auch letzteres durchaus möglich. So wird z.B. ein als Kapitalanlage erworbenes grosses Miethaus auch dann weiterhin als Privatvermögen zu betrachten sein, wenn der Eigentümer darin ein kleines Ladengeschäft oder eine Werkstatt eröffnet. Im vorliegenden Falle scheint nun zwar die Liegenschaft in Muttenz seinerzeit für geschäftliche Zwecke erworben worden zu sein und zunächst auch hauptsächlich dem Geschäftsbetrieb gedient zu haben, weshalb sie ursprünglich zweifellos Geschäftsvermögen bildete. Mit dem Tod von Vater B. im Jahre 1939 haben sich die Verhältnisse indessen geändert. Witwe B. als Geschäftsinhaberin war nicht mehr Allein-, sondern nur noch Miteigentümerin der Liegenschaft, weshalb der Kanton Basel-Stadt denn auch nur die auf ihrem 2/3-Anteil eingetretene Wertsteigerung als Geschäftsertrag behandelt wissen will. Dazu kommt, dass die Liegenschaft nach der Darstellung der Beschwerdeführer seit 1939 nur zum kleinen Teil und während bloss drei Monaten jährlich zur Blumenzucht benützt wurde und im übrigen als Kapitalanlage diente. Im Hinblick hierauf kann man sich ernstlich fragen, ob sie noch Geschäftsvermögen bildete. Die Frage, deren Beantwortung eine nähere Abklärung der tatsächlichen Verhältnisse erfordern würde, kann jedoch offen bleiben, wie sich aus den nachstehenden Erwägungen ergibt. 3. Wenn der Anteil der Witwe B. als Privatvermögen zu betrachten ist, bildete zwar der Gewinn aus der Blumenzucht, BGE 83 I 257 S. 264 als Ertrag einer Betriebsstätte, einen Bestandteil des bei der interkantonalen Steuerausscheidung als Einheit zu behandelnden Geschäftsgewinns. Dagegen ist der bei der Enteignung im Jahre 1952 erzielte Grundstückgewinn und der beim Tod der Witwe B. festgestellte Mehrwert, als Ertrag des Privatvermögens, dem Kanton der gelegenen Sache, hier also Baselland, zur ausschliesslichen Besteuerung zuzuweisen ( BGE 79 I 138 Erw. 3, 148). Weniger einfach verhält es sich, wenn der Liegenschaftsanteil als Geschäftsvermögen der Witwe B. zu betrachten ist. In diesem Falle hat zwar nach der bisherigen Rechtsprechung ( BGE 54 I 409 ff.) der Gewinn aus Wertzuwachs für die interkantonale Steuerausscheidung als Teil des Geschäftsgewinns zu gelten. Dagegen kann für den diesen Wertzuwachs umfassenden Geschäftsgewinn keinesfalls der gleiche Verteilungsschlüssel gelten, der in den andern Jahren auf den ordentlichen Geschäftsgewinn allein zur Anwendung kam. Die Verteilung des Gesamtgewinns eines interkantonalen Unternehmens hat nach Massgabe der besondern Verhältnisse des Einzelfalles zu erfolgen ( BGE 61 I 342 Erw. 3, BGE 71 I 336 Erw. 3). Die im Jahre 1951 vereinbarten Quoten von 3/4 für Basel-Stadt und 1/4 für Baselland, die - wohl im Hinblick auf die Schwierigkeit einer genauen Berechnung nach einer der üblichen Methoden - nach Ermessen bestimmt worden sind, mögen den Anteilen der Blumenzucht und des Verkaufsgeschäfts an der Erzielung des Gesamtgewinns von rund Fr. 10'000.-- jährlich ungefähr entsprechen. Dagegen ist es klar, dass sich dieser Schlüssel für die Aufteilung des zehnmal grösseren Wertzuwachses, der auf 1. Januar 1955 festgestellt worden ist und nach baselstädtischem Steuerrecht als steuerbares Einkommen gilt, ebensowenig eignet, als sich z.B. der für den Ertrag eines interkantonalen Landwirtschaftsbetriebs massgebende Schlüssel (vgl. BGE 74 I 120 . ff.) eignen würde für die Verteilung des Gewinns, der beim Verkauf einzelner Grundstücke als Bauland erzielt wird. Für die Aufteilung des auch den Wertzuwachs BGE 83 I 257 S. 265 umfassenden Gesamteinkommens der Jahre 1952 und 1955 müsste ein neuer Schlüssel gefunden werden, in dem zum Ausdruck käme, dass der Wertzuwachs ohne Zutun der Eigentümerin ausschliesslich infolge der Entwicklung der örtlichen Verhältnisse eingetreten ist. Statt dessen erscheint es als natürlicher und richtiger, in Fällen wie dem vorliegenden in Abweichung von der bisherigen Praxis den Wertzuwachs überhaupt aus dem der Aufteilung nach Quoten unterliegenden Geschäftseinkommen auszuscheiden. Das Bundesgericht hat Ausnahmen vom Grundsatz der Einheitlichkeit des steuerbaren Einkommens interkantonaler Unternehmen im Hinblick auf besondere Verhältnisse auch schon ins Auge gefasst ( BGE 61 I 342 Erw. 2 a.E.). Hier erscheint eine solche Ausnahme als gerechtfertigt. Sie liegt in der Linie der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die den Grundsatz, wonach das Grundeigentum und sein Ertrag der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache untersteht, in letzter Zeit in verstärktem Masse zur Geltung gebracht hat. Die Besteuerung des Wertzuwachses auf Grundstücken ist insoweit, als er nicht die Folge einer gewerblichen Tätigkeit ist, stets dem Liegenschaftskanton vorbehalten worden ( BGE 45 I 285 ). Das gilt auch für den Wertzuwachs auf Grundeigentum von Handelsgesellschaften in Kantonen, in denen sie weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben ( BGE 79 I 31 , 137). InBGE 79 I 145wurden sodann auch die Grundstückgewinne der Liegenschaftshändler und der Bauunternehmer in Abänderung der bisherigen Rechtsprechung ( BGE 49 I 45 undBGE 54 I 240) dem Liegenschaftskanton zur ausschliesslichen Besteuerung zugewiesen. Vorbehalten wurde lediglich der Fall, wo das Grundstück zu einer vom Steuerpflichtigen unterhaltenen Betriebsstätte gehört, sowie der Fall des blossen Buchgewinns, wo der Verkaufserlös nur den abgeschriebenen Buchwert übersteigt, die Gestehungskosten aber nicht erreicht (vgl. BGE 79 I 148 /9). Dieser zweite Vorbehalt BGE 83 I 257 S. 266 erscheint nach wie vor als sachlich begründet, denn im blossen Buchgewinn tritt nicht eine Wertsteigerung der Liegenschaft, sondern ein (infolge vorheriger übersetzter Abschreibungen oder aus andern Gründen) nachträglich freigewordener Geschäftsgewinn in Erscheinung (nicht veröffentlichte Urteile vom 8. Mai 1951 i.S. Papierfabriken Landquart und vom 7. Oktober 1953 i.S. Jenny). Anders verhält es sich mit dem ersten Vorbehalt, der im Hinblick aufBGE 54 I 402ff. gemacht wurde. Dieses Urteil verweist zur Begründung auf die Sonderbehandlung der Grundstückgewinne der gewerbsmässigen Liegenschaftshändler ( BGE 49 I 45 ), also auf eine heute nicht mehr geltende Praxis ( BGE 79 I 145 ), und beruht im übrigen auf der Annahme, dass der Grundsatz der Einheitlichkeit des steuerbaren Einkommens interkantonaler Unternehmungen stets den Vorrang verdiene vor dem andern Grundsatz, dass Grundstücke sowohl für den Wert wie für den Ertrag (mit Einschluss des Wertzuwachses) der Steuerhoheit des Kantons der gelegenen Sache unterstehen. Diese Annahme rechtfertigt sich indessen nicht für Gewinn und Wertzuwachs, der mit der Bewirtschaftung der Liegenschaft und mit der Tätigkeit des Geschäftsinhabers in keinem Zusammenhang steht. Um solchen Wertzuwachs handelt es sich aber im vorliegenden Fall. Die Wertsteigerung, die das Grundstück in Muttenz seit dem Erwerb durch Vater B. und insbesondere seit dessen Tod erfahren hat, ist ausschliesslich eine Folge äusserer Verhältnisse (bauliche Entwicklung der Umgebung, Konjunktur usw.); sie wäre unzweifelhaft auch dann im gleichen Masse eingetreten, wenn auf dem Grundstück keine Blumen gezogen worden wären. In Frage stehen auch nicht etwa Gewinne, die wenigstens insofern das Ergebnis einer geschäftlichen Tätigkeit wären und mit dem Geschäftsbetrieb in Beziehung ständen, als es dem Steuerpflichtigen durch persönliche Bemühungen gelungen wäre, eine besonders günstige Verkaufsgelegenheit zu finden; der Gewinn des Jahres 1952 wurde bei einer BGE 83 I 257 S. 267 Enteignung, also bei einer unfreiwilligen Veräusserung erzielt, und bei dem vom Kanton Basel-Stadt für 1955 als Einkommen besteuerten Kapitalzuwachs handelt es sich überhaupt nicht um den bei einer Veräusserung erzielten, realisierten Gewinn, sondern um einen nach dem Tod der Eigentümerin und Geschäftsinhaberin bei der Nachlassinventur festgestellten Mehrwert. Es ist daher kein sachlicher Grund ersichtlich, die ohne jedes Zutun der Eigentümerin eingetretene Wertsteigerung dem Ertrag ihres Blumengeschäftes zuzurechnen und den Kanton Basel-Stadt als Kanton des Geschäftssitzes an der Besteuerung teilnehmen zu lassen. Der Umstand, dass die Zinsen der das Grundstück belastenden Hypothek (rund 900 Fr. jährlich) aus der Geschäftskasse bezahlt wurden und den Geschäftsgewinn kürzten, fällt nicht in Betracht, denn dieser Belastung steht als Ausgleich der vom Geschäft aus der Blumenzucht gezogene Nutzen gegenüber. Ebensowenig kann aus der bisherigen Behandlung des Grundstücks bei der Vermögensbesteuerung etwas zugunsten von Basel-Stadt abgeleitet werden; dieser Kanton hätte den Abzug eines verhältnismässigen Anteils an der Hypothekarschuld vom beweglichen Vermögen in jedem Falle vornehmen müssen, gleichgültig ob die Liegenschaft Geschäfts- oder Privatvermögen war und einen Ertrag abwarf oder nicht. 4. Steht demnach die Besteuerung des Wertzuwachses auf der Liegenschaft in Muttenz ausschliesslich dem Kanton der gelegenen Sache zu ohne Rücksicht darauf, ob die Liegenschaft seit 1939 Geschäftsvermögen war oder nicht, so braucht diese Frage nicht entschieden zu werden. Der Kanton Basel-Stadt ist auf keinen Fall befugt, den im Jahre 1952 bei der Enteignung erzielten Grundstückgewinn oder den bei der Inventur über den Nachlass der Witwe B. festgestellten Mehrwert zu besteuern.
public_law
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
854d77be-6ca2-47eb-8341-26b98a1a494e
Urteilskopf 141 II 57 4. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause A. Sàrl contre Service de l'emploi du canton de Vaud (recours en matière de droit public) 2C_197/2014 du 12 février 2015
Regeste Art. 122 Abs. 2 AuG ; Beschäftigung eines Ausländers ohne Arbeitserlaubnis in der Schweiz; Androhung von Sanktionen gegenüber dem Arbeitgeber. Vor Anstellung eines Ausländers muss sich der Arbeitgeber vergewissern, dass dieser in der Schweiz einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf ( Art. 91 AuG ). Kommt ein Arbeitgeber dieser Pflicht wiederholt nicht nach, so kann die zuständige Behörde gemäss Art. 122 Abs. 1 AuG seine Gesuche um Zulassung ausländischer Arbeitskräfte gegebenenfalls ablehnen; Art. 122 Abs. 2 AuG erlaubt es der zuständigen Behörde ebenfalls, dem fehlbaren Arbeitgeber diese Sanktion (in Form einer Verwarnung) bloss anzudrohen (E. 2). Die Auslegung von Art. 122 Abs. 2 AuG ergibt, dass die Verwarnung eines Arbeitgebers bereits bei der ersten Zuwiderhandlung erfolgen kann (E. 3-7).
Sachverhalt ab Seite 58 BGE 141 II 57 S. 58 La société A. Sàrl, sise dans le canton de Vaud, est active dans les travaux de menuiserie, ébénisterie et agencement. Le 11 novembre 2011, cette société a déposé une demande de permis de séjour avec activité lucrative pour C. en remplissant le formulaire "Etats tiers et citoyens de Bulgarie et Roumanie". Cette demande était accompagnée de différents documents en italien qui mentionnaient la nationalité mauricienne de C. Le Service de l'emploi du canton de Vaud (ci-après: le Service de l'emploi), par décision du 8 décembre 2011, a refusé la demande d'octroi d'un permis de séjour avec activité lucrative. Le 6 septembre 2012, ce service a procédé à un contrôle des conditions de travail et de salaire, dans le cadre des mesures d'accompagnement à la libre circulation des personnes et de la lutte contre le travail au noir, dans les bureaux d'A. Sàrl. Par décision du 5 décembre 2012, le Service de l'emploi a adressé un avertissement à cette société, car elle avait employé C. alors que celui-ci n'était pas en possession des autorisations nécessaires de séjour et de travail en Suisse, et l'a enjointe de respecter les procédures applicables en cas d'engagement de main-d'oeuvre étrangère, sous menace de rejet des futures demandes d'admission de travailleurs étrangers pour une durée variant de un à douze mois. Par arrêt du 15 janvier 2014, le Tribunal cantonal du canton de Vaud (ci-après: le Tribunal cantonal) a rejeté le recours d'A. Sàrl à l'encontre de la décision du 5 décembre 2012. Il a en substance retenu que la société avait violé son devoir de diligence en matière d'engagement de travailleurs étrangers: compte tenu de la contradiction BGE 141 II 57 S. 59 manifeste entre les divers papiers de C., il incombait à la société de s'assurer qu'elle pouvait engager le travailleur; l'avertissement prononcé respectait le principe de la proportionnalité. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en matière de droit public d'A. Sàrl. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. La recourante conteste avoir violé son devoir de diligence lorsqu'elle a engagé C. et, dès lors, estime qu'aucun avertissement ne pouvait lui être adressé par le Service de l'emploi. 2.1 D'après l'art. 91 al. 1 de la loi fédérale du 16 décembre 2005 sur les étrangers (LEtr ou la loi sur les étrangers; RS 142.20), avant d'engager un étranger, l'employeur doit s'assurer qu'il est autorisé à exercer une activité lucrative en Suisse en examinant son titre de séjour ou en se renseignant auprès des autorités compétentes. Selon la jurisprudence, il appartient à chaque employeur de procéder au contrôle. La simple omission de procéder à l'examen du titre de séjour ou de se renseigner auprès des autorités compétentes constitue déjà une violation du devoir de diligence (arrêts 2C_783/2012 du 10 octobre 2012 consid. 2.1; 2C_357/2009 du 16 novembre 2009 consid. 5.3). Le non-respect de cette obligation expose l'employeur à la sanction prévue par l' art. 122 LEtr (arrêts 2C_778/2012 et 2C_779/2012 du 19 novembre 2012 consid. 2): " 1 Si un employeur enfreint la présente loi de manière répétée, l'autorité compétente peut rejeter entièrement ou partiellement ses demandes d'admission de travailleurs étrangers, à moins que ceux-ci aient un droit à l'autorisation. 2 L'autorité compétente peut menacer les contrevenants de ces sanctions. 3 ..." 2.2 En l'espèce, la recourante a engagé C. sans attendre la décision du Service de l'emploi quant à sa demande de permis de séjour avec activité lucrative. L'autorité précédente a considéré que la carte d'identité italienne de C., document qui est remis en principe aux ressortissants du pays qui le délivre, et le permis de séjour italien étaient ambigus. Toutefois, ces documents mentionnaient la nationalité mauricienne de l'intéressé. Dès lors, compte tenu de la contradiction manifeste entre ces diverses informations, il incombait à la recourante, en vertu de son devoir de diligence, de clarifier la situation, en s'adressant le cas échéant au Service de l'emploi pour être certaine qu'elle BGE 141 II 57 S. 60 pouvait engager le travailleur sans attendre l'octroi de l'autorisation requise. De plus, l'associé-gérant de la recourante avait rempli le bon formulaire, c'est-à-dire celui qui est destiné aux ressortissants d'Etats tiers et non pas celui pour les ressortissants de l'UE/AELE. Cette demande de permis de travail, dûment signée, indiquait expressément que C. était de nationalité mauricienne; la recourante était donc consciente que le travailleur concerné était de nationalité mauricienne et non italienne. 2.3 Il est vrai que les documents italiens qui étaient en possession de C., en particulier la carte d'identité, pouvaient prêter à confusion. Cependant, le Tribunal fédéral a déjà jugé une affaire similaire (arrêt 2C_1039/2013 du 16 avril 2014 consid. 5.2) et, conformément à cet arrêt, il faut constater que, d'une part, le formulaire de demande de permis de travail, signé par la recourante, indiquait expressément la nationalité mauricienne de C. et que, d'autre part, le document italien présenté par l'employé mentionnait aussi cette nationalité. C'est par conséquent à bon droit que le Tribunal cantonal a jugé que la recourante avait violé le devoir de diligence qui lui incombait en application de l' art. 91 LEtr . 3. La recourante relève qu'il manque dans la version française de l' art. 122 al. 2 LEtr (cf. supra consid. 2.1: "L'autorité compétente peut menacer les contrevenants de ces sanctions.") la notion du "aussi" présente dans les versions allemande ("Die zuständige Behörde kann die Sanktion auch androhen.") et italienne ("L'autorità competente può parimenti comminare tali sanzioni."). Elle en déduit que, à l'instar de l' art. 122 al. 1 LEtr qui exige une violation répétée de la loi pour pourvoir rejeter les demandes d'admission, il faut également une violation répétée de la loi pour pouvoir infliger un avertissement. 3.1 Il apparaît effectivement que l'adverbe "aussi" a été omis dans la version française de cette disposition. Il figurait d'ailleurs à l'art. 55 al. 2 de l'ordonnance fédérale du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers (OLE ou l'ancienne ordonnance limitant le nombre des étrangers; RO 1986 1791), en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007, auquel l' art. 122 LEtr correspond (cf. infra consid. 5.2.2). Il s'agit dès lors de déterminer si, compte tenu de cet élément, l'autorité compétente peut menacer l'employeur de rejeter entièrement ou partiellement les demandes d'admission de travailleurs étrangers dès la première infraction à la loi sur les étrangers ou si des infractions répétées , tel qu'exigé à l' art. 122 al. 1 LEtr pour un éventuel rejet de ces demandes, sont nécessaires. BGE 141 II 57 S. 61 3.2 Selon la jurisprudence, il n'y a lieu de déroger au sens littéral d'un texte clair par voie d'interprétation que lorsque des raisons objectives permettent de penser que ce texte ne restitue pas le sens véritable de la disposition en cause. De tels motifs peuvent découler des travaux préparatoires, du but et du sens de la disposition, ainsi que de la systématique de la loi ( ATF 140 II 202 consid. 5.1 p. 204; ATF 139 III 478 consid. 6 p. 479 s.; ATF 138 II 440 consid. 13 p. 453), étant précisé que le Tribunal fédéral ne privilégie aucune méthode d'interprétation ( ATF 140 V 227 consid. 3.2 p. 230; ATF 139 IV 270 consid. 2.2 p. 273). En l'espèce, il sera initialement procédé à l'interprétation littérale et systématique de la norme elle-même, puis à l'interprétation historique de celle-ci. Une interprétation systématique plus large, en ce sens qu'elle sera effectuée au regard d'autres textes législatifs que la loi sur les étrangers, conclura cette analyse. 4. On peut avoir deux lectures du texte et de la systématique de l' art. 122 al. 1 et 2 LEtr . La première consiste à prendre en compte la structure habituelle d'un article de loi qui veut que celui-ci commence par énoncer les éléments constitutifs de l'infraction ("Si un employeur enfreint la présente loi de manière répétée, ..."), puis poursuit avec la conséquence juridique du comportement décrit (" ... l'autorité compétente peut rejeter entièrement ou partiellement ses demandes d'admission de travailleurs étrangers ..."). Ainsi, l' art. 122 al. 1 LEtr indique qu'il faut des infractions répétées de l'employeur à la loi sur les étrangers pour pouvoir rejeter ses demandes d'admission de travailleurs étrangers. L' art. 122 al. 2 LEtr enchaîne sans mentionner d'éléments constitutifs de l'infraction (" L'autorité compétente peut menacer les contrevenants de ces sanctions. "). On peut conclure de cette absence que l'al. 2 est rattaché à l'al. 1 qui, lui, contient ces éléments. Par conséquent, l'employeur qui enfreint ladite loi de façon répétée peut soit voir ses demandes être rejetées, soit être menacé de ces sanctions. La menace de sanction ne peut donc intervenir qu'en cas d'infractions répétées à la loi sur les étrangers. Cette interprétation a pour résultat de limiter l'avertissement à la deuxième infraction. La seconde lecture de cette disposition consiste à penser que le législateur a formulé l' art. 122 al. 2 LEtr de façon elliptique et qu'il a fait abstraction de l'énoncé des éléments constitutifs de l'infraction à cet alinéa. Avec cette conception, l'art. 122 al. 2 ne doit pas être rattaché à l' art. 122 al. 1 LEtr , puisqu'il inclut implicitement le comportement constitutif de l'infraction, et il a au contraire une portée BGE 141 II 57 S. 62 indépendante. Comme il ne précise pas qu'il faut une infraction répétée de la loi pour la menace, on peut en conclure qu'une seule infraction suffit. Le résultat en est que l' art. 122 al. 2 LEtr constitue une base légale pour infliger un avertissement à l'employeur dès la première infraction. Les interprétations littérale et systématique de la disposition en cause ne sont ainsi pas décisives, les deux conceptions étant soutenables. 5. Dans le cadre de l'interprétation historique, sera d'abord examinée la portée de la sanction administrative, encourue par l'employeur qui engage des étrangers en situation illégale, au regard de la sanction pénale risquée pour ces mêmes faits dans l'ancienne loi fédérale du 26 mars 1931 sur le séjour et l'établissement des étrangers (LSEE ou l'ancienne loi sur le séjour et l'établissement des étrangers; RS 1 113). Puis, on analysera l'évolution du droit des étrangers en la matière qui a vu l'introduction de la simple menace de sanctions administratives. 5.1 L'employeur qui contrevient aux dispositions du droit des étrangers encourt non seulement des sanctions administratives mais également pénales. Sous l'empire de l'ancienne loi sur le séjour et l'établissement des étrangers, en vigueur jusqu'au 31 décembre 2007, la condamnation pénale a longtemps été perçue comme étant moins grave que la sanction administrative. En effet, le législateur et le Tribunal fédéral considéraient pénalement l'emploi d'un étranger en situation illégale en Suisse comme un délit de moindre importance (cf. ATF 118 IV 262 consid. 3c/aa p. 265; ATF 112 IV 121 ; cf. aussi ANDREAS ZÜND, in Migrationsrecht, Spescha/Thür/Zünd/Bolzi [éd.], 3 e éd. 2012, n° 7 ad art. 116 LEtr , quant à la mise en cause de cette clémence par rapport au nouveau droit); les sanctions pénales applicables aux employeurs étaient même plus légères que celles destinées aux employés (Message du 17 septembre 1986 concernant une modification de la loi fédérale sur le séjour et l'établissement des étrangers; FF 1986 III 237 ch. 132). Or, l'éventuelle sanction pénale était précédée d'un avertissement, soit de la menace de condamner la personne qui récidiverait. Comme la condamnation pénale était considérée comme moins grave que la sanction administrative et que celle-là était précédée d'un avertissement, on pourrait en conclure qu'a fortiori la menace d'une sanction administrative ne devrait être prononcée qu'après des infractions réitérées . BGE 141 II 57 S. 63 5.2 5.2.1 La législation en la matière a cependant évolué. La menace de sanctions, telle qu'on la retrouve à l' art. 122 al. 2 LEtr , remonte à l'ancienne ordonnance limitant le nombre des étrangers de 1986. Elle n'avait été envisagée ni dans les ordonnances relatives aux limitations des étrangers antérieures ni dans le projet (rejeté en votation populaire) de la loi sur les étrangers du 29 juin 1981 (FF 1981 II 553; cf. art. 82). L'ancien art. 55 OLE prévoyait: " 1 Si un employeur a enfreint à plusieurs reprises ou gravement les prescriptions du droit des étrangers, l'office cantonal de l'emploi rejettera totalement ou partiellement ses demandes, indépendamment de la procédure pénale. 2 L'office cantonal de l'emploi peut également mettre en garde le contrevenant par sommation écrite, sous menace d'application de sanctions." Avec l'entrée en vigueur de cette ordonnance, l'ancien Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail a édicté les Directives et commentaires de novembre 1986 concernant l'application de l'ordonnance du Conseil fédéral du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers. Ces directives précisaient (p. 85), à propos de l'ancien art. 55 al. 2 OLE , que lors de premières infractions qui ne pouvaient pas être considérées comme graves, un avertissement pouvait se révéler approprié. Les directives subséquentes, soit les Directives et commentaires de novembre 1990 concernant l'application de l'ordonnance du Conseil fédéral du 6 octobre 1986 limitant le nombre des étrangers (ci-après: les Directives de 1990) de ce même office indiquaient (p. 60) que les sanctions pouvaient varier selon la gravité de l'infraction et les circonstances; en règle générale, l'entreprise recevrait d'abord un avertissement écrit concernant les sanctions qu'elle encourait, surtout s'il s'agissait d'une première infraction ou d'une infraction mineure. Dès lors, selon ces directives, un avertissement pouvait être prononcé dès la première infraction (peu grave). On relèvera, à cet égard, que le Tribunal fédéral n'est pas lié par les directives de l'administration en général ni par celles en matière de droit des étrangers en particulier mais qu'il peut en tenir compte au titre de l'expression d'une pratique (cf. ATF 133 V 346 consid. 5.4.2 p. 352). 5.2.2 L'ancienne ordonnance limitant le nombre des étrangers a été abrogée par l'ordonnance du 24 octobre 2007 relative à l'admission, au séjour et à l'exercice d'une activité lucrative (OASA; RS 142.201[cf. art. 91 ch. 5 OASA ]), entrée en vigueur le 1 er janvier 2008. BGE 141 II 57 S. 64 Certaines de ses dispositions ont toutefois été reprises dans la loi sur les étrangers, à l'instar de l'ancien art. 55 OLE repris quant à son principe à l' art. 122 LEtr ; sur la forme, l' art. 122 al. 1 LEtr est devenu potestatif et la mention de la sommation, faite à l'ancien art. 55 al. 2 OLE (dans la version française), ne figure plus à l' art. 122 al. 2 LEtr . Le Message du 8 mars 2002 concernant la loi sur les étrangers (FF 2002 3590 ad art. 117) ne précise pas s'il faut ou non des infractions répétées pour pouvoir infliger un avertissement. Il signale uniquement que l' art. 122 LEtr reprend en principe l'ancien art. 55 OLE . Cet élément a été confirmé par la Conseillère nationale Doris Leuthard pour la commission en charge du projet lors des débats parlementaires (BO 2004 CN 1157), ce qui constitue une consécration implicite des Directives de 1990 susmentionnées et donc de la pratique instaurée dans ce cadre. Les Directives et commentaires de l'ancien Office fédéral des migrations, dans leur version d'octobre 2013, ne contiennent pas d'indication quant à la question de la nécessité d'infractions répétées ou non. 5.2.3 Au regard de ce qui précède, c'est-à-dire compte tenu de l'ancien art. 55 OLE , des Directives de 1990 y relatives, ainsi que de la volonté du législateur de reprendre l'ancien art. 55 OLE à l' art. 122 LEtr , l'interprétation historique peut aussi aller dans le sens d'un avertissement pouvant être infligé dès la première infraction au contrevenant. 5.3 On peut se demander, quant à l'interprétation historique, jusqu'à quelle période il faut remonter pour expliquer une norme actuelle. En effet, les préoccupations d'une certaine époque et les raisons ayant amené alors à adopter une disposition, de même que l'interprétation qui en était faite, ne sont plus forcément celles en cours au moment où il s'agit d'interpréter celle-ci. Le cas d'espèce illustre bien ce propos puisque la thématique du travail au noir a pris de l'importance ces dernières années; la lutte contre ce phénomène s'est intensifiée et est devenue une priorité politique et législative (cf. Message du 16 janvier 2002 concernant la loi fédérale contre le travail au noir [FF 2002 3371] et la loi fédérale du 17 juin 2005 concernant des mesures en matière de lutte contre le travail au noir [LTN ou loi sur le travail au noir; RS 822.41]) avec des conséquences pour la présente affaire (cf. infra consid. 7). 6. En conclusion, on constate que les interprétations littérale et systématique de l' art. 122 LEtr , ainsi que l'interprétation historique vont BGE 141 II 57 S. 65 aussi bien dans le sens d'un avertissement étant susceptible d'être infligé dès la première infraction que dans celui d'un avertissement ne pouvant l'être qu'à partir de la deuxième. Compte tenu de cet élément et du sujet en question, soit la lutte contre le travail au noir, il convient de procéder à une interprétation systématique plus large au regard de l'évolution de la législation dans ce domaine. 7. Comme susmentionné, la tendance est à une répression plus stricte du travail au noir. En atteste la nouvelle loi contre le travail au noir, entrée en vigueur le 1 er janvier 2008. A cette occasion, le Conseil fédéral a souligné que le travail au noir devait être combattu pour des raisons économiques, sociales, juridiques et éthiques; la lutte contre ce phénomène passait par une politique de répression; il existait déjà de nombreux instruments législatifs susceptibles de favoriser cette lutte, mais il fallait les compléter avec la loi sur le travail au noir; le projet de loi prévoyait une série de mesures pour accroître la répression trop lacunaire (Message op. cit., FF 2002 3372). Au regard de ce qui précède, juger que la menace de sanctions ne peut être adressée à l'employeur qu'à partir de la deuxième infraction à la loi sur les étrangers, ce qui laisserait à tout employeur la possibilité d'enfreindre une première fois la loi sans conséquence, irait à l'encontre de la politique plus répressive voulue par les autorités suisses. Il faut donc considérer que l'avertissement prévu à l' art. 122 al. 2 LEtr peut être infligé à un employeur dès la première infraction commise.
public_law
nan
fr
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
854ff730-372c-4b67-83ff-0201557c30df
Urteilskopf 101 Ib 154 28. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 4. Juli 1975 i.S. X. gegen Regierungsrat Bern
Regeste Art. 1 und 38 Ziff. 4 StGB . 1. Die Ausfüllung von Gesetzeslücken durch den Richter ist zugunsten des Angeklagten oder Verurteilten zulässig. 2. Wird ein bedingt Entlassener für Straftaten, die er teils innerhalb und teils ausserhalb der Probezeit begangen hat, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten als Gesamtstrafe verurteilt, so muss die zuständige Behörde vor einer auf Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 Satz 1 StGB gestützten Rückversetzung den Entscheid des urteilenden Richters darüber einholen, ob auf die während der Probezeit verübte Tat ein Strafanteil von über 3 Monaten entfällt.
Erwägungen ab Seite 154 BGE 101 Ib 154 S. 154 Aus den Erwägungen: a) Nach Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB muss die zuständige Behörde nur dann die Rückversetzung zwingend anordnen, wenn der Täter während der Probezeit eine strafbare Handlung begeht, für die er zu einer drei Monate übersteigenden und unbedingt zu vollziehenden Freiheitsstrafe verurteilt wird. Wird der Entlassene zu einer milderen oder zu einer bedingt BGE 101 Ib 154 S. 155 vollziehbaren Strafe verurteilt, so kann die Behörde von der Rückversetzung Umgang nehmen. c) Ist demnach davon auszugehen, dass von den X. im bezirksgerichtlichen Urteil zur Last gelegten Straftaten einzig jener Verweisungsbruch in die Probezeit fällt, dann durfte der Regierungsrat die zweite sich gemäss Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB stellende Frage, nämlich diejenige nach der Dauer der dem Entlassenen neu zugemessenen Strafe, nicht einfach aufgrund der Gesamtstrafe beantworten, welche auch für nach Ablauf der Probezeit begangene Delikte ausgefällt wurde. Das Gesetz stellt ausdrücklich auf das Mass derjenigen Freiheitsstrafe ab, zu welcher der Entlassene für die in der Probezeit verübte(n) strafbare(n) Handlung(en) verurteilt worden ist. Nur wenn die hiefür festgesetzte Strafe drei Monate übersteigt, muss in jedem Fall die Rückversetzung angeordnet werden. Der Gedanke der Resozialisierung, der dieser Ordnung zugrunde liegt, wäre jedoch missachtet, würde in Fällen wie dem vorliegenden die Dauer der Gesamtstrafe als massgebend berücksichtigt. Das Gesetz, das grundsätzlich dem Prinzip der Einheit der Strafzumessung folgt ( Art. 68 Ziff. 1 und 350 StGB ; H. SCHULTZ, Einführung in den Allgemeinen Teil des Strafrechts, 2. Auflage, Bd. II, S. 64), spricht sich freilich nicht darüber aus, wie jene Folge vermieden werden kann. Es enthält insoweit eine Lücke, die vom Richter nur durch ergänzende Rechtsfindung geschlossen werden kann. Das ist auch im Strafrecht zulässig und mit Art. 1 StGB vereinbar, sofern es zugunsten des Angeklagten oder Verurteilten geschieht (O. A. GERMANN, Kommentar zum Schweizerischen Strafgesetzbuch, Bd. I, 1953, Art. 1, N. 12 2-3). Um dem Zweckgedanken des Art. 38 Ziff. 4 Abs. 1 StGB zum Durchbruch zu verhelfen, bietet sich hier als Lösung einzig eine dem Entscheid der Vollzugsbehörde vorausgehende Ausscheidung des Strafanteils an, der auf die in der Probezeit verübte Straftat entfällt (siehe zur analogen Problemstellung beim Widerruf gemäss Art. 41 Ziff. 3 StGB : P. ALBRECHT, BJM 1975, S. 65 f.). Ein solches Vorgehen ist übrigens unserer Rechtsordnung keineswegs fremd. Vielmehr wird stets dann, wenn ein in der Schweiz zu einer Gesamtstrafe Verurteilter vom Ausland unter Vorbehalt gewisser Nichtauslieferungsdelikte zum Strafvollzug ausgeliefert wird, vom Richter verlangt, BGE 101 Ib 154 S. 156 dass er nachträglich die auf diese Delikte entfallende Strafquote ausscheide ( BGE 82 I 169 und BGE 83 IV 113 ; H. SCHULTZ, Gesetzgebung und Rechtsprechung der Schweiz im internationalen Strafrecht (1942 bis 1963), in: Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht, Bd. XX/1963, S. 227). In gleicher Weise muss auch hier verfahren werden. Dabei wird es ebenfalls Sache des Richters und nicht der Vollzugsbehörde sein, jene Ausscheidung vorzunehmen, geht es doch um Strafzumessung, bei der auch in diesem nachträglichen Verfahrensgang die Vorschriften der Art. 63 ff. StGB und gegebenenfalls des Art. 68 Ziff. 1 StGB zu beachten sind ( BGE 82 I 170 und BGE 83 IV 114 ). Ist insoweit Bundesrecht massgebend, so bestimmt sich andererseits nach kantonalem Prozessrecht, in welcher Form der Richter auf Ersuchen der Vollzugsbehörde die Aufteilung der Strafe vorzunehmen hat. Eine Wiederaufnahme des Verfahrens kommt freilich nicht in Frage, weil kein Revisionsgrund vorliegt. Hingegen bieten sich andere verfahrensrechtliche Möglichkeiten, so insbesondere die Erläuterung, die hiefür genügt, da es ja nicht um eine materielle Änderung des rechtskräftigen Urteils geht, sondern bloss um dessen Präzisierung im Sinne einer nachträglichen Unterteilung der in ihrer Gesamtheit unverändert bleibenden Strafe (VEB 1957, Nr. 82, S. 190 f.; SCHULTZ, a.a.O.).
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
8551c55e-7855-4606-9e15-70762ca02d1f
Urteilskopf 92 II 128 20. Arrêt de la IIe Cour civile du 1er juillet 1966 dans la cause X. c. Procureur général du canton de Genève.
Regeste Berufung. Zulässigkeit. Zivilrechtsstreitigkeit. 1. Hat man es mit streitiger oder freiwilliger Gerichtsbarkeit zu tun bei einem Gesuch an den Richter, es sei die Änderung des Geschlechts einer Person in den Zivilstandsakten anzuordnen? (Erw. 1). 2. Unter welchen Voraussetzungen kann eine Berufung, die als solche unzulässig ist, als Nichtigkeitsbeschwerde an Hand genommen werden? (Erw. 2). 3. Ortliche Zuständigkeit zur Beurteilung eines Gesuches, womit jemand, der in den Zivilstandsakten als eine Person männlichen Geschlechts eingetragen ist, die Zuerkennung des weiblichen Geschlechts verlangt. (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 92 II 128 S. 129 A.- Jean X., originaire de la commune d'Y. (Tessin), est né à Genève le 30 mars 1913. Il a été inscrit dans les registres de l'état civil comme étant de sexe masculin, en conformité de son sexe anatomique. Il a contracté mariage en 1938. Deux enfants sont issus de cette union, savoir une fille en juillet 1939 et un fils en août 1944. Préoccupé par ses problèmes sexuels, Jean X., qui ressentait le désir d'échapper à sa condition d'homme et d'être une femme, a consulté divers médecins. Le docteur Z. a procédé, en 1956, à la castration chirurgicale de X. et, en 1957, à l'amputation du pénis, avec implantation périnéale de l'urètre. Le Tribunal de première instance de Genève a prononcé le divorce des époux X., après que les enfants issus du mariage furent devenus majeurs. B.- Par exploit du 21 février 1964, X. a introduit devant le Tribunal de première instance de Genève une action en rectification des actes de l'état civil, fondée sur l' art. 45 al. 1 CC ; il a conclu principalement à ce que soit ordonnée la rectification de son état civil "par la substitution du sexe féminin au sexe masculin et du prénom de Jeanne au prénom de Jean inscrit à la naissance", subsidiairement à ce qu'un expert médical soit commis aux fins de constater qu'il "présente toutes les caractéristiques du sexe féminin et que, partant, son inscription à l'état civil comme étant de sexe masculin ne correspond pas à la réalité". Le Procureur général du canton de Genève a conclu au rejet de l'action. Une expertise médicale a été ordonnée et confiée aux professeurs Mach et Geisendorf et au docteur Mutrux. Par jugement du 8 juin 1965, le Tribunal de première instance de Genève a débouté X. de ses conclusions. C.- Saisie d'un appel interjeté par X., la Deuxième Chambre de la Cour de justice du canton de Genève, par arrêt du 21 BGE 92 II 128 S. 130 décembre 1965, a réformé le jugement entrepris et déclaré les tribunaux genevois incompétents pour connaître de la demande. Elle a considéré qu'il ne s'agissait pas d'une action en rectification de l'état civil au sens de l' art. 45 al. 1 CC , mais d'une action d'état qui devait être portée devant la juridiction du canton d'origine du demandeur en vertu de l' art. 8 LRDC . D.- Contre cet arrêt, X. recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il conclut à ce qu'il plaise à la Cour: "Réformer et mettre à néant l'arrêt de la Cour cantonale genevoise en tant qu'elle s'est déclarée incompétente pour connaître de la demande formée par X. Ordonner, en conséquence, la rectification de l'état civil du recourant par la substitution du sexe féminin au sexe masculin et du prénom de Jeanne au prénom de Jean inscrit à la naissance". Subsidiairement, le recourant conclut au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle statue quant au fond. Le Procureur général du canton de Genève s'en remet à la décision du Tribunal fédéral sur la question de la compétence, qui seule lui est soumise en l'état de la procédure. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l' art. 49 OJ , le recours en réforme est recevable contre les décisions préjudicielles ou incidentes prises séparément du fond par les juridictions cantonales de dernière instance, pour violation des prescriptions de droit fédéral au sujet de la compétence à raison de la matière ou à raison du lieu. Encore faut-il que la décision attaquée remplisse les conditions générales posées aux art. 44 ss. OJ. Hormis certains cas particuliers énumérés limitativement par la loi (art. 44 lettres a, b et c ; 45 lettre b OJ ) et non réalisés en l'espèce, le recours en réforme n'est recevable que dans les contestations civiles. La jurisprudence a défini cette notion, qui relève du droit fédéral. Elle entend par contestation civile une procédure qui vise à provoquer une décision définitive sur des rapports de droit civil et qui se déroule en contradictoire devant un juge ou toute autre autorité ayant pouvoir de statuer, entre deux personnes physiques ou morales agissant comme sujets de droits privés, voire entre une telle personne et une autorité à laquelle le droit civil confère la qualité de partie (RO 91 II 139, 396 et les arrêts cités). S'agissant d'une condition de recevabilité qui appelle l'application uniforme BGE 92 II 128 S. 131 de la loi fédérale d'organisation judiciaire, la qualité de partie doit être fondée sur une disposition fédérale (cf. par exemple art. 109/111, 121 al. 1, 157, 256, al. 2 CC). Il ne suffit pas qu'une autorité agisse comme partie en vertu du droit cantonal (cf. RO 91 II 136 ss.). Le Tribunal fédéral a jugé à plusieurs reprises que la requête invitant le juge à ordonner que le sexe d'une personne soit modifié dans les actes de l'état civil ressortit à la juridiction gracieuse. Peu importe que le droit cantonal permette ou même impose à une autorité, telle que le Ministère public, de prendre part à la procédure. Que l'on envisage la requête comme une demande de rectification au sens de l' art. 45 CC ou, supposé qu'elle soit admissible, comme une action d'état visant le titre juridique sur lequel repose l'inscription, le droit civil fédéral ne renferme aucune prescription qui donne à l'autorité cantonale la qualité de partie (arrêts non publiés M. c. Tessin, Tribunal d'appel, du 11 février 1951; L. c. Bâle, office de l'état civil, du 8 avril 1952, C. contre Vaud, Ministère public, du 13 novembre 1958). En l'espèce, le recourant a fondé ses conclusions sur l' art. 45 CC . Il a introduit la procédure contre le Ministère public de Genève en se référant à l'art. 446 PC gen. qui dispose: "Sous réserve de l'art. 45, alinéa 2, du code civil, toute demande de rectification de l'état civil est soumise au tribunal qui statue en contradictoire du Ministère public et des parties intéressées, s'il y a lieu". Cette prescription cantonale ne saurait conférer au Ministère public genevois la qualité de partie selon le droit fédéral. La cause n'est donc pas une contestation civile au sens des art. 44 ss. OJ et de la jurisprudence qui s'y rapporte, mais une affaire civile. Il s'ensuit que le recours en réforme est irrecevable comme tel. Sans doute est-il opportun qu'une autorité cantonale prenne part à la procédure en modification de l'inscription du sexe inscrit dans les actes de l'état civil, qui intéresse l'ordre public. Mais le droit fédéral en vigueur ne prévoit pas cette intervention. Le juge ne saurait l'imposer aux cantons en l'absence de toute disposition légale. De même, le contrôle de la juridiction fédérale peut paraître souhaitable, en vue de garantir l'application uniforme du droit en cette matière. La loi ouvre d'ailleurs le recours de droit administratif dans les cas moins importants visés à l' art. 45 al. 2 CC , qui permet à l'autorité de surveillance de BGE 92 II 128 S. 132 prescrire la rectification des inexactitudes résultant d'une inadvertance ou d'une erreur manifestes (art. 99 I c OJ). La situation actuelle est toutefois une conséquence du système de la loi, à laquelle le juge ne saurait remédier (arrêt C. déjà cité). 2. Dans les affaires civiles qui ne peuvent être l'objet de recours en réforme, l' art. 68 lettre b OJ déclare le recours en nullité recevable contre les décisions de la dernière juridiction cantonale pour violation des prescriptions de droit fédéral relatives à la compétence des autorités à raison de la matière ou à raison du lieu. En l'espèce, la Cour de justice a déclaré les tribunaux genevois incompétents pour statuer sur la requête de X. en invoquant l' art. 8 LRDC . Le recourant conteste cette manière de voir. L'acte de recours remplit les conditions de forme énoncées à l' art. 71 OJ . Peu importe qu'il soit intitulé recours en réforme. Il est recevable comme recours en nullité en tant qu'il vise à faire annuler l'arrêt cantonal déclinant la compétence des tribunaux genevois. 3. La requête tendant à faire constater que le sexe d'une personne ne correspond pas à celui qui est indiqué dans les registres de l'état civil et à faire modifier l'inscription pour l'adapter au sexe véritable revendiqué par l'intéressé se distingue de la rectification judiciaire de l' art. 45 al. 1 CC . Elle ne vise pas à redresser une erreur matérielle qui affecterait l'inscription dès le moment où elle a été opérée, ni à faire rectifier une inscription qui, exacte à l'origine, ne l'est plus parce que l'état d'une personne s'est modifié en droit (cf. RO 86 II 441, 87 I 468), mais à corriger une inscription dont le requérant prétend qu'elle ne correspond pas à la situation de fait réelle. La procédure n'est pas prévue expressément par la loi. Celle-ci ne désigne donc pas l'autorité compétente à raison du lieu. Alors que l'action en rectification relève de la juridiction du lieu où se trouve le registre ou le document de l'état civil renfermant l'erreur, éventuellement la première erreur à redresser (RO 86 II 444/5), l'état civil des personnes est soumis à la juridiction du lieu d'origine, en vertu de l'art, 8 LRDC, dont l'énumération n'est pas exhaustive (ibidem). Dans les rapports intercantonaux, l' art. 8 LRDC s'applique même si les lois cantonales concordent pour attribuer la compétence à une autre juridiction (RO 71 II 146, consid. 2, 65 II 240/41, 55 II 327). Du moment que le recourant est originaire d'Y. (canton du Tessin), les tribunaux genevois ne sont pas compétents pour BGE 92 II 128 S. 133 statuer sur la requête par laquelle il revendique un statut féminin. Le recours en nullité est dès lors mal fondé. 4. Vu les art. 156 al. 2 et 159 OJ , le Ministère public genevois ne saurait obtenir l'allocation de dépens (cf. BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, p. 528 en bas). Il n'en a du reste pas réclamé. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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85556f55-2c06-4b22-9c7b-bc8f69843ee4
Urteilskopf 83 II 475 64. Urteil der I. Zivilabteilung vom 17. Dezember 1957 i.S. Strässle Söhne & Co. gegen Polstermöbel und Matratzen Uster GmbH.
Regeste Modellschutz, Schutzfähigkeit, Nachahmung. Begriff des Musters und Modells, Art. 2 MMG . Schutzfähigkeit von Polstermöbeln (Erw. 1). Inhalt des Modellschutzes, Art. 3 MMG (Erw. 2). Umfang des Modellschutzes, Begriff der Nachahmung, Art. 24 Ziff. 1 MMG (Erw. 3). Massgebend ist nicht das Erinnerungsbild, sondern die Vergleichung der nebeneinandergestellten Gegenstände (Erw. 3 a). Massgebend ist der Gesamteindruck (Erw. 3 c). Anforderungen an die Aufmerksamkeit bei der Vergleichung (Erw. 3 d).
Sachverhalt ab Seite 476 BGE 83 II 475 S. 476 A.- Die Firma Strässle Söhne & Co., Polstermöbel, hinterlegte am 27. April 1955 beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum in Bern unter Nr. 88 931 eine Anzahl Modelle für Möbel, unter anderem das Modell eines Lehnstuhls mit der Katalog-Nr. 4501 und eines Sofas Nr. 4503. Am 1. November 1955 hinterlegte sie ferner unter Nr. 89 647 das Lehnstuhl-Modell Nr. 101 und das SofaModell Nr. 103. Die Firma Polstermöbel und Matratzen Uster GmbH brachte Lehnstühle und Sofas auf den Markt, die nach der Ansicht der Firma Strässle unzulässige Nachahmungen der von ihr hinterlegten Modelle darstellten; insbesondere empfand sie die Katalog-Nr. Uster 850/1 als Nachahmung ihrer Modelle Nr. 4501 und 4503, und die Modelle Uster Nr. 905/6 als Nachahmung ihrer Modelle Nr. 101 und 103. B.- Am 28. November 1956 erhob die Firma Strässle BGE 83 II 475 S. 477 wegen der nach ihrer Auffassung durch die Beklagte begangenen Modellnachahmungen Festellungs-, Unterlassungs- und Schadenersatzklage; ferner verlangte sie die Verurteilung der Beklagten zur Abänderung, eventuell Vernichtung der vorhandenen Nachahmungen, zur Vernichtung des Werbematerials für diese und zur Veröffentlichung des Urteilsdispositivs. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage. Sie bestritt das Vorliegen von Nachahmungen, weil die beanstandeten Möbelstücke von den Modellen der Klägerin genügend unterscheidbar seien. Überdies machte sie geltend, die Hinterlegungen der Klägerin seien mangels Neuheit ungültig. C.- Das Handelsgericht Zürich wies mit Urteil vom 27. Mai 1957 die Klage im vollen Umfang ab. Es verneinte schon eine Verletzung der Modelle der Klägerin durch Nachahmung und liess demgemäss die Frage der Gültigkeit der Hinterlegungen ungeprüft. D.- Mit der vorliegenden Berufung hält die Klägerin an ihren im kantonalen Verfahren gestellten Begehren fest. Die Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Entscheides. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Im Anschluss an Art. 2 MMG hat das Bundesgericht den Begriff des Musters oder Modells umschrieben als eine auf das Auge wirkende, sich an den Schönheitssinn wendende äussere Formgebung, die dazu bestimmt ist, bei der gewerblichen Herstellung eines Gegenstandes als Vorbild zu dienen; diese Formgebung kann nach der Rechtsprechung eine graphische (linien- oder flächenhafte) oder eine plastische (körperhafte) sein und unter Verwendung von Farben oder ohne solche erfolgen ( BGE 75 II 358 und dort erwähnte Entscheide; Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. November 1954 i.S. Juvenia c. Solvil, nicht veröffentlichte Erw. 6 a). Die Schutzfähigkeit einer BGE 83 II 475 S. 478 derartigen äusseren Formgebung setzt nicht voraus, dass das Muster oder Modell als Ergebnis einer schöpferischen Tätigkeit angesprochen werden kann. Es genügt, wenn es eine gewisse, auf den Schönheitssinn ausgerichtete Originalität aufweist und damit ein Mindestmass an schöpferischer Idee erkennen lässt, die ihm einen individuellen Charakter, ein kennzeichnendes Gepräge verleiht, so dass die Formgebung nicht im Nächstliegenden haften bleibt ( BGE 77 II 374 , BGE 69 II 430 unten; Urteil Juvenia/Solvil Erw. 6 b). Dieser Gesichtspunkt rückt das Muster- und Modellrecht in die Nachbarschaft des Urheberrechts. Die Grundform eines Stuhles oder Sofas wird nun zwar durch die Zweckbestimmung weitgehend vorgezeichnet. Es bleibt aber auch bei derartigen Möbelstücken genügend Raum für eine besondere Ausgestaltung und damit für eine sich an den Schönheitssinn wendende äussere Formgebung im Sinne der oben erwähnten Umschreibung des Geschmacksmusters. Diese Tatsache wird durch die Erfahrung der Jahrhunderte mit ihren verschiedenen Epochen der Möbelstile bestätigt. Die Vorinstanz hat daher mit Recht angenommen, dass die streitigen Gegenstände Modelle im Sinne des MMG darstellen können; denn die von der Klägerin hinterlegten Modelle entsprechen an sich, nämlich im Hinblick auf ihre äussere Formgebung, der gesetzlichen Definition des Modells. 2. Ob die von der Klägerin hinterlegten Modelle auch dem weiteren Erfordernis genügen, dass sie im Zeitpunkt ihrer Hinterlegung neu waren, und welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte bei der Entscheidung hierüber in Betracht zu ziehen wären, ist im vorliegenden Berufungsverfahren nicht zu erörtern. Dieses beschränkt sich auf die Frage der Nachahmung. Der Prüfung dieser Frage vorgängig ist zunächst der Inhalt des Muster- und Modellschutzes nach gewissen Richtungen hin positiv und negativ abzugrenzen. In dieser Beziehung ist einmal hervorzuheben, dass sich nach der ausdrücklichen Bestimmung von Art. 3 MMG der Muster- BGE 83 II 475 S. 479 und Modellschutz nicht auf die Herstellungsweise, auf Nützlichkeitszwecke und auf technische Wirkungen des nach Modell hergestellten Gegenstandes erstreckt. a) Schutzgegenstand ist daher bei den in Frage stehenden Modellen nicht die Sitzfläche mit den 4 oder mehr Beinen an sich, auch nicht die Lehne oder die Armstütze an sich, sondern nur die bestimmte Formgebung, welche diese Teile der Möbelstücke oder das Ganze erfahren haben. b) Die Klägerin behauptet, die zusammengehörenden Modelle Nr. 4501 und 4503 neu gestaltet zu haben, und zwar derart, dass sie sich von allen früheren Polstermöbeln deutlich, im Gesamtanblick und nicht etwa nur in Einzelheiten, unterscheiden. Die Modelle Nr. 101 und 103 sodann bezeichnet die Klägerin als völlig neue "Sitwell"-Möbel, welche sie durch Architekt Bellmann habe entwickeln lassen; ihre Eigenart liegt nach Ansicht der Klägerin sowohl in der Form als auch im verwendeten Material. Demgegenüber hat die Vorinstanz (Urteil S. 7) mit Recht darauf hingewiesen, dass für den Modellschutz nur die Eigenart der Formgebung beachtlich ist, während auf die Art des Materials nichts ankommt. Es ist daher modellschutzrechtlich belanglos, dass die Beklagte wie die Klägerin für die Sitzschale oder Wanne einen beliebig giess- oder pressbaren und formbaren Kunststoff verwendet. Hinsichtlich dieses Werkstoffes ist modellrechtlich einzig von Bedeutung, dass die Beklagte nicht behauptet und die Vorinstanz auch nicht festgestellt hat, die von der Klägerin gewählte äussere Formgebung sei die zwingende Folge des verwendeten Materials. Dieses gestattet freilich gewisse früher nicht übliche oder technisch nicht mögliche, heute aber in Mode kommende Formen zu schaffen. Es zwingt aber keineswegs zu einer einzigen, also stoffbedingten äusseren Formgebung. Auch bei Verwendung eines solchen neuartigen Werkstoffes bestehen für die äussere Formgestaltung viele Möglichkeiten, wie dies bei Lehnstühlen und Sofas aus Holz oder Metall von jeher der Fall gewesen war. c) Was den gemäss Art. 3 MMG ebenfalls ausser Betracht BGE 83 II 475 S. 480 fallenden Nützlichkeitszweck eines Modells im Verhältnis zu der für den Modellschutz allein in Betracht fallenden äusseren Formgebung anbelangt, so ist mit der Vorinstanz daran zu erinnern, dass kein Modellschutz gewährt wird, wo zwar eine Formgebung vorhanden ist, der Nützlichkeitsgesichtspunkt gegenüber der Formwirkung aber so stark überwiegt, dass diese völlig in den Hintergrund tritt, der Nützlichkeitszweck also gewissermassen die (einzige) Form diktiert ( BGE 69 II 429 Erw. 3, BGE 55 II 223 ). 3. Für den Entscheid über die Frage der Nachahmung ist es weiter erforderlich, den Schutzumfang nach Modellrecht abzustecken. a) Eine widerrechtliche Nachbildung eines Musters oder Modelles kommt in Gestalt der Nachmachung oder in Gestalt der Nachahmung vor. Art. 24 Ziff. 1 MMG bezeichnet eine Nachahmung (nur um eine solche geht es im vorliegenden Streit) als widerrechtlich, wenn sie derart ist, "dass eine Verschiedenheit nur bei sorgfältiger Vergleichung wahrgenommen werden kann"; dazu bemerkt das Gesetz erläuternd, dass blosse Farbänderung nicht als Verschiedenheit gelte. Nach diesem Gesetzeswortlaut müssen beim Entscheid darüber, ob eine widerrechtliche Nachahmung vorliege, die in Frage stehenden Modelle miteinander verglichen, d.h. nebeneinander gehalten und gleichzeitig betrachtet werden; es kommt - anders als im Markenrecht - nicht auf das blosse Erinnerungsbild an. Der Begriff der Nachahmung ist somit enger gezogen als im Marken- wie auch im Wettbewerbsrecht. Daraus ist im Schrifttum gefolgert worden, dass schon recht geringe Unterschiede genügen, um eine Nachahmung im Sinne des Gesetzes auszuschliessen; wenn eine erste, oberflächliche, schnelle Prüfung bereits Unterschiede ergebe, sei eine Nachahmung zu verneinen (PERRIN, Schweiz. Jur. Kartothek Nr. 139 S. 3 f., TROLLER, Schweiz. gewerblicher Rechtsschutz S. 178). Von dieser Auslegung ausgehend ist die Formulierung des Gesetzes als zu eng beanstandet worden, weil die Konkurrenten BGE 83 II 475 S. 481 dadurch geradezu aufgemuntert würden, ein geschütztes Modell in kleinen Einzelheiten abzuändern, so dass der Unterschied bei sorgfältigem Vergleichen gerade noch entdeckt werde (TROLLER, in Mitteilungen der Schweizergruppe der internationalen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz, 1948, S. 110 f.). b) Der Entstehungsgeschichte des Gesetzes ist in der Tat zu entnehmen, dass der Gesetzgeber den Begriff der Nachahmung im Modellwesen einzuschränken beabsichtigte. Das erste schweizerische MMG vom 21. Dezember 1888 (AS 11 S. 73 ff.) zeigt hievon freilich noch nichts. Es bestimmte über die Nachahmung in Art. 18 Ziff. 1 (der dem heutigen Art. 24 Ziff. 1 entspricht), dass ziviloder strafrechtlich belangt werden könne, wer ein hinterlegtes Modell wissentlich nachmacht oder "ein solches in unerlaubter Weise nachahmt". Erst im heute noch geltenden MMG vom 30. März 1900 erscheint der gegenwärtige Wortlaut gemäss Art. 24 Ziff. 1. Die Botschaft dazu (BBl 1899 V S. 613 ff.) deckt die bei der Gesetzesrevision verfolgten Absichten auf. Sie führt (S. 616) aus, es wäre unzweckmässig "das Gesetz im Sinne eines voraussetzungslosen Verbotes der Nachahmung zu revidieren; denn erstens steht das schweizerische Gewerbe noch nicht auf der Stufe, dass auch dem Kleingewerbetreibenden die Arbeit ausschliesslich nach eigenen Mustern zugemutet werden dürfte, und zweitens kennt kein Muster- und Modellschutzgesetz derjenigen Staaten, mit denen die Schweiz in einem bezüglichen Vertragsverhältnis steht, dieses absolute Nachahmungsverbot. Wenn wir dieses bei uns einführten, so würden alle Muster und Modelle der Angehörigen der Vertragsstaaten bedingungslos geschützt sein gegen Nachahmungen durch Einheimische, während in den Vertragsstaaten, wie jetzt, nur diejenigen Muster und Modelle schweizerischen Ursprungs geschützt sein würden, für welche die in jenen Staaten vorgeschriebenen Bedingungen und Formalitäten erfüllt worden wären." Zu Art. 24 bemerkt die Botschaft (S. 624) sodann: "Der Tatbestand des Nachahmungsdeliktes erscheint im Vergleich zum gegenwärtigen Gesetz nur insofern verändert, als neben dem eigentlichen Nachmachen, dem sklavischen Kopieren, nur diejenige Nachahmung verboten ist, bei der eine Verschiedenheit vom hinterlegten Muster oder Modell nur bei sorgfältiger Vergleichung wahrgenommen werden kann; es steht diese Einschränkung BGE 83 II 475 S. 482 des Begriffes der Nachahmung auf dem Muster- und Modellschutzgebiet, im Gegensatz zu demjenigen auf dem Gebiet des Erfindungsschutzes, mit der eigenartigen Natur und dem Wesen des Musters und Modells im Zusammenhang." Diese Ausführungen lassen erkennen, dass durch die Gesetzesrevision von 1900 die Nachahmung von Mustern und Modellen tatsächlich bis zu einem gewissen Grade als zulässig erklärt werden sollte. c) Trotz dieser Tendenz des Gesetzgebers braucht jedoch die heutige Fassung des Art. 24 Ziff. 1 MMG entgegen den oben erwähnten Literaturmeinungen nicht so verstanden zu werden, dass im Muster- und Modellwesen eine Nachahmung im Sinne des Gesetzes grundsätzlich durch jede Verschiedenheit ausgeschlossen wird, die man ohne sorgfältige Vergleichung wahrnehmen kann. Es kommt nämlich in jedem Falle der Vergleichung zweier Erzeugnisse darauf an, wie gross die Übereinstimmungen sind; gehen diese sehr weit, so beherrscht das Gemeinsame den Eindruck, und Verschiedenheiten treten zurück, möglicherweise so stark, dass der vom Gesetz vorausgesetzte Betrachter sie im Rahmen des Ganzen, also im Rahmen des Gesamteindrucks, nicht mehr beachtet. Massgebend sind somit nicht so sehr irgendwelche Verschiedenheiten, als vielmehr der Gesamteindruck. Dass es auf diesen ankommt, ist in Lehre und Rechtsprechung von jeher angenommen worden (vgl. BGE 20 S. 1156, 23 S. 1193, 31 II 749, 77 II 375, Urteil Juvenia/Solvil, nicht veröffentl. Erw. 7; ferner GUYER, Komm. zum MMG (1905) S. 66 zu Art. 24 Ziff. 1). Die schweizerische Auffassung stimmt also in diesem grundlegenden Punkte mit der Auslegung überein, die im Schrifttum zum deutschen Recht dem § 5 des Geschmacksmustergesetzes von 1876 gegeben wird, wonach verbotene Nachbildung auch vorliegt: "2. Wenn die Nachbildung... sich vom Original nur durch solche Abänderungen unterscheidet, welche nur bei Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können". (Vgl. hiezu PINZGER, Deutsches Geschmacksmusterrecht, 1932, § 5 BGE 83 II 475 S. 483 Anm. 5 S. 57 f., FURLER, Kommentar zum gleichen Gesetz, 2. Aufl. 1956, § 5 N. 8 ff., insbes. N. 19/20). Man darf daher (wie FURLER, N. 17, für das deutsche Recht) auch für das schweizerische Recht den Schluss ziehen, dass bei der Beurteilung von Nachahmungsfragen von den Übereinstimmungen und nicht von den Änderungen auszugehen ist. Die Beurteilung wird also zugunsten des Muster- und Modellschutzes durch die zwischen Vorbild und Nachahmung bestehenden Gemeinsamkeiten bestimmt. Ebenso trifft, mindestens dem Grundsatze nach, auch für das schweizerische Recht zu, dass unbedeutende Zufügungen, Weglassungen oder Veränderungen nicht entscheidend sind, und dass als unbedeutend insbesondere solche Abweichungen gelten, welche nur bei Anwendung besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden können (FURLER, a.a.O. N.18). Dass zwischen Vorbild und Nachahmung eine Verwechslungsgefahr bestehe, ist entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht erforderlich. Dieses marken- und wettbewerbsrechtliche Tatbestandsmerkmal kann für die Frage der unerlaubten Nachahmung insofern von Bedeutung sein, als das Bestehen einer Verwechslungsgefahr für das Vorliegen einer unerlaubten Nachahmung spricht; dagegen steht bei Verneinung der Verwechslungsgefahr keineswegs fest, dass eine unzulässige Nachahmung nicht vorliegt (FURLER, a.a.O. N. 23). Denn Gegenstand des Muster- und Modellschutzes ist nicht in erster Linie die Beziehung zwischen Ware und Herkunftsstätte, nicht die wirtschaftliche Stellung des Unternehmens, sondern, wie oben dargelegt wurde, die originelle Formgebung. d) Neben den genannten sachlichen Gesichtspunkten spielt bei der Beurteilung der Nachahmungsfrage auch noch eine wesentliche Rolle, welcher Massstab für die vom Gesetz geforderte Vergleichung angelegt wird, d.h. wen man sich als Betrachter vorzustellen hat. Hiebei handelt es sich um eine Rechtsfrage; denn es geht um den Beurteilungsmassstab nach MMG. BGE 83 II 475 S. 484 In dieser Beziehung führt die Vorinstanz zutreffend aus, dass nicht die Auffassung der ausgesprochenen Fachleute massgebend ist. Wie die Berufung mit Recht bemerkt, hat aber auch der Richter die Gewohnheit, einen Sachverhalt zu zergliedern und daher alle möglichen Einzelheiten genau zu beachten; auch er muss sich deshalb davor hüten, dass ein zunächst gewonnener Gesamteindruck unter dem Einfluss nachher bei genauer Betrachtung festgestellter Einzelheiten zu sehr in den Hintergrund gedrängt wird. Anderseits ist gemäss der Auffassung der Vorinstanz der Beurteilung auch nicht einfach die Meinung jedes beliebigen Laien zu Grunde zu legen, sondern es ist auf das Empfinden des interessierten, vorab des sich mit Kaufsabsichten tragenden Laien abzustellen, der bei Betrachtung der zu vergleichenden Gegenstände ein bestimmtes Mass an Aufmerksamkeit aufwendet. Diesem Massstab läuft es aber auf jeden Fall zuwider, wenn die Vorinstanz dann gleichwohl auf die Sachkunde ihrer kaufmännischen Mitglieder abstellt und die Einvernahmen der klägerischen Zeugen ablehnt, welche angeblich an der Mustermesse 1956 die Möbelstücke der Parteien verwechselt haben sollen. Wie das Bundesgericht in BGE 77 II 375 unter Hinweis auf BGE 31 II 749 erklärt hat, ist für den Gesamteindruck und für die Fähigkeit zur Beobachtung und Bewertung von Unterschieden bei der Vergleichung der Erzeugnisse das Urteil des letzten Abnehmers der Ware massgebend; wenn die Vorinstanz auf das Empfinden des interessierten Laien abstellt, so ist sie also damit grundsätzlich auf dem rechten Wege. Der Berufung ist zwar zuzugeben, dass es ausser den Kaufsinteressenten auch noch andere Laien geben kann, die sich für Modelle interessieren und die solche Gegenstände auf ihren Schönheitssinn einwirken lassen. Aber der häufigste Vertreter dieser "interessierten Laien" wird doch jener sein, der jetzt oder für später einen Kauf von solchen Möbelstücken in Aussicht nimmt und ihnen deshalb seine Aufmerksamkeit zuwendet. Diese BGE 83 II 475 S. 485 Laien können allen Kreisen und Berufen und jedem Lebensalter angehören. Ja noch mehr: die gewöhnlichen, erfahrungsgemäss auf Gesamteindrücke und nicht auf Einzelheiten abstellenden Leute beiderlei Geschlechts sind auf dem Gebiete alltäglicher Gebrauchsgegenstände (zu denen Sessel und Sofa gehören) in grosser Zahl unter diesen "interessierten Laien" zu finden; sie machen sogar die Mehrheit dieser letzten Abnehmer aus. Ihre Fähigkeit zur Beobachtung ist nun aber erfahrungsgemäss bescheiden; ihr Eindruck wird durch das Gesamtbild, durch das Übereinstimmende geprägt. Auch wenn sie noch einigermassen sorgfältig (näher) zusehen und vergleichen, nehmen sie entscheidend den Gesamteindruck wahr und fahnden nicht geradezu nach kleinen Abweichungen, die naturgemäss den Gesamteindruck nun einmal nicht auszulöschen vermögen. Es kommt also hier auf die Wirkung der in Frage stehenden Möbelstücke beim Angehörigen des breiten Publikums an und auf dessen (geringe) Fähigkeit und Sorgfalt beim Betrachten und Vergleichen derselben. Liesse man rechtlich nicht diesen Massstab entscheiden, so wäre der Muster- und Modellschutz weithin wirkungslos. 4. Vergleicht man die hier in Frage stehenden Möbelstücke unter Berücksichtigung der oben entwickelten sachlichen Gesichtspunkte und unter Anwendung des erwähnten Massstabes miteinander, so ist als Gesamturteil einmal sicher festzuhalten, was die Vorinstanz auf S. 11 ihres Urteils erklärt, nämlich "dass die einzelnen Typen... bei oberflächlicher Betrachtung in der Tat ähnlich wirken, weil ihnen der gedrungene dünnwandige Aufbau, die Wannenform der Sitzmulde und die dünnen, gegen aussen strebenden Beine gemeinsam sind". Wenn die Vorinstanz dann aber weiter ausführt, beim Vergleich vom Gesichtspunkte des interessierten Laien aus seien doch einige erhebliche Unterschiede der einzelnen Typen schon auf den ersten Blick nicht zu übersehen, so kann ihr nicht bcigepflichtet werden. Dies deswegen, weil sie, entgegen den massgeblichen (zum Teil von ihr richtig hervorgehobenen) BGE 83 II 475 S. 486 Gesichtspunkten, den Gesamteindruck der zu vergleichenden Gegenstände nicht oder nur ungenügend berücksichtigt hat, und weil sie kleine Unterschiede und Abweichungen als wesentlich bezeichnet, die selbst der einigermassen sorgfältig vergleichende letzte Abnehmer überhaupt nicht wahrnimmt oder als belanglos ausser Betracht lässt. a) Als Unterschiede zwischen den klägerischen Modellen 4501/4503 einerseits und den beklagtischen Modellen 850/1 erwähnt die Vorinstanz, dass bei den Möbeln der Klägerin je eine Zylinderschale als Sitz- und Rückenfläche erkennbar seien, während bei den Möbeln der Beklagten die Sitzflächen sattelförmig modelliert und die Rückenlehne mit einem Kreuzpolster versehen seien; ferner vermittle das Modell der Klägerin eine eher ans Liegen grenzende Sitzlage, dasjenige der Beklagten dagegen sei eher rechtwinklig und dafür tief; auch falle auf, dass die Rücklehne des Sessels der Beklagten nach oben schmäler werde. Diese Abweichungen können entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht als augenfällige Unterschiede bezeichnet werden. Man muss nach ihnen vielmehr förmlich fahnden, und der hier massgebende Laienbeobachter wird sie auch bei einigermassen sorgfältiger Vergleichung nicht beachten. Die ganze Beurteilung der Vorinstanz übersieht neben diesen gesuchten kleinen Verschiedenheiten jedoch die den Gesamteindruck beherrschenden Gemeinsamkeiten. Diese gehen von der Linienführung bis zu den Ausmassen (Höhe, Breite usw.) und den Massproportionen des Ganzen und der Einzelteile (z.B. Lehne) und - beim Sofa - bis zur Verteilung der Farbfelder. Was dem hier vorauszusetzenden Beschauer allenfalls (aber nur bei sorgfältiger Vergleichung) auffällt, ist der flache Wulst, den die Sitzfläche beim Sessel und Sofa der Beklagten vorn in der Mitte aufweist. Aber das tritt gegenüber dem Gesamteindruck allzusehr zurück. Selbst wenn diese Verschiedenheit nicht bloss zur bewussten Verwedelung der Gemeinsamkeiten zwischen Vorbild und Nachbildung angebracht worden sein sollte, so BGE 83 II 475 S. 487 müsste man sie doch im Verhältnis zum Gesamteindruck als völlig belanglos bezeichnen. Sie ändert nichts daran, dass die Möbelstücke sich zum Verwechseln ähnlich sehen. Das hängt damit zusammen, dass die Möbel der Beklagten die eigenartig wirkende Linien- und Formgebung der klägerischen Modelle ebenfalls aufweisen, ohne dass man dies als zwangsläufige Folge der heute beliebten Wannenform erklären könnte; denn auch in diesem Bereich gibt es verschiedene, praktisch annehmbare Ausgestaltungen. b) Die "Marquesa"-Möbel der Beklagten, Nr. 905/6, sollen sich von den geschützten "Sitwell"-Modellen Nr. 101/103 der Klägerin nach der Ansicht der Vorinstanz dadurch wesentlich unterscheiden, dass diese allgemein rundere Formen aufweisen; ferner hebt die Vorinstanz hervor, dass beim Sessel der Klägerin das Sitzkissen fast kreisrund ist, während es beim Sessel der Beklagten vorne zwei Ecken aufweist; der Lehnstuhl der Beklagten ist mit emem Kreuzpolster ausgestattet, das beim Lehnstuhl der Klägerin fehlt; die Stuhlbeine sind beim Modell der Klägerin stärker gespreizt und die Hinterbeine näher beisammen als die vordern, während beim Sessel der Beklagten der Abstand der Beine hinten und vorne ungefähr derselbe ist. Das Sofa der Klägerin hat 6 Beine, dasjenige der Beklagten nur 4. Das Modell des Klägerin ist mit einem Sitzkissen ausgestattet, das der Beklagten mit deren zwei; die Rücklehne verläuft bei den Möbeln der Klägerin oben gerade, während sie beim Sofa der Beklagten eine Einsenkung aufweist. Ebenso hat nur das Sofa der Beklagten ein Kreuzpolster. Die Armlehne ist beim Modell der Klägerin vorne eckig und als nach aussen aufsteigende Fläche gestaltet, während sie beim Möbel der Beklagten vorne abgerundet ist und nach aussen leicht abfällt. Alle diese Unterschiede lassen sich aber nur auf Grund einer bis ins Kleinste gehenden Betrachtung feststellen, die von dem hier massgebenden Durchschnittsbetrachter niemals aufgewendet wird. Stellt man die beiden Sofas BGE 83 II 475 S. 488 nebeneinander, so ist der erste Eindruck, das eine sei die Kopie des andern. Die geringfügige Vertiefung in der Rückenlehne, ein dünnes Bein mehr oder weniger inmitten der stützenartig nach aussen gespreizten Beine sind, wie die für die Gesamtform doch unwesentliche Zweiteilung des Kissens, Einzelheiten, welche den Gesamteindruck nicht verändern; um sie zu sehen, muss man nach ihnen suchen, weshalb sie modellrechtlich nicht in Betracht fallen. Das gilt gleich wie für die Sofas auch für die Sessel; man darf sich durch den Stoff (kariert bei der Klägerin, einfarbig bei der Beklagten) nicht täuschen lassen. Wesentlich ist unter modellrechtlichen Gesichtspunkten die von der Klägerin gewählte konkrete Gestaltung der Linienführung und der Flächen, die Form des Ganzen und der dadurch bewirkte Eindruck, bei welchem die Proportionen in allen drei Richtungen, die eigenartige flügel- oder schnabelförmige Gestaltung der Armlehnen kennzeichnend sind. Gerade diese charakteristischen Züge finden sich aber auch bei den Möbeln der Beklagten. 5. Als Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die von der Klägerin beanstandeten Möbelstücke der Beklagten modellrechtlich in der Tat als Nachahmungen anzusehen sind. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen zur Beurteilung der ebenfalls streitigen Frage der Neuheit der klägerischen Modelle und gegebenenfalls zur Entscheidung über die verschiedenen Klagebegehren der Klägerin. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 27. Mai 1957 wird aufgehoben und die Sache zur weiteren Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 104 Ib 1 1. Auszug aus dem Urteil vom 17. März 1978 i.S. Flückiger gegen Schweizerische Eidgenossenschaft
Regeste Haftung des Bundesbeamten für Schaden, den er dem Bund unmittelbar zufügt ( Art. 8 VG ). 1. Kann der Bund den Beamten in die Klägerrolle verweisen? Negative Feststellungsklage des Beamten im vorliegenden Fall zulässig erklärt (Erw. 2). 2. Begriff der grobfahrlässigen Verletzung einer Dienstpflicht (Erw. 3a). Verkehrsordnung auf dem Areal eines Armeemotorfahrzeugparks; Haftung des Klägers mangels grober Fahrlässigkeit verneint (Erw. 3c).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 104 Ib 1 S. 1 Rudolf Flückiger ist Handwerker im Armeemotorfahrzeugpark (AMP) Hinwil. Am 28. Dezember 1974 wollte er den Lastwagen M + 64175 auf dem Waschplatz des AMP parkieren. BGE 104 Ib 1 S. 2 Zu diesem Zweck fuhr er von hinten neben einen Block bereits parkierter Fahrzeuge. Um sein Fahrzeug parallel auszurichten, holte er nach vorne aus, bis sein Wagen etwa 2,5 m über die Frontlinie der vorderen Reihe der bereits parkierten Fahrzeuge hinausragte. Rudolf Flückiger hatte bereits den Rückwärtsgang eingelegt und schickte sich gerade an, sein Fahrzeug endgültig rückwärts einzureihen, als Kaspar Habegger, mit dem Lastwagen M + 61365 von links kommend, das parkierende Fahrzeug streifte. Kaspar Habegger befand sich im Augenblick der Kollision mit seinem soeben reparierten Lastwagen auf dem Weg zu einer Probefahrt. Wegen Schneegestöbers wollte er die Lichter einschalten, obschon es um diese Zeit (14.30 Uhr nachmittags) noch hell war. Da sich der Schlüsselring verklemmt hatte, schaute er einen Moment lang auf den Lichtschalter, weshalb ihm das in seine Fahrbahn hineinragende Fahrzeug Flückigers entging. Als er seinen Blick wieder hob, konnte er die Kollision nicht mehr verhindern. Am 18. Dezember 1975 ordnete das Eidgenössische Militärdepartement (EMD) an, beide Lenker seien an dem von ihnen grobfahrlässig verursachten Gesamtschaden von Fr. 3626.- zu beteiligen, indem je der Betrag von Fr. 200.- mit ihrer Besoldung zu verrechnen sei. Während Kaspar Habegger seine Schadenersatzpflicht anerkannte, reichte Rudolf Flückiger am 17. Dezember 1976 verwaltungsrechtliche Klage gegen die Eidgenossenschaft ein und beantragte, es sei festzustellen, dass dem Bund aus dem Schadenereignis gegen ihn kein Regressanspruch zustehe; die in Aussicht gestellte Verrechnung des Betrages von Fr. 200.- sei zu widerrufen. Das EMD beantragt, die Klage sei abzuweisen. Das Bundesgericht heisst die Klage gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. Da der Anspruch aus Art. 8 VG der Eidgenossenschaft zusteht, ist er auch von ihr geltend zu machen. Es erscheint deshalb als folgerichtig, dass der Bund selber Klage beim Bundesgericht erhebt, wenn sein Anspruch streitig geblieben ist ( BGE 102 Ib 106 E. 2). Indes hat das Bundesgericht früher angenommen, der Bund könne durch Verrechnung des Schadenersatzanspruches mit einem Lohnguthaben des belangten Beamten BGE 104 Ib 1 S. 3 diesen in die Rolle des Klägers verweisen ( BGE 86 I 179 E. 2, BGE 89 I 417 f. E. 1). Im jüngsten Entscheid ( BGE 102 Ib 107 E. 2) hat das Bundesgericht sich allerdings vorbehalten, diese Rechtsprechung zu überprüfen. Eine solche Überprüfung kann jedoch im vorliegenden Fall noch unterbleiben, da das EMD hier die Verrechnung noch vor der Publikation des eben erwähnten Bundesgerichtsentscheides angeordnet hat. Auf die Klage Flückigers ist deshalb einzutreten. 3. a) Der Beamte kann nur dann nach Art. 8 VG haftbar gemacht werden, wenn er den Schaden durch vorsätzliche oder grobfahrlässige Verletzung seiner Dienstpflicht verursacht hat. Dabei kann aus dem Erfordernis der "Verletzung der Dienstpflicht" keine Einschränkung der Verantwortlichkeit des Beamten herausgelesen werden. Jedes den Bund schädigende Verhalten eines Beamten stellt eine Dienstpflichtverletzung dar; denn in der dem Beamten durch Art. 22 BtG auferlegten Pflicht, die Interessen des Bundes zu wahren und alles zu unterlassen, was sie beeinträchtigt, ist das Verbot, den Bund zu schädigen, mitenthalten (HOTZ, Die Haftpflicht des Beamten gegenüber dem Staat, Diss. Zürich 1973, S. 103 f.). Im vorliegenden Fall kommt nur Fahrlässigkeit in Betracht. Damit sie als grob bewertet werden kann, muss sie von einer gewissen Schwere sein, was zutrifft, wenn der Beamte elementarste Vorsichtsgebote missachtet hat. Bei der Beurteilung ihres Grades sind die gesamten Umstände des einzelnen Falles zu berücksichtigen ( BGE 102 Ib 107 f. E. 4 mit Hinweis). Damit auf grobe Fahrlässigkeit geschlossen werden kann, ist jedoch keineswegs erforderlich, dass sich die Verwaltung veranlasst sieht, disziplinarische Strafmassnahmen gemäss Art. 30 ff. BtG zu verfügen. In diesem Sinne ist die in BGE 102 Ib 108 , oben, vertretene Auffassung zu präzisieren, dass grobe Fahrlässigkeit nur vorliegt, wenn die Verwaltung begründeten Anlass zum Zweifel daran hat, ob der Beamte das Vertrauen, das sie ihm nach seiner amtlichen Stellung muss entgegenbringen können, noch uneingeschränkt verdiene. b)... c) Weil als grobe Fahrlässigkeit eine schwere Verletzung von Sorgfaltspflichten zu betrachten ist, fragt sich, welche Sorgfalt für den Kläger beim Parkieren seines Lastwagens geboten war. Ferner ist zu untersuchen, ob eine Verletzung dieser Sorgfaltspflicht BGE 104 Ib 1 S. 4 gegebenenfalls so schwer war, dass sich ein anderes Vorgehen für jeden vernünftigen Beamten unter denselben Umständen ohne weiteres aufgedrängt hätte ( BGE 89 I 423 ). Im vorliegenden Fall müssen zur Konkretisierung der allgemeinen Sorgfaltspflicht die Bestimmungen des SVG herbeigezogen werden (vgl. HOTZ, a.a.O., S. 120), sofern sie sich sinngemäss auf das Unfallgeschehen anwenden lassen (Art. 6 Abs. 2 V über die Motorfahrzeuge des Bundes und ihre Führer vom 31. März 1971 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 1 V über den militärischen Strassenverkehr vom 24. Februar 1976). Die Beklagte wirft dem Kläger vor allem eine Verletzung des Vortrittsrechtes gemäss Art. 36 Abs. 4 SVG vor, wonach der sich in den Verkehr einfügende Fahrzeugführer andere Strassenbenützer nicht behindern darf. Sie nimmt an, das Areal des AMP sei in einen Abstellplatz für Fahrzeuge einerseits und eine Verkehrsstrasse andererseits eingeteilt, während der Kläger behauptet, es liege eine einheitliche Verkehrsfläche vor. Sicher trifft es zu, dass einzelne Teile des Areals vorwiegend dem Abstellen von Fahrzeugen dienen und andere Teile vorwiegend als Fahrstrecken benutzt werden. Dabei handelt es sich aber offensichtlich nicht um ausschliessliche Zweckbestimmungen. In den verschiedenen Phasen der Mobil- oder Demobilmachung kann sich die Grösse und Lage der Abstellplätze ändern; zudem kann das Areal auch zu Übungs- und anderen Zwecken verwendet werden. Mangels jeder Markierung ist die "Strasse" vom "Abstellplatz" deshalb nur grob abgrenzbar. Irgendwo in diesem Grenzbereich hat die Kollision stattgefunden. Da besonders bei Parkiermanövern oft Situationen ohne geregeltes Vortrittsrecht entstehen, ist äusserst fraglich, hier von einem Vortrittsrecht des anderen Fahrzeuges zu sprechen. Bei dermassen zweideutigen Verhältnissen fällt deshalb die Verletzung eines elementaren Vorsichtsgebotes überhaupt nicht in Betracht. Die von den Parteien ebenfalls zur Diskussion gestellte Verletzung der Generalklausel von Art. 26 SVG kann gleichzeitig mit der Frage erwogen werden, ob der Kläger gegen andere, ihm als Beamten obliegende Sorgfaltspflichten verstossen habe. Der Einwand des Klägers, die Kollision sei in erster Linie auf das fahrlässige Verhalten des Fahrers Habegger zurückzuführen, vermag seine eigene Verantwortlichkeit nicht auszuschliessen. BGE 104 Ib 1 S. 5 Allfällige Verhaltensfehler des Klägers sind losgelöst von der Mitwirkung Habeggers zu ermitteln. Als objektives Merkmal des Verkehrs auf einem AMP-Areal kann festgehalten werden, dass jederzeit auf dem ganzen Areal Fahrzeugbewegungen zu den verschiedensten Zwecken stattfinden können. Der Kläger durfte sich deshalb darauf verlassen, dass dies den anderen Lenkern bewusst war. Er durfte auch davon ausgehen, dass die anderen Lenker wussten, dass schwere Lastwagen bereitgestellt wurden und dass solche Fahrzeuge beim Manöverieren mehr Raum benötigen. Unbestritten ist, dass der Kläger mit seinem Lastwagen zum präzisen Parkieren nach vorne ausholen musste. Sogar routinierte Lenker sind auf solche Manöver angewiesen. Die Beklagte will dem Kläger sinngemäss zum Vorwurf machen, dass er überhaupt riskiert hat, einem anderen Fahrzeug in den Weg zu geraten. Diese Ansicht ist dem dauernd wechselnden und vielen Zwecken dienenden Betrieb eines AMP nicht angemessen. Ein Verstoss gegen eine elementare Sorgfaltspflicht könnte dem Kläger allenfalls dann zur Last gelegt werden, wenn er neben der Reihe parkierter Fahrzeuge so schnell nach vorne gefahren wäre, dass ein von links nahendes Fahrzeug unter normalen Umständen nicht mehr hätte ausweichen können. Es ist jedoch nicht nachgewiesen, dass er einen solchen Fehler begangen hat. Auch dass er die Scheinwerfer seines Wagens nicht eingeschaltet hatte, kann dem Kläger nicht zum Vorwurf gereichen. Der aus einem rechten Winkel herannahende Habegger hätte das Licht bei der herrschenden Tageshelle kaum erkennen können. In Würdigung aller Umstände kann nicht gesagt werden, der Kläger habe gegen ein eindeutiges und elementares Vorsichtsgebot verstossen. Sein Verhalten ist nicht als grobfahrlässig im Sinne des Art. 8 VG zu werten.
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Urteilskopf 136 I 323 32. Arrêt de la Ire Cour de droit social dans la cause T. contre Corps de Police de la République et canton de Genève (recours constitutionnel subsidiaire) 8D_8/2009 du 16 août 2010
Regeste Art. 29a BV ; Art. 56A des Genfer Gesetzes vom 22. November 1941 über die Justizorganisation (in der seit 1. Januar 2009 geltenden Fassung); Art. 4 des Genfer Gesetzes vom 12. September 1985 über das Verwaltungsverfahren; Art. 30 Abs. 3 des Genfer Polizeigesetzes vom 26. Oktober 1957. Versetzung eines Polizeifunktionärs auf Grund von Art. 30 Abs. 3 des Genfer Polizeigesetzes, welche Bestimmung den Funktionär verpflichtet, einen Einsatzwechsel in gewissen Grenzen zu akzeptieren. Nichteintretensentscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts, welches befand, eine solche Versetzung stelle eine interne Massnahme ohne disziplinarischen Charakter dar. Abgrenzung zwischen anfechtbarem Entscheid und internem Verwaltungsakt. Vorliegend handelt es sich um einen über die Organisation der Polizeidienste hinausgehenden Akt, der geeignet ist, die Rechtslage des Funktionärs als Träger von Rechten und Pflichten gegenüber dem Staat zu beeinflussen. Eine Anfechtung ist gestützt auf die Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV möglich (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 324 BGE 136 I 323 S. 324 A. T. a été engagé en qualité d'inspecteur de la sûreté au service de la police cantonale genevoise. Il a par la suite été nommé successivement par le Conseil d'Etat aux grades d'inspecteur principal adjoint (arrêté du 27 octobre 1999), d'inspecteur principal (arrêté du 23 juillet 2003), de chef de groupe (arrêté du 28 février 2005) et enfin, à partir du 1 er juillet 2005, de chef de brigade X. (arrêté du 9 novembre 2005) . Lors d'un entretien le 8 janvier 2009 avec le chef de la police adjoint, le chef de la police judiciaire et un sous-chef d'état-major, il a été informé oralement de sa mutation dès le 1 er février suivant au commissariat de police. Il a eu la confirmation de ce transfert à la lecture du bulletin interne de la police judiciaire du lendemain. Selon son nouveau cahier des charges, il travaillerait désormais sous la direction technique d'un juriste et aurait pour tâches principales de rédiger les ordres de mises en détention administrative, de participer aux réunions avec l'Office cantonal genevois de la population, de suivre les cas de mise en détention administrative, de collaborer activement avec la brigade des enquêtes administratives sur ces dossiers et de remplacer le juriste durant ses absences. Il aurait en outre pour tâches secondaires, sous la responsabilité de l'état-major Z., d'effectuer des enquêtes au sujet des candidats ainsi que des inventaires et des relevés de dossiers . Dans cette nouvelle affectation, il n'avait plus de commandement. Son traitement restait inchangé. Le 22 janvier 2009, T. s'est plaint auprès de la cheffe de la police de ce que son transfert n'avait fait l'objet d'aucune décision formelle, que ses droits de procédure n'avaient pas été respectés et qu'il se trouverait du fait de ce transfert relégué dans une fonction BGE 136 I 323 S. 325 subalterne. Le 27 janvier 2009, la cheffe de la police a remis à l'avocate de l'intéressé une lettre qu'elle avait adressée à ce dernier le 23 janvier 2009. Cette lettre faisait référence à l'entretien du 8 janvier 2009 et à des dysfonctionnements qui avaient été signalés "à de nombreuses reprises". Elle précisait que la mutation était intervenue en application des dispositions légales applicables à la police et qu'elle ne présentait pas le caractère d'une sanction disciplinaire. B. T. a formé un recours devant le Tribunal administratif du canton de Genève en concluant à la nullité ou du moins à l'annulation de la décision du 8 janvier 2009. Statuant le 29 septembre 2009, celui-ci a déclaré le recours irrecevable, considérant que le changement d'affectation de l'intéressé était une mesure de gestion interne, dépourvue de caractère disciplinaire, de sorte qu'elle ne constituait pas une décision attaquable. C. T. exerce un recours constitutionnel subsidiaire, dans lequel il conclut à l'annulation de ce jugement, ainsi qu'au renvoi de la cause au Tribunal administratif genevois. Il sollicite par ailleurs l'octroi de l'effet suspensif à son recours. Le Corps de Police du canton de Genève conclut principalement à l'irrecevabilité du recours, subsidiairement à son rejet. D. Par ordonnance du 27 janvier 2010, le juge instructeur a rejeté la requête d'effet suspensif. Le recours a été admis. Erwägungen Considérant en droit: 1. 1.1 Selon l' art. 113 LTF , le recours constitutionnel subsidiaire au Tribunal fédéral n'est ouvert que si un recours ordinaire est exclu. En vertu de l' art. 82 let. a LTF , le recours en matière de droit public est recevable contre les décisions rendues en matière de droit public. Toutefois, selon la liste des exceptions figurant à l' art. 83 LTF , le recours n'est pas possible en matière de rapports de travail de droit public qui concernent une contestation non pécuniaire, sauf si elle touche à l'égalité des sexes (let. g), ce qui n'est pas le cas en l'espèce. La mesure contestée, qui porte sur l'affectation du recourant au commissariat de police, n'a pas d'incidence sur le traitement de celui-ci. Le recourant, du reste, indique explicitement que la contestation n'est pas de nature pécuniaire. L'exception prévue à l' art. 83 let . g LTF s'applique donc. Par conséquent, seule la voie du recours constitutionnel subsidiaire est susceptible d'entrer en considération ( art. 113 LTF ). BGE 136 I 323 S. 326 1.2 L' art. 115 let. b LTF fait dépendre la qualité pour interjeter un recours constitutionnel subsidiaire d'un intérêt juridique à l'annulation ou à la modification de la décision attaquée. D'après la jurisprudence ( ATF 133 I 185 consid. 3 p. 190 et consid. 6.3 p. 200; ATF 133 II 249 consid. 1.3.2 p. 253), la notion d'intérêt juridique de l' art. 115 LTF correspond à celle d'intérêt juridiquement protégé au sens de l'ancien art. 88 OJ (RS 3 545) qui était exigé pour former un recours de droit public. Les intérêts que le recourant invoque doivent être protégés soit par une règle du droit fédéral ou du droit cantonal, soit directement par un droit fondamental spécifique ( ATF 133 I 185 consid. 4 p. 191). En outre, indépendamment du point de savoir si le recourant est légitimé sous l'angle de l' art. 115 let. b LTF à remettre en cause une décision sur le fond, le recourant peut faire valoir la violation de ses droits de partie équivalant à un déni de justice formel. Mais il ne doit alors pas invoquer par ce biais, même indirectement, des moyens qui ne peuvent être séparés du fond ( ATF 133 I 185 consid. 6.2 p. 198 s.). Seuls les griefs de nature formelle qui sont séparés de l'examen de la cause au fond peuvent donc être présentés. En revanche, les griefs qui reviennent de facto à critiquer l'arrêt attaqué sur le plan matériel sont exclus ( ATF 135 I 265 consid.1.3 p. 269; ATF 133 II 249 consid. 1.3.2 p. 253; ATF 133 I 185 consid. 6.2 p. 199; arrêt 2D_78/2009 du 29 avril 2010 consid. 2.2). 1.3 En l'espèce, le recourant soutient que le changement d'affectation dont il a fait l'objet est une décision susceptible de recours devant le Tribunal administratif. Il reproche aux premiers juges de ne pas être entrés en matière sur son recours et se plaint en particulier d'une violation de la garantie de l'accès au juge ( art. 29a Cst. ). Dans cette mesure, il invoque la violation d'un droit de partie équivalent à un déni de justice formel indépendant du fond ( ATF 135 I 6 consid. 2.1 p. 9). La voie du recours constitutionnel subsidiaire est donc ouverte à ce titre déjà et sans qu'il soit nécessaire d'examiner encore dans le présent contexte la question de l'intérêt juridiquement protégé. 2. 2.1 Depuis le 1 er janvier 2009, le Tribunal administratif est l'autorité supérieure de recours ordinaire en matière administrative dans le canton de Genève (art. 56A de la loi cantonale genevoise du 22 novembre 1941 sur l'organisation judiciaire [LOJ; RSG E 2 05]). Les exceptions qui existaient précédemment dans le domaine de la fonction publique ont été abrogées, en particulier l'ancien art. 56B al. 4 let. b LOJ. Selon cette ancienne disposition, le recours au Tribunal BGE 136 I 323 S. 327 administratif n'était ouvert que dans la mesure où une disposition légale, réglementaire ou statutaire spéciale le prévoyait contre les décisions concernant le statut et les rapports de service des fonctionnaires et autres membres du personnel de l'Etat, des communes, et des autres corporations et établissements de droit public. En ce qui concerne plus particulièrement les changements d'affectation dans les rapports de service entre l'Etat et ses fonctionnaires, le Tribunal administratif ne pouvait pas être saisi d'un recours, sauf si le changement d'affectation représentait une sanction disciplinaire déguisée (...). Dans cette hypothèse seulement, le recours était recevable. 2.2 Le Tribunal administratif a examiné la recevabilité du recours porté devant lui en application de l'art. 56A al. 2 LOJ en vigueur depuis le 1 er janvier 2009, attendu que le changement d'affectation du recourant avait été décidé après cette date. En vertu de cette disposition, le recours au Tribunal administratif est ouvert contre les décisions des autorités et juridictions administratives au sens des art. 4, 5, 6 al. 1 let . d et 57 de la loi cantonale genevoise du 12 septembre 1985 sur la procédure administrative (LPA/GE; RSG E 5 10), sauf exception prévue par la loi. Le Tribunal administratif a toutefois considéré que la jurisprudence relative à l'ancien art. 56B al. 4 LOJ, en tant qu'elle permettait de distinguer un changement d'affectation constituant une mesure interne d'un changement d'affectation représentant une sanction déguisée, était toujours pertinente: une sanction déguisée correspondait à une décision au sens de l'art. 4 de la LPA/GE et ouvrait par conséquent l'accès au juge. En l'espèce, selon la juridiction cantonale, l'acte attaqué ne constitue pas une décision. Le changement d'affectation du recourant apparaît fondé sur la gestion des services et doit être qualifié de mesure de gestion interne prise dans le but d'améliorer le fonctionnement de l'institution. Cette conclusion s'impose quand bien même le recourant a ressenti sa mutation comme une sanction et contestait l'appréciation faite par sa hiérarchie et les moyens choisis pour remédier aux dysfonctionnements de la brigade. La juridiction cantonale a conclu que la mesure de mutation prise à l'encontre du recourant n'était pas une sanction déguisée et qu'un recours contre celle-ci était donc irrecevable. 3. Le recourant, qui ne prétend pas que son changement d'affectation constituait une sanction déguisée, se plaint d'une application arbitraire des art. 4 al. 1 LPA /GE et 56A LOJ. Il fait valoir que la mesure prise à son encontre constituait une décision susceptible de recours. Invoquant l' art. 29a Cst. , il soutient qu'en déclarant son recours BGE 136 I 323 S. 328 irrecevable, les premiers juges l'ont privé de son droit de faire examiner par un tribunal le bien-fondé de la mesure prise le 8 janvier 2009. 4. 4.1 S'agissant de changements d'affectation d'agents de la fonction publique du canton de Genève, le Tribunal fédéral a été saisi de plusieurs recours portant sur le point de savoir si le changement représentait ou non une sanction disciplinaire déguisée (arrêts 8D_4/2009 du 3 mars 2010; 2P.93/2004 du 15 octobre 2004 et 1P.163/1999 du 13 juillet 1999). Dans ces affaires, la partie recourante admettait, implicitement au moins, qu'un changement d'affectation ne pouvait faire l'objet d'un recours au Tribunal administratif qu'à la condition de représenter une sanction déguisée, conformément aux conditions de recevabilité de l'ancien art. 56B al. 4 let. b LOJ. En l'espèce, la question litigieuse est différente, puisqu'il s'agit de décider si la mutation du recourant est une mesure qui se prête à un contrôle judiciaire indépendamment de tout caractère disciplinaire. 4.2 L' art. 29a Cst. , en vigueur depuis le 1 er janvier 2007, donne à toute personne le droit à ce que sa cause soit jugée par une autorité judiciaire. La Confédération et les cantons peuvent toutefois, par la loi, exclure l'accès au juge dans des cas exceptionnels. Cette norme étend le contrôle judiciaire à toutes les matières, y compris aux actes de l'administration, en établissant une garantie générale de l'accès au juge ( ATF 133 IV 278 consid. 2.2 p. 284; ATF 130 I 312 consid. 4.2 p. 326 s. et les références). Elle est concrétisée par l' art. 86 al. 2 LTF selon lequel les cantons doivent instituer des tribunaux supérieurs qui statuent comme autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral, sauf dans les cas où une autre loi fédérale prévoit qu'une décision d'une autre autorité judiciaire peut faire l'objet d'un recours devant le Tribunal fédéral. Pour les décisions revêtant un caractère politique prépondérant, les cantons peuvent instituer une autorité autre qu'un tribunal ( art. 86 al. 3 LTF ). Cette dernière disposition autorise, mais n'oblige pas les cantons à instituer une autorité de recours autre qu'un tribunal (ALAIN WURZBURGER, in Commentaire de la LTF, 2009, n° 24 ad art. 86 LTF ; ESTHER TOPHINKE, in Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, n° 25 ad art. 86 LTF ). 4.3 L' art. 29a Cst. étend donc le contrôle judiciaire en principe à toutes les contestations juridiques (cf. BO 1998 CE 257 [intervention Wicki]). Il s'agit en particulier de contestations portant sur les droitset les obligations de personnes (physiques ou morales). Ces droits et BGE 136 I 323 S. 329 obligations ne découlent pas de la garantie de l'accès au juge elle-même, mais de ceux et celles que confère ou impose à l'intéressé un état de fait visé, notamment, par la Constitution fédérale, la loi ou encore une ordonnance. La garantie ne s'oppose pas aux conditions de recevabilité habituelles du recours ou de l'action. Par ailleurs, elle s'étend également à certains actes matériels de l'administration (AUBERT/MAHON, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse [...], 2003, n° 5 ad art. 29a Cst. et p. 276 n. 16; AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Les droits fondamentaux, vol. II, 2 e éd. 2006, p. 562 ss n. 1199 ss; CHRISTINA KISS, Rechtsweggarantie und Totalrevision der Bundesrechtspflege, RJB 134/1998 p. 288 ss; ANDREAS KLEY, in Die Schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2 e éd. 2008, n° 11 s. ad art. 29a Cst. ; cf. aussi WALTER KÄLIN, Die Bedeutung der Rechtsweggarantie für die kantonale Verwaltungsjustiz, ZBl 135/1999 p. 56). 4.4 La décision comme acte juridique a pour objet de régler la situation d'administrés en tant que sujets de droit et donc, à ce titre, distincts de la personne étatique ou, en d'autres termes, extérieurs à l'administration. On oppose dans ce contexte la décision à l'acte interne ou d'organisation, qui vise des situations à l'intérieur de l'administration; l'acte interne peut avoir des effets juridiques, mais ce n'en est pas l'objet, et c'est pourquoi il n'est en règle générale pas susceptible de recours (PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. II, 2 e éd. 2002, n° 2.1.2.1 p. 156 et n° 2.1.2.3 p. 164; WURZBURGER, op. cit., n° 52 ad art. 82 LTF ; BENOÎT BOVAY, Procédure administrative, 2000, p. 261; ATF 121 II 473 consid. 2b p. 478 s.). Deux critères permettent généralement de déterminer si on a affaire à une décision ou à un acte interne. D'une part, l'acte interne n'a pas pour objet de régler la situation juridique d'un sujet de droit en tant que tel et, d'autre part, le destinataire en est l'administration elle-même, dans l'exercice de ses tâches. Ainsi, un acte qui affecte les droits et obligations d'un fonctionnaire en tant que sujet de droit, par exemple la fixation de son salaire, d'indemnités diverses ou encore de sanctions disciplinaires, est une décision. En revanche, un acte qui a pour objet l'exécution même des tâches qui lui incombent en déterminant les devoirs attachés au service, telles que la définition du cahier des charges ou des instructions relatives à la manière de trancher une affaire, est un acte interne juridique ( ATF 131 IV 32 consid. 3 p. 34; MOOR, op. cit., n° 2.1.2.3 p. 164; ANDRÉ GRISEL, Traité de droit administratif, vol. II, 1984, p. 863; ANDREAS KEISER, Rechtsschutz im öffentlichen BGE 136 I 323 S. 330 Personalrecht nach dem revidierten Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, ZBl 99/1998 p. 211; MICHAEL MERKER, Rechtsschutzsysteme im neuen öffentlichen Personalrecht, in Personalrecht des öffentlichen Dienstes, 1999, p. 470 ss; voir aussi, sur les questions de délimitation entre une décision et un acte interne, TOMAS POLEDNA, Verfügung und verfügungsfreies Handeln im öffentlichen Personalrecht - ein Praxisüberblick, PJA 1998 p. 917 ss). Lorsque le fonctionnaire s'oppose à un acte de ce type, ce sont les mesures disciplinaires ou autres moyens de contrainte ressortissant aux règles régissant les rapports internes qui sont susceptibles de s'appliquer (MOOR, ibidem). 4.5 Les premiers juges ont retenu que la mesure dont le recourant avait fait l'objet avait été prise en vertu de l'art. 30 al. 3 de la loi cantonale genevoise du 26 octobre 1957 sur la police (LPol; RSG F 1 05). Selon cette disposition, le commandant de la gendarmerie, le chef de la police judiciaire et le chef de la police de la sécurité internationale décident de l'affectation de leurs collaborateurs selon leurs aptitudes et les besoins. La durée de l'affectation à un poste de travail dépend des exigences du service. Cette réglementation impose au fonctionnaire l'obligation d'accepter un changement d'affectation tout en en fixant les limites. On peut déduire qu'un déplacement n'est justifié que s'il est nécessaire aux besoins du service et si l'attribution d'une nouvelle occupation répond aux aptitudes du fonctionnaire. L'agent n'est pas tenu, en particulier, d'accepter une activité fondamentalement différente et qui soit sans rapport avec celles-ci. Il en résulte qu'une mutation qui intervient en application de l'art. 30 al. 3 LPol, quand bien même elle n'a pas de conséquences financières pour l'intéressé, relève non seulement de l'organisation des services de police, mais est également susceptible d'affecter la situation juridique du fonctionnaire de police en tant que titulaire de droits et d'obligations à l'égard de l'Etat. Son objet va au-delà de l'exécution des tâches qui incombent au fonctionnaire dans sa sphère d'activité habituelle ou des instructions qui lui sont données dans l'exercice de ces tâches. La contestation à laquelle elle peut donner lieu est une contestation juridique qui bénéficie de la garantie de l'accès au juge de l' art. 29a Cst. 4.6 On ajoutera que le Tribunal fédéral a déjà eu l'occasion de juger que le déplacement (non disciplinaire) d'un fonctionnaire décidé sur la base de l'art. 9 de l'ancienne loi sur le statut des fonctionnaires (LStF/GE), en corrélation avec l'art. 11 de l'ancien règlement des employés, était une décision en principe attaquable. L'application de cette BGE 136 I 323 S. 331 disposition dépendait - d'une manière tout à fait analogue à la réglementation ici en cause - de deux conditions: d'une part, la nouvelle activité devait avoir pour but d'assurer le bon fonctionnement de l'administration (et non d'infliger une peine disciplinaire); d'autre part, la nouvelle activité de l'agent devait répondre à ses aptitudes sans porter atteinte à la considération à laquelle il pourrait prétendre ( ATF 108 Ib 419 consid. 2a p. 421; GRISEL, op. cit., p. 480; cf. aussi RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, 1990, p. 106 n. 35). 4.7 En l'espèce, le recourant exerçait avant son déplacement la fonction de chef de la brigade X. Il dirigeait un service avec des fonctionnaires sous son commandement. Dans son recours à l'autorité cantonale, il a fait valoir que sa nouvelle fonction ne correspondait ni à ses aptitudes ni à son expérience. Son nouveau cahier des charges, pour autant que l'on puisse en juger à ce stade, avait un contenu totalement différent de celui d'un chef de brigade. Le recourant était fondé à invoquer de manière plausible l'art. 30 al. 3 LPol pour s'opposer à son déplacement. C'est à tort, par conséquent, que les premiers juges ont déclaré son recours irrecevable au motif que le transfert ne constituait pas une sanction disciplinaire déguisée et qu'il représentait pour le reste une mesure d'organisation interne. Le jugement entrepris doit par conséquent être annulé et la cause renvoyée aux premiers juges pour examen du litige au fond, sous réserve des conditions habituelles de recevabilité non examinées ici. 5. Les frais de la cause sont mis à la charge de l'intimé qui succombe ( art. 66 al. 1 LTF ; ATF 136 I 39 consid. 8.3.1 [recte: 8.1.3] p. 41). Le recourant, qui était assisté d'un avocat jusqu'à la date de la fin de l'échange d'écritures, a droit à des dépens à la charge de l'intimé ( art. 68 al. 1 LTF ).
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Urteilskopf 118 Ib 614 74. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1992 i.S. Gemeinde Weggis gegen A. und EDI (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 1 Abs. 2 FPolV , Art. 103 lit. a und c OG und Art. 12 NHG ; Waldfeststellung; Weidwälder, bestockte Weiden und aufgelöste Bestockungen an der oberen Waldgrenze. 1. Beschwerdelegitimation einer Gemeinde gegen eine Waldfeststellung nach Art. 103 lit. a OG (E. 1b) und nach Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 12 NHG (E. 1c). 2. Voraussetzungen für die Annahme einer bestockten Weide oder eines Weidwaldes verneint (E. 4). 3. Die Gesamtfläche der umstrittenen Parzelle stellt weder eine aufgelöste Bestockung an der oberen Waldgrenze dar, noch erfüllt sie die Waldqualifikation aus anderen Gründen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 615 BGE 118 Ib 614 S. 615 A. ist Eigentümer verschiedener Parzellen im Gebiet Rigi-Kaltbad der Gemeinde Weggis. Er beabsichtigt, das 10'236 m2 grosse Grundstück Nr. 1735 zu überbauen. Am 9. Oktober 1985 reichte er ein Gesuch um Genehmigung eines Gestaltungsplanes ein. Der Gemeinderat von Weggis entschied am 9. Juli 1986, auf das Gesuch nicht einzutreten, da nicht rechtskräftig festgestellt worden sei, ob das Gebiet bewaldet sei. Die dagegen beim Regierungsrat des Kantons Luzern eingereichte Verwaltungsbeschwerde sowie die beim Bundesgericht erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde blieben ohne Erfolg. Am 4. März 1988 leitete A. ein Waldfeststellungsverfahren ein und verlangte, auf den Parzellen Nrn. 1703, 1704, 1735 und 1736 seien die Waldflächen festzustellen. Am 15. Juni 1989 erliess das Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (BUWAL) eine Waldfeststellungsverfügung. Dagegen erhob die Gemeinde Weggis am 11. Juli 1989 Beschwerde an das Eidgenössische Departement des Innern (EDI). Sie verlangte, es sei festzustellen, dass die als Nichtwald bezeichneten Teilflächen der Parzelle Nr. 1735 - mit Ausnahme des Werkhofgeländes - bewaldet seien. Am 7. Juni 1991 wies das EDI die Beschwerde der Gemeinde ab. Die Gemeinde Weggis führt gegen diesen Entscheid des EDI Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Am 5. Juni 1992 führte eine Delegation des Bundesgerichts einen Augenschein durch. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. b) Zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist berechtigt, wer durch BGE 118 Ib 614 S. 616 den angefochtenen Entscheid berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat ( Art. 103 lit. a OG ). Dieses Interesse kann rechtlicher oder auch bloss tatsächlicher Natur sein; verlangt wird, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid stärker als jedermann betroffen sei und in einer besonderen, beachtenswerten, nahen Beziehung zur Streitsache steht ( BGE 117 Ib 164 E. 1b mit Hinweisen). Dieses allgemeine Beschwerderecht ist grundsätzlich auf Privatpersonen zugeschnitten. Gemeinwesen können es für sich in Anspruch nehmen, wenn sie durch die angefochtene Verfügung gleich oder ähnlich wie Private betroffen werden ( BGE 112 Ib 130 E. 2 mit Hinweisen). So kann zum Beispiel eine Gemeinde Beschwerde gegen Eingriffe in ihr Finanz- oder ihr Verwaltungsvermögen erheben, insbesondere gegen eine Verfügung, die ihr eine Enteignungsentschädigung auferlegt ( BGE 105 Ib 358 f. E. 5a mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch die angefochtene Waldfeststellung in einer Lage, die sie gleich wie eine Privatperson betroffen macht. Bei der seinerzeitigen Zuweisung der Parzelle Nr. 1735 in eine Bauzone sei die Gemeinde fälschlicherweise von der Annahme ausgegangen, das Grundstück habe nicht als bewaldet zu gelten. Die Einzonung sei nur mit geringem Stimmenunterschied gegen starken Widerstand von der Gemeindeversammlung beschlossen worden. Offenbar habe das Argument, eine wirtschaftlich tragbare Führung der Hotellerie Rigi-Kaltbad sei auf die Möglichkeit angewiesen, die Parzelle Nr. 1735 überbauen zu können, den Ausschlag gegeben. Es sei damals nicht bekannt gewesen, dass das Grundstück wenige Tage vor der Gemeindeversammlung A. verkauft worden sei. Die Gemeinde Weggis hat die seinerzeitige Einzonung wiederaufgehoben, wobei dieser Entscheid nach der bestehenden Aktenlage noch nicht in Rechtskraft erwachsen ist. Die Gemeinde ist daran interessiert, auch auf dem Wege der Waldfeststellung ein Überbauen des Grundstückes zu verunmöglichen. Da die vorliegende Waldfeststellungsfrage Auswirkungen auf eine allfällige Entschädigungspflicht der Gemeinde haben könnte, fragt es sich, ob der Beschwerdeführerin dadurch nicht die Beschwerdelegitimation nach Art. 103 lit. a OG zukommt. Diese Frage kann indessen offenbleiben, da die Beschwerdeführerin gemäss Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 12 NHG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ist (vgl. nachfolgende E. 1c). c) Nach der Rechtsprechung kann eine Gemeinde, die nicht Eigentümerin eines Waldgrundstückes ist, gestützt auf Art. 12 NHG in Verbindung mit Art. 103 lit. c OG gegen die Erteilung einer Rodungsbewilligung Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben ( BGE 109 Ib 342 f. E. 2b mit Hinweisen). Bestrebungen, auf dem Gemeindegebiet das Waldareal zu erhalten, dienen dem in Art. 1 lit. a NHG BGE 118 Ib 614 S. 617 genannten Zweck, das heimatliche Landschaftsbild zu schonen (vgl. BGE 98 Ib 124 E. 1; E. 1c des Urteils des Bundesgerichts in Sachen Gemeinde Küsnacht vom 23. Dezember 1981, in ZBl 83/1982 S. 415 f.). Gleiches muss auch im Zusammenhang mit Waldfeststellungen gelten, soweit das geltend gemachte Interesse der Gemeinde auf die Erhaltung von Waldareal gerichtet ist (vgl. AEMISEGGER/WETZEL, Wald und Raumplanung, Schriftenfolge VLP Nr. 38, Frühling 1985, S. 26 f.). Vorliegend macht die Beschwerdeführerin Interessen der Walderhaltung und mithin Anliegen geltend, die auf die Bewahrung des heimatlichen Landschafts- und Ortsbildes ( Art. 1 lit. a NHG ) gerichtet sind. Insoweit berührt der angefochtene Entscheid öffentliche Interessen des Natur- und Heimatschutzes. Die Gemeinde Weggis ist, soweit es um die Wahrung des Natur- und Heimatschutzes geht, zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert ( Art. 103 lit. c OG in Verbindung mit Art. 12 NHG ). In diesem Sinn ist auf die rechtzeitig eingereichte Beschwerde, die auch den übrigen formellen Anforderungen entspricht, einzutreten. 4. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, das EDI habe Art. 1 und Art. 24 FPolV unrichtig angewendet, indem es die umstrittenen Flächen nicht als Waldareal bezeichnet hat. Nach ihrer Auffassung ergebe eine Gesamtwürdigung, dass die strittige Fläche der Parzelle Nr. 1735 (insgesamt) Weidwald oder eine bestockte Weide sei. a) Art. 1 FPolV umschreibt den Begriff des Waldes. Danach gilt als Wald, ungeachtet der Entstehung, Nutzungsart und Bezeichnung im Grundbuch, jede mit Waldbäumen oder -sträuchern bestockte Fläche, die, unabhängig von der Grösse des Ertrages, Holz erzeugt oder geeignet ist, Schutz- oder Wohlfahrtswirkung auszuüben (Abs. 1). Als Wald gelten u.a. auch Weidwälder, bestockte Weiden (Wytweiden), aufgelöste Bestockungen an der oberen Waldgrenze und Parkwälder (Abs. 2). Nicht als Wald gelten u.a. Einzelbäume sowie Gebüsche und Lebhäge inmitten von landwirtschaftlichem Kulturland, Alleen sowie auf früherem offenem Land angelegte Christbaumkulturen, Garten- und Parkanlagen (Abs. 3). Das Bundesgericht hat diese Begriffsumschreibung des Waldareals als gesetzmässig anerkannt ( BGE 113 Ib 359 E. 2a, BGE 107 Ib 356 E. 2c). Bei der Prüfung, ob eine Bestockung Wald ist, sind in der Regel der im Zeitpunkt des Entscheids tatsächliche Wuchs und dessen Funktion massgebend; ausnahmsweise ist trotz ganzen oder teilweisen Fehlens einer Bestockung Wald anzunehmen, wenn Flächen ohne Bewilligung gerodet worden sind ( BGE 113 Ib 359 E. 2b, BGE 111 Ib 302 E. 2, je mit Hinweisen). Welche Ursache die Bewaldung hat, ist nicht BGE 118 Ib 614 S. 618 entscheidend; das gesetzliche Gebot der Walderhaltung besteht unabhängig vom Willen des Eigentümers ( BGE 113 Ib 356 E. 5c, BGE 111 Ib 304 mit Hinweisen). Auch früher unbewaldete Flächen werden dadurch, dass dort von selbst Waldbäume oder -sträucher wachsen, zu geschütztem Waldareal, wenn der Eigentümer nicht alles zur Verhinderung der Bewaldung vorgekehrt hat, was unter den gegebenen Umständen vernünftigerweise von ihm erwartet werden konnte ( BGE 111 Ib 305 E. 4, BGE 107 Ib 357 E. 2c mit Hinweis). b) Unter Weidwaldungen sind gleichmässig bestockte Waldflächen zu verstehen, die mit einem Weiderecht belastet sind. In der Regel ist die Weidenutzung von untergeordneter Bedeutung. Bestockte Weiden sind grössere Weideflächen, auf denen in lockerer Form einzelne Bäume oder Baumgruppen wachsen. Sie dienen dauernd einer Mischwirtschaft, nämlich der landwirtschaftlichen Weidenutzung und der forstwirtschaftlichen Holzerzeugung. Die bestockte Weide gilt in ihrer gesamten Fläche und nicht nur im bestockten Teil als Wald (AEMISEGGER/WETZEL, a.a.O., S. 11; BLOETZER/MUNZ, Walderhaltungsgebot und Rodungsbewilligung, in ZBl 73/1972 S. 435; Richtlinien für die Waldfeststellung im Kanton Graubünden (Bündner Richtlinien), Ziffer 7 S. 23). Die Abgrenzung zwischen bestockter und offener Weide ist heikel. Es kommt auf den Bestockungsgrad beziehungsweise die Bestockungsdichte an. Nach den Bündner Richtlinien - auf welche sich die Vorinstanz im Zusammenhang mit dem Begriff des Weidwaldes beruft - verliert die Fläche den Waldcharakter, wenn der Abstand von Baum zu Baum beziehungsweise von Baumstrunk zu Baumstrunk mehr als ca. zwei Baumlängen beträgt (Ziff. 7.2. und Fig. 16). Derartige Richtlinien stellen zwar keine Rechtssätze dar und sind für das Bundesgericht nicht verbindlich. Doch sind sie in der Regel Ausdruck des Wissens und der Erfahrung bewährter Fachstellen und in diesem Sinn beachtlich ( BGE 107 Ib 51 f. E. 3c). c) Im vorliegenden Fall scheidet Weidwald von vornherein aus. Es mangelt am Erfordernis der gleichmässigen Bestockung. Hingegen stellt sich die Frage, ob die Voraussetzungen einer bestockten Weide gegeben sind. Gemäss den Feststellungen des bundesgerichtlichen Experten weist die Parzelle eine Bestockungsdichte BGE 118 Ib 614 S. 619 auf, wie sie für eine bestockte Weide vorauszusetzen ist. Nirgends ist ein Abstand von Baum zu Baum festzustellen, der eine doppelte Baumlänge überschreiten würde. Dies deckt sich mit der vom BUWAL in seiner Waldfeststellungsverfügung vom 15. Juni 1989 vertretenen Auffassung. Die Parzelle weist somit eine Bestockung auf, wie sie für eine bestockte Weide im Sinn von Art. 1 Abs. 2 FPolV zu fordern ist. Dies allein genügt indessen für eine Waldqualifikation nicht. Zum Begriff der "bestockten Weide" gehört die Weidenutzung. Bestockte Wiese (pré boisé) und bestockte Weide (pâturage boisé) sind nicht dasselbe. Grundsätzlich ist nur letztere Wald im Sinn von Art. 1 Abs. 2 FPolV . Wie sich am Augenschein gezeigt hat, ist heute keine Weidenutzung festzustellen. Das Wiesland wird regelmässig bis an den Rand der Bestockungsgruppen und auch unter den Einzelbäumen gemäht. Im übrigen wird die Parzelle touristisch genutzt (Minigolfanlage). Die fehlende Weidenutzung bewog die Vorinstanzen, das Vorliegen einer bestockten Weide zu verneinen. d) Die Beschwerdeführerin anerkennt, dass die Parzelle heute nicht mehr beweidet wird. Sie ist jedoch der Auffassung, dass dies früher der Fall war. Die frühere Weidenutzung sei durch eine andere landwirtschaftliche Nutzung (Grasen, Heuen) ersetzt worden. Dadurch sei der Waldcharakter der Parzelle eben nicht verlorengegangen. Bestockte Weiden sind Wald im Sinn der eidgenössischen Forstgesetzgebung. Ihre Flächen unterstehen dem allgemeinen Walderhaltungsgebot von Art. 31 Abs. 1 FPolG . Gemäss Art. 24 Abs. 2 FPolV darf die Gesamtfläche der Bestockung von Weidwäldern und Wytweiden nicht vermindert werden, wobei Veränderungen in der örtlichen Verteilung der Bestockung zulässig sind. Aus dieser gesetzlichen Ordnung ergibt sich, dass die Fläche einer bestockten Weide grundsätzlich die Waldqualität auch dann behält, wenn das Beweiden durch eine andere landwirtschaftliche Nutzung ersetzt wird oder wegfällt. Es fragt sich daher, ob die Parzelle früher die Voraussetzungen einer bestockten Weide erfüllte. Die heutige touristische Nutzung, welche den Charakter der Parzelle prägt, besteht seit Jahrzehnten. Das zerfallene Schwimmbecken stammt aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg. Die Minigolfanlage wurde in den sechziger Jahren erstellt. Der bundesgerichtliche Experte konnte im Gelände keine Spuren (Trittspuren von Rindern, Läger, Tränke) ausfindig machen, die auf eine frühere Weidenutzung hinweisen würden. Ebenfalls auf den in den Akten befindlichen Luftaufnahmen von 1951 fehlen solche Spuren. Freilich erklärte der Experte, dass "ganz früher" die Parzelle wahrscheinlich beweidet wurde. Ebenso hielt der im vorinstanzlichen Verfahren beigezogene Experte eine ursprüngliche Mischnutzung Weide/Holzproduktion für wahrscheinlich. Diese Hinweise begründen indessen bloss eine Wahrscheinlichkeit, dass die Parzelle vor Jahrzehnten der landwirtschaftlichen Weidenutzung und forstwirtschaftlichen BGE 118 Ib 614 S. 620 Holzerzeugung zugleich diente und deshalb den Charakter einer bestockten Weide hatte. Es ist in diesem Zusammenhang auch zu beachten, dass nach Ansicht des vorinstanzlichen Gutachters die touristische Nutzung die Entwicklung der Parzelle entscheidend geprägt habe. Nach seiner Auffassung wären verschiedene Baumgruppen und vor allem Einzelbäume unter Fortführung der ursprünglichen Landnutzung gar nicht hochgewachsen. Allerdings gibt es in den Akten auch Hinweise, dass der Charakter der Bestockung sich nicht stark verändert habe. Alles in allem bestehen über die ursprüngliche Nutzung der Parzelle sowie über deren Charakter doch erhebliche Zweifel. Es lässt sich daher nicht mit hinreichender Verlässlichkeit sagen, dass das Grundstück früher alle gesetzlichen Merkmale einer bestockten Weide aufwies. Damit ist der Betrachtungsweise, die Parzelle sei immer noch eine Waldfläche, weil die Nutzungsänderungen an der Waldqualifikation nichts hätten ändern können, der Boden entzogen. Dies führt zum Ergebnis, dass die Annahme der Vorinstanz, es liege keine bestockte Weide vor, nicht zu beanstanden ist. Damit erübrigt sich, zur Verjährungsfrage, welche das EDI unter Hinweis auf BGE 105 Ib 265 ff. aufwarf, Stellung zu nehmen. 5. a) Das umstrittene Areal ist somit weder Weidwald noch bestockte Weide. Die Beschwerdeführerin nimmt für diesen Fall den Standpunkt ein, es läge eine aufgelöste Bestockung an der oberen Waldgrenze vor und somit Wald gemäss Art. 1 Abs. 2 FPolV . Dem kann nicht beigepflichtet werden. Die strittige Fläche ist im Osten und Norden durch Wald und im Westen durch eine geschlossene Baumreihe begrenzt. Zahlreiche geschlossene Waldkomplexe liegen oberhalb der strittigen Fläche. Gemäss den Angaben des Experten liegt die natürliche obere Waldgrenze an der Rigi auf 1800 m ü. M. Die effektiv vorhandene ist jedoch wegen Weidrodungen tiefer; sie liegt auf 1680 m ü. M., auf der Nordseite der Rigi auf 1540 m ü. M. Rigi-Kaltbad liegt auf 1423 m ü. M. und somit deutlich unter der Waldgrenze. Folglich kann der in Frage stehende Baumbestand nicht als aufgelöste Bestockung an der oberen Waldgrenze gelten. b) Wie der bundesgerichtliche Experte feststellte, besteht hauptsächlich in den Randzonen der Parzelle ein Wuchszusammenhang zwischen einzelnen Baumgruppen und dem angrenzenden geschlossenen Wald. Im mittleren Teil der Parzelle ist indessen kein genereller Wuchszusammenhang gegeben. Damit fehlt ein die ganze Parzelle umfassender Wuchszusammenhang. Es sind bestockungsfreie Flächen vorhanden, die nicht Wald sind. Daran vermag auch die von der Beschwerdeführerin geforderte Gesamtbeurteilung BGE 118 Ib 614 S. 621 nichts zu ändern. Freilich findet der Waldschutz als Teil von Landschaft und Natur insgesamt, und es ist deshalb aus einer solchen Gesamtsicht zu beurteilen, ob einem Gehölz Waldqualität zukommt. Es kann indessen nicht Aufgabe des Forstpolizeirechts sein, die Anstrengungen der Raumplanung oder des Natur- und Heimatschutzes zu ersetzen ( BGE 114 Ib 232 f. E. 9ac). Offenes Wiesland kann auch dann nicht als Wald in Betracht fallen, wenn es zusammen mit Baumgruppen das Landschaftsbild prägt und sich unter dem Blickwinkel des Landschaftsschutzes oder des Natur- und Heimatschutzes als besonders schutzwürdig erweist. Das EDI hat kein Bundesrecht verletzt, wenn es die Gesamtfläche der Parzelle weder als Wald im Sinn von Art. 1 Abs. 1 FPolV noch als Parkwald im Sinn von Art. 1 Abs. 2 FPolV in Betracht zog. 6. (Die Waldqualität einzelner Bestockungsgruppen wird bejaht.)
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Urteilskopf 101 IV 387 90. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 21 novembre 1975 dans la cause J. contre Ministère public du canton de Vaud
Regeste Art. 64 StGB . Strafmilderung, achtungswerter Beweggrund. 1. Der Beweggrund des Täters bildet eines der subjektiven Tatbestandsmerkmale. Seine Ermittlung gehört zu den tatsächlichen Feststellungen (Erw. 2a). 2. Achtungswert ist der Beweggrund nur, wenn er ethisch wertvoll ist. Die Bewertung ist unabhängig von der Tat vorzunehmen (Erw. 2b). 3. Beim Vorliegen eines Strafmilderungsgrundes ist der Richter nicht verpflichtet, von dem nach unten erweiterten Strafrahmen Gebrauch zu machen; je nach den Umständen des Falles kann er eine Strafmilderung auch verweigern (Erw. 2c). 4. Dass der Täter aus politischen Gründen handelte, sagt noch nicht darüber aus, ob sein Beweggrund achtenswert war.
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 101 IV 387 S. 388 A.- Le 2 octobre 1973, J., de nationalité espagnole, a participé activement, avec trois acolytes, à un hold-up perpétré à l'agence de la Banque cantonale vaudoise à Lutry. Après avoir menacé les employés de la banque avec des armes, notamment des mitraillettes, les auteurs de ce coup se sont emparés de plus de 420'000 fr. Durant la nuit, J. a été arrêté avec deux de ses complices après qu'il eut tiré deux coups de pistolet en direction d'un inspecteur de police. Le butin a été récupéré et le quatrième participant arrêté plus tard. Les quatre hommes étaient convenus de partager le butin à parts égales. J. et un autre Espagnol lui aussi, entendaient faire bénéficier de l'essentiel de leur part un groupe révolutionnaire marxiste-léniniste espagnol auquel ils appartenaient. B.- Le 28 février 1975, le Tribunal criminel du district de Lavaux a condamné J. pour brigandage qualifié, mise en danger de la vie d'autrui, contrainte et vol d'usage, à la peine de 11 ans de réclusion et de 15 ans d'expulsion. Le Tribunal a retenu que J. avait agi pour des motifs politiques et il a considéré qu'il s'agissait d'un mobile honorable au sens de l'art. 64 CP. BGE 101 IV 387 S. 389 Le Tribunal cantonal du canton de Vaud, statuant le 7 juillet 1975, a admis un recours de J. et admis partiellement un recours du Ministère public. Il a réduit la peine à 9 ans de réclusion, mais il n'a pas retenu le mobile honorable au sens de l'art. 64 CP. C.- J. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à la réduction de la peine. Le Procureur général du canton de Vaud propose de rejeter le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant invoque en premier lieu une violation de l'art. 64 CP et fait valoir que la qualité de mobile honorable aurait dû être reconnue aux motifs politiques qui l'ont guidé dans son action. Il reproche en outre à l'arrêt attaqué d'avoir infligé une peine qui reste excessive et d'avoir ainsi fait une fausse application de l'art. 63 CP. 2. a) Les mobiles de l'auteur ne doivent pas être assimilés à ses convictions. Celles-ci représentent la position que tout être humain adopte à l'égard de certaines valeurs d'ordre éthique, social voire juridique. Elles peuvent présenter un caractère durable, profond ou n'être qu'une réaction devant un cas concret, en relation avec l'infraction (cf. HERREN, Die Gesinnung im Rahmen der vorsätzlichen Tötungsdelikte insbesondere beim Mord, Bâle 1966, p. 80 s.; ERBA, Motiv und Gesinnung im Strafrecht, RPS 64 (1949) p. 257 ss et plus particulièrement p. 266 s.). Le mobile est en revanche la cause psychologique d'une manifestation donnée de volonté. Le plus souvent il représente l'expression de sentiments conscients ou inconscients, d'impulsions ou de raisonnements qui ont une incidence médiate ou immédiate sur l'infraction. Les convictions générales ou particulières de l'individu peuvent avoir une relation étroite avec ses mobiles, mais ce n'est pas nécessairement le cas. La détermination du mobile de l'auteur relève de l'établissement des faits. Le juge doit pour y procéder prendre en considération toutes les preuves qui lui paraissent pertinentes. Ainsi des témoignages, des pièces, les déclarations de l'auteur, ses antécédents et même les circonstances de l'infraction peuvent servir d'indices pour déterminer le mobile. Mais il ne faut pas BGE 101 IV 387 S. 390 oublier que le mobile, au même titre que l'intention, constitue l'un des éléments subjectifs de l'infraction et qu'il tient du domaine de la conscience de l'auteur. b) Les mobiles de l'auteur n'ont le cas échéant d'incidences sur la fixation de la peine que s'ils sont honorables, c'est-à-dire s'ils reposent sur des convictions dignes d'estime au regard de l'échelle des valeurs éthiques reconnues par la collectivité dans son ensemble et sans pour cela avoir nécessairement à respecter l'ordre légal en vigueur dans la communauté (cf. HAFTER, partie générale p. 361; THORMANN/OVERBECK, No 5 ad art. 64 CP; RO 97 IV 80). Pour qu'un mobile puisse être qualifié d'honorable, il ne suffit donc pas qu'il n'attire aucune réprobation ni qu'il ne soit pas critiquable sur le plan moral. Il faut au contraire qu'il se situe dans la partie supérieure de l'échelle des valeurs éthiques. Il doit mériter l'estime, forcer la considération et le respect, être enfin conforme aux idées d'honneur et de dignité. En revanche et contrairement à ce qui a pu être dit dans le passé (cf. RO 80 IV 93 consid. 10a notamment) le caractère honorable du mobile est totalement indépendant de l'acte commis et par là même de l'adéquation qui peut ou non exister entre cet acte et le but recherché par l'auteur (RO 97 IV 80; Arrêt du Tribunal militaire de cassation vol. 7 (1958-1964) No 9 p. 14). c) Lorsque le juge admet l'existence d'un mobile honorable, c'est-à-dire d'une circonstance atténuante au sens de l'art. 64 CP, les limites dans lesquelles il doit prononcer la peine sont étendues. Il peut ainsi se limiter à tenir compte du mobile dans le cadre de l'art. 63 et des peines prévues par la disposition spéciale applicable in casu ou, s'il estime le minimum fixé par cette dernière trop élevé, descendre au-dessous de cette limite, conformément à l'art. 65 CP (SCHWANDER, No 389; LOGOZ, partie générale p. 277 No 3 ad art. 64). Pour se déterminer à cet égard, il prendra en considération toutes les circonstances de l'espèce, soit notamment les actes d'exécution de l'infraction, dans la mesure où ils sont révélateurs de la mentalité de l'auteur, l'objet de l'agression et le bien juridique protégé (Arrêt du Tribunal militaire de cassation, vol. 7 (1958-1964), No 9 déjà cité p. 15 ch. 3). Il a même la faculté de refuser toute atténuation, là où les circonstances condamnables de l'infraction rejettent complètement dans l'ombre l'honorabilité des mobiles, par exemple lorsque l'agression BGE 101 IV 387 S. 391 vise des biens particulièrement dignes de protection sur le plan juridique et n'ayant aucune relation avec les mobiles de l'auteur. Ce sera par exemple le cas en matière de prise d'otages ou d'attentats à l'explosif contre des victimes indéterminées. d) De toute manière, on chercherait en vain dans le code pénal une disposition qui reconnaîtrait au mobile politique comme tel un caractère particulier d'honorabilité. C'est d'ailleurs normal, tant il est vrai que de semblables mobiles ont parfois sur le plan éthique les valeurs les plus diverses et peuvent aussi bien relever d'un idéalisme altruiste que de l'égoïsme le plus bas. S'il peut en effet paraître admirable de prendre des risques pour libérer ses semblables de l'oppression, on ne saurait souscrire en aucun cas à des actes de violence commis dans le but de s'installer confortablement à la tète d'un autre régime d'oppression, ni à la démarche consistant à lutter par les armes contre le gouvernement d'un Etat où règnent des institutions permettant d'agir par des moyens démocratiques, pour le seul motif que l'on est incapable de réunir une majorité. 3. a) In casu, les premiers juges ont établi que le recourant avait eu l'intention de financer au moyen de son butin un groupe politique illégal agissant en Espagne. Ils ont vu là un mobile honorable que l'autorité cantonale de recours a contesté, estimant que même si le recourant n'avait pas été poussé par l'égoïsme, son acte ne présentait pas une adéquation suffisante avec le but politique qu'il poursuit. Ce faisant, ni l'une ni l'autre des autorités cantonales ne s'est conformée aux principes exposés ci-dessus. Elles n'ont en effet donné aucun élément permettant de décider si le recourant avait agi par ambition personnelle, par soif du pouvoir ou, au contraire, par idéalisme, amour de la liberté ou conviction humanitaire. Si l'on sait quels étaient ses buts immédiats, on ignore encore tout de sa motivation profonde et de ses pensées qui seules comptent au regard de l'art. 64 CP. b) Il n'est toutefois pas nécessaire de renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle détermine quels étaient en réalité les mobiles du recourant. En effet, l'autorité cantonale a déclaré expressément que même si un mobile honorable devait être admis, on ne pouvait reprocher aux premiers juges de ne pas avoir fait application de l'art. 65 CP. Or sur ce point BGE 101 IV 387 S. 392 on ne saurait lui donner tort. Le recourant a pris part, de concert avec des truands, à l'attaque à main armée d'une banque qui n'entretient aucune relation particulière avec l'Espagne ou avec le régime franquiste. De telles relations n'existent pas non plus en ce qui concerne les employés de l'établissement sur lesquels ont été braquées des armes à répétition, l'automobiliste passant par là par hasard et qui sous la menace d'une arme à feu a dû transporter les agresseurs, ainsi que le policier sur lequel le recourant a tiré. Ces circonstances démontrent un tel mépris pour la liberté, l'intégrité corporelle et la vie même d'autrui, que le refus de toute atténuation de la peine aurait été justifié. On ne saurait d'autant moins faire un reproche à l'autorité cantonale en ce qui concerne la fixation de la peine, qu'elle a réduit celle prononcée par les premiers juges, précisément pour tenir compte, dans le cadre de l'art. 63 CP, de la jeunesse du recourant et du but politique qu'il poursuivait. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le pourvoi.
null
nan
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1,975
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8565a67c-4417-44dd-850e-38e5b8e0b16b
Urteilskopf 125 II 518 52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. August 1999 i.S. A. gegen Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 159 Abs. 1 und 2 OG . Anspruch der nicht anwaltlich vertretenen Partei auf eine Parteientschädigung. Die besonderen Voraussetzungen, unter denen der nicht anwaltlich vertretenen Partei nach Art. 159 Abs. 1 und 2 OG eine Parteientschädigung zusteht ( BGE 110 V 72 ), müssen beim um sein Honorar streitenden amtlichen Verteidiger nicht erfüllt sein (E. 5b).
Sachverhalt ab Seite 518 BGE 125 II 518 S. 518 Mit Präsidialverfügung vom 16. Oktober 1997 bestellte der Stellvertretende Präsident des Bezirksgerichtes Zürich Rechtsanwalt A. zum amtlichen Verteidiger von B., gegen den die Bezirksanwaltschaft Zürich eine Strafuntersuchung wegen Förderung der Prostitution im Sinne von Art. 195 StGB führte. Nachdem die ungarischen Strafverfolgungsbehörden das Strafverfahren gegen B. übernommen hatten, sistierte die Bezirksanwaltschaft Zürich das bei ihr hängige Verfahren am 4. August 1998. Am 19. August 1998 stellte Rechtsanwalt A. für seine Bemühungen als amtlicher Verteidiger BGE 125 II 518 S. 519 Fr. 4'132.30 in Rechnung. Mit Präsidialverfügung vom 16. September 1998 entliess der Stellvertretende Präsident des Bezirksgerichtes Zürich A. als amtlichen Verteidiger und sprach ihm eine Entschädigung von Fr. 3'356.15 zu. Mit Beschwerde vom 24. September 1998 an die Verwaltungskommission des Obergerichtes des Kantons Zürich stellte A. den Antrag, es sei ihm eine Entschädigung von insgesamt Fr. 4'085.15 auszurichten. Ausserdem sei ihm für das obergerichtliche Verfahren eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen. Am 28. April 1999 hiess die Verwaltungskommission des Obergerichts die Beschwerde teilweise gut und sprach Rechtsanwalt A. für seine Bemühungen und Barauslagen als amtlicher Verteidiger von B. im Strafverfahren zusätzlich Fr. 340.80 zu. Die Kosten des Verfahrens auferlegte es zur Hälfte Rechtsanwalt A.; zur Hälfte nahm es sie auf die Gerichtskasse. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. Juni 1999 beantragte Rechtsanwalt A. unter anderem, ihm für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zuzusprechen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, hebt den angefochtenen Entscheid auf und spricht dem Beschwerdeführer eine Parteientschädigung zu Erwägungen aus folgender Erwägung: 5. b) Hingegen fragt es sich, ob dem teilweise obsiegenden Beschwerdeführer zu Lasten des Kantons Zürich nach Art. 159 Abs. 1 und 2 OG eine Parteientschädigung zuzusprechen ist, obwohl er in eigener Sache ohne Beizug eines Rechtsvertreters handelte. Einer nicht anwaltlich vertretenen Partei steht, unabhängig davon ob es sich um einen juristischen Laien oder einen Rechtsanwalt handelt, unter besonderen Voraussetzungen eine Parteientschädigung zu. Der Tarif über die Entschädigung an die Gegenpartei für das Verfahren vor Bundesgericht unterscheidet denn auch zwischen den Anwaltskosten (Art. 3) und der Parteientschädigung, die den Ersatz der Auslagen und eine angemessene Entschädigung für weitere Umtriebe der Partei selber vorsieht, «wo besondere Verhältnisse dies rechtfertigen» (Art. 2). Dies ist nach der Praxis des Bundesgerichts namentlich der Fall, wenn es sich um eine komplizierte Sache mit hohem Streitwert handelt und die Interessenwahrung einen hohen Arbeitsaufwand notwendig macht, der den Rahmen dessen überschreitet, was der Einzelne üblicher- und zumutbarerweise nebenbei BGE 125 II 518 S. 520 zur Besorgung der persönlichen Angelegenheiten auf sich zu nehmen hat ( BGE 110 V 72 E. 7, 132 E. 4d; BGE 113 Ib 353 E. 6b). Es rechtfertigt sich, dem amtlichen Verteidiger im Strafverfahren beim Obsiegen in einer staatsrechtlichen Beschwerde betreffend sein Honorar grundsätzlich eine Parteientschädigung zuzusprechen, ohne dass die Voraussetzungen der zitierten, auf die Vertretung eigener persönlicher Angelegenheit zugeschnittenen Rechtsprechung erfüllt sein müssen. Der um sein Honorar streitende amtliche Rechtsvertreter nimmt nicht bloss persönliche Interessen wahr, sondern vertritt seinen Anspruch auf eine in aller Regel minimale Entschädigung (vgl. dazu BGE 122 I 1 E. 3a) für die Erfüllung einer beruflichen Aufgabe, die er zudem im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Auftragsverhältnisses wahrnimmt. Dem Beschwerdeführer ist daher für diese Interessenwahrung im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren im Rahmen des erforderlichen Aufwandes und nach Massgabe seines Obsiegens eine angemessene Parteientschädigung zuzusprechen.
public_law
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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856a42d6-35fa-4854-8ab7-441cf9b833cc
Urteilskopf 98 Ia 657 95. Extrait de l'arrêt du 20 décembre 1972 dans la cause Graphicart SA contre Conseil d'Etat du canton du Valais.
Regeste Rechtsungleiche Behandlung. Art. 4 BV . Es bedeutet eine mit Art. 4 BV unvereinbare rechtsungleiche Behandlung, wenn die kantonalen Behörden ein Steuergesetz nur in gewissen Fällen anwenden und sich in keiner Weise bereit zeigen, es inskünftig in allen Fällen anzuwenden, auf die sich das Gesetz bezieht.
Erwägungen ab Seite 657 BGE 98 Ia 657 S. 657 Extrait des motifs: 3. Bien que la recourante demande au Tribunal fédéral de déclarer "arbitraires et anticonstitutionnelles les dispositions de la loi valaisanne sur le droit de timbre", c'est essentiellement dans l'application de ces dispositions qu'elle voit une inégalité de traitement. a) La loi elle-même échappe au grief d'inégalité de traitement. En effet, il est admis que les cantons peuvent prélever un impôt sur les transactions mobilières (RO 94 I 443 et les arrêts cités). Il y aurait inégalité de traitement si la loi faisait des distinctions qui ne trouveraient pas de justification dans les faits à règlementer, par exemple si elle exonérait des personnes ou des catégories de personnes qui se trouveraient dans une situation semblable à celle des contribuables assujettis à un impôt déterminé (cf. RO 90 I 162 consid. 2 ; 43 I 259 ). Or l'art. 12 de la loi valaisanne sur le timbre du 14 novembre 1953 soumet au droit BGE 98 Ia 657 S. 658 de timbre proportionnel tous les actes ayant pour effet de transférer la propriété mobilière, et non seulement ceux qui doivent être enregistrés pour une raison quelconque. La recourante ne prétend d'ailleurs pas que la loi elle-même consacre une inégalité de traitement. b) C'est en revanche essentiellement l'application de la loi qui constitue, selon les observations de la recourante, une inégalité de traitement. En effet, alors même que la loi vise tous les actes de transfert mobilier, seuls certains d'entre eux sont effectivement soumis au droit de timbre. Le Conseil d'Etat ne le conteste pas; il reconnaît que les dispositions légales sont appliquées en fait chaque fois qu'un contrat est soumis à l'enregistrement, tandis que de nombreux actes sous seingprivé échappent au droit de timbre, malgré l'obligation des parties de les présenter à l'estampillage. Il ne fait donc pas de doute que la loi n'est délibérément pas appliquée dans un grand nombre de cas, de sorte que les personnes qui doivent acquitter le droit de timbre - et notamment la recourante - peuvent se considérer comme victimes d'une inégalité de traitement. Mais cela entraîne-t-il l'annulation de la décision attaquée? c) Selon la jurisprudence, un justiciable ne saurait en principe se prétendre victime d'une inégalité de traitement au sens de l'art. 4 Cst. lorsque la loi est correctement appliquée à son cas, alors même que, dans d'autres cas, elle aurait reçu une fausse application ou n'aurait pas été appliquée du tout (RO 98 I/a 161 consid. 7, 90 I 167, 89 I 296 consid. 6 et 303 consid. 6, 89 IV 135 consid. 5). Cependant, cela présuppose, de la part de l'autorité dont la décision est attaquée, la volonté d'appliquer correctement à l'avenir les dispositions légales en question, et de les faire appliquer par les services qui lui sont subordonnés. En revanche, comme le Tribunal fédéral l'a rappelé dans l'arrêt Bürgel c. Bâle-Ville (RO 98 I/a 161 consid. 7 b; cf. aussi 90 I 167 et les arrêts cités), si l'autorité persiste à maintenir une pratique reconnue illégale, le citoyen peut demander que la faveur accordée illégalement à des tiers le soit aussi à lui-même. Or, en l'espèce, le Conseil d'Etat manifeste dans sa réponse qu'il n'est nullement décidé à prendre les mesures qui s'imposent pour que la loi soit appliquée dans tous les cas, et non seulement dans ceux où les actes doivent être soumis à un bureau de l'Etat pour enregistrement. Il semble au contraire en prendre BGE 98 Ia 657 S. 659 son parti, en disant que l'autorité applique la loi dès qu'elle est en mesure de le faire. Il ne manifeste nullement l'intention d'utiliser les moyens d'investigation à disposition (la recourante en a signalé l'un ou l'autre) pour déceler l'existence des autres contrats et les assujettir à l'impôt, ni l'intention de faire appliquer les sanctions - d'ailleurs peu sévères et qui devraient au besoin être renforcées par le législateur - prévues pour ceux qui ne présentent pas les actes à l'estampillage. Dans ces conditions, la décision attaquée constitue une inégalité de traitement incompatible avec l'art. 4 Cst. et doit dès lors être annulée.
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1,972
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856f4479-2cef-4604-95f1-9c3b1059e483
Urteilskopf 107 Ib 358 64. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Dezember 1981 i.S. MEDUNION, Vorsorgegenossenschaft für Ärzte, gegen Eidg. Bankenkommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Anlagefonds. 1. Wann untersteht ein Anlagefonds dem schweizerischen Recht (E. 3a)? 2. Art. 2 Abs. 1 AFG ; Begriff des Anlagefonds: - Gemeinschaftliche Kapitalanlage und Grundsatz der Risikoverteilung (E. 3b aa). - Vermögen, das aufgrund öffentlicher Werbung aufgebracht wird (E. 3b bb). - Vermögen, das von Dritten verwaltet wird (sog. Fremdverwaltung). Dies ist der Fall, wenn die Rechtsbeziehungen zwischen Anleger und Vermögensverwaltung insgesamt überwiegend vertraglicher Natur sind, unabhängig von der Rechtsform der Kapitalorganisation (E. 3b cc).
Sachverhalt ab Seite 359 BGE 107 Ib 358 S. 359 Am 9. August 1971 wurde die "Unimed Vorsorgungs-Genossenschaft für Ärzte" als Genossenschaft gemäss Art. 828 ff. OR in das Handelsregister Luzern eingetragen. Mit Statutenänderung vom 28. November 1972 änderte sie ihren Namen in "Medunion Vorsorge-Genossenschaft für Ärzte" (im folgenden Medunion). Art. 2 der Statuten hat folgenden Wortlaut: Die Genossenschaft bezweckt die Förderung und Sicherung der Interessen des Ärztestandes durch Erlangung günstiger Konditionen für die Altersversorgung und die Vermögensbildung. Diesen Zweck sucht sie insbesondere zu erreichen durch: a) Erlangung von besonders vorteilhaften Versicherungs- und Rentenverträgen für ihre Mitglieder, b) Erlangung von besonders vorteilhaften Altersvorsorge-Verträgen bei Versicherungsgesellschaften des In- und Auslandes, c) Erlangung und Vermittlung von soliden und wertbeständigen Kapitalanlagen im In- und Ausland, d) Beratung und Vertretung der Mitglieder in allen Bereichen der Vermögensbildung und des Vermögensschutzes, e) Massnahmen jeglicher Art, die der Erhaltung und Sicherung der Wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder dienen können, f) Ausübung von Treuhandfunktionen zugunsten der Mitglieder und deren Angehörigen. Mitglieder der Genossenschaft können natürliche Personen werden, welche in Ehren und bürgerlichen Rechten stehen, selbständig handlungsfähig und von Beruf Mediziner sind oder einen Beruf ausüben, der den Zweckbestimmungen der Genossenschaft dienlich sein kann (Art. 3 Statuten). Wer Mitglied werden möchte, hat eine Beitrittserklärung zu unterzeichnen, in welcher er die statutarischen Verpflichtungen anerkennt (Art. 4 Abs. 1 Statuten). Die Höhe des Genossenschaftskapitals ist unbeschränkt (Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Statuten). Jeder Genossenschafter hat einen Anteilschein zu übernehmen (Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Statuten). BGE 107 Ib 358 S. 360 Jeder Genossenschafter - und nur dieser - hat die Möglichkeit, die Medunion mit dem Aufbau eines Vermögens zu betrauen. Zu diesem Zweck eröffnet ihm auf Antrag die Genossenschaft ein Treuhandkonto, auf das er einmalig, periodisch oder unregelmässig Einzahlungen in beliebiger Höhe vornehmen kann. Die Genossenschaft verwendet die so von den Anlegern zusammenfliessenden Beträge zur Bildung von zwei verwaltungsfähigen Treuhandvermögen zum Zwecke der gemeinschaftlichen Kapitalanlage, gemäss dem "Reglement für das Kapitalisierungs-Treuhandvermögen" (in folgendem Reglement). Das Mitglied hat die Wahl zwischen der Anlage I und der Anlage II. Für die Anlage I werden bis zu 60% der Anlagegelder Aktien und andere Kapitalanteile, bis zu 40% der Anlagegelder Obligationen und sonstige fest verzinsliche Werte, bis zu 45% Immobilienwerte und Hypothekarforderungen, bis zu 30% Edelmetalle erworben. Bei der Anlage II werden die Gelder in festverzinslichen Werten wie Obligationen, Festgeldrechnungen, Hypothekarforderungen angelegt. Die Aufnahme von Krediten zulasten der beiden Treuhandvermögen ist ausgeschlossen, ausgenommen ist der Erwerb von Grundbesitz mit hypothekarischer Belastung (Ziff. 18 Reglement). Das Treuhandvermögen Anlage I hatte am 31. Mai 1978 einen Wert von 7 Mio. Franken. Davon waren 26% in Schweizer Aktien, 18% in ausländischen und in der Schweiz gehandelten Aktien, 18% in Schweizerfranken-Obligationen, 15% in Obligationen, die auf eine fremde Währung lauten, und 13% in schweizerischen Immobilienfonds-Zertifikaten und in Grundpfanddarlehen angelegt. Das Treuhandvermögen Anlage II hatte am gleichen Tag einen Wert von Fr. 325'000.--; es war zu 41% in Schweizer- und ausländischen Obligationen angelegt. Die Anleger erhalten keine Anteile im Sinne einer Rechnungseinheit, weder in Form von Wertpapieren noch in Form einer Buchgutschrift. Jeden Monat wird eine Bilanz zu Verkehrswerten und eine Erfolgsrechnung erstellt. Aufgrund dieses Monatsabschlusses wird jedem individuellen Treuhandkonto der Anteil an Dividenden und Zinsen, realisierten Kursgewinnen und Buchgewinnen gutgeschrieben und der Anteil an den Kosten, realisierten Kursverlusten und Buchverlusten belastet (Ziff. 13 und 22 Reglement). Der Genossenschafter hat ein Forderungsrecht gegen die Gesamtheit des Treuhandvermögens Anlage I oder Anlage II entsprechend der von ihm vorgenommenen Einzahlungen und der anteiligen Ergebnisse der Kapitalanlagen, abzüglich seiner Abhebungen (Ziff. 11 Reglement). BGE 107 Ib 358 S. 361 Rückzahlungen kann er jederzeit verlangen, die Auszahlung erfolgt mit Wert zum 1. des folgenden Monats. Der Vorstand hat aber das Recht, Rückzahlungen bis zu 30 Tagen zu verzögern, wenn dies im Interesse des Treuhandvermögens liegt; vorbehalten bleiben zudem Rückzahlungsbeschränkungen, die durch Liquidation von Immobilien oder Immobilienwerten verursacht werden (Ziff. 12, 24 Reglement). Der Genossenschafter kann seinen Anspruch aus dem Treuhandkonto abtreten, jedoch nur an einen anderen Genossenschafter (Ziff. 28 Reglement). Dem Genossenschafter wird auf seine Einzahlungen eine einmalige Anlagegebühr von höchstens 5% belastet (Ziff. 14 Reglement). Im weiteren stellt die Genossenschaft für die Verwaltung auf Treuhandvermögen ein Honorar von 1%o pro Monat in Rechnung; zudem erhält sie eine Vergütung von 15% des Reinertrages des Treuhandvermögens (sog. Erfolgsprämie; Ziff. 21 Reglement). Das Treuhandvermögen wird von der Genossenschaft selbständig und in eigenem Namen, aber ausschliesslich für Rechnung und Risiko der Treugeber verwaltet; der Vorstand trifft die Anlageentscheide (Ziff. 7 und 8 Reglement). Die Wertpapiere der Treuhandvermögen sind bei schweizerischen Grossbanken und deutschen Banken auf den Namen der Genossenschaft mit der Kennzeichnung der Zugehörigkeit zur Anlage I oder II hinterlegt. Veranlasst durch die Anfrage eines Dritten, teilte das Sekretariat der Eidgenössischen Bankenkommission der Medunion am 26. Januar 1979 mit, sie habe zu prüfen, ob die von der Medunion verwalteten Vermögen Anlagefonds darstellten und die Genossenschaft eine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausübe. Mit Eingabe vom 18. Juni 1979 nahm die Medunion hiezu Stellung. Sie machte geltend, der Kreis ihrer Mitglieder sei eng gezogen. Die Einladung zum Beitritt richte sich ausschliesslich an Ärzte in der Bundesrepublik Deutschland mit eigenen Praxen, und unter diesen nur an diejenigen, welche Mitglieder des "Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands (NAV)" seien. Dieser Berufsverband habe rund 14'000 Mitglieder. Die Mitteilungen der Medunion an die in Frage kommenden Ärzte erfolgten durch den "Wirtschaftsdienst" des vorgenannten Berufsverbandes in Form eines Merkblattes. Zeige ein Mitglied des Verbandes sein Interesse und erfülle es alle Voraussetzungen für die Mitgliedschaft, habe es insbesondere eine eigene Praxis, werde ihm ein Beitrittsangebot zugestellt. Nur auf diese Weise würden neue Mitglieder geworben. Die Genossenschaft zählte am 31. Mai 1978 494 Genossenschafter. Diese Zahl BGE 107 Ib 358 S. 362 habe sich bis heute unwesentlich verändert. Auf je 50 Mitglieder falle ein Delegierter. Die ordentliche Delegiertenversammlung werde jedes Jahr abgehalten; sie sei zuständig für die Wahl und Abberufung des Vorstandes und der Kontrollstelle sowie für die Abnahme der Jahresrechnung. Der von der Delegiertenversammlung gewählte Vorstand führe die Geschäfte. Er setze sich aus drei in der Schweiz wohnhaften sowie zwei Mitgliedern mit Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland zusammen. Die Medunion vertrat die Auffassung, die von ihr verwalteten Vermögen stellten keine Anlagefonds im Sinne des Gesetzes dar. Am 20. Dezember 1979 verfügte die Eidg. Bankenkommission was folgt: "1. Die von der Medunion Vorsorge-Genossenschaft für Ärzte, Luzern verwalteten Kapitalisierungs-Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II sind Anlagefonds im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 AFG . 2. Der Medunion Vorsorge-Genossenschaft für Ärzte wird eine Frist von 30 Tagen angesetzt, um der Bankenkommission nachzuweisen, dass sie mit der Prüfung der Kapitalisierungs-Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II sowie ihrer eigenen Geschäftstätigkeit eine anerkannte Revisionsstelle beauftragt hat. 3. Der Medunion Vorsorge-Genossenschaft für Ärzte wird eine Frist von sechs Monaten angesetzt, um der Bankenkommission nachzuweisen: a) dass sie die Voraussetzungen für die Bewilligung, als Fondsleitung tätig zu sein, erfüllt; b) dass sie für die Kapitalisierungs-Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II eine von der Bankenkommission bewilligte Depotbank beigezogen hat; c) dass sie für die Kapitalisierungs-Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II gemeinsam mit der Depotbank Fondsreglemente erlassen hat, die die gesetzlichen Erfordernisse für deren Genehmigung erfüllen. 4. Für den Fall, dass der Medunion Vorsorgegenossenschaft für Ärzte die in Ziff. 2 und 3 genannten Nachweise nicht fristgerecht gelingen, wird die Ernennung eines Sachwalters im Sinne von Art. 45 AFG angedroht." In ihrer Begründung ging die Bankenkommission davon aus, dass die Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II alle Begriffsmerkmale des Anlagefonds im Sinne von Art. 2 Abs. 2 AFG erfüllten. Da die Medunion ihren Sitz in der Schweiz habe, unterstünden beide Treuhandvermögen dem AFG. Mit der gegen diese Verfügung eingereichten Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Medunion, die angefochtene Verfügung vollumfänglich aufzuheben. Sie anerkennt den von der Bankenkommission festgestellten Sachverhalt, macht jedoch geltend, die von ihr verwalteten Treuhandvermögen stellten keine BGE 107 Ib 358 S. 363 Anlagefonds dar. Die Eidg. Bankenkommission beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Nach Art. 1 Abs. 1 AFG ist dieses Gesetz anwendbar auf alle Anlagefonds, deren Leitung ihren Sitz in der Schweiz hat. Ist die Fondsleitung eine juristische Person, so untersteht sie dem AFG, wenn und solange sie in der Schweiz nach Ausweis des hiesigen Handelsregisters ihren statutarischen Sitz hat, das heisst eine schweizerische Gesellschaft ist ( BGE 94 I 80 E. 5b). Dies besagt jedoch nicht, das ein Anlagefonds schon dann dem schweizerischen Recht nicht untersteht, wenn die Fondsleitung ihren statutarischen Sitz im Ausland hat. In der Tat kann sich die Frage stellen, ob ein Anlagefonds mit statutarischem Sitz im Ausland, der aber den Schwerpunkt seiner Tätigkeiten in der Schweiz entfaltet, nicht auch dem AFG untersteht (vgl. HIRSCH, Le champ d'application de la loi fédérale sur les fonds de placement, in: Septième Journée juridique de la Faculté de droit de Genève 1967, S. 77; HIRSCH/PERRIN, JdT 1968 I S. 544). Vorliegend kann die Frage jedoch offen gelassen werden, da die Beschwerdeführerin ihren statutarischen Sitz in Luzern hat, weshalb sie ohnehin dem schweizerischen Recht untersteht. Daran ändert auch nichts, dass ausschliesslich Ärzte aus der Bundesrepublik Deutschland an den Anlagen I und II beteiligt sind und dass die Werbung für die Beteiligung an diesen Anlagen von dem in Deutschland tätigen "Wirtschaftsdienst" des Verbandes der niedergelassenen Ärzte Deutschlands ausgeht. Ob es sich bei den von der Beschwerdeführerin verwalteten Treuhandvermögen um Anlagefonds handelt, bestimmt sich daher nach schweizerischem Recht. b) Der Anlagefonds ist ein Vermögen, das auf Grund öffentlicher Werbung von den Anlegern zum Zwecke gemeinschaftlicher Kapitalanlage aufgebracht und von der Fondsleitung nach dem Grundsatz der Risikoverteilung für Rechnung der Anleger verwaltet wird ( Art. 2 Abs. 1 AFG ). Im folgenden wird daher zu prüfen sein, ob die Kapitalisierungs-Treuhandvermögen der Beschwerdeführerin die gesetzlichen Merkmale des Anlagefonds erfüllen. aa) Die Beschwerdeführerin bestreitet zurecht nicht, dass das in den beiden Anlagen zusammengefasste Vermögen zum Zwecke gemeinschaftlicher Kapitalanlage aufgebracht und nach dem Grundsatz der Risikoverteilung für Rechnung der Anleger verwaltet BGE 107 Ib 358 S. 364 wird. Beide Anlagen werden durch Zahlungen der Genossenschafter gespiesen, die jederzeit die Rückzahlung des auf dem Treuhandkonto ausgewiesenen Guthabens verlangen können (Art. 3 und 12 Reglement). Der ein Treuhandkonto führende Genossenschafter hat ferner ein Forderungsrecht gegen die Gesamtheit des Treuhandvermögens entsprechend der von ihm vorgenommenen Einzahlungen und der anteiligen Ergebnisse der Kapitalanlagen, abzüglich seiner Abhebungen (Art. 11 Reglement). Gemäss den von der Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren gemachten Angaben wiesen in den Jahren 1977 bis 1979 die Treuhandvermögen folgenden Vermögensstand aus: Anzahl Nettowert beider Anlagen Genossen- schafter Anlage I Anlage II Total Fr. Fr. Fr. 31.5.77 507 7'521'940.82 269'568.85 7'791'509.65 31.5.78 494 6'965'862.81 321'745.85 7'287'708.66 31.5.79 465 6'503'220.06 455'895.45 6'959'115.52 Das in den Anlagen I und II zusammengefasste und von der Beschwerdeführerin verwaltete Vermögen von ca. 7 Mio. Franken setzt sich aus den Einzahlungen einer relativ grossen Zahl von Genossenschaftern zusammen, deren Anlagebedürfnisse in gleicher Weise befriedigt werden. Diese Einzahlungen verschaffen den Anlegern ein obligatorisches Forderungsrecht auf den sie betreffenden Anteil am Fondsvermögen und an dessen Ertrag. Das in beiden Anlagen zusammengefasste Vermögen erfüllt daher alle Merkmale der kollektiven Kapitalanlage (vgl. Botschaft des Bundesrates zum AFG, BBl 1965 III, 273; vgl. auch Art. 4 Reglement). Art. 18 Reglement schreibt sodann vor, in welche Vermögenswerte die Einzahlungen der Genossenschafter anzulegen sind und welchen Umfang im Verhältnis zur gesamten Kapitalanlage die verschiedenen Vermögenswerte höchstens erreichen dürfen. Diese Ordnung entspricht dem Gedanken der Risikoverteilung, der darin besteht, durch Vermeidung einseitiger Kapitalanlage und durch eine breite Fächerung in den Vermögenswerten das Gesamtvermögen im Falle einzelner Verluste in seiner Substanz zu erhalten (vgl. Botschaft a.a.O.). Zusammenfassend steht damit fest, dass die BGE 107 Ib 358 S. 365 von der Beschwerdeführerin verwalteten Vermögen zum Zwecke der kollektiven Kapitalanlage nach dem Grundsatz der Risikoverteilung errichtet sind. Die Vorinstanz erachtete mithin zu Recht diese in Art. 2 Abs. 1 AFG genannten Voraussetzungen als erfüllt. Es bleibt zu prüfen, ob das Vermögen auf Grund öffentlicher Werbung aufgebracht wird. bb) Nach Art. 1 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Anlagefonds (AFV; SR 951.311) gilt als öffentliche Werbung im Sinne des Gesetzes, ohne Rücksicht auf die Form, jede Werbung, die sich nicht bloss an einen eng begrenzten Kreis von Personen richtet (z. B. Werbung durch Prospekte, Inserate, Plakate, Zirkularschreiben, am Bankschalter). Dass das von der Beschwerdeführerin veranlasste und an die 14'000 Mitglieder des bundesdeutschen Berufsverbandes gerichtete Angebot Werbung im Sinne des Gesetzes und der Verordnung darstellt, bedarf keiner weiteren Begründung, auch wenn die Beschwerdeführerin nicht selbst in Deutschland auftritt, vielmehr der "Wirtschaftsdienst" des deutschen Berufsverbandes die Mitglieder desselben auf die Tätigkeit der Beschwerdeführerin aufmerksam macht. In erster Linie macht die Beschwerdeführerin jedoch geltend, der 14'000 Mitglieder zählende Berufsverband stelle einen eng begrenzten Kreis von Personen im Sinne von Art. 1 AFV dar. Der Einwand ist indes nicht stichhaltig. Die Werbung richtet sich nur dann an einen eng begrenzten Personenkreis, wenn einerseits das Publikum bestimmt ist, und anderseits dieses auch zahlenmässig klein ist. Ist eine dieser Voraussetzungen nicht erfüllt, gilt die Werbung als öffentlich. Wann ein kleiner Personenkreis vorliegt, ist eine Frage des Ermessens. Massgebend sind die Umstände des einzelnen Falles. Dass der 14'000 Mitglieder zählende Berufsverband jedenfalls keinen kleinen Personenkreis darstellt, liegt auf der Hand. Zurecht nahm die Vorinstanz daher an, die Werbung der Beschwerdeführerin sei öffentlich. cc) Der Anlagefonds zeichnet sich schliesslich dadurch aus, dass das Vermögen nicht von den Anlegern selbst, sondern von einem Dritten, der Fondsleitung, verwaltet wird (sog. Fremdverwaltung; vgl. Art. 2 Abs. 1 AFG : " ... ein Vermögen, das ... von der Fondsleitung ... für Rechnung der Anleger verwaltet wird"). Als Fondsleitung kommt nur eine Bank im Sinne des Bundesgesetzes vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen oder eine Aktiengesellschaft oder eine Genossenschaft, deren Gegenstand und Zweck ausschliesslich die Leitung von Anlagefonds ist, in BGE 107 Ib 358 S. 366 Betracht ( Art. 3 Abs. 2 AFG ). Auch andere Formen kollektiver Vermögensanlage sind indes möglich. Wird zum Beispiel im Rahmen einer Gesellschaft und unter aktiver Mitwirkung ihrer Mitglieder Geld angelegt und von diesen bzw. den Organen der Gesellschaft verwaltet, besteht nicht Fremd-, sondern Selbstverwaltung. Daraus schliesst ein Teil Doktrin, dass die auf gesellschaftlicher Ebene getätigte Kapitalanlage nicht unter das AFG fällt und dass der Anleger demnach nur die gesellschaftsrechtlichen Schutzrechte geniesst (HIRSCH, a.a.O. S. 67/8, EMCH, Der Geltungsbereich des Anlagefondsgesetzes, Diss. Bern 1975, S. 102). Im vorliegenden Fall sind die Anleger zugleich Mitglieder der beschwerdeführenden Genossenschaft. Damit stellt sich die Frage, ob die Genossenschafter ihr Vermögen durch die statutarischen Organe selbst verwalten. Es ist nicht zu verkennen, dass die rechtliche Organisation der Vermögensanlage nicht allein ausschlaggebend sein kann. Wenn der Gesetzgeber Anlageorganisationen in gesellschaftlicher Form nicht ausdrücklich dem Gesetz unterstellte, so deshalb, weil er keine Gesellschaftsform des schweizerischen Rechts für die Führung des Anlagefonds als geeignet erachtete (Botschaft a.a.O., 285 ff.). Entscheidend ist vielmehr der Gesichtspunkt des Anlegerschutzes, den das AFG in besonderem Masse verfolgt ( BGE 101 Ib 438 E. 6a). Es stellt sich daher die Frage, ob die Anleger und Gesellschaftsmitglieder auch ohne die im AFG vorgesehenen Schutzvorschriften imstande sind, ihre Vermögensinteressen selbst wahrzunehmen. Zwar ist richtig, dass in einer körperschaftlich organisierten Rechtsperson (kapitalistisch oder personalistisch strukturiert) den Mitgliedern je nach betreffender Gesellschaftsform Mitwirkungsrechte, Schutzrechte sowie vermögensmässige Rechte zustehen. Der Vergleich zwischen diesen und den Schutzvorschriften des AFG zeigt jedoch, dass die im AFG zum Schutz des Anlegers aufgestellten Bestimmungen weitaus strenger sind, namentlich in Bezug auf die Schutzrechte des Aktionärs oder Genossenschafters (vgl. HIRSCH, a.a.O. S. 68). Ob ein Fonds körperschaftlich organisiert ist und ob das Fondsvermögen mit dem Gesellschaftsvermögen zusammenfällt, kommt daher erst in zweiter Linie in Betracht. Das Schutzbedürfnis des Anlegers ist vielmehr gerade dann erheblich und rechtfertigt die Anwendung des AFG, wenn der Anleger die Verwaltung seines Vermögens Fachleuten überträgt, die die Anlagepolitik nach Massgabe des Fondsreglements in eigener Verantwortung und ohne Einflussnahme durch den Anleger bestimmen. Das Fehlen irgendwelcher BGE 107 Ib 358 S. 367 Mitwirkungsrechte des Anlegers in der Anlagepolitik hat zur Folge, dass die Beziehungen zwischen ihm und der Vermögensverwaltung vorwiegend vertraglicher und nicht gesellschaftlicher Natur sind. Seine kraft seiner Stellung als Gesellschafter bestehender Mitwirkungsrechte (z.B. Wahl der Organe) sind diesbezüglich daher von zweitrangiger Bedeutung, zumal wenn die Tätigkeit der Gesellschaft sich nur auf die Kapitalanlage im oben beschriebenen Sinne beschränkt. Erweisen sich die Rechtsbeziehungen zwischen Anleger und Vermögensverwaltung insgesamt als überwiegend vertraglicher Natur, kann nicht von einer selbstverwalteten Kapitalorganisation gesprochen werden (vgl. JÄGGI, La loi sur les fonds de placement, JdT 1967 I, S. 239 ff.). Liegt demnach Fremdverwaltung vor, kommt das AFG zur Anwendung. Im vorliegenden Fall sind die Beziehungen zwischen Anleger und dem Genossenschaftsvorstand, der das in den Anlagen I und II zusammengefasste Vermögen verwaltet, insofern überwiegend vertraglicher Natur, als der Anleger auf die Anlagepolitik keinen Einfluss nehmen kann. Dass der Vorstand der Beschwerdeführerin diese Belange in eigener Verantwortung wahrnimmt, folgt insbesondere aus dem Inhalt des den bundesdeutschen Ärzten unterbreiteten Beitrittangebots. Darin wird ausgeführt: "Der Arzt hat aber schon allein aus Zeitmangel nicht die Möglichkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Gerade in jüngster Zeit haben viele Ärzte durch die Wahl ungeeigneter Anlagen beträchtliche Vermögensverluste erlitten. Der einzelne Arzt kann sich keinen eigenen "Vermögensverwalter" leisten. Schliessen sich aber viele Ärzte zusammen, so sind die Kosten für die besten Fachleute leicht aufzubringen." Daraus ist zu schliessen, dass an der Spitze der Beschwerdeführerin Fachleute in Anlagefragen stehen; sie allein entscheiden über den Kauf und Verkauf von Vermögenswerten und führen die Fonds "selbständig und in eigenem Namen, aber ausschliesslich für Rechnung und Risiko des Treugebers" (Art. 4 und 7 Reglement). Daneben bestimmt Art. 11 Reglement, dass jeder Inhaber eines Treuhandkontos ein "Forderungsrecht gegen die Gesamtheit des Treuhandvermögens" hat; hiezu kommt, dass die Anlagen I und II vom übrigen Vermögen der Genossenschaft getrennt geführt werden. Dass der Genossenschaftsvorstand von der Delegiertenversammlung gewählt wird, ist angesichts dieser Ordnung von nebensächlicher Bedeutung. Unter diesen Umständen besteht kein Zweifel an der überwiegend vertraglichen Natur des Rechtsverhältnisses zwischen Anleger und Genossenschafter BGE 107 Ib 358 S. 368 auf der einen, dem Vorstand der Genossenschaft, bzw. der Fondsleitung auf der anderen Seite. Die Vorinstanz erachtete mithin zurecht die von der Beschwerdeführerin verwalteten Kapitalisierungs-Treuhandvermögen Anlage I und Anlage II als Anlagefonds im Sinne von Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 AFG . 4. Bei dieser Sachlage musste die Vorinstanz zufolge ihrer Überwachungspflicht ( Art. 42 AFG ) im Interesse der Anleger die zur Herstellung des rechtmässigen Zustandes und zur Beseitigung der Missstände erforderlichen Anordnungen treffen ( Art. 43 Abs. 1 AFG ); sollten im übrigen die angefochtenen Massnahmen keinen Erfolg zeitigen, wird es Sache der Vorinstanz sein, einen Sachwalter an Stelle der Fondsleitung oder der Depotbank zu bestellen ( Art. 45 Abs. 1 AFG ). Die von der Vorinstanz unter Ziff. 2 bis 4 der angefochtenen Verfügung getroffenen Anordnungen entsprechen dem Gesetz und dienen im vorliegenden Fall der Herstellung des rechtmässigen Zustandes. Es ist nicht einzusehen, warum die Vorinstanz diesbezüglich die Beschwerdeführerin nochmals hätte anhören müssen. Erst wenn die Vorinstanz sich veranlasst sehen sollte, die angedrohten Massnahmen zu vollstrecken, insbesondere die von der Beschwerdeführerin ernannte Revisionsstelle abzulehnen oder die Bewilligung zur Aufnahme der Geschäftstätigkeit zu verweigern, steht der Beschwerdeführerin vorgängig das Recht zu, sich dazu zu äussern. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
public_law
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
856f5a4f-0f86-4cfc-ba93-c8e118977134
Urteilskopf 138 III 681 103. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_119/2012 vom 6. August 2012
Regeste a Einrede der Schiedsgerichtsbarkeit; Kognition des staatlichen Gerichts bei der Beurteilung einer Schiedsvereinbarung ( Art. 7 IPRG ). Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3.2). Anwendung auf den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt (E. 3.3). Regeste b Auslegung einer Schiedsvereinbarung. Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (E. 4.4).
Sachverhalt ab Seite 682 BGE 138 III 681 S. 682 A. Y. und die X. AG schlossen im Herbst 1996 einen Vermögensverwaltungsvertrag ab. Am 12. Juni bzw. 3. August 2000 unterzeichneten Y. als Auftraggeberin, Dr. V. sowie die U. Inc., Panama, als Beauftragte und die X. AG als Vermögensverwalterin einen schriftlichen Mandats- und Treuhandvertrag. Der Vertrag enthält die folgenden Bestimmungen: "1. Die Auftraggeberin beauftragt die Beauftragten mit der Errichtung und der Betreuung einer Foundation (Stiftung) nach dem Recht des Staates Panama mit dem Namen T. Fondation (nachstehend "Foundation"). Die Beauftragten sind bereit, treuhänderisch für den Auftraggeber die Errichtung der Foundation zu veranlassen und für deren laufende Betreuung zu sorgen. Die Firma U., Inc. handelt als einziger Stiftungsrat der Foundation. (...) 5. Die Auftraggeberin betraut die mitunterzeichnende X. AG als Vermögensverwalterin mit allgemeiner Vollmacht und entbindet die Beauftragten diesbezüglich von jeder Verantwortung. (...) (...) 11. Dieser Vertrag untersteht schweizerischem Recht. Alle sich aus oder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden durch einen Einzelschiedsrichter gemäss der internationalen Schiedsgerichtsordnung der Zürcher Handelskammer mit Sitz in Zürich unter Ausschluss der ordentlichen Gerichte entschieden." (Hervorhebungen weglassen) Y. macht geltend, die T. Fondation (nachfolgend: Stiftung) sei bereits am 20. März 2000 auf Anraten von W., dem Geschäftsführer der X. AG, gegründet worden. Sie selber sei Stifterin und alleinige BGE 138 III 681 S. 683 Erstbegünstigte und ihr Sohn S. alleiniger Zweitbegünstigter der neu gegründeten Stiftung gewesen. Unbestritten ist, dass die bereits vor der Stiftungsgründung von der X. AG verwalteten Vermögenswerte von Y. nicht in die Stiftung eingebracht, sondern weiterhin über ein separates Konto und Depot verwaltet wurden. B. Am 17. Juni 2011 reichte Y. beim Handelsgericht des Kantons Zürich Klage gegen die X. AG ein, mit der sie Schadenersatz verlangte sowie Ansprüche auf Herausgabe und Rechenschaftsablage geltend machte. Die X. AG erhob Schiedseinrede und beantragte, auf die Klage sei nicht einzutreten. Am 23. Januar 2012 fasste das Handelsgericht den folgenden Beschluss: "(...) 2. In Bezug auf die Ansprüche der Klägerin, welche die Verwaltung des Vermögens der T. Fondation betreffen, wird auf die Klage nicht eingetreten, insoweit diese aus dem Mandats- und Treuhandvertrag vom 12. Juni bzw. 3. August 2000 abgeleitet werden. Im Übrigen wird die von der Beklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede abgewiesen und das Verfahren weitergeführt." C. Das Bundesgericht heisst die von der X. AG erhobene Beschwerde in Zivilsachen gut und ändert Dispositiv-Ziff. 2 des Beschlusses des Handelsgerichts ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Die Beschwerdegegnerin (Y.) wohnt in Deutschland, die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz in Zürich. Es liegt mithin ein internationales Verhältnis im Sinne von Art. 1 IPRG (SR 291) vor. Die strittige Frage, ob und inwieweit die Vorinstanz angesichts der Schiedseinrede der Beschwerdeführerin zur Entscheidung der ihr unterbreiteten Streitsache zuständig ist, ist damit nach den einschlägigen Bestimmungen des IPRG zu entscheiden, unter Vorbehalt völkerrechtlicher Verträge ( Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 1 Abs. 2 IPRG ). Da die Beschwerdeführerin eine Schiedsvereinbarung anruft, laut der das vereinbarte Schiedsgericht seinen Sitz in der Schweiz hat, ist die Schiedseinrede nach Art. 7 IPRG zu beurteilen ( BGE 122 III 139 E. 2a). Gemäss dieser Bestimmung lehnt das angerufene BGE 138 III 681 S. 684 schweizerische Gericht seine Zuständigkeit ab, falls die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, es sei denn, a. der Beklagte habe sich vorbehaltlos auf das Verfahren eingelassen, b. das Gericht stelle fest, die Schiedsvereinbarung sei hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar, oder c. das Schiedsgericht könne nicht bestellt werden aus Gründen, für die der im Schiedsverfahren Beklagte offensichtlich einzustehen hat. Der Umstand, dass eine gültige und auf den Streitgegenstand anwendbare Schiedsvereinbarung vorliegt, führt also mangels Einlassung des Beklagten grundsätzlich dazu, dass das staatliche Gericht den Kläger auf das Schiedsverfahren zu verweisen hat, und zwar unabhängig davon, ob dieses bereits eingeleitet wurde oder nicht (vgl. BGE 124 III 83 E. 5b S. 87; Urteil 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2). 3.2 Wird vor dem angerufenen staatlichen Gericht der Einwand seiner Unzuständigkeit zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz erhoben, steht dem staatlichen Gericht nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nur eine beschränkte Kognition zu. Es hat seine Zuständigkeit abzulehnen, wenn nicht eine summarische Prüfung der Schiedsvereinbarung deren Hinfälligkeit, Unwirksamkeit oder Nichterfüllbarkeit ergibt ( BGE 122 III 139 E. 2b). Damit soll verhindert werden, dass der Entscheid des Schiedsgerichts über seine eigene Zuständigkeit ( Art. 186 Abs. 1 und 1 bis IPRG ) durch den Entscheid des staatlichen Gerichts präjudiziert wird. Diese Rechtsprechung ist in der Lehre teilweise auf Kritik gestossen, die hauptsächlich damit begründet wird, dass sich aus dem Gesetzestext keine Beschränkung der Kognition ergebe und dass eine solche auch nicht angebracht sei, da das mit einer Schiedseinrede befasste staatliche Gericht in erster Linie über seine eigene Zuständigkeit und nur indirekt über diejenige des Schiedsgerichts entscheide (so etwa BERGER/KELLERHALS, International and Domestic Arbitration in Switzerland, 2. Aufl. 2010, S. 87 f. Rz. 316 f.; BERTI, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 8 zu Art. 7 IPRG ; LIATOWITSCH, Die Anwendung der Litispendenzregeln von Art. 9 IPRG durch schweizerische Schiedsgerichte: Ein Paradoxon?, ASA Bulletin 2001 S. 422 ff., 434 Fn. 36; POUDRET, Exception d'arbitrage et litispendance en droit suisse, ASA Bulletin 2007 S. 230 ff., 232-236; POUDRET/BESSON, Comparative Law of International Arbitration, 2. Aufl. 2007, S. 431-434 Rz. 502-504; zustimmend dagegen GAILLARD, L'effet négatif de la compétence-compétence, in: Etudes BGE 138 III 681 S. 685 de procédure et d'arbitrage en l'honneur de Jean-François Poudret, 1999, S. 387 ff., 393 f.; derselbe , La reconnaissance, en droit suisse, de la seconde moitié du principe d'effet négatif de la compétence-compétence, in: Liber Amicorum in honour of Robert Briner, 2005, S. 311 ff., 322 f.; KAUFMANN-KOHLER/RIGOZZI, Arbitrage international, 2. Aufl. 2010, S. 247 Rz. 443; MAYER, Die Überprüfung internationaler Schiedsvereinbarungen durch staatliche Gerichte (...), ASA Bulletin 1996, S. 361 ff., 363, 379; PFISTERER/SCHNYDER, International Arbitration in Switzerland, 2012, S. 44; vgl. nun auch WENGER/SCHOTT, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 2. Aufl. 2007, N. 7a f. zu Art. 186 IPRG ). Das Bundesgericht hat die in BGE 122 III 139 E. 2b begründete Rechtsprechung seither wiederholt bestätigt (Urteile 4A_436/2007 vom 9. Januar 2008 E. 3; 4C.44/1996 vom 31. Oktober 1996 E. 2; vgl. auch Urteil 4A_279/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 2). Gerechtfertigt ist die in diesem Stadium beschränkte Kognition des staatlichen Gerichts dadurch, dass später im Rahmen der Anfechtung des Schiedsspruchs die staatliche Rechtsmittelinstanz mit voller Kognition überprüfen kann, ob sich das Schiedsgericht zu Recht für zuständig oder unzuständig erklärt hat ( Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG ). Daher ist es richtig, wenn das staatliche Gericht bei der Beurteilung einer Schiedseinrede aufgrund einer beschränkten Prüfung der Wirksamkeit und Erfüllbarkeit der Schiedsvereinbarung im Zweifel zu Gunsten des Schiedsgerichts entscheidet. Zu erwähnen bleibt, dass auf den 1. Januar 2011 für den Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit Art. 61 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO; SR 272) in Kraft getreten ist, gemäss dem das angerufene staatliche Gericht, wenn die Parteien über eine schiedsfähige Streitsache eine Schiedsvereinbarung getroffen haben, sich für unzuständig zu erklären hat, es sei denn, die Schiedsvereinbarung sei "offensichtlich ungültig oder nicht erfüllbar" (lit. b). Damit wurde nach verbreiteter Ansicht die für Art. 7 lit. b IPRG geltende Rechtsprechung für den Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit kodifiziert (s. DOMEJ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 3 zu Art. 61 ZPO ; MÜLLER-CHEN, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, 2010, N. 13 zu Art. 61 ZPO ; STACHER, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Kommentar, 2011, N. 11 zu Art. 61 ZPO ; anders SCHWEIZER, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 11 und 17 zu Art. 61 ZPO ). Jedenfalls ist dem staatlichen Richter im Bereich der Binnenschiedsgerichtsbarkeit nun durch explizite BGE 138 III 681 S. 686 Gesetzesbestimmung Zurückhaltung bei der Prüfung der Schiedsvereinbarung auferlegt (vgl. auch die am 20. März 2008 eingereichte parlamentarische Initiative von Nationalrat Lüscher, welche die lediglich summarische Prüfungsbefugnis des staatlichen Gerichts für den Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, unabhängig vom Sitz des Schiedsgerichts, im Text von Art. 7 IPRG verankern möchte). An der dargelegten Rechtsprechung zu Art. 7 lit. b IPRG ist vor diesem Hintergrund festzuhalten. Das staatliche Gericht, das eine Schiedsvereinbarung zugunsten eines Schiedsgerichts mit Sitz in der Schweiz zu beurteilen hat, darf und muss folglich auch weiterhin bloss summarisch prüfen, ob diese seine eigene Zuständigkeit für die eingeklagten Ansprüche ausschliesst. Dies bedeutet, dass sich das Gericht nur für zuständig erklären darf, wenn zwischen den Parteien offensichtlich keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt. Die beklagte Partei obsiegt mithin bereits dann, wenn die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts auf den ersten Blick als durch die Schiedsvereinbarung derogiert erscheint. 3.3 Die beschränkte Kognition des staatlichen Richters betrifft nicht nur die Konstellation, in der das Zustandekommen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung umstritten ist, sondern auch den Fall, dass Uneinigkeit darüber besteht, ob sich die Schiedsvereinbarung auf die vor dem staatlichen Gericht geltend gemachten Ansprüche erstreckt. Denn auch die Frage der inhaltlichen Tragweite der Schiedsvereinbarung kann später im Rahmen der Anfechtung des Schiedsspruchs gemäss Art. 190 Abs. 2 lit. b IPRG überprüft werden ( BGE 116 II 639 E. 3 S. 642; Urteil 4A_210/2008 vom 29. Oktober 2008 E. 3.1), weshalb dem staatlichen Gericht auch insofern bei der Beurteilung einer Schiedseinrede nur eine summarische Prüfungsbefugnis zusteht (Urteil 4A_436/2007 vom 9. Januar 2008 E. 3). Die Vorinstanz hat die Frage, ob die streitgegenständlichen Ansprüche respektive Anspruchsgrundlagen von der vorliegenden Schiedsvereinbarung erfasst sind, soweit erkennbar frei geprüft. Nachfolgend ist zu untersuchen, ob die gebotene summarische Prüfung zu einem abweichenden Ergebnis geführt hätte und ob die Vorinstanz somit im Ergebnis Bundesrecht verletzt hat. 4. (...) 4.4 Aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung (E. 3) vermag die Auffassung der Vorinstanz, die Schiedsvereinbarung erstrecke sich nicht auf die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten BGE 138 III 681 S. 687 alternativen Anspruchsgrundlagen ("anderes Auftragsverhältnis" respektive "Geschäftsführung ohne Auftrag"), nicht zu überzeugen: Ist wie hier unbestritten, dass eine Schiedsvereinbarung vorliegt, so besteht kein Anlass zu einer besonders restriktiven Auslegung. Vielmehr ist dem Anliegen der Parteien Rechnung zu tragen, die Streitsache durch ein Schiedsgericht entscheiden zu lassen ( BGE 129 III 675 E. 2.3 S. 681). In diesem Sinne ist, wenn die Parteien schon eine Schiedsabrede getroffen haben, davon auszugehen, dass sie eine umfassende Zuständigkeit des Schiedsgerichts wünschen ( BGE 116 Ia 56 E. 3b mit Hinweisen). Wenn eine Schiedsvereinbarung so formuliert ist, dass sie auch die sich "im Zusammenhang mit dem" Vertrag ergebenden Streitigkeiten erfassen soll, muss dies nach Treu und Glauben so verstanden werden, dass die Parteien nicht wünschten, über die aus ihrer vertraglich geregelten Beziehung resultierenden Ansprüche unter verschiedenen Rechtstiteln einerseits vor dem Schiedsgericht und andererseits vor staatlichen Gerichten zu prozessieren. Vielmehr ist im Sinne des mutmasslichen Parteiwillens davon auszugehen, dass die Parteien alle Ansprüche, die sich aus dem vom Vertrag geregelten Sachverhalt ergeben oder diesen unmittelbar berühren, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten (vgl. Urteil 4A_220/2007 vom 21. September 2007 E. 6.2; WENGER/SCHOTT, a.a.O., N. 35 zu Art. 178 IPRG ). Inhaltlich macht die Beschwerdegegnerin vor der Vorinstanz Ansprüche aus einer Geschäftsbeziehung geltend, deren Zweck darin bestand, dass die Beauftragten eine Stiftung nach panamaischem Recht errichten, deren von der Auftraggeberin (Beschwerdegegnerin) eingebrachten Vermögenswerte durch die Vermögensverwalterin (Beschwerdeführerin) verwaltet werden. Die Beschwerdegegnerin betraute die Beschwerdeführerin "als Vermögensverwalterin mit allgemeiner Vollmacht". Die Ansprüche der Beschwerdegegnerin, die damit begründet werden, dass die Beschwerdeführerin instruktionslos die Auflösung der Stiftung veranlasst habe, weshalb die Stiftung den durch die unsorgfältige Vermögensverwaltung der Beschwerdeführerin entstandenen Schaden sowie die Ansprüche auf Herausgabe und Rechenschaftsablage nicht mehr geltend machen könne, betreffen ohne Weiteres dieses vertraglich begründete Dreiparteienverhältnis und stehen somit im Zusammenhang mit dem Mandats- und Treuhandvertrag, unabhängig davon, ob sie nun auf diesen selbst oder auf eine BGE 138 III 681 S. 688 andere vertragliche oder ausservertragliche Grundlage gestützt werden. Für eine gemeinsame Behandlung der von der Beschwerdegegnerin geltend gemachten Ansprüche betreffend die Verwaltung des Stiftungsvermögens sprechen auch praktische Gründe, da voraussichtlich unter den verschiedenen Titeln jeweils zu prüfen sein wird, ob die Beschwerdeführerin in Verletzung ihrer Sorgfalts- und Treuepflichten das Stiftungsvermögen geschädigt hat. Da die Beschwerdegegnerin auch nicht geltend macht, mit Bezug auf das behauptete "andere Auftragsverhältnis" sei explizit eine abweichende Zuständigkeit vereinbart worden, fallen diese Ansprüche somit zumindest auf den ersten Blick ohne Weiteres in den weiten Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung. Nach summarischer Prüfung der Schiedsvereinbarung ist folglich davon auszugehen, dass die Parteien mutmasslich auch die von der Beschwerdegegnerin auf ein anderes Auftragsverhältnis oder Geschäftsführung ohne Auftrag gestützten Ansprüche gegen die Beschwerdeführerin, die sich auf das Vermögen der Stiftung beziehen, der ausschliesslichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts zuweisen wollten. Indem die Vorinstanz befand, die Beurteilung der das Vermögen der Stiftung betreffenden Ansprüche falle nicht unter die Schiedsvereinbarung, insoweit diese nicht aus dem Mandats- und Treuhandvertrag abgeleitet würden, und in diesem Umfang die Unzuständigkeitseinrede der Beschwerdeführerin abwies, hat sie Art. 7 lit. b IPRG verletzt. Die Beschwerde ist somit gutzuheissen, und Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids ist aufzuheben und insoweit neu zu fassen, als auf die Klage in Bezug auf die Ansprüche der Beschwerdegegnerin, welche die Verwaltung des Vermögens der Stiftung betreffen, nicht eingetreten wird.
null
nan
de
2,012
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
85793044-b3c9-485a-82d3-2c6120e34f8c
Urteilskopf 87 II 107 15. Urteil der I. Zivilabteilung vom 9. Mai 1961 i.S. Narok AG gegen Müller.
Regeste 1. Art. 6 Abs. 3 MSchG . Wann weichen die mit gleichen oder ähnlichen Marken gezeichneten Erzeugnisse gänzlich voneinander ab? (Erw. 1-3). 2. Art. 24 MSchG . Voraussetzungen und Umfang des Unterlassungsanspruchs aus Markenrecht (Erw. 4 Abs. 1). 3. Art. 29 ZGB . Wer eine Sache unbefugterweise mit einem fremden Namen bezeichnet, masst sich diesen an (Erw. 4 Abs. 2). 4. Art. 2 U WG. Ein nach Art. 24 MSchG und Art. 29 Abs. 2 ZGB bestehender Unterlassungsanspruch ist nicht ausserdem nach Art. 2 UWG zu schützen (Erw. 4 Abs. 3). 5. Art. 292 StGB . Die Strafe ist in der Verfügung von Amtes wegen anzudrohen (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 87 II 107 S. 107 A.- Das "Narok"-Kaffee-Versandgeschäft liess im Jahre 1934 beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum BGE 87 II 107 S. 108 zum Gebrauch für Kaffee und verwandte Artikel die Marke Narok registrieren. Am 18. Januar 1949 wurde sie unter Nr. 127'780 für "Nahrungs- und Genussmittel, insbesondere Kaffee und Tee" zugunsten der Narok AG erneuert. Diese verwendet sie für Kaffee und Tee. Am 28. August 1959 hinterlegte Viktor Müller beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum die gleich lautende Marke Nr. 176'955 für "Kaffeemühlen und Haushaltgeräte". Wiederholter Aufforderung der Narok AG, sie löschen zu lassen, entsprach er nicht. B.- Am 6. Mai 1960 klagte die Narok AG gegen Müller beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt unter anderem mit den Begehren: 1. festzustellen, dass die Marke Nr. 176'955 nichtig sei; 2. Müller die weitere Verwendung der Bezeichnung Narok "als Marke, als Name oder in anderer Weise zu verbieten". Das Zivilgericht wies am 23. Dezember 1960 die Klage entsprechend dem Antrage des Beklagten ab. C.- Die Klägerin hat die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Sie hält an den erwähnten zwei Begehren fest und beantragt subsidiär, die Sache zur Neubehandlung an das Zivilgericht zurückzuweisen. Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Wenn die Erzeugnisse, für die zwei Fabrik- oder Handelsmarken bestimmt sind, nicht ihrer Natur nach gänzlich voneinander abweichen, muss sich die später hinterlegte Marke von der schon eingetragenen durch wesentliche Merkmale unterscheiden ( Art. 6 Abs. 1 und 3 MSchG ). Erzeugnisse weichen nicht schon dann gänzlich voneinander ab, wenn sie auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht miteinander verwechselt werden können, sondern nur dann, wenn die letzten Abnehmer vermutlich nicht annehmen, der Inhaber der früher hinterlegten Marke habe auch die BGE 87 II 107 S. 109 mit der übereinstimmenden oder ähnlichen Marke versehenen Erzeugnisse des andern hergestellt oder auf den Markt gebracht ( BGE 33 II 451 , BGE 38 II 708 f., BGE 56 II 404 ff., BGE 62 II 64 , BGE 65 II 207 , BGE 77 II 333 f., BGE 84 II 319 ). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, denn sie beruht auf dem zutreffenden Gedanken, dass die einem bestimmten Hersteller oder Händler zustehende Marke in erster Linie als Hinweis auf die Herkunft aus seinem Geschäfte und nur in zweiter Linie, nämlich wenn ein und derselbe Geschäftsinhaber verschiedene Marken verwendet, ausserdem zur Unterscheidung seiner Erzeugnisse dient ( Art. 1 Ziff. 2 MSchG ). Der Markeninhaber ist nicht nur daran interessiert, dass der Käufer die Erzeugnisse des andern nicht mit den seinen verwechsle, sondern er hat auch ein berechtigtes Interesse, nicht als Hersteller oder Lieferant von Warenarten angesehen zu werden, die er selber nicht anbietet; denn sonst könnte der Ruf seines Geschäftes durch den Ruf der Erzeugnisse des andern beeinträchtigt werden. 2. Ob zwei Arten von Erzeugnissen sich unter dem erwähnten Gesichtspunkt genügend voneinander unterscheiden, hängt von den Umständen des einzelnen Falles ab. Die Frage ist nicht leichthin zu bejahen. Im Interesse des Inhabers der älteren Marke hängt die Anwendung der Ausnahmebestimmung des Art. 6 Abs. 3 MSchG von strengen Voraussetzungen ab ( BGE 77 II 332 ). Das ergibt sich daraus, dass die Erzeugnisse "gänzlich" voneinander abweichen müssen. Die jüngere Marke kann so gewählt werden, dass sie sich von der älteren genügend unterscheidet, wenn die Natur der Erzeugnisse im Falle der Verwendung gleicher oder ähnlicher Marken den Gedanken aufkommen lassen könnte, sie stammten aus dem gleichen Geschäfte. Der Inhaber der jüngeren Marke hat daher kein schützenswertes Interesse, diese der früher hinterlegten Marke anzugleichen, wenn die Erzeugnisse ihrer Natur nach auch nur entfernt zur Annahme verleiten könnten, sie seien gleicher Herkunft. Er verdient bei der Beurteilung BGE 87 II 107 S. 110 der Frage, ob die Erzeugnisse gänzlich voneinander abweichen, um so weniger Nachsicht, je mehr die beiden Marken einander gleichen ( BGE 84 II 319 f.). Bei vollständiger Übereinstimmung der Marken ist Strenge ganz besonders am Platze. 3. Im vorliegenden Falle stimmen beide Marken miteinander vollständig überein. Die Gefahr, dass die Erzeugnisse des Beklagten für solche der Klägerin gehalten werden, ist daher gross. Sie wird noch gefördert durch den Umstand, dass das Wort Narok auch Bestandteil der Firma der Klägerin ist und dass es als reine Phantasiebezeichnung über die Beschaffenheit der Ware nichts aussagt, also von der Klägerin wie für Nahrungs- und Genussmittel, besonders Kaffee und Tee, an sich ebensogut für Kaffeemühlen und Haushaltgeräte verwendet werden könnte. Die Erzeugnisse beider Gruppen werden im täglichen Verkehr von Personen des gleichen Kreises, vorwiegend von Hausfrauen, gekauft. Die Kaffeemühlen und andern Haushaltgeräte dienen, wenn auch nur mittelbar, der Befriedigung der gleichen Bedürfnisse wie die Nahrungs- und Genussmittel, denn mit ihrer Hilfe werden diese zubereitet oder vom Menschen aufgenommen. Der Gedanke, dass ein und derselbe Geschäftsinhaber Nahrungs- und Genussmittel und die zu ihrer Zubereitung oder Aufnahme geeigneten Haushaltgeräte herstelle oder auf den Markt bringe, liegt nicht fern. Diesen Schluss kann namentlich ziehen, wer weiss, dass einerseits Kaffee und anderseits Kaffeemühlen unter der gleichen Marke in den Handel kommen. In erster Linie für Kaffee verwendet die Klägerin sie, und besonders Kaffeemühlen will der Beklagte mit dem gleichen Zeichen versehen. Die Abnehmer der einen und jene der anderen Gattung wissen über die Herkunft der beiden Gruppen von Erzeugnissen wenig oder nichts und pflegen beim Einkauf nicht darnach zu fragen. Um so eher sind sie geneigt, aus der Übereinstimmung der Marken auf gleiche Herkunft zu schliessen. Die Warengattung "Kaffeemühlen und Haushaltgeräte" weicht daher ungenügend von der Gattung BGE 87 II 107 S. 111 "Nahrungs- und Genussmittel, insbesondere Kaffee und Tee" ab, um unter der gleichen Marke in Verkehr gebracht werden zu dürfen wie diese. Da die Klägerin die Marke Narok früher hinterlegt hat als der Beklagte, ist die zugunsten des Beklagten erfolgte Eintragung Nr. 176'955 nichtig. 4. Der Beklagte hat behauptet, er habe die Marke Narok bis jetzt noch nicht verwendet, und die Klägerin gibt zu, noch keine Verwendung festgestellt zu haben. Darauf kommt nichts an. Indem der Beklagte die Marke beim Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum hinterlegte und die von der Klägerin begehrte Löschung wiederholt ablehnte, bekundete er, dass er das Wort Narok in seinem Geschäfte gebrauchen wolle. Das Begehren auf Unterlassung ist daher grundsätzlich begründet ( BGE 58 II 172 , BGE 84 II 322 ). Immerhin ist es nur beschränkt gutzuheissen, nämlich in dem Sinne, dass dem Beklagten die Verwendung des Wortes Narok zur Bezeichnung von Kaffeemühlen und Haushaltgeräten verboten wird; denn dass er auch andere Erzeugnisse so nennen wolle, hat er nicht kundgegeben. Zu verbieten ist ihm nicht nur der markenmässige, sondern auch jeder andere Gebrauch des Wortes Narok zur Bezeichnung von Kaffeemühlen und Haushaltgeräten, z.B. die Verwendung in Geschäftsbriefen oder in der Reklame. Soweit das Begehren auf Unterlassung markenmässigen Gebrauches geht, ist es auf Grund des Art. 24 MSchG gutzuheissen. Anderweitiger Gebrauch würde nicht gegen das Markenschutzgesetz verstossen ( BGE 60 II 255 ), wohl aber das Recht der Klägerin an ihrem Namen verletzen ( Art. 29 Abs. 2 ZGB ); denn eine Namensanmassung kann nach der Rechtsprechung unter anderem darin bestehen, dass jemand eine Sache unbefugterweise mit dem Namen eines andern bezeichnet ( BGE 80 II 140 ). Wenn Kaffeemühlen oder andere Haushaltgeräte im Geschäftsverkehr des Beklagten mit dem Worte Narok benannt würden, könnte das Publikum meinen, sie stammten von BGE 87 II 107 S. 112 der Klägerin. Das braucht sich diese nicht gefallen zu lassen. Der Unterlassungsanspruch aus unlauterem Wettbewerb würde voraussetzen, dass der Beklagte sich im wirtschaftlichen Wettbewerb unlauter verhalten habe ( Art. 2 UWG ). Ob eine Wettbewerbshandlung schon darin lag, dass er die Marke vom Eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum registrieren liess, oder ob von Wettbewerb nur die Rede sein könnte, wenn behauptet und bewiesen wäre, dass der Beklagte seine Erzeugnisse unter der Bezeichnung Narok anbot oder absetzte, kann offen bleiben. Da der Unterlassungsanspruch teils nach Art. 24 MSchG , teils nach Art. 29 Abs. 2 ZGB begründet ist, fehlt der Klägerin ein rechtliches Interesse daran, dass er auch noch auf Grund des Art. 2 UWG geschützt werde. 5. Die Klägerin hat nicht ausdrücklich verlangt, dass dem Beklagten für den Fall der Widerhandlung gegen das richterliche Verbot die in Art. 292 StGB vorgesehene Strafe angedroht werde. Das hat jedoch von Amtes wegen zu geschehen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- In grundsätzlicher Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Zivilgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 23. Dezember 1960 aufgehoben. 2.- Es wird festgestellt, dass die vom Beklagten unter Nr. 176'955 am 28. August 1959 im Register der Fabrik- und Handelsmarken eingetragene Marke Narok nichtig ist. 3.- Dem Beklagten wird unter der Androhung von Haft oder Busse nach Art. 292 StGB untersagt, für Kaffeemühlen und Haushaltgeräte die Bezeichnung Narok als Marke, als Name oder in anderer Weise zu verwenden.
public_law
nan
de
1,961
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
857bf558-c704-46d5-8d28-474faa55e70a
Urteilskopf 141 III 433 58. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Versicherung B. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_178/2015 vom 11. September 2015
Regeste Art. 168 Abs. 1 ZPO ; Beweismittel; Privatgutachten. Ein Privatgutachten stellt kein Beweismittel i.S.v. Art. 168 Abs. 1 ZPO dar (E. 2).
Erwägungen ab Seite 433 BGE 141 III 433 S. 433 Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer (Versicherter A.) rügt, die Vorinstanz habe zu Unrecht auf das von Dr. med. C. erstellte Parteigutachten der Beschwerdegegnerin (Versicherung B. AG) abgestellt und gestützt darauf als überwiegend wahrscheinlich erachtet, dass ab 1. Oktober 2011 keine relevante Arbeitsunfähigkeit mehr bestanden habe. 2.1 Der Vorinstanz lagen vier ärztliche Beurteilungen des gesundheitlichen Zustands des Beschwerdeführers und dessen Arbeits(un) fähigkeit vor. Dr. med. C. verfasste ein Gutachten im Auftrag der Beschwerdegegnerin. Darin kam er zum Schluss, eine relevante Arbeitsunfähigkeit lasse sich aus rein psychiatrisch-psychotherapeutischer Sicht nicht begründen. Pract. med. E. behandelte den Beschwerdeführer ab dem 17. Mai 2011 und hielt in einem Bericht vom 16. Mai 2012 fest, es sei dem Beschwerdeführer zumutbar, mit einem Arbeitsversuch von ein bis zwei Stunden in einer angepassten Tätigkeit BGE 141 III 433 S. 434 im geschützten, ruhigen Rahmen zu beginnen und den zeitlichen Umfang langsam zu steigern. Das Zentrum D. verfasste ein interdisziplinäres Gutachten vom 1. August 2013. Darin attestiert der psychiatrische Gutachter Dr. med. F. aufgrund einer posttraumatischen Belastungsstörung seit Dezember 2009 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit. Die IV-Stelle Aargau unterbreitete die Akten Dr. med. G. Dieser kam in einer konsiliarischen Aktenbeurteilung vom 13. November 2013 zum Schluss, der Beschwerdeführer weise eine Arbeitsfähigkeit von rund 40-50 % auf. Die Vorinstanz würdigte die vorliegenden Gutachten und den Bericht. Sie erachtete als nachvollziehbar, dass Dr. med. C. beim Beschwerdeführer keine relevante Arbeitsunfähigkeit für gegeben erachtet habe. Darauf sei abzustützen; dies auch in Würdigung des Umstands, dass es sich dabei um ein Parteigutachten handle. In dieser Hinsicht stützte sich die Vorinstanz auf BGE 125 V 351 E. 3b/dd S. 353, wonach der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht werde, nicht Zweifel an ihrem Beweiswert rechtfertige. Die Vorinstanz stellte somit auf das Gutachten von Dr. med. C. ab und erachtete es als überwiegend wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer ab 1. Oktober 2011 keine relevante Arbeitsunfähigkeit aufgewiesen habe. Damit habe dieser keinen Anspruch auf Leistung von Krankentaggeldern. 2.2 Dagegen bringt der Beschwerdeführer vor, beim Gutachten von Dr. med. C. handle es sich nicht um ein neutrales Gutachten, sondern um ein Parteigutachten. Ein solches gelte zivilprozessual als blosse Parteibehauptung, nicht aber als Beweismittel, was das Bundesgericht in BGE 132 III 83 E. 3.4 festgehalten habe. Die von der Vorinstanz zitierte sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung sei weder direkt noch analog anwendbar, weil die Beschwerdegegnerin nicht als eine mit hoheitlicher Gewalt ausgestattete Verwaltungsbehörde zur Neutralität verpflichtet sei und den notwendigen Sachverhalt auch nicht von Amtes wegen abzuklären habe. Vielmehr nehme sie als Privatversicherin schon bei der Sachverhaltsermittlung ihre Parteiinteressen wahr. Es sei offensichtlich unhaltbar, dass sich die Vorinstanz auf eine blosse Parteibehauptung ohne Beweiswert stütze. Die Beschwerdegegnerin macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe richtig festgehalten, dass am Beweiswert des Privatgutachtens nicht allein deshalb zu zweifeln sei, weil es von einer Partei eingeholt worden sei. Die Beschwerdegegnerin verweist auf das BGE 141 III 433 S. 435 Urteil des Bundesgerichts 4A_505/2012 vom 6. Dezember 2012, das auch auf (den vorinstanzlich zitierten) BGE 125 V 351 hinweise. 2.3 In BGE 125 V 351 hat das Bundesgericht was folgt ausgeführt: Was Parteigutachten anbelangt, rechtfertigt der Umstand allein, dass eine ärztliche Stellungnahme von einer Partei eingeholt und in das Verfahren eingebracht wird, nicht Zweifel an ihrem Beweiswert (E. 3b/dd S. 353). Auch ein Parteigutachten enthält mithin Äusserungen eines Sachverständigen, welche zur Feststellung eines medizinischen Sachverhalts beweismässig beitragen können (E. 3c S. 354). Daraus folgt indessen nicht, dass ein solches Gutachten den gleichen Rang wie ein vom Gericht oder von einem Unfallversicherer nach dem vorgegebenen Verfahrensrecht eingeholtes Gutachten besitzt. Es verpflichtet indessen - wie jede substanziiert vorgetragene Einwendung gegen ein solches Gutachten - den Richter, den von der Rechtsprechung aufgestellten Richtlinien für die Beweiswürdigung folgend, zu prüfen, ob es in rechtserheblichen Fragen die Auffassungen und Schlussfolgerungen des vom Gericht oder vom Unfallversicherer förmlich bestellten Gutachters derart zu erschüttern vermag, dass davon abzuweichen ist. Diese Rechtsprechung hat ihren Ursprung beim (damaligen) Eidgenössischen Versicherungsgericht (vgl. LUCREZIA GLANZMANN, Der Beweiswert medizinischer Erhebungen im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005 S. 77). Die in BGE 125 V 351 enthaltenen Erwägungen wurden bis heute denn auch primär in Urteilen der beiden sozialversicherungsrechtlichen Abteilungen bestätigt (vgl. etwa Urteile 9C_49/2014 vom 29. Oktober 2014 E. 4.1; 8C_892/2013 vom 27. März 2014 E. 5.3.2), fanden aber auch Eingang in Urteile anderer Abteilungen (vgl. etwa BGE 137 II 266 E. 3.2 S. 270 f.; Urteil 4A_505/2012 vom 6. Dezember 2012 E. 3.6). Gleichzeitig hat das Bundesgericht immer wieder bestätigt, dass Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist ( BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29; BGE 140 III 16 E. 2.5 S. 24; BGE 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; BGE 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.). 2.4 Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerin stützen sich auf BGE 125 V 351 und erachten das Abstützen auf das von der Beschwerdegegnerin eingeholte Privatgutachten von Dr. med. C. als zulässig, während der Beschwerdeführer mit Hinweis auf die ebenfalls publizierte Rechtsprechung, wonach Parteigutachten blosse BGE 141 III 433 S. 436 Parteibehauptungen seien, das Vorgehen der Vorinstanz als unzulässig erachtet. Es besteht daher Anlass zur Klarstellung, was in Verfahren nach der ZPO gilt, die für Streitigkeiten aus der Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung (auch vor den Versicherungsgerichten) die massgebliche Verfahrensordnung bildet ( BGE 138 III 558 E. 3.2 S. 561). 2.5 2.5.1 Nach Art. 168 Abs. 1 ZPO sind als Beweismittel zulässig: Zeugnis (lit. a), Urkunde (lit. b), Augenschein (lit. c), Gutachten (lit. d), schriftliche Auskunft (lit. e) sowie Parteibefragung und Beweisaussage (lit. f). Diese Aufzählung ist abschliessend; im Zivilprozessrecht besteht insofern ein numerus clausus der Beweismittel (Urteil 5A_957/2012 vom 28. Mai 2013 E. 2; Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7320Ziff. 5.10.3). Vorbehalten bleiben nach Art. 168 Abs. 2 ZPO lediglich die Bestimmungen über Kinderbelange in familienrechtlichen Angelegenheiten. In seiner Botschaft zur ZPO gesteht der Bundesrat zu, dass eine abschliessende Aufzählung zulässiger Beweismittel auf den ersten Blick den Kernprinzipien des Beweisrechts (Recht auf Beweis, freie Beweiswürdigung nach Art. 157 ZPO ) zu widersprechen scheint; die Rechtssicherheit und das Gebot eines fairen Verfahrens gebieten jedoch eine klare Aussage des Gesetzes darüber, wie, wann und mit welchen Mitteln Beweis zu führen sei (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7320 Ziff. 5.10.3). 2.5.2 Aus dem Begriff "Gutachten" ( Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO ) alleine lässt sich noch nicht ableiten, ob darunter auch ein Privatgutachten zu subsumieren ist. Systematisch sind indessen Art. 183 ff. ZPO zu berücksichtigen, die das Gutachten als Beweismittel näher regeln. Nach Art. 183 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann das Gericht auf Antrag einer Partei oder von Amtes wegen bei einer oder mehreren sachverständigen Personen ein Gutachten einholen (Hervorhebung hinzugefügt). Aus der Gesetzessystematik wird mithin klar, dass Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO einzig vom Gericht eingeholte Gutachten als Beweismittel zulässt. Diese Auslegung wird gestützt von den Materialien. Neben dem gerichtlich bestellten Gutachten ( Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO ) sah der Vorentwurf explizit auch das Privatgutachten vor (Art. 182 des Vorentwurfs von 2003 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung). Aufgrund der Kritik in der Vernehmlassung wurde in der Folge auf dieses Beweismittel verzichtet; Privatgutachten bleiben nach der Botschaft BGE 141 III 433 S. 437 zwar zulässig, aber nicht als Beweismittel, sondern nur als Parteibehauptungen (Botschaft zur ZPO, BBl 2006 7325 zu Art. 180-185). 2.5.3 Nach einem Teil der Lehre sollen Privatgutachten dem Gericht als Urkunden i.S.v. Art. 168 Abs. 1 lit. b und Art. 177 ff. ZPO eingereicht werden dürfen (BINDER/GUTZWILER, Das Privatgutachten - eine Urkunde gemäss Art. 177 ZPO , ZZZ 2013 S. 171 ff.; HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2. Aufl. 2015, S. 149; THOMAS WEIBEL, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 3 f. zu Art. 177 ZPO ; wohl auch HANS SCHMID, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2014, N. 18 zu Art. 183 ZPO ). Entgegen dieser Ansicht ist es nicht möglich, ein Privatgutachten unter dem Titel der Urkunde doch noch als Beweismittel für die inhaltliche Richtigkeit der im Gutachten enthaltenen Aussagen in das Verfahren einzubringen. Denn der Gesetzgeber lehnte das Privatgutachten als Beweismittel i.S.v. Art. 168 Abs. 1 ZPO allgemein und nicht nur als Gutachten i.S.v. Art. 168 Abs. 1 lit. d ZPO ab (in diesem Sinn auch DAVID RÜETSCHI, Das Parteigutachten unter der neuen ZPO, Unter Berücksichtigung der geografischen Marke, in: Festschrift für J. David Meisser zum 65. Geburtstag, 2012, S. 16 f.; SVEN RÜETSCHI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 35 zu Art. 183 ZPO ; MÜLLER/ZINGG, Der Beizug von Sachverständigen im Zivilprozess aus anwaltlicher Sicht, ZBJV 2009 S. 651 Fn. 87; vgl. auch ANNETTE DOLGE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2. Aufl. 2013, N. 12 zu Art. 177 ZPO ; KILIAN PERROULAZ, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 4 zu Art. 183 ZPO ; differenzierend PHILIPPE SCHWEIZER, in: CPC, Code de procédure civile commenté, 2011, N. 4 zu Art. 177 ZPO ). 2.6 Im Zivilprozess stellt ein Privatgutachten somit kein Beweismittel dar. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin gilt mithin die sozialversicherungsrechtliche Rechtsprechung nach BGE 125 V 351 unter dem Anwendungsbereich der ZPO nicht. Vielmehr ist die vom Beschwerdeführer angerufene Rechtsprechung anwendbar, wonach Parteigutachten nicht die Qualität von Beweismitteln, sondern von blossen Parteibehauptungen beizumessen ist ( BGE 140 III 24 E. 3.3.3 S. 29, BGE 140 III 16 E. 2.5 S. 24; BGE 139 III 305 E. 5.2.5 S. 319; BGE 135 III 670 E. 3.3.1 S. 677; BGE 132 III 83 E. 3.6 S. 88 f.). Allerdings ist zu beachten, dass nur Tatsachenbehauptungen bewiesen werden müssen, die ausdrücklich bestritten sind. Bestreitungen sind so konkret zu halten, dass sich bestimmen lässt, welche einzelnen BGE 141 III 433 S. 438 Behauptungen des Klägers damit bestritten werden ( BGE 117 II 113 E. 2 S. 113); die Bestreitung muss ihrem Zweck entsprechend so konkret sein, dass die Gegenpartei weiss, welche einzelne Tatsachenbehauptung sie beweisen muss ( BGE 115 II 1 E. 4 S. 2). Der Grad der Substanziierung einer Behauptung beeinflusst insofern den erforderlichen Grad an Substanziierung einer Bestreitung; je detaillierter einzelne Tatsachen eines gesamten Sachverhalts behauptet werden, desto konkreter muss die Gegenpartei erklären, welche dieser einzelnen Tatsachen sie bestreitet. Je detaillierter mithin ein Parteivortrag ist, desto höher sind die Anforderungen an eine substanziierte Bestreitung. Diese sind zwar tiefer als die Anforderungen an die Substanziierung einer Behauptung (vgl. BGE 117 II 113 E. 2 S. 113 f.; HANS PETER WALTER, in: Berner Kommentar, 2012, N. 204 zu Art. 8 ZGB ; JÜRGEN BRÖNNIMANN, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 15 zu Art. 150 ZPO ); pauschale Bestreitungen reichen indessen nicht aus. Erforderlich ist eine klare Äusserung, dass der Wahrheitsgehalt einer bestimmten und konkreten gegnerischen Behauptung infrage gestellt wird (HANS PETER WALTER, a.a.O., N. 191 zu Art. 8 ZGB ). Parteibehauptungen, denen ein Privatgutachten zugrunde liegt, werden meist besonders substanziiert sein. Entsprechend genügt eine pauschale Bestreitung nicht; die Gegenpartei ist vielmehr gehalten zu substanziieren, welche einzelnen Tatsachen sie konkret bestreitet. Wird jedoch eine Tatsachenbehauptung von der Gegenpartei substanziiert bestritten, so vermögen Parteigutachten als reine Parteibehauptungen diese allein nicht zu beweisen (vgl. BGE 132 III 83 E. 3.5 S. 88). Als Parteibehauptungen mögen sie allenfalls zusammen mit - durch Beweismittel nachgewiesenen - Indizien den Beweis zu erbringen. Werden sie aber nicht durch Indizien gestützt, so dürfen sie als bestrittene Behauptungen nicht als erwiesen erachtet werden. Dies hat die Vorinstanz verkannt, wenn sie vorliegend ein Privatgutachten als Beweismittel zugelassen und einzig gestützt auf dieses Gutachten als bewiesen erachtet hat, dass der Beschwerdeführer im zu beurteilenden Zeitraum arbeitsfähig gewesen sei. Damit hat sie nach dem Gesagten Art. 168 Abs. 1 ZPO verletzt. Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich mithin als begründet.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
857f5cde-a04f-4bb3-ab68-27e8fb17a2e9
Urteilskopf 126 I 219 28. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour de droit public du 28 juin 2000 dans la cause Epoux A. contre Tribunal administratif du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 26 Abs. 1 und Art. 36 Abs. 1 - 3 BV ; Denkmalschutz; Klassifizierung eines Kinosaales als schutzwürdiges Baudenkmal. Denkmalschutz eines Kinosaales: Anforderungen hinsichtlich des öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit (E. 2e-g). Umstände, unter denen die Massnahme verhältnismässig erscheint, wenn sie einerseits die Beibehaltung der bisherigen Nutzung des betreffenden Gebäudes ermöglicht, dessen Eigentümer anderseits dazu verpflichtet, eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit weiterzuführen (E. 2h).
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 126 I 219 S. 220 Les époux A., nés en 1928 et en 1932, sont copropriétaires de la parcelle no 219 du Registre foncier de Carouge. Ce bien-fonds de 371 m2, sis à l'angle de la Place du Marché et de la rue St-Joseph, est classé dans la zone protégée du Vieux-Carouge, régie par les art. 94 à 104 de la loi genevoise sur les constructions et installations diverses, du 14 avril 1988 (LCI/GE), mis en relation avec l' art. 29 let . e de la loi genevoise d'application de la LAT, du 4 juin 1987 (LALAT/GE). La parcelle no 219 est aussi comprise dans le périmètre du plan de site du Vieux-Carouge, au sens de l'art. 95 LCI/GE, mis en relation avec les art. 38 ss de la loi genevoise sur la protection des monuments, de la nature et des sites, du 4 juin 1976 (LPMNS/GE), adopté le 21 juillet 1982 par le Conseil d'Etat du canton de Genève. En 1928, a été construit sur la parcelle no 219 un bâtiment (désigné sous la rubrique A1035) abritant une salle de cinéma de 313 places, à l'enseigne du Capitol jusqu'en 1952, puis du Vox jusqu'en 1972 et du Bio 72 depuis cette époque. Le fronton du cinéma donne sur la rue St-Joseph. La salle, d'un seul niveau en pente, forme un rectangle dont le petit côté se trouve du côté de la rue St-Joseph. Elle est surmontée d'un toit en forme de demi-cylindre. A l'origine, la salle était équipée d'une scène, d'une fosse d'orchestre et d'une buvette. Ultérieurement, la scène a été adaptée aux exigences de l'écran moderne; la fosse a été remplacée par un local abritant des installations électriques; la buvette a été supprimée pour accueillir l'appareillage de climatisation. La salle de projection et le dépôt de films sont installés au-dessus des loges se trouvant au fond de la salle. L'entrée, située à l'angle de la Place du Marché et de la rue St-Joseph, se fait par un tambour vitré donnant accès au guichet de la billetterie. Le 3 mai 1996, l'Association de sauvegarde du Vieux-Carouge - "Le Boulet" (ci-après: l'Association) a demandé au Conseil d'Etat de classer le bâtiment A1035, en application des art. 10 ss LPMNS/GE. Les époux A. se sont opposés au classement, auquel la Ville de Carouge et la Commission cantonale des monuments, de la nature et des sites (ci-après: la Commission cantonale) se sont déclarés favorables. Le 23 juin 1999, le Conseil d'Etat a ordonné le classement du bâtiment A1035. Par arrêt du 8 février 2000, le Tribunal administratif du canton de Genève, après avoir procédé à une inspection locale, a rejeté le BGE 126 I 219 S. 221 recours formé par les époux A. contre l'arrêté de classement du 23 juin 1999. Le Tribunal fédéral a admis le recours de droit public formé par les époux A. contre l'arrêt du 8 février 2000, qu'il a annulé. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Les recourants se plaignent essentiellement de la violation de leur droit de propriété, garanti autrefois par l' art. 22ter aCst. et désormais par l' art. 26 al. 1 Cst. a) Les restrictions à la propriété ne sont compatibles avec la Constitution que si elles reposent sur une base légale, sont justifiées par un intérêt public suffisant et respectent le principe de la proportionnalité (art. 36 al. 1 à 3 Cst.; pour la jurisprudence relative à l' art. 22ter aCst. , cf. ATF 121 I 117 consid. 3b p. 120; ATF 120 Ia 126 consid. 5a p. 142, 270 consid. 3 p. 273; ATF 119 Ia 348 consid. 2a p. 353, et les arrêts cités). b) La LPMNS/GE a notamment pour but de conserver les monuments de l'histoire, de l'art ou de l'architecture (art. 1 let. a LPMNS/GE). L'arrêté de classement, dont la durée est illimitée (art. 11 al. 2 LPMNS/GE), a pour effet que le bâtiment visé ne peut, sans l'autorisation du Conseil d'Etat, être démoli, transformé, réparé, faire l'objet de simples travaux ordinaires d'entretien ou d'un changement dans sa destination (art. 15 al. 1 LPMNS/GE). Le propriétaire est tenu d'entretenir le bâtiment classé (art. 19 LPMNS/GE). L'Etat peut participer aux frais de conservation, d'entretien et de restauration des immeubles classés (art. 22 LPMNS/GE). c) Les restrictions au droit de propriété ordonnées en vue de la protection des monuments répondent en principe à l'intérêt public ( ATF 120 Ia 270 consid. 4a p. 275; ATF 118 Ia 384 consid. 5a p. 388/389; ATF 115 Ia 370 consid. 3a p. 373; 109 Ia 257 consid. 5a p. 259). Celui-ci prévaut, en principe, sur l'intérêt privé lié à une utilisation financière optimale du bâtiment ( ATF 120 Ia 270 consid. 6c p. 285; ATF 109 Ia 257 consid. 5d p. 263). Le classement ne peut être ordonné pour la protection des intérêts d'un cercle privilégié de spécialistes; cette mesure doit satisfaire à des critères larges, objectifs et fondamentaux, répondant aux besoins d'une grande part de la population ( ATF 118 Ia 384 consid. 5a p. 389; ATF 89 I 464 consid. 4b p. 474; arrêt non publié B. du 23 juin 1995, reproduit in: ZBl 97/1996 p. 366 et résumé in: RDAF 1997 1 p. 503, consid. 4b). Le classement d'un bâtiment constituant une restriction grave au droit de propriété BGE 126 I 219 S. 222 ( ATF 118 Ia 384 consid. 4a p. 387), le Tribunal fédéral examine librement la légalité de cette mesure ( ATF 124 I 6 consid. 4b/aa p. 8; ATF 121 I 117 consid. 3b/bb p. 120/121; ATF 119 Ia 88 consid. 5c/bb p. 96, 362 consid. 3a p. 366, et les arrêts cités), ainsi que l'application du droit cantonal, la pesée des intérêts en présence et le respect du principe de la proportionnalité ( ATF 121 I 117 consid. 3b/bb et c p. 120/121; ATF 119 Ia 362 consid. 3a p. 366). Le Tribunal fédéral s'impose toutefois de la retenue particulière dans l'examen de questions d'appréciation ou de circonstances locales, dont les autorités cantonales ont une meilleure connaissance, notamment pour ce qui concerne la protection des monuments ( ATF 120 Ia 270 consid. 3b p. 275; ATF 119 Ia 88 consid. 5c/bb p. 96; ATF 118 Ia 384 consid. 4b p. 388). Le principe de la proportionnalité exige qu'une mesure restrictive soit apte à produire les résultats escomptés et que ceux-ci ne puissent être atteints par une mesure moins incisive; en outre, il interdit toute limitation allant au-delà du but visé et il exige un rapport raisonnable entre celui-ci et les intérêts publics ou privés compromis ( ATF 124 I 40 consid. 3e p. 44/45; ATF 119 Ia 348 consid. 2a p. 353; ATF 118 Ia 394 consid. 2b p. 397). Sous ce dernier aspect (principe de proportionnalité au sens étroit), une mesure de protection des monuments est incompatible avec la Constitution si, dans la pesée des intérêts en présence, elle produit des effets insupportables pour le propriétaire. Savoir ce qu'il en est ne dépend pas seulement de l'appréciation des conséquences financières de la mesure critiquée, mais aussi de son caractère nécessaire: plus un bâtiment est digne d'être conservé, moins les exigences de la rentabilité doivent être prises en compte ( ATF 118 Ia 384 consid. 5e p. 393). d) Les recourants ne contestent pas que la mesure critiquée repose sur une base légale. e) Selon le Tribunal administratif, le classement du bâtiment A1035 serait justifié par le fait que la salle de cinéma aurait conservé, à l'intérieur comme à l'extérieur, ses caractéristiques d'origine. Hormis la modification de la scène, de la fosse et de la buvette, l'aménagement intérieur serait resté inchangé, tant pour ce qui concerne ses éléments décoratifs que sa structure. La salle serait le dernier témoin des cinémas de quartier et un exemple d'une architecture fonctionnaliste moderne au coeur d'un site bâti ancien. Dans le cadre de la présente procédure, les recourants ont renoncé à remettre en cause cette appréciation, même s'ils persistent à penser que le bâtiment ne mérite pas, en tant que tel, d'être protégé. L'existence d'un intérêt public au classement n'étant plus contesté, BGE 126 I 219 S. 223 ce point peut être considéré comme acquis. Il n'en demeure pas moins que personne ne prétend sérieusement que le bâtiment A1035 constituerait, comme tel, un édifice d'une grande valeur architecturale ou artistique qui devrait être sauvegardé à tout prix. Preuve en est qu'il n'a pas été désigné comme bâtiment classé ou maintenu selon le plan de site du Vieux-Carouge. Sans doute, les conceptions en matière de protection des monuments ont-elles évolué au cours des deux dernières décennies, comme le souligne l'arrêt attaqué, dans le sens de protéger non seulement des oeuvres d'art, mais aussi des bâtiments qui sont les témoins caractéristiques d'une époque ou d'un style. Le préavis de la Commission cantonale, l'arrêté de classement et l'arrêt attaqué se fondent sur ces préoccupations nouvelles. Ils restent cependant marqués d'une certaine ambiguïté, dans la mesure où il est difficile de discerner, dans les motifs des autorités cantonales, si le bâtiment A1035 devrait être classé en raison de ses caractéristiques architecturales ou en raison de son affectation comme salle de cinéma de quartier. Il semble que ce dernier élément ait joué un rôle prépondérant, comme le montrent la demande de l'Association, à l'origine de la mesure attaquée, le préavis de la Commission cantonale et les prises de position de la commune. Quoi qu'il en soit, si le bâtiment A1035 peut être digne d'être conservé, ce n'est certainement pas au point d'écarter d'emblée les intérêts économiques des recourants. Sur ce point, la présente cause se distingue des états de fait ayant conduit au prononcé des ATF 118 Ia 384 et 109 Ia 257. f) Les recourants reprochent au Tribunal administratif d'avoir minimisé les intérêts s'opposant au classement et, partant, procédé à une pesée arbitraire des intérêts en présence. Cette argumentation revient à dire que la restriction contestée serait disproportionnée. g) L'arrêté de classement du 23 juin 1999 vise l'intégralité du bâtiment A1035, son enveloppe extérieure comme ses aménagements intérieurs. De l'avis des recourants, l'ensemble des contraintes résultant de la mesure critiquée aurait pour effet de les obliger à maintenir l'affectation du bâtiment comme salle de cinéma, alors même que cette activité serait déficitaire. aa) Le rapport de l'expertise ordonnée dans le cadre de la procédure cantonale indique que le bâtiment A1035 se trouve dans un très mauvais état. Il y a des fuites d'eau, en raison de défauts de l'étanchéité du toit; le système de climatisation ne fonctionne pas; les arcs-boutants du toit sont corrodés; les murs de façade sont dégradés; la cabine de projection est minuscule; l'escalier d'accès n'est pas conforme aux normes applicables; la chaufferie et les installations BGE 126 I 219 S. 224 sanitaires sont obsolètes. Si la stabilité des structures du bâtiment est assurée, des travaux de rénovation sont indispensables, dont l'expert a estimé le coût total à 420'000 fr. Il est constant que ces travaux devront être réalisés de toute manière si le bâtiment est maintenu, quelle que soit son affectation future. L'Etat pourrait participer à ces frais, selon l'art. 22 LPMNS/GE, sans être toutefois obligé de le faire. Le rendement actuel de la salle est médiocre. L'expert tient le loyer annuel, d'un montant de 52'660 fr., pour "ridiculement bas", tout en soulignant qu'il ne peut être augmenté, les recettes étant très faibles: en mars/avril 1998, le taux d'occupation de la salle n'a pas dépassé 7,6%; le film ayant drainé la plus forte affluence a été vu par 2071 spectateurs en 84 séances, soit 25 spectateurs en moyenne par séance. Selon l'expert, une amélioration significative de la rentabilité de la salle ne serait guère envisageable, car les charges d'exploitation resteront lourdes en raison de l'obligation de disposer d'une personne à la caisse et d'un projectionniste. Quant aux perspectives de développement des petites salles de quartier, elles ne sont pas brillantes. Une petite salle, même rénovée, souffrira toujours plus de la concurrence des complexes réunissant plusieurs salles, situés à la périphérie de l'agglomération urbaine; ces établissements offrent en effet de grandes facilités de stationnement, des installations confortables, une programmation diversifiée et bénéficient de coûts réduits en raison du regroupement des salles. En l'espèce, l'existence même du Bio 72 est incertaine, puisque l'actuel locataire de la salle a indiqué aux recourants qu'il ne souhaitait pas renouveler le bail au-delà du terme fixé, soit le 30 avril 2003. Dès cette époque, l'exploitation de la salle ne sera même plus assurée. Les recourants, âgés de soixante-douze et de soixante-huit ans, n'étant pas disposés à reprendre eux-mêmes la gestion de la salle, il n'est pas exclu que celle-ci doive être fermée à moyen terme. bb) Si les recourants entendaient aliéner en l'état le bâtiment classé - sous réserve du droit de préemption de l'Etat et de la commune (art. 24 ss LPMNS/GE) -, ils pourraient escompter un prix de 640'000 fr., correspondant, selon l'expert, à la valeur vénale du bâtiment dont la démolition serait interdite. Encore faudrait-il trouver un acquéreur prêt à payer non seulement ce prix, mais encore celui de la rénovation indispensable d'un bâtiment dont l'affectation ne pourrait être modifiée. Une telle perspective paraît d'autant moins envisageable sérieusement qu'en l'espèce, la collectivité publique semble exclure tout engagement en ce sens. Classer le bâtiment dans son état actuel oblige ainsi, de fait, les recourants à maintenir une BGE 126 I 219 S. 225 salle déficitaire qu'ils n'ont pas les moyens de rénover et qu'ils ne peuvent raisonnablement espérer ni vendre, ni louer à l'expiration du bail en cours. cc) La précarité de la survie du Bio 72 n'a pas échappé aux autorités cantonales. Le Conseil d'Etat, tout en admettant que la rentabilité de la salle était faible au point de rendre difficile, voire impossible, sa rénovation, a considéré que le propriétaire pouvait néanmoins en faire "un usage conforme à sa destination et économiquement rationnel, même si l'avenir de ce type de salle de cinéma présente quelques incertitudes". Quant au Tribunal administratif, il a estimé que la salle du Bio 72 se prêterait "à toutes sortes d'animations culturelles, musicales et artistiques". Ces affirmations ne reposent sur rien et les autorités cantonales ne donnent aucune indication précise quant aux possibilités et aux modalités de l'affectation polyvalente du bâtiment litigieux qu'elles préconisent. Il est d'ailleurs contradictoire d'ordonner un classement intégral - avec la conséquence que tout aménagement, transformation et travail même d'entretien est soumis à l'autorisation du Conseil d'Etat (art. 15 LPMNS/GE) - tout en prétendant que les recourants resteraient libres d'utiliser la salle à leur guise, pour les besoins d'activités complémentaires. Quant à un changement de destination, il paraît exclu d'emblée, l'affectation de la salle au cinéma constituant en l'espèce un élément déterminant du classement. Le bâtiment ne dispose ni de loges, ni de coursives, ni de buvette. La scène et la fosse d'orchestre n'existent plus. On voit mal comment, dans une salle nullement conçue à cet effet, les recourants pourraient organiser les spectacles, les concerts et les conférences qu'évoquent les autorités cantonales - sans parler de l'aménagement du café suggéré par l'Association dans sa réponse du 8 mai 2000. Outre qu'il n'est pas prouvé que ces activités pourraient être conduites parallèlement à la projection de films, rien ne permet de dire qu'elles seraient de nature à procurer aux recourants un revenu conforme à un "usage économique rationnel", selon les termes du Conseil d'Etat. Sur ce point crucial de l'affaire, l'arrêt attaqué repose sur de simples conjectures: là où il aurait fallu s'appuyer sur des faits solidement établis (sur la base, par exemple, d'une expertise complémentaire), le Tribunal administratif s'est contenté d'affirmations catégoriques. En agissant de la sorte, il n'a pas pesé correctement les intérêts en présence, au détriment de ceux des recourants. h) L'autorité qui ordonne le classement d'un bâtiment doit s'entourer de précautions particulières lorsque cette mesure produit BGE 126 I 219 S. 226 concrètement l'effet de maintenir l'affectation du bâtiment et oblige, comme en l'espèce, le propriétaire à poursuivre, même contre son gré, une activité économique déterminée. S'agissant d'une restriction grave au droit de propriété (consid. 2c ci-dessus), l'autorité doit, en premier lieu, établir les faits de telle manière qu'apparaissent clairement toutes les conséquences du classement, tant pour ce qui concerne le bâtiment lui-même et son utilisation future, que le rendement que le propriétaire pourra désormais en escompter. A cette fin, l'autorité et le propriétaire doivent se concerter pour examiner tous les effets du classement, étudier d'éventuelles variantes et solutions alternatives, fixer les modalités, les charges et les conditions de l'utilisation future. Cette obligation de collaboration ne change pas la nature de l'acte de classement, qui n'en devient pas négociable pour autant, et demeure une prérogative exclusive et unilatérale de l'Etat. De même, l'éventuel défaut de coopération du propriétaire dans la phase de l'instruction de la cause n'empêchera pas l'Etat d'ordonner le classement, si l'état de fait est établi clairement et complètement. Cela fait, et après la pesée des intérêts en présence, une mesure de classement est proportionnée, partant compatible avec l' art. 26 al. 1 Cst. , si elle garantit au propriétaire un rendement acceptable. Celui-ci peut soit résulter de la continuation de l'activité économique antérieure, soit d'une reconversion totale ou partielle, pourvu que les frais de celle-ci puissent être raisonnablement mis à la charge du propriétaire. A défaut, l'Etat doit ou renoncer à la mesure de classement envisagée, ou en réduire la portée, ou encore la maintenir, mais à la condition, dans ce dernier cas, de prêter son concours, y compris financier, au changement d'affectation nécessaire, voire à l'exploitation future du bâtiment.
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Federation
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Urteilskopf 112 IV 115 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. August 1986 i.S. F. und C. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 23 Abs. 1 ANAG , Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens; Art. 96 OG , Art. 269 BStP , Art. 73 VwVG . 1. In einem Strafverfahren wegen illegaler Einreise in die Schweiz ist die Rüge, dass eine Verurteilung wegen rechtswidrigen Betretens des Landes gegen Bestimmungen des Flüchtlingsabkommens verstosse, nicht mit der Beschwerde an den Bundesrat, sondern mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht zu erheben (E. 1). 2. Der Richter kann in einem Strafverfahren selber vorfrageweise über die für die strafrechtliche Beurteilung einer bestimmten Handlung wesentliche Frage der Flüchtlingseigenschaft des Angeschuldigten entscheiden, wenn die Asylbehörden darüber noch nicht befunden haben (E. 4a).
Sachverhalt ab Seite 116 BGE 112 IV 115 S. 116 A.- Am 7. März 1985 kontrollierten Beamte der Kantonspolizei St. Gallen in Murg einen Personenwagen mit Mailänder Kontrollschildern. Im Fahrzeug sassen zwei italienische und fünf türkische Staatsangehörige. Die türkischen Staatsangehörigen, die einige Stunden zuvor heimlich in die Schweiz eingereist waren und keine Visa vorweisen konnten, wurden wegen des Verdachts des widerrechtlichen Betretens des Landes in Untersuchungshaft genommen und später, mit Ausnahme von F. und C., die am 13. März 1985 ein Asylgesuch stellten, nach Istanbul ausgeschafft. B.- Am 2. Juli 1985 verurteilte die Gerichtskommission Sargans F. und C. wegen rechtswidrigen Betretens des Landes gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG zu bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafen von acht Tagen, unter Anrechnung der Untersuchungshaft von acht Tagen. Das Kantonsgericht St. Gallen wies die von den beiden Verurteilten dagegen erhobene Berufung am 3. Februar 1986 ab. C.- Die Verurteilten fechten den Entscheid des St. Galler Kantonsgerichts entgegen der darin enthaltenen Rechtsmittelbelehrung nicht mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde, sondern, unter Hinweis auf Art. 73 Abs. 1 lit. b VwVG und BGE 101 IV 375 sowie VPB 1985 Nr. 1, mit Beschwerde beim Bundesrat an. Sie machen geltend, ihre Verurteilung gemäss Art. 23 Abs. 1 BGE 112 IV 115 S. 117 ANAG verstosse gegen Art. 31 Ziff. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951. Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesamt für Justiz vertrat in einem von ihm im Auftrag des EJPD am 12. Mai 1986 eröffneten Meinungsaustausch die Auffassung, der Einwand, dass eine Verurteilung wegen rechtswidrigen Betretens des Landes gegen Art. 31 Ziff. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge verstosse, sei nicht mit der Beschwerde an den Bundesrat, sondern mit der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts zu erheben. Der Kassationshof schloss sich dieser Auffassung in einem Schreiben vom 29. Mai 1986 an. Die in der Beschwerdeschrift erwähnten BGE 101 IV 375 und VPB 1985 Nr. 1 betrafen Fälle der richterlichen Landesverweisung gemäss Art. 55 StGB . Der Kassationshof hielt in einem neuesten Urteil ( BGE 111 IV 12 ) fest, der Strafrichter müsse bei der Anordnung der Nebenstrafe der Landesverweisung nicht prüfen, ob sich diese nach den Bestimmungen des Asylgesetzes überhaupt vollziehen lasse; allenfalls "aus dem Asylrecht" sich ergebende Einwände seien erst in jenem Zeitpunkt zu prüfen, in dem feststeht, dass die angeordnete Landesverweisung vollzogen werden muss; denn bei diesen "asylrechtlichen Argumenten" gehe es "nicht um eigentliche Vorfragen, deren Entscheidung für die Anwendung von Art. 55 StGB notwendig wäre, sondern es handelt sich um Hindernisse, welche gemäss Asylrecht aus humanitären Gründen dem Vollzug einer Landesverweisung im konkreten Fall eventuell entgegenstehen können" ( BGE 111 IV 13 /14). Diesen Gedanken hatte der Kassationshof bereits in seiner Stellungnahme im Rahmen des im Jahre 1984 durchgeführten Meinungsaustauschs mit dem Bundesrat festgehalten (vgl. VPB 1985 Nr. 1 S. 18). Die vorliegend zu beurteilende Frage, ob die beiden türkischen Beschwerdeführer, die sich als Flüchtlinge bezeichnen und Asylanträge gestellt haben, gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG wegen illegaler Einreise verurteilt werden dürfen, kann indessen nicht entschieden werden, ohne dass zuvor geprüft wird, ob die in Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens genannten Voraussetzungen erfüllt sind und damit eine BGE 112 IV 115 S. 118 Bestrafung ausgeschlossen ist. Die Frage der Anwendbarkeit von Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens ist mithin eine echte Vorfrage und daher gemäss Art. 96 Abs. 3 OG (siehe dazu BGE 76 IV 114 ) vom Kassationshof zu entscheiden, der im Verfahren der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde in der Hauptsache (Verurteilung gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG ) zuständig ist. Das von den Beschwerdeführern eingereichte Rechtsmittel wird deshalb als eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof des Bundesgerichts entgegengenommen. 2. Wer rechtswidrig die Schweiz betritt oder darin verweilt, wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Mit dieser Strafe kann Busse bis zu 10'000 Franken verbunden werden; in leichten Fällen kann auch nur auf Busse erkannt werden ( Art. 23 Abs. 1 ANAG ). In die Schweiz Geflüchtete sind straflos, wenn die Art und Schwere der Verfolgung den rechtswidrigen Grenzübertritt rechtfertigen ( Art. 23 Abs. 2 2 . Satz ANAG). Die Beschwerdeführer stellen nicht in Abrede, dass sie die Schweiz rechtswidrig betraten. Sie berufen sich auch nicht auf den Strafausschliessungsgrund gemäss Art. 23 Abs. 2 2 . Satz ANAG. Sie machen aber geltend, Art. 31 Ziff. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 (SR 0.142.30; Flüchtlingsabkommen) schliesse ihre Bestrafung wegen illegaler Einreise in die Schweiz gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG aus. Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens lautet: Die vertragschliessenden Staaten ergreifen wegen illegaler Einreise oder unrechtmässigen Aufenthalts keine Strafmassnahmen gegen Flüchtlinge, die unmittelbar aus einem Gebiet kommen, wo ihr Leben oder ihre Freiheit im Sinne von Artikel 1 bedroht war und sofern sie sich unverzüglich den Behörden stellen und triftige Gründe für ihre illegale Einreise oder Anwesenheit darlegen. Nach Auffassung der Vorinstanz sind mehrere der in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen für den Ausschluss einer strafrechtlichen Verfolgung wegen illegalen Grenzübertritts vorliegend nicht erfüllt. Die Beschwerdeführer können gemäss den Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht als Flüchtlinge im Sinne des Flüchtlingsabkommens betrachtet werden, vermochten zudem keine triftigen Gründe für die illegale Einreise darzulegen und stellten sich schliesslich nach der Einreise nicht unverzüglich den Behörden. 3. Das Kantonsgericht legte unter Berufung auf die Aussagen der Beschwerdeführer im Strafverfahren ausführlich dar, weshalb BGE 112 IV 115 S. 119 diese mit Rücksicht auf ihre Beweggründe für die Einreise in die Schweiz und ihre Situation in der Türkei nicht als Flüchtlinge im Sinne des Flüchtlingsabkommens bezeichnet werden können. Die Beschwerdeführer behaupten zwar, das Kantonsgericht habe ihre Flüchtlingseigenschaft zu Unrecht verneint, sie legen aber überhaupt nicht dar, inwiefern die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Entscheid in der Sache verfehlt seien. Auf die Beschwerde ist daher insoweit mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten. 4. Die Beschwerdeführer machen geltend, die kantonalen Gerichte hätten das Strafverfahren wegen rechtswidrigen Betretens des Landes bis zum Asylentscheid der zuständigen Behörden aussetzen müssen oder, wenn sie vorweg selber im Strafverfahren die Flüchtlingseigenschaft beurteilten, die Akten des vor erster Instanz hängigen Asylverfahrens beiziehen müssen. Diese Einwände sind unbegründet. a) Der Ausländer, dem die Schweiz Asyl gewährt hat, gilt gegenüber allen eidgenössischen und kantonalen Behörden als Flüchtling im Sinne dieses Gesetzes sowie des Flüchtlingsabkommens ( Art. 25 AsylG ). Der Richter ist mithin in einem Strafverfahren wegen rechtswidrigen Betretens des Landes an den positiven Asylentscheid der zuständigen Behörden (siehe Art. 11 AsylG ) gebunden und kann die Flüchtlingseigenschaft nicht erneut überprüfen (anders die Praxis verschiedener Gerichte vor dem Inkrafttreten des Asylgesetzes, siehe Botschaft des Bundesrates, BBl 1977 III 128 mit Hinweis auf BGE 93 II 362 ; VIKTOR LIEBER, Die neuere Entwicklung des Asylrechts im Völkerrecht und Staatsrecht, Diss. ZH 1973, S. 305, 318). Art. 25 AsylG hindert den Richter indessen nicht daran, in einem Strafverfahren selber vorfrageweise über die für die strafrechtliche Beurteilung einer bestimmten Handlung wesentliche Frage der Flüchtlingseigenschaft des Angeschuldigten zu entscheiden, wenn diese von den Asylbehörden noch nicht durch einen positiven Asylentscheid bejaht worden ist. Aus der Bindung des Strafrichters an einen positiven Asylentscheid der zuständigen Behörden kann nicht eine bundesrechtliche Pflicht zur Sistierung solcher Strafprozesse bis zum Abschluss des hängigen Asylverfahrens abgeleitet werden (vgl. auch WOLFGANG ECKERT, Begriff und Grundzüge des schweizerischen Flüchtlingsrechts, Diss. ZH 1977, S. 56/7, 73). Im Zeitpunkt der Ausfällung des angefochtenen Urteils, am 3. Februar 1986, lag kein positiver Asylentscheid der zuständigen Behörden vor. Gemäss den Ausführungen BGE 112 IV 115 S. 120 in der Beschwerdeschrift wurde das Asylgesuch des Beschwerdeführers F. am 20. März 1986 von der ersten Instanz abgewiesen und war das Asylgesuch des Beschwerdeführers C. zur Zeit der Einreichung des vorliegenden Rechtsmittels noch vor der ersten Instanz hängig. Das Kantonsgericht durfte somit die Flüchtlingseigenschaft der Beschwerdeführer im Strafverfahren vorfrageweise selber beurteilen. Die Pflicht zur Sistierung des Strafverfahrens bis zum Abschluss des hängigen Asylverfahrens kann auch nicht aus dem in Art. 33 des Flüchtlingsabkommens festgelegten Grundsatz des "non-refoulement" abgeleitet werden. Dieser schon für die Dauer des Asylverfahrens geltende Grundsatz betrifft die Frage, ob und wohin eine Person ausgeschafft werden kann. Er steht der Bestrafung eines Asylbewerbers wegen rechtswidrigen Betretens der Schweiz nicht entgegen. Eine Person kann selbst im Falle der Anerkennung ihrer Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG verurteilt werden, wenn eine der übrigen, in Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens genannten Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Wohl führte der Kassationshof in BGE 111 IV 14 , auf den sich die Beschwerdeführer ebenfalls berufen, aus, es erscheine "aus prinzipiellen und aus praktischen Gründen [...] weder notwendig noch zweckmässig, dass der Strafrichter sich mit der ihm nicht vertrauten Problematik des Asyl- und Flüchtlingsrechts auseinandersetzt". Damit wollte er aber, wie sich aus den übrigen Erwägungen in jenem Entscheid ergibt, lediglich zum Ausdruck bringen, dass der Strafrichter sich nicht mit flüchtlingsrechtlichen Fragen auseinandersetzen soll, wo dies nicht notwendig ist. So sind nach dem zitierten Urteil Einwände aus dem Asylrecht nicht schon vom Strafrichter bei der Ausfällung der Nebenstrafe der Landesverweisung, sondern erst von der zuständigen Behörde beim Vollzug der Landesverweisung zu berücksichtigen, da sie erst in diesem Stadium echte Vorfragen sind. Wo aber die Beantwortung der Frage der Flüchtlingseigenschaft des Angeschuldigten wie im vorliegenden Fall für die strafrechtliche Verfolgung einer bestimmten Handlung unerlässlich ist, muss sich der Strafrichter mit ihr befassen. Dass er mit den Problemen des Flüchtlingsrechts weniger vertraut ist als die zur Beurteilung der Asylgesuche zuständigen Behörden und dass zudem die Gefahr von Widersprüchen zu deren späteren Entscheiden besteht, ist kein Grund für die Sistierung des Strafprozesses bis zum Abschluss des Asylverfahrens, welches erfahrungsgemäss lange Zeit dauern kann. Der Strafrichter hat sich BGE 112 IV 115 S. 121 nicht selten mit Vorfragen aus den Gebieten des Zivilrechts, des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts oder des Verwaltungsrechts zu befassen. Ebenso kann er in einem Strafverfahren wegen rechtswidrigen Betretens des Landes bei Fehlen eines positiven Asylentscheides der zuständigen Behörden vorfrageweise prüfen, ob der Angeschuldigte allenfalls wegen seiner Flüchtlingseigenschaft gemäss Art. 31 Ziff. 1 des Flüchtlingsabkommens nicht strafrechtlich verfolgt werden darf.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
8588bdb4-6a5a-47ce-8f47-4c43cf620a53
Urteilskopf 101 III 72 15. Entscheid vom 24. März 1975 i.S. Grunder.
Regeste Grundpfandverwertung. In einer Betreibung auf Grundpfandverwertung kann die Verwertung des Grundpfandes nicht stattfinden, wenn einem Dritteigentümer des Pfandes ein Verwertungsaufschub gewährt worden ist.
Sachverhalt ab Seite 72 BGE 101 III 72 S. 72 Frau Maria Grunder verkaufte am 29. August 1973 an Peter Jost und Christoph Leuthold zwei Parzellen in Grindelwald zum Preise von Fr. 465'000.--. Die beiden Käufer traten als einfache Gesellschaft auf und erwarben die Liegenschaft zu Gesamteigentum. Zur Sicherung der Kaufpreisschuld wurde im Grundbuch ein Verkäuferpfandrecht eingetragen. Der Kaufpreis sollte in vertraglich festgelegten Teilzahlungen entrichtet werden. Nachdem die am 31. Oktober 1973 fällige Teilzahlung von Fr. 100'000.-- nicht geleistet wurde, leitete die Gläubigerin beim Betreibungsamt Interlaken gegen beide Schuldner eine Betreibung auf Pfandverwertung ein. Diese erhoben Rechtsvorschlag, unterzogen sich dann aber dem Rechtsöffnungsgesuch unter Vorbehalt der Aberkennungsklage. Am 20. Mai 1974 verlangte die Gläubigerin in beiden Betreibungen die Verwertung der Grundpfänder, worauf der Schuldner Leuthold gestützt auf Art. 123 SchKG um Verwertungsaufschub ersuchte. Er verpflichtete sich zu monatlichen Abzahlungen von Fr. 15'000.-- und leistete eine erste Teilzahlung. Das Betreibungsamt entsprach daher mit Verfügung vom 3. Juli 1974 seinem Gesuch. Diese Verfügung blieb unangefochten. Der Schuldner Jost teilte dem Betreibungsamt seinerseits mit, dass er nicht in der Lage sei, ebenfalls Zahlungen BGE 101 III 72 S. 73 zu leisten. Das Gesuch der Gläubigerin, dem Verwertungsbegehren gegen Jost Folge zu geben, lehnte das Betreibungsamt am 14. August 1974 ab. Gegen diese Verfügung erhob die Gläubigerin Beschwerde, die von der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern mit Entscheid vom 18. September 1974 abgewiesen wurde. Frau Maria Grunder reichte daraufhin bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts Rekurs ein mit dem Antrag, den Entscheid der Aufsichtsbehörde aufzuheben und das Betreibungsamt Interlaken anzuweisen, dem Verwertungsbegehren gegen den Schuldner Peter Jost Folge zu geben. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Steht eine Liegenschaft wie im vorliegenden Fall im Gesamteigentum zweier Personen, so kann das Grundstück nur in seiner Gesamtheit mit Pfandrechten belastet werden. Strengt der Pfandgläubiger gegen die beiden Eigentümer als Solidarschuldner Betreibungen auf Pfandverwertung an, so kommt in jeder der beiden Betreibungen dem andern Schuldner die Rolle eines Dritteigentümers des Pfandes zu. Als solcher muss er in die Betreibung einbezogen werden ( BGE 77 III 32 ff.). Das gleiche gilt, wenn es sich anstelle von Gesamt- um Miteigentümer handelt, sofern sich die Verwertung auf das ganze Grundstück bezieht ( BGE 67 III 109 ff.). Ist der Dritteigentümer eines Pfandes in der gegen ihn gerichteten Betreibung in den Genuss einer Nachlassstundung oder eines Rechtsstillstandes gelangt, so kann nicht zur Verwertung des Pfandes geschritten werden ( BGE 51 III 235 f. und BGE 42 III 318 ff.). Im vorliegenden Fall muss Christoph Leuthold in der Betreibung auf Grundpfandverwertung gegen seinen Mitschuldner Jost als Dritteigentümer des Pfandes betrachtet werden. Da Jost und Leuthold beim Erwerb der Parzellen als einfache Gesellschaft auftraten, sind sie Gesamteigentümer geworden. Die Verwertung kann nicht stattfinden, weil das Betreibungsamt dem Dritteigentümer des Pfandes in der gegen ihn gerichteten Betreibung gestützt auf Art. 123 SchKG Verwertungsaufschub gewährt hat. Dieser Aufschub wäre unwirksam, BGE 101 III 72 S. 74 wenn dem Verwertungsbegehren der Rekurrentin gegen Jost stattgegeben würde. Der dem Dritteigentümer des Pfandes eingeräumte Verwertungsaufschub muss daher die gleiche Wirkung haben wie ein Rechtsstillstand oder eine Nachlassstundung. Der in der Rekursschrift erhobene Einwand, der Verwertungsaufschub gehöre nicht zu den in den Art. 56-62 SchKG aufgezählten Rechtsstillstandsgründen, weshalb die angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichts im vorliegenden Fall keine Anwendung finde, ist nicht stichhaltig. Der Entscheid der Vorinstanz ist daher zu bestätigen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 101 V 87 15. Urteil vom 8. April 1975 i.S. Mattenberger gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Rekurskommission für die Ausgleichskassen
Regeste Beitragsrechtliche Stellung der Akkordanten ( Art. 4 ff. AHVG , Art. 7 lit. a AHVV ). Die vom Bundesamt für Sozialversicherung gemeinsam mit der SUVA erlassenen Richtlinien sind gesetzmässig. Die darauf basierenden Entscheide der SUVA binden die Ausgleichskassen, nicht aber den Richter.
Sachverhalt ab Seite 87 BGE 101 V 87 S. 87 A.- Im September 1973 ergab eine Arbeitgeberkontrolle, dass Ingenieur Werner Mattenberger im Zeitraum von Januar 1972 bis März 1973 Hans Lehmann in Winterthur, Heinz Ott und Gerhard Bauer in Allschwil, Paul Wespi in Zürich sowie einen Bündner namens Cajochen als Akkordanten beschäftigt und mit insgesamt Fr. 58'887.-- entlöhnt, hievon jedoch keine paritätischen Sozialversicherungsbeiträge entrichtet hatte. Deshalb verfügte die Ausgleichskasse am 26. Oktober 1973, er müsse von jener Lohnsumme die Beiträge nachzahlen. B.- Werner Mattenberger rekurrierte bei der Ausgleichskasse und bestritt jede Nachzahlungspflicht. Die fünf Männer hätten als Unternehmer für ihn gearbeitet und einen entsprechend höheren Stundenlohn erhalten. Die Kasse unterbreitete den Fall der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt BGE 101 V 87 S. 88 (SUVA), die folgendermassen antwortete: - Der Installateur Lehmann habe auf Anfragen der Kreisagentur nicht reagiert und sei bis zum Nachweis des Gegenteils als Arbeitnehmer zu betrachten; - die Regiearbeiter Ott und Bauer seien von Januar 1972 bis März 1973 Arbeitnehmer des Beschwerdeführers gewesen; - der Chauffeur Wespi habe nie um Behandlung als Selbständigerwerbender nachgesucht und sei zweifelsohne Arbeitnehmer; - über den Bündner Cajochen könne man keine Angaben machen, weil Vorname und Adresse unbekannt seien. C.- Mitte Juni 1974 überwies die Ausgleichskasse die Akten der kantonalen Rekurskommission und beantragte, die Beschwerde abzuweisen. Mit Urteil vom 27. Juni 1974 schützte die Rekurskommission die Kassenverfügung aus folgenden Erwägungen: "Die von der Ausgleichskasse aufgrund des Rekurses durchgeführten Erhebungen haben klar ergeben, dass die Akkordanten Ott, Bauer und Wespi von der SUVA als Unselbständigerwerbende betrachtet werden. Für Cajochen und Lehmann konnten keine näheren Angaben in Erfahrung gebracht werden. Jedoch ist nicht anzunehmen, dass es sich bei diesen anders verhält ..." D.- Werner Mattenberger führt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Er beharrt auf seinem Standpunkt, meldet, dass Cajochen in Schlieren wohne, und legt folgende Dokumente ins Recht: 1. Erklärungen von Wespi und Bauer, sie hätten als Selbständigerwerbende für den Beschwerdeführer gearbeitet; 2. ein Schreiben der Firma "Sanitär-Service" in Winterthur vom 27. Oktober 1972, laut Besprechung mit Hans Lehmann erhalte Werner Mattenberger einen einjährigen Arbeitsvertrag zur Unterschrift. Die Ausgleichskasse hält die Beschwerde für unbegründet; gemäss Mitteilung der SUVA vom 24. Oktober 1974 werde Lehmann weiterhin als Unselbständigerwerbender betrachtet. Auch das Bundesamt für Sozialversicherung beantragt, die Beschwerde abzuweisen. BGE 101 V 87 S. 89 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. ... 2. Laut ständiger Rechtsprechung üben Akkordanten in der Regel eine unselbständige Erwerbstätigkeit aus. Als Selbständigerwerbender gilt ein Akkordant grundsätzlich nur, wenn er Inhaber eines eigenen Betriebes ist und so als gleichgeordneter Geschäftspartner mit eigenem Unternehmerrisiko für den Akkordvergeber arbeitet (ZAK 1961 S. 167 und 1970 S. 394, BGE 97 V 218 ). Die Richtlinien über die Stellung der Akkordanten, die das Bundesamt für Sozialversicherung und die SUVA gemeinsam im November 1971 zuhanden der Ausgleichskassen und der Kreisagenturen erlassen haben und die am 1. Januar 1972 in Kraft getreten sind, bestimmen hauptsächlich folgendes: "In der Regel ist der Akkordant Unselbständigerwerbender. Macht er geltend, er sei Selbständigerwerbender, so ist es allein Sache der SUVA, mit Hilfe des Fragebogens (Form. 1935. d) die nötigen Erhebungen vorzunehmen und darüber zu entscheiden. Zuständig ist die Kreisagentur ... Ihr Entscheid ist für die AHV-Ausgleichskasse verbindlich. Ein Akkordant kann inskünftig nur dann als Selbständigerwerbender mit oder ohne Arbeitnehmer einer AHV-Ausgleichskasse angeschlossen sein, wenn er nachweist, dass er von der SUVA als solcher anerkannt worden ist ... Stösst die AHV-Ausgleichskasse auf einen Akkordanten, für den selbständige Erwerbstätigkeit geltend gemacht wird, so meldet sie dies - sofern sie nicht bereits einen entsprechenden Entscheid der SUVA besitzt - der zuständigen Kreisagentur der SUVA." 3. Die Gesetzmässigkeit der erwähnten Richtlinien wird von den Parteien mit Recht nicht angezweifelt. Die Richtlinien setzen die Methode fest, nach welcher die Ausgleichskasse mit Hilfe der zuständigen Kreisagentur der SUVA im jeweiligen Einzelfall ermitteln soll, ob sich ein Akkordant als Arbeitnehmer des Akkordvergebers oder als Unternehmer auf eigene Rechnung betätigt hat. Sie sind keine Rechtsverordnung mit allgemeinverbindlichen Normen, sondern eine dienstliche Instruktion, wie sie auf Grund der Art. 72 Abs. 1 AHVG und 176 AHVV das Bundesamt für Sozialversicherung und nach Art. 44 Abs. 1 lit. 1 KUVG in Verbindung mit Art. 24 Abs. 2 der Verordnung I über die Unfallversicherung die SUVA zu erlassen befugt sind (Art. 7 des Bundesgesetzes vom 12. März 1948 über die Rechtskraft der bereinigten BGE 101 V 87 S. 90 Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen; GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 163 f.). Die Richtlinien dienen der Abklärung eines wirtschaftlichen Sachverhalts, der für die Alters- und Hinterlassenenversicherung und die obligatorische Unfallversicherung gleichermassen relevant ist. Dabei binden die einschlägigen Entscheide der SUVA nur die beteiligte Ausgleichskasse und nicht auch den Richter. Doch soll der Richter in dieses administrative Ermittlungsverfahren nur eingreifen, wenn ihm der Entscheid der SUVA in seinem Ergebnis fragwürdig erscheint. 4. Hinsichtlich der Versicherten Hans Lehmann, Heinz Ott, Gerhard Bauer und Paul Wespi ist unbedenklich auf die Berichte der SUVA abzustellen, wie sich aus folgendem ergibt: a) Von Lehmann erhielt die Kreisagentur Winterthur keine Antwort auf Briefe vom 28. Dezember 1973 sowie 18. Januar 1974 und auch nicht auf ihren Bescheid vom 5. Februar 1974, wonach sie ihn als Arbeitnehmer des Betriebes betrachte, für welchen er "jeweils Spengler- und Installationsarbeiten ausführe". Laut dem mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereichten Brief der Firma "Sanitär-Service" vom 27. Oktober 1972 hatte der Beschwerdeführer übrigens mit Lehmann einen Arbeitsvertrag geschlossen, was ebenfalls die Stellungnahme der SUVA unterstützt. b) Der Spengler Ott ist, wie er der Kreisagentur Basel gemeldet hat, meist als Regiearbeiter im Stundenlohn für Werner Mattenberger tätig und übernimmt nur vereinzelt Direktaufträge von Bauherren oder Architekten; von Januar 1972 bis März 1973 hat er als Regiearbeiter für den Beschwerdeführer gearbeitet (Schreiben der Kreisagentur vom 1. März und 30. April 1974 an die Ausgleichskasse). Gleich verhält es sich offenbar mit dem Versicherten Bauer, der mehrmalige Aufforderungen, bei der Kreisagentur vorzusprechen, unbeantwortet gelassen hat (Schreiben der Kreisagentur vom 30. April 1974 an die Ausgleichskasse). c) Am 10. Dezember 1973 schrieb die Kreisagentur Zürich der Ausgleichskasse, der im Telephon- und Adressbuch als Chauffeur eingetragene Versicherte Wespi habe sie nie ersucht, als Betriebsinhaber anerkannt zu werden, und sei darum zweifelsohne als Arbeitnehmer zu betrachten. BGE 101 V 87 S. 91 5. Den Bündner Cajochen konnte die Kreisagentur Chur nicht ausfindig machen, wie sie am 12. Dezember 1973 der Ausgleichskasse mitgeteilt hat. Doch meldet Werner Mattenberger in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde, dass der gesuchte Cajochen in Schlieren/ZH wohne. Die nähern Einzelheiten wird nunmehr die Beschwerdegegnerin durch geeignete Erhebungen bestmöglich abklären müssen. Die Richtlinien vom November 1971 sagen nichts darüber, wie es zu halten sei, wenn die SUVA der Ausgleichskasse keine Angaben machen kann. Was in solchen Fällen vorzukehren ist, wird das Bundesamt für Sozialversicherung (allenfalls gemeinsam mit der SUVA) zu bestimmen haben.
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Urteilskopf 106 IV 298 75. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 2 mai 1980 dans la cause T. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 17 UWG , Art. 1 AO . Individuelle oder individualisierte Ankündigungen stellen eine öffentliche Ankündigung dar, wenn sie an eine grosse Zahl von Personen gerichtet werden. Daran ändert nichts ein Vermerk wie "persönlich, nicht übertragbar", wenn die Zahl der Adressaten jede ernsthafte Kontrolle ihrer Identität ausschliesst.
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 106 IV 298 S. 298 A.- La société I. S.A. exploite dans le canton de Vaud plusieurs magasins spécialisés dans la vente à prix réduits d'appareils photographiques, téléviseurs, etc. La société est contrôlée par I. Holding S.A., dont le siège social est à Fribourg et dont T. préside le conseil d'administration. Au début de l'année 1978, I. S.A. a fait distribuer en Suisse romande 70'000 cartes postales donnant droit à un rabais de 10% sur tout achat à partir de 100 fr., rabais valable du 7 au 28 février 1978. Près de 26'000 cartes ont été distribuées dans le BGE 106 IV 298 S. 299 canton de Vaud. T. était au courant de cette campagne publicitaire et il en prend la responsabilité. Il fait cependant valoir que les destinataires figuraient sur le fichier de l'entreprise et avaient tous été clients d'I. S.A. B.- Le 23 octobre 1978, à la suite d'une dénonciation du Service de la police administrative du canton de Vaud, le juge informateur itinérant a condamné T. à une amende de 1000 fr., avec délai d'épreuve et de radiation d'une année. T. ayant fait opposition à cette ordonnance, le Tribunal de police du district de Lausanne confirma cette condamnation le 10 septembre 1979, en considérant que l'accusé avait contrevenu par négligence à l'art. 20 al. 1 lettre a de l'OL. Statuant le 5 novembre 1979 sur le recours déposé par T., la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a maintenu la décision qui précède. C.- T. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Arguant de la violation des art. 17 LCD et 1 OL, il conclut à libération. Il estime en effet que les dispositions précitées ne sauraient trouver application en l'espèce, dès lors qu'il n'y a pas eu "annonce publique", et cela même s'il n'est pas contesté qu'il y ait eu offre d'"avantages momentanés". Tant l'autorité cantonale que le Ministère public déclarent se référer purement et simplement aux considérants de l'arrêt attaqué. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon le recourant, ce qui fait "l'annonce publique", ce n'est pas le nombre de personnes touchées, mais la manière dont l'auteur s'est adressé à elles. Il ne saurait en conséquence y avoir "annonce publique" là où les personnes visées ont été atteintes par des notifications individuelles, intervenues à la suite d'un choix fondé sur les caractéristiques personnelles de chaque destinataire. Tel serait le cas en l'espèce où les cartes litigieuses, qui portaient de surcroît la mention "personnel, pas transmissible!", ont été envoyées expressément et nommément aux clients de la Société I. S.A. En revanche, il y aurait "annonce publique" au regard de la loi lorsque la notification intervient collectivement, l'identité des personnes touchées dépendant alors du seul hasard. 2. a) Il est malaisé de tracer une frontière nette et objective entre les annonces "publiques" et celles qui ne le sont pas. BGE 106 IV 298 S. 300 Le Tribunal supérieur de Zurich a amorcé une solution en considérant, le 1er juillet 1957, dans le cadre de l' art. 152 CP (BJP 1957 no 200) qu'une publication est faite au public aussitôt qu'un nombre non limité de personnes peut en prendre connaissance, par hasard. Ce point de vue se rapproche de celui de la jurisprudence allemande relative au § 186 du Code pénal allemand, pour laquelle une diffamation est rendue publique "wenn sie von einem grösseren, individuell nicht begrenzten und durch nähere Beziehung nicht verbundenen Personenkreis unmittelbar wahrgenommen werden kann" (cf. Commentaire de SCHÖNKE/SCHRÖDER no 19). b) On ne saurait toutefois prendre l'expression "cercle non déterminé de personnes" au pied de la lettre sans s'exposer à vider de leur substance les dispositions légales qui font appel à la notion de communication ou d'annonces faites au public. En effet, les moyens techniques modernes rendent extrêmement facile, le recourant le dit lui-même, la communication individualisée d'écrits en réalité destinés à tous: il suffit d'ailleurs d'ouvrir sa boîte aux lettres pour s'en persuader. Il n'existe dès lors aucun critère objectif permettant de caractériser la communication intervenue à titre proprement individuel et personnel lorsqu'elle touche un grand nombre d'individus. C'est pourquoi la doctrine fait appel à des critères subjectifs et ne sépare des communications et annonces faites au public que les "private Mitteilungen und Auskünfte an einzelne Personen" (THORMANN/VON OVERBECK, n. 5 ad art. 152), les "communications... à quelques personnes déterminées seulement" (LOGOZ, n. 2 a, p. 167, ad art. 152), la "private Auskunft an einzelne Personen" (GERMANN, Verbrechen, n. 4, p. 283, ad art. 152, ainsi que STRATENWERTH, part. spéc. I p. 248 infra). Une position analogue existe dans la doctrine italienne relative à l'art. 501 CPI, pour laquelle seule n'est pas punissable la communication "fatta in via reservata ad una persona o a un numero ristrettissimo di persone" (ANTOLISEI, Manuale di diritto penale, part. spéc., t. XV p. 845; V. MANZINI, Trattato, t. VII, no 2439 III p. 39) et française (cf. Encyclopédie DALLOZ, Droit commercial, vol. 4, sous "Publicité mensongère" no 14). c) Si l'on admet que la notion de "communications et annonces faites au public" doit être interprétée extensivement, le Conseil fédéral n'a nullement excédé le large pouvoir d'appréciation qui est le sien (cf. ATF 101 Ib 144 ss), lorsqu'à BGE 106 IV 298 S. 301 l' art. 1 al. 2 OL qui est fondé sur l' art. 17 al. 4 LCD , il a qualifié d'annonces publiques celles "faites par le moyen de la presse... de lettres ou cartes répandues dans un grand cercle d'acheteurs, de journaux destinés à la clientèle... ou par tout autre procédé approprié". Le recourant ne le conteste d'ailleurs pas. Or il ressort expressément de cette disposition que l'envoi de cartes répandues dans un grand cercle d'acheteurs constitue une annonce publique au même titre que l'envoi de journaux destinés à la clientèle, envoi qui intervient le plus souvent par la poste et qui nécessite alors l'indication de l'adresse de chaque destinataire qui est ainsi individualisé. Il s'ensuit que le fait pour des cartes d'être adressées nommément à des personnes dont le cercle est strictement délimité par la liste d'adressage ne leur enlève nullement le caractère d'annonce publique. La circulaire explicative du 16 avril 1947 (FF 1947 II 73) qui a été publiée en même temps que l'OL ne permet pas de tirer d'autres conclusions. En effet, on ne saurait assimiler les lettres ou cartes répandues dans un grand cercle d'acheteurs à celles "adressées à certains clients personnellement" qui ne sont pas considérées comme des annonces publiques: les premières sont, comme en l'espèce, adressées à une clientèle choisie in abstracto, tandis que les secondes sont envoyées à des clients bien précis, choisis en fonction de leurs besoins spécifiques et personnels que l'expéditeur connaît individuellement. d) La jurisprudence a jusqu'ici également donné une interprétation large de l'annonce publique. Ainsi, dans un arrêt Krause du 14 juin 1957, un envoi par la poste de 50'000 cartes de clients à des destinataires résidant avant tout dans le canton et la ville de Zurich a-t-il été qualifié d'annonce publique. De même on peut lire aux ATF 92 IV 149 , en confirmation expresse de l'arrêt qui précède, qu'une telle annonce ne doit pas nécessairement être adressée au public en général ou à un cercle indéterminé de personnes, mais qu'elle peut consister en une communication faite à des personnes déterminées, mais dont le nombre est important, par exemple à une classe précise de clientèle ou à des clients déjà connus. Il n'y a aucun motif de revenir sur cette jurisprudence. e) Il est vrai que sur les cartes en cause figure la mention "Personnel, pas transmissible". Ce point est toutefois dénué de toute pertinence, car le grand nombre même des destinataires (26'000) et l'impossibilité pratique dans laquelle l'expéditeur se BGE 106 IV 298 S. 302 serait trouvé de vérifier le respect de sa volonté suffit à démontrer que l'on se trouve devant une véritable clause de style destinée à donner le change à l'autorité. Comment en effet s'assurer que seul l'un des destinataires présentera la carte octroyant un rabais de 10% dans l'une des succursales de la chaîne, si la présentation simultanée d'un document établissant l'identité du porteur n'est pas exigée? Et comment une telle présentation pourra-t-elle être exigée si cela n'est pas annoncé sur la carte même? Il y a lieu de faire application ici mutatis mutandis des considérants émis aux ATF 92 IV 150 lettre b. Le pourvoi doit ainsi être rejeté.
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Urteilskopf 117 V 42 6. Arrêt du 30 avril 1991 dans la cause C. contre Fondation de prévoyance en faveur du personnel I de la Société suisse des entrepreneurs et Fondation de prévoyance en faveur du personnel I de la Société suisse des entrepreneurs contre C. et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 15 Abs. 1 lit. b und Art. 28 BVG , Art. 11 BVV 2 , Art. 331a und 331b OR : Zinsen auf Freizügigkeitsleistung und Einkaufssummen. - Das Bundesrecht sieht im Bereich der weitergehenden Vorsorge keine Verzinsung der vom Versicherten eingebrachten Freizügigkeitsleistung und der von ihm entrichteten Einkaufssummen vor (Erw. 4). - Kann der Versicherte aufgrund der Vergleichsrechnung nach Art. 28 Abs. 2 BVG eine nach dem Obligationenrecht bemessene Leistung verlangen, stehen ihm darüber hinaus keine Zinsen auf dem von der früheren Vorsorgeeinrichtung überwiesenen Altersguthaben zu (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 43 BGE 117 V 42 S. 43 A.- Roger C., né en 1943, a travaillé au service d'E. SA jusqu'au 28 février 1986. Dès le 1er mars 1986, il a été engagé par la Société suisse des entrepreneurs (SSE). A partir du 1er mars 1986 également, Roger C. a été affilié à la Fondation de prévoyance en faveur du personnel I de la SSE (ci-après: la fondation). Lors de cette affiliation, il a apporté une prestation de libre passage de 96'652 francs, provenant de l'institution de prévoyance d'E. SA. L'avoir de vieillesse selon la LPP, compris dans ce montant, s'élevait à 3'622 fr. 10. L'assuré a en outre versé à la fondation, en juillet et en septembre 1986, des sommes de rachat pour un montant total de 21'876 francs. B.- Par lettre du 19 octobre 1987, Roger C. a résilié ses rapports de travail pour le 30 novembre suivant et il a demandé à connaître le montant de sa prestation de libre passage. Le 2 décembre 1987, la fondation lui a répondu que ce montant s'élevait à 126'703 fr. 65, selon le décompte suivant: a. Prestation de libre passage provenant. de la précédente institution de prévoyance:..Fr. 96'652.--. b. Sommes de rachat:.........................Fr. 21'876.--. c. Cotisations personnelles:.................Fr. 8'175.65. .............................................==============. Total...................................... Fr. 126'703.65. .............................................==============. Le 27 janvier 1988, la fondation a versé cette somme à la nouvelle institution de prévoyance à laquelle l'assuré avait été entre-temps affilié. Selon un décompte de la fondation, l'avoir de vieillesse se montait alors à 10'069 fr. 20. C.- A la suite de pourparlers entre les parties, qui n'ont pas abouti, Roger C. a ouvert action contre la fondation en concluant BGE 117 V 42 S. 44 au transfert par celle-ci, en plus du montant déjà versé, d'une somme de 11'048 fr. 75, soit: 9'155 fr. 20 au titre d'intérêts et 1'893 fr. 55, représentant la différence entre l'avoir de vieillesse et ses propres contributions (10'069 fr. 20 - 8'175 fr. 65). Par jugement du 4 septembre 1989, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a partiellement admis l'action en condamnant la fondation à verser encore à l'assuré une somme de 260 francs "à titre d'intérêt sur l'avoir de vieillesse LPP remis par E. SA". D.- Roger C. interjette un recours de droit administratif en demandant au Tribunal fédéral des assurances de condamner la fondation à lui verser la somme de 7'598 fr. 55 au titre d'intérêts sur l'intégralité de la prestation de libre passage transférée de l'institution de prévoyance d'E. SA (96'652 francs) et sur les sommes de rachat payées à la fondation (21'876 francs). La fondation a également formé un recours de droit administratif contre le prononcé cantonal, dont elle a requis l'annulation. L'Office fédéral des assurances sociales propose de rejeter le recours de l'assuré et d'admettre celui de la fondation. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Compétence ratione loci des autorités judiciaires de première instance) 2. (Pouvoir d'examen) 3. a) Selon l' art. 28 al. 1 LPP , le montant de la prestation de libre passage équivaut à l'avoir de vieillesse acquis par l'assuré au moment du transfert. L'avoir de vieillesse comprend les bonifications de vieillesse afférentes à la période durant laquelle l'assuré a appartenu à l'institution de prévoyance, avec les intérêts, et les prestations de libre passage portées au crédit de l'assuré, conformément à l' art. 29 al. 1 LPP , avec les intérêts ( art. 15 al. 1 LPP ). Cette réglementation est applicable, uniquement, à la prévoyance obligatoire selon la LPP. Aux termes de l' art. 28 al. 2 LPP , la prestation de libre passage sera calculée conformément à l'art. 331a ou 331b du code des obligations, si l'application de ces articles donne un montant plus élevé. Ces dispositions du code des obligations concernent la prévoyance qui excède le minimum obligatoire (dite prévoyance pré-obligatoire, sous-obligatoire et sur-obligatoire) ou, en d'autres termes, la prévoyance plus étendue (cf. ATF 114 V 37 consid. 2a). Elles fixent le montant minimum de la BGE 117 V 42 S. 45 créance du travailleur lorsque ce dernier a versé des cotisations d'assurance-vieillesse, survivants ou invalidité à un fonds d'épargne (art. 331a) ou à une institution d'assurance (art. 331b) et qu'il n'en reçoit pas de prestations à la fin du contrat de travail. Dans le cas d'une institution d'assurance, cette créance correspond au moins aux contributions du travailleur, déduction faite des prestations versées en couverture d'un risque pour la durée des rapports de travail ( art. 331b al. 1 CO ); si les cotisations du travailleur et de l'employeur ou, en vertu d'un accord, de l'employeur seulement ont porté sur cinq années ou davantage, la créance du travailleur comprend une part équitable, eu égard aux années de cotisations, de la réserve mathématique calculée au moment ou prend fin le contrat ( art. 331b al. 2 CO ). b) La fondation est une institution de prévoyance dite enveloppante, en ce sens qu'elle alloue à ses affiliés des prestations qui vont au-delà du minimum obligatoire ( art. 49 al. 2 LPP ; ATF 115 V 30 consid. 3c). Selon l'art. 1er de son règlement spécial sur le libre passage, si les rapports de travail ont duré moins de cinq ans, le montant de la créance de libre passage correspond aux cotisations de l'assuré ainsi qu'aux autres versements effectués lors de l'entrée dans l'institution de prévoyance, sans intérêts (al. 2); si les rapports de travail ont duré cinq ans ou plus, la créance comprend en outre un supplément, déterminé en fonction du nombre d'années de cotisations et exprimé en pour-cent de la réserve mathématique qui dépasse le montant des versements personnels de l'assuré (al. 3). c) Pour appliquer l' art. 28 al. 2 LPP , qui est une règle de coordination entre la prévoyance obligatoire et la prévoyance plus étendue, il faut se fonder sur des bases de comparaison identiques dans le temps. Lorsque l'assuré est entré dans l'institution de prévoyance postérieurement au 1er janvier 1985 (date de l'entrée en vigueur de la LPP) et qu'il a apporté une prestation de libre passage, l'on doit faire abstraction de celle-ci dans la comparaison; il en va de même des éventuelles sommes de rachat qu'il a versées à la nouvelle institution ( ATF 114 V 250 ss). En l'occurrence, l'assuré a apporté une prestation de libre passage de 96'652 francs et il a versé des sommes de rachat jusqu'à concurrence de 21'876 francs. Au total 118'528 francs. La prestation de libre passage selon le code des obligations, pour la durée de l'affiliation à la fondation, se monte à 8'175 fr. 65 (du moment que l'affiliation avait duré moins de cinq ans, l'intéressé ne pouvait, compte tenu de l' art. 331b CO et en l'absence BGE 117 V 42 S. 46 de dispositions réglementaires plus favorables, bénéficier de tout ou partie des contributions de l'employeur). L'avoir de vieillesse acquis auprès de la fondation s'est élevé, pour sa part, à 6'447 fr. 10 (10'069 fr. 20 - 3'622 fr. 10). Le jugement entrepris retient ici une somme de 6'153 fr. 60, mais il n'y a pas lieu de s'attarder sur cette divergence, chacun des deux chiffres étant de toute façon inférieur à celui de 8'175 fr. 65. La jurisprudence susmentionnée conduit donc à fixer le montant de la créance de l'assuré à 126'703 fr. 65 (118'528 francs + 8'175 fr. 65), comme l'ont d'ailleurs fait correctement les premiers juges et la fondation. 4. Ce calcul n'est en soi pas critiqué par l'assuré. Celui-ci estime, en revanche, avoir droit à des intérêts sur les sommes de 96'652 francs et de 21'876 francs, bien que le règlement de la fondation exclue formellement le paiement de tels intérêts. a) En matière de prévoyance plus étendue, la créance de libre passage du travailleur est augmentée des intérêts dans le cas d'un fonds d'épargne ( art. 331a CO ), mais non dans celui d'une institution d'assurance, l' art. 331b al. 1 CO étant, on l'a vu, muet au sujet des intérêts sur les contributions du salarié. Cette différence de réglementation ne résulte pas d'une lacune de la loi. On l'explique généralement par le fait que, dans le cas d'une institution d'assurance (comme l'est la fondation), le travailleur est assuré déjà pendant les cinq premières années de service et qu'il touche, lors de la réalisation du risque, des prestations dont le montant ne se trouve pas nécessairement dans un rapport strict avec l'importance et la durée des cotisations versées (VISCHER, Traité de droit privé suisse, vol. VII, tome I, 2, p. 133; FF 1967 II 371 s.; arrêt non publié du Tribunal fédéral, du 27 juin 1980, en la cause M.). Autrement dit, les intérêts servent ici à couvrir les risques de décès et d'invalidité pendant la durée des rapports de travail (SPIRA, La jurisprudence du Tribunal fédéral des assurances sur le libre passage dans la prévoyance professionnelle, in: Le droit du travail en pratique, vol. 1, Journée 1990 de droit du travail et de la sécurité sociale, p. 17 s.). b) Bien que les montants apportés ou versés lors de l'entrée dans l'institution de prévoyance ne soient pas considérés comme des contributions du travailleur au sens des art. 331a et 331b CO ( ATF 115 V 32 consid. 4b in fine, ATF 114 V 256 consid. 9c), le Tribunal fédéral des assurances a récemment jugé que le droit fédéral n'imposait pas un traitement différencié, sous l'angle des intérêts (arrêt BGE 117 V 42 S. 47 non publié O. du 5 février 1991). Les caisses de pension pratiquant le système de la primauté des prestations prélèvent généralement auprès des nouveaux affiliés d'un âge relativement avancé une prestation d'entrée (appelée aussi "finance d'entrée", rachat d'années de service, rachat d'années de cotisations, montants de rachat, versements uniques), qui permet aux intéressés d'obtenir une couverture d'assurance maximale et d'éviter ainsi une réduction future des prestations (HELBLING, Les institutions de prévoyance et la LPP, trad. MAGDELAINE, p. 126). La prestation de libre passage apportée par l'assuré est destinée, en priorité, à ce rachat, qui est fixé selon des taux actuariels. Il ne s'agit pas d'un simple dépôt mis à la disposition de l'institution de prévoyance, puisque celle-ci assume la couverture des risques de décès et d'invalidité pour des prestations augmentées en proportion. Le versement d'intérêts, en cas de sortie ultérieure de ces nouveaux affiliés, créerait une inégalité de traitement, au sein de la même institution et par rapport aux assurés dont la réserve mathématique a été constituée au moyen de contributions exclusivement. Certes, la question des intérêts peut être réglée de manière différente d'une institution de prévoyance à l'autre. Mais ces différences sont fonction du système de financement adopté par chacune d'elles, dans le cadre de l'autonomie que la loi leur reconnaît en ce domaine ( art. 49 al. 1 LPP ). c) Il se peut aussi que le montant de la prestation de libre passage apportée par l'assuré dépasse ce qui est nécessaire au rachat. Certains règlements (cf. HELBLING, op.cit., p. 128) stipulent, dans de tels cas, que la différence est portée au crédit de l'assuré comme capital d'épargne, tandis que d'autres prévoient d'attribuer l'excédent aux réserves générales (encore qu'il soit toujours possible à l'intéressé d'affecter la part de la prestation de libre passage qui demeure disponible à l'une des formes de prévoyance reconnue par la loi, p.ex. sur un compte de libre passage ouvert auprès d'une banque cantonale; cf. ATF 115 V 108 ss). Le point de savoir si un intérêt est dû sur un tel excédent au moment de la sortie, indépendamment de toute base statutaire ou réglementaire, n'a pas à être tranché ici. En effet, selon l'art. 19 al. 1 du règlement de la fondation, les nouveaux affiliés qui ont dépassé l'âge de 30 ans (hommes) ou 27 ans (femmes) doivent acquitter une "finance d'entrée" ("Eintrittsgeld"); cette prestation correspond, pour chaque année dépassant la limite d'âge réglementaire, à 10 pour cent du salaire assuré. BGE 117 V 42 S. 48 La prestation d'entrée ne peut toutefois servir au rachat d'années d'assurance (art. 19 al. 2). Ce rachat est prévu à l'art. 19 al. 6, selon lequel le nouvel affilié peut racheter des années d'assurance, pour autant qu'il verse le montant nécessaire à cet effet, en plus de la prestation d'entrée. En l'espèce, il apparaît que la fondation a reçu, en application de ces dispositions, 136'576 francs (prestation d'entrée et rachat de six années d'assurance). La plus grande partie de ce montant a été réglée par le transfert de la prestation de libre passage et par les versements de l'assuré (118'528 francs), tandis que le solde (18'048 francs) a été pris en charge par l'employeur, comme contribution volontaire (sur le sort d'une telle contribution en cas de dissolution des rapports de travail, voir arrêt P. du 11 juin 1990, partiellement publié dans la SZS 1991 p. 43). Les sommes versées ou transférées lors de l'affiliation ont ainsi servi, exclusivement, à l'amélioration des prestations futures de l'assuré. Dans ces conditions, la prétention de ce dernier, qui ne repose sur aucune base légale ou statutaire, ne peut être que rejetée. 5. Il est vrai que l'assuré fait encore valoir, à titre subsidiaire, que la fondation avait auparavant le statut d'un fonds d'épargne et qu'elle n'est devenue une institution d'assurance qu'à partir du 1er janvier 1985. Il met en doute la régularité de ce changement au regard des exigences formelles de l' art. 85 CC , qui requiert l'intervention de l'autorité de surveillance pour ce qui est des modifications apportées à l'organisation des fondations. Le non-respect éventuel de ces exigences justifierait, selon l'intéressé, le paiement d'un intérêt, en application "au moins par analogie" de l' art. 331a CO . Le grief soulevé ici ressortit au premier chef aux autorités de surveillance des institutions de prévoyance, qui, depuis le 1er janvier 1985, exercent aussi les attributions prévues par les art. 84 al. 2, 85 et 86 CC ( art. 62 al. 2 LPP ) et dont les décisions peuvent faire l'objet d'une procédure de recours conformément à l' art. 74 al. 2 et 4 LPP (MEYER, Die Rechtswege nach dem Bundesgesetz über die beruf liche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG], RDS, 106/1987, p. 621; RIEMER, Das Recht der beruf lichen Vorsorge in der Schweiz, § 2, n. 106, p. 82). Au demeurant, par le changement en question, il s'est agi, de toute évidence, d'adapter le règlement de la fondation aux exigences de la LPP, en matière de prestations notamment. Comme cela ressort d'une annexe au règlement de la fondation, celle-ci - au même titre d'ailleurs que toutes BGE 117 V 42 S. 49 les autres institutions de prévoyance désireuses de participer au régime de l'assurance obligatoire - a été inscrite provisoirement au registre de la prévoyance professionnelle, auprès de l'autorité de surveillance dont elle relève ( art. 48 al. 1 LPP ). Conformément à l' art. 8 al. 2 OPP 1 , elle disposait d'un délai échéant le 31 décembre 1989 pour adapter aux prescriptions légales, notamment, son acte de fondation et son organisation (cf. LANG, in HELBLING, op.cit., p. 396). On ne voit donc pas en quoi l'assuré, qui est sorti de la fondation à fin novembre 1987, serait fondé à se plaindre d'une irrégularité qui, du reste, n'est aucunement établie. 6. De son côté, la fondation reproche aux premiers juges d'avoir alloué à l'assuré une somme de 260 francs au titre d'intérêts sur la prestation de libre passage - selon la LPP - provenant de l'institution de prévoyance à laquelle il était précédemment affilié (3'622 fr. 10). Comme on l'a vu, l'avoir de vieillesse comprend les prestations de libre passage portées au crédit de l'assuré, conformément à l' art. 29 al. 1 LPP , avec les intérêts. A la fin de chaque année civile, le compte individuel de vieillesse doit être crédité d'un intérêt annuel calculé sur l'avoir de vieillesse existant à la fin de l'année civile précédente ( art. 11 al. 2 let. a OPP 2 ). Si l'assuré entre dans l'institution de prévoyance en cours d'année, le compte de vieillesse sera crédité, en fin d'année civile, de l'intérêt sur le montant de l'avoir de vieillesse transféré, calculé dès le jour du paiement de la prestation de libre passage ( art. 11 al. 4 let. b OPP 2 ). Le taux d'intérêt minimal est de 4 pour cent l'an ( art. 12 OPP 2 ). Dès lors, les intérêts mis en compte par la nouvelle institution sur la prestation de libre passage apportée par l'assuré sont nécessairement inclus dans l'un des éléments de la comparaison prévue par l' art. 28 al. 2 LPP : l'assuré peut prétendre soit le montant de l'avoir de vieillesse acquis par lui au moment du transfert soit, s'il est plus élevé, la somme calculée selon le code des obligations. Or, le calcul comparatif conduisait en l'occurrence à retenir la somme de 8'175 fr. 65. Il n'y avait pas lieu d'ajouter encore un intérêt, déjà compris dans le montant de 6'447 fr. 10. Sur ce point, le jugement attaqué ne peut pas être confirmé. 7. Ainsi donc, en transférant à la nouvelle institution de prévoyance la somme de 126'703 fr. 65, la fondation a pleinement satisfait à ses obligations. L'intéressé ne pouvait pas non plus prétendre des intérêts moratoires, quand bien même le transfert a eu lieu deux mois environ BGE 117 V 42 S. 50 après la cessation des rapports de travail. Comme le relèvent avec raison les premiers juges, ce retard est uniquement imputable à l'assuré, qui n'a pas fourni en temps utile les informations nécessaires quant au destinataire du paiement (cf. ATF 115 V 37 consid. 8c). 8. De ce qui précède, il résulte que le recours de la fondation est bien fondé, tandis que celui de l'assuré ne l'est point. (Frais de justice et dépens)
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CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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859477a1-76ab-4b98-83ca-54db65b4d1c7
Urteilskopf 89 IV 190 38. Urteil des Kassationshofes vom 27. September 1963 i.S. Landert gegen Hofmann.
Regeste Art. 173 Ziff. 3 StGB . Begründete Veranlassung zu einer ehrverletzenden Äusserung kann darin liegen, dass der Täter, der um Auskunft über den Verletzten gebeten wird, dem Fragenden einen Dienst erweisen will.
Sachverhalt ab Seite 190 BGE 89 IV 190 S. 190 A.- Frau Hofmann wohnte vom Juli 1951 bis im Oktober 1952 im gleichen Hause wie Frau Landert. Diese reichte damals gegen sie eine Ehrverletzungsklage ein, doch wurde der Streit durch einen Vergleich erledigt. Die beiden Frauen hatten in der Folge nichts mehr miteinander zu tun. Im Herbst 1961 zog Spahn im Auftrage des Zahnarztes Dr. Herzog Erkundigungen über Frau Hofmann ein, weil er gegen diese ein Honorar für zahnärztliche Behandlung einklagen wollte oder schon eingeklagt hatte. Spahn wandte sich auch an Frau Landert. Diese sagt, er habe sie gefragt, ob sie es für möglich halte, dass Frau Hofmann eine Zahnarztrechnung des Dr. Herzog nicht zahlen wolle. Frau Landert gab ihm die Auskunft, Frau Hofmann sei frech und lügnerisch. B.- Wegen dieser Äusserung klagte Frau Hofmann Frau Landert der Verleumdung und üblen Nachrede, eventuell der Beschimpfung an. Das Bezirksgericht Zürich und auf Berufung der Angeklagten auch das Obergericht des Kantons Zürich, dieses BGE 89 IV 190 S. 191 mit Urteil vom 2. Mai 1963, erklärten Frau Landert der üblen Nachrede schuldig und verurteilten sie zu einer bedingt löschbaren Busse von Fr. 100.--. Beide Instanzen verwehrten der Angeklagten den Beweis, dass ihre Äusserung wahr sei oder dass sie ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten. C.- Frau Landert führt Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache an dieses zurückzuweisen, damit der Wahrheitsbeweis zugelassen werde. D.- Frau Hofmann beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Beschuldigte darf von dem in Art. 173 Ziff. 2 StGB vorgesehenen Wahrheits- oder Entlastungsbeweis nur ausgeschlossen werden, wenn er die ehrverletzende Äusserung ohne begründete Veranlassung und ausserdem vorwiegend in der Absicht, jemandem Übles vorzuwerfen, getan hat; denn diese beiden Erfordernisse müssen für den Ausschluss des erwähnten Beweises kumulativ erfüllt sein ( BGE 82 IV 96 ). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts soll auch der mit übler Absicht handelnde Ehrverletzer sich darauf berufen können, er habe eine begründete Veranlassung gehabt (a.a.O. S. 99). Wer aus begründeter Veranlassung gehandelt hat, muss also auch dann zum Beweise zugelassen werden, wenn ihm der Anlass eine willkommene Gelegenheit war, dem andern Übles vorzuwerfen. Von einem Handeln aus begründeter Veranlassung kann aber nicht schon dann die Rede sein, wenn eine solche objektiv bestand. Sie muss dem Täter auch Beweggrund zur Äusserung gewesen sein ( BGE 82 IV 98 ). Das kommt in der deutschen Wendung "ohne begründete Veranlassung" von Art. 173 Ziff. 3 StGB nicht deutlich zum Ausdruck, lässt sich aber aus dem Worte "motif" bzw. "motivo" des französischen und des italienischen Wortlautes BGE 89 IV 190 S. 192 ableiten und auch daraus, dass die beiden Erfordernisse durch ein Komma getrennt wurden, als ob sie beide ungefähr den gleichen Gedanken ausdrückten. Der Richter darf die vorwiegende Absicht, Übles vorzuwerfen, nicht leichthin bejahen, namentlich dann nicht, wenn objektiv eine begründete Veranlassung zur ehrverletzenden Äusserung bestand. Der Ausschluss des Wahrheits- oder Entlastungsbeweises schränkt das Verteidigungsrecht so sehr ein, dass sich diese strenge rechtliche Anforderung an das Vorwiegen einer üblen Absicht rechtfertigt ( BGE 82 IV 98 f.). Daher ist es nach der angeführten Rechtsprechung auch nicht zulässig, die vorwiegend üble Absicht ohne weiteres dann zu bejahen, wenn eine begründete Veranlassung zur Äusserung fehlte. Der Richter hat zu prüfen, ob die Äusserung nicht tatsächlich auf Beweggründe zurückzuführen war, die zwischen begründeter Veranlassung und übler Absicht lagen (a.a.O. S. 100). Umsomehr muss er das tun, wenn Umstände nachgewiesen sind, die die Äusserung objektiv rechtfertigten. 2. Mit der Auffassung, die Beschwerdeführerin habe keine begründete Veranlassung gehabt, ihre abschätzige Äusserung über die Beschwerdegegnerin zu tun, verkennt das Obergericht den Rechtsbegriff der begründeten Veranlassung. Eine solche fehlt nicht deshalb, weil die Beschwerdeführerin weder Spahn kannte, noch in näheren Beziehungen zu dessen Auftraggeber Dr. Herzog stand. Auch wer von einem Unbekannten im Auftrage einer Person, mit der der Befragte keine Beziehungen unterhält, um Auskunft gebeten wird, kann begründete Veranlassung haben, sich zu äussern. Er kann dem Fragenden oder dessen Auftraggeber einen Dienst erweisen wollen. Warum solche Dienstfertigkeit nur gegenüber Personen gerechtfertigt sein sollte, die man kennt und denen man nahe steht, ist nicht zu ersehen. Dr. Herzog hatte ein berechtigtes Interesse, sich über die Beschwerdegegnerin zu erkundigen, gegen die er ein zahnärztliches Honorar eingeklagt hatte oder einklagen BGE 89 IV 190 S. 193 wollte. Für ihn konnte es von Bedeutung sein, nachzuweisen, dass die Beschwerdegegnerin es mit der Wahrheit nicht ernst zu nehmen pflege. Diesem Interesse durfte die Beschwerdeführerin Rechnung tragen, als sie von Spahn befragt wurde. Dass dieser sie nur "sehr summarisch" aufklärte, wie das Obergericht sagt, oder "nicht einmal etwas Näheres über die Honorarstreitigkeit zwischen Dr. Herzog und der Beschwerdegegnerin wusste", wie dem Urteil des kantonalen Kassationsgerichtes zu entnehmen ist, ändert nichts. Die summarische Aufklärung bestand nach den Zeugenaussagen des Spahn darin, dass Dr. Herzog ihre Zähne behandelt habe. Das genügte, um eine Auskunft, wonach die Beschwerdeführerin Frau Hofmann als frech und lügnerisch kenne, objektiv zu rechtfertigen. Die Beschwerdeführerin durfte davon ausgehen, Dr. Herzog verfolge mit der Einziehung der Auskunft seine Interessen als angeblicher Gläubiger der Beschwerdegegnerin. Weitere Einzelheiten brauchte sie nicht zu kennen. Sie brauchte auch nicht in der Lage zu sein, im Zivilprozess zwischen Dr. Herzog und der Beschwerdegegnerin "zur Sache" aussagen zu können. In einem Streit um die Frage, ob die Behandlung stattgefunden habe, konnte auch ein blosser Leumundszeuge von Nutzen sein. Sogar ohne Prozess hatte die Mitteilung der Beschwerdeführerin für Dr. Herzog einen Wert, denn sie konnte ihn in der Auffassung bestärken, dass seinerseits kein Irrtum vorliege. Unerheblich ist auch, dass die Beschwerdeführerin seit der Erledigung ihres Ehrverletzungsprozesses aus dem Jahre 1951 oder 1952 mit der Beschwerdegegnerin nichts mehr zu tun gehabt hatte; denn nicht in persönlichen Beziehungen der Parteien, sondern in den Interessen des Dr. Herzog liegt der Rechtfertigungsgrund, der von einer objektiv begründeten Veranlassung zu sprechen erlaubt. Das Obergericht verkennt den Begriff der begründeten Veranlassung auch damit, dass es sie verneint, weil die Beschwerdeführerin habe befürchten müssen, mit der Beschwerdegegnerin neuerdings Streit zu bekommen. Würde diese Auffassung BGE 89 IV 190 S. 194 geschützt, so dürfte niemand eine ehrverletzende Wahrheit aussprechen, wenn er befürchten müsste, sich deswegen mit dem Betroffenen zu überwerfen oder von neuem zu überwerfen. Auch die Tatsache, dass die Erfahrung um neun Jahre zurücklag, welche die Beschwerdeführerin mit der Beschwerdegegnerin gemacht haben will, schliesst die begründete Veranlassung nicht aus. Spahn war von Dr. Herzog beauftragt, "an früheren Wohnorten von Frau Hofmann bei Hausleuten Nachfrage zu halten". Er musste sich also bew-usst sein, dass die Auskunft der Beschwerdeführerin sich auf die Zeit bezog, da die Beschwerdegegnerin im gleichen Haus gewohnt hatte, und nur auf Beziehungen beruhte, wie sie unter Bewohnern eines Miethauses zu bestehen pflegen und mit dem Wegzug des einen üblicherweise enden. Diese Auskunft konnte zusammen mit andern dennoch dafür sprechen, dass die Beschwerdegegnerin von der Wahrheit abwich, als sie die Behandlung des Dr. Herzog bestritt. 3. Mit dem objektiven Vorliegen einer begründeten Veranlassung ist nicht gesagt, dass auch subjektiv die Äusserung aus begründeter Veranlassung erfolgte. Die Beschwerdeführerin hat im kantonalen Verfahren erklärt, sie habe gedacht, Dr. Herzog komme auf Grund ihrer Auskunft eher zu seinem Geld; sie habe angenommen, seine Rechnung sei ohne weiteres in Ordnung; sie habe dem Recht zum Durchbruch verhelfen wollen. Sollte diese Aussage zutreffen, so wäre der Beweggrund des Handelns auf begründete Veranlassung zu bejahen. Die Beschwerdeführerin brauchte nicht zu wissen, wie es im einzelnen dazu kommen könnte, dass ihre Aussage dem Dr. Herzog zu seinem Recht verhelfen würde. Es genügt, wenn sie sich vorstellte, sie seien ihm in der Auseinandersetzung mit der Beschwerdegegnerin irgendwie nützlich. Das Obergericht nimmt zu der erwähnten Aussage der Beschwerdeführerin über den Beweggrund nicht ausdrücklich Stellung. Es begnügt sich mit den Sätzen, ihr Verhalten lasse sich nur so erklären, dass von ihrem früheren BGE 89 IV 190 S. 195 Prozesse her ein gewisses Ressentiment gegen die Beschwerdegegnerin zurückgeblieben sei; nach neun Jahren habe sie gar nicht wissen können, wie diese sich in der Zwischenzeit entwickelt habe; ihre Äusserung könne bei der ganzen Verumständung nur vorwiegend in der Absicht erfolgt sein, der Klägerin Übles vorzuwerfen. Diese Erwägungen schliessen unmittelbar an die Ausführungen an, mit denen das Obergericht die begründete Veranlassung objektiv verneint. Sie beruhen auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung, nämlich auf der Verkennung des Begriffs der begründeten Veranlassung und folglich auch des Begriffs des Vorwiegens der Absicht, Übles vorzuwerfen. Das angefochtene Urteil muss daher aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung zurückgewiesen werden. Das Obergericht hat unter Berücksichtigung des richtigen Begriffs der begründeten Veranlassung zu entscheiden, ob der von der Beschwerdeführerin angegebene Beweggrund ihres Handelns bestanden hat. Wenn ja, hat die Beschwerdeführerin nicht vorwiegend in der Absicht gehandelt, der Beschwerdegegnerin Übles vorzuwerfen, und muss sie zum Wahrheits- oder Entlastungsbeweis zugelassen werden.
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nan
de
1,963
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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859cf4fa-2792-4279-ac96-111d45bf04cd
Urteilskopf 103 V 63 16. Auszug aus dem Urteil vom 25. Oktober 1977 i.S. Kuni gegen Ausgleichskasse Basel-Stadt und Kantonale Rekurskommission für die Ausgleichskassen, Basel
Regeste Art. 16 Abs. 1 und Art. 84 Abs. 1 AHVG . - Für Tatsache und Zeitpunkt der Verfügungszustellung trägt die Verwaltung die Beweislast (Praxis). - Wenn es - wegen drohender Verwirkung oder aus anderen Gründen - auf den genauen Zustellungszeitpunkt ankommt, drängt sich die Zustellung einer Verfügung in eingeschriebener Sendung oder auf eine andere geeignete und nachweisbare Art auf.
Sachverhalt ab Seite 64 BGE 103 V 63 S. 64 Aus dem Tatbestand: A.- Die Ausgleichskasse Basel-Stadt erliess mit Datum vom 28. Dezember 1976 für Ruth Kuni eine Verfügung über die Festlegung der persönlichen Sozialversicherungsbeiträge für das Jahr 1971 und mit Datum vom 30. Dezember 1976 eine Unterstellungsverfügung mit Wirkung ab 1. Januar 1971. Die beiden Verfügungen wurden Ruth Kuni mit gewöhnlicher Post zugestellt. B.- Ruth Kuni liess gegen die Beitragsverfügung bei der Kantonalen Rekurskommission für die Ausgleichskassen Beschwerde erheben und geltend machen, beide Verfügungen seien in einen Briefumschlag verpackt worden, der den Poststempel "31.12.76 - 10, Briefannahme 4000 Basel" trage. Es sei ausgeschlossen, dass sie noch am gleichen Tag im Besitze der Postsendung gewesen sei, somit sei die Beitragsforderung verjährt. - Die Rekurskommission wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. April 1977 ab. C.- Die Versicherte lässt rechtzeitig Verwaltungsgerichtsbeschwerde einreichen und die Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sowie der Beitragsverfügung beantragen. Zur Begründung Wird im wesentlichen geltend gemacht, die Behauptung der Ausgleichskasse, wonach die Beitragsverfügung am 28. Dezember 1976 und die Unterstellungsverfügung am 30. Dezember 1976 versandt worden sei, stimme nicht, weil nach dem bei den Akten liegenden Briefumschlag der Postversand am 31. Dezember 1976, vormittags 10.00 Uhr, erfolgt sei. Dass beim Versand der Beitragsverfügung bereits aus irgend einem Grunde eine Verzögerung eingetreten sei, gehe daraus hervor, dass das ursprüngliche Datum der Verfügung BGE 103 V 63 S. 65 (27. Dezember 1976) nachträglich von Hand auf den 28. Dezember 1976 korrigiert worden sei. Es liege der Schluss nahe, dass eine weitere Verzögerung eingetreten sei; dies insbesondere auch deshalb, weil die Unterstellungsverfügung Grundlage der Beitragsverfügung bilde. Die Ausgleichskasse habe jedenfalls den nötigen Nachweis der fristgerechten Zustellung nicht erbracht. Die Ausgleichskasse beruft sich in ihrer Vernehmlassung auf die Aussagen der Beamten, die organisatorischen Abläufe sowie die gesamten Umstände und Indizien. Eine eingeschriebene Zustellung von Verfügungen sei weder vorgeschrieben noch üblich. In einer weiteren Eingabe belegt die Ausgleichskasse, dass eine am 28. Dezember 1976 versandte Verfügung bereits am 29. Dezember beim Adressaten eingetroffen war. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Gemäss Art. 16 Abs. 1 AHVG können Beiträge, die nicht innert 5 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, für welches sie geschuldet sind, durch Verfügung geltend gemacht werden, nicht mehr eingefordert oder entrichtet werden. Nach ständiger Rechtsprechung zeitigt diese Frist Verwirkungsfolgen. Mit ihrem Ablauf erlischt die Beitragsschuld, ohne dass ein der Naturalobligation entsprechendes Rechtsverhältnis bestehen bleibt, das freiwillig erfüllt werden könnte ( BGE 100 V 154 mit Verweisungen, BGE 97 V 144 ). b) Die Eröffnung einer Verfügung ist eine empfangsbedürftige, nicht aber eine annahmebedürftige einseitige Rechtshandlung; sie entfaltet daher ihre Rechtswirkungen vom Zeitpunkt ihrer ordnungsgemässen Zustellung an; ob der Betroffene vom Verfügungsinhalt Kenntnis nimmt oder nicht, hat keinen Einfluss (IMBODEN/RHINOW, Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl., Band I, Nr. 84 B Ia, S. 527). 2. a) Entscheidend ist somit im vorliegenden Fall, ob die Beitragsverfügung der Beschwerdeführerin bis spätestens am 31. Dezember 1976 ordnungsgemäss eröffnet war; denn am 1. Januar 1977 war die Beitragsforderung gemäss Art. 16 Abs. 1 AHVG verwirkt. Der Beweis der Tatsache sowie des Zeitpunktes der Zustellung obliegt der Verwaltung (vgl. dazu die Zusammenfassung der Rechtsprechung in BGE 99 Ib 356 ). Weil der Sozialversicherungsprozess von der Untersuchungsmaxime BGE 103 V 63 S. 66 beherrscht wird, handelt es sich dabei nicht um die subjektive Beweisführungslast ( Art. 8 ZGB ), sondern in der Regel nur um die sogenannte objektive Beweislast in dem Sinne, dass im Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte ( BGE 96 V 95 ). Wird die Tatsache oder das Datum der Zustellung uneingeschriebener Sendungen bestritten, muss daher im Zweifel auf die Darstellung des Empfängers abgestellt werden (IMBODEN/RHINOW, a.a.O., Nr. 91 B I, S. 560). b) Es ist der Ausgleichskasse beizupflichten, dass keine Vorschrift besteht, Verfügungen in eingeschriebener Sendung dem Adressaten zuzustellen. Eine solche Regelung wäre denn auch bei der Menge der zu versendenden Verfügungen einer Ausgleichskasse unpraktikabel und der Aufwand sowohl für die Kasse wie auch für die Postbetriebe zu gross. Im Hinblick auf die dargelegte Beweislast der Kasse drängt sich jedoch die Zustellung einer Verfügung in eingeschriebener Sendung oder auf andere, geeignete und nachweisbare Art stets dann auf, wenn es - wegen drohender Verwirkung oder aus ähnlichen Gründen - auf den genauen Zeitpunkt der Zustellung ankommt. Der normale, organisatorische Ablauf bei der Verwaltung im Versand der Verfügungen ist nicht geeignet, den erforderlichen Nachweis zu erbringen (vgl. BGE 99 Ib 360 Erw. 3). Einerseits kann sich beim Versand aus irgendwelchen Gründen eine Verzögerung ergeben - der Versand der Unterstellungsverfügung vom 30. Dezember 1976 erfolgte nicht am gleichen Tag, wie es nach der Praxis der Ausgleichskasse üblich sein soll, sondern erst am 31. Dezember 1976 vormittags -, anderseits kann es angesichts der Zunahme des Postverkehrs, insbesondere aber in Spitzenzeiten des Postverkehrs wie über Weihnacht/Neujahr zu Verspätungen in der Zustellung kommen. 3. Nach Darstellung der Ausgleichskasse wurden die beiden Verfügungen mit separater Post verschickt. Die Beschwerdeführerin legt jedoch nur einen Briefumschlag zu den Akten, in dem beide Verfügungen gleichzeitig zugestellt Worden seien. Ob ein allfälliger weiterer Briefumschlag aus Unachtsamkeit der Beschwerdeführerin verlorenging, kann dahingestellt bleiben. Zunächst kann dem Bürger nicht zugemutet BGE 103 V 63 S. 67 werden, alle eine amtliche Mitteilung enthaltenden Umschläge aufzubewahren, um für allfällige künftige Streitigkeiten über die Wahrung einer Frist gewappnet zu sein. Sodann würde mit der Vorlegung des für die Eröffnung der Beitragsverfügung verwendeten Umschlags bloss bewiesen, dass die Sendung die Aufgabepoststelle in einem bestimmten Zeitpunkt passiert hat und damit ein blosses Indiz dafür geliefert, dass es zur Zustellung binnen einer normalen Zeitspanne zwischen dem Abgang von der Aufgabepoststelle und der Verteilung gekommen ist; die Möglichkeit von Verspätungen oder Fehlleitungen im Postbetrieb würde durch solche Beweisführung nicht ausgeschlossen. Schliesslich ist es, wie dargelegt, nicht Sache des Empfängers einer amtlichen Mitteilung, sondern der Verwaltung, den Nachweis der ordnungsgemässen Eröffnung zu erbringen. 4. Da nach dem Gesagten der erforderliche Nachweis der Eröffnung der Beitragsverfügung vom 28. Dezember 1976 bis spätestens 31. Dezember 1976 nicht erbracht ist, muss auf die Darstellung der Beschwerdeführerin abgestellt werden. Die noch verbleibende Beitragsforderung der Ausgleichskasse im Restbetrag von Fr. 131.-- hat somit als verwirkt zu gelten. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der vorinstanzliche Entscheid vom 21. April 1977 sowie die Kassenverfügung vom 28. Dezember 1976 im Restbetrag von Fr. 131.-- aufgehoben.
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1,977
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859e3c0e-e204-4bd5-a664-78e4193fd66c
Urteilskopf 138 IV 205 30. Extrait de l'arrêt de la Cour de droit pénal dans la cause X. contre Ministère public du canton de Genève (recours en matière pénale) 6B_753/2011 du 14 août 2012
Regeste Art. 429 Abs. 1 lit. a und Art. 436 Abs. 2 StPO ; Entschädigung für Kosten der Verteidigung. Die beiden Bestimmungen regeln die Entschädigung für die Kosten eines Wahlverteidigers. Der freigesprochene Angeschuldigte, dem die unentgeltliche Rechtspflege gewährt wurde, ist grundsätzlich von der Kostenpflicht für die amtliche Verteidigung befreit und kann deshalb keine Entschädigung für seine Verteidigung verlangen (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 138 IV 205 S. 205 A. Par jugement du 5 juillet 2011, le Tribunal correctionnel du canton de Genève a notamment acquitté X. des chefs d'accusation d'infraction à la LStup et de séjour illégal; il a ordonné sa libération immédiate. Par arrêt du 11 octobre 2011, la Chambre pénale d'appel et de révision de la Cour de justice genevoise a déclaré irrecevable l'appel formé par le Ministère public contre ce jugement et a laissé les frais de la procédure à la charge de l'Etat. BGE 138 IV 205 S. 206 B. X. forme un recours en matière pénale au Tribunal fédéral contre cet arrêt, concluant à son annulation et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale. Il sollicite par ailleurs l'assistance judiciaire. Des déterminations n'ont pas été requises. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Invoquant une violation des art. 29 Cst. et 429 ss CPP (RS 312.0), plus particulièrement de l' art. 436 CPP , le recourant se plaint de ce que la cour cantonale ne lui ait pas alloué d'indemnité de dépens pour la procédure d'appel. L'invocation de l' art. 29 Cst. n'a pas de portée propre par rapport à la violation alléguée des art. 429 et 436 al. 2 CPP . L' art. 429 al. 1 let. a CPP prévoit que si le prévenu est acquitté totalement ou en partie ou s'il bénéficie d'une ordonnance de classement, il a droit à une indemnité pour les dépenses occasionnées par l'exercice raisonnable de ses droits de procédure. Cette disposition s'applique aux voies de recours (y inclus l'appel) en vertu de l' art. 436 al. 1 CPP . L' art. 436 al. 2 CPP spécifie en outre pour la procédure de recours que si ni un acquittement total ou partiel, ni un classement de la procédure ne sont prononcés mais que le prévenu obtient gain de cause sur d'autres points, il a droit à une juste indemnité pour ses dépenses. L'indemnité selon les art. 429 al. 1 let. a et 436 al. 2 CPP concerne les dépenses du prévenu pour un avocat de choix (cf. WEHRENBERG/BERNHARD, in Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2011, n° 12 ad art. 429 CPP et n° 3 in fine ad art. 436 CPP ; NIKLAUS SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung, Praxiskommentar, 2009, n° 7 ad art. 429 CPP ; YVONA GRIESSER, in Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch/Hansjakob/Lieber [éd.], 2010, n° 4 ad art. 429 CPP ). En l'espèce, le recourant n'a pas été défendu par un avocat de choix mais a bénéficié de l'assistance judiciaire pour la procédure cantonale et par ce biais d'un défenseur d'office. Les frais imputables à la défense d'office font partie des frais de procédure (cf. art. 422 al. 2 let. a CPP ), le prévenu n'ayant toutefois en principe pas à supporter les frais afférents à la défense d'office (cf. art. 426 al. 1 CPP ). Il apparaît dès lors que le recourant n'a pas lui-même supporté de dépenses relatives à un avocat de choix. Il ne saurait donc prétendre à une indemnité à ce titre, les conditions des art. 429 al. 1 let. a et 436 al. 2 CPP n'étant pas réalisées. BGE 138 IV 205 S. 207 Le recourant fait valoir que si sa situation financière devait le permettre, il serait exposé à l'avenir à devoir rembourser à l'Etat les frais d'honoraires pour la défense d'office et à payer à son avocat la différence entre l'indemnité de défenseur d'office et les honoraires qu'aurait touchés un défenseur privé (cf. art. 135 al. 4 CPP ). Conformément à la teneur de cette disposition, cette hypothèse n'est susceptible de concerner que le prévenu condamné aux frais de procédure, ce qui ne paraît pas être le cas du recourant. Quoi qu'il en soit, une indemnité selon les art. 429 al. 1 let. a et 436 al. 2 CPP ne saurait, la loi ne prévoyant pas un tel cas de figure, être accordée conditionnellement pour le cas où la situation visée à l' art. 135 al. 4 CPP se produirait. Le recourant ne saurait donc prétendre à une indemnité pour ses frais de défense dans la procédure d'appel. Son grief est infondé et le recours doit être rejeté dans la mesure où il est recevable.
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Urteilskopf 116 II 689 120. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Dezember 1990 i.S. Bank X gegen M. H. (Berufung)
Regeste Haftung des vollmachtlosen Stellvertreters ( Art. 39 OR ). 1. Der vollmachtlose Stellvertreter haftet aus Bereicherungsrecht auch dann, wenn er die Leistung selber nicht empfangen hat, sondern diese durch Anweisung einem andern hat zukommen lassen (E. 3b). 2. Welche Folgen zeitigt ein Selbstverschulden des Verhandlungspartners an der Unkenntnis des Vollmachtsmangels auf seinen Schadenersatzanspruch? (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 689 BGE 116 II 689 S. 689 A.- Über die von ihm beherrschte Gesellschaft N. S.p.a. beaufragte K. H. in den Jahren 1969 und 1970 die Bank X (Beklagte), der K. H. AG einen treuhänderischen Kredit von DM 750'000.-- zu gewähren, wobei Rückzahlungen aus dem Darlehen bis zu DM 600'000.-- seinem Privatkonto bei der Beklagten gutgeschrieben werden sollten. Mit Vertrag vom 1. Oktober 1975 trat die ebenfalls von K. H. beherrschte I. an Stelle der N. S.p.a. in die Rechtsstellung der Treugeberin ein. Die beiden Gesellschaften I. und K. H. AG trat K. H. mit Rechtsgeschäft unter Lebenden seinem Sohn M. H. (Kläger) ab. Das Privatkonto, auf welches die Rückzahlungen angewiesen wurden, ging mit seinem Tod auf die Ehefrau als Alleinerbin und nach deren Ableben auf die Geschwister des Klägers über. Noch zu Lebzeiten seiner Mutter hatte der Kläger die Beklagte angewiesen, die Zahlungen aus dem Treuhandkredit nicht mehr deren Privatkonto, sondern der I. gutzuschreiben. Die Beklagte nahm diese Weisung entgegen, ohne sich näher um die Legitimation BGE 116 II 689 S. 690 des Klägers zu kümmern, und leitete erhebliche Beträge weisungsgemäss um. B.- Der Kläger hielt bei der Beklagten Guthaben von insgesamt Fr. 196'942.--, welchen Betrag nebst Zins er mit Klage vom 28. März 1989 zur Auszahlung forderte. Die Beklagte widersetzte sich dem Begehren mit einer Verrechnungsforderung auf Schadenersatz und ungerechtfertigte Bereicherung von Fr. 256'836.30 aus vollmachtloser Stellvertretung. Am 11. April 1990 schützte das Handelsgericht des Kantons Zürich die Klage im Betrage von Fr. 29'051.10 nebst Zins. Das Bundesgericht heisst die Berufung der Beklagten teilweise gut und weist die Streitsache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Für die rechtliche Beurteilung der Streitsache ist davon auszugehen, dass der Kläger als vollmachtloser Stellvertreter seiner Mutter die Beklagte wissentlich und willentlich angewiesen hat, bestimmte Gelder nicht deren Privatkonto, sondern demjenigen der I. gutzuschreiben, dass die Beklagte ihrerseits die Legitimation des Klägers zu dieser Anweisung nicht geprüft hat und mit Zahlungen von Fr. 188'782.30 an die jetzigen Inhaber des Privatkontos sowie mit Fr. 63'054.-- an Prozesskosten, total mit Fr. 251'836.30, zu Verlust gekommen ist. Das Handelsgericht bejaht grundsätzlich die Haftung des Klägers nach Art. 39 Abs. 1 OR für diesen Verlust, setzt die Ersatzpflicht aber zufolge Selbstverschuldens der Beklagten in Anwendung von Art. 44 Abs. 1 OR um einen Drittel auf Fr. 167'890.90 herab und verrechnet diesen Betrag mit dem Guthaben des Klägers bei der Beklagten. Die Beklagte wendet sich unter Berufung auf Art. 38 ff., 41 ff. und 62 ff. OR gegen die Kürzung, der Kläger gegen einen Schadenersatz- oder Bereicherungsanspruch der Beklagten. a) Nach Art. 39 Abs. 1 OR haftet der vollmachtlose Stellvertreter für das negative, bei Verschulden nach Billigkeit zudem für das positive Interesse des Dritten ( Art. 39 Abs. 2 OR ), sofern dieser den Mangel der Vollmacht weder gekannt hat noch hätte kennen sollen ( BGE 106 II 132 E. 5 mit Hinweis). Vorbehalten bleibt zudem die Forderung aus ungerechtfertigter Bereicherung ( Art. 39 Abs. 3 OR ). BGE 116 II 689 S. 691 b) Die Fragen, ob die Beklagte den Mangel der Vollmacht hätte kennen müssen, und wie sich dieser Umstand allenfalls auf die Leistungspflicht des Klägers auswirkt, sind ohne Bedeutung, soweit der Anspruch der Beklagten sich auf Bereicherungsrecht ( Art. 62 ff. OR ) abzustützen vermag, da dieser Anspruch nach Art. 39 Abs. 3 OR in allen Fällen vorbehalten bleibt ( BGE 90 II 414 E. 5b). Ein Bereicherungsanspruch steht dem Dritten nicht nur gegenüber dem angeblich Vertretenen zu, der die Leistung empfangen, sondern auch gegenüber dem vollmachtlosen Stellvertreter, der sie zu Handen des angeblich Vertretenen entgegengenommen hat ( BGE 97 II 71 E. 4b, BGE 90 II 414 E. 5b). Aus ungerechtfertigter Bereicherung wird der vollmachtlose Stellvertreter auch rückerstattungspflichtig, wenn er die Leistung seinerseits einem Unbeteiligten, d.h. einem Vierten weitergegeben hat (ZÄCH, N 78 zu Art. 39 OR ). Vorliegend hat der Kläger als vollmachtloser Stellvertreter indessen keine unmittelbare Leistung empfangen, sondern diese durch Anweisung an die Beklagte der I. zukommen lassen. Es stellt sich die Frage, ob er aus ungerechtfertigter Bereicherung haftet oder sich darauf berufen kann, gegebenenfalls sei nicht er, sondern I. ungerechtfertigt bereichert. aa) Wird eine Anweisung aus dem Deckungsverhältnis oder aus dem Valutaverhältnis fehlerhaft und damit rechtsgrundlos erteilt und vollzogen, entsteht der Bereicherungsanspruch unter den Personen, zwischen denen die grundlose Zuwendung stattgefunden hat, somit entweder zwischen denjenigen des Deckungs- oder denjenigen des Valutaverhältnisses (VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, Band I, 3. Aufl. 1979, S. 477/8 mit zahlreichen Hinweisen). Gleiches gilt, wenn es in beiden Leistungsverhältnissen an einem Rechtsgrund fehlt; auch diesfalls ist ein unmittelbarer Bereicherungsanspruch des Angewiesenen gegen den Leistungsempfänger zu verneinen. Die Rückabwicklung ist unter den jeweils an einem der Leistungsverhältnisse Beteiligten vorzunehmen und der Anweisende muss sich einen sogenannten Durchgangsverkehr anrechnen lassen, wie wenn die Leistung zunächst seinem Vermögen zugeflossen wäre (VON TUHR/PETER, a.a.O., S. 478 Fn. 28 mit Hinweisen). Andernfalls würde der Angewiesene Einwendungen des Leistungsempfängers aus dessen Rechtsbeziehungen zum Anweisenden oder aus Art. 64 OR ausgesetzt, mithin Risiken aus Rechtsverhältnissen, auf deren Gestaltung er keinen Einfluss hatte. BGE 116 II 689 S. 692 bb) Beruht der Rechtsfehler im Deckungsverhältnis auf mangelnder Vollmacht des anweisenden Stellvertreters, haftet der vollmachtlose Stellvertreter als Schuldner an Stelle oder je nach Verwendung der Leistung neben dem angeblich Vertretenen. Eine Bereicherung der Inhaber des Privatkontos ist vorliegend nicht erstellt, der Kläger somit gegenüber der Beklagten allein rückleistungspflichtig. Er muss sich den fingierten Durchgangserwerb als ungerechtfertigte Bereicherung anrechnen lassen. Ob im Valutaverhältnis gültig geleistet wurde, ist nach dem Gesagten im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen. Allerdings ist der Kläger nicht im gesamten Ausmass des von der Vorinstanz festgestellten Verlusts der Beklagten ungerechtfertigt bereichert, vielmehr nur im Umfange seines Durchgangserwerbs, d.h. rechtsgrundlos erfolgten Leistungen der Beklagten an I. Deren genaue Höhe lässt sich den Feststellungen der Vorinstanz nicht entnehmen; sie braucht sich - insbesondere im Hinblick auf möglicherweise unterschiedliche Zinssätze - auch nicht mit den Zahlungen der Beklagten an die jetzigen Inhaber des Privatkontos gemäss dem Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 2. September 1988 zu decken. Den Betrag der rechtsgrundlos erfolgten Zuwendungen wird die Vorinstanz daher festzustellen haben. Daraus ergibt sich die Bereicherung des Klägers, welche nebst Bereicherungszins ( BGE 84 II 186 E. 4) herauszugeben ist. Angesichts des verbindlich festgestellten Wissens des Klägers um die fehlende Vollmacht und aufgrund seines Handlungsvorsatzes ist ihm dabei die Entreicherungseinrede nach Art. 64 OR von vornherein verschlossen ( BGE 93 II 379 ; KELLER/SCHAUFELBERGER, Das Schweizerische Schuldrecht, Band III, S. 85). c) Soweit der verbindlich festgestellte Verlust der Beklagten von Fr. 251'863.30 die Bereicherung des Klägers übersteigt, stellt sie Schaden im Rechtssinne dar und es ist zu prüfen, ob der Kläger dafür Ersatz zu leisten hat. aa) Der Schadenersatzanspruch aus Art. 39 OR entfällt, wenn der Verhandlungspartner den Mangel der Vollmacht gekannt hat oder hätte kennen müssen (Abs. 1). Das Kennenmüssen entspricht der fahrlässigen Unkenntnis des Mangels, der Missachtung der nach den Umständen gebotenen Aufmerksamkeit (ZÄCH, N 19 zu Art. 39 OR ). Der Dritte muss folglich den Vollmachtsmangel dann kennen, wenn er die nach Art. 3 Abs. 2 ZGB geforderte Aufmerksamkeit ausser acht lässt und die Unaufmerksamkeit für die Unkenntnis des Vollmachtsmangels kausal ist (KOLLER, Der gute und BGE 116 II 689 S. 693 der böse Glaube im allgemeinen Schuldrecht, S. 46 Rz. 167). Eine solche Unaufmerksamkeit der Beklagten bejaht die Vorinstanz zu Recht. Durch Stellvertreter angeordnete Bankanweisungen sind besonders sorgfältig zu überprüfen, Bankvollmachten bereits nach Verkehrsübung auf ihre Echtheit hin (ZÄCH, N 19 zu Art. 39 OR ). Eine Bank verletzt ihre Sorgfaltspflichten, wenn sie auf die Vorlage einer Vollmacht überhaupt verzichtet und dem angeblichen Stellvertreter bloss aufgrund bestehender Geschäftsbeziehungen und verwandtschaftlicher Bindungen zum Vertretenen Vertrauen schenkt. Beizupflichten ist der Vorinstanz zudem darin, dass die Sorgfaltspflichtverletzung und damit Fahrlässigkeit der Beklagten nicht als leicht zu werten ist. Kontrovers ist in der Lehre die Frage, welche Folgen ein Selbstverschulden des Dritten an der Unkenntnis des Vollmachtsmangels auf seinen Schadenersatzanspruch aus Art. 39 OR zeitigt. Während einige Autoren im Fehlen eigenen Verschuldens eine negative Haftungsvoraussetzung erblicken und demzufolge bei gegebener Fahrlässigkeit einen Ersatzanspruch zwingend ausschliessen (ZÄCH, N 20 zu Art. 39 OR ; BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 2. Aufl. 1988, S. 644; KOLLER, a.a.O., S. 118 Rz. 381; GEORGES VIOLAND, Die Stellvertretung ohne Ermächtigung, Diss. St. Gallen 1988, S. 152), lassen andere ein Selbstverschulden des Dritten als blossen Herabsetzungsgrund im Sinne von Art. 44 OR gelten (OSER/SCHÖNENBERGER, N 15 zu Art. 39 OR ; BECKER, N 7 zu Art. 39 OR ; PIOTET, Culpa in contrahendo, S. 102; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, S. 276; KARL SCHERRER, Das negative Vertragsinteresse als Schadenersatz aus unwirksamen Verträgen, Diss. Zürich 1928, S. 39). Das Bundesgericht hat zu Art. 48 aOR ohne nähere Begründung die Auffassung vertreten, ein Selbstverschulden des Dritten gebe einen Herabsetzungsgrund ab ( BGE 27 II 210 E. 8), sich später aber mit der Frage nicht mehr befasst. Nach anscheinend unbestrittener Auffassung zu § 179 Abs. 3 BGB, welcher inhaltlich dem schweizerischen Recht entspricht, schliesst Fahrlässigkeit des Dritten im deutschen Recht eine Haftung des vollmachtlosen Stellvertreters aus (SOERGEL/LEPTIEN, N 19 zu § 179 BGB; FLUME, Das Rechtsgeschäft, S. 804), und kommt insbesondere § 254 Abs. 1 BGB über die Herabsetzung des Schadenersatzes zufolge Selbstverschuldens des Geschädigten nicht zur Anwendung (THIELE, MünchKomm, N 42 zu § 179 BGB). BGE 116 II 689 S. 694 bb) Eine Gesetzesbestimmung ist in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen. An einen klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde grundsätzlich gebunden, solange dieser den wirklichen Sinn der Norm wiedergibt ( BGE 114 II 406 E. 3). Bei der Auslegung des Gesetzes ist auch systematischen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen und danach zu trachten, eine Norm in das gesamte Rechtssystem zu integrieren und nach Möglichkeit Widersprüche zu vermeiden ( BGE 114 Ia 197 E. cc). Die Auffassung, schuldhafte Unaufmerksamkeit des Geschädigten schliesse die Haftung aus, steht im Einklang mit dem Gesetzestext, aber im Widerspruch zum allgemeinen schweizerischen Schadenausgleichssystem, welches im deliktischen ( Art. 44 OR ) wie im vertraglichen ( Art. 99 Abs. 3 OR ) Haftpflichtrecht das Selbstverschulden grundsätzlich bloss als Herabsetzungsgrund und nur ausnahmsweise als Ausschlussgrund wertet, nämlich dann, wenn es von einer solchen Intensität ist, dass der adäquate Kausalzusammenhang als unterbrochen erscheint. Der Bedeutungszusammenhang der Haftung des vollmachtlosen Stellvertreters zu den allgemeinen Grundsätzen des Haftpflichtrechts legt nahe, nicht jede als Sorgfaltspflichtverletzung zu wertende Unaufmerksamkeit des Partners sogleich als Haftungsausschluss zu verstehen, zumal dort nicht, wo auch der vollmachtlose Stellvertreter schuldhaft, namentlich vorsätzlich handelt. In solchen Fällen drängt sich vielmehr auf, Art. 44 OR analog heranzuziehen, und das Mass der Haftung des vollmachtlosen Stellvertreters in Abwägung der gegenseitig zu vertretenden Umstände festzulegen. Diese Auffassung lässt sich namentlich auch mit dem Regelungsgedanken von Art. 39 Abs. 2 OR in Einklang bringen, wonach der vollmachtlose Stellvertreter bei Verschulden auch für den weiteren Schaden, das positive Interesse, einzustehen hat, sofern dies der Billigkeit entspricht, und ein solcher Billigkeitsentscheid in Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände zu ergehen hat ( BGE 106 II 133 E. c). Im Rahmen dieses Ermessens aber besteht durchaus Raum, auch beidseitigem Verschulden angemessen Rechnung zu tragen. Insoweit ist daher die Rechtsauffassung der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Der Kläger hat vorsätzlich vollmachtlos gehandelt; der Beklagten ist eine nicht leichte Sorgfaltspflichtverletzung (Fahrlässigkeit) vorzuwerfen. Eine Gewichtung des beidseitigen Verschuldens lässt die Kürzung des Schadenersatzanspruchs der Beklagten um einen Drittel in jeder Hinsicht als sachgerecht erscheinen.
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Urteilskopf 106 IV 306 77. Urteil des Kassationshofes vom 21. August 1980 i.S. R. gegen Statthalteramt Meilen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Zivilschutz. 1. Art. 52 ZSG gibt keinen Rechtsanspruch darauf, dass Kurse, Übungen und Rapporte der Ausbildung oder der Überprüfung der Einsatzbereitschaft jedes Pflichtigen dienen (Erw. 2). 2. Art. 84 Ziff. 1 lit. a ZSG . Eine "Dienstanzeige" ist kein Aufgebot im Sinne dieser Bestimmung (Erw. 3a). 3. Art. 40 Abs. 2 ZSV betreffend die Aufgebotsfrist ist blosse Ordnungsvorschrift (Erw. 3b).
Sachverhalt ab Seite 307 BGE 106 IV 306 S. 307 A.- R., selbständiger Unternehmer, ist als Blockchef in der Ortsschutzorganisation des Zivilschutzes Küsnacht eingeteilt. Am 23. November 1978 stellte die Zivilschutzstelle Küsnacht allen im Jahre 1979 schutzdienstpflichtigen Personen eine Dienstanzeige zu, in der ihnen mitgeteilt wurde, sie seien zur Dienstleistungspflicht im Rahmen der Gesamtverteidigungsübung des Feldarmeekorps 4 (FAK 4) vom 5.-8. März 1979 vorgesehen. Dieses Schreiben enthielt am Schluss folgenden Vermerk: "Sollten Sie drei Wochen vor Dienstbeginn kein Aufgebot erhalten haben, bitten wir Sie, sich sofort bei uns zu melden." R. erhielt sein persönliches Aufgebot als Patientenfigurant erst am 21. Februar 1979. Seine Sekretärin teilte der Zivilschutzstelle daraufhin telefonisch mit, dass er in Geschäften abwesend sei. Der zuständige Beamte erklärte ihr mündlich, dass ein Dispensgesuch mit dieser Begründung nicht bewilligt werde. R. leistete dem Aufgebot nicht Folge. B.- Mit Urteil vom 30. Oktober 1979 verurteilte der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirksgerichts Meilen R. in Anwendung von Art. 84 Ziff. 1 lit. a des Bundesgesetzes über den Zivilschutz (ZSG) vom 23. März 1962 in der Fassung vom 7. Oktober 1977 (vgl. AS 1962 S. 1108 in Verbindung mit AS 1971 S. 751 und AS 1978 I S. 60), in Kraft seit 1. Februar 1978 (SR 520.1) zu einer Busse von Fr. 300.--. Das Obergericht des Kantons Zürich hat am 10. März 1980 eine dagegen eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen. C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt R., der Beschluss des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zu neuer Entscheidung an die kantonale Behörde zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer hat sich, wenn überhaupt, nach dem 23. November 1978 verfehlt, so dass auf ihn das Zivilschutzgesetz in der Fassung vom 7. Oktober 1977, in Kraft seit 1. Februar 1978, anwendbar ist. Die einschlägigen Stellen des Art. 84 Ziff. 1 lauten: BGE 106 IV 306 S. 308 "1. Wer sich weigert, die ihm im Zivilschutz übertragenen Aufgaben zu übernehmen, ohne dispensiert oder aus Gesundheitsgründen hievon befreit zu sein, wer öffentlich ..., wer vorsätzlich oder fahrlässig a) einem Aufgebot nicht Folge leistet, sich aus dem Dienst entfernt oder sich auf andere Weise der Schutzdienstpflicht entzieht, b) ..., wird mit Haft oder mit Busse bestraft; in besonders leichten Fällen kann erstmals an die Stelle der Bestrafung eine Verwarnung durch die zuständige Kantons- oder Gemeindebehörde treten." Der Beschwerdeführer wurde bestraft, weil er als Patientenfigurant an der Übung vom 5.-8. März 1979 nicht teilnahm. 2. Der Beschwerdeführer macht in erster Linie geltend, das Aufgebot vom 21. Februar 1979 könne sich auf keine gesetzliche Grundlage stützen. Gemäss Art. 52 ZSG seien die Angehörigen der Zivilschutzorganisationen nach den Vorschriften des Bundes in Kursen, Übungen und an Rapporten auszubilden und einsatzbereit zu halten. Zivilschutzübungen hätten somit entweder der Ausbildung oder der Überprüfung der Einsatzbereitschaft der Pflichtigen zu dienen. Vorliegend sei der Beschwerdeführer zwar zu einer Zivilschutzübung aufgeboten worden, jedoch nicht als Übungsteilnehmer, sondern ausdrücklich als Patientenfigurant. Es sei aber nicht einzusehen, inwiefern das reglose Herumliegen unter Trümmern als Patientenfigurant im geringsten einem dieser Zwecke hätte förderlich sein können. Dem gegenüber habe der Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch darauf, dass seine Übungen entweder seiner Weiterbildung oder der Überprüfung seiner persönlichen Einsatzbereitschaft dienten. Das gelte insbesondere für einen ausgebildeten Blockchef, dem die Betreuung der Schutzrauminsassen, nicht aber allfälliger Verletzter obliege. Er sei kein eigentlicher Übungsteilnehmer, wie die Dienstanzeige vom 23. November 1978 beweise, die seinen Einsatz als Patientenfigurant vorgesehen habe. Es könne ihm auch nicht vorgeworfen werden, dass er auf die nicht beschwerdefähige Vororientierung vom November 1978 nicht remonstriert habe. Vorweg ist festzuhalten, dass keine Rechtsnorm besteht, die dem Beschwerdeführer einen Anspruch gäbe, ausschliesslich in seiner speziellen Funktion als Blockchef eingesetzt zu werden. Der Ernstfall wie ein bestimmter Übungszweck kann dazu führen, dass ein Zivilschutzangehöriger ausserhalb der BGE 106 IV 306 S. 309 ihm allenfalls sonst speziell zugewiesenen Aufgabe eingesetzt wird. Die Ausbildung und die Einsatzbereitschaft der Zivilschutzangehörigen sind nicht Selbstzweck. Sie dienen letztlich der Leistungsfähigkeit des Zivilschutzes an sich. Der Einsatz des Küsnachter Zivilschutzes erfolgte im Rahmen der Gesamtverteidigungsübung des FAK 4 und sollte die Arbeit des Zivilschutzes unter erschwerten Bedingungen überprüfen, wozu unter anderem vollbelegte Schutzräume und eine grosse Zahl (supponierter) Verwundeter gehörten. Da die örtliche Schutzorganisation personell zu schwach war und noch Freiwillige gesucht werden mussten, war es keineswegs schikanös, den Beschwerdeführer als supponierten Verwundeten aufzubieten. Als Blockchef war er für die Betreuung der Schutzrauminsassen verantwortlich. Als solchem konnten ihm negative und positive Erfahrungen als Figurant durchaus nützlich sein. Insoweit war die dem Beschwerdeführer zugedachte Verwendung keineswegs sinnlos. Das Aufgebot des Beschwerdeführers zur Zivilschutzübung war daher durch die gesetzliche Zivilschutzpflicht gedeckt und rechtmässig, dessen Nichtbefolgung insoweit strafbar. 3. Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, das Aufgebot zur Übung vom 5. März 1979 sei ihm erst am 21. Februar 1979 und nicht mindestens vier Wochen vor Dienstantritt ( Art. 40 Abs. 2 ZSV ) zugestellt worden. Die Vorinstanz hat dies nicht übersehen, wendet aber ein, der Beschwerdeführer sei "bereits mit der Dienstanzeige vom November 1978 zu der Dienstleistung zwischen dem 5. und 8. März 1979 aufgeboten worden". Zusätzlich könnten die Kantone und Gemeinden gemäss Art. 40 Abs. 3 ZSV bestimmen, dass auch die öffentlich angeschlagenen Kurstableaus als Aufgebot gelten würden. Das müsse vermehrt für die Form einer persönlich adressierten Vorankündigung gelten, wie sie die Dienstanzeige vom 23. November 1978 darstelle. Im übrigen werde der Adressat in dieser Dienstanzeige noch ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass er sich sofort beim Zivilschutz Küsnacht zu melden habe, falls er drei Wochen vor Dienstbeginn noch kein Aufgebot erhalten haben sollte. a) Zunächst stellt sich die Frage, ob die "Dienstanzeige" vom 23. November 1978 schon ein Aufgebot im Sinne von Art. 84 Ziff. 1 lit. a ZSG darstellt. Wenn ja, wurde diesem rechtzeitig zugestellten Aufgebot nicht Folge geleistet. BGE 106 IV 306 S. 310 In der "Dienstanzeige" steht u.a.: "Der Ortschef beabsichtigt, alle Angehörigen der örtl. Schutzorganisation für mindestens vier Tage aufzubieten ... Diese Dienstanzeige gilt als Orientierung und gibt Ihnen Gelegenheit, sich rechtzeitig für den Dienst einzurichten. Das Aufgebot erfolgt später. Bitte orientieren Sie Ihren Arbeitgeber sofort. Dispensationen werden grundsätzlich keine bewilligt. Sollten Sie 3 Wochen vor Dienstbeginn kein Aufgebot erhalten haben, bitten wir Sie, sich sofort bei uns zu melden." Daraus folgt, dass diese Dienstanzeige noch nicht das Aufgebot, d.h. noch nicht der Befehl zur Dienstleistung war. Doch wurden die Zivildienstpflichtigen klar über den Zeitpunkt der schon beschlossenen Dienstpflicht Orientiert und darauf hingewiesen, dass grundsätzlich keine Dispensationen bewilligt würden. Der Vermerk, sich bei nicht rechtzeitigem Eintreffen des Aufgebots zu melden, lässt den Dienstpflichtigen auch erkennen, selbst ein nicht rechtzeitiges Aufgebot bedeute keinen Wegfall des vorgesehenen Dienstes. Das alles ändert aber nichts daran, dass die "Dienstanzeige" formell noch kein Aufgebot war. Sie schuf lediglich eine erhöhte Dienstbereitschaft. Indem der Beschwerdeführer nicht den Dienst antrat, hat er daher kein in der Dienstanzeige liegendes Aufgebot missachtet. b) Es stellt sich daher die weitere Frage, ob die Aufgebotsfrist von vier Wochen gemäss Art. 40 Abs. 2 ZSV eine Gültigkeits- oder nur eine Ordnungsvorschrift darstellt. Gesetz und Verordnung kann keine sichere Entscheidung entnommen werden. Das Aufgebot selber lautet auf Dienstleistung an bestimmten Tagen ohne Bezugnahme auf die vierwöchige Aufgebotsfrist. Das Gelingen einer Zivilschutzübung hängt regelmässig vom Zusammenwirken vieler Personen ab. Das spricht dafür, der Aufgebotsfrist nur Ordnungscharakter zuzuschreiben. Sonst müssten bei zeitlich knapper Versendung des Aufgebotes jene Pflichtigen, welche das Gebot auch nur kurz verspätet erhalten, an der Übung nicht teilnehmen, auch wenn ihnen dies zugemutet werden könnte. Der verspätete Erhalt des Aufgebotes kann hingegen ein Dispens- oder Verschiebungsgesuch rechtfertigen, wenn die Umstände die Rückstellung anderweitiger Verpflichtungen als unzumutbar erscheinen lassen. Auch kann die verspätete Zustellung die Säumnis allenfalls geringfügig erscheinen lassen oder sogar entschuldigen. BGE 106 IV 306 S. 311 War somit die Aufgebotsfrist lediglich Ordnungsvorschrift, so war das Aufgebot vom 20. Februar 1979 für den Beschwerdeführer verbindlich. Durch die Dienstanzeige vom 23. November 1978 war er über das kommende Aufgebot und die Dienstzeit rechtzeitig orientiert, so dass er seine Zeit einteilen konnte. Ohne Rücksprache und Ohne Bewilligung des Zivilschutzdienstes hätte er nicht anderweitig über die Dienstzeit verfügen dürfen. Der Beschwerdeführer kann sich daher nicht auf die verspätete Zustellung des Aufgebotes berufen. 4. Der Beschwerdeführer rügt, dass er nicht lediglich verwarnt worden sei, wie es "in besonders leichten Fällen ... erstmals" zulässig ist ( Art. 84 Ziff. 1 Abs. 4 ZSG ). Die Busse sei auch "massiv" übersetzt. Eine Ermessensüberschreitung lag weder im einen noch im anderen Sinne vor. Der Beschwerdeführer kann auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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CH_BGE_006
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85a7e33b-61dc-4eda-a311-eb00acce454c
Urteilskopf 115 IV 244 54. Urteil des Kassationshofes vom 15. November 1989 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 35 Abs. 1, 44 Abs. 1 und 34 Abs. 3 und 4 SVG; Art. 8 Abs. 3 und 36 Abs. 5 VRV; Fahren in parallelen Kolonnen, Rechtsvorbeifahren. 1. Ein Fahren in parallelen Kolonnen ist bei dichtem Verkehr, d.h. bei längerem Nebeneinanderfahren von mehreren sich in gleicher Fahrtrichtung bewegenden Fahrzeugreihen gegeben (E. 3a). 2. Abgrenzung zwischen Rechtsvorbeifahren, Rechtsüberholen und Spurwechsel nach Art. 44 Abs. 1 SVG (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 244 BGE 115 IV 244 S. 244 A.- Mit Strafbefehl vom 2. September 1988 des Bezirksamtes Zofingen wurde C. S. wegen Widerhandlung gegen Art. 34 Abs. 3 und 4, Art. 35 Abs. 1 bis 3, Art. 44 Abs. 1 SVG und Art. 36 Abs. 5 VRV in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 1 und 2 SVG zu einer Busse von Fr. 350.-- verurteilt. Es wird ihm ungenügender Abstand BGE 115 IV 244 S. 245 beim Hintereinanderfahren bzw. zu nahes Aufschliessen auf der Autobahn vorgeworfen sowie verbotenes Rechtsüberholen auf der Autobahn mit Behinderung, indem er beim Wiederausschwenken auf die Überholspur den auf der Überholspur fahrenden PW von B. von F. behinderte und diesen gegen die Mittelleitplanke abdrängte. Gegen diesen Strafbefehl erhob C. S. Einsprache. Das Bezirksgericht Zofingen bestätigte den Strafbefehl. Eine dagegen eingereichte Berufung des Verurteilten wies das Obergericht Aargau am 20. April 1989 ab. B.- Gegen dieses Urteil führt C. S. beim Bundesgericht Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Entscheid aufzuheben. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz lehnte die Anwendbarkeit von Art. 36 Abs. 5 VRV (in der Fassung vor der Revision vom 25. Januar 1989; neu Art. 36 Abs. 5 lit. a VRV ) ab, wonach auf Autobahnen beim Verkehr in parallelen Kolonnen rechts an anderen Fahrzeugen vorbeigefahren werden darf. Sie ging davon aus, es habe "flüssiger Verkehr auf beiden Fahrbahnen" geherrscht, und führte an, auf der Autobahn könne erfahrungsgemäss nur dann Verkehr in parallelen Kolonnen im Sinne dieser Bestimmung entstehen, wenn es zum Beispiel zu einem Stau vor einem Hindernis (Baustelle, Übergang von der 3spurigen in die 2spurige Autobahn) komme, welcher dazu führe, dass sich der Verkehr nur noch im Schritttempo bewege oder ganz zum Stillstand komme. Der Beschwerdeführer wendet ein, mit dieser Interpretation des Begriffs "paralleler Kolonnenverkehr" habe die Vorinstanz gegen Bundesrecht verstossen. 2. Nach Art. 35 Abs. 1 SVG ist links zu überholen, woraus ein Verbot des Rechtsüberholens folgt. Ein Überholen liegt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung vor, wenn ein schnelleres Fahrzeug ein in gleicher Richtung langsamer vorausfahrendes einholt, an ihm vorbeifährt und vor ihm die Fahrt fortsetzt, wobei weder das Ausschwenken noch das Wiedereinbiegen eine notwendige Voraussetzung des Überholens bildet ( BGE 114 IV 56 E. 1 mit Hinweisen). BGE 115 IV 244 S. 246 Eine Ausnahme vom Verbot des Rechtsüberholens sieht Art. 8 Abs. 3 Satz 1 VRV allgemein und Art. 36 Abs. 5 (neu lit. a) VRV besonders auf Autobahnen "beim Fahren in parallelen Kolonnen" vor, jedoch lediglich in der Weise, dass bloss das Rechtsvorbeifahren an anderen Fahrzeugen gestattet ist. Das Rechtsüberholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen ist gemäss Art. 8 Abs. 3 Satz 2 VRV ausdrücklich untersagt. Ein Ausschwenken für sich allein oder ein Einbiegen für sich allein sind hingegen gemäss Art. 44 Abs. 1 SVG wiederum gestattet; danach darf der Führer auf Strassen, die für den Verkehr in gleicher Richtung in mehrere Fahrstreifen unterteilt sind, seinen Streifen verlassen, allerdings nur wenn er dadurch den übrigen Verkehr nicht gefährdet. 3. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass beim Fahren in parallelen Kolonnen auf Autobahnen in keinem Falle durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen rechts überholt werden darf, blosses Rechtsvorbeifahren an anderen Fahrzeugen und der Wechsel des Fahrstreifens, wenn dies ohne Behinderung des übrigen Verkehrs möglich ist, hingegen gestattet ist. a) Ein Fahren in parallelen Kolonnen ist nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls "bei dichten Kolonnen auf beiden Fahrspuren" anzunehmen ( BGE 98 IV 318 ). Vorausgesetzt ist somit dichter Verkehr auf den Fahrspuren der entsprechenden Fahrtrichtung ( Art. 8 Abs. 2 VRV ; BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, N. 2.1.1. zu Art. 44 SVG ). R. SCHAFFHAUSER (Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Band 1, N. 547 S. 202) empfiehlt in Anlehnung an LÜDKES/MAIER/ WAGNER N6 zu § 7 StVO/BRD auf eine "natürliche Betrachtung" abzustellen, wonach Kolonnenverkehr vorliege bei "längerem Nebeneinanderfahren von mehreren sich in gleicher Richtung bewegenden Fahrzeugreihen". Dem ist als nähere Umschreibung dichten Kolonnenverkehrs auf beiden Fahrspuren grundsätzlich zuzustimmen. Wenn das Obergericht Aargau die Annahme von Verkehr in parallelen Kolonnen ablehnte, weil zwar Verkehr auf beiden Fahrbahnen herrschte, dieser aber flüssig war und sich nicht nur noch im Schrittempo bewegte oder ganz zum Stillstand gekommen war, so ist diese Begründung jedenfalls bundesrechtswidrig. Allein die Feststellung, es habe flüssiger Verkehr auf beiden Fahrbahnen geherrscht, sagt zuwenig über die Dichte des Verkehrs, d.h. der Fahrzeugreihen, und die Grösse allfälliger Lücken aus. Es mangelt daher an einer genügenden Sachverhaltsfeststellung ( Art. 277 BGE 115 IV 244 S. 247 BStP ), weshalb die Vorinstanz die streitige Frage nach den vorstehenden Kriterien neu zu beurteilen hat, ausser es läge entsprechend den folgenden Ausführungen ein ohnehin verbotenes Überholmanöver durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen vor. b) Nicht blosses Vorbeifahren, sondern ein Überholen durch Ausschwenken nach rechts und Wiedereinbiegen nach links liegt jedenfalls dann vor, wenn das Ausschwenken, das Vorbeifahren an einem oder bloss wenigen Fahrzeugen und das anschliessende Wiedereinbiegen in einem Zuge erfolgt. Dies wird vor allem dort zutreffen, wo ein Fahrzeuglenker die Lücken in den parallelen Kolonnen so ausnützt, das er nur um zu überholen kurz auf der rechten Fahrbahn fährt und gleich wieder nach links einbiegt. Wie ausgeführt, ist dieses Verhalten auch bei parallelem Kolonnenverkehr untersagt ( BGE 103 IV 198 ; BGE 98 IV 317 ). Der Lenker verstösst in diesem Falle gegen das Verbot des Rechtsüberholens nach Art. 35 Abs. 1 SVG (und nicht, wie die Vorinstanz und der Beschwerdeführer anzunehmen scheinen, gegen Art. 36 Abs. 5 VRV , wo lediglich eine Ausnahme von diesem Verbot vorgesehen ist). Missachtet der Fahrzeugführer dabei zusätzlich seine Vorsichtspflichten, gelangen die Absätze 2 und 3 von Art. 35 SVG analog (vgl. R. HUG, Die Verkehrsregeln über das Überholen und Vorbeifahren und ihr strafrechtlicher Schutz, Diss. Zürich 1984, S. 35) zur Anwendung. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann auch hier nicht nachgeprüft werden, ob sich der Beschwerdeführer ein verbotenes Rechtsüberholen in diesem Sinne zu Schulden kommen liess oder nicht. Es wird nicht festgestellt, wie sich die Vorgänge in den entscheidenden Punkten abspielten und es ist auch nicht klar, ob das Überholen der Verkehrsteilnehmer W. und von F. oder nur des einen von beiden durch den Beschwerdeführer nach Art. 35 Abs. 1-3 SVG geahndet wurde. Die Vorinstanz hat daher auch darüber neu zu befinden. Soweit der Vorfall mit dem Fahrzeuglenker von F., bei welchem dieser behindert wurde, auch darunter fallen soll, ist festzuhalten, dass eine Anwendung sowohl von Art. 35 Abs. 1-3 SVG als auch des Artikels 44 Abs. 1 SVG bundesrechtswidrig wäre. Es kann nicht gleichzeitig ein verbotenes Überholen durch Ausschwenken und Wiedereinbiegen sowie ein blosser verbotener Spurwechsel vorliegen. Möglich ist allerdings eine Bestrafung des Rechtsvorbeifahrens mangels parallelem Kolonnenverkehr nach Art. 35 Abs. 1 SVG und des anschliessenden Wechselns von der rechten auf die BGE 115 IV 244 S. 248 linke Fahrspur unter Gefährdung des übrigen Verkehrs nach Art. 44 Abs. 1 SVG . Dort, wo ein wiederholter Spurwechsel vorliegt, Ausschwenken, Vorbeifahren und Wiedereinbiegen jedoch nicht als in einem Zuge erfolgt betrachtet werden können, kann schliesslich, wenn das Rechtsvorbeifahren aufgrund von Art. 36 Abs. 5 VRV erlaubt ist, auch eine blosse Ahndung gemäss Art. 44 Abs. 1 SVG - und/oder gegebenenfalls nach Art. 34 Abs. 3 und 4 SVG - erfolgen; dies dürfte sogar die naheliegendste Bestimmung sein, die auf ständige Spurwechsel in parallelem Kolonnenverkehr anzuwenden ist, wenn der übrige Verkehr dadurch gefährdet wird und keine anderen Vorschriften verletzt wurden, wobei sich vom Unrechtsgehalt her kaum ein Unterschied zu einem verbotenen Rechtsüberholen ergibt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 20. April 1989 aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1,989
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CH
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85ad9d0f-7d64-48c1-9c28-de1736463c0f
Urteilskopf 125 V 42 7. Urteil vom 1. Februar 1999 i.S. S. gegen Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen und Kantonale Arbeitslosenkasse St. Gallen gegen S. und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 23 Abs. 1 AVIG : Auswirkungen von Ferien- und Feiertagsentschädigungen auf den versicherten Verdienst. - Versicherten, welche die Ferienentschädigung als Lohnzuschlag erhalten, wird die Ferienentschädigung als versicherter Verdienst derjenigen Monate angerechnet, in denen Ferien tatsächlich bezogen werden (Präzisierung der Rechtsprechung in BGE 123 V 70 ). - Auch beim Fehlen eines zusammenhängenden Ferienbezugs (Versicherte bezog einzelne Freitage) ist die lohnprozentuale Ferienentschädigung bei der Festsetzung des versicherten Verdienstes zu berücksichtigen. - Die zusätzlich zum Grundlohn ausgerichtete Feiertagsentschädigung ist in den versicherten Verdienst einzubeziehen.
Sachverhalt ab Seite 43 BGE 125 V 42 S. 43 A.- Die 1959 geborene S. bezog in einer ersten, vom 29. März 1993 bis 28. März 1995 dauernden Rahmenfrist für den Leistungsbezug Arbeitslosenentschädigung auf Grund eines versicherten Verdienstes von Fr. 2'644.--. Am 20. September 1995 meldete sie sich erneut beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung an und stellte bei der Kantonalen Arbeitslosenkasse St. Gallen den Antrag auf Ausrichtung von Arbeitslosenentschädigung (ALE) ab 18. September 1995. Nach vorangegangenem Briefwechsel setzte die Arbeitslosenkasse den versicherten Verdienst für die zweite Rahmenfrist mit Verfügung vom 11. Dezember 1995 auf Grund der Durchschnittslöhne und Arbeitslosenentschädigungen der Monate November 1993 bis August 1994 auf Fr. 2'019.-- fest. Dabei liess sie sowohl die Entschädigungen für Ferien (FE), Feiertage (FT) und Krankheit, die der Versicherten in Form eines prozentualen Zuschlags zum Stundenlohn ausgerichtet worden waren, wie auch die in derselben Zeit ausgerichteten Taggelder für kontrollfreie Tage ausser Acht. B.- Beschwerdeweise beantragte S. beim Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Aufhebung der Kassenverfügung und die Festsetzung des versicherten Verdienstes auf Fr. 2'607.90. Sie begründete dies damit, dass die im August 1994 ausgerichteten lohnprozentualen Entschädigungen und Taggelder für kontrollfreie Tage in den versicherten Verdienst einzubeziehen seien. Hingegen dürften die Tage, an denen sie unbezahlten Urlaub bezogen hatte (Dezember 1993/Januar 1994), nicht in den Bemessungszeitraum einbezogen werden. Die Arbeitslosenkasse machte vernehmlassungsweise eine Korrektur des versicherten Verdienstes auf Fr. 2'013.-- geltend. Mit Entscheid vom 12. August 1997 hiess das kantonale Versicherungsgericht die Beschwerde teilweise gut und setzte den versicherten Verdienst auf Fr. 2'336.-- fest. Dieser Betrag entsprach dem auf einen Monat umgerechneten Verdienst während des letzten Monats, in dem die Versicherte erwerbstätig gewesen war (August 1994), und welcher nach den Erwägungen des Gerichts um BGE 125 V 42 S. 44 weniger als 10 % vom Lohn der letzten sechs Monate vor Aufgabe der letzten Arbeitsstelle (März bis August 1994) abwich. Die im August 1994 ausgerichteten Taggelder für kontrollfreie Tage berücksichtigte das Gericht nicht. Hingegen wurden die lohnprozentualen Entschädigungen in die Bemessung des versicherten Verdienstes einbezogen, und zwar jeweils in dem Monat, in dem sie ausgerichtet worden waren. Eine unzulässige Ferienabgeltung lag nach Auffassung des kantonalen Versicherungsgerichts nicht vor, da S. an mehreren Tagen frei genommen hatte oder nicht zur Arbeit aufgeboten worden war, was als Realbezug von Ferien gelten könne. C.- Gegen diesen Entscheid erhebt M. Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie erneuert ihr vorinstanzliches Begehren und beantragt eventualiter die Festsetzung des versicherten Verdienstes auf mindestens Fr. 2'590.50, entsprechend dem Durchschnitt der Vergleichsrechnung des kantonalen Gerichts über das Einkommen der letzten sechs Monate. D.- Innert der gesetzlichen Frist hat auch die Arbeitslosenkasse Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids. S. und die Arbeitslosenkasse lassen sich mit den Anträgen auf Abweisung der gegenseitigen Verwaltungsgerichtsbeschwerden vernehmen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit (BWA) reicht keine Vernehmlassung ein. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Verfahrensvereinigung, vgl. BGE 123 V 215 f. Erw. 1, BGE 120 V 466 Erw. 1 mit Hinweisen). 2. a) Streitig ist die Berechnung des versicherten Verdienstes während der zweiten Rahmenfrist für den Leistungsbezug, insbesondere der massgebende Bemessungszeitraum sowie die Berücksichtigung der zum Grundlohn ausgerichteten Entschädigungen für Ferien, Feiertage und Krankheit sowie der Taggelder für kontrollfreie Tage. b) In zeitlicher Hinsicht sind diejenigen Rechtssätze massgeblich, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben ( BGE 122 V 36 Erw. 1 mit Hinweis). Vorliegend ist der versicherte Verdienst bei Beginn der zweiten Rahmenfrist für den Leistungsbezug im September 1995 zu beurteilen, so dass die in diesem Zeitpunkt geltenden Rechtsnormen zur Anwendung kommen. BGE 125 V 42 S. 45 3. a) Die Arbeitslosenentschädigung wird als Taggeld ausgerichtet. Für eine Woche werden fünf Taggelder ausbezahlt ( Art. 21 AVIG ). Der Entschädigungsanspruch besteht auch für acht Feiertage, soweit sie auf einen Arbeitstag fallen ( Art. 19 AVIG ). Ein Taggeldanspruch besteht für befristete Zeit auch bei aus gesundheitlichen Gründen vorübergehend fehlender oder verminderter Arbeitsfähigkeit ( Art. 28 AVIG ). Nach je 50 bezogenen Taggeldern besteht Anspruch auf fünf aufeinander folgende kontrollfreie Tage ( Art. 27 AVIV ). b) Das Taggeld wird in einem bestimmten Prozentsatz des versicherten Verdienstes bemessen ( Art. 22 Abs. 1 AVIG ). Als solcher gilt der für die Beitragsbemessung massgebende Lohn ( Art. 3 AVIG [massgebender Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung]), der während eines Bemessungszeitraums normalerweise erzielt wurde, einschliesslich der vertraglich vereinbarten regelmässigen Zulagen, soweit sie nicht Entschädigung für arbeitsbedingte Inkonvenienzen darstellen ( Art. 23 Abs. 1 AVIG in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen Fassung). Zum massgebenden Lohn im Sinne von Art. 5 Abs. 2 AHVG gehören insbesondere Ferien- und Feiertagsentschädigungen. c) Der Bundesrat hat gestützt auf die Delegationsnorm von Art. 23 Abs. 1 AVIG in Art. 37 AVIV bestimmt, dass als Bemessungszeitraum in der Regel der letzte Beitragsmonat vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug gilt (Abs. 1). Weicht indessen der Lohn im letzten Beitragsmonat um mindestens 10 % vom Durchschnittslohn der letzten sechs Beitragsmonate ab ( BGE 121 V 172 f. Erw. 4b; ARV 1996 Nr. 9 S. 42 f. Erw. 4b, 1992 Nr. 1 S. 71 Erw. 4), so wird der versicherte Verdienst auf Grund dieses Durchschnittslohnes berechnet (Abs. 2). Als Beitragsmonat zählt jeder volle Kalendermonat, in dem die versicherte Person beitragspflichtig ist (auch wenn sie etwa im Rahmen eines Teilzeitarbeitsverhältnisses nicht an allen betriebsüblichen Arbeitstagen zum Einsatz kam; vgl. ARV 1996 Nr. 9 S. 39 f. Erw. 2c/bb mit Hinweisen). Als Beitragszeiten, die nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, gelten solche aus angebrochenen Kalendermonaten, in denen Beginn oder Ende des Arbeitsverhältnisses innerhalb des gleichen Monats liegen oder in denen ein Arbeitsverhältnis nicht den ganzen Monat angedauert hat (ARV 1996 Nr. 9 S. 39 f. Erw. 2c/bb mit Hinweisen); solche Beitragszeiten werden zusammengezählt, und zwar in der Weise, dass die Beschäftigungstage mit dem Faktor 1,4 (ARV 1992 Nr. 1 S. 70 Erw. 3) oder in Grenzfällen mit dem Faktor aus 30 BGE 125 V 42 S. 46 Kalendertagen geteilt durch die im fraglichen Monat effektiv möglichen Beschäftigungstage vervielfacht werden ( BGE 122 V 263 ff. Erw. 5a). Dabei gelten je 30 Kalendertage als ein Beitragsmonat. Zeiten, für die ein Ferienlohn bezogen wurde, zählen in gleicher Weise (Art. 11 Abs. 1 bis 3 AVIV). d) Beruht die Verdienstberechnung auf einem in der Beitragsrahmenfrist ( Art. 9 Abs. 3 AVIG ) erzielten Zwischenverdienst (ZV; Art. 24 AVIG ), so wird die ergänzende Arbeitslosenentschädigung für die Ermittlung des versicherten Verdienstes mitberücksichtigt, wie wenn darauf Beiträge zu entrichten wären ( Art. 23 Abs. 4 AVIG in der bis 31. Dezember 1995 gültig gewesenen Fassung). 4. a) Vorerst ist der Bemessungszeitraum zu bestimmen. Die Arbeitslosenkasse hat hiefür ohne nähere Begründung den Zeitraum November 1993 bis August 1994 gewählt. Die Vorinstanz wiederum hat den Verdienst des Monats, in dem die Beschwerdeführerin das letzte Arbeitsverhältnis auflöste (August 1994), mit dem Durchschnittslohn dieses Monats zuzüglich der fünf Monate zuvor verglichen und auf denjenigen vom August 1994 - wobei sie den an den letzten vier Arbeitstagen erzielten Verdienst auf einen ganzen Monatslohn umrechnete (Fr. 2'336.--) - abgestellt, da sich dieser um weniger als 10 % vom Durchschnittslohn der sechs Monate (Fr. 2'590.50) unterschied. b) Abweichend von der Vorinstanz ist nicht der Monat August 1994 der letzte Beitragsmonat, hat doch die Beschwerdeführerin das Arbeitsverhältnis per 5. August 1994 aufgelöst. Als Beitragsmonat gilt indessen nur ein voller Kalendermonat ( Art. 11 Abs. 1 AVIV ). Die Arbeitslosenkasse wendet denn auch zu Recht ein, dass bei einem untermonatlichen Arbeitsverhältnis keine Aufrechnung auf einen ganzen Monat erfolgt. Der letzte Beitragsmonat vor Beginn der Rahmenfrist für den Leistungsbezug gemäss Art. 37 Abs. 1 AVIV ist deshalb der Monat Juli 1994. c) Zur Berechnung des damit zu vergleichenden Durchschnittslohnes der letzten sechs Monate ist weiter zu prüfen, welche Kalendermonate hiebei in Betracht zu ziehen sind. Die Beschwerdeführerin stand - nebst fünf Tagen im August 1994 - vor dem letzten ganzen Beitragsmonat weitere drei ganze Beitragsmonate (April bis Juni 1994) in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit der Firma X. Im März 1994 begann das Arbeitsverhältnis erst am 17. Tag. Im Februar 1994 ist kein Arbeitsverhältnis nachgewiesen, so dass dieser Monat als Beitragsmonat nicht in Frage kommt. Im Januar 1994 bezog die Versicherte BGE 125 V 42 S. 47 zwar bis 16. einen unbezahlten Urlaub; da sie aber anschliessend wieder beitragspflichtig war und das Arbeitsverhältnis den ganzen Monat dauerte, stellt dieser Monat einen vollen Beitragsmonat dar. Gleiches gilt bezüglich des ab 13. Dezember 1993 bezogenen unbezahlten Urlaubs, wobei es sich infolge des am 6. Dezember 1993 erfolgten Stellenantritts nicht um einen vollen Beitragsmonat handelt. Zur Füllung des sechsten Beitragsmonats des sechsmonatigen Bemessungszeitraums sind vom Dezember 1993 11,8 (aufgerundet 12) Tage in die Beitragszeit einzubeziehen (nebst 9 Beschäftigungstagen im März 1994 und 4 im August 1994, je multipliziert mit dem Faktor 1,4; vgl. Erw. 3c). 5. a) In Berücksichtigung von BGE 123 V 70 entschied die Vorinstanz, dass die Ferienentschädigung (im Zeitpunkt ihrer Auszahlung) als versicherter Verdienst anzurechnen sei, da die Beschwerdeführerin an den Tagen, an denen sie nicht beschäftigt gewesen sei, real Ferien bezogen habe; eine Nichtberücksichtigung der Ferienentschädigung würde zudem eine Schlechterstellung gegenüber denjenigen Versicherten bedeuten, die während der Ferien einen Lohnanspruch haben. Die Arbeitslosenkasse verneint demgegenüber die Anrechenbarkeit der Ferienentschädigung unter Berufung auf den erwähnten Entscheid. b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 123 V 73 ff. Erw. 5 in Änderung seiner Rechtsprechung gemäss BGE 111 V 249 Erw. 3b erkannt, dass die zusätzlich zum Grundlohn ausbezahlten lohnprozentualen Ferienabgeltungen - obwohl sie massgebenden Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung darstellen - nicht zum versicherten Verdienst im Sinne von Art. 23 Abs. 1 AVIG derjenigen Beitragsmonate, in denen sie ausgerichtet werden, gehören. Das Gericht liess sich dabei von der Überlegung leiten, dass der Einbezug der Ferienentschädigung in den versicherten Verdienst gemäss bisheriger Rechtsprechung zu einer Bevorzugung gegenüber jenen Versicherten, die ihr Ferienguthaben real beziehen, führt. Auf dem Hintergrund des arbeitsrechtlich absolut zwingenden Verbots der Ferienabgeltung und unter Berücksichtigung des dem AVIG eigenen Grundgedankens, wonach die Arbeitslosenversicherung nur für eine normale, übliche Arbeitnehmertätigkeit Versicherungsschutz bieten soll, lasse sich der Einbezug der Ferienentschädigung nicht aufrechterhalten. Immerhin wurde ausgeführt, dass mit Blick auf die anzurechnende Beitragszeit nach wie vor zu ermitteln sei, wie viele Ferientage oder -wochen damit vergütet werden. Die Ferienentschädigung könne gerade bei unregelmässig erwerbstätigen Versicherten, bei denen die Ferienabgeltung am häufigsten BGE 125 V 42 S. 48 anzutreffen sei, über Art. 37 AVIV bei der Festsetzung des versicherten Verdienstes wenigstens mittelbar mitberücksichtigt werden, zumal in solchen Fällen oft ein längerer Bemessungszeitraum zur Anwendung gelangt. Aus BGE 123 V 70 darf indessen nicht geschlossen werden, dass bei Versicherten, die anstelle eines Lohnanspruchs während der Ferien eine Ferienentschädigung erhalten, die jeweils zusätzlich zum Grundlohn ausgerichtet wird, diese Entschädigung überhaupt nicht als versicherter Verdienst berücksichtigt wird. Die mit der Änderung der Rechtsprechung bezweckte Gleichstellung der Versicherten, welche die Ferienentschädigung als Lohnzuschlag erhalten, mit denjenigen, denen der Lohn während des Ferienbezugs weiter ausgerichtet wird, muss sich vielmehr bei der Berechnung des versicherten Verdienstes beider Versichertengruppen in der Weise auswirken, dass Ferienlohn oder -entschädigung als versicherter Verdienst derjenigen Monate angerechnet wird, in denen Ferien tatsächlich bezogen werden. So hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 124 V 73 ff. Erw. 4 erkannt, dass die während eines Arbeitsverhältnisses als Zuschläge zum Stundenlohn ausgerichtete Ferienentschädigung als versicherter Verdienst während der Betriebsferien zu berücksichtigen ist, und zwar auch die erst in den Folgemonaten ausgerichteten Entschädigungen. 6. Zu entscheiden ist, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen zur Anrechnung der Ferienentschädigungen erfüllt sind, und gegebenenfalls für welche Monate. a) Die Beschwerdeführerin war in den in den massgebenden Bemessungszeitraum fallenden Arbeitsverhältnissen auf unbestimmte Zeit angestellt. Mit den Firmen Y und X wurde zwar eine wöchentliche Arbeitszeit vereinbart, die indessen nicht während des ganzen Vertragsverhältnisses eingehalten wurde. Sie wurde nur für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden entlöhnt, womit sie offenbar einverstanden war. Es handelte sich somit um Teilzeitarbeitsverhältnisse mit unregelmässiger Arbeitszeit in Form der Arbeit auf Abruf (vgl. zum Begriff und zur Zulässigkeit: BGE 124 III 250 Erw. 2a). Während aus den Bescheinigungen über Zwischenverdienst die geleisteten Arbeitsstunden ersichtlich sind, ist nur teilweise bekannt, was jeweils der Grund dafür war, dass die Beschwerdeführerin nicht die betriebsübliche Arbeitszeit verrichtete; die Zeiten, in denen sie nicht arbeitete, sind nicht mit dem auf dem Formular angegebenen Code bezeichnet. BGE 125 V 42 S. 49 b) Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit der Firma Y hat die Beschwerdeführerin vom 13. Dezember 1993 bis 16. Januar 1994 einen unbezahlten Urlaub bezogen; zur Zeit der Beschäftigung bei der Firma X sind einzelne Freitage, nicht aber zusammenhängende Ferien ausgewiesen. Im massgebenden Bemessungszeitraum weist sie insgesamt 46 beschäftigungsfreie Tage auf. Die Ferienentschädigung wurde ihr bei jeder Lohnzahlung ausbezahlt. Es fehlt somit an einem zusammenhängenden Ferienbezug. Hingegen liegt eine monatliche Auszahlung der Ferienentschädigung vor. c) Weder der Bezug einzelner Freitage noch die Beschäftigungslosigkeit infolge Arbeitsmangels haben Ferienqualität. Dies rechtfertigt indessen in Arbeitsverhältnissen wie den vorliegenden, wo die Beschwerdeführerin - teils freiwillig, teils unfreiwillig - nur einzelne Freitage bezog, nicht, die lohnprozentuale Ferienentschädigung bei der Festsetzung des versicherten Verdienstes ausser Acht zu lassen. Es kann nicht gesagt werden, dass der Bezug einzelner Freitage überhaupt keinen Erholungswert hat. Mit BGE 123 V 70 sollte nur jenen Versicherten der Einbezug der lohnprozentualen Entschädigung in den versicherten Verdienst versagt werden, die überhaupt nicht frei nehmen, sondern ohne freie Tage ein volles Arbeitspensum erfüllen. Versicherte, die ihren Anspruch auf arbeitsfreie Zeit an einzelnen Tagen beziehen, werden mit dem Einbezug der Ferienentschädigung in den versicherten Verdienst gegenüber denjenigen, die zusammenhängende Ferien beziehen, hinsichtlich der Höhe der Arbeitslosenentschädigung nicht bevorteilt. Ihnen den Einbezug der Ferienentschädigung zu untersagen, würde gegenteils eine ungerechtfertigte Benachteiligung gegenüber den Versicherten darstellen, die in den Genuss normaler Ferien kommen. Insoweit eine versicherte Person an betriebsüblichen Arbeitstagen nicht beschäftigt war, ist ihr deshalb die Ferienentschädigung beim versicherten Verdienst anzurechnen. Aus Gründen der Verwaltungsökonomie sind dabei nur ganze Tage zu berücksichtigen, und es ist vom Grund der Beschäftigungslosigkeit am betreffenden Tag abzusehen, wird doch dieser gerade in Arbeitsverhältnissen, in denen der Arbeitgeber nur Lohn für geleistete Arbeit bezahlt, häufig nicht dokumentiert. d) Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin insgesamt mehr freie Tage, als mit der - dem Ferienanspruch von vier Wochen pro Jahr entsprechenden - Entschädigung von 8,33 Lohnprozenten gedeckt sind, bezogen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die 15 freien Tage im Dezember 1993, für die sie Taggelder für kontrollfreie Tage erhielt, berücksichtigt werden; die Frage BGE 125 V 42 S. 50 nach deren Einbezug kann damit vorliegend ebenfalls offen bleiben. Damit ist die Ferienentschädigung bei der Festlegung des versicherten Verdienstes zu berücksichtigen. 7. Die im Dezember 1993 ausgerichteten Taggelder für kontrollfreie Tage wurden ohne Berücksichtigung eines Zwischenverdienstes bemessen. Sie zählen somit nicht zum versicherten Verdienst, da sie keine ergänzende Arbeitslosenentschädigung im Sinne von Art. 23 Abs. 4 AVIG darstellen (vgl. Erw. 3d). Es kann hier offen bleiben, wie zu entscheiden ist, wenn Taggelder für stempelfreie Tage als Kompensationszahlung ausgerichtet werden (vgl. GERHARDS, Grundriss des neuen Arbeitslosenversicherungsrechts, S. 126 unten). Die im August 1994 ausgerichteten Taggelder für stempelfreie Tage sind ebenfalls nicht zu berücksichtigen, da sie ausserhalb des Bemessungszeitraumes liegen. 8. Die zusätzlich zum Grundlohn ausgerichtete Feiertagsentschädigung ist ohne weiteres in den versicherten Verdienst einzubeziehen (vgl. Kreisschreiben des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit [BIGA; nunmehr Bundesamt für Wirtschaft und Arbeit, BWA] über die Arbeitslosenentschädigung [KS-ALE] Rz. 194). 9. Sind die Entschädigungen für Ferien und Feiertage nach dem Gesagten zu berücksichtigen, beträgt der Durchschnittslohn im Vergleichsbemessungszeitraum Fr. 2'519.--, entsprechend dem Gesamttotal folgender auf ganze Franken gerundeten monatlichen Bezüge geteilt durch 6 (Beitragsmonate): ZV FE + FT ALE Total Dezember 1993 Fr. 576.- Fr. 48.- (davon 12/30) Fr. 250.- Januar 1994 Fr. 1'140.- Fr. 95.- Fr. 1'235.- März 1994 Fr. 1'034.20 Fr. 148.20 Fr. 1'413.75 Fr. 2'596.- April 1994 Fr. 818.- Fr. 117.20 Fr. 1'394.25 Fr. 2'329.- Mai 1994 Fr. 2'189.45 Fr. 313.75 Fr. 2'503.- Juni 1994 Fr. 2'538.60 Fr. 363.80 Fr. 2'902.- Juli 1994 Fr. 2'515.- Fr. 360.40 Fr. 2'875.- August 1994 Fr. 371.60 Fr. 53.20 Fr. 425.- Da dieser Verdienst um mehr als 10 % von demjenigen des letzten Beitragsmonats (Juli 1994; vgl. Erw. 4c) im Betrag von 2'875.-- BGE 125 V 42 S. 51 abweicht, ist die Arbeitslosenentschädigung auf Grund des Durchschnittslohnes in der Höhe von Fr. 2'519.-- zu berechnen ( Art. 37 Abs. 2 AVIV ).
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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85af46da-ed9e-4b48-9c61-5b8720ab0f8e
Urteilskopf 108 IV 145 35. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Dezember 1982 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen St. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 5 und 6 StGB . Unzulässigkeit von Kontumazialurteilen, wenn der Täter vor Eröffnung des gerichtlichen Verfahrens die Schweiz verlassen hat.
Sachverhalt ab Seite 145 BGE 108 IV 145 S. 145 A.- St. hat sich am 30. Mai 1978 in Zürich abgemeldet. Er wohnt und arbeitet seither in Saudi-Arabien. Am 29. Oktober 1981 konnte er in der Schweiz verhaftet werden. Er blieb bis zum 5. November 1981 in Untersuchungshaft und begab sich dann wieder nach Saudi-Arabien. Am 15. Juni 1982 erhob die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen St. Anklage wegen Veruntreuung und Irreführung der Rechtspflege, begangen im Juli 1977 in Italien. Die Anklagekammer des Obergerichts des Kantons Zürich beschloss am 27. September 1982, dass die erhobene Anklage einstweilen nicht zugelassen werde, da der Angeklagte sich nicht in der Schweiz befinde und eine Strafverfolgung gemäss Art. 6 StGB zur Zeit nicht möglich sei. B.- Gegen diesen Beschluss der Anklagekammer führt die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der angefochtene Beschluss sei wegen Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 StGB aufzuheben und die Sache sei zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. BGE 108 IV 145 S. 146 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Bestimmungen der Art. 3-6 StGB regeln nicht nur den Anwendungsbereich des Gesetzes, wie Überschrift und Wortlaut vermuten lassen, sondern umschreiben gleichzeitig auch die schweizerische Gerichtsbarkeit (s. BGE 102 IV 38 E. 2b, BGE 99 IV 123 f. E. 1a und b). In welchen Fällen die Schweiz Strafhoheit beansprucht und sich zur Verfolgung und Bestrafung eines Verhaltens für zuständig erklärt, ergibt sich aus den Vorschriften über den räumlichen Anwendungsbereich des Gesetzes. Die Art. 346 ff. StGB ordnen den Gerichtsstand innerhalb der Schweiz im interkantonalen Verhältnis; stillschweigend vorausgesetzt ist aber immer, dass gemäss Art. 3 ff. StGB die schweizerische Gerichtsbarkeit überhaupt gegeben ist. So kommt insbesondere Art. 348 StGB (Gerichtsstand bei strafbaren Handlungen im Ausland) nur zum Zuge, wenn gemäss Art. 4-6 StGB für eine Auslandtat die schweizerische Zuständigkeit zu beanspruchen ist. Die oft gebrauchte Wendung, in den Art. 3 ff. werde "nur" der Geltungsbereich des Gesetzes geregelt, die Ordnung des Gerichtsstandes finde sich in den Art. 346 ff. StGB , ist insoweit ungenau (vgl. hiezu BGE 102 IV 38 ; STRATENWERTH, Allgem. Teil, S. 94 Rn 25; für das deutsche Recht klar im Sinne der vorstehend dargelegten Auffassung: JESCHECK, Lehrbuch, 3. Aufl., S. 129). 3. Im vorliegenden Fall ist nicht die örtliche Zuständigkeit innerhalb der Schweiz streitig, sondern es geht darum, ob gemäss Art. 6 StGB die schweizerische Gerichtsbarkeit für eine Auslandtat auch gegeben sein kann, wenn der Täter sich nicht in der Schweiz befindet, aber im Laufe des Verfahrens zur Sache befragt werden konnte. Die Anklagekammer des Zürcher Obergerichtes hat es abgelehnt, durch Zulassung der Anklage gegen einen Abwesenden die Durchführung eines Kontumazialverfahrens zu ermöglichen (unter Berufung auf HAFTER, Allgem. Teil, S. 59 und 62; SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2. Aufl., S. 36 f.). Die Abgrenzung der staatlichen Strafgewalt nach dem Territorialitätsprinzip - d.h. die Anknüpfung der Gerichtsbarkeit an den Begehungsort - bildet heute international die primäre Grundlage des sogenannten internationalen Strafrechts. Auch das Strafgesetzbuch geht in Art. 3 StGB von dieser Basis aus (s. BGE 99 IV 123 f. E. 1a). Die weitern Vorschriften, welche das Territorialitätsprinzip BGE 108 IV 145 S. 147 ergänzen ( Art. 4-6 StGB ), können zu Kollisionen mit der Strafhoheit des ausländischen Staates führen, in welchem sich der Begehungsort befindet. Art. 5 und 6 StGB haben deutlich subsidiäre Funktion; sie kommen nur zum Zuge, wenn die primär zuständigen Behörden des Begehungsortes die Auslandtat nicht bereits abschliessend beurteilt haben bzw. die im Ausland ausgefällte Strafe dort noch nicht voll verbüsst ist und der Täter sich in der Schweiz befindet. Dass der Täter sich in der Schweiz befinden muss, stellt gemäss Art. 5 und 6 StGB unzweifelhaft eine Voraussetzung der schweizerischen Gerichtsbarkeit dar. In einem von der Beschwerdeführerin zitierten, in BJM 1968 S. 87 veröffentlichten Urteil hat das Basler Appellationsgericht die Auffassung vertreten, die gemäss Art. 5 StGB im Zeitpunkt der Klageeinreichung gegebene schweizerische Gerichtsbarkeit für eine Auslandtat entfalle nicht, auch wenn der Täter nach Einleitung des Privatklageverfahrens die Schweiz verlassen habe und hier nicht mehr vor Gericht gestellt werden könne. Dieser Entscheid dürfte von zivilprozessualen Überlegungen beeinflusst worden sein. Wenn die Anwesenheit des Täters in der Schweiz eine Voraussetzung der (im oben dargelegten Sinn: subsidiären) schweizerischen Zuständigkeit ist, dann lässt sich nicht die Regel aufstellen, eine einmal vorhandene Kompetenz könne nicht infolge des Wegzuges des Beschuldigten wieder entfallen (so BJM 1968 S. 88). Begibt sich der in der Schweiz wegen einer Auslandtat Angeschuldigte vor der Beurteilung ins Ausland, so ist nach dem Wortlaut der Art. 5 und 6 StGB eine Voraussetzung der schweizerischen Zuständigkeit nicht mehr erfüllt; er befindet sich nicht mehr in der Schweiz. Es bestehen auch keine überzeugenden praktischen Gründe, um in solchen Fällen das zu Recht eingeleitete Verfahren doch weiterzuführen und mit einem Kontumazialurteil abzuschliessen, wenn die durchgeführte Untersuchung eine genügende Grundlage für eine materielle Beurteilung bildet. Dies wäre eine problematische und durch das Gesetz nicht gestützte Erweiterung der Gerichtsbarkeit. Wenn in Art. 5 und 6 StGB verlangt wird, dass der Täter sich in der Schweiz befinden müsse, so wollte der Gesetzgeber damit nicht etwa einfach die Einvernahme des Angeschuldigten sicherstellen, sondern in erster Linie soll wohl auf diese Weise eine Kumulation paralleler Strafverfahren am ausländischen Begehungsort und in der Schweiz vermieden werden. Sobald ein Täter sich nicht in der Schweiz aufhält, ist aber möglich, dass er im ausländischen Staat der Begehung zur Rechenschaft BGE 108 IV 145 S. 148 gezogen, allenfalls sogar von einem Drittstaat dorthin ausgeliefert wird. Für Auslandtaten wollte der Gesetzgeber - abgesehen von Delikten gegen den Staat ( Art. 4 StGB ) - in weiser Zurückhaltung wirklich nur dann die schweizerische Gerichtsbarkeit beanspruchen, wenn der Täter sich in der Schweiz befindet und hier in einem ordentlichen Verfahren abgeurteilt werden kann. Eine Ausweitung dieser (subsidiären) Gerichtsbarkeit, um in wenigen Einzelfällen zur Verhinderung der Verfolgungsverjährung Kontumazialurteile zu ermöglichen, wäre vom Wortlaut der Art. 5 und 6 StGB nicht gedeckt und entspricht überdies keineswegs einem dringenden praktischen Bedürfnis. Aus diesen Erwägungen ist an der in SJZ 1966 S. 273 publizierten Rechtsprechung (Urteil des Kassationshofes i.S. P. AG vom 4. Mai 1965) festzuhalten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,982
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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85b0447b-e267-481d-9bff-23bc3c47e3b2
Urteilskopf 85 III 169 36. Entscheid vom 19. Oktober 1959 i.S. Fritschi.
Regeste Privilegierte Anschlusspfändung. Art. 111 SchKG . Die Anschlussfrist von 40 Tagen läuft von der ersten, die Gruppe einleitenden Pfändung an, gleichgültig ob und wann die anschlussberechtigte Person hievon Kenntnis erhält, insbesondere auch, wenn das Betreibungsamt ihr diese Pfändung erst einige Wochen nach deren Vollzug anzeigt.
Sachverhalt ab Seite 169 BGE 85 III 169 S. 169 A.- An die am 6. Mai 1959 vom Betreibungsamt Steinmaur vollzogene Pfändung in der Betreibung Nr. 445 gegen O. Fritschi schlossen sich gemäss Art. 110 SchKG andere Betreibungen an, und es kam daher zu Ergänzungspfändungen. Der Betreibungsbeamte übergab am 7. Juni 1959 (Sonntag) dem Schuldner die Pfändungsurkunde (gegen eine auf den 8. Juni datierte Empfangsbescheinigung) und zeigte gleichen Tages dessen Ehefrau Rosa Fritschi mittels des fakultativen Formulars Nr. 2 die Pfändung an. Als Endtermin für eine allfällige Anschlusspfändung nach Art. 111 SchKG setzte er den 14. Juni 1959 ein. Frau Fritschi will das Formular jedoch ungelesen beiseite gelegt haben. Mit Brief vom 18. Juni BGE 85 III 169 S. 170 1959 an das Betreibungsamt erklärte sie, sich mit ihrer Frauengutsforderung von Fr. 4550.-- der Pfändung anschliessen zu wollen. B.- Das Betreibungsamt wies diese Anschlusserklärung als verspätet zurück. Die Beschwerde der Frau Fritschi hatte in beiden kantonalen Instanzen keinen Erfolg. C.- Mit vorliegendem Rekurs gegen den Entscheid der Vorinstanz vom 30. September 1959 hält Frau Fritschi an der Beschwerde fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Ein privilegiertes Recht zum Anschluss an eine Pfändung, nämlich auch ohne vorgängige Betreibung, steht nach Art. 111 SchKG insbesondere der Ehefrau des Schuldners zu. Dieses Recht kann "während einer Frist von 40 Tagen" ausgeübt werden. Der Beginn der Frist ist in Art. 111 nicht ausdrücklich festgelegt; doch ergibt sich aus Art. 110, an den sich Art. 111 anlehnt, dass hier wie dort eine vom Vollzug der (ersten, die Gruppe einleitenden) Pfändung laufende Frist zur Verfügung steht. Somit hat das Betreibungsamt die von einer sich auf Art. 111 berufenden Person abgegebene Anschlusserklärung nur dann zu berücksichtigen, wenn sie binnen 40 Tagen seit dem Vollzug jener die Pfändungsgruppe einleitenden Hauptpfändung erfolgt, sei es unmittelbar durch Einreichung beim Amte oder durch Postaufgabe ( Art. 32 SchKG ). Im vorliegenden Falle lief diese vom 6. Mai 1959 an zu berechnende Frist am 15. Juni 1959 ab. Die Anschlusserklärung vom 18. Juni war somit verspätet, wie die Vorinstanz richtig entschieden hat. Die von ihr sorgfältig durchgeführte Untersuchung hatte ergeben, dass nicht etwa anlässlich der Anzeige der Pfändung an die Rekurrentin, am 7. Juni, oder sonstwann in der Zwischenzeit, eine mündliche Erklärung des Anschlusses abgegeben worden war. Auf den Zeitpunkt der Anzeige der Pfändung an die BGE 85 III 169 S. 171 Ehefrau des Schuldners, wofür das fakultative Formular Nr. 2 zur Verfügung steht, kommt es für die Fristberechnung nicht an. Das SchKG will, wie dargetan, nur diejenigen Anschlusserklärungen gemäss Art. 111 berücksichtigt wissen, die binnen 40 Tagen seit der für die Bildung der Gruppe grundlegenden ersten Pfändung eingehen bzw. zur Post gegeben werden. Diese Ordnung des Pfändungsanschlusses nimmt keine Rücksicht darauf, ob und wann die einzelnen nach Art. 111 anschlussberechtigten Personen von der Pfändung Kenntnis erhalten. Das Bundesrecht schreibt im übrigen eine Benachrichtigung dieser Personen durch das Betreibungsamt gar nicht vor. Es verpönt sie freilich nicht, weshalb denn auch das fakultative Formular Nr. 2 aufgestellt wurde, das die Betreibungsämter von sich aus oder infolge einer durch kantonale Vorschrift festgesetzten Benachrichtigungspflicht verwenden können. Unzulässig, weil dem bundesrechtlich auf den Tag des Vollzuges der Hauptpfändung bestimmten Fristbeginn widersprechend, wäre aber eine kantonale Norm, wonach die Frist von 40 Tagen erst von der betreibungsamtlichen Anzeige an die anschlussberechtigten Personen an zu laufen hätte. Deshalb geht auch der im Rekurs angerufene Entscheid der aargauischen Aufsichtsbehörde fehl (Aargauische Gerichts- und Verwaltungsentscheide 1950 Nr. 24 S. 84 ff.), soweit er dem in § 57 Abs. 2 des kantonalen EG zum SchKG enthaltenen Gebot ("Der Betreibungsbeamte hat die Ehefrau des Schuldners auf diese Bestimmungen des Art. 111 des Bundesgesetzes aufmerksam zu machen") einen Einfluss auf den Beginn der in Frage stehenden Frist zuschreibt. Mit Recht hat die Vorinstanz den entsprechenden zürcherischen Vorschriften (§§ 120 und 122 des EG zum ZGB und Nr. 193 der obergerichtlichen Anweisung vom 11. Februar 1952 zum SchKG und zum Gebührentarif) keine derartige Bedeutung zuerkannt. Lehre und Rechtsprechung sind denn auch darüber einig, dass Anschlussbegehren im Sinne von Art. 111 SchKG nur binnen der ein- für allemal von der grundlegenden BGE 85 III 169 S. 172 Pfändung an laufenden Frist angebracht werden können, gleichgültig ob der einzelne Anschlussberechtigte überhaupt während dieser Frist von der Pfändung Kenntnis erhält (JAEGER und JAEGER-DAENIKER, N. 5 zu Art. 111 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 413; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, Konkurs und Sanierung I S. 224; G. OTT, Die privilegierte Anschlusspfändung des Ehegatten..., ZSR NF 37 S. 311 ff.; J. RAGGENBASS, Die privilegierte Anschlusspfändung..., S. 16 oben und 87 ff., BGE 27 I 545 = Sep.-Ausg. 4, S. 183, BGE 38 I 241 = Sep.-Ausg. 15 S. 52 und seither ständig). Dementsprechend wird der Berechtigte laut dem vorgedruckten Text des fakultativen Anzeigeformulars Nr. 2 eindeutig darauf aufmerksam gemacht, dass Begehren um Anschlusspfändung im Sinne des Art. 111 Abs. 1 SchKG "innerhalb 40 Tagen seit dem Vollzug der Pfändung, d.h. bis ..." beim Amt anzubringen seien. Und eine Fussnote stellt klar, dass der Beginn dieser Frist, falls Ergänzungspfändungen stattfanden, auf jenen Tag zurückfalle, an dem für diese Gruppe die erste Pfändung vollzogen wurde. Im vorliegenden Falle hat sich das Betreibungsamt an diese Anweisung gehalten und deshalb in das der Rekurrentin am 7. Juni 1959 übergebene Anzeigeformular den Endtermin des 14. Juni eingesetzt (in Wirklichkeit lief die Frist bis zum 15. Juni). Wenn die Rekurrentin dieser Angabe keine Beachtung schenkte, so vermag dies am Ablauf der gesetzlichen Frist nichts zu ändern. Ebensowenig lässt sich aus der Beschwerdefrist des Art. 17 SchKG etwas für die Anwendung von Art. 111 SchKG herleiten, wie es in der Rekursbegründung versucht wird. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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de
1,959
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85b8bfdf-7d77-43a5-bbb6-6428a4984ee0
Urteilskopf 120 V 187 27. Arrêt du 29 juin 1994 dans la cause Office fédéral des assurances sociales contre L., J. et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG : Einkommensverzicht. - Ein Rechtsgeschäft, mit dem jemand eine ihm gehörende Sache oder eine ihm zustehende Forderung (in casu eine Lebensversicherungspolice) dem Gläubiger eines Dritten verpfändet, um dadurch die Bezahlung der vom Dritten eingegangenen Schulden zu sichern, stellt einen bedingten Verzicht im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. f ELG dar (Erw. 3b u. c). - Bei Verpfändung einer Versicherungspolice, welche die Ausrichtung einer Leibrente gegen Bezahlung einer Einmalprämie sicherstellt, ist die Leibrente, auf die der Inhaber verzichtet hat, als Verzichtseinkommen zu berücksichtigen und nicht der Rückkaufswert der Police als Verzichtsvermögen, das der Verminderung gemäss Art. 17a ELV unterliegt (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 188 BGE 120 V 187 S. 188 A.- a) L., née en 1914, et sa soeur J., née en 1915, ont conclu avec la compagnie d'assurance sur la vie Patria (ci-après: la Patria) deux polices d'assurance-vie par lesquelles cette compagnie s'obligeait à verser aux assurées, à partir du mois d'août 1985, des rentes viagères d'un montant mensuel de 585 fr. 65 pour L. et de 398 fr. 85 pour J., moyennant le paiement de primes uniques de respectivement 105'000 francs et 75'000 francs. Par acte du 31 janvier 1986, les prénommées ont déclaré remettre en gage à la Banque cantonale vaudoise tous les objets mobiliers (titres, papiers-valeurs, livrets d'épargne et de dépôt, polices d'assurance, etc.) en mains de cette dernière, en garantie des dettes actuelles et futures contractées par P., fils de J. et neveu de L. Le 10 février suivant, elles ont en outre remis en nantissement à cette banque les deux polices d'assurance-vie conclues auprès de la Patria. b) J. a bénéficié d'une prestation complémentaire à sa rente de vieillesse à partir du 1er novembre 1990. Saisie d'une demande de L. tendant à l'octroi d'une telle prestation, la Caisse cantonale vaudoise de compensation (ci-après: la caisse) a nié le droit de la prénommée à une prestation en espèces, mais elle a pris en charge le paiement de ses cotisations d'assurance-maladie. La Banque cantonale vaudoise ayant requis la réalisation des gages garantissant ses créances envers P., le produit du rachat des polices de rente viagère en faveur de L. et de J. - soit respectivement 58'734 francs et 43'491 francs - a été versé à la banque précitée le 29 avril 1992. En outre, le 25 mai 1992, la Patria a confirmé à la Banque cantonale vaudoise qu'elle lui verserait, en sa qualité de créancière-gagiste, une rente annuelle de 5'221 fr. 50 (excédents compris), payable dès le 27 août 2001 en cas de vie de L. et une rente annuelle de 3'595 fr. 90 (excédents compris), payable dès le 27 août 2002, en cas de vie de J. BGE 120 V 187 S. 189 Le 26 mai 1992, les prénommées ont requis la révision de leur droit aux prestations complémentaires, motif pris que les rentes viagères servies par la Patria avaient été supprimées ensuite de la réalisation à leur valeur de rachat des polices constituées en leur faveur. c) Par décision du 21 juillet 1992, la caisse a dénié à L. le droit à une prestation complémentaire en espèces, mais elle a continué de prendre en charge le paiement de ses cotisations d'assurance-maladie. Pour fixer la fortune déterminante, elle a tenu compte notamment d'un montant de 58'734 francs au titre de la fortune dont la prénommée s'était dessaisie, sans en avoir l'obligation, en vue de garantir le paiement des dettes de son neveu P. d) Le même jour, la caisse a notifié deux décisions à J. Par la première, elle a fixé à 2'196 francs le montant annuel de la prestation complémentaire due à partir du 1er mai 1992. Pour ce faire, elle a calculé la fortune déterminante en prenant en considération, notamment, un montant de 43'491 francs au titre de dessaisissement de l'assurée en faveur de son fils. Par la seconde décision, elle a fixé à 8'671 francs le montant de la prestation complémentaire indûment perçu du 1er novembre 1990 au 31 juillet 1992. Pour la période du 1er novembre 1990 au 30 avril 1992, l'obligation de restituer était fondée sur le fait que la rente viagère servie par la Patria n'avait été prise en compte que partiellement dans le revenu déterminant pour le calcul de la prestation complémentaire. Etant donné la situation financière de J., la caisse a toutefois remis à celle-ci son obligation de restituer, sous réserve de retour à meilleure fortune. Par décision du 31 juillet 1992, la caisse a fixé à 2'940 francs le montant annuel de la prestation complémentaire à laquelle J. a droit à partir du 1er août 1992. B.- La prénommée a recouru contre cette dernière décision, dont elle demandait implicitement l'annulation, devant le Tribunal des assurances du canton de Vaud. De son côté, L. a saisi ledit tribunal d'un pourvoi contre la décision qui lui avait été notifiée le 21 juillet 1992. Toutes deux faisaient grief à la caisse d'avoir pris en compte les valeurs de rachat des polices d'assurance-vie conclues auprès de la Patria, en les considérant comme des éléments de fortune dont elles s'étaient dessaisies sans obligation ni contre-prestation. La juridiction cantonale a joint les recours dont elle était saisie. A l'audience d'instruction du 10 mars 1993, P., entendu en qualité de témoin, a déclaré notamment qu'il avait investi des fonds importants dans BGE 120 V 187 S. 190 l'entreprise de son employeur de l'époque, X, lequel avait établi un testament en sa faveur; il avait toutefois répudié la succession du prénommé, laquelle s'était révélée lourdement obérée; comme il s'était en outre porté caution pour X, il avait été mis en demeure par la Banque cantonale vaudoise de s'exécuter; son compte courant auprès de cette banque présentant un découvert de 180'000 francs, celle-ci lui avait demandé des garanties; il avait alors remis en nantissement les polices d'assurance-vie récemment conclues par sa mère et sa tante auprès de la Patria, compagnie d'assurance dont il était devenu l'employé. De leur côté, L. et J. ont déclaré qu'elles connaissaient, en 1985, la situation financière défavorable de P., mais qu'elles étaient sûres qu'il s'en sortirait, étant donné qu'il était appelé à reprendre l'entreprise de X. Par jugement du 9 août 1993, la juridiction cantonale a admis les pourvois dont elle était saisie et annulé les décisions entreprises, les causes étant renvoyées à la caisse pour nouvelles décisions sur le droit de L. et de J. à une prestation complémentaire à partir du 1er août 1992. Elle a considéré, en bref, que le nantissement des polices d'assurance, dans de telles circonstances, ne constituait pas un dessaisissement de fortune au sens de la loi. C.- L'Office fédéral des assurances sociales (ci-après: l'OFAS) interjette un recours de droit administratif contre ce jugement, dont il demande l'annulation, en concluant au renvoi de la cause à la caisse pour nouvelles décisions. Il fait valoir, en résumé, que le nantissement des polices constitue bel et bien un acte de dessaisissement; par ailleurs, ce ne sont pas les valeurs de rachat des deux polices, comptées comme éléments de fortune amortissables en vertu de l' art. 17a OPC-AVS/AI , qui doivent être prises en compte, mais le montant des rentes viagères auxquelles les assurées ont renoncé, en tant qu'éléments de revenu. L. et J. concluent au rejet du recours. De son côté, la caisse est d'avis que le nantissement des polices d'assurance-vie constitue un dessaisissement de fortune amortissable et non pas la renonciation à un revenu, comme le soutient l'OFAS. Erwägungen Considérant en droit: 1. Est tout d'abord litigieux, en l'espèce, le point de savoir si le nantissement d'une police d'assurance-vie auprès du créancier d'un tiers, en vue de garantir le paiement de la dette contractée par ce dernier, BGE 120 V 187 S. 191 constitue, en cas de réalisation du gage, un acte de dessaisissement au sens de l' art. 3 al. 1 let . f LPC. 2. a) Selon l' art. 2 al. 1 LPC , les ressortissants suisses domiciliés en Suisse qui peuvent prétendre une rente de l'assurance-vieillesse et survivants, une rente ou une allocation pour impotent de l'assurance-invalidité, doivent bénéficier de prestations complémentaires si leur revenu annuel déterminant n'atteint pas un certain montant. b) Aux termes de l' art. 3 al. 1 let . f LPC, le revenu déterminant le droit aux prestations complémentaires comprend les ressources et parts de fortune dont un ayant droit s'est dessaisi. Il y a lieu d'admettre l'existence d'un dessaisissement au sens de cette disposition lorsque l'assuré a renoncé à des éléments de revenu ou de fortune sans obligation juridique et sans avoir reçu en échange une contre-prestation équivalente ( ATF 115 V 354 consid. 5c et les références; RCC 1990 p. 374 consid. 3a). 3. a) Les premiers juges ont considéré qu'en remettant en nantissement les deux polices d'assurance-vie en garantie des créances actuelles et futures que la Banque cantonale vaudoise pourrait avoir contre P., les assurées ont accepté, en cas de réalisation du gage, l'éventualité d'être privées des rentes viagères dont elles bénéficiaient. Selon eux, ce nantissement ne doit toutefois pas être assimilé à un dessaisissement; en effet, l'élément décisif est en l'occurrence la conclusion de polices d'assurance destinées à garantir aux assurées un certain niveau de vie jusqu'à la fin de leur existence, la mise en gage desdites polices n'étant qu'un élément en quelque sorte secondaire dans ce contexte. b) Ce point de vue ne saurait être partagé. Tout acte juridique par lequel une personne s'engage envers le créancier d'un tiers à garantir le paiement de la dette contractée par ce tiers doit être assimilé à un dessaisissement conditionnel au sens de l' art. 3 al. 1 let . f LPC. Sans doute, tant que la condition ne s'est pas réalisée, le dessaisissement n'est-il que virtuel, mais cela ne change rien au problème: toute libéralité peut être soumise à condition et ce qui seul importe, c'est qu'au moment où l'on fixe le revenu déterminant le droit éventuel d'un assuré à une prestation complémentaire, cet assuré dispose ou ne dispose pas de la fortune et du revenu de celle-ci qui doivent être pris en compte selon les règles légales. Dès lors, peu importe la cause ou la nature juridique exacte de l'engagement souscrit par l'assuré en faveur d'autrui. BGE 120 V 187 S. 192 Peu importe également que la condition à laquelle est subordonné l'engagement vienne à échéance avant ou après l'octroi d'une prestation complémentaire. Dès que le créancier peut exiger du garant l'exécution de son engagement, celui-ci a perdu la libre disposition de ses biens, jusqu'à concurrence du montant qui lui est réclamé en exécution de sa garantie. Cela doit permettre, le cas échéant, de prendre en compte un élément de revenu ou une part de fortune qui a disparu postérieurement à l'octroi d'une prestation complémentaire à la suite, par exemple, d'un cautionnement ou d'un autre engagement en faveur d'autrui souscrit avant la décision par laquelle l'administration a fixé le montant de la prestation. Ces principes valent notamment pour toutes les formes de mise en gage d'un bien de l'assuré en garantie de la dette d'un tiers, sans qu'il existe à l'égard de ce dernier une obligation juridique de l'assuré de souscrire un tel engagement. c) Dans le cas particulier, en nantissant leurs polices de rente viagère, les intimées ont accepté, en toute connaissance de cause, l'éventualité d'être privées des prestations assurées par la Patria. Ce faisant, elles ont disposé de leurs biens au profit de P., sans obligation juridique à l'égard de celui-ci et sans recevoir la moindre contre-prestation en échange. Aussi ne peuvent-elles aujourd'hui faire supporter à la collectivité publique qui finance les prestations complémentaires les conséquences de leur imprévoyance. A cet égard, le précédent invoqué par l'OFAS à l'appui de son recours (arrêt non publié M. du 9 août 1991) est pertinent. Dans cette affaire, des titres appartenant à un interdit avaient été mis en gage, avec l'autorisation des autorités de tutelle, en vue de garantir un emprunt contracté auprès d'une banque par le père et tuteur de l'assuré. Le Tribunal fédéral des assurances a jugé qu'un tel engagement était opposable à l'assuré qui requérait des prestations complémentaires, car il était le fait d'un tuteur agissant avec l'approbation des autorités de tutelle. Si, à l'occasion du calcul de la prestation complémentaire, l'on prend en compte la fortune dont un assuré faible d'esprit a été dessaisi par son père et tuteur avec l'accord des autorités de tutelle censées protéger ses intérêts, à plus forte raison doit-on le faire dans le cas d'espèce. Dès lors, le recours de l'OFAS est bien fondé. 4. Lors du calcul des prestations complémentaires qui sont l'objet des décisions litigieuses, la caisse a pris en compte les valeurs de rachat des deux polices, comptées comme éléments de fortune amortissables en vertu de l' art. 17a OPC-AVS/AI . BGE 120 V 187 S. 193 De son côté, l'OFAS est d'avis que ce sont bien plutôt les rentes viagères, auxquelles les intimées ont renoncé par le nantissement des polices d'assurance, qui doivent être prises en considération en tant qu'éléments de revenu dont elles se sont dessaisies. C'est le second point litigieux dans la présente cause. Eu égard à la nature de l'élément patrimonial objet du dessaisissement, il y a lieu de se ranger à l'opinion de l'office recourant. En effet, en prenant l'engagement de garantir le paiement des dettes contractées par P. auprès de la Banque cantonale vaudoise par le nantissement de ces polices d'assurance, les intimées ont accepté l'éventualité d'être privées d'éléments de revenu consistant dans les rentes mensuelles dont elles devaient bénéficier leur vie durant, et non pas simplement de la valeur de rachat des polices d'assurance-vie. Dans ces conditions, le revenu déterminant le droit éventuel des intimées aux prestations complémentaires comprend la contre-valeur des rentes viagères, en tant qu'éléments de revenu dont elles se sont dessaisies au profit de la banque créancière de leur fils et neveu, sans obligation à l'égard de celui-ci et sans en recevoir une quelconque contre-prestation. Sur ce point également, le recours se révèle bien fondé et la cause doit être renvoyée à la caisse, à qui il appartiendra de rendre de nouvelles décisions, conformément à ce qui a été exposé ci-dessus.
null
nan
fr
1,994
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
85c31900-4645-48ee-97d4-6584e7bb8ecc
Urteilskopf 122 II 315 41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. März 1996 i.S. B. gegen Gesundheits- und Fürsorgedirektion und Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Opferhilfegesetz (OHG), Beratung nach Art. 3 OHG . Die Verweigerung von Leistungen nach Art. 3 OHG unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde (E. 1). In örtlicher Hinsicht setzt die Anwendung von Art. 3 OHG grundsätzlich voraus, dass die Hilfe in der Schweiz benötigt wird; bejaht bei juristischer Hilfe an im Ausland wohnhafte Angehörige ( Art. 2 Abs. 2 OHG ) zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen schweizerische Versicherungen des Opfers, das seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte (E. 2a). Die Annahme der Opfereigenschaft als Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Beratung und Hilfen nach Art. 3 OHG erfordert nicht, dass die Tatbestandsmässigkeit und Rechtswidrigkeit einer Straftat bereits erstellt sind; es genügt, wenn dies in Frage kommt (E. 3d). Die Leistungen nach Art. 3 OHG können nicht wegen möglichen Selbstverschuldens des Opfers verweigert werden (E. 4b). Die Übernahme weiterer Kosten gemäss Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG hängt davon ab, ob sie nach den persönlichen Verhältnissen des Opfers bzw. seiner Angehörigen "angezeigt" ist; daraus folgt eine über die reine Notwendigkeit hinausgehende, grosszügigere Betrachtungsweise (E. 4c).
Sachverhalt ab Seite 316 BGE 122 II 315 S. 316 A. war Staatsangehöriger des ehemaligen Jugoslawien und wohnte in Bern. Bei einem Verkehrsunfall auf einer deutschen Autobahn erlitt er 1992 schwere Verletzungen, denen er 1993 erlag. Er hinterliess seine im ehemaligen Jugoslawien lebende Ehefrau Sh. B. und das Kind L. B. Der Rechtsvertreter von Sh. und L. B. ersuchte das Fürsorgeamt der Gesundheits- und Fürsorgedirektion des Kantons Bern um Kostengutsprache im BGE 122 II 315 S. 317 Sinne des Opferhilfegesetzes zur Wahrung der Rechte gegenüber der Unfallversicherung, welche ihre Leistungen gekürzt hatte. Das Fürsorgeamt wies dieses Gesuch ab und führte zur Begründung aus, A. habe den Unfall durch seine gefährliche Fahrweise selbst verursacht und könne daher nicht als Opfer einer Straftat bezeichnet werden. Eine Beschwerde an die Gesundheits- und Fürsorgedirektion blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern bestätigte den abschlägigen Bescheid. Es erwog, A. treffe ein derart überwiegendes Verschulden am Unfall, dass er als Täter, nicht als Opfer anzusehen sei; er erscheine nicht im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG in unmittelbarer Weise zufolge des Fehlverhaltens eines Dritten beeinträchtigt. Selbst wenn man ihn als Opfer nach dem Opferhilfegesetz ansehen wollte, sei sein Mitverschulden jedenfalls im Rahmen der persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen und seien daher die weiteren Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG zu verweigern. Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts haben Sh. und L. B. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht behandelt die Eingabe als Verwaltungsgerichtsbeschwerde und heisst sie unter Rückweisung der Angelegenheit an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführerinnen haben ausdrücklich staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Vorerst ist zu prüfen, mit welchem Rechtsmittel der angefochtene Entscheid beim Bundesgericht angefochten werden kann (vgl. BGE 119 Ia 285 E. 1 S. 288). Nach Art. 64ter BV sorgen der Bund und die Kantone dafür, dass die Opfer von Straftaten gegen Leib und Leben Hilfe erhalten; dazu gehört eine angemessene Entschädigung, wenn die Opfer infolge der Straftat in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. Das Bundesgesetz über die Hilfe an Opfer von Straftaten (Opferhilfegesetz, OHG, SR 312.5) konkretisiert diese Ansprüche. Nach Art. 1 Abs. 2 OHG umfasst die Hilfe (a) Beratung, (b) Schutz des Opfers und Wahrung seiner Rechte im Strafverfahren sowie (c) Entschädigung und Genugtuung. Streitig ist vorliegendenfalls der Umfang des in Art. 3 OHG näher geregelten Anspruchs des Opfers auf Beratung bzw. auf Übernahme weiterer Kosten. Darauf besteht bei gegebenen Voraussetzungen ein Anspruch nach BGE 122 II 315 S. 318 Bundesrecht. Das angefochtene Urteil, mit dem die Voraussetzungen für eine Entrichtung von Hilfe verneint worden sind, stellt demnach eine Verfügung im Sinne von Art. 5 VwVG i.V.m. Art. 97 OG dar. Gegen solche Hoheitsakte steht grundsätzlich die Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen. Das Verwaltungsgericht hat als letzte kantonale Instanz im Sinne des Art. 98 lit. g OG entschieden. Der Ausschlussgrund des Art. 99 lit. h OG kommt nicht zum Zuge, weil das Opferhilfegesetz einen Anspruch auf entsprechende Hilfeleistungen einräumt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher zulässig. Die ausdrücklich als staatsrechtliche Beschwerde erhobene Eingabe ist demnach als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen. Die Beschwerdeführerinnen sind im kantonalen Verfahren mit ihrem Gesuch um Kostengutsprache an ihren Anwalt unterlegen und daher nach Art. 103 lit. a OG zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert. Die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen sind erfüllt. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach einzutreten. 2. a) Der Anspruch auf Beratung im Sinne von Art. 3 OHG im allgemeinen und auf Übernahme weiterer Kosten durch die Beratungsstelle gemäss Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG im speziellen ist dem blossen Gesetzeswortlaut nach weder von Wohnsitz oder Nationalität des Opfers noch vom Begehungs- und Erfolgsort der Straftat abhängig. Für die Anspruchsberechtigung ist vom Sinn und Zweck der Hilfe nach Art. 3 OHG auszugehen und darauf abzustellen, ob die Hilfe in der Schweiz benötigt wird (vgl. GOMM/STEIN/ZEHNTNER, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, N. 4 zu Art. 11). Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn, wie hier, im Ausland wohnhafte Angehörige des Opfers im Sinne von Art. 2 Abs. 2 OHG juristische Hilfe zur Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen schweizerische Versicherungen des Opfers beanspruchen, das seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte. Unter dem Gesichtswinkel der örtlichen Verhältnisse kann den Beschwerdeführerinnen daher die Hilfe nach dem Opferhilfegesetz nicht abgesprochen werden. b) Art. 2 Abs. 2 OHG stellt den Ehegatten und die Kinder des Opfers in bezug auf die Beratung dem Opfer selber gleich (lit. a). Die Beschwerdeführerinnen handeln im vorliegenden Fall in gleicher Stellung wie der verstorbene A. In persönlicher Hinsicht können sie daher um Beratungshilfe und Übernahme weiterer Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 OHG ersuchen. c) Der Unfall ereignete sich vor Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes. Nach Art. 12 Abs. 1 der Verordnung über die Hilfe an Opfer von Straftaten BGE 122 II 315 S. 319 (Opferhilfeverordnung, OHV, SR 312.51) können alle Opfer von Straftaten, unabhängig vom Zeitpunkt der Begehung der Straftat, Hilfe der Beratungsstellen in Anspruch nehmen. Die Beschwerdeführerinnen sind daher auch in zeitlicher Hinsicht berechtigt, Hilfe im Sinne von Art. 3 Abs. 4 OHG zu beanspruchen. d) Im folgenden ist zu prüfen, ob A. überhaupt als Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG betrachtet werden kann und die Beschwerdeführerinnen daher Anspruch auf Hilfe nach Art. 3 Abs. 4 OHG erheben können. 3. a) Die Vorinstanz verneinte die Opfereigenschaft A.'s. Sie ging für das Unfallgeschehen in der Nacht vom 8. Februar 1992 von folgendem Sachverhalt aus. X. lenkte seinen Personenwagen auf der deutschen Autobahn in angetrunkenem (0,52 0/00 Blutalkoholgehalt), übermüdetem und somit fahruntüchtigem Zustand. Er kam gemäss Verkehrsunfallanzeige "unvermittelt, grundlos und abrupt" von der rechten Fahrbahn ab und stiess mit dem korrekt auf der linken Fahrspur zum Überholen ansetzenden Y. zusammen. Der Wagen von X. prallte gegen die Mittelleitplanke und kam quer in der Fahrbahnmitte zum Stillstand. Y. kam mit seinem Wagen auf dem Seitenstreifen zum Stehen. Der darauf herannahende Z. konnte rechtzeitig bremsen und seinen Wagen kurz vor der Unfallstelle auf dem Seitenstreifen anhalten. Kurz darauf fuhr A. mit einer Geschwindigkeit von jedenfalls 100 km/h und ungebremst auf den offenbar unbeleuchteten Wagen von X. auf. Beide Wagen wurden aus der Fahrbahn geschleudert, derjenige von A. fing Feuer und brannte aus, wodurch dieser schwere Verbrennungen erlitt. Es ist nicht bestritten, dass A. seine Geschwindigkeit den nebligen Verhältnissen mit einer Sichtweite von ca. 150 m nicht angepasst hatte. Bei korrektem Verhalten und angepasster Geschwindigkeit hätte er noch bremsen und den Unfall möglicherweise vermeiden können. Er wurde denn für sein Verhalten in Deutschland auch zu einer Geldstrafe in der Höhe von 40 Tagessätzen zu DM 60.--, insgesamt DM 2'400.--, verurteilt; weiter wurde ihm die Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik entzogen. Aufgrund dieses Sachverhalts stellte das Verwaltungsgericht die Opfereigenschaft von A. in Frage. Es führte aus, zufolge des überwiegenden, groben Selbstverschuldens A.'s sei der Kausalzusammenhang zwischen der Verkehrsregelverletzung von X. und seiner eigenen Schädigung unterbrochen worden. Er sei deshalb Opfer seines eigenen strafbaren Verhaltens geworden, BGE 122 II 315 S. 320 nicht desjenigen von X. Aus den gleichen Überlegungen erachtete die Vorinstanz auch die von Art. 2 Abs. 1 OHG für die Annahme der Opfereigenschaft geforderte Unmittelbarkeit der Beeinträchtigung nicht als gegeben. b) Das Opfer einer "Straftat" erhält nach Art. 2 Abs. 1 OHG Hilfe "unabhängig davon, ob der Täter ermittelt worden ist und ob er sich schuldhaft verhalten hat". Der Begriff der Straftat ist im Opferhilfegesetz grundsätzlich gleich wie im Strafgesetzbuch definiert. Man versteht darunter ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten; eine schuldhafte Tatbegehung ist jedoch ausdrücklich nicht vorausgesetzt (Botschaft des Bundesrates zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II S. 977; Botschaft des Bundesrates zu Art. 64ter BV , BBl 1983 III S. 893 f.; GOMM/STEIN/ZEHNTNER, a.a.O., N. 18 zu Art. 2). Im vorliegenden Fall steht eine fahrlässige schwere Körperverletzung ( Art. 125 Abs. 2 StGB ) bzw. eine fahrlässige Tötung ( Art. 117 StGB ) in Frage. Es ist im folgenden zu prüfen, ob das Verhalten X.'s in diesem Sinne qualifiziert werden könne. c) Die Annahme eines fahrlässigen Erfolgsdeliktes setzt voraus, dass der Erfolg durch sorgfaltswidriges Verhalten des Täters verursacht wird. Sorgfaltswidrig ist die Handlungsweise dann, wenn der Täter die Gefährdung der Rechtsgüter des Opfers hätte erkennen können und müssen. Erkennbar bzw. voraussehbar ist die Gefahr des Erfolgseintritts für den Täter, wenn sein Verhalten geeignet ist, nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und den Erfahrungen des Lebens einen Erfolg wie den eingetretenen herbeizuführen oder mindestens zu begünstigen. Es genügt, wenn der Täter in groben Zügen den zum Erfolg führenden Kausalverlauf als Folge seines pflichtwidrigen Verhaltens voraussehen konnte. Die Voraussehbarkeit ist zu verneinen, wenn ganz aussergewöhnliche Umstände hinzutreten, mit denen schlechthin nicht gerechnet werden musste und die derart schwer wiegen, dass sie als wahrscheinlichste und unmittelbare Ursache des Erfolges erscheinen und so alle anderen mitverursachenden Faktoren wie das Verhalten des Täters in den Hintergrund drängen. Damit der Eintritt des Erfolges auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist, genügt es allerdings nicht, dass er vorhersehbar war. Vielmehr stellt sich die weitere Frage, ob der Erfolg auch vermeidbar war. Es genügt für die Zurechnung des Erfolges, wenn das Verhalten des Täters mindestens mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Ursache des BGE 122 II 315 S. 321 Erfolges bildete (vgl. zum ganzen BGE 121 IV 286 E. 3 S. 289, mit weitern Hinweisen auf Rechtsprechung und Doktrin). Im vorliegenden Fall hat X. den Unfall durch sein Verhalten verursacht. Es trifft ihn klarerweise der Vorwurf der Sorgfaltswidrigkeit. Es ist im Sinne der wiedergegebenen Rechtsprechung voraussehbar, dass das Fahren auf der Autobahn in fahruntüchtigem Zustand und ein abruptes Abschwenken auf die Überholspur zu einem Unfall wie dem im vorliegenden Fall zu beurteilenden führen können. Demgegenüber ist der Umstand, dass der nachfolgende Fahrzeuglenker A. den quer auf der Autobahn stehenden und offenbar unbeleuchteten Wagen von X. nicht bzw. nicht rechtzeitig wahrnahm und ungebremst mit einer Geschwindigkeit von rund 100 km/h in diesen hineinfuhr, nicht derart aussergewöhnlich, dass damit schlechthin nicht gerechnet werden musste. Unbeleuchtete Hindernisse sind auf Autobahnen äusserst selten. Das ebenfalls sorgfaltswidrige Verhalten von A. erscheint unter diesen Umständen nicht als unmittelbare Unfallursache und vermag dasjenige von X. nicht in den Hintergrund zu drängen. Es kann demnach nicht gesagt werden, dass der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem Verhalten von X. und dem Unfalleintritt durch die Fahrweise von A. unterbrochen worden wäre. d) Diese Überlegungen zeigen, dass eine Straftat als Voraussetzung für die Bejahung der Opfereigenschaft von A. durchaus in Frage kommt. Im Bereiche der Beratung und der übrigen Hilfen nach Art. 3 OHG kann - gleich wie beim Schutz und den Rechten des Opfers im Strafverfahren nach den Art. 5 ff. OHG - für deren Inanspruchnahme nicht verlangt werden, dass die Tatbestandsmässigkeit und die Rechtswidrigkeit einer Straftat bereits erstellt sind. Ob diese und die weiteren Voraussetzungen einer Straftat gegeben sind, bildet erst Gegenstand des Strafverfahrens. Soll das Opfer seine Rechte im Strafverfahren wahrnehmen können, muss es daher genügen, dass eine die Opferstellung begründende Straftat in Betracht fällt (vgl. BGE 121 II 116 E. 2 S. 119 betreffend Vorschuss nach Art. 15 OHG ). Die Soforthilfen müssen, damit sie ihren Zweck erfüllen können, gewährt werden, bevor endgültig feststeht, ob ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten des Täters zu bejahen ist oder nicht (vgl. BGE 122 II 211 E. 3c und d). Dabei können die Anforderungen an den Nachweis, dass eine Straftat in Betracht fällt, je nach dem Zeitpunkt sowie der Art und dem Umfang der beanspruchten Hilfe unterschiedlich hoch sein. Im vorliegenden Fall sind sie auch unter diesem Gesichtspunkt ohne weiteres erfüllt. BGE 122 II 315 S. 322 e) Das Verwaltungsgericht hat die Opfereigenschaft von A. auch mangels Vorliegens einer "unmittelbaren Beeinträchtigung" durch die Straftat im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG verneint. Es hat ausgeführt, eigenes strafbares Verhalten und Mitverschulden könnten die Direktheit einer strafbaren Einwirkung von dritter Seite unterbrechen und dazu führen, der betroffenen Person die Opfereigenschaft abzusprechen. Nach Art. 2 Abs. 1 OHG gilt als Opfer diejenige Person, welche durch eine Straftat in ihrer körperlichen, sexuellen oder psychischen Integrität unmittelbar beeinträchtigt ist. In welchen Fällen die Opfereigenschaft zu bejahen ist, ist aufgrund der gesetzgeberischen Wertentscheidung im Einzelfall anhand der konkreten Umstände festzustellen (vgl. Botschaft zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II 977; vgl. zur bisherigen Praxis BGE 120 Ia 157 E. aa S. 162 sowie BGE 122 IV 71 E. 3a S. 76; BGE 122 IV 79 E. 1a S. 81; BGE 120 Ia 101 E. 1b S. 102). Mit dem Erfordernis der "unmittelbaren" Betroffenheit sollen namentlich Vermögensdelikte, die - anders als etwa der Raub - jedenfalls nicht direkt mit einer Beeinträchtigung der Integrität verbunden sind, von der Opferhilfe ausgenommen werden (vgl. Botschaft zum Opferhilfegesetz, BBl 1990 II 977). Die Unmittelbarkeit betrifft die Beeinträchtigung in der Integrität des möglichen Opfers selber. Im vorliegenden Fall erlitt A. durch den Unfall schwere Verletzungen und ist ihnen schliesslich erlegen. Dies sind direkte Auswirkungen des Unfallgeschehens. Es kann demnach keinem Zweifel unterliegen, dass A. im Sinne des Opferhilfegesetzes unmittelbar in seiner körperlichen Integrität beeinträchtigt wurde. f) Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, dass A. als Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG zu betrachten ist. Soweit ihm das Verwaltungsgericht diese Eigenschaft abgesprochen hat, erweist sich die vorliegende Beschwerde als begründet. 4. a) Das Verwaltungsgericht hat das Ersuchen um Übernahme weiterer Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG aus weiteren Gründen abgewiesen. Es führt im angefochtenen Entscheid aus, weitere Kosten könnten nach dem Gesetzestext nur übernommen werden, soweit dies aufgrund der persönlichen Verhältnisse des Opfers bzw. der nahen Verwandten angezeigt sei. Analog zu Art. 13 Abs. 2 OHG , wonach Entschädigungen herabgesetzt werden, wenn das Opfer den Schaden wesentlich mitverschuldet hat, sei im vorliegenden Fall unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Verhältnisse das Selbstverschulden von A. zu berücksichtigen. Ferner dürfe der Umstand nicht BGE 122 II 315 S. 323 ausser acht gelassen werden, dass den Beschwerdeführerinnen ein Beistand bestellt worden sei und diese mittlerweile doch erhebliche Zahlungen erhalten haben dürften, so dass ihnen gewisse Eigenleistungen zumutbar seien. b) Mit dem Opferhilfegesetz soll den Opfern von Straftaten wirksame Hilfe geleistet und ihre Rechtsstellung verbessert werden ( Art. 1 Abs. 1 OHG ). Die in Art. 3 OHG vorgesehene Beratung und weitere Hilfe ist einerseits unter anderem als Soforthilfe konzipiert und muss daher sofort erfolgen, um wirksam zu sein. Anderseits soll die Rechtsstellung der Opfer dadurch verbessert werden, dass diese über die ihnen zustehenden Ansprüche informiert und ihnen die nötige Hilfe zu deren Durchsetzung gewährt werden. So wie für die Beanspruchung von Hilfen nach Art. 3 OHG nicht endgültig feststehen muss, ob ein tatbestandsmässiges und rechtswidriges Verhalten des Täters zu bejahen ist oder nicht (E. 3d oben), können diese auch nicht wegen möglichen Selbstverschuldens des Opfers verweigert werden. Ob wegen Selbstverschuldens eine Kürzung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen oder von Entschädigung und Genugtuung nach Art. 11 ff. OHG (dazu näher BGE 121 II 369 E. 4 S. 374) gerechtfertigt ist, ist in den entsprechenden Verfahren zu klären. Um ihre Rechte gerade auch in dieser bedeutsamen Frage wirksam wahren zu können, haben die Opfer und ihre Angehörigen Anspruch auf die nötigen Hilfen gemäss Art. 3 OHG , weshalb ihnen diese - ausser der Aufwand dafür erscheine offensichtlich nutzlos ( BGE 121 II 209 E. 3b S. 212 f.), wovon hier nicht die Rede ist - nicht wegen Selbstverschuldens im voraus verwehrt werden darf. Auch insoweit erweist sich die Beschwerde als begründet. c) Bei der Frage nach dem Umfang der Übernahme von weiteren Kosten nach Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG ist zu beachten, dass solche nur insoweit zu übernehmen sind, als sie aufgrund der persönlichen Verhältnisse angezeigt sind. Es sind die persönlichen Verhältnisse des Opfers bzw. diejenigen der nahen Verwandten ( Art. 2 Abs. 2 OHG ) zu berücksichtigen, wenn - wie im vorliegenden Fall - das Opfer verstorben ist (vgl. GOMM/STEIN/ZEHNTNER, a.a.O., N. 62 zu Art. 3). aa) Unter dem Aspekt der "persönlichen Verhältnisse" fällt die Bedürfnislage des Ansprechers als Ganzes in Betracht. Im Rahmen der Anspruchsvoraussetzungen ist u.a. auf die finanzielle Situation des Ansprechers abzustellen. Soweit es um die Übernahme von Kosten zur Rechtsverfolgung geht, ist indes nicht auf die blosse Notwendigkeit einer finanziellen Hilfe im Sinne des Notbedarfs abzustellen (vgl. BGE 122 II 315 S. 324 GOMM/STEIN/ZEHNTNER, a.a.O., N. 59 zu Art. 3). Die Zumutbarkeit von Eigenleistungen ohne wesentliche Einbussen der Lebenshaltung muss belegbar sein. Schliesslich darf unter diesem Gesichtswinkel berücksichtigt werden, ob und inwiefern das Opfer bzw. die Angehörigen die Rechte selber wahren können. bb) Leistungen sollen nach Massgabe dessen erbracht werden, was für das Opfer "angezeigt" ist. Sie betreffen nach dem Wortlaut des Opferhilfegesetzes Arzt-, Anwalts- und Verfahrenskosten. Aus dem Begriff "angezeigt" folgt ebenfalls eine über die reine Notwendigkeit hinausgehende, grosszügigere Betrachtungsweise sowohl in bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen wie auch bezüglich des Umfangs. Soweit die Hilfeleistung Anwalts- und Verfahrenskosten betrifft, unterscheidet sie sich vom verfassungsrechtlichen Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege: Sie ist - soweit sie sich auf Anwaltskosten bezieht - gegenüber der unentgeltlichen Rechtspflege subsidiärer Natur, kann also auch entrichtet werden, wenn diese verweigert wird ( BGE 121 II 209 E. b S. 212). Ein weiterer Vergleich kann zur sog. gebotenen Verteidigung gezogen werden; im Falle einer Einstellung oder eines Freispruchs können entsprechend der konkret anwendbaren Strafprozessordnung vom Staat Kosten übernommen werden, wenn der Betroffene aufgrund der gesamten Umstände Anlass hatte, einen Rechtsvertreter beizuziehen (vgl. BGE 110 Ia 156 E. b S. 159). In bezug auf das Ausmass einer Entschädigung für Verfahrenskosten und Rechtsverbeiständung hat das Bundesgericht festgehalten, dass die Hilfeleistung verweigert werden könne, wenn die zu unternehmenden rechtlichen Schritte zum vornherein zum Scheitern verurteilt und damit aussichtslos erscheinen ( BGE 121 II 209 E. 3b S. 212 f.). 5. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen hält das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts vor dem Bundesrecht nicht stand. Es ist daher in Gutheissung der Beschwerde aufzuheben. Das Verwaltungsgericht - oder die zuständige Verwaltungsstelle - wird das Gesuch der Beschwerdeführerinnen um Übernahme von weiteren Kosten im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Satz 2 OHG unter Beachtung der vorstehenden Erwägungen neu beurteilen müssen. Dabei ist davon auszugehen, dass A. als Opfer im Sinne von Art. 2 Abs. 1 OHG zu betrachten ist. Die Beschwerdeführerinnen sind, wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, nicht in der Lage, ihre Rechte selber wahrzunehmen. Es ist ihnen zwar ein Beistand bestellt worden; die Beistandschaft hat indessen nicht verhindern können, dass von der obligatorischen Unfallversicherung vorerst eine Kürzung vorgenommen worden BGE 122 II 315 S. 325 ist, welche erst durch die anwaltliche Intervention wieder hat rückgängig gemacht werden können. Die weitern Fragen der Haftpflichtversicherung und der Pensionskassenansprüche sind ebenfalls nicht leicht zu behandeln. Weiter wird im einzelnen abzuklären sein, welche Leistungen die Beschwerdeführerinnen von der Unfallversicherung erhalten haben und ob und allenfalls in welchem Ausmass ihnen Eigenleistungen zuzumuten sind.
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Urteilskopf 140 I 305 25. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_810/2013 vom 15. September 2014
Regeste Art. 16b EOG ; Art. 8 BV ; Art. 8 und 14 EMRK ; Vaterschaftsentschädigung. Nach dem klaren Wortlaut und dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers kann aus Art. 16b EOG kein Anspruch von Vätern auf eine Erwerbsersatzentschädigung abgeleitet werden (E. 6 und 7). Art. 16b EOG beinhaltet keinen Elternurlaub, wie er in anderen (europäischen) Ländern besteht, sondern regelt ausschliesslich den Entschädigungsanspruch der Mutter nach der Geburt. Eine unzulässige Diskriminierung besteht - auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR - nicht (E. 10.2). Eine Aufteilung des Anspruchs auf beide Elternteile bedürfte einer gesetzlichen Grundlage und fällt im Rahmen der bestehenden Regelung (Anspruch während 14 Wochen) bereits deshalb ausser Betracht, weil ein solches Splitting unvereinbar wäre mit Art. 4 des zur Ratifikation vorgesehenen Übereinkommens Nr. 183 der IAO über den Mutterschutz, welcher den Frauen einen Mindestanspruch von 14 Wochen Mutterschaftsurlaub garantiert, der nicht unterschritten werden kann (E. 10.2).
Sachverhalt ab Seite 306 BGE 140 I 305 S. 306 A. Der verheiratete A. wurde 2012 zum zweiten Mal Vater und bezog in der Folge drei Wochen Urlaub, wovon ihm drei Tage gemäss den internen Richtlinien seiner Arbeitgeberfirma für die Vaterschaft zugesprochen worden waren. Den Rest bezog A. zu Lasten seines Ferien- und Überzeitkontos und vereinbarte mit der Arbeitgeberin, zu einem späteren Zeitpunkt (im Frühjahr 2013) weitere vier Wochen Urlaub zu beziehen, um die Eingewöhnung seines Sohnes in der Kinderkrippe sicherstellen zu können. Am 3. September 2012 stellte er bei der AHV-Zweigstelle der Stadt Bern ein Gesuch um "Elternschaftsentschädigung gemäss EOG" für einen "Elternurlaub" von sechs Wochen. Die Arbeitgeberfirma des A. unterstützte dieses Gesuch mit einem gleichentags verfassten Schreiben und beantragte die Deckung des "Erwerbsausfall[s] von A. zu dem Prozentsatz, welcher den weiblichen Angestellten gewährt wird". Mit Verfügung vom 25. September 2012 verneinte die Ausgleichskasse des Kantons Bern (nachfolgend: Ausgleichskasse) einen Anspruch auf BGE 140 I 305 S. 307 Erwerbsersatzentschädigung. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 28. Januar 2013 fest. B. Die hiegegen erhobene Beschwerde des A. wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit einzelrichterlichem Urteil vom 17. Oktober 2013 ab. C. A. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt im Wesentlichen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, die Zusprechung einer Erwerbsersatzentschädigung für sechs Wochen Vaterschaftsurlaub und die Rückweisung der Sache an das kantonale Gericht bzw. an die Ausgleichskasse zur Festsetzung der konkreten Entschädigung. Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherungen schliessen auf Abweisung der Beschwerde, Erstere unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme der AHV-Zweigstelle der Stadt Bern. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Per 1. Juli 2005 wurden das OR um einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub für Arbeitnehmerinnen von mindestens 14 Wochen ( Art. 329f OR ) und das Bundesgesetz vom 25. September 1952 über den Erwerbsersatz für Dienstleistende (Erwerbsersatzgesetz, EOG; SR 834.1) um eine Mutterschaftsentschädigung ergänzt. Gemäss Art. 16b Abs. 1 EOG ist anspruchsberechtigt eine Frau, die a. während der neun Monate unmittelbar vor der Niederkunft im Sinne des AHVG obligatorisch versichert war; b. in dieser Zeit mindestens fünf Monate lang eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat; und c. im Zeitpunkt der Niederkunft: 1. Arbeitnehmerin im Sinne von Artikel 10 ATSG ist, 2. Selbständigerwerbende im Sinne von Artikel 12 ATSG ist, oder 3. im Betrieb des Ehemannes mitarbeitet und einen Barlohn bezieht. Der Entschädigungsanspruch entsteht am Tag der Niederkunft ( Art. 16c Abs. 1 EOG ) und endet am 98. Tag nach seinem Beginn ( Art. 16d EOG ). 3. Streitig ist, ob das kantonale Gericht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Erwerbsersatzentschädigung zu Recht verneint hat. Es handelt sich dabei um eine frei überprüfbare Rechtsfrage. BGE 140 I 305 S. 308 3.1 Das kantonale Gericht erwog, der Wortlaut von Art. 16b EOG sei klar und unmissverständlich. Er nenne ausschliesslich die Frau als Anspruchsberechtigte, weshalb für eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung mit Rücksicht auf das Rechtsgleichheitsgebot kein Raum bleibe. Der Wortlaut gebe den wahren Sinn der Bestimmung wieder. Gemäss den Materialien habe der Gesetzgeber die Ausweitung des EOG bewusst auf erwerbstätige Mütter beschränkt und damit den seit Jahrzehnten bestehenden Verfassungsauftrag von Art. 34 quinquies aBV bzw. Art. 116 Abs. 3 Satz 1 BV zur Einrichtung einer Mutterschaftsversicherung umgesetzt. Die Mutterschaftsentschädigung beruhe nicht nur auf gesellschaftlichen Vorstellungen und Wertungen des Gesetzgebers, sondern mit Blick auf die aussergewöhnliche körperliche und psychische Belastung der Mutter durch die Geburt auch auf biologischen bzw. funktionalen Gründen, weshalb das Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 8 Abs. 3 BV ) nicht verletzt werde. Diese Gründe entfielen acht Wochen nach der Geburt nicht, was sich insbesondere daraus ergebe, dass Wöchnerinnen gemäss Art. 35a Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 13. März 1964 über die Arbeit in Industrie, Gewerbe und Handel (ArG; SR 822.11) ab der neunten bis zur 16. Woche nach der Geburt nur mit ihrem Einverständnis beschäftigt werden dürften. Schliesslich enthalte die EMRK weder ein generelles Verbot der unterschiedlichen Behandlung von Frauen und Männern noch könne aus ihr ein genereller Anspruch auf Elternurlaub abgeleitet werden. Insbesondere habe der EGMR in dem beschwerdeweise angeführten Entscheid Markin gegen Russland vom 22. März 2012 (Nr. 30078/06, Grosse Kammer, Recueil CourEDH 2012-III S. 77 ) einzig festgehalten, ein Elternurlaub müsse, falls gesetzlich vorgesehen, geschlechtsneutral ausgestaltet sein. Die Schweiz kenne aber im Gegensatz zu Russland keinen Elternurlaub ("parental leave"), sondern eher einen vom EGMR nur am Rand erwähnten "maternity leave", der vom Gerichtshof nicht beanstandet worden sei. 3.2 Der Beschwerdeführer macht geltend, die Gewährung eines bezahlten Mutterschaftsurlaubes beruhe sowohl auf biologischen wie auf sozialen Überlegungen. Trotz des biologischen Vorgangs der Geburt handle es sich nur zum Teil um "zwingende biologische Gründe", welche eine Ungleichbehandlung zu rechtfertigen vermöchten. Mit zunehmendem Zeitablauf würden die biologischen Gründe von sozialen Bedürfnissen überlagert und schliesslich verdrängt. Angelehnt an das gesundheitspolizeiliche Arbeitsverbot während der BGE 140 I 305 S. 309 ersten acht Wochen nach der Geburt ( Art. 35a Abs. 3 ArG ) und die Bestimmungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) werde die Mutterschaftsentschädigung von der neunten bis zur 14. Woche ohne zwingende, in der biologischen Natur liegende Gründe ausbezahlt. Die sozialen Gründe, aus welchen eine Mutterschaftsentschädigung auch nach der achten Woche ausgerichtet werde, gälten gleichermassen für den Vater. Soweit Art. 16b EOG den Anspruch nur der Frau zugestehe, beruhe er auf überkommenen gesellschaftlichen Vorstellungen, knüpfe an das Geschlecht an und verstosse gegen Art. 8 Abs. 3, Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 BV , Art. 8 in Verbindung mit Art. 14 EMRK und das bei der Gesetzesinterpretation zu berücksichtigende UNO-Übereinkommen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW [Convention on the Elimination of All Forms of Discrimination Against Women]; SR 0.108) sowie das Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes (KRK; SR 0.107), welche eine Gleichberechtigung von Frau und Mann im Hinblick auf die Elternbeziehung verlangten. Der Gesetzgeber habe bei der Konkretisierung des seit 1945 bestehenden Verfassungsauftrags zur Errichtung einer Mutterschaftsversicherung eine Vaterschaftsentschädigung nicht ausschliessen wollen. Die Bevorzugung des weiblichen Geschlechts bei der Gewährung einer Mutterschaftsentschädigung sei somit EMRK- und verfassungswidrig. Soweit eine verfassungs- und völkerrechtskonforme Gesetzesauslegung ausser Betracht falle, sei Völkerrecht, namentlich die EMRK, für die Gerichte verbindlich. Die Verfassung habe sich bei einer Kollision beider Rechtsgrundlagen nicht für den Vorrang der Bundesgesetze, sondern für einen Vorrang des Völkerrechts ausgesprochen. Gegebenenfalls seien Bundesgesetze zu korrigieren, damit sie den Anforderungen der - direkt anwendbaren - EMRK unter Einbezug der Rechtsprechung des EGMR genügten. Richtungsweisend sei für den vorliegenden Fall der Entscheid des EGMR Markin gegen Russland vom 22. März 2012 (vgl. E. 3.1 hievor), der die russische Regelung, ausschliesslich den weiblichen Soldatinnen einen dreijährigen Elternurlaub zu gewähren, als diskriminierend und das Recht auf Achtung des Familienlebens verletzend erachte. 4. In Art. 8 Abs. 3 BV (bis 31. Dezember 1999: Art. 4 Abs. 2 aBV ) hat der Verfassungsgeber autoritativ festgestellt, die Zugehörigkeit zum einen oder andern Geschlecht stelle grundsätzlich keinen BGE 140 I 305 S. 310 rechtserheblichen Aspekt dar. Mann und Frau haben somit für die ganze Rechtsordnung im Wesentlichen als gleich zu gelten. Das Bundesgericht hat wiederholt erklärt, dass es seit dem Inkrafttreten von Art. 4 Abs. 2 aBV dem kantonalen wie auch dem eidgenössischen Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt ist, Normen zu erlassen, welche Mann und Frau ungleich behandeln; die erwähnte Verfassungsbestimmung schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierungen aus (z.B. BGE 134 V 131 E. 7.1 S. 136 mit Hinweisen). Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionale Unterschiede eine Gleichbehandlung absolut ausschliessen ( BGE 108 Ia 22 E. 5a S. 29 und seitherige Rechtsprechung). Der Vorbehalt funktionaler Unterschiede in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bedeutet insbesondere nicht, dass überkommenen Rollenverständnissen, so sie denn heute noch der Realität entsprechen, ohne Weiteres auch in Zukunft rechtliche Relevanz verliehen werden darf ( BGE 138 I 265 E. 6.1 S. 272). 5. Nach Art. 190 BV sind Bundesgesetze und Völkerrecht für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend. Damit kann Bundesgesetzen weder im Rahmen der abstrakten noch der konkreten Normenkontrolle die Anwendung versagt werden. Zwar handelt es sich dabei um ein Anwendungsgebot und kein Prüfungsverbot, und es kann sich rechtfertigen, vorfrageweise die Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes zu prüfen. Wird eine solche festgestellt, muss das Gesetz dennoch angewendet werden, und das Bundesgericht kann lediglich den Gesetzgeber einladen, die fragliche Bestimmung zu ändern ( BGE 139 I 180 E. 2.2 S. 185). 6. 6.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen. BGE 140 I 305 S. 311 Insbesondere bei jüngeren Gesetzen sind auch die Gesetzesmaterialien zu beachten, wenn sie auf die streitige Frage eine klare Antwort geben und dem Gericht damit weiterhelfen ( BGE 140 V 8 E. 2.2.1 S. 11 mit Hinweisen). 6.2 Die Ermittlung der ratio legis darf nicht nach den eigenen, subjektiven Wertvorstellungen des Gerichts, sondern hat nach den Vorgaben des Gesetzgebers zu erfolgen. Der Balancegedanke des Prinzips der Gewaltenteilung bestimmt nicht allein die Gesetzesauslegung im herkömmlichen Sinn, sondern er führt darüber hinaus zur Massgeblichkeit der bei der Auslegung gebräuchlichen Methoden für den Bereich richterlicher Rechtsschöpfung, indem ein vordergründig klarer Wortlaut einer Norm entweder auf dem Analogieweg auf einen davon nicht erfassten Sachverhalt ausgedehnt oder umgekehrt auf einen solchen Sachverhalt durch teleologische Reduktion nicht angewandt wird. Die Auslegung des Gesetzes ist zwar nicht entscheidend historisch zu orientieren, im Grundsatz aber dennoch auf die Regelungsabsicht des Gesetzgebers und die damit erkennbar getroffenen Wertentscheidungen auszurichten, da sich die Zweckbezogenheit des rechtsstaatlichen Normverständnisses nicht aus sich selbst begründen lässt, sondern aus den Absichten des Gesetzgebers abzuleiten ist, die es mit Hilfe der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln gilt. Das Gesetzesbindungspostulat schliesst für sich allein richterliche Entscheidungsspielräume nicht grundsätzlich aus. Es begrenzt indes die Zulässigkeit der Rechtsfindung contra verba aber secundum rationem ( BGE 128 I 34 E. 3b S. 41 f.). Sind mehrere Auslegungen möglich, ist jene zu wählen, die den verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten entspricht. Die verfassungskonforme Auslegung hat insbesondere dort ihre Grenze, wo entgegen dem klaren gesetzgeberischen Willen ( BGE 138 II 217 E. 4.1 S. 224 mit Hinweisen) ein (neuer) sozialversicherungsrechtlicher Anspruch geschaffen würde (vgl. BGE 116 V 198 E. 3b S. 216; BGE 118 V 293 E. 2e S. 298; BGE 126 V 93 E. 4b S. 97; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts U 30/01 vom 24. Januar 2002 E. 3c). 7. 7.1 Der Wortlaut des Art. 16b EOG ist klar und unmissverständlich, wie auch das kantonale Gericht zutreffend erwog. Anspruch auf eine Mutterschaftsentschädigung hat die Frau. Zu prüfen ist, ob triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche können sich - wie dargelegt BGE 140 I 305 S. 312 (E. 6 hievor) - aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 128 V 20 E. 3a S. 24 mit Hinweisen). 7.2 Der per 1. Januar 2005 ins Erwerbsersatzgesetz eingefügten Mutterschaftsentschädigung gingen vielfältige gesetzgeberische Versuche zur Schaffung einer eidgenössischen Mutterschaftsversicherung voraus. Bereits seit 1945 hatte mit Art. 34 quinquies aBV ein entsprechender verfassungsmässiger Auftrag bestanden. Sowohl dieser wie auch der seit 1. Januar 2000 gültige Art. 116 BV sind relativ offen formuliert (LUZIUS MADER, Die schweizerische Bundesverfassung, 2. Aufl. 2008, N. 12 zu Art. 116 BV ; PASCAL MAHON, Kommentar zur Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Bd. II, Stand Oktober 1992, N. 71 zu Art. 34 quinquies Abs. 4 BV ). Ob damit eine ausreichende Verfassungsgrundlage für die gesetzliche Einführung eines Elternurlaubs gegeben wäre, kann offenbleiben. Es ist jedenfalls nicht ausschliesslich in einer überkommenen gesellschaftlichen Realität der 1950er Jahre zu suchen, dass der Gesetzgeber bloss eine Mutterschafts- und nicht auch eine Elternschaftsversicherung eingeführt hat, wie dies der Beschwerdeführer geltend macht. Wohl war bei Annahme des Art. 34 quinquies aBV in der Volksabstimmung vom 25. November 1945 das gesellschaftliche Bewusstsein für die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann weit geringer als heute, und es dürften in erster Linie Leistungen an die Frau als Wöchnerin im Fokus gestanden haben, während der Gedanke eines Elternurlaubs auch für Väter gesellschaftlich nicht nahelag (vgl. Bericht des Bundesrates an die Bundesversammlung vom 10. Oktober 1944 über das Volksbegehren "Für die Familie", BBl 1944 I 865, 1022 f. Ziff. III/2). Unbestritten hat seither das Gleichberechtigungsgebot stark an Bedeutung gewonnen. Indes ist nicht ersichtlich, dass der Verfassungsgeber bei der Neuformulierung des am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Art. 116 Abs. 3 BV den Gesetzgebungsauftrag materiell hätte erweitern wollen (vgl. MADER, a.a.O., N. 1 und 12 zu Art. 116 BV ). Nicht zuletzt blieben auf Gesetzgebungsebene verschiedene parlamentarische Vorstösse chancenlos. So wurde etwa eine Volksinitiative, welche - neben eigentlichen Mutterschaftsleistungen wie Kündigungsschutz und Mutterschaftsentschädigung - einen teilweise bezahlten Elternurlaub von neun Monaten vorgesehen hatte, deutlich verworfen (Volksabstimmung vom 2. Dezember 1984, BBl 1980 I 821; 1985 I 273 ). Ebenso wenig Erfolg hatte ein Gesetzesvorschlag, der auch für nichterwerbstätige BGE 140 I 305 S. 313 Mütter eine Entschädigung vorsah (Volksabstimmung vom 13. Juni 1999, BBl 1998 5695; 1999 7293). 7.3 7.3.1 Die parlamentarische Debatte zur Einführung der Mutterschaftsentschädigung zeigt ebenfalls klar, dass der Gesetzgeber von weitergehenden Ansprüchen in zeitlicher und vor allem auch in personeller Hinsicht letztlich aus pragmatischen, politischen Gründen mehrheitlich Abstand nehmen wollte. Die der Diskussion zu Grunde liegende parlamentarische Initiative 01.426 "Revision Erwerbsersatzgesetz. Ausweitung der Erwerbsersatzansprüche auf erwerbstätige Mütter" von Nationalrat Triponez vom 20. Juni 2001 mit über 100 parlamentarischen Unterzeichnenden zielte auf eine politisch mehrheitsfähige, realistische Lösung ab, die - nach mehrfach gescheiterten weitergehenden Vorstössen (vgl. E. 7.2 hievor) - ausschliesslich den erwerbstätigen Müttern zugutekommen sollte, zumal ein minimaler Mutterschaftsschutz für die erwerbstätigen Mütter aus sozialpolitischen Gründen nunmehr von einer breiten parlamentarischen Gruppe als dringlich erachtet wurde (AB 2001 N 1615 [Votum Triponez]). 7.3.2 Nach der Einführung der Mutterschaftsentschädigung lehnte das Parlament zahlreiche Vorstösse zur Einführung eines Vaterschafts- bzw. Elternurlaubs ab (vgl. die tabellarische Übersicht in: Vaterschaftsurlaub und Elternurlaub, Auslegeordnung und Präsentation unterschiedlicher Modelle, Bericht des Bundesrats vom 30. Oktober 2013 in Erfüllung des Postulats Fetz [nachfolgend: Bericht des Bundesrates], Anhang 2; abrufbar unter www.bsv.admin.ch ). Das Parlament folgte jeweils dem Bundesrat, der regelmässig dieselben grundsätzlichen Argumente anführte: Zum einen befinde sich die Zuständigkeit für die Einführung und Ausgestaltung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs bei den Sozialpartnern und solle auch dort bleiben. Zum andern sei die Einführung eines solchen Urlaubs als neu einzuführende Sozialleistung weder finanzierbar noch habe sie sozialpolitisch Priorität (Bericht des Bundesrates, S. 7). Ausnahme bildete einzig das Postulat 11.3492 "Freiwillige Elternzeit und Familienvorsorge" von Ständerätin Fetz vom 6. Juni 2011, welches das Parlament annahm und den Bundesrat mit der Ausarbeitung des erwähnten Berichts beauftragte. Darin wurde nicht dem Vaterschafts- respektive Elternurlaub prioritäre Bedeutung zuerkannt, sondern dem bedarfsgerechten Ausbau familien- und BGE 140 I 305 S. 314 schulergänzender Kinderbetreuungsangebote (Bericht des Bundesrates, S. 66). 7.4 Es steht somit fest, dass nicht nur der Gesetzeswortlaut den Entschädigungsanspruch auf die Mütter beschränkt, sondern ebenso der Gesetzeszweck eindeutig auf eine Entschädigung ausschliesslich für Mütter abzielt. Art. 16b EOG kann nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass gestützt auf diese Bestimmung auch den Vätern ein bundesrechtlicher Urlaubs- und Entschädigungsanspruch zusteht. Daran ändert die Berufung des Beschwerdeführers auf die bei der Auslegung zu berücksichtigenden UNO-Übereinkommen (CEDAW; KRK; E. 3.2 hievor) nichts. Eine Auslegung gegen den klaren Wortlaut oder gegen den eindeutigen gesetzgeberischen Willen würde den Rahmen einer verfassungs- und völkerrechtskonformen Auslegung sprengen und ist abzulehnen (vorangehende E. 6.2). Väter sind somit in der Tat schlechtergestellt als Mütter. Zu prüfen bleibt, ob darin eine verpönte Diskriminierung liegt. 8. 8.1 Art. 16b EOG knüpft an Schwangerschaft und Niederkunft und damit an eine geschlechtsspezifische biologische Ursache an. Eine Differenzierung nach dem Geschlecht ist insoweit zulässig (vgl. E. 4 hievor), was auch der Beschwerdeführer nicht in Abrede stellt. Er macht jedoch geltend, eine unterschiedliche Regelung für Väter und Mütter sei nur gerechtfertigt, solange gesundheitliche Gründe bestünden, was lediglich während einer achtwöchigen Erholungszeit der Mutter nach der Geburt der Fall sei (vorangehende E. 3.2). 8.2 Der Beschwerdeführer hatte unmittelbar im Anschluss an die Geburt seines Kindes eine Vaterschaftsentschädigung beantragt. Soweit er beschwerdeweise einen Anspruch auf Leistungen während der ersten acht Wochen nach der Entbindung geltend macht, ist seine Beschwerde von vornherein unbegründet. Wie dargelegt (E. 8.1) besteht für diese Zeit ein auch vom Beschwerdeführer ausdrücklich anerkannter biologisch bedingter Unterschied zwischen Frau und Mann, der hinsichtlich des Urlaubs- und Entschädigungsanspruchs eine unterschiedliche Behandlung gestattet (vgl. auch Urteil 2P.296/1992 vom 11. Februar 1994 E. 3b, in: ZBl 95/1994 S. 377 f.). Fragen kann sich somit nur, ob der darüber hinausgehende Entschädigungsanspruch für die neunte bis zur 14. Woche nach der Geburt auf Mütter ausgedehnt werden durfte, ohne den Vätern einen entsprechenden Vorteil einzuräumen. BGE 140 I 305 S. 315 9. 9.1 Im bereits zitierten Urteil 2P.296/1992 vom 11. Februar 1994 (vorangehende E. 8.2) hatte das Bundesgericht zu entscheiden, ob einem im bernischen Staatsdienst angestellten Mann im Anschluss an dessen Vaterschaft ein bezahlter Urlaub von 14 Wochen zustehe, wie dies die einschlägige Beamtenverordnung "dem weiblichen Personal" gewährte. Das Bundesgericht verneinte einen entsprechenden Anspruch im Wesentlichen mit der Begründung, der strittige Mutterschaftsurlaub sei unmittelbar mit einem relevanten geschlechtsspezifischen Tatbestandselement, nämlich mit der Niederkunft und dem Wochenbett verknüpft. Wie lange ein Mutterschaftsurlaub maximal dauern dürfe, um noch als geschlechtsbedingt anerkannt zu werden, hatte das Bundesgericht in jenem Entscheid offengelassen. Es erwog, der (kantonale) Gesetzgeber sei jedenfalls nicht verpflichtet, bloss einen minimalen Niederkunftsurlaub zu gewähren, sondern es stehe ihm ein gewisser Gestaltungsspielraum zu, ohne dass er sich deswegen dem Vorwurf der Diskriminierung aussetze. Ein Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen bewege sich jedenfalls auch rechtsvergleichend im üblichen Rahmen (2P.296/1992 E. 3c und 3d). Soweit der Beschwerdeführer die Einführung eines eigentlichen Elternurlaubes beantrage, wäre ein solcher wohl geeignet, die Gleichstellung von Mann und Frau in Familie und Arbeit zu fördern. Wenn auch der Mann die Möglichkeit erhielte, sich bei Vaterschaft einige Zeit vorrangig dem Kind zu widmen, würde dies zweifellos einen Beitrag zur Überwindung des traditionellen Rollenverständnisses leisten. Es sei aber Sache des Gesetzgebers, tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in der sozialen Wirklichkeit zu schaffen und darüber zu befinden, welche Regelung er in diesem Bereich treffen und wie er diese ausgestalten wolle (2P.296/1992 E. 4b). 9.2 Was die vom Beschwerdeführer gerügte Verletzung der EMRK betrifft, ist zunächst festzuhalten, dass die Konventionsgarantien bereits aus entstehungsgeschichtlichen Gründen (Konzeption der EMRK als Katalog von Abwehrrechten unter ausdrücklicher Negation des Schutzes sozialer Rechte) tendenziell enger auszulegen sind, wenn ein Anspruch auf staatliche Leistungen der sozialen Sicherheit im Raum steht ( BGE 140 I 77 E. 8 S. 87 f.). Darüber hinaus gesteht der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Bereich der Ausgestaltung von Systemen der sozialen Sicherheit einen weiten Beurteilungsspielraum zu. Grundsätzlich wenig geklärt ist bislang, ob und allenfalls inwieweit überhaupt positive Leistungspflichten der Staaten aus der BGE 140 I 305 S. 316 Pflicht zur Achtung des Privat- und Familienlebens ( Art. 8 EMRK ) abgeleitet werden können ( BGE 140 I 77 E. 8 S. 87 f.). Ausdrücklich verneint hat der EGMR aber eine Pflicht der Mitgliedstaaten aus Art. 8 EMRK zur Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubs (hiezu sogleich E. 9.2.1). 9.2.1 Dem sowohl von der Vorinstanz als auch vom Beschwerdeführer zitierten EGMR-Entscheid vom März 2012 (E. 3.1 hievor) lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der russische Armeeangehörige Konstantin Markin wurde im Jahr 2005 zum dritten Mal Vater. Gleichzeitig beantragte seine Ehefrau die Scheidung. Konstantin Markin ersuchte um einen dreijährigen Elternurlaub, welcher nach russischem Recht weiblichen Armeeangehörigen vorbehalten war. Nachdem die innerstaatlichen Gerichte sein Begehren mit der Begründung abgewiesen hatten, er habe den Nachweis nicht erbringen können, alleiniger Inhaber der elterlichen Sorge zu sein, zudem stehe der dreijährige Elternurlaub nur weiblichen Armeeangehörigen offen, wandte er sich an den EGMR. Der Gerichtshof hielt mit Bezug auf den Mutterschaftsurlaub ("maternity leave", im russischen Recht [übersetzt]: "pregnancy and delivery leave") fest, im Unterschied zum (an den Mutterschaftsurlaub anschliessenden) Elternurlaub ("parental leave", im russischen Recht [übersetzt]: "child-care leave"), welcher nicht mehr mit der Biologie der Mutter verknüpft sei, diene der Mutterschaftsurlaub der Erholung der Mutter von der Geburt (§ 132). Soweit das nationale Gericht aber den Anspruch eines männlichen Berufssoldaten auf Elternurlaub ("parental leave") verneint habe, verletze dies Art. 14 i.V.m. Art. 8 EMRK . Die Förderung der Geschlechtergleichheit sei heute ein wichtiges Ziel ("major goal") der Mitgliedstaaten (§ 127). Der Ausschluss von Vätern vom Elternurlaub könne jedenfalls nicht einzig mit der Geschlechterstereotypie - Frauen als traditionell primäre Kindererzieherinnen - begründet werden. Während zum Zeitpunkt des Entscheids Petrovic gegen Österreich vom 27. März 1998 (Nr. 20458/92, Grosse Kammer, Recueil CourEDH 1998-II S. 579 ) in den Mitgliedstaaten noch kein Konsens geherrscht habe, wonach ein Elternurlaub auch Vätern zu gewähren sei, bestehe nunmehr ein grösseres Bewusstsein für eine ausgeglichenere Aufteilung der Kindererziehungsaufgaben zwischen Frau und Mann (§ 99). Gleichwohl beinhalte Art. 8 EMRK keine positive Verpflichtung eines Staates, einen Elternurlaub zu gewähren. Bestehe ein solcher, müsse er in BGE 140 I 305 S. 317 Übereinstimmung mit Art. 8 EMRK diskriminierungsfrei ausgestaltet werden (§ 130). 9.2.2 Im Entscheid Hulea gegen Rumänien vom 2. Oktober 2012 (Nr. 33411/05, III. Kammer), befand der Gerichtshof über die Beschwerde eines in der rumänischen Armee angestellt gewesenen Elektrikers. Dessen Ehefrau hatte im Anschluss an die Geburt eines zweiten Sohnes im Dezember 2001 in den ersten zehn Monaten Elternurlaub in Anspruch genommen und war nach dieser Zeit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt, um die Vorzüge ihrer festen Lehrerstelle nicht zu verlieren. Den Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung des restlichen Elternurlaubes (insgesamt zwei Jahre) wies die erste innerstaatliche Gerichtsinstanz mit der Begründung ab, ein Elternurlaub stehe nur Militärangehörigen weiblichen Geschlechts zu. Das rumänische Verfassungsgericht befand, es liege eine unzulässige Diskriminierung vor und wies die Sache an die Vorinstanz zurück. Diese verneinte einen Anspruch erneut mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe keine Prämien für die (Eltern-)Urlaubsversicherung bezahlt. Mit Beschwerde vor dem EGMR machte der Beschwerdeführer geltend, die Weigerung, ihm Elternurlaub zu gewähren, sei eine geschlechtsbezogene Diskriminierung. Der EGMR stellte unter Berufung auf den Entscheid Markin (vorangehende E. 9.2.1) eine Verletzung von Art. 8 und 14 EMRK fest. Die Begründung des rumänischen Verfassungsgerichts sei "zu formalistisch" (u.a. weil dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt worden war, Prämien nachzuzahlen). 10. 10.1 Der in Art. 16b EOG geregelte Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen entspricht nicht nur nach Meinung des schweizerischen Gesetzgebers eindeutig keinem Elternurlaub ("parental leave"), sondern einem Mutterschutz ("maternity leave"), was nur schon die zahlreichen parlamentarischen Vorstösse zur Einführung eines Vaterschafts- oder Elternurlaubes zeigen (unlängst: Motion 14.3068 "Elternurlaub statt Mutterschaftsentschädigung" der Grünliberalen Fraktion vom 12. März 2014; Motion 14.3109 "Elternurlaub. Mehr Wahlfreiheit bei gleichen Kosten" von Nationalrat Caroni vom 18. März 2014; beide vom Bundesrat zur Ablehnung empfohlen). Auch die Lehre geht klar davon aus, das geltende Recht betreffe ausschliesslich den Mutterschutz (z.B. SABINE STEIGER-SACKMANN, Recht der Sozialen Sicherheit, Handbücher für die Anwaltspraxis, Bd. XI, 2014, S. 1155 BGE 140 I 305 S. 318 Rz. 32.8; SCARTAZZINI/HÜRZELER, Bundessozialversicherungsrecht, 2012, S. 574 Rz. 15). Mit einer Erwerbsausfallentschädigung von 14 Wochen entspricht die schweizerische Regelung nicht zuletzt der minimalen Dauer des Mutterschaftsurlaubes in der EU, welche derzeit ebenfalls - noch - bei 14 Wochen liegt (wobei Bestrebungen im Gange sind, diesen auf 18 bis 20 Wochen zu erhöhen; vgl. Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 18. Juli 2014; www.europarl.europa.eu ). Die einzelnen europäischen Staaten gewähren einen Mutterschaftsurlaub zwischen 14 Wochen (Deutschland) und 5-6 Monaten (Italien, Portugal), bei unterschiedlicher Ausgestaltung der Entschädigung, der Dauer im Einzelfall (welche teilweise abhängt von der Anzahl Geburten oder davon, ob eine Mehrlings- oder Frühgeburt vorliegt etc.) und der Möglichkeit einer teilweisen Übertragbarkeit auf den Vater (vgl. die Übersicht im Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 10. November 2011 betreffend die Parlamentarische Initiative [Nr. 07.455] zur Ratifikation des IAO-Übereinkommens Nr. 183 über den Mutterschutz, BBl 2012 1797, 1810 Ziff. 4.2). Die Elternurlaubsregeln in den europäischen Ländern, welche nicht mehr dem Mutterschutz an sich dienen, sondern der - aus familien-, arbeitsmarkt- und gleichstellungspolitischer Perspektive fraglos wünschbaren - Gleichstellung von Vater und Mutter hinsichtlich der Kinderbetreuung, bewegen sich demgegenüber mehrheitlich in einem deutlich über die Mutterschaftsentschädigung hinausgehenden zeitlichen Rahmen (so beträgt der Elternurlaub in Deutschland beispielsweise 36 Monate pro Elternteil, in Österreich 24 Monate insgesamt, in Frankreich zwölf Monate pro Elternteil sowie in Finnland, Italien, Luxemburg und in den Niederlanden sechs Monate; Bericht des Bundesrates, a.a.O. [E. 7.3.2 hievor], S. 104 ff.). 10.2 Weil nach dem Gesagten Art. 16b EOG weder einen Vaterschafts- noch einen Elternurlaub beinhaltet, sondern ausschliesslich den Entschädigungsanspruch der Mutter nach der Geburt regelt, fällt - auch unter EMRK-Gesichtspunkten - eine unzulässige Diskriminierung ausser Betracht. Eine vom Beschwerdeführer postulierte Aufteilung des Urlaubes bzw. des Entschädigungsanspruchs bedürfte in jedem Fall einer gesetzlichen Grundlage, welche - wie in den europäischen Ländern, mit Vaterschafts- oder Elternschaftsansprüchen - die Modalitäten regelt und insbesondere allfälligen gesundheitlichen Risiken von Mutter und Kind Rechnung trägt (wie sie etwa bei Früh- oder Mehrlingsgeburten oder bei Behinderungen des BGE 140 I 305 S. 319 Kindes auftreten), die eine das übliche Beschäftigungsverbot übersteigende Schonfrist erfordern. Vor allem aber fällt eine Aufteilung des nach schweizerischem Recht bestehenden Entschädigungsanspruchs von 14 Wochen auf Mutter und Vater bereits deshalb ausser Betracht, weil ein solches Splitting unvereinbar wäre mit Art. 4 des zur Ratifikation vorgesehenen IAO-Übereinkommens Nr. 183 über den Mutterschutz, welcher den Frauen einen Mindestanspruch von 14 Wochen Mutterschaftsurlaub garantiert, der nicht unterschritten werden kann. 11. Schliesslich beruft sich der Beschwerdeführer auf BGE 139 I 16 E. 5.1 S. 28 f. Das Bundesgericht erwog in einem obiter dictum, bei einem echten Normkonflikt zwischen Bundes- und Völkerrecht gehe grundsätzlich die völkerrechtliche Verpflichtung der Schweiz vor. Dies gelte auch bei späteren, d.h. nach der völkerrechtlichen Norm in Kraft getretenen Bundesgesetzen, die regelmässig unanwendbar blieben, soweit sie dem Völkerrecht entgegenstünden. Ein Normenkonflikt zwischen Bundesgesetz und Völkerrecht liegt hier indes wie dargelegt nicht vor. Die EMRK lässt den Vertragsstaaten im Bereich der Sozialleistungen generell einen weiten Ermessensspielraum und beinhaltet insbesondere keinen Anspruch auf Vaterschaftsleistungen (E. 9.2 hievor). Eine Mutterschaftsentschädigung, wie sie Art. 16b EOG vorsieht, ist auch nach der Rechtsprechung des EGMR nicht diskriminierend. Eine Diskriminierung stünde nur dann im Raum, wenn das schweizerische Recht einen Elternurlaub vorsähe, der nicht diskriminierungsfrei ausgestaltet wäre. Dies trifft nach dem Gesagten nicht zu.
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Urteilskopf 119 IV 193 34. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. August 1993 i.S. N. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 18 Abs. 2 StGB ; Vorsatz; mitgewollter strafbarer Erfolg. Vorsatz ist auch dann gegeben, wenn der Täter den deliktischen Erfolg, mag ihm dieser gleichgültig oder sogar unerwünscht sein, als notwendige Folge oder als Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks in seinen Entschluss miteinbezogen hat (Klarstellung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 119 IV 193 S. 193 A.- N. gründete im Herbst 1986 zusammen mit weiteren Personen unter dem Namen "X. AG" ein Büro zur Vermittlung von Arbeitskräften. Er war Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der AG. In der Zeit zwischen dem 1. Januar 1987 und dem 31. Dezember 1988 überwies die X. AG den Arbeitnehmern vom Lohn abgezogene AHV-Beiträge trotz Mahnung nicht innert Frist an die Ausgleichskasse. Ausserdem entrichtete sie für verschiedene ausländische Arbeitnehmer keine SUVA-Beiträge. BGE 119 IV 193 S. 194 B.- Am 27. Oktober 1992 erklärte das Obergericht des Kantons Bern N. zweitinstanzlich schuldig der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG; SR 831.10) sowie der Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Unfallversicherung (UVG; SR 832.20) und bestrafte ihn mit vier Monaten Gefängnis (unbedingt). C.- N. erhebt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 112 Abs. 1 UVG wird bestraft, wer sich durch unwahre oder unvollständige Angaben oder in anderer Weise der Versicherungs- oder der Prämienpflicht ganz oder teilweise entzieht. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 277bis Abs. 1 BStP ) vermittelte der Beschwerdeführer ausländische Arbeitnehmer und rechnete mit ihnen lohnmässig ab. Er führte sie aber nicht auf den Lohnlisten auf und rechnete weder Unfallversicherungsprämien ab, noch überwies er solche der SUVA. Er unterliess die Abrechnung, weil er befürchtete, die Behörden könnten bemerken, dass die Ausländer nicht über die erforderliche Arbeitsbewilligung verfügten. b) Was der Beschwerdeführer gegen seine Verurteilung vorbringt, ist unbehelflich. cc) Vorsatz ist auch dann gegeben, wenn der Täter den deliktischen Erfolg, mag ihm dieser gleichgültig oder sogar unerwünscht sein, als notwendige Folge oder als Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks in seinen Entschluss miteinbezogen hat. Der deliktische Erfolg braucht nicht das vom Täter erstrebte Ziel zu sein; es genügt, dass er mitgewollt ist ( BGE 98 IV 65 E. 4 mit Hinweisen; REHBERG, Strafrecht I, 5. Aufl., S. 68; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, Art. 18 N 12 ; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Allg. Teil I, § 9 N 84 ). Der Vorsatz in bezug auf die Widerhandlung gegen das UVG ist hier somit auch dann zu bejahen, wenn es dem Beschwerdeführer nur darum ging, dem Bundesgesetz über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG; SR 142.20) zuwiderzuhandeln. Denn der Verstoss gegen das UVG war aus seiner Sicht die notwendige Voraussetzung zur Erreichung dieses Ziels.
null
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1,993
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Urteilskopf 93 II 282 39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. November 1967 i.S. Nussbaum gegen Ernst.
Regeste Berufung. Begriff des ordentlichen Rechtsmittels, Art. 48 Abs. 1 OG (Erw. 1). Begriff des Endentscheides, Art. 48 Abs. 1 OG (Erw. 2). Berufungsfähigkeit wegen vorfrageweiser Anwendung von Bundesrecht? (Erw. 3). Begriff des berufungsfähigen selbständigen Vor- oder Zwischenentscheides i.S. von Art. 50 OG (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 283 BGE 93 II 282 S. 283 A.- Hans Ernst betreibt in Räumen, die er von Frau Elisabeth Nussbaum im Jahre 1959 mit fester Vertragsdauer bis zum 30. Juni 1975 mietete, eine Konditorei mit Tea-Room. Mit Schreiben vom 22. Juli 1966, das Ernst am folgenden Tage zuging, stellte die Vermieterin fest, dass er bei der Einrichtung des Tea-Rooms im Jahre 1959 ohne ihr Wissen die Entlüftungsanlage an die Heizung angeschlossen habe, und verlangte deswegen von ihm für die verflossene Mietzeit einen zusätzlichen Heizungskostenbeitrag von Fr. 6000.--; für die Bezahlung dieses Betrages setzte sie ihm eine Frist von 30 Tagen an, mit der Androhung, dass bei deren Nichteinhaltung der Mietvertrag aufgelöst sei. Ernst beauftragte am 18. August 1966 die Filiale einer schweizerischen Grossbank, den Betrag von Fr. 6000.-- auf das Postcheckkonto der Vermieterin zu überweisen. Die Bank nahm diese Überweisung jedoch erst am 29. August 1966 vor. Da die Zahlung bis zum Ablauf der Frist, d.h. bis zum 22. August 1966, nicht eingegangen war, stellte die Vermieterin mit Schreiben vom 26. August an den Mieter fest, dass das Mietverhältnis androhungsgemäss aufgelöst sei. B.- Auf Begehren der Vermieterin befahl der Einzelrichter im summarischen Verfahren beim Bezirksgericht Zürich dem Mieter mit Verfügung vom 21. September 1966, die Mieträumlichkeiten unverzüglich zu räumen und sie der Vermieterin ordnungsgemäss zu übergeben. Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, wies den von Ernst gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs am 31. Januar 1967 ab, gewährte ihm aber 14 Tage Frist für die Räumung der Mietsache. Ernst reichte gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde ein. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich kam zum Schlusse, die Frage, ob der Vermieterin die Berufung auf die Säumnisfolgen auf Grund des Art. 2 ZGB zu versagen sei, könne nicht als liquid im Sinne des § 292 Ziff. 1 zürch. ZPO BGE 93 II 282 S. 284 gelten, sondern bedürfe einer eingehenden Prüfung im ordentlichen Verfahren; es fehle somit an einer Voraussetzung für das summarische Verfahren. Das habe das Obergericht verkannt und dadurch den Nichtigkeitsgrund des § 344 Ziff. 9 ZPO (Widerspruch mit einer klaren gesetzlichen Bestimmung) geschaffen. In Anwendung dieser Vorschrift hiess das Kassationsgericht daher am 24. April 1967 die Nichtigkeitsbeschwerde gut, schützte im Sinne einer neuen Sachentscheidung ( § 349 ZPO ) den Rekurs des Beschwerdeführers gegen die Ausweisungsverfügung des Einzelrichters vom 21. September 1966 und hob diese auf. C.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt Frau Nussbaum dem Bundesgericht, den Entscheid des Kassationsgerichts aufzuheben, die kantonale Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen und Ernst unter Androhung von Zwangsvollstreckung und Ordnungsbusse die unverzügliche Räumung und Übergabe der Mietsache zu befehlen; eventuell sei das Kassationsgericht anzuweisen, auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht einzutreten. Ernst beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Nichtigkeitsbeschwerde gemäss § 344 ff. zürch. ZPO hemmt die Rechtskraft und Vollziehbarkeit der angefochtenen Entscheidung nicht ( § 348 Abs. 2 ZPO ), noch hat sie Devolutiveffekt ( § 349 ZPO ). Sie ist somit gemäss ständiger Rechtsprechung nicht ein ordentliches Rechtsmittel im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG ( BGE 39 II 156 oben, BGE 63 II 327 ff., BGE 71 II 184 f., BGE 78 II 189 , BGE 85 II 285 ). Soweit das Kassationsgericht den Nichtigkeitsgrund von § 344 Ziff. 9 ZPO bejaht hat, kann daher sein Entscheid von vorneherein mit der Berufung nicht angefochten werden. Abgesehen hievon wäre es eine mit der Berufung nicht überprüfbare Frage des kantonalen Prozessrechts, ob das Kassationsgericht den erwähnten Nichtigkeitsgrund zu Recht oder zu Unrecht als gegeben betrachtet habe. Nun hat aber das Kassationsgericht von der ihm durch § 349 ZPO eingeräumten Befugnis Gebrauch gemacht, nach der Aufhebung des nichtig erklärten Entscheides selber ein neues Sachurteil zu fällen. Gegen diesen Entscheid ist kein ordentliches kantonales Rechtsmittel zulässig. Insoweit steht daher Art. 48 Abs. 1 OG der Berufung nicht im Wege (BIRCHMEIER, BGE 93 II 282 S. 285 Bundesrechtspflege, S. 170, zweitletzter Absatz am Ende). 2. Art. 48 Abs. 1 OG lässt die Berufung jedoch nur zu gegen Endentscheide. Ein solcher liegt nur vor, wenn der kantonale Richter den streitigen Anspruch materiell beurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt hat, der die Geltendmachung des gleichen Anspruchs endgültig ausschliesst ( BGE 84 II 230 , 398 und dort erwähnte Entscheide; BGE 86 II 123 . BGE 88 II 59 Erw. 2). Diese weitere Voraussetzung erfüllt der angefochtene Sachentscheid des Kassationsgerichts nicht. Dieses hat das Ausweisungsbegehren der Vermieterin abgewiesen, weil der Streit mangels Liquidität des Ausweisungsanspruches nicht im summarischen Verfahren entschieden werden könne, sondern im ordentlichen Verfahren auszutragen sei. Der Ausweisungsanspruch ist also nicht endgültig verneint worden. Die Berufungsklägerin hat vielmehr die Möglichkeit, ihn in einem andern Verfahren erneut geltend zu machen. Auf die vorliegende Berufung kann daher nicht eingetreten werden. 3. Die Berufung ist übrigens auch noch aus einem weiteren Grunde nicht zulässig. Das Kassationsgericht hat die Zulässigkeit des Befehlsverfahrens nur deshalb verneint, weil der Anspruch auf Ausweisung des Berufungsbeklagten nicht im Sinne von § 292 Ziff. 1 ZPO liquid sei. Ob das zutrifft, ist eine Frage des kantonalen Prozessrechtes, die gemäss Art. 43 Abs. 1 und Art. 55 Abs. 1 lit. c OG nicht Gegenstand der Berufung sein kann. Dass der Anspruch, den die Berufungsklägerin geltend macht, aus Art. 265 OR , also aus einer Bestimmung des Bundesrechts, abgeleitet wird, und das Kassationsgericht geprüft hat, ob ihm möglicherweise Art. 2 ZGB , also wiederum Bundesrecht, im Wege stehe, ändert nichts. Wie klar dieser Anspruch im vorliegenden Falle sei, war nur eine Vorfrage. Der kantonale Richter verstösst aber nicht schon dann gegen Bundesrecht, wenn er bei der Anwendung kantonalen Rechts eine bundesrechtliche Vorfrage unrichtig beurteilt. Bundesrecht ist in einem solchen Falle nur verletzt, wenn ihm das kantonale Recht von Bundesrechts wegen Rechnung tragen muss ( BGE 80 II 183 , BGE 84 II 132 , BGE 85 II 363 f. Erw. 2). Diese Voraussetzung trifft hier nicht zu. Das Bundesrecht verlangt nicht, das kantonale Recht müsse für die Durchsetzung klarer Rechtsansprüche, insbesondere solcher aus Art. 265 OR , ein summarisches Verfahren zur BGE 93 II 282 S. 286 Verfügung stellen. Es überlässt es dem kantonalen Recht, ob es in solchen Fällen das ordentliche oder ein summarisches Verfahren vorsehen will. Die gleiche Überlegung liegt auch BGE 88 II 59 zugrunde, der ebenfalls einen Streit aus Art. 265 OR betraf, und ebenso wurde in BGE 83 II 143 Erw. 2 für den Fall der Besitzesschutzklage entschieden. 4. Aus den in Erw. 3 dargelegten Gründen kann sich die Berufung auch nicht auf den von der Berufungsklägerin subsidiär angerufenen Art. 50 OG stützen; denn auch mit der Berufung gegen selbständige Vor- und Zwischenentscheide kann nur die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Im vorliegenden Falle wären übrigens die Voraussetzungen des Art. 50 OG offensichtlich nicht erfüllt. Diese Bestimmung trifft nur zu, wenn der kantonale Richter bloss einzelne der ihm unterbreiteten Fragen eidgenössischen Rechts beurteilt, die übrigen dagegen vorläufig offen lässt. Sie will dem Bundesgericht ermöglichen, die vorweg behandelten Fragen auf Berufung hin seinerseits vorweg zu beurteilen, wenn dadurch sofort ein Endentscheid herbeigeführt und ein bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann. Das Kassationsgericht hat jedoch nicht die Beurteilung einzelner Fragen vorweggenommen, sondern einen Entscheid gefällt, der das eingeleitete Befehlsverfahren abschliesst. Dieses müsste also bei Abweisung der Berufung nicht über weitere Fragen fortgesetzt werden. Das Eintreten auf die Berufung und deren Gutheissung hätte somit nicht eine Abkürzung dieses Verfahrens zur Folge. Was die Berufungsklägerin vermeiden will, ist die Einleitung eines neuen Verfahrens: Sie will im Berufungsverfahren entscheiden lassen, ob ihr im summarischen Verfahren geltend gemachter Anspruch vom angerufenen Richter beurteilt und geschützt werden müsse, oder ob sie ihn nur im ordentlichen Verfahren allenfalls durchsetzen könne. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 109 II 483 101. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. November 1983 i.S. Computerland Europe S.à.r.l. gegen Computerland AG (Berufung)
Regeste Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d UWG . Unlauterer Wettbewerb durch Gebrauch einer fremden Firma. 1. Schutz eines ausländischen Franchise-Unternehmens gegen Verletzung des Namensrechts und gegen unlauteren Wettbewerb (E. 2). 2. Wettbewerbsverhältnis zwischen einer inländischen Gesellschaft und dem ausländischen Unternehmen, das in der Schweiz um Franchise-Nehmer wirbt. Verwechslungsgefahr wegen identischer Firmenbezeichnung und überschneidender Werbung (E. 3 und 4). 3. Ausnützung fremder Werbung und Wettbewerbsbehinderung durch die Wahl einer gleichen Firma (E. 5 und 6).
Sachverhalt ab Seite 483 BGE 109 II 483 S. 483 A.- Die Computerland Corporation wurde 1976 in Kalifornien gegründet. Sie verfügt über ein weltweites Franchise-System, mit dem sie Computer samt Zubehör und BGE 109 II 483 S. 484 Programmen an ihre Franchise-Nehmer vertreibt. Es handelt sich dabei um Detailgeschäfte, die vom zentralen Einkauf und vom reichhaltigen Angebot sowie von der Werbung und vom Image der amerikanischen Gesellschaft profitieren können. Ihre Tochtergesellschaft in Luxemburg, welche die Firma Computerland Europe S.à.r.l. führt, vergab seit 1978 unter dem Namen Computerland Lizenzen für Franchise-Geschäfte nach Belgien, Schweden, Frankreich, Deutschland und Dänemark. Am 15. April 1980 wurde im schweizerischen Handelsregister die Firma Computerland AG eingetragen, die in Bern ein Geschäft für Kleincomputer eröffnete. B.- Im Juni 1981 klagte die Computerland Europe S.à.r.l. gegen die Computerland AG mit dem Begehren, der Beklagten bei Strafe zu verbieten, die Bezeichnung "Computerland" in ihrer Firma oder als Firmenschlagwort im Geschäftsverkehr, in Drucksachen, Reklame, Telegramm- und Telexadressen oder sonstwie zu verwenden. Sie warf ihr unlauteren Wettbewerb und Verletzung des Namensrechtes vor. Das Handelsgericht des Kantons Bern wies die Klage am 14. Dezember 1982 ab, weil die Bezeichnung "Computerland" in der Schweiz vor Gründung der Beklagten keine Verkehrsgeltung erlangt habe und der Klägerin auch keine Ansprüche aus Wettbewerbsrecht zuständen. C.- Die Klägerin hat Berufung eingereicht, mit der sie an ihrem Rechtsbegehren festhält. Das Bundesgericht hält die Berufung für begründet und heisst die Klage in Anwendung von Art. 1 Abs. 1 und 2 lit. d UWG gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Handelsgericht geht zutreffend davon aus, dass vorliegend die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des geistigen Eigentums (PVÜ) in der Stockholmer Fassung von 1967 anwendbar ist (SR 0.232.04), die von Luxemburg und der Schweiz ratifiziert worden ist. Als Angehörige eines Verbandslandes ist die Klägerin in der Schweiz wie eine inländische Gesellschaft zu behandeln ( Art. 2 PVÜ ); das gilt insbesondere für ihren Handelsnamen ( Art. 8 PVÜ ) und den Schutz gegen unlauteren Wettbewerb ( Art. 10bis PVÜ ). Das angefochtene Urteil legt sodann dar, dass und warum eine Gutheissung der Klage nur unter namens- und wettbewerbsrechtlichen BGE 109 II 483 S. 485 Gesichtspunkten in Frage kommt ( BGE 98 II 59 E. 1, BGE 90 II 317 E. 2 mit Hinweisen). Auch das wird zu Recht von keiner Seite beanstandet. Unter Berufung auf BGE 79 II 305 ff. und die neuere Rechtsprechung will das Handelsgericht den namensrechtlichen Schutz jedoch davon abhängig machen, dass die Klägerin ihren Geschäftsbereich auf die Schweiz ausgedehnt und hier durch ihre Tätigkeit ein Gebrauchsrecht am Namen erworben habe. Es findet, da es sich bei "Computerland" um eine schwache Bezeichnung aus zwei Sachangaben handle, hätte die Klägerin nachweisen müssen, dass sie auf dem schweizerischen Computermarkt in nennenswertem Umfang Geschäfte getätigt oder sonst Notorietät genossen und ihr Name sich hier im Verkehr durchgesetzt habe. Von nachgewiesener Verkehrsgeltung könne aber keine Rede sein und eine eigene Geschäftstätigkeit oder Notorietät seien nicht einmal behauptet worden. 3. Beide Parteien vertreiben Kleincomputer und sind daher insoweit Konkurrenten, auch wenn die Klägerin solche Computer an Detailgeschäfte, die Beklagte dagegen an Kunden verkauft ( BGE 90 II 323 ; TROLLER, Immaterialgüterrecht II S. 1037). Es ist deshalb angezeigt, den Gebrauch der streitigen Firma zuerst nach Wettbewerbsrecht zu prüfen, was auch der Auffassung der Klägerin entspricht. Nach Art. 1 UWG gilt jeder Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen, als unlauter (Abs. 1); dazu gehören insbesondere Massnahmen, die bestimmt oder geeignet sind, Verwechslungen mit den Waren, Werken, Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb eines andern herbeizuführen (Abs. 2 lit. d). a) Nach Auffassung des Handelsgerichts darf der Handelsname der Klägerin in diesem Sinne nur für den Fall geschützt werden, dass er im April 1980 in der Schweiz bereits in nennenswertem Umfang gebraucht worden ist oder eine gewisse Notorietät erlangt hat. Die Vorinstanz kann sich dafür auf die von ihr zitierte Rechtsprechung berufen, welche eine Verwechslungsgefahr und damit auch eine entsprechende Bekanntheit beider Unternehmen in der Schweiz voraussetzt ( BGE 79 II 314 , ferner BGE 90 II 199 , BGE 91 II 123 ; vgl. auch BGE 102 II 117 ). An dieser Rechtsprechung hat BGE 98 II 57 ff., den die Klägerin zitiert, nichts geändert. Dort wurde wegen der Bekanntheit der deutschen Commerzbank in der Schweiz eine Verwechslungsgefahr angenommen, weil der Name "Standard Commerz Bank" Kunden zum Schluss verleiten konnte, sie BGE 109 II 483 S. 486 könnten sich über diese Bank an die deutsche wenden und würden von beiden gleich vorteilhaft bedient. Immerhin wurde für die Annahme eines Wettbewerbsverhältnisses als genügend betrachtet, dass auch die deutsche Bank in der Schweiz Kunden suche (S. 60), im Unterschied z.B. zum Fall zweier Kinotheater in Lausanne und Brüssel, die sich unbekümmert um ihren gleichen Namen "Cinéac" nicht an das gleiche Publikum wendeten ( BGE 76 II 94 E. 7). Dieser Unterschied gilt nach Meinung des Handelsgerichts auch vorliegend, da niemand aus dem Geschäftsgebiet der Beklagten 500 km fahre, um einen Kleincomputer zu kaufen, wenn die bekannten Marken auch in der Schweiz erhältlich seien und der Kundendienst durch die weit entfernten Franchise-Läden der Klägerin erheblich erschwert werde. b) Indem das Handelsgericht den Sachverhalt nicht nur in diesem, sondern auch in anderem Zusammenhang aus der Sicht der Kunden würdigt, die sich für einen Kleincomputer interessieren, verkennt es die Streitfrage. Nach seinen tatsächlichen Feststellungen, die das Bundesgericht binden und zu Recht von keiner Seite bestritten werden, verkauft die Klägerin die von ihr eingekauften Artikel nicht an Endabnehmer, sondern an Detailgeschäfte, die dann die Firma "Computerland" führen dürfen und von der Werbung und vom Image der weltweiten Organisation profitieren können. Die von der Klägerin geltend gemachten Nachteile liegen deshalb nicht in der Konkurrenzierung ihrer deutschen Franchise-Nehmer durch die Beklagte, sondern darin, dass die Beklagte mit der Wahl der Firma "Computerland AG" die Klägerin davon abhält, in der Schweiz unter ihrem angestammten Namen Franchise-Verträge mit Detailgeschäften abzuschliessen. Das erhellt aus ihren Sachvorbringen, die das Handelsgericht sinngemäss übernommen hat und die durch die Akten bestätigt werden. Bei dieser Sachlage ist unerheblich, dass die Klägerin vor April 1980 in der Schweiz keine Kleincomputer verkauft hat und dass die Kunden sich nur für das Erzeugnis, nicht für den Namen des Geschäfts interessieren. Entscheidend ist dagegen, ob die Klägerin als Franchise-Unternehmen damals in der Schweiz bereits tätig geworden oder ausreichend bekannt gewesen sei, wobei diese Frage entgegen der Auffassung der Beklagten aus der Sicht der Fachleute, nicht der Kunden von Detailgeschäften zu beantworten ist. 4. Die Klägerin macht geltend, sie habe nachweisbar schon vor April 1980 in der Schweiz mit vier Personen über die Eröffnung eines Franchise-Geschäfts verhandelt, und BGE 109 II 483 S. 487 sie hat sich dafür auf Zeugen berufen. Beides trifft nach ihrer Replikschrift zu. Ihre Vorbringen sind offenbar im kantonalen und im Berufungsverfahren unbestritten geblieben. Ob das Bundesgericht den Sachverhalt gestützt darauf vervollständigen könnte ( Art. 64 Abs. 2 OG ) oder die Sache gemäss Eventualantrag der Klägerin wegen Verletzung von Art. 8 ZGB an die Vorinstanz zurückweisen müsste ( Art. 64 Abs. 1 OG ), kann offen bleiben, wenn das Klagebegehren aus den nachfolgenden Erwägungen so oder anders gutzuheissen ist. a) Nach dem angefochtenen Urteil beruht das weltweite Franchise-System der Computerland Corporation u.a. auf dem Gedanken, dass die angeschlossenen Detailgeschäfte sich die Werbung und das Image der Gesellschaft zunutze machen sollen. Die Klägerin will schon vor der Gründung der Beklagten in europäischen Fachzeitschriften, die auch in der Schweiz gelesen werden, geworben haben; vor Handelsgericht hat sie zudem auf Inserate in Zeitschriften verwiesen, die für ein breites Publikum bestimmt sind. Das angefochtene Urteil bemerkt dazu bloss, dass eine solche Werbung nicht genügt habe, der Klägerin in der Schweiz Verkehrsgeltung zu verschaffen. Die Werbung an sich ist unbestritten und belegt durch Inserate der Klägerin und der Franchise-Unternehmen; die einen richten sich an Interessenten für Computergeschäfte, die andern an Computerkunden. Unbestritten ist ferner, dass die Beklagte nach ihrer Gründung teils in den gleichen Zeitschriften, insbesondere im Fachmagazin "Chip", inseriert hat, das dafür auch von anderen Schweizer Detailgeschäften benutzt wird. Das kann nur heissen, dass diese Zeitschrift und damit die Werbung der Klägerin auch für die Schweiz bestimmt war. Diese Werbung zeigt, dass die Klägerin die Schweiz in ihr Tätigkeitsgebiet eingeschlossen hat. Als europäische Zweigniederlassung einer weltweit organisierten Computerfirma hatte sie die Aufgabe, in Europa unter der Bezeichnung "Computerland" Franchise-Nehmer zu gewinnen, was ihr nach der Feststellung der Vorinstanz zwischen Dezember 1978 und Januar 1980, also noch vor der Gründung der Beklagten, bereits in Brüssel, Stockholm, Paris, Hamburg, Kopenhagen und Rennes gelungen ist. Dass sie die Schweiz ausnehmen werde, war nicht zu erwarten. Am 27. August 1981 liess die Klägerin in Zürich denn auch ein Franchise-Geschäft eröffnen, für das sie freilich nicht mehr den Namen "Computerland" verwenden durfte, weil die Beklagte ihr im April 1980 mit der Firmenwahl zuvorgekommen war. Dass das deshalb unter dem Namen "Computron AG" geführte Geschäft BGE 109 II 483 S. 488 nicht mehr von der Werbung und dem Image der Firmengruppe profitieren konnte, liegt ebenso auf der Hand wie die Feststellung, dass beides nunmehr der Beklagten zugute kam. b) Identität der Firmenbezeichnung und überschneidende Werbung reichen aber aus zur Annahme einer Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG . Auch wenn "Computerland" aus zwei Sachbezeichnungen zusammengesetzt ist, erweist sich die Verbindung entgegen der Auffassung der Vorinstanz als originell genug, dass Fachleute und weitere Kreise auf Identität oder doch auf engen Zusammenhang der beiden Unternehmen schliessen müssen. Freilich folgt das Handelsgericht aus Zeugenaussagen, dass für Interessenten die Ware und nicht der Name des Geschäfts massgebend sei. Wie ausgeführt, kommt es vorliegend jedoch nicht auf das Verständnis der Endabnehmer, sondern auf das Interesse von Fachleuten an, die ein Franchise-Geschäft eröffnen oder sich an das Franchise-System anschliessen möchten. Einzelne Zeugen haben übrigens die Verwechslungsgefahr auch aus der Sicht des Kunden bestätigt. So nahm einer an, die Beklagte gehöre zu den Computerland-Unternehmen und diese Bezeichnung sei ein guter Begriff. Ein weiterer war zunächst der Meinung, der Laden der Beklagten sei einer der Computerland-Kette, bis ihm das auf seine Frage hin verneint worden sei. Ein ehemaliger Mitarbeiter der Beklagten sodann erklärte als Zeuge, hin und wieder gefragt worden zu sein, ob der Laden dem amerikanischen Computerland-Unternehmen gehöre. 5. Die Klägerin wirft der Beklagten vor, ihre Firma "in piraterischer Absicht" übernommen und schmarotzerisch ausgenützt zu haben. Die Beklagte bestreitet dies, weil sie nach dem Beweisergebnis damals die Klägerin gar nicht gekannt habe. Ein solches Beweisergebnis ist dem angefochtenen Urteil indes nicht zu entnehmen. Es ist auch wenig wahrscheinlich, dass es sich bei der streitigen Firmenbezeichnung um eine "zufällige Parallelschöpfung" handelte, wie im kantonalen Verfahren behauptet wurde. Viel wahrscheinlicher ist die Vermutung des Zeugen Meier, der Gründer der Gesellschaft sei durch Lesen von Fachzeitschriften auf den Namen "Computerland" gekommen. Was die Beklagte mit ihrer Firmenwahl beabsichtigt hat, ist jedoch nicht festgestellt und auch nicht entscheidend. Unlauterer Wettbewerb setzt weder bösen Glauben noch ein Verschulden, sondern bloss ein objektiv gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten voraus ( BGE 97 II 160 , BGE 90 II 322 mit Hinweisen). BGE 109 II 483 S. 489 Dass die Firma der Beklagten zu Verwechslungen mit dem Unternehmen der Klägerin führen oder doch den unzutreffenden Eindruck einer engen Verbindung der beiden Gesellschaften erwecken kann, braucht die Klägerin sich nicht gefallen zu lassen ( BGE 98 II 65 , BGE 90 II 321 E. 3d; TROLLER, II S. 1041; P. TROLLER, Kollisionen zwischen Firmen, Handelsnamen und Marken, Diss. Bern 1980 S. 139). Selbst wenn die Klägerin im massgebenden Zeitpunkt noch nicht in der Schweiz tätig war, warb sie durch Inserate doch auch hier für ihre Waren und Leistungen; das genügt ( BGE 98 II 62 E. 2b). Mit der Wahl ihrer Firma hat die Beklagte diese Werbung für sich ausgenützt, was als unlauter zu bezeichnen ist (TROLLER, II S. 1060; P. TROLLER, S. 126 und 209 f.). Die erforderliche Beeinträchtigung der Klägerin durch Ausnützung dieser Werbung ist auch in diesem Zusammenhang nicht darin zu erblicken, dass die Beklagte in Bern den bestehenden Franchise-Geschäften in Deutschland und Frankreich Kunden entzogen hätte, sondern sie liegt in der Behinderung der Klägerin, in der Schweiz selber solche Geschäfte zu eröffnen. Aufgrund ihrer Werbung musste der schweizerische Fachmann damit rechnen, dass die Klägerin ihr Franchise-System auf die Schweiz ausdehnen werde. Dass es sich dabei um eine künftige Entwicklung handelte, schliesst ihre Berücksichtigung nicht aus (VON BÜREN, Wettbewerbsgesetz, S. 25 N. 60; TROLLER, II S. 1041 f.; TROLLER in GRUR Int. 59/1957 S. 340; vgl. auch BGE 80 II 148 ). Jedenfalls muss das dann gelten, wenn aus der Werbung einer weltweiten Organisation wie hier geschlossen werden muss, dass sie ein bereits bestehendes Filialnetz in näherer Zukunft auf weitere Gebiete ausdehnen werde (P. TROLLER, S. 127 und 209 f.; zum vergleichbaren deutschen Rechtszustand: BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 13. Aufl. Einleitung N. 218 sowie N. 35 zu § 16; zur Problematik im gemeinsamen Markt der EG: KNAAK in GRUR Int. 84/1982 S. 651 ff.). 6. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und das Rechtsbegehren der Klägerin wegen Missbrauchs des wirtschaftlichen Wettbewerbs der Beklagten durch eine Firmenwahl, die gegen Treu und Glauben verstösst, in Anwendung von Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d UWG zu schützen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung, namentlich im Sinne des Commerzbank-Entscheides ( BGE 98 II 57 ff.), steht dem nicht im Wege. Die gegenteilige Auffassung des Handelsgerichts erklärt sich dadurch, dass es die Sache zu sehr aus der Sicht des Endabnehmers beurteilt und die besondere Vertriebsform der Klägerin, BGE 109 II 483 S. 490 die ihre Produkte durch Detailgeschäfte in Lizenz verkaufen lässt, ausser acht lässt (vgl. W.R. SCHLUEP, Der Franchisevertrag, in Schweizerisches Privatrecht Bd. VII/2 S. 849 ff.). Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, wie das Rechtsbegehren der Klägerin nach Art. 29 ZGB zu beurteilen wäre.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
85d1eace-ab9a-4bb5-86fe-c54a1e5fb908
Urteilskopf 89 II 239 33. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 18. Juni 1963 i.S. Michelis Bank AG gegen Inro Corsetry Ltd.
Regeste Auftrag an eine Bank zur Führung eines Kontokorrents. Pflicht der Bank, bei ungenauer Bezeichnung des Empfängers einer bei ihr eingehenden Zahlung sorgfältig zu prüfen, für welchen ihrer Kunden diese bestimmt ist; Folgen der Verletzung dieser Pflicht (Erw. 4). Haftung aus unerlaubter Handlung ( Art. 41 ff. OR ). Schadenersatzforderung der Erwerber aller Aktien einer Aktiengesellschaft gegen eine Bank, die der Aktiengesellschaft bewusst eine ungerechtfertigte Gutschrift erteilt und so zur Täuschung der Erwerber der Aktien über deren Wert beigetragen hat (Erw. 5-11). - Haftung für absichtliche und fahrlässigeädigung. Gemeinsame Haftung der Bank und der Verkäufer der Aktien ( Art. 50 , 51 OR ). Anspruch auf Schadenersatz wegen Täuschung trotz Genehmigung des Vertrags ( Art. 31 Abs. 3 OR ). (Erw. 6). - Natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang (Erw. 7). - Haftung der Bank, einer Aktiengesellschaft, für den Schaden aus unerlaubten Handlungen ihrer Organe ( Art. 718 Abs. 3 OR );Zurechnung des Wissens und Willens des Vizedirektors mit Kollektivunterschrift, der die Erteilung der ungerechtfertigten Gutschrift veranlasst hat (Erw. 8). - Absicht oder Fahrlässigkeit? (Erw. 9, 10). - Festsetzung des Schadens ( Art. 42 OR ); Anwendung der relativen Berechnungsmethode (Erw. 11).
Sachverhalt ab Seite 241 BGE 89 II 239 S. 241 Aus dem Tatbestand: A.- Die am 18. Februar 1958 gegründete Inro Corsetry Ltd. (AG) in Zürich, welche den Geschäftsbetrieb der Inro GmbH (Handel mit Miederwaren usw.) fortsetzte, hatte bei der Michelis Bank AG u.a. ein Frankenkonto inne. Auf diesem wurde ihr am 27. Juni 1960 ein Betrag von Fr. 51 675.-- gutgeschrieben. Gemäss Gutschriftsanzeige handelte es sich dabei um den "Gegenwert von DM 50 000.-- à 103.35, Vergütung von Deutsche Effecten- und Wechselbank, Frankfurt, wegen T.E.E. Lau." Theodor E.E. Lau war damals Aktionär und Prokurist der Inro Corsetry Ltd. Nach Vollzug dieser Gutschrift wies das Konto einen Saldo zugunsten der Bank von Fr. 46 939.60 auf. Neben dem Frankenkonto unterhielt die Inro Corsetry Ltd. bei der Michelis Bank AG ein DM-Konto. Nachdem ihr die Bank am 30. Januar 1960 auf diesem Konto den Betrag von DM 77 851.-- gutgeschrieben hatte, war dieses Konto ausgeglichen. B.- Am 8. Juli 1960 vergütete die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank in München der Michelis Bank AG im Auftrag von E. Mengin in Bozen zugunsten der "Firma Inro, Zürich 1" DM 888.10 zwecks Zahlung von Rechnungen vom 9. und 31. Mai 1960. Die Michelis Bank AG schrieb den Gegenwert von Fr. 918.30 der Inro GmbH gut. Die an diese gerichtete Gutschriftsanzeige gelangte in den Besitz der Inro Corsetry Ltd., die den Geschäftssitz in den gleichen Räumen hatte wie die Inro GmbH. Da die Inro Corsetry Ltd. die erwähnten Rechnungen ausgestellt hatte, verbuchte sie den eingegangenen Betrag zu ihren Gunsten. C.- Im August 1960 erwarb Rechtsanwalt Dr. D. in BGE 89 II 239 S. 242 Chur zuhanden einer neuen Aktionärgruppe sämtliche Aktien der Inro-Corsetry Ltd. (100 Inhaberaktien im Nennwert von je Fr. 1000.--). 60 Stück kaufte er von Theo Niederberger, damals Vizedirektor der Michelis Bank AG, 4 Stück von B. und 36 Stück von Lau. Der Kaufpreis betrug insgesamt Fr. 64 000.--. Dem Kauf lag eine Bilanz der Inro Corsetry Ltd. per 30. Juni 1960 zugrunde, worin die Verbindlichkeiten gegenüber der Michelis Bank AG mit dem Betrag aufgeführt waren, der sich bei Berücksichtigung der erwähnten Gutschriften von Fr. 51 675.-- und DM 77 851.-- ergab. Lau wurde vom neuen Verwaltungsrat als Geschäftsführer angestellt. D.- Nachdem Niederberger im Herbst 1960 wegen Vermögensdelikten verhaftet worden war, stornierte die Michelis Bank AG am 31. Oktober 1960 die der Inro Corsetry Ltd. am 27. Juni 1960 erteilte Gutschrift von Fr. 51 675.--. An die Stelle eines Saldos zugunsten dieser Firma von Fr. 1342.55 (Kontostand am 28. Oktober 1960) trat deshalb ein Saldo zu ihren Lasten von Fr. 50 332.45, der sich bis zum 18. Januar 1961 auf Fr. 43 516.45, verminderte. Am 21. Dezember 1960 richtete die Inro Corsetry Ltd., für welche Lau und ein Verwaltungsratsmitglied zeichneten, an die Michelis Bank AG ein Schreiben, worin sie erklärte, der Betrag von Fr. 51 675. - sei ihr "irrtümlicherweise gutgebracht" worden, und von der Rückbelastung dieses Betrages Kenntnis nahm. Am 31. Januar 1961 wurde Lau von der Inro Corsetry Ltd. fristlos entlassen, was er als gerechtfertigt anerkannte. In der Folge wurde gegen ihn eine Strafuntersuchung wegen Veruntreuung und Betrugs eröffnet. Am 7. Februar 1961 ersuchte die Michelis Bank AG die Inro Corsetry Ltd. unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 21. Dezember 1960, den Soll-Saldo ihres Kontos, der sich am 17. März 1961 mit den Zinsen auf Fr. 44 092.-- belaufen werde, bis zu diesem Termin zu tilgen. Zudem stornierte sie am 15. Februar 1961 die der Inro Corsetry Ltd. am BGE 89 II 239 S. 243 30. Januar 1960 erteilte Gutschrift von DM 77 851.--, weil sie ohne Rechtsgrund und daher irrtümlich erfolgt sei. Mit dem Gegenwert von Fr. 80 692.55 belastete sie die Inro Corsetry Ltd. auf dem Frankenkonto. E.- Mit Klage vom 8. Mai 1961 belangte die Michelis Bank AG die Inro Corsetry Ltd. unter Vorbehalt weiterer Ansprüche auf Zahlung von Fr. 44 092.-- nebst 5% Zins seit 17. März 1961. Sie machte geltend, die Gutschrift vom 27. Juni 1960 von Fr. 51 675.-- sei irrtümlich erfolgt, was die Beklagte im Schreiben vom 21. Dezember 1960 anerkannt habe; die Beklagte habe auf diese Gutschrift keinen Anspruch gehabt. Die Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage (1.) auf Zahlung von Fr. 10 547.75 und (2.) auf Feststellung, dass die Parteien mit der Zahlung dieses Betrags per Saldo aller Ansprüche auseinandergesetzt seien. Sie bezeichnete die Stornierung der Gutschriften von Fr. 51 675.-- und DM 77 851.-- als ungerechtfertigt, verlangte, dass ihr der von Mengin am 8. Juli 1960 vergütete Betrag von Fr. 918.30 gutgeschrieben werde, und gelangte so unter Einbezug einiger nicht streitiger Posten zu einem Saldo zu ihren Gunsten von Fr. 10 547.75. Für den Fall, dass es bei der Stornierung der erwähnten Gutschriften bleiben sollte, machte sie verrechnungsweise einen an sie abgetretenen Schadenersatzanspruch der Erwerber ihrer Aktien in Höhe der zurückbelasteten Beträge geltend. F.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich nahm an, der Betrag von Fr. 51 675.-- sei der Beklagten mit Recht zurückbelastet worden (während über den Posten von DM 77 851.-- = Fr. 80 692.55 im vorliegenden Prozess nicht entschieden werden könne); der aus dieser Rückbelastung sich ergebende Saldo zugunsten der Klägerin in Höhe der Hauptklageforderung von Fr. 44 092.-- vermindere sich um den Betrag von Fr. 918.30 (Vergütung Mengin), auf dessen Gutschrift die Beklagte Anspruch habe, und um den Betrag von Fr. 25 000.--, in welchem die von der BGE 89 II 239 S. 244 Beklagten zur Verrechnung gestellte Schadenersatzforderung begründet sei. Demgemäss hat das Handelsgericht mit Urteil vom 13. September 1962 die Hauptklage für den Betrag von Fr. 18 173.70 nebst Zins geschützt und die Widerklage abgewiesen. G.- Gegen dieses Urteil haben beide Parteien die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Die Klägerin verlangt die Zusprechung von Fr. 44 092. -; die Beklagte beantragt, die Hauptklage sei vollständig abzuweisen und das Widerklagebegehren auf Zahlung von Fr. 10 547.75 zu schützen. Das Bundesgericht weist die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Entscheid der Vorinstanz über die Hauptklage wird von beiden Parteien angefochten. Die Klägerin wendet sich gegen die Abzüge von Fr. 918.30 (Vergütung Mengin) und Fr. 25 000.-- (Schadenersatz), welche die Vorinstanz an der Klageforderung vorgenommen hat. Die Beklagte beanstandet ihre Belastung mit dem Betrage von Fr. 51 675.-- (Storno der Gutschrift vom 27. Juni 1960) und macht eventuell geltend, die an sie abgetretene und von ihr zur Verrechnung gestellte Schadenersatzforderung der Aktionäre belaufe sich nicht bloss auf Fr. 25 000.--, sondern mindestens auf Fr. 51 675.--. Das Bundesgericht hat daher in erster Linie zu prüfen, ob die Vorinstanz mit Recht angenommen habe, die Beklagte müsse die Rückbelastung des Betrags von Fr. 51 675.-- gegen sich gelten lassen. Ist diese Frage zu bejahen und demgemäss anzunehmen, die Klageforderung bestehe grundsätzlich zu Recht, so ist ausserdem zu prüfen, ob sich die Klägerin den Betrag von Fr. 918.30 abziehen lassen müsse und wie es sich mit der Schadenersatzforderung von Fr. 51 675.-- verhalte. 2./3. - ... (Ausführungen darüber, dass die Beklagte die Rückbelastung des am 27. Juni 1960 gutgeschriebenen Betrags BGE 89 II 239 S. 245 von Fr. 51 675.-- am 21. Dezember 1960 als begründet anerkannt hat und dass sie diese Anerkennung schon deshalb nicht wegen Furchterregung durch Drohung mit einer Strafanzeige gegen Lau anfechten kann, weil die Gutschrift vom 27. Juni 1960, mit der eine in Wirklichkeit nicht erfolgte Herabsetzung der Verbindlichkeiten der Beklagten gegenüber der Klägerin vorgetäuscht werden sollte, ungerechtfertigt war, so dass die Beklagte der Klägerin damit, dass sie die Stornierung der Gutschrift anerkannte, keinen übermässigen Vorteil im Sinne von Art. 30 Abs. 2 OR einräumte. Am Schluss von Erwägung 3 wird festgestellt:) Hat folglich die Beklagte die Stornierung der Gutschrift vom 27. Juni 1960 gegen sich gelten zu lassen, so bleibt auch der von der Klägerin errechnete und von der Vorinstanz dem angefochtenen Urteil zugrunde gelegte Saldo zulasten der Beklagten per 17. März 1961 von Fr. 44 092.-- massgebend: denn mit Bezug auf die übrigen bis zu diesem Zeitpunkt in Rechnung gestellten Posten herrscht, von der Zins-, Kommissions- und Spesenbelastung seit Oktober 1960 abgesehen, kein Streit, und diese Belastung ist für den Fall der Rechtsbeständigkeit der erwähnten Stornierung ebenfalls nicht angefochten worden. Das Widerklagebegehren 1 auf Zahlung von Fr. 10 547.75 erweist sich, da es bei der streitigen Stornierung sein Bewenden haben muss, ohne weiteres als unbegründet. Ein Saldo zugunsten der Beklagten könnte sich nur ergeben, wenn die widerrufene Gutschrift vom 27. Juni 1960 zu Recht erfolgt wäre. 4. Die Klägerin war unstreitig beauftragt, für die Beklagte einen Kontokorrent zu führen und Vergütungen, die für sie bestimmt waren, darauf gutzuschreiben. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, haftet die Klägerin der Beklagten für getreue und sorgfältige Ausführung dieses Auftrags. Der ihr hienach obliegenden Sorgfaltspflicht hat die Klägerin bei Eingang der Vergütung Mengins von DM 888.10 = Fr. 918.30 nicht genügt. Gemäss verbindlicher BGE 89 II 239 S. 246 Feststellung der Vorinstanz war diese Vergütung nicht für die Inro GmbH, sondern für die Beklagte bestimmt. Bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte die Klägerin dies erkennen können, obwohl Mengin bzw. die von ihm mit der Überweisung beauftragte Münchner Bank als Empfänger der Vergütung lediglich die "Firma Inro" genannt hatte. Die Beklagte hatte nämlich der Klägerin zugegebenermassen schon im Sommer 1959 mitgeteilt, dass sie den Geschäftsbetrieb der Inro GmbH fortsetze, m.a.W. dass diese den Geschäftsbetrieb eingestellt habe, und aus der Mitteilung der Münchner Bank war ersichtlich, dass die Vergütung zur Begleichung von Rechnungen vom Mai 1960 bestimmt war. Der eingegangene Betrag hätte also der Beklagten gutgeschrieben werden sollen. Wollte man aber der Klägerin noch zubilligen, dass sie im Zweifel darüber sein konnte, für welche der beiden "Inro"-Firmen die Vergütung bestimmt sei, so müsste ihr als Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht angerechnet werden, dass sie den Betrag kurzerhand der GmbH gutschrieb, statt durch eine Rückfrage abzuklären, an wen der überwiesene Betrag weiterzuleiten sei. Da sie somit den ihr erteilten Auftrag hinsichtlich der Vergütung von Fr. 918.30 nicht gehörig erfüllt hat, ist sie verpflichtet, die versäumte Gutschrift zugunsten der Beklagten nachzuholen. Dadurch, dass sie den erwähnten Betrag unrichtigerweise der Inro GmbH gutschrieb, ist die Erteilung einer Gutschrift an die Beklagte nicht etwa unmöglich geworden. Die Beklagte kann also nach wie vor die Erfüllung des Auftrags verlangen und ist nicht auf Schadenersatz angewiesen, wie die Vorinstanz dies angenommen zu haben scheint. Die Klägerin kann sich deshalb auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte für die Folgen der unrichtigen Buchung der Vergütung Mengins nach Art. 44 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 99 Abs. 3 OR selber einzustehen habe, weil sie die in ihre Hände gelangte Anzeige der Gutschrift an die Inro GmbH widerspruchslos entgegennahm. Bei den gegebenen Umständen kann hierin BGE 89 II 239 S. 247 auch eine Genehmigung dieser Buchung nicht erblickt werden. Vielmehr könnte sich höchstens fragen, ob der Klägerin durch das Verhalten der Beklagten ein Schaden entstanden sei, für den sie Ersatz verlangen könnte. Einen solchen Anspruch hat sie jedoch nicht (auf jeden Fall nicht in hinlänglich klarer Form) erhoben, auch nicht etwa verrechnungsweise. Mit Recht hat also die Vorinstanz den Betrag von Fr. 918.30 zugunsten der Beklagten in die Abrechnung eingesetzt. Der in Erwägung 3 hievor festgestellte Saldo zulasten der Beklagten vermindert sich dadurch auf Fr. 43 173.70. 5. Der an die Beklagte abgetretene und von ihr zur Verrechnung gestellte Schadenersatzanspruch der Aktienkäufer gegen die Klägerin stützt sich auf die Behauptung, diese seien im Falle der Unbegründetheit der Gutschriften von Fr. 51 674.-- und DM 77 851.-- (= Fr. 80 692.55), welche der Beklagten angezeigt wurden und die Bilanz per 30. Juni 1960 beeinflussten, über die Höhe der Verbindlichkeiten der Beklagten getäuscht und so zur Zahlung eines übersetzten Preises für die Aktien bewogen worden. Die Vorinstanz hat angenommen, im vorliegenden Prozess könne "hinsichtlich der Fr. 80 692.55 eine Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer Schuld der Beklagten ... nicht getroffen werden", was nach dem Zusammenhang bedeutet, dass sich dieser Punkt im vorliegenden Prozess nicht einmal als Vorfrage beurteilen lasse. Damit hat sich die Beklagte abgefunden. Sie erklärt in ihrer Berufungsschrift ausdrücklich, die Frage der Gutschrift von DM 77 851.-- oder Fr. 80 692.55 bilde nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Das Bundesgericht hat sich daher mit dem im kantonalen Verfahren geltend gemachten Schadenersatzanspruch nur insoweit zu befassen, als er mit der Gutschrift von Fr. 51 675. - zusammenhängt. 6. Zwischen der Klägerin und den Aktienkäufern (Dr. D. bzw. Triumph-Universa GmbH, für welche Dr. D. als Treuhänder den Kauf abschloss) bestand kein BGE 89 II 239 S. 248 Vertragsverhältnis. Der im Zusammenhang mit der Gutschrift von Fr. 51 675. - erhobene Schadenersatzanspruch lässt sich daher nicht auf eine Vertragsverletzung stützen, sondern es kann sich nur fragen, ob die Klägerin den Aktienkäufern gemäss Art. 41 OR aus unerlaubter Handlung hafte. Die Erteilung einer ungerechtfertigten Gutschrift zum Zwecke der Täuschung Dritter bedeutet zweifellos eine unerlaubte Handlung im Sinne von Art. 41 OR . Dass die Gutschrift vom 27. Juni 1960 im Betrage von Fr. 51 675.-- ungerechtfertigt war, wurde bereits in Erwägung 3 hievor dargetan. Die Klägerin ist daher für einen Schaden, den die Aktienkäufer als adäquate Folge der Erteilung dieser Gutschrift erlitten haben, grundsätzlich haftbar, wenn ihr vorgeworfen werden kann, dass sie die Gutschrift mit der Absicht erteilte, solche Dritte zu täuschen. Da nach Art. 41 OR auch ersatzpflichtig ist, wer einem andern aus Fahrlässigkeit widerrechtlich Schaden zufügt, kann eine Haftung der Klägerin auch in Betracht kommen, wenn sie eine Täuschung von Dritten über die finanzielle Lage der Beklagten nicht (auch nicht eventuell) beabsichtigte, aber doch bewusst eine ungerechtfertigte Gutschrift erteilte und bei gehöriger Aufmerksamkeit voraussehen konnte, dass die Gutschrift Dritte irreführen werde. Die Ausstellung einer wissentlich falschen Erklärung, die Dritte irreführen kann, ist widerrechtlich, auch wenn der Aussteller eine solche Täuschung nicht beabsichtigt, und bedeutet bei Voraussehbarkeit dieses Erfolgs ein Verschulden. Der Umstand, dass für die Irreführung der Aktienkäufer in erster Linie die Verkäufer (vor allem Lau) verantwortlich sind, welche den Käufern die durch die unbegründete Gutschrift verbesserte Bilanz per 30. Juni 1960 vorlegten, schliesst eine Haftung der Klägerin nicht aus. Wenn die Klägerin ihrerseits eine unerlaubte Handlung begangen hat, die für die Schädigung der Aktienkäufer adäquat kausal war, so haftet sie neben den Verkäufern. Haben diese und die Klägerin den Schaden im Sinne von Art. 50 OR gemeinsam BGE 89 II 239 S. 249 verschuldet, d.h. in bewusstem Zusammenwirken herbeigeführt, so haften sie nach der eben genannten Bestimmung solidarisch; andernfalls besteht ihnen gegenüber blosse Anspruchskonkurrenz ( BGE 55 II 314 f., BGE 82 II 547 ). Die Klägerin behauptet mit Recht nicht, dass die Aktienkäufer für den Schaden, der ihnen durch Zahlung eines zu hohen Preises (also durch die Erfüllung des Kaufvertrags) entstanden sein soll, deswegen keinen Ersatz verlangen können, weil sie den Kaufvertrag, der im Falle absichtlicher Täuschung durch die Verkäufer und die mit deren Wissen handelnde Klägerin für sie unverbindlich war, unangefochten liessen. Diese Einrede (vgl. hiezu BGE 40 II 42 f., BGE 47 II 186 ff., BGE 61 II 234 f.) wäre im vorliegenden Falle schon darum nicht begründet, weil die Nichtgenehmigung des Vertrags den Käufern grössere Nachteile verursacht hätte als die Genehmigung. Die Rückgängigmachung des Kaufs nach Entdeckung der Täuschung hätte nämlich zumal angesichts der Tatsache, dass gleich nach dem Kauf das Kapital der Beklagten unter Ausgabe neuer Aktien stark erhöht worden war, zu einer unhaltbaren Lage geführt. Auch hätten die Käufer nicht erwarten können, den Kaufpreis zurückzuerhalten. Sind die Aktienkäufer durch die ungerechtfertigte Gutschrift vom 27. Juni 1960 irregeführt und dadurch veranlasst worden, für die Aktien einen höhern Preis zu zahlen, als sie es sonst getan hätten, so haftet ihnen die Klägerin demnach für diese Vermögenseinbusse, wenn ihr die Erteilung jener Gutschrift im umschriebenen Sinne zum Verschulden gereicht und der Schaden als adäquate Folge ihres Verhaltens gelten muss. 7. Den natürlichen Kausalzusammenhang zwischen der Erteilung der ungerechtfertigten Gutschrift an die Beklagte und dem von den Aktienkäufern geltend gemachten Schaden erachtet die Vorinstanz als gegeben. Diese Annahme betrifft tatsächliche Verhältnisse und ist deshalb für das Bundesgericht verbindlich. Ob der festgestellte natürliche Kausalzusammenhang adäquat und daher rechtserheblich BGE 89 II 239 S. 250 sei, ist dagegen eine der Überprüfung durch das Bundesgericht unterliegende Rechtsfrage ( BGE 87 II 126 lit. b mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts hat ein Ereignis dann als adäquate Ursache eines Erfolgs zu gelten, wenn es nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach der Erfahrung des Lebens an sich geeignet war, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen, so dass der Eintritt dieses Erfolgs durch jenes Ereignis allgemein als begünstigt erscheint ( BGE 81 II 445 und BGE 83 II 411 je mit Hinweisen). Wie in BGE 87 II 127 dargelegt, kommt es hienach für die Adäquanz auf die generelle Eignung der fraglichen Ursachen an, Wirkungen der eingetretenen Art herbeizuführen. Wenn eine Bank einem mit ihr im Geschäftsverkehr stehenden Unternehmen für einen bedeutenden Betrag eine ungerechtfertigte Gutschrift erteilt, so ist diese Handlungsweise generell geeignet, Dritte, die dem betreffenden Unternehmen Kredit gewähren oder sich daran beteiligen wollen oder sich für dessen Übernahme interessieren, über dessen finanzielle Lage zu täuschen und sie auf diese Weise zu für sie nachteiligen Geschäften zu veranlassen. Der adäquate Kausalzusammenhang zwischen dem der Klägerin vorgeworfenen Verhalten und der behaupteten Schädigung der Aktienkäufer lässt sich daher nicht in Abrede stellen. Die grundsätzliche Haftung der Klägerin hängt mithin entscheidend davon ab, ob ihr ein Verschulden vorgeworfen werden könne. Die Beklagte trägt in diesem Punkte die Beweislast. 8. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft. Als solche haftet sie gemäss Art. 718 Abs. 3 OR (wo die in Art. 55 Abs. 2 ZGB vorgesehene Haftung der juristischen Personen für das "sonstige Verhalten" ihrer Organe hinsichtlich der Aktiengesellschaft näher umschrieben wird) für den Schaden aus unerlaubten Handlungen, die eine zur Geschäftsführung oder zur Vertretung befugte Person in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtungen begeht. BGE 89 II 239 S. 251 Die Gutschriftsanzeige vom 27. Juni 1960 wurde von Niederberger nicht mitunterzeichnet, wie dies die Vorinstanz auf S. 6 des angefochtenen Urteils versehentlich bemerkt hat, sondern sie trägt die Unterschriften von zwei andern zeichnungsberechtigten Personen (Prokuristen), wie auf S. 18 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt wird. Dass den beiden Unterzeichnern dieser Anzeige die Unbegründetheit der Gutschrift bekannt gewesen sei und dass sie auf die Irreführung Dritter ausgegangen seien oder damit doch hätten rechnen müssen, ist nicht (auf jeden Fall nicht in bestimmter Form) behauptet und von der Vorinstanz nicht angenommen worden. Daraus folgt aber nicht, dass der Klägerin wegen der Erteilung dieser Vorschrift keine unerlaubte Handlung vorgeworfen werden könne. Wie die Vorinstanz festgestellt hat, wurde die Gutschriftsanzeige von Vizedirektor Niederberger veranlasst, "der die Fr. 51 675.-- als Tilgung verbuchte und so die täuschenden Angaben in den Anzeigen - sofern er dazu nicht überhaupt Anweisung gab - zur notwendigen Folge machte." Niederberger handelte in dieser Hinsicht nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht als Privatmann, sondern als zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Klägerin befugte Person in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen. Bei Beurteilung der Frage, ob die Klägerin mit der Erteilung der Gutschrift eine Täuschung Dritter bezweckt oder doch bewusst eine unrichtige Erklärung ausgestellt habe und als Folge davon eine solche Irreführung voraussehen musste, kommt es also auf das Wissen und den Willen Niederbergers an (vgl. BGE 41 II 81 wo eine Bank für eine von ihrem Direktor veranlasste, aber nicht von ihm, sondern von zwei Prokuristen unterzeichnete unwahre Auskunft über einen Bankkunden verantwortlich gemacht wurde). Der Umstand, dass Niederberger nur kollektiv zeichnungsberechtigt war, ist für den Entscheid darüber, ob die Klägerin aus unerlaubter Handlung hafte, ohne Bedeutung (EGGER N. 17 BGE 89 II 239 S. 252 und 18 zu Art. 54/55 ZGB, OSER/SCHÖNENBERGER N. 9 zu Art. 460 OR ). 9. Niederberger wusste, dass die streitige Gutschrift ungerechtfertigt war. Ob er damit eine Täuschung der Interessenten für die Aktien der Beklagten beabsichtigte (was auch bei blossem Eventualvorsatz anzunehmen wäre), ist von der Vorinstanz dagegen nicht geprüft worden. Die Vorinstanz hat mit Bezug auf die Täuschungsabsicht Niederbergers nur festgestellt, er habe seiner Direktion eine Herabsetzung der Bankschulden der Beklagten vortäuschen wollen. Die Frage, ob er zugleich die erwähnten Dritten täuschen wollte, liess sie offen auf Grund der Erwägung: "Soweit Niederberger am 27. Juni 1960 die Gutschrift zugunsten der Beklagten von Fr. 51 675.-- veranlasst haben sollte, um durch die Vortäuschung einer Tilgung der Schuld der Beklagten in seinem Interesse als Eigentümer und Verkäufer der Aktien deren Wert höher erscheinen zu lassen, berührt dies die Klägerin nicht." Diese - von der Vorinstanz nicht näher begründete - Auffassung ist nicht stichhaltig. Beabsichtigte Niederberger mit der ungerechtfertigten Gutschrift, die er kraft seiner Organstellung in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen veranlasste, eine Täuschung der Interessenten für die Aktien der Beklagten über deren Wert, so ist diese Absicht der Klägerin unabhängig davon zuzurechnen, welches sein Motiv war. Die Deliktshaftung der Aktiengesellschaft hat nur zur Voraussetzung, dass eine der in Art. 718 Abs. 3 genannten Personen eine unerlaubte Handlung in Ausübung ihrer geschäftlichen Verrichtung begeht. Ob dies im (vermeintlichen) Interesse der Gesellschaft oder im Interesse der betreffenden Person selber oder eines Dritten geschieht, ist unerheblich. Der Tatbestand bedarf daher im erwähnten Punkte der Ergänzung, sofern die Haftung der Klägerin nicht aus andern Gründen ohnehin zu bejahen ist. 10. Die Vorinstanz betrachtet eine die Haftung der Klägerin begründende Fahrlässigkeit Niederbergers als gegeben BGE 89 II 239 S. 253 mit der Begründung: "Niederberger musste aber mindestens vermuten, dass die Vorspiegelung einer niedrigeren Schuld der Beklagten bei der Klägerin unlautern Zwecken dienen könnte; denn für andere wäre sie aller Voraussicht nach nicht nötig gewesen." Diese Erwägung genügt nicht, um ein schuldhaftes Verhalten Niederbergers und damit der Klägerin gegenüber den Aktienkäufern darzutun. Es kommt darauf an, ob Niederberger als Folge der von ihm veranlassten Erteilung einer ungerechtfertigten Gutschrift eine Irreführung solcher Drittpersonen voraussehen musste. Darüber spricht sich die wiedergegebene Erwägung nicht mit hinlänglicher Deutlichkeit aus. Es fehlen aber namentlich auch Feststellungen über konkrete Umstände, gestützt auf welche sich beurteilen liesse, welche Folgen seiner Handlungsweise für Niederberger bei gehöriger Aufmerksamkeit voraussehbar waren. Auch in dieser Hinsicht ist also der Tatbestand (soweit möglich) zu ergänzen. 11. Hat die Klägerin durch die ungerechtfertigte Gutschriftsanzeige vom 27. Juni 1960 in schuldhafter Weise die Aktienkäufer irregeführt (oder in schuldhafter Weise zu der von den Verkäufern begangenen Täuschung beigetragen), so fragt sich, welcher Schaden den Aktienkäufern hieraus entstanden sei. Die Vorinstanz hat angenommen, der Schaden liege in der von ihr auf Fr. 25 000.-- geschätzten Differenz zwischen dem von den Käufern bezahlten Preis und dem Betrag, den sie vermutlich dafür bezahlt hätten, wenn ihnen bekannt gewesen wäre, dass die Schulden der Beklagten gegenüber der Klägerin den in der Bilanz angegebenen Betrag um Fr. 51 675.-- überstiegen. Diese Art der Schadenermittlung ist abzulehnen. Der Schaden darf nicht auf Grund von Vermutungen geschätzt werden, wenn er sich errechnen lässt. Dies trifft hier zu. Im Falle, dass ein durch Täuschung über die Vermögenslage einer Aktiengesellschaft geschädigter Aktienkäufer den Kauf nicht rückgängig macht, sondern Schadenersatz in Höhe Des BGE 89 II 239 S. 254 wegen der Täuschung zuviel bezahlten Kaufpreisbetrags verlangt, wie es hier (vgl. Erw. 6) zulässigerweise geschieht, ist der Schaden gleich zu bestimmen wie der Minderwert einer Kaufsache im Falle der Preisminderung wegen eines Sachmangels. Hiefür ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts die sog. relative Berechnungsmethode massgebend ( BGE 81 II 209 Erw. 3). Im vorliegenden Falle entspricht der Schaden (s) also der Differenz zwischen dem für die Aktien bezahlten Preis (p) und dem Betrag, der sich ergibt, wenn dieser Preis soweit herabgesetzt wird, dass er sich zum herabgesetzten Preise (x) gleich verhält wie im Zeitpunkt des Kaufs der objektive Wert der Aktien bei Gültigkeit der Gutschrift von Fr. 51 675.-- (wg) zum objektiven Wert der Aktien bei Ungültigkeit dieser Gutschrift (wu). Es gilt also: p: x = wg: wu; x = p. wuwg ; s = p - x. Bei der (nötigenfalls mit Hilfe eines Sachverständigen vorzunehmenden) Bestimmung des Aktienwerts ist zu berücksichtigen, dass die Aktien zwecks Fortführung des Geschäftsbetriebs, nicht zum Zwecke der Liquidation des Unternehmens gekauft wurden. Nach diesen Richtlinien ist der den Aktienkäufern bzw. der Beklagten als ihrer Zessionarin zu ersetzende Schaden neu zu bestimmen, wenn die Haftbarkeit der Klägerin grundsätzlich zu bejahen ist. Die angeführte Formel ist auf jeden Fall dann anwendbar, wenn der objektive Wert, der den Aktien im Falle der Gültigkeit der Gutschrift von Fr. 51 657.-- zugekommen wäre, den eben genannten Betrag erreicht oder übersteigt. Ist dies nicht der Fall, so kann sich fragen, wieweit die Bezahlung eines zu hohen Kaufpreises noch als Folge der Irreführung durch die erwähnte Gutschrift gelten könne. Diese Frage stellt sich namentlich, wenn die Aktien zur Zeit des Kaufs unter allen Umständen, also auch unter der Voraussetzung der Rechtsbeständigkeit der Gutschrift von Fr. 51 675.--, objektiv wertlos waren. In diesem Falle kann ein den Käufern infolge Irreführung durch die falsche BGE 89 II 239 S. 255 Gutschrift entstandener Schaden höchstens daraus abgeleitet werden, dass die neuen Mittel, welche die Aktienkäufer der Beklagten zugeführt haben oder noch zuführen müssen, teilweise zur Zahlung der ihnen verheimlichten Schuld statt zur Erzielung eines Geschäftsertrags verwendet werden müssen. Wird die Behauptung der Klägerin, dass die Aktien auf jeden Fall wertlos gewesen seien, zutreffendenfalls im Rahmen der Schadensermittlung berücksichtigt, so kann die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob die Käufer für den geltend gemachten Schaden gemäss Art. 44 OR (Mitverschulden) wegen Erwerbs einer überschuldeten Aktiengesellschaft selber einzustehen haben, auf sich beruhen bleiben. 12. Zusammenfassend ist festzustellen: Die Beklagte unterliegt endgültig mit ihrem Hauptstandpunkt, dass die Gutschrift von Fr. 51 675. - zu Unrecht storniert worden sei. Die Klägerin unterliegt endgültig mit Bezug auf den Posten von Fr. 918.30 (Vergütung Mengin). Hinsichtlich des von der Beklagten verrechnungsweise geltend gemachten Schadenersatzanspruchs ist die Sache nicht spruchreif, sondern die Vorinstanz hat hierüber nach Ergänzung des Tatbestands neu zu befinden. Erweist sich der Schadenersatzanspruch als unbegründet, so ist der Klägerin der ermittelte Saldo des Abrechnungsverhältnisses (Fr. 43 173.70; vgl. Erw. 4 am Ende) zuzusprechen. Ist der Schadenersatzanspruch dagegen ganz oder teilweise zu schützen, so vermindert sich die Forderung der Klägerin entsprechend. Das Widerklagebegehren 1 ist auf jeden Fall unbegründet (Erw. 3 am Ende). Gegen die Abweisung des Widerklagebegehrens 2 hat die Beklagte die Berufung nicht ergriffen. Mit Bezug auf die Widerklage bleibt es daher beim angefochtenen Urteil.
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Urteilskopf 118 II 176 36. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 29. April 1992 i.S. Xaver Wiederkehr AG gegen Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft (Berufung)
Regeste Haftpflicht-Versicherungsvertrag. Begriff des Sachschadens. Die Beschränkung des Versicherungsschutzes auf die Haftung für Sachschäden in einer Haftpflichtversicherung bedeutet nicht, dass der Versicherer nur bis zum Ersatzwert der beschädigten oder zerstörten Sache einzustehen habe. Versichert ist vielmehr der ganze Vermögensschaden, der dem Versicherten aus seiner Haftung für den Sachschaden eines Dritten entstanden ist. Ein Sachschaden liegt auch vor, wenn Klärschlamm so verunreinigt worden ist, dass seine landwirtschaftliche Verwendung nicht mehr möglich ist und er aufwendig vernichtet werden muss.
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 118 II 176 S. 177 A.- Die Xaver Wiederkehr AG betreibt in Waltenschwil ein Shredder- und Scherwerk. Das Werkareal liegt in einer Senke. Das Regenwasser und die betrieblichen Abwässer werden in zwei Rückhaltebecken mit eingebauten Schlammsammlern geleitet und von dort in das höher gelegene Kanalisationsnetz des Abwasserverbandes Wohlen-Villmergen-Waltenschwil gepumpt. Auf dem gesamten Werkareal der Xaver Wiederkehr AG fällt Metallstaub an, der jeweils über die betriebseigenen Abwasserleitungen in die Rückhaltebecken geschwemmt wird. Vom Sommer 1987 bis im Herbst 1988 gelangte schwermetallhaltiges Abwasser aus dem Werkareal in die Kanalisation. Dabei wurde der ganze Kanalisationsstrang zwischen dem Betrieb der Xaver Wiederkehr AG und der Abwasserreinigungsanlage (ARA) verschmutzt. Zudem wurde der Klärschlamm im Faulturm der ARA verunreinigt, so dass er nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden konnte. Die Reinigung der rund 6 km langen Kanalisationsleitung und die Verbrennung des mit Schwermetallen durchsetzten Klärschlamms verursachten Kosten von insgesamt Fr. 513'211.40. Die Xaver Wiederkehr AG wurde mit einem Teilbetrag von Fr. 466'797.55 belastet. Davon entfielen auf die Reinigung der Kanalisation Fr. 346'514.55 und auf die Entsorgung des Klärschlamms Fr. 120'283.--. B.- Die Xaver Wiederkehr AG ist gegen die Folgen ihrer betrieblichen Haftpflicht bei der Schweizerischen Mobiliar Versicherungsgesellschaft versichert. Nachdem die Versicherungsgesellschaft BGE 118 II 176 S. 178 die Vergütung des von der Xaver Wiederkehr AG für das Schadensereignis bezahlten Betrages verweigert hatte, klagte diese gegen die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft beim Handelsgericht des Kantons Aargau auf Bezahlung von Fr. 466'797.55 nebst Zins. Mit Entscheid vom 24. September 1991 hat das Handelsgericht die Klage abgewiesen. C.- Die Xaver Wiederkehr AG gelangt mit Berufung gegen dieses Urteil an das Bundesgericht. Sie verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides und die Verpflichtung der Beklagten, ihr Fr. 466'797.55 nebst Zins zu bezahlen. Die Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft stellt den Antrag, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Handelsgericht hat sich zur Berufung nicht vernehmen lassen. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die Sache, soweit es um die Kosten für die Entsorgung des Klärschlammes geht, an die Vorinstanz zur Abklärung der weiteren, im kantonalen Verfahren erhobenen Einwände und zu neuer Entscheidung zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Das Handelsgericht hat eine Haftung der Beklagten für die Kosten abgelehnt, die infolge der Beseitigung des verunreinigten Klärschlamms entstanden sind, weil es sich dabei nicht um einen unmittelbaren Sachschaden gehandelt habe. Als solcher könne nämlich nur der Wiederbeschaffungswert einer beschädigten oder zerstörten Sache angesehen werden. Bei den hier streitigen Beseitigungskosten handle es sich hingegen um mittelbaren Schaden, der vom Sachschadensbegriff nicht mehr erfasst werde. a) Der vorliegende Rechtsstreit bezieht sich auf einen Versicherungsvertrag betreffend die Betriebshaftpflicht der Klägerin. Die Haftpflichtversicherung stellt den wichtigsten Anwendungsfall der Vermögensversicherung dar. Sie gehört somit weder zur Personen- noch zur Sachversicherung (KOENIG, Der Versicherungsvertrag, SPR, Bd. VII/2, Basel 1979, S. 608 ff.), wohl aber nach der Einteilung des Versicherungsvertragsgesetzes zur Schadensversicherung als Gegensatz zur Personenversicherung. Der Versicherer hat einen Schaden zu ersetzen, der beim Versicherten als reiner Vermögensschaden (Vermehrung der Passiven) eingetreten ist. Vorliegend macht die Beklagte allerdings geltend, sie hafte nur für den Vermögensschaden BGE 118 II 176 S. 179 des Versicherten, der aufgrund von Personen- oder Sachschäden bei Dritten entstanden sei. Demgegenüber bestehe aufgrund des Versicherungsvertrages keine Leistungspflicht, wenn der Versicherte wegen eines reinen Vermögensschadens des Dritten belangt worden sei. Die Klägerin hält hingegen den Versicherungsschutz auch für reine Vermögensschäden als gegeben, wenn diese durch Abwässer verursacht worden sind. Wie es sich damit verhält, muss nur geprüft werden, falls sich erweisen sollte, dass die Klägerin tatsächlich aus reinem Vermögensschaden belangt worden ist. b) Sachschaden entsteht infolge Zerstörung, Beschädigung oder Verlusts einer Sache (OFTINGER, Schweizerisches Haftpflichtrecht, Bd. I, Zürich 1975, S. 61; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, Bern 1982, S. 48, Rz. 20; BREHM, Berner Kommentar, N 77 zu Art. 41 OR ; vgl. auch BGE 116 II 490 f. E. 4). Dabei stellen die Zerstörung, die Beschädigung und der Verlust nicht selber den Schaden dar, sondern sind die Ursache eines solchen (OFTINGER, S. 61 Anm. 40). Der Schaden ist die daraus resultierende Vermögenseinbusse. Reiner Vermögensschaden liegt demgegenüber vor, wenn eine Vermögenseinbusse eintritt, ohne dass eine Person verletzt oder getötet oder eine Sache beschädigt oder zerstört worden, beziehungsweise verlorengegangen ist (OFTINGER, S. 61). Davon geht an sich auch das Handelsgericht im angefochtenen Urteil aus. Es nimmt dann aber an, im Bereich der Sachversicherung sei die Leistungspflicht des Versicherers auf den Ersatzwert beschränkt. Dabei verkennt es, dass dem vorliegenden Rechtsstreit nicht eine Sachversicherung, sondern eine Haftpflichtversicherung zugrunde liegt. Wie Art. 49 VVG zeigt, hat der Begriff des Ersatzwertes seinen Sinn wohl bei der Sach-, nicht aber bei der Haftpflichtversicherung als Unterart der Vermögensversicherung. Bei der Sachversicherung wird mit dem Ersatzwert als Versicherungswert eine Überversicherung vermieden. Im Bereich der Haftpflichtversicherung kann aber eine Begrenzung der versicherten Haftpflicht auf Sachschäden den Anspruch des Versicherten nicht auf den blossen Ersatzwert der beschädigten Sache beschränken. Von der Versicherung wird vielmehr die ganze sich aus dem Sachschaden ergebende Haftpflicht abgedeckt. Ausgeschlossen wird lediglich die Haftpflicht, die gar nicht mit einem Sachschaden zusammenhängt, wie beispielsweise die Haftung für Kreditschädigung oder aus unlauterem Wettbewerb. Entsprechend muss vorliegend ohne Bedeutung bleiben, wie der Ersatzwert im Bereich der Feuerversicherung umschrieben wird. Etwas anderes lässt sich auch nicht BGE 118 II 176 S. 180 dem vom Handelsgericht zitierten Werk von MAURER entnehmen. An der angegebenen Stelle führt dieser Autor nur aus, die in Art. 63 VVG für die Feuerversicherung enthaltene Umschreibung des Ersatzwertes lasse sich auch auf andere Sachversicherungen übertragen (MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 2. Aufl., Bern 1986, S. 480). Um eine solche handelt es sich vorliegend aber nicht. Aus der Beschränkung auf Sachschäden im Versicherungsvertrag kann nicht abgeleitet werden, es werde, wenn ein Sachschaden vorliege, die Haftpflicht nur gedeckt, soweit der Versicherte für den Ersatzwert belangt worden sei. c) Die Verschmutzung des Klärschlamms stellt die Beschädigung einer Sache dar. Der Schlamm wurde in seiner Zusammensetzung so verändert, dass er nicht mehr in der Weise verwendet werden konnte, wie dies ohne eine solche Einwirkung möglich gewesen wäre. Er war infolge dieser Veränderung nicht mehr landwirtschaftlich zu gebrauchen, sondern musste aufwendig verbrannt werden. Die Kosten für die Beseitigung stellen damit eine kausale Folge der Sachbeschädigung dar. Zudem kann auch an der Adäquanz nicht gezweifelt werden. Ohne Bedeutung muss schliesslich bleiben, ob es sich um mittelbaren oder unmittelbaren Schaden handelt. Dem Versicherungsvertrag ist nichts zu entnehmen, das den Schluss zuliesse, es sei nur die Haftung für unmittelbaren Schaden gedeckt. Grundsätzlich wird im schweizerischen Haftpflichtrecht aber nicht nur für den unmittelbaren, sondern auch für den mittelbaren Schaden gehaftet, sofern dieser noch als adäquat kausale Folge des schädigenden Ereignisses erscheint (VON TUHR/PETER, OR AT, Zürich 1974, S. 88; OFTINGER, S. 255).
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Urteilskopf 106 IV 211 58. Urteil der Anklagekammer vom 26. August 1980 i.S. Schweizerische Eidgenossenschaft gegen Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich und Obergericht des Kantons Zürich (Beschwerde)
Regeste Rechtshilfe im Verwaltungsstrafverfahren ( Art. 30 VStrR ). Weist eine kantonale Behörde das Rechtsöffnungsgesuch einer Bundesverwaltungsbehörde für eine Bussenverfügung ab, so kann die Bundesverwaltungsbehörde dagegen nicht wegen Verweigerung der Rechtshilfepflicht im Sinne von Art. 30 Abs. 5 VStrR bei der Anklagekammer Beschwerde führen.
Sachverhalt ab Seite 211 BGE 106 IV 211 S. 211 A.- Die Generaldirektion PTT verfällt B. mit Strafbescheid vom 8. Mai 1979 in eine Busse von Fr. 190.--, weil er in seinem Fahrzeug ein nicht typengenehmigtes Sprechfunkgerät erstellt und betrieben hatte. B. unterzeichnete eine Erklärung, in welcher er - bestätigte, das Original des Strafbescheids erhalten zu haben und auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen hingewiesen worden zu sein, - ausdrücklich auf die Ergreifung eines Rechtsmittels verzichtete und BGE 106 IV 211 S. 212 - anerkannte, dass der Strafbescheid im Sinne von Art. 65 VStrR einem rechtskräftigen Urteil gleichkommt. B. bezahlte die Busse innert der ihm eingräumten Frist von 30 Tagen nicht. Er wurde deshalb von der zuständigen Kreistelefondirektion Bellinzona zunächst erfolglos gemahnt und anschliessend betrieben. Gegen den ihm am 9. Juli 1979 zugestellten Zahlungsbefehl erhob sein Vormund am 12. Juli 1979 vorläufig Rechtsvorschlag "bis zur Überprüfung der entsprechenden Unterlagen". Die Verwaltung erhielt damit Kenntnis von der Bevormundung des B. Sie sandte die Akten dem Vormund zur Kenntnisnahme, erhielt von diesem aber keine Antwort. B.- Am 7. Dezember 1979 verlangte die Generaldirektion PTT namens der Eidgenossenschaft beim Einzelrichter im summarischen Verfahren des Bezirksgerichts Zürich definitive Rechtsöffnung für Fr. 199.50 nebst 5% Zins seit 8. Juni 1979 und Fr. 14.-- Betreibungskosten in der gegen B. gerichteten Betreibung. Der Einzelrichter wies das Rechtsöffnungsbegehren am 11. Januar 1980 ab, im wesentlichen mit der Begründung, der im Sinne von Art. 369 ZGB entmündigte B. sei bezüglich des Verzichts auf ein Rechtsmittel nicht urteilsfähig und sein Verzicht auf die Ergreifung eines Rechtsmittels sei deshalb ungültig gewesen; der Strafbescheid der Generaldirektion PTT vom 8. Mai 1979 sei somit nicht rechtskräftig und mithin auch nicht vollstreckbar geworden; es fehle demnach an einem vollstreckbaren Entscheid im Sinne von Art. 80 SchKG . Die Generaldirektion PTT erhob dagegen Nichtigkeitsbeschwerde, die vom Obergericht des Kantons Zürich am 14. April 1980 abgewiesen wurde. Zur Begründung führte das Gericht unter anderem aus, der Einzelrichter habe die Urteilsfähigkeit des B. in Wirklichkeit nicht abgeklärt, sondern sei unter Hinweis auf den Entmündigungsgrund und die Komplexität der Frage der Ergreifung eines Rechtsmittels einfach von der fehlenden Urteilsfähigkeit ausgegangen, was ihm jedoch nicht als Überschreitung der Kognitionsbefugnis oder Willkür zur Last gelegt werden könne; klares Recht sei nicht verletzt, denn es existiere kein solches darüber, dass Art. 65 VStrR auch gegenüber Entmündigten, die ohne Zustimmung des Vormundes handeln, Anwendung finde und dass im Rechtsöffnungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Art. 80 SchKG die Entmündigung unbeachtet bleiben müsse, bzw. dass ein BGE 106 IV 211 S. 213 Entmündigter von sich aus gültig auf alle Rechtsmittel verzichten könne; überdies sei die Bestrafung des B. dessen Vormund nicht mitgeteilt worden, so dass es an der rechtsgenügenden Eröffnung des Strafbescheides fehle, was für sich allein schon dessen Vollstreckbarkeit hindere. C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Generaldirektion PTT namens der Eidgenossenschaft Beschwerde im Sinne von Art. 30 Abs. 5 VStrR an die Anklagekammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, der zuständige zürcherische Rechtsöffnungsrichter sei anzuweisen, den PTT-Betrieben in der gegen B. gerichteten Betreibung für Fr. 199.50 und Fr. 14.-- Betreibungskosten definitive Rechtsöffnung zu erteilen. Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Die Anklagekammer zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerde stützt sich ausdrücklich auf Art. 30 VStrR . Nach dieser unter der Marginale "Rechtshilfe" stehenden Bestimmung haben die Verwaltungsbehörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden den mit der "Verfolgung und Beurteilung von Verwaltungsstrafsachen betrauten Behörden" in der Erfüllung ihrer Aufgabe Rechtshilfe zu leisten und ihnen insbesondere die benötigten Auskünfte zu erteilen und Einsicht zu gewähren in amtliche Akten, die für die Strafverfolgung von Bedeutung sein könnten. Art. 352-356 StGB und Art. 27-29 BStP finden sinngemäss Anwendung. Anstände zwischen Bund und Kantonen oder zwischen Kantonen unter sich entscheidet die Anklagekammer des Bundesgerichts. Während die Kantone in Bundesstrafsachen nach Art. 252 BStP einander im Verfahren und beim Urteilsvollzug Rechtshilfe zu leisten haben, spricht Art. 30 VStrR nur von der Rechtshilfe im Rahmen der Verfolgung und Beurteilung von Verwaltungsstrafsachen. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Rechtshilfepflicht auf diesem Gebiet trotz dieser engen Umschreibung überhaupt auf die Vollstreckung beziehe. Das Bundesgericht hat dazu im Zusammenhang mit dem nach Art. 30 Abs. 3 VStrR auf Fälle der vorliegenden Art analog anwendbaren Art. 352 Abs. 1 StGB , wo allerdings nur ganz allgemein von Rechtshilfe die Rede ist, ausgeführt, die Rechtshilfe BGE 106 IV 211 S. 214 dauere über die Verurteilung hinaus und beziehe sich in gewissem Sinne auch auf die Vollstreckung; das ergebe sich schon daraus, dass Art. 352 Abs. 2 StGB unter anderem auch von der Zuführung des Verurteilten spreche ( BGE 86 IV 228 /229; vgl. auch BGE 102 IV 220 E. 2, BGE 96 IV 183 E. 1, BGE 87 IV 141 E. 3). Für Handlungen, die auf Eintreibung einer Busse gerichtet seien, sei deshalb ebenfalls Rechtshilfe geschuldet. Der Umstand, dass für die Eintreibung der Busse nur der Weg der Schuldbetreibung offenstehe, ändere daran nichts. Die Natur dieses Verfahrens beraube den Vollzug nicht seines Strafcharakters. Die Busse bleibe eine Strafe, und die zu ihrem Vollzug eingeleitete Betreibung diene nicht in erster Linie der Befriedigung des Staates, sondern dazu, den Verurteilten zu zwingen, die Strafe zu erleiden. Wenn ein Kanton es ablehne, zur Durchführung einer derartigen, vom Bund eingeleiteten Betreibung Hand zu bieten, verletze er demnach die ihm obliegende Rechtshilfepflicht gegenüber dem Bund, so dass dieser berechtigt sei, die Anklagekammer des Bundesgerichts anzurufen, übrigens ohne an eine Frist gebunden zu sein ( BGE 86 IV 229 /230; vgl. auch BGE 63 I 268 /269). 2. An dieser Rechtsprechung kann indessen unter der Herrschaft des neuen Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht nicht festgehalten werden. Mit der Verweigerung der Rechtsöffnung verstossen die Behörden des Kantons Zürich im vorliegenden Fall nicht gegen die Rechtshilfepflicht im Sinne von Art. 30 VStrR , sondern allenfalls gegen die Pflicht, eine rechtskräftige Bussenverfügung einer Bundesbehörde zu vollstrecken. Wohl umfasst der Begriff der Rechtshilfe in einem weiteren Sinn auch die Vollstreckung von Entscheidungen anderer Behörden (vgl. z.B. den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, BBl 1976 II S. 491 ff., insbesondere Art. 91 ff.). Darum geht es bei Art. 30 VStrR jedoch nicht. Darauf deuten schon die Gründe hin, aus denen nach Art. 30 Abs. 2 VStrR die Rechtshilfe verweigert werden darf, ist doch nicht einzusehen inwiefern der Vollzug einer Busse je die innere oder äussere Sicherheit des Bundes oder der Kantone gefährden, die um Rechtshilfe angegangene Behörde in der Durchführung ihrer Aufgabe wesentlich beeinträchtigen oder die Preisgabe von anvertrauten Geheimnissen bewirken könnte. Das Gleiche ergibt sich aus den Beispielen, mit denen in Art. 30 Abs. 1 VStrR die BGE 106 IV 211 S. 215 Rechtshilfepflicht erläutert wird; danach haben die Behörden des Bundes, der Kantone und der Gemeinden einander "insbesondere" Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Von der Verpflichtung zur Vollstreckung von Strafverfügungen ist nicht die Rede. Diese Verpflichtung ist nicht in Art. 30 VStrR , sondern in der allgemeinen Bestimmung des Art. 380 StGB niedergelegt, deren Verletzung jedoch nicht bei der Anklagekammer gerügt werden kann. Weigert sich eine kantonale Behörde, die Bussenverfügung einer Bundesverwaltungsbehörde zu vollstrecken, indem sie deren Rechtsöffnungsgesuch abweist, so liegt demzufolge nicht ein Anstand über die Rechtshilfepflicht im Sinne von Art. 30 Abs. 5 VStrR vor, und die Anrufung der Anklagekammer ist ausgeschlossen. Dieses Ergebnis entspricht auch den praktischen Bedürfnissen besser als die bisherige Rechtsprechung. Nach Art. 49 Ziff. 2 StGB werden Bussen auf dem Weg der Schuldbetreibung vollstreckt. Im Betreibungsverfahren hat die Verwaltung nicht die Stellung einer um Rechtshilfe ersuchenden Behörde, sondern diejenige einer Partei. Als solcher stehen ihr auch alle Rechtsmittel der Partei zur Verfügung. Sie kann daher z.B. im Sinne von Art. 17 SchKG Beschwerde an die Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs führen, wenn sich das Betreibungsamt weigert, den Zahlungsbefehl zuzustellen, die Pfändung vorzunehmen oder die Verwertung durchzuführen. Erhebt der Betriebene Rechtsvorschlag, so hat sie, wiederum in ihrer Eigenschaft als Partei des Betreibungsverfahrens, beim Richter um Erteilung der Rechtsöffnung zu ersuchen, wobei die Bussenverfügung nach Art. 380 StGB einen definitiven Rechtsöffnungstitel im Sinne von Art. 80/81 SchKG darstellt. Gegen die Verweigerung der Rechtsöffnung stehen ihr gegebenenfalls kantonale Rechtsmittel zur Verfügung. Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin denn auch gegen den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters beim Obergericht Nichtigkeitsbeschwerde geführt. Die Anrufung der Anklagekammer ist in diesem Zusammenhang nirgends vorgesehen. Es wäre auch nicht einzusehen, weshalb sich der Rechtsöffnungsstreit auf einmal in einen Anstand über die Rechtshilfepflicht verwandeln sollte, der von der Anklagekammer zu schlichten wäre. Die Zuständigkeit der Anklagekammer als letzte Instanz des Rechtsöffnungsverfahrens wäre systemwidrig. Das zeigt sich unter anderem darin, dass die Beschwerde wegen Verweigerung BGE 106 IV 211 S. 216 der Rechtshilfe nach der Rechtsprechung an keine Frist gebunden ist, so dass der Entscheid, mit dem die Rechtsöffnung verweigert wird, gar nie rechtskräftig werden könnte. Ferner könnte immer dann, wenn ein kantonales Gericht aus welchen Gründen auch immer ein von einem andern Kanton oder vom Bund zur Vollstreckung einer Busse gestelltes Rechtsöffnungsbegehren abweist, Beschwerde wegen Verweigerung der Rechtshilfe geführt werden, während dies ausgeschlossen wäre, wenn ein Bussenurteil im eigenen Kanton vollstreckt werden soll. Für diese Ungleichbehandlung besteht kein sachlicher Grund. Ungerechtfertigt ist es auch, dass zwar die Verwaltung den Rechtsöffnungsentscheid an die Anklagekammer soll weiterziehen können, während dem Verurteilten als Gegenpartei, der z.B. geltend macht, seine Verjährungseinrede sei zu Unrecht verworfen und die Rechtsöffnung deshalb zu Unrecht erteilt worden, nur die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV zur Verfügung steht. Dies hätte zudem zur Folge, dass innerhalb des Bundesgerichts die gleiche Frage, je nachdem ob die Rechtsöffnung erteilt worden ist oder nicht, von verschiedenen Gerichtsabteilungen mit verschiedener Kognition beurteilt werden müsste. Dazu kommt, dass jede Handlung der kantonalen Betreibungsbehörden, die nicht dem Antrag der betreibenden Verwaltungsbehörde entspricht, in gleicher Weise wie die Ablehnung des Rechtsöffnungsgesuchs als Verweigerung der Rechtshilfe angesehen werden müsste. Das würde dazu führen, dass die Anklagekammer rein betreibungsrechtliche Fragen, die sonst in den Zuständigkeitsbereich der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer fallen, wie z.B. solche betreffend die Gültigkeit von Pfändungen, die Ermittlung des Notbedarfs des Schuldners oder die Lastenbereinigung bei der Verwertung von Grundstücken, zu beurteilen hätte, während der Gebüsste die gleichen Fragen der Anklagekammer nicht unterbreiten könnte. Das kann nicht der Sinn von Art. 30 VStrR sein. Schliesslich besteht auch kein Grund, den Bussenvollzug gegenüber dem Vollzug anderer Ansprüche, die mitunter ebenso schutzwürdig sind, wie z.B. Steuern, Prämien an die Sozialversicherung usw., im Betreibungsverfahren durch Einräumung eines besonderen Rechtsmittels zu privilegieren, dies umso weniger, als die Verwaltung die Möglichkeit hat, eine Busse, die nicht eingebracht werden kann, durch den Richter in Haft umwandeln zu lassen ( Art. 49 Ziff. 3 StGB , Art. 91 VStrR ). BGE 106 IV 211 S. 217 Wird die Rechtsöffnung wie im vorliegenden Fall mit der Begründung abgelehnt, die Bussenverfügung leide an einem Mangel oder sie sei nicht richtig eröffnet worden, kann die Verwaltung überdies, da der Rechtsöffnungsentscheid nur Rechtskraft in der gleichen Betreibung hat, jederzeit eine neue, fehlerfreie Verfügung erlassen und gestützt darauf in einer neuen Betreibung definitive Rechtsöffnung erlangen. Ein zwingendes Bedürfnis, den Streit von der Anklagekammer beurteilen zu lassen, besteht jedenfalls nicht. Auf die Beschwerde ist daher nicht einzutreten. 3. Da der angefochtene Entscheid im Rahmen des Bussenvollzugs erging, stellt sich die Frage, ob die Eingabe des Bundes als Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen werden könne. Die Beschwerdeschrift ist daher zur Prüfung dieser Frage an die für die Behandlung derartiger Beschwerden auf dem Gebiet des Strafvollzugs zuständige Gerichtsabteilung zu überweisen. Sollte diese die Verwaltungsgerichtsbeschwerde als unzulässig erachten, wird weiter zu prüfen sein, ob die Eingabe als staatsrechtliche Beschwerde behandelt werden kann (vgl. Urteil der II. Zivilabteilung vom 19. Juni 1980 i.S. Nidwalden c. Balbi, E. 1). Dispositiv Demnach erkennt die Anklagekammer: Auf die Beschwerde wird nicht eigetreten.
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Urteilskopf 141 II 262 20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Euro-Lotto Tipp AG gegen Lotterie- und Wettkommission (Comlot), Société de la Loterie de la Suisse Romande (Loterie Romande) sowie Swisslos, Interkantonale Landeslotterie (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_1086/2013 vom 9. Juli 2015
Regeste Art. 106 BV (Fassung vom 11. März 2012); Art. 2, 13 und 20 IVLW; Art. 1 Abs. 2 sowie Art. 48 und 50 SBG ; Art. 1, 3, 5 ff., 13, 15 und 38 ff. LG; Art. 48 VwVG ; Kompetenz der Interkantonalen Lotterie- und Wettkommission (Comlot) zur Durchführung von Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahren. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen einen Zuständigkeitsentscheid der Comlot (E. 1). Übersicht über die Glücksspielregelung in Bund und Kantonen (E. 2 und 3). Bestätigung der bundesgerichtlichen Auslegungsmethodik (E. 4). Die Comlot als Bewilligungsbehörde ist gestützt auf eine teleologisch-geltungszeitliche Interpretation des Bundes- und interkantonalen Rechts (IVLW) befugt, im Zusammenhang mit Grosslotterien ein Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahren durchzuführen und das generell-abstrakt gültige Lotterieverbot im Einzelfall zu konkretisieren (E. 5 und 6). Den konzessionierten Lotteriegesellschaften kommt dabei grundsätzlich Parteistellung zu (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 263 BGE 141 II 262 S. 263 A. A.a Die Euro-Lotto Tipp AG bezweckt die Vermittlung der Teilnahme an Lottotippgemeinschaften und Einzeltipps, die Übernahme von Administrations- und Verwaltungsmandaten jeglicher Art sowie die Erbringung von weiteren Dienstleistungen im Zusammenhang BGE 141 II 262 S. 264 mit der Lotterie "EuroMillions". Bei dieser handelt es sich um eine bewilligte, gemeinnützigen bzw. wohltätigen Zwecken dienende Mehrstaatenlotterie. Sie wird seit Oktober 2004 in der Westschweiz von der Loterie Romande und in der Deutschschweiz bzw. dem Tessin von der Swisslos angeboten. A.b Am 17. Februar 2012 wandte sich die Loterie Romande an die Interkantonale Lotterie- und Wettkommission (Comlot); sie machte geltend, die Euro-Lotto Tipp AG verstosse mit diversen ihrer Aktivitäten im Zusammenhang mit der Lotterie "EuroMillions" gegen lotterierechtliche Vorgaben; sie ersuchte die Comlot darum, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen bzw. die unzulässigen Aktivitäten zu verbieten. Die Loterie Romande rügte insbesondere, die Euro-Lotto Tipp AG veranstalte eine im Sinne von Art. 1 des Bundesgesetzes vom 8. Juni 1923 betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten (LG; SR 935.51 [nachfolgend: Lotteriegesetz]) verbotene Lotterie, indem ihre Kunden um die von ihr in eigenem Namen bei der Lotterie "EuroMillions" realisierten Gewinne spielten und die Euro-Lotto Tipp AG eine Geld-Zurück-Garantie anbiete. Die betreffende Firma bewerbe und empfehle zudem (auf dem Gebiet der Westschweiz) verbotene Lotterien und vermittle allenfalls entsprechende Lose. B. B.a Mit Zwischenverfügung vom 20. September 2012 bejahte die Comlot ihre Zuständigkeit. Entgegen der Ansicht der Euro-Lotto Tipp AG seien die Kantone befugt, Widerhandlungen gegen das Lotteriegesetz zu verfolgen und zu beurteilen. Deren (Aufsichts-)Befugnisse beschränkten sich nicht allein auf die bewilligten Veranstaltungen. Mit der Interkantonalen Vereinbarung vom 7. Januar 2005 über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten (IVLW) seien die entsprechenden Kompetenzen auf die Comlot übertragen worden (Art. 20). Ein anderes Verständnis führe zu einer "absurden" Situation: Die Aufsicht der Comlot müsste verneint werden, wenn diese vorgängig nicht um eine Bewilligung ersucht worden sei oder sie diese verweigert hätte, obwohl dann von Gesetzes wegen eine verbotene Veranstaltung vorliege. Zwar blieben die entsprechenden Strafnormen anwendbar, doch bezweckten diese die Sanktionierung des Täters, indessen nicht die Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustands, weshalb die Comlot generell im Falle von Verstössen gegen die gesetzlichen Vorschriften gestützt auf die ihr von den Kantonen übertragenen BGE 141 II 262 S. 265 Kompetenzen befugt sei, die nötigen Verwaltungsmassnahmen zu treffen, um den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen. B.b Die Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten bestätigte diese Auffassung am 4. Oktober 2013: Als Zulassungsbehörde verfüge die Comlot über einen weitgehenden Beurteilungsspielraum. Ihre Prüfungspflicht beschränke sich nicht auf spieltechnische Fragen. Das auf Bundesrecht und interkantonales Recht abgestützte Zusammenspiel von Zulassungs- und Aufsichtsbehörde stelle ein kohärentes Rechtssystem dar. Diesem würde es zuwiderlaufen, hätte die Comlot als Zulassungsbehörde die Kompetenz, die Bewilligung für Lotterien, die sie als illegal beurteile, zu verweigern, sie jedoch nicht berechtigt wäre, als Aufsichtsbehörde zu intervenieren, nachdem sie von der Organisation von nicht bewilligten Lotterien in der Schweiz Kenntnis erhalten habe. (...) C. Die Euro-Lotto Tipp AG beantragt vor Bundesgericht, das angefochtene Urteil aufzuheben und auf die Anzeige der Loterie Romande vom 17. Februar 2012 sowie die dort gestellten Anträge nicht einzutreten. Eventuell sei Ziffer 2 des Dispositivs des Urteils der Vorinstanz in dem Sinn zu ändern, dass ihr die Verfahrenskosten im Betrag von Fr. 2'000.- (statt Fr. 7'000.-) auferlegt und mit dem Kostenvorschuss von Fr. 5'000.- verrechnet würden. Die Euro-Lotto Tipp AG bestreitet "mangels genügender gesetzlicher Grundlage im Lotteriegesetz sowie aufgrund der Zuständigkeiten der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der durch das Lotteriegesetz als verboten erklärten Lotterien (und ex lege auch nicht bewilligungsfähigen Lotterien)" das Bestehen einer allgemeinen Aufsichtskompetenz der Comlot; deren Kontrolle beziehe sich nur auf die Bewilligungsträger bzw. die von ihr bewilligten Aktivitäten. (...) D.b Am 29. Juni 2015 führten die I. und II. öffentlichrechtliche Abteilung sowie die strafrechtliche Abteilung einen Meinungsaustausch zu den Kompetenzen von Straf- und Aufsichtsbehörden bzw. der diesbezüglichen Auslegung des Lotterierechts durch ( Art. 23 Abs. 2 BGG ). Gestützt hierauf wird die Beschwerde abgewiesen, soweit das Bundesgericht darauf eintritt. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der angefochtene Entscheid der Rekurskommission Interkantonale Vereinbarung Lotterien und Wetten erging im BGE 141 II 262 S. 266 Anwendungsbereich des Lotteriegesetzes und schützt die Verfügung der Comlot vom 20. September 2012, worin diese im Rahmen eines selbständig eröffneten Zwischenentscheids ihre Zuständigkeit zur Überwachung des Lotteriemarkts bejaht hat ( Art. 92 Abs. 1 BGG ). Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist einzutreten ( Art. 82 ff. BGG ): Die Rekurskommission bildet Teil der Organisationsstruktur der "Interkantonalen Vereinbarung vom 7. Januar 2005 über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten" (IVLW; BSG 945.4). Sie ist in diesem Bereich die interkantonale richterliche Vorinstanz des Bundesgerichts im Sinne von Art. 86 Abs. 1 lit. d bzw. Art. 86 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 135 II 338 E. 1.1 S. 341 [ Art. 191b Abs. 2 BV ]). Die Euro-Lotto Tipp AG ist als von der Comlot ins Recht gefasste und vor der Rekurskommission unterlegene Beschwerdeführerin berechtigt, zur Klärung der Zuständigkeitsfrage an das Bundesgericht zu gelangen (Art. 89 Abs. 1 i.V.m. Art. 92 Abs. 1 BGG ); nicht weiter einzugehen ist indessen auf ihre Ausführungen in der Sache selber; diese bilden Gegenstand allfälliger künftiger Abklärungen und nicht des vorliegenden Verfahrens. 2. 2.1 Nach Art. 106 Abs. 1 BV (in der Fassung vom 11. März 2012; Gegenentwurf zur Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls" [AS 2012 3629]; vgl. die Botschaft vom 20. Oktober 2010 zur Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienst des Gemeinwohls", BBl 2010 7961 ff.) erlässt der Bund Vorschriften über die Geldspiele. Er trägt dabei den Interessen der Kantone Rechnung (vgl. SCHERRER/MURESAN, Handbuch zum schweizerischen Lotterie- und Wettrecht, 2014, N. 26 ff.). Die aktuelle Gesetzgebung umfasst das Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz [SBG; SR 935.52]; Botschaft vom 26. Februar 1997 zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbanken, BBl 1997 III 145 ff.) einerseits und das Lotteriegesetz von 1923 andererseits (vgl. Botschaft vom 13. August 1918 zum Entwurfe eines Bundesgesetzes betreffend die Lotterien und lotterieähnlichen Unternehmungen, BBl 1918 IV 333 ff.). Die Durchführung von Grosslotterien wird derzeit im Rahmen der kantonalen Restkompetenzen durch die Interkantonale Vereinbarung über die Aufsicht sowie die Bewilligung und Ertragsverwendung von interkantonal und gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und BGE 141 II 262 S. 267 Wetten geregelt (vgl. Art. 48 BV ; BGE 135 II 338 E. 3 und 4 S. 345 ff.; zur Wahrnehmung der Lotteriekompetenzen in den einzelnen Kantonen: OLIVIER DOLDER, Kleine Lotterien - grosse Unterschiede, Eine Untersuchung von Kleinlotterien, Tombolas und Lottos, Cahiers de l'Institut de hautes études en administration publique [IDEHAP] 268/2012 S. 5 ff.). Der Bundesrat hat im Mai 2014 in Umsetzung der neuen Verfassungsgrundlage vorgeschlagen, die beiden Rechtsgrundlagen durch ein neues einheitliches Bundesgesetz über Geldspiele zu ersetzen (Entwurf vom 30. April 2014 zu einem Bundesgesetz über Geldspiele [Geldspielgesetz, BGS] mit erläuterndem Bericht des EJPD [BJ] vom gleichen Tag [nachfolgend: EJPD-Bericht E-BGS]; vgl. BENOIT/BESSON, Nouvelle loi sur les jeux d'argent: où en sommes-nous?, Jusletter 20. April 2015 Rz. 71 ff.; ZÜND/HUGI YAR, Rien ne va plus: Das schweizerische Glücksspielrecht im Umbruch, Jusletter 17. November 2014 Rz. 12 ff.). 2.2 In der Zwischenzeit gelten die bestehenden Rechtsgrundlagen weiter; diese sind nach den allgemeinen Regeln auszulegen (hierzu E. 4 unten; BGE 137 II 164 E. 4.1 S. 170 f.). Art. 106 BV in seiner neuen Fassung enthält keine direkt anwendbaren Bestimmungen (vgl. zur direkten Anwendbarkeit von Verfassungsrecht: BGE 139 II 243 E. 8 [Verfassungsauslegung] und E. 10 [unmittelbare Anwendbarkeit]; BGE 139 I 16 E. 4; jeweils mit weiteren Hinweisen), auch wenn er in seinem Absatz 3 vorsieht, dass die Kantone unter anderem "für die Bewilligung und die Beaufsichtigung" der Geldspiele zuständig sind, die einer unbegrenzten Zahl Personen offenstehen, an mehreren Orten angeboten werden und derselben Zufallsziehung oder einer ähnlichen Prozedur unterliegen. Der Bundesrat hat in seiner Botschaft darauf hingewiesen, dass mit dem Gegenvorschlag eine umfassende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes im gesamten Bereich der Geldspiele und zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten zwischen Bund und Kantonen ein Koordinationsorgan geschaffen werde. Art. 106 Abs. 1 BV unterstreiche die bisherige Auslegung, wonach es sich bei der Geldspielgesetzgebung um eine konkurrierende und keine ausschliessliche Kompetenz des Bundes handle, sodass die Kantone weiterhin gesetzgeberisch tätig sein könnten (BBl 2010 7961, 7997 f. Ziff. 4.2), solange und soweit der Bund nicht von seinen Befugnissen Gebrauch gemacht habe; der entsprechende Umfang werde Gegenstand der "Umsetzungsgesetzgebung" bilden (BBl 2010 7961 ff., 7999 Ziff. 4.2). Die Gesetzgebungskompetenz umfasst im Übrigen die implizite Ermächtigung, BGE 141 II 262 S. 268 vom Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit abzuweichen (BENNO SCHNEIDER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 106 BV , mit Hinweisen). 2.3 2.3.1 Das Spielbankengesetz regelt das Glücksspiel um Geld oder andere geldwerte Vorteile ( Art. 1 Abs. 1 SBG ); es behält die Vorschriften des Bundesgesetzes betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten vor ( Art. 1 Abs. 2 SBG ; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 6). Das Spielbankengesetz gilt als Grunderlass der schweizerischen Glücksspielordnung und als lex generalis zum Lotteriegesetz (vgl. BGE 137 II 222 E. 6.2 S. 226; BGE 136 II 291 E. 3.1 S. 293; BGE 135 II 338 E. 1.2.4 S. 344; BGE 133 II 68 E. 3; teilweise abweichend SCHERRER/MURESAN, a.a.O., N. 247). Die Eidgenössische Spielbankenkommission (ESBK) hat die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften zu überwachen und die zu deren Vollzug erforderlichen Verfügungen zu treffen ( Art. 48 Abs. 1 SBG ). Liegen Verletzungen des Spielbankengesetzes oder sonstige Missstände vor, ordnet sie die Massnahmen an, die ihr zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands und zur Beseitigung der Mängel notwendig erscheinen ( Art. 50 Abs. 1 SBG ). Gestützt auf diese - zur einheitlichen Durchsetzung des Bundesrechts weit gefasste - Zuständigkeit ist sie nach der Praxis befugt, generell die Unterstellung von Aktivitäten unter das Spielbankengesetz zu prüfen und in diesem Sinn ein "Unterstellungs-" bzw. "Qualifikationsverfahren" zu führen. Da sie allgemein darüber wachen muss, dass die "gesetzlichen Vorschriften" eingehalten werden, ist die ihr übertragene Aufsicht nicht auf die Spielbanken beschränkt. Zu ihrem Aufgabenbereich gehört auch die Abklärung der spielbankenrechtlichen Relevanz anderer (Glücks-)Spiele, soweit deren Qualifikation umstritten ist bzw. zu Kontroversen Anlass gibt ( BGE 136 II 291 E. 3.1 S. 293; BGE 135 II 338 E. 1.2.4 S. 344; Urteile 2A.438/2004 vom 1. Dezember 2004 E. 3.1.1 ["Tactilo/Touchlot"]; 2C_442/2007 vom 19. November 2007 E. 2 ["TropicalShop"]). 2.3.2 Nicht unter das Spielbankengesetz und damit in den Aufsichtsbereich der Eidgenössischen Spielbankenkommission fallen die im Lotteriegesetz geregelten Glücksspiele ( Art. 1 Abs. 2 SBG ; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 7). Lotterien sind bundesrechtlich grundsätzlich verboten ( Art. 1 Abs. 1 LG ; zur Abgrenzung gegenüber den anderen Glücksspielen um Geld oder geldwerte Vorteile über das Kriterium der "Planmässigkeit": BGE 135 II 338 ff. ["Vorgezogene Lose"]; BGE 137 II 164 ff. ["Wingo"], BGE 137 II 222 ff. ["Tactilo"]). Das BGE 141 II 262 S. 269 Lotterieverbot bezieht sich nicht auf die Tombolas; diese unterstehen ausschliesslich dem kantonalen Recht und können von diesem zugelassen, beschränkt oder untersagt werden ( Art. 2 LG ). Vom Verbot ausgenommen sind zudem Lotterien, die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienen (Art. 3 i.V.m. 5 ff. LG); soweit gewisse bundesrechtliche Minimalvoraussetzungen eingehalten werden, können diese für das Gebiet des Ausgabekantons von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt werden. Die entsprechende Bewilligungsbehörde "hat die Ausgabe und Durchführung der Lotterie, insbesondere das Ziehungsverfahren, die Ausrichtung der Gewinne und die Verwendung des Ertrags zu überwachen oder überwachen zu lassen" ( Art. 10 LG ). Sie muss die Bewilligung widerrufen, wenn der Inhaber die ihm auferlegten Bedingungen nicht erfüllt oder den durch Gesetz oder Verordnung aufgestellten Vorschriften zuwiderhandelt. Wird die Bewilligung widerrufen, erweist sich aus anderen Gründen die planmässige Durchführung der Lotterie als unmöglich oder wird sie nicht durchgeführt, so trifft die Bewilligungsbehörde "die erforderlichen Massnahmen" ( Art. 13 LG ). Das Lotterieverfahren kann vom kantonalen Recht näher geregelt werden ( Art. 15 Abs. 2 LG ); die Kantone sind befugt, die gemeinnützigen oder wohltätigen Zwecken dienenden Lotterien in weitergehendem Masse einzuschränken oder ganz auszuschliessen ( Art. 16 LG ). In Art. 38 ff. enthält das Lotteriegesetz Straf- und Verfahrensbestimmungen; die Verfolgung und Beurteilung der Widerhandlungen gegen das Gesetz obliegt den Kantonen ( Art. 47 LG ; vgl. hierzu SCHERRER/MURESAN, a.a.O., N. 131 ff.). 2.3.3 Die Anpassung des Lotteriegesetzes an die heutigen Verhältnisse ist wiederholt gescheitert. Der Bundesrat erklärte sich am 18. Mai 2004 bereit, die laufenden Revisionsarbeiten zu sistieren, nachdem die Kantone vorgeschlagen hatten, die im Lotteriebereich festgestellten Mängel durch den Abschluss eines Konkordats zu beheben (vgl. BGE 137 II 164 E. 3.2 S. 168 ff., BGE 137 II 222 E. 6.3 S. 226 ff.; BGE 135 II 338 E. 3.2 S. 346 ff.). Die entsprechende Interkantonale Vereinbarung (IVLW) trat nach Annahme durch die Kantone am 1. Juli 2006 in Kraft. Sie regelt die Aufsicht sowie die Bewilligung und die Ertragsverwendung für die sogenannten "Grosslotterien", d.h. die interkantonal oder gesamtschweizerisch durchgeführten Lotterien und Wetten, die der "Interkantonalen Vereinbarung betreffend die gemeinsame Durchführung von Lotterien vom 26. Mai 1937 (IKV)" oder der "Convention relative à la Loterie de la Suisse Romande vom BGE 141 II 262 S. 270 18. November 2005 (C-LoRo; rs/GE I 3 15)" unterstehen (vgl. Art. 1 IVLW; Bericht der Fachdirektorenkonferenz Lotteriemarkt und Lotteriegesetz vom 7. Januar 2005 [nachfolgend: Ausführungen zur IVLW] C.II. und E.I.; DOLDER, a.a.O., S. 6; SCHERRER/MURESAN, a.a.O., N. 165 ff., 177 ff.). Sie stützt sich nach ihrer Präambel auf Art. 15, 16 und 34 LG . Die Vereinbarung bezweckt die "einheitliche und koordinierte Anwendung des Lotterierechts, den Schutz der Bevölkerung vor sozialschädlichen Auswirkungen der Lotterien und Wetten sowie die transparente Verwendung der Lotterie- und Wetterträge auf dem Gebiet der angeschlossenen Kantone" (Art. 2 IVLW). Die Comlot ist Zulassungs- und Aufsichtsbehörde bezüglich der Lotterien gemäss der Vereinbarung; ihr stehen alle Befugnisse zu, die darin nicht einem anderen Organ zugewiesen wurden (Art. 3 i.V.m. 7 IVLW). Nach Art. 20 IVLW überwacht sie insbesondere "die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften" und der Bewilligungsvoraussetzungen. Stellt sie Verstösse fest, trifft sie "die erforderlichen Massnahmen". Sie entzieht die Bewilligungen, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nicht mehr gegeben sind (ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 8 ff.; kritisch zum Abkommen und zur Rolle der Comlot: SCHERRER/MURESAN, a.a.O., N. 179 ff.). 3. 3.1 Die interkantonalen Behörden gehen davon aus, dass der Comlot im Bereich der Grosslotterien - analog der Eidgenössischen Spielbankenkommission im Spielbankenbereich - eine allgemeine Aufsichtsfunktion und insbesondere die Befugnis zukommt, verwaltungsrechtlich für die Durchsetzung des bundesrechtlich - mit gewissen Ausnahmen zugunsten der Kantone (vgl. BGE 135 II 338 E. 4 S. 348) - vorgesehenen absoluten Lotterieverbots zu sorgen ( Art. 1 Abs. 1 LG ). Die Beschwerdeführerin bestreitet dies: Der Interkantonalen Aufsichtsbehörde fehle "mangels genügender gesetzlicher Grundlage im Lotteriegesetz sowie aufgrund der Zuständigkeit der Strafverfolgungsbehörden im Bereich der durch das Lotteriegesetz als verboten erklärten (und ex lege auch nicht bewilligungsfähigen) Lotterien eine (umfassende) Untersuchungs-, Aufsichts- oder sonstige Verfügungskompetenz". Die Aufsicht durch die Comlot setze kumulativ voraus, dass es sich beim abzuklärenden Sachverhalt zum einen um eine Lotterie im Sinne von Art. 1 LG handle und zum andern die Lotterie einem gemeinnützigen und wohltätigen Zweck diene. Für Lotterien, die keinem gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck dienten, habe der Bundesgesetzgeber ein abschliessendes Verbot BGE 141 II 262 S. 271 statuiert. Für Lotterien im Sinne von Art. 2 Abs. 1 LG (Tombolas) habe er eine Gesetzgebungszuständigkeit zu Gunsten der Kantone vorbehalten. Für Lotterien, die einem gemeinnützigen oder wohltätigen Zweck dienten, habe er ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt vorgesehen. Je nach Materie gehe der verbleibende Handlungsspielraum der Kantone somit unterschiedlich weit. Die Zuständigkeit der Comlot als kantonale Behörde beschränke sich auf die bewilligungsfähigen bzw. bewilligungspflichtigen Sachverhalte. Als gewinnorientiert falle die vorliegend umstrittene Tätigkeit bereits von Bundesgesetzes wegen nicht in den Anwendungsbereich der bewilligungsfähigen Grosslotterien, da ihr ein gemeinnütziger oder wohltätiger Zweck fehle. Das Angebot der Beschwerdeführerin setze zwar eine bewilligte Lotterie voraus, sei jedoch der eigentlichen Lotterieveranstaltung vor- bzw. nachgelagert. 3.2 Die Loterie Romande und die Swisslos unterstützen die Rechtsauffassung der interkantonalen Behörden: Die Situation im Lotteriebereich sei analog jener im Bereich der Spielbanken im Sinne einer weitreichenden Kompetenz der Bewilligungs- und Aufsichtsbehörde zu verstehen ( Art. 48 SBG ). Es sei nicht am Einzelnen, nach Gutdünken darüber zu entscheiden, ob eine Aktivität bewilligungspflichtig bzw. -fähig sei oder nicht; diese Kompetenz komme der Aufsichtsbehörde zu, was bedinge, dass sie auch diesbezüglich Verfügungskompetenzen wahrnehmen könne. Ziel der Bundesgesetzgebung sei es, dass keine illegalen Lotterien gespielt würden. Die für die zulässigen Lotterien zuständige Bewilligungsbehörde habe hierfür zu sorgen. Art. 20 IVLW übertrage diese Zuständigkeit von den Kantonen auf die Comlot, was nicht bundesrechtswidrig sei, da die Bundesregelung damit ergänzt und dieser nicht widersprochen werde (vgl. Art. 43 BV ). Im Übrigen stünden die Aktivitäten der Euro-Lotto Tipp AG im Zusammenhang mit einer bewilligten Lotterie, nämlich "EuroMillions", weshalb die Kompetenz der Comlot auch dann bejaht werden müsste, wenn von einem engeren Aufsichtsverständnis ausgegangen würde. Unter Art. 4 LG fallende Durchführungshandlungen für eine der Euro-Lotto Tipp AG nicht bewilligte Lotterie seien gesetzeswidrig. Die zugelassenen Lotteriegesellschaften seien gehalten, für eine korrekte Abwicklung der ihnen bewilligten Lotterien zu sorgen, was nicht möglich sei, wenn Dritte mit ihren Handlungen im Rahmen der bewilligten Lotterie gegen Lotterierecht verstiessen. Den bewilligten Lotterieträgern komme Parteistellung zu ( BGE 127 II 264 ff. ["Trägerverein Lotterie Umwelt & BGE 141 II 262 S. 272 Entwicklung"]), da durch illegale Lotterien ihre rechtliche Situation beeinträchtigt werde. 4. 4.1 Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach seinem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an den Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Der Auslegungsvorgang soll zu einem vernünftigen, praktikablen und befriedigenden Ergebnis führen, das dem Problemlösungsbedarf Rechnung trägt, ohne die Wertungsentscheidungen des geschichtlichen Normsetzers zu missachten (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 25 Rz. 2 S. 208). Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus; es lehnt es ab, die einzelnen Auslegungselemente hierarchisch zu ordnen ( BGE 140 III 206 E. 3.5.4 S. 214; BGE 137 V 434 E. 3.2 S. 437; BGE 136 III 23 E. 6.6.2.1 S. 37; BGE 136 V 195 E. 7.1 S. 203). 4.2 Die Gesetzesmaterialien sind nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel dazu, den Sinn der Norm zu erkennen ( BGE 139 II 404 E. 4.2 S. 416; BGE 138 II 217 E. 4.1 S. 224; BGE 137 III 217 E. 2.4.1 S. 221). Bei der Auslegung neuerer Bestimmungen kommt den Materialien eine besondere Bedeutung zu, weil veränderte Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis eine andere Lösung weniger rasch nahelegen ( BGE 139 III 98 E. 3.1 S. 100; BGE 138 II 440 E. 13 S. 453; BGE 133 III 497 E. 4.1 S. 499). Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut soll nur abgewichen werden, wenn triftige Gründe dafür sprechen, dass dieser nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Sinn und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 140 II 289 E. 3.2 S. 292, BGE 140 II 129 E. 3.2 S. 131, 80 E. 2.5.3 S. 87; BGE 139 V 66 E. 2.2 S. 68; BGE 138 V 86 E. 5.1 S. 94; je mit Hinweisen). In objektiv-zeitgemässer Auslegung darf einer Gesetzesnorm ein Sinn beigelegt werden, der für den historischen Gesetzgeber infolge eines Wandels der tatsächlichen Verhältnisse nicht voraussehbar war und in der bisherigen Anwendung auch nicht zum Ausdruck gekommen ist, BGE 141 II 262 S. 273 wenn er noch mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbar erscheint ( BGE 137 II 164 E. 4.4 S. 172 ff.; BGE 125 II 206 E. 4d/bb S. 213 mit Hinweis). Sind mehrere Interpretationen denkbar, soll jene gewählt werden, welche die verfassungsrechtlichen Vorgaben am besten berücksichtigt ( BGE 137 II 164 E. 4.1 S. 170 f.; BGE 136 II 149 E. 3 S. 154 mit Hinweisen; vgl. zur Auslegungsmethodik detailliert: WIEDERKEHR/RICHLI, Praxis des allgemeinen Verwaltungsrechts, Bd. I, 2012, S. 327 ff. N. 936 ff.). 5. 5.1 Der Wortlaut von Art. 1 LG ist klar: In der Schweiz sind von Bundesrechts wegen Lotterien seit 1923 grundsätzlich verboten; vorbehalten bleiben Tombolas und Lotterien für gemeinnützige und wohltätige Zwecke im Rahmen der einschlägigen Bundes- bzw. kantonal-rechtlichen Vorgaben (vgl. BBl 1918 IV 333, 343 Ziff. IV). Mit dem Lotteriegesetz sollte das bisher ausschliesslich durch das kantonale Recht geregelte Lotteriewesen unter Beachtung der kantonalen Verschiedenheiten grenzüberschreitend ergänzt werden, um den mit den entsprechenden Aktivitäten verbundenen wirtschaftlichen und moralischen Schäden "wirksam entgegenzutreten" (BBl 1918 IV 333 Ziff. I.). Ziel der Gesetzgebung war es, die eigentlichen gewerbsmässigen Lotterien zu bekämpfen, hingegen die von Kanton zu Kanton unterschiedlichen Zwecklotterien unter Vorgabe gewisser "eidgenössischer Normativbestimmungen" nicht zu beeinträchtigen. Die Bekämpfung unbewilligter Aktivitäten erfolgte bis zum Inkrafttreten des eidgenössischen Lotteriegesetzes nach den jeweiligen lokalen Vorgaben über das kantonale Recht; mit dem Lotteriegesetz sollten strafrechtlich - noch vor Inkrafttreten des schweizerischen Strafgesetzbuches am 1. Januar 1942 (AS 57 1328) - die entsprechenden Bestimmungen harmonisiert und in der ganzen Schweiz angewendet und durchgesetzt werden. Die wirksame Handhabung - so der Bundesrat - der im Entwurf vorgesehenen Bestimmungen und Massnahmen mache die Aufstellung detaillierter Straf- und Strafverfahrensvorschriften notwendig. Diese bildeten das wirksamste Mittel, den Geboten und Verboten des Gesetzes Nachachtung zu verschaffen; gerade das Fehlen einheitlicher Strafnormen und die Unmöglichkeit der Verfolgung der strafbaren Handlungen über die Kantonsgrenzen hinaus werde als "fühlbarster Mangel des gegenwärtigen Rechtszustands empfunden" (BBl 1918 IV 333 ff., 352 f. Ziff. VII). Aufgrund der Materialien ergibt sich, dass ursprünglich die für die nach kanonalem Recht bewilligten bzw. BGE 141 II 262 S. 274 bewilligbaren Glücksspiele im Rahmen der bundesrechtlichen Vorgaben für die entsprechenden Bewilligungen allein zuständigen kantonalen Aufsichts- bzw. Bewilligungsbehörden verwaltungsrechtlich ausschliesslich im bewilligten bzw. bewilligbaren Bereich tätig werden und deren Durchführung überwachen und allenfalls die Bewilligungen widerrufen bzw. die nötigen Massnahmen in diesem Zusammenhang treffen sollten (BBl 1918 IV 333, 346 Ziff. IV; Art. 10 und 13 Abs. 1 LG ). Unter dem Lotteriegesetz nicht bewilligte bzw. nicht bewilligbare Aktivitäten ( Art. 1 LG ) waren - wie die Beschwerdeführerin zu Recht geltend macht - im Rahmen von kantonalen Strafverfahren über die entsprechenden kantonalen Grenzen hinaus gestützt auf die Strafbestimmungen im Lotteriegesetz zu bekämpfen; eine andere bundesrechtliche Grundlage (Strafrecht) bestand hierfür (noch) nicht, da das Verwaltungsrecht bzw. das Verwaltungsverfahrensrecht zu diesem Zeitpunkt (noch) kaum ausgebildet war. Der zuständigen (kantonalen) Verwaltungsbehörde stand bundesrechtlich keine allgemeine Aufsichts- und Verfügungskompetenz im gesamten Lotteriebereich zu; die Bekämpfung des illegalen Spielbetriebs oblag den jeweiligen kantonalen (Straf-)Behörden. 5.2 Die entsprechende historische Auslegung gibt seit Einführung der Spielbankengesetzgebung, der interkantonalen Organisation der Grosslotterien (mit eigener Struktur), der Entwicklung des allgemeinen Verwaltungsrechts und der Neuformulierung von Art. 106 BV Sinn und Zweck der einschlägigen Gesetzgebung im Lichte der aktuellen tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. BGE 137 II 164 E. 3 S. 168 ff., BGE 137 II 222 E. 6 S. 224; BGE 135 II 338 E. 6-8 [insbesondere E. 6.3.2]; SCHERRER/MURESAN, a.a.O., N. 56; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 47) nicht mehr zeitgerecht wieder (teleologisches und geltungszeitliches Auslegungselement: TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 25 Rz. 5 S. 209; WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., Rz. 976 ff. und Rz. 1022 ff. bzw. 1026 ff. [entstehungszeitliche versus geltungszeitliche Auslegung]). 5.2.1 Das Verwaltungsverfahrensrecht hat sich später als das (Bundes-)Strafrecht und insbesondere das Lotteriegesetz ausgebildet; schweizweite verwaltungsaufsichtsrechtliche Zuständigkeiten zum Schutz von Märkten standen bei Erlass des Lotteriegesetzes noch nicht zur Diskussion (vgl. zur Entwicklung des Verwaltungsverfahrens: KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, N. 282 ff.). Die BGE 141 II 262 S. 275 Zuständigkeit der Strafbehörden schliesst eine parallele Aufsichtsbefugnis der Verwaltungsbehörden heute nicht aus, im Rahmen ihrer gesetzlich hinreichend verankerten verwaltungsrechtlichen Befugnisse zu handeln und den Gesetzeszweck zu konkretisieren. Das Verwaltungs- und das Strafrecht haben für diese Situationen allgemeine Abgrenzungsregeln der jeweiligen wechselseitigen Bindungswirkungen ihrer Entscheide herausgebildet (WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., N. 281 ff. mit weiteren Hinweisen). Das Legalitätsprinzip gebietet, dass sich jede Behörde innerhalb des Rahmens ihrer Aufgaben und ihrer Kompetenzen hält (vgl. hierzu KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., N. 391); gleichzeitig soll sie diesen Rahmen aber auch vollständig ausschöpfen (PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes, 1979, N. 14.11). Die Zuständigkeit bedeutet das Recht und die Pflicht einer Behörde, in einer bestimmten Sache tätig zu werden und insbesondere eine Verfügung zu erlassen; dabei ergibt sich die sachliche Zuständigkeit in der Regel aus dem anwendbaren Spezialgesetz (KIENER/RÜTSCHE/KUHN, Öffentliches Verfahrensrecht, 2012, N. 473 ff.). 5.2.2 Mit der Bewilligungskompetenz geht - neben der strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeit (TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 32 Rz. 20 S. 322) - heute regelmässig die verwaltungsrechtliche Aufsichtskompetenz im Sinne der Befugnis einher, ein Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahren , d.h. ein Verfahren zur Abklärung führen zu können, ob bei einer wirtschaftlichen Aktivität im Grenzbereich beaufsichtigter Materien ein aufsichts- bzw. bewilligungsrechtlich relevanter Tatbestand vorliegt oder nicht; die Verwaltungsbefugnis schliesst die Verfügungsbefugnis diesbezüglich mit ein. Wo die Bewilligung fehlt, bleibt die entsprechende Tätigkeit untersagt; wird sie trotzdem ausgeführt, schreitet die zuständige Behörde ein und trifft die nötigen Massnahmen (vgl. zu den Aufsichtsbefugnissen von Verwaltungsbehörden: TSCHANNEN/ZIMMERLI/MÜLLER, a.a.O., § 28 Rz. 19 S. 244, § 32 S. 315 ff., § 44 Rz. 28 S. 422; THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2011, S. 385 ff.; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, S. 577 Rz. 2527): Art. 106 Abs. 3 BV sieht in seiner Fassung vom 11. März 2012 ausdrücklich vor, dass die Kantone für die Bewilligung und die Beaufsichtigung der Geldspiele zuständig sind. Die entsprechende Regelung lege - so der Bundesrat - die kantonalen Vollzugszuständigkeiten im Bereich der Geldspiele fest und nehme damit ein zentrales Anliegen der Volksinitiative "Für Geldspiele im Dienste des Gemeinwohls" auf; die Kantone würden BGE 141 II 262 S. 276 "in Übereinstimmung mit der aktuellen Praxis" für die Bewilligung und Beaufsichtigung der in ihre Kompetenz fallenden Geldspiele zuständig erklärt (BBl 2010 7961, 7999 Ziffer 4.2). Dementsprechend schlägt der Entwurf zu einem neuen Geldspielgesetz, der das Spielbanken- und das Lotteriegesetz zusammenführen will, im Rahmen der geltenden Praxis diesbezüglich künftig ebenfalls analoge Aufsichtsbefugnisse für die Eidgenössische Spielbankenkommission (Art. 99 E-BGS; EJPD-Bericht E-BGS, a.a.O., S. 77) und die interkantonale Vollzugsbehörde (Art. 109 E-BGS; EJPD-Bericht E-BGS, a.a.O., S. 82) vor; neu soll diese aber, wozu sie heute mangels der hierfür ausdrücklich erforderlichen gesetzlichen Grundlage nicht befugt ist, auch über Verwaltungssanktionsmöglichkeiten verfügen (vgl. Art. 110 E-BGS; EJPD-Bericht E-BGS, a.a.O., S. 82). Zurzeit nimmt die Comlot, welche durch das Interkantonale Konkordat eingesetzt worden ist, die Aufsicht über den Markt der Grosslotterien wahr (so der EJPD-Bericht E-BGS, a.a.O., S. 31). 5.2.3 Die Bundesgesetzgebung bezweckt sowohl im Spielbanken- wie im Lotteriebereich (und damit generell bei den Geldspielen) eine zweckmässige und wirksame Aufsicht über die entsprechenden Aktivitäten; es sollen damit deren sozialschädliche Auswirkungen - den unterschiedlichen Merkmalen der Spiele sowie der Art und dem Ort des Spielangebots entsprechend - angemessen bekämpft bzw. reduziert werden (vgl. Art. 106 Abs. 5 BV [in der Fassung vom 11. März 2012]; vgl. zu den Zwecken des Aufsichtsrechts: GIOVANNI BIAGGINI, Aufsichtsrecht, Fachhandbuch Verwaltungsrecht, in: Biaggini/Häner/Saxer/Schott [Hrsg.], 2015, S. 781 ff., dort N. 19.17 f.). Von den Geldspielen ausgehende Gefahren bilden insbesondere die Spielsucht, die Geldwäscherei, die Beschaffungskriminalität und der Betrug (BBl 2010 7961, 8000 Ziff. 4.2). Diese Ziele können vorbeugend nur erreicht werden, wenn die jeweiligen verwaltungsrechtlichen Aufsichtsbehörden nicht nur befugt sind, bewilligten Marktteilnehmern gegenüber tätig zu werden, sondern auch Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahren hinsichtlich anderer Marktteilnehmer zu führen, falls konkrete Hinweise dafür bestehen, dass ihr Handeln unter das gesetzliche Verbot fallen könnte. Das Bundesgericht hat die entsprechenden Kompetenzen der Spielbankenkommission - den modernen Verhältnissen im (Wirtschafts-)Verwaltungsrecht entsprechend (vgl. zur Bankenkommission in ihrem Bereich: BGE 130 II 351 E. 2 mit zahlreichen Hinweisen; WIEDERKEHR/RICHLI, a.a.O., Rz. 2857) - zum Schutz des Publikums in diesem Sinn weit BGE 141 II 262 S. 277 ausgelegt; es hat sie als Marktaufsicht und nicht allein als Aufsicht über die Bewilligungsträger verstanden (vgl. BGE 136 II 291 E. 3.1 mit Hinweisen; BIAGGINI, a.a.O., N. 19.18, 19.21, 19.121). 5.2.4 Der Wortlaut der geltenden gesetzlichen Grundlagen lässt sich, trotz teilweiser Überalterung (LG), mit Sinn und Zweck der heutigen bundesrechtlichen Regulierung des Glücks- bzw. Geldspielmarkts, wie sie in der Neufassung von Art. 106 BV zum Ausdruck kommt, vereinbaren ( BGE 125 II 206 E. 4d/bb): Die Kantone haben für Grosslotterien parallel zu den Bundesstrukturen im Spielbankenbereich eine eigene interkantonale Organisation geschaffen. Die Comlot ist nach Art. 20 IVLW in diesem Bereich befugt, die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und der Bewilligungsvoraussetzungen zu überwachen und die erforderlichen Massnahmen zu treffen. Zu den gesetzlichen Regeln im Lotteriebereich gehört auch das bundesrechtliche Lotterieverbot nach Art. 1 Abs. 1 LG , falls die Voraussetzungen für eine (kantonale) Ausnahme nicht gegeben oder strittig sind. Art. 13 Abs. 2 LG sieht seinerseits vor, dass die kantonale Aufsichtsbehörde die "erforderlichen Massnahmen" zu treffen hat, falls die Lotterie aus einem anderen Grund als einem Widerruf der Bewilligung oder einer Unmöglichkeit der planmässigen Durchführung nicht realisiert werden kann. Als entsprechende Unmöglichkeit kann auch die Durchführung einer bereits von Gesetzes wegen verbotenen Lotterie gelten. Da die Kantone nicht sämtliche Kompetenzen im Lotteriebereich auf die Comlot übertragen, sondern sich darauf beschränkt haben, im Rahmen der Interkantonalen Vereinbarung die Aufsicht über die durch diese geregelten Grosslotterien an die Comlot abzugeben, ist diese nur insofern (Grosslotterien), indessen - mangels sachlicher Zuständigkeit - nicht in den weiteren den einzelnen Kantonen vorbehaltenen Bereichen (Tombolas, Kleinlotterien; vgl. die Ausführungen zur IVLW, a.a.O., E. I. Art. 1) befugt, entsprechend zu intervenieren. 6. 6.1 Gemäss der Anzeige der Loterie Romande und der Angaben der Beschwerdeführerin selber ist sie im Umfeld der (bewilligten) Grosslotterie "EuroMillions" tätig. Diese wird in der Schweiz exklusiv über die von der Comlot beaufsichtigten Loterie Romande bzw. Swisslos vertrieben. Das von der Comlot eingeleitete Verfahren dient dazu, festzustellen, ob und inwiefern die Aktivitäten der Beschwerdeführerin in den Anwendungsbereich des Lotteriegesetzes fallen BGE 141 II 262 S. 278 und damit von Gesetzes wegen als verboten zu gelten haben ( Art. 1 Abs. 1 LG ). Hierzu ist die Comlot gestützt auf Art. 20 IVLW und den teleologisch-geltungszeitlich ausgelegten Art. 13 Abs. 2 LG befugt. Dass allenfalls auch ein Straftatbestand erfüllt sein könnte, beeinträchtigt die verwaltungsrechtliche Marktaufsicht (allgemeines Lotterieverbot mit [inter-]kantonalrechtlichen Ausnahmen) nicht. Ohne weitere ausdrückliche gesetzliche Grundlage ist die Comlot jedoch nur berechtigt, das bereits generell-abstrakt gültige gesetzliche Lotterieverbot im Einzelfall zu konkretisieren. Die Comlot kann nur ein Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahren führen, d.h. im Rahmen der verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorgaben abklären und feststellen, ob und inwiefern nach ihrer Einschätzung eine grundsätzlich verbotene bzw. von ihr zu bewilligende Tätigkeit im Bereich der Grosslotterien vorliegt. Eine allfällige retrospektive Sanktionierung im Einzelfall hätte im Strafverfahren zu erfolgen. 6.2 An der auf Art. 13 Abs. 2 i.V.m. Art. 15 LG bzw. Art. 1, 7 und 20 IVLW basierenden verwaltungsrechtlichen Aufsichtsbefugnis ändert entgegen den Einwendungen der Beschwerdeführerin nichts, dass die Comlot in ihrem Jahresbericht 2013 für eine wirksamere Bekämpfung illegal angebotener Lotterie- bzw. Wettprodukte Gesetzesanpassungen gefordert und nach klar definierten sowie nach zweckmässigen straf- und verwaltungsrechtlichen Massnahmen gerufen hat. Es kann hierin kein widersprüchliches Verhalten gesehen werden, nachdem sie ausdrücklich jeweils darauf hinwies, dass die Frage, ob sie aufgrund der aktuellen Rechtsgrundlagen befugt sei, verwaltungsrechtlich im Sinne eines "Qualifikationsverfahrens" Untersuchungen zu vermutlich illegalen Lotterie- und Wettangeboten zu führen, derzeit durch das Bundesgericht geprüft werde (Lotterie- und Wettkommission, Jahresbericht 2013, Mai 2014, Ziff. 1.2.1 S. 14 sowie 1.2.5 S. 18 f.; vgl. auch dieselbe , Jahresbericht 2012, Mai 2013, Ziff. 1.2.5 S. 19). 7. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, der Loterie Romande und der Swisslos komme im Qualifikationsverfahren Parteistellung zu. Ihre Aktivitäten stünden nicht in Konkurrenz zu jenen der Lotteriegesellschaften. Ein bloss mittelbares oder ausschliesslich allgemeines öffentliches Interesse begründe - ohne die erforderliche Beziehungsnähe zur Streitsache selber - keine Parteistellung. Ihre Ausführungen überzeugen auch diesbezüglich nicht: BGE 141 II 262 S. 279 7.1 Soweit die Interkantonale Vereinbarung nichts anderes bestimmt, richtet sich das Verfahren für Verfügungen und andere Entscheide der Vereinbarungsorgane nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (VwVG; SR 172.021; Art. 13 IVLW). Nach der einschlägigen Rechtsprechung (Urteil 2C_485/2010 vom 3. Juli 2012 E. 1.2.4, nicht publ. in: BGE 138 I 378 , mit Hinweis auf BGE 127 II 264 E. 2c S. 269; BGE 125 I 7 E. 3d S. 9) sind Konkurrenten nicht schon aufgrund der blossen Befürchtung, einer verstärkten Konkurrenz ausgesetzt zu sein, beschwerdebefugt; diese Art des Berührtseins liegt vielmehr im Prinzip des freien Wettbewerbs. Erforderlich ist eine schutzwürdige besondere Beziehungsnähe, die sich aus der einschlägigen gesetzlichen Ordnung ergibt. So kann ein schutzwürdiges Interesse für Konkurrenten in Wirtschaftszweigen vorliegen, in welchen sie durch wirtschaftspolitische oder sonstige spezielle Regelungen in eine solche besondere Beziehungsnähe untereinander versetzt werden (Urteil 2C_694/2009 vom 20. Mai 2010 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 136 II 291 ; vgl. auch BGE 135 II 243 E. 1.2 S. 246 f.). 7.2 Dies ist im Lotteriebereich der Fall: Die Beschwerdeführerin bietet Dienstleistungen um die Grosslotterie "EuroMillions" an, die in der Schweiz aufgrund der kantonalen Monopole in der Westschweiz nur durch die Loterie Romande und in der Deutschschweiz nur durch die Swisslos vertrieben werden darf (zur Zulässigkeit des entsprechenden Monopols: BGE 127 II 264 E. 2g S. 270; Urteil 2C_859/2010 vom 17. Januar 2012 E. 2-4; ZÜND/HUGI YAR, a.a.O., Rz. 10, 32 ff.). Die beiden Lotteriegesellschaften sind aufsichtsrechtlich der Comlot gegenüber für die korrekte Abwicklung der entsprechenden Lotterie verantwortlich. Sie haben über das Monopolsystem ein schutzwürdiges Interesse daran, dass ihre bewilligten Tätigkeiten nicht durch unzulässige, verbotene Aktivitäten Dritter beeinträchtigt werden. Ihnen kommt im Qualifikationsverfahren deshalb Parteistellung zu. 7.3 Soweit die Beschwerdeführerin einwendet, sie sei gar keine Konkurrentin, da sie keine bewilligungspflichtigen Aktivitäten wahrnehme und nicht in unzulässiger Weise auf den Ablauf der bewilligten Lotterie einwirke, verkennt sie, dass diese Frage gerade Gegenstand des Unterstellungs- bzw. Qualifikationsverfahrens bildet. Nur wenn sich ihre Sicht der Dinge in diesem als zutreffend erweisen sollte, wäre sie nicht im Monopolbereich der beiden Lotteriegesellschaften aktiv und deshalb keine direkte Konkurrentin der BGE 141 II 262 S. 280 Beschwerdegegnerinnen. Soweit die Beschwerdeführerin befürchtet, im Qualifikationsverfahren könnten den Beschwerdegegnerinnen unzulässigerweise Geschäftsgeheimnisse zugänglich gemacht werden, wird diesem Aspekt gegebenenfalls im Rahmen von Art. 27 VwVG (Ausnahmen vom Grundsatz der Akteneinsicht) Rechnung zu tragen sein.
public_law
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
85e7cb94-4dae-4e75-94f3-747a8c8b483f
Urteilskopf 90 II 21 4. Urteil der Zivilabteilung vom 17. März 1964 i. S. Meier gegen Benz.
Regeste Grundstückkauf, Art. 216 OR , 657 ZGB; Art. 2 ZGB . Der Vertrag ist ungültig, wenn aus der öffentlichen Urkunde nicht hervorgeht, welches Grundstück Gegenstand des Kaufes sein soll (Erw. 1). Unzulässigkeit der Berufung auf den Formmangel wegen Rechtsmissbrauches? (Erw. 2). Feststellungsklage, Zulässigkeit (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 90 II 21 S. 21 A.- In der Gemeinde Spreitenbach wurde im Hinblick auf eine allfällige Überbauung ein Landumlegungsverfahren eingeleitet. In dieses sollten auch die Grundstücke Nr. 868, 672 und 669 des Landwirtes Meier einbezogen werden. Laut einem als Antwortbeilage 2 eingelegten Plan war vorgesehen, Meier anstelle des Grundstückes Nr. 868 von 3086 m2 Flächeninhalt eine neu zu bildende Parzelle 7a im Halte von 4344 m2 zuzuteilen. BGE 90 II 21 S. 22 Auf Grund dieses Planes verhandelte Benz, der in Spreitenbach Bauland zu kaufen wünschte, mit Meier über den Kauf der künftigen Parzelle 7a. Diese Verhandlungen führten am 8. Juli 1960, noch vor Abschluss des Landumlegungsverfahrens, zur Errichtung eines öffentlich beurkundeten Kaufvertrages. Darin wurde als "Kaufsobjekt" bezeichnet: "Grundbuch Spreitenbach Nr. , Plan , Parz. Aren Acker & Wiese (Bauland) Anmerkungen: Dienstbarkeiten & Grundlasten Grundpfandrechte Keine Das Kaufsobjekt ist dem Käufer pfandrechtsfrei zu übergeben." Der Kaufpreis sollte Fr. 255'000. - betragen. Unter dem Titel "Allgemeine Vertragsbestimmungen" wurde u.a. vereinbart: "7. Die Parteien verpflichten sich gegenseitig nach Erfüllung dieses Kaufvertrages einen Kaufrechtsvertrag über GB Spreitenbach Nr. 1679, Parz. 650, und GB Nr. 1787, Parz. 651, von total 11, 17 Aren abzuschliessen. Der Kaufpreis beträgt Fr. 30.- per m2. 9. Sollte das Quartierplanverfahren oder die Baubewilligung für die Überbauung des Kaufobjektes verweigert werden, so fällt dieser Kaufvertrag für beide Parteien entschädigungslos dahin." Das Quartierplanverfahren führte jedoch nicht zur Bildung der Parzelle 7a, wie sie in dem den Kaufverhandlungen zugrunde gelegten Plan eingetragen war. Statt ihrer wurde Meier eine 4446 m2 messende, also um 102 m2 grössere Parzelle zugeteilt, die nach seiner Behauptung auch in der Form von der ursprünglich geplanten neuen Parzelle abwich. An Stelle des unter Ziff. 7 der allgemeinen Bestimmungen vorgesehenen Kaufrechtsvertrags schlossen die Parteien noch im Jahre 1960 einen Kaufvertrag, wonach Benz von BGE 90 II 21 S. 23 Meier die beiden Grundstücke 650 und 651 zum Preis von Fr. 30.- für den m2 erwarb. Zur Übertragung der ihm schliesslich zugeteilten neuen Parzelle 7a war Meier dagegen nicht gewillt. Er liess Benz im Februar 1962 mitteilen, dass er die Gültigkeit des Kaufvertrags vom 8. Juli 1960 bestreite. Benz antwortete ihm, er müsste ihn auf eine sehr hohe Schadenersatzsumme einklagen, wenn er den Vertrag bräche. B.- Am 3. April 1962 reichte Meier gegen Benz Klage ein mit den Anträgen, es sei festzustellen: 1) Dass der Kaufvertrag vom 8. Juli 1960 ungültig sei und keinerlei Rechtswirkungen habe; 2) dass der Beklagte gegenüber dem Kläger keinerlei Ansprüche auf Ersatz des ihm allenfalls durch die Ungültigkeit des Vertrages entstehenden Schadens besitze. Der Beklagte beantragte Abweisung der Klage und erhob Widerklage mit den Begehren: 1) Es sei festzustellen, dass der Vertrag vom 8. Juli 1960 rechtsgültig sei; 2) das Grundbuchamt Baden sei anzuweisen, den Beklagten nach endgültiger Durchführung des Umlegeverfahrens Langäcker und Vermessung der Parzelle Spreitenbach 7a gegen Vorlage der Quittung über die Zahlung des Kaufpreises von Fr. 255'000. - an den Kläger, eventuell gegen Übergabe des Kaufpreises an das Grundbuchamt Baden oder bei Hinterlegung beim Bezirksgericht Bremgarten als Eigentümer der Parzelle Spreitenbach 7a im Grundbuch einzutragen. C.- Das Bezirksgericht Bremgarten wies die Klage ab und stellte in teilweiser Gutheissung der Widerklage fest, dass der zwischen den Parteien am 8. Juli 1960 abgeschlossene Kaufvertrag betreffend das dem Kläger aus der Landumlegung als Ersatz für seine Parzelle Nr. 868 in den Langäckern in Spreitenbach zufallende Grundstück rechtsgültig sei und dass der Kläger nach endgültiger Durchführung des Umlegeverfahrens und Vermessung der Parzelle sowie nach erfolgter Zahlung des Kaufpreises BGE 90 II 21 S. 24 von Fr. 255'000. - an den Kläger, eventuell nach erfolgter Hinterlegung des Preises beim Bezirksgericht Bremgarten, dem Beklagten die Parzelle zu Eigentum zu überlassen habe. Das Obergericht des Kantons Aargau wies mit Urteil vom 31. Oktober 1963 die auf Gutheissung der Klage und Abweisung der Widerklage abzielende Appellation des Klägers ab. Es kam zum Schluss, die öffentliche Urkunde vom 8. Juli 1960 bestimme den Kaufgegenstand nicht und mache ihn auch nicht bestimmbar. Das habe grundsätzlich die Ungültigkeit des Vertrages zur Folge. Die Berufung des Klägers auf den Formfehler sei jedoch rechtsmissbräuchlich und daher nicht zu hören. D.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er hält an seinen Anträgen auf Gutheissung der Klage und Abweisung der Widerklage fest. Der Beklagte beantragt Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Kaufverträge, die ein Grundstück zum Gegenstand haben, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung ( Art. 216 Abs. 1 OR , Art. 657 Abs. 1 ZGB ). Diese hat nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts alle wesentlichen Punkte zu decken ( BGE 87 II 30 Erw. 3 und dort angeführte Urteile). Aus der öffentlichen Urkunde muss insbesondere hervorgehen, welches Grundstück Gegenstand des Kaufes ist. Zwar braucht es nicht mit der Grundbuchnummer bezeichnet zu werden; es genügt auch eine andere Bezeichnung, sofern diese eindeutig ist und zu keinem Irrtum über die Identität des Grundstücks Anlass geben kann. Bestimmungen des kantonalen Rechtes, die für die öffentliche Urkunde über den Kaufvertrag als Rechtsgrundausweis eine grundbuchtechnische Grundstücksbeschreibung verlangen, stellen blosse Ordnungsvorschriften dar (HAAB, Kommentar zum Sachenrecht, BGE 90 II 21 S. 25 Art. 657 ZGB N. 21). Die zur genügenden Kennzeichnung des Grundstücks dienenden Willensäusserungen der Vertragschliessenden müssen sich aber immer aus der öffentlichen Urkunde selbst ergeben. Äusserungen, die in diese nicht aufgenommen wurden, genügen selbst dann nicht, wenn aus dem Inhalt der Urkunde geschlossen werden kann, dass die Parteien über den Kaufgegenstand verhandelt haben und einig geworden sind. Die öffentliche Urkunde vom 8. Juli 1960 gibt keinen Aufschluss darüber, welches Grundstück Gegenstand des Kaufes sein soll. Sie bezeichnet es weder mit der Nummer, die es im Grundbuch oder im Katasterplan haben sollte, noch mit der Nummer, die es in dem den Vertragsverhandlungen zugrunde gelegten Plan erhalten hatte, noch durch andere Angaben, die erlauben würden, es zu bestimmen. Die Urkunde enthält zwar gewisse Angaben über den Kaufgegenstand, wie die Hinweise auf das Grundbuchamt Spreitenbach, auf die gegenwärtige Bewirtschaftungsart (Acker, Wiese), auf die beabsichtigte Verwendung als Bauland, auf die Nichtbelastung mit Pfandrechten und auf die Einbeziehung in das Quartierplanverfahren. Diese Angaben reichen jedoch nicht aus, das von den Vertragschliessenden ins Auge gefasste Grundstück genau von andern zu unterscheiden. Insbesondere kann der Urkunde nicht entnommen werden, wo das Grundstück liege, aus welchen anderen Grundstücken es gebildet werden solle und an welche Strassen oder Nachbargrundstücke es angrenze; ebenso fehlt jede Angabe über die Form und die Grösse des Kaufgegenstandes. Der Kaufvertrag, bei dem der Beklagte den Kläger behaften will, ist daher wegen Formmangels ungültig. 2. Die Vorinstanz vertritt jedoch die Ansicht, die Geltendmachung dieses Mangels durch den Kläger sei wegen Rechtsmissbrauches nicht zu hören. Der Kläger bestreitet, dass sein Verhalten einen offenbaren Rechtsmissbrauch im Sinne von Art. 2 ZGB darstelle. BGE 90 II 21 S. 26 a) Wie das Bundesgericht wiederholt entschieden hat, liegt ein offenbarer Rechtsmissbrauch nicht schon darin, dass eine Partei geltend macht, ein Rechtsgeschäft sei mangels der vorgeschriebenen Form ungültig. Wer sich auf die Ungültigkeit beruft, braucht, um dem Vorwurf des Rechtsmissbrauchs zu entgehen, nicht einmal darzutun, dass er schutzwürdige Interessen habe, die Erfüllung zu verweigern. Die Auffassung der Vorinstanz, die Klage könnte nur geschützt werden, wenn der Kläger gewichtige Gründe hätte, den Formmangel geltend zu machen, ist abzulehnen. Es ist vielmehr Sache jener Partei, die der andern das Recht zur Anrufung der Nichtigkeit bestreitet, besondere, den konkreten Fall kennzeichnende Umstände nachzuweisen, die offensichtlich machen, dass die Berufung auf den Formmangel gegen Treu und Glauben verstösst ( BGE 88 II 24 und dort erwähnte Entscheide). b) Ein solcher Umstand kann nicht darin erblickt werden, dass die Parteien bei der Errichtung der mangelhaften öffentlichen Urkunde den übereinstimmenden Willen hatten, den Kauf über das im damals vorliegenden Plan (Antwortbeilage 2) als Parzelle 7a bezeichnete Stück Land abzuschliessen und dass sie nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz im Verlaufe der vor dem Notar geführten Verhandlungen diesen Willen auch gegenseitig äusserten. Hängt die Gültigkeit eines Vertrages von der Einhaltung einer Form ab, so ist ohne sie der Vertrag ungültig, auch wenn gegenseitige übereinstimmende Willensäusserungen über alle wesentlichen Punkte vorliegen ( BGE 45 II 566 ). Dass solche formlos erfolgten, genügt daher nicht, um die Berufung auf den Formmangel rechtsmissbräuchlich zu machen. Die Formvorschrift wäre sonst sinnlos; ihre Verletzung könnte nur eine Rolle spielen, wenn es auch an formlosen übereinstimmenden Willensäusserungen fehlen würde und daher eine Verpflichtung schon unter dem Gesichtspunkte von Art. 1 OR nicht bestände. Das Bundesgericht hat denn auch in BGE 84 II 641 Erw. 2 entschieden, es komme BGE 90 II 21 S. 27 nicht darauf an, ob die sich auf den Formfehler berufende Partei den Inhalt des Vertrages gekannt und gewollt habe oder nicht. c) Ein offenbarer Rechtsmissbrauch kann darin liegen, dass sich eine Partei auf einen Formmangel beruft, den sie arglistig selbst herbeigeführt hat ( BGE 88 II 24 und dort angeführte Entscheide). Von einem arglistigen Verhalten des Klägers anlässlich der Beurkundung vom 8. Juli 1960 oder der vorausgegangenen Verhandlungen kann nicht die Rede sein. Die Vorinstanz wirft dem Kläger denn auch nicht vor, dass er die Nichtbezeichnung des Kaufgegenstandes im Vertrag veranlasst habe, geschweige denn, dass er dabei einen Hintergedanken gehabt hätte. Dagegen nimmt sie Anstoss daran, dass er vom Notar ausdrücklich auf den Formmangel und dessen allfällige Rechtsfolgen hingewiesen worden sei, aber dennoch sich nicht auf einen blossen Vorvertrag habe beschränken wollen. Das macht indessen die Berufung auf den Formmangel nicht offenbar rechtsmissbräuchlich. Nichts hinderte den Notar, in der öffentlichen Urkunde den Kaufgegenstand durch Angabe der seine Bestimmung erlaubenden Tatsachen genau zu bezeichnen. Das hätte er auch in einem Vorvertrag tun müssen, da auch dieser zur Gültigkeit der öffentlichen Beurkundung bedarf ( Art. 216 Abs. 2 OR ) und auch dort die Kennzeichnung des betroffenen Grundstücks wesentlich ist. Es ist daher nicht zu ersehen, inwiefern der Wunsch nach einem Kaufvertrag statt einem blossen Vorvertrag irgendwie zum Ungenügen der öffentlichen Beurkundung beigetragen haben und dem Kläger zum Vorwurf gereichen sollte. Dazu kommt, dass die Vorinstanz nicht etwa feststellt, nur der Notar und der Kläger, nicht auch der Beklagte, seien sich des Formmangels bewusst gewesen. Alles was der Kläger wusste, war auch dem Beklagten schon damals bekannt. Dieser führte in der Klageantwort selber aus, es sei vorgesehen gewesen, "dass der Vertrag nach Abschluss des Umteilungsverfahrens BGE 90 II 21 S. 28 noch ergänzt werden müsste und erst dann dem Grundbuchamt zur Eintragung angemeldet werden könnte." Das Bezirksgericht stellte sodann auf Grund des Beweisverfahrens, insbesondere gestützt auf die Aussagen des Notars, fest, das zu verkaufende Grundstück sei noch nicht genau festgelegt gewesen, weshalb der Notar die Bezeichnung des Kaufgegenstandes im Vertrag offen gelassen und den Parteien erklärt habe, der Vertrag müsse, damit er im Grundbuch angemeldet werden könne, durch Einsetzen der Grundstückbezeichnung ergänzt werden, sobald dies möglich sei. War also der Beklagte sogut im Bilde wie der Kläger, so verstösst dessen Berufung auf das Ungenügen der öffentlichen Urkunde nicht gegen Treu und Glauben; er hat weder den Beklagten noch den Notar hinters Licht geführt. Es wäre im Gegenteil stossend, wenn man dem Beklagten erlauben würde, aus einer Vereinbarung Rechte abzuleiten, von denen auch er und sein Notar wussten, dass sie nicht genügend beurkundet seien. d) Die Vorinstanz sieht ein gegen Treu und Glauben verstossendes Verhalten darin, dass der Kläger sich auf den Formmangel vor allem berufe, weil seit Juli 1960 die Preise für Bauland in Spreitenbach erheblich gestiegen seien und ihm der Vertrag zwar einen ansehnlichen, aber bei weitem nicht derart hohen Gewinn einbringen würde, wie er ihn durch den beabsichtigten anderweitigen Verkauf des Grundstückes erzielen könnte. Damit verkennt die Vorinstanz den Begriff von Treu und Glauben. Eine Vertragspartei ist nicht verpflichtet, einen wegen Formmangels ungültigen Vertrag deshalb zu halten, weil ihre eigene Leistung inzwischen an Wert zugenommen hat und daher den Wert der Gegenleistung übersteigt. Entgegen der Ansicht von MEIER-HAYOZ ( Art. 657 ZGB N.145) ist nicht einzusehen, weshalb der aus der Wertzunahme des Kaufgegenstandes erwachsende Vorteil ungeachtet der Ungültigkeit des Vertrages dem Verkäufer entzogen und dem Käufer zugehalten werden BGE 90 II 21 S. 29 sollte. Gerade wegen der Möglichkeit, die Kaufsache anderweitig vorteilhafter abzusetzen, hat der Verkäufer ein berechtigtes Interesse, sich auf die Ungültigkeit des noch nicht erfüllten Vertrages zu berufen. Der Hinweis aufBGE 50 II 148hilft nicht, denn dieses Urteil betraf einen Fall, in dem der Vertrag von beiden Parteien schon erfüllt worden war, was das Bundesgericht damals ausdrücklich als entscheidend betrachtete. In einem späteren Urteil ( BGE 86 II 262 ) hat es denn auch erklärt, es komme nichts darauf an, ob der Verkäufer sich auf den Formmangel berufe, weil er die Liegenschaft überhaupt nicht veräussern wolle oder weil er durch anderweitigen Verkauf mehr aus ihr lösen könne. Ob dem Kläger der im Vertrag vom 8. Juli 1960 vorgesehene Preis einen ansehnlichen Gewinn eintrage oder nicht, ist unerheblich. Der Verkäufer schuldet dem Käufer nicht Rechenschaft über den Gewinn, den er macht oder machen wollte, weder wenn der Vertrag gültig, noch wenn er wegen Formmangels ungültig ist. Zu Unrecht bezeichnet der Beklagte die Haltung des Klägers als eine Machenschaft, die bei der heutigen Lage auf dem Liegenschaftsmarkt zu einer völligen Verwilderung führen müsste. Diese Folge wäre gegenteils weit eher zu befürchten, wenn jemand im Wettlauf beim Aufkauf von Grund und Boden den Kaufgegenstand in der öffentlichen Urkunde nicht genau bezeichnen zu lassen brauchte und dennoch geschützt würde. Die Rechtssicherheit und der Schutz der Parteien vor unüberlegtem Entschluss, die durch die öffentliche Beurkundung gewahrt werden sollen, gehen den Interessen desjenigen vor, der auf einen raschen, aber ungenügend beurkundeten Kauf drängt. Gerade der vorliegende Fall zeigt, dass diese Gebote nicht unter Berufung auf Art. 2 ZGB leichthin übergangen werden dürfen. Die Vorinstanz stellt fest, dass den Parteien bei den Vertragsverhandlungen ausschliesslich der als Antwortbeilage 2 verurkundete Plan vorlag, in welchem der Flächeninhalt der neu zu bildenden Parzelle 7a mit BGE 90 II 21 S. 30 4344 m2 angegeben war, und dass sie bei den Verhandlungen den Verkauf dieser Parzelle wollten. Sie hält aber den Kläger für verpflichtet, dem Beklagten schlechthin das im Umlegungsverfahren als Ersatz dür die Parzelle Nr. 868 zuzuteilende Grundstück zu übertragen, obschon feststeht, dass es um 102 m2 grösser sein wird als die Parzelle 7a des erwähnten Planes, und obschon sie die Behauptung des Klägers, diese Mehrzuteilung gleiche eine Abtrennung von seiner Parzelle Nr. 672 aus, nicht als widerlegt erachtet. Dabei wird am vereinbarten Kaufpreis von Fr. 255'000. - festgehalten. Dem Kläger wird also bei einem Preise von rund Fr. 59.- für den Quadratmeter eine Mehrleistung im Werte von rund Fr. 6'000. - ohne entsprechende Gegenleistung zugemutet. Dazu kommt, dass der Kläger schon im kantonalen Verfahren geltend gemacht hat, das Grundstück, das er nach dem endgültigen Plan zugeteilt erhalte, habe auch eine andere Form als das bei den Vertragsverhandlungen ins Auge gefasste. Sollte diese Behauptung richtig sein, so wäre durchaus offen, ob das Grundstück, auf das der Beklagte Anspruch erhebt, nicht auch wegen seiner Form mehr wert sei als die Parzelle 7a, über welche die Parteien verhandelten. Unsicher bleibt auch, ob der Kläger überhaupt hätte verkaufen wollen, wenn er die endgültige Grösse und Form des Grundstückes, das der Beklagte heute als Kaufgegenstand anspricht, gekannt hätte. Die Vorinstanz glaubt darüber hinwegzukommen mit der Überlegung, die Abweichung in der Form und im Ausmass sei nicht erheblich in Anbetracht dessen, dass die Parteien mit Abweichungen von Mass und Grenzen von vorneherein rechneten. Das kann indessen nicht entscheidend sein. Einmal bleibt ungewiss, in welchem Rahmen dem Kläger Abweichungen in der Form und der Fläche gleichgültig waren. Sodann hat er den Willen, sich ihnen zu unterziehen, in der öffentlichen Urkunde nicht geäussert, ist also wegen Formmangels daran nicht gebunden. Das Obergericht will ihn also in diesem Punkte bei bloss mündlichen Äusserungen behaften. BGE 90 II 21 S. 31 Die Gebote des Parteischutzes und der Rechtssicherheit, denen die öffentliche Beurkundung dienen soll, gestatten das nicht. Die Tatsache, dass der Kläger sich der Zumutung widersetzt, ein wesentlich grösseres und möglicherweise auch erheblich anders geformtes Grundstück hergeben zu müssen, als bei den Vertragsverhandlungen vorgesehen war, schliesst den Vorwurf offenbaren Rechtsmissbrauchs aus. e) Das Obergericht wirft als zusätzliches Argument zur Bejahung des Rechtsmissbrauches in die Waagschale, dass der Beklagte die unter Ziff. 7 der allgemeinen Vertragsbestimmungen angeführten Parzellen Nr. 650 und 651 zum dort genannten Preis gekauft habe. Es sagt, der Kläger habe den Verkauf der Parzelle 7a davon abhängig gemacht, dass der Beklagte auch die beiden andern Parzellen erwerbe. Der Abschluss von Kaufrechtsverträgen und erst recht von Kaufverträgen über diese Parzellen habe eine Gegenleistung des Beklagten für die Veräusserung der neuen Parzelle 7a gebildet. Indem der Kläger die Übertragung der letzteren wegen Formmangels ablehne, anderseits aber an der erfolgten Veräusserung der beiden andern Parzellen festhalte, wolle er sich seinen eigenen Verpflichtungen aus dem Vertrag vom 8. Juli 1960 entziehen, gleichzeitig aber Vorteile dieses Geschäftes behalten. Damit verkennt das Obergericht den Sinn der Ziffer 7 des Vertrages. Der Beklagte hat sich durch diese Bestimmung nicht verpflichtet, dem Kläger die Parzellen Nr. 650 und 651 abzukaufen, sondern er hat sich den Abschluss eines Kaufrechtsvertrages versprechen lassen, wobei das Kaufrecht ihm selbst zustehen sollte. Indem er in der Folge zwar nicht den Kaufrechtsvertrag, aber den Kauf abschloss, erfüllte er nicht eine Verpflichtung, sondern er machte von einem Rechte Gebrauch. Übrigens räumte ihm Ziff. 7 des Vertrags vom 8. Juli 1960 dieses Recht erst ein auf einen nach Erfüllung dieses Vertrages liegenden Zeitpunkt. Der Kauf der Parzellen Nr. 650/51 kam dann aber schon vorher zustande. Aus allen diesen Gründen kann nicht die Rede sein davon, dass der Beklagte damit BGE 90 II 21 S. 32 dem Kläger eine im formungültigen Vertrag versprochene Gegenleistung erbracht habe und der Kläger sie behalten wolle, ohne seinerseits diesen Vertrag ganz zu erfüllen. Ob der Kläger am 8. Juli 1960 wünschte, dass der Beklagte den Kaufrechtsvertrag über die Parzellen Nr. 650/51 abschliesse und das Kaufrecht dann auch ausübe, ist unerheblich. Massgebend ist, dass ihm der Vertrag, so wie er lautet, nicht das Recht einräumte, den Beklagten zum Kauf der beiden Parzellen zu verhalten. Selbst wenn der Vertrag vom 8. Juli 1960 den Beklagten verpflichtet hätte, diese Parzellen zu kaufen, würde die Tatsache, dass er sie erwarb, die Berufung des Klägers auf die Nichtigkeit jenes Vertrages nicht missbräuchlich machen. Mit dem Erwerb der beiden Parzellen durch den Beklagten wäre erst eine Nebenverpflichtung erfüllt. Die Hauptleistungen aus dem Vertrag sind noch nicht erbracht worden, weshalb die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach die Berufung auf die Ungültigkeit eines freiwillig erfüllten Vertrages rechtsmissbräuchlich sein kann ( BGE 84 II 376 und dort erwähnte Entscheide), nicht zutrifft. Es wäre höchstens die Rückübertragung der Parzellen Nr. 650/51 in Frage gekommen. Diese hat der Beklagte aber für den Fall der Ungültigkeit des Vertrages vom 8. Juli 1960 gar nicht verlangt. Er hat nicht einmal behauptet, dass er sich durch ihren Besitz benachteiligt fühle. In der Parteibefragung vor dem Bezirksgericht erklärte er im Gegenteil, er habe dem Kläger gesagt, er sei zur Erfüllung des Kaufvertrags über diese Parzellen selbst dann gewillt, wenn das Umlegungsverfahren nicht zustande käme. Er betrachtete also den Erwerb der Parzelle 7a nicht als Voraussetzung der Gültigkeit des Kaufes der beiden andern Parzellen. Da festgestelltermassen die Bodenpreise in Spreitenbach seit dem 8. Juli 1960 erheblich gestiegen sind und dort Bauland schon im November 1962 Fr. 110. - bis Fr. 120. - pro m2 galt, ist übrigens nicht zu ersehen, inwiefern der Beklagte dadurch einen Nachteil erlitten haben sollte, dass er die BGE 90 II 21 S. 33 beiden Parzellen im Sommer 1960 für Fr. 30.- den m2 erwarb. Von einem Rechtsmissbrauch des Klägers besteht unter dem Gesichtspunkt dieses Geschäftes keine Spur, geschweige denn, dass er offensichtlich zutage läge, wie Art. 2 ZGB voraussetzt. 3. Das Klagebegehren auf Feststellung, dass der Kaufvertrag vom 8. Juli 1960 ungültig sei und keinerlei Rechtswirkungen habe, ist demnach gutzuheissen. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse, zu wissen, ob ihn der Vertrag verpflichtet oder nicht, zumal der Beklagte ihm am 24. Februar 1962 für den Fall der Nichterfüllung Schadenersatzansprüche angedroht hat. Das Feststellungsbegehren ist daher von Bundesrechts wegen zulässig ( BGE 88 II 238 und dort angeführte Urteile). Da der Vertrag ungültig ist und keinerlei Rechtswirkungen hat, wird der Kläger dem Beklagten durch die Nichterfüllung nicht schadenersatzpflichtig. Der Beklagte hat auf Ersatz des Erfüllungsinteresses so wenig Anspruch wie auf die Erfüllung selbst. Auch ein negatives Vertragsinteresse hat ihm der Kläger nicht zu ersetzen, schon deshalb nicht, weil der Beklagte nicht dargetan hat, dass und inwiefern ihn der Abschluss des ungültigen Vertrages geschädigt habe. Das Klagebegehren auf Feststellung, dass der Beklagte keinerlei Ansprüche auf Ersatz des ihm allenfalls durch die Ungültigkeit des Vertrages vom 8. Juli 1960 entstehenden Schadens gegenüber dem Kläger besitze, ist daher ebenfalls begründet. Auch es muss von Bundesrechts wegen zugelassen werden; denn der Kläger hat ein rechtliches Interesse, dass das Nichtbestehen von Schadenersatzansprüchen festgestellt werde, nachdem der Beklagte im Schreiben vom 24. Februar 1962 solche angedroht hat. Mit dem Schutz der Klage ist anderseits der Widerklage der Boden entzogen, weshalb sie im vollen Umfange abzuweisen ist. BGE 90 II 21 S. 34 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- In Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau, 1. Zivilabteilung, vom 31. Oktober 1963 aufgehoben. 2.- Es wird festgestellt, dass der öffentlich beurkundete Kaufvertrag zwischen den Parteien vom 8. Juli 1960 ungültig ist und keinerlei Rechtswirkungen hat und dass dem Beklagten gegenüber dem Kläger keinerlei Ansprüche auf Ersatz des ihm allenfalls durch diese Ungültigkeit erwachsenden Schadens zustehen. 3.- Die Widerklage wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
85ef5689-c95e-4dc9-b9fc-b922df319ee6
Urteilskopf 110 IV 85 26. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 14 septembre 1984 dans la cause X. contre Ministère public du canton du Valais (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 153 und 154 StGB , Warenfälschung und Inverkehrbringen gefälschter Waren. Wer dem Wein Glyzerin beigibt, um ihm einen weicheren Charakter zu verleihen und dadurch den Absatz zu fördern, macht sich der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Waren schuldig.
Sachverhalt ab Seite 85 BGE 110 IV 85 S. 85 Le responsable de la vinification de la maison X. a ajouté de la glycérine dans certains vins rouges de sa production et les a vendus. Il se pourvoit en nullité contre la décision cantonale le condamnant à 3 mois d'emprisonnement avec sursis et à 5'000 francs d'amende pour falsification de marchandises et mise en circulation de marchandises falsifiées. Le pourvoi a été rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant ne conteste pas avoir ajouté de la glycérine dans des vins rouges de la maison X. Il admet que cette adjonction est contraire à l'ODA (RS 817.02). En revanche, il soutient qu'il n'a pas enfreint les art. 153 et 154 CP , car ajouter un produit interdit ne serait pas nécessairement constitutif d'une falsification. Il a tort. Selon la jurisprudence, en effet, il y a falsification de marchandise toutes les fois qu'on en modifie de façon illicite l'état naturel ( ATF 94 IV 109 consid. 3 et jurisprudence citée). Or c'est bien ce qu'a fait le recourant. Au mépris des règles fixées par l'ODA en matière de vin naturel - art. 334 ss, notamment 342 ODA -, il a cherché à augmenter le caractère moelleux de ces vins rouges, de façon artificielle par adjonction de glycérine. Ainsi, par son intervention illicite dans la substance du produit, il a favorisé la mise sur le marché de liquides qui ne présentaient plus les propriétés légales permettant la vente sous le nom de vin (voir SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, 2 éd., Berne 1964, p. 356 No 572; STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, part. spéc., vol. 1, 3e éd., Berne 1983, p. 263 No 25). Peu importe que la glycérine soit une substance qui se trouve déjà dans le vin à l'état naturel et qu'elle ne soit pas dangereuse pour la santé; soutenir l'inverse conduirait à permettre l'adjonction d'eau au lait sous prétexte que ce dernier, à l'état naturel, en contient. Peu importe également que les vins du recourant n'aient, selon lui, pas subi une diminution de valeur ( ATF 98 IV 191 ). Enfin, la prétendue tolérance du Laboratoire cantonal à l'égard de l'adjonction de glycérine dans les vins rouges ne repose pas sur des constatations de fait de l'arrêt attaqué. Ce moyen est ainsi irrecevable.
null
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1,984
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Federation
85f3800f-2cef-42b9-ac99-fe9e3623a161
Urteilskopf 93 I 171 20. Arrêt du 1er mars 1967 dans la cause Société médicale du Valais et consorts contre Ebener et Conseil d'Etat du canton du Valais.
Regeste Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde ( Art. 88 OG ). Der Bürger ist zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung einer Bestimmung des kantonalen Rechts nur legitimiert, wenn diese Bestimmung seine persönlichen Interessen schützt, nicht dagegen, wenn sie ausschliesslich im öffentlichen Interesse erlassen worden ist. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob die Voraussetzungen der Beschwerdelegitimation erfüllt sind.
Sachverhalt ab Seite 172 BGE 93 I 171 S. 172 A.- L'art. 18 de la loi valaisanne du 18 novembre 1961 sur la santé publique (LSP) dispose: "L'autorisation d'exercer une profession médicale est accordée par le Conseil d'Etat. Peuvent seuls exercer une profession médicale dans le canton les titulaires du diplôme fédéral de cette profession et les professeurs d'universités suisses chargés d'enseigner les branches médicales." L'art. 19, placé sous le titre marginal "Autorisations particulières", prévoit les exceptions suivantes en ses alinéas 1 et 3: "Sur préavis du Conseil de santé, de l'association professionnelle intéressée et au vu des titres qu'il juge suffisants, le Conseil d'Etat peut également autoriser à pratiquer, des personnes ne répondant pas aux exigences de l'art 18 ci-dessus, lorsque les motifs tirés de la protection de la santé exigent une telle dérogation. ..... Ces autorisations particulières ne sont accordées que pour des périodes limitées". B.- Le 12 décembre 1965, le docteur Halle, de nationalité hongroise, demanda au Service de la santé publique du canton du Valais une autorisation particulière au sens de l'art. 19 LSP pour lui permettre de poursuivre, à Sierre, l'activité médicale du docteur Bayard, décédé. Invitée à donner son préavis, la Société médicale du Valais fit rapport au Service de santé par lettre du 28 janvier 1966: d'une enquête faite auprès des médecins de Sierre, il ressortait que quatre médecins suisses, porteurs du diplôme fédéral, s'installeraient à Sierre au cours des années 1966 et 1967, de sorte qu'il n'y avait pas pénurie de médecins et que les conditions pour l'octroi d'une autorisation particulière au sens de l'art. 19 n'étaient pas réalisées. Le 28 janvier 1966, le docteur Halle avisa le Service de santé qu'il renonçait à poursuivre l'activité médicale du docteur Bayard; il se révéla par la suite que, malgré cette déclaration, l'intéressé continuait à pratiquer à Sierre; dans ces conditions le Conseil d'Etat refusa, par décision du 10 août 1966, l'autorisation particulière requise. BGE 93 I 171 S. 173 C.- Le docteur Farkashazy, de nationalité hongroise, qui pratiquait la médecine depuis 1961 dans le val d'Anniviers, requit par lettre du 15 décembre 1965 l'autorisation de s'installer à Sierre; il fondait également sa demande sur l'art. 19 LSP. Dans son préavis du 28 janvier 1966, la Société médicale proposa également le rejet de la demande, pour les mêmes raisons que dans le cas du docteur Halle. Le 4 février, le Service de santé informa le docteur Farkashazy que quatre médecins s'installeraient à Sierre au cours des années 1966 et 1967, de sorte que les besoins en médecins étaient couverts pour cette région; en conséquence, l'autorisation de pratiquer ne pouvait être délivrée qu'à un porteur du diplôme fédéral. Le Service de santé écrivit dans le même sens à la Société médicale le 8 février 1966. D.- Le docteur Joseph Ebener, citoyen valaisan, n'est pas porteur du diplôme fédéral de médecin, mais il a passé le 28 février 1962 l'examen de médecin à l'Université de Munich. Le 8 juillet 1966, il demanda l'autorisation de pratiquer la médecine dans le district de Sierre. Le Conseil de santé préavisa favorablement cette demande. Le préavis de la Société médicale ne fut pas requis. Le Conseil d'Etat statua sur la demande le 4 octobre 1966; considérant que la région de Sierre manquait de médecins omnipraticiens et jugeant suffisants les titres de capacité présentés par le requérant, il autorisa le docteur Ebener à s'établir comme médecin dans le district de Sierre; l'autorisation était limitée à dix ans et pouvait être renouvelée pour des périodes de même durée. E.- Agissant par la voie du recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst., la Société médicale du Valais ainsi que cinq médecins pratiquant dans le canton (quatre à Sierre et un à Brigue) demandent au Tribunal fédéral, par acte du 17 novembre 1966, d'annuler la décision du Conseil d'Etat du 4 octobre 1966. En ce qui concerne l'observation du délai de 30 jours prévu à l'art. 89 OJ, les recourants exposent qu'ils n'ont jamais reçu notification formelle et écrite de la décision attaquée, laquelle est parvenue incidemment à la connaissance du président de la société, lors d'un entretien avec le chef du département de la santé publique, le 26 octobre 1966; le délai de recours, qui n'aurait commencé à courir que le 27 octobre 1966, serait dès lors observé. En ce qui concerne la qualité pour former un recours de BGE 93 I 171 S. 174 droit public, les recourants se réfèrent à la récente jurisprudence du Tribunal fédéral relative à l'art. 88 OJ, en particulier aux arrêts RO 74 I 379, 79 I 155, 81 I 120, 86 I 284, 88 I 173, 91 I 325 et 413 ss., notamment 416. Les recourants qualifient de déni de justice et d'interprétation arbitraire de la loi cantonale le fait que le Conseil d'Etat ait accordé l'autorisation incriminée sans avoir demandé le préavis de la Société médicale, comme le lui prescrivait l'art. 19 al. 1 LSP. Ils reprochent également à l'autorité cantonale d'avoir admis arbitrairement, et contrairement à la position adoptée dans les cas des docteurs Halle et Farkashazy, l'existence d'un besoin en médecins dans le district de Sierre. Ils estiment enfin que le Conseil d'Etat a violé l'esprit de la loi cantonale en fixant pour l'autorisation une durée de dix ans, alors que, selon l'art. 19 al. 3 LSP, les autorisations particulières ne peuvent être accordées que pour des périodes limitées. F.- Le Conseil d'Etat et le docteur Ebener concluent à l'irrecevabilité du recours pour défaut de qualité des recourants, subsidiairement au rejet. Erwägungen Considérant en droit: 1./2. - (Point de départ du délai; décision finale). 3. a) En vertu de l'art. 88 OJ, ont qualité pour recourir les particuliers et les collectivités lésés par des arrêtés de portée générale ou par des décisions qui les concernent personnellement ou qui sont d'une portée générale. Ainsi le recours de droit public n'est ouvert au particulier que pour protéger des intérêts qui lui appartiennent en propre et qui ont une importance juridique; en revanche il est irrecevable pour sauvegarder l'intérêt général ou préserver de simples intérêts de fait (RO 91 I 413 consid. 3 et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral examine d'office et avec pleine cognition si les conditions relatives à la qualité pour recourir sont remplies. Il en est de même, en principe, de l'examen des dispositions cantonales à prendre en considération pour résoudre le problème de la qualité du recourant; le Tribunal fédéral ne s'écarte cependant pas sans nécessité de l'interprétation qu'en donnent les autorités cantonales (RO 91 I 414). b) La Société médicale du Valais est une association au sens de l'art. 60 ss. CC; elle possède la personnalité juridique. Elle a notamment pour but la défense des intérêts du corps médical BGE 93 I 171 S. 175 valaisan et la représentation de ce dernier auprès des autorités et des corporations (art. 2 lettre e des statuts, du 12 juin 1949). Elle a dès lors, selon la jurisprudence, qualité pour défendre les intérêts de ses membres par la voie du recours de droit public, à la condition que ceux-ci soient atteints dans leur situation juridique au sens de l'art. 88 OJ (RO 88 I 175, 91 I 325 consid. 1; arrêt non publié du 29 juin 1966 dans la cause Sportfischer-Verein Bern, consid. 1). C'est de cette condition également que dépend la qualité pour agir des cinq médecins qui recourent personnellement à côté de la Société médicale. c) Les recourants invoquent la violation de l'art. 19 al. 1 et 3 LSP. Ils n'ont qualité pour faire valoir un tel moyen que si les dispositions précitées protègent leurs intérêts personnels; ils ne l'ont pas en revanche si ces dispositions ont été édictées uniquement dans l'intérêt public. Par rapport à l'art. 18 LSP, l'art. 19 est une disposition d'exception. L'art. 18 pose le principe que seuls les titulaires du diplôme fédéral de médecin et les professeurs d'universités suisses qui enseignent les branches médicales peuvent être autorisés à exercer une profession médicale dans le canton. L'art. 19 permet au Conseil d'Etat d'autoriser également d'autres personnes à pratiquer la médecine, lorsque les motifs tirés de la protection de la santé exigent une telle dérogation; ces personnes doivent cependant disposer de titres jugés suffisants, et l'autorisation ne peut être accordée que pour des périodes limitées. Il résulte clairement de ces textes, ainsi que du message du Conseil d'Etat du 8 juin 1960 "accompagnant le projet de loi sur la santé publique", que la disposition d'exception prévue à l'art. 19 a été édictée dans l'intérêt de la santé publique, afin de mettre à la disposition de la population, en cas de pénurie de personnel médical, un nombre suffisant de médecins pratiquants. En revanche, une telle disposition ne protège pas les médecins établis, en particulier pas dans l'intérêt qu'ils ont à se garantir d'une concurrence indésirable. Le fait que l'autorisation ne peut être accordée, selon l'art. 19, que sur préavis non seulement du conseil de santé - lequel figure parmi les autorités sanitaires énumérées à l'art. 4 LSP - mais également de "l'association professionnelle intéressée", ne change rien à la chose. Cela signifie simplement qu'avant l'octroi de l'autorisation spéciale, on demande à l'association professionnelle - intéressée elle aussi à la sauvegarde de la BGE 93 I 171 S. 176 santé publique - si elle estime nécessaire à cette sauvegarde que d'autres personnes sans diplôme fédéral soient autorisées à pratiquer dans le canton. Une telle disposition ne protège pas, de plus, les intérêts personnels des médecins. Si l'art. 19 est édicté exclusivement dans l'intérêt public, il manque dès lors aux recourants, conformément à l'art. 88 OJ et à la jurisprudence citée plus haut, la qualité pour former un recours de droit public en invoquant une prétendue violation de cette disposition. Cette qualité ne peut être fondée sur le simple intérêt de fait que peuvent avoir les médecins établis à se défendre de la concurrence faite par ceux à qui l'autorisation spéciale de l'art. 19 LSP serait accordée. On peut se dispenser d'examiner si la loi sur la santé publique contient également des dispositions édictées par des motifs de politique professionnelle et de protection de l'activité médicale, comme le soutiennent les recourants: en effet, une telle question doit être examinée de façon particulière pour chaque disposition (cf. RO 91 I 416 lettre c). Or en l'espèce, les recourants invoquent la violation du seul art. 19 LSP, lequel vise exclusivement la sauvegarde d'intérêts publics. d) Les arrêts du Tribunal fédéral que citent les recourants ne peuvent rien changer à la question. L'arrêt du 25 novembre 1948 (RO 74 I 379), comme les arrêts cités ci-dessus (consid. 3 a), dénient aux associations professionnelles et aux exploitants eux-mêmes la qualité pour attaquer, par la voie du recours de droit public, l'autorisation accordée à un tiers d'ouvrir ou d'agrandir un débit de boissons, et ceci même sous l'empire des nouveaux articles économiques de la Constitution fédérale. Si, dans l'arrêt 79 I 155 ss., la qualité pour recourir contre l'autorisation d'ouvrir ou d'étendre un débit de boissons est reconnue aux autres exploitants, c'est parce que l'art. 35 de la loi sur les auberges du canton de Bâle-Ville invoqué en l'espèce, se fonde non seulement sur l'art. 32 quater Cst., mais aussi sur l'art. 31 ter, qu'il tend ainsi non seulement à des fins de police du commerce, mais également à des fins de politique économique et qu'il accorde une certaine protection juridique aux aubergistes (RO 79 I 160). Dans la présente espèce, en revanche, l'art. 19 LSP vise exclusivement à sauvegarder la santé de la population, soit un intérêt public, comme on vient de le préciser sous lettre c ci-dessus; il n'a nullement pour but de protéger les médecins établis contre la concurrence. BGE 93 I 171 S. 177 La jurisprudence récente du Tribunal fédéral en matière de privilèges accordés à des tiers déclare le recours de droit public irrecevable non seulement contre une décision d'application, c'est-à-dire lorsqu'un privilège est accordé en violation d'une disposition légale en vigueur (cf. les arrêts cités au RO 85 I 54 et l'arrêt non publié du 7 juillet 1964 dansla cause Anthamatten), mais également contre un arrêté de portée générale, par exemple lorsqu'un privilège fiscal est prévu directement par la loi (RO 85 I 54 ss.). Il est vrai que ce dernier arrêt a été critiqué en doctrine (HANS HUBER dans RJB 1960 p. 353/5 et 1961 p. 325/6; MAX IMBODEN dans RDS 1960 I p. 511/2; IRÈNE BLUMENSTEIN dans Archives de droit fiscal suisse, 1960/61 p. 365). Si le citoyen - font notamment observer ces auteurs - n'a pas qualité pour attaquer un privilège accordé par une loi, il deviendrait impossible de faire respecter par le législateur l'interdiction de l'inégalité de traitement à laquelle il est également soumis, de sorte que les privilèges de lieu, de naissance, de personnes ou de familles, bannis par l'art. 4 Cst., pourraient finalement être réintroduits dans notre ordre juridique. En l'espèce cependant, le recours n'est pas dirigé contre la loi elle-même, mais contre son application à un cas concret; au surplus les recourants n'allèguent pas une inégalité de traitement, mais uniquement une application arbitraire de l'art. 19 LSP. Ils n'auraient donc qualité pour recourir, selon l'art. 88 OJ, que si la décision attaquée les touchaient personnellement dans leur situation juridique, ce qui n'est pas le cas, ainsi qu'on l'a vu ci-dessus. Les recourants invoquent encore l'arrêt 86 I 284. Dans cet arrêt, comme dans l'arrêt Frey et consorts du 11 mai 1966, non publié au RO, la qualité pour recourir a été admise parce que les recourants avaient un intérêt spécial et plus fort que les autres citoyens à l'annulation d'une disposition légale, respectivement d'une autorisation exceptionnelle accordée à un tiers. Les recourants prétendent qu'ils sont eux aussi intéressés d'une manière particulière, et bien plus que les autres habitants du canton, à l'annulation de l'autorisation exceptionnelle accordée à l'intimé. Ils oublient cependant que cette atteinte, qui les touche différemment et plus sensiblement que les autres citoyens, doit également se rapporter, conformément à l'art. 88 OJ, à la lésion d'une situation juridique personnelle, et non pas d'un intérêt public ou d'un simple intérêt de fait (cf. BONNARD: BGE 93 I 171 S. 178 Problèmes relatifs au recours de droit public, RDS 1962 II p. 447/8). L'arrêt cité par les recourants (RO 86 I 286) précise aussi expressément que la disposition légale attaquée touchait les recourants dans leur situation juridique de techniciensdentistes; de même l'arrêt Frey et consorts du 11 mai 1966 déclare expressément (consid. 3) que les recourants ont un intérêt particulier, en tant que commerçants de la même branche, à ce que la police du commerce (en l'occurrence la fermeture des magasins) soit organisée, en ce qui les concerne, d'une manière conforme aux art. 4 et 31 Cst., qu'ils sont dès lors touchés dans leur propre situation juridique et partant admis à recourir dans la mesure où ils demandent l'annulation de l'autorisation exceptionnelle accordée à leurs concurrents. Mais ici la décision attaquée ne touche pas les recourants dans leur situation juridique propre (cf. § c ci-dessus); ils font valoir au contraire un intérêt public, ou même le simple intérêt de fait qu'ils ont à se défendre de la concurrence. e) Si les recourants n'ont pas qualité pour recourir au fond, ils ne peuvent non plus se plaindre de vices de forme de la décision attaquée ou de la procédure qui y a abouti (RO 74 I 168 consid. 3 ; 89 I 209 consid. 4, et 279 ; 91 I 91 ). La jurisprudence n'admet d'exceptions à ce principe que lorsqu'une demande de récusation a été écartée ou qu'est refusé le droit de prendre part à la procédure en qualité de partie (RO 90 I 66 consid. 2, 91 I 91). Aucun de ces deux cas d'exception n'existe en l'espèce. Le fait que le Conseil d'Etat devait demander le préavis de la Société médicale ne confère pas à cette dernière la qualité de partie; cela signifie simplement - on l'a vu ci-dessus sous lettre c - que l'on consulte une association professionnelle sur le point de savoir s'il y a un intérêt public à l'octroi d'une autorisation spéciale; cela ne donne pas à cette association la qualité de partie dans la procédure d'autorisation qui se déroule devant le Conseil d'Etat. Ainsi les recourants n'ont pas qualité pour agir et leur recours doit être déclaré irrecevable. 4. Même si la cour de céans avait pu entrer en matière sur le fond, elle aurait dû rejeter le recours. a) Il n'est pas contesté que le préavis de la Société de médecine n'a pas été demandé au sujet de l'installation du docteur Ebener à Sierre. Mais la société avait été consultée, quelques mois auparavant, sur le besoin en médecins dans cette même BGE 93 I 171 S. 179 localité: la société recourante admet elle-même que la situation n'avait pas changé depuis lors; elle aurait donc aussi préavisé défavorablement la demande du docteur Ebener. Le Conseil d'Etat déclare que dans l'examen de cette dernière demande, il a pris aussi en considération le préavis défavorable donné par la société recourante dans les cas des docteurs Halle et Farkashazy. Dans ces conditions, ce serait faire preuve d'un formalisme exagéré que de qualifier de déni de justice et d'application arbitraire de l'art. 19 al. 1 LSP le fait que le Conseil d'Etat n'a pas redemandé le préavis de la Société médicale avant de statuer sur la demande du docteur Ebener. b) Les recourants reprochent au Conseil d'Etat une attitude contradictoire pour avoir admis, en février 1966, qu'il y avait suffisamment de médecins dans la région de Sierre et avoir adopté, huit mois plus tard, une position contraire. Le Conseil d'Etat fait observer que la réponse donnée en février 1966 au docteur Farkashazy émanait du Service de la santé publique et n'engageait pas le Conseil d'Etat. Or si deux décisions contradictoires ne peuvent violer l'art. 4 Cst. que lorsqu'elles émanent de la même autorité, à plus forte raison ne peut-on opposer au Conseil d'Etat un avis différent donné par un service qui lui est subordonné. Le reproche d'arbitraire fait au Conseil d'Etat d'avoir, en l'espace de huit mois, statué deux fois dans un sens et une fois dans le sens opposé, n'est pas non plus justifié. Dans le cas Farkashazy, le Conseil d'Etat n'a pas pris de décision, l'intéressé s'étant rangé à l'avis donné par le Service de la santé publique. S'il a rejeté, le 10 août 1966, la demande du docteur Halle, ce n'est pas en raison de l'inexistence d'un besoin, mais bien parce que l'intéressé, qui avait d'abord déclaré renoncer à sa demande, avait continué à pratiquer à Sierre sans autorisation et n'était pas en règle avec le Service cantonal de la police des étrangers. Il s'agissait donc de motifs inhérents à la personne du docteur Halle, alors que dans le cas du docteur Ebener, les recourants ne s'en prennent pas aux qualifications personnelles de l'intéressé, mais contestent l'existence d'un besoin. D'autre part, le Conseil d'Etat fait observer que deux au moins des quatre nouveaux médecins annoncés pour 1966/67 ne sont pas des omnipraticiens, de sorte que le nombre de ces derniers pour la région de Sierre reste nettement insuffisant. Au surplus le docteur Ebener, qui s'est déclaré prêt à reprendre BGE 93 I 171 S. 180 le cabinet médical laissé vacant par le décès du docteur Bayard, a justifié de ses capacités par des titres jugés suffisants et le Conseil de santé a donné un préavis favorable: on ne peut donc parler d'une décision arbitraire. c) Quant à la durée de l'autorisation spéciale, fixée à dix ans, on peut sans doute la trouver longue et admettre qu'il sera difficile de ne pas la renouveler à l'expiration de ce délai, à moins de plaintes fondées contre son bénéficiaire. Mais la loi laisse la fixation de cette durée à l'appréciation du Conseil d'Etat; or celui-ci déclare, dans sa réponse, avoir tenu compte des besoins de la région en fonction de l'accroissement prévisible de la population pendant les prochaines années. Même si le délai de dix ans peut paraître discutable en soi, il n'est en tout cas pas arbitraire, étant donné les motifs sur lesquels s'appuie le Conseil d'Etat. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Déclare le recours irrecevable.
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1,967
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CH_BGE_001
CH
Federation
85f8299f-49df-418d-b19c-f030598ec707
Urteilskopf 133 IV 201 30. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Polizei- und Militärdirektion sowie Verwaltungsgericht des Kantons Bern (Beschwerde in Strafsachen) 6B_122/2007 vom 21. Juni 2007
Regeste Art. 86, 388 Abs. 3 StGB , Ziff. 1 Abs. 3 Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002; Übergangsrecht; bedingte Entlassung; günstige Prognose. Art. 86 StGB ist auch auf Täter anwendbar, die nach bisherigem Recht verurteilt wurden (E. 2.1). Stärker noch als bisher bildet die bedingte Entlassung die Regel, deren Verweigerung die Ausnahme (E. 2.2). Die bisherige Rechtsprechung zu Art. 38 Ziff. 1 aStGB bleibt massgebend (E. 2.3). In concreto erweist sich die Verweigerung der bedingten Entlassung eines Drogenhändlers gestützt auf dessen Bedenken weckendes Vorleben allein als unzulässig (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 133 IV 201 S. 202 X. wurde vom Obergericht des Kantons Bern am 24. Oktober 2002 wegen schwerer Drogendelikte zu 9 1/2 Jahren Zuchthaus und 15 Jahren Landesverweisung unbedingt verurteilt, unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 453 Tagen. Am 29. Juli 2006 hatte X. 2/3 der Strafe verbüsst; reguläres Strafende ist der 29. September 2009. Das Amt für Freiheitsentzug und Betreuung des Kantons Bern wies die Gesuche von X. um bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug am 26. Juli 2006 ab. Die Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern wies die Beschwerde von X. gegen die Verweigerung der bedingten Entlassung am 22. September 2006 ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die Beschwerde von X. gegen diesen Entscheid der Polizei- und Militärdirektion am 27. März 2007 ab. Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X., dieses verwaltungsgerichtliche Urteil aufzuheben und ihn unter Auferlegung einer angemessenen Probezeit bedingt aus dem Strafvollzug zu entlassen. Zudem beantragt er, es sei festzustellen, dass im bisherigen Verfahren das Beschleunigungsgebot von Art. 29 Abs. 1 BV verletzt worden sei. X. ersucht um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung und eine prioritäre Behandlung seiner Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdeführer wurde vor dem Inkrafttreten des neuen Allgemeinen Teils des Strafgesetzbuches am 1. Januar 2007 verurteilt, der angefochtene Entscheid erging nachher. Gemäss Art. 388 Abs. 3 StGB sind die Bestimmungen des neuen Rechts - hier Art. 86 StGB - über das Vollzugsregime auch auf Täter anwendbar, die nach bisherigem Recht verurteilt wurden. In Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen der Änderung vom 13. Dezember 2002 (BBl 1999 S. 1979; AS 2006 S. 3459), wo für den Bereich des Strafvollzugs die neurechtlichen Bestimmungen aufgeführt werden, welche auch auf Täter anwendbar sind, die nach altem Recht verurteilt wurden, fehlt zwar Art. 86 StGB . Nach der BGE 133 IV 201 S. 203 Botschaft des Bundesrates zu dieser Gesetzesänderung fallen die Bestimmungen über die bedingte Entlassung indessen ausdrücklich unter den Begriff des Vollzugsregimes (BBl 1999 S. 2183), weshalb anzunehmen ist, dass der Gesetzgeber Art. 86 StGB in Ziff. 1 Abs. 3 der Schlussbestimmungen versehentlich nicht aufführte. Die Frage der bedingten Entlassung des Beschwerdeführers ist daher - was ohnehin sachgerecht ist - nach neuem Recht zu beurteilen. 2.2 Nach Art. 86 Abs. 1 StGB ist der Gefangene nach Verbüssung von zwei Dritteln, mindestens aber drei Monaten seiner Strafe bedingt zu entlassen, wenn es sein Verhalten im Strafvollzug rechtfertigt und nicht anzunehmen ist, er werde in Freiheit weitere Verbrechen oder Vergehen begehen. Die zuständige Behörde hat von Amtes wegen zu prüfen, ob der Gefangene bedingt entlassen werden kann; dabei hat sie diesen anzuhören und einen Bericht der Anstaltsleitung einzuholen ( Art. 86 Abs. 2 StGB ). Liegen ausserordentliche Gründe in der Person des Gefangenen vor, kann die bedingte Entlassung ausnahmsweise bereits nach der Verbüssung der Hälfte der Strafe, frühestens jedoch nach drei Monaten, erfolgen ( Art. 86 Abs. 4 StGB ). Die Bestimmung über die reguläre bedingte Entlassung wurde somit in Bezug auf die Legalprognose neu gefasst, indem nicht wie bisher positiv verlangt wird, es müsse erwartet werden können, der Täter werde sich in Freiheit bewähren, sondern negativ, dass zu erwarten ist, er werde in Freiheit keine Verbrechen oder Vergehen mehr begehen. Jedenfalls tendenziell wurden mit dieser neuen Formulierung die Anforderungen an die Legalprognose gesenkt; stärker noch als bisher wird man daher davon auszugehen haben, dass die bedingte Entlassung die Regel und deren Verweigerung die Ausnahme darstellt. Abgesehen davon entspricht die neurechtliche Regelung im Wesentlichen der altrechtlichen von Art. 38 Ziff. 1 StGB , weshalb die diesbezügliche Rechtsprechung massgebend bleibt. 2.3 Die bedingte Entlassung stellt somit nach wie vor die vierte und letzte Stufe des Strafvollzuges dar und bildet die Regel, von der nur aus guten Gründen abgewichen werden darf ( BGE 119 IV 5 E. 2). In dieser Stufe soll der Entlassene den Umgang mit der Freiheit erlernen, was nur in Freiheit möglich ist. Diesem rein spezialpräventiven Zweck stehen die Schutzbedürfnisse der Allgemeinheit gegenüber, welchen umso höheres Gewicht beizumessen ist, je hochwertiger die gefährdeten Rechtsgüter sind ( BGE 125 IV 113 BGE 133 IV 201 S. 204 E. 2a S. 116 f.; BGE 124 IV 193 E. 3, 4d/aa). Die Prognose über das künftige Wohlverhalten ist in einer Gesamtwürdigung zu erstellen, welche nebst dem Vorleben, der Persönlichkeit und dem Verhalten des Täters während des Strafvollzugs vor allem dessen neuere Einstellung zu seinen Taten, seine allfällige Besserung und die nach der Entlassung zu erwartenden Lebensverhältnisse berücksichtigt ( BGE 124 IV 193 E. 3; BGE 119 IV 5 E. 1a/bb). Dabei steht der zuständigen Behörde ein Ermessensspielraum zu. Das Bundesgericht greift in die Beurteilung der Bewährungsaussicht nur ein, wenn sie ihr Ermessen über- oder unterschritten oder missbraucht und damit Bundesrecht verletzt hat. Eine Ermessensüberschreitung kann etwa darin liegen, auf eine Gesamtwürdigung aller für die Prognose relevanten Umstände zu verzichten und auf die Vorstrafen allein abzustellen (Urteile 6A.86/2002 vom 20. Januar 2003 und 6A.41/2002 vom 25. Juni 2002, E. 3). 3. 3.1 Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid erwogen, der Beschwerdeführer habe am 29. Juli 2006 zwei Drittel seiner Strafe verbüsst, womit die zeitliche Voraussetzung von Art. 86 Abs. 1 StGB für eine bedingte Entlassung erfüllt sei. Ebenfalls unstrittig sei, dass sich der Beschwerdeführer im Vollzug tadellos verhalte. Hingegen könne ihm aus folgenden Gründen keine günstige Prognose gestellt werden: Der im Kosovo aufgewachsene Beschwerdeführer sei 1982 erstmals in die Schweiz eingereist und verfüge seit 1983 über eine Aufenthaltsbewilligung B. Während seines mehrjährigen Aufenthaltes in der Schweiz in den achtziger Jahren sei es zu Verurteilungen wegen Veruntreuung, Urkundenfälschung und ausländerrechtlichen Delikten gekommen. 1989 sei er aus der Schweiz ausgeschafft worden. 1994 sei er in Deutschland wegen Betäubungsmittelhandels zu 2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden, 1996 wegen gleichartiger Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren, wobei die beiden Strafen zu einer Gesamtstrafe vereinigt worden seien. Nach seiner Entlassung aus dem Vollzug sei er 1999 mit gefälschten Papieren in die Schweiz eingereist und habe in der Folge in Bern gelebt. Am 30. März 2000 sei er verhaftet und am 6. März 2002 vorab wegen Betäubungsmitteldelikten zu 9 1/2 Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe somit bereits während seines ersten Aufenthaltes in der Schweiz delinquiert. Er sei anschliessend in BGE 133 IV 201 S. 205 Deutschland wiederholt wegen Drogendelikten verurteilt worden, wobei sich die Straftaten nah aneinandergereiht hätten; so sei er nach seiner Entlassung im Jahre 1999 bereits am 30. März 2000 wieder verhaftet worden. Die wiederholten Verurteilungen und die ausgesprochenen Strafen zeigten, dass er seine deliktische Tätigkeit laufend fortgeführt und gesteigert habe, was sich für die Prognose ungünstig auswirke. Aufgrund der Akten sei beim Beschwerdeführer von einer unauffälligen Persönlichkeitsentwicklung auszugehen; im Rahmen des letzten Strafverfahrens seien zudem Geständnisbereitschaft, Reue und Einsicht festgestellt worden. Diese Umstände seien in Bezug auf die Legalprognose positiv zu werten. Anderseits habe der selber nicht süchtige Beschwerdeführer durch seine Straftaten aus finanziellen Motiven die Gesundheit anderer Menschen gefährdet; die sich in diesem Verhalten ausdrückende Rücksichts- und Gewissenlosigkeit sprächen gegen eine günstige Prognose. In Bezug auf die zu erwartenden Lebensverhältnisse wolle der Beschwerdeführer in den Kosovo in das Haus seiner verstorbenen Eltern ziehen und sich dort eine neue Existenz aufbauen. Das erscheine nicht unrealistisch und wäre positiv zu werten, könne indessen nicht überprüft werden, da der Beschwerdeführer keine entsprechenden Beweismittel eingereicht habe. Nicht auszuschliessen sei zudem eine illegale Rückkehr in die Schweiz; dies würde sich negativ auf die Legalprognose auswirken. Bei der Gesamtbeurteilung wiege das kriminelle Vorleben des Beschwerdeführers schwer, er habe in zeitlich kurzer Abfolge delinquiert, die ausgesprochenen Strafen seien von 2 auf 9 1/2 Jahre gestiegen; die Verurteilungen und der Strafvollzug hätten ihn von weiterer Delinquenz nicht abhalten können. Hinzu komme, dass er ein grosses Gefährdungspotential für viele Menschen geschaffen habe; mögliche Rückfalltaten wögen daher schwer, sodass auch ein geringes Rückfallrisiko nicht in Kauf genommen werden könne. Die Vorinstanz habe zu Recht eine negative Legalprognose gestellt. Es gebe zwar keine Hinweise dafür, dass nach einer Vollverbüssung der Strafe das Rückfallrisiko geringer sei; anderseits biete die bedingte Entlassung auch keine Vorteile. Eine Überwachung im Kosovo während der Bewährungszeit und eine allfällige Rückversetzung in den Strafvollzug seien Illusion. Damit sei die bedingte Entlassung abzulehnen. 3.2 Der Entscheid über die bedingte Entlassung des Beschwerdeführers hängt einzig davon ab, ob ihm eine günstige Prognose im BGE 133 IV 201 S. 206 Sinne von Art. 86 Abs. 1 StGB gestellt werden kann, die anderen Voraussetzungen sind unbestrittenermassen erfüllt. Gegen eine günstige Prognose spricht das Vorleben des Beschwerdeführers, der sich durch verschiedene strafrechtliche Verurteilungen nicht davon abhalten liess, aus rein finanziellen Motiven weitere und zunehmend schwerwiegendere Delikte zu begehen. Die weiteren Beurteilungsfaktoren sind demgegenüber, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgeht, positiv oder neutral. So wurden dem Beschwerdeführer im letzten Strafverfahren Geständnisbereitschaft, Reue und Einsicht zugutegehalten, und sein Benehmen im Strafvollzug gab zu keinerlei Klagen Anlass. Seine Aussichten, im Kosovo eine Existenz aufbauen zu können, erscheinen zudem realistisch, auch wenn dies nicht überprüfbar ist. Insgesamt spricht somit einzig das Vorleben des Beschwerdeführers gegen eine günstige Legalprognose, während sein Verhalten im letzten Strafverfahren und im Strafvollzug Anhaltspunkte dafür sind, dass er eine positive Persönlichkeitsentwicklung durchgemacht haben könnte und nunmehr willens ist, sich von seiner kriminellen Vergangenheit zu verabschieden und sich in seiner Heimat eine legale Existenz aufzubauen. Es ist damit zwar keineswegs gewiss, dass sich der Beschwerdeführer gebessert hat. Soll aber die bedingte Entlassung nach dem klaren Willen des Gesetzgebers die Regel bilden, geht es nicht an, die günstige Legalprognose gestützt allein auf das (Bedenken weckende) Vorleben zu verneinen. Der Beschwerdeführer wurde zudem insbesondere wegen Drogenhandels verurteilt, Delikten somit, die in abstrakter Weise die öffentliche Gesundheit gefährden ( BGE 124 IV 97 E. 2c). Auch wenn die Auswirkungen von schweren Verstössen gegen das Betäubungsmittelgesetz in keiner Weise zu bagatellisieren sind, so bewirken sie in aller Regel doch keine unmittelbare, konkrete Gefahr für hochwertige Rechtsgüter wie Leib und Leben oder die sexuelle Integrität. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, bei derartigen Delikten sei das Schutzbedürfnis der Bevölkerung so hoch, dass kaum ein Rückfallrisiko in Kauf genommen werden dürfe, trifft nicht zu. Gesamthaft ist damit festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis allein auf das Vorleben des Beschwerdeführers abstellte und das Schutzbedürfnis der Bevölkerung verabsolutierte; mit dieser Argumentation wäre die bedingte Entlassung für jeden einschlägig vorbestraften Drogenhändler von vornherein ausgeschlossen. Das widerspricht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, das Verwaltungsgericht hat seinen Ermessensspielraum überschritten und damit Art. 86 Abs. 1 StGB verletzt.
null
nan
de
2,007
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
85fe0172-1881-4188-b4ff-a175422e1fb8
Urteilskopf 108 Ib 310 57. Arrêt de la IIe Cour de droit public du 15 juillet 1982 dans la cause Office fédéral de la justice c. Faisal-Ali-Abdulwahab Al Mutawa et Abdlraham-Abdulla-Ibrahim Al Mutawa (recours de droit administratif)
Regeste Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. Grundsatzbewilligung (E. 3). Art. 12a BewV : Zulässige Fläche. Für die Bestimmung der zulässigen Fläche beim Erwerb einer Wohnung ist ausschliesslich Art. 12a Abs. 1 BewV massgebend. Im vorliegenden Fall übersteigen die Fläche und der Verkaufspreis der strittigen Wohnung unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Erwerbers bei weitem die durch die Bundesgesetzgebung gesetzten Grenzen beim Erwerb von Zweitwohnungen im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. c BewVF (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 311 BGE 108 Ib 310 S. 311 Dans sa séance du 27 avril 1979, la Commission foncière II (autorité de première instance, compétente dans le canton de Vaud en matière d'acquisition d'immeubles par des personnes à l'étranger) a autorisé Carlo di Francesco et Claudys Truan "à vendre à des personnes domiciliées à l'étranger, à titre de résidences secondaires, des parts de propriété par étages de l'ancien Grand Hôtel à transformer à Territet à concurrence de 65% des millièmes attribués aux locaux d'habitation et aux garages." Par requête du 20 août 1980, Faisal Al Mutawa - ressortissant koweitien - a demandé à la Commission foncière II l'autorisation d'acquérir les droits de copropriété sur trois appartements (de 4 1/2, 2 1/2 et 2 1/2 pièces, d'une superficie totale de 322,3 m2) au sixième étage de l'ancien Grand Hôtel de Territet (lots Nos 66, 67 et 68), ainsi que la jouissance d'une place de parc, pour le prix de 1'158'000 fr., en précisant que les lots "seront réunis en un seul lot avant la signature de l'acte de vente définitif." Dans une lettre d'accompagnement, le notaire ayant instrumenté l'acte de promesse de vente a indiqué que le requérant "est marié et a trois enfants. Il envisage de réunir les 3 lots en un seul. Il souhaite pouvoir disposer d'une surface habitable convenable, car il entend venir en Suisse accompagné de sa famille ainsi que de son personnel de maison, soit généralement une gouvernante et un chauffeur." De même, par une requête du 20 août 1980 également, Abdulrahman Al Mutawa a sollicité l'autorisation d'acquérir les droits de copropriété sur trois appartements (de 3 1/2, 2 et 2 pièces, d'une superficie totale de 279,4 m2) au second étage de l'ancien Grand Hôtel de Territet (lots Nos 21, 22 et 23), ainsi que la jouissance d'une place de parc, pour le prix de 1'059'000 fr. en précisant que les 3 lots seront réunis en un seul avant la signature de l'acte de vente définitif. Dans sa lettre d'accompagnement, le notaire a indiqué que le requérant est marié et a 4 enfants; il a fait, en outre, la même déclaration que dans sa lettre accompagnant la requête de Faisal Al Mutawa. Considérant que les immeubles en cause, débloqués par sa décision du 27 avril 1979, serviront en premier lieu au séjour personnel de chaque requérant, la Commission foncière II a, par BGE 108 Ib 310 S. 312 décisions des 29 août et 12 septembre 1980, accordé les autorisations sollicitées avec interdiction d'aliéner pendant 5 ans, obligation, dans l'un et l'autre cas, pour les acquéreurs ou leur famille de séjourner au moins trois semaines par année pendant 10 ans et l'obligation de réunir leurs trois lots en un seul. Le Département vaudois de l'agriculture, de l'industrie et du commerce a recouru contre ces décisions auprès de la Commission cantonale de recours en matière foncière qui, après avoir entendu les représentants des parties, a rejeté les deux recours, par décisions du 5 février 1981. Agissant par la voie de deux recours de droit administratif, l'Office fédéral de la justice demande au Tribunal fédéral d'annuler ces décisions de l'autorité cantonale et de refuser les autorisations accordées, les frais et dépens étant mis à la charge des intimés. Prononçant la jonction des causes, le Tribunal fédéral a admis les deux recours pour les motifs suivants: Erwägungen Extrait des considérants en droit: 3. a) Par décision motivée du 27 avril 1979, la Commission foncière II a autorisé Carlo di Francesco et Claudys Truan "à vendre à des personnes domiciliées à l'étranger, à titre de résidences secondaires, des parts de propriété par étages de l'ancien Grand Hôtel à transformer à Territet, à concurrence de 65% des millièmes attribués aux locaux d'habitation et aux garages." En vertu de l'art. II al. 4 des dispositions finales de la modification du 18 juin 1979 de l'ordonnance sur l'acquisition d'immeubles dans des lieux à vocation touristique par des personnes domiciliées à l'étranger (OAITE; voir RS 211.412.413), cette autorisation de principe est donc restée valable, malgré l'introduction du système du contingentement des autorisations ( art. 4 al. 3 OAITE ). En principe, les deux requérants doivent ainsi recevoir, hors contingent, l'autorisation qu'ils sollicitent à la condition de pouvoir justifier d'un intérêt légitime au sens de l' art. 6 al. 2 lettre a AFAIE (AF des 21 mars 1961/21 mars 1973 sur l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger; RS 211.412.41). b) En l'occurrence, les deux requérants n'ont jamais déclaré personnellement qu'ils ne possèdent encore aucun immeuble en Suisse, ni qu'ils ont réellement l'intention d'utiliser les appartements litigieux pour leurs séjours. Il est donc déjà douteux BGE 108 Ib 310 S. 313 que l'on puisse tenir pour établie la preuve de la réalisation de ces deux conditions prévues à l' art. 6 al. 2 lettre a AFAIE . c) En outre, il ne faut pas oublier que l'autorisation de principe - délivrée le 27 avril 1979 - est fondée sur le questionnaire que Carlo di Francesco a établi le 4 janvier 1979, sur le préavis des autorités compétentes en matière de développement du tourisme et sur le permis de construire délivré sur la base des plans. Or, il ressort clairement de ces plans que l'on prévoyait l'aménagement de 42 logements d'une pièce, de 38 appartements de 2 pièces et de 4 appartements de 3 pièces; il n'était nullement question d'aménager des appartements de 3 1/2 ou de 4 1/2 pièces. Dans sa décision du 27 avril 1979, la Commission foncière s'est expressément référée à cette répartition des lots que Carlo di Francesco a confirmée dans le questionnaire adressé à la Commission, sans même se réserver la possibilité de modifier cette répartition ou de réunir plusieurs lots en un seul. Il n'est dès lors pas certain que des acquisitions de droits de copropriété sur des appartements de 9 1/2 ou de 7 1/2 pièces puissent être autorisées sur la base d'une décision de principe qui prévoyait seulement la vente d'appartements d'une, de deux ou de trois pièces. Au demeurant, si l'on voulait considérer que les intimés acquièrent non pas un appartement de 9 1/2 ou de 7 1/2 pièces, mais chaque fois trois appartements (de 4 1/2, 2 1/2 et 2 1/2 pièces ou de 3 1/2, 2 et 2 pièces), il faudrait alors constater que l'acquisition de plusieurs immeubles est expressément exclue ( art. 6 al. 2 lettre a AFAIE ). d) Dans ces conditions, on pourrait déjà admettre le recours pour le motif que les autorisations délivrées aux intimés ne sont pas conformes à l'autorisation de principe délivrée en avril 1979 ou, à tout le moins, qu'elles violent une disposition de l' art. 6 al. 2 lettre a AFAIE . 4. Dans leurs mémoires, les autorités - cantonale et fédérale - habilitées à recourir ont soutenu qu'en raison de leur surface et de leur prix, les deux appartements de 9 1/2 ou de 7 1/2 pièces, que les intimés entendent acquérir au sixième et au second étages de l'ancien Grand Hôtel de Territet, ne répondent plus à la définition de résidences secondaires, au sens de l'art. 6 al. 2 lettre a ch. 3 AFAIE. Il s'agit, en réalité, d'examiner si la surface et le prix de ces appartements ne dépassent pas les limites fixées à l'art. 12a de l'ordonnance du 21 décembre 1973 sur l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger (OAIE; RS 211.412.411), ainsi libellé: BGE 108 Ib 310 S. 314 "La surface d'un immeuble servant au séjour personnel de l'acquéreur ( art. 6 al. 2 lettre a AFAIE ) ne doit pas dépasser au total celle qui convient à cette fin, compte tenu de la nature de l'immeuble (al. 1). Lorsqu'il s'agit d'un terrain à bâtir, 1000 m2 au plus sont en règle générale réputés constituer la surface qui convient; celle-ci peut exceptionnellement dépasser 1000 m2 lorsque l'acquéreur prouve qu'il existe des motifs impérieux justifiant ce dépassement et que des intérêts publics ne s'y opposent pas (al. 2)." a) Comme les intimés n'ont, dans le cas particulier, pas l'intention d'acquérir des terrains à bâtir, il n'y a pas lieu de prendre en considération la limite de 1000 m2 prévue par cette disposition. Une telle limite serait en effet beaucoup trop élevée dans les cas d'acquisition de parts de copropriété sur un immeuble et la restriction que le Conseil fédéral a voulu apporter en édictant le nouvel art. 12a en 1976 serait vidée de toute portée pratique. A défaut d'une limite fixée dans la loi ou l'ordonnance, il faut donc examiner, selon le principe énoncé à l' art. 12a al. 1 OAIE , si la surface des locaux litigieux dépasse au total "ce qui convient à cette fin (séjour personnel de l'acquéreur et de sa famille), compte tenu de la nature de l'immeuble." Contrairement à ce que ce texte pourrait laisser supposer, l' art. 12a al. 1 OAIE ne donne pas à l'autorité cantonale une très grande liberté d'appréciation. Dans un arrêt du 10 avril 1981, le Tribunal fédéral a observé qu'il n'avait jusqu'à maintenant guère eu l'occasion de s'occuper de la limite de surface des appartements, mais il a rappelé la pratique assez restrictive dans le domaine des acquisitions de terrains, selon laquelle une dérogation à la limite des 1000 m2 ne serait admise que dans des circonstances exceptionnelles. Or, une même retenue s'impose notamment lorsqu'il s'agit pour le requérant d'agrandir un appartement qu'il possède déjà. Ainsi, le Tribunal fédéral a confirmé le refus de l'autorité cantonale tessinoise d'autoriser une personne à l'étranger d'agrandir son appartement de 65 m2 par l'acquisition d'un second appartement de 75 m2 ( ATF 107 Ib 370 ss; voir également arrêt Conti du 9 novembre 1979, publié au Repertorio di Giurisprudenza Patria 1981, p. 46 ss). On peut également relever que la Commission d'étude pour la révision de l'AFAIE a elle-même estimé que la surface des logements de vacances ou des résidences secondaires "ne devrait pas dépasser, en règle générale, 200 m2 lorsqu'il s'agit d'une propriété par étages et 1000 m2 lorsqu'il s'agit d'un terrain" (voir le Rapport au Département de justice et police relatif au projet de loi sur BGE 108 Ib 310 S. 315 l'acquisition d'immeubles par des personnes à l'étranger, Berne, avril 1980 p. 50). En l'occurrence, chacune des suites que les intimés désirent acquérir, l'un au sixième étage (322,3 m2) et l'autre au second étage (279,4 m2), est composée non pas de deux, mais de trois appartements dont la superficie dépasse très largement la surface de 140 m2 que le Tribunal fédéral n'a pas admise dans son arrêt Botisk et celle de 200 m2 retenue par la Commission d'experts. On ne se trouve donc certainement pas en présence de cas limites où les circonstances de fait (situation de famille, état de la fortune, etc.) pourraient jouer un certain rôle pour refuser ou accorder les autorisations litigieuses. Ainsi, le fait - allégué mais non établi par pièces - que les intimés ont respectivement 3 et 4 enfants relativement jeunes n'est pas en soi décisif pour permettre l'acquisition de résidences secondaires luxueuses de 9 1/2 et 7 1/2 pièces. b) Au surplus, les prix fixés (1'158'000 fr. et 1'059'000 fr.) apparaissent élevés pour de simples résidences secondaires. Il faut d'ailleurs souligner que ces prix sont nettement supérieurs aux prix que Carlo di Francesco avait annoncés dans sa requête à la Commission foncière II en 1979. Il ressort, en effet, du plan financier produit que le prix de vente des lots en cause s'élevait respectivement à 782'500 fr. (lots Nos 66, 67 et 68) et 566'400 fr. (lots Nos 21, 22 et 23). Or, si le prix que l'acquéreur s'engage à payer n'est pas déterminant, il permet tout de même d'apprécier la notion de résidence secondaire au sens de l'art. 4 al. 1 lettre c OAITE. En effet, il ne paraît plus possible, lorsque la surface et la valeur dépassent les limites admises, de parler de résidence secondaire, dont l'acquisition par une personne à l'étranger "favorise un développement de l'économie touristique limité, sélectif et équilibré par rapport à d'autres formes d'hébergement." Certes, le paiement d'un prix élevé serait de nature à faciliter le financement des travaux de rénovation et de transformation du Grand Hôtel de Territet, mais ce n'est pas là une raison suffisante d'accorder les autorisations sollicitées.
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Urteilskopf 110 V 339 55. Urteil vom 18. Dezember 1984 i.S. Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit gegen Bonetti und Kantonale Rekurskommission Uri für die Arbeitslosenversicherung
Regeste Art. 45 Abs. 1 AVIG , Art. 69 Abs. 1 und 2 AVIV : Schlechtwetterentschädigung. - Die Fristen zur erstmaligen Meldung des Arbeitsausfalls infolge Schlechtwetters und zu deren wöchentlicher Erneuerung ( Art. 45 Abs. 1 AVIG ) sind Verwirkungsfristen mit der Folge, dass der Arbeitsausfall bei verspäteter Meldung - sofern dafür kein entschuldbarer Grund vorliegt - erst vom Tag der Meldung bzw. ihrer Erneuerung an anrechenbar ist. Art. 69 Abs. 1 und 2 AVIV sind gesetzmässig (Erw. 2a). - Die "wöchentliche" Erneuerung der Meldung hat alle 7 Tage zu erfolgen (Erw. 2b). Sie ist bei länger dauerndem ununterbrochenem Arbeitsausfall auch dann unerlässlich, wenn die Schlechtwetterlage stabil zu sein scheint und mit einer Wiederaufnahme der Arbeit in nächster Zeit nicht gerechnet zu werden braucht (Erw. 2c).
Sachverhalt ab Seite 339 BGE 110 V 339 S. 339 A.- Die Bauunternehmung Bonetti meldete dem Kantonalen Industrie-, Gewerbe- und Arbeitsamt Uri am 20. Dezember 1983, dass die Arbeit auf vier Baustellen in Andermatt und Hospental BGE 110 V 339 S. 340 ab 9. Januar 1984 witterungsbedingt eingestellt werde. Das kantonale Amt wandte gegen die Auszahlung der Schlechtwetterentschädigung nichts ein. Hingegen erhob es Einspruch gegen die weitere Ausrichtung der Entschädigung, welche mit Meldung vom 23. Januar 1984 für den vom 16. bis 21. Januar 1984 dauernden Arbeitsausfall geltend gemacht wurde, mit der Begründung, bei länger dauerndem ununterbrochenem Arbeitsausfall sei die Meldung wöchentlich zu erneuern; da die erstmalige Meldung nicht am 16. Januar 1984 erneuert worden sei, könne der Ausfall in der Zeit vom 16. bis 21. Januar 1984 nicht entschädigt werden (Verfügung vom 24. Januar 1984). B.- Die Kantonale Rekurskommission Uri für die Arbeitslosenversicherung hiess eine hiegegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 5. April 1984 gut und wies das kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit an, eine neue Verfügung zu erlassen. C.- Das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 45 Abs. 1 AVIG muss der Arbeitgeber der kantonalen Amtsstelle unverzüglich melden, wenn er für seine Arbeitnehmer Schlechtwetterentschädigung geltend machen will. Die Meldung ist auch erforderlich, wenn der Arbeitsausfall den Karenztag ( Art. 43 Abs. 3 AVIG ) nicht übersteigt. Bei länger dauerndem ununterbrochenem Arbeitsausfall ist die Meldung wöchentlich zu erneuern. Hat die kantonale Amtsstelle Zweifel an der Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalles, so nimmt sie die geeigneten Abklärungen vor. Erachtet sie den Arbeitsausfall als nicht anrechenbar oder ist er zu spät gemeldet worden, so erhebt sie durch Verfügung Einspruch gegen die Auszahlung der Schlechtwetterentschädigung. Sie benachrichtigt in jedem Fall den Arbeitgeber und die von ihm bezeichnete Kasse ( Art. 45 Abs. 4 AVIG ). Laut Art. 69 Abs. 1 AVIV muss der Arbeitgeber den wetterbedingten Arbeitsausfall spätestens am folgenden Werktag, ausgenommen Samstag, auf dem Formular des BIGA melden. Hat er den wetterbedingten Ausfall ohne entschuldbaren Grund verspätet BGE 110 V 339 S. 341 gemeldet, so ist dieser erst vom Tag der Meldung an anrechenbar (Abs. 2). 2. a) Die Bestimmung von Art. 45 Abs. 1 AVIG , wonach der Arbeitgeber der kantonalen Amtsstelle unverzüglich melden muss, wenn er für seine Arbeitnehmer Schlechtwetterentschädigung geltend machen will, stellt keine blosse Ordnungsvorschrift, sondern eine formelle Anspruchsvoraussetzung dar mit der Folge, dass der ohne entschuldbaren Grund verspätet gemeldete wetterbedingte Arbeitsausfall erst vom Tag der Meldung an anrechenbar ist ( Art. 69 Abs. 2 AVIV ). Denn jene Vorschrift bezweckt weder die speditive Abwicklung der Auszahlung von Schlechtwetterentschädigungen noch die Wahrung der Dispositionsmöglichkeiten der Arbeitgeber. Im Vordergrund steht vielmehr die Sicherung der Kontrollmöglichkeiten der kantonalen Amtsstellen (insbesondere hinsichtlich der meteorologischen Verhältnisse), wie sich schon aus dem Randtitel zu Art. 45 AVIG ("Meldung und Überprüfung des Arbeitsausfalls") ergibt. Wenn der Bundesrat gestützt auf Art. 45 Abs. 1 AVIG in Art. 69 Abs. 1 AVIV anordnete, dass der Arbeitgeber den wetterbedingten Arbeitsausfall spätestens am folgenden Werktag melden muss, so erweist sich diese Ordnung nach dem Sinn und Zweck der unverzüglichen Meldepflicht (Gewährleistung der Kontrolle) als sachlich gerechtfertigt und die erwähnte Verordnungsbestimmung demnach als gesetzmässig (vgl. in diesem Zusammenhang BGE 109 V 141 Erw. 2b, 218 Erw. 5a, BGE 108 V 116 Erw. 3a). Daraus folgt auch, dass die Regelung, nach der bei unentschuldet verspäteter Meldung der wetterbedingte Arbeitsausfall erst vom Tag der Meldung an angerechnet wird ( Art. 69 Abs. 2 AVIV ) und der Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung für die vor der Meldung liegenden Ausfalltage somit verwirkt ist, sich im Rahmen des Gesetzes hält, zumal Art. 45 Abs. 4 AVIG den Einspruch der kantonalen Amtsstellen gegen die Auszahlung von Schlechtwetterentschädigung wegen verspäteter Meldung ausdrücklich vorsieht. Wie das BIGA in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde zutreffend ausführt, ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die Schlechtwetterentschädigung zeitlich unbegrenzt ausgerichtet werden kann ( Art. 44 Abs. 2 AVIG ). Der Missbrauchsgefahr kann nur dann wirksam begegnet werden, wenn einerseits die Erfüllung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen (vgl. Art. 42 und 43 AVIG ) genau überprüft wird und anderseits die Möglichkeiten der Schadensminderung durch Zuweisung einer geeigneten zumutbaren Zwischenbeschäftigung (Art. 50 in BGE 110 V 339 S. 342 Verbindung mit Art. 41 AVIG ) für die Arbeitslosenversicherung rechtzeitig erkennbar sind. b) Dies gilt nicht nur für die erstmalige Meldung des wetterbedingten Arbeitsausfalls, sondern sinngemäss auch für die bei länger dauerndem ununterbrochenem Arbeitsausfall nach Art. 45 Abs. 1 Satz 3 AVIG erforderliche wöchentliche Erneuerung der Meldung. Dabei ist unter der "wöchentlich" ("settimanalmente" in der italienischen Fassung) zu erneuernden Meldung im Sinne dieser Bestimmung nicht eine solche "pro Woche, ungeachtet des Wochentages" zu verstehen. Zwar liesse der Wortlaut des französischen Textes ("l'avis sera répété chaque semaine") diese Interpretation an sich zu. Aufgrund einer solchen wörtlichen Auslegung müsste aber bei einer z.B. am Montag erstatteten Meldung eine Erneuerung am Freitag der darauffolgenden Woche trotz der dazwischen liegenden Zeitspanne von elf Tagen als rechtzeitig erachtet werden - ein Zeitraum, welcher für eine zuverlässige und regelmässige Überprüfung des wetterbedingten Arbeitsausfalls als zu lang und daher als unzweckmässig erachtet werden muss. Einzig eine Erneuerung der Meldung "alle sieben Tage" vermag den gesetzlich vorgesehenen Kontrollzweck zu erfüllen. c) Vom Arbeitgeber wird nicht unverhältnismässig viel verlangt, wenn er - rechtzeitig und allenfalls wöchentlich - ein einfaches Formular des BIGA ausfüllen und der kantonalen Amtsstelle zustellen muss ( Art. 69 Abs. 1 AVIV ). Dieser bescheidene administrative Aufwand ist dem Arbeitgeber selbst dann zuzumuten, wenn die Schlechtwetterlage stabil zu sein scheint und mit einer Wiederaufnahme der Arbeit in nächster Zeit nicht gerechnet zu werden braucht. Denn die Verhältnisse können sich gelegentlich unvorhergesehen ändern, namentlich jeweils in den saisonalen Übergangsperioden. Auch wenn einzuräumen ist, dass sich in gewissen Fällen aufgrund der geographischen Lage eines Arbeitsplatzes, z.B. in Hochtälern wie im Urserental oder bei eigentlichen Hochgebirgsbaustellen, im Hinblick auf die Überprüfbarkeit des wetterbedingten Arbeitsausfalls Ausnahmen von der wöchentlichen Meldepflicht rechtfertigen liessen, so muss auf die beträchtliche, rechtlich kaum befriedigend zu lösende Schwierigkeit hingewiesen werden, praktikable Abgrenzungskriterien zu formulieren, anhand welcher zuverlässig zwischen wetterbedingten Arbeitsausfällen mit und solchen ohne gesetzliche Meldepflicht unterschieden werden könnte. Sodann würde die Rechtssicherheit, die einheitliche Rechtsanwendung und damit auch die rechtsgleiche Behandlung BGE 110 V 339 S. 343 der Versicherten gefährdet, wenn der Zeitpunkt der Meldung oder ihre regelmässige Erneuerung ins Belieben des Arbeitgebers gestellt und der Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung allein aufgrund der materiellen Voraussetzungen der Anrechenbarkeit des Arbeitsausfalls beurteilt würde. 3. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz lässt sich im vorliegenden Fall allein aus dem Umstand, dass das neue, am 1. Januar 1984 in Kraft getretene Recht strengere Formvorschriften als das alte Recht kennt, nichts zugunsten der Beschwerdegegnerin ableiten. Auch spielt es keine Rolle, ob die erstmalige Meldung des wetterbedingten Arbeitsausfalls noch vor oder nach dem 1. Januar 1984 erfolgte, da sie sich auf den ab 9. Januar 1984, d.h. unter der Geltung des neuen Rechts entstandenen Arbeitsausfall bezog, und überdies gegen die Auszahlung der Schlechtwetterentschädigung für den mit dieser (rechtzeitigen) Meldung angezeigten Arbeitsausfall gar kein Einspruch erhoben wurde. Sodann stellt die Tatsache, dass die Pflicht zur wöchentlichen Erneuerung der Meldung unmittelbar nach Inkrafttreten des neuen Rechts verletzt wurde, keinen entschuldbaren Grund im Sinne von Art. 69 Abs. 2 AVIV dar. Ferner ergibt sich die Verwirkungsfolge bei Nichteinhaltung der Meldefristen klar aus Art. 69 Abs. 2 AVIV . Schliesslich besteht kein Grund zur Annahme, dass Formvorschriften im Sozialversicherungsrecht weniger genau eingehalten werden müssten als in anderen Rechtsgebieten. Somit liegt kein Anlass vor, vom Grundsatz abzugehen, wonach die Meldepflicht des Arbeitgebers (erste Meldung wie wöchentliche Folgemeldungen) keine blosse Ordnungsvorschrift darstellt, sondern wonach die Verletzung dieser Meldepflicht - sofern dafür wie im vorliegenden Fall kein entschuldbarer Grund im Rechtssinne gegeben ist - zur Folge hat, dass der wetterbedingte Arbeitsausfall erst vom Tag der Meldung bzw. deren Erneuerung, d.h. vom 23. Januar 1984 an als anrechenbar gilt. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des BIGA erweist sich folglich als begründet. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid der Kantonalen Rekurskommission Uri für die Arbeitslosenversicherung vom 5. April 1984 aufgehoben.
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Urteilskopf 112 Ib 137 23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. April 1986 i.S. X. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Strafübernahmebegehren nach Art. 88/89 IRSG, Form der Abtretung. Aus dem Wortlaut von Art. 30 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 Abs. 2 IRSG folgt zwingend, dass ein Begehren um Übernahme der Strafverfolgung durch einen ausländischen Staat mit einer Verfügung des Bundesamtes für Polizeiwesen einzuleiten ist, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden kann.
Sachverhalt ab Seite 137 BGE 112 Ib 137 S. 137 Das Verhöramt Nidwalden führte ab Oktober 1984 eine Strafuntersuchung wegen verschiedener Tatbestände aus dem Bereich der Wirtschaftskriminalität (Betrug, ungetreue Geschäftsführung, Veruntreuung usw.) gegen den deutschen Staatsangehörigen X., einen weiteren Deutschen und zwei Schweizer. X. befand sich vom 31. Oktober 1984 bis 17. Dezember 1984 in Untersuchungshaft und wurde dann gegen Leistung einer Fluchtkaution auf freien Fuss gesetzt. In der Folge wurde er fremdenpolizeilich zum Verlassen der Schweiz aufgefordert; er ist seither in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) wohnhaft. Die Fluchtkaution wurde freigegeben. Am 4. September 1985 stellte das Verhöramt Nidwalden beim Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) das Gesuch, es sei ein von ihm am 23. August 1985 verfasstes Begehren um Übernahme der Strafverfolgung gegen X. an die zuständige Behörde der BRD weiterzuleiten. Dem Gesuch fügte es sämtliche bisher ergangenen Untersuchungsakten bei. Das BAP richtete am 12. September 1985 antragsgemäss ein Strafübernahmebegehren an das Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen. Mit Antwortschreiben BGE 112 Ib 137 S. 138 vom 28. November 1985 liess diese Behörde dem BAP eine Stellungnahme des Leitenden Oberstaatsanwaltes in Düsseldorf vom 12. November 1985 zukommen. Darin wird der Übernahme der Strafverfolgung gegen X. durch die BRD zugestimmt und sodann erklärt, die Akten würden an die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Berlin weitergeleitet, wo bereits ein konnexes Verfahren gegen einen Mitangeschuldigten hängig sei. Am 9. Dezember 1985 wandte sich der schweizerische Anwalt von X. an das Verhöramt Nidwalden mit dem Ersuchen, es sei ihm Akteneinsicht zu gewähren und eine Verfügung über die Abtretung der Strafverfolgung mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Das Verhöramt antwortete am 12. Dezember 1985. Es stellte dem Anwalt die Akten betreffend Abtretung des Verfahrens in Kopie zu und bemerkte, das Übernahmebegehren an die BRD sei vom BAP gestellt worden. Am 17. Dezember 1985 richtete der nämliche Anwalt eine als "vorsorgliche Einsprache" bezeichnete Eingabe an das BAP mit den Anträgen, es sei abzuklären, welche eidgenössische oder kantonale Behörde "für den Erlass einer Verfügung gemäss Art. 21 ff. IRSG " zuständig sei; alsdann habe ihm diese Behörde Akteneinsicht zu gewähren und eine Verfügung zu erlassen. Gleichzeitig ersuchte er darum, es sei der Einsprache aufschiebende Wirkung zu gewähren. Am 15. Januar 1986 erliess das BAP eine Verfügung folgenden Wortlautes: "Es wird festgestellt, dass für die Abtretung des gegen Sie im Kanton Nidwalden geführten Strafverfahrens an die BRD von Bundesrechts wegen keine anfechtbare Verfügung zu erlassen war oder ist." Die Verfügung enthält ferner den Kostenspruch sowie eine Rechtsmittelbelehrung. Am 27. Januar 1986 liess X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde erheben mit folgenden Anträgen: "1. Die Verfügung des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 15.1.1986 sei aufzuheben, und 1.1. das Bundesamt für Polizeiwesen habe festzustellen, wer für den Erlass einer erstinstanzlichen Verfügung betreffend Übertragung des gegen den Beschwerdeführer im Kanton Nidwalden geführten Untersuchungsverfahrens an die deutschen Behörden zuständig ist; 1.2. eventuell sei vom Bundesgericht festzustellen, wer für den Erlass einer erstinstanzlichen Verfügung betreffend Übertragung des gegen den Beschwerdeführer im Kanton Nidwalden geführten Untersuchungsverfahrens an die deutschen Behörden zuständig ist. BGE 112 Ib 137 S. 139 2. Es sei festzustellen, dass die für den Erlass der erstinstanzlichen Verfügung betreffend Übertragung des Untersuchungsverfahrens an die deutschen Behörden zuständige Instanz dem Beschwerdeführer und seinem Verteidiger Akteneinsicht zu gewähren und anschliessend die beantragte Verfügung samt Rechtsmittelbelehrung nach Art. 22 IRSG zu erlassen habe. 3. (Gesuch um aufschiebende Wirkung.) 4. Eventuell sei das vorliegende Verwaltungsgerichtsverfahren zu sistieren, bis eine Antwort des Verhöramtes Nidwalden auf das Schreiben des Beschwerdeführers vom 20.1.1986 vorliegt und ein allfälliges Rechtsmittelverfahren vor den kantonalen Behörden stattgefunden hat. 5. (Kosten- und Entschädigungsfolgen.)" Das hier erwähnte Schreiben an das Verhöramt Nidwalden enthält Anträge, die denjenigen gemäss Antrag 1 und 2 der vorliegenden Beschwerde im wesentlichen entsprechen. Es wurde am 28. Januar 1986 dahin beantwortet, dass beim Verhöramt Nidwalden kein Verfahren mehr hängig und dass für das Strafübernahmeverfahren allein das BAP zuständig sei. Gegen den Entscheid hat X. beim Obergericht des Kantons Nidwalden Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen teilweise gut, hebt die Verfügung des BAP vom 15. Januar 1986 auf und lädt dieses ein, hinsichtlich der Abtretung des im Kanton Nidwalden geführten Strafverfahrens an die BRD eine weiterziehbare Verfügung zu treffen; im übrigen - betreffend Akteneinsicht (Ziff. 2 der Begehren) - weist es die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer leitet aus den Art. 22 und 25 IRSG ab, dass das BAP in Fällen der vorliegenden Art entweder selbst eine Verfügung zu treffen oder eine kantonale Stelle zum Erlass einer solchen anzuhalten habe. Das BAP hält diese Auffassung für unzutreffend. a) Die Übernahme der Strafverfolgung durch einen ausländischen Staat ist im einzelnen in den Art. 88 und 89 IRSG geregelt, und überdies beziehen sich die dem ersten Teil und damit den allgemeinen Bestimmungen des IRSG angehörenden Art. 25 Abs. 2 sowie Art. 30 Abs. 2 auf sie. In Art. 88 IRSG wird bestimmt, ein anderer Staat könne um Übernahme der Strafverfolgung wegen einer der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterliegenden Tat ersucht werden, wenn seine Gesetzgebung deren Verfolgung und gerichtliche Ahndung zulasse und der Verfolgte BGE 112 Ib 137 S. 140 a. sich dort aufhalte und seine Auslieferung an die Schweiz unzweckmässig oder unzulässig sei, oder wenn er b. an den betreffenden Staat ausgeliefert werde und die Übertragung der Strafverfolgung eine bessere soziale Wiedereingliederung erwarten lasse. Art. 89 IRSG umschreibt die Wirkungen der Übertragung des Verfahrens; insbesondere wird bestimmt, dass bei Übernahme des Falles durch einen ausländischen Staat in der Schweiz keine weiteren Massnahmen gegen den Verfolgten ergriffen werden dürfen. Gemäss Art. 30 Abs. 2 IRSG ist für schweizerische Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung das BAP zuständig; es hat auf Antrag der kantonalen Behörde zu handeln. Art. 25 Abs. 2 IRSG schliesslich lautet unter dem Titel "Verwaltungsgerichtsbeschwerde" wie folgt: "Gegen ein schweizerisches Ersuchen an einen andern Staat ist die Beschwerde nur zulässig, wenn dieser um Übernahme der Strafverfolgung oder der Urteilsvollstreckung ersucht wird. In diesem Fall ist nur der Verfolgte beschwerdeberechtigt." b) Die Vernehmlassung des BAP zur Frage der Zuständigkeit zur Stellung von Strafübernahmebegehren an ausländische Staaten ist nicht eindeutig. Einerseits verweist es auf ein Merkblatt vom 19. September 1985, wonach Strafübernahmebegehren immer über das BAP gestellt werden müssen; es stützt sich dabei auf Art. 7 Ziff. 3 lit. b der Verordnung des Bundesrates über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter vom 9. Mai 1979 (SR 172.010.15) . Anderseits weist es darauf hin, dass einzelne Kantone hinsichtlich der Strafübernahme an das Ausland selbständige Verfügungen treffen, die (mindestens) mit einem kantonalen Rechtsmittel anfechtbar sind (Graubünden, Zürich). Es ist somit nachfolgend darüber zu befinden, ob das BAP in Fällen dieser Art zum Erlass einer Verfügung verpflichtet sei. Nicht zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren die Frage, ob auch die Kantone solche Verfügungen treffen könnten; denn es fehlt hier zum mindesten vorläufig an einem Anfechtungsgegenstand. Der Entscheid des Obergerichts des Kantons Nidwalden über die vom Beschwerdeführer zu dieser Frage eingereichte Beschwerde braucht nicht abgewartet zu werden. Wird nämlich das BAP als zum Erlass einer Verfügung verpflichtet erklärt, so ist die Streitfrage erledigt; wird es dies nicht, so steht dem Beschwerdeführer gegen den kantonalen Entscheid immer noch der Weg der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht offen. BGE 112 Ib 137 S. 141 3. a) Von den angeführten gesetzlichen Bestimmungen sind für die hier zu entscheidende Frage insbesondere die Art. 30 Abs. 2 und 25 Abs. 2 IRSG von Bedeutung. Nach ihrem Wortlaut steht eindeutig fest, dass für schweizerische Ersuchen um Übernahme der Strafverfolgung das BAP zuständig und dass gegen solche Ersuchen an einen andern Staat die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist, wozu einzig der Verfolgte legitimiert ist. An dieser klaren Regelung vermag die Verordnung über die Aufgaben der Departemente, Gruppen und Ämter, auf welche das BAP hinweist, nichts zu ändern. Dieser Erlass dient der Aufteilung der verschiedenen Bundesaufgaben auf die einzelnen Bundesstellen und begründet selber keine Kompetenzen. b) Art. 25 Abs. 2 IRSG , der den Weiterzug von "Ersuchen" betreffend die Abtretung von Strafverfahren an das Ausland mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht vorsieht (s. auch SCHULTZ, Das neue Schweizer Recht der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen, SJZ 77/1981, S. 95, und MARKEES, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SJK Nr. 421a, S. 26), setzt notwendigerweise voraus, dass dieses "Ersuchen" zu einer Verfügung geführt hat; denn ohne Verfügung ist eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht denkbar. Demnach bleibt einzig zu entscheiden, ob damit notwendigerweise eine Verfügung des BAP gemeint sei oder ob es sich - wie dieses annimmt - auch um eine solche der zuständigen kantonalen Behörde handeln könne. Das BAP erklärt, mit Art. 25 Abs. 2 IRSG würden einzig die eventuell vorhandenen kantonalen Rechtsmittel gegen einen kantonalen Entscheid beschränkt; einerseits solle die Stellung eines Auslieferungsbegehrens an einen ausländischen Staat überhaupt nicht angefochten werden können, anderseits aber eine eventuell nach kantonalem Recht an sich mögliche Beschwerde gegen ein Übernahmeersuchen an einen ausländischen Staat nur vom Verfolgten, nicht aber z.B. von einem möglichen Geschädigten ergriffen werden können. Die vom BAP vertretene Auffassung erweckt Bedenken. Die These, es gehe nur um den Ausschluss eventuell vorhandener kantonaler Rechtsmittel in gewissen Fällen, findet im Wortlaut von Art. 25 IRSG keine Stütze. Hinzu kommt, dass Abs. 2 dieser Bestimmung Teil eines die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht regelnden und entsprechend überschriebenen Gesetzesartikels bildet; er kann sich somit nicht nur auf kantonale Rechtsmittel beziehen. Es wäre auch kaum verständlich, wenn ein BGE 112 Ib 137 S. 142 vom Bundesrecht vorgesehenes Rechtsmittel nur ergriffen werden könnte, falls das kantonale Recht vorschreibt, dass Übernahmebegehren schon auf kantonaler Ebene in die Form einer Verfügung gekleidet werden müssen, nicht aber, wenn die kantonalen Behörden derartige Begehren in der einfachen Form eines Ersuchschreibens an das BAP richten können. Eine solche Ungleichheit des Rechtsschutzes auf einem sonst einheitlich geregelten Gebiet kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Verhält es sich aber so und schreibt das Bundesrecht - was unbestritten ist - nicht vor, dass der Überweisung der Akten an das BAP eine anfechtbare kantonale Verfügung voranzugehen habe, so folgt aus dem Wortlaut von Art. 30 Abs. 2 und Art. 25 Abs. 2 IRSG zwingend, dass ein Begehren um Übernahme der Strafverfolgung durch einen ausländischen Staat mit einer Verfügung des BAP einzuleiten ist, die mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden kann.
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Urteilskopf 81 III 153 43. Entscheid vom 7. September 1955 i.S. Speck.
Regeste Arrestprosequierung ( Art. 278 SchKG ). 1. Vor Bewilligung des Arrestes eingeleitete Klage? 2. Die Frist von Art. 278 Abs. 2 Satz 1 SchKG wird durch die Einleitung der Forderungsklage gewahrt, auch wenn der Gläubiger die Möglichkeit gehabt hätte, provisorische Rechtsöffnung zu verlangen. 3. Hinfall des Arrestes infolge nicht behebbarer formeller Mängel der Forderungsklage ( Art. 278 Abs. 4 SchKG ).
Sachverhalt ab Seite 154 BGE 81 III 153 S. 154 A.- Am 8./10. November 1954 leitete Frau Speck gegen ihren Ehemann beim Vermittleramt St. Gallen Klage auf Ehescheidung ein. Der Vermittungsvorstand fand am 25. November 1954 statt. Die Ehefrau stellte dabei u.a. das Begehren, der Ehemann habe ihr "einen Betrag von Fr. 6000.-- gemäss Vereinbarung als Entschädigung unter allen Titeln anzuerkennen und zu bezahlen". In der am 25. Februar 1955 beim Bezirksgericht St. Gallen eingereichten Scheidungsklage verlangte sie mit Rechtsbegehren 3, der Ehemann habe ihr "einen Betrag nach Ergebnis der Untersuchung, mindestens aber Fr. 6000.-- anzuerkennen und zu bezahlen". Am 1. Juli 1955 änderte sie dieses Rechtsbegehren (zulässigerweise) dahin ab, dass der Ehemann ihr "einen Betrag von Fr. 9000.--, eventuell einen Betrag nach Ergebnis der Untersuchung, anzuerkennen und zu bezahlen" habe. B.- Inzwischen hatte Frau Speck gegen ihren Ehemann für eine Forderung von Fr. 9000.-- auf Grund zweier Verlustscheine, die sie im Konkurs des Ehemanns für ungedeckt gebliebene, vom Ehemann anerkannte Frauengutsansprüche erhalten hatte, einen Arrest auf ein bestrittenes Guthaben des Ehemanns erwirkt (Arrest Nr. 3). Die Arresturkunde wurde ihr am 1. Februar 1955 zugestellt. Hierauf leitete sie am 8. Februar 1955 für die Arrestforderung Betreibung ein (Nr. 12374). Der Schuldner erhob Rechtsvorschlag. Er machte damit geltend, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, und behielt sich BGE 81 III 153 S. 155 weitere Einreden vor. Hievon am 17. Februar 1955 verständigt, stellte die Gläubigerin am 28. Februar 1955 (Montag) das Vermittlungsbegehren. Beim Vermittlungsvorstand verlangte sie, "es sei die im Arrestbefehl aufgeführte und in Betreibung gesetzte Forderung im Betrage von Fr. 9000.-- anzuerkennen und zu bezahlen und die vom Schuldner erhobene Einrede des mangelnden neuen Vermögens abzuweisen". Mit Klage vom 4. April 1955 brachte sie diese Begehren beim Bezirksgerichte St. Gallen an. Dieses erkannte mit Vorentscheid vom 3. Juni 1955, auf die Forderungsklage werde "zufolge Unzulässigkeit der gewählten Prozessart und der Klageverbindung" nicht eingetreten. Die prozessualen Einreden des Schuldners gegen das auf die Einrede des mangelnden neuen Vermögens bezügliche Klabebegehren wies es dagegen ab. Dieser Entscheid wurde dadurch rechtskräftig, dass die Gläubigerin ihre Berufung an das Kantonsgericht am 13. Juli 1955 zurückzog. C.- Auf Grund einer Bestätigung, wonach die Gläubigerin es unterlassen hatte, gleichzeitig mit der Klage auf Feststellung neuen Vermögens Rechtsöffnung zu verlangen, stellte das Betreibungsamt St. Gallen am 7. April 1955 fest, der Arrest sei dahingefallen. Auf Einsprache des Vertreters der Gläubigerin hin widerrief es diese Verfügung am 14. April 1955 und traf die Feststellung, der Arrest bleibe zu Recht bestehen, weil die Gläubigerin die Fristen von Art. 278 SchKG mit dem Betreibungsbegehren vom 8. und dem Vermittlungsbegehren vom 28. Februar 1955 gewahrt habe. Hierauf führte der Schuldner Beschwerde mit dem Begehren, es sei in Aufhebung der Verfügung vom 14. April 1955 das Dahinfallen des Arrestes festzustellen. In Übereinstimmung mit der untern Aufsichtsbehörde hat die kantonale Aufsichtsbehörde diese Beschwerde mit Entscheid vom 20. Juli 1955 abgewiesen. Diesen Entscheid hat der Schuldner an das Bundesgericht weitergezogen. BGE 81 III 153 S. 156 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz nimmt an, der streitige Arrest sei deshalb bestehen geblieben, weil die Gläubigerin schon vor Bewilligung des Arrestes im Zusammenhang mit ihrem Scheidungsbegehren Klage auf Anerkennung und Bezahlung ihrer Frauengutsansprüche eingeleitet habe und diese Klage noch hängig sei. Der Bewilligung des Arrestes sind jedoch nur das Vermittlungsbegehren und der Vermittlungsvorstand im Scheidungsprozess vorausgegangen. Dabei hatte die Gläubigerin bloss das Begehren gestellt, ihr Ehemann habe ihr einen Betrag von Fr. 6000.-- gemäss Vereinbarung als Entschädigung unter allen Titeln zu bezahlen. Sie nahm dabei unzweifelhaft auf die Vereinbarung der Parteien vom 29. September 1954 Bezug, deren Ziffer 4 lautet: "Herr Speck anerkennt gegenüber seiner Ehefrau per Saldo aller ihrer Ansprüche einen Betrag von Fr. 6000.--, zahlbar nach Rechtskraft des Scheidungsurteils und sobald es dannzumal Herrn Speck möglich sein wird." Es kann keine Rede davon sein, dass die Gläubigerin mit dem Begehren, der Schuldner habe ihr Fr. 6000.-- gemäss dieser Vereinbarung zu zahlen, die Forderung von Fr. 9000.-- eingeklagt habe, für die sie dann im Januar 1955 den Arrest erwirkte. Die Klageschrift an das Bezirksgericht und die Eingabe, mit welcher die Gläubigerin in Abänderung von Klagebegehren 3 die Bezahlung von Fr. 9000.-- verlangte, wurden erst nach Bewilligung des Arrestes eingereicht. Diese prozessualen Schritte fallen daher bei Beurteilung der Frage, ob die Arrestforderung schon vor Bewilligung des Arrestes gerichtlich eingeklagt worden sei, von vorneherein ausser Betracht. Eine solche Klage war also zur Zeit der Bewilligung des Arrestes noch nicht eingeleitet. Die Gläubigerin hat es denn auch seinerzeit selber für nötig befunden, nach Zustellung der Arresturkunde Betreibung und hernach Klage einzuleiten. BGE 81 III 153 S. 157 2. Die Betreibung Nr. 12374 ist unstreitig innert der Frist von Art. 278 Abs. 1 SchKG angehoben worden. Mit dem Vermittlungsbegehren vom 28. Februar 1955 hat die Gläubigerin auch die Frist von Art. 278 Abs. 2 gewahrt. Rechtsöffnung zu verlangen, statt die Forderungsklage anzuheben, war sie, wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, nicht gehalten, auch wenn sie in den beiden Konkursverlustscheinen gemäss Art. 265 Abs. 1 SchKG eine Schuldanerkennung besass, da darin angegeben war, dass der Schuldner die Forderung anerkannt habe. Die Entscheide und die Kommentarstelle, mit denen der Rekurrent seine gegenteilige Ansicht zu stützen sucht ( BGE 35 I 804 , BGE 67 III 157 , JAEGER/DAENIKER N. 10 zu Art. 278 SchKG ), befassen sich überhaupt nicht mit der Frage, ob der Gläubiger gegebenenfalls zwischen Rechtsöffnungsbegehren und Forderungsklage die Wahl habe oder nicht. Der Arrest ist aber nach Art. 278 Abs. 4 SchKG deshalb dahingefallen, weil das Bezirksgericht mit Vorentscheid vom 3. Juni 1955, der in Rechtskraft erwachsen ist, auf die Forderungsklage nicht eingetreten ist und weil die hängig gebliebene Klage auf Feststellung neuen Vermögens nicht genügt, um den Arrest aufrecht zu erhalten. Von endgültiger Abweisung der Klage, wie Art. 278 Abs. 4 SchKG sie voraussetzt, könnte freilich nicht gesprochen werden, wenn die Gläubigerin die im Nichteintretensentscheid festgestellten formellen Mängel ihrer Klage noch beheben könnte und die Rechtshängigkeit bei Benützung dieser Gelegenheit ununterbrochen fortbestünde (vgl. BGE 75 III 73 ff.). So verhält es sich aber nicht. Im Entscheid vom 3. Juni 1955 ist klar festgestellt, dass es nach kantonalem Prozessrecht unzulässig war, mit der Klage auf Feststellung neuen Vermögens, die bei der zuständigen Gerichtsinstanz als Klage in dem dafür massgebenden beschleunigten Verfahren eingereicht worden war, die in einem andern Verfahren zu behandelnde Forderungsklage zu verbinden, und dass dem Eventualantrag der Gläubigerin auf Abtrennung der Forderungsklage BGE 81 III 153 S. 158 nicht entsprochen werden konnte, weil das Gericht auf diese Klage von vornherein nicht eintreten durfte. Daraus ergibt sich, dass die formellen Mängel, die der am 3. Juni 1955 zurückgewiesenen Forderungsklage anhaften, nicht behebbar sind. Diese Klage muss somit im Sinne von Art. 278 Abs. 4 SchKG als endgültig abgewiesen gelten. Der Hinfall des Arrestes ist von den Betreibungsbehörden festzustellen ( BGE 66 III 59 ). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: In Gutheissung des Rekurses wird der angefochtene Entscheid aufgehoben und der Arrest Nr. 3 des Betreibungsamtes St. Gallen als dahingefallen erklärt.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
86108e6f-d7cd-4f01-9500-1b13c8e3ea7d
Urteilskopf 110 II 344 69. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 20 novembre 1984 dans la cause Société anonyme B. contre A. (recours en réforme)
Regeste Haftung des Arbeitnehmers ( Art. 321e OR ). Verwirkung der Schadenersatzforderung des Arbeitgebers, der es unterlässt, Ansprüche, die dem Umfang oder dem Grundsatz nach bekannt sind, vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer gegenüber geltend zu machen (E. 2). Festsetzung des Schadenersatzes, den der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber nach Art. 321e OR schuldet, in Berücksichtigung namentlich des Berufsrisikos, der Schwere des Verschuldens und der Höhe des Lohnes (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 344 BGE 110 II 344 S. 344 A.- A. a travaillé au service de la société anonyme B., en qualité d'ingénieur-chef de son bureau technique, du 1er septembre 1973 au 14 août 1980; il avait donné son congé le 24 mai 1980 pour la fin du mois d'août 1980. Son salaire mensuel brut avait passé de fr. 3'000.-- à environ fr. 4'000.--, non compris une gratification annuelle équivalant à un mois de salaire. A. travailla dès lors pour la société C. S.A., inscrite au registre du commerce au début de septembre 1980, dont il était le fondateur, l'associé et l'administrateur. La société anonyme B. a fait valoir contre A., après la fin du contrat, différentes créances en dommages-intérêts fondées sur des violations du contrat de travail. B.- La société anonyme B. a assigné A. en paiement de fr. 392'327.60 avec intérêt. Le défendeur a conclu au rejet de la demande. BGE 110 II 344 S. 345 Le Tribunal cantonal du canton du Valais a rejeté la demande par jugement du 6 janvier 1984. C.- Le Tribunal fédéral admet partiellement un recours en réforme de la demanderesse et réforme le jugement attaqué en ce sens que le défendeur est condamné à payer à la demanderesse fr. 35'000.-- avec intérêt à 5% dès le 13 mai 1981. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) La cour cantonale rejette les prétentions de la demanderesse en considérant notamment que celle-ci a renoncé à une éventuelle créance en dommages-intérêts du fait que, avant l'expiration des relations de travail, elle ne l'a pas fait valoir contre le défendeur ou n'a du moins pas formulé de réserve à ce sujet. Elle ne retient expressément ce motif que dans les cas a et b, mais ses considérants pourraient aussi être compris en ce sens que la renonciation aurait été générale, lorsqu'elle relève que "la demanderesse a de toute façon manifesté tacitement sa renonciation à faire valoir des créances éventuelles de dommages-intérêts". Si le Tribunal fédéral est lié en principe par les constatations de fait relatives au comportement des parties, notamment à leurs déclarations ( art. 63 al. 2 OJ ), il examine librement la qualification juridique à leur donner, en particulier pour déterminer s'il y a eu renonciation à une créance, soit remise conventionnelle de dette. b) La loi ne contient aucune règle relative à la péremption de la créance en dommages-intérêts de l'employeur, du fait qu'elle n'aurait pas été invoquée ou réservée avant l'expiration des relations de travail, contrairement à ce que prévoit par exemple l' art. 337d al. 3 CO lorsque le travailleur n'entre pas en service ou abandonne sans motif son emploi. Rien ne permet d'admettre l'existence d'une lacune de la loi sur ce point. Aussi une renonciation de l'employeur à sa créance ne peut-elle être admise que si, en application des principes généraux sur la formation des contrats, l'attitude des parties, interprétée selon le principe de la confiance, peut être comprise dans le cas particulier comme une remise de dette conventionnelle ( art. 115 CO ). Une manifestation de volonté, même si elle n'est exprimée que par actes concluants, doit être comprise selon le sens que de bonne foi son destinataire doit lui attribuer ( ATF 109 II 329 , ATF 108 II 317 , ATF 105 II 18 et les arrêts cités). Dans le cadre du contrat de travail, BGE 110 II 344 S. 346 les partenaires se doivent des égards réciproques, au respect desquels ils peuvent s'attendre l'un et l'autre. Aussi le travailleur qui arrive au terme de son contrat peut-il compter que, si l'employeur a des prétentions connues - dans leur quotité ou leur principe - à faire valoir contre lui, il le lui fera connaître avant d'accomplir les actes accompagnant la fin des relations de travail, tels que paiement du dernier salaire ou autre règlement de compte, formalités éventuelles relatives aux prestations de prévoyance, établissement d'un certificat de travail, cérémonie d'adieu. En règle générale, le silence de l'employeur à ce sujet peut être compris par le travailleur comme une renonciation à une telle prétention, exprimée par actes concluants; l'acceptation d'une telle offre par le travailleur se présume ( art. 6 CO ). En revanche, le silence de l'employeur ne saurait impliquer la renonciation à des créances dont il n'a pas encore connaissance, du moins dans leur principe; ce silence n'est pas non plus décisif lorsque l'employeur n'a pas la possibilité de manifester son intention au travailleur avant la fin des rapports de travail. Le Tribunal fédéral s'est déjà prononcé dans ce sens dans un arrêt non publié du 26 août 1955, confirmant un jugement du Tribunal de commerce du canton de Zurich publié in ZR 55/1956 No 92 consid. 7, p. 198 s. (cf. dans le même sens la jurisprudence cantonale publiée in ZR 62/1963 No 89 consid. IV, p. 273 s.; BJM 1975 p. 230 et 1974 p. 254; RJB 115/1979 p. 29 ss; Jahrbuch des schweizerischen Arbeitsrechts 1981, p. 241 s.; en doctrine, cf. par exemple STAEHELIN, n. 34 ad art. 321e CO ; VISCHER, Schweizerisches Privatrecht, VII/1 p. 361). Le fardeau de la preuve des faits permettant d'admettre une renonciation appartient au débiteur - soit au travailleur -, dès lors qu'il s'agit d'une cause d'extinction de l'obligation ( art. 8 CC ). c) En l'espèce, il y a lieu de distinguer suivant les créances que fait valoir l'employeur. aa) Dans le cas a, il ressort des constatations du jugement attaqué que ce n'est que "vers fin août 1980", soit après que le défendeur eut cessé son activité, le 14 août 1980, qu'un autre employé de la demanderesse a constaté une erreur de l'ordre de fr. 200'000.-- d'où résultait une sous-évaluation du même montant dans la soumission préparée par le défendeur, ayant donné lieu à l'adjudication. Dès lors, la constatation selon laquelle la demanderesse avait connaissance du dommage évalué à plus de fr. 200'000.-- "dès avant le départ de A." ne peut raisonnablement signifier que: "dès avant le 31 août 1980". Le jugement ne BGE 110 II 344 S. 347 constate pas quand le dernier salaire a été payé ni n'indique d'actes précis intervenus entre l'employeur et le travailleur, depuis cette découverte jusqu'à fin août 1980. La cour cantonale signale deux lettres datées du 27 août 1980 par le bureau d'architectes qui s'occupait de la construction. L'une de ces lettres était adressée à la demanderesse et soulignait la sous-évaluation de certains postes de la soumission, déclarant avoir déjà attiré l'attention à ce sujet avant l'adjudication des travaux. L'autre était adressée à C. S.A. à l'attention du défendeur et lui demandait sa collaboration personnelle pour l'achèvement des travaux; une copie de cette lettre fut adressée à la demanderesse, qui répondit le 12 septembre 1980 en s'opposant à la collaboration du défendeur. A fin août 1980, le travailleur, qui avait commis une négligence dans les calculs de la soumission, ignorait probablement lui-même son erreur et il n'avait alors pas non plus de raison de penser que son employeur émettrait une prétention contre lui à ce sujet. De son côté, l'employeur venait de prendre connaissance de ce dommage; une première approche du dommage par la demanderesse n'avait eu lieu que "vers fin août 1980". Il n'est pas établi que la demanderesse ait eu l'occasion d'avoir un contact quelconque avec le défendeur depuis cette découverte jusqu'au 31 août 1980. Dans ces conditions, le défendeur ne pouvait pas, de bonne foi, interpréter le seul silence de l'employeur jusqu'au 31 août 1980 comme une renonciation de ce dernier à faire valoir toute prétention en dommages-intérêts du fait de son travail. La cour cantonale a donc admis à tort que la demanderesse était déchue de sa prétention. bb) Dans le cas b, les dommages sont survenus durant l'hiver 1977/1978; par suite de surcharge, un toit a été déformé et a dû être réparé. Un rapport d'expertise a été établi le 22 septembre 1978. La cour cantonale en déduit que "les dommages et leur cause" ont été connus en 1978 par cette expertise, alors que la demanderesse n'a pas réagi avant 1981. Ces constatations de fait lient le Tribunal fédéral ( art. 63 al. 2 OJ ). Si la dette exacte de la demanderesse à l'égard de son client n'a été arrêtée que plus tard, soit en 1981, l'employeur savait bien avant août 1980 qu'il était recherché et qu'il devrait réparer ce dommage. Or il n'a fait valoir aucune prétention à ce sujet avant la fin des relations de travail. Pourtant, ces relations avaient connu quelques difficultés, le travailleur avait donné congé et la cour cantonale admet aussi BGE 110 II 344 S. 348 implicitement que le dernier salaire a été payé intégralement et sans réserve. Aussi en a-t-elle déduit à juste titre que, de bonne foi, le travailleur pouvait voir dans le silence de l'employeur à ce sujet jusqu'à la fin des rapports de travail une renonciation par actes concluants à une prétention en dommages-intérêts. cc) Dans le cas c, le jugement attaqué ne contient pas d'indications quant au moment où les faits se seraient passés. Le cas a été signalé en cours de procédure comme un fait nouveau, en raison duquel la demanderesse a augmenté ses conclusions. Les seuls faits établis ne permettent pas d'admettre une renonciation de sa part sur ce point. dd) Dans les cas d et e, les constatations de fait du jugement attaqué, qui lient le Tribunal fédéral, n'indiquent notamment pas quand les faits justifiant les prétentions de la demanderesse ont été connus d'elle, notamment s'ils l'ont été avant fin août 1980. Ces constatations sont donc aussi insuffisantes pour que l'on puisse admettre une renonciation de l'employeur à toute prétention sur ce point. 6. a) Dans le cas a, le jugement cantonal constate ce qui suit: L'offre de la demanderesse se montait à fr. 650'011.-- et a donné lieu à un contrat pour le prix de fr. 629'939.--. A dire d'expert, la demanderesse a subi une perte nette de fr. 354'686.50, en raison d'une sous-évaluation du devis (fr. 195'000.--), d'un manque à gagner dû au fait que le poids effectif de l'ouvrage a été inférieur au poids prévu (fr. 57'000.--), d'un coût supplémentaire en raison du manque de temps disponible (fr. 81'000.--, "Termindruck") et de différentes déductions opérées par le maître de l'ouvrage (fr. 12'896.60 + fr. 8'789.90). C'est le défendeur qui a rempli la soumission et commis l'erreur de l'ordre de fr. 200'000.--. Si son cahier des charges ne lui attribuait pas expressément la charge de remplir les soumissions, il plaçait néanmoins dans ses attributions les "études et calculations des prix de revient, prix d'ensemble et d'ateliers, exécution et contrôles ... contrôle des prix de revient en collaboration avec le CA ... collaboration de cas en cas à la facturation des ouvrages ...". En sa qualité de chef du bureau technique, le défendeur était directement subordonné à l'associé X., qui fonctionnait comme directeur technique de la société. Celui-ci confiait la tâche de remplir les soumissions à l'un ou l'autre des trois employés du bureau technique, dont le défendeur. En l'espèce, les calculs de prix BGE 110 II 344 S. 349 effectués par ce dernier n'ont pas été contrôlés par X. ou un employé; avant de signer le contrat avec le client, X. a expressément demandé à quelques reprises au défendeur si les prix avaient été justement calculés, ce qui lui a été confirmé. L'erreur ne fut découverte qu'après la conclusion du contrat. Par rapport à la taille de l'entreprise, le projet a était important; la construction prévue était très complexe. Les indications de l'expert relatives à la sous-évaluation varient quelque peu; s'il indique un montant d'environ fr. 195'000.--, il pense que l'offre de la demanderesse aurait dû s'élever au moins au montant du concurrent le plus proche, soit fr. 751'558.-- net, ou encore que la pression sur les prix, extrêmement forte à l'époque, aurait sans doute contraint l'entrepreneur à accorder un rabais tel que le prix de l'ouvrage n'aurait pas dépassé fr. 800'000.--. Au moment où l'offre a été formulée, des travaux importants demeuraient à faire pour l'établissement des plans et, vu la date prévue pour la fin de l'exécution, on pouvait prévoir que l'entreprise ne serait pas à même de terminer l'ouvrage sans aide extérieure. En droit, la cour cantonale considère que le défendeur n'est pas seul responsable de l'erreur, dont la responsabilité finale incombait bien plutôt au directeur X. Le défendeur n'ayant pas de formation proprement commerciale et n'ayant pas spécialement été engagé pour remplir des soumissions, on pouvait attendre de X. que, avant de conclure un contrat aussi important impliquant des travaux complexes, il surveillât de plus près le travail de son subordonné. b) Selon l' art. 321e al. 1 CO , le travailleur répond du dommage qu'il cause à l'employeur intentionnellement ou par négligence. En vertu de l' art. 321e al. 2 CO , la mesure de la diligence incombant au travailleur se détermine par le contrat, compte tenu du risque professionnel, de l'instruction ou des connaissances techniques nécessaires pour accomplir le travail promis, ainsi que des aptitudes et qualités du travailleur que l'employeur connaissait ou aurait dû connaître. Ces circonstances peuvent aussi être prises en considération pour déterminer l'étendue de la réparation (art. 99 al. 3, 42 à 44 CO). Selon la jurisprudence, le juge dispose en la matière d'un large pouvoir d'appréciation ( ATF 97 II 151 ). c) En l'occurrence, le défendeur n'a pas prêté l'attention exigée par le contrat et les circonstances au travail qui lui était confié et qui entrait dans le cadre des tâches pour lesquelles il avait été engagé; sans doute le contrat ne mentionnait-il pas parmi ces BGE 110 II 344 S. 350 tâches la fixation des prix, mais les parties sont convenues par la suite que cette tâche incombait au défendeur. Celui-ci répond donc en principe des conséquences de la violation du contrat. aa) Dans le dommage invoqué, de quelque fr. 350'000.-- au total, fr. 150'000.-- environ sont dus à des causes dont il n'est pas suffisamment établi qu'elles soient imputables au défendeur (prix de revient supplémentaire dû à une exécution trop rapide, moins-value quant au poids de la charpente, déductions imposées par le maître de l'ouvrage). On ignore en effet si ces causes de dommage étaient prévisibles au moment où la soumission fut remplie et, par conséquent, si on peut en faire un grief au défendeur. En particulier, si la nécessité de recourir à une aide extérieure était prévisible, le jugement attaqué ne constate ni que cela aurait exigé d'emblée une augmentation du montant de la soumission ni quel en aurait dû être le montant, le jugement ne parlant pas sur ce point d'une insuffisance de la soumission. Aussi l'employeur doit-il répondre de ces causes de dommage. bb) L'insuffisance théorique de fr. 195'000.-- quant au calcul du prix de revient n'équivaut pas nécessairement à un dommage. Le dommage suppose en effet qu'un calcul exact du prix de revient ait conduit à la conclusion d'un contrat comportant un prix total suffisant pour permettre de couvrir le prix de revient et la marge usuelle de bénéfice prise en considération. A cet égard, il résulte des constatations de la cour cantonale et de l'expertise à laquelle elle se réfère que, vu la pression exercée à l'époque sur les prix, la demanderesse n'aurait vraisemblablement pas pu obtenir l'adjudication des travaux à un prix supérieur à environ fr. 750'000.-- à fr. 800'000.--, au lieu du prix convenu de fr. 629'939.--, ce qui représente une différence de fr. 120'000.-- à fr. 170'000.--. La part du dommage imputable à l'insuffisance de la soumission n'atteint donc pas fr. 195'000.--. cc) L'erreur commise par le travailleur est en partie la réalisation d'un risque professionnel. En effet, dans une entreprise dont l'activité exige de nombreux calculs fondés en partie sur des appréciations, les travailleurs sont exposés à commettre occasionnellement de telles erreurs. Lorsqu'on doit compter avec la possibilité de leur survenance et qu'elles sont propres à causer un dommage important à l'employeur, celui-ci peut s'en prémunir en prévoyant au sein de l'entreprise un contrôle de ces appréciations et calculs; s'il s'abstient d'y procéder, il court un risque qu'il est équitable de lui faire supporter, du moins en partie. BGE 110 II 344 S. 351 Ce contrôle a été omis en l'espèce, alors même que l'importance et la complexité du projet le justifiaient, d'autant plus que le défendeur était considéré comme plus compétent dans son travail d'ingénieur proprement dit que dans l'établissement des soumissions, travail auquel il n'avait été appelé qu'en cours de contrat à la suite du décès du responsable de la serrurerie; aussi les soumissions portaient-elles le visa du directeur technique X., qui n'a pas vérifié ici les bases de calcul de la soumission. L'employeur ne saurait toutefois en porter toute la responsabilité, du moment que le travailleur a affirmé de manière répétée que les calculs étaient exacts, ce qui a sans doute dissuadé l'employeur de procéder à une vérification. dd) L'importance de la faute ne peut être négligée dans la détermination de la réparation. Au cas particulier, la faute du défendeur relève de la négligence inconsciente. Selon le jugement, elle consiste en ce que le défendeur a fixé les prix offerts dans la soumission "sur la base d'une construction tout à fait courante représentant des conditions simples, d'où nette sous-évaluation". On ne saurait voir là une faute grave. ee) Le montant du salaire peut également être pris en considération pour fixer l'étendue de la réparation due par le travailleur, du moins lorsque sa faute n'est pas grave et que le montant du dommage est particulièrement important. En effet, lorsque le salaire est élevé, on peut admettre qu'il permet dans une certaine mesure au travailleur de supporter une part du risque professionnel; cette part diminue avec le montant du salaire. Le salaire mensuel du défendeur était relativement modeste (fr. 3000.--, en dernier lieu fr. 4000.-- par mois), eu égard à la responsabilité élevée que l'exécution du contrat lui a fait courir dans l'établissement de la soumission litigieuse. Cette circonstance justifie une importante réduction de la réparation. ff) Compte tenu de l'ensemble de ces circonstances, il est équitable de faire supporter au travailleur le quart de la part de dommage causée directement par la sous-évaluation de la soumission; en appréciant celle-ci à fr. 140'000.--, on aboutit à un montant de fr. 35'000.--, à la charge du défendeur. L'intérêt moratoire est dû dès l'interpellation. En l'absence d'autre allégué à ce sujet, cet intérêt court dès le dépôt de la demande, soit le 13 mai 1981.
public_law
nan
fr
1,984
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
86111acf-f872-49d3-aac2-2df563572aa9
Urteilskopf 81 IV 99 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 10. Februar 1955 i. S. Rolli gegen Generalprokurator des Kantons Bern.
Regeste Art. 153, 154 StGB . a) Die Ware ist schon dann nachgemacht, verfälscht oder im Werte verringert, wenn sie einen geringeren Handelswert hat, als ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen. b) Verhältnis der Warenfälschung und des Inverkehrbringens gefälschter Ware zur Strafbestimmung über Falschdeklaration ( Art. 41 LMG ).
Erwägungen ab Seite 99 BGE 81 IV 99 S. 99 Der Kassationshof zieht in Erwägung: Warenfälschung ( Art. 153 StGB ) setzt objektiv voraus, dass der Täter eine Ware nachmache, verfälsche oder im Werte verringere. Das tut, wer der Ware einen geringeren Wert verleiht, als sie hätte, wenn sie so beschaffen wäre, wie ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen. Dabei genügt ein Unterschied im Handelswert. Nicht nötig ist, dass die nachgemachte, verfälschte oder verringerte Ware beim Gebrauche oder Verbrauche geringere Dienste leiste als die vollwertige, z.B. dass ihr Geschmack, ihr Nährwert, ihre Heilwirkung, ja überhaupt ihre Zweckbestimmung in irgendwelcher Richtung beeinträchtigt sei. Art. 153 StGB will nicht der öffentlichen Gesundheit oder sonstwie dem körperlichen oder geistigen Wohlbefinden des Volkes dienen, d.h. es vor dem Gebrauche oder Verbrauche von Waren schützen, die sachliche BGE 81 IV 99 S. 100 Mängel aufweisen. Die Bestimmung dient dem Schutze des Vermögens (siehe Überschrift zum zweiten Teil, Art. 137 ff.). Sie erfasst eine das Inverkehrbringen gefälschter Ware ( Art. 154 StGB ) vorbereitende Handlung, also das Vorstadium eines betrugsähnlichen Tatbestandes. Sie soll Gewähr bieten, dass der Erwerber nicht eine Ware erhalte, die er nur zu geringerem Preise oder überhaupt nicht erstehen würde, wenn sie so zusammengesetzt wäre, wie ihr Aussehen, ihre Bezeichnung oder ihre Aufmachung vortäuschen. Die Auffassung des Beschwerdeführers Rolli, er hätte nur dann eine Ware nachgemacht oder im Werte verringert, wenn der teilweise aus französischem, teilweise aus schweizerischem Rohmaterial hergestellte, aber als Schweizer Schachtelkäse bezeichnete und aufgemachte Schmelzkäse nach Geschmack und Zusammensetzung einem ausschliesslich aus Schweizerkäse hergestellten Erzeugnis unterlegen gewesen wäre, hält deshalb nicht stand. Mit Recht sieht das Obergericht den Wertunterschied darin, dass ein nur aus Rohmaterial schweizerischer Herkunft hergestellter Schachtelkäse im Handel mehr gelte als einer, der teilweise (oder ausschliesslich) ausländisches Material enthält. Dass aber, wer "Schweizer Schachtelkäse" kauft, Anspruch auf eine ausschliesslich aus Rohmaterial schweizerischer Herkunft erzeugte Ware hat, steht ausser Frage. Die Bezeichnung des Schachtelkäses als "schweizerisch" sagt in erster Linie, dass die Milch als Ausgangsprodukt und der Käse als Zwischenprodukt in der Schweiz erzeugt worden seien, nicht lediglich, dass die Verarbeitung des letzteren zu Schachtelkäse hier stattgefunden habe. Das ergibt sich insbesondere auch aus Art. 82 Abs. 2 Satz 2 LMV , wonach ganz oder teilweise aus ausländischem Käse hergestellte Schmelzkäse ausdrücklich als "ausländische" zu kennzeichnen sind. Der Fall unterscheidet sich von den vom Beschwerdeführer erwähnten Beispielen der Schweizer Schokolade und der Schweizer Uhren; denn wer diese Erzeugnisse kauft, setzt nur voraus, dass das BGE 81 IV 99 S. 101 Endprodukt in der Schweiz hergestellt, nicht auch, dass das Rohmaterial hier gewonnen worden sei. Der Tatbestand des Art. 153 ist daher von Rolli objektiv erfüllt worden, wobei unerheblich ist, ob man dem Beschwerdeführer, wie das Obergericht es tut, vorwerfe, er habe das schweizerische Rohprodukt durch Mitverwendung von Käse ausländischer Herkunft im Wert verringert, oder ob man, weil das Endprodukt (Schmelzkäse) ein anderes war als die beiden Rohstoffe (Käse schlechthin), die Tat als Nachmachen eines schweizerischen Endproduktes bezeichne. Dass nicht lediglich die lebensmittelpolizeiliche Strafbestimmung gegen Falschdeklaration ( Art. 41 LMG ) anzuwenden ist, wenn Art. 153 oder 154 StGB zutrifft, ist schon in BGE 72 IV 165 ff. entschieden worden. An dieser Rechtsprechung, die der Beschwerdeführer nicht zu entkräften versucht, ist festzuhalten.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
86111f4d-1dd6-45e0-adfa-6f5cd8ba6ba8
Urteilskopf 80 II 45 7. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 1er février 1954 dans la cause Finger contre Lamalex SA
Regeste Art. 20 OR . Ist ein Vertrag zivilrechtlich nichtig, wenn die darin vereinbarten Leistungen unter die Strafbestimmungen des Zollgesetzes vom 1. Oktober 1925 fallen und gegen den BRB vom 22. September 1939 über die Überwachung der Ein- und Ausfuhr verstossen?
Sachverhalt ab Seite 45 BGE 80 II 45 S. 45 A.- Le 15 décembre 1948, Max Finger a vendu à Lamalex S. A., représentée par son administrateur Albert Bertet, 250 douzaines de paires de bas de nylon pour le prix de 11 387 fr. 50. On imputa sur ce montant 2000 fr. que Bertet avait déjà payés à Finger le 13 décembre 1948, au moyen d'un chèque, et, pour le reste, l'acheteuse délivra au vendeur un second chèque qui fut également honoré. Aussi Finger donna-t-il, le jour même de la vente, quittance pour la totalité du prix de 11 387 fr. 50. Les parties convinrent que la marchandise serait livrée à Lyon. Le vendeur avait l'intention de la faire transporter clandestinement en France; le représentant de Lamalex S. A. ne l'ignorait pas. Finger déposa les bas à proximité de la frontière, où ils devaient être repris par des contrebandiers. Peu après, ceux-ci l'avertirent que, surpris par la douane, ils avaient dû abandonner la marchandise. Il signala ces faits à Bertet, qui vint à Genève. Tous deux se rendirent chez les détectives privés Hainard et Moessner, qu'ils chargèrent de rechercher le lot de bas. Hainard et Moessner retrouvèrent 219 douzaines de paires de bas, qui furent restituées au vendeur. BGE 80 II 45 S. 46 Par lettre du 18 mai 1949, Lamalex S. A. invita Finger à lui livrer, à Genève, jusqu'au 30 mai au plus tard, les 250 paires de bas qui faisaient l'objet du contrat du 15 décembre 1948. Ce délai fut prorogé jusqu'au 7 juin 1949. Finger ne s'exécuta pas. Le 9 juin, Lamalex S. A. l'informa qu'elle considérait le contrat comme résilié par sa faute. B.- Le 27 juin 1949, Lamalex S. A. assigna Finger en restitution de 11 387 fr. 50, somme versée pour exécuter le contrat du 15 décembre 1948, et en paiement de 2500 fr. à titre de dommages-intérêts. Le défendeur conclut à ce que la demanderesse fût déboutée de ses conclusions et, reconventionnellement, à ce qu'elle fût condamnée à lui payer 11 660 fr. Par jugement du 5 février 1952, le Tribunal de première instance de Genève a admis la demande principale à concurrence de 8247 fr. 50 et il a rejeté l'action reconventionnelle. Les deux parties ayant interjeté appel, la Cour de justice civile a, le 25 janvier 1953, condamné Finger à restituer à Lamalex S. A. la somme de 11 387 fr. 50 versée les 13 et 15 décembre 1948, avec intérêt à 5% dès le 18 mai 1949, et à lui payer 2000 fr. de dommages-intérêts, avec intérêt à 5% dès le 25 janvier 1953. Pour le surplus, les parties ont été déboutées de leurs conclusions. C.- Contre cet arrêt, Finger recourt en réforme au Tribunal fédéral. Il déclare renoncer à sa demande reconventionnelle et il conclut à ce que l'action qui lui est intentée soit rejetée. Selon lui, le contrat du 15 décembre 1948 est nul en vertu de l'art. 20 CO et la répétition des des sommes versées en exécution de cette convention est exclue (art. 66 CO). Erwägungen Considérant en droit: 1. Les deux parties invoquant la législation suisse, le différend doit être jugé d'après les règles du droit suisse BGE 80 II 45 S. 47 (RO 79 II 295). Le Tribunal fédéral peut donc connaître de la cause (art. 43 al. 1 OJ). 2. Le recourant prétend que le contrat du 15 décembre 1948 est nul en vertu de l'art. 20 CO. A son avis, le marché est illicite et contraire aux moeurs, parce que la marchandise devait être transportée de Genève à Lyon en fraude des douanes suisse et française. Dans ses écritures cantonales, il a précisé que la convention violait l'ACF du 22 septembre 1939 concernant la surveillance des importations et des exportations et tombait sous le coup des dispositions pénales de la loi fédérale sur les douanes du 1er octobre 1925. a) Aux termes de l'art. 20 CO, un contrat est nul si son objet est illicite. A cet égard, il n'est pas nécessaire que la disposition violée prévoie expressément la nullité des conventions qu'elle défend; il suffit qu'on doive conclure de son sens et de son but que l'acte prohibé n'est pas valable au point de vue civil (RO 47 II 464). D'autre part, un marché n'est illicite au sens de l'art. 20 CO que s'il viole le droit suisse (RO 76 II 39 consid. 7). En l'espèce, il est donc inutile de juger si le contrat du 15 décembre 1948 était contraire au droit français. Mais on peut également se dispenser de rechercher si l'exportation des bas de nylon était, en 1948, soumise à la formalité du permis, en vertu de l'ACF du 22 septembre 1939; car, même si c'était le cas, le marché litigieux ne serait pas nul selon l'art. 20 CO. En effet, la nullité de tels actes juridiques ne saurait résulter de la loi sur les douanes, dont les dispositions pénales, invoquées par le recourant, répriment simplement les délits douaniers mais n'ont aucun effet sur la validité civile des actes qu'elles visent. De même, il ne ressort ni du texte de l'ACF du 22 septembre 1939 ni de son sens ou de sa portée que les marchés qu'il prohibe soient nuls. Certes, le Conseil fédéral a été amené, avant la guerre déjà, à interdire absolument ou à restreindre le trafic de certaines marchandises. Dans de nombreux cas, les actes prohibés ont BGE 80 II 45 S. 48 été considérés comme civilement nuls, soit en vertu d'une disposition expresse (cf. RO 74 II 26, 75 II 294), soit à cause de l'importance de l'interdiction (cf. par exemple RO 45 II 280). Mais l'ACF du 22 septembre 1939 ne prohibe ni ne restreint, à l'intérieur du pays, le commerce des marchandises auxquelles il a trait; il se borne à en réglementer l'importation et l'exportation. Dès lors, l'interdiction ne concerne pas le contenu du contrat; elle porte simplement sur la participation subjective d'une des parties, lorsque cette dernière n'est pas en possession du permis prescrit. Or la violation d'une telle défense n'entraîne pas la nullité du marché en vertu de l'art. 20 CO (RO 62 II 111). b) On peut en outre se demander si le contrat du 15 décembre 1948 ne doit pas être déclaré nul comme contraire aux bonnes moeurs. Finger ne fait qu'une vague allusion à cette question; elle doit cependant être examinée d'office (RO 33 II 430 et les arrêts cités). Sans doute, la clause selon laquelle la marchandise devait être exportée clandestinement en France peut heurter le sens moral. Mais, pour que le contrat tout entier soit nul comme contraire aux moeurs, il faudrait que la clause en question ait été, pour les deux parties, la base même de la convention (cf. RO 50 II 145 consid. 2). Or ce n'est pas le cas. L'objet du marché était une vente de bas qui, en elle-même, n'avait rien d'immoral. Le passage clandestin de la frontière n'était qu'une condition accessoire, que les parties n'ont pas considérée comme essentielle. C'est évident pour le vendeur, qui n'avait aucun intérêt à livrer à Lyon plutôt qu'à Genève. Quant à l'intimée, elle a démontré que cette clause avait pour elle un caractère secondaire, puisque, en mai 1949, elle a demandé que la marchandise lui fût remise à Genève. On ne saurait donc considérer le contrat comme immoral. Dès lors, le moyen que le recourant tire des art. 20 et 66 CO n'est pas fondé.
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Urteilskopf 118 II 21 4. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 28 janvier 1992 dans la cause B. contre S. (recours en réforme)
Regeste Art. 157 und 274 Abs. 2 ZGB . Abänderung eines Scheidungsurteils: Entziehung des Besuchsrechts eines Elternteils. 1. Art. 274 Abs. 2 ZGB bezweckt den Schutz des Kindes und nicht, die Eltern zu bestrafen: Dass diese ihre Pflichten verletzen und sich nicht ernsthaft um ihr Kind kümmern, rechtfertigt die Verweigerung oder die Entziehung des persönlichen Verkehrs nur, wenn diese Verhaltensweisen das Kindeswohl beeinträchtigen (E. 3c). 2. Um zu beurteilen, ob sich ein Elternteil im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB nicht ernsthaft um sein Kind gekümmert hat, kann die Auslegung von Art. 265c Ziff. 2 ZGB beigezogen werden; diese Bestimmung umschreibt mit gleichen Worten einen der Fälle, in welchen von der Zustimmung eines Elternteils bei einer Adoption abgesehen werden kann (E. 3d). 3. Anderer wichtiger Grund im Sinne von Art. 274 Abs. 2 ZGB : Die Tatsache, dass der Stiefvater in sozialer und psychischer Hinsicht die Stelle des besuchsberechtigten Elternteils einnimmt, wenn letzterer und das Kind einander gänzlich fremd sind (E. 3e).
Erwägungen ab Seite 23 BGE 118 II 21 S. 23 Extrait des considérants: 3. a) La cour cantonale a recherché, dans l'optique de l' art. 274 al. 2 CC , si le défendeur s'était ou non soucié de son enfant et s'il existait d'autres motifs pouvant justifier la suppression du droit de visite. Sur le premier point, elle a constaté qu'aucun lien ne s'était créé entre le père et la fille, de la naissance à ce jour, et que le défendeur n'avait entrepris aucune démarche concrète afin d'établir une relation vivante avec elle: il ne lui avait ni écrit, ni envoyé de cadeau, ni n'avait pris directement de ses nouvelles; les juges cantonaux ont déduit de ces faits qu'il ne s'était pas sérieusement soucié de sa fille. Sur le second point, ils ont retenu que l'actuel mari de la mère s'entendait très bien avec Catherine, que celle-ci ignore sa véritable filiation et croit que son vrai nom est S., sous lequel elle est inscrite à l'école: la cour cantonale a alors estimé que l'on ne pouvait imposer à un mineur qui a dépassé la petite enfance la visite d'un père qui lui est entièrement étranger. b) Pour faire valoir que la juridiction cantonale a violé l' art. 274 al. 2 CC , le recourant explique les raisons de son désintérêt à l'égard de sa fille par la crainte que lui inspiraient son ex-femme et la mère de celle-ci, qui avaient été violentes vis-à-vis de leur frère et fils: ces violences l'avaient découragé, dit-il, d'exercer son droit de visite, de même que la production par la mère, lors de la seule tentative qu'il avait faite, en 1981, pour voir sa fille, de l'attestation d'un pédiatre selon laquelle une telle visite ne pouvait avoir lieu qu'au domicile de l'enfant. Dans ces conditions, il estimait qu'une démarche téléphonique ou épistolaire n'aurait pas eu plus de succès, en raison du mauvais caractère de son ex-femme, qui élevait sa fille dans le mensonge en l'entretenant dans l'illusion que son père est S. Dès lors, soutient le recourant, on ne peut lui imputer à faute de ne pas s'être soucié sérieusement de Catherine: s'il avait effectué la moindre tentative de voir cette dernière, la mère s'y serait opposée, alors que le devoir du détenteur de l'autorité parentale est de tout entreprendre pour encourager l'autre parent à rendre visite à l'enfant. Le recourant relève encore que son ex-beau-frère lui avait indiqué que l'exercice du droit de visite pourrait engendrer des violences, que lui-même a eu des nouvelles de sa fille par l'intermédiaire de son ex-beau-frère et de connaissances de l'enfant, laquelle ignorait qu'il avait toujours versé la pension due en vertu du jugement de divorce. A supposer même, ajoute le recourant, qu'un père ne se soucie pas de son enfant, BGE 118 II 21 S. 24 s'il est établi que des relations personnelles ne compromettraient pas le développement de celui-ci, il faudrait admettre que la suppression du droit de visite ne se justifierait pas. Quant aux autres motifs retenus par les juges cantonaux et dont il conteste la pertinence, le recourant s'étonne que la cour cantonale ait protégé la situation mensongère dans laquelle vit l'enfant. Son opposition à l'action intentée par son ex-femme est justifiée, non par un esprit de vengeance, mais par le désir que Catherine fasse connaissance de sa demi-soeur, née du second mariage qu'il a contracté. c) La cour cantonale a rappelé correctement les conditions découlant de l' art. 157 CC pour que soit admise une modification d'un jugement de divorce. L' art. 273 CC confère aux père et mère le droit d'entretenir avec l'enfant mineur qui n'est pas placé sous leur autorité parentale ou sous leur garde les relations personnelles indiquées par les circonstances. Selon l' art. 274 al. 1 CC , le père et la mère doivent veiller à ne pas perturber les relations de l'enfant avec l'autre parent et à ne pas rendre l'éducation plus difficile; quant à l'alinéa 2 de cette disposition, il prévoit que, si les relations personnelles compromettent le développement de l'enfant, si les père et mère qui les entretiennent violent leurs obligations, s'ils ne se sont pas souciés sérieusement de l'enfant ou s'il existe d'autres justes motifs, le droit d'entretenir ces relations peut leur être refusé ou retiré. Ce deuxième alinéa de l' art. 274 CC est en harmonie avec l' art. 8 al. 2 CEDH (cf. CYRIL HEGNAUER, Berner Kommentar, 4e éd., 1991, n. 16 ad art. 274, p. 123). Si, d'après son texte, on pourrait penser qu'il existe quatre hypothèses dans lesquelles le droit aux relations personnelles peut être refusé ou retiré, il faut admettre en réalité que ce refus ou ce retrait ne peut être demandé que si le bien de l'enfant est mis en danger par les relations: la disposition a pour objet de protéger l'enfant, et non de punir les parents. Ainsi, la violation par eux de leurs obligations et le fait de ne pas se soucier sérieusement de lui ne sont pas en soi des comportements qui justifient le refus ou le retrait des relations personnelles; ils ne le sont que lorsqu'ils ont pour conséquence que ces relations portent atteinte au bien de l'enfant. Lesdits comportements ne sont que des causes typiques d'une mise en danger de l'enfant, et non pas des motifs indépendants de refus ou de retrait des relations personnelles; il en est de même en ce qui concerne la clause générale d'autres justes motifs (HEGNAUER, op.cit., n. 18, p. 124; cf. aussi MARTIN STETTLER, Le droit suisse de la filiation, Traité de droit privé suisse, vol. III, tome II.1, Fribourg 1987, p. 268 ss). BGE 118 II 21 S. 25 d) La cour cantonale a considéré que le défendeur ne s'était pas soucié sérieusement de son enfant, en se référant à l'interprétation donnée à l' art. 265c ch. 2 CC , qui exprime en termes identiques l'une des hypothèses dans lesquelles, en matière d'adoption, il peut être fait abstraction du consentement d'un des parents. Cette référence est en effet admise (cf. HEGNAUER, ibidem, n. 28, p. 126; STETTLER, op.cit., p. 270). Le Tribunal fédéral a jugé qu'un parent ne se soucie pas sérieusement de son enfant lorsqu'il ne prend aucune part à son bien-être, s'en remet en permanence à d'autres pour les soins dus à l'enfant et n'entreprend rien pour établir ou entretenir une relation vivante avec lui; peu importe de savoir si les efforts auraient été couronnés de succès et si le comportement du parent habilité à donner son consentement est coupable ou non ( ATF 113 II 382 -384 consid. 2). Pour Hegnauer, ne se soucie pas sérieusement de son enfant le père qui, en particulier, a sans motif suffisant contesté sa paternité, n'a pas exercé le droit de visite pendant une longue période, a par son comportement montré que le sort de l'enfant lui est indifférent: dans une telle situation, une relation personnelle n'est pas dans l'intérêt de l'enfant et souvent peut mettre son bien-être en danger (op.cit., n. 29-30, p. 126-127; pour sa part, STETTLER estime que le fait de contester sa paternité ne suffit pas nécessairement pour admettre l'existence de la condition, op.cit., p. 270). C'est en vain que le recourant s'en prend à l'appréciation des preuves à laquelle a procédé la cour cantonale et invoque des faits qu'elle n'a pas retenus. Il est établi de manière à lier le Tribunal fédéral que le recourant, depuis la naissance de sa fille, n'a pas vu celle-ci, n'a pas, à l'exception d'une seule fois, tenté de lui rendre visite, ne lui a jamais écrit ni fait de cadeau. Les motifs qu'il invoque pour justifier sa carence - à supposer qu'ils soient avérés - ne sont pas convaincants: les prétendues violences dont aurait été victime l'ex-beau-frère du recourant ne sauraient excuser ce dernier de n'avoir pas tenté de prendre contact avec sa fille. Il n'est pas démontré que l'intimée n'aurait pas transmis à sa fille, en tout cas dans les premières années, une carte postale ou un cadeau adressé par le père. Rien, dans l'arrêt attaqué, n'atteste la réalité des renseignements que le recourant aurait pris sur sa fille auprès de voisins ou de son ex-beau-frère. Enfin, l'action en désaveu, fondée apparemment sur le seul vu d'une photographie de l'enfant qui aurait donné à penser au recourant que Catherine ressemblait au second mari de l'intimée, est un indice du désintérêt porté par le père envers sa fille. Le moins que l'on puisse BGE 118 II 21 S. 26 dire est que ce dernier ne s'est pas montré très actif dans la recherche de liens vivants; or, on peut attendre d'un parent sérieusement soucieux de son enfant qu'il cherche à s'adapter à une situation difficile ( ATF 111 II 323 -324 consid. 3c). En l'espèce, le recourant a manqué de constance dans le premier effort qu'il avait tenté pour voir Catherine; au surplus, il a encore des doutes au sujet de sa paternité. On ne saurait, dans ces circonstances, considérer que l'autorité cantonale a fait une application erronée du droit fédéral en admettant que le défendeur, qui ne s'est pas efforcé d'établir une relation vivante avec sa fille, ne s'était pas soucié sérieusement d'elle, partant qu'il n'est pas de l'intérêt de l'enfant qu'elle fasse la connaissance, à 11 ans, de son père légal, qui lui est totalement étranger. e) Les juges cantonaux ont aussi estimé - ce qui n'était d'ailleurs pas nécessaire puisqu'ils reconnaissaient déjà l'existence d'une condition permettant le retrait du droit de visite - qu'ils étaient en présence d'un autre juste motif au sens de l' art. 274 al. 2 CC , le second mari de la mère jouant pleinement envers l'enfant le rôle social et psychologique du parent concerné. Ils ont retenu à ce sujet que S. considère Catherine comme sa propre fille et s'entend très bien avec elle, et que celle-ci ignore tout de sa véritable filiation et croit que son vrai nom est celui de S. Jurisprudence et doctrine reconnaissent comme juste motif le fait que le beau-père prend socialement et psychiquement la place du parent titulaire du droit aux relations personnelles, lorsque ce dernier et l'enfant sont totalement étrangers l'un à l'autre (arrêt du Tribunal fédéral du 15 octobre 1981, publié in RDT 37 (1982), No 11, p. 108-109, consid. 3b, ATF 89 II 10 ; Autorité genevoise de surveillance des tutelles, arrêt du 14 juin 1978 in SJ 1980 p. 84; HEGNAUER, op.cit., n. 36 ad art. 274, p. 128 et les références; STETTLER, op.cit., p. 271-272, se borne, sans prendre position, à citer l'avis de Hegnauer et à se référer à un arrêt de la même autorité genevoise, in SJ 1983 p. 639, qui ne partagerait pas cette opinion; cependant, dans cet arrêt, l'autorité ne s'est pas prononcée sur la question abordée par Stettler). Il n'y a donc pas non plus sur ce point violation par la cour cantonale du droit fédéral. Faire découvrir à une petite fille de 11 ans qu'elle n'est pas la fille de celui qu'elle croit être son père et qu'elle est issue des oeuvres d'un homme dont elle ignore l'existence pourrait fort bien compromettre son développement (dans ce sens, HEGNAUER/SCHNEIDER, Droit suisse de la filiation, 3e éd., Berne 1989, No 19.24, p. 128). En l'état, maintenir le droit de visite serait certainement nuisible à son bien-être.
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Urteilskopf 97 II 11 3. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Mai 1971 i.S. Wiederkehr gegen Graf.
Regeste Berufung an das Bundesgericht gegen einen Entscheid über die Frage, ob der Willensvollstrecker eine zum Nachlass gehörende Liegenschaft gegen den Willen eines Erben von sich aus freihändig verkaufen darf. Zivilrechtsstreitigkeit ( Art. 44, 46 OG ; Erw. 1). Aufgaben und Handlungsmacht des Willensvollstreckers ( Art. 518 Abs. 2 ZGB ; Erw. 2). Durchführung der Erbteilung durch diesen nach Massgabe von Art. 607 und 610 ff. ZGB ; Voraussetzungen des Verkaufs einer Erbschaftssache (namentlich einer Liegenschaft) zwecks Teilung des Erlöses ( Art. 612 Abs. 2 ZGB ; Erw. 3). Auch für den Willensvollstrecker gilt grundsätzlich Art. 612 Abs. 3 ZGB , wonach ein solcher Verkauf auf Verlangen eines Erben auf dem Wege der Versteigerung stattfinden muss (Erw. 4). Lässt sich die streitige Liegenschaft körperlich teilen? Verliert sie dadurch wesentlich an ihrem Wert ( Art. 612 Abs. 1 ZGB )? Öffentliche Versteigerung oder Versteigerung unter den Erben? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 97 II 11 S. 12 A.- August Wiederkehr, der am 20. August 1966 in Zürich starb, hinterliess als gesetzliche Erben seine zweite Ehefrau, Irma Wiederkehr-Neff, und seinen Sohn aus geschiedener erster Ehe, Harry Wiederkehr. Er hatte in seinem Testament vom 1. Juli 1965 seine damalige Verlobte Irma Neff als Alleinerbin eingesetzt, seinen Sohn enterbt und August Graf zum "Testamentsvollstrecker und Berater der Universalerbin" ernannt. In einem Vergleich vom 22. August 1967 anerkannte Irma Wiederkehr-Neff, dass Harry Wiederkehr auf den Pflichtteil von 9/16 des Nachlasses Anspruch habe. Hauptaktivum des Nachlasses, der gemäss öffentlichem Inventar vom 24. Mai 1967 Aktiven von Fr. 209'399.67 und Passiven von Fr. 55'816.-- umfasst, ist ein Grundstück in Spreitenbach (Wohnhaus, Schopf, Garage und Werkstattgebäude mit Garten und Baumgarten) im Ausmass von 5743 m2, das im Inventar auf Fr. 200'000.-- geschätzt wurde und mit Grundpfandschulden im Kapitalbetrage von Fr. 48'540.45 belastet war. Versuche des Willensvollstreckers und des von den Erben beigezogenen Liegenschaftenmaklers, das Grundstück zu mindestens Fr. 450'000.-- zu verkaufen, blieben erfolglos. Darauf bot der Willensvollstrecker das Grundstück der Gemeinde Spreitenbach zu Fr. 420'000.-- an. Am 29. August 1969 schrieb er Harry Wiederkehr unter Hinweis auf den Misserfolg der früheren Verkaufsbemühungen, er werde nun "auf Grund der gegebenen Realitäten handeln" und habe die dazu nötigen Schritte bereits eingeleitet. Am 2. September 1969 teilte der Gemeinderat Spreitenbach dem Willensvollstrecker durch Zustellung eines Protokollauszuges mit, er habe am 26. August 1969 unter Vorbehalt der Zustimmung der Gemeindeversammlung beschlossen, für die Liegenschaft Fr. 380'000.-- zu bieten. Der Willensvollstrecker gab Harry Wiederkehr am 12. September 1969 von diesem Angebote Kenntnis und eröffnete ihm, er werde es annehmen, wenn Harry Wiederkehr nicht seinerseits den gleichen Preis biete. BGE 97 II 11 S. 13 B.- Am 10. September 1969, zwei Tage vor Erhalt der eben genannten Mitteilung, hatte Harry Wiederkehr gegen den Willensvollstrecker beim Einzelrichter für nichtstreitige Rechtssachen des Bezirksgerichts Zürich Beschwerde eingereicht mit den Begehren, der Willensvollstrecker sei abzusetzen; eventuell sei ihm zu verbieten, das Grundstück in Spreitenbach ohne Zustimmung der Erben oder des Gerichts zu veräussern, und seien eine Anzahl weiterer Anordnungen zu treffen. Der Einzelrichter stellte in seinem Entscheid vom 8. Juli 1970 fest, die Beschwerde sei hinsichtlich der Vorlegung einer Abrechnung und eines Teilungsplans gegenstandslos geworden, und wies die Beschwerde im übrigen ab. Das Obergericht des Kantons Zürich wies den Rekurs Harry Wiederkehrs, mit dem dieser nur noch den Erlass des vor erster Instanz eventuell beantragten Veräusserungsverbots verlangte, am 24. September 1970 ab. C.- Gegen den Entscheid des Obergerichts hat Harry Wiederkehr die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er erneuert damit das vor Obergericht gestellte Begehren und beantragt eventuell die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Der Berufungsbeklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Vor Obergericht war ausser der Verlegung der Verfahrenskosten allein noch streitig, ob der heutige Berufungsbeklagte als Willensvollstrecker berechtigt sei, das Grundstück in Spreitenbach gegen den Willen eines Erben von sich aus freihändig zu verkaufen, oder ob er damit die ihm zustehenden Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse überschreite, gegen die gesetzlichen Vorschriften über die Art der Teilung der Erbschaft ( Art. 607, 610 ff. ZGB ) verstosse und die Rechte verletze, die den Erben nach diesen Vorschriften zustehen. Diese Frage betrifft nicht bloss das "formelle Vorgehen" des Willensvollstreckers, das mit einer Beschwerde an die Aufsichtsbehörde beanstandet werden könnte. Die Parteien streiten vielmehr über die Abgrenzung der Rechte, die das ZGB einerseits dem Willensvollstrecker und anderseits den Erben verleiht. Es handelt sich also um einen Streit zwischen Privaten über zivilrechtliche Verhältnisse. Dieser Streit wurde vor den kantonalen Gerichten in einem kontradiktorischen Verfahren ausgetragen, das nicht etwa bloss auf den Erlass einer vorsorglichen Massnahme, BGE 97 II 11 S. 14 sondern auf eine endgültige Regelung der zur Diskussion gestellten Frage durch einen Entscheid der angerufenen Behörde abzielte. Man hat es daher mit einer Zivilrechtsstreitigkeit im Sinne von Art. 44 ff. OG zu tun (vgl. zu diesem Begriff BGE 91 II 54 und BGE 95 II 377 , je mit Hinweisen), gleich wie wenn Erben mit dem Willensvollstrecker über die Gültigkeit seiner Ernennung ( BGE 44 II 115 , BGE 90 II 384 /85) oder darüber streiten, ob die Anordnungen des Erblassers über die Verwaltung des Nachlasses durch den Willensvollstrecker das Pflichtteilsrecht eines Erben verletzen ( BGE 51 II 49 ff.) oder ob Verfügungen über Nachlassgegenstände, die der Willensvollstrecker als dem Willen des Erblassers entsprechend treffen will, durch die letztwilligen Anordnungen des Erblassers gedeckt werden ( BGE 48 II 308 ff., BGE 49 II 12 ff.). Das Begehren auf Untersagung eines vom Willensvollstrecker selbständig angeordneten Freihandverkaufs wurde im kantonalen Verfahren erstinstanzlich freilich nicht vom ordentlichen Zivilrichter beurteilt, sondern vom Einzelrichter für nichtstreitige Rechtssachen, der nach dem zürcherischen Verfahrensrecht die administrative Aufsicht über die Willensvollstrecker ausübt und bei dem folglich das vom Berufungskläger damals in erster Linie gestellte Begehren auf Absetzung des Willensvollstreckers wegen der ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen anzubringen war. Auch in zweiter Instanz wurden die Vorschriften über das Verfahren in nichtstreitigen Rechtssachen angewendet. Beide kantonalen Instanzen waren aber immerhin Gerichtsbehörden (was im übrigen keine notwendige Voraussetzung für die Annahme einer Zivilrechtsstreitigkeit darstellt; vgl. BGE 95 II 377 : "procédure... qui se déroule... devant un juge ou toute autre autorité ayant pouvoir de statuer"), und vor beiden Instanzen konnten die Parteien ihren Standpunkt uneingeschränkt verfechten (doppelter Schriftenwechsel vor erster, nochmaliger Schriftenwechsel vor zweiter Instanz). Der angefochtene Entscheid behält nicht etwa den Entscheid des ordentlichen Zivilrichters über die beurteilten erbrechtlichen Fragen vor, sondern ist als endgültiger Entscheid hierüber gemeint. Er ist daher als kantonaler Endentscheid in einer Zivilrechtsstreitigkeit zu behandeln, obwohl er im Verfahren für nichtstreitige Rechtssachen ergangen ist. Der Umstand, dass die Vorinstanz die durch das Untersagungsbegehren des Berufungsklägers aufgeworfenen Fragen zum Teil nicht frei, sondern BGE 97 II 11 S. 15 nur daraufhin geprüft hat, ob die Auffassung des Willensvollstreckers vertretbar sei, kann hieran nichts ändern. Er hat nur zur Folge, dass das Obergericht den Tatbestand wird vervollständigen müssen, wenn seine tatsächlichen Feststellungen für eine umfassende freie Prüfung der Sache im Sinne der - nach BGE 89 II 340 , BGE 90 II 40 E. 6b, BGE 91 II 65 E. 2 und BGE 95 II 252 E. 3 auch vom kantonalen Richter zu beachtenden - Vorschriften von Art. 63 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 OG nicht ausreichen. Ob der Streit vermögensrechtlicher oder nicht vermögensrechtlicher Natur sei, kann dahingestellt bleiben; denn im zweiten Falle ist die Berufung nach Art. 44 OG zulässig, im ersten Falle nach Art. 46 OG , weil in diesem Falle angesichts der Tatsache, dass die Liegenschaft zu Fr. 380'000.-- an die Gemeinde Spreitenbach verkauft werden kann und dass der Berufungskläger bei einem Verkauf zu diesem Preis einen Verlust von mehr als Fr. 100'000.-- befürchtet, ein die Berufungssumme von Fr. 8000.-- weit übersteigender Streitwert anzunehmen ist. Auf die Berufung ist daher einzutreten. 2. Der Erblasser August Wiederkehr hat von der ihm nach Art. 518 Abs. 1 ZGB zustehenden Befugnis, die Rechte und Pflichten des Willensvollstreckers in seiner Verfügung näher zu umschreiben, keinen Gebrauch gemacht. Diese Rechte und Pflichten bestimmen sich daher nach dem Gesetz. Nach Art. 518 Abs. 2 ZGB gilt der Willensvollstrecker insbesondere als beauftragt, die Erbschaft zu verwalten, die Schulden des Erblassers zu bezahlen, die Vermächtnisse auszurichten und die Teilung nach den vom Erblasser getroffenen Anordnungen oder nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. Die ihm zur Erfüllung dieser Aufgaben eingeräumte Handlungsmacht, die in ihrem Bereich ein eigenes Handeln der Erben ausschliesst ( Art. 602 Abs. 2 ZGB , BGE 90 II 381 ), umfasst die Ermächtigung zu Verfügungen über Gegenstände der Erbschaft. Der Willensvollstrecker ist namentlich auch ermächtigt, über Liegenschaften des Erblassers grundbuchlich zu verfügen ( BGE 61 I 382 /83, BGE 74 I 424 f., BGE 95 I 396 unten). Über die Teilung der Erbschaft hat der Erblasser im vorliegenden Falle keine Anordnungen getroffen. Daher hat der Willensvollstrecker sie gemäss Art. 518 Abs. 2 ZGB nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen. Er hat also die in Art. 607 und 610 ff. ZGB aufgestellten Vorschriften über die Teilungsart zu beachten. 3. Gemäss Art. 607 Abs. 2 ZGB können die Erben (unter BGE 97 II 11 S. 16 einem hier nicht in Betracht kommenden Vorbehalt) die Teilung frei vereinbaren. Sofern und soweit sie über die Teilung einig sind, ist für deren Durchführung einzig ihr Wille massgebend. Die gesetzlichen Teilungsvorschriften, die bei Uneinigkeit der Erben eingreifen, sind darauf angelegt, die Teilung der Erbschaft nach Möglichkeit dadurch herbeizuführen, dass die Erbschaftssachen in natura unter die Erben verteilt werden. Diesem Zweck dient die in Art. 611 ZGB vorgeschriebene Bildung von Losen. Durch die Bildung von Losen, die nach Art. 611 Abs. 3 ZGB mangels einer Einigung der Erben durch Losziehung zu verteilen sind, lässt sich die Teilung vor allem mit Bezug auf Sachen vornehmen, die ohne wesentliche Wertverminderung so zerlegt werden können, dass jeder Erbe einen Teil davon erhält. Nach dem Grundsatze der Gleichberechtigung der Erben ( Art. 607, 610 ZGB ) sind solche Sachen in der Regel auf diese Weise zu teilen. Art. 611 ZGB gilt aber auch für Sachen, deren körperliche Teilung praktisch nicht möglich ist. Eine Erbschaftssache, die unteilbar ist oder durch die Teilung an Wert wesentlich verlieren würde, ist womöglich einem der nach Art. 611 ZGB zu bildenden Lose zuzuscheiden. Nur wenn dieser Weg aus besonderen Gründen verschlossen ist (z.B. weil der Wert der Sache den Ertrag eines Erbteils erheblich übersteigt) und wenn überdies die Erben sich nicht darauf einigen können, die Sache trotz der damit verbundenen Werteinbusse zu teilen oder sie zu bestimmten Bedingungen einem der Erben zuzuweisen, ist nach Art. 612 Abs. 2 ZGB die Sache zu verkaufen und der Erlös zu teilen (vgl. zu alledem BGE 78 II 409 f., BGE 85 II 388 /89, BGE 94 II 233 /34; Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. November 1968 i.S. Buck, E. 5a). Der Verkauf hat nach Art. 612 Abs. 3 ZGB auf Verlangen eines Erben auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden. Mit dieser Vorschrift will das Gesetz, wenn eine körperliche Teilung und auch eine ohne solche durchgeführte Teilung auf dem Wege der Losbildung nicht tunlich sind, die Gleichberechtigung der Erben wenigstens dadurch wahren, dass es jedem Erben die Möglichkeit gibt, durch Teilnahme an der Steigerung den in Frage stehenden Gegenstand zu erwerben oder dafür den nach seiner Auffassung angemessenen Preis zu erwirken ( BGE 85 II 389 , BGE 66 II 242 ). Mangels einer Einigung der Erben entscheidet nach der eben genannten Vorschrift die zuständige Behörde, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll. BGE 97 II 11 S. 17 Für einen Willensvollstrecker, der die Erbteilung mangels besonderer Anordnungen des Erblassers nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen hat, bedeuten diese Regeln in erster Linie, dass er in allen Punkten, über welche die Erben einig sind, deren Willen zu respektieren hat (ESCHER, 3. Aufl., N. 17, und TUOR, 2. Aufl., N. 16 zu Art. 518 ZGB ; JOST, Fragen aus dem Gebiete der Willensvollstreckung, in Festgabe des luzernischen Anwaltsverbandes zum Schweiz. Anwaltstag 1953, S. 81 ff., 97; PICENONI, Probleme aus der Willensvollstreckung, ZBGR 1969 S. 161 ff., 171). Soweit eine Einigung der Erben (um die er sich bemühen soll) nicht zustande kommt, hat der Willensvollstrecker kraft seines gesetzlichen Auftrags unter Vorbehalt des Beschwerderechts der Erben und der gerichtlichen Klage wegen Verletzung materiellen Rechts die Aufgaben zu erfüllen, die beim Fehlen eines Willensvollstreckers der zuständigen Behörde obliegen (TUOR, a.a.O.; JOST S. 99). Insbesondere hat er in einem solchen Falle wenn möglich gemäss Art. 611 Abs. 2 ZGB Lose zu bilden. Dabei hat er gegebenenfalls zu prüfen, ob eine zum Nachlass gehörende Liegenschaft ohne wesentliche Werteinbusse parzelliert und demgemäss auf die verschiedenen Lose verteilt werden könne oder ob sie sich, wenn das ausgeschlossen ist, einem einzelnen Lose zuweisen lasse. Nur wenn weder das eine noch das andere möglich ist, darf der Willensvollstrecker den Verkauf der Sache und die Teilung des Erlöses ins Auge fassen. Dass eine Erbschaftssache im Sinne von Art. 612 Abs. 1 durch Teilung an ihrem Wert wesentlich verlieren würde, ist schon dann anzunehmen, wenn der zu erwartende Verlust einen beträchtlichen Teil des Wertes der Sache selbst ausmacht; es ist nicht erforderlich, dass er auch im Verhältnis zum Wert der ganzen Erbschaft erheblich sei (TUOR/PICENONI, N. 8 zu Art. 612 ZGB ). 4. Für den Fall, dass eine zum Nachlass gehörende Liegenschaft nach Art. 612 Abs. 2 ZGB verkauft werden muss, nimmt die Vorinstanz an, der Willensvollstrecker sei zum freihändigen Verkauf berechtigt. Sie beruft sich dabei in erster Linie auf ESCHER (N. 10 zu Art. 518 ZGB ), der an der angeführten Stelle (im Abschnitt über die Verfügungshandlungen des Willensvollstreckers) unter Hinweis auf BGE 61 I 382 und BGE 74 I 424 ausführt, der Willensvollstrecker könne, soweit zur Durchführung der Vollstreckung erforderlich, auch Liegenschaften veräussern, und zwar entgegen Art. 596 ZGB auch ohne Zustimmung der BGE 97 II 11 S. 18 Erben freihändig, wogegen TUOR (N. 12 a.E. zu Art. 518 ZGB ) die Ansicht vertritt, Art. 596 Abs. 2 ZGB , wonach Grundstücke bei der amtlichen Liquidation einer Erbschaft öffentlich zu versteigern sind und nur mit Zustimmung aller Erben freihändig verkauft werden dürfen, sei auf die Willensvollstreckung entsprechend anzuwenden. Neben ESCHER führt die Vorinstanz A. SCHREIBER (Die Rechtsstellung des Willensvollstreckers nach schweiz. ZGB, 1928) an, der an der zitierten Stelle (S. 42) bei Behandlung der Verfügungsmacht des Willensvollstreckers bemerkt, dieser könne sowohl Fahrhabe als auch Liegenschaften freihändig verkaufen und sei nicht gehalten, sie auf öffentliche Steigerung zu bringen, im Kapitel über den Vollzug des Testaments und die Teilung des Nachlasses aber unter Hinweis auf Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB sagt, falls die Erben sich über die Teilung oder Zuweisung einer Sache nicht zu einigen vermögen, könne der Willensvollstrecker sie verkaufen und den Erlös zur Masse werfen; wenn ein Erbe es verlange, habe der Verkauf auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden (S. 51; vgl. auch die 1940 in französischer Sprache erschienene Neuauflage dieses Werks: L'exécution testamentaire en droit suisse, S. 56 ff. und 66). JOST führt aus, der Willensvollstrecker dürfe, soweit es die Erfüllung seiner Aufgaben fordert, auch Liegenschaften zu Verwaltungs- oder Liquidationszwecken belasten oder veräussern; er brauche dabei die Zustimmung der Erben nicht nachzuweisen (a.a.O. S. 94/95); bei der Teilung der Erbschaft übe er u.a. in bezug "auf die Entscheidung der Frage, ob statt Realzuweisung Veräusserung gewisser Sachen zu erfolgen habe, und diesfalls ob Verkauf oder Versteigerung, ob öffentliche oder private, ob Versteigerung unter den Erben selbst, schliesslich unter welchen Modalitäten die Zuweisung zu erfolgen habe", die gleichen Kompetenzen aus wie die in Art. 611-613 ZGB genannte kantonale Behörde (S. 99). Die von ESCHER angerufenen Präjudizien BGE 61 I 382 ff. und BGE 74 I 423 ff. betreffen Grundbuchbeschwerden. Zu entscheiden war in jenen Fällen nur, ob ein Willensvollstrecker, dem die in Art. 518 Abs. 2 ZGB genannten Aufgaben obliegen, allgemein zu grundbuchlichen Verfügungen über Liegenschaften des Erblassers ermächtigt sei oder ob der Grundbuchführer im einzelnen Fall zu prüfen habe, ob der Willensvollstrecker mit seiner Verfügung pflichtgemäss handle. Diese Frage wurde in beiden Fällen im ersten Sinne beantwortet (welche Lösung BGE 97 II 11 S. 19 HOMBERGER, N. 74 zu Art. 965 ZGB , nur mit gewissen Einschränkungen gelten lassen möchte). Eine Grundbuchbeschwerde war auch Gegenstand des Entscheides BGE 95 I 392 ff., wo festgestellt wurde, dass der Erbschaftsverwalter im Sinne von Art. 554 ZGB nicht wie der Willensvollstrecker ohne weiteres zu grundbuchlichen Verfügungen ermächtigt sei. Im vorliegenden Falle handelt es sich nicht um eine Grundbuchbeschwerde und steht nicht zur Diskussion, ob der Willensvollstrecker nach aussen (gegenüber Kaufinteressenten und Grundbuchbehörden) als ermächtigt zu gelten habe, über Liegenschaften des Erblassers zu verfügen, sondern die Parteien streiten über die davon verschiedene Frage, ob der Willensvollstrecker den Erben gegenüber berechtigt sei, eine Erbschaftssache, die nach Art. 612 Abs. 2 ZGB zwecks Teilung des Erlöses verkauft werden muss, ohne ihre Zustimmung freihändig zu verkaufen. Mit dieser Frage befassen sich die angeführten Entscheide nicht oder doch nicht im einzelnen. In BGE 74 I 424 hat das Bundesgericht im Anschluss an die schon in BGE 61 I 383 getroffene Feststellung, dass zur Erfüllung der in Art. 518 Abs. 2 ZGB genannten Aufgaben die Veräusserung von Erbschaftssachen erforderlich sein kann, freilich ausgeführt, diese stehe dem Willensvollstrecker kraft der ihm übertragenen Aufgabe zu; dabei sei auch die Art der Veräusserung seinem Gutfinden anheimgegeben. Daraus könnte geschlossen werden, das Bundesgericht habe dem Willensvollstrecker die Wahl der Veräusserungsart ganz allgemein und damit auch für den Fall eines Verkaufs nach Art. 612 Abs. 2 ZGB überlassen wollen. In Wirklichkeit wollte es jedoch mit der erwähnten Bemerkung, wie die darauf folgenden Ausführungen zeigen, nur der Annahme der Vorinstanz entgegentreten, der Willensvollstrecker unterstehe dem Art. 596 Abs. 2 ZGB . Mit der Frage, ob der Willensvollstrecker bei einem Verkauf im Sinne von Art. 612 Abs. 2 ZGB nach Art. 612 Abs. 3 ZGB auf Verlangen eines Erben die Versteigerung anzuordnen habe, setzt sich der Entscheid BGE 74 I 424 nicht auseinander. Im vorliegenden Falle ist nicht zu prüfen, ob der Willensvollstrecker dann, wenn eine Erbschaftssache verkauft werden muss, um die zur Zahlung der Schulden des Erblassers oder zur Ausrichtung der Vermächtnisse nötigen Mittel zu beschaffen, auch gegen den Willen der Erben oder einzelner von ihnen zu einem Freihandverkauf schreiten darf, selbst wenn es sich um BGE 97 II 11 S. 20 ein Grundstück handelt. Auch wenn man diese Frage im Sinne des eben besprochenen, die Anwendung von Art. 596 Abs. 2 ZGB ablehnenden Entscheides bejahen will, darf das gleiche für den Fall eines Verkaufs nach Art. 612 Abs. 2 ZGB nicht angenommen werden. Hat der Willensvollstrecker die Teilung nach Art. 518 Abs. 2 ZGB mangels abweichender Anordnungen des Erblassers nach Vorschrift des Gesetzes auszuführen, so gilt für ihn auch Art. 612 Abs. 3 ZGB , wonach ein Verkauf im Sinne von Art. 612 Abs. 2 ZGB auf Verlangen eines Erben auf dem Wege der Versteigerung stattzufinden hat. Die Annahme, dass sich der Willensvollstrecker an diese Vorschrift zu halten hat, drängt sich um so mehr auf, als diese Vorschrift nicht bloss für ein möglichst günstiges Verkaufsergebnis sorgen, sondern, wie bereits ausgeführt (Erw. 3 Abs. 1 hievor), vor allem auch die Gleichberechtigung der Erben, einen Hauptgrundsatz des Erbteilungsrechtes (Art. 607 Abs. 1, Randtitel von Art. 610 und Art. 610 Abs. 1 ZGB ), wahren will. Die Wahl zwischen dem Freihandverkauf und der Versteigerung ist dem Ermessen des Willensvollstreckers mangels einer Einigung der Erben über diesen Punkt nur dann überlassen, wenn kein Erbe die Versteigerung verlangt. Kommt es zur Versteigerung, so hat der Willensvollstrecker, wenn die Erben sich nicht verständigen, anstelle der in Art. 612 Abs. 3 ZGB genannten Behörde nach seinem Ermessen zu entscheiden, ob die Versteigerung öffentlich oder nur unter den Erben stattfinden soll. Seine Ermessensentscheide unterliegen der Beschwerde an die Aufsichtsbehörde. - Ob Ausnahmefälle denkbar sind, in denen der Willensvollstrecker eine nach Art. 612 Abs. 2 ZGB zu veräussernde Sache ohne Rücksicht auf den Willen der Erben freihändig verkaufen darf, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, weil hier besondere Umstände, die allenfalls eine Ausnahme rechtfertigen könnten, nicht ersichtlich sind. 5. Die Erben des August Wiederkehr vermochten sich nach dem Scheitern ihrer gemeinsamen Verkaufsbemühungen nicht darüber zu einigen, wie die Erbteilung mit Bezug auf das Grundstück in Spreitenbach durchzuführen sei. Versuche des Willensvollstreckers, eine solche Einigung herbeizuführen, sind misslungen. Weitere derartige Versuche bieten nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kaum Aussicht auf Erfolg. Daher hat der Willensvollstrecker die Teilung nach den bei Uneinigkeit der Erben geltenden Gesetzesregeln einzuleiten. BGE 97 II 11 S. 21 Dabei ist, wie in Erwägung 3 hievor dargelegt, in erster Linie die Bildung von Losen unter körperlicher Teilung der Liegenschaft ins Auge zu fassen. Lässt sich das Grundstück nicht gleichmässig auf zwei Lose verteilen oder würde die körperliche Teilung zu einer wesentlichen Werteinbusse führen, so bleibt - immer unter Vorbehalt einer doch noch erfolgenden Einigung der Erben - nichts anderes als der Verkauf des Grundstücks und die Teilung des Erlöses übrig; denn der Wert des Grundstücks, neben dem die andern Erbschaftsaktiven kaum ins Gewicht fallen, übersteigt den Betrag eines Erbteils so sehr, dass es sich nicht einem der beiden zu bildenden Lose zuweisen lässt. a) Der angefochtene Entscheid enthält keine Feststellungen darüber, ob eine gleichmässige körperliche Teilung des Grundstücks möglich sei oder nicht. Der Einzelrichter machte die Beteiligten in einer Vergleichsverhandlung vom 5. März 1970 u.a. auf die Möglichkeit einer Realteilung aufmerksam. Harry Wiederkehr erklärte, er könne zu diesem Vorschlag nicht sofort Stellung nehmen, während der Willensvollstrecker dem Vorschlag unter Vorbehalt nochmaliger Überlegung grundsätzlich zustimmte. In einem Schreiben an den Anwalt Harry Wiederkehrs vom 23. Juni 1970 erklärte der Willensvollstrecker, er habe Harry Wiederkehr einen Vorschlag für eine Realteilung unterbreitet; Irma Wiederkehr wäre bereit, zu einer solchen Hand zu bieten. In seinem Rekurs an die Vorinstanz vom 29. Juli 1970 liess Harry Wiederkehr wie später in der Berufungsschrift an das Bundesgericht ausführen, wenn ein Verkauf zu einem annehmbaren Preis nicht möglich sein sollte, wäre er mit einer Realteilung einverstanden. Daraus ergibt sich, dass die Beteiligten selbst eine Realteilung nicht als von vornherein unmöglich ansehen. Nach dem vorliegenden Zonenplan, in welchem das Grundstück mit Bleistift eingezeichnet ist, bildet dieses ein längliches Rechteck. Auf Grund der vorhandenen Akten ist nicht zu sehen, weshalb es nicht in zwei ungefähr gleiche Teile sollte zerlegt werden können, wodurch zwei beinahe quadratische Parzellen von je ungefähr 2870 m2 entstünden. Selbst wenn später noch etwas Land für eine Erschliessungsstrasse abgegeben werden müsste, wären diese Parzellen immer noch gross genug, um eine Überbauung zu ermöglichen. Aus dem Zonenplan ergibt sich denn auch, dass sich in unmittelbarer Nähe des streitigen Grundstücks BGE 97 II 11 S. 22 Parzellen befinden, die bei weitem nicht so gross sind wie die Hälfte dieses Grundstücks. Der Umstand, dass die zum Nachlass gehörende Liegenschaft zur Zeit noch nicht eingezont ist, steht der Realteilung nicht entgegen. Wenn der Willensvollstrecker in der Berufungsantwort ausführt, eine gerechte körperliche Teilung sei nicht möglich, da ein Haus, ein Schopf, eine Garage und ein Werkstattgebäude mit zirka 57 a Land nicht real geteilt werden könnten, solange das Land nicht Bauland oder zumindest Bauerwartungsland darstelle, so setzt er sich in Widerspruch zu seinem Schreiben vom 23. Juni 1970, wonach er selbst die körperliche Teilung der Liegenschaft vorgeschlagen hatte. Diegenannten Gebäulichkeiten hindern eine Parzellierung des Grundstückes nicht. Sollte dieses nicht so geteilt werden können, dass auch die Gebäulichkeiten ihrem Wert nach ungefähr gleichmässig auf die zwei Grundstückhälften entfallen, so können die Gebäude dem einen Grundstückteil zugewiesen werden, unter entsprechender Wertausgleichung für den andern Grundstückteil. Dieser Wertausgleich kann zum Beispiel dadurch geschehen, dass die Parzelle, auf der sich kein Gebäude befindet, flächenmässig etwas grösser bemessen wird als die andere Parzelle, oder auch dadurch, dass jener Erbe, der die Grundstückhälfte mit den Gebäuden erhält, sich für seinen Anteil einen entsprechend höheren Wert anrechnen lassen muss als der andere. Die grundsätzliche Möglichkeit einer Realteilung lässt sich daher beim heutigen Stande der Akten nicht ausschliessen. Zur gebotenen nähern Abklärung dieser Möglichkeit kann sich allenfalls der Beizug eines Sachverständigen als nötig erweisen. b) Erweist sich eine gleichmässige Teilung des Grundstücks als grundsätzlich möglich, so ist zu prüfen, ob es durch die Teilung wesentlich an seinem Wert verliere ( Art. 612 Abs. 1 ZGB ). Ob und in welchem Umfange ein Wertverlust eintrete, ist eine Tatfrage. Soweit die Vorinstanz diese Frage auf Grund von Gutachten oder konkreten Zeugenaussagen entscheidet, ist das Bundesgericht daran gebunden. Soweit sie die Frage jedoch nur auf Grund der Lebenserfahrung oder allgemeiner Überlegungen beantwortet, kann ihre Schlussfolgerung vom Bundesgericht frei geprüft werden ( BGE 88 II 469 Erw. 5, BGE 69 II 205 ). Rechtsfrage ist, ob der durch die Teilung verursachte Wertverlust ein wesentlicher im Sinne von Art. 612 Abs. 1 ZGB sei. Die Vorinstanz führt in ihrem Urteil aus: Nach der Auffassung BGE 97 II 11 S. 23 des Willensvollstreckers verliere das Grundstück durch eine Realteilung wesentlich an seinem Wert. Dafür fänden sich in den Akten Anhaltspunkte: Das Grundstück sei nicht eingezont und eine Einzonung sei in naher Zukunft nicht zu erwarten. Es stehe also nicht fest, was auf ihm einmal gebaut werden könne. Auch unter Beizug eines Architekten könne das Land nicht so geteilt werden, dass jede Partei ihr Stück maximal ausnützen könne. Je nach der Zone, der es später zugeteilt werde, könne der Fall eintreten, dass es nicht mehr maximal ausgenützt werden könne. Dass das Land dadurch entwertet werde, liege auf der Hand. Die Ansicht des Willensvollstreckers, wonach eine Teilung des Grundstückes zu einer wesentlichen Werteinbusse führe, sei zum mindesten vertretbar. Wohl ist das Grundstück nicht eingezont und wohl wird es voraussichtlich auch in naher Zukunft noch nicht eingezont werden, so dass heute nicht feststeht, was auf ihm einmal gebaut werden kann. Auch mag zutreffen, dass es, wenn es heute geteilt wird, später nach der Einzonung vielleicht nicht mehr so intensiv ausgenützt werden kann, wie dies der Fall wäre, wenn es nicht geteilt oder wenn die Teilung erst nach der Einzonung vorgenommen würde. Das alles beweist aber angesichts der Grösse der Parzelle noch nicht, dass sie heute durch eine Teilung wesentlich an Wert verlieren würde. Würde man anders entscheiden, dann könnte diese Argumentation praktisch bei allen nicht eingezonten Grundstücken vorgetragen werden, was zur Folge hätte, dass solche Grundstücke überhaupt nicht mehr real geteilt werden könnten. Derartige Folgen kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Bleiben nach der Zerlegung einer Nachlassliegenschaft für die einzelnen Erben so grosse Teilparzellen übrig, dass nach menschlicher Voraussicht auf jeder derselben (in naher oder fernerer Zukunft) eine vernünftige Überbauung möglich ist, so muss jedem Erben grundsätzlich das Recht zustehen, die Realteilung der Nachlassliegenschaft zu verlangen, und zwar selbst dann, wenn sie noch nicht eingezont und eine Einzonung in naher Zukunft nicht zu erwarten ist. Im vorliegenden Fall dürften diese Voraussetzungen erfüllt sein; denn eine fast quadratische Parzelle von rund 2870 m2 ermöglicht die Erstellung einer grösseren Baute oder zumindest eines grösseren Einfamilienhauses selbst dann noch, wenn wegen Quartierstrassen und Baulinien gewisse Baubeschränkungen in Kauf genommen werden müssen. Angesichts des Grundsatzes, BGE 97 II 11 S. 24 dass Erbschaftssachen in der Regel in natura unter die Erben zu verteilen sind, kann dem Berufungskläger nicht verwehrt werden, sich eine Parzelle dieser Grössenordnung für die Zukunft zu sichern in der Hoffnung, dass sie bald zu baureifem Land erklärt werde - eine Hoffnung, die angesichts der bekannten stürmischen Entwicklung, welche die Gemeinde Spreitenbach in den letzten Jahren durchgemacht hat, und angesichts der Lage der Parzelle in einem schon auf drei Seiten an eingezontes Land grenzenden Gebiete nicht unberechtigt ist. Selbst wenn man aber nicht von vorneherein ausschliessen will, dass die körperliche Teilung des Grundstücks deswegen, weil dieses noch nicht eingezont ist, zu einer nach Art. 612 Abs. 1 ZGB zu beachtenden Werteinbusse führen könnte, so lässt sich heute auf jeden Fall nicht beurteilen, ob die vom Willensvollstrecker angenommene Einbusse im Sinne dieser Bestimmung wesentlich sei, weil die Vorinstanz über das Ausmass dieses Verlustes keinerlei Feststellungen getroffen hat. Auch in diesem Punkte bedarf der Tatbestand der Vervollständigung. c) Ergeben die Beweisergänzungen, dass das Grundstück ohne wesentlichen Wertverlust geteilt werden kann, und kommt es hierauf nicht zu einer Einigung über diese Teilung, so hat der Willensvollstrecker (eventuell mit Hilfe eines Sachverständigen, gegebenenfalls unter Berücksichtigung einer im vorliegenden Verfahren eingeholten Expertise) die Grenze zu ziehen und die Lose zu bilden, wobei sein Entscheid der Beschwerde an die Aufsichtsbehörde unterliegt. Können sich hernach die Erben über die Zuweisung der Teilparzellen und der sie enthaltenden Lose nicht einigen, so hat die Losziehung zu erfolgen ( Art. 611 ZGB ). Ergibt sich dagegen, dass die Liegenschaft nicht oder nur unter wesentlichem Wertverlust geteilt werden kann, und stimmen die Erben nicht trotz des Wertverlustes einer Teilung zu, dann ist die Liegenschaft nach Art. 612 Abs. 2 ZGB zu verkaufen, was nach Art. 612 Abs. 3 auf dem Wege der Versteigerung geschehen muss, sofern der Berufungskläger dies dann immer noch verlangt. Eine Versteigerung unter den beiden Erben hätte wohl wenig Sinn, da vorderhand keiner von ihnen die Liegenschaft allein übernehmen will. Deshalb käme wohl eine öffentliche Versteigerung in Frage (vgl. dazu auch TUOR/PICENONI, N. 25 zu Art. 612 ZGB ). Der Berufungskläger konnte zwar bisher keinen Käufer vermitteln, der einen höheren Preis BGE 97 II 11 S. 25 zu zahlen gewillt wäre als der Gemeinderat von Spreitenbach, und vermochte den behaupteten Mehrwert der Liegenschaft nicht genau zu beziffern. Das schliesst aber nicht aus, dass auf dem Wege der Versteigerung möglicherweise doch ein höherer Preis erzielt werden kann, als der Gemeinderat von Spreitenbach offeriert hat. Sollte dagegen das Angebot des Gemeinderates nicht überboten werden, so könnte der Berufungskläger immer noch durch ein unwesentlich höheres Angebot den Zuschlag und damit die Realzuteilung der Liegenschaft an ihn erwirken. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zur Ergänzung der Akten im Sinne der Erwägungen und zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
public_law
nan
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1,971
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
86180dc9-4da7-4482-85f0-73083882c03e
Urteilskopf 112 Ia 166 29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 22 juillet 1986 dans la cause R. contre A. (recours de droit public)
Regeste Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit (Konkordat); Schiedsverfahren. 1. Verhältnis zwischen Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 4 BV einerseits und den Bestimmungen des Konkordats anderseits (E. 3a). 2. Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts bei einer staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Konkordats (Präzisierung der Rechtsprechung). Ist die doppelte Beschränkung der Kognition des Bundesgerichts bei der Prüfung der in Art. 36 Buchstabe f des Konkordats vorgesehenen Rüge mit Art. 84 Abs. 1 Buchstabe b OG vereinbar? Frage offengelassen (E. 3b). 3. Bedingungen für die entsprechende Anwendbarkeit von Art. 67 BZP auf Schiedsverfahren; Tragweite dieser Bestimmung (E. 3c). 4. Wirkungen eines Teilschiedsspruchs (E. 3d) und der Aufhebung eines Schiedsspruchs (E. 3e). 5. Das mit einer Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Schiedsspruch befasste kantonale Gericht kann die Motive substituieren (E. 3f).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 112 Ia 166 S. 167 A. et R. ont conclu, en 1968, un contrat de société simple en vue de fabriquer et de vendre des produits alimentaires. Ce but était réalisé par l'intermédiaire de la société anonyme X. S.A., dont le capital social appartenait pour 55% à A. et pour 45% à R. A la suite de la dissolution de la société simple, les associés sont convenus que A. rachetait les actions de X. S.A. détenues par R. Ils ont, par ailleurs, chargé un tribunal arbitral de fixer, entre autres, le prix des participations ainsi acquises. Le 17 avril 1978, le Tribunal arbitral a rendu une sentence partielle, relativement aux modalités de détermination de la valeur des participations de R. Statuant le 30 janvier 1979, sur recours des deux parties, la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois a annulé, sur un point, le dispositif de cette sentence. Contre cet arrêt, A. a formé un recours de droit public que le Tribunal fédéral a rejeté, dans la mesure où il était recevable, par arrêt du 4 décembre 1979 (cf. ATF 105 Ib 431 ss). BGE 112 Ia 166 S. 168 Par sentence finale du 29 mars 1984, le Tribunal arbitral a, notamment, condamné A. à payer à R. un solde de 192'457 fr. avec intérêts, contre remise des actions. Les deux parties ont interjeté, contre cette sentence, un recours en nullité auprès de la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois. Par arrêt du 5 juin 1985, cette autorité a rejeté les deux recours. Le 27 septembre 1985, R. a formé un recours de droit public, pour violation de l' art. 4 Cst. , du Concordat intercantonal sur l'arbitrage (CIA) et de la Convention européenne de sauvegarde des droits de l'homme et des libertés fondamentales (CEDH), contre les deux sentences arbitrales et contre les deux arrêts de la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois. L'intimé a conclu à l'irrecevabilité du recours, subsidiairement à son rejet. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Dans le cadre des divers moyens qu'il soulève, le recourant reprend un certain nombre d'arguments qui appellent quelques observations d'ordre général. a) Le recourant reproche à la Cour cantonale, de même qu'au Tribunal arbitral, d'avoir violé à maints égards les art. 6 par. 1 CEDH et 4 Cst. La première de ces deux dispositions parle uniquement des droits du justiciable à ce que sa cause soit entendue dans un délai raisonnable par un tribunal établi par la loi. Elle ne saurait donc s'appliquer à un tribunal arbitral dont les membres sont désignés librement par les parties (art. 11 CIA; cf. arrêt non publié du 9 février 1984 concernant la même cause, consid. 3d; dans le même sens, cf. les observations complémentaires du Gouvernement suisse sur la recevabilité d'une requête adressée par R. à la Commission européenne des droits de l'homme). En revanche, elle était applicable à la procédure de recours, dès lors que celle-ci avait été conduite par la Chambre des recours du Tribunal cantonal vaudois, c'est-à-dire par une juridiction établie par la loi. Toutefois, elle ne conférait pas aux plaideurs des droits allant au-delà de la garantie minimale fondée sur l' art. 4 Cst. (cf. ATF 109 Ia 178 , 232 consid. 5a; HOTTELIER, La Convention européenne BGE 112 Ia 166 S. 169 des droits de l'homme dans la jurisprudence du Tribunal fédéral, thèse Genève 1985, p. 39/40). Par conséquent, le grief tiré de la violation de l' art. 6 par. 1 CEDH se confond en l'espèce avec le moyen fondé sur l' art. 4 Cst. Cette dernière disposition n'a pas une portée plus étendue que les dispositions du Concordat intercantonal sur l'arbitrage, qui régissent la procédure arbitrale - en particulier les art. 25 et 36 lettre d CIA concernant le droit d'être entendu des parties (cf. JOLIDON, Commentaire du Concordat suisse sur l'arbitrage, p. 364, et les arrêts cités) - et qui permettent aux intéressés d'obtenir l'annulation des sentences arbitraires (art. 36 lettre f CIA; ATF 105 Ib 436 consid. 4b, ATF 103 Ia 359 ) ou encore la réduction des honoraires manifestement excessifs (art. 36 lettre i et 40 al. 3 CIA). Ainsi, du moment que la violation de l' art. 6 par. 1 CEDH se confond avec celle de l' art. 4 Cst. , qui se confond à son tour avec celle des dispositions topiques du Concordat intercantonal sur l'arbitrage, le Tribunal fédéral peut se limiter à l'examen de ces dernières, sur la base de l' art. 84 al. 1 lettre b OJ . b) En tant que le recours se fonde sur une violation des règles du Concordat intercantonal sur l'arbitrage ( art. 84 al. 1 lettre b OJ ), le Tribunal fédéral examine librement les griefs qui lui sont soumis ( ATF 111 Ia 74 consid. 1, 110 Ia 124, ATF 109 Ia 83 , ATF 107 Ib 65 consid. 1, ATF 107 Ia 158 consid. 2a, ATF 102 Ia 502 consid. 5a). Dans certains cas, son pouvoir de cognition est toutefois restreint à l'arbitraire; il en va notamment ainsi lorsque le moyen présenté se rapporte non pas à l'interprétation proprement dite du concordat, mais au sens de la réglementation, telle celle de la Chambre de commerce internationale, à laquelle renvoie le compromis ( ATF 102 Ia 502 consid. 5a, consid. 1a non publié de l'arrêt ATF 110 Ia 59 ), ou à l'application du droit cantonal de procédure que réserve l'art. 45 al. 1 CIA ( ATF 111 Ia 74 consid. 1). Deux arrêts publiés ( ATF 110 Ia 57 consid. 1b in fine, ATF 107 Ib 65 consid. 1 in fine) posent le principe selon lequel le Tribunal fédéral ne revoit que sous l'angle restreint de l'arbitraire la manière dont l'instance cantonale s'est acquittée de la tâche qui lui est dévolue par l'art. 36 CIA. Cependant, tel qu'il est énoncé, ledit principe ne correspond pas à la pratique constante du Tribunal fédéral en la matière, car il généralise une règle que la jurisprudence n'a toujours appliquée qu'à un seul (lettre f), voire à deux (lettre i) des neuf motifs énumérés à l'art. 36 CIA. Quant aux autres motifs, il n'a jamais été question de les examiner sous BGE 112 Ia 166 S. 170 l'angle restreint de l'arbitraire, contrairement à ce que pourraient laisser croire les deux arrêts précités. Selon la jurisprudence, lorsque le Tribunal fédéral est appelé à revoir l'application de l'art. 36 lettre f CIA, sa cognition est doublement restreinte à l'égard de la sentence arbitrale: il doit uniquement rechercher si la Cour cantonale s'est soustraite d'une façon insoutenable à son devoir d'examiner si la sentence était entachée d'arbitraire ( ATF 107 Ib 67 , ATF 105 Ib 436 consid. 4b, ATF 103 Ia 358 consid. 2). On peut se dispenser de rechercher si cette limitation du pouvoir de cognition, plus connue sous l'appellation d'"arbitraire au carré" ("Willkür im Quadrat"), est conforme à l' art. 84 al. 1 lettre b OJ qui suppose un libre examen du grief de violation du concordat. En effet, comme on le verra plus loin, les moyens soulevés par le recourant se révèlent manifestement mal fondés, lorsqu'ils ne sont pas irrecevables, même dans le cadre d'un libre examen. Ce libre examen - il faut insister sur ce point - ne saurait être opéré de manière plus approfondie que celui auquel l'autorité cantonale de recours s'est elle-même livrée. En d'autres termes, s'agissant de l'application de l'art. 36 lettre f CIA, il ne peut en aucun cas consister en une analyse complète des considérants de fait et de droit de la sentence arbitrale. Seule importe en définitive la question de savoir si, sur les points indiqués par le recourant et dans le cadre des griefs valablement soumis, cette sentence était entachée d'arbitraire, auquel cas la Cour cantonale aurait violé l'art. 36 lettre f CIA en refusant de sanctionner un tel vice. c) Dans le cadre de différents griefs individuels, le recourant se prévaut d'une violation de son droit à la preuve, soit d'un déni de justice pour refus d'administration de diverses preuves offertes par lui. Il sied d'examiner, d'une manière générale, dans quelle mesure il peut s'en prévaloir malgré l'ordonnance prononçant la clôture de la procédure probatoire. aa) En l'absence d'accord des parties ou de décision des arbitres à ce sujet (art. 24 al. 1 CIA), la procédure arbitrale est régie par la loi fédérale de procédure civile, applicable par analogie (art. 24 al. 2 CIA). L' art. 67 PCF énonce ce qui suit: "Le tribunal recueille les preuves dont l'administration a été renvoyée aux débats principaux en vertu de l'article 35, 3e alinéa. Sur requête présentée dans les dix jours dès la clôture de la procédure préparatoire ou d'office jusqu'à la clôture des débats, le tribunal peut compléter les preuves administrées devant le juge délégué. BGE 112 Ia 166 S. 171 Il peut aussi, lorsqu'il l'estime nécessaire, faire administrer des preuves à nouveau, notamment lorsqu'il a des raisons particulières de prendre directement connaissance d'un fait. Le tribunal peut, sur requête ou d'office, renvoyer la cause au juge délégué pour complément d'instruction." Le but de l' art. 67 al. 2 PCF est en premier lieu de déterminer les preuves qui sont encore litigieuses. Pour être recevable, une demande tendant à faire administrer des preuves autres que celles qui ont été recueillies au cours de la procédure probatoire doit être présentée dans les dix jours dès l'ordonnance de clôture. Cette dernière vise donc à éclaircir le débat, en ce sens que seules demeurent litigieuses les offres de preuve qui ont été renouvelées après ladite ordonnance, en dehors de celles qui ont été réservées par le juge délégué. Cette réglementation a également une justification évidente dans une procédure arbitrale, même lorsque l'instruction est menée par un tribunal in corpore. En effet, quand les arbitres estiment avoir recueilli toutes les preuves qui leur paraissent nécessaires, ils ont un intérêt manifeste à savoir quelles sont celles qui, étant litigieuses, sont maintenues et appellent encore une détermination de leur part. Le fait que le Tribunal arbitral in corpore s'est déjà prononcé sur les preuves ne rend pas une nouvelle détermination superflue, car les motifs invoqués par le requérant peuvent amener les arbitres à reconsidérer leur précédente décision. Partant, l' art. 67 PCF s'applique aussi par analogie aux procédures arbitrales, sous réserve des dispositions de l'art. 24 al. 2 CIA, lorsque le tribunal prononce la clôture de la procédure probatoire dans les formes prévues par la loi de procédure civile fédérale. bb) Dans le cas particulier, la procédure probatoire, menée par tout le Tribunal arbitral, a été close par ordonnance du 6 juin 1983. Aussi les parties sont-elles réputées avoir renoncé à toutes les preuves offertes par elles et qui n'ont pas été administrées, ni réservées par les arbitres, dans la mesure où elles n'ont pas renouvelé leur demande de preuve dans les dix jours dès la notification de ladite ordonnance. d) Sans que cela soit contesté par les parties, la Cour cantonale considère, à juste titre, que la sentence partielle rendue sur une question de fond, en application de l'art. 32 CIA, lie le Tribunal arbitral pour la suite de la procédure, fût-elle erronée (cf. à ce sujet: RÜEDE/HADENFELDT, Schweizerisches Schiedsgerichtsrecht, p. 285 lettre f; JOLIDON, op.cit., p. 462). BGE 112 Ia 166 S. 172 Il en résulte que le Tribunal arbitral, en rendant sa sentence finale, ne pouvait plus examiner si la sentence partielle était fondée, ni même juger de la pertinence des arguments qui auraient indirectement remis en cause le premier prononcé. e) Lorsque la sentence - partielle ou finale - est annulée, en application de l'art. 40 CIA, il est conforme aux principes du droit suisse et au système du concordat que les arbitres soient liés par l'arrêt de cassation (cf. art. 66 al. 1 OJ , 227ter al. 2 PPF; ATF 100 Ia 30 consid. 2, ATF 99 Ib 520 ). En l'occurrence, l'arrêt du Tribunal cantonal vaudois du 30 janvier 1979 n'a cassé le ch. II de la sentence partielle que pour que les arbitres examinent si l'accord concernant les prix avait été valablement résilié, alors que pour le surplus les motifs de la sentence partielle n'ont pas été désapprouvés. Il suit de là que, sur ce point, le Tribunal arbitral était lié par sa première sentence, sauf sur la question qu'il avait été chargé de réexaminer. f) A plusieurs endroits, dans son mémoire de recours, R. exprime l'avis que, dans l'application des art. 36 ss CIA, l'autorité cantonale de recours, lorsqu'elle constate une erreur de droit, doit annuler la sentence sans examiner si l'erreur a entaché le dispositif. Cette opinion est manifestement erronée. Hormis le cas du déni de justice formel, seule l'erreur causale conduit à l'annulation du prononcé. La Cour cantonale peut donc procéder à une substitution de motifs. Dans le cas du grief tiré de l'arbitraire de la sentence (art. 36 lettre f CIA), lorsque celle-ci peut se fonder sur une autre motivation non arbitraire, il n'y a pas lieu de l'annuler ( ATF 107 Ia 252 /253 consid. 5b). Saisi d'un recours de droit public, le Tribunal fédéral applique du reste la même règle, selon une jurisprudence constante ( ATF 106 Ia 314 /315 et les arrêts cités). Il n'y a aucune raison de pratiquer autrement lorsque le recours se fonde sur une violation du concordat (cf. p.ex. ATF 107 Ia 251 ).
public_law
nan
fr
1,986
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
8620ed1a-6dc3-46ca-b4a8-d717fd005813
Urteilskopf 92 II 257 39. Urteil der I. Zivilabteilung vom 15. November 1966 i.S. "Sihl" Zürcher Papierfabrik an der Sihl gegen Faserprodukte GmbH & Co. und Mitbeteiligte.
Regeste Marken-, Wettbewerbs- und Namenrecht. Im Ausland erfolgte Anbringung eines mit schweizerischen Marken verwechselbaren Zeichens auf einem Werbemuster, das als Beilage einer Zeitschrift in der Schweiz verbreitet wird. Markenrechtliche Beurteilung dieses Sachverhalts (Erw. II). Verwechselbarkeit (Erw. II/1). Markenmässiger Gebrauch, Art. 1 Ziff. 2 MSchG (Erw. II/2). Nachahmung, Art. 24 lit. a MSchG (Erw. II/3). Feilhalten, Inverkehrbringen, Art. 24 lit. c MSchG (Erw. II/4). Wettbewerbsrechtliche Beurteilung (Erw. III). Verhältnis des Marken- zum Wettbewerbsrecht (Erw. III/1). Anwendbarkeit des schweizerischen Rechts (Erw. III/2). Verstoss gegen Treu und Glauben wegen Täuschungsgefahr in bezug auf die Herkunft des mit dem Werbemuster angepriesenen Erzeugnisses, Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG (Erw. III/3, 4). Ansprüche aus diesem Sachverhalt (Erw. III/5-9). Namenrecht, Art. 28, 29 Abs. 2 ZGB (Erw. IV).
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 92 II 257 S. 258 A.- Die Aktiengesellschaft "Sihl" Zürcher Papierfabrik an der Sihl (hier abgekürzt "Sihl"), die Papiere und Papierwaren aller Art herstellt, verarbeitet und in den Handel bringt, ist Inhaberin verschiedener für Papiere und andere Waren bestimmten schweizerischen Marken, so der am 21. Mai 1953 erneuerten bzw. hinterlegten Marken Sihl, An der Sihl, Japan-Surfin-Sihl und Sihlplex sowie der in den Jahren 1960 bis 1964 hinterlegten Marken Syntosil, Artosil, Mediasil und Secursil. Sie liess alle diese Marken auch in das internationale Register eintragen. Im Jahre 1962 klagte sie beim Handelsgericht des Kantons Bern gegen die in Weinheim (Bundesrepublik Deutschland) niedergelassene Firma Carl Freudenberg auf Feststellung, dass die Marke Silbond, die diese Firma am 4. Februar 1961 als Kennzeichen für Papiere und Papierwaren in das internationale Register hatte eintragen lassen, in der Schweiz ungültig sei. Am 26. Oktober 1962 schrieb die Firma Carl Freudenberg dem Handelsgericht, sie unterziehe sich dieser Klage. Das Handelsgericht schrieb daher den Prozess als durch Abstand erledigt ab. Hierauf klagten die Firma Carl Freudenberg und deren Vertriebsgesellschaft Faserprodukte GmbH & Co. beim Landgericht BGE 92 II 257 S. 259 Frankfurt a.M. auf Feststellung, dass die "Sihl" in Deutschland nicht berechtigt sei, die Löschung und das Verbot der Benützung des Zeichens Silbond zu verlangen. Die "Sihl" erhob Widerklage auf Löschung und Unterlassung des Gebrauches dieses Zeichens. Das Landgericht hiess die Hauptklage gut und wies die Widerklage ab. Die Sache wurde an das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. weitergezogen und ist dort noch hängig. B.- Die Faserprodukte GmbH & Co. liess der am 5. August 1964 erschienenen Nr. 15 der Zeitschrift "Allgemeine Papier-Rundschau", die von einer Frankfurter Firma verlegt und gedruckt wird, eine vierseitige Werbeschrift aus synthetischem Papier beilegen. Auf der ersten Seite dieses Prospektes waren oben links auf rotem Schild das Wort Silbond, rechts davon die Worte "synthetisches Papier... und was es damit hat!" und darunter eine topographische Karte aus der Gegend von Frankfurt abgedruckt. Auf der zweiten und der dritten Seite waren ausführlich die Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Silbond geschildert. Die vierte Seite enthielt Angaben über "lieferbare Silbond-Qualitäten" sowie Namen und Adresse der Faserprodukte GmbH & Co. Da die "Sihl" Abonnentin der Allgemeinen Papier-Rundschau ist, gelangte die erwähnte Nummer samt der Werbeschrift auch an sie. Die "Sihl" behauptet, Zeitschrift und Prospekt seien in der Schweiz in ungefähr dreihundert Exemplaren verbreitet worden. Wegen dieses Sachverhaltes reichte die "Sihl" am 1. Juni 1965 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Faserprodukte GmbH & Co. und deren Kommanditäre Klaus Bohne und Dr. Dietrich Kassner eine Klage ein mit den Rechtsbegehren: "1. Es sei festzustellen, dass die Beklagte das Recht der Klägerin an ihrem Firmennamen und Markenzeichen 'Sihl' verletzt und unlauteren Wettbewerb begeht, indem sie in der Schweiz die Bezeichnung 'Silbond' für ihre Papiererzeugnisse, insbesondere auch in der Werbung, Inserate, Reklame und Geschäftdrucksachen verwendet. 2. Es sei die Beklagte zu verurteilen, die Fortsetzung der unerlaubten Handlungen gemäss Rechtsbegehren 1 zu unterlassen sowie den rechtswidrigen Zustand zu beseitigen, unter Androhung der Überweisung an den Strafrichter wegen Ungehorsam bei Busse und Haft gemäss Art. 292 StGB im Falle der Zuwiderhandlung. 3. Es seien die Beklagten solidarisch zu verurteilen, der Klägerin BGE 92 II 257 S. 260 einen nach richterlichem Ermessen festzusetzenden Schadensbetrag zu bezahlen, der mit Fr. 3000.-- beziffert wird. 4. Es sei die Klägerin berechtigt zu erklären, das Urteilsdispositiv auf Kosten der Beklagten im Schweiz. Handelsamtsblatt und in drei von ihr zu wählenden Tageszeitungen bzw. Fachzeitschriften zu veröffentlichen." C.- Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 22. April 1966 entsprechend dem Antrage der Beklagten ab. D.- Die Klägerin hat die Berufung erklärt. Sie beantragt dem Bundesgericht, die Klage gutzuheissen. Die Beklagten beantragen, die Berufung abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: I. Die Beklagte hat in der Klageantwort erklärt, sie sei bereit, das von der Firma Freudenberg gegebene Versprechen ebenfalls zu halten, denn sie gedenke nicht, ihre Erzeugnisse unter der Bezeichnung Silbond in die Schweiz zu liefern. Sie habe das auch nie getan. Der Verzicht auf die Führung der Marke Silbond in der Schweiz sei jedoch nur aus geschäftlichen Überlegungen erfolgt. Er enthalte nicht die Anerkennung, dass "Sihl" und "Silbond" verwechslungsfähig seien. Mit dieser Erklärung hat die Beklagte nicht anerkannt, die Werbung mit dem Zeichen Silbond in dem der Allgemeinen Papier-Rundschau beigelegten Prospekt sei in der Schweiz marken-, wettbewerbs- oder namensrechtlich unzulässig gewesen und solche Handlungen würden in Zukunft unterbleiben. Durch den Antrag auf Abweisung der Klage hat sie deutlich bekundet, dass sie das Vorgehen, das ihr die Klägerin vorwirft, in jeder Hinsicht als erlaubt betrachte. Selbst wenn es als Werbung in der Schweiz zu würdigen sein sollte, wäre daher mit der erwähnten Erklärung der Ausgang des Prozesses weder ganz noch teilweise präjudiziert. Die Auffassung des Handelsgerichtes, die Beklagte habe sich durch ihre Erklärung in gleicher Weise gebunden wie die Firma Freudenberg durch ihre Abstandserklärung im Berner Prozess, nämlich in dem Sinne, dass sie das Zeichen Silbond in der Schweiz auch in der Werbung nicht gebrauchen wolle, hält nicht stand. BGE 92 II 257 S. 261 II I.1. Art. 24 lit. b MSchG , wonach belangt werden kann, wer die Marke eines andern für seine eigenen Erzeugnisse oder Waren verwendet, ist im vorliegenden Falle nicht anwendbar, da den Beklagten nicht vorgeworfen wird, sie hätten auf ihrer Ware das (echte) Zeichen der Klägerin angebracht (vgl. BGE 86 II 282 ). Das Zeichen Silbond ist denn auch mit keiner Marke der Klägerin identisch. Es fragt sich dagegen, ob es diesen Marken so nachgeahmt sei, dass das Publikum irregeführt werden könne ( Art. 24 lit. a und c MSchG ). Das ist zu bejahen. Bond ist ein englisches Wort mit der Bedeutung Bindung und binden. In der Papierindustrie wird es als Fachausdruck verwendet. Die Silbe bond wirkt daher in der Marke Silbond wie eine Sachbezeichnung, weshalb der Leser geneigt ist, dieses Zeichen gedanklich in die Bestandteile Sil und bond zu zerlegen. Da die Klägerin das Wort Sihl als Teil ihrer Firma, als Marke und als Bestandteil von Marken verwendet, kann deshalb die Meinung aufkommen, Silbond sei eine Marke der Klägerin. Es ist denn auch schon vorgekommen, dass diese von Kaufinteressenten als Herstellerin von Silbond angesehen wurde. I.2. Nur wer ein Zeichen markenmässig gebraucht, d.h. es auf der Ware oder der Verpackung verwendet, um das Erzeugnis zu unterscheiden oder seine Herkunft festzustellen ( Art. 1 Ziff. 2 MSchG ), kann das Markenrecht eines andern verletzen ( BGE 88 II 34 und dort zitierte Entscheide). Dem Handelsgericht ist darin beizustimmen, dass die Werbeschrift der Beklagten trotz der Ausgestaltung ihrer ersten Seite nicht dazu bestimmt war, den Leser über die topographischen Verhältnisse von Frankfurt a.M. und Umgebung zu unterrichten. Es liegt daher nicht eine Ware der Gattung "Landkarte" oder "Stadtplan" vor. Dennoch darf sie nicht ausschliesslich der Gattung "Werbeschrift" zugerechnet werden. Ausser durch die Angaben auf den Seiten 2-4, die sie zum Prospekt machten, sollte sie offensichtlich auch durch das Material, aus dem sie bestand, für die von der Beklagten vertriebenen Erzeugnisse werben. Es fällt schon dem Laien sofort auf, dass sie nicht aus Papier, sondern aus einem anderen Material besteht. Umso weniger konnte das dem Fachmann verborgen bleiben, an den sich die Allgemeine Papier-Rundschau, die sich als Fachzeitschrift BGE 92 II 257 S. 262 bezeichnet, in erster Linie wandte. Der Werbetext des Prospektes beginnt mit dem Satz: "Wenn Sie Silbond in Händen halten, stellen Sie fest:..." Dadurch und durch die nachfolgenden Angaben über die Eigenschaften von Silbond wird der Leser eingeladen, das Material des Prospektes zu prüfen. Auch der Umstand, dass die erste Seite einen Ausschnitt aus einer Landkarte enthält und im Werbetext Silbond als für solche Karten besonders geeignetes Material hingestellt wird, lässt erkennen, dass die Beklagte nicht nur mit Worten, sondern auch durch Vorlegung eines Musters ihres Erzeugnisses werben sollte. Sie brachte denn auch auf der letzten Seite links unten das Qualitätszeichen KL 61/150 an, das auf der gleichen Seite auch unter den Ausführungen über "lieferbare Silbond-Qualitäten" vorkommt. Der Prospekt war nicht nur Werbeschrift, sondern auch Werbemuster. In der letztern Eigenschaft war er ein Erzeugnis, dessen Herkunft auf der ersten Seite durch das rote Schild mit dem Worte Silbond gekennzeichnet war. Dieses Wort erfüllte hier die Aufgabe einer Marke. Dass der Prospekt nicht dazu bestimmt war, vom Empfänger gekauft oder von ihm als Rohmaterial für irgendwelche nützliche Zwecke verwendet zu werden, ändert nichts. Dieser Umstand gibt nur Anlass zur Frage, ob die Beklagten diese Ware "verkauft, feilgehalten oder in Verkehr gebracht" ( Art. 24 lit. c MSchG ) bzw. bei diesen Tatbeständen mitgewirkt oder sie begünstigt oder erleichtert haben ( Art. 24 lit. d MSchG ). I.3. Nach Art. 24 lit. a MSchG kann belangt werden, wer die Marke eines andern nachgeahmt hat. Dieser Sachverhalt ist im vorliegenden Falle im Ausland verwirklicht worden. Da das Markenschutzgesetz nur im Gebiete der Schweiz gilt (Territorialprinzip) ( BGE 78 II 169 , BGE 85 IV 56 , BGE 86 II 272 , BGE 89 II 100 ), ist diese Bestimmung somit nicht anwendbar. Unerlaubte Handlungen unterstehen dem schweizerischen Recht allerdings nicht nur, wenn sie in der Schweiz ausgeführt werden, sondern auch dann, wenn bloss der Erfolg hier eintritt ( BGE 76 II 111 , BGE 87 II 115 ). Das Nachahmen der Marke der Klägerin als solches hat aber im Gebiete der Schweiz keinen Erfolg gezeitigt. Erst das sich an die Nachahmung anschliessende Versenden der Werbeschrift an schweizerische Abonnenten der Allgemeinen Papier-Rundschau wirkte sich in der Schweiz aus. Das Versenden wird aber von Art. 24 lit. a nicht erfasst. Die Klägerin macht das denn auch nicht geltend. BGE 92 II 257 S. 263 I.4. Die Klägerin beruft sich auf Art. 24 lit. c MSchG , wonach belangt werden kann, wer Erzeugnisse oder Waren, von denen er weiss, dass sie mit einer nachgemachten oder nachgeahmten oder rechtswidrig angebrachten Marke versehen sind, verkauft, feilhält oder in Verkehr bringt. a) Ihre Auffassung, die Beklagte habe mit Hilfe des Warenmusters die Verkäufe ihrer Erzeugnisse vorbereitet, diese also durch das Muster feilgehalten, widerspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes, wonach die Verwendung des irreführenden Zeichens in der Reklame, z.B. in Prospekten, auf Plakaten, in Inseraten, auf Geschäftspapieren oder Rechnungen, nicht nach dem Markenschutzgesetz verfolgt werden kann, weil darin nicht ein markenmässiger Gebrauch liegt ( BGE 30 II 594 , BGE 50 II 201 , BGE 55 II 345 f., BGE 58 II 170 , BGE 76 II 93 , BGE 87 II 42 f.). Nur ein Vorgang, an dem die mit der irreführenden Marke versehene Ware selber teilnimmt, kann als Verkaufen, Feilhalten oder Inverkehrbringen gewürdigt werden. Diese Handlung begeht z.B., wer die Ware zum Zwecke des Verkaufens ausstellt oder sie einem Käufer oder Mieter zeigt oder übergibt. Nur wenn dem Umworbenen das Erzeugnis samt der Marke vorgelegt wird, kann er durch diese über die Herkunft der Ware irregeführt werden. Nur gegen solche Irreführung will das Markengesetz schützen, nicht auch gegen andere Täuschungshandlungen, bei denen auf das Zeichen irgendwie Bezug genommen wird. Die Werbung mit Hilfe von Mustern macht keine Ausnahme. Sie kann nicht als Verkaufen, Feilhalten oder Inverkehrbringen der Warenposten, die der Werbende abzusetzen versucht, gewürdigt werden. Würde die Auffassung der Klägerin folgerichtig angewendet, so könnte der Inhaber der schweizerischen Marke z.B. auch einen ausländischen Geschäftsmann, der aufeiner Ferienreise in der Schweiz mit einem anderen Ausländer einen Kaufvertrag über Ware abschliesst, die immer im Auslande bleibt, nach Art. 24 lit. c MSchG belangen. Das wäre mit dem beschränkten Zwecke, den das Markenschutzgesetz verfolgt, nicht vereinbar. b) Dagegen fragt sich, ob das in der Schweiz verbreitete Silbond-Warenmuster selber Gegenstand des Feilhaltens oder Inverkehrbringens war. Es liegt im Begriff des Feilhaltens, dass die angebotene Sache nach der Absicht des Anbietenden Gegenstand eines Rechtsgeschäftes sein soll. Ob dieses ein entgeltliches sein müsse oder BGE 92 II 257 S. 264 ob das Anbieten in Schenkungsabsicht genüge, kann offen bleiben. Denn jedenfalls kann von einem Feilhalten nicht die Rede sein, wenn die vorgezeigte oder übergebene Sache für den Empfänger keinen Gebrauchs- oder Verkehrswert hat, sondern nur dazu dienen soll, ihm die Prüfung ihrer Beschaffenheit zu ermöglichen. So verhielt es sich im vorliegenden Fall. Das Silbond-Warenmuster hatte für die Abonnenten der Allgemeinen Papier-Rundschau keinen Gebrauchs- oder Verkehrswert. Es war nicht Gegenstand einer Zuwendung, sondern wurde der Zeitschrift nur beigelegt, damit die Empfänger das Material prüften, aus dem es bestand. Nachher war es bestimmungsgemäss zu vernichten, wenn es nicht schon durch die Prüfung selbst zugrunde ging. Aus den gleichen Gründen lag in der Zusendung an die Abonnenten der Zeitschrift auch nicht ein Inverkehrbringen. Ein solches setzt voraus, dass die Sache Gegenstand eines rechtsgeschäftlichen Verkehrs sei. Das Silbond-Warenmuster war nicht bestimmt, verkauft oder geschenkt zu werden. Es war ein blosses technisches Hilfsmittel der Beklagten zur Werbung von Käufern für ihre in Deutschland liegenden Erzeugnisse. Hierin erschöpfte sich seine Aufgabe. III.1. Dass die Handlungen der Beklagten vom Markenschutzgesetz nicht erfasst werden, schliesst ihre Verfolgung nach dem Bundesgesetz über den unlauteren Wettbewerb nicht aus ( BGE 76 II 94 ). Dieses könnte sogar angewendet werden, wenn ein Verstoss gegen das Markenschutzgesetz vorläge ( BGE 73 II 117 f., 134 f., BGE 76 II 94 , BGE 79 II 221 , BGE 87 II 39 Erw. 3). III.2. Unlauterer Wettbewerb ist eine unerlaubte Handlung. Er beurteilt sich daher schon dann nach schweizerischem Recht, wenn der Erfolg in der Schweiz eingetreten ist, mag auch der Belangte ausschliesslich im Ausland gehandelt haben ( BGE 76 II 111 , BGE 87 II 115 ). III.3. Dass die Beklagte und die Klägerin miteinander im Sinne des Art. 1 Abs. 1 UWG im wirtschaftlichen Wettbewerb stehen, liegt auf der Hand und ist nicht bestritten. Zu prüfen ist nur, ob die Beklagte diesen Wettbewerb mit täuschenden oder anderen gegen Treu und Glauben verstossenden Mitteln ausgeübt, besonders Massnahmen getroffen habe, die bestimmt oder geeignet waren, Verwechslungen mit den Waren, Werken, BGE 92 II 257 S. 265 Leistungen oder dem Geschäftsbetrieb der Klägerin herbeizuführen (Art. 1 Abs. 1 und Abs. 2 lit. d UWG). III.4. a) Ob die Beklagte durch die Werbung in der Schweiz gegen Treu und Glauben verstossen habe, hängt nicht davon ab, ob die Marke Silbond in Deutschland ungültig oder gültig sei. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes darf die Verwendung einer fremden Marke nicht als Verstoss gegen Treu und Glauben gewürdigt werden, wenn das Markenschutzgesetz sie als erlaubt erachtet, z.B. wegen Nichterneuerung der Hinterlegung ( BGE 73 II 136 ). Diese Rechtsprechung hilft den Beklagten nicht. Was die Klägerin ihnen vorwirft, wird vom Markenschutzgesetz nicht sinngemäss geradezu als erlaubt erklärt. Dieses Gesetz ist nur deshalb nicht anwendbar, weil der vorliegende Sachverhalt von ihm überhaupt nicht erfasst wird, da die Beklagte das mit der unzulässigen Marke versehene Warenmuster nicht verkauft, feilgehalten oder in Verkehr gebracht, sondern nur als Werbemittel verwendet hat. c) Da das zur Werbung verwendete Warenmuster eine Marke trug, die jenen der Klägerin nachgeahmt war, und übrigens auch im Text der Werbeschrift auf die Marke Silbond Bezug genommen wurde, bestand die Gefahr, dass der Empfänger über die Herkunft der von der Beklagten empfohlenen Erzeugnisse getäuscht werde. Dass sie erkennbar von einer deutschen Firma angepriesen wurden und der Prospekt einer in Deutschland verlegten und gedruckten Zeitschrift beigelegt war, ändert nichts. Diese Umstände sagten über das Land der Herkunft der Erzeugnisse und über den Fabrikanten nichts aus. Diese Ware hätte ebensogut wie aus dem Betriebe der Firma Carl Freudenberg, die im Prospekt nicht genannt war, aus dem Betriebe der Klägerin stammen können. Diese Möglichkeit setzte nicht einmal eine konzernmässige Verbindung zwischen der Beklagten und der Klägerin voraus; die Beklagte hätte auch als rechtlich und wirtschaftlich unabhängige Gesellschaft Erzeugnisse der Klägerin vertreiben können. Der Prospekt enthielt nichts, was den Leser darüber aufgeklärt hätte, dass Silbond weder von der Klägerin noch von einer mit ihr konzernmässig verbundenen Gesellschaft hergestellt werde. d) Die Beklagten machen geltend, sie hätten es nicht darauf abgesehen gehabt, die Rechte der Klägerin in der Schweiz anzugreifen, und ihre Werbung sei hier wirkungslos gewesen, weil das synthetische Papier der Firma Freudenberg in der Schweiz BGE 92 II 257 S. 266 unter anderen Marken als unter dem Zeichen Silbond vertrieben werde. Das Handelsgericht seinerseits hält das Vorgehen der Beklagten für zulässig, weil die Werbewirkung des Prospektes in der Schweiz höchstens eine indirekte gewesen sei und auch unabhängig von dem Namen und dem Zeichen Sihl der Klägerin hätte eintreten können. Damit will es sagen, die Beklagte hätte auch auf andere Weise in der Schweiz Kunden werben und sie dann in Deutschland unter der Marke Silbond oder in der Schweiz unter anderer Marke beliefern können. Es fügt bei, die indirekte Werbewirkung sei übrigens gering zu veranschlagen; die Beklagte habe kein Interesse daran, da sie ihre Erzeugnisse in der Schweiz nicht unter dem Zeichen Silbond absetze. Alle diese Einwendungen und Überlegungen sind unerheblich. Nach Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG kommt nichts darauf an, welches Ziel der Belangte mit seiner wettbewerblichen Massnahme verfolgte, ob er an ihr ein Interesse hatte und wie gross dieses war. Insbesondere braucht die Massnahme nicht dazu bestimmt gewesen zu sein, zu Verwechslungen zu führen. Solche müssen auch nicht tatsächlich eingetreten sein. Ebensowenig kommt etwas darauf an, ob der Belangte mit Hilfe der Massnahme Kunden geworben habe und ob er das mit gleichem Erfolg auch auf anderem Wege hätte tun können. Es genügt, dass sich die Massnahme eignete, zu Verwechslungen zu führen. Trifft dies zu, so macht sie den Wettbewerb sogar dann unlauter, wenn den Belangten kein Verschulden trifft, denn die Ansprüche gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a-c UWG setzen ein solches nicht voraus ( BGE 72 II 189 , BGE 81 II 471 , BGE 88 II 183 , BGE 91 II 24 ). e) Das Handelsgericht und die Beklagten verneinen einen Verstoss gegen Treu und Glauben, indem sie die Interessen des Werbenden, der sich einer international verbreiteten Zeitschrift bedient, gegen jene des Mitbewerbers abwägen und ihnen im vorliegenden Falle den Vorzug geben. Sie argumentieren, die Allgemeine Papier-Rundschau erscheine nur in einer einzigen Ausgabe, weshalb die Beklagten diese Zeitschrift praktisch auch für die Werbung in Deutschland nicht mehr benutzen könnten, wenn ihnen verboten würde, durch sie in der Schweiz zu werben. Auch dieser Einwand hilft nicht. Mögen die Interessen der Beklagten an der Werbung in der erwähnten Zeitschrift noch so gross sein, so liegt darin kein Grund, sie im Gebiete der Schweiz unter Hintanstellung des Interesses der Klägerin an der Lauterkeit des Wettbewerbes zuzulassen. Art. 52 Abs. 2 OR , der BGE 92 II 257 S. 267 auch im Wettbewerbsrecht gilt ( Art. 8 UWG ), gestattet den Eingriff in fremdes Vermögen nur, um drohenden Schaden oder Gefahr von sich oder einem andern abzuwenden. Die Beklagte hat nicht drohenden Schaden oder Gefahr von sich abzuwenden versucht, sondern die Werbeschrift um des Erwerbes, d.h. der Vermehrung ihres Vermögens willen verbreitet. Das ist kein vom Gesetz anerkannter Grund, mit täuschenden Mitteln in die Interessen und die Kundschaft der Mitbewerber einzugreifen. Zudem hätte es keines grossen Aufwandes bedurft, um die Werbeschrift den in die Schweiz versandten Exemplaren der Zeitschrift nicht beizulegen oder sie vor der Versendung daraus zu entfernen. Nur der den Beklagten vorgeworfene Sachverhalt ist zu beurteilen, weshalb ihnen die Berufung auf den Fall der Werbung durch Rundfunk und Fernsehwellen nichts nützt. Auch kann von einer Gesetzeslücke, wie das Handelsgericht sie sieht, nicht die Rede sein. Wer im Notstand handelt, ist übrigens nach Ermessen des Richters zu Schadenersatz verpflichtet ( Art. 52 Abs. 2 OR ). Umso mehr müsste die Schadenersatzpflicht grundsätzlich bejaht werden, wenn der vorliegende Sachverhalt in Ausfüllung einer Gesetzeslücke als notstandsähnlich zu würdigen wäre. f) Nicht haltbar ist schliesslich die Auffassung des Handelsgerichtes, das Vorgehen der Beklagten sei erlaubt, weil der schweizerische Leser einer deutschen Fachzeitschrift ein Recht darauf habe, deren Inhalt vollständig und unzensuriert zu erfahren. Diese Meinung liefe darauf hinaus, dass jede Werbung in der Schweiz mit Hilfe der ausländischen Presse unbekümmert darum, ob sie sich mit den schweizerischen Gesetzen vertrage, um der Leser willen hingenommen werden müsste. III.5. Die Klägerin richtet das Begehren auf Feststellung der Widerrechtlichkeit des unlauteren Wettbewerbes (Rechtsbegehren 1) nur gegen "die Beklagte", worunter die Faserprodukte GmbH & Co. zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung hat der Verletzte diesen in Art. 2 Abs. 1 lit. a UWG vorgesehenen Anspruch nur, wenn er an der Feststellung rechtlich interessiert ist, z.B. im Hinblick auf die Veröffentlichung des Urteils ( BGE 77 II 185 , BGE 82 II 359 , BGE 90 II 58 Erw. 8). Das Handelsgericht wird zu entscheiden haben, ob diese Voraussetzung erfüllt ist. Das ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Die irreführende Werbeschrift der Beklagten wurde einer in der Schweiz verbreiteten Zeitschrift beigelegt. Die BGE 92 II 257 S. 268 Klägerin kann trotz der seither verflossenen Zeit daran interessiert sein, die Leser auf einfache Weise durch blosses Bekanntgeben des Urteilsspruches über die Widerrechtlichkeit dieser Werbung aufzuklären. III.6. Der Unterlassungsanspruch ( Art. 2 Abs. 1 lit. b UWG ) setzt voraus, dass die Gefahr der Wiederholung des unlauteren Verhaltens bestehe ( BGE 68 II 132 , BGE 90 II 59 ). Diese Voraussetzung ist erfüllt, umsomehr, als die Beklagte sich auf den Standpunkt stellt, sie brauche die Bezeichnung Silbond in Deutschland zu Recht und es könne ihr nicht zugemutet werden, bei der Werbung mit ihr in der Allgemeinen Papier-Rundschau darauf Rücksicht zu nehmen, dass diese Zeitschrift auch in der Schweiz verbreitet wird. Das Unterlassungsbegehren (Rechtsbegehren 2) wird daher vom Handelsgericht gutzuheissen sein. Das Verbot ist mit der Bemerkung zu verbinden, dass Widerhandlungen für die Organe der Beklagten die in Art. 292 StGB vorgesehenen Strafen nach sich zögen. Die Auffassung der Beklagten, diese Androhung sei nicht zulässig, weil sich das Rechtsbegehren 2 nur gegen die Faserprodukte GmbH & Co. wendet, hält nicht stand. Die Androhung kann an die Kommanditgesellschaft gerichtet werden, was nicht von vornherein ausschliesst, im Falle der Widerhandlung alle jene natürlichen Personen zu bestrafen, die ihrem Willen Ausdruck zu geben haben werden, besonders die geschäftsführenden Gesellschafter (vgl. BGE 78 IV 239 f.). Auch ist nicht zu ersehen, inwiefern die Androhung nur gegen Personen und Gesellschaften zulässig sein sollte, die ihren Sitz in der Schweiz haben; denn auch im Ausland Niedergelassene dürfen im Gebiete der Schweiz keine strafbaren Handlungen verüben ( Art. 3, 102 StGB ), und verübt ist die Handlung schon dann in der Schweiz, wenn hier auch nur der Erfolg eintritt ( Art. 7 StGB ). Die Androhung setzt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht voraus, dass eine Widerhandlung gegen das Unterlassungsgebot zu befürchten sei. III.7. Die Klägerin beantragt mit dem Rechtsbegehren 2 auch die Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung des rechtswidrigen Zustandes. Dieser Anspruch ist in Art. 2 Abs. 1 lit. c UWG vorgesehen. Das Handelsgericht wird zu entscheiden haben, ob die Klägerin die zu seiner Gutheissung erforderlichen tatsächlichen Behauptungen aufgestellt und bewiesen hat. Weder aus dem Rechtsbegehren noch aus der Berufungsbegründung BGE 92 II 257 S. 269 ist zu ersehen, welchen Zustand sie als rechtswidrig erachtet und auf welche Weise sie ihn beseitigt wissen möchte. III.8. Über das Schadenersatzbegehren - das sich gegen alle drei Beklagten richtet - wird das Handelsgericht zu entscheiden haben. Dabei wird sich unter anderem fragen, ob die Klägerin den Schaden genügend substanziert habe und ob die Beklagten Bohne und Dr. Kassner, die als blosse Kommanditäre der Faserprodukte GmbH & Co. nicht schon als Geschäftsherren im Sinne des Art. 3 UWG haften, den unlauteren Wettbewerb dieser Gesellschaft wegen eines persönlichen Tuns oder Unterlassens als Anstifter, Urheber oder Gehilfen zu vertreten haben ( Art. 50 OR , Art. 8 UWG ). Bohne und Dr. Kassner machen geltend, die Klägerin wolle sie nicht wegen eines persönlichen Verhaltens haftbar machen, und in den Rechtsschriften fehle jede Andeutung darüber, worin es bestanden hätte. III.9. Gemäss Art. 6 UWG kann der Richter die obsiegende Partei auf ihr Begehren ermächtigen, das Urteil auf Kosten der unterlegenen Partei zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung kann zur Wiedergutmachung eines Schadens angeordnet werden, ist aber auch zur Abwendung der Gefahr weiterer Bedrohung des Verletzten in seiner Kundschaft zulässig; die Bekanntgabe der Unlauterkeit eines Verhaltens kann die eingetretene Störung des Wettbewerbes beheben und weiteren nachteiligen Auswirkungen der Handlung vorbeugen ( BGE 67 II 58 f., BGE 79 II 329 Erw. 7, BGE 82 II 361 , BGE 84 II 588 Erw. 4). Das Handelsgericht wird zu entscheiden haben, ob sich die Veröffentlichung im vorliegenden Falle unter einem dieser Gesichtspunkte rechtfertige. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist sie nicht von vornherein abzulehnen, weil die Prospekte nur Fachleuten in die Hand gekommen sein sollen und die Beklagte die unlautere Werbung seither nicht wiederholt habe. Das Handelsgericht wird gegebenenfalls auch die Art und den Umfang der Veröffentlichung zu bestimmen haben ( Art. 6 UWG ). IV Die Klägerin will unter anderem auch feststellen lassen, die Beklagte habe ihr Recht am Firmennamen "Sihl" verletzt. Ein Eingriff in das Recht der Klägerin auf ausschliesslichen Gebrauch ihrer Firma ( Art. 956 OR ) liegt nicht vor, da die BGE 92 II 257 S. 270 Beklagte das Wort Silbond nicht als Firma, sondern nur zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendet hat. Dagegen ist nicht ausgeschlossen, dass dieses Vorgehen als Namensanmassung unter Art. 29 Abs. 2 ZGB oder als Verletzung in den persönlichen Verhältnissen unter Art. 28 ZGB falle ( BGE 44 II 85 f., BGE 63 II 75 Erw. 2, BGE 72 II 188 Erw. 6, BGE 76 II 93 , BGE 77 II 327 , BGE 80 II 140 , BGE 91 II 19 ). Es braucht indessen nicht entschieden zu werden, ob die Verwendung des Wortes Silbond diesen Bestimmungen widersprach. Da die Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Beklagten schon auf Grund des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb festzustellen ist, hat die Klägerin kein schützenswertes Interesse, sie auch unter dem Gesichtspunkt der Art. 29 Abs. 2 oder Art. 28 ZGB feststellen zu lassen ( BGE 77 II 327 , BGE 87 II 112 , BGE 91 II 24 Erw. 8). Die Frage, ob die Beklagten diesen Bestimmungen zuwidergehandelt haben, muss auch nicht im Hinblick auf das Schadenersatzbegehren entschieden werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 22. April 1966 aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
public_law
nan
de
1,966
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
863b2001-bc1f-46ad-a36b-2765dacc5e7d
Urteilskopf 133 III 353 41. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_173/2007 vom 16. Mai 2007
Regeste Art. 397d ZGB ; Anrufung des Gerichts bei fürsorgerischer Freiheitsentziehung. Die gerichtliche Beurteilung setzt einzig ein schriftliches Begehren voraus; eine Begründung ist auch bei anwaltlicher Vertretung nicht erforderlich (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 353 BGE 133 III 353 S. 353 Die mit bezirksärztlicher Verfügung in die psychiatrische Klinik eingewiesene X. stellte ein Entlassungsgesuch, welches die ärztliche Leitung der Klinik abwies. Darauf wandte sie sich mit anwaltlicher Vertretung an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau und verlangte im Wesentlichen die sofortige Entlassung, ohne dies im Einzelnen materiell zu begründen. Am 23. April 2007 verfügte das Verwaltungsgericht, dass ein Beschwerdeverfahren nur durchgeführt werde, wenn innert der Beschwerdefrist eine gültige Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 133 III 353 S. 354 eingereicht werde; bei anwaltlicher Vertretung müsse die Beschwerdeschrift eine Begründung enthalten, wie dies § 39 Abs. 2 VRPG/AG fordere. Dagegen hat X. Beschwerde eingereicht, die vom Bundesgericht gutgeheissen wird. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Vorliegend geht es einzig um die Frage, ob das Eintreten auf eine Eingabe, mit der im Sinn von Art. 397d ZGB das Gericht angerufen wird, von einer materiellen Begründung abhängig gemacht werden darf, wenn die betroffene Person anwaltlich vertreten ist. Die Beschwerdeführerin verneint dies und rügt eine Verletzung von Art. 397d und 397f ZGB , ferner von Art. 31 Abs. 4 BV und Art. 5 Ziff. 4 EMRK . 2.1 Die von der fürsorgerischen Freiheitsentziehung (FFE) betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann gegen den Entscheid über die Unterbringung oder Zurückbehaltung in einer Anstalt innert zehn Tagen "schriftlich das Gericht anrufen" ( Art. 397d Abs. 1 ZGB ). Entsprechende Begehren sind unverzüglich an das zuständige Gericht weiterzuleiten ( Art. 397e Ziff. 3 ZGB ). Die gerichtliche Beurteilung setzt ein schriftliches Begehren voraus, das die Formerfordernisse von Art. 13 ff. OR erfüllen muss. Es ist unterschriftlich zu bezeugen, dass gerichtliche Beurteilung verlangt wird. Indes ist weder ein formeller Antrag noch eine Begründung erforderlich. Diese bundesrechtlichen Formvorschriften sind abschliessend; die Kantone dürfen weder sie verschärfen noch ein mündliches Begehren genügen lassen (Urteil 1P.793/1991 vom 12. Dezember 1991, E. 4b, publ. in: EuGRZ 1991 S. 526 ff.; GEISER, Basler Kommentar, N. 16 zu Art. 397d ZGB ; SPIRIG, Berner Kommentar, N. 51 und 54 zu Art. 397d ZGB , N. 22 zu Art. 397f ZGB ; IMHOF, Der formelle Rechtsschutz, insbesondere die gerichtliche Beurteilung, bei der fürsorgerischen Freiheitsentziehung, Diss. Freiburg 1999, S. 149 f. und 152; SCHERWEY, Das Verfahren bei der vorsorglichen fürsorgerischen Freiheitsentziehung, Diss. Basel 2004, S. 42; GEISER, Was haben die Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung gebracht?, in: Patient - Patientenrecht, Genf 1984, S. 188). 2.2 Die bundesrechtlich vorgegebenen Formerfordernisse sind bewusst niedrig gehalten und sachlich gerechtfertigt: Zum einen darf BGE 133 III 353 S. 355 die Anrufung des Richters angesichts der Schwere des Eingriffs und der häufigen Unbeholfenheit der davon Betroffenen nicht an formellen Hindernissen scheitern. Zum anderen zeigt die Erfahrung, dass Einweisungs- wie auch abweisende Entlassungsverfügungen oft kaum begründet sind, was eine materiell begründete Anfechtung in vielen Fällen verunmöglichen oder jedenfalls unverhältnismässig erschweren würde. Der Betroffene kann und darf sich darauf beschränken, den Richter mit einem schriftlichen Ersuchen um Beurteilung anzurufen. Es ist sodann Sache des zuständigen Gerichts, sich durch Beizug der einschlägigen Akten sowie persönliche Anhörung des Betroffenen und gegebenenfalls auch der involvierten Behörden die notwendigen Entscheidgrundlagen zu verschaffen. 2.3 Verbietet das Bundesrecht den Kantonen, weitere Formerfordernisse aufzustellen, gilt dies einerseits auch bei anwaltlicher Vertretung, darf doch der von FFE-Massnahmen Betroffene nicht allein aus diesem Grund schlechter gestellt werden, und stösst andererseits der Verweis auf die in § 39 Abs. 2 VRPG/AG vorgeschriebene Begründungserfordernis von vornherein ins Leere. Der Vollständigkeit halber sei in diesem Zusammenhang immerhin festgehalten, dass Art. 397f Abs. 3 ZGB zwingend die mündliche Einvernahme der betroffenen Person vorschreibt und damit das FFE-Verfahren im Unterschied zum verwaltungsrechtlichen bzw. -gerichtlichen Standardverfahren, das § 39 Abs. 2 VRPG/AG im Auge hat, mündlich ist, womit die Begründung an der Verhandlung vorgetragen werden kann; überdies ist es der Sache nach ein erstinstanzliches Verfahren, auch wenn es im Kanton Aargau formell als Beschwerdeverfahren ausgestaltet ist. Sodann kann die anwaltliche Verbeiständung mit Blick auf die mündliche Verhandlung ungeachtet der fehlenden Begründungserfordernis Sinn machen; aus eben diesem Grund ist die allfällige Bestellung eines Rechtsanwaltes in Art. 397f Abs. 2 ZGB explizit erwähnt.
null
nan
de
2,007
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
863b835c-34e4-4fd0-84e6-eb0718f3c422
Urteilskopf 105 Ia 315 58. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 23 mai 1979 en la cause Garcia contre Conseil d'Etat du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Zonenplan; Widerruf einer zugebilligten Abweichung. 1. Voraussetzungen des Widerrufs einer Verwaltungsverfügung; Fall, wo das Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts dem Postulat der Rechtssicherheit vorgeht (E. 2a). 2. Der Eigentümer eines Grundstücks kann nicht verlangen, dass ein Zonenplan, der ihm die Bebauung gestattet, nicht geändert werde (E. 2b).
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 105 Ia 315 S. 315 Par arrêté du 14 mars 1959, le Conseil d'Etat du canton de Genève a autorisé le Département des travaux publics à appliquer les normes de la zone 5 A (villas) à un terrain sis en zone 5 B (agricole), en précisant que ce terrain pourrait être morcelé en 52 parcelles au maximum et comprendre 54 logements, les dispositions de la loi cantonale sur les constructions étant au surplus réservées. Il a confirmé cette décision, en y apportant quelques modifications, par arrêté du 8 septembre 1967. Par arrêté du 1er juin 1977, le Conseil d'Etat a rapporté cette autorisation, en relevant que si elle pouvait être admise à l'époque en raison de la situation de fait et de droit, elle ne se justifie plus désormais, à la suite des études d'aménagement conduites depuis lors, d'où il ressort que le terrain en cause constitue un site remarquable digne d'être protégé et qu'il a d'ailleurs été inclus pour ce motif dans les zones réservées à titre provisoire, en application de l'arrêté fédéral du 17 mars 1972 (AFU). BGE 105 Ia 315 S. 316 Saisi d'un recours de droit public formé par le propriétaire du terrain contre l'arrêté du Conseil d'Etat du 1er juin 1977, le Tribunal fédéral l'a rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant soutient tout d'abord que la décision attaquée ne repose sur aucune base légale. Il fait observer à ce sujet que si l'art. 17 de la loi cantonale sur les constructions prévoit un certain nombre de dérogations que peut accorder le Conseil d'Etat, aucune disposition ne prévoit en revanche la possibilité pour le Conseil d'Etat de révoquer purement et simplement la dérogation qu'il accorde par arrêté. a) Or le Tribunal fédéral a établi, pour les cas précisément où aucune disposition légale ne règle la matière, des principes qui permettent de déterminer si une décision administrative peut être révoquée ou non ( ATF 103 Ib 243 i.f.; ATF 100 Ib 302 ; ATF 94 I 343 consid. 4). Selon cette jurisprudence, une décision administrative qui n'est pas ou qui n'est plus conforme au droit en vigueur n'est pas, nécessairement et de ce seul fait, révocable. Pour savoir si une telle décision doit être révoquée ou pas, il convient au contraire de mettre en balance d'une part l'intérêt qui s'attache à une application correcte du droit objectif, d'autre part les exigences de la sécurité du droit. Ce sont en principe ces dernières qui l'emportent lorsque la décision en cause a crée un droit subjectif au profit de l'administré, ou lorsque l'administré a déjà fait usage d'une autorisation qui lui avait été délivrée, ou encore lorsque la décision est intervenue au terme d'une procédure au cours de laquelle les divers intérêts en présence ont fait l'objet d'un examen approfondi ( ATF 103 Ib 244 ; ATF 100 Ib 302 ; ATF 94 I 343 s. consid. 4). Cette règle n'est cependant pas absolue: en effet, d'une part une révocation peut intervenir même dans l'une des trois hypothèses précitées, lorsqu'elle est commandée par un intérêt public particulièrement important; d'autre part les exigences de la sécurité du droit peuvent être prioritaires même lorsqu'aucune de ces trois hypothèses n'est réalisée ( ATF 103 Ib 244 ; ATF 100 Ib 302 s.). En l'espèce, la décision révoquée n'a pas crée de droit subjectif en faveur du recourant; en effet, si l'octroi d'un permis de bâtir ne crée pas un tel droit en faveur du propriétaire qui BGE 105 Ia 315 S. 317 l'obtient ( ATF 103 Ib 208 consid. 5a et les arrêts cités), à plus forte raison en va-t-il ainsi des arrêtés de 1959 et 1967, qui n'ont fait qu'autoriser le département compétent à appliquer, en cas de demande de permis de bâtir, les normes de construction de la zone 5 A. La décision révoquée n'a pas non plus été prise à la suite d'une procédure d'enquête publique et d'opposition au cours de laquelle les intérêts opposés auraient fait l'objet d'un examen approfondi. Enfin le recourant n'a pas encore fait usage d'une autorisation qui lui aurait été accordée; le fait qu'il ait déposé à fin 1976 une demande de morcellement de son terrain, demande qui a d'ailleurs été rejetée le 7 juillet 1977, ne constitue pas un tel usage. Comme aucune des trois hypothèses précitées n'est réalisée en l'espèce, c'est l'application correcte du droit objectif qui doit l'emporter sur les exigences de la sécurité, sauf s'il se révélait que l'intérêt public justifiant la décision attaquée soit si peu important qu'il doive céder le pas devant les intérêts privés du recourant. b) La conclusion ci-dessus ne serait pas différente si l'on considérait la décision attaquée non pas comme une décision particulière dont la révocation est soumise aux règles jurisprudentielles relatives à la révocation des décisions administratives, mais comme une norme de portée générale, en raison notamment de la surface relativement étendue à laquelle elle s'applique (cf. notamment ATF 94 I 350 consid. 5 et 341 consid. 3 avec citations de jurisprudence et de doctrine). En effet, selon la jurisprudence, un propriétaire ne saurait exiger qu'un plan de zones qui lui permet de construire sur son fonds demeure inchangé (ATF ATF 102 Ia 336 ; ATF 98 Ia 377 ). A plus forte raison en va-t-il ainsi du propriétaire dont le terrain, comme en l'espèce, n'est pas classé dans une zone à bâtir mais a simplement fait l'objet d'une décision du Conseil d'Etat autorisant le département compétent pour délivrer les permis de construire à appliquer les normes d'une zone à bâtir. Au cours des dernières années, le Tribunal fédéral a rejeté plusieurs recours de droit public formés contre des décisions qui restreignaient les possibilités de bâtir dans une zone ou même réduisaient la surface de zones à bâtir ( ATF 104 Ia 128 consid. 3; ATF 103 Ia 252 consid. 2b; 102 Ia 331 ss., 433 ss. consid. 4 et 5; ATF 98 Ia 377 ). Il a reconnu que de telles mesures se justifiaient en général par un intérêt public important, notamment pour des raisons BGE 105 Ia 315 S. 318 d'aménagement du territoire et de protection des sites ( ATF 104 Ia 128 ss.; 103 Ia 252 et les arrêts cités). c) Ainsi, le recourant ne saurait prétendre que le Conseil d'Etat ne pouvait revenir sur son arrêté de 1967 autorisant le Département des travaux publics à appliquer les normes de la zone 5 A à toute la parcelle. Il s'agit en revanche d'examiner si l'intérêt public invoqué par le Conseil d'Etat pour justifier la décision attaquée est suffisamment important pour prévaloir sur l'intérêt privé du recourant, ce que ce dernier conteste.
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