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Urteilskopf 81 IV 204 45. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. Juni 1955 i.S. Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement gegen Meyer.
Regeste 1. Art. 13 Abs. 2 UB berechtigt die Uhrenkammer nur, im Strafverfahren zivilrechtliche Ansprüche zu stellen, nicht auch, Bestrafung des Beschuldigten zu verlangen (Erw. 1). 2. Art. 270 Abs. 6 BStP , Art. 13 Abs. 4 UB. Der Bundesanwalt ist die einzige Bundesstelle, die in Angelegenheiten betreffend Übertretung des UB als öffentlicher Ankläger Nichtigkeitsbeschwerde führen kann (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 204 BGE 81 IV 204 S. 204 Im Auftrage des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD) reichte die Schweizerische Uhrenkam meram 21. Februar 1955 durch einen Fürsprecher gegen Ernst Meyer Strafklage ein mit dem Vorwurf, er habe in der Fabrik der Meyer & Co. AG in Grenchen ohne Bewilligung mehr als die seit 1. Januar 1952 zulässige Zahl von elf Arbeitern beschäftigt und dadurch Art. 3 Abs. 1 und Art. 13 des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1951 über BGE 81 IV 204 S. 205 Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie übertreten. Der Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern erklärte den Beklagten am 1. März 1955 dieser Übertretung schuldig und verurteilte ihn zu Fr. 700.-- Busse und gegenüber der Schweizerischen Uhrenkammer zu einer Parteientschädigung von Fr. 150.--. Der Vertreter der Uhrenkammer führt im Namen des EVD gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit der Begründung, es verletze das Gesetz, weil die Busse zu milde sei. Der Gerichtsstatthalter von Solothurn-Lebern beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der am 1. Januar 1952 in Kraft getretene Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 über Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie erklärt in Art. 13 Abs. 2 Satz 2 die Schweizerische Uhrenkammer für befugt, "als Zivilpartei aufzutreten und im Falle der Verurteilung zu verlangen, dass die Kosten einer gemäss Art. 9 Abs. 2 angeordneten Untersuchung und ihre Parteikosten vergütet werden." "Zivilpartei" ist die Uhrenkammer im Strafverfahren nur, wenn sie zivilrechtliche Ansprüche geltend macht, nicht schon dann, wenn sie, wie im vorliegenden Falle, lediglich Bestrafung des Beschuldigten verlangt. Das ergibt sich aus dem in der Rechtssprache üblichen Sinne des Wortes. Die Entstehungsgeschichte bestätigt, dass der Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 ihm keine andere Bedeutung beilegt. Der diesem Erlass vorausgegangene Bundesratsbeschluss vom 23. Dezember 1948 zum Schutze der schweizerischen Uhrenindustrie (Art. 26 Abs. 3) und die den gleichen Gegenstand betreffenden Bundesratsbeschlüsse vom 30. Dezember 1935 (Art. 8 Abs. 3), 13. März 1936 (Art. 7 Abs. 3), 29. Dezember 1939 (Art. 16 Abs. 3), BGE 81 IV 204 S. 206 14. Dezember 1942 (Art. 16 Abs. 2) und 21. Dezember 1945 (Art. 26 Abs. 3) hatten der Uhrenkammer weitergehende Parteirechte eingeräumt durch die Wendung, sie sei befugt, "im Strafverfahren Anträge zu stellen und als Partei die allgemeinen Interessen der Uhrenindustrie geltend zu machen sowie im Falle der Verurteilung Vergütung der Untersuchungskosten gemäss ... und ihrer Parteikosten zu verlangen". Der Bundesrat hatte diese Bestimmung in seinem Entwurfe vom 6. Oktober 1950 zu einem Bundesbeschluss über Massnahmen zur Erhaltung der schweizerischen Uhrenindustrie dem Sinne nach beibehalten durch den Vorschlag (Art. 11 Abs. 2 Satz 2): "Die Schweizerische Uhrenkammer ist befugt, im Strafverfahren Anträge zu stellen, als Zivilpartei die allgemeinen Interessen der Uhrenindustrie geltend zu machen und im Falle der Verurteilung die Vergütung der Kosten einer gemäss ... angeordneten Untersuchung und ihrer Parteikosten zu verlangen." In der Botschaft an die Bundesversammlung hatte er auf die Übereinstimmung dieses Vorschlages mit dem bisherigen Recht hingewiesen und beigefügt, vielleicht seien die Vertreter der kantonalen Staatsanwaltschaften nicht alle mit den sehr speziellen Problemen der Uhrenindustrie vertraut (BBl 1950 III 98). Die Kommission des Nationalrates beantragte jedoch, der Uhrenkammer sei in Abweichung vom geltenden Recht und vom Entwurfe die Befugnis nicht mehr zu geben, als Staatsanwaltschaft aufzutreten, Strafanträge zu stellen und einen Entscheid weiterzuziehen, sondern nur noch die Befugnis, die zivilrechtlichen Ansprüche der gesamten Uhrenindustrie zu vertreten, womit ihre Zuständigkeit auf das ihrer privatrechtlichen Stellung entsprechende Mass zurückgeführt, ihr öffentlichrechtliche Aufgaben nicht mehr übertragen wären (StenBull NatR 1951 358 f.). Der Nationalrat hiess diesen Antrag gut, und der Ständerat schloss sich seinem Beschlusse an (StenBull StR 1951 288). Art. 13 des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1951 gibt daher der Uhrenkammer nicht das Recht, durch Nichtigkeitsbeschwerde BGE 81 IV 204 S. 207 schärfere Bestrafung des Beschwerdegegners zu verlangen. 2. Die Uhrenkammer behauptet das auch nicht, sondern lässt die Frage dahingestellt und gibt sich als Vertreterin des EVD aus, das die Rechte eines öffentlichen Anklägers des Bundes habe. Solcher ist jedoch gemäss Art. 270 Abs. 6 BStP im Beschwerdeverfahren vor dem Kassationshof einzig der Bundesanwalt. Art. 270 BStP regelt die Legitimation zur Nichtigkeitsbeschwerde abschliessend, soweit nicht andere gesetzliche Bestimmungen Ausnahmen vorsehen. Eine Ausnahme enthält der Bundesbeschluss vom 22. Juni 1951 nicht. Dass Art. 13 Abs. 4 die kantonalen Regierungen verpflichtet, dem EVD sämtliche Strafentscheide oder Einstellungsbeschlüsse mitzuteilen, gibt dieser Amtsstelle nicht das Recht, als öffentlicher Ankläger Nichtigkeitsbeschwerde zu führen. Soweit in BGE 74 IV 176 in Auslegung des entsprechenden.Art. 26 Abs. 5 des Bundesratsbeschlusses vom 21. Dezember 1945 nebenbei eine gegenteilige Auffassung vertreten wurde, kann daran nicht festgehalten werden. Es bestand kein Anlass, dem EVD die Beschwerdelegitimation in so verschleierter Form zu verleihen, wo doch schon Art. 270 Abs. 6 BStP eine zur Beschwerde legitimierte Bundesstelle bezeichnet für Fälle, in denen die kantonale Entscheidung nach einem Bundesgesetz oder nach einem Beschluss des Bundesrates gemäss Art. 265 Abs. 1 BStP dem Bundesrate mitzuteilen ist. Die in Art. 13 Abs. 4 des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1951 vorgesehene Pflicht zur Einsendung an das EVD steht der Pflicht zur Einsendung an den Bundesrat gleich, wovon denn auch der Bundesrat in Art. 4 Ziff. 5 seines Beschlusses vom 20. Dezember 1954 über die Mitteilung kantonaler Strafentscheide gemäss StGB und anderen Bundesvorschriften ausgeht. Der Bundesanwalt ist daher zur eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde in Angelegenheiten betreffend Übertretung des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1951 legitimiert. Die Bundesversammlung kann umsoweniger BGE 81 IV 204 S. 208 den Willen gehabt haben, das gleiche Recht auch dem EVD zu verleihen, als sie damit den Weg der Beschwerdeführung durch die Uhrenkammer, den sie dieser durch die vom Entwurfe abweichende Fassung des Art. 13 Abs. 2 entziehen wollte, mittelbar wieder geöffnet hätte, da Art. 9 Abs. 1 den Bundesrat ermächtigt, beim Vollzug des Beschlusses ausser dem EVD auch die Uhrenkammer beizuziehen. Es besteht auch kein praktisches Bedürfnis nach konkurrierender Beschwerdelegitimation zweier Bundesstellen. Wenn das EVD findet, ein kantonaler Strafentscheid oder Einstellungsbeschluss sei mit Nichtigkeitsbeschwerde anzufechten, kann es seine Auffassung dem Bundesanwalte unterbreiten, der hierauf nach eigenem Ermessen Beschwerde führen oder die Sache auf sich beruhen lassen kann. Nur dieses Vorgehen kann Art. 13 Abs. 4 des Bundesbeschlusses vom 22. Juni 1951 dem EVD ermöglichen wollen, nicht dass es selber Beschwerde führe. ... Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Auf die Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
nan
de
1,955
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CH_BGE_006
CH
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6f2e1c8a-8275-44e6-b87e-430a88b8d728
Urteilskopf 99 Ia 317 34. Arrêt du 19 septembre 1973 dans la cause Brozicek contre Conseil d'Etat du canton de Genève
Regeste Verweigerung der Erneuerung der Aufenthaltsbewilligung eines Ausländers. Die irrtümlich als "Nichtigkeitsbeschwerde" bezeichnete Eingabe ist als staatsrechtliche Beschwerde an die Hand zu nehmen, wenn sie den Anforderungen des Art. 90 OG genügt (Erw. 1). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unzulässig, sofern der Ausländer nicht aufgrund eines Staatsvertrages Anspruch auf die Erteilung der Aufenthaltsbewilligung hat (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 2). Der Ausländer, der sich nicht auf einen solchen Vertrag berufen kann, ist nicht legitimiert, den Verweigerungsentscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten; er kann sich mit diesem Rechtsmittel dagegen über Verfahrensmängel beschweren, die einer Rechtsverweigerung gleich oder nahe kommen (Bestätigung der Rechtsprechung: Erw. 3). Wenn das Gesetz zwei Instanzen vorsieht, kann der Betroffene verlangen, dass sich die obere Instanz nicht mit der Streitsache befasse, wenn sie von der untern Instanz nicht beurteilt worden ist (Erw. 4 a). Auf dem Gebiet der Aufenthaltsbewilligung gewährleistet das Bundesrecht nicht zwei kantonale Instanzen. Dagegen gewährleistet das Genfer Recht sie (Erw. 4 b), und diese Garantie ist im vorliegenden Falle missachtet worden (Erw. 4 c).
Sachverhalt ab Seite 318 BGE 99 Ia 317 S. 318 A.- Jiri Brozicek, ressortissant tchécoslovaque, docteur en droit, a quitté son pays en 1968, accompagné de sa femme et de ses deux enfants mineurs, afin de faire opérer à l'étranger ces derniers, qui avaient été victimes d'un accident de la circulation. Venant de Paris, il est entré en Suisse avec sa famille le 8 septembre 1968 et s'est rendu à Genève. Après avoir occupé un emploi auprès du Comité international de la Croix-Rouge, il a été engagé dès septembre 1970 en qualité de maître suppléant au collège de la Seymaz du cycle d'orientation de l'enseignement secondaire genevois. B.- Brozicek a déposé auprès de la Police cantonale genevoise des étrangers (bureau du contrôle de l'habitant auprès du Département de justice et police) une demande d'autorisation de séjour temporaire. Le 31 mars 1970, la Police cantonale des étrangers a pris une décision refusant de lui octroyer une autorisation de séjour et lui impartissant un délai au 31 juillet 1970 pour quitter le territoire genevois. Le Conseil d'Etat, saisi d'un recours formé par l'intéressé, a rejeté ce recours dans le sens des considérants par arrêté du 6 octobre 1970 et a imparti au recourant un délai au 30 juin 1971 pour quitter avec sa famille le territoire genevois, à moins qu'il ne demande à être mis au bénéfice de l'asile politique. Le 3 mars 1971, la Police cantonale des étrangers a établi au nom de Brozicek un livret pour étrangers "B" (autorisation de BGE 99 Ia 317 S. 319 séjour) no 37 044, pour lui-même, son épouse et ses enfants, valable jusqu'au 30 juin 1971. Le "but du séjour" était libellé comme suit: "Maître suppléant au Collège de la Seymaz D.I.P. ... et préparer son départ. Epouse: sans activité lucrative. Enfants: traitement médical." Le 11 août 1971, le Conseil d'Etat a décidé de laisser ce cas en suspens jusqu'à nouvel ordre et d'autoriser la direction du collège de la Seymaz à réengager l'intéressé pour l'année scolaire 1971-1972. Le 16 février 1972, la Police cantonale des étrangers a procédé au renouvellement du livret pour étrangers. La nouvelle autorisation a été donnée pour une durée expirant le 30 juin 1972. Le libellé du "but du séjour" a été modifié comme suit: "Maître suppléant au Collège de la Seymaz, Cycle d'orientation ... Epouse et enfants: vivre auprès du chef de famille." Brozicek ayant sollicité le renouvellement de l'autorisation de séjour pour l'année 1972-1973, la Police cantonale des étrangers s'est adressée le 14 août 1972 au Conseil d'Etat pour lui rappeler le "cas maintenu en suspens". Elle a écrit le même jour au requérant pour l'informer que "la demande de renouvellement d'autorisation de séjour que vous avez présentée est encore à l'examen". C.- Par arrêté du 1er novembre 1972, le Conseil d'Etat a décidé ce qui suit: 1) La décision du 11 août 1971, suspendant l'arrêté du 6 octobre 1970, n'est pas renouvelée. 2) Un délai au 15 janvier 1973 est imparti au recourant pour quitter le territoire genevois. Dans les considérants de cet arrêté, le Conseil d'Etat invoque plusieurs incidents mis à la charge de Brozicek, qui serait un individu instable et récriminateur, s'intégrant difficilement aux exigences locales. D.- Brozicek a adressé au Tribunal fédéral un "recours en nullité selon l'art. 68 al. 1 lettre b" OJ contre l'arrêté du Conseil d'Etat du 1er novembre 1972. Il y fait valoir que lui-même et la direction du collège de la Seymaz ont présenté les 9 et 15 mai 1972 des demandes d'autorisation pour la reconduction de son engagement et la prolongation de son permis de séjour B auprès du Contrôle de l'habitant et que celui-ci ne s'est pas prononcé sur cette dernière demande, traitée par le Conseil d'Etat en première et simultanément en dernière instance dans son arrêté BGE 99 Ia 317 S. 320 du 1er novembre 1972. Il soutient que le Conseil d'Etat aurait ainsi violé les art. 15 et 19 de la loi fédérale sur le séjour et l'établissement des étrangers (LSEE), ainsi que les art. 3 et 4 de la loi genevoise du 21 février 1934. Il ajoute que la décision du Conseil d'Etat du 11 août 1971 ne lui a jamais été notifiée et ne peut entraîner aucun préjudice pour lui. Enfin, l'arrêté du 1er novembre 1972 reposerait sur des constatations inexactes et incomplètes et ne serait pas approprié à l'ensemble des circonstances. E. - Le Conseil d'Etat conclut à l'irrecevabilité, subsidiairement au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Le recourant qualifie son recours de "recours en nullité" et déclare se fonder sur l'art. 68 al. 1 litt. b OJ. En réalité, selon cette disposition elle-même, la voie du recours en nullité n'est ouverte que dans les "affaires civiles". La décision attaquée n'est pas rendue dans une affaire civile, mais est une décision cantonale de caractère administratif; elle ne peut être attaquée devant le Tribunal fédéral que par la voie du recours de droit public, conformément à l'art. 84 OJ, à moins qu'elle ne puisse faire l'objet d'un recours de droit administratif (art. 98 litt. g OJ). Cependant, la désignation erronée du recours ne peut nuire au recourant si, pour le surplus, les conditions de forme légales sont observées (cf. RO 56 II 3). Or, on peut admettre que l'acte de recours satisfait aux exigences de l'art. 90 al. 1 OJ, encore que le recourant ne mentionne expressément aucune règle constitutionnelle. Du point de vue de la forme, le recours est donc recevable comme recours de droit public. Cependant, les conditions de l'art. 93 al. 2 OJ ne sont pas remplies; les mémoires complémentaires du recourant sont tardifs et, partant, irrecevables (art. 89 OJ). 2. Aux termes de l'art. 18 LSEE, le refus d'autorisation prononcé par le canton est définitif, ce qui, en vertu de l'art. 74 litt. e LPA, exclut le recours au Conseil fédéral. Le refus d'une autorité cantonale de renouveler une autorisation ne peut pas non plus faire l'objet d'un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. En vertu de l'art. 100 litt. b ch. 3 OJ, un tel recours n'est en effet pas ouvert, en matière de police des étrangers, contre le refus d'autorisations auxquelles le droit fédéral ne confère pas un droit. Or, la législation interne ne BGE 99 Ia 317 S. 321 confère pas de droit au renouvellement d'une autorisation de séjour (art. 4 LSEE). Seuls les ressortissants de certains pays bénéficient, en vertu de traités internationaux, d'un droit à l'octroi d'une autorisation ou au renouvellement d'une autorisation déjà accordée (RO 98 Ia 650, 97 I 533, 93 I 5). Mais aucun traité de cette nature n'existe entre la Suisse et la Tchécoslovaquie; le recourant, citoyen tchécoslovaque, ne peut agir par le moyen du recours de droit administratif. Seule reste ainsi ouverte la voie du recours de droit public. 3. Pour que le recours puisse être déclaré recevable, encore faut-il que toutes les conditions de recevabilité prévues par la loi soient réunies, et notamment celle de l'art. 88 OJ, selon lequel ont qualité pour recourir les particuliers ou les collectivités lésés par des arrêtés ou des décisions qui les concernent personnellement ou qui sont d'une portée générale. En l'espèce, Brozicek recourt contre une décision qui le concerne personnellement mais son recours ne peut être reçu que s'il est lésé par cette décision dans ses intérêts juridiquement protégés (RO 98 Ia 651, 96 I 311, 95 I 106). Ainsi qu'on vient de le rappeler, l'étranger ne peut en principe, sous réserve des dispositions des traités internationaux, faire valoir aucun droit à l'obtention ou au renouvellement d'une autorisation de séjour. L'intérêt qu'il peut avoir à cette obtention ou à ce renouvellement n'est qu'un intérêt de pur fait. La décision qui les lui refuse ne l'atteint donc pas dans ses intérêts juridiquement protégés, et l'un des éléments nécessaires pour qu'il ait qualité pour agir par le moyen d'un recours de droit public fait donc défaut (RO 98 Ia 651). Cependant, l'étranger auquel l'autorisation de séjour est refusée en application de l'art. 4 LSEE conserve le droit de former un recours de droit public dans la mesure où il fait valoir des vices qui affectent la procédure d'examen de la demande d'autorisation et qui équivalent à un déni de justice ou s'en rapprochent. La faculté de se plaindre d'un déni de justice formel ou encore de la violation du droit d'être entendu qui découle de l'interdiction du déni de justice résultant de l'art. 4 Cst. est ouverte à tout individu qui participe à une procédure, même si la loi ne lui reconnaît pas des intérêts juridiquement protégés quant au fond (RO 98 Ia 651, 96 I 600, 93 I 5). En revanche, l'étranger n'a pas qualité pour attaquer par le moyen du recours de droit public le refus d'une autorisation de séjour en raison de vices qui affecteraient la décision quant au BGE 99 Ia 317 S. 322 fond et notamment qui toucheraient le pouvoir d'appréciation de l'autorité. L'interdiction de l'arbitraire, par opposition à l'interdiction du déni de justice formel et notamment à la garantie du droit d'être entendu, est liée aux droits que l'intéressé peut faire valoir quant au fond et ne peut être invoquée que par celui qu'une décision atteint dans ses intérêts juridiquement protégés. Si l'on entendait tirer de l'art. 4 Cst. la faculté pour un individu atteint dans ses intérêts de fait d'exercer un recours de droit public motivé par une application arbitraire du droit, indépendamment de l'existence d'un intérêt juridiquement protégé quant au fond, on reconnaîtrait ainsi l'existence d'une qualité pour agir dans des cas où l'art. 88 OJ l'exclut (RO 98 Ia 652). Ainsi, en l'espèce, le Tribunal fédéral ne peut entrer en matière que sur les griefs touchant à la procédure d'examen de la demande présentée par le recourant, griefs qui constituent du reste le moyen principal. En revanche, le recours est irrecevable dans la mesure où il critique la manière dont le Conseil d'Etat a établi et apprécié les circonstances de fait et dans la mesure où il fait valoir que la décision n'est pas appropriée à l'ensemble des circonstances. 4. Le recourant affirme que le Conseil d'Etat a statué simultanément en première et en dernière instance et qu'il l'a privé du droit de bénéficier de la procédure en deux instances garantie par la loi. a) Dans le domaine de la juridiction administrative, comme dans toute juridiction, d'une façon générale, les règles de compétence prévues par le législateur doivent être observées strictement par les autorités appelées à statuer sur les demandes qui leur sont soumises. Lorsque le législateur a prévu que les litiges doivent être soumis à une autorité déterminée, dont les décisions peuvent être portées par voie de recours devant une autorité supérieure, les justiciables ont le droit d'exiger que cette dernière ne se saisisse pas du litige lorsque celui-ci n'a pas été tranché par l'autorité inférieure. Ils ont droit à ce que le cours normal des instances, tel qu'il a été prévu par la loi, soit suivi. Ce principe, applicable en matière judiciaire, l'est aussi en matière administrative (cf. IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd., vol. II, p. 685, no 634, I; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, p. 77, no 2.2.5: FEHR, Die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Zürich, p. 208 BGE 99 Ia 317 S. 323 ss.; ZBl 1964 p. 471). L'autorité supérieure ne peut donc se saisir d'un litige qui doit d'abord être tranché par une autorité inférieure, à moins que la loi ne le lui permette expressément. En tout cas, elle ne peut le faire sans l'accord des parties. b) Aux termes de l'art. 15 LSEE, la police cantonale des étrangers exerce toutes les fonctions relatives à la police des étrangers qui ne sont pas dévolues à une autorité fédérale ou que la législation cantonale n'attribue pas à une autre autorité; le droit d'octroyer ou de maintenir une autorisation de séjour doit être conféré à la police cantonale des étrangers ou à une autorité qui lui est préposée. Selon l'art. 19, le recours à une autorité cantonale supérieure doit être réservé par la législation cantonale pour les cas de refus, lorsque la compétence d'octroyer ou de maintenir une autorisation n'est pas réservée au gouvernement cantonal ou à un chef de département ou qu'il n'existe pas de droit de recours à l'autorité fédérale. La législation fédérale ne garantit donc nullement à l'étranger, en cas de rejet de sa demande, l'examen de son cas par deux instances cantonales. Mais le droit de recours doit être réservé à l'étranger, lorsque le droit de décider (en première instance) n'appartient pas au gouvernement cantonal ou au chef d'un département. Selon la loi d'application dans le canton de Genève de la LSEE, du 21 février 1934, c'est le département dejustice et police qui est l'autorité cantonale de police des étrangers (art. 1er), le bureau du contrôle de l'habitant fonctionnant comme organe de contrôle (art. 2). Les autorisations, le refus de séjour, d'établissement ou de tolérance ainsi que les expulsions et les révocations sont prononcés par le département (art. 3), la voie du recours au Conseil d'Etat étant ouverte contre toute décision prise en cette matière par le département (art. 4). Ainsi, en vertu de la législation genevoise, le Conseil d'Etat ne peut pas se prononcer directement sur une demande d'autorisation de séjour ou de renouvellement d'une telle autorisation, sauf, sans doute, avec l'accord de l'intéressé. c) En l'espèce, la situation de fait est complexe. D'une part, le Conseil d'Etat, saisi d'un recours formé par Brozicek contre la décision de la Police cantonale des étrangers, a rejeté ce recours le 6 octobre 1970 et a imparti à l'intéressé un délai de départ. L'arrêté attaqué du 1er novembre 1972 est intitulé "arrêté relatif au recours de Monsieur Jiri Brozicek" et est considéré par le BGE 99 Ia 317 S. 324 Conseil d'Etat comme faisant suite au recours du 28 avril 1970, dont l'exécution avait été suspendue le 11 août 1971. Si la situation se présentait seulement sous cet angle, le recours devrait incontestablement être rejeté. Mais d'autre part, la Police cantonale des étrangers a agi dans un sens différent de celui qu'aurait dû impliquer l'état de fait qui vient d'être rappelé. Si, dans sa réponse au recours, le Conseil d'Etat a affirmé que le recourant n'avait jamais été mis formellement au bénéfice d'une autorisation de séjour et que l'attestation délivrée à l'intéressé et aux termes de laquelle il était sous permis SB no 37 044 en formalité de renouvellement était due à une erreur, il ressort de l'examen du livret pour étrangers, qui se trouvait déposé pour renouvellement auprès de l'autorité cantonale et que celle-ci a remis au Tribunal à la demande du juge délégué, que cette déclaration est erronée. Brozicek se trouvait effectivement au bénéfice d'une autorisation de séjour valable en dernier lieu jusqu'au 30 juin 1972. La Police des étrangers a procédé au renouvellement de l'autorisation le 16 février 1972, sans formuler aucune réserve et notamment en n'inscrivant plus la mention du but "préparer son départ" qui figurait sur le même livret au regard de l'autorisation échue le 30 juin 1971. Le recourant déclare n'avoir jamais eu connaissance de la décision du Conseil d'Etat du 11 août 1971, et l'intimé ne conteste pas le fait que cette décision n'a jamais été communiquée au recourant. Une telle communication ne ressort d'ailleurs pas du dossier. Dès lors, le recourant pouvait légitimement croire, lorsque l'autorisation de séjour eut été renouvelée le 16 février 1972, qu'il se trouvait au bénéfice d'une autorisation de séjour normale et que la décision du Conseil d'Etat du 6 octobre 1970 était devenue caduque. Il ne pouvait d'ailleurs qu'être confirmé dans cette idée par la lettre que lui a adressée la Police des étrangers le 14 août 1972 et - la veille de la décision du Conseil d'Etat - par l'attestation du 31 octobre 1972. De toute façon, il avait reçu, de l'autorité compétente pour la délivrer, une autorisation de séjour valable jusqu'au 30 juin 1972 et, conformément aux indications figurant sur le livret, il a sollicité en temps utile, soit en mai 1972 (date indiquée par le recourant et non contestée par l'intimé, qui n'a pas produit l'intégralité du dossier), une prolongation de l'autorisation. Il devait donc normalement recevoir une décision de la Police cantonale des étrangers admettant ou rejetant sa requête, décision BGE 99 Ia 317 S. 325 qu'il aurait pu, dans le cas où elle aurait été négative, porter devant le Conseil d'Etat. La Police des étrangers ayant consulté le Conseil d'Etat, celui-ci a repris la procédure qu'il avait laissée en suspens par sa décision du 11 août 1971, sans s'apercevoir qu'entre-temps la situation de l'intéressé avait été modifiée, du fait qu'il avait obtenu le 16 février 1972 une autorisation régulière de séjour. Dès lors, c'est à juste titre que le recourant requiert l'annulation de la décision du Conseil d'Etat, cette décision ayant été rendue en violation du droit, que la loi donne au requérant, de voir sa requête examinée, en cas de refus, par deux instances successives. L'arrêté attaqué est ainsi en contradiction avec l'art. 4 Cst. et doit être annulé pour le motif qui vient d'être relevé, sans que le tribunal de céans ait à se prononcer sur les griefs que le recourant forme contre l'arrêté du Conseil d'Etat quant au fond, griefs qui échappent à sa compétence. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours et annule l'arrêté du Conseil d'Etat du canton de Genève du 1er novembre 1972.
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Urteilskopf 91 I 393 63. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1965 i.S. Immobilien-Handelsgesellschaft Merkuris AG gegen St. Gallen, Kanton und Kantonsgericht.
Regeste Doppelbesteuerung. Ein Kanton, in dem eine Unternehmung weder den Sitz noch eine Betriebsstätte, sondern nur Grundbesitz hat, kann sie im System der Reineinkommenssteuer für den Reinertrag des Grundeigentums (Mietzinseinnahmen unter Abzug der Liegenschaftskosten und des verhältnismässigen Schuldzinsenanteils) besteuern und braucht Verluste aus dem Geschäftsbetrieb oder aus der Liegenschaftsverwaltung in andern Kantonen nicht zu berücksichtigen.
Sachverhalt ab Seite 394 BGE 91 I 393 S. 394 A.- Die Beschwerdeführerin "Immobilien-Handelsgesellschaft Merkuris AG", eine 1946 gegründete Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von Fr. 100'000, hat ihren Sitz in Zürich und bezweckt nach dem Handelsregistereintrag "in erster Linie An- und Verkauf von Bauland, Bau von Häusern auf eigene und fremde Rechnung, Kauf und Verkauf von Liegenschaften und deren Vermittlung sowie Verwaltung von Liegenschaften und Durchführung von Finanztransaktionen". J. F. Oberholzer in Zürich ist Inhaber eines Fünftels der Aktien, Präsident des Verwaltungsrates sowie Geschäftsführer mit Einzelunterschrift und beherrscht die AG; ausser ihm gehören seine Ehefrau und sein Sohn dem Verwaltungsrat an. Nach der Bilanz per 31. Dezember 1962 setzten sich die Aktiven der Beschwerdeführerin wie folgt zusammen: Fr. % Liegenschaften im Kt. St. Gallen 1'194,885.35 95,63 Kassa, Postcheck, Banken, Mobilien 54'637.73 4,37 1'249,523.08 100 Die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1962 ergab einen Reingewinn von Fr. 894.--. Die Einnahmen bestehen im wesentlichen aus dem Nettoertrag der Liegenschaften von Fr. 33,Blo und einer Fr. 10'000.-- betragenden Aufwertung einer Liegenschaft. Die Ausgaben enthalten Fr. 31'686.-- Entschädigungen an den Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer. a) Der Sitzkanton Zürich hat die Beschwerdeführerin im Jahre 1963 weder für Kapital noch für Ertrag besteuert. b) Im Liegenschaftskanton St. Gallen verlangte die Beschwerdeführerin, im Jahre 1963 gemäss der Gewinn- und Verlustrechnung des Vorjahres für einen Reingewinn von Fr. 894.-- eingeschätzt zu werden. Die Veranlagungsbehörde betrachtete indes die Bezüge des Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführers zum Teil als verdeckte Gewinnausschüttung. Die kantonale Steuerrekurskommission, an die sich die Beschwerdeführerin wandte, schloss sich der Betrachtungsweise der Veranlagungsbehörde an und setzte mit Entscheid BGE 91 I 393 S. 395 vom 15. März 1965 den steuerbaren Gesamtgewinn durch Aufrechnung eines Teils jener Bezüge auf Fr. 19'142.-- und den im Kanton St. Gallen steuerbaren Reingewinn auf Fr. 41, 193.-- fest, letzteren auf Grund folgender Berechnung: Fr. Bruttomietzinsen der Liegenschaften 88'773.-- Verbuchte Aufwertung. 10'000.-- 98'773.-- Abzüglich Fr. - Unterhalt der Liegenschaften 13'589.-- - Verwaltung der Liegenschaften (5 % der Mietzinseinnahmen) 4'438.-- - Anteil des Kt. St. Gallen an den Schuld- zinsen (95,6% von Fr. 41'373.--) 39'553.-- 57'580.-- Im Kt. St. Gallen steuerbarer Reingewinn 41'193.-- C.- Die Merkuris AG erhob gegen diesen Entscheid Beschwerde beim Kantonsgericht St. Gallen, wurde aber mit Urteil vom 29. Mai 1965 abgewiesen. Die Begründung befasst sich zunächst mit der Berechnung des Gesamteinkommens. Im Anschluss daran wird ausgeführt: Gemäss Art. 9 des st. gall. StG sei derjenige, der seinen Wohnsitz (oder Sitz) in einem andern Kanton habe, zum Kanton St. Gallen aber Beziehungen unterhalte, die nach dem Bundesrecht über das Verbot der Doppelbesteuerung eine Besteuerung im Kanton ermöglichen, im Rahmen dieses Bundesrechts steuerpflichtig. Die Berechnung des im Kanton St. Gallen steuerbaren Gewinns der Beschwerdeführerin entspreche der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach der Liegenschaftskanton nicht verpflichtet sei, Verluste einer Immobiliengesellschaft zu übernehmen, die mit den Liegenschaften nichts zu tun hätten (LOCHER, Doppelbesteuerung § 7 I B Nr. 13, 17, 20). Diese Rechtsprechung sei freilich nicht unangefochten geblieben und insbesondere von STUDER (ZBl 1958 S. 44 f.) kritisiert worden. Diese Kritik habe einiges für sich, doch sei es nicht Sache des kantonalen Steuerrichters, das Doppelbesteuerungsrecht in diesem Punkte zu ändern; vielmehr habe er dieses, wie es heute auf Grund gefestigter Praxis des Bundesgerichts gelte, hinzunehmen. Das Kantonsgericht würde über die klare Bestimmung von Art. 9 StG hinweggehen, wenn es vorliegend die Steuerpflicht nicht in dem Umfange bejahen würde, wie sie sich aus der geltenden Doppelbesteuerungspraxis ergebe. BGE 91 I 393 S. 396 D.- Mit der staatsrechtlichen Beschwerde stellt die Merkuris AG den Antrag, das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 29. Mai 1965 sei aufzuheben und der Kanton St. Gallen anzuweisen, die Beschwerdeführerin mit einem Reingewinn von Fr. 894.-- einzuschätzen. Sie macht u.a. Verletzung des Art. 46 Abs. 2 BV geltend und bringt zur Begründung dieser Rüge vor: Die bundesgerichtliche Praxis, auf die sich das Kantonsgericht stütze, werde heftig kritisiert, weil sie zu unbilligen Resultaten führen könne. Nach Sinn und Zweck von Art. 46 BV solle ein Steuerpflichtiger, der in zwei Kantonen erfasst werde, nicht schlechter behandelt werden, als wenn er nur in einem Kanton steuerpflichtig wäre. Das werde aber durch die bundesgerichtliche Praxis gerade bewirkt. Hätte die Beschwerdeführerin ihre Liegenschaften im Kanton Zürich, so könnte sie nur mit einem Gewinn von Fr. 894.-- (bzw. bei Vornahme der gleichen Aufrechnung wie im Kanton St. Gallen mit Fr. 19'142.--), nicht aber mit Fr. 41'193.-- eingeschätzt werden. Das stelle eindeutig eine rechtsungleiche Behandlung dar, was nach einer Überprüfung der Praxis rufe. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, in bezug auf die Rüge der Doppelbesteuerung aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin ist im Kanton St. Gallen als Grundeigentümerin für einen Reinertrag ihrer Liegenschaften von Fr. 41'193.-- veranlagt worden. Gegen die Berechnung dieses Reinertrags erhebt sie keine Einwendungen. Dagegen erblickt sie darin, dass sie damit im Kanton St. Gallen für einen höheren als ihren gesamten Reinertrag besteuert wird, eine unzulässige Doppelbesteuerung, da sie auf diese Weise schlechter behandelt werde, als wenn sie nur in einem Kanton steuerpflichtig wäre. Sie anerkennt zwar, dass die Veranlagung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung entspricht, verweist aber auf die an dieser geübte Kritik und ersucht um nochmalige Überprüfung der Rechtsprechung. Wie bei den Versicherungsgesellschaften ( BGE 78 I 326 ff. mit Verweisungen), so dient auch bei den Gesellschaften, die sich ausschliesslich oder vorwiegend mit der Verwaltung von Liegenschaften befassen (sog. Immobiliengesellschaften), der Liegenschaftsbesitz der Vermögensanlage und begründet daher kein sekundäres Steuerdomizil der Betriebsstätte (BGE 79 I BGE 91 I 393 S. 397 31 ff.). Ein Kanton, in dem eine Versicherungs- oder Immobiliengesellschaft lediglich als Grundeigentümerin steuerpflichtig ist, ist daher nicht befugt, sie durch Besteuerung einer Quote des Gesamtgewinns für ihren Geschäftsbetrieb als solchen zu besteuern. Er darf sie, im System der allgemeinen Reineinkommenssteuer, nur für den Reinertrag der Liegenschaft, d.h. für die Mietzinseinnahmen unter Abzug der Liegenschaftskosten und des verhältnismässigen Anteils der Schuldzinsen besteuern ( BGE 79 I 33 ). Diesen Reinertrag der Liegenschaft aber darf er steuerlich voll erfassen unter Ausschluss aller übrigen Besteuerungsrechte (vgl. BGE 78 I 329 ). Dass das Grundeigentum als einziges der Gebietshoheit unentziehbar unterliegendes Gut dem Träger dieser Gebietshoheit zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten sein soll, ist ein Grundsatz, der für die bundesgerichtliche Doppelbesteuerungsrechtsprechung von jeher wegleitend gewesen und von ihr in der letzten Zeit in verstärktem Masse zur Geltung gebracht worden ist (vgl. BGE 83 I 265 /7 und BGE 85 I 100 je mit Verweisungen). Wenn eine Immobiliengesellschaft mit Liegenschaftsbesitz ausserhalb des Sitzkantons vom Liegenschaftskanton (oder von mehreren Liegenschaftskantonen) für den Reinertrag der Liegenschaften gesondert besteuert wird, hat dies, sofern die Geschäftstätigkeit am Hauptsitz (oder die Liegenschaftsverwaltung in einzelnen Kantonen) mit Verlust abschliesst, zur Folge, dass die besteuerten Liegenschaftsgewinne den gesamten Reingewinn der Gesellschaft übersteigen, diese also steuerlich stärker belastet wird, als wenn sie nur der Steuerhoheit eines einzigen Kantons unterstände. Das stellt jedoch, wie das Bundesgericht in den Urteilen vom 6. April 1955 i.S. Hirsehof AG c. Bern (ZBl 1956 S. 482 ff.) und vom 20. November 1957 i.S. Solvo AG c. St. Gallen (ASA 27 S. 408 ff.) entschieden hat, keine unzulässige Doppelbesteuerung dar. Diese Rechtsprechung ist freilich als mit der sonstigen Doppelbesteuerungspraxis nicht im Einklang stehend kritisiert worden (STUDER, ZBl 1958 S. 44/5 und SCHLUMPF, Bundesgerichtspraxis zum Doppelbesteuerungsverbot, 3. Aufl. S. 258/9). In der Tat hat das Bundesgericht wiederholt erklärt, es bedeute eine Doppelbesteuerung, wenn ein Steuerpflichtiger in mehreren, auf dem Boden der allgemeinen Reineinkommenssteuer stehenden Kantonen zusammen mehr als sein gesamtes Reineinkommen BGE 91 I 393 S. 398 zu versteuern habe ( BGE 60 I 106 , BGE 66 I 46 /8). Bei Anwendung dieses Grundsatzes gegenüber einem Kanton, dessen Besteuerungsrecht auf die Liegenschaften beschränkt ist, wird jedoch der erwähnte andere Grundsatz missachtet, wonach die Liegenschaften dem Kanton der gelegenen Sache zur ausschliesslichen Besteuerung vorbehalten sind. Diesem Grundsatz aber muss seinem Wesen und Inhalt nach der Vorrang vor jenem zuerkannt werden. Wenn der Liegenschaftskanton auf die Besteuerung der Liegenschaft beschränkt ist und den Geschäftsbetrieb als solchen und seinen unter Umständen bedeutenden Gewinn in keiner Weise erfassen darf, ist es folgerichtig, dass er auch Geschäftsverluste, die mit der Liegenschaft nichts zu tun haben, nicht zu übernehmen braucht. Müsste der Liegenschaftskanton solche Verluste übernehmen und dadurch auf die Besteuerung des Liegenschaftsertrages teilweise oder ganz zugunsten des Sitzkantons verzichten, so würde das ihm zur ausschliesslichen Erfassung vorbehaltene Steuerobjekt gewissermassen ausgehöhlt, ja entzogen. Das ist, auch wenn dabei ein anderer Grundsatz des Doppelbesteuerungsrechts zurückzutreten hat, zu vermeiden, hat doch der Liegenschaftskanton schon durch den verhältnismässigen Schulden- und Schuldzinsenabzug sowie durch den Steuersatz (Urteil vom 6. Juli 1960 i.S. "Winterthur" c. Schaffhausen; ASA 30 S. 239 ff.) auf die Verhältnisse des Gesamtunternehmens Rücksicht zu nehmen. Die durch das Urteil i.S. Hirsehof AG begründete und durch dasjenige i.S. Solvo AG bestätigte Rechtsprechung besteht nun seit 10 Jahren, wird von den Kantonen offenbar allgemein befolgt und ist nach dem Gesagten sachlich begründet. Eine solche Rechtsprechung aufzugeben käme höchstens dann in Frage, wenn sie für die Steuerpflichtigen unbillige, stossende Folgen hätte. Das wird jedoch durch den vorliegenden Sachverhalt nicht dargetan. Die Beschwereführerin hat ihrem Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer Oberholzer für eine "Handelstätigkeit", die nicht nur im Jahre 1962, sondern schon in den Vorjahren zu keinem einzigen Geschäftsabschluss führte, an Gehalt, Reisespesen usw. Beträge ausgerichtet, die ungefähr der Differenz zwischen den von ihr eingenommenen Mietzinsen und den von ihr bezahlten Hypothekarzinsen entsprachen. Selbst wenn man diese Leistungen nicht, wie es die st. gallische Steuerverwaltung und im Ergebnis auch das Kantonsgericht tun, zur Hauptsache als verdeckte BGE 91 I 393 S. 399 Gewinnausschüttungen betrachtet, erfordert die Billigkeit nicht, dass die der Steuerhoheit des Liegenschaftskantons unterstehenden Liegenschaftserträgnisse um diese Leistungen gekürzt werden. Wenn die Beschwerdefüherin aus irgendwelchen Gründen ihrem Verwaltungsratspräsidenten und Geschäftsführer für eine offenbar seit Jahren erfolglose "Handelstätigkeit" derartige Entschädigungen ausrichten will, erscheint es vielmehr als durchaus billig, dass ihr verwehrt wird, hieraus etwas zu ihren Gunsten abzuleiten für die Besteuerung im Liegenschaftskanton, der mit dieser "Handelstätigkeit" nichts zu tun hat.
public_law
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6f2f4bd2-5f56-49af-9f87-f7169cb2e876
Urteilskopf 102 IV 134 33. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 7 septembre 1976 dans la cause P. contre Ministère public du canton de Neuchâtel.
Regeste Art. 6 und 17 des BG betreffend Massnahmen gegen die Tuberkulose; Art. 28 und 29 der VV dazu. Begriffsbestimmung der Schulen, Erziehungs-, Pflege-, Bewahrungs- und ähnlichen Anstalten, deren Personal sowie Kinder und Zöglinge der ärztlichen Beobachtung unterworfen sind; Verhältnis der kantonalen Ausführungsbestimmungen zu dieser Begriffsbestimmung (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 134 BGE 102 IV 134 S. 134 A.- Dame P. exploite un atelier d'expression libre (dessin) où elle reçoit 6 à 10 élèves durant une à deux heures par semaine. Invitée par la commune de B. à se présenter à BGE 102 IV 134 S. 135 l'examen radiophotographique gratuit et dit obligatoire, elle a refusé de s'y soumettre. B.- Par jugement du 13 avril 1976, le Tribunal de police du district de Neuchâtel a condamné dame P. à une amende de 100 fr. pour infraction à la loi fédérale sur la lutte contre la tuberculose. Par arrêt du 7 juillet 1976, la Cour de cassation pénale du canton de Neuchâtel a rejeté un pourvoi de la condamnée. C.- Dame P. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Elle conclut à libération, subsidiairement à l'exemption de toute peine ou à la réduction de cette dernière. Le Procureur général du canton de Neuchâtel propose de rejeter le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. La recourante a été condamnée en application de l'art. 17 de la loi fédérale sur la lutte contre la tuberculose, qui punit de l'amende notamment celui qui aura contrevenu aux prescriptions édictées ou mesures ordonnées par les autorités de la Confédération ou d'un canton en exécution des dispositions légales. Selon la cour cantonale, la recourante ferait partie des personnes qui sont soumises à surveillance médicale - notamment à l'examen radiophotographique - en vertu de la loi et de ses dispositions d'exécution fédérales et cantonales. La recourante conteste cette manière de voir. 2. a) L'art. 6 de la loi fédérale précitée dispose à son al. 1 que "les cantons pourvoient à ce que, dans les écoles, établissements d'éducation, asiles d'enfants et institutions similaires, les enfants et les élèves ainsi que le personnel enseignant et le personnel de garde, c'est-à-dire celui qui se trouve en contact direct et régulier avec les enfants, soient l'objet d'une surveillance médicale". L'art. 28 de l'ordonnance d'exécution de la loi fédérale dresse la liste du genre d'établissements qui sont réputés écoles au sens de la disposition précitée et il autorise les cantons à comprendre dans cette liste d'autres établissements d'instruction. Et l'art. 29 indique qu'"est réputée établissement au sens de l'article 6 de la loi toute institution autre que celles visées à l'article 28, dans laquelle les enfants sont admis à l'âge préscolaire et à l'âge scolaire". BGE 102 IV 134 S. 136 Quant à la législation cantonale invoquée par l'arrêt attaqué, à savoir l'art. 26 dernier al. du règlement cantonal neuchâtelois du 20 décembre 1946 (modifié en 1973) concernant l'exécution des prescriptions fédérales sur la lutte contre la tuberculose, elle dispose que "les membres du corps enseignant, les infirmières scolaires ou les personnes qui en tiennent lieu, le personnel de garde et de service doivent être radiophotographiés chaque année et sont tenus de se soumettre à cette obligation". b) En exploitant un atelier d'expression libre où elle reçoit quelques élèves durant une à deux heures par semaine, la recourante prodigue de manière régulière à titre privé un enseignement de dessin. Un tel atelier, aussi modeste soit-il, peut être considéré comme une école, c'est-à-dire, selon la définition de ce mot, un établissement dans lequel est donné un enseignement collectif (cf. notamment Robert). Si l'on se réfère alors à l'art. 6 de la loi sur la lutte contre la tuberculose, on doit admettre que la recourante, pour autant que d'autres dispositions légales ou réglementaires ne restreignent pas le champ d'application de la loi, pourrait parfaitement être considérée comme faisant partie du personnel enseignant d'une école. En revanche, on ne saurait en aucun cas considérer son atelier comme un établissement d'éducation, un asile d'enfants ou une institution similaire; ce qui est manifestement visé par cette énumération, ce sont des établissements qui accueillent des enfants à des fins différentes du seul enseignement. On peut encore relever, en se référant au texte allemand, que le mot "similaire" (ähnlich) ne paraît pas se rapporter au mot "école"; la loi paraît en effet viser d'une part les écoles et d'autre part les établissements d'éducation, asiles et institutions similaires. c) L'ordonnance d'exécution de la loi a cependant, à son art. 28, donné une liste exhaustive des écoles et établissements visés par l'art. 6 précité, laissant au canton le soin d'étendre cette liste par des dispositions d'exécution expresses. On doit alors constater que le genre d'école exploité par la recourante n'est pas désigné dans l'ordonnance fédérale d'exécution: l'atelier de dessin en cause n'est en effet un établissement ni d'enseignement obligatoire, ni d'enseignement secondaire, moyen ou gymnasial, ni pour la formation du personnel enseignant, ni d'enseignement professionnel avec horaire journalier BGE 102 IV 134 S. 137 complet. Il ne peut donc s'agir en l'espèce que d'un des "autres établissements d'instruction" que les cantons peuvent comprendre dans la liste des écoles soumises à l'art. 6 de la loi. Or le canton de Neuchâtel, dans son règlement d'exécution des prescriptions fédérales sur la lutte contre la tuberculose, n'a pas prévu d'extension de la liste figurant dans l'ordonnance fédérale. Dès lors, la recourante, ne prodiguant pas son enseignement dans une école soumise à la surveillance instaurée par la législation fédérale et cantonale sur la lutte contre la tuberculose, ne peut être considérée comme ayant contrevenu à ces dispositions et doit être libérée. Pour être complet, on doit encore relever que, contrairement à l'avis de la cour cantonale, l'art. 29 de l'ordonnance fédérale ne saurait s'appliquer à l'atelier de la recourante. Son "établissement" ne peut pas être considéré comme une institution "autre que celles visées à l'article 28", puisqu'il s'agit d'un de ces "autres établissements d'instruction" précisément visés à l'al. 2 de l'art. 28. Le pourvoi doit donc être admis, sans qu'il y ait lieu d'examiner les moyens que la recourante a soulevés à titre subsidiaire. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le pourvoi, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle acquitte la recourante.
null
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6f31e2b5-70c2-484f-bb8d-4c8333b56928
Urteilskopf 92 II 73 12. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Juni 1966 i.S. X. gegen X.
Regeste Art. 148 Abs. 2 ZGB , Scheidungsklage nach Ablauf der Trennung. Dem schuldlosen, auf Scheidung beklagten Ehegatten kann nicht vorgeworfen werden, er verweigere die Wiedervereinigung, wenn der Kläger diese überhaupt nicht oder nicht ernstlich verlangt. Ein ernsthafter Wiedervereinigungsvorschlag liegt nicht vor, wenn der alleinschuldige Scheidungskläger zwar zur Wiedervereinigung bereit, aber nicht gewillt ist, sein ehewidriges Verhalten aufzugeben (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 73 BGE 92 II 73 S. 73 A.- Am 2. Juni 1960 wurde die Ehe der Parteien X. auf Begehren der Ehefrau vom Bezirksgericht in Anwendung von Art. 142 ZGB auf unbestimmte Zeit getrennt; die Widerklage BGE 92 II 73 S. 74 des Ehemannes auf Scheidung wurde gestützt auf Art. 142 Abs. 2 abgewiesen. Das Gericht war der Auffassung, der Beklagte sei "zum weitaus überwiegenden Teil" für das Scheitern der Ehe verantwortlich, weil er während einer langen Reihe von Jahren krass ehewidrige Verhältnisse mit andern Frauen, in der letzten Zeit namentlich mit Berta Y., unterhalten hatte. B.- Am 18. Oktober 1963 fragte der damalige Anwalt des Ehemannes X., Dr. E., den Anwalt der Frau X., Dr. K., brieflich an, ob diese nun zu scheiden oder die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen gedenke. Am 4. November 1963 antwortete Dr. K., seine Klientin sei bereit, die Ehe wieder "aufzunehmen", und ersuchte um Mitteilung, wann X. (an den früheren Wohnort G) zurückkehren wolle, damit seine Klientin die nötigen Vorbereitungen treffen könne. Dr. E. schrieb dem Gegenanwalt hierauf am 15. Oktober 1963, sein Klient nehme von dieser Bereitschaft Kenntnis. Frau X. müsse aber darauf hingewiesen werden, dass X. als Haupt der Gemeinschaft als eheliches Domizil die Stadt A. bestimme, wo er Mieter einer einfachen Vierzimmerwohnung sei. Der Anwalt der Frau X. antwortete am 20. November, X. lebe in A. mit Berta Y. in wilder Ehe. Es sei unglaubhaft, dass er dieses Verhältnis aufgeben wolle, um mit seiner Ehefrau wieder zusammenzuleben. Wenn es ihm aber damit ernst sei, dürfe ihm zugemutet werden, wieder nach G. zurückzukehren. Die Berufung auf das Recht des Ehemannes, die eheliche Wohnung zu bestimmen, sei bei den gegebenen Verhältnissen offensichtlich rechtsmissbräuchlich. C.- X. liess dieses Schreiben unbeantwortet. Am 20. Mai 1964 reichte er beim Bezirksgericht Scheidungsklage ein. Er stützte sich dabei auf Art. 148 ZGB und machte geltend, eine Wiedervereinigung sei bis zum Ablauf der Trennungszeit nicht erfolgt. Die Scheidung müsse auf sein Begehren ausgesprochen werden, da er an der Zerrüttung nicht allein schuldig sei. Aber selbst wenn das angenommen werden sollte, könne er die Scheidung durchsetzen, weil die Beklagte die Wiedervereinigung verweigert habe. Die Beklagte begründete ihren Antrag auf Abweisung der Scheidungsklage damit, der Kläger sei an der Zerrüttung allein schuldig, und bestritt, dass sie die Wiedervereinigung unberechtigterweise verweigert habe. BGE 92 II 73 S. 75 D.- Im Gegensatz zum Bezirksgericht hat das Kantonsgericht die Scheidungsklage abgewiesen mit der Begründung, da der Kläger der alleinschuldige Teil sei, könne er die Scheidung gemäss Art. 148 Abs. 2 ZGB nur durchsetzen, wenn die Beklagte die Wiedervereinigung verweigert habe. Diese Voraussetzung liege hier jedoch nicht vor. Der Kläger habe in A. mit Berta Y. in der gleichen Wohnung gelebt und im gesamten Briefwechsel mit der Beklagten mit keinem Wort verlauten lassen, dass er sich von seiner Freundin gelöst oder sich wenigstens bemüht hätte, es zu tun. Da die enge Bindung zwischen dem Kläger und Berta Y. ehezerstörend gewirkt habe, könne er sich bei dieser Sachlage nicht darüber beschweren, dass die Beklagte sich nicht entschliessen konnte, zu ihm nach A. zu ziehen, bevor er in dieser Richtung seinen guten Willen bezeugt hätte. F.- Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung des Klägers mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben, die Scheidung auszusprechen und die Sache zur Beurteilung der Nebenfolgen und Neuverlegung der Kosten an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Der Kläger muss als an der tiefen Zerrüttung, auch an der heute bestehenden, ausschliesslich schuldig im Sinne von Art. 148 Abs. 1 ZGB betrachtet werden). 2. Der Ausgang der Streitsache hängt somit nur noch davon ab, ob die Beklagte die Wiedervereinigung verweigert hat oder nicht, da bejahendenfalls die Scheidung trotz der Alleinschuld des Klägers gemäss Art. 148 Abs. 2 ZGB auszusprechen wäre. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kann indessen dem schuldlosen Ehegatten, der nach Ablauf der Trennungsdauer auf Scheidung beklagt wird, nicht vorgeworfen werden, er verweigere die Wiedervereinigung, wenn der Kläger diese überhaupt nicht oder nicht ernstlich verlangt ( BGE 52 II 185 , BGE 84 II 412 , BGE 85 II 66 ). An dieser Auffassung ist trotz der Kritik HINDERLINGS (Ehescheidungsrecht S. 85) festzuhalten. Selbstverständlich genügt es, wie dieser Autor a.a.O. ausführt, wenn feststeht, dass sich der schuldlose Teil endgültig weigert, die eheliche Gemeinschaft "unter angemessenen Bedingungen" fortzusetzen. Das wurde auch vom Bundesgericht nie in Frage BGE 92 II 73 S. 76 gestellt. Es wäre aber ein Widersinn, zu unterstellen, die beklagte Partei lehne im Sinne von Art. 148 Abs. 2 ZGB eine Wiedervereinigung ab, wenn zum vorneherein feststeht, dass der Kläger wohl einerseits dazu bereit, anderseits aber nicht gewillt wäre, sein ehewidriges Verhalten, das ihn im Trennungsprozess zum Alleinschuldigen gestempelt hatte, aufzugeben. Eine solche Gesetzesauslegung würde den nichtschuldigen Ehegatten zwingen, sich entweder der Scheidungsklage zu unterwerfen oder die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen, obwohl der Scheidungsgrund, der zur Ehetrennung geführt hatte, weiterhin bestände. Die Wahl der zweiten Möglichkeit hätte - zu Ende gedacht - zur Folge, dass der schuldlose Ehegatte schon am ersten Tag nach der Wiedervereinigung erneut die Trennung verlangen könnte. Wenn HINDERLING a.a. O. weiter sagt, die bundesgerichtliche Praxis mache in Fällen definitiv zerstörter Ehe die Anwendung von Art. 148 Abs. 2 ZGB weitgehend illusorisch, so ist ihm entgegenzuhalten, dass seine Auffassung der dem schuldlosen Ehegatten in Abs. 1 dieser Bestimmung gegebenen Stellung zuwiderläuft. Gerade die vom Autor weiter angestellte Erwägung zur Auslegung von Art. 142 Abs. 2 ZGB , wonach kein Ehegatte befugt sei, formell an der Ehe festzuhalten, materiell aber ihre Fortführung abzulehnen (weil ein solches Verhalten als ein venire contra factum proprium rechtsmissbräuchlich wäre), zeigt, dass seine Kritik bezüglich Art. 148 Abs. 2 unberechtigt ist. Unter dem Gesichtspunkt des Art. 142 Abs. 2 ZGB kann einem beklagten Ehegatten nur dann Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden, wenn er sich gegen die Scheidung zur Wehr setzt, gleichzeitig aber nicht gewillt ist, die eheliche Gemeinschaft wieder aufzunehmen, auch wenn der Kläger dazu bereit wäre und sein ehewidriges Verhalten aufgäbe. Einem nach Art. 142 ZGB Beklagten, der sich gegen die Scheidung gestützt auf Abs. 2 wehrt, kann daher nicht ein rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgeworfen werden, wenn er so lange von der Wiederaufnahme der Gemeinschaft nichts wissen will, als der Kläger ein ehebrecherisches Verhältnis, das die Zerrüttung der Ehe verursacht hat, nicht aufzugeben gewillt ist. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Ehe "definitiv zerstört" ist. Das Zivilgesetzbuch kennt keine dem § 48 Abs. 2 des deutschen Ehegesetzes analoge Bestimmung, die erlaubt, die Scheidung auf Klage des einzig oder vorwiegend schuldigen Teils trotz Widerstands des BGE 92 II 73 S. 77 beklagten Teils auszusprechen, "wenn die Aufrechterhaltungg der Ehe bei richtiger Würdigung des Wesens der Ehe und des gesamten Verhaltens der Ehegatten sittlich nicht gerechtfertigt ist". Auf dem Wege der Rechtsprechung lässt sich de lege lata eine solche Lösung nicht verwirklichen. Es ist vielmehr EGGER, N. 9 zu Art. 147/48 ZGB, beizupflichten, der ausführt, es bedürfe eines Anbietens "mit dem ernsten Willen auf Aussöhnung und Wiederaufnahme des ehelichen Lebens unter Umständen, die, soweit sie beim Anbietenden liegen, diese Wiederaufnahme als möglich und zumutbar erscheinen lassen". Man mag de lege ferenda eine andere Auffassung vertreten und das Institut der Trennung - das die in es gesetzten Erwartungen im allgemeinen nicht erfüllt hat - überhaupt ablehnen; aber de lege lata lässt sich nicht anders entscheiden. b) (Es kann zum vornherein fraglich erscheinen, ob die Anfrage des Anwaltes des Klägers vom 18. Okt. 1963 an denjenigen der Beklagten überhaupt beim Kläger den Willen zur Wiederaufnahme der Gemeinschaft erkennen lasse...). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen, II. Zivilkammer, vom 20. November 1965 bestätigt.
public_law
nan
de
1,966
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CH_BGE_004
CH
Federation
6f353f22-028e-4884-b633-9cce49cee5c4
Urteilskopf 104 IV 119 30. Urteil des Kassationshofes vom 2. Mai 1978 i.S. Brando gegen Polizeirichteramt der Stadt Zürich
Regeste Art. 49 Abs. 3 SSV . Ein an einer Verzweigung nach links in eine Querstrasse weisender grüner Leuchtpfeil gibt den Vortritt nur nach dieser Richtung, nicht auch für das Wenden auf der Verzweigung.
Sachverhalt ab Seite 119 BGE 104 IV 119 S. 119 Gino Brando fuhr am 9. Juli 1976 mit seinem Personenwagen in Zürich über den Bahnhofplatz Richtung Central. Bei der Verzweigung Bahnhofplatz/Bahnhofquai/Bahnhofbrücke hielt er in der linken Fahrspur vor der auf Rot stehenden Lichtsignalanlage an. Als ihm die Fahrt durch den nach links in Richtung Bahnhofquai weisenden gründen Leuchtpfeil freigegeben wurde, bog er nach dieser Richtung ab, setzte jedoch seine Fahrt nicht gegen den Bahnhofquai fort, sondern steuerte weiter nach links in der Absicht, auf dem Bahnhofplatz Richtung Löwenstrasse zurückzufahren. Vor den Tramgleisen, die vom Bahnhofplatz zur Station Bahnhofquai führen, leuchteten links und rechts je ein gelbes Warnblinklicht und, da Tramverkehr herrschte, computergesteuerte Wechselsignale Nr. 121. Als Brando diese Gleise überquerte, stiess er mit einem Tram der Linie 11 zusammen (vgl. nachstehenden Situationsplan). BGE 104 IV 119 S. 120 Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich büsste Brando wegen Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 38 Abs. 1 und 90 Ziff. 1 SVG mit Fr. 40.-. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich bestätigte diese Verfügung, und am 2. Februar 1978 wies das Obergericht des Kantons Zürich eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde Brandos ab. Brando führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und Freisprechung. Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Zu entscheiden ist über die Tragweite des für den Beschwerdeführer massgeblichen nach links gerichteten grünen Leuchtpfeils. Er selber meint, das Signal habe ihm für das Wenden auf der Verzweigung den Vortritt verschafft, während die Vorinstanz erklärt, der Pfeil weise nach links in Richtung Bahnhofquai, wo die Fahrspur ihre Fortsetzung finde. Die Feststellung, dass der Leuchtpfeil in Richtung Bahnhofquai weist, ist tatsächlicher Natur, bindet deshalb den Kassationshof und kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht in Frage gestellt werden (Art. 273 Abs. 1 lit. b, 277bis Abs. 1 BStP). Da aber nach Art. 49 Abs. 3 SSV grüne Pfeile den Verkehr "in der angegebenen Richtung" gestatten, öffnete der an der Verzweigung Bahnhofplatz/Bahnhofquai/Bahnhofbrücke nach links in den Bahnhofquai weisende grüne Leuchtpfeil den Vortritt nur nach dieser Richtung. Indem der Beschwerdeführer nicht in den Bahnhofquai abbog, sondern wendete, fuhr er aus dem vortrittsberechtigten Verkehrsraum heraus und hatte deshalb nach der allgemeinen Regel des Art. 38 Abs. 1 SVG der vom Bahnhofplatz her in Richtung Station Bahnhofquai fahrenden Strassenbahn den Vortritt zu lassen. Selbst wenn jedoch Brando beim Vorbeifahren am grünen Leuchtpfeil noch hätte Zweifel haben können, so hätte ihm die Vortrittslage spätestens dann bewusst werden müssen, als vor dem Tramgleis links und rechts ein gelbes Blinklicht aufleuchtete, das ihn unmissverständlich auf eine Gefahr hinwies ( Art. 49 Abs. 5 SSV ). Hätte ihm der Vortritt vor der Strassenbahn zugestanden, wäre es wenig sinnvoll gewesen, dieses Leuchtsignal in seine Blickrichtung zu stellen und nicht in BGE 104 IV 119 S. 121 diejenige des Tramführers. Dazu kommt, dass das gelbe Warnsignal durch ein computergesteuertes Wechselsignal Nr. 121 unterstützt wurde, das einen Tramwagen zeigt und dann sichtbar wird, wenn das Tram die Strasse queren will. Somit war er zusätzlich vor einer Kreuzung mit der Strassenbahn gewarnt ( Art. 62 SSV ). Unter diesen Umständen konnte der Beschwerdeführer nicht in guten Treuen annehmen, es stehe ihm an jener Stelle gegenüber der Strassenbahn der Vortritt zu. Dass er vor dem grünen Leuchtpfeil an einem Vorwegweiser (Signal Nr. 338) vorbeigefahren war, auf dem nicht nur die Fahrspur Richtung Bahnhofquai, sondern auch eine ganz links Richtung Südseite des Bahnhofs angegeben war, ändert nichts. Der Vorwegweiser ist, wie schon sein Name sagt, eine blosse Orientierungstafel (s. den Titel vor Art. 36 ff. SSV und Art. 39 SSV ), die über die Vortrittsregelung nichts aussagt. Die Verurteilung Brandos wegen Missachtung von Art. 38 Abs. 1 SVG besteht somit zu Recht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
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1,978
CH_BGE
CH_BGE_006
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6f356c17-6cfe-4540-a5cc-062eda3eb512
Urteilskopf 100 V 52 14. Estratto della sentenza del 10 gennaio 1974 nella causa Foletti contro Cassa cantonale ticinese di compensazione e Tribunale delle assicurazioni del cantone Ticino
Regeste Anrechenbares Einkommen ( Art. 4 Abs. 1 lit. b ELG ). Abzüge, wenn Mietzins für eine Zweitwohnung zu zahlen ist.
Erwägungen ab Seite 52 BGE 100 V 52 S. 52 Estratti dai considerandi: Secondo l'art. 4 cpv. 1 lit. b LPC, fino al 31 dicembre 1972 i Cantoni erano autorizzati a prevedere, nella loro legislazione in materia di prestazioni complementari, una deduzione per pigione dell'importo annuo massimo di 1800 franchi: deduzione che, per la parte di pigione eccedente 1200 franchi, era ammissibile come elemento di computo del reddito determinante. Il Cantone Ticino aveva usato di questa facoltà fissando tale deduzione al massimo di 1800 franchi. Atteso che la pigione pagata dal ricorrente per la sua residenza principale a Massagno era di 1800 franchi, la Cassa di compensazione e il Tribunale delle assicurazioni del Cantone Ticino hanno rettamente ammesso, nel determinare la prestazione complementare dovutagli, una deduzione annua di 600 franchi. Ora, oltre a quest'importo il ricorrente vorrebbe far dedurre anche i 1200 franchi ch'egli paga per un appartamento di vacanza a Menzonio, da lui affittato per trascorrere soggiorni in zona di montagna utili alla sua salute. Chiamata a pronunciarsi sulla deducibilità giusta l'art. 4 cpv. 1 lit. b LPC delle spese sostenute da un beneficiario di prestazioni complementari per una seconda dimora, la Corte plenaria di questo tribunale ha statuito che la relativa pigione è deducibile soltanto laddove ragioni d'ordine professionale o terapeutico rendono un secondo appartamento indispensabile all'assicurato. Il ricorrente soffre da anni di diabete mellito e segue una cura antidiabetica. Come l'Ufficio federale delle assicurazioni sociali BGE 100 V 52 S. 53 osserva, questa cura non richiede soggiorni prolungati in montagna, ai quali si possa attribuire vero e proprio carattere terapeutico.
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1,974
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CH
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6f3ee4ed-b9dd-4f4c-9ab5-c29ea7cb70fb
Urteilskopf 101 IV 312 71. Urteil des Kassationshofes vom 9. Oktober 1975 i.S. E. gegen Generalprokurator des Kantons Bern
Regeste Art. 273 StGB . 1. Begriff des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes (Erw. 1). 2. Schutzwürdig kann auch ein vertragswidriges Verhalten sein (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 312 BGE 101 IV 312 S. 312 A.- A. handelt mit Bestandteilen von Radio- und Fernsehgeräten. Die deutsche Firma B. übertrug ihm die Vertretung für Bestandteile von Fernsehgeräten (Ablenkungseinheiten, Zeilentransformatoren, Hochspannungsfassungen) für die Schweiz; umgekehrt verpflichtete sich A., ausschliesslich bei der Firma B. die Teile zu kaufen, die diese ihm anbieten konnte. A. fing jedoch an, gewisse Teile bei der Firma C. zu einem Preis zu beziehen, der 40% unter demjenigen der Firma B. lag. Die Firma C. bezog diese Teile bei der italienischen Fabrik D. Zwischen letzterer und der Firma B. bestand ein Alleinvertriebsvertrag für Westeuropa und Italien. Ab 9. April 1970 arbeitete E. als leitender Angestellter bei A. In dieser Stellung erlangte E. Kenntnis sowohl von dem Vertrag zwischen A. und der Firma B. wie von der Tatsache, dass A. in Verletzung des Vertrags Bestandteile nicht von der Firma B. sondern von der Firma C. bezog. Am 31. Januar 1973 kündigte A. dem E. fristlos, weil er erfahren hatte, dass dieser kurz zuvor einige Tage bei der Firma B. verbracht hatte und bei dieser immer noch Material bestellte, obwohl A. bei den von der Firma B. verlangten Preisen nicht mehr konkurrenzfähig war. Darauf teilte E. der Firma B. telefonisch mit, dass A. entgegen dem mit ihr bestehenden Vertrag Bestandteile aus Italien bezog; zum Beweis BGE 101 IV 312 S. 313 schickte er der Firma B. zwei Fotokopien von Rechnungen der Firma C. an A. B.- Das Obergericht des Kantons Bern erklärte E. am 23. Mai 1975 des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 300.--. C.- E. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. Der Generalprokurator des Kantons Bern beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Des wirtschaftlichen Nachrichtendienstes gemäss Art. 273 StGB macht sich u.a. schuldig, wer ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis einer fremden amtlichen Stelle oder einer ausländischen Organisation oder privaten Unternehmung zugänglich macht. Art. 273 ahndet ein Delikt gegen den Staat, wie das schon aus seiner Stellung im 13. Titel des Strafgesetzbuches ersichtlich wird. Der Staat hat ein Interesse daran, dass die unter seiner Gebietshoheit stehenden Personen gegen den Verrat von wirtschaftlichen Belangen geschützt seien. Wer einer fremden amtlichen Stelle oder einer ausländischen Organisation oder privaten Unternehmung oder deren Agenten ein Fabrikations- oder Geschäftsgeheimnis preisgibt, beeinträchtigt schon dadurch die Interessen der nationalen Volkswirtschaft, denn jeder schweizerische Geschäftsbetrieb bildet einen Teil der gesamten schweizerischen Wirtschaft. Der Art. 273 StGB setzt nicht eine unmittelbare Verletzung oder Gefährdung der staatlichen Interessen voraus. Denn in jedem wirtschaftlichen Nachrichtendienst zum Nachteil eines in der Schweiz ansässigen Unternehmens zu Gunsten des Auslands liegt notwendigerweise eine mittelbare Verletzung oder Gefährdung der staatlichen Interessen, was zur Erfüllung des Tatbestandes von Art. 273 genügt ( BGE 98 IV 210 f.). Der Ausdruck "Geschäftsgeheimnis" umfasst alle Tatsachen des wirtschaftlichen Lebens, an deren Geheimhaltung ein schutzwürdiges Interesse besteht ( BGE 98 IV 210 ). 2. Der Beschwerdeführer hat ein Geschäftsgeheimnis des A. verraten, indem er der Firma B. Kenntnis gab vom Bezug von Fernsehbestandteilen durch A. in Italien. A. hatte ein Geheimhaltungsinteresse an dieser wirtschaftlichen Tatsache, weil der Warenbezug aus Italien der vertraglichen Alleinbezugsverpflichtung BGE 101 IV 312 S. 314 gegenüber der Firma B. widersprach und weil die im Vergleich zur Firma B. um 40% niedrigeren Preise seines italienischen Lieferanten sein Geschäft überhaupt erst wieder konkurrenzfähig gegenüber seiner schweizerischen Konkurrenz machten. Wie gewichtig das Interesse an der Geheimhaltung war, erweist der Umstand, dass nach dem Verrat die Firma B. die preisgünstigen Lieferungen des C. an A. zu unterbinden vermochte. War aber allein durch die Geheimhaltung der italienischen Bezugsquelle des A. dessen Konkurrenz- und Lebensfähigkeit sicherzustellen, so bestand an jener sowohl für A. selbst wie für die schweizerische Wirtschaft überhaupt ein schutzwürdiges Interesse. Daran ändert der Umstand, dass die Erhaltung der Konkurrenz- und Lebensfähigkeit des Geschäftsbetriebes des A. nur über die Verletzung seines Vertrages mit der Firma B. möglich war, nichts. Denn das schutzwürdige Interesse muss sich nur auf die Geheimhaltung beziehen, unbekümmert darum, ob die Tatsache selbst, um deren Geheimhaltung es geht, legal sei oder nicht. Darum hat das Bundesgericht die Schutzwürdigkeit des Geheimhaltungsinteresses auch bejaht, wenn es sich bei der geheimzuhaltenden Tatsache um im Ausland nicht bloss illegales, sondern sogar strafbares Verhalten handelte (Schmuggel, Devisenvergehen usf.; BGE 65 I 47 und 330, BGE 71 IV 218 , BGE 74 IV 102 ). Erst recht kann die Geheimhaltung einer Tatsache schützenswert sein, wenn sie bloss in einem vertragswidrigen Verhalten besteht, wie im vorliegenden Fall. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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1,975
CH_BGE
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6f4184d8-7f4f-423e-959f-f9738d09dd0c
Urteilskopf 106 Ia 369 62. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. November 1980 i.S. Baumberger und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde Wettingen und Verwaltungsgericht des Kantons Aargau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Eigentumsgarantie; materielle Enteignung. Auszonung von Parzellen aus dem zusätzlichen Baugebiet und Einweisung derselben in das Land- und Forstwirtschaftsgebiet. Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliegt (E. 2). Verneinung einer materiellen Enteignung, da die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Auszonung keinen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Landumlegung und Erschliessung ihrer Parzellen besassen und auch nicht auf eine in absehbarer Zeit erfolgende Erschliessung des fraglichen Gebietes durch die Gemeinde vertrauen konnten (E. 3e).
Sachverhalt ab Seite 370 BGE 106 Ia 369 S. 370 Klaus Baumberger und Hans-Ulrich Frei sind Miteigentümer je zur Hälfte der Parzelle Nr. 1658, Bernhard Bruggisser ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 1643 und Dr. Beat Brühlmeier Eigentümer der Liegenschaft Nr. 1642, alle im Gebiet "Herrenberg" und "Äussere Scharten" in der Gemeinde Wettingen. Die Parzelle Nr. 1658 grenzt im unteren Teil an die Rebbergstrasse an. Von der Vorderen Höhenstrasse, die den westlichen Teil des Gebietes "Äussere Scharten" erschliesst, sind die Parzellen rund 75m-l25m entfernt. Gemäss Zonenplan der Gemeinde Wettingen vom 4. Dezember 1959 lagen die drei Liegenschaften in der Bauzone VIII, zusätzliches Baugebiet. Art. 12 der damals geltenden Zonenordnung bestimmte hinsichtlich der Überbauung dieses Gebietes folgendes: "Die Bauzone VIII wird für die Überbauung erst freigegeben, wenn die zweckmässige Erschliessung mit Strassen-, Wasser-, Kanalisations- und elektrischen Anlagen technisch und finanziell in allen Teilen sichergestellt ist. Die Gemeinde ist zu keinen finanziellen Leistungen an die Erschliessung dieses Gebietes verpflichtet." Für die Erschliessung des Gebietes "Äussere Scharten" legte ein Überbauungsplan aus dem Jahre 1961 die Bau- und Strassenlinien BGE 106 Ia 369 S. 371 der Vorderen Höhenstrasse fest. Deren Erstellung im westlichen Teil wurde von den Grundeigentümern bereits im Jahre 1963 beschlossen. Der Einwohnerrat Wettingen beschloss am 24. Mai 1973, den noch nicht überbauten östlichen Teil der Bauzone VIII, in dem sich die drei genannten Parzellen befinden, aus dem zusätzlichen Baugebiet auszuzonen und dem Land- und Forstwirtschaftsgebiet gemäss § 129 des Baugesetzes des Kantons Aargau vom 2. Februar 1971 (BauG) zuzuweisen. Diese Änderung des Zonenplanes trat nach Ablauf der Referendumsfrist am 2. Juli 1973 in Kraft. Der Grosse Rat des Kantons Aargau erliess am 13. Dezember 1977 das Dekret zum Schutze des Landschaftsbildes der Lägern und des Geissberges (Lägernschutzdekret). Danach gehören die fraglichen Parzellen der Schutzzone an, in der nur Bauten im Sinne von § 129 Abs. 1 BauG zulässig sind. Die vier Grundeigentümer erhoben gegen die Auszonung ihrer Parzellen aus der Bauzone VIII ohne Erfolg Einsprache beim Regierungsrat des Kantons Aargau. Den Einspracheentscheid zogen sie mit einer staatsrechtlichen Beschwerde an das Bundesgericht weiter. Dieses wies die Beschwerde nach Durchführung eines Augenscheins mit Urteil vom 18. Dezember 1974 ab. Am 13. Juli 1976 machten die vier Grundeigentümer bei der Schätzungskommission des Kantons Aargau gestützt auf die §§ 212 ff. BauG eine Entschädigungsforderung von Fr. 245.-- pro m2 zuzüglich Zinsen wegen materieller Enteignung geltend. Die Schätzungskommission sprach ihnen für die ausgezonten Flächen eine Entschädigung von Fr. 78.-- pro m2 zulasten der Einwohnergemeinde Wettingen zu. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau hiess mit Urteil vom 18. April 1979 eine Beschwerde der Einwohnergemeinde Wettingen gegen den Entscheid der Schätzungskommission im wesentlichen gut. Es erachtete eine materielle Enteignung nur mit Bezug auf einen kleineren Abschnitt der Parzelle Nr. 1658 als gegeben; hinsichtlich der übrigen ausgezonten Flächen verneinte es das Vorliegen einer materiellen Enteignung und damit eines Entschädigungsanspruchs der Grundeigentümer. Klaus Baumberger und Mitbeteiligte führen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht weist diese ab. BGE 106 Ia 369 S. 372 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 22ter Abs. 3 BV ist bei Enteignungen und bei Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, volle Entschädigung zu leisten. Das Verwaltungsgericht nahm an, der hier in Frage stehende Eingriff in das Eigentum der Beschwerdeführer, die Auszonung ihrer Grundstücke aus dem zusätzlichen Baugebiet und Einweisung derselben in das Land- und Forstwirtschaftsgebiet, komme - abgesehen von einem kleineren Abschnitt der Parzelle Nr. 1658 - keiner Enteignung gleich, da den Beschwerdeführern im massgebenden Zeitpunkt der Auszonung kein voraussehbarer, sehr wahrscheinlich in naher Zukunft realisierbarer Gebrauch der Sache untersagt worden sei. Die Beschwerdeführer machen geltend, das Verwaltungsgericht habe mit dem angefochtenen Entscheid gegen die Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ) und gegen die Rechtsgleichheit ( Art. 4 BV ) verstossen. Ob ein bestimmter Eingriff in das Eigentum wie eine Enteignung wirkt und daher nur gegen Entschädigung erfolgen darf, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 101 Ia 226 E. 2a mit Hinweisen). Soweit die Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht in diesem Zusammenhang nicht nur eine Verletzung des Art. 22ter BV , sondern ausserdem eine Missachtung des Art. 4 BV vorwerfen, kommt der letztgenannten Rüge keine selbständige Bedeutung zu. Mit Bezug auf die Würdigung örtlicher Verhältnisse, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, auferlegt sich dieses trotz der freien Prüfung eine gewisse Zurückhaltung ( BGE 98 Ia 384 E. 1b mit Hinweisen). a) Eine materielle Enteignung liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts vor, wenn einem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch seiner Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer wiegt, weil dem Eigentümer eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls ein einziger oder einzelne Grundeigentümer so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erschiene und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hiefür keine Entschädigung geleistet würde ( BGE 105 Ia 339 E. 4a mit Hinweisen). BGE 106 Ia 369 S. 373 In beiden Fällen ist die Möglichkeit einer zukünftigen besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen, wenn im massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen ( BGE 105 Ia 339 E. 4a mit Hinweisen). Unter besserer Nutzung eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu verstehen. b) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück sehr wahrscheinlich in naher Zukunft besser hätte genutzt werden können, sind nach der Praxis alle rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen, welche die Überbauungschance beeinflussen können. Dazu gehören die im fraglichen Zeitpunkt geltenden kommunalen und kantonalen Bauvorschriften, die Lage und Beschaffenheit des Grundstücks, die Erschliessungsverhältnisse, der Stand der kommunalen und kantonalen Planung und die bauliche Entwicklung in der Umgebung ( BGE 103 Ib 222 E. 5b; BGE 98 Ia 387 ). Das Grundstück braucht nach dieser Praxis nicht zu einer eigentlichen Bauzone zu gehören, damit die Möglichkeit einer besseren Nutzung bejaht werden kann ( BGE 101 Ia 470 f. E. 3c; BGE 98 Ia 387 ). Die verschiedenen Faktoren sind zu gewichten. Dabei ist in erster Linie auf die rechtlichen Gegebenheiten abzustellen. Nur wo das Bauen rein rechtlich zulässig gewesen wäre, kann die faktische Überbaubarkeit eine Rolle spielen, und auch dies nur dann, wenn das fragliche Grundstück mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft hätte überbaut werden können und auch überbaut worden wäre (Urteil vom 11. Juli 1979 i.S. Rudolf Schmid, E. 6 S. 17). Ist im massgebenden Beurteilungszeitpunkt auch nach diesen Kriterien nicht zu erwarten, dass ein Grundstück in verhältnismässig kurzer Zeit überbaut worden wäre, so liegt in der die Überbauung ausschliessenden Eigentumsbeschränkung kein besonders schwerer Eingriff, der eine Entschädigungspflicht auslöst. Als Gründe dafür, dass ein Grundstück nicht in verhältnismässig kurzer Zeit überbaut werden kann, nannte das Bundesgericht im angeführten Entscheid vom 11. Juli 1979 i.S. Rudolf Schmid zum Beispiel die Voraussetzung einer Ausnahmebewilligung oder die Notwendigkeit einer Änderung in der Zonenplanung oder weitgehender Erschliessungsarbeiten. c) Für die Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliege, ist grundsätzlich auf die Verhältnisse im Zeitpunkt BGE 106 Ia 369 S. 374 des Inkrafttretens der Eigentumsbeschränkung, welche angeblich enteignungsähnlich wirken soll, abzustellen ( BGE 101 Ia 227 ; BGE 97 I 815 ; BGE 93 I 142 ff. E. 7a und b). 3. Die Beurteilung des vorliegenden Falles nach den dargelegten Kriterien führt zu folgenden Ergebnissen: a) Für die Prüfung der Frage, ob ein enteignungsähnlicher Eingriff gegeben sei, hat das Verwaltungsgericht mit Recht den Zeitpunkt des Inkrafttretens der vom Einwohnerrat Wettingen am 24. Mai 1973 beschlossenen Auszonung, somit den 2. Juli 1973, als massgebend bezeichnet. Mit dieser Änderung des Zonenplanes wurde den betroffenen Grundeigentümern die im zusätzlichen Baugebiet unter der Voraussetzung der einwandfreien Erschliessung bedingt gegebene Überbauungsmöglichkeit entzogen. Die geringfügige Verschärfung der Rechtslage, welche das kantonale Dekret vom 13. Dezember 1977 zum Schutze des Landschaftsbildes der Lägern brachte, fällt unter dem Gesichtspunkt der Eingriffsintensität nicht ins Gewicht. Da die Gemeindebauvorschriften mit der Annahme durch die zuständigen Gemeindeorgane in Kraft treten (§ 147 Abs. 1 in Verbindung mit § 127 Abs. 1 BauG; ERICH ZIMMERLIN, Kommentar zum Baugesetz des Kantons Aargau, N. 8 zu den §§ 146/47, S. 405), vermag die nachfolgende Genehmigung der Bauvorschriften durch den Grossen Rat, welcher deklaratorische Wirkung zukommt (ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N. 9 zu den §§ 146/47, S. 405), ebensowenig eine Verschiebung des massgebenden Zeitpunktes zu bewirken wie die von den Beschwerdeführern gegen den Auszonungsbeschluss eingereichte staatsrechtliche Beschwerde; dieser wurde keine aufschiebende Wirkung beigelegt. Für den Ausgang der Sache ist somit entscheidend, ob am massgeblichen Stichtag, d.h. am 2. Juli 1973, nach den Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war, die Parzellen der Beschwerdeführer würden in naher Zukunft überbaut ( BGE 98 Ia 386 f. E. 3). b) Um die Wahrscheinlichkeit der Überbauung zu beurteilen, nahm das Verwaltungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine retrospektive Prognose hinsichtlich der Überbauungsmöglichkeiten der Grundstücke der Beschwerdeführer im massgebenden Zeitpunkt vor. Als entscheidend bezeichnete es die Frage, ob der Private die Baureife (§ 156 BauG) sowohl tatsächlich als auch rechtlich aus BGE 106 Ia 369 S. 375 eigenen Mitteln hätte herbeiführen können. Das Gericht gelangte im wesentlichen zur Verneinung dieser Frage. Es hielt dafür, die Beschwerdeführer hätten zur Zeit der Auszonung nicht damit rechnen können, ihre Grundstücke mit Ausnahme eines kleineren Abschnittes der Parzelle Nr. 1658 in naher Zukunft sehr wahrscheinlich auf eigene Kosten erschliessen und überbauen zu können. Die Gemeinde sei nicht verpflichtet gewesen, das Gebiet zu erschliessen. Auch habe aufgrund aller Umstände im Jahre 1973 objektiv kein genügender Anlass bestanden, auf eine Erschliessung durch die Gemeinde zu vertrauen. c) Die Beschwerdeführer wenden gegenüber den Erwägungen des Verwaltungsgerichts im wesentlichen ein, ihre Grundstücke hätten den Status von Bauland getragen, was sie aus der Einweisung in das zusätzliche Baugebiet und den Erschliessungsmassnahmen im westlichen Teil des Gebietes "Äussere Scharten" herleiten. Die Einweisung ihrer Parzellen in das zusätzliche Baugebiet vermag jedoch eine Entschädigungspflicht noch nicht zu begründen. Entscheidend ist vielmehr, ob die Parzellen mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft hätten überbaut werden können. Bei der Gewichtung der hiefür massgebenden genannten Kriterien kommt der Möglichkeit, die Baureife der Grundstücke herbeizuführen, entscheidende Bedeutung zu, wie das Verwaltungsgericht mit Recht angenommen hat. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, ihre Parzellen seien bereits baureif. Gemäss § 156 Abs. 1 BauG ist ein Grundstück baureif, "a) wenn es nach Lage, Form und Beschaffenheit für die Überbauung geeignet ist, und b) wenn es erschlossen ist, d.h. wenn eine genügende Zufahrt, in Ausnahmefällen ein guter Zugang, die nötigen Anlagen für Wasser- und Energieversorgung sowie eine der Gewässerschutzgesetzgebung entsprechende Abwasserbeseitigung vorhanden sind oder mit dem Gebäude erstellt werden". Im Sinne dieser Vorschrift ist nach der Auffassung des Verwaltungsgerichtes einzig für einen verhältnismässig kleinen Abschnitt der Parzelle Nr. 1658, welche an die Rebbergstrasse anstösst und deren unterer Teil sich in der Bauzone befindet, die Erschliessbarkeit von der Rebbergstrasse aus zu bejahen. Für den Entzug der Überbauungschance des entsprechenden Abschnittes dieser Parzelle nahm das Gericht daher die Möglichkeit BGE 106 Ia 369 S. 376 der enteignungsähnlichen Wirkung an. Dieses Ergebnis deckt sich mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, wonach verlangt wird, dass der Entzug einer gegebenen, wenn auch sehr begrenzten baulichen Nutzungsmöglichkeit einer sorgfältigen Schätzung bedarf ( BGE 102 Ia 130 f. E. 3). Zu Unrecht werfen die Beschwerdeführer dem Verwaltungsgericht wegen der sich hieraus ergebenden Ungleichbehandlung eine Verletzung der Rechtsgleichheit vor. Wenn dem Eigentümer der Parzelle Nr. 1658 wegen des Entzuges der Überbauungsmöglichkeit des erschliessbaren und auch bis zur geplanten Vorderen Höhenstrasse überbaubaren Abschnittes auf Grund einer von der ersten Instanz erst noch vorzunehmenden Schätzung eine Entschädigung zugesprochen wird, so ist dies durch den Umstand begründet, dass diesem Eigentümer im Zeitpunkt der Auszonung eine in naher Zukunft realisierbare Überbauungsmöglichkeit entzogen wurde. d) Die Überbauung des übrigen Gebietes, in dem sich die Parzellen der Beschwerdeführer befinden, setzt jedoch unbestrittenermassen dessen Erschliessung durch die Fortführung der Vorderen Höhenstrasse voraus. Im Unterschied zur Möglichkeit, eine Erschliessungsanlage auf der eigenen Parzelle Nr. 1658 zu dem noch überbaubaren Parzellenabschnitt anzulegen, können die Beschwerdeführer nicht aus eigenem Entschluss auf ihre Kosten diese Strasse erstellen. Die Erschliessung durch die Vordere Höhenstrasse setzt vielmehr eine Umlegung der Parzellen und eine entsprechende Beteiligung der übrigen Eigentümer voraus, was auch das unter anderen im Namen der Beschwerdeführer am 14. November 1973 eingereichte Begehren um Einleitung eines Umlegungsverfahrens beweist. Das Verwaltungsgericht stellt allerdings in seinem Entscheid fest, die Breite der Parzellen der Beschwerdeführer hätte zwar eine Überbauung erheblich eingeschränkt, jedoch nicht verunmöglicht; eine Landumlegung wäre daher nicht unabdingbar gewesen. Auch hätten die Beschwerdeführer ihre Parzellen mit einer Umlegung einer sinnvolleren Überbauung zugänglich machen können. Diese Ausführungen beziehen sich aber - wie sowohl aus dem Entscheid als auch aus der Vernehmlassung des Verwaltungsgerichts zur staatsrechtlichen Beschwerde hervorgeht - nicht auf die entscheidende Voraussetzung der Erschliessung der Parzellen. Das Verwaltungsgericht wollte BGE 106 Ia 369 S. 377 damit zum Ausdruck bringen, das die Grösse und Form der Parzellen für sich allein betrachtet eine Überbauungsmöglichkeit nicht ausschliessen würde. Entscheidende Voraussetzung für die Überbauung bleibt jedoch die Erschliessung. Eine privatrechtliche Umgestaltung der drei Parzellen der Beschwerdeführer hätte deren Baureife nicht herbeiführen können. e) Die entscheidende Frage lautet somit, ob die Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Auszonung nicht nur den auch vom Bundesgericht im Entscheid vom 18. Dezember 1974 anerkannten Willen, ihre Parzellen der Überbauung zuzuführen, gehabt, sondern ob sie auch einen Rechtsanspruch auf Durchführung einer Landumlegung und Erschliessung auf Kosten der Grundeigentümer besessen haben. Dies setzt die rechtzeitige Stellung eines rechtsverbindlichen Umlegungsbegehrens voraus. aa) In diesem Zusammenhang berufen sich die Beschwerdeführer vorab auf das von Fürsprecher N. Bisegger auch in ihrem Namen am 14. November 1973 eingereichte Begehren um Einleitung des Umlegungsverfahrens. Sie beanstanden, dass das Verwaltungsgericht nicht näher auf dieses Gesuch eingegangen sei, es vielmehr als verspätet bezeichnet habe. Die Einweisung ihrer Parzellen in das Landwirtschaftsgebiet sei noch keineswegs definitiv gewesen. Diese Kritik geht fehl. Aus den gleichen Erwägungen, die dazu führen, den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Auszonung als massgebenden Stichtag für die Beurteilung der enteignungsähnlichen Wirkung zu bezeichnen (E. 3a), erweist sich das Umlegungsbegehren in der Tat als verspätet. Sowohl die vor Inkrafttreten des Baugesetzes vom 2. Februar 1971 geltenden §§ 103-116 des aargauischen Einführungsgesetzes zum ZGB, zu denen der von den Beschwerdeführern angerufene § 108 EG ZGB über die Durchführung von Bodenzusammenlegungen zählt, als auch Abschnitt V der Bauordnung der Einwohnergemeinde Wettingen über Baulandumlegungen und Grenzbereinigungen beziehen sich, wie aus dem Wortlaut der Bestimmungen klar hervorgeht, auf Baugebiet, indem sie dessen zweckmässige Erschliessung und Überbauung sicherstellen wollen. Das Entsprechende gilt auch für den auf den 1. Dezember 1974 in Kraft gesetzten VII. Teil des aargauischen Baugesetzes über Landumlegung und Grenzbereinigung (§§ 172-179) sowie für das Umlegungsdekret des Grossen Rates vom 9. Oktober 1974. Da die Einweisung der Liegenschaften der Beschwerdeführer in BGE 106 Ia 369 S. 378 das Landwirtschaftsgebiet am 2. Juli 1973 in Kraft trat, konnte somit am 14. November 1973 nicht mehr in rechtsverbindlicher Weise ein Begehren um Durchführung eines Umlegungsverfahrens gestellt werden. Das Verwaltungsgericht hat daher zu Recht das Umlegungsbegehren als verspätet bezeichnet. bb) Unter diesen Umständen ist nicht entscheidend, ob die Beschwerdeführer im Falle eines rechtzeitig gestellten Begehrens einen Rechtsanspruch auf Durchführung der Umlegung und Erschliessung besessen hätten. Doch sei hiezu festgestellt, dass ein für die Gemeinde und die Grundeigentümer verbindlicher Antrag von der Mehrheit der beteiligten Eigentümer, die zugleich mehr als die Hälfte des beanspruchten Bodens besitzt, hätte gestellt werden müssen (§ 108 EG ZGB, übereinstimmend mit § 173 Abs. 2 lit. a BauG sowie mit Art. 36 der Bauordnung Wettingen). Als beteiligt gelten entsprechend dem Zweck der Baulandumlegung die Eigentümer aller Parzellen des Umlegungsgebietes; dieses soll so rationell wie möglich baulich genutzt werden können (ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N. 2 zu § 172, S. 496). Das Umlegungsgebiet ist daher auch in Übereinstimmung mit den Anforderungen der Ortsplanung zweckmässig zu begrenzen (ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N. 1 zu § 173, S. 498; HANS-RUDOLF STEINER, Die Baulandumlegung dargestellt nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1968, S. 149). Soll im vorliegenden Fall entsprechend dem im Jahre 1961 festgelegten Überbauungsplan der in Frage stehende östliche Teil des Gebietes "Äussere Scharten/Herrenberg" der rationellen Überbauung zugeführt werden, so müsste das Umlegungsgebiet wohl mit der Begrenzung des zusätzlichen Baugebietes zusammenfallen, handelt es sich doch als Ganzes keineswegs um ein grosses Gebiet, dessen Unterteilung in kleinere Einheiten sich aufdrängen würde (zur Begrenzung des Umlegungsgebietes s. HANS-RUDOLF STEINER, a.a.O., S. 40 ff.). Das Verwaltungsgericht hat diese Frage im angefochtenen Entscheid zwar offen gelassen, doch führte es in seiner Vernehmlassung aus, die von den Gesuchstellern beantragte Begrenzung könne jedenfalls nicht als zweckmässig im Sinne planerischer Kriterien bezeichnet werden, und es sei daher nicht nachgewiesen, dass sich die Mehrheit der Beteiligten, die zugleich über die Mehrheit der Fläche verfüge, vor dem 2. Juli 1973 zu einer gemeinsamen Aktion hätte zusammenfinden können. BGE 106 Ia 369 S. 379 Dieser Auffassung ist zuzustimmen. Gemäss dem am 14. November 1973 gestellten Umlegungsantrag wäre die Grenze des Umlegungsgebietes mit der Grenze der Parzelle Nr. 1658 zusammengefallen. Damit hätte die Vordere Höhenstrasse ihre im Überbauungsplan vorgesehene Erschliessungsfunktion nur beschränkt erfüllen können, was als unrationell bezeichnet werden müsste und dem Grundsatz, wonach die Erschliessung von Bauland "im Rahmen eines Überbauungs- oder Gestaltungsplanes systematisch zu erfolgen hat, damit... möglichst wirtschaftliche und landsparende Lösungen erzielt werden" (§ 157 Abs. 1 BauG), widersprechen würde. Es ist im übrigen darauf hinzuweisen, dass im Umlegungsgesuch selbst davon ausgegangen wird, die Vordere Höhenstrasse solle nicht im geplanten Sinne durchgehend ausgeführt und die frühere Bauzone VIII, zusätzliches Baugebiet, solle nicht vollständig der Überbauung zugeführt werden. Mit der beantragten Baulandumlegung sollte vielmehr eine neue klare Trennung von Bau- und Rebgebiet herbeigeführt werden, "indem der Rebbau in den östlichen Sektor des Landumlegungsgebietes verlagert werden soll" (S. 5 des Gesuches vom 14. November 1973). Damit wäre der Baulandumlegung eine Tragweite im Sinne der Entflechtung von Bauland und Land anderer Nutzung zugekommen, was wohl über den Zweck hinausginge, den das aargauische Recht mit dem Institut der Baulandumlegung verfolgt. Abgesehen davon wäre für eine rechtsverbindliche Trennung des Bau- und des Rebgebietes eine entsprechende Änderung des Zonenplanes und des Überbauungsplanes von 1961 erforderlich gewesen. Eine entsprechende Planung wäre Voraussetzung und Grundlage einer Baulandumlegung gewesen (ERICH ZIMMERLIN, a.a.O., N. 1 zu § 173, S. 498 f.). Deren Durchführung lag jedoch nicht in der Kompetenz der Grundeigentümer, sondern in jener der zuständigen Organe der Gemeinde. Im Landumlegungsbegehren vom November 1973 wird übrigens selbst angenommen, es sei ein Gestaltungsplan auszuarbeiten. Ein Gesuch um Durchführung einer Landumlegung, wie es am 14. November 1973 gestellt wurde, hätte somit, auch wenn es rechtzeitig eingereicht worden wäre, den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprochen. Der Annahme der Beschwerdeführer, sie hätten im Zeitpunkt der Auszonung einen Rechtsanspruch auf Durchführung der Umlegung und Erschliessung der BGE 106 Ia 369 S. 380 ihnen neu zuzuteilenden Grundstücke besessen, kann deshalb nicht gefolgt werden, auch wenn das Bundesgericht im Entscheid vom 18. Dezember 1974 (E. 5c S. 15), festgestellt hat, die weitere Erschliessung des Gebietes sei ohne grosse Schwierigkeiten möglich. Es ist unbestritten, dass technisch die Vordere Höhenstrasse im Sinne des Überbauungsplanes aus dem Jahre 1961 mit freilich verhältnismässig hohem Aufwand weitergeführt werden könnte. Diese bautechnische Möglichkeit vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass die Beschwerdeführer rechtlich keine Möglichkeit besassen, die Strasse auf ihre Kosten zu erstellen oder die Gemeinde zur Erstellung zu nötigen, um die Baureife ihrer Grundstücke herbeizuführen. cc) Bei dieser Sach- und Rechtslage könnte nur dann angenommen werden, die Grundstücke der Beschwerdeführer hätten im Zeitpunkt der Auszonung mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft überbaut werden können, wenn die Beschwerdeführer darauf hätten vertrauen dürfen, die Erschliessung des in Frage stehenden Gebietes würde durch die Gemeinde in absehbarer Zeit vorgenommen. Für einen entsprechenden erschliessungspolitischen Willen fehlt jedoch jeder Anhaltspunkt. Die Gemeinde hat an den als Stichstrasse im westlichen Teil des Gebietes "Äussere Scharten" erstellten Teil der Vorderen Höhenstrasse entgegen den ursprünglichen Erwartungen keinen Beitrag geleistet. Sie hat sodann als Abschluss der Stichstrasse einen Kehrplatz verlangt, und die Erschliessungsstränge wurden entgegen der früheren Absicht dem überbauten westlichen Teil des Gebietes entlang abwärts in die Rebbergstrasse geführt. Diese Umstände sprechen, wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, gegen einen Willen der Gemeinde, die Vordere Höhenstrasse weiterzuführen. Entscheidend ist sodann, dass die Bezeichnung des in Frage stehenden Areals als "zusätzliches Baugebiet", das für die Überbauung erst freigegeben wird, "wenn die zweckmässige Erschliessung... technisch und finanziell in allen Teilen sichergestellt ist", deutlich erkennen lässt, dass die Gemeinde von sich aus keine Anstrengungen für die Herbeiführung der Baureife der in diesem Gebiet gelegenen Grundstücke zu unternehmen gedenkt. Die Ungewissheit über den Zeitpunkt der Realisierung der nur bedingt zugesicherten und noch nicht durch Zonenvorschriften oder einen Gestaltungsplan näher präzisierten Überbauungsmöglichkeit ist bei dieser Rechtslage derart BGE 106 Ia 369 S. 381 gross, dass nicht davon gesprochen werden kann, im Falle einer Auszonung werde den Beschwerdeführern eine in naher Zukunft sehr wahrscheinlich realisierbare Überbauungschance entzogen. Was die Beschwerdeführer gegen die sorgfältigen Erwägungen des Verwaltungsgerichts über den Erschliessungsstand, die bauliche Entwicklung der Gemeinde und das Fehlen von Handänderungen in dem in Frage stehenden Gebiet vortragen, vermag zu keinem abweichenden Ergebnis zu führen. Die Tatsache, dass die Vordere Höhenstrasse im westlichen Teil des Gebietes "Äussere Scharten" zu Lasten der Eigentümer bereits so dimensioniert wurde, dass auch der östliche Teil hätte angeschlossen werden können, ist unerheblich. Diese Dimensionierung befreit die Eigentümer nicht von der Erfüllung der Erschliessungsvoraussetzung, und sie verpflichtet - was die Beschwerdeführer mit Recht auch nicht geltend machen - die Gemeinde zu keinen finanziellen oder sonstigen Leistungen. Auch der Umstand, dass Gründe des Landschaftsschutzes die Auszonung rechtfertigen, wie das Bundesgericht in seinem Entscheid vom 18. Dezember 1974 festgestellt hat, führt zu keiner andern Beurteilung der Entschädigungsfrage. Ob eine in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit gegebene bauliche Nutzugschance entzogen wird, ist unabhängig vom jeweiligen öffentlichen Interesse, das Änderungen des Nutzungsplanes begründet, zu beurteilen. Dieses Ergebnis entspricht der bundesgerichtlichen Praxis, wonach für die Beurteilung der Überbauungschance primär auf die rechtlichen Gegebenheiten abgestellt wird. So hat das Bundesgericht im Entscheid vom 21. Oktober 1977 i.S. Kanton Neuchâtel c. Florence Borioli und Konsorten (E. 4 S. 15) festgestellt, dass die Möglichkeit, noch nicht erschlossenes Land in naher Zukunft sehr wahrscheinlich zu überbauen, davon abhänge, ob die Eigentümer die Erschliessung selbst leicht ausführen könnten oder ob das Gemeinwesen zur Erschliessung verpflichtet sei. Im vorliegenden Falle trifft - wie dargelegt - keine dieser beiden Voraussetzungen zu. Auch die in BGE 105 Ia 338 E. 3d erwähnte Möglichkeit, dass die Eigentümer baureifen oder grob erschlossenen Landes für die Erschliessung und Überbauung bereits erhebliche Kosten aufgewendet haben, was im Falle einer Auszonung zur Annahme einer enteignungsähnlichen Wirkung führen könnte, ist im vorliegenden BGE 106 Ia 369 S. 382 Falle nicht erfüllt, haben doch die Beschwerdeführer ihre Grundstücke in den Jahren 1938, 1952 und 1960 zu Preisen von Fr. 0.50, 2.75 und 8.-- pro m2 erworben und bisher keine erheblichen Kosten aufgewendet, um sie baureif zu machen. In diesen Umständen liegen auch die wesentlichen Unterschiede gegenüber dem in BGE 103 Ib 210 ff. beurteilten Falle, in dem eine Überbauung, welche die Eigentümer hätten realisieren können und für welche sie bereits erhebliche Planungskosten aufgewendet hatten, durch Einweisung des Landes in eine Grünzone verunmöglicht wurde. Ähnlich verhielt es sich in der angeführten Sache Neuchâtel c. Borioli (Urteil vom 21. Oktober 1977, E. 4, S. 14 ff., insb. S. 18). In der Sache William Chollet und Hélène de Mestral, in der eine materielle Enteignung ebenfalls bejaht wurde, ging es um die Auszonung voll erschlossener Bauparzellen in der Gemeinde Féchy, für welche auch die übrigen Voraussetzungen einer Überbauung in naher Zukunft, namentlich eine entsprechende bauliche Entwicklung, gegeben waren (Urteil vom 23. Februar 1977, E. 3 und 4, S. 8 ff.). In den Fällen Paul Coderey und Robert Crot c. Gemeinde Lutry wurde hingegen trotz teilweise vorhandener Erschliessung die enteignungsähnliche Wirkung der Einweisung von bisher gemäss dem Baureglement der Gemeinde mit Einfamilienhäusern beschränkt überbaubaren Rebparzellen in eine Grünzone wegen Fehlens der erforderlichen baulichen Entwicklung verneint (Urteile vom 21. März 1978, E. 5, S. 20 ff. und vom 5. Dezember 1978, E. 5, S. 19 ff.). Auch in der vorliegenden Sache spricht die vom Bundesgericht in den Fällen Coderey und Crot hervorgehobene Tatsache, dass die Eigentümer während langer Zeit - hier seit Bestehen des zusätzlichen Baugebietes im östlichen Teil des Gebietes "Äussere Scharten" - vor der Auszonung keine entschlossenen Anstrengungen unternommen hatten, um von der grundsätzlich gegebenen Überbauungsmöglichkeit Gebrauch zu machen, eher gegen die Annahme einer enteignungsähnlichen Wirkung der durch den neuen Zonenplan nun aufgehobenen Baumöglichkeit (Urteile vom 21. März 1978, E. 4c, S. 19, und vom 5. Dezember 1978, E. 4c, S. 18). Es braucht jedoch darauf sowie auf die Frage der baulichen Entwicklung der Gemeinde Wettingen angesichts des entscheidenden Kriteriums der fehlenden Erschliessung der Parzellen und der Verneinung der rechtzeitigen Erschliessbarkeit derselben durch die Beschwerdeführer nicht weiter eingegangen zu werden. BGE 106 Ia 369 S. 383 Nach dem Gesagten verletzt der angefochtene Entscheid Art. 22ter BV nicht, und die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet.
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de
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Federation
6f4211d0-87c2-4315-a570-b5ec4a4ea503
Urteilskopf 126 V 183 32. Auszug aus dem Urteil vom 3. August 2000 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen Helsana Versicherungen AG und Verwaltungsgericht des Kantons Bern, betreffend V.
Regeste Art. 9 Abs. 2 UVG : Berufskrankheit; Beweisfragen. Die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Art. 9 Abs. 2 UVG stellt primär eine Beweisfrage im Einzelfall dar. Wenn aber auf Grund medizinischer Forschungsergebnisse ein Erfahrungswert dafür besteht, dass eine berufsbedingte Genese eines bestimmten Leidens von seiner Natur her nicht nachgewiesen werden kann, schliesst dies den Beweis auf qualifizierte Ursächlichkeit im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVG im Einzelfall aus. Art. 5 Abs. 1 BV : Parallelität der Formen. Will die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt ihre bisherige, im anstaltseigenen, öffentlich zugänglichen Publikationsorgan dargelegte Praxis zur Anerkennung einer bestimmten Berufskrankheit aufgeben, so hat sie dies in Wahrung des Grundsatzes der Parallelität der Formen ebenfalls zu publizieren.
Sachverhalt ab Seite 184 BGE 126 V 183 S. 184 A.- a) Der 1941 geborene V., seit 1. Januar 1976 als Maurerpolier in der Bauunternehmung K. AG angestellt und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Unfall und Berufskrankheiten versichert, begab sich am 27. Dezember 1994 wegen starker Schmerzen im Bereich des rechten Ellenbogens zu seinem Hausarzt in Behandlung. Aus den Angaben dieses Arztes und des Versicherten geht hervor, dass V. in den zwei ersten Wochen des Dezembers 1994 beim Bau einer speziellen Mauer eine Woche lang unter Verwendung einer grossen Kelle eine besondere Technik anwenden musste und im Anschluss daran eine als Druckdolenz im Bereich des Epikondylus radialis humeris rechts erhobene Symptomatik aufwies. Der Kreisarzt der SUVA in Bern verneinte am 17. Januar 1995 einen beruflichen Verursachungsanteil von mindestens 75%, worauf die Anstalt mit Verfügung vom 1. Februar 1995 ihre Leistungspflicht ablehnte. Gegen diese (...) reichte die Artisana als Krankentaggeldversicherer von V. Einsprache ein. Gestützt auf eine "Ärztliche Beurteilung" ihres Dr. med. K., Spezialarzt FMH für Orthopädische Chirurgie an der Abteilung Unfallmedizin, vom 9. März 1995, wies die SUVA die Einsprache am 22. März 1995 ab, (...). Beschwerdeweise beantragte die Artisana die Aufhebung des Einspracheentscheides und - gestützt auf einen vertrauensärztlichen Bericht des Dr. med. U., Facharzt für allgemeine Medizin FMH, vom 14. Juni 1995 - die Anerkennung der Ellbogenbeschwerden des V. als Berufskrankheit. Das angerufene Verwaltungsgericht des Kantons Bern zog eine Vernehmlassung der SUVA bei, welcher eine zweite "Ärztliche Beurteilung" des Dr. med. K. vom 29. August 1995 beilag, holte bei V. schriftliche Auskünfte ein und hiess die Beschwerde gut (Entscheid vom 26. Februar 1996). Auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde der SUVA hin (...) hob das Eidg. Versicherungsgericht den kantonalen Gerichtsentscheid vom 26. Februar 1996 sowie den Einspracheentscheid vom 22. März 1995 auf und wies die Sache zwecks Wahrung der Gehörs- und Parteirechte des Versicherten sowie dessen für Krankenpflegeleistungen zuständigen Krankenkasse an die SUVA zurück (Urteil vom 24. Oktober 1996). BGE 126 V 183 S. 185 b) Die SUVA, welche schon im Zusammenhang mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht eine dritte "Ärztliche Beurteilung" ihres Dr. med. K. vom 27. März 1996 veranlasst hatte, verzichtete im Anschluss an das Rückweisungsurteil auf Beweisergänzungen und erliess am 13. Dezember 1996 ohne Weiterungen eine Ablehnungsverfügung, (...). Die Helsana (als Rechtsnachfolgerin der Artisana) erhob hiegegen Einsprache. Nachdem die SUVA dem Versicherten und dessen Krankenkasse Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hatte, lehnte sie die Einsprache mit Entscheid vom 6. Mai 1997 ab. B.- Hiegegen erhob die Helsana Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Die SUVA schloss auf Abweisung der Beschwerde, wobei sie zur Untermauerung ihres Standpunktes das (eine andere Streitigkeit betreffende) Gutachten des Dr. med. M., Facharzt FMH für Chirurgie, speziell Handchirurgie, vom 26. Juni 1996 einreichte. Mit Entscheid vom 22. Februar 1999 hiess das Verwaltungsgericht die Beschwerde erneut gut, indem es die SUVA verpflichtete, V. die gesetzlichen Leistungen für die im Dezember 1994 aufgetretene Epikondylitis auszurichten. C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Rechtsbegehren, es sei der Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 1999 aufzuheben. Gleichzeitig bringt sie ein in einem anderen Verfahren zuhanden des Versicherungsgerichts des Kantons Tessin erstattetes Gutachten vom 4. Juni 1997 des Dr. med. A., Oberarzt an der Klinik für plastische Wiederherstellungs- und Handchirurgie des Kantonsspitals T., und ferner eine vierte "Ärztliche Beurteilung" ihres Dr. med. K. vom 10. März 1999 bei. Sodann legt sie eine von ihrer Abteilung Unfallmedizin im Juli 1996 abgefasste interne Mitteilung zum Thema Epikondylitis und berufliche Arbeit ins Recht. Während der als Mitinteressierter beigeladene V. und das Bundesamt für Sozialversicherung keine Vernehmlassung einreichen, schliesst die Helsana auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Es steht fest und ist unbestritten, dass der Versicherte weder an den Folgen eines versicherten Unfalles ( Art. 6 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 9 Abs. 1 UVV ) noch an einer unfallähnlichen Körperschädigung ( Art. 6 Abs. 2 UVG in Verbindung mit Art. 9 BGE 126 V 183 S. 186 Abs. 2 UVV ) noch einer Berufskrankheit gemäss Art. 9 Abs. 1 UVG in Verbindung mit dem Anhang I zur UVV leidet. In Betracht fällt als Anspruchsgrundlage einzig Art. 9 Abs. 2 UVG , wonach als Berufskrankheiten auch andere Krankheiten gelten, von denen nachgewiesen wird, dass sie ausschliesslich oder stark überwiegend durch berufliche Tätigkeit verursacht worden sind. b) Die Voraussetzung des ausschliesslichen oder stark überwiegenden Zusammenhanges gemäss Art. 9 Abs. 2 UVG ist nach ständiger Rechtsprechung erfüllt, wenn die Berufskrankheit mindestens zu 75% durch die berufliche Tätigkeit verursacht worden ist ( BGE 114 V 109 ). Die Anerkennung von Beschwerden im Rahmen dieser von der Rechtsprechung als "Generalklausel" bezeichneten Anspruchsgrundlage ist, entsprechend der in BGE 114 V 111 f. Erw. 3c auf Grund der Materialien eingehend dargelegten legislatorischen Absicht, die Grenze zwischen krankenversicherungsrechtlicher Krankheit und unfallversicherungsrechtlicher Berufskrankheit nicht zu verwässern, an relativ strenge Beweisanforderungen gebunden. Verlangt wird, dass der Versicherte für eine gewisse Dauer einem typischen Berufsrisiko ausgesetzt ist. Die einmalige gesundheitliche Schädigung, die gleichzeitig mit der Berufsausübung eintritt, genügt nicht ( BGE 116 V 144 Erw. 5d). Für die Beurteilung der Exposition (oder Arbeitsdauer) ist die gesamte, gegebenenfalls auch die schon vor dem 1. Januar 1984 (Inkrafttreten des UVG) ausgeübte Berufstätigkeit zu berücksichtigen ( BGE 119 V 200 ). 3. a) Dr. med. U. ist am 14. Juni 1995, gestützt auf die Vorakten, und unter Berücksichtigung der Kriterien: "1. ständige beruflich bedingte Belastung mit kontinuierlich-repetitiver Anspannung der Hand- und Fingerstrecker gegen Kraftwiderstand, vor allem in der Zwangshaltung des halb gebeugten Ellbogens 2. analog 1., jedoch infolge äusserer (beruflicher) Gegebenheiten auf ungewohnte Weise Konfrontation mit tagelanger überdurchschnittlicher, forcierter Kraftanforderung und gesteigerter Belastung erwähnter anatomischer Strukturen 3. keine vorbestehende Erkrankung oder erwähnenswerte ausserberufliche Belastung der Vorderarm-Handmuskulatur sowie des linken Ellbogens 4. Untersuchungsbefunde anlässlich der Befragung vom 1.6.1995" zu folgender Stellungnahme gekommen: Es bestünden keine Anhaltspunkte, wonach diese im Dezember 1994 zweifelsfrei festgestellte Epikondylitis radialis rechts auf ausserberufliche Umstände BGE 126 V 183 S. 187 zurückzuführen wäre. Es fehlten Hinweise, dass es sich beim Auftreten der Beschwerden lediglich um das Manifestwerden einer vorbestandenen ausserberuflichen Krankheit gehandelt hätte. Der Versicherte habe glaubhaft früher nie an einer symptomatischen Epikondylitis gelitten, die während der Arbeit im Dezember 1994 aufgeflackert wäre. Es fehlten relevante Hinweise für das Vorliegen degenerativer Veränderungen; der Versicherte weise diesbezüglich im Wesentlichen unauffällige klinische Verhältnisse auf. Aus seiner Schilderung gehe glaubhaft und klar Beschwerdefreiheit bis zu jener beruflichen Tätigkeitsperiode im Dezember 1994 hervor, als er, entgegen seiner üblichen gewohnten beruflichen Tätigkeit, auf Grund ausserordentlicher Umstände zu übermässiger, forcierter Kraftanforderung im Bereich des rechten Armes genötigt worden sei. Es folgen weitere Darlegungen zu den - eine ganze Arbeitswoche dauernden - belastenden Einwirkungen durch Verwendung der grösseren Maurerkelle vor allem auf die Streckmuskeln von Hand- und Vorderarm. Gestützt auf diesen Arztbericht und unter Zugrundelegung der von der SUVA in ihrem anstaltseigenen Publikationsorgan formulierten Kriterien für die Anerkennung einer Epikondylitis als Berufskrankheit (Unfallmedizin, Heft Nr. 3/1987, Epikondylitis, S. 22 ff.), nämlich: - Ungewohntsein der Tätigkeit - ständig wiederholte repetitive Bewegungen der Hand, die eine stereotype Aktion der Vorderarmmuskeln erfordern - überdurchschnittlicher Kraftaufwand - Gleichförmigkeit und Monotonie der Arbeit - eine tägliche Arbeitsschicht als minimale zeitliche Einwirkungsdauer, schloss die Vorinstanz auf eine mindestens 75%ige kausale Einwirkung der vom Versicherten im Dezember 1994 geleisteten ausserordentlichen Berufsarbeit für das Auftreten des Epikondylitisschubes. b) Die SUVA bestreitet nicht, dass die von ihr 1987 formulierten Kriterien für die Anerkennung einer Epikondylitis als Berufskrankheit im Falle des Versicherten erfüllt sind, distanziert sich aber "heute von der genannten Publikation", was im Ergebnis einer Abkehr von der bisherigen Verwaltungspraxis gleichkommt. Sie begründet dies in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde damit, dass auf Grund der von Dr. med. K. in seinen drei Berichten BGE 126 V 183 S. 188 zusammengetragenen Erkenntnisse der seit 1987 betriebenen medizinischen Ursachenforschung, d.h. aus den zahlreichen neuesten Arbeiten zur Genese der Epikondylitis radialis, der Schluss gezogen werden müsse, "dass die Berufsarbeit epidemiologisch nicht den erwarteten, im Vordergrund stehenden ätiologischen Faktor bildet". Nach heutigem Wissensstand handle es sich bei der Epikondylitis, entgegen der lateinischen Bezeichnung, "nicht um ein akutes entzündliches Geschehen, sondern um degenerative Veränderungen wie Gefässvermehrung, Degeneration des Bindegewebes und Vermehrung von Bindegewebszellen". Die Epikondylitis trete nach den von Dr. med. K. zitierten Studien häufig auf der "adominanten Seite" auf, was gegen eine postulierte berufliche Überanstrengung spreche. Diese Überlegungen führen die SUVA zu folgendem Ergebnis: "Nach heutigem Wissensstand gibt es kaum Indizien, die das Postulat untermauern würden, eine Epikondylitis radialis werde weit überwiegend durch schwere oder repetitive physische Arbeit verursacht. Die hohe Inzidenzrate der Erkrankung in der allgemeinen Bevölkerung zwischen dem 35. und 55. Altersjahr spricht dagegen. In Fachkreisen herrscht die Ansicht vor, dass eine Epikondylitis spontan auftritt, indem sich ein milder, degenerativer Prozess des fibrösen Bindegewebes manifestiert. Aufgrund der eindeutigen multifaktoriellen Genese des Leidens ist es kaum je vorstellbar, dass eine Epikondylitis als Berufskrankheit nach Art. 9 Abs. 2 UVG anerkannt werden kann. Dieser sorgfältigen Analyse zum aktuellen Stand des medizinischen Wissens auf dem Gebiete der Epikondylitiden ist nichts beizufügen. Die eindeutig multifaktorielle Genese des Leidens setzt einer Anerkennung als Berufskrankheit sehr enge Schranken. Nur unter ausserordentlich ungewöhnlichen Umständen lässt sich die Meinung vertreten, eine berufliche Anstrengung sei mindestens zu 75% an der Verursachung des Leidens beteiligt. Dieser Nachweis ist insbesondere dann zum Scheitern verurteilt, wenn, wie bei V., seit Jahrzehnten Schwerarbeit auf dem Bau verrichtet wird und eine vorübergehende, nur wenige Tage andauernde zusätzliche Belastung das Leiden manifest werden lässt." Diese Sicht der Dinge untermauert die SUVA im Folgenden durch Hinweise auf und Zitierungen aus den aus anderen Verfahren herrührenden Gutachten des Dr. med. M. vom 26. Juni 1996 und des Dr. med. A. vom 4. Juni 1997 sowie mit einer vierten "Ärztlichen Beurteilung" ihres Dr. med. K. vom 10. März 1999. 4. a) Wenn ein Versicherter an einer Krankheit leidet, die in Ziff. 2 des Anhanges I zur UVV aufgeführt ist und er - kumulativ - alle oder dort besonders umschriebene Tätigkeiten verrichtet hat, liegt in der Regel eine Berufskrankheit vor. Die Zusammenhangsfrage ist in diesem Bereich - auf Grund arbeitsmedizinischer BGE 126 V 183 S. 189 Erkenntnisse - weitgehend durch den Verordnungsgeber vorentschieden. Von dieser Regel, welche auch als dem (schlüssigen) Gegenbeweis weichende natürliche Vermutung bezeichnet werden kann, ist abzugehen, wenn konkrete Umstände des Einzelfalles klar gegen eine berufliche Verursachung sprechen (nicht veröffentlichtes Urteil M. vom 2. Februar 1996). b) Die Anerkennung anderer Krankheitsbilder im Rahmen der Generalklausel nach Art. 9 Abs. 2 UVG ist demgegenüber subsidiär. Das heisst sie kommt bezüglich jener Leiden zum Zuge, die nach bisheriger arbeitsmedizinischer Erkenntnis (noch) nicht in einen dermassen qualifizierten Ursachenzusammenhang mit beruflichen Tätigkeiten gebracht werden können, dass sich deswegen ihre Bezeichnung als Listenkrankheit rechtfertigte, die aber doch, auf Grund ihrer eindeutigen beruflichen Genese, völkerrechtlicher Empfehlung folgend ( BGE 116 V 141 Erw. 5a), im Einzelfall die für Berufskrankheiten vorgesehenen Leistungen auslösen sollen. Dies führt dazu, dass im Rahmen von Art. 9 Abs. 2 UVG in jedem Einzelfall Beweis darüber zu führen ist, ob die geforderte stark überwiegende (mehr als 75%ige) bis ausschliessliche berufliche Verursachung vorliegt. c) Indessen weist die SUVA zutreffend darauf hin, dass die Medizin eine empirische Wissenschaft ist. Das heisst es kann, wie das Eidg. Versicherungsgericht in anderen Zusammenhängen bemerkt hat ( BGE 117 V 379 Erw. 3e mit Hinweisen), der Ursache-Wirkungs-Zusammenhang nur selten auf dem Wege einer Deduktion im naturwissenschaftlich-mathematischen Sinne erschlossen oder abgeleitet werden. Wegen der empirischen Natur braucht es vielmehr in medizinischen Sachverhalten, in denen ein direkter Beweis ausscheidet, den Vergleich mit anderen Krankheitsfällen, somit die Induktion oder die induktive Beweisführung. In deren Rahmen spielt es für den Beweis im Einzelfall eine entscheidende Rolle, ob und inwieweit die Medizin, je nach ihrem Wissensstand in der fraglichen Disziplin, über die Genese einer Krankheit im Allgemeinen Auskunft zu geben oder (noch) nicht zu geben vermag. Wenn auf Grund medizinischer Forschungsergebnisse ein Erfahrungswert dafür besteht, dass eine berufsbedingte Entstehung eines bestimmten Leidens von seiner Natur her nicht nachgewiesen werden kann, dann schliesst dies den (positiven) Beweis auf qualifizierte Ursächlichkeit im Einzelfall aus. Dieser Zusammenhang zwischen übergeordneter Ebene der allgemeinen medizinischen Erkenntnisse und der untergeordneten BGE 126 V 183 S. 190 Ebene der Beweisführung über Tatsachen des medizinischen Wissensbereichs im streitigen Einzelfall kommt in der bisherigen zu Art. 9 Abs. 2 UVG ergangenen Rechtsprechung zum Ausdruck. Das zeigen etwa die Urteile, welche die Rückenbeschwerden eines Hilfspflegers ( BGE 116 V 136 ) oder die Epikondylitis einer Musikerin (RKUV 1999 Nr. U 326 S. 106) betreffen: Sofern der Nachweis eines qualifizierten (zumindest stark überwiegenden [Anteil von mindestens 75%]) Kausalzusammenhanges nach der medizinischen Empirie allgemein nicht geleistet werden kann (z.B. wegen der weiten Verbreitung einer Krankheit in der Bevölkerung, welche es ausschliesst, dass eine eine bestimmte versicherte Berufstätigkeit ausübende Person zumindest vier Mal häufiger von einem Leiden betroffen ist als die Bevölkerung im Durchschnitt), scheidet die Anerkennung im Einzelfall aus ( BGE 116 V 143 Erw. 5c in fine; RKUV 1999 Nr. U 326 S. 109 Erw. 3 in fine; im gleichen Sinne bezüglich der Frage nach dem für die Anerkennung als Berufskrankheit erforderlichen vorwiegenden [Anteil von mindestens 50%; RKUV 1988 Nr. U 61 S. 447] Zusammenhang von aufgetretenem Leiden und beruflich bedingter Exposition zu in Ziff. 1 des Anhanges I zur UVV aufgeführten schädigenden Stoffen das nicht veröffentlichte Urteil S. vom 11. Mai 2000, worin auf Grund epidemiologischer Untersuchungsergebnisse das relative Risiko für Leukämie oder ein myelodysplastisches Syndrom bei einer länger andauernden Benzol-Exposition von 1 ppm als nur wenig über dem Risiko der Gesamtbevölkerung liegend bezeichnet wurde). Sind anderseits die allgemeinen medizinischen Erkenntnisse mit dem gesetzlichen Erfordernis einer stark überwiegenden (bis ausschliesslichen) Verursachung des Leidens durch eine (bestimmte) berufliche Tätigkeit vereinbar, besteht Raum für nähere Abklärungen zwecks Nachweises des qualifizierten Kausalzusammenhanges im Einzelfall (vgl. BGE 116 V 144 Erw. 5d; RKUV 1997 Nr. U 273 S. 178 Erw. 3). 5. a) Das kantonale Gericht hat gestützt auf den Bericht des Dr. med. U. vom 14. Juni 1995 eine stark überwiegende Einwirkung der anfangs Dezember 1994 während einer Woche geleisteten Berufsarbeit auf die Epikondylitis bejaht. Dieser Beweiswürdigung ist grundsätzlich beizupflichten - es sei denn, es gelte das, was die SUVA auf Grund der von ihr verarbeiteten neuen medizinischen Kenntnisse gemäss letztinstanzlich eingereichter interner Anstaltsmitteilung vom Juli 1996 als richtig betrachtet. Danach wäre es auf Grund der multifaktoriellen Genese des Leidens, wobei das Alter BGE 126 V 183 S. 191 und die Konstitution wahrscheinlich die entscheidende Rolle spielten, kaum je vorstellbar, eine Epikondylitis als Berufskrankheit im Sinne des Gesetzes anzuerkennen. Folglich wäre der Beweis hinreichend stark überwiegender oder ausschliesslicher Ursächlichkeit im streitigen (Einzel-)Fall ausgeschlossen (Erw. 4c hievor). b) An sich sind die von der SUVA aufgelegten Berichte und Publikationen einleuchtend. Weder das kantonale Gericht noch die Beschwerdegegnerin noch der Versicherte vermögen dem von der SUVA produzierten Beweismaterial etwas entgegenzusetzen. Ob indessen die Argumentation der SUVA tatsächlich dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaften entspricht, ob also die Voraussetzungen für eine Änderung der Verwaltungspraxis gegeben sind ( BGE 111 V 170 Erw. 5b mit zahlreichen Hinweisen), wie sie die SUVA hier vorzunehmen im Begriffe ist, vermag das Gericht auf Grund der vorgelegten Berichte mangels eigener Fachkenntnisse nicht abschliessend zu beantworten. Zudem ist zu beanstanden, dass die SUVA im Zuge der Änderung ihrer Verwaltungspraxis das Erfordernis der Parallelität der Form (zu dessen Bedeutung auf der Ebene des Normerlasses vgl. RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 59 BIa, S. 185 mit Hinweisen) nicht wahrt: Die massgebliche Verwaltungspraxis wurde - gut drei Jahre nachdem das UVG in Kraft getreten war - als arbeitsmedizinische Verlautbarung der Dres. med. Bär, Heinz und Ramseier in die Nr. 3/1987 der von der SUVA herausgegebenen Reihe Unfallmedizin, einem öffentlich zugänglichen Publikationsorgan, aufgenommen. Wenn auch nicht in der Form, so doch nach ihrer Bedeutung hat diese Verlautbarung den Stellenwert einer offiziellen Praxis der SUVA. Wenn die Anstalt, gestützt auf neue, in der Zwischenzeit gesammelte und - nach interner Prüfung - gesicherte Erkenntnisse von ihrer früheren Praxis abweichen will, so hätte sie dies ebenfalls zu publizieren. Es kann nicht hingenommen werden, dass die SUVA diese Publikation im Raum stehen lässt und einen Einzelfall zum Anlass nimmt, um sich unter fortlaufender Produzierung von Stellungnahmen des mit der Problematik befassten Facharztes ihrer medizinischen Abteilung und unter Einreichung von Gutachten aus anderen Verfahren davon zu distanzieren. Auch in dieser Hinsicht unterscheidet sich der Fall wesentlich von RKUV 1999 Nr. U 326 S. 106, in welchem das Eidg. Versicherungsgericht die Berufsbedingtheit einer an Epikondylitis leidenden Bratschenspielerin gestützt auf die allgemeinen BGE 126 V 183 S. 192 medizinischen Erkenntnisse abschliessend verneint hat. Hier jedoch liegt eine besondere berufliche Einwirkung während der von der Rechtsprechung verlangten längeren Arbeitsdauer vor ( BGE 116 V 144 Erw. 5d). Mit Blick auf diese Umstände drängt sich eine Aktenergänzung [durch die Vorinstanz] in Form der Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens, z.B. an einer der schweizerischen Universitätskliniken, auf. 6. Nach Art. 134 OG darf das Eidg. Versicherungsgericht im Beschwerdeverfahren über die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen den Parteien in der Regel keine Verfahrenskosten auferlegen. Diese Bestimmung wurde vom Gesetzgeber vor allem im Interesse der Versicherten geschaffen, die mit einem Sozialversicherer im Streit stehen. Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit des Verfahrens vor dem Eidg. Versicherungsgericht gilt nicht für den Fall, dass sich zwei Unfallversicherer über Leistungen aus Unfallfolgen für einen gemeinsamen Versicherten streiten ( BGE 120 V 494 Erw. 3, BGE 119 V 223 Erw. 4c). Diese Sichtweise hat ihre Gültigkeit auch dort, wo Krankenkasse und Unfallversicherer im Streit über die Leistungspflicht liegen (AHI 1998 S. 110 mit Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil M. vom 4. November 1994). Folglich hat die Beschwerdegegnerin als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen.
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6f438ea2-8d96-437c-ae29-48d4354829c2
Urteilskopf 123 II 419 44. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. August 1997 i.S. S. P. und K. G. gegen M. G. und Obergericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (SR 0.211.230.02); Rückführung eines widerrechtlich in die Schweiz verbrachten Kindes in die USA. Das Haager Entführungsübereinkommen stellt eine Art administrative Rechtshilfe für den Fall von Kindesentführungen zur Verfügung. Da keine Zivilrechtsstreitigkeit vorliegt, kann ein kantonaler Entscheid weder mit Berufung noch mit Nichtigkeitsbeschwerde, sondern mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden (E. 1a). Nach Art. 20 des Übereinkommens kann die Rückführung eines entführten Kindes abgelehnt werden, wenn sie nach den im ersuchten Staat geltenden Grundwerten über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist. Diese ordre public-Klausel kann nur in Ausnahmesituationen eingreifen. Im vorliegenden Fall stellt die angeordnete Rückführung des Kindes keinen unzulässigen Eingriff in den von Art. 8 Ziff. 1 EMRK garantierten Schutz des Privat- und Familienlebens dar, weil der Eingriff gemäss Art. 8 Ziff. 2 EMRK statthaft ist, so dass eine Rückführung nicht gegen Art. 20 des Übereinkommens verstösst (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 420 BGE 123 II 419 S. 420 A.- Die heute mit A. P. verheiratete Schweizerin S. P. war in erster Ehe mit dem amerikanischen Staatsangehörigen M. G. verheiratet. Aus dieser Ehe ging die Tochter K. G., geboren am 25. Februar 1992, hervor. Am 31. Oktober 1995 wurde die Ehe zwischen S. P. und M. G. durch den zuständigen Superior Court in den USA geschieden. Bezüglich der aus dieser Ehe hervorgegangen Tochter K. G. sprach das Gericht den Eltern ein gemeinsames Sorgerecht zu. Am 4. September 1996 reiste S. P. mit K. G. in die Schweiz ein. Seither wohnt K. G. ununterbrochen mit ihrer Mutter S. P. und deren heutigem Ehemann in X. Unmittelbar nach der Überführung von K. G. in die Schweiz reichte S. P. am 5. September 1996 beim zuständigen Bezirksgericht Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils ein und beantragte im wesentlichen, die elterliche Gewalt über K. G. sei ausschliesslich ihr zuzusprechen. Der Präsident des Bezirksgerichtes ordnete noch am gleichen Tag mit superprovisorischer Verfügung an, dass K. G. für die Dauer des Prozesses unter der alleinigen Obhut von S. P. stehe. B.- M. G. leitete am 26. September 1996 gestützt auf das Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung bei der zentralen Behörde der Vereinigten Staaten BGE 123 II 419 S. 421 von Amerika ein Verfahren ein und verlangte die Rückführung der Tochter K. G. an seinen Wohnort in den USA. Nachdem das zuständige Bezirksgericht mit Schreiben des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 3. Oktober 1996 über das Verfahren in Kenntnis gesetzt worden war, wies der Einzelrichter des Bezirksgerichtes das Begehren auf Rückführung von K. G. in die USA mit Verfügung vom 15. November 1996 ab. Einen dagegen erhobenen Rekurs von M. G. hiess das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 6. März 1997 gut und befahl S. P., ihre Tochter K. G. innerhalb von zehn Tagen ab Zustellung des Entscheides an den Wohnort von M. G. in den USA zurückzuführen. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 9. April 1997 beantragen S. P. und die durch ihre Mutter vertretene K. G. die Aufhebung des Beschlusses des Obergerichtes. Auf eine gleichzeitig erhobene Berufung bzw. Nichtigkeitsbeschwerde wurde mit Urteil vom 23. Juni 1997 nicht eingetreten. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang auf eine staatsrechtliche Beschwerde einzutreten ist ( BGE 121 I 93 E. 1 S. 94 mit Hinweisen). a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes handelt es sich bei Verfahren betreffend die Rückführung eines Kindes im Sinn des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (SR 0.211.230.02; nachfolgend HEntfÜ) nicht um Zivilrechtsstreitigkeiten; vielmehr stellt das Übereinkommen eine Art administrative Rechtshilfe zwischen den Vertragsstaaten zur Verfügung und bezweckt, Entscheidungen zum Sorgerecht internationale Nachachtung zu verschaffen und deren Verwirklichung zu erleichtern: Wenn aber keine Zivilrechtsstreitigkeit im Sinn von Art. 44 ff. OG vorliegt, kann der Rückführungsentscheid nicht mit Berufung angefochten werden ( BGE 120 II 222 E. 2b S. 224 mit Hinweisen), und auch eine eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde steht mangels Vorliegens einer Zivilsache im Sinn von Art. 68 Abs. 1 OG nicht zur Verfügung (vgl. Urteil vom 23. Juni 1997, 5C.90/1997, E. 2b mit Hinweisen). Da kein anderes Bundesrechtsmittel gegeben ist, ist unter diesem Gesichtspunkt auf die staatsrechtliche Beschwerde grundsätzlich einzutreten ( Art. 84 Abs. 2 OG ). BGE 123 II 419 S. 422 2. Das Obergericht des Kantons Zürich hat im angefochtenen Entscheid im wesentlichen festgehalten, dass das Zurückhalten von K. G. in der Schweiz durch S. P. widerrechtlich im Sinn von Art. 3 Abs. 1 HEntfÜ sei, weshalb gestützt auf Art. 12 Abs. 1 HEntfÜ die Rückführung des Kindes in die USA anzuordnen sei; der Rückgabe von K. G. stehe weder ein Ablehnungsgrund im Sinn von Art. 13 HEntfÜ noch ein Verweigerungsgrund gemäss Art. 20 HEntfÜ entgegen. S. P. und K. G. werfen dem Obergericht in der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde vor, dass der Rückführungsentscheid Art. 20 HEntfÜ und Art. 8 EMRK verletze: Die Rückführung von K. G. in die USA verstosse gegen die in der Schweiz geltenden Grundwerte über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten; der in Art. 8 EMRK verankerte Schutz des Privat- und Familienlebens werde dadurch verletzt, dass die 5jährige K. G., die seit ihrer Geburt praktisch ausschliesslich durch S. P. persönlich betreut worden sei, zu ihrem Vater in die USA zurückzuführen sei. Die angeordnete Rückführung des Kindes stelle sowohl eine Verletzung des Anspruchs der Mutter als auch des persönlichen Anspruchs der Tochter auf Weiterführung der Familiengemeinschaft dar, welche durch Art. 8 EMRK geschützt werde. a) Gemäss Art. 3 Abs. 1 HEntfÜ gilt das Verbringen oder Zurückhalten eines Kindes als widerrechtlich, wenn dadurch das Sorgerecht verletzt wird, das einer Person allein oder gemeinsam nach dem Recht des Staates zusteht, in dem das Kind unmittelbar vor dem Verbringen oder Zurückhalten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte (lit. a), und wenn dieses Recht im Zeitpunkt des Verbringens oder Zurückhaltens allein oder gemeinsam tatsächlich ausgeübt wurde oder ausgeübt worden wäre, falls das Verbringen oder Zurückhalten nicht stattgefunden hätte (lit. b). Ist ein Kind im Sinn von Art. 3 HEntfÜ widerrechtlich verbracht oder zurückgehalten worden und wird innert einer Frist von einem Jahr die Rückführung verlangt, ordnet das zuständige Gericht oder die zuständige Verwaltungsbehörde gemäss Art. 12 Abs. 1 HEntfÜ die sofortige Rückgabe des Kindes an. Der Staat, der um die Rückführung eines entführten Kindes ersucht wird, kann indessen eine Rückführung unter bestimmten Umständen ablehnen: Gemäss Art. 13 Abs. 1 lit. b HEntfÜ besteht keine Pflicht zur Rückführung, wenn nachgewiesen ist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage gebracht wird; ferner kann eine Rückgabe gestützt auf Art. 20 HEntfÜ abgelehnt BGE 123 II 419 S. 423 werden, wenn sie nach den im ersuchten Staat geltenden Grundwerten über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten unzulässig ist. b) Im vorliegenden Beschwerdeverfahren stellt sich einzig die Frage, ob das Obergericht gegen Art. 20 HEntfÜ verstossen hat. Vorweg ist festzuhalten, dass Art. 20 HEntfÜ eine auf Verletzung der fundamentalen Grundsätze über Menschenrechte und Grundfreiheiten beschränkte ordre public-Klausel enthält; neben Art. 13 HEntfÜ , welche Bestimmung die wesentlichen Interessen des Kindes berücksichtigt, kann Art. 20 HEntfÜ nur in Ausnahmesituationen eingreifen (JÖRG PIRRUNG, in J. VON STAUDINGERS Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Auflage, Berlin 1994, N. 698 Vorbem. zu Art. 19 EGBGB mit Beispielen; BERNARD DESCHENAUX, L'enlèvement international d'enfants par un parent, Bern 1995, S. 53 f.). Vor diesem Hintergrund ist zu prüfen, ob eine Rückführung von K. G. gegen den von Art. 8 Ziff. 1 EMRK garantierten Schutz des Privat- und Familienlebens, auf den sich K. G. persönlich berufen kann, verletzt und insofern fundamentale Grundsätze über Menschenrechte und Grundfreiheiten im Sinn von Art. 20 HEntfÜ tangiert sind. Art. 8 Ziff. 1 EMRK garantiert die Achtung des Privat- und Familienlebens. Nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist ein Eingriff in das von Ziff. 1 dieser Bestimmung geschützte Rechtsgut indessen statthaft, wenn er gesetzlich vorgesehen ist und eine Massnahme darstellt, die im öffentlichen Interesse notwendig ist. Die angeordnete Rückführung von K. G. in die USA greift zwar in die tatsächlich bestehende Familiengemeinschaft zwischen S. P. und K. G. ein, doch ist ein Eingriff im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Haager Entführungsübereinkommen eine von Art. 8 Ziff. 2 EMRK geforderte gesetzliche Grundlage darstellt, um in die tatsächlich bestehende Familiengemeinschaft einzugreifen; als gesetzliche Grundlage für einen Eingriff kommt nicht nur nationales Recht, sondern auch Völkerrecht - mithin auch das Haager Entführungsübereinkommen - in Frage (MARK VILLIGER, Handbuch der Europäischen Menschenrechtskonvention, Zürich 1993, Rz. 533; WILDHABER/BREITENMOSER, IntKomm EMRK, N. 552 zu Art. 8 EMRK mit Hinweisen). Sodann erweist sich die Rückführung von K. G. auch als im öffentlichen Interesse geboten: Das Abkommen bezweckt, die sofortige Rückgabe widerrechtlich in einen Vertragsstaat verbrachter oder dort zurückgehaltener Kinder sicherzustellen und zu gewährleisten, dass das in einem BGE 123 II 419 S. 424 Vertragsstaat bestehende Sorgerecht und Recht zum persönlichen Umgang in den anderen Vertragsstaaten tatsächlich beachtet wird ( Art. 1 HEntfÜ ); die Rückführung des Kindes erweist sich insofern als im öffentlichen Interesse im Sinn von Art. 8 Ziff. 2 EMRK geboten, weil nur so der widerrechtliche Zustand, der durch die Entführung von K. G. in die Schweiz geschaffen wurde, schnellstmöglich beseitigt werden kann. Hinzu kommt, dass eine vertragstreue Anwendung des Haager Entführungsübereinkommens generell im öffentlichen Interesse der Schweiz liegt angesichts von etwa 100 Fällen von Kindesentführungen, mit denen sich die zentrale Behörde der Schweiz jährlich - sei es als ersuchte, sei es als ersuchende Behörde - zu befassen hat (DESCHENAUX, L'enlèvement international, a.a.O., S. 5 ff.). Schliesslich erweist sich im vorliegenden Fall eine Rückführung auch als notwendig, um dem Vertragszweck gerecht zu werden. Das Übereinkommen hat einzig zum Zweck, den "status quo ante" wiederherzustellen, der vor der Entführung des Kindes bestand (BERNARD DESCHENAUX, La convention de la Haye sur les aspects civils de l'enlèvement international d'enfants, SJIR 1981, S. 126; KURT SIEHR, Münchener Kommentar zum BGB, Ergänzungsband, 2. Auflage, N. 67 zu Art. 19 EGBGB Anhang II); würde eine Rückführung eines entführten oder widerrechtlich zurückbehaltenen Kindes aus einem der EMRK beigetretenen Land ohne weiteres an Art. 8 EMRK scheitern, wenn das Kind in einer Familiengemeinschaft mit dem entführenden Elternteil lebt, würde Art. 20 HEntfÜ eine Bedeutung beigemessen, die Sinn und Zweck des Haager Entführungsübereinkommens grundsätzlich in Frage stellen und der eingangs umschriebenen restriktiven Interpretation von Art. 20 HEntfÜ widersprechen würde (vgl. DESCHENAUX, La convention de la Haye, a.a.O., S. 126). Aus diesen Gründen kann der Auffassung nicht gefolgt werden, dass der angefochtene Entscheid das von Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Schutz der Familiengemeinschaft verletzt und damit gegen Art. 20 HEntfÜ verstösst. Damit erweist sich aber ohne weiteres auch die Rüge als unbegründet, das Obergericht habe den ihm zustehenden Spielraum bei der Anwendung von Art. 20 HEntfÜ willkürlich verletzt; im Gegenteil hat das Obergericht aufgrund einer sorgfältigen Überprüfung zutreffend dargelegt, weshalb eine Rückführung nicht gegen die in der Schweiz geltenden Grundwerte über den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verstösst. Gewiss ist nicht zu übersehen, dass das den Eltern von K. G. gemeinsam zugesprochene Sorgerecht von S. P. praktisch nicht mehr BGE 123 II 419 S. 425 - oder nur noch sehr beschränkt - ausgeübt werden konnte, nachdem sie die USA verlassen und sich in der Schweiz niedergelassen hatte. Doch berechtigte sie dies in keiner Weise, durch die Entführung des Kindes das (alleinige) Sorgerecht faktisch zu erzwingen und das ebenfalls M. G. zugesprochene Sorgerecht zu verunmöglichen; vielmehr hätte sie eine Änderung der Sorgerechtsregelung auf dem Rechtsweg herbeizuführen versuchen müssen. Umgekehrt ist der Rückführungsentscheid nicht als Entscheidung über das Sorgerecht anzusehen ( Art. 19 HEntfÜ ); mit der Rückführung soll der "status quo ante" vor der Entführung wieder hergestellt werden, und im Herkunftsstaat soll anschliessend über den endgültigen Verbleib des Kindes entschieden werden (SIEHR, a.a.O., N. 3 und 67 zu Art. 19 EGBGB Anhang II).
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Urteilskopf 141 I 172 17. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public dans la cause A.X., B.X. et X. SA contre Conseil d'Etat et Grand Conseil du canton du Valais (recours en matière de droit public) 2C_1006/2014 du 24 août 2015
Regeste Art. 9, 29 Abs. 1 und Art. 29a BV ; Art. 86 Abs. 3 BGG ; Art. 110 DBG und Art. 39 Abs. 1 StHG ; Art. 320 StGB . Oberaufsicht des Parlaments über die Verwaltung; Steuergeheimnis; Ausnahme von der Rechtsweggarantie; Willkürverbot und Verbot formeller Rechtsverweigerung. Überweisung von Steuerdossiers der beschwerdeführenden Steuerpflichtigen durch die kantonale Regierung an die parlamentarische Geschäftsprüfungskommission, die eine Untersuchung über angebliche Missstände in der Verwaltung führt. Der Ausschluss der Zuständigkeit der kantonalen Gerichtsbehörden für die Prüfung der Ausübung der parlamentarischen Oberaufsicht verletzt weder das Willkürverbot (E. 4.3) noch die Rechtsweggarantie; die Oberaufsicht trägt überwiegend politische Züge, was den Kantonen erlaubt, eine Ausnahme von der Rechtsweggarantie vorzusehen (E. 4.4 und 4.5). Da die Ausübung der Oberaufsicht die Beschwerdeführenden nicht direkt in ihren Rechten berührt und diese nicht glaubhaft machen konnten, dass eine für sie nachteilige atypische Verfahrensart vorliegt, konnten sie von der Regierung nicht zulässigerweise verlangen, es sei ihnen eine beschwerdefähige Verfügung über die Aufhebung des Steuer- und Amtsgeheimnisses der Verwaltung zuzustellen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 173 BGE 141 I 172 S. 173 A. A.a La société anonyme X. SA, sise à Sion, ainsi que son président et directeur B.X. ont fait l'objet d'enquêtes pour soustraction fiscale menées par l'Administration fédérale des contributions à partir de l'été 2011; le rapport d'enquête, concluant à l'existence d'un délit BGE 141 I 172 S. 174 fiscal, a été déposé en 2013 et transmis au Service cantonal des contributions du canton du Valais (ci-après: le Service cantonal), qui a lui-même ouvert des procédures en rappel d'impôt et en soustraction fiscale à l'encontre des intéressés ( art. 105 al. 2 LTF ). A.b Avant son élection à la tête du Département des finances et des institutions du Conseil d'Etat valaisan (ci-après: le Conseil d'Etat), C. dirigeait la Fiduciaire D., qui représentait notamment B.X. vis-à-vis des autorités fiscales. C. s'est formellement récusé et a été remplacé par le Conseiller d'Etat E. en lien avec la dénommée "affaire X." en janvier 2014 ( art. 105 al. 2 LTF ). A.c Lors de sa séance du 21 janvier 2014, la Commission de gestion du Grand Conseil du canton du Valais (ci-après: la COGEST respectivement le Grand Conseil) s'est saisie de "l'affaire X." pour, en particulier, vérifier le bon fonctionnement des services étatiques, y compris celui du Conseil d'Etat, dans ce dossier. Sur demande de la COGEST du 27 janvier 2014, le Conseil d'Etat a, le 29 janvier 2014, délié des secrets fiscal et de fonction divers employés du Service cantonal et autorisé ce service à remettre à la COGEST, pour consultation, l'ensemble des pièces du dossier fiscal de l'affaire de même qu'un résumé chronologique. L'extrait du procès-verbal de la séance du Conseil d'Etat du 29 janvier 2014 a la teneur suivante: "Vu (...), le Conseil d'Etat décide: 1. de remettre à la COGEST un résumé chronologique du dossier; 2. de délier du secret de fonction et du secret fiscal les personnes suivantes afin d'être auditionnées par la COGEST dans le cadre de l'affaire X. (...); 3. d'autoriser le Service cantonal de[s] contributions à remettre à la COGEST, pour consultation, l'ensemble des pièces du dossier fiscal de l'affaire X. en sa possession; 4. sur demande de la COGEST et après décision du Conseil d'Etat, de délier du secret de fonction et du secret fiscal d'autres personnes concernées". Sur interpellation de B.X. et de X. SA le 18 avril 2014, qui indiquaient avoir entendu des "bruits" selon lesquels la COGEST avait eu accès à leur dossier fiscal et qui s'opposaient à toute levée du secret fiscal, le Conseil d'Etat a confirmé les faits susmentionnés par courrier du 30 avril 2014, en précisant qu'il s'était plié "aux exigences particulières liées à l'enquête décidée par la COGEST". BGE 141 I 172 S. 175 B. B.a Par lettre du 5 juin 2014, B.X. et X. SA se sont plaints de la violation de leur droit d'être entendus quant à la levée du secret fiscal accordée par le Conseil d'Etat et ont notamment sollicité une décision formelle à cet égard. Le Conseiller d'Etat en charge du dossier s'est référé, le 30 juin 2014, à l'obligation du gouvernement de renseigner le Grand Conseil et à l'absence de voie de droit contre les décisions de commissions de haute surveillance. B.b Le 26 août 2014, A.X. et B.X. ainsi que X. SA ont saisi la Cour de droit public du Tribunal cantonal du canton du Valais (ci-après: le Tribunal cantonal) d'un recours pour déni de justice formel. Ils ont, en substance, conclu à ce qu'il soit ordonné au Conseil d'Etat de notifier aux recourants dans un délai de dix jours une décision (principalement de refus, subsidiairement définissant les limites de l'acceptation) de lever le secret fiscal concernant leurs dossiers fiscaux et d'intimer à la COGEST d'exclure de son rapport tous éléments se fondant sur les données couvertes par le secret fiscal; plus subsidiairement, de refuser la levée du secret fiscal; encore plus subsidiairement, de restreindre la levée du secret fiscal et l'accès aux dossiers fiscaux. Le Tribunal cantonal a déclaré manifestement irrecevable le recours formé pour déni de justice par arrêt du 3 octobre 2014. En substance, les juges cantonaux ont considéré que la levée du secret de fonction ordonnée par le Conseil d'Etat s'inscrivait dans la haute surveillance que le Grand Conseil exerçait sur l'administration cantonale. Comme cet acte interne se contentait de formaliser le processus de collaboration entre les pouvoirs, le Conseil d'Etat n'était pas compétent pour rendre une décision formelle attaquable au sens de la procédure administrative valaisanne. Quant au grief des recourants tiré de la garantie de l'accès au juge, le Tribunal cantonal a retenu que la réponse du Conseil d'Etat à la requête de la COGEST revêtait un caractère politique prépondérant et était sans incidence sur les droits des particuliers, de sorte qu'il n'appartenait pas audit tribunal de garantir cet accès. C. C.a A.X. et B.X., ainsi que X. SA ont saisi le Tribunal fédéral d'un recours en matière de droit public contre l'arrêt du Tribunal cantonal du 3 octobre 2014. Ils concluent, principalement, à l'annulation de l'arrêt précité et à ce qu'il soit ordonné au Conseil d'Etat de rendre une décision concernant la levée du secret fiscal dans le sens des BGE 141 I 172 S. 176 considérants; subsidiairement, ils demandent l'annulation dudit arrêt et le renvoi de la cause au Tribunal cantonal pour compléments et nouvelle décision dans le sens des considérants. (...) Le Tribunal fédéral rejette le recours dans la mesure où il est recevable. (extrait) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Les recourants font valoir, en substance, qu'en n'entrant pas en matière sur leur recours à l'encontre du refus par le Conseil d'Etat de rendre une décision attaquable, le Tribunal cantonal aurait arbitrairement appliqué le droit cantonal de procédure administrative, notamment ses clauses prévoyant l'irrecevabilité des recours administratifs devant cette juridiction, ainsi que violé leurs droits d'accès à un juge ( art. 29a Cst. ; cf. art. 86 LTF ) et d'être entendus ( art. 29 al. 2 Cst. ). 4.1 Les recourants se contentent d'invoquer la violation de leur droit d'être entendus aux côtés de nombreux autres griefs, sans pour autant exposer en quoi leur situation propre entrerait dans son champ de protection, ni sous quel angle spécifique il aurait été violé. Il sied donc de déclarer irrecevable ce grief ( art. 106 al. 2 LTF ). 4.2 Les griefs recevables des recourants commandent, d'une part, de vérifier si, tel que l'affirment les autorités cantonales, le Tribunal cantonal était justifié à interpréter la procédure administrative valaisanne comme l'empêchant de connaître du fond du litige qui a été porté devant lui (consid. 4.3 infra). D'autre part, il y a lieu d'examiner si le droit fédéral tolère qu'un canton exclue la compétence de ses tribunaux dans le domaine de la haute surveillance parlementaire (consid. 4.4 infra). 4.3 S'agissant de l'interprétation du droit cantonal par les précédents juges, question que le Tribunal fédéral ne contrôle pas librement mais uniquement sous l'angle des droits constitutionnels et dans la limite des griefs invoqués ( art. 106 al. 2 LTF ; ATF 138 I 232 consid. 3 p. 237; ATF 133 III 462 consid. 2.3 p. 466), les recourants se plaignent en particulier d'une violation des art. 14 al. 1, 74, 75 let . d et 77 bis de la loi valaisanne du 6 octobre 1976 sur la procédure et la juridiction administratives (RS/VS 172.6; ci-après: LPJA/VS), qui disposent: art. 14 al. 1 LPJA/VS: "Lorsque la partie s'adresse en temps utile à une autorité incompétente, le délai est réputé observé". BGE 141 I 172 S. 177 art. 74 LPJA/VS: "Le recours de droit administratif n'est pas recevable lorsque l'affaire relève de la compétence du Grand Conseil, de la Cour des assurances sociales ou lorsqu'il existe une autre voie de droit ordinaire". art. 75 let . d LPJA/VS: "Le recours de droit administratif n'est pas recevable: (...) contre les décisions relatives à l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale". art. 77 bis LPJA/VS: "Dans les causes visées aux articles 75 et 76, le recours de droit administratif est néanmoins recevable lorsque le droit fédéral exige qu'un tribunal supérieur statue comme autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral". 4.3.1 Appelé à revoir l'interprétation d'une norme sous l'angle restreint de l'arbitraire , le Tribunal fédéral ne s'écarte de la solution retenue par l'autorité précédente que si elle apparaît insoutenable, en contradiction manifeste avec la situation effective, adoptée sans motifs objectifs et en violation d'un droit certain ( ATF 137 I 1 consid. 2.4 p. 5; arrêt 8C_1077/2009 du 17 décembre 2010 consid. 5.3). Il appartient au recourant de l'exposer et de le démontrer de manière claire et circonstanciée (cf. ATF 136 II 101 consid. 3 p. 104 s.; arrêt 8C_395/2014 du 19 mai 2015 consid. 6.2). 4.3.2 Est irrecevable le grief concernant l'application arbitraire de l'art. 14 al. 1 LPJA/VS, dont les recourants ne démontrent pas, du moins de façon suffisamment motivée ( art. 106 al. 2 LTF ), en quoi il serait pertinent pour la résolution du cas d'espèce. L'analyse de l'art. 77 bis LPJA/VS, également invoqué sous l'angle de l'arbitraire, se recoupe en substance avec l'examen ultérieur de l' art. 29a Cst. (cf. ATF 137 I 167 consid. 3.7 p. 176). 4.3.3 L' art. 75 let . d LPJA/VS exclut expressément la compétence du Tribunal cantonal pour connaître des décisions "relatives à l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale". Quant à l'art. 74 LPJA/VS, il soustrait au contrôle judiciaire les affaires qui relèvent "de la compétence du Grand Conseil". Etant donné que l'exercice de la haute surveillance sur l'administration cantonale est une prérogative du Grand Conseil (cf. art. 40 al. 1 et 2 de la Constitution du canton du Valais du 8 mars 1907 [Cst./VS; RS 131.232]), il n'était pas arbitraire pour le Tribunal cantonal de considérer que la haute surveillance cantonale pouvait aussi être appréhendée par l'art. 74 LPJA/VS. Encore faut-il que le présent litige évolue effectivement dans un contexte de haute surveillance parlementaire, visé par les clauses d'exclusion cantonales susmentionnées (consid. 4.3.5 infra), ce qui nécessite, dans un premier temps, de définir la notion de "haute surveillance parlementaire" (consid. 4.3.4 infra). BGE 141 I 172 S. 178 4.3.4 La haute surveillance parlementaire sur l'activité gouvernementale consiste essentiellement à vérifier que le pouvoir exécutif et l'administration agissent conformément au droit, qu'ils se servent à cette fin de moyens rationnels, appropriés, efficaces, économiques, qu'ils font un bon usage de leur pouvoir d'appréciation et que ces tâches produisent des résultats satisfaisants du point de vue politique (cf. MARTIN ALBRECHT, Die parlamentarische Oberaufsicht im neuen Parlamentsgesetz, LeGes 2/2003 p. 31 ss, 32; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, La haute surveillance de l'Assemblée fédérale sur le Conseil fédéral et sur l'Administration fédérale, in Staats- und verwaltungsrechtliches Kolloquium, 14.-16. April 1986 in Interlaken, 1986, p. 113 ss, 115; BERNHARD HEUSLER, Parlamentarische Oberaufsicht und Kontrolle im Bund [ci-après: Parlamentarische Oberaufsicht], L'expert-comptable suisse 11/1993 p. 813 ss, 814 s.; pour une analyse théorique de l'institution de la haute surveillance:BERNHARD HEUSLER, Oberaufsicht und Kontrolle im schweizerischen Verfassungsrecht, 1993; MÜLLER/VOGEL, Oberaufsicht der Bundesversammlung über verselbständigte Träger von Bundesaufgaben, ZBl 111/2010 p. 649 ss, 650; NIKLAUS OBERHOLZER, Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus strafprozessualer Sicht, avis de droit du 5 juin 2008 ch. 1.51 p. 5, consultable sur le site www.parlament.ch/d/organe-mitglieder/kommissionen/aufsichtskommissionen/geschaeftspruefungskommissionen/Seiten/grundlagendokumente.aspx ). Le contrôle parlementaire de l'administration incite les organes contrôlés à exposer publiquement les motifs de leur action en la rendant compréhensible et transparente, en justifiant les mesures prises ou le fait de s'abstenir d'en prendre, et en assumant la responsabilité politique en cas de dysfonctionnements (cf. MASTRONARDI/SCHINDLER/LOUIS, in Die schweizerische Bundesverfassung - St. Galler Kommentar, 3 e éd. 2014, n° 3 ad art. 169 Cst. p. 2751 s.; ALEXANDER RUCH, Die parlamentarische Kontrolle der mittelbaren Verwaltung im Bund, ZBl 93/1992 p. 241 ss, 244; ULRICH ZIMMERLI, Le contrôle parlementaire, in Surveillance et contrôles de l'administration, Bellanger/Tanquerel [éd.], 2008, p. 111 ss, 112). Lesinstruments et sanctions dont dispose le parlement lorsqu'il constate des irrégularités dans l'administration de l'Etat sont en principe également de nature exclusivement politique. En partant d'actes ou d'omissions spécifiques de l'administration, l'organe de haute surveillance formule des critiques, recommandations ou projets budgétaires ou de réforme BGE 141 I 172 S. 179 législative ayant pour unique objet l'amélioration de la gestion à l'avenir. Le parlement ne peut en revanche se substituer aux organes surveillés, leur donner des directives concrètes, ni casser ou modifier leurs décisions (cf. art. 130 bis al. 3 de la loi valaisanne du 28 mars 1996 sur l'organisation des Conseils et les rapports entre les pouvoirs [RS/VS 171.1; ci-après: LOCRP/VS];ALBRECHT, op. cit., p. 32; AUBERT, op. cit., p. 117; HEUSLER, Parlamentarische Oberaufsicht, op. cit., p. 816 s.; HEINRICH KOLLER, Verhältnis der Aufsicht zur Oberaufsicht im Verwaltungsrecht, in Annuaire svvor/asdpo 2010, p. 35 ss, 38 s.; MASTRONARDI/SCHINDLER/LOUIS, op. cit., n° 6 p. 2752 et n° 50 p. 2763 ad art. 169 Cst. ; voir aussi HANSJÖRG SEILER, Praktische Fragen der parlamentarischen Oberaufsicht über die Justiz, ZBl 101/2000 p. 281 ss, 287). L'exercice de la haute surveillance parlementaire se limite par ailleurs à identifier la responsabilité collective de l'exécutif, voire d'une unité administrative par rapport aux éventuels dysfonctionnements de l'Etat; cette activité ne consiste donc pas à rechercher des chefs fondant la responsabilité de l'Etat ou encore la responsabilité civile, pénale ou administrative des individus qui se seraient trouvés à l'origine des comportements inadéquats ou irréguliers constatés (cf. EROL BARUH, Les commissions d'enquête parlementaires, 2007, n. 466 p. 183; THOMAS SÄGESSER, Oberaufsicht der Bundesversammlung, RSJ 109/2013 p. 125 ss, 132 et 134 s.). 4.3.5 In casu, la levée du secret fiscal par le Conseil d'Etat, autorité compétente pour ce faire (art. 135 al. 1 LOCRP/VS), est intervenue dans un contexte spécifique, à savoir en réponse à la demande de la COGEST. Celle-ci souhaitait prendre connaissance du dossier fiscal des recourants dans le but d'évaluer l'adéquation du comportement de l'administration et du Conseil d'Etat en "l'affaire X.", activité qui tombe en principe sous la notion de "haute surveillance" exercée par le parlement sur le pouvoir exécutif. S'ajoute à cela que, dans le canton du Valais, la commission parlementaire susmentionnée (cf., pour la répartition de ses sièges entre les groupes politiques, art. 18 al. 3 LOCRP/VS) est, précisément, chargée d'exercer la haute surveillance sur la gestion du Conseil d'Etat (art. 130 bis LOCRP/VS). Il s'ensuit que l'on ne saurait reprocher aux juges cantonaux d'avoir retenu arbitrairement que la levée du secret litigieuse décrétée par le gouvernement cantonal à la demande de la COGEST intervenait dans le contexte de la haute surveillance parlementaire et était, en application du droit de procédure valaisan, soustrait à tout contrôle judiciaire sur le plan cantonal. BGE 141 I 172 S. 180 4.4 Reste à déterminer si le refus par le Tribunal cantonal d'entrer en matière sur le recours cantonal, au motif que la cause ressortissait à la haute surveillance parlementaire, était conforme au droit fédéral, en particulier au droit d'accès au juge garanti par l' art. 29a Cst. 4.4.1 L' art. 29a Cst. donne à toute personne le droit à ce que sa cause (en allemand: "bei Rechtsstreitigkeiten"; en italien: "nelle controversie giuridiche"; en romanche: "en cas da dispitas giuridicas"), c'est-à-dire un différend juridique mettant en jeu des intérêts individuels dignes de protection, soit jugée par une autorité judiciaire (cf. ATF 137 II 409 consid. 4.2 p. 411; ATF 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s.; arrêts 2C_423/2012 du 9 décembre 2012 consid. 3.5, in Archives 81 p. 588; 2C_457/2011 du 26 octobre 2011 consid. 4.4). La Confédération et les cantons peuvent toutefois, par la loi, exclure l'accès au juge dans des cas exceptionnels. Cette norme étend le contrôle judiciaire à toutes les matières, y compris aux actes de l'administration, en établissant une garantie générale de l'accès au juge. Elle est concrétisée par l' art. 86 al. 2 LTF selon lequel les cantons doivent instituer des tribunaux supérieurs qui statuent comme autorité précédant immédiatement le Tribunal fédéral, sauf dans les cas où une autre loi fédérale prévoit qu'une décision d'une autre autorité judiciaire peut faire l'objet d'un recours devant le Tribunal fédéral (cf. ATF 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s. et les références et jurisprudences citées; arrêt 1C_531/2010 du 28 décembre 2011 consid. 2.5). D'après l' art. 86 al. 3 LTF , pour les décisions revêtant un caractère politique prépondérant , les cantons peuvent instituer, sans y être tenus, une autorité autre qu'un tribunal (cf. ATF 136 I 323 consid. 4.2 p. 328; arrêts 1C_459/2011 du 4 septembre 2013 consid. 4.1.3; 1C_240/2013 du 22 avril 2013 consid. 1.2). La notion juridique de "décision revêtant un caractère politique prépondérant" est en elle-même indéterminée. Dérogeant à la garantie constitutionnelle de l'accès au juge (art. 29a, 2 e phrase, Cst.; cf. ATF 136 I 323 consid. 4.3 p. 328 s. et les références et jurisprudences citées; arrêt 1C_531/2010 du 28 décembre 2011 consid. 2.5), elle ne doit trouver application que si l'aspect politique prévaut sans discussion (cf. ATF 136 I 42 consid. 1.5 p. 45 ss). 4.4.2 A l'aune de la définition qui a été donnée précédemment de la haute surveillance parlementaire, force est de retenir que celle-ci revêt par nature des caractéristiques essentiellement politiques, au sens de l' art. 86 al. 3 LTF . Ceci est corroboré tant par l'objectif habituellement poursuivi par la haute surveillance que par l'implication directe des deux autorités politiques suprêmes du canton, à savoir le BGE 141 I 172 S. 181 parlement et le gouvernement, et par les instruments et éventuelles sanctions, politiques, qui accompagnent l'exercice de la surveillance. 4.5 Il s'ensuit que le canton du Valais était en droit d'exclure par la loi, comme il l'a fait, la possibilité de recourir devant les juridictions cantonales contre des actes qui, à l'instar du décret du Conseil d'Etat du 29 janvier 2014, présentaient un lien direct avec l'exercice de la haute surveillance parlementaire cantonale. L'arrêt attaqué n'a partant ni violé l'interdiction de l'arbitraire dans l'application du droit cantonal, ni la garantie de l'accès au juge, ni encore l' art. 86 LTF . 5. Invoquant le grief de l'interdiction du déni de justice formel ( art. 29 al. 1 Cst. ; cf., pour cette notion, ATF 135 I 6 consid. 2.1 p. 9; ATF 134 I 229 consid. 2.3 p. 232; arrêt 2C_601/2010 du 21 décembre 2010 consid. 2, in RF 66/2011 p. 620), les recourants se plaignent du refus par le Conseil d'Etat de rendre une décision relative à la mise à disposition de la COGEST de leurs dossiers fiscaux, au motif qu'il n'était pas nécessaire que l'acte par lequel le Conseil d'Etat avait autorisé certains fonctionnaires fiscaux à renseigner la COGEST prît la forme d'une décision. Dans ce contexte, les recourants se plaignent aussi de la violation matérielle dudit secret fiscal, en particulier sous l'angle des art. 39 al. 1 LHID (RS 642.14), 110 LIFD (RS 642.11) et 120 de la loi fiscale valaisanne du 10 mars 1976 (RS/VS 642.1; ci-après: LF/VS), qui garantissent l'obligation de garder le secret des personnes chargées de l'application de la législation fiscale sans pour autant instaurer un droit procédural à une décision ou l'accès au juge. Ils se prévalent en outre du grief tiré de l'infraction à l' art. 320 CP (RS 311.0), qui réprime pénalement la violation du secret de fonction, et du droit au respect de la sphère privée (art. 13 cum art. 36 Cst. ). Selon les intéressés, la levée du secret fiscal sans décision préalable conduirait les membres de la COGEST à divulguer librement leurs données fiscales, sans moyen de contrôle ni de sanction possible. 5.1 Dans la mesure où le Tribunal cantonal s'est, en principe à bon droit (consid. 4 supra; sous réserve d'un cas atypique de haute surveillance, cf. infra), déclaré incompétent pour traiter du recours interjeté devant lui, il peut paraître contradictoire qu'il ait néanmoins examiné au fond s'il incombait au Conseil d'Etat d'ordonner la levée du secret sous la forme d'une décision. Le constat de cette incompétence matérielle aurait pu, voire dû amener le Tribunal cantonal à transmettre d'office la cause au Tribunal fédéral en vue du traitement des griefs matériels soulevés (cf. art. 48 al. 3 LTF ; BGE 141 I 172 S. 182 ATF 140 III 636 consid. 3.2 p. 639; arrêt 2C_462/2014 du 24 novembre 2014 consid. 3.1). Quoi qu'il en soit, le Tribunal fédéral se trouvant désormais saisi de cette affaire, bien que sur recours contre l'arrêt rendu par les juges cantonaux, il vérifiera le point de savoir si la levée des secrets de fonction et fiscal par le Conseil d'Etat aurait dû, comme le prétendent les recourants, revêtir la forme d'une décision administrative. 5.2 En droit public, l'administré a en principe droit à ce que l'autorité compétente saisie se prononce lorsque, par rapport à la décision qu'il sollicite, il possède la légitimation active dans la procédure contentieuse et non contentieuse (cf., dans ce sens, THIERRY TANQUEREL, Manuel de droit administratif, 2011, n. 1407 p. 474 et n. 1484 p. 496; cf. aussi DUBEY/ZUFFEREY, Droit administratif général, 2014, n. 1947 p. 687). Dans son acception traditionnelle, la haute surveillance parlementaire sur l'administration n'a pas pour but ni pour effet de réglementer les rapports avec ou entre les justiciables, ce qui conduit en règle générale à la négation d'une telle légitimation et, par voie de conséquence, du droit à recevoir une décision dans ce domaine. Etant donné que les recourants soutiennent que la haute surveillance a été biaisée, il sied toutefois d'examiner la forme concrète qu'a prise la présente procédure de haute surveillance en "l'affaire X.". 5.3 Il ressort du courrier du 27 janvier 2014, par lequel la COGEST a requis la levée des secrets de fonction et fiscal des agents du Service cantonal à son égard, que cette commission parlementaire entendait concentrer "ses investigations uniquement sur les aspects institutionnels et administratifs et non pas sur les aspects juridiques et pénaux actuellement traités par l'autorité judiciaire". Quant au Rapport de la Commission de gestion du Grand Conseil de décembre 2014 sur le fonctionnement de l'Etat dans le cadre du dossier X. (ci-après: le Rapport de la COGEST, p. 5), il rappelle les objectifs que cette autorité s'est fixés dans "l'affaire X.", à savoir: "- vérifier le bon fonctionnement des services étatiques concernés par le dossier X.; - estimer la pertinence des réactions y relatives du Conseil d'Etat, dont le chef du DFI; - identifier les éventuels manquements d'employés d'Etat ou de membres du Gouvernement; - proposer les recommandations favorisant une gestion plus efficiente de telles situations". BGE 141 I 172 S. 183 5.3.1 D'après ces documents, la COGEST s'est donc saisie de "l'affaire X." dans la double perspective, d'une part, d'obtenir une vue d'ensemble de la problématique soulevée, aux fins de cerner et évaluer au mieux le rôle joué par l'administration et le Conseil d'Etat et, d'autre part, d'enquêter sur d'éventuels dysfonctionnements administratifs en lien avec cette affaire, notamment s'agissant de l'implication et de conflits d'intérêts potentiels du chef du Département des finances et des institutions dans ce dossier ou s'agissant de manquements éventuels imputables à d'autres agents et organismes de l'Etat, dont le Service cantonal. 5.3.2 En tant que l'enquête ciblait le (bon) fonctionnement de l'administration en général, voire cherchait à identifier des manquements de services de l'administration cantonale pris dans leur ensemble, en leur qualité d'institutions étatiques, elle concernait des tâches à prépondérance politique qui sont traditionnellement associées à l'exercice de la haute surveillance (cf. RUCH, op. cit., p. 244 s.). En d'autres termes, ce volet de l'activité de la COGEST n'examine "l'affaire X." qu'en tant qu'elle illustre d'éventuels dysfonctionnements de l'administration cantonale susceptibles de se reproduire. Dans cette optique, la levée du secret de fonction en faveur de la COGEST, en accord avec le droit valaisan régissant le rapport entre les organes de l'Etat, était indispensable pour lui procurer la vue d'ensemble souhaitée. 5.3.3 En revanche, le volet de l'enquête parlementaire tendant à l'identification individuelle des agents de l'administration à l'origine d'éventuels manquements serait susceptible de déborder le cadre classique de la haute surveillance ainsi que les compétences particulières reconnues au Grand Conseil par les art. 74 et 75 LPJA/VS. Il ne peut donc être exclu qu'en leur qualité de personnes potentiellement mises en cause ou "concernées", les agents de l'administration devraient se voir conférer des droits procéduraux distincts (cf., s'agissant spécifiquement de la procédure d'enquête parlementaire, art. 133 bis LOCRP/VS par analogie). Toutefois, les recourants ne font pas partie du cercle des "employés d'Etat" ni des membres du Conseil d'Etat dont les actes ou omissions seraient, selon le Rapport de la COGEST, soumis à investigation. Sur ce point également, les recourants ne sont ainsi pas directement concernés par l'enquête (cf. BARUH, op. cit., n. 496 s. p. 193 s.; ZIMMERLI, op. cit., p. 142; s'agissant d'enquêtes administratives, ATF 129 I 249 consid. 2 p. 252 [admission cependant quant à l'intérêt à pouvoir consulter le dossier d'enquête]; arrêt 1A.137/2004 du 25 juin 2004 consid. 1). BGE 141 I 172 S. 184 5.3.4 De surcroît, aucun élément constaté par le Tribunal cantonal ne permet de retenir que l'enquête parlementaire considérée aurait été mise en oeuvre à des fins déguisées ou étrangères à son objectif primordial, notamment qu'elle pût déboucher, par le biais du Rapport de la COGEST, sur une "mise au pilori" institutionnelle des recourants (cf., à ce titre, BARUH, op. cit., n. 465 p. 182 et n. 611 ss p. 241 s.; voir arrêt 1P.274/1990 du 23 août 1991 consid. 1 et 2; cf., s'agissant de la notion de "naming and shaming", arrêts 2C_71/2011 du 26 janvier 2012 consid. 5.3.1; 2C_30/2011 du 12 janvier 2012 consid. 5.2.1; 2C_929/2010 du 13 avril 2011 consid. 5.2.1). Les recourants ne rendent pas non plus vraisemblable et ne peuvent s'appuyer sur aucun élément pour défendre la thèse que la COGEST entendait utiliser les informations relatives à leur situation fiscale à leur détriment, soit en dépassement des tâches traditionnelles attribuées à la haute surveillance. Une telle hypothèse - atypique pour les activités liées à la haute surveillance -, à supposer que les recourants l'eussent démontrée, aurait affecté leurs droits fondamentaux, notamment leur droit à la protection de la sphère privée. 5.3.5 Or, ce n'est que dans les cas exorbitants ou "détournés" susmentionnés que des tiers pourraient être considérés comme des "personnes concernées" et seraient légitimés à faire appel à un juge pour qu'il procède, en particulier, à une pesée des intérêts entre celui de l'Etat à la divulgation et/ou utilisation des informations litigieuses et la protection de la sphère privée (voir, à ce sujet, GIOVANNI BIAGGINI, Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte im Bereich der Strafverfolgung aus verfassungsmässiger Sicht, avis de droit du 5 juin 2008, p. 15, 22, 24 et 32 s.; le même , Möglichkeiten und Grenzen parlamentarischer Oberaufsicht im Bereich des Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorats [ENSI], avis de droit du 26 août 2013, p. 24, textes consultables sur le site www.parlament.ch/f/organe-mitglieder/kommissionen/aufsichtskommissionen/geschaeftspruefungskommissionen/Pages/grundlagendokumente.aspx ). 5.3.6 Par ailleurs, en tant que les recourants semblent spécifiquement déduire leur légitimation à agir et, partant, un droit de recevoir une décision concernant la levée de leur secret fiscal en invoquant la violation matérielle dudit secret fiscal, leur argument tombe à faux. D'après la jurisprudence, lorsque des devoirs de révélation, de dénonciation ou d'annonce sont prévus par la loi, les fonctionnaires ou BGE 141 I 172 S. 185 membres d'une autorité ne sont pas tenus d'obtenir au préalable l'autorisation de la part de leur autorité supérieure afin de pouvoir divulguer l'information considérée; ils ne violent partant pas leur secret de fonction ( art. 320 CP ) en y procédant (cf. ATF 140 IV 177 consid. 3.3 p. 180; voir déjà ATF 114 IV 44 consid. 3b p. 48; OBERHOLZER, op. cit., ch. 1.4 p. 4). Cette jurisprudence est transposable, mutatis mutandis, au cas d'espèce. En effet, une autorité de haute surveillance parlementaire, la COGEST, a requis des autorités exécutives et administratives surveillées, dans l'optique d'en vérifier le fonctionnement correct sur fond de "l'affaire X.", que celles-ci lui remettent les documents fiscaux concernant ladite affaire. Or, le droit de demander la remise de telles informations découle d'une base légale formelle, notamment des attributions qui sont reconnues aux commissions de haute surveillance parlementaire à l'art. 130 let. a LOCRP/VS, en contrepartie desquelles les députés et membres de commissions sont du reste tenus au secret de fonction, au sens de l'art. 134 LOCRP/VS. Sous réserve des situations atypiques précitées (cf. consid. 5.3.3 ss supra), la divulgation, improprement dite, d'un secret, en l'occurrence du dossier fiscal des recourants, à la COGEST n'affectait dès lors pas les recourants dans leur droit au secret fiscal et ne saurait leur conférer de droit à obtenir une décision sur ce point de la part du Conseil d'Etat. 5.4 Par conséquent, en l'absence de lien suffisamment étroit entre la procédure de haute surveillance litigieuse et les recourants et à défaut de toute forme déguisée de haute surveillance affectant ces derniers, ils ne disposaient pas de la légitimation active pour exiger du Conseil d'Etat qu'il leur notifiât une décision administrative au sujet de la levée des secrets. Les griefs invoqués à ce titre doivent ainsi tous être écartés. 5.5 Au demeurant, on indiquera qu'en tant que les recourants seraient d'avis que la COGEST aurait conservé, traité, voire divulgué leurs données en violation de leur secret fiscal, notamment en outrepassant le cadre de sa mission politique, en faisant fi des précautions d'usage ou du principe de la proportionnalité, ils disposeraient de divers moyens civils, pénaux et administratifs pour faire contrôler et, le cas échéant, sanctionner une telle atteinte. 5.6 Dans ces circonstances, le recours doit être rejeté, dans la mesure où il est recevable.
public_law
nan
fr
2,015
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6f4de625-4e88-4ad9-b58c-cfc7b51740f6
Urteilskopf 101 Ia 392 65. Urteil vom 5. November 1975 i.S. Einwohnergemeinde Hünenberg gegen Regierungsrat des Kantons Zug
Regeste Gemeindeautonomie, Art. 4 und 49 BV ; Friedhofreglement. 1. Befugnis der Gemeindeexekutive zur Beschwerdeführung (E. 1). 2. Zu Unrecht verweigerte Genehmigung des autonomen Gemeinderechts? Kognition des Bundesgerichts (E. 2a). 3. Die Regelung, dass auf einem Friedhof als Grabmäler nur Kreuze zulässig sind, verletzt die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Eine solche Regelung hält vor diesem Grundrecht auch dann nicht stand, wenn durch eine Ausnahmebewilligung die Verwendung eines anderen Grabzeichens gestattet werden kann (E. 3b). 4. Verbot von Grabmälern aus Stein; Vereinbarkeit mit Art. 4 BV (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 393 BGE 101 Ia 392 S. 393 Die Einwohnergemeinde Hünenberg/ZG erliess ein Bestattungs- und Friedhofreglement (im folgenden: Reglement). Dessen § 30 lautet: "Als Grabmäler sind Kreuze aus Eisen, Guss, Bronze, Holz und Kupfer zugelassen." Der Regierungsrat des Kantons Zug verweigerte dieser Bestimmung die Genehmigung, weil sie gegen Art. 4 sowie gegen die Art. 49 und 50 BV verstosse. Die Gemeinde Hünenberg erhebt gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde und rügt eine Verletzung ihrer Autonomie. Sie macht geltend, dass der - neu anzulegende - Friedhof in einer Waldecke liege und mit zahlreichen Bäumen bepflanzt werden solle. Im Endausbau werde der Friedhof ausserordentlich dicht belegt sein. Wenn eine Gemeinde in einem solchen Friedhof gewisse Werkstoffe ausschliessen wolle, um eine feingliedrige und geschlossene Gestaltung zu erreichen, so stütze sie sich auf ernsthafte und sachliche Gründe, verletze mithin Art. 4 BV nicht. Die Gemeinde sei sodann bereit, neben besonderen künstlerischen und ästhetischen Überlegungen auch aus religiösen BGE 101 Ia 392 S. 394 Gründen Ausnahmen von den Gestaltungsvorschriften für die Grabmäler zu erteilen. Sie halte aber daran fest, dass im Normalfall ein Kreuz als Grabzeichen zu errichten sei, da mehr als 98% der Gemeindeeinwohner christlichen Glaubens seien. Der Regierungsrat des Kantons Zug beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Er macht geltend, der Einwohnerrat der Gemeinde Hünenberg habe die staatsrechtliche Beschwerde ohne die erforderliche Vollmacht der Gemeindeversammlung eingereicht. In der Sache selbst ist der Regierungsrat der Auffassung, dass das Bundesgericht den angefochtenen Entscheid nur daraufhin überprüfen könne, ob die Genehmigung von § 30 des Reglements Willkürlich verweigert worden sei. Von Willkür könne indessen keine Rede sein. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die kommunale Exekutive befugt, für die Gemeinde staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung ihrer Autonomie zu führen. Von Bundesrechts wegen ist dazu keine Zustimmung der Gemeindelegislative erforderlich. Den Kantonen ist es jedoch nicht verwehrt, diese Befugnis der Gemeindeexekutive von einer ausdrücklichen Ermächtigung der Gemeindelegislative abhängig zu machen. Eine derartige kantonale Regelung schränkt das Recht der Gemeinde, wegen Verletzung ihrer Autonomie Beschwerde zu führen, nicht in einer mit dem Bundesrecht unvereinbaren Weise ein, sofern wenigstens die Befugnis der Gemeindeexekutive gewahrt wird, fristgerecht Beschwerde einzureichen, wenn die Zustimmung der Gemeindelegislative nicht rechtzeitig eingeholt werden kann ( BGE 91 I 41 E. 1, BGE 100 Ia 91 E. 1c). Der Regierungsrat des Kantons Zug ist der Auffassung, die Einreichung einer Autonomiebeschwerde sei eine "Anhebung von Rechtshändeln" im Sinne von § 23 lit. d des Gesetzes vom 20. November 1876 betreffend das Gemeindewesen (GemeindeG) und der Einwohnerrat benötige dazu eine Ermächtigung der Gemeindeversammlung. Gegen eine solche Auslegung lässt sich mit einer gewissen Berechtigung vorbringen, der Gesetzgeber habe mit jener Vorschrift wohl in erster Linie Streitigkeiten erfassen wollen, die auf dem Wege BGE 101 Ia 392 S. 395 des Zivilprozesses auszutragen sind und die ein erhebliches Kostenrisiko in sich bergen. Wie es sich damit verhält, kann im vorliegenden Fall indessen dahingestellt bleiben, da die Einwohnergemeindeversammlung von Hünenberg dem Einwohnerrat nachträglich mit 153 zu 75 Stimmen eine entsprechende Vollmacht erteilt hat. Auf die Beschwerde ist daher einzutreten. 2. a) Eine Gemeinde ist nach der neueren, in BGE 93 I 154 ff. und 427 ff. begründeten Rechtsprechung in einem bestimmten Sachbereich autonom, wenn sie in diesem Bereich zur Rechtsetzung ermächtigt ist und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit zusteht. Ob dies im Einzelfall zutrifft, prüft das Bundesgericht nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür, wenn es um die Anwendung von kantonalem Gesetzesrecht geht; das Bundesgericht prüft diese Frage hingegen frei, soweit hierbei kantonales Verfassungsrecht auszulegen ist. Die gleiche Regelung der Kognition gilt bei der Beurteilung der Frage, ob die kantonale Behörde die Genehmigung des autonomen Gemeinderechts zu Unrecht verweigert und dadurch die Gemeindeautonomie verletzt hat. Soweit kantonales Gesetzesrecht in Frage steht, überprüft das Bundesgericht dessen Auslegung durch die kantonalen Behörden nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür. Soweit es jedoch um die Anwendung von - kantonalem oder eidgenössischem - Verfassungsrecht geht, überprüft das Bundesgericht den Entscheid der kantonalen Behörde mit freier Kognition. Es auferlegt sich allerdings Zurückhaltung, wenn die Entscheidung von der Würdigung örtlicher Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, oder wenn sich typische Ermessensfragen stellen (vgl. statt vieler BGE 94 I 134 E. 7, bes. 135). Für Autonomiebeschwerden gilt nichts anderes, als wenn die Beschwerde eines Privaten zu beurteilen wäre. b) Die Verfassung des Kantons Zug (KV) anerkennt in § 24 Abs. 1 den Bestand von elf politischen Gemeinden und regelt in den § 70 - 76 die Grundzüge deren Organisation. § 11 Abs. 1 KV garantiert die Unverletzlichkeit des Eigentums der Gemeinden. Ferner ist ihnen die Verwaltung ihres Vermögens und die rechtmässige Verfügung über dessen Ertrag gewährleistet. Eine nähere Umschreibung der Autonomie der Gemeinden enthält die Kantonsverfassung nicht. § 76 Abs. 2 KV setzt BGE 101 Ia 392 S. 396 vielmehr fest, dass die nähere Organisation der Gemeinden und deren Befugnisse durch das Gesetz bestimmt werden. - § 48 Abs. 1 des zugerischen Gesetzes vom 21. Mai 1970 über das Gesundheitswesen bestimmt, dass das Friedhofs- und Bestattungswesen Sache der Einwohnergemeinde ist. Nach § 28 Abs. 2 des Gesetzes unterliegen die Erstellung und die Erweiterung der Friedhöfe sowie die gemeindlichen Begräbnisreglemente jedoch der Genehmigung des Regierungsrates. - Im vorliegenden Falle ist unbestritten, dass der beschwerdeführenden Gemeinde im Bereich des Friedhofwesens eine erhebliche Entscheidungsfreiheit zukommt und dass sie auf diesem Gebiet demnach autonom ist. § 23 Abs. 2 GemeindeG bestimmt, dass die von der Einwohnergemeindeversammlung beschlossenen Reglemente dem Regierungsrat zur Genehmigung zu unterbreiten sind. Ob dem Regierungsrat dabei lediglich eine Rechtskontrolle zusteht oder ob er auch die Angemessenheit eines Gemeindereglementes überprüfen kann, ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Bei Beschwerden gegen Erlasse, Verfügungen und Beschlüsse der Gemeindeversammlungen und Gemeinderäte gilt nach § 2 des Gesetzes vom 25. April 1949 über das Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat, dass "alle Mängel des Verfahrens und des vorinstanzlichen Entscheides" angefochten werden können. Aus dieser Bestimmung ist seit jeher abgeleitet worden, dass der Regierungsrat im Beschwerdeverfahren auch Ermessensfragen überprüfen könne (ZUMBACH, Das Zugerische Gesetz über das Beschwerdeverfahren vor dem Regierungsrat, ZBl 50/1949, S. 487). Aus dieser Regelung lässt sich ohne Willkür folgern, dass der Regierungsrat ein Gemeindereglement auch auf seine Angemessenheit hin überprüfen könne, wenn er es nicht in einem Beschwerde- sondern im Genehmigungsverfahren zu beurteilen hat. Obwohl der Regierungsrat des Kantons Zug grundsätzlich das Recht zur Ermessensüberprüfung in Anspruch nimmt, hat er im vorliegenden Fall erklärt, die strittige Bestimmung nicht genehmigt zu haben, weil sie seiner Ansicht nach die Bundesverfassung verletze. Sollte sich daher ergeben, dass § 30 des Reglements vor Art. 4 sowie den Art. 49 und 50 BV standhält, so müsste der angefochtene Entscheid aufgehoben und eine Autonomieverletzung bejaht werden. Das Bundesgericht hätte nicht zu untersuchen, ob der Regierungsrat ohne Autonomieverletzung BGE 101 Ia 392 S. 397 wegen blosser Unangemessenheit die Genehmigung des Gemeindereglementes hätte verweigern können. 3. a) § 30 des Reglements trifft eine doppelte Anordnung; einerseits wird bestimmt, dass als Grabmäler Kreuze zu errichten sind; anderseits wird Stein als Werkstoff für die Grabkreuze ausgeschlossen und stattdessen die Verwendung von "Eisen, Guss, Bronze, Holz oder Kupfer" vorgeschrieben. Vorerst ist zu prüfen, ob § 30 des Reglements insofern gegen die Art. 49 und 50 BV verstosse, als die Errichtung von Kreuzen als Grabzeichen vorgeschrieben wird. Von der Antwort auf diese Frage hängt in wesentlichem Masse die Entscheidung darüber ab, ob ohne Verletzung von Art. 4 BV Stein als Werkstoff für die Errichtung der Grabmäler ausgeschlossen werden kann. b) Art. 49 Abs. 1 BV gewährleistet die Unverletzlichkeit der Glaubens- und Gewissensfreiheit. In Art. 49 Abs. 2 BV wird diese Verbürgung näher ausgeführt und bestimmt, dass niemand zur Teilnahme an einer Religionsgenossenschaft oder an einer religiösen Handlung gezwungen, noch wegen Glaubensansichten mit Strafen irgendwelcher Art belegt werden darf. Damit wird dem Staat untersagt, jemanden zu einem Verhalten oder zu einer Äusserung zu zwingen oder zu verpflichten, die Ausdruck einer religiösen Überzeugung sind. Die Art. 49 Abs. 1 und 2 BV entziehen einen innersten Bereich geistiger Freiheit jeder staatlichen Disposition. Der in diesem Bereich gewährleistete grundrechtliche Schutz gilt absolut und schliesst die Verpflichtung zu einem Verhalten, das Ausdruck einer religiösen Überzeugung ist, selbst dann aus, wenn durch eine Ausnahmebewilligung von dieser Verpflichtung entbunden werden kann. Das Kreuz versinnbildlicht nicht einzig christliche oder religiöse Gehalte, aber es stellt doch in seiner allgemeinen und vorrangigen Bedeutung einen symbolischen Inbegriff des christlichen Glaubens dar. Diese mit dem Tode Christi verbundene Bedeutung gelangt in besonderem Masse zum Ausdruck, wenn das Kreuz - wie im vorliegenden Falle vorgesehen ist - als Grabzeichen Verwendung finden soll. Die Verpflichtung zu einer solchen Verwendung des Kreuzes verletzt demnach die Garantie der Glaubens- und Gewissensfreiheit. Nach dem Gesagten kann ohne Verstoss gegen dieses Grundrecht auch nicht vorgeschrieben werden, dass das Kreuz als BGE 101 Ia 392 S. 398 Grabzeichen "wenigstens im Normalfall" Verwendung finden soll und dass Ausnahmen von einer Bewilligung abhängig sind. Dies gilt selbst dann, wenn die grosse Mehrheit der Bevölkerung einer Gemeinde christlichen Glaubens ist. Das Kreuz kann daher nur dort das "normale" Grabzeichen darstellen, wo es von der Mehrheit der Bevölkerung aus freiem Entschluss gewählt wird. Der Regierungsrat des Kantons Zug hat demnach zu Recht erkannt, dass § 30 des Reglements gegen die Glaubens- und Gewissensfreiheit verstosse und er hat die Autonomie der Gemeinde Hünenberg insoweit nicht verletzt. 4. a) § 30 des Reglements sieht weiter vor, dass als Grabzeichen nur Kreuze aus "Eisen, Guss, Bronze, Holz und Kupfer" zugelassen sind. Damit wird die Verwendung von Stein als Werkstoff ausgeschlossen. Vorbehalten sind Ausnahmen, die gestützt auf § 35 des Reglements gemacht werden können, wenn "besondere künstlerische oder ästhetische Gründe dies rechtfertigen und dadurch weder die unmittelbare Umgebung des betreffenden Grabes noch die ruhige Wirkung des gesamten Friedhofbildes beeinträchtigt werden". Die Gemeinde Hünenberg sucht mit diesen Vorschriften eine feingliedrige und harmonische Gestaltung der Grabmäler zu erreichen, die dem besonderen Charakter des Waldfriedhofes dadurch Rechnung trägt, dass die Struktur des Geästes der Bäume in der Formgebung der Grabzeichen seine Entsprechung findet. Dieses künstlerische Konzept, das in Zusammenarbeit mit Gartenarchitekten und Bildhauern erarbeitet worden ist, müsste nach der Auffassung der Gemeinde Hünenberg durch die unvermeidlich massiveren Steingrabmäler, die bei der dichten Belegung des Friedhofes überdies zu eigentlichen Steinmauern führten, zerstört werden. b) Gemäss Art. 53 Abs. 2 BV steht die Verfügung über die Begräbnisplätze den bürgerlichen Behörden zu. Daraus folgt einerseits, dass die Verfügung mit Einschluss der Rechtsetzung nicht kirchlichen Behörden überlassen werden darf, und anderseits, dass die Kantone und politischen Gemeinden Vorschriften über die Benutzung der Friedhöfe erlassen dürfen. Diese Vorschriften haben sich nicht auf die Wahrung der Ordnung und der öffentlichen Gesundheit zu beschränken, sondern können auch dem Zweck dienen, den Friedhöfen ein würdiges und harmonisches Aussehen zu geben und zu erhalten. BGE 101 Ia 392 S. 399 Dazu gehört, wie das Bundesgericht von jeher entschieden hat, auch die ästhetische Gestaltung der Friedhöfe ( BGE 96 I 107 f., mit Hinweisen). So kann die Bewilligung dafür verweigert werden, auf einem Familiengrab eine künstlerisch mangelhafte Tierplastik aufzustellen ( BGE 96 I 108 E. 3). In BGE 48 I 253 ff. hielt das Bundesgericht dafür, dass eine Gemeinde Grabmäler aus Blech, die Holz- oder Steindenkmäler imitierten, als unzulässig bezeichnen könne. Die Gemeinden dürfen anderseits nicht schlechthin Kreuze verbieten, die nicht aus einem Stück gehauen, sondern aus einer Mehrzahl von Teilen zusammengesetzt sind ( BGE 82 I 220 E. 3). Als unhaltbar ist sodann eine Vorschrift erkannt worden, die den in der nächsten Umgebung einer Gemeinde heimischen Jura-Kalkstein als Werkstoff für die Grabmäler ausschloss, stattdessen aber sämtliche Natursandsteine sowie Holz und geschmiedetes Metall als zulässig erklärte (ZBl 73/1972 S. 201). Das in § 30 des Reglements enthaltene Verbot, Grabmäler aus Stein zu errichten, geht vom Gedanken aus, anhand verschiedener Kreuzformen die feingliedrige Struktur des Geästes der Bäume auf das Friedhofbild zu übertragen. Dieses Konzept lässt sich jedoch nicht realisieren, weil die Verwendung des Kreuzes als Grabmal ohne Verletzung der Glaubens- und Gewissensfreiheit nicht vorgeschrieben werden kann. Damit entfällt ohne weiteres auch die Grundlage für das Verbot, Stein als Werkstoff zu verwenden. § 30 des Reglementes würde sonst, ohne dass andere Grabmäler als Kreuze untersagt werden könnten, einen der Werkstoffe ausschliessen, der sich für ein Grabmal - wenn vom beschriebenen Gestaltungskonzept abgesehen wird - in besonderem Masse eignet und dessen Verwendung weitgehend der Tradition der zugerischen Bevölkerung entspricht. Ein solches Verbot wäre mit sachlichen Gründen schlechterdings nicht vertretbar. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, dass der Friedhof Eigentum der Gemeinde Hünenberg ist und auch die aus dem Eigentumsrecht fliessenden Befugnisse verfassungsrechtlich geschützt sind. Es ist davon auszugehen, dass der Friedhof eine kommunale Einrichtung ist und dass der Gemeinde die Befugnis zusteht, die Benutzung der Einrichtung zu regeln. Dazu ist im vorliegenden Fall auch die Kompetenz zu rechnen, Vorschriften über die ästhetische Gestaltung der BGE 101 Ia 392 S. 400 Grabmäler aufzustellen. Die Gemeinde ist beim Erlass solcher Vorschriften für ihre eigenen Anlagen freier, als wenn analoge Bestimmungen privates Grundeigentum betreffen würden ( BGE 96 I 108 ). Ihre Regelung darf aber nicht über den Zweck hinausgehen, dem der Friedhof dient, nämlich eine würdige und schlichte Ruhestätte für die Toten und ein Ort der Besinnung und des Gedenkens zu sein. Der vollständige Ausschluss von Grabmälern aus Stein ist dazu nicht notwendig und greift in schwerer Weise in die Gefühle derer ein, die ihren Verstorbenen ein Grabmal errichten möchten, wie es altem Herkommen entspricht. Der Regierungsrat des Kantons Zug konnte demnach aus Art. 4 BV ableiten, dass ein Grabsteinverbot unverhältnismässig sei; er hat daher mit seinem Beschluss die Autonomie der Gemeinde Hünenberg auch in dieser Hinsicht nicht verletzt. 5. Der Gemeinde ist es unbenommen, auf andere Weise als durch den Ausschluss des Werkstoffes Stein auf eine harmonische und dem Charakter des Waldes angepasste Gestaltung ihres Friedhofes hinzuwirken. Sie kann zu diesem Zweck ohne Verletzung von Art. 4 BV vorsehen, dass die Grabsteine gewisse, der Eigenart des Friedhofes angepasste Höchstmasse nicht überschreiten dürfen. Die Gemeinde kann sodann für die Gestaltung der Grabsteine die Verwendung gewisser einfacher Grundformen vorschreiben und unnatürlich wirkende Bearbeitungstechniken ausschliessen. Sie kann die Verwendung von Steinarten verlangen, die in der Gegend heimisch sind und sich daher gut in die natürliche Umgebung des Friedhofes einpassen. Art. 4 BV hindert die Gemeinde schliesslich auch nicht, ganz allgemein die Zulassung eines bestimmten Grabmales davon abhängig zu machen, dass es gewissen ästhetischen Anforderungen genügt und sich harmonisch in das Friedhofbild einfügt (vgl. BGE 96 I 104 ff.; ZBl 73/1972 S. 202). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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1,975
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6f4f4276-2867-4e1b-a363-efc892e77c5c
Urteilskopf 137 III 531 78. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. und Y. gegen Vormundschaftsbehörde Winterthur (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_582/2011 vom 3. November 2011
Regeste Beistandschaft; Wechsel des Beistands; Frist für die Erhebung des Rechtsmittels gegen den Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde in Vormundschaftssachen; zur Anwendbarkeit der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Entscheid der unteren Aufsichtsbehörde betreffend Wechsel des Beistands ist Art. 420 Abs. 2 ZGB entsprechend binnen zehn Tagen bei der oberen Aufsichtsbehörde anzufechten. Die in der ZPO vorgesehene Frist von dreissig Tagen ist nicht anwendbar (E. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 532 BGE 137 III 531 S. 532 X. ist gestützt auf Art. 392 Ziff. 1 und Art. 393 Ziff. 2 ZGB verbeiständet. Das Amt des Beistandes wird zurzeit von einer Mitarbeiterin der Vormundschaftsbehörde Winterthur ausgeübt. Die Vormundschaftsbehörde Winterthur wies das Gesuch von X. und Y. um Wechsel des Beistandes ab. Eine dagegen erhobene Beschwerde gestützt auf Art. 420 Abs. 2 ZGB von X. und Y. wies der Bezirksrat Winterthur (als untere Aufsichtsbehörde) ab, soweit er darauf eintrat. Er belehrte X. und Y. dahingehend, dass gegen seinen Beschluss innert 10 Tagen seit dessen Zustellung beim Obergericht des Kantons Zürich schriftlich Berufung erhoben werden könne. X. und Y. gelangten gegen diesen Beschluss an das Obergericht des Kantons Zürich mit den Begehren, statt der zehntägigen Berufungsfrist laut § 188 des Gesetzes vom 10. Mai 2010 über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess (GOG/ZH; LS 211.1) sei die dreissigtägige Frist gemäss Art. 311 ZPO (SR 272) für anwendbar zu erklären und der Bezirksrat Winterthur anzuweisen, einen neuen Beschluss mit der berichtigten Rechtsmittelbelehrung und einer neuen Fristansetzung zu erlassen. Das Obergericht wies die "Beschwerde" ab. X. und Y. haben gegen das obergerichtliche Urteil beim Bundesgericht Beschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.3 Entscheidend ist vielmehr, dass die Zivilprozessordnung lediglich auf Verfahren für gerichtliche Anordnungen der freiwilligen Gerichtsbarkeit anwendbar ist ( Art. 1 lit. b ZPO ). Sie gilt mit anderen Worten nicht für Verfahren, die - wie im konkreten Fall - in die Zuständigkeit einer kantonalen Verwaltungsbehörde (der Vormundschaftsbehörde) fallen (SUTTER-SOMM/KLINGLER, Kommentar zur schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2010, N. 6 zu Art. 1ZPO), wobei den Kantonen allerdings im Rahmen des Zivilgesetzbuches unbenommen bleibt, auch solche Verfahren der ZPO zu unterstellen (Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO]vom 28. Juni 2006, BBl 2006 7257 Ziff. 5.1). Das ab dem 1. Januar 2013 geltende Erwachsenenschutzrecht enthält in den Art. 443 bis BGE 137 III 531 S. 533 450e eigene Verfahrensvorschriften und erklärt in Art. 450f die Bestimmungen der Zivilprozessordnung "im Übrigen" für sinngemäss anwendbar, soweit die Kantone nichts anderes vorsehen. Sodann stellt das geltende schweizerische Zivilgesetzbuch ebenso Verfahrensnormen (wie z.B. Art. 420 ZGB ) auf, die bis zum 31. Dezember 2012 weiter gelten. Die Lehre geht davon aus, dass die Bestellung der Beistandschaft gemäss Art. 392 und 393 ZGB mit der Vormundschaftsbeschwerde ( Art. 420 ZGB ) angefochten werden kann (DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl. 2001, S. 422 Rz. 1127). Folgerichtig darf angenommen werden, dass auch die Weigerung der Vormundschaftsbehörde, dem beantragten Wechsel des Beistands zuzustimmen, mit diesem Rechtsmittel anzufechten ist. Mit Bezug auf den hier ausschliesslich strittigen Umfang der Rechtsmittelfrist sieht das Bundesrecht in Art. 420 Abs. 2 ZGB vor, dass gegen Beschlüsse der Vormundschaftsbehörde binnen zehn Tagen nach deren Mitteilung bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden kann. Die darin erwähnte zehntägige Frist ist nach herrschender Auffassung auch auf Beschwerden gegen Entscheide der unteren Aufsichtsbehörde anwendbar, sofern der Kanton gestützt auf Art. 361 Abs. 2 ZGB ein solches Rechtsmittel vorsieht (THOMAS GEISER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 4. Aufl. 2010, N. 38 zu Art. 420 ZGB ; ANDREAS SCHWARZ, Die Vormundschaftsbeschwerde Art. 420 ZGB , 1968, S. 111 f.). Gemäss Art. 75 des Einführungsgesetzes vom 2. April 1911 zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG zum ZGB; LS 230; nachfolgend: EGZGB/ZH) ist der Bezirksrat Aufsichtsbehörde erster Instanz; als Aufsichtsbehörde zweiter Instanz amtet die vom Regierungsrat bezeichnete Direktion (§ 44 Ziff. 9), wobei die Zuständigkeit des Obergerichts zur Behandlung von Rechtsmitteln ausdrücklich vorbehalten bleibt (§§ 50 und 187 ff. GOG/ZH). Gestützt auf diesen Vorbehalt entscheidet das Obergericht namentlich Rechtsmittel gegen familienrechtliche Entscheide des Bezirksrats in Familienrechtssachen gemäss den Art. 90-455 ZGB (§ 56b EGZGB/ZH; § 50 lit. a GOG/ZH).
null
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2,011
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6f531b89-5cda-4ee4-a8d6-a91f7a30ddfb
Urteilskopf 118 Ib 266 33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Januar 1992 i.S. X. AG gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde).
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen, Staatsvertrag zwischen der Schweiz und den USA über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen (RVUS). Im Rahmen des dem RVUS unterstellten Rechtshilfeverkehrs ist die Frage des Verjährungseintritts nicht zu prüfen.
Sachverhalt ab Seite 266 BGE 118 Ib 266 S. 266 Die amerikanische Zentralstelle "Office of International Affairs" (OIA) des US-Justizdepartements übermittelte am 7. Juni 1990 das von der "Securities and Exchange Commission" (SEC) abgefasste, vom 4. Juni 1990 datierte Rechtshilfeersuchen gegen unbekannte BGE 118 Ib 266 S. 267 Täterschaft betreffend Insidergeschäfte i.S. X. AG an die schweizerische Zentralstelle des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP). Das BAP trat gemäss Art. 10 BG-RVUS auf das Ersuchen ein und übermittelte es, unter Anordnung des Vollzugs, am 28. August 1990 an die Bezirksanwaltschaft Zürich. Das Ersuchen vom 4. Juni 1990 stützt sich auf frühere Begehren, welche im wesentlichen denselben Tatkomplex zum Gegenstand hatten. Die damals verlangte Rechtshilfe war gemäss BGE 113 Ib 72 ff. und 77 ff. grundsätzlich zu bewilligen, und in der Folge wurden die damaligen Begehren grösstenteils erledigt. Es kann hier auf die betreffenden Urteile verwiesen werden. Am 26. Dezember 1990 erliess die Bezirksanwaltschaft Zürich verschiedene Verfügungen, mit denen den Betroffenen einerseits die Anordnung des BAP betreffend die Zulässigkeit der Rechtshilfe und andererseits die kantonalen Vollzugshandlungen eröffnet wurden. Ein von der X. AG hiergegen erhobener Rekurs an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich blieb erfolglos. Sodann wies die Zentralstelle USA eine von der X. AG ebenfalls eingereichte Einsprache ab und bewilligte die verlangte Rechtshilfe mit Verfügung vom 23. April 1991. Mit Eingabe vom 23. Mai 1991 erhob die X. AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Dieses weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. b) bb) Nachdem sich die ursprünglichen Begehren der amerikanischen Behörden auf den Zeitraum von September 1979 bis Mai 1984 bezogen hatten, soll der verdächtige Handel laut dem vorliegenden Ergänzungsersuchen bis mindestens November 1988 gedauert haben. In Berücksichtigung einer absoluten Verjährungsfrist von 7 1/2 Jahren (Art. 162 und 321 in Verbindung mit Art. 70 und 72 StGB , Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG ) wäre somit entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin jedenfalls auf den vom Ergänzungsersuchen erfassten Zeitraum bezogen die absolute Strafverfolgungsverjährung kaum eingetreten. Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann indes aus den nachfolgenden Gründen offenbleiben. Wie die für die Schweiz gemäss der von ihr abgegebenen Erklärung anwendbare Bestimmung des Art. 5 Ziff. 1 lit. a EÜR (SR 0.351.1), so enthält auch die für Zwangsmassnahmen die beidseitige Strafbarkeit voraussetzende Bestimmung von Art. 4 RVUS BGE 118 Ib 266 S. 268 keinen Hinweis auf die Verjährung, während das IRSG Zwangsmassnahmen ausschliesst, wenn nach schweizerischem Recht die absolute Verjährung der Strafverfolgung oder -vollstreckung eingetreten ist ( Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG ); nach Art. 4 RVUS müssen für die Anordnung von Zwangsmassnahmen nur die objektiven Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, wozu die Frage der Verjährung klarerweise nicht gehört. Das Bundesgericht hat kürzlich entschieden, dass dem Verjährungseintritt im Rahmen des dem EÜR unterstellten Rechtshilfeverkehrs nicht Rechnung zu tragen ist ( BGE 117 Ib 53 ff.). Diese Lösung gelangt gemäss dem betreffenden Entscheid nur dann nicht zur Anwendung, wenn es um Rechtshilfemassnahmen geht, für die das IRSG selber massgebend ist, da eben wie erwähnt nach dessen Art. 5 Abs. 1 lit. c einem Ersuchen nicht entsprochen wird, soweit seine Ausführung Zwangsmassnahmen erfordert und die Strafverfolgung oder die Vollstreckung nach schweizerischem Recht wegen absoluter Verjährung ausgeschlossen wäre. Gleich wie mit Bezug auf das EÜR hat das Bundesgericht neulich in bezug auf Rechtshilfemassnahmen nach dem schweizerisch-deutschen Zusatzvertrag zum EÜR (SR 0.351.913.61) entschieden (nicht publ. Urteil vom 13. November 1991 i.S. B.). Gründe, weshalb hinsichtlich der nach dem RVUS abzuwickelnden Rechtshilfemassnahmen anders vorzugehen wäre, sind nicht ersichtlich. Aus denselben Überlegungen, wie sie den beiden soeben erwähnten Urteilen zugrundeliegen, drängt es sich auf, dem Verjährungseintritt auch im Rahmen des dem RVUS unterstellten Rechtshilfeverkehrs nicht Rechnung zu tragen (im Ergebnis übereinstimmend übrigens schon nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom 22. November 1983 i.S. M. L.); es kann dabei auf die einlässlichen Ausführungen in BGE 117 Ib 58 ff. verwiesen werden. Zwar versucht die Beschwerdeführerin, das BAP darauf zu "behaften", dass es in der Zwischenverfügung vom 22. Februar 1991 Verjährung gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. c IRSG vorgesehen habe. Tatsächlich steht aber bereits in dieser Zwischenverfügung: "... So ist die Verjährung im Verhältnis mit den USA nicht zu berücksichtigen." Bloss für den Fall, dass der Verjährungseinwand der Beschwerdeführerin Gehör finden würde, wurde beigefügt, dass jedenfalls lediglich die absolute und entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht die relative Verjährungsfrist beachtlich sein könnte. BGE 118 Ib 266 S. 269 Auf den Einwand, dem Ersuchen dürfe wegen inzwischen bereits eingetretener Verjährung nicht entsprochen werden, ist demnach nicht weiter einzugehen.
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6f53baa6-8c91-4bab-b0b2-06b8b30e443d
Urteilskopf 98 Ib 177 25. Auszug aus dem Urteil vom 28. April 1972 i.S. X. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Fremdenpolizeirecht; Ausweisung ( Art. 10 Abs. 1 lit. a und b ANAG ). Der Vollzug der Ausweisung kann nicht - aufgrund berechtigter Hoffnungen hinsichtlich der Besserung des Betroffenen und um diesem Gelegenheit zur Bewährung einzuräumen - auf unbestimmte Zeit aufgeschoben werden.
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 98 Ib 177 S. 177 Aus dem Sachverhalt: Die 1949 als deutsche Staatsangehörige geborene Beschwerdeführerin kam 1959 in die Schweiz. Nach Abschluss der Schulen wurde sie wegen erzieherischer Schwierigkeiten in verschiedenen Heimen sowie Heil- und Pflegeanstalten untergebracht. Ab Januar 1968 ging sie keiner ordentlichen Erwerbstätigkeit nach, sondern lebte von Einkünften aus ihrer Dirnentätigkeit; dies obwohl die Fremdenpolizei des Kantons Zürich sie darauf aufmerksam gemacht hatte, dass sie mit einer Ausweisung aus der Schweiz zu rechnen habe, wenn sie ihr unsittliches Gewerbe nicht aufgebe. Nach mehreren Verurteilungen, u.a. wegen Anlockens zur Unzucht, Betrugs, Veruntreuung, Hehlerei, Sachbeschädigung, Gewalt und Drohung gegen Beamte, wurde sie vom Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 18. März 1971 für dauernd aus der Schweiz ausgewiesen. Die Beschwerdeführerin erhebt dagegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie bringt vor, sich am 3. September mit einem im Kanton Zürich aufenthaltsberechtigten Österreicher verheiratet BGE 98 Ib 177 S. 178 zu haben und seit anfangs 1971 ein geregeltes Leben zu führen. Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde, erklärt sich jedoch im Hinblick auf die geänderten Verhältnisse bereit, den Vollzug der Ausweisung auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1.- (Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde und Kognitionsbefugnis des Bundesgerichtes). 2.- (Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Ausweisung erfüllt sind (a) und Erwägung der Umstände, welche bei der Ermessensfrage, ob die Beschwerdeführerin ausgewiesen werden soll, zu berücksichtigen sind (b).) c) Bei der Würdigung der vorgenannten Umstände ist die Vorinstanz zum Schluss gekommen, das Interesse der Schweiz, von der Beschwerdeführerin als unerwünschter Ausländerin befreit zu werden, sei entscheidend. Diese Schlussfolgerung wäre grundsätzlich nicht zu beanstanden, hätte sich die Sachlage nicht nach dem Ausweisungsbeschluss des Regierungsrates geändert. Die Beschwerdeführerin hat sich nämlich am 3. September 1971 mit dem im Kanton Zürich aufenthaltsberechtigten Österreicher N. verheiratet. Der freien Gestaltung, die im allgemeinen das Verwaltungsgerichtsverfahren kennzeichnet und bei der der Richter vor allen Dingen einen sachlich richtigen Entscheid treffen sowie den Streitfall endgültig aus der Welt schaffen soll ( BGE 56 I 370 mit Hinweisen), entspricht es, dass selbst nach der angefochtenen Verfügung eingetretene Tatsachen im vorliegenden Verfahren berücksichtigt werden ( BGE 89 I 337 ; BGE 92 I 327 ; Urteile vom 17. September 1971 i.S. P.T., Erw. 4 am Schluss; vom 26. November 1971 i.S. B. & Co., Erw. III/1; vom 22. Dezember 1971 i.S. P.F., Erw. 1c). Der Regierungsrat hat in seiner Vernehmlassung zu dieser neuen Tatsache Stellung genommen. Er verkennt darin nicht, dass die Verheiratung der Beschwerdeführerin zu "gewissen Hoffnungen hinsichtlich ihres künftigen Lebenswandels berechtigt". Eine Gutheissung der Beschwerde im Sinne einer Umwandlung der Ausweisung in eine blosse Androhung dieser Massnahme oder gar einer Aufhebung der Ausweisung könne allerdings nicht befürwortet werden. Der Regierungsrat erklärt sich jedoch bereit, "den Vollzug der Ausweisung auf unbestimmte BGE 98 Ib 177 S. 179 Zeit aufzuschieben. Damit erhielte die Beschwerdeführerin einerseits Gelegenheit, sich zu bewähren; anderseits stünde sie bis auf weiteres unter der dauernden unmittelbaren Drohung der sofortigen Ausweisung im Falle der Wiederaufnahme ihrer alten Lebensweise." Diesem vom Regierungsrat aufgezeigten Vorgehen ist nicht beizupflichten. Es geht nach Massgabe der Verfahrensordnung des ANAG nicht an, die Ausweisung zu verfügen, deren Vollzug jedoch - aufgrund berechtigter Hoffnungen hinsichtlich der Besserung der Betroffenen und um dieser Gelegenheit zur Bewährung einzuräumen - auf unbestimmte Zeit aufzuschieben. Für solche Fälle steht die fremdenpolizeiliche Massnahme der Androhung der Ausweisung zur Verfügung. Der Aufschub des Vollzuges auf unbestimmte Zeit ist im übrigen deshalb ausgeschlossen, weil er zu einer willkürlichen Behandlung führen könnte; die Fremdenpolizei hätte es in der Hand, die Beschwerdeführerin jederzeit ohne Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Verfahrens auszuweisen, wenn diese ihre "alte Lebensweise" wieder aufnimmt. d) Der Entscheid, ob aufgrund der neuen Umstände die Ausweisung aufrechterhalten, d.h. die Beschwerdeführerin ausgewiesen werden, oder ob der Beschwerdeführerin die Ausweisung bloss angedroht werden soll, ist weitgehend Ermessensfrage. Der Regierungsrat hat daher in einem neuen Beschluss darüber zu befinden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Beschluss aufgehoben und die Sache zur Neuentscheidung an den Regierungsrat des Kantons Zürich zurückgewiesen.
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Urteilskopf 80 IV 97 18. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Mai 1954 i.S. Bommeli gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.
Regeste Art. 110 Ziff. 2 StGB . Stiefeltern und Stiefkinder sind nicht Angehörige.
Sachverhalt ab Seite 97 BGE 80 IV 97 S. 97 A.- Julia Bommeli verschwieg anlässlich der steueramtlichen Inventarisation des Nachlasses ihres am 14. April 1946 verstorbenen Ehemannes, dass der Verstorbene rund Fr. 40'000.-- Bargeld hinterlassen hatte. Sie verheimlichte dieses Vermögen auch ihrem Rechtsbeistande J. Gremminger, der ihre Interessen gegenüber ihrer Stieftochter Alma Nater geb. Bommeli wahrte. Da das Steueramt das Ergebnis der Inventarisation den Eheleuten Nater mitteilte und auch Gremminger ihnen von der falschen Darstellung der Julia Bommeli Kenntnis gab, sah Alma Nater davon ab, ihren Erbanteil an der verheimlichten Barschaft geltend zu machen. Sie wurde dadurch um Fr. 10'000.-- geschädigt. B.- Am 28. Januar 1954 erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Julia Bommeli wegen der Tat zum Nachteil der Alma Nater des Betruges und wegen anderer Handlungen des wiederholten Diebstahls schuldig und verurteilte sie zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von zehn Monaten. C.- Der Verteidiger erklärte die Nichtigkeitsbeschwerde. Er führt aus, die Angeklagte mache geltend, als BGE 80 IV 97 S. 98 Stiefmutter der Geschädigten sei sie deren Angehörige im Sinne von Art. 110 Ziff. 2 StGB , weshalb sie nur auf Antrag hätte verurteilt werden dürfen; ein solcher habe aber nicht vorgelegen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Der Betrug zum Nachteil eines Angehörigen oder Familiengenossen wird nur auf Antrag verfolgt ( Art. 148 Abs. 3 StGB ). Angehörige einer Person sind ihr Ehegatte, ihre Verwandten gerader Linie, ihre vollbürtigen und halbbürtigen Geschwister, ihre Adoptiveltern und Adoptivkinder ( Art. 110 Ziff. 2 StGB ). In der Sprache des eidgenössischen Rechts sind Verwandte (parents, parenti) nur die Blutsverwandten. Zwar stehen im deutschen Text des Zivilgesetzbuches die Bestimmungen über Blutsverwandtschaft (Art. 20) und Schwägerschaft (Art. 21) unter dem gemeinsamen Randtitel "IV. Verwandtschaft". Wie schon in BGE 74 IV 91 ausgeführt wurde, entspricht aber der französische Randtitel "IV. parenté et alliance" dem allgemeinen Sprachgebrauch besser. Er ist auch sachlich richtig, da die Art. 20 und 21 nur zwischen "parents" und "alliés" unterscheiden und einen gemeinsamen Oberbegriff nicht kennen. Auch das eidgenössische Prozessrecht verwendet einen solchen nicht, sondern spricht immer von Verwandten (oder Blutsverwandten) und Verschwägerten, wenn es beide zugleich bezeichnen will (vgl. Art. 4, 22 OG , Art. 132 Abs. 2 Ziff. 1 BG vom 22. November 1850 über das Verfahren bei dem Bundesgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten; Art. 42 BZP vom 4. Dezember 1947; Art. 75 BStP ). Stiefeltern werden deshalb vom Begriff des "Verwandten gerader Linie" nicht erfasst; sie sind dem Stiefkind nicht verwandt, sondern mit ihm verschwägert. Sie sind auch nicht "Adoptiveltern" (parents adoptifs, genitori adottivi). Darunter sind, wie sich aus den romanischen Texten der Art. 264 ff. ZGB und dem allgemeinen BGE 80 IV 97 S. 99 Sprachgebrauch ergibt, nur die Personen zu verstehen, die ein Kind in der Form des Art. 267 ZGB "annehmen". Nach dem Wortlaut von Art. 110 Ziff. 2 StGB haben daher die Stiefeltern nicht als Angehörige zu gelten. Eine Gesetzeslücke aber, die auf dem Wege der Rechtsprechung auszufüllen wäre, besteht entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht. Der Kassationshof hat schon in BGE 74 IV 91 f. unter Hinweis auf die Entstehungsgeschichte ausgeführt, dass die Bestimmung die Angehörigen abschliessend aufzählt und nicht ausdehnend auszulegen ist. Die Richtigkeit dieser Rechtsprechung wird durch die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gesichtspunkte nicht widerlegt, auch nicht bloss für den Fall der Stiefeltern. Dass Adoptiveltern Angehörige sind, spricht nicht für die Gleichbehandlung der Stiefeltern. Die Kindesannahme kommt nur mit Zustimmung des Annehmenden und der anzunehmenden Person, ihrer Eltern oder der vormundschaftlichen Aufsichtsbehörde zustande ( Art. 265 ZGB ). Sie setzt ein Verhältnis voraus, das dem Verhältnis zwischen Eltern und dem ehelichen Kinde gleicht ( Art. 264, 266 ZGB ). Der Annehmende muss dem Kinde Fürsorge und Pflege erwiesen haben, wenn nicht andere wichtige Gründe für die Annahme sprechen ( Art. 267 Abs. 2 ZGB ). Das angenommene Kind erhält den Familiennamen des Annehmenden und erlangt diesem gegenüber die Rechte und Pflichten eines ehelichen Kindes, insbesondere, soweit nicht vor der Annahme mit öffentlicher Urkunde Abweichungen vereinbart werden, auch die Vermögensrechte und die Erbberechtigung ( Art. 268 ZGB ). Das Adoptivverhältnis ist rechtlich dem ehelichen Kindesverhältnis weitgehend angeglichen und schafft auch engste persönliche Beziehungen zwischen Annehmenden und Angenommenem. Die Schwägerschaft zwischen Stiefeltern und Stiefkindern dagegen kommt von Gesetzes wegen und unbekümmert darum zustande, ob die persönlichen Beziehungen eng oder locker oder überhaupt vorhanden sind. Unmittelbare Rechte gegenüber dem Stiefelternteil, insbesondere BGE 80 IV 97 S. 100 einen Unterhaltsanspruch, hat das Stiefkind nicht. Lediglich die Ehegatten schulden einander Unterhalt und Beistand auch insoweit, als es nötig ist, damit der andere Ehegatte seine Elternpflichten gegenüber seinem Kinde erfüllen kann ( BGE 46 III 56 ). Wenn das Kind selber über die nötigen Mittel verfügt oder von seinen natürlichen Eltern, insbesondere von seiner Mutter oder seinem (geschiedenen oder ausserehelichen) Vater, unterhalten werden kann, hat der Stiefelternteil, insbesondere der Stiefvater, an seinen Unterhalt nichts beizutragen. Anderseits besitzt er auch kein Nutzungsrecht an seinem Vermögen ( BGE 72 II 168 f.). Erbberechtigt ist weder das Stiefkind gegenüber dem Stiefelternteil noch umgekehrt. Das Stiefkind behält seinen Familiennamen. Oft wird es auch nicht in die häusliche Gemeinschaft aufgenommen. Häufig ist es schon erwachsen, wenn sein Vater oder seine Mutter die Ehe eingeht, die das Stiefverhältnis begründet. Dieses Verhältnis zeichnet sich auch nicht notwendigerweise aus durch einen erheblichen Altersunterschied zwischen dem Kinde und seinem Stiefelternteil. Stiefeltern und Stiefkinder bleiben einander sehr oft auch nach Begründung ihrer Schwägerschaft fremd. Rücksichtnahme in dem Sinne, dass die Behörden sie nicht von Amtes wegen zu verfolgen hätten, wenn sie einander bestehlen, betrügen usw., drängt sich nicht auf. Gerade der Umstand, dass der Gesetzgeber in Art. 110 Ziff. 2 StGB die Adoptiveltern zu den Angehörigen zählt, nicht aber die Stiefeltern, zeigt, dass er diese nicht wie jene behandelt wissen wollte. Die ungleiche Behandlung widerspricht natürlichem Rechtsempfinden nicht, insbesondere auch dann nicht, wenn das Stiefkind die strafbare Handlung begangen hat, da es, wie dargetan, auch in anderer Beziehung weit davon entfernt ist, gegenüber einem Stiefvater oder einer Stiefmutter gleiche Rechte zu haben wie ein blutsverwandtes oder ein angenommenes Kind. Von einer Unbilligkeit kann auch deshalb nicht die Rede sein, weil die Frage, ob der Täter von Amtes wegen oder als Angehöriger nur auf Antrag zu BGE 80 IV 97 S. 101 verfolgen sei, vom Gesetz überhaupt nicht nach Grundsätzen der Billigkeit beantwortet wird, sondern einzig unter Abwägung des öffentlichen Interesses an der Verfolgung des Rechtsbrechers gegenüber dem privaten Interesse, dass die Behörde nicht von Amtes wegen in die Angelegenheiten nahe verbundener Personen sich einmische. Wenn die Beschwerdeführerin die Behauptung der Unbilligkeit mit dem Hinweis zu erhärten versucht, es könnten in einer Familie sowohl Stief- als auch Adoptivkinder vorhanden sein, die gemeinsam die Stief- bzw. Adoptivmutter bestehlen könnten, so verkennt sie übrigens, dass auch das Stiefkind, wenn es im gemeinsamen Haushalt lebt, als Familiengenosse nur auf Antrag verfolgt wird (Art. 110 Ziff. 3, 137 Ziff. 3, 140 Ziff. 3, 148 Abs. 3 StGB usw.), insofern also den im gleichen Haushalt lebenden Adoptivkindern, ja sogar den blutsverwandten Kindern gleichsteht. Aus dem gleichen Grunde hat auch die Überlegung, die eheliche Gemeinschaft zwischen dem natürlichen und dem Stiefelternteil könnte unter der von Amtes wegen eingeleiteten Verfolgung des Stiefkindes leiden (BIZüR 45 Nr. 98 a), zu wenig Gewicht, als dass sie dem Richter Anlass geben dürfte, über den klaren Wortlaut des Gesetzes hinwegzugehen. In Fällen wie dem vorliegenden stellt sich die Frage, ob die Strafverfolgung der ehelichen Gemeinschaft schade, ohnehin nicht, und wenn diese Gemeinschaft in Fällen, in denen der Stiefelternteil der Täter ist, leiden kann, so liegt die Ursache in dem gegenüber dem Stiefkind begangenen Verbrechen, nicht in der von Amtes wegen eingeleiteten Strafverfolgung. Die Beschwerdeführerin ist daher mit Recht wegen des begangenen Betruges von Amtes wegen verfolgt worden.
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Urteilskopf 117 Ia 88 16. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 1er février 1991 dans la cause B. Company contre T. S.p.a. et Tribunal cantonal vaudois (recours de droit public)
Regeste Konkordat über die Schiedsgerichtsbarkeit; staatsrechtliche Beschwerde; Teilschiedsspruch. Auf eine staatsrechtliche Beschwerde, mit welcher ein kantonaler Entscheid über eine Nichtigkeitsbeschwerde gegen einen Teilschiedsspruch lato sensu angefochten wird, findet Art. 87 OG Anwendung (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 89 BGE 117 Ia 88 S. 89 Extrait des considérants: 3. a) Aux termes de l' art. 87 OJ , le recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. n'est recevable que contre les décisions finales prises en dernière instance; il n'est recevable contre des décisions incidentes prises en dernière instance que s'il en résulte un dommage irréparable pour l'intéressé. L'arrêt publié aux ATF 116 II 80 ss, qui indique les conditions auxquelles est subordonnée la recevabilité d'un recours de droit public contre une sentence partielle lato sensu, a été rendu en application des art. 190 ss LDIP et 85 let. c OJ. Il y a donc lieu d'examiner si la procédure en matière d'arbitrage concordataire échappe ou non aux principes développés dans cet arrêt. b) De longue date, le Tribunal fédéral considère que l' art. 87 OJ est applicable lorsque le recourant invoque des dispositions du Concordat qui n'ont pas une portée plus étendue que celle de l' art. 4 Cst. ( ATF 105 Ib 431 ). Point n'est besoin d'exposer à nouveau ici les motifs qui sont à la base de cette jurisprudence ( ATF 105 Ib 434 ss consid. 4a). Ils ont été rappelés dans deux arrêts récents auxquels il suffit de se référer ( ATF 116 II 81 /82 consid. 2a, ATF 115 II 291 /292 consid. 2b). Sous l'angle de l' art. 87 OJ , il n'y a ainsi aucune raison de faire une distinction entre les recours de droit public selon qu'ils se fondent sur l' art. 85 let . c OJ (violation de la LDIP) ou sur l' art. 84 let. b OJ (violation du CIA). Partant, les principes énoncés dans l'arrêt ATF 116 II 80 ss doivent être rapportés, mutatis mutandis, à l'arbitrage concordataire. C'est là le seul moyen de favoriser l'uniformisation de la pratique en la matière, qui constitue l'un des buts poursuivis par le Tribunal fédéral ( ATF 115 II 291 /292 consid. 2b, ATF 105 Ib 436 consid. 4a). Certes, comme l'intimée le souligne à juste titre, dans le cas particulier, l'irrecevabilité du recours portant sur la sentence partielle aurait pour conséquence que, si les moyens soulevés présentement par la recourante n'étaient admis qu'à l'occasion de l'examen de la sentence finale (cf., sur ce point, l' ATF 115 II 106 consid. 3a), le dossier de la cause devrait être renvoyé une fois de plus aux instances précédentes. Dans cette optique, l'entrée en matière répondrait sans doute aux impératifs d'économie de la procédure qui sont à la base de l'institution de la sentence partielle (voir, dans le même ordre d'idées, POUDRET, La recevabilité du recours au Tribunal fédéral contre la sentence partielle de l' art. 188 LDIP , in: JdT 1990 I p. 354 ss, spéc. p. 358 in medio). Cet état de BGE 117 Ia 88 S. 90 choses n'est cependant pas décisif dès lors que, appliqué aux moyens de droit fédéral, le même principe de l'économie de la procédure veut que le Tribunal fédéral statue, en règle générale, par une seule décision sur l'ensemble du litige, ce qui est d'ailleurs le but de l' art. 87 OJ ( ATF 115 II 106 consid. 3a, 291 consid. 2b, ATF 105 Ib 435 et les arrêts cités). Cette solution permet, en outre, aux parties d'être au clair sur la portée et les effets de la sentence dans son ensemble avant de se résoudre à déposer un recours de droit public ( ATF 116 II 81 /82 consid. 2a). Enfin, la possibilité d'attaquer toute décision partielle relative à une question de fond par un recours de droit public séparé impliquerait une multiplication des recours qui ne serait ni dans l'intérêt bien compris des parties, ni dans celui de l'économie de la procédure. Ce dernier critère pourrait, du reste, conduire à des solutions différenciées selon les causes. L'adopter reviendrait donc à juger au coup par coup, ce qui serait contraire à la sécurité du droit et au souci légitime des justiciables de savoir si et quand une voie de recours déterminée leur est ouverte. Au demeurant, les motifs d'économie de la procédure seront souvent largement tempérés par les retards liés à un éventuel recours immédiat (LALIVE/POUDRET/REYMOND, Le droit de l'arbitrage interne et international en Suisse, p. 179, ch. 2), comme on peut aisément s'en convaincre en l'espèce où la sentence partielle a été rendue il y a plus de trois ans déjà. En conclusion, il convient de poser que l' art. 87 OJ s'applique également au recours de droit public visant une décision cantonale rendue sur un recours en nullité dirigé contre une sentence partielle lato sensu.
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Urteilskopf 113 Ia 46 9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Februar 1987 i.S. Landesring der Unabhängigen des Kantons Zürich und Mitbeteiligte gegen Kanton Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG : Stimm- und Initiativrecht. 1. Formelle Anforderungen an eine Stimmrechtsbeschwerde: Legitimation, Letztinstanzlichkeit, Anfechtung einer Vorbereitungshandlung zu einer Volksabstimmung (E. 1). 2. Grundsatz und Tragweite des Prinzips der Einheit der Materie namentlich auf dem Gebiet von Initiative und Gegenvorschlag; im vorliegenden Fall verletzt der Gegenvorschlag als solcher das Prinzip der Einheit der Materie nicht (E. 4 und 5). 3. Die gleichzeitige und gekoppelte Abstimmung über zwei Initiativen und einen Gegenvorschlag verunmöglicht im vorliegenden Fall eine unverfälschte und freie Willensäusserung der Stimmbürger und verletzt den Grundsatz der Einheit der Materie und das Initiativrecht (E. 6). 4. Grundsätze zur Aufhebung von Volksabstimmungen wegen Verfahrensmängeln; Kassation der Volksabstimmung im vorliegenden Fall; provisorische Aufrechterhaltung des in der Volksabstimmung angenommenen Steuergesetzes (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 47 BGE 113 Ia 46 S. 47 A.- Am 14. März 1983 wurde im Kanton Zürich die Volksinitiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" in der Form der einfachen Anregung eingereicht; sie verlangt, es sei die Besteuerung von Ehepaaren im zürcherischen BGE 113 Ia 46 S. 48 Steuergesetz so auszugestalten, dass Verheiratete nicht höher belastet werden, als wenn sie einzeln besteuert würden. Ebenfalls am 14. März 1983 wurde die Volksinitiative "Für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression)" in der Form des ausgearbeiteten Entwurfs eingereicht; diese Initiative verlangt unter der Marginalie "Ausgleich der kalten Progression" die Neufassung von § 200bis des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern. Auf Antrag des Regierungsrates des Kantons Zürich lehnte der Kantonsrat des Kantons Zürich die beiden Initiativen ab und beschloss als Gegenvorschlag eine umfassende Änderung des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern (Steuergesetz). Diese Änderung bezieht sich auf verschiedene Materien, so insbesondere auf die Familienbesteuerung (§ 8-10), die subjektive Steuerpflicht (§ 16), das Objekt der Einkommenssteuer (§ 19, 24 und 25), die Steuerberechnung (§ 31 und 32), die Steuern der juristischen Personen (§ 46, 48, 51), verschiedene Verfahrensfragen (§ 53, 58bis, 73 und 74 sowie 84 und 85), den Ausgleich der kalten Progression (§ 200bis) sowie die Übergangsbestimmungen (§ 202bis ff.). Mit Beschluss vom 5. März 1986 ordnete der Regierungsrat des Kantons Zürich die Volksabstimmung über die beiden Initiativen und den Gegenvorschlag für den 8. Juni 1986 an und formulierte die Abstimmungsfragen für die drei Steuervorlagen wie folgt: "Wollen Sie folgende Vorlagen annehmen? A. Volksinitiative für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden B. Volksinitiative für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression) C. Gegenvorschlag des Kantonsrates: Gesetz über die direkten Steuern (Steuergesetz) (Änderung)" Gemäss dem Gesetz über das Vorschlagsrecht des Volkes gilt für das Abstimmungsverfahren, dass alle drei Fragen mit Ja beantwortet werden können. Erhalten zwei oder alle drei Vorlagen mehr Ja-Stimmen als Nein-Stimmen, so gilt allein diejenige als angenommen, welche die grösste Zahl an Ja-Stimmen aufweist. B.- Gegen diesen Beschluss des Regierungsrates vom 5. März 1986 reichten der Landesring der Unabhängigen des Kantons Zürich sowie drei Stimmbürger beim Bundesgericht am 19. März 1986 staatsrechtliche Beschwerde im Sinne von Art. 85 lit. a OG ein. Sie verlangen die Aufhebung des regierungsrätlichen Beschlusses und machen hierfür eine Verletzung der Einheit der Materie BGE 113 Ia 46 S. 49 sowie des Initiativrechts geltend. Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde. C.- Mit prozessleitender Verfügung vom 8. April 1986 wurde das Gesuch der Beschwerdeführer abgewiesen, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen bzw. die Volksabstimmung sei abzusetzen. In der Folge wurde die Volksabstimmung über die drei Steuervorlagen am 8. Juni 1986 durchgeführt. Alle drei Vorlagen wurden mit den folgenden Stimmenverhältnissen angenommen: - die Volksinitiative für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden mit 98 362 Ja gegen 84 395 Nein, - die Volksinitiative für den Ausgleich der kalten Progression mit 93 263 Ja gegen 86 768 Nein, - der Gegenvorschlag des Kantonsrates mit 99 073 Ja gegen 80 086 Nein. Als Vorlage mit der höchsten Anzahl Ja-Stimmen galt demnach der Gegenvorschlag des Kantonsrates auf Änderung des zürcherischen Steuergesetzes als angenommen. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 1. a) Mit der vorliegenden Beschwerde wird eine Verletzung der politischen Rechte geltend gemacht und damit eine Rüge im Sinn von Art. 85 lit. a OG erhoben. Hierzu sind die Beschwerdeführer, welche unbestrittenermassen stimmberechtigte Einwohner des Kantons Zürich sind, legitimiert ( BGE 111 Ia 116 , BGE 110 Ia 177 , mit Hinweisen). Darüber hinaus sind grundsätzlich auch politische Parteien, welche im Gebiet des betreffenden Gemeinwesens tätig sind, zur Erhebung der Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG legitimiert ( BGE 111 Ia 116 , mit Hinweisen); dies trifft auf den Landesring der Unabhängigen des Kantons Zürich zu. In dieser Hinsicht kann daher auf die vorliegende Beschwerde eingetreten werden. b) Beschwerden betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und betreffend kantonale Wahlen und Abstimmungen sind gemäss Art. 86 Abs. 1 OG nur gegen letztinstanzliche kantonale Entscheide zulässig. Das zürcherische Wahlgesetz vom 4. September 1983 (WG) sieht in § 123 grundsätzlich eine Beschwerde wegen Unregelmässigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung von Wahlen und Abstimmungen vor, erklärt diese nach Abs. 2 dieser Bestimmung jedoch gegen Beschlüsse der BGE 113 Ia 46 S. 50 Stimmberechtigten des Kantons und der obersten kantonalen Behörden als unzulässig. Als oberste kantonale Behörden in diesem Sinne gelten nach der Praxis sowohl der Kantonsrat wie der Regierungsrat. Aus diesem Grunde ist der Regierungsrat mit Beschluss vom 26. März 1986 auf eine Beschwerde eines der beteiligten Beschwerdeführer nicht eingetreten, mit welcher der Regierungsratsbeschluss vom 5. März 1986 betreffend das Abstimmungsverfahren angefochten worden war. Demnach stellt der angefochtene Beschluss des Regierungsrates - entsprechend der zum früheren Wahlgesetz des Kantons Zürich geübten Praxis - einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid dar (vgl. ZBl 83/1982, S. 548 ff. E. 1; BGE 106 Ia 22 ). Auf die Beschwerde kann daher auch in dieser Hinsicht eingetreten werden. c) Mit dem angefochtenen Beschluss des Regierungsrates wurde die Volksabstimmung über die drei Steuervorlagen angeordnet und die Abstimmungsfrage festgesetzt. Er stellt damit eine Vorbereitungshandlung zu einer Abstimmung dar, welche nach der Rechtsprechung gemäss Art. 89 OG innert dreissig Tagen mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht angefochten werden muss ( BGE 110 Ia 178 E. a). Die vorliegende Beschwerde erweist sich in dieser Hinsicht als rechtzeitig. Wird eine Abstimmung indessen wegen Abweisung des Gesuches um aufschiebende Wirkung aufgrund der beanstandeten Vorbereitungshandlung durchgeführt, so ist die dagegen gerichtete Beschwerde so zu verstehen, dass sinngemäss auch der Antrag auf Aufhebung der Abstimmung selber gestellt wird ( BGE 110 Ia 180 , BGE 105 Ia 150 ). So verhält es sich im vorliegenden Fall. Der Hauptantrag der Beschwerdeführer ist daher als Antrag um Aufhebung der Volksabstimmung vom 8. Juni 1986 zu verstehen. 2. a) Gemäss Art. 29 der zürcherischen Kantonsverfassung (KV) umfasst das Initiativrecht die Befugnis, Begehren auf Änderung der Verfassung sowie auf Erlass, Änderung oder Aufhebung eines Gesetzes oder eines verfassungsmässig obligatorisch der Volksabstimmung unterliegenden Beschlusses zu stellen. Initiativbegehren sind sowohl in der Form der einfachen Anregung als auch in derjenigen des ausgearbeiteten Entwurfes zulässig. Der Kantonsrat kann dem Volk gleichzeitig mit dem Initiativbegehren einen Gegenvorschlag unterbreiten. Hinsichtlich der näheren Bestimmungen wird auf die Gesetzgebung verwiesen. Die Einzelheiten des Verfahrens bei Volksinitiativen sind im Gesetz über das Vorschlagsrecht des Volkes vom 1. Juni 1969 BGE 113 Ia 46 S. 51 (Initiativgesetz; GS 162) geregelt. Neben Bestimmungen über den Gegenstand und die Form von Initiativen und deren Gültigkeit (§ 1- § 4) enthält das Initiativgesetz eine Regelung über den Erlass und die Gegenüberstellung eines Gegenvorschlages mit folgendem Wortlaut: "§ 6. Stimmt der Kantonsrat einer Initiative, die zur Volksabstimmung gebracht werden muss, nicht oder nur teilweise zu, so kann er einen formulierten Gegenvorschlag aufstellen. Stellt der Kantonsrat einer oder mehreren, den gleichen Gegenstand betreffenden Initiativen einen Gegenvorschlag gegenüber, so ist dieser gleichzeitig der Volksabstimmung zu unterbreiten." Ferner regelt das Initiativgesetz das Abstimmungsverfahren bei gleichzeitiger Abstimmung über mehrere, den gleichen Gegenstand betreffende Vorlagen mit folgender Bestimmung: "§ 7. Erfolgt eine gleichzeitige Abstimmung über eine oder mehrere, den gleichen Gegenstand betreffende Initiativen mit oder ohne Gegenvorschlag des Kantonsrates, so werden den Stimmberechtigten einfache Alternativfragen vorgelegt. Die Bejahung mehr als einer dieser Fragen ist zulässig. Erhalten mehrere Vorlagen mehr bejahende als verneinende Stimmen, so gilt diejenige als angenommen, für welche die grössere Zahl von bejahenden Stimmen abgegeben worden ist. Weisen mehrere Vorlagen, auf die mehr bejahende als verneinende Stimmen entfallen sind, die gleiche Zahl von bejahenden Stimmen auf, so gilt diejenige als angenommen, welche die kleinere Zahl von verneinenden Stimmen erhalten hat." b) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimmrechts umschreiben oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen ( BGE 111 Ia 194 E. 4a, 197 E. 2a; BGE 110 Ia 181 E. 5a; BGE 108 Ia 167 E. a, mit Hinweisen). Zu diesen Vorschriften gehören auch die Bestimmungen des Initiativgesetzes. 3. Nach § 7 des Initiativgesetzes können mehrere, den gleichen Gegenstand betreffende Vorlagen den Stimmbürgern gleichzeitig nur Abstimmung vorgelegt werden. Dabei ist es zulässig, dass der einzelne Stimmbürger mehrere Fragen bejaht. Gesamthaft gesehen kann indessen nur eine einzige Vorlage angenommen werden. Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, dieses vom zürcherischen Recht vorgesehene Abstimmungsverfahren verstosse an sich gegen die politischen Rechte oder das Initiativrecht und sei aus diesem Grunde verfassungswidrig. Das Bundesgericht hat die Zulässigkeit dieses Abstimmungsverfahrens nicht in Zweifel BGE 113 Ia 46 S. 52 gezogen (vgl. ZBl 87/1986 S. 173 E. 3 und 83/1982 S. 554 E. d). Für die Beurteilung der vorliegenden Stimmrechtsbeschwerde ist daher von diesem Abstimmungsverfahren auszugehen. 4. Die Beschwerdeführer rügen in erster Linie, dass mit der gemeinsamen Abstimmung über die drei Steuervorlagen der Grundsatz der Einheit der Materie verletzt worden sei. a) Der Grundsatz der Einheit der Materie ist im zürcherischen Recht nur hinsichtlich der Volksinitiative ausdrücklich verankert; nach § 4 Abs. 1 Ziff. 4 des Initiativgesetzes sind Initiativen ungültig, welche Begehren verschiedener Art enthalten, die keinen inneren Zusammenhang aufweisen, es sei denn, es handle sich um eine Initiative auf Gesamtrevision der Verfassung. Der Grundsatz der Einheit der Materie gilt indessen generell auch von Bundesrechts wegen. Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete politische Stimmrecht gibt dem Bürger allgemein den Anspruch darauf, dass kein Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 108 Ia 157 E. 3b; BGE 106 Ia 22 E. 4; BGE 105 Ia 153 E. 3a, mit Hinweisen). Daraus wird unter anderem das generell gültige Prinzip der Einheit der Materie abgeleitet, wonach verschiedene Materien nicht zu einer Abstimmungsfrage verbunden werden dürfen ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 105 Ia 14 , 376; BGE 104 Ia 223 E. b; BGE 99 Ia 183 , 645, 731 E. 3; BGE 96 I 652 E. 7; BGE 90 I 73 E. a). Der Grundsatz der Einheit der Materie ist bei allen Vorlagen zu beachten, die auf Initiative hin oder aufgrund eines (obligatorischen oder fakultativen) Referendums dem Volk einzeln zur Abstimmung unterbreitet werden ( BGE 105 Ia 376 ; BGE 104 Ia 223 E. 2b; BGE 99 Ia 182 , 646; BGE 97 I 673 , mit Hinweisen). Die Tragweite des Grundsatzes der Einheit der Materie im einzelnen wird in der Praxis differenziert gewichtet (vgl. unveröffentlichtes Urteil i.S. Hentsch vom 18. Dezember 1984, E. 5). So werden höhere Anforderungen an Partialrevisionen der Verfassung gestellt als an Gesetzesvorlagen ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 99 Ia 646 ). Der Grundsatz wird bei Initiativen strenger gehandhabt als bei behördlichen Vorlagen, da es neben der Gewährleistung des politischen Stimmrechts bei den Initiativen zusätzlich darum geht, die missbräuchliche Ausübung des Initiativrechts und eine unzulässige Erleichterung der Unterschriftensammlung zu verhindern ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 99 Ia 182 E. 3b; vgl. Z. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweizerischen Kantone, Zürich 1941, S. 423 ff.; vgl. ferner die Kritik bei ALFRED KÖLZ, Die kantonale Volksinitiative in der BGE 113 Ia 46 S. 53 Rechtsprechung des Bundesgerichts, in: ZBl 83/1982 S. 20 mit Fn. 128; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Band I, Zürich 1980, S. 225). Schliesslich werden formulierte Initiativen strenger beurteilt als allgemeine Anregungen, welche zusätzlich einer Ausarbeitung durch den Gesetzgeber bedürfen (vgl. BGE 111 Ia 295 ; BGE 105 Ia 366 E. 4; BGE 96 I 653 ). In bezug auf Gesetzesvorlagen im speziellen hat das Bundesgericht ausgeführt, dass der Grundsatz der Einheit der Materie gewahrt ist, sofern eine bestimmte Materie geregelt werden soll und die einzelnen, zu diesem Zweck aufgestellten Vorschriften zueinander in einer sachlichen Beziehung stehen. Der Stimmbürger hat keinen verfassungsmässigen Anspruch darauf, dass ihm einzelne, allenfalls besonders wichtige Vorschriften eines Gesetzes, das eine bestimmte Materie regelt, gesondert zur Abstimmung vorgelegt werden; er muss sich vielmehr auch dann für die Gutheissung oder Ablehnung der ganzen Gesetzesvorlage entscheiden, wenn er nur mit einzelnen Vorschriften einverstanden bzw. mit einzelnen Bestimmungen nicht einverstanden ist ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 99 Ia 646 E. 5b, mit Hinweisen). b) Die Beschwerdeführer machen nicht geltend, der Gegenvorschlag des Kantonsrates zu den beiden genannten Steuerinitiativen verletze, für sich allein betrachtet, den Grundsatz der Einheit der Materie. Es ist denn auch unbestritten, dass der Gegenvorschlag die umgrenzte Materie des kantonalen Steuerrechts neu ordnet und dass die einzelnen, zu diesem Zweck aufgestellten Vorschriften zueinander in einer sachlichen Beziehung stehen. Dies trifft auch für die Bereiche der Familienbesteuerung und des Ausgleichs der kalten Progression zu, wie sie von den genannten Initiativen (in weitergehendem Masse) verlangt worden sind. Nach der erwähnten Rechtsprechung hat der Stimmbürger keinen Anspruch darauf, dass ihm diese Fragen gesondert zur Abstimmung vorgelegt werden. Demnach ist im folgenden davon auszugehen, dass der Gegenvorschlag als solcher den Grundsatz der Einheit der Materie nicht verletzt. 5. a) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind die Kantone befugt, einer Initiative - auch ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage - einen Gegenvorschlag gegenüberzustellen ( BGE 104 Ia 245 ; BGE 101 Ia 495 E. 4a; BGE 100 Ia 57 ; BGE 91 I 193 E. 2; vgl. KÖLZ, a.a.O., S. 30 f.; ETIENNE GRISEL, Initiative et référendum populaires, Lausanne/Dorigny 1987, S. 218 f.); der Gegenvorschlag kann je nach der Ausgestaltung des kantonalen Rechts BGE 113 Ia 46 S. 54 unter Umständen eine andere Stufe der Rechtssetzung betreffen als die Initiative ( BGE 104 Ia 249 E. c; ZBl 83/1982 S. 552 f.; nicht amtlich publizierte E. 6b von BGE 100 Ia 53 , in: SJ 96/1974 S. 557 ff.). Das Bundesgericht hat allerdings nicht übersehen, dass die Vorlage eines Gegenvorschlages die Aussichten eines Volksbegehrens, in der Volksabstimmung angenommen zu werden, mehr oder weniger vermindert. Es hat dies im Hinblick auf die den Stimmberechtigten gebotene grössere Entscheidungsfreiheit sowie in Anbetracht der dem Parlament zukommenden Aufgabe der Gesetzgebung und der durch ein Initiativbegehren ausgelösten Fortentwicklung des Rechts in Kauf genommen ( BGE 104 Ia 246 ; BGE 91 I 193 E. 2; ZBl 87/1986 S. 173 f., 83/1982 S. 554 E. d; KÖLZ, a.a.O., S. 30 f.; GRISEL, a.a.O., S. 218 f.). Die Gegenüberstellung eines Gegenvorschlages ist indessen an gewisse Schranken in formeller und materieller Hinsicht gebunden (vgl. ZBl 83/1982 S. 552 E. b). Zum einen hat das Bundesgericht darauf hingewiesen, es sei in jedem Fall darauf zu achten, dass das Abstimmungsverfahren eine genügend differenzierte Stimmabgabe ermögliche (ZBl 87/1986 S. 173 f.; 83/1982 S. 554 E. d; KÖLZ, a.a.O., S. 31 und 32 ff.); der Gegenvorschlag dürfe gegenüber der Initiative im Abstimmungsverfahren nicht bevorteilt werden und insbesondere nicht vor der Initiative zur Abstimmung gelangen ( BGE 104 Ia 248 E. 4a; ZBl 83/1982 S. 552 und 554; ANDREAS AUER, Problèmes et perspectives du droit d'initiative à Genève, Lausanne 1987, S. 67 N. 127). Zum andern muss der Gegenvorschlag in materieller Hinsicht mit dem Zweck und Gegenstand der Initiative eng zusammenhängen und dem Stimmbürger eine echte Alternative einräumen. Mit dem Gegenvorschlag darf eine Initiative zwar sowohl formell als auch materiell verbessert werden; doch darf mit ihm keine andere Frage als mit der Initiative gestellt, sondern lediglich andere Antworten vorgeschlagen werden ( BGE 101 Ia 496 ; BGE 100 Ia 58 E. 6a; ZBl 83/1982 S. 552 E. b; vgl. zum Bundesrecht GRISEL, a.a.O., S. 211; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Neuchâtel 1967, N. 399; URSULA HEFTI-SPOERRY, Gegenentwurf und Rückzug bei Verfassungsinitiativen im Bund, Diss. Zürich 1958, S. 10 ff.). Dieser materielle Aspekt hat eine enge Beziehung zum Grundsatz der Einheit der Materie und stellt gewissermassen das Prinzip der Einheit der Materie in einem weiteren Sinne dar ( BGE 100 Ia 59 ; AUBERT, a.a.O., N. 399). Diesen Gedanken bringt das zürcherische Initiativgesetz in den § 6 und § 7 zum Ausdruck. Fehlt es in diesem Sinne an der engen Beziehung BGE 113 Ia 46 S. 55 zwischen Initiative und Gegenvorschlag, so kann der Stimmbürger seinen Willen nicht frei und unverfälscht zum Ausdruck bringen. Darin kann eine Verletzung sowohl der politischen Rechte im allgemeinen als auch des Initiativrechts im speziellen liegen (vgl. AUER, Problèmes et perspectives du droit d'initiative à Genève, S. 26 N. 50; JÖRG PAUL MÜLLER, Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 1978, in: ZBJV 116/1980 S. 282 f.). b) Die Beschwerdeführer machen in dieser Hinsicht eine Verletzung der Einheit der Materie geltend. Sie verkennen zwar nicht, dass die beiden Steuerinitiativen und der Gegenvorschlag des Kantonsrates eine enge Beziehung haben und dieselbe Materie betreffen. Doch erachten sie es als grundsätzlich unzulässig, einer Gesetzesinitiative mit einer eng umgrenzten Fragestellung als Gegenvorschlag eine weitgefasste Gesetzesrevision gegenüberzustellen, welche eine grosse Zahl von anderen Bereichen ohne Zusammenhang mit den Initiativbegehren neu regelt. Dies treffe auf beide Initiativen in ihrem Verhältnis zum Gegenvorschlag des Kantonsrates zu. Das Bundesgericht hat in seiner Praxis anerkannt, dass ein Gegenvorschlag des Parlaments, der die gleiche Materie und den gleichen Zweck betrifft wie die Initiative, in der Realisierung der Anliegen leicht über diese hinausgehen dürfe ( BGE 100 Ia 59 f.). Es ist nicht zu verkennen, dass dadurch über den Umstand hinaus, dass überhaupt ein Gegenvorschlag erarbeitet wird, die Aussichten der Initiative, in der Volksabstimmung angenommen zu werden, zusätzlich vermindert werden. Es ist bei dieser Sachlage nicht auszuschliessen, dass die Stimmbürger den Gegenvorschlag gerade wegen der weitergehenden Vorschläge annehmen. Diese Gefahr kann sich insbesondere bei einem Gegenvorschlag auf umfassende Revision des Steuergesetzes ergeben, mit dem Steuererleichterungen gewährt werden sollen, die mit dem auf einen Teilbereich beschränkten Initiativbegehren in keinem Zusammenhang stehen; eigentliche Missbräuche sind in dieser Hinsicht nicht auszuschliessen. Es ist den Beschwerdeführern zuzugestehen, dass der hier streitige Gegenvorschlag des zürcherischen Kantonsrates wohl in vermehrtem Masse über die Initiativen hinausgeht als in dem vom Bundesgericht im Jahre 1974 beurteilten Fall betreffend eine genferische Vorlage über den Schutz von Fauna und Flora bzw. ein Jagdverbot ( BGE 100 Ia 59 f.; vgl. hierzu die vollständige BGE 113 Ia 46 S. 56 Publikation des Urteils in: SJ 96/1974 S. 545 ff.). Dennoch kann das Vorgehen des Kantonsrates in dieser Hinsicht nicht als verfassungswidrig bezeichnet werden. Dem Parlament kommt von Verfassungs wegen die Aufgabe der Gesetzgebung zu. Es kann Gesetzesvorlagen nicht nur auf eigene Initiative oder auf Antrag des Regierungsrates hin erarbeiten, sondern ein Volksbegehren auch zum Anlass für den Erlass oder eine Revision von Gesetzen nehmen. Das verfassungsmässige Vorschlagsrecht des Parlamentes wird durch die Ausübung des ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Initiativrechts nicht aufgehoben oder aufgeschoben (vgl. BGE 91 I 194 ; AUER, Problèmes et perspectives du droit d'initiative à Genève, S. 66 N. 126; KÖLZ, a.a.O., S. 31). Eine Grenze findet das Vorschlagsrecht des Parlaments dort, wo ein Gegenvorschlag aus sachwidrigen Motiven ausgearbeitet wird und damit als rechtsmissbräuchlich erscheint (KÖLZ, a.a.O., S. 35; ANDREAS AUER, Les droits politiques dans les cantons suisses, Genève 1978, S. 150). Im übrigen ist im Einzelfall u.a. durch ein eine genügend differenzierte Stimmabgabe ermöglichendes Abstimmungsverfahren ein Ausgleich zwischen dem verfassungsmässigen Vorschlagsrecht des Parlaments und dem verfassungsmässigen Initiativrecht zu schaffen. Müsste das Parlament seinen Gegenvorschlag auf den engen Bereich der Initiative beschränken, hätte dies oftmals zur Folge, dass eine weitergehende Gesetzesrevision in verschiedene Teilvorlagen unterteilt werden und unter Umständen in mehreren Abstimmungen dem Volke unterbreitet werden müsste; dies widerspräche zusätzlich dem auch im Abstimmungsverfahren zu beachtenden Grundsatz der Praktikabilität (vgl. ZBl 87/1986 S. 175). Im Umstand allein, dass einer auf einen engen Sachbereich beschränkten Initiative ein über diesen Bereich hinausgehender Gegenvorschlag gegenübergestellt wird, kann demnach keine Verletzung des Grundsatzes der Einheit der Materie bzw. des Initiativrechts erblickt werden. Dem Kantonsrat kann im vorliegenden Fall auch nicht vorgeworfen werden, seinen weitergehenden Gegenvorschlag aus sachwidrigen und damit rechtsmissbräuchlichen Gründen ausgearbeitet zu haben; denn es galt, das zürcherische Steuergesetz an die Erfordernisse des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG), des bundesgerichtlichen Entscheides BGE 110 Ia 7 sowie von Art. 4 Abs. 2 BV anzupassen. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschwerde als unbegründet, soweit mit ihr Umfang und BGE 113 Ia 46 S. 57 Tragweite des Gegenvorschlags im Verhältnis zu der einen wie der andern Steuerinitiative gerügt wird. 6. Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, es verletze den Grundsatz der Einheit der Materie und ihr Initiativrecht, dass über die beiden Steuerinitiativen und den Gegenvorschlag gleichzeitig und gekoppelt abgestimmt worden ist. Für die Beurteilung dieser Rüge ist vom Abstimmungsverfahren nach § 7 des zürcherischen Initiativgesetzes auszugehen, wonach der einzelne Stimmbürger zwar alle drei Fragen bejahen kann, gesamthaft indessen nur eine einzige Vorlage angenommen werden kann. a) Im Falle einer Volksabstimmung über eine einzige Vorlage muss sich der Stimmbürger auch dann für die Gutheissung oder Ablehnung der ganzen Vorlage entscheiden, wenn er mit einzelnen Punkten nicht einverstanden ist und andere befürwortet ( BGE 111 Ia 198 ; BGE 99 Ia 646 E. 5b). Stehen sich zwei Vorlagen direkt gegenüber, die den Grundsatz der Einheit der Materie wahren, so verhält es sich grundsätzlich gleich: Der einzelne Stimmbürger kann zwar nach zürcherischem Recht beide Vorlagen bejahen, doch kann gesamthaft nur eine angenommen werden; das Bundesgericht hat dies als verfassungsgemäss bezeichnet (ZBl 87/1986 S. 172 ff.). b) Im vorliegenden Fall, in dem gleichzeitig über die beiden Steuerinitiativen und den Gegenvorschlag abgestimmt worden ist, ergeben sich indessen Bedenken. Diese rühren daher, dass die beiden Initiativen nicht den gleichen Gegenstand betreffen. Die Volksinitiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" zum einen hat eine erhöhte Steuergerechtigkeit im Sinne der Gleichbehandlung insbesondere zwischen gesamthaft veranlagten Ehepaaren und getrennt veranlagten Konkubinatspaaren zum Ziel. Zum andern bezweckt die Initiative "Für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression)" die Vermeidung teuerungsbedingter, durch das Wesen der Steuerprogression bewirkter Mehrbelastungen der Steuerpflichtigen. Damit beschlagen zwar beide Initiativen den Bereich des kantonalen Steuerrechts, haben aber im übrigen keinen Zusammenhang. Vielmehr lassen sich beide Initiativpostulate ohne weiteres nebeneinander verwirklichen. Sie schliessen sich daher nicht gegenseitig aus, stehen zueinander nicht im Verhältnis der Alternativität und betreffen schliesslich auch nicht ein "Mehr" oder "Weniger" zu derselben Frage (vgl. ZBl 87/1986 S. 174 und redaktionelle Anmerkung auf S. 175). BGE 113 Ia 46 S. 58 Angesichts des fehlenden Zusammenhangs zwischen den beiden Initiativen werden den Stimmbürgern mit der gleichzeitigen und sich gegenseitig bedingenden Abstimmung über alle drei Vorlagen nicht nur eine einzige, sondern zwei Fragen unterbreitet. Ein solches Vorgehen verletzt den Grundsatz der Einheit der Materie im oben dargelegten Sinne (oben E. 5a). Im einzelnen können zwar mehrere Fragen mit Ja beantwortet werden, doch kann nur eine einzige Variante obsiegen. So ist es der Gesamtheit der Stimmbürger etwa verunmöglicht, in bezug auf die Frage der Familienbesteuerung die Postulate der Initiative zu verwerfen und den Gegenvorschlag zu bejahen, gleichzeitig aber dem Initiativbegehren nach Ausgleich der kalten Progression gegenüber dem Gegenvorschlag den Vorrang zu geben; ebenso können gesamthaft gesehen nicht die Anliegen beider Initiativen befürwortet werden. Damit aber kommt bei dem von den Beschwerdeführern beanstandeten Abstimmungsmodus kein Abstimmungsergebnis zustande, das den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Bei dieser Sachlage erweist sich die Rüge der Verletzung der politischen Rechte als begründet. c) Die Beschwerdeführer erblicken in der gleichzeitigen und sich gegenseitig bedingenden Abstimmung über alle drei Steuervorlagen zudem eine Verletzung des Initiativrechts. Auch diese Rüge erweist sich als begründet. Wie oben dargelegt worden ist (E. 6b), können die Initiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" und das Begehren "Für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression)" nebeneinander bestehen und verwirklicht werden und weisen keinen inneren Zusammenhang auf. Nach dem vom Regierungsrat angeordneten Abstimmungsmodus kann aufgrund von § 7 Abs. 2 des Initiativgesetzes indessen höchstens die eine der beiden Initiativen angenommen werden. Eine kumulative Annahme beider Vorlagen ist ausgeschlossen. Damit werden die beiden Initiativen, je für sich allein genommen, zum vornherein benachteiligt. Darin liegt eine Verletzung des Initiativrechts, wie es von Bundesrechts wegen garantiert ist, und zudem eine Missachtung von § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 1 des Initiativgesetzes, wonach eine gleichzeitig und sich bedingende Volksabstimmung nur bei mehreren, den gleichen Gegenstand betreffenden Volksbegehren zulässig ist. Die Beschwerde erweist sich daher auch unter diesem Gesichtswinkel als begründet. BGE 113 Ia 46 S. 59 d) Es ist nicht zu verkennen, dass die vorliegende Beurteilung des vom Regierungsrat gewählten Vorgehens gewisse praktische Schwierigkeiten in der Durchführung der Volksabstimmung mit sich bringt. Den Praktikabilitätsüberlegungen kann indessen gegenüber dem Grundsatz der freien und unverfälschten Willensäusserung der Stimmbürger bzw. dem Prinzip der Einheit der Materie sowie dem Initiativrecht kein Vorrang zukommen. Die praktischen Schwierigkeiten sind überdies im vorliegenden Fall nicht unüberwindbar. Es wäre beispielsweise ohne weiteres möglich gewesen, mit getrennten Abstimmungsfragen einerseits der Volksinitiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" den Gegenentwurf des Kantonsrates mit Ausnahme der Bestimmungen über den Ausgleich der kalten Progression (§ 200bis Steuergesetz) gegenüberzustellen und andererseits die Volksinitiative "Für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression)" mit dem Gegenvorschlag zu § 200bis des Steuergesetzes zur Abstimmung zu bringen. 7. a) Stellt das Bundesgericht Verfahrensmängel fest, so hebt es die Abstimmung nur auf, wenn die gerügten Unregelmässigkeiten erheblich sind und das Ergebnis beeinflusst haben könnten. Der beschwerdeführende Stimmbürger muss in einem solchen Falle allerdings nicht nachweisen, dass sich der Mangel auf das Abstimmungsergebnis entscheidend ausgewirkt hat; es genügt, dass nach dem festgestellten Sachverhalt eine derartige Auswirkung im Bereiche des Möglichen liegt. Mangels einer ziffernmässigen Feststellung der Auswirkung eines Verfahrensmangels ist nach den gesamten Umständen und grundsätzlich mit freier Kognition zu beurteilen, ob der gerügte Mangel das Abstimmungsergebnis beeinflusst haben könnte oder nicht. Dabei ist insbesondere auf die Grösse des Stimmenunterschiedes, die Schwere der festgestellten Mängel und dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Abstimmung abzustellen. Erscheint die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre, nach den gesamten Umständen als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht kommt, so kann von der Aufhebung des Urnenganges abgesehen werden. Rechtfertigt sich eine solche Beurteilung jedoch nicht, so ist der Mangel als erheblich zu erachten und die Abstimmung zu kassieren ( BGE 112 Ia 134 E. 3; BGE 106 Ia 200 E. b; BGE 105 Ia 155 E. 5b; BGE 104 Ia 237 E. 2a, mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist vorerst festzuhalten, dass der festgestellte Mangel schwer wiegt; der Abstimmungsmodus erlaubte keine BGE 113 Ia 46 S. 60 freie und unverfälschte Willensäusserung der Stimmbürger und schloss die Annahme eine der beiden Initiativen zum vornherein aus. Bereits dieser Umstand würde es rechtfertigen, die Abstimmung aufzuheben. Darüber hinaus kann die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen wäre, nicht als gering betrachtet werden. Denn es ist nicht auszuschliessen, dass eine beachtliche Anzahl von Stimmbürgern dem behördlichen Gegenvorschlag deshalb zustimmte, um die gesamte Revision des Steuergesetzes nicht zu gefährden, und es demnach in Kauf nahm, dass die Anliegen der beiden Initiativen nur in modifizierter Form realisiert werden. Schliesslich zeigt das Abstimmungsergebnis, gesamthaft gesehen, keine eindeutige Annahme des Gegenvorschlages. Denn alle drei Vorlagen wurden mit einer über 90 000 liegenden Anzahl von Ja-Stimmen angenommen; die Mehrheit des Gegenvorschlages gegenüber der Initiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" beträgt lediglich 691 Stimmen und diejenige gegenüber der Initiative zum Ausgleich der kalten Progression 5810 Stimmen. Es ist zwar nicht zu verkennen, dass diese geringen Differenzen im wesentlichen auf die Möglichkeit des mehrfachen Ja zurückzuführen ist. Doch liegen die Resultate derart nahe beieinander, dass die Möglichkeit einer Beeinflussung des Abstimmungsresultates durch den Abstimmungsmodus nicht ausgeschlossen werden kann. Gesamthaft gesehen ergibt sich damit, dass der Mangel in der Durchführung der Volksabstimmung so schwer wiegt, dass von einer Kassation nicht Umgang genommen werden kann. Daher ist die Volksabstimmung vom 8. Juni 1986 als ganze aufzuheben. Die zuständigen Behörden werden demnach eine neue Volksabstimmung ansetzen und ein Abstimmungsverfahren wählen müssen, welches den Anforderungen an das Stimm- und Initiativrecht genügt. Bei diesem Ausgang des Verfahrens braucht auf die Eventualanträge sowie die weitern Rügen der Beschwerdeführer nicht mehr näher eingegangen zu werden. b) Es ist nicht zu übersehen, dass die Aufhebung der Volksabstimmung vom 8. Juni 1986 schwerwiegende Auswirkungen zur Folge hat. Zum einen ergeben sich praktische Schwierigkeiten für die Steuerperiode 1987/88. Mit erheblichem Aufwand müssten den Steuerpflichtigen neue Steuerformulare zugestellt und die Veranlagungen mit einiger Verzögerung nach altem Recht vorgenommen werden. Die Kassation der Abstimmung hat weiter zur Konsequenz, dass das zürcherische Steuergesetz, das vom Bundesgericht BGE 113 Ia 46 S. 61 im Entscheid BGE 110 Ia 7 in bezug auf die Steuerbelastung von Ehepaaren und im Konkubinat lebenden Paaren als verfassungswidrig erklärt worden ist, in der alten Fassung aufrechterhalten würde. Weiter fällt in Betracht, dass die Volksabstimmung am 8. Juni 1986 nur aufgrund der Abweisung des Gesuches, es sei der Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen und der Abstimmungstermin abzusetzen, durchgeführt werden konnte. Dem Umstand, dass das Volk über die Steuervorlagen tatsächlich abgestimmt hat und die Steuerverwaltung daher die notwendigen und weitreichenden Vorbereitungen für die Taxation 1987 aufgrund der angenommenen Vorlage treffen durfte, kann hier Rechnung getragen werden. Schliesslich ist zu bedenken, dass sich die Mehrheit der Stimmenden klar für eine Revision des Steuergesetzes - in der einen oder andern Form - ausgesprochen hat. Angesichts dieser Sachlage rechtfertigt es sich, die Auswirkungen der Aufhebung des Urnenganges vom 8. Juni 1986 auf die materielle Rechtslage erst auf einen spätern Zeitpunkt eintreten zu lassen. Im Sinne einer vorläufigen Massnahme soll daher der Gegenvorschlag des Kantonsrates, wie er am 8. Juni 1986 von der Mehrheit der Stimmenden angenommen worden ist, vorläufig in Kraft bleiben, bis eine korrekte Abstimmung durchgeführt ist und eine allfällige Revision des Steuergesetzes in Kraft tritt. Im einzelnen bedeutet dies, dass das Steuergesetz in der Fassung vom 8. Juni 1986 aus Praktikabilitätsüberlegungen für die Steuerperiode 1987/88 ohne weiteres in Kraft bleiben kann. Wird in der Folge eine neue Abstimmung durchgeführt, so kann eine allfällige Änderung des Steuergesetzes für den Beginn der Steuerperiode 1989/90 in Kraft treten. Falls im Jahre 1987 oder 1988 jegliche Steuervorlage in der Volksabstimmung scheitern sollte, müsste ab 1989 wieder das Steuergesetz in der alten Fassung angewendet werden. Sollte in der Volksabstimmung allerdings die unformulierte Initiative "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" angenommen werden, hätte der Kantonsrat seinerseits eine Vorlage auszuarbeiten und diese erneut dem Volk vorzulegen. Da für diesen Fall mit einem Inkrafttreten einer allfälligen Steuergesetzrevision auf Anfang 1989 nicht gerechnet werden kann, kann das Steuergesetz in der Fassung vom 8. Juni 1986 auch noch für die Steuerperiode 1989/90 gelten. Kommt bis Ende 1990 keine neue Vorlage zustande, die auf den 1. Januar 1991 in Kraft gesetzt werden kann, so gilt auf jeden Fall ab diesem Datum wieder das Steuergesetz in der bisherigen Fassung. Den zürcherischen BGE 113 Ia 46 S. 62 Behörden bleibt es unbenommen, das Steuergesetz in der Fassung vom 8. Juni 1986 auf einen früheren Zeitpunkt ausser Kraft zu setzen. Angesichts des aussergewöhnlichen Vorgehens, die Auswirkungen der Aufhebung der Volksabstimmung erst auf einen späteren Zeitpunkt eintreten zu lassen, sind die zürcherischen Behörden einzuladen, unverzüglich eine neue Volksabstimmung anzusetzen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Die staatsrechtliche Beschwerde wird gutgeheissen, und die Volksabstimmung im Kanton Zürich vom 8. Juni 1986 über drei Steuervorlagen wird aufgehoben. 2. Im Sinne einer vorläufigen Massnahme bleibt das Steuergesetz des Kantons Zürich in der Fassung vom 8. Juni 1986 in Kraft für die Steuerperiode 1987/88 bzw. bis zum Inkrafttreten allfälliger im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Volksinitiativen "Für eine gerechte Besteuerung von Familien und Alleinstehenden" sowie "Für die Ausschaltung von Steuerverschärfungen infolge Teuerung (Ausgleich der kalten Progression)" beschlossener Änderungen des Steuergesetzes des Kantons Zürich, längstens aber bis zum Abschluss der Steuerperiode 1989/90.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6f647229-8fc2-4f98-95a9-a4c8a769a65f
Urteilskopf 97 I 314 45. Arrêt du 23 juin 1971 dans la cause Nicolet contre Louis Jeanneret SA en liquidation concordataire et Cour de cassation civile du canton de Neuchâtel.
Regeste Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Privilegierte Lohnforderungen. 1. Unzulässigkeit neuer Rügen bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung des Art. 4 BV (Erw. 1). 2. Im Falle eines Nachlassvertrages mit Vermögensabtretung ist der Tag der Bewilligung der Nachlassstundung als dies ad quem massgebend für die Berechnung der sechs Monate, für welche die Lohnforderung ein Privileg erster Klasse geniesst (Erw. 2). 3. Es kann ohne Willkür angenommen werden, dass ein arglistiges Verhalten des Schuldners, das den Gläubiger angeblich zum Rückzug seines Konkursbegehrens veranlasste, keinen Einfluss habe auf die erwähnte Fristberechnung (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 314 BGE 97 I 314 S. 314 A.- Marin Nicolet, employé de l'entreprise Louis Jeanneret SA, n'a pas reçu de son employeur le salaire du mois de juin 1968 et l'indemnité de vacances, qui devaient être payés le 5 juillet 1968. Le syndicat auquel Nicolet était affilié, la Fédération suisse des ouvriers sur métaux et horlogers (FOMH), section de La Chaux-de-Fonds, lui a avancé le 5 juillet 1968 le montant de BGE 97 I 314 S. 315 2536 fr. 30, somme réclamée par le recourant à l'employeur. Nicolet a signé en faveur de la FOMH une procuration pour agir dans la procédure de poursuite à entreprendre auprès de l'employeur. La FOMH est intervenue auprès de l'employeur tant pour Nicolet que pour neuf autres employés auxquels Louis Jeanneret SA n'avait pas payé leur salaire. Elle a fait notifier le 15 août 1968 à Louis Jeanneret SA un commandement de payer la somme de 2536 fr. 30, la FOMH déclarant agir en qualité de cessionnaire des droits de Nicolet. Le commandement de payer, non frappé d'opposition, a été suivi d'une commination de faillite, notifiée le 6 septembre 1968. Le 11 octobre 1968, la FOMH a requis devant le Tribunal de La Chaux-de-Fonds la faillite de Louis Jeanneret SA A l'audience du 28 octobre 1968, l'employeur a conclu avec la FOMH un arrangement aux termes duquel, moyennant le versement d'un acompte pour l'un des employés représenté par le syndicat, celui-ci renonçait à déposer une nouvelle réquisition de faillite avant le 15 décembre 1968. Aucun paiement n'étant intervenu à cette date, la FOMH a requis à nouveau la faillite de l'entreprise le 16 décembre. Par avis du 15 janvier 1969, les parties ont été convoquées par le président du Tribunal du district de La Chaux-de-Fonds pour l'audience du 20 janvier 1969. A cette audience, le représentant de Louis Jeanneret SA a produit la copie d'une requête datée du 14 décembre 1968 et adressée au Tribunal cantonal, demandant un moratoire ou un sursis concordataire de 6 mois (cette requête ne semble d'ailleurs pas avoir eu de suite). Le mandataire de la FOMH s'inquiétant alors de ce qu'il adviendrait du privilège s'il retirait la réquisition, le recourant prétend que tant le mandataire de la débitrice que le juge l'auraient assuré que ce privilège subsisterait. Le représentant de la FOMH a alors retiré la réquisition de faillite. B.- Le 24 février 1969, Louis Jeanneret SA a déposé auprès du Tribunal cantonal un projet de concordat par abandon d'actif. Un sursis concordataire de 4 mois a été accordé le 10 mars 1969 et le concordat homologué par jugement du Tribunal cantonal du 7 juillet 1969. Le 1er avril 1969, la FOMH a produit au nom du recourant la créance de salaire de ce dernier par 2536 fr. 30 avec intérêt à 5% dès le 5 juillet 1968, plus 23 fr. de frais (il a été admis BGE 97 I 314 S. 316 que c'est par erreur que la FOMH avait auparavant agi en qualité de cessionnaire des droits du recourant), en même temps que les créances de salaire de neufautres ouvriers, en demandant que ces créances soient colloquées en 1re classe au sens de l'art. 219 LP. Le liquidateur a colloqué la créance de Nicolet en 5e classe, pour le montant de 2536 fr. 30 plus 11 fr. 50 pour frais de poursuite. Selon la lettre du liquidateur du 17 février 1970 adressée au mandataire du recourant, la créance de celui-ci, ainsi que des autres ouvriers représentés par la FOMH, est devenue exigible à la fin du mois de juillet au plus tard et, pour que le privilège de 1re classe eût pu être maintenu, "il eût fallu qu'il poursuive Louis Jeanneret SA dans les 6 mois à dater du 1er août 1968, jusqu'au stade de l'ouverture de la faillite". Nicolet a ouvert action en contestation de l'état de collocation devant le président du Tribunal civil de La Chaux-de-Fonds; il a conclu à ce que sa créance soit colloquée en 1re classe pour le montant de 2559 fr. 30. Par jugement du 7 janvier 1971, le président du Tribunal a rejeté la demande, relevant que le demandeur n'avait pas contesté que la créance de salaire fût née plus de 6 mois avant l'octroi du sursis intervenu le 10 mars 1969; le privilège était ainsi périmé dès le 6 janvier 1969. Par arrêt du 18 février 1971, la Cour de cassation civile a rejeté le recours formé par Nicolet contre ce jugement. C.- Agissant par la voie du recours de droit public, Nicolet conclut à l'annulation de l'arrêt de la Cour de cassation civile et subsidiairement du jugement du président du Tribunal du district de La Chaux-de-Fonds. La Cour de cassation civile se réfère à son arrêt. Le liquidateur de Louis Jeanneret SA en liquidation concordataire conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 393 du code de procédure civile du canton de Neuchâtel (CPC), la voie du recours en cassation n'est ouverte que pour faire valoir certains griefs énumérés par cette disposition. La Cour de cassation n'ayant ainsi pas un pouvoir d'examen complet, le recours peut en principe être dirigé non seulement contre son arrêt, mais aussi contre le jugement de première instance (RO 94 I 462). BGE 97 I 314 S. 317 Cependant, le recourant forme contre le jugement de première instance un seul grief qu'il ne forme pas également contre l'arrêt de la Cour de cassation civile: il reproche à l'autorité de première instance d'avoir retenu à sa charge un aveu judiciaire faisant foi contre lui (art. 210 CPC) et consistant en ce qu'il aurait déclaré, dans son mémoire de demande, que la créance était exigible le 5 juillet 1968. Or, dit le recourant, l'aveu ne peut porter que sur un fait et non sur un point de droit. Ce grief n'a pas été soulevé - alors qu'il aurait pu l'être - devant la Cour de cassation, compétente pour juger du grief de fausse application de la loi ou d'erreur de droit (art. 393 al. 1 lit. a CPC). Il est dès lors irrecevable dans un recours de droit public fondé sur la violation de l'art. 4 Cst. D'ailleurs, le premier juge n'a invoqué l'aveu judiciaire que par surabondance de droit, ayant statué que le début de la période à prendre en considération pour le privilège coïncidait, en vertu de l'art. 333 al. 2 CO, avec le départ du travailleur de l'entreprise, survenu le 5 juillet 1968. D'autre part, le calcul de la période litigieuse a été réexaminé par la Cour de cassation, sans qu'elle ait pris en considération l'aveu judiciaire retenu par le premier juge. 2. Le recourant reproche à la Cour de cassation d'avoir estimé, conformément à l'opinion du premier juge, que le privilège était périmé dès le 6 janvier 1969. C'est, dit le recourant, non pas la date de l'échéance de la créance, mais la période pour laquelle le salaire est dû qui est déterminante; il se réfère à cet effet à l'arrêt publié au RO 49 III 260. Alors que l'ancien texte de l'art. 219 (1re classe, lettre c) mettait au bénéfice du privilège de 1re classe les salaires d'ouvriers "pour les trois derniers mois avant l'ouverture de la faillite", le nouveau texte (introduit par la loi fédérale sur le travail dans l'industrie, l'artisanat et le commerce, du 13 mars 1964) réunit sous une même lettre (1re classe, lettre a) tous les salaires d'employés et d'ouvriers et vise les créances de salaire "nées pendant le semestre précédant immédiatement l'ouverture de la faillite". Or l'art. 333 al. 2 CO dispose que "le salaire est, en tout cas, exigible à la fin du contrat". Le recourant ayant quitté l'entreprise le 5 juillet 1968, il n'était en tout cas pas arbitraire de la part de la Cour de cassation civile de considérer que le contrat avait pris fin - partant que la créance était née au plus tard - à ce moment-là (cf. RO 90 III 110). BGE 97 I 314 S. 318 De toute façon, que le privilège ait été périmé le 6janvier 1969, comme l'admet la cour cantonale, ou le 28 janvier 1969, comme le prétend le recourant, le sursis concordataire n'a été accordé que le 10 mars 1969. Or, selon la jurisprudence, c'est la date de l'octroi du sursis qui est décisive, en tant que dies ad quem, pour le calcul des six mois pendant lesquels une créance de salaire jouit du privilège de 1re classe, et c'est cette date qui remplace, en cas de concordat, celle de l'ouverture de la faillite dont par le l'art 219 (RO 76 I 285, 78 III 24/25). En l'espèce, le début du semestre, soit des 6 mois précédant l'octroi du sursis, se place au mois de septembre 1968. Ainsi la date que le recourant lui-même voudrait prendre en considération, soit la fin de juillet 1968, est antérieure de plus de 6 mois à l'octroi du sursis. 3. Le recourant reproche à la Cour de cassation d'avoir admis que le premier juge n'avait pas à se préoccuper de la faute du juge de la faillite, dont le retard apporté à la convocation de l'audience de faillite était injustifiable: alors que la deuxième réquisition de faillite a été formée le 16 décembre 1968, l'audience n'a été fixée, par convocation du 15 janvier, qu'au 20 janvier 1969. Or, aux termes de l'art. 25 LP, c'est la procédure sommaire qui doit être utilisée en matière de réquisition de faillite. La doctrine a admis que "les citations doivent être envoyées immédiatement après l'arrivée de la requête de faillite" (JÄGER, Commentaire, tome II, ad art. 168, rem. 3; cf. aussi FAVRE, Droit des poursuites, 2e éd., p. 271). C'est sans doute à juste titre que le recourant reproche au juge d'avoir violé l'art. 460 CPC, aux termes duquel, en procédure sommaire, "dès réception de la requête, et à moins que la nature de l'affaire ne l'en dispense, le tribunal cite les parties ou les fait citer par le greffe". Mais le retard du juge, à supposer même que l'on puisse en tenir compte pour le calcul de la période pendant laquelle le privilège est accordé, ne saurait jouer aucun rôle, puisqu'à l'audience du 20 janvier 1969, la FOMH a retiré la réquisition de faillite qu'elle avait déposée, déclarant agir en qualité de cessionnaire du recourant. 4. Le recourant allègue il est vrai que si la FOMH a retiré la réquisition de faillite, c'est qu'elle y avait été induite par le comportement dolosif de Louis Jeanneret SA, dont le mandataire aurait déclaré, à l'audience du 20 janvier 1969, que le privilège subsisterait nonobstant le retrait de la réquisition. BGE 97 I 314 S. 319 Il a déjà été relevé que la Cour de cassation civile n'est pas tombée dans l'arbitraire en admettant que le salaire n'était plus privilégié dès le 6 janvier 1969; ce que le mandataire de Jeanneret SA a pu dire le 20 janvier 1969 ne saurait dès lors être pertinent en la matière. D'ailleurs, même si le privilège n'était pas encore échu le 20 janvier 1969 et que d'autre part le recourant ait été victime d'une manoeuvre dolosive de la part de l'entreprise ou de son mandataire, le juge n'en devait pas moins calculer la période déterminante pour le privilège en conformité de l'art. 219 LP. En effet, un dol - ou un abus de droit, qu'invoque aussi le recourant - ne saurait être pris en considération: dans l'établissement de l'état de collocation, ce n'est pas Louis Jeanneret SA qui est en cause, mais bien la masse des créanciers de cette entreprise. L'opinion dominante admet que la période prévue à l'art. 219 al. 4, 1re classe litt. a ne peut pas être prolongée de la durée du procès, lorsque le débiteur a contesté l'existence ou le montant de la créance. En effet, si une telle prolongation est expressément prévue pour les créances de personnes dont la fortune se trouvait placée sous l'administration du débiteur en vertu de la tutelle ou de la puissance paternelle (art. 219 al. 4, 2e classe litt. a), elle ne l'est pas en matière de créance de salaire (BlZR vol. XII no 245; JÄGER, loc.cit., rem. 15 a ad art. 219 LP; FAVRE, op.cit., p. 307; FRITZSCHE, Schuldbetreibung, vol. II p. 84; BRACHER, Die Privilegierung der Dienstboten, Angestellten und Arbeiter im Konkurs, p. 96). Bien que l'opinion contraire ait aussi été soutenue (BlZR vol. XIII no 184), la Cour de cassation civile n'a certainement pas commis d'acte arbitraire en se rangeant à l'opinion dominante. Si dès lors on admet que la durée d'un procès n'entre pas en ligne de compte, alors même que le débiteur aurait contesté indûment sa dette, il faut admettre que l'existence d'une manoeuvre dolosive qui aurait amené le créancier à retirer sa réquisition de faillite ne saurait être prise en considération non plus, car l'application des dispositions relatives au privilège n'a pas été prévue dans l'intérêt du débiteur, mais dans celui des créanciers. Si le recourant estimait que la débitrice avait commis à son égard un acte dolosif qui lui aurait porté préjudice, il aurait pu produire une créance en dommages-intérêts, ce qu'il n'a pas fait. 5. Le recourant allègue encore que la Cour de cassation a commis un déni de justice en ne tenant pas compte du fait que le retrait de la réquisition de faillite aurait bénéficié à l'ensemble BGE 97 I 314 S. 320 des créanciers, l'entreprise ayant été en mesure de vendre ses actifs à un très bon prix, ce qui aurait été exclu en cas de faillite. Cette argumentation n'est pas pertinente; elle est au surplus irrecevable, n'ayant pas été soumise à la juridiction cantonale. 6. L'intimée a demandé l'allocation de dépens, mais l'avocat qui est intervenu pour elle l'a fait en tant que liquidateur du concordat et non en tant que mandataire ordinaire. Il n'y a donc pas lieu de lui allouer des dépens. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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Urteilskopf 107 Ia 269 55. Verfügung des Präsidenten der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. Dezember 1981 i.S. S. AG gegen Steuerverwaltung und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Gesuch um aufschiebende Wirkung)
Regeste Art. 94 OG ; Gesuch um aufschiebende Wirkung bei staatsrechtlichen Beschwerden betreffend eine Steuerforderung.
Sachverhalt ab Seite 269 BGE 107 Ia 269 S. 269 Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hat am 17. September 1980 die Einschätzung der Beschwerdeführerin durch die kantonale Steuerverwaltung mit einem steuerbaren BGE 107 Ia 269 S. 270 Reingewinn für die kantonalen Steuern von Fr. 245'900.-- für die Steuerperiode 1977/78 bestätigt. Die Beschwerdeführerin hat neben der Verwaltungsgerichtsbeschwerde betreffend die Wehrsteuer den erwähnten Entscheid betreffend die kantonalen Steuern mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten und am 12. November 1981 nachträglich ein Begehren um aufschiebende Wirkung gestellt. Die kantonale Steuerverwaltung verzichtet auf eine Stellungnahme zu diesem Begehren, hält aber dafür, die Praxis des Bundesgerichtes, auch bei staatsrechtlichen Beschwerden in kantonalen Steuersachen in der Regel die aufschiebende Wirkung zu gewähren, sei zweifelhaft. Die Beschwerdeführerin hat, anders als zahlreiche andere Beschwerdeführer, ihr Begehren um aufschiebende Wirkung eingehend begründet; sie weist daraufhin, dass die kantonale Steuerverwaltung bereits eine Sicherstellungsverfügung gestützt auf Art. 169/170 StG zum Schutze der erwähnten Steuerforderung erlassen hat mit gleichzeitiger Aufforderung zur Sicherheitsleistung. Die Beschwerdeführerin hält dafür, sie habe gestützt auf Art. 94 OG bei richtiger Interessenabwägung einen Rechtsanspruch auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Gegen die erwähnte Sicherstellungsverfügung hat die Beschwerdeführerin Betreibungsbeschwerde gemäss Art. 17 SchKG beim Kantonsgericht von Graubünden eingereicht und geltend gemacht, das aus dem Wehrsteuerrecht ins kantonale Recht übernommene Rechtsinstitut der Sicherstellungsverfügung mit Arrestwirkung stehe den Kantonen nicht zu und sei bundesrechtswidrig. Diese Beschwerde ist noch hängig, und der kantonale Gerichtspräsident hat der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt. Erwägungen Erwägungen: 1. Wird bei einer staatsrechtlichen Beschwerde betreffend eine Geldforderung die aufschiebende Wirkung beantragt, so hat der Abteilungspräsident aufgrund der konkreten Umstände zu entscheiden, welches die Tragweite des Antrages und seiner Entscheidung sein soll ( BGE 106 Ia 159 ). Der Abteilungspräsident nimmt dabei im Rahmen von Art. 94 OG eine Interessenabwägung vor; er wägt dabei die öffentlichen Interessen an einer sofortigen Vollstreckung der Geldforderung ab gegenüber den Privatinteressen an einem Aufschub der Vollstreckung, bis die angebliche Verfassungswidrigkeit höchstrichterlich geprüft wurde; dabei BGE 107 Ia 269 S. 271 anerkennt die Rechtsprechung der Entscheidungsinstanz einen Ermessungsspielraum zu ( BGE 106 Ib 295 mit Verweisungen). Diese Interessenabwägung kann unterbleiben, wenn die zur Vernehmlassung eingeladene kantonale Behörde sich mit der Erteilung der aufschiebenden Wirkung einverstanden erklärt. Bei Nichtäusserung innert Frist kann häufig angenommen werden, die Behörde habe gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung nichts einzuwenden. Stellt dagegen die kantonale Behörde den Entscheid in das Ermessen des Abteilungspräsidenten oder beantragt sie Abweisung des Begehrens, so muss die Interessenabwägung vorgenommen werden. Dabei lassen sich die Grundsätze, die für die Verwaltungsrechtspflege entwickelt wurden (vgl. dazu Fritz GYGI, Aufschiebende Wirkung und vorsorgliche Massnahmen in der Verwaltungsrechtspflege, ZBl 77/1976, 1 ff.) nicht unbesehen auf die Staatsrechtspflege übertragen, da ja mindestens im Bundesrecht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen eine Verfügung, die zu einer Geldleistung verpflichtet, von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung hat, während dies bei der staatsrechtlichen Beschwerde nicht zutrifft. Das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren ist nicht einfach die Weiterführung eines kantonalen Verfahrens, sondern ein selbständiges, ausserordentliches Rechtsmittel, bei dem geprüft wird, ob ein kantonaler Entscheid, der an sich rechtskräftig und vollstreckbar ist, ausnahmsweise verfassungsmässige Rechte der Bürger verletzt. Aus der Eigenständigkeit der Kantone folgt, dass in diesem Bereich kantonaler Hoheit nur eingegriffen werden soll, soweit wirklich Massnahmen erforderlich sind, um den bestehenden Zustand zu erhalten und konkrete rechtliche Interessen einstweilen sicherzustellen ( Art. 94 OG ). Diese Notwendigkeit einer vorsorglichen Verfügung hat der Gesuchsteller grundsätzlich darzutun, auch bei Steuerforderungen. 2. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin führt die Interessenabwägung keineswegs in allen staatsrechtlichen Steuerstreitigkeiten zur Gutheissung des Begehrens um aufschiebende Wirkung. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Vollstreckbarkeit der kantonalrechtlichen Steuerforderungen die Regel und die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung trotz Einsprache der kantonalen Behörde die Ausnahme sein muss. Es besteht an sich ein schützenswertes öffentliches Interesse, dass das Veranlagungsverfahren nicht durch Willkürbeschwerden hinausgezögert wird, die sich bei näherem Zusehen als haltlos erweisen. In einer Zeit, BGE 107 Ia 269 S. 272 in der allgemein bekannt ist, dass gerade die mit den Abgabensachen betraute Abteilung des Bundesgerichtes stark überlastet ist, wächst die Gefahr, dass der Wunsch, Zeit zu gewinnen, auch wenn Verzugszinsen bezahlt werden müssen, bei zahlreichen staatsrechtlichen Willkürbeschwerden in Steuersachen wesentlich mitspielt. Dies ist jedoch kein schützenswertes rechtliches Interesse im Sinne von Art. 94 OG . Der Bürger muss wissen, dass er im Falle des Obsiegens Anspruch darauf hat, den aufgrund einer verfassungswidrigen Veranlagung zuviel bezahlten Steuerbetrag mit Verzugszinsen zurückzuerhalten; in der Regel entsteht ihm deshalb aus der sofortigen Vollstreckbarkeit kein Nachteil, der eine vorsorgliche Verfügung im Sinne von Art. 94 OG nötig macht. Anders liegen die Verhältnisse, wenn der strittig gebliebene Teil der Steuerforderung so gross ist, dass der Steuerpflichtige nachgewiesenermassen in Zahlungsschwierigkeiten käme, wenn er die umstrittene Forderung vor Abklärung ihrer Verfassungsmässigkeit bezahlen müsste. Trifft dies zu, so geht sein Privatinteresse an der nicht sofortigen Vollstreckung vor; doch muss auch dann auf Antrag hin ein allfälliger Anspruch des Kantons auf Sicherstellung der von der letzten kantonalen Instanz beurteilten Steuerforderung geprüft werden. 3. Im vorliegenden Fall hat der Kanton nicht sofort die Vollstreckung der Steuerforderung durch Betreibung eingeleitet, sondern gestützt auf kantonales Recht Sicherstellung verlangt. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Zulässigkeit dieses Vorgehens und im kantonalen Beschwerdeverfahren wurde ihr diesbezüglich aufschiebende Wirkung gewährt. Unter diesen Umständen ist zur Zeit keine vorsorgliche Verfügung des Abteilungspräsidenten des Bundesgerichts in der hier hängigen staatsrechtlichen Beschwerde erforderlich. Bejaht das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen die Rechtmässigkeit der erlassenen Sicherstellungsverfügung und die Höhe der Garantieleistung, so wird diesbezüglich das Bundesgericht in einem separaten Verfahren angerufen werden; diesem Verfahren ist nicht vorzugreifen. Dispositiv Verfügt: Die aufschiebende Wirkung wird verweigert.
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Urteilskopf 102 Ia 387 56. Auszug aus dem Urteil vom 19. Mai 1976 i.S. Bezirksspital Affoltern a.A. und Mitbeteiligte gegen Direktion des Gesundheitswesens und Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Subventionsrecht; Regelung der privatärztlichen Tätigkeit der Chefärzte der subventionierten Krankenhäuser. Anfechtbarkeit eines an die subventionierten Krankenhäuser gerichteten Kreisschreibens. Es verstösst weder gegen das Legalitäts- und das Gewaltentrennungsprinzip, noch gegen die Handels- und Gewerbefreiheit, wenn die Zürcher Gesundheitsdirektion den subventionierten Krankenhäusern Weisungen erteilt zur Regelung der Abgaben, die die Chefärzte für die Ausübung privatärztlicher Tätigkeit zu entrichten haben, und den Spitälern bei Nichtbefolgung dieser Empfehlungen entsprechende Subventionskürzungen androht.
Sachverhalt ab Seite 388 BGE 102 Ia 387 S. 388 Nach dem Zürcher Gesetz über das Gesundheitswesen vom 4. November 1962 unterstützt der Staat den Bau und den Betrieb von öffentlichen und privaten Krankenhäusern gemeinnützigen Charakters, die den Bedürfnissen seiner Bevölkerung dienen (§ 40). In den Schlussbestimmungen des Gesetzes wird dazu ausgeführt: "§ 82. Der Regierungsrat ist befugt, nach Anhören von Vertretern der Wissenschaft und der unmittelbar beteiligten Berufsverbände weitere Bestimmungen zum Vollzug und zur Ausführung dieses Gesetzes zu erlassen. § 83. Die vom Regierungsrat auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen sind dem Kantonsrat zur Genehmigung vorzulegen, sofern sie folgende Gebiete regeln: a) die Staatsbeiträge; ..." Gestützt auf diese Bestimmungen hat der Regierungsrat in der Verordnung über die Staatsbeiträge an die Krankenpflege vom 26. Februar 1968 (Beitragsverordnung) mit der Genehmigung des Kantonsrates die Grundsätze zur Subventionierung von Krankenhäusern festgelegt. Beitragsberechtigt sind danach nur Spitäler, deren Taxen sich im Rahmen der Taxordnung für die kantonalen Krankenhäuser halten (§ 3). An die Betriebsführung wird ausserdem folgende Anforderung gestellt: "§ 4. Die Krankenhäuser sind zu wirtschaftlicher, ihrer Eigenart angemessener Betriebsführung verpflichtet. Aufwendungen werden höchstens bis zu dem in den kantonalen Krankenhäusern üblichen Mass berücksichtigt." Die Beiträge für die kommunalen und regionalen Krankenhäuser werden je nach der Steuerbelastung in der zum Einzugsbereich gehörenden Gemeinden abgestuft und betragen 60% bis 90% der anerkannten Kosten, während die Subventionen an überregionale Krankenhäuser vom Regierungsrat von Fall zu Fall festgelegt werden (§ 27-29, § 34). Zu den Kosten, an welche Beiträge geleistet werden, zählen die Bau- und Ausstattungskosten, die Kosten von Anschaffungen und Unterhaltsarbeiten sowie der jährliche Überschuss der Betriebsaufwendungen (§ 9). Über den Vollzug der Beitragsverordnung bestimmen die §§ 52 und 53: BGE 102 Ia 387 S. 389 "§ 52. Soweit diese Verordnung nicht den Regierungsrat als zuständig erklärt, obliegt ihr Vollzug der Gesundheitsdirektion. Diese kann zusätzliche Ausführungsvorschriften erlassen. § 53. Die Gesundheitsdirektion ist befugt, zur Überprüfung der Voraussetzungen und zur Berechnung der Beiträge Inspektionen durchzuführen und die Betriebsführung der Krankenhäuser und der anderen beitragsberechtigten Einrichtungen zu kontrollieren. Den Organen der Gesundheitsdirektion sind die erforderlichen Auskünfte sowie Einsicht in die Bücher und Belege zu gewähren. An unnötige, unzweckmässige oder unangemessene Aufwendungen werden keine Beiträge ausgerichtet." Die Chefärzte der subventionierten Krankenhäuser üben ihre Tätigkeit in der Regel auf Grund von privatrechtlichen Anstellungsverträgen aus. Diese wurden bis zum Jahre 1972 meist in Anlehnung an einen von der Gesundheitsdirektion ausgearbeiteten Mustervertrag abgeschlossen. Die Vertragsvorlage enthielt ausführliche Bestimmungen über die Ausübung der privatärztlichen Tätigkeit, welche der damals für die Chefärzte der Kantonsspitäler geltenden Regelung entsprachen. Mit Kreisschreiben vom 6. April 1972 lud die Gesundheitsdirektion die Kommissionen der subventionierten Krankenhäuser ein, die Verträge mit den Chefärzten und weiteren, eine privatärztliche Tätigkeit ausübenden Ärzten auf den nächstmöglichen Termin zu künden, damit zur Verhinderung allfälliger Subventionskürzungen neue Verträge abgeschlossen werden könnten. Die Vertragsänderungen drängten sich auf, weil die privatärztliche Tätigkeit der Klinikdirektoren und Chefärzte der Kantonsspitäler neu geordnet worden sei und da sich gemäss ständiger Praxis die subventionierten Krankenhäuser nach den selben personalrechtlichen Grundsätzen richteten wie der Kanton. Nach verschiedenen Verhandlungen mit den Vertretern der subventionierten Krankenhäuser stellte die Gesundheitsdirektion schliesslich im Kreisschreiben vom 27. März 1975 folgende Grundsätze zur privatärztlichen Tätigkeit von Spitalärzten der subventionierten Krankenhäuser auf: "1. Von den Einnahmen von Privat- und Halbprivatpatienten der Spitalärzte sind 10% dem Spital abzugeben. Übersteigen sie Fr. 30'000.-- im Kalenderjahr, so erhöht sich die Abgabe vom Mehrbetrag BGE 102 Ia 387 S. 390 auf 25% bei ambulanten und 30% bei stationären Patienten. In Sonderfällen, z.B. bei Röntgenärzten, bleiben abweichende Regelungen vorbehalten (vgl. § 22 Absatz 2 der Verordnung über die kantonalen Krankenhäuser in der Fassung vom 5. Februar 1975). Die Grenze von Fr. 30'000.-- wird, gleich wie es auch für die Ärzte der kantonalen Spitäler gehandhabt werden soll, periodisch der Teuerung bzw. Lohnentwicklung angepasst. 2. Die Höchstgrenze für die Honorare an Patienten der halbprivaten Abteilung wird gegenüber der bisher geltenden Regelung um 15% erhöht. 3. Die Rechnungstellung hat über die Spitalverwaltung zu erfolgen. Bei ambulanten Patienten steht jedoch dem Spitalarzt frei, die Rechnungen selbst zu versenden und einzuziehen. Es sind dazu aber Formulare zu benützen, die die Spitalverwaltung liefert, und es ist dieser von jeder Rechnung eine Kopie zuzustellen. Auf dieser Kopie darf der Name des Patienten weggelassen werden. 4. Die administrativen Einzelheiten zur Durchführung dieser Grundsätze, insbesondere zum Vorgehen bei der Berechnung der Fr. 30'000.-- Grenze, werden den Spitalverwaltern noch bekanntgegeben werden. 5. Diese Neuregelung gilt ab 1. April 1975 (sofern sie nicht schon eingeführt ist). Vom Zeitpunkt ihrer Einführung an fallen die bisherigen jährlichen Pauschalabgaben für die Befugnis zur Behandlung ambulanter Patienten dahin. 6. Gegenüber Spitälern, die sich bei der Regelung der Ärzteabgaben an andere Grundsätze halten und deswegen höhere Betriebsverluste erleiden, bleibt vorbehalten, bei der Berechnung der Staatsbeiträge vom Rechnungsergebnis auszugehen, das bei Anwendung der in den Ziffern 1-5 umschriebenen Grundsätze zustandegekommen wäre." Verschiedene Rechtsträger von subventionierten Krankenhäusern, nämlich des Bezirksspitals Affoltern a.A., der Krankenhäuser Wald, Richterswil, Wädenswil und Horgen, des Kreisspitals Männedorf und des Spitals Neumünster, sowie die fünf Ärzte Dres Robert Blass, Rainer Siegenthaler, Hans Schwarz, Ulrich Baumann und Hans Matter haben am 28. April 1975 gegen die Weisungen der Gesundheitsdirektion vom 27. März 1975 Rekurs an den Zürcher Regierungsrat und gleichzeitig staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Am 30. April 1975 hat der Regierungsrat beschlossen, auf den Rekurs der Ärzte nicht einzutreten und denjenigen der Spitäler abzuweisen. Auch gegen diesen Entscheid haben die BGE 102 Ia 387 S. 391 gleichen Ärzte und Spitäler - mit Ausnahme des Krankenhauses Richterswil - staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab, soweit auf sie eingetreten werden kann. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar sind kantonale Hoheitsakte, das heisst Erlasse, Entscheide und Verfügungen eines Trägers öffentlicher Gewalt, durch welche einer einzelnen oder einer Vielzahl von Personen ein Handeln, Unterlassen oder Dulden in verbindlicher und erzwingbarer Weise auferlegt wird ( BGE 98 Ia 510 , BGE 89 I 258 f.; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, S. 313 f., MARTI, Probleme der staatsrechtlichen Beschwerde ZSR 81/1962 II S. 42, BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, a.a.O. S. 396 f.). Der Regierungsrat hat als kantonale Rekursinstanz in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten das umstrittene Kreisschreiben geschützt, welches die Gesundheitsdirektion als Trägerin öffentlicher Gewalt erliess und mit dem sie den rekurrierenden Spitälern ein bestimmtes Verhalten auferlegte. Das Kreisschreiben der Gesundheitsdirektion scheint zwar die Krankenhäuser, die Subventionen beziehen, nicht zwingend zu verpflichten, die ihnen erteilten Weisungen zu befolgen; für den Fall der Nichtbeachtung wird lediglich eine Kürzung der Subventionen vorbehalten. Die Spitäler werden es sich jedoch kaum leisten können, Subventionskürzungen in Kauf zu nehmen, so dass ein wenn auch nur mittelbarer Zwang tatsächlich ausgeübt wird. Aus der Haltung der Gesundheitsdirektion und des Regierungsrates ergibt sich ausserdem deutlich, dass der Staat die Beitragskürzungen, die er sich "vorbehält", auch vornehmen wird. Dass es sich bei den Weisungen der Gesundheitsdirektion um verbindliche Anordnungen handelt, geht ebenfalls aus der Bezeichnung des Kreisschreibens als Ausführungsvorschrift im Sinne von § 52 der Beitragsverordnung hervor. Sowohl der Regierungsratsbeschluss vom 30. April 1975 wie auch das Kreisschreiben der Gesundheitsdirektion vom 27. März 1975 sind daher als anfechtbare Hoheitsakte im Sinne von Art. 84 OG zu betrachten (vgl. Entscheid vom 17. März 1976 i.S. Unione Studi d'Ingegneria Ticinese). BGE 102 Ia 387 S. 392 8. Nach Ansicht der Beschwerdeführer verletzt der angefochtene Entscheid das Prinzip der Trennung der Gewalten, das im Kanton Zürich aus Art. 56 der Kantonsverfassung hergeleitet werde. Diese Bestimmung legt jedoch lediglich die Trennung der richterlichen von der gesetzgebenden und administrativen Gewalt fest und kann im vorliegenden Fall wohl kaum angerufen werden. Obschon nicht ausdrücklich in der Verfassung vorgesehen, liegt aber auch im Kanton Zürich das Gewaltentrennungsprinzip der Behördenorganisation zugrunde, was sich vor allem aus den Kompetenzvorschriften der Kantonsverfassung ergibt, so aus Art. 28, der dem Volk die gesetzgebende Gewalt unter Mitwirkung des Kantonsrates überträgt, aus Art. 37, der den Regierungsrat als vollziehende und verwaltende Kantonalbehörde einsetzt, und Art. 40, der die Befugnisse des Regierungsrates näher umschreibt (vgl. BGE 79 I 131 , BGE 93 I 44 , 334; GIACOMETTI, Das Staatsrecht der Kantone, S. 276 N. 23; GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts S. 229). a) Die Vorwürfe der Verletzung des Gewaltentrennungsprinzipes werden gleich wie im kantonalen Verfahren begründet, nämlich mit fehlender Rechtssetzungs-Kompetenz der Gesundheitsdirektion und mangelnder gesetzlicher Grundlage ihres Kreisschreibens. Nach den Darlegungen der Beschwerdeführer kann die Gesundheitsdirektion gestützt auf § 52 der Beitragsverordnung lediglich zusätzliche Subventionsbestimmungen erlassen, nicht dagegen die Abgaben der Chefärzte an die subventionierten Spitäler festsetzen. Die Beitragsverordnung selbst sage nichts über die Gestaltung der privatärztlichen Tätigkeit der Chefärzte aus und könne solche Vorschriften auch gar nicht enthalten, da es sich hierbei nicht um Subventionsmaterien handle. Es existierten im Kanton Zürich überhaupt keine primären Rechtssätze, auf Grund derer das für die Kantonsspitäler geltende System den subventionierten Spitälern aufgezwungen werden könnte. Für die von der Gesundheitsdirektion erlassenen Weisungen bestünde deshalb auch materiell keine gesetzliche Grundlage. Dadurch werde das Legalitätsprinzip und somit wiederum das Gewaltentrennungsprinzip verletzt. b) Nach § 40 des Gesetzes über das Gesundheitswesen vom 4. November 1962 unterstützt der Staat den Bau und den Betrieb von öffentlichen und privaten Krankenhäusern gemeinnützigen BGE 102 Ia 387 S. 393 Charakters, die den Bedürfnissen seiner Bevölkerung dienen. Die Ausführungsbestimmungen zum Gesundheitsgesetz sind gemäss den §§ 82 und 83 vom Regierungsrat zu erlassen und, soweit sie die Staatsbeiträge regeln, dem Kantonsrat zur Genehmigung vorzulegen. Dementsprechend ist die Beitragsverordnung vom 26. Februar 1968 dem Kantonsrat unterbreitet und von ihm genehmigt worden. Der Vollzug der Verordnung obliegt der Gesundheitsdirektion - soweit nicht der Regierungsrat als zuständig erklärt wird -, die auch zusätzliche Ausführungsvorschriften erlassen kann (§ 52). Als solche sind die Weisungen des Kreisschreibens vom 27. März 1975 ergangen. c) Dass die Gesundheitsdirektion auf Grund der in § 52 der Beitragsverordnung enthaltenen Delegation befugt ist, Ausführungsvorschriften, insbesondere auch Bestimmungen über die Bemessung der Staatsbeiträge zu erlassen, bestreiten die Beschwerdeführer nicht. Sie machen jedoch geltend, die Weisungen der Gesundheitsdirektion sprengten den Rahmen von Ausführungsvorschriften und entbehrten daher einer gesetzlichen Grundlage. Die sich hier somit einzig stellende Frage, ob die Gesundheitsdirektion die ihr eingeräumte Befugnis tatsächlich überschritten habe, ist in Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts zu beantworten, wobei sich das Bundesgericht auf eine Prüfung unter dem Gesichtswinkel der Willkür beschränkt ( BGE 99 Ia 545 , BGE 98 Ia 118 ). d) Das fragliche Kreisschreiben enthält keine Vorschriften, sondern nur Empfehlungen darüber, wie die Vertragsverhältnisse zwischen den subventionierten Krankenhäusern und ihren Chefärzten zu gestalten seien. Der mittelbare Zwang, der durch die Androhung von Beitragskürzungen auf die Spitäler ausgeübt wird besteht darin, dass die Spitäler angehalten werden, höhere Betriebsverluste, als sie bei Anwendung der empfohlenen Grundsätze entstehen, zu vermeiden. Dieses Ergebnis können die subventionierten Krankenhäuser auch auf anderem Wege erreichen als durch die Übernahme der für die Chefärzte der Kantonsspitäler geltenden Regelung. Es trifft daher entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführer nicht zu, dass die Gesundheitsdirektion mit ihren Weisungen direkt in die Vertragsverhältnisse zwischen den subventionierten Spitälern und den Chefärzten eingegriffen und letzteren verboten hätte, eine privatärztliche Tätigkeit auszuüben, sofern sie BGE 102 Ia 387 S. 394 nicht im Besitze einer Bewilligung seien. Das angefochtene Kreisschreiben richtet sich auch seinem Inhalt nach nur an die subventionierten Spitäler und hält einen der Gesichtspunkte fest, nach welchen die Höhe der Staatsbeiträge bemessen wird. e) Damit ist aber die Frage noch nicht beantwortet, ob sich die festgelegten Kriterien zur Bemessung der Staatsbeiträge im Rahmen der Rechtssetzungsbefugnis halten, die der Gesundheitsdirektion übertragen worden ist. Das Kreisschreiben schafft weder neue Voraussetzungen für die Ausrichtung von Subventionen, die in der Beitragsverordnung nicht vorgesehen wären, noch droht sie den Krankenhäusern den Entzug der Staatsbeiträge an, falls sie die Empfehlungen der Gesundheitsdirektion nicht befolgen würden. Es bezieht sich einzig auf die Art der Berechnung des Betriebsverlustes, an den Staatsbeiträge geleistet werden, nämlich in dem Sinne, dass auch bei einer abweichenden Abgaben-Regelung für die Chefärzte vom Rechnungsergebnis ausgegangen wird, das bei Anwendung der empfohlenen Grundsätze zustandegekommen wäre. Dass die Gesundheitsdirektion als Vollzugsorgan befugt ist zu bestimmen, welche Kosten der Spitäler "anerkannt" werden und daher nach den §§ 27 und 29 der Beitragsverordnung zu subventionieren sind, steht ausser Zweifel. Bei der Prüfung, welche Kosten zu anerkennen seien, kann sie sich sowohl auf § 4 der Beitragsverordnung stützen, nach welchem die Krankenhäuser zu wirtschaftlicher Betriebsführung verpflichtet sind und ihre Aufwendungen höchstens bis zu dem in den kantonalen Krankenhäusern üblichen Masse berücksichtigt werden, wie auch auf § 53, wonach an unnötige oder unangemessene Aufwendungen keine Beiträge ausgerichtet werden. Nach Auffassung der Beschwerdeführer kann jedoch § 4 der Beitragsverordnung nicht als gesetzliche Grundlage für die angefochtenen Weisungen betrachtet werden, da sich diese Bestimmung nur auf die Aufwendungen, nicht aber auf die Einnahmen der Spitäler beziehe. Über die Einnahmen, die einzig in den Spitaltaxen bestünden, treffe § 3 der Beitragsverordnung eine abschliessende Regelung. - Der Regierungsrat hat diese Argumentation aus folgenden Gründen verworfen: Das Recht zur privaten Rechnungsstellung sei funktionell eine Art Besoldungszulage der Chefärzte. Wenn dieses Recht so ausgestaltet werde, dass die Ärzte zu Ungunsten des Spitals BGE 102 Ia 387 S. 395 höhere Einnahmen erzielten als nach den kantonalen Normen, so sei dies eine zusätzliche Zulage an die Ärzte und einer Mehraufwendung gleichzustellen. Selbst wenn aber mit den Beschwerdeführern die finanzielle Begünstigung der Chefärzte bei der privaten Rechnungsstellung ausschliesslich als Teil der Einnahmenpolitik betrachtet würde, müsste sie bei der Subventionierung gleichwohl beachtet werden. Es könne nämlich den Spitälern nicht freistehen, beliebig auf mögliche Einnahmen zu verzichten und die dadurch entstehenden höheren Betriebsverluste ungekürzt zur Subventionierung anzumelden; eine solche Betriebsführung würde den Bestimmungen der Beitragsverordnung zuwiderlaufen. Diese Erwägungen des Regierungsrates sind zumindest nicht willkürlich und halten vor Art. 4 BV stand. Es ist ausserdem unbestritten, dass den subventionierten Krankenhäusern aus der privatärztlichen Tätigkeit der Chefärzte Aufwendungen entstehen. Gestützt auf die §§ 4 und 53 der Beitragsverordnung kann der Staat eine Beitragsleistung an diese Aufwendungen verweigern und den Spitälern empfehlen, von den Chefärzten entsprechende Abgaben zur Deckung der Unkosten zu verlangen. Übrigens sah bereits die frühere Regelung gemäss Mustervertrag der Gesundheitsdirektion vor, dass nur die im Vertragstext enthaltenen Leistungen an die Chefärzte und keine weitergehenden Vergünstigungen bei der Errechnung des subventionierten Betriebsverlustes berücksichtigt würden; diese Regelung ist offenbar nie als gesetzwidrig angefochten worden. Lassen sich aber, wie dargelegt, die von der Gesundheitsdirektion erlassenen und vom Regierungsrat bestätigten Weisungen an die subventionierten Krankenhäuser auf die Beitragsverordnung abstützen, so sind die Rügen der Verletzung des Legalitätsprinzipes und des Gewaltentrennungsprinzipes, soweit dieses überhaupt in Frage steht, unbegründet. 9. Die Beschwerdeführer beanstanden in materieller Hinsicht, dass die subventionierten Spitäler die Anstellungsbedingungen der Chefärzte nicht mehr frei und selbständig festlegen könnten, wodurch die Handels- und Gewerbefreiheit, die den privatrechtlich organisierten Spitälern zustehe, verletzt werde. Die Spitäler würden durch das Kreisschreiben sogar in der Auswahl der Ärzte beschränkt, da sie nur noch Chefärzte anstellen könnten, welche die Reglementierung ihrer privatärztlichen Tätigkeit durch den Staat akzeptierten. BGE 102 Ia 387 S. 396 Eine solche Beschränkung in der Auswahl der Ärzte und der Gestaltung der Verträge liegt jedoch, zumindest unmittelbar, nicht vor. Die subventionierten Spitäler sind an sich frei, ihre Chefärzte nach den ihnen genehmen Bedingungen anzustellen und die Abgaben für die privatärztliche Tätigkeit beliebig festzusetzen. Nur haben sie mit Beitragskürzungen für den Fall zu rechnen, dass durch Abgaben-Regelungen, die von den empfohlenen abweichen, höhere Betriebsverluste entstehen. Dazu hat der Regierungsrat ausgeführt, dass nur die Summe der gesamten Abgaben der Chefärzte gleich hoch sein müsse wie die Summe, die sich bei Anwendung der kantonalen Grundsätze ergäbe. In diesem Rahmen geniessen also die Spitäler volle Freiheit in der Vertragsgestaltung. Die Handels- und Gewerbefreiheit begründet aber ohnehin kein Recht auf staatliche Leistungen, so dass der Vorwurf der Verletzung dieses verfassungsmässigen Rechtes schon aus diesem Grunde abzuweisen ist (vgl. Entscheid vom 17. März 1976 i.S. Unione Studi d'Ingegneria Ticinese). 12. a) In Ziffer 3 des Kreisschreibens der Gesundheitsdirektion werden die subventionierten Spitäler angewiesen, den Privatpatienten der Chefärzte über die Spitalverwaltung Rechnung stellen zu lassen. Den Ärzten könne jedoch freigestellt werden, die Rechnungen für die Behandlung ambulanter Patienten selbst zu versenden und einzuziehen, wobei aber die Formulare der Spitalverwaltung zu benützen seien und dieser eine Kopie - auf der der Name des Patienten weggelassen werden darf - zuzustellen sei. Die Beschwerdeführer erachten auch diese Bestimmung als unverhältnismässig und gegen das Legalitätsprinzip verstossend, da sie nicht dem Subventionsrecht angehöre. Diese Rüge ist unbegründet. Nach § 53 der Beitragsverordnung ist die Gesundheitsdirektion befugt, die Betriebsführung der Krankenhäuser zur Überprüfung der Voraussetzungen und zur Berechnung der Beiträge zu kontrollieren; ihren Organen ist Einsicht in die Bücher und Belege zu gewähren. Sie ist deshalb auch berechtigt zu verlangen, dass die Belege, die zur Berechnung des zu subventionierenden Betriebsverlustes dienen, erstellt bzw. der Spitalverwaltung ausgehändigt werden. b) Im angefochtenen Entscheid erklärt der Regierungsrat, die Gesundheitsdirektion werde die vom Staat zu übernehmenden BGE 102 Ia 387 S. 397 Betriebsverluste nach pflichtgemässem Ermessen einzuschätzen haben, falls die rekurrierenden Ärzte ihre Ankündigung wahr machten, dass sie der Spitalverwaltung keine Kenntnis von den Rechnungen an ambulante Patienten geben werden. Dies bedeutet, dass die Vorschrift der Rechnungsstellung über die Spitalverwaltung nicht als zwingend betrachtet wird, die Gesundheitsdirektion sich aber im Falle ihrer Nichtbefolgung vorbehält, eine eigene Berechnung des Betriebsverlustes anzustellen. Die Beschwerdeführer scheinen die Rechtmässigkeit eines solchen Vorgehens zu bestreiten, ohne jedoch anzugeben, inwiefern die von ihnen angerufenen verfassungsmässigen Rechte dadurch verletzt würden. Auf die Beschwerde kann daher insoweit nicht eingetreten werden.
public_law
nan
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1,976
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CH_BGE_002
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6f6f8635-854e-45b5-a538-f2aa5fae4b01
Urteilskopf 104 IV 43 14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofs vom 21. Februar 1978 i. S. W. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau
Regeste Art. 37 Abs. 1 GSchG . Ein in einen Fluss versenkter aufgebrochener Stahlschrank kann geeignet sein, das Wasser zu verunreinigen.
Sachverhalt ab Seite 43 BGE 104 IV 43 S. 43 A.- Nachdem W. anfangs November 1973 gesehen hatte, wie sein Mieter A. in seiner Scheune in Wegenstetten/AG einen Tresor mit einer Winkelschleifmaschine aufbrach, nahm er von ihm Geld im Betrag von Fr. 400.- entgegen im Bewusstsein, dass das Geld aus dem aufgebrochenen Tresor stammte. Als W. wenige Tage später feststellte, dass der Kassenschrank sich immer noch in der Scheune befand, forderte er A. auf, den Tresor möglichst rasch aus seinem Haus zu entfernen, und riet ihm, ihn zu versenken. Wenig später machte er A. auf einer gemeinsamen Fahrt nach Egerkingen in der Gegend des Kraftwerkes Ruppoldingen darauf aufmerksam, dass hier eine Gelegenheit bestehe, den Gegenstand zu versenken. Anschliessend fuhr A. mit W. an die Aare, um dort die Gegend zu rekognoszieren. Später brachte A. mit einem Komplizen den Tresor nach Ruppoldingen und versenkte ihn beim Aarekanaleinfluss. B.- Das Bezirksgericht Rheinfelden sprach mit Urteil vom 2. März 1977 W. der Hehlerei schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von einer Woche. BGE 104 IV 43 S. 44 Auf Berufung des Verurteilten und der Staatsanwaltschaft hin sprach das Obergericht des Kantons Aargau am 29. September 1977 W. der Hehlerei sowie der Gehilfenschaft zu vorsätzlicher Gewässerverunreinigung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Gefängnisstrafe von einer Woche sowie zu einer Busse von Fr. 100.-. C.- W. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Freisprechung des Angeklagten an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Das Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 8. Oktober 1971 (Gewässerschutzgesetz, GSchG) untersagt in Art. 14 Abs. 1, Stoffe, die geeignet sind, das Wasser zu verunreinigen, mittelbar oder unmittelbar in die Gewässer einzubringen oder abzulagern. Wer dieses Verbot vorsätzlich und widerrechtlich übertritt, ist gemäss Art. 37 Abs. 1 GSchG strafbar. Die Vorinstanz hat W. wegen Gehilfenschaft zu dieser Tat mit Fr. 100.- gebüsst. Sie sieht die Haupttat darin, dass A. den Kassenschrank bei Ruppoldingen im Aarekanal versenkt hat. Dadurch habe er vorsätzlich und widerrechtlich einen festen Gegenstand, der geeignet sei, das Wasser zu verunreinigen, in ein Gewässer abgelagert. Die Beihilfe des Beschwerdeführers liege darin, dass er mit A. den Ort ausgekundschaftet und ihm geraten habe, den Tresor dort zu versenken. a) Dagegen macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, dass ein aus Stahl hergestellter Kassenschrank ein Gewässer verunreinigender Gegenstand sei, sei nicht erwiesen. Es liege kein Beweis dafür vor, dass der Tresor Gewässer verunreinigt habe. Da die meisten Kassenschränke aus rostfreiem Stahl gefertigt seien, hätte untersucht werden müssen, aus welchem Stahl der Tresor hergestellt worden sei. Abgesehen davon stelle es eine überdehnende Auslegung dar, jemanden wegen Gewässerverunreinigung zu bestrafen, der einen eisernen Gegenstand in einem Fluss versenke. BGE 104 IV 43 S. 45 Dass der Tresor aus dem Wasser gehoben wurde, bevor er nachweislich durch Rost oder sonstwie das Wasser der Aare verunreinigt hat, ist unerheblich. Denn Art. 37 Abs. 1 GSchG ist als Gefährdungsdelikt schon dann erfüllt, wenn der betreffende Gegenstand geeignet ist, eine Verschmutzung herbeizuführen. Die Vorinstanz nimmt als selbstverständlich an, dass ein aus Stahl bestehender Tresor geeignet sei, ein Gewässer zu verunreinigen; diese Eignung könne von keinem vernünftigen Menschen bezweifelt werden. Damit beruft sie sich auf eine allgemeine Erfahrung, ohne die konkrete Beschaffenheit des in casu versenkten Gegenstandes zu berücksichtigen. Die Richtigkeit von Erfahrungssätzen und deren Anwendung auf den Einzelfall ist eine Rechtsfrage, die der Kassationshof im Verfahren der Nichtigkeitsbeschwerde überprüfen kann (vgl. BGE 83 IV 189 f. und BGE 99 IV 74 ; ferner J. REHBERG, ZSR N.F. 94/1975, 2. Hbd., S. 386 ff. mit Praxishinweisen). Stahl, der ständig mit Wasser in Berührung ist, rostet, sofern er nicht durch besondere Behandlung "rostfrei" gemacht wurde. Aber selbst nicht alle derartigen Verfahren können auf längere Zeit die Oxydation völlig verhindern (Encyclopaedia Universalis, Bd. 1, Paris 1968, S. 160 f, "Aciers inoxydables"; Nouvelle encyclopédie pratique de mécanique, Bd. 1, Paris 1949, S. 484 f; Meyers enzyklopädisches Lexikon, Bd. 20, Mannheim 1977, S. 352 Stichwort "Rost"). Im vorliegenden Fall steht nicht fest, dass der Stahltresor durch ein besonderes Verfahren wirksam gegen Rost geschützt wurde. Vor den kantonalen Instanzen hat es der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, so dass die diesbezügliche Äusserung vor Bundesgericht neu ist und daher nicht gehört werden kann ( Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP ). Überdies hat A. den Tresor mit einer Winkelschleifmaschine aufgebrochen, wodurch ein allfälliger Rostschutz möglicherweise beseitigt wurde. Muss man somit von einem gewöhnlichen Stahlschrank ausgehen, so ist die Annahme, der Tresor sei geeignet gewesen, das Wasser der Aare zu verunreinigen, nicht zu beanstanden. Zwar ist richtig, dass ein nicht rostfreier Kassenschrank, für sich allein genommen, das Wasser der Aare nicht erheblich verschmutzen könnte. Doch darf die Versenkung dieses Gegenstandes nicht isoliert betrachtet werden; sie ist vielmehr bedeutsam im Zusammenhang mit der schon bestehenden BGE 104 IV 43 S. 46 und von andern mitverursachten Gewässerverschmutzung. Nur wenn solche Verunreinigungen als Massenerscheinung in jedem Einzelfall bekämpft werden, besteht die Hoffnung auf einen wirksamen Gewässerschutz. Die hier zu beurteilende Tat darf auch nicht mit irgendwelchen anderen geduldeten Rosteinwirkungen wie Eisen- und Stahlbestandteilen von Brücken und Stegen, eisernen Schiffsbestandteilen usw. verglichen werden. Diese Einwirkungen werden bis zu einem gewissen Grade im Hinblick auf legitime höhere Interessen geduldet. Solche Interessen fehlen nun aber offensichtlich, wenn es darum geht, sich eines gestohlenen Gegenstandes zu entledigen. b) Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auf Rechtsirrtum gemäss Art. 20 StGB und macht geltend, es sei im angefochtenen Entscheid kein einziger Grund angegeben worden, dass der Angeklagte keinen zureichenden Grund zur Annahme gehabt habe, das Versenken des Tresors verletze die Bestimmungen des Gewässerschutzgesetzes nicht. Diese Argumentation ist jedoch verfehlt. Dass die Verunreinigung von Gewässern gegen rechtliche Verbote verstösst, ist heute allgemein bekannt. Im vorliegenden Fall ist aber in keiner Weise ersichtlich, dass dem Beschwerdeführer die Kenntnis dieses Verbots aus zureichenden Gründen gefehlt habe. In der Beschwerde wird denn auch nirgends dargelegt, aus welchen Gründen W. angenommen haben soll, es sei zulässig, einen Tresor aus Stahl in einem Fluss zu versenken. Demnach hat die Vorinstanz zu Recht die Anwendung von Art. 20 StGB abgelehnt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie einzutreten ist.
null
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1,978
CH_BGE
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CH
Federation
6f797e74-5ea4-4f69-be91-e16b098fd838
Urteilskopf 82 II 321 44. Urteil der I. Zivilabteilung vom 29. Mai 1956 i.S. M. gegen Kanton Aargau.
Regeste § 2 aarg. Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939. Der Kanton Aargau haftet nicht für die Behandlung, die ein Privatpatient im Kantonsspital durch den Stellvertreter des Chefarztes der chirurgischen Abteilung erfahren hat.
Sachverhalt ab Seite 322 BGE 82 II 321 S. 322 A.- D. M., Ehefrau eines Zahnarztes in Villars bei Ollon, litt an einer chronischen Erkrankung des rechten Hüftgelenkes. Sie liess sich deswegen am 20. Juni 1952 durch Dr. B., Oberarzt an der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals in Aarau, mit dem ihr Ehemann seit der Studienzeit freundschaftliche Beziehungen unterhielt, beraten. Dr. B. untersuchte die Kranke und schlug Operation nach Methode Smith-Petersen vor. Als Zeitpunkt des Eingriffs wurde der Herbst 1952 in Aussicht genommen. Der Chefarzt der chirurgischen Abteilung des Kantonsspitals, Dr. Othmar Häuptli, wohnte der Beratung vom 20. Juni 1952 nicht bei. Dr. B. erklärte jedoch der Untersuchten, die Rechnung hiefür werde im Namen des Dr. Häuptli ausgestellt werden. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952. Am gleichen Tage schrieb Dr. M., Ehemann der Patientin, dem Dr. Häuptli was folgt: "Je reçois votre facture du 7 ct. frs. 20.- pour la consultation que mon ami le Dr B. a donnée à ma femme dernièrement. Cette petite note sera réglée prochainement. Il est envisagé pour l'automne prochain une intervention chirurgicale dans la région de la hanche avec inclusion d'une cupule de vitallium, et nous aimerions qu'elle soit effectuée dans votre accueillant hôpital d'Aarau par le Dr B. Seriez-vous assez aimable pour me renseigner sur les frais d'intervention chirurgicale avec lesquels nous devrions compter (hospitalisation, imprévus et divers non compris), afin que nous puissions les envisager dès maintenant." Am 26. Juli 1952 liess Dr. Häuptli durch seine Sekretärin, Schwester Elise Müller, antworten, dass sein Honorar etwa Fr. 400.-- betragen werde und die Tagestaxe sich für ausserkantonale Privatpatienten höchstens auf Fr. 22.- nebst 20% Teuerungszuschlag belaufe. BGE 82 II 321 S. 323 Ende September oder Anfang Oktober 1952 erhielt Dr. M. einen Expressbrief, in dem Dr. B. ihm mitteilte, die Privatpatienten der chirurgischen Abteilung würden grundsätzlich von Dr. Häuptli operiert, doch sei dieser bis 5. Oktober 1952 in den Ferien, weshalb Dr. B. bis dahin die Operation vornehmen könnte, ohne mit seinem Vorgesetzten Fühlung nehmen zu müssen; Frau M. möge daher am 3. Oktober 1952 in das Spital eintreten. Frau M. tat das. Sie wurde von der Aufnahmeschwester der chirurgischen Abteilung, Marie Schweigler, empfangen. Diese vermerkte sie auf dem für die Spitalverwaltung bestimmten Personalienblatt und auf dem Tagesrapport als Patientin der Privatabteilung, da Schwester Müller sie in diesem Sinne unterrichtet hatte. Ohne jenes Blatt fertig auszufüllen, wies Schwester Schweigler Frau M. auf die Privatabteilung, deren Personal die Privatpatienten selber aufzunehmen pflegte. Hier führte Schwester Marguerite Humbel Frau M. in das Zimmer, das für sie vorbereitet worden war, und legte ihr noch am gleichen Tage das erwähnte Blatt zur Eintragung ihrer Personalien vor. Am 4. Oktober 1952 wurde Frau M. von Dr. B. nach der Methode Judet operiert. Ab 6. Oktober behandelte Dr. Häuptli sie weiter, und zwar betreute er sie so, wie er seine Privatpatienten zu betreuen pflegte (täglich zwei Besuche in Begleitung einer Schwester). Sie blieb bis 7. Dezember 1952 im Kantonsspital. Dieses stellte ihr für ihre Verpflegung und gewisse andere Leistungen (Verpflegung der Privatschwester, Unkosten der Operation, Laboratoriumsgebühren usw.) am 7. November, 5. und 11. Dezember 1952 Rechnung. Die Rechnungen bezeichneten sie durch die Abkürzungen "Chir. Priv." als Privatpatientin der chirurgischen Abteilung. Dr. M. bezahlte die Saldi - Fr. 400.-- hatte die Patientin bei ihrem Eintritt vorgeschossen - am 20. November und 15. Dezember 1952. Am 9. Januar 1953 forderte Dr. Häuptli von ihrem Ehemanne "für ärztliche Bemühung vom 3. Oktober bis BGE 82 II 321 S. 324 17. Dezember 1952" Fr. 700.--. Dr. M. bezahlte die Rechnung am 4. April 1953. B.- Mit Klage vom 14. Mai 1955 beantragt Frau M. dem Bundesgericht: 1. der Kanton Aargau sei zu verurteilen, ihr Fr. 149'216.-- nebst 5% Zins seit 29. September 1953 zu bezahlen; 2. der vom Beklagten in der Betreibung Nr. 12620 des Betreibungsamtes Aarau erhobene Rechtsvorschlag sei bis zu diesem Betrage als endgültig beseitigt zu erklären; 3. die Revision des Urteils sei für zwei Jahre vom Tage seiner Ausfällung an vorzubehalten. Die Klägerin begründet die Forderung mit der Verantwortlichkeit des Kantons Aargau für fehlerhafte Operation und Behandlung durch Dr. B., der als Beamter in Ausübung seines Dienstes gehandelt habe. C.- Der Kanton Aargau ist auf Ersuchen hin durch den Instruktionsrichter ermächtigt worden, die Antwort auf die Frage der Passivlegitimation zu beschränken. Er beantragt, die Klage sei unter Kosten- und Entschädigungsfolge abzuweisen. Der Beklagte vertritt die Auffassung, er hafte nicht, denn Dr. B. habe die Klägerin nicht in Ausübung seines Dienstes, sondern auf Grund eines privaten Auftrages operiert. D.- Die Klägerin ist in der schriftlichen Replik und in ihren Ausführungen in der Hauptverhandlung auf ihrem Standpunkt geblieben. Sie beantragt, die Einwendung der fehlenden Passivlegitimation sei unter Kostenfolge als unbegründet zu erklären, eventuell, falls die Passivlegitimation verneint würde, seien die Kosten dennoch dem Beklagten aufzuerlegen. E.- Der Beklagte hat in der Hauptverhandlung an seinen Anträgen festgehalten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es ist unbestritten, dass das Kantonsspital Aarau eine vom öffentlichen Recht des Kantons Aargau beherrschte unselbständige Anstalt ist (vgl. BGE 56 II 200 f.), dass BGE 82 II 321 S. 325 der Oberarzt Dr. B. und der Chefarzt Dr. Häuptli der chirurgischen Abteilung schon zur Zeit der Operation und Behandlung der Klägerin Beamte waren (Dekret betreffend das Dienstverhältnis und die Besoldungen der Staatsbeamten, vom 8. Mai 1944, Anhang 18. Klasse; Verordnung über die Besoldungen der Beamten und Angestellten des Kantonsspitals Aarau, vom 16. März 1945 § 1) und dass der Kanton Aargau verpflichtet ist, für Schaden Ersatz zu leisten, der Dritten durch seine Beamten "in Ausübung ihres Dienstes widerrechtlich, sei es absichtlich, sei es fahrlässig, zugefügt wird" (Gesetz über die Verantwortlichkeit der öffentlichen Beamten und Angestellten und über die Haftung des Staates und der Gemeinden für ihre Beamten, vom 21. Dezember 1939 § 2). "In Ausübung seines Dienstes" hat Dr. B. die Operation nur vorgenommen, wenn sie Gegenstand des öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnisses gewesen ist, in das die Klägerin durch ihre Aufnahme in das Spital getreten ist. Dass sie das war, versteht sich nicht von selbst. Zwar gehört das Kantonsspital Aarau zu jenen Krankenhäusern, die dem Patienten nicht nur Unterkunft und Verpflegung, sondern auch ärztliche Hilfe verschaffen. Das gilt aber nicht ausnahmslos. a) Den Chefärzten ist gestattet, eine vom Regierungsrat bestimmte Anzahl Kranke, die sich in ihre Privatbehandlung begeben wollen, unter Anzeige an die zuständige Regierungsdirektion in besondere Zimmer aufnehmen zu lassen, soweit die erforderlichen Räume dafür vorhanden sind. Das wurde schon im revidierten Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau so bestimmt (§ 14) und auch im gleich benannten Dekret vom 14. Februar 1921 (§ 20) sowie im Dekret vom 28. Juni 1934 betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau (§ 20) ausdrücklich gesagt. Diese Normen bestimmten, die Aufnahme erfolge gegen Bezahlung der in anderen Paragraphen näher umschriebenen Taxen, die Entschädigung für die BGE 82 II 321 S. 326 ärztliche Behandlung dagegen sei Privatsache und bleibe der freien Vereinbarung überlassen. Damit war klargestellt, dass der Kanton sich in diesen Fällen nicht verpflichtete, den Kranken ärztlich behandeln zu lassen, anderseits aber auch nicht an der Vergütung teilhatte, die der Kranke dem Arzt für die Behandlung schuldete, ja sich in das Verhältnis zwischen dem Privatpatienten und dem Chefarzt überhaupt nicht einmischte, insbesondere diesem nicht vorschrieb, wie hoch die Vergütung sein dürfe oder müsse. Die in Deutschland vertretene, aber keineswegs durchgedrungene Auffassung, dass der Chefarzt auch den Privatpatienten in Erfüllung seiner dienstlichen Pflichten behandle und der Patient dem Krankenhaus verspreche, ihn dafür angemessen zu honorieren (vgl. E. MOLITOR, Krankenhaus und Chefarzt, 2. Aufl., 55 ff., 76 ff.; a.M. z.B. H. C. NIPPERDEY, Chefarzt und Krankenhaus, in "Der Krankenhausarzt" 1949 Heft 4 S. 4 ff.), lag somit der erwähnten aargauischen Regelung nicht zugrunde. Noch weniger galt das vom Privatpatienten zu zahlende Honorar für ärztliche Behandlung hier als eine Gebühr, die der Patient zwar dem Kanton schulde, dieser aber durch den Chefarzt einziehen lasse und ihm als Teil seiner Besoldung zur Verfügung stelle, ähnlich wie ein nach dem Sportelsystem entlöhnter Betreibungsbeamter die eingezogenen Gebühren behalten kann. Die Dekrete vom 8. Mai 1944 und 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten enthielten denn auch keine Bestimmung, die diese Auffassung der Klägerin zu rechtfertigen vermöchte. Als die Klägerin in das Kantonsspital Aarau eintrat, waren nicht mehr die erwähnten Dekrete über die Kostenvergütungen in Kraft, sondern es galt das Dekret vom 24. März 1947 über die Verpflegungstaxen des Kantonsspitals Aarau, das keine gleich lautende Bestimmung enthielt. Allein auch dieses Dekret ging davon aus, dass die Chefärzte zu privater Behandlung gewisser Kranker berechtigt seien, bestimmte es doch in § 6 lit. c, Patienten BGE 82 II 321 S. 327 der Privatabteilung der Chefärzte bezahlten die gleichen Taxen wie die Patienten der I. Klasse, und sie hätten darüber hinaus den sie behandelnden Chefarzt gesondert zu entschädigen. Auch das heute geltende Dekret vom 6. Juli 1955 über die Kostenvergütung im Kantonsspital Aarau steht auf diesem Boden. Es enthält eigene Bestimmungen über die Privatabteilung (§§ 15 ff.); eine davon sagt, ärztliche Behandlung, Operation und Geburten seien in der Tagestaxe nicht inbegriffen (§ 17 lit. a). Es ist denn auch durch die Einvernahme der Chefärzte Dr. Häuptli und Prof. Dr. Alder und des früheren sowie des gegenwärtigen Sekretärs der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt worden, dass die Dekrete von 1947 und 1955 materiell an der seit 1910 bestehenden Regelung betreffend Privatpatienten der Chefärzte nichts ändern wollten und sie nur deshalb nicht mehr ausdrücklich wiederholten, weil sie infolge ununterbrochener Anwendung seit 1910 als selbstverständlich galt. Die Botschaft des Regierungsrates vom 19. Februar 1954 zum Entwurf des heute geltenden Dekretes spricht noch ausdrücklich von Privatpatienten und führt aus, dass der leitende Arzt den Patienten der Privatabteilung für ärztliche Behandlung, Operation und Geburten direkt Rechnung stelle. Das ist auch an öffentlichen Spitälern anderer Kantone so, ohne dass je die ärztliche Behandlung der Privatpatienten als Teil der vom Spital versprochenen Leistungen, also nicht als Gegenstand eines rein privatrechtlichen Vertrages zwischen Patient und Arzt, betrachtet worden wäre. Für den Kanton Aargau ergibt sich eine andere Regelung nicht aus § 11 bezw. § 9 der Dekrete vom 8. Mai 1944 bezw. 7. Dezember 1953 über das Dienstverhältnis und die Besoldung der Staatsbeamten. Diese Bestimmungen, welche die Beamten verpflichten, während der vorgeschriebenen Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen, waren und sind zugunsten der Chefärzte des Kantonsspitals unter anderem dadurch durchbrochen, dass ihnen die Dekrete betreffend die Kostenvergütungen die BGE 82 II 321 S. 328 private Behandlung der in die Privatabteilung aufgenommenen Patienten erlaubten und noch heute gestatten. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass die geringe Besoldung nicht erlauben würde, tüchtige Chefärzte zu gewinnen, wenn ihnen die private Behandlung von Spitalpatienten und die weitere private Betätigung (Beratung, Abgabe von Gutachten; vgl. § 16 revidiertes Reglement vom 3. Dezember 1900 für die kantonale Krankenanstalt Aarau; § 15 revidiertes Dekret vom 30. Dezember 1910 betreffend die Kostenvergütungen in der kantonalen Krankenanstalt Aarau; § 12 revidiertes Dekret vom 26. Juni 1918 über die Organisation der kantonalen Krankenanstalt in Aarau; § 21 f. der Dekrete betreffend die Kostenvergütungen im Kantonsspital Aarau vom 14. Februar 1921 und 28. Juni 1934) nicht gestattet würde. b) Dass auch die Oberärzte befugt seien, im Kantonsspital Aarau Patienten auf eigene Rechnung zu behandeln, wird mit Recht nicht behauptet. Für sie gilt das Gebot, während der Arbeitszeit ihre volle Arbeitskraft dem Amte zu widmen. Sie können aber gleichwohl in die Lage kommen, Privatpatienten anders als "in Ausübung ihres Dienstes" in das Spital aufzunehmen und sie zu behandeln. Das trifft dann zu, wenn sie es in Vertretung und auf Rechnung ihres Chefarztes tun. Sie haben diesen nicht nur in seiner amtlichen Stellung zu vertreten, sondern pflegen auch seine Privatpatienten zu behandeln, wenn er abwesend ist, insbesondere in den Ferien weilt. Das haben Dr. Häuptli, Prof. Dr. Alder und Dr. B. sowie die beiden einvernommenen Sekretäre Dubach und Eichenberger der kantonalen Gesundheitsdirektion bestätigt. Aus den Aussagen der beiden letzteren ergibt sich auch, dass das der Gesundheitsdirektion bekannt gewesen ist und dass sie es von jeher geduldet hat. 2. Dr. B. und Dr. Häuptli haben die Klägerin als private Auftraggeberin des letztern betrachtet und ihr sowie ihrem für sie handelnden Ehemann gegenüber diese Auffassung auch kundgetan. Schon am 20. Juni 1952 erklärte Dr. B. der Klägerin, für die Beratung von diesem BGE 82 II 321 S. 329 Tage werde ihr Dr. Häuptli Rechnung stellen. Das geschah denn auch am 7. Juli 1952, und zwar stellte Dr. Häuptli die Rechnung nicht im Namen des Spitals, sondern in seinem eigenen Namen aus. Auch die Auskunft vom 26. Juli 1952, die seine Sekretärin dem Ehemann der Klägerin erteilte, verrät den Willen, einen privaten Auftrag zustande zu bringen. Die Schreiberin verwendete Papier mit Briefkopf des Dr. Häuptli. Die Auskunft spricht von "Honorar für die Operation des Chefarztes Dr. Häuptli". Ein Honorar konnte nur von einem Privatpatienten geschuldet werden, da für andere Patienten sowohl in der allgemeinen Abteilung als auch in der ersten Klasse Operation und ärztliche Behandlung in der Verpflegungstaxe inbegriffen sind. Auch bezeichnete das Schreiben die bekanntgegebene Taxe als solche für "Privatpatienten". Der Expressbrief von Ende September oder Anfang Oktober 1952, durch den Dr. B. die Klägerin zum Eintritt in das Spital einlud, sprach, wie die Klägerin zugibt, wiederum von Privatpatienten, indem Dr. B. ausführte, er dürfe diese nur solange operieren, als Dr. Häuptli in den Ferien sei. Am Tage der Aufnahme fiel keine Äusserung, die auf den Willen hätte schliessen lassen, die Klägerin werde nicht als private Auftraggeberin des Dr. Häuptli operiert, sondern Dr. B. und in der Folge auch der Chefarzt würden in Erfüllung amtlicher Pflichten handeln. Gegenteils wurde die Klägerin von den Schwestern Schweigler und Humbel, die sie auf Grund einer Mitteilung der Sekretärin des Dr. Häuptli als Privatpatientin betrachteten, auf die Privatabteilung gewiesen. Dass das, wie es gelegentlich für Patienten der ersten Klasse vorkam, nur deshalb geschehen sei, weil anderswo kein Platz vorhanden gewesen sei, wird nicht behauptet. Die Klägerin wurde von Dr. Häuptli auch wie eine Privatpatientin, nicht wie eine Kranke der allgemeinen Abteilung oder der ersten Klasse, behandelt, indem er sie täglich zweimal und nur in Begleitung einer Schwester besuchte. Er stellte ihr für die Operation und die Behandlung Rechnung. Das hätte er nicht tun dürfen, wenn er die Klägerin als Patientin BGE 82 II 321 S. 330 der ersten Klasse oder der allgemeinen Abteilung betrachtet hätte. Dass der Klägerin keine schriftliche Erklärung abverlangt wurde, wonach sie auf die Privatabteilung aufgenommen zu werden wünsche, vermag diese Willensäusserungen nicht zu entkräften. Wohl waren gedruckte Formulare vorhanden, auf denen andere Privatpatienten des Dr. Häuptli solche Erklärungen abzugeben hatten. Sie wurden aber nur in Zweifelsfällen verwendet, nicht auch dann, wenn das Personal private Behandlung schon als vereinbart erachtete (Aussage Schwester Humbel). Indem die Klägerin auf die erwähnten Willensäusserungen hin, insbesondere trotz der deutlich auf Vereinbarung eines privaten Auftrages abzielenden Briefe vom 7. Juli und von Ende September oder Anfang Oktober 1952 an ihren Ehemann, sich ohne gegenteilige Willenskundgebung zur Operation und Behandlung stellte, gab sie schlüssig ihre Zustimmung zu einem privaten Auftrag. Dass sie Dr. Häuptli nicht kannte, wohl aber ausdrücklich von Dr. B. operiert zu werden wünschte, steht dieser Auslegung ihres Verhaltens nicht im Wege. Die Klägerin wusste, dass Dr. B. den Auftrag als Vertreter des Dr. Häuptli ausführen würde. In dieser Eigenschaft hatte er schon die Beratung vom 20. Juni vorgenommen, wie der Klägerin und ihrem Ehemanne bekannt war. Auch hatte Dr. M. die Anfrage vom 7. Juli 1952 an Dr. Häuptli, nicht an Dr. B. oder die Spitalverwaltung gerichtet. Ebensowenig hilft der Einwand, die Klägerin habe unter einem "Privatpatienten" einfach einen in einem Einzelzimmer untergebrachten Kranken verstanden. "Privat" (privé) steht im Deutschen wie im Französischen im Gegensatz zu "öffentlich" (public) und durfte daher von den Eheleuten M. nicht in guten Treuen dahin verstanden werden, dass die Klägerin lediglich in einem Einzelzimmer (chambre particulière, im Gegensatz zu chambre commune) untergebracht werde, nicht auch einen privaten Auftrag zur Operation und Behandlung erteile. Am 9. Januar 1953 erhielt die Klägerin für "ärztliche Bemühung" eine Rechnung, die im Gegensatz zu den Rechnungen für die BGE 82 II 321 S. 331 übrigen Leistungen nicht auf Formularen der Spitalverwaltung, sondern auf einem solchen des Dr. Häuptli ausgestellt war. Das entging ihr nicht, behauptet sie doch, sie und ihr Gatte hätten sich ob der Rechnungstellung des Dr. Häuptli aufgehalten, weil dieser die Klägerin gar nicht behandelt habe. Trotz dieser angeblichen Unstimmigkeit bezahlten die Eheleute M. die Rechnung am 4. April 1953, da es ihnen angeblich unangenehm war, die Rechnungstellung zu beanstanden. Damit pflichteten sie der Auffassung des Dr. Häuptli, dass die Klägerin seine Privatpatientin sei, aber erneut bei. Anderseits fehlt jegliche Äusserung der Spitalverwaltung oder ihres Personals, wonach man der Klägerin Operation und Behandlung zu Lasten des Spitals hätte versprechen wollen. Die Klägerin wurde von allen Angestellten als Privatpatientin des Dr. Häuptli angesehen, nicht nur von dessen Sekretärin Schwester Müller, sondern auch von der Aufnahmeschwester Marie Schweigler, die auf dem Personalienblatt und dem Tagesrapport vom 3. Oktober 1952 entsprechende Eintragungen machte und die Klägerin auf die Privatabteilung wies, ebenso von Schwester Humbel, die dort die Aufnahmeformalitäten beendete. Auch teilte die Oberschwester dem Dr. B. vor der Operation mit, die Klägerin sei auf die Privatabteilung gekommen. Auf den Spitalrechnungen wurde die Klägerin durch die Abkürzung "Chir. Priv." als Privatpatientin der Abteilung für Chirurgie bezeichnet. Der private Auftrag der Klägerin an Dr. B. als Stellvertreter des Dr. Häuptli schliesst die Haftung des Kantons Aargau für die behaupteten Fehler in der Operation und Behandlung aus. Die Klage ist daher abzuweisen, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob wirklich Fehler begangen worden sind und welche Folgen sie hatten. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Klage wird abgewiesen.
public_law
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1,956
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CH_BGE_004
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Federation
6f79d41c-7a57-419b-89dd-6894f082902d
Urteilskopf 85 III 118 27. Arrêt du 9 octobre 1959 dans la cause Dubois.
Regeste Art. 8 Abs. 2 SchKG . Im Konkursverfahren können die Gläubiger grundsätzlich nicht nur die Protokolle, sondern alle im Besitz des Amtes befindlichen Aktenstücke einsehen. Art. 17 SchKG . Überprüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde.
Sachverhalt ab Seite 119 BGE 85 III 118 S. 119 A.- Dans la faillite de Pro Auto SA, ouverte à Genève, le créancier Gilbert Dubois a demandé à l'office des faillites l'autorisation de consulter la comptabilité de la débitrice. L'office a répondu par un refus, en déclarant qu'un tel examen se heurtait à des difficultés pratiques. Dubois a porté plainte contre cette décision. Il expliquait en bref qu'il avait intérêt à vérifier la comptabilité en cause, attendu que les organes de la débitrice avaient dissimulé des actifs sociaux. La plainte a été rejetée, le 18 septembre 1959, par l'Autorité de surveillance des offices de poursuite pour dettes et de faillite du canton de Genève. Selon cette juridiction, l'art. 8 al. 2 LP limite le droit des créanciers à la seule consultation des registres; pour le surplus, il est du ressort du préposé de les autoriser à examiner les autres pièces; dans la mesure où il invoque des raisons plausibles pour refuser l'accès à ces documents, sa décision ne saurait être invalidée; tout au plus pourrait-on faire droit à une plainte si le refus était purement arbitraire, tracassier ou hostile au requérant; ce n'est pas le cas en l'espèce. B.- Dubois défère la cause au Tribunal fédéral. Il conclut à ce que la décision attaquée soit annulée et la cause renvoyée à l'Autorité de surveillance pour que celle-ci lui permette d'examiner personnellement la comptabilité de la société faillie, ainsi que les documents annexes et les pièces justificatives. Erwägungen Considérant en droit: En vertu de l'art. 8 al. 2 LP, toute personne qui justifie de son intérêt peut consulter les registres de l'office. D'après la jurisprudence du Tribunal fédéral (RO 28 I 97, 40 III 259 consid. 2), chaque créancier a, en principe, cet BGE 85 III 118 S. 120 intérêt en cas de faillite. En effet, le montant du dividende dépend de la régularité de toutes les opérations. C'est ainsi qu'il est réduit illégitimement si des actifs du débiteur sont soustraits à la masse en faillite ou si d'autres personnes que les ayants droit participent à la répartition. Les créanciers ont donc un intérêt évident à pouvoir contrôler les opérations de la procédure de faillite, notamment pour en signaler les irrégularités à l'office et provoquer son intervention. De plus, ils peuvent dans certains cas obtenir la cession des droits de la masse (cf. par exemple art. 242, 260 et 285 LP) et il est nécessaire qu'ils soient mis en mesure d'en vérifier et d'en prouver le bien-fondé. Cependant, en cas de faillite, la seule consultation des registres serait insuffisante pour permettre aux créanciers d'exercer leur contrôle et de sauvegarder leurs droits. Il est donc nécessaire, comme le Tribunal fédéral l'a déjà jugé (RO 28 I 97, 40 III 260 consid. 3), qu'ils puissent examiner également les autres pièces que détient l'office, telles que la comptabilité du débiteur et les pièces justificatives, les procès-verbaux des séances des organes de la société faillie, etc. C'est seulement par la consultation de ces pièces que, dans de nombreux cas, il est possible de vérifier, par exemple, si l'inventaire des biens du failli est complet ou si une créance produite est fondée. Il s'ensuit que les créanciers ont, en principe, intérêt à examiner toutes les pièces qui sont en possession de l'office et on doit les y autoriser. Un refus ne peut leur être opposé qu'exceptionnellement, par exemple si leur requête est fondée sur des motifs étrangers à leur qualité de créanciers, si elle est tracassière ou si elle se heurte à un impérieux devoir de discrétion. En revanche, des difficultés pratiques ne sauraient suffire: l'office doit être organisé de manière à pouvoir remplir ses fonctions. D'autre part, lorsque l'autorité cantonale de surveillance est appelée à juger, sur plainte, si une requête fondée sur l'art. 8 al. 2 LP doit être admise ou non, elle ne saurait s'en remettre à l'appréciation du préposé sous BGE 85 III 118 S. 121 réserve de l'arbitraire, comme la juridiction genevoise l'a fait en l'espèce. Ainsi que le Tribunal fédéral l'a déjà relevé dans son arrêt du 18 septembre 1959, rendu entre les mêmes parties, l'art. 17 al. 1 LP ouvre la voie de la plainte non seulement lorsqu'une mesure de l'office est contraire à la loi, mais aussi quand elle n'est pas justifiée en fait. En tant qu'elles sont attaquées, les décisions de l'office sont donc reportées intégralement devant l'autorité de surveillance, dont rien ne restreint le pouvoir d'examen. En particulier, quand il s'agit de juger si une mesure est justifiée en fait, cette autorité doit substituer son appréciation à celle de l'office. Dès lors, la décision attaquée doit être annulée et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle statue à nouveau en se conformant aux principes qui viennent d'être rappelés.
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CH
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6f7cc508-5d32-46c5-b6d4-b7b667f3df1d
Urteilskopf 82 III 55 20. Entscheid vom 31. Mai 1956 i.S. Casana-Anstalt.
Regeste Zwangsversteigerung (Art. 125 ff., 133 ff., 156, 256 SchKG). Wer in fremdem Namen bietet, hat sich auf Verlangen des Steigerungsleiters über seine Handlungsbefugnis auszuweisen. Ist er dazu nicht in der Lage, so darf sein Angebot unberücksichtigt bleiben. - Art. 58 Abs. 2, 102, 130 VZG .
Sachverhalt ab Seite 56 BGE 82 III 55 S. 56 A.- Im Konkurs des Martin Rigling, gewesenen Wirtes zum "Rössli", Obere Schwendi, Speicher, fand am 12. April 1956 die Steigerung der Liegenschaft zum "Rössli" statt. Den Steigerungsbedingungen ist zu entnehmen: "3. Angebote ... Von Personen, die als Stellvertreter in fremdem Namen oder als Organ einer juristischen Person bieten, kann der Nachweis der Vertretungsbefugnis verlangt werden. Vormünder, die für ihre Mündel bieten, haben immer eine Vollmacht der zuständigen Vormundschaftsbehörde vorzuweisen. "10. Die Barzahlungen nach Ziffer 7 und 8 hiervor sind wie folgt zu leisten: a) Verwertungskosten Fr. 230.15, Verwaltungskosten Fr. 18.30. b) ... c) ... Diese Zahlungen sind wie folgt zu leisten: Die unter lit. a hievor bezeichneten Zahlungen am Steigerungstage selbst;..." B.- Für die konkursamtlich auf Fr. 23'000.-- geschätzte Liegenschaft bot Eugen Bürgi, St. Gallen, Fr. 25'200.--. Darauf folgte ein Angebot von Fr. 25'600.-- durch Albert Kolp, St. Gallen, namens der Grundpfandgläubigerin Casana-Anstalt, Vaduz. Der Konkursbeamte erteilte dieser Bieterin den Zuschlag, verlangte aber von Kolp einen Nachweis seiner Vertretungsbefugnis. Kolp wies die beglaubigte Photokopie einer Generalvollmacht vor. Laut deren vorgedrucktem Text ist der Generalbevollmächtigte "berechtigt, Rechtshandlungen jeder Art für den Vollmachtgeber vorzunehmen, insbesondere ... Grundeigentum nach freiem Willen zu erwerben, zu veräussern oder zu belasten ( Art. 396, Abs. 3 OR ) ...". Als Vollmachtgeberin ist am Eingang der Urkunde die CasanaAnstalt Vaduz mit Maschinenschrift eingesetzt und als Generalbevollmächtigter Albert Kolp, Martinsbrückerstrasse 44, St. Gallen, bezeichnet. Als Aussteller hat ohne Firmazusatz "Morscher Eduard" unterzeichnet. Die Urkunde BGE 82 III 55 S. 57 ist vom 13. Januar 1956 datiert, und unter dem gleichen Datum hat die Fürstlich liechtensteinische Landgerichtskanzlei die Echtheit der Unterschrift "des Herrn Eduard Morscher, Rankweil" bestätigt. Der Konkursbeamte, dem der an der Steigerung mitwirkende Gemeindeschreiber und Grundbuchverwalter von Speicher beistimmte, liess diese Generalvollmacht aus zwei Gründen nicht als genügenden Ausweis gelten: a) weil sie nicht namens der Casana-Anstalt, sondern kurzweg von Eduard Morscher unterzeichnet war, und b) weil dessen Befugnis, für die Casana-Anstalt zu zeichnen, nicht belegt war. Deshalb, und angeblich auch, weil Kolp den Betrag der Verwertungs- und Verwaltungskosten von Fr. 248.45 nicht bei sich hatte, erklärte der Konkursbeamte den Zuschlag an die Casana-Anstalt als nicht rechtskräftig und setzte die Steigerung fort. Da kein weiteres Angebot fiel, schlug er die Liegenschaft nach dreimaligem Ausruf an Eugen Bürgi zum nächst tieferen Angebot von Fr. 25'200.-- zu. C.- Darüber beschwerte sich die Casana-Anstalt binnen zehn Tagen mit dem Antrag, der Zuschlag an Bürgi sei als ungültig zu erklären, und es sei zu erkennen, dass die Liegenschaft als ihr zugeschlagen zu gelten habe. Sie brachte vor, Eduard Morscher sei für sie einzelunterschriftsberechtigt. Ein dies bezeugender Auszug aus dem Handelsregister von Vaduz ("Kundmachung"), datiert vom 26. Juli 1954, liege auf dem Grundbuchamt St. Gallen. Kolp habe gegenüber den Vorhalten des Konkursbeamten an der Steigerungsverhandlung erklärt, man könne sich auf dem erwähnten Grundbuchamte telephonisch erkundigen, wofür er die Spesen vergüten wolle. Doch sei der Konkursbeamte darauf nicht eingegangen. Die vorgewiesene General-Vollmacht hätte übrigens genügen sollen. - Von den bar zu erlegenden Verwertungs- und Verwaltungskosten bzw. einem Kostenvorschuss von Fr. 500.-- sei in diesem Augenblicke nicht mehr gesprochen worden. Das sei vorher, in einer vom Konkursbeamten eingeschalteten BGE 82 III 55 S. 58 Pause, geschehen. In der Zwischenzeit habe Kolp sich mit Erfolg nach einer Möglichkeit, diese Zahlung zu leisten, umgetan; ein anderer Steigerungsteilnehmer habe sich bereit erklärt, ihm den erforderlichen Betrag vorzustrecken. Kolp wäre also in der Lage gewesen, den Vorschuss beim Zuschlag zu erlegen; er sei aber dazu gar nicht aufgefordert worden, da der Beamte seine Vollmacht nicht habe gelten lassen. D.- Von der kantonalen Aufsichtsbehörde mit Entscheid vom 30. April 1956 abgewiesen, hält die Casana-Anstalt mit vorliegendem Rekurs an der Beschwerde fest. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Es kann dahingestellt bleiben, ob der Zuschlag an die Rekurrentin deshalb als hinfällig erklärt werden durfte, weil der in ihrem Namen auftretende Albert Kolp die erforderlichen Barmittel zur Begleichung der Verwertungs- und der Verwaltungskosten wirklich oder vermeintlich nicht verfügbar hatte. Wie dem auch sei, hält jedenfalls die Bemängelung des von ihm an der Steigerung vorgewiesenen Vertretungsausweises vor dem Bundesrechte stand. Das Angebot an einer Steigerung ist eine Willenserklärung. Im Namen eines Andern kann daher der Bieter nur dann gültig auftreten, wenn er dessen gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Vertreter ist, sei es infolge audrücklicher Bevollmächtigung oder auf Grund eines die entsprechende Ermächtigung in sich schliessenden Rechtsverhältnisses oder, bei juristischen Personen, kraft einer mit solcher Handlungsbefugnis verbundenen Organeigenschaft. Jede Unsicherheit über das Vertretungsrecht sollte grundsätzlich an einer Steigerung ausgeschaltet sein. Wird der Zuschlag einem in fremdem Namen auftretenden Bieter, d.h. eben dem von ihm Vertretenen, erteilt, ohne dass ein genügender Ausweis über das Vertretungsrecht BGE 82 III 55 S. 59 vorliegt, so geschieht es auf die Gefahr hin, dass der Zuschlag auf (unbefristete) Beschwerde des Vertretenen aufgehoben werden muss (vgl. BGE 58 III 9 ff.). Angesichts der damit verbundenen Nachteile hat die Praxis von jeher angenommen, dass, wer als Vertreter eines andern bietet, sich als dazu berechtigt durch eine unzweideutige Vollmacht auszuweisen hat (JAEGER, N. 2 c zu Art. 125 SchKG ). Auf die Zusicherung des Bietenden, die Vollmacht erst nachher beizubringen oder ergänzen zu lassen, braucht sich der Steigerungsbeamte nicht einzulassen. Lehnt er die Berücksichtigung des Angebotes eines nicht genügend ausgewiesenen Stellvertreters ab, so liegt darin keine Gesetzesverletzung, da diese Strenge sich nach dem Gesagten mit dem Interesse an einer endgültigen, nicht von später beizubringenden Ausweisen abhängigen Verwertung rechtfertigen lässt. Art. 58 VZG stellt denn auch verschiedene Vorschriften auf, die darauf abzielen, die Person des Bieters klarzustellen und bei Angeboten in fremdem Namen das Vertretungsrecht vor dem Zuschlag belegen zu lassen. Geschieht es nicht oder in ungenügender Weise, so darf das betreffende Angebot unberücksichtigt bleiben. Nimmt hierauf die Steigerung ihren Fortgang, und wird der Zuschlag einem andern Bieter in einwandfreier Weise erteilt, so kann dem aus triftigem Grund abgewiesenen Bieter nicht zugestanden werden, den Zuschlag durch das Betreibungs- oder Konkursamt widerrufen oder auf dem Beschwerdeweg aufheben zu lassen und sein eigenes Angebot nun doch zur Geltung zu bringen, indem er nachträglich einen ausreichenden Vertretungsausweis vorlegt. Im vorliegenden Falle war nun die von Kolp vorgewiesene Generalvollmacht mit den beiden vom Steigerungsbeamten gerügten Mängeln behaftet. Vollmachtgeberin ist nach dem Ingress dieser Urkunde zwar die Casana-Anstalt, es fehlt aber eine entsprechende Firmaunterschrift und liegt nur der Namenszug "Morscher Eduard" vor. Gewiss sprach eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, Morscher BGE 82 III 55 S. 60 habe eben namens der Casana-Anstalt, nicht in eigenem Namen unterzeichnen wollen. Es konnte aber doch ein Zweifel darüber auftauchen, ob er etwa die Urkunde, ohne die den Vollmachtgeber bezeichnende erste Linie auszufüllen, im eigenen Namen unterzeichnet habe, und ob dann ohne seine Zustimmung von irgendwem die Casana-Anstalt als Vollmachtgeberin eingesetzt worden sei. Ein solches Bedenken liess sich an der Steigerung nicht beheben. Dazu kam das Fehlen jedes Ausweises über die Befugnis Morschers, eine solche Generalvollmacht namens der Casana-Anstalt auszustellen. Weder vermochte sich Kolp auf eine von der Casana-Anstalt an Morscher erteilte Vollmacht mit dem Recht zu solcher Substitution zu stützen, noch wies er eine mit Einzelzeichnungsbefugnis verbundene Organeigenschaft des Genannten nach. Bei diesem Sachverhalt handelte der Konkursbeamte im Rahmen seines Ermessens, wenn er das für die Rekurrentin erfolgte Angebot mangels genügenden Vertretungsausweises des für sie handelnden Albert Kolp ausschlug. Er war nicht gehalten, sich während der Steigerung auf dem Grundbuchamt St. Gallen nach der Organeigenschaft und den Handlungsbefugnissen des Eduard Morscher telephonisch zu erkundigen, wie ihm dies Kolp nahelegte. Vielmehr durfte er einen vollständigen schriftlichen Ausweis verlangen und, da sich ein solcher ohne erhebliche Unterbrechung der Steigerung nicht beschaffen liess, über das namens der Rekurrentin erfolgte Angebot hinweggehen, d.h. den ihr bereits voreilig erteilten Zuschlag als nicht zu Recht bestehend erklären. Das war wegen des in Frage stehenden Mangels der Vollmacht ebenso zulässig wie etwa wegen Missachtung von Art. 60 Abs. 2 VZG ( BGE 55 III 67 ). Somit erweist sich der Rekurs jedenfalls unter dem nach Art. 19 SchKG einzig in Betracht fallenden Gesichtspunkt einer Gesetzesverletzung, unter Ausschluss blosser Angemessenheitsfragen, als unbegründet, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob nicht ein neuer statt des auf dem Grundbuchamt St. Gallen liegenden, vom 26. Juli BGE 82 III 55 S. 61 1954 datierten Registerauszuges hätte vorgelegt werden müssen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 121 I 117 18. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25. April 1995 i.S. Planungskonsortium "Rosenegg" gegen D. V. und Mitbeteiligte, Gemeinde Rorschacherberg und Regierungsrat des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 22ter BV , Art. 28 BauG/SG; Inhalt und Detaillierung von Gestaltungsplänen. 1. Voraussetzungen für Eigentumsbeschränkungen; Aufhebung eines Gestaltungsplanes als schwerer Eigentumseingriff (E. 3b). 2. Die Elemente eines Gestaltungsplanes ergeben sich primär aus seiner systematischen Stellung im Planungsgefüge; einzelne Planelemente. Bei Gestaltungsplänen, mit welchen in erheblichem Masse von der zonengemässen Nutzung abgewichen werden soll, dürfen höhere Anforderungen an die Bestimmtheit des Planinhaltes gestellt werden (E. 4). 3. Planmängel rechtfertigen für sich alleine keine Aufhebung eines Gestaltungsplanes, wenn sie: - eine Frage betreffen, die noch im Baubewilligungsverfahren befriedigend gelöst werden kann; - nur untergeordnete Bedeutung haben; - ohne grösseren Aufwand klargestellt werden können (E. 5a). 4. Anforderungen an die Festlegung der Gebäudegrundrisse und der Dachgestaltung bzw. der Dachformen (E. 5b und 5c). 5. Das Fehlen von verbindlichen Vorschriften über die Gebäudehöhe, die Umgebungsgestaltung und die Erschliessung sind gravierende Planmängel, die im Rechtsmittelverfahren grundsätzlich nicht behoben werden können (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 118 BGE 121 I 117 S. 118 Nahe dem Ortszentrum der Gemeinde Rorschacherberg liegt das Gebiet "Bleiche/Steigrübli". Es befindet sich in Hanglage und fällt nach Norden ab. Gemäss geltendem Zonenplan ist es teils der Wohnzone für zweigeschossige und teils der Wohnzone für dreigeschossige Bauten zugewiesen. Für einen Abschnitt besteht zudem ein Gestaltungsplan mit "Besonderen Vorschriften" von 1974 sowie Änderungen von 1982 und 1983. BGE 121 I 117 S. 119 Dieser Plan sieht unter anderem den Bau von Hochhäusern und einer durchgehenden Erschliessungsstrasse (Bleichistrasse) vor, welche die Goldacher- mit der Rosengartenstrasse verbindet. Die im östlichen Planabschnitt liegenden Parzellen sowie ein weiteres Grundstück wurden zwischenzeitlich etappenweise mit Mehrfamilienhäusern überbaut. Diese werden ab der Goldacherstrasse durch ein erstes Teilstück der Bleichistrasse als Sackgasse erschlossen. Im Laufe der achtziger Jahre schlossen sich die Eigentümer der noch nicht überbauten Parzellen zum Planungskonsortium "Rosenegg" zusammen. Sie beabsichtigten, den Gestaltungsplan den veränderten Verhältnissen und Bedürfnissen anzupassen. Die Gemeinde wünschte einen Verzicht auf den Bau der Hochhäuser und einer durchgehenden Quartierstrasse. Auf der Basis eines Projektwettbewerbes wurde in der Folge der Gestaltungsplan "Rosenegg" erarbeitet, bestehend aus dem Plan "Situation 1:500" und den "Besonderen Vorschriften" (besV); die beiden weiteren dazugehörenden Pläne "Schnitte/Ansichten 1:500" und "Perspektive Goldacherstrasse" haben wegleitenden Charakter. Der Gestaltungsplan sieht im westlichen und nördlichen Teil des Gebietes ein sechsgeschossiges (Haus A) sowie sieben viergeschossige Gebäude (Häuser B-H) vor, wovon eines (Haus B) als über 100 m langer Wohnblock entlang der Goldacherstrasse (oben am Hang) erstellt werden soll. Im nordöstlichen Teil des Gebietes, am Rande des bereits überbauten Areales, soll zudem ein dreigeschossiges Mehrfamilienhaus (Haus J) gebaut werden. Gegen diesen Gestaltungsplan gingen zahlreiche Einsprachen vor allem von Eigentümern und Mietern der bereits überbauten Liegenschaften im Plangebiet ein. Die Einsprachen wurden vom Gemeinderat abgewiesen. Demgegenüber hiess der Regierungsrat die Rekurse in der Hauptsache gut, soweit er darauf eintrat. Den Gestaltungsplan "Rosenegg" hob er auf, da der Plan Mängel aufweise; es sei nicht möglich zu prüfen, ob er eine "städtebaulich vorzügliche Gestaltung" im Sinne von Art. 28 des kantonalen Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 6. Juni 1972 (Baugesetz, BauG) erlaube. Die gegen diesen Entscheid vom Planungskonsortium "Rosenegg" erhobene staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab BGE 121 I 117 S. 120 Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 3. In der Sache berufen sich die Beschwerdeführer auf das Willkürverbot ( Art. 4 BV ), die Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ), die derogatorische Kraft des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV) sowie vorfrageweise auf die Gemeindeautonomie. a) Die Beschwerdeführer legen nicht im einzelnen dar, weshalb Art. 2 ÜbBest. BV verletzt sein sollte. Insoweit ist daher auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Es ist ohnehin nicht zu erkennen, inwiefern hier der Berufung auf Art. 2 ÜbBest. BV gegenüber der Rüge, die Eigentumsgarantie werde verletzt, eine eigenständige Bedeutung zukommen könnte. b) Eigentumsbeschränkungen sind nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegen und sich unter den gegebenen Umständen als verhältnismässig erweisen. aa) Dass Art. 28 BauG eine genügende gesetzliche Grundlage für den Erlass von Gestaltungsplänen darstellt, steht ausser Frage. Ebenso gehen alle Verfahrensbeteiligten dem Grundsatze nach davon aus, aus dieser Vorschrift liessen sich die Anforderungen an den Planinhalt ableiten. Umstritten ist hingegen, welche Einzelheiten im Plan wie konkret geregelt sein müssen. bb) Im vorliegenden Fall geht es um einen schweren Eigentumseingriff. Der Regierungsrat hob den Gestaltungsplan "Rosenegg" auf. Aufgrund des ersten Gestaltungsplanes können die Beschwerdeführer eine Überbauung ebenfalls kaum mehr realisieren; die Gemeinde wünschte eine Überarbeitung dieses Planes (wobei allerdings nicht klar ist, ob sie eine Bausperre verhängte; vgl. Art. 32 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 105 BauG). Bleibt es bei der Aufhebung des Gestaltungsplanes "Rosenegg", werden die Beschwerdeführer nicht ohne weiteres in der Lage sein, für einen dritten Gestaltungsplan die notwendigen Zustimmungen der Grundstückseigentümer beizubringen (Art. 28 Abs. 2 BauG; vgl. das Urteil des Bundesgerichtes vom 25. Mai 1994 i.S. der Parteien), falls die Gemeinde den Planperimeter nicht anders festsetzt. Die vor Erlass des Gestaltungsplanes "Rosenegg" grundsätzlich noch mögliche Überbauung der Liegenschaften aufgrund des Planes von 1974 weit über das zonengemässe Mass hinaus ist bei dieser Sachlage wie gesagt kaum mehr möglich oder jedenfalls stark erschwert ( BGE 115 Ia 363 E. 2a). Liegt somit BGE 121 I 117 S. 121 ein schwerer Eingriff in die Eigentumsrechte vor, ist die Auslegung des kantonalen Rechts frei zu prüfen ( BGE 119 Ia 362 E. 3a S. 366; BGE 116 Ia 181 E. 3c S. 185). Den Rügen, der Regierungsrat habe das Baugesetz willkürlich gehandhabt, und er habe die Gemeindeautonomie verletzt, kommt unter Vorbehalt der nachstehenden Präzisierungen (E. 4c) keine selbständige Bedeutung zu (vgl. BGE 120 Ia 203 E. 2a S. 204, wonach das Bundesgericht bei Autonomiebeschwerden die Auslegung kantonaler Vorschriften auf Willkür hin prüft). c) Die weitere Kritik betrifft primär die Frage, ob die Aufhebung des Gestaltungsplanes verhältnismässig ist. Dies prüft das Bundesgericht frei ( BGE 119 Ia 362 E. 3a S. 366). 4. a) Das st. gallische Planungsrecht kennt drei eigentümerverbindliche Pläne. Der Zonenplan teilt den Gemeindebann in Teilgebiete verschiedener Nutzungsart und Nutzungsintensität sowie verschiedener Regelbauweise und Immissionstoleranz ein (Art. 9 Abs. 1 BauG). Als Rahmennutzungsplan stellt er eine allgemeine Grundordnung für die Bodennutzung auf (WALTER HALLER/PETER KARLEN, Raumplanungs- und Baurecht, 2. Aufl., Zürich 1992, S. 56). Einer ersten Gliederung des Baugebietes dient der Überbauungsplan. Er ordnet für ein engeres, bestimmt umgrenztes Gebiet die Erschliessung und die besondere Bauweise mit Hilfe von Strassen- und Baulinien, Höhenangaben und Richtungspunkten. Es können besondere Vorschriften erlassen werden, welche die besondere Bauweise vor allem hinsichtlich der Baumasse und der Ausnützungsziffer regeln; dabei ist es in einem bestimmten Rahmen möglich, von den allgemeinen Zonenvorschriften abzuweichen (Art. 23-27 BauG). b) In einem noch detaillierteren Masse regelt der Gestaltungsplan die Nutzung von Bauland (Art. 28 BauG). Mit seiner Hilfe soll eine "städtebaulich vorzügliche Gestaltung" sichergestellt werden, wobei die Überbauung "bis in Einzelheiten" zu regeln ist; als Beispiel dafür nennt das Gesetz die Festlegung des Grundrisses (Art. 28 Abs. 1 Satz 1). Welche weiteren Elemente in einem Gestaltungsplan festzulegen sind, ergibt sich namentlich aus seiner systematischen Stellung im Planungsgefüge. Weil er die Bodennutzung noch eingehender als der Überbauungsplan regelt, müssen der Sache nach zumindest jene Punkte geregelt werden, welche Gegenstand eines Überbauungsplanes sein können (dazu vorne E. 4a). Es sind dies in Übereinstimmung mit dem Regierungsrat jedenfalls die Lage, das Mass, die Höhe und die Gestaltung der Bauten, die Ausscheidung der Freiflächen sowie BGE 121 I 117 S. 122 die vorgesehene Erschliessung. Solches verlangen dem Grundsatze nach auch andere Kantone (Näheres bei STEPHAN ESCHMANN, Der Gestaltungsplan nach zürcherischem Recht, Diss. Zürich 1984, S. 117 ff.; ROBERT IMHOLZ, Der Gestaltungsplan - ein neues Instrument im kantonalzürcherischen Planungs- und Baugesetz, ZBl. 78/1977 S. 488 ff., sowie KANT. AMT FÜR RAUMPLANUNG [Hrsg.], Der Gestaltungsplan im Siedlungsgebiet nach solothurnischem Recht, Solothurn 1989, mit Planbeispielen). c) Der Regierungsrat darf allerdings keine so konkretisierte Planung verlangen, dass für die Erarbeitung eines Bauprojektes kein oder kein wesentlicher Spielraum mehr bestehen würde. Im allgemeinen wird die Meinung vertreten, der Plan habe den Eigentümern noch einen angemessenen Spielraum zu belassen bzw. Bauprojekte verschiedener (Aus-)Gestaltung zuzulassen. Der Projektierungsspielraum müsse jedoch nicht für jedes Planelement gegeben sein; es genüge, wenn der Plan als Ganzes mehrere Detailvarianten ermögliche (ESCHMANN, a.a.O., S. 124 f.; IMHOLZ, a.a.O., S. 490). Wie es sich damit im einzelnen verhält, ist nicht abschliessend zu entscheiden. Die Frage nach dem noch zulässigen Spielraum für die Ausarbeitung eines Bauprojektes muss in aller Regel von Fall zu Fall nach pflichtgemässem Ermessen primär durch die Gemeinde beurteilt werden. Sie ist für die Ortsplanung verantwortlich (Art. 2 und 4 BauG) und - in Zusammenarbeit mit den Grundeigentümern - Trägerin der Gestaltungsplanung (Art. 28 Abs. 1 BauG). Daher muss ihr der Regierungsrat trotz der ihm zustehenden Rechts- und Ermessenskontrolle (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BauG) einen Beurteilungsspielraum belassen ( Art. 2 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 [Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700] , Art. 3 Abs. 2 Satz 2 BauG). Dieser hat sich freilich am Gesetz zu orientieren. In diesem Zusammenhang ist Art. 28 Abs. 1 BauG zu beachten, der wie gesagt bestimmt, dass Gestaltungspläne die Überbauung "projektmässig" bis in Einzelheiten "regeln". Mit Blick auf diese Vorschrift darf bei Gestaltungsplänen, mit welchen wie hier in erheblichem Masse von der zonengemässen Nutzung abgewichen werden soll, höhere Anforderungen an die Bestimmtheit des Planinhaltes gestellt werden. 5. Im Lichte der dargelegten Grundsätze ist im folgenden zu prüfen, wie es sich mit den vom Regierungsrat festgestellten Planungsmängeln verhält. a) Der Regierungsrat beanstandete, die Auswirkungen der entlang der Goldacher- und der Rosengartenstrasse geplanten Lärmschutzwand auf das BGE 121 I 117 S. 123 Erscheinungsbild der Überbauung könnten mangels Gestaltungsvorschriften nicht beurteilt werden. Auch fehle ein allgemeiner Zweckartikel in den "Besonderen Vorschriften", und die Unterteilung des Gestaltungsplanes in die Teilgebiete A, B und C sei nicht nachvollziehbar. aa) Dass Regelungen für die Gestaltung der Lärmschutzwand fehlen, trifft zu, doch fällt dieser Mangel nicht schwer ins Gewicht. Die Einordnung der Lärmschutzwand in die Umgebung kann in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beschwerdeführer noch im Rahmen des konkreten Projektes befriedigend gelöst werden. Dies räumt das Baudepartement in seiner Vernehmlassung denn auch grundsätzlich ein. bb) Unbedeutend ist der Umstand, dass in den "Besonderen Vorschriften" ein Zweckartikel fehlt. Der Zweck eines Gestaltungsplanes ergibt sich aus dem Gesetz (Art. 28 Abs. 1 BauG). cc) Zu folgen ist dem Regierungsrat darin, dass die Abgrenzung der drei Teilplangebiete nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist. Ohne grösseren Aufwand hätte aber durch Abklärungen festgestellt und präzisiert werden können, dass die Abgrenzung auf den Eigentumsverhältnissen im noch unüberbauten Plangebiet beruht (Teilplangebiet A: Parzelle Nr. 1141, Firma M. AG und D.; Teilplangebiet B: Parzelle Nr. 693, C.; Teilplangebiet C: Parzellen Nr. 34, 1142, 1143, 144, 1145, 1151 und 1153: A. und B.). b) Nach Auffassung des Regierungsrates ist das Verhältnis zwischen den Grundrissen (rote Flächen, umrandet von feinen schwarzen Gestaltungsbaulinien) und den roten Baubegrenzungslinien (bzw. dem Baufeld für das Haus J) nicht klar. Nicht geregelt sei, ob die Baubegrenzungslinien lediglich die maximale Fassadenlänge auf zwei Gebäudeseiten bezeichnen würden (bzw. die maximale Gebäudefläche des Hauses J), ohne die Grundrissform (nach Plan mit Ausnahme des Hauses A und J rechteckig) festzulegen, oder ob die eingezeichneten Grundrissformen verbindlich seien und die Baubegrenzungslinien eine an der Grundrissform orientierte (proportionale) Vergrösserung des Grundrisses zulassen würden. aa) Auf den ersten Blick ist die Regelung der Grundrissgestaltung - einerseits festgelegte Gebäudefläche, anderseits Gestaltungsspielraum mit Hilfe von Baubegrenzungslinien (Häuser A, B, D-F sowie H) - widersprüchlich. Das gegenseitige Verhältnis dieser Festlegungen lässt sich jedoch durch Auslegung des Planes bestimmen. Gemäss "Situation 1:500" gehören sowohl die Grundrissformen als auch die Baubegrenzungslinien zum verbindlichen Planinhalt (Planlegende: "Festlegungen"). Die eingetragenen BGE 121 I 117 S. 124 Gebäudegrundrisse sind daher grundsätzlich massgebend (von den Beschwerdeführern als "Normtypus" bezeichnet). Die jeweils an eine Längs- und eine Seitenfassade gelegten Baubegrenzungslinien lassen jedoch eine gewisse Veränderung bzw. Vergrösserung der Grundrisse zu. Dabei verlangt Ziffer 5.4 Satz 2 besV, dass je eine Längs- und eine Seitenfassade an die entsprechende Baubegrenzungslinie zu stellen ist. Auch muss im Falle einer Vergrösserung grundsätzlich der Normtypus des Grundrisses gewahrt bleiben. Dies folgt aus der Verbindlichkeit der mit der Signatur "Gebäude" bezeichneten Grundrissform. Für das Haus J ergibt sich dies auch aus Ziffer 7.7 Satz 1 besV. Danach kann der Grundriss innerhalb des Baufeldes verändert (vergrössert) werden, doch muss die Gestaltung des Gebäudes (was die Form des Grundrisses einschliesst) im wesentlichen den bestehenden Bauten der ersten Bauetappe angepasst werden; es muss also - wie im Plan vorgesehen - deren Grundrissform übernommen werden. bb) Diese Ordnung ist nicht derart unbestimmt, dass der Plan insoweit nicht auf seine städtebauliche Gestaltung hin überprüft werden könnte. Dass die Grundrissformen in einem gewissen Masse variabel sind, trifft zu und muss erlaubt sein (ESCHMANN, a.a.O., S. 120 f.). Die Gestaltungsfreiheit für die Ausarbeitung eines Projektes ist keineswegs so gross, dass der Plan seine Steuerungsfunktion für die Überbauung verlieren würde. Selbst wenn die Kritik des Regierungsrates begründet wäre, hätte der Grundsatz der Verhältnismässigkeit geboten, durch eine Streichung der Gestaltungsbaulinien Klarheit zu schaffen, anstatt den Plan in bezug auf die Festlegung der Grundrisse gesamthaft als ungenügend zu bezeichnen (Grundsatz der Erforderlichkeit einer freiheitsbeschränkenden Massnahme in sachlicher Hinsicht; BGE 94 I 492 E. 4 S. 495 f.; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Zürich 1993, S. 113). c) Nach Auffassung des Regierungsrates sind die Dachformen und die Dachgestaltung nicht hinreichend deutlich und verbindlich geregelt. aa) Dieser Vorwurf ist in bezug auf das Haus J nicht berechtigt. Dieses soll nach dem Plan "Situation 1:500" ein Giebeldach erhalten, was mittels einer längs durch die Mitte des Grundrisses gezogenen schwarzen Linie angezeigt wird. In Ziffer 7.7 besV ist überdies von der Firsthöhe des Hauses die Rede und es wird vorgeschrieben, dass es sich in der Gestaltung im wesentlichen - wesentlich ist unter anderem die Dachgestaltung - den BGE 121 I 117 S. 125 bestehenden Bauten im bereits überbauten Teil des Quartierplangebietes anzupassen habe; diese Bauten verfügen über Giebeldächer. bb) Hinsichtlich der Häuser A-H muss aufgrund der Einzeichnungen im (verbindlichen) Plan "Situation 1:500" davon ausgegangen werden, dass die Bauten grundsätzlich Flachdächer erhalten sollen, wobei die Grundrisse der Dachgeschosse die Fassadenfluchten der Normalgeschosse zu übernehmen haben (Ziffer 5.5 Satz 2 besV). Die Dachgeschosse sind gemäss Ziffer 5.5 Satz 1 besV durch Terrassen zu gliedern. Im Plan wird dies durch feine schwarze Linien sowie diagonale Strichmuster dargestellt, welche den Schattenwurf symbolisieren. Die den Schattenwurf darstellende Signatur ist in der Planlegende allerdings nicht unter den "Festlegungen" aufgeführt. Der Darstellung im Plan "Situation 1:500" ist weiter zu entnehmen, dass für die Häuser B-H kleinere Dachaufbauten vorgesehen sind, welche durch mehrere senkrecht verlaufende, nebeneinander liegende feine schwarze Linien bezeichnet werden. Nach dem im Plan dargestellten Schattenwurf sollen diese Dachaufbauten Pultdächer erhalten, doch fehlen insoweit ebenfalls "Festlegungen" in der Planlegende. Das Haus A schliesslich soll ebenfalls ein Flachdach erhalten. Es ist vorgesehen, das Dach an der Süd- und Nordseite durch zwei bzw. eine Dachterrasse zu gliedern. Aufgrund der Darstellung im Plan "Situation 1:500" ist sodann anzunehmen, dass ungefähr in der Mitte des Flachdaches eine rechteckige Dachaufbaute mit Giebeldach und daran auf der nördlichen Seite anschliessend eine quergestellte Dachaufbaute mit Flachdach errichtet werden soll, was im Plan mit einem Schattenwurf angedeutet wird. cc) Gemessen an den Grundsätzen für die Ausarbeitung von Gestaltungsplänen (vorne E. 4b und c) ergeben sich aus den erwähnten zeichnerischen Darstellungen die Dachformen und die Dachgestaltung an sich mit genügender Deutlichkeit. Dies gilt jedenfalls dann, wenn man von Ziffer 5.4 Satz 1 besV ausgeht, welche Vorschrift besagt, dass die Dachform dem Gestaltungsplan zu entsprechen hat, und weiter folgert, die erwähnten zeichnerischen Darstellungen seien von dieser Vorschrift erfasst und damit für das Bauprojekt verbindlich. Dennoch fragt sich, weshalb die Einzelheiten der Dachgestaltung in der Planlegende nicht unter den (verbindlichen) "Festlegungen" aufgeführt ist, wenn sie gemäss Ziffer 5.4 besV bindend sein sollen. Dieser Widerspruch wird durch die Einzeichnungen im Schnittplan verstärkt. Die darin dargestellte Dachgestaltung entspricht im wesentlichen den Einzeichnungen im Plan "Situation 1:500", doch haben BGE 121 I 117 S. 126 die Schnittpläne nur wegleitenden Charakter (Ziffer 8 besV) und sind daher für die Projektausarbeitung nicht bindend. Unter diesen Umständen ist es verständlich, dass der Regierungsrat zur Auffassung gelangte, die Regelung der Dachformen und Dachgestaltung sei nicht restlos klar und verständlich. 6. Noch kritischer verhält es sich mit anderen Punkten. a) Ein gravierender Mangel ist, dass ausser für das Haus J (Ziffer 7.7. besV) Vorschriften über die Gebäudehöhe fehlen. Die Festsetzung der Höhe der Bauten ist ein zentraler Punkt der Gestaltungsplanung (vgl. ESCHMANN, a.a.O., S. 120 f.; IMHOLZ, a.a.O., S. 488). Im Kanton St. Gallen stellt die Gebäudehöhe gemäss Art. 60 BauG der senkrechte Abstand zwischen dem Niveaupunkt und dem ausgemittelten Schnittpunkt der Fassade mit der Dachoberkante in der Fassadenmitte dar. Als Niveaupunkt gilt dabei der Schwerpunkt des Gebäudegrundrisses auf dem gewachsenen Boden. Im Lichte dieser gesetzlichen Definition genügt es nicht, im Plan lediglich die Anzahl der vorgesehenen Geschosse und die Höhenkote des Erdgeschosses festzulegen. Nach kantonalem Recht ist vielmehr eine verbindliche (Maximal-)Angabe in Metern notwendig, wie dies Art. 11 des kommunalen Baureglementes (BR) für die Regelbauweise vorzeigt. Diese Lücke kann nicht durch eine Verbindlicherklärung des Planes "Schnitte/Ansichten 1:500" geschlossen werden, wie die Beschwerdeführer vorschlagen. Bereits der Regierungsrat stellte fest, dass dieser Plan nicht genügend präzise vermasst ist. Auch die Beteuerung, sie würden aus Kostengründen keine ungewöhnlich hohen Bauten erstellen, hilft den Beschwerdeführern nicht. Die Gebäudehöhe gehört zu jenen "Einzelheiten", welche zwingend einer Regelung im Gestaltungsplan bedürfen. Die dahingehende Auffassung des Regierungsrates ist nicht verfassungswidrig (vorne E. 4b). b) Mit Recht bemängelte der Regierungsrat die weitgehend fehlende Festsetzung der Umgebungsgestaltung. aa) Zu grundsätzlicher Kritik gibt der Umstand Anlass, dass gemäss Plan "Situation 1:500" die Umgebungsgestaltung lediglich hinweisenden Charakter hat und dementsprechend unverbindlich ist. Die Integrierung der Bauten in die Umgebung zur Erreichung einer städtebaulich vorzüglichen Überbauung bildet ein wesentliches Planelement, hängt doch die Gesamtwirkung der Überbauung entscheidend (auch) von den Freiräumen ab. Jedenfalls die Kernelemente der Umgebungsgestaltung wie die Bezeichnung von Grünflächen, Garten- und Parkanlagen, die Bepflanzung von Zwischenräumen oder die Terraingestaltung sind daher in den Grundzügen verbindlich zu regeln BGE 121 I 117 S. 127 (ESCHMANN, a.a.O., S. 131 f.; IMHOLZ, a.a.O., S. 493). Diesen Anforderungen genügt der Plan nicht. Ziff. 6.1 besV enthält lediglich Gestaltungsvorschriften, welche sich auf den nördlichen Teil der Parzelle Nr. 1141 und den westlichen Teil des Grundstücks Nr. 693 beziehen. Überdies werden nur Einzelfragen (Erhaltung des bestehenden Reliefs bzw. des Parkwaldes an den betreffenden Orten) geregelt; ein verbindliches planerisches Gesamtkonzept für die Gestaltung der gesamten Umgebung fehlt. Die weitere Bestimmung, dass die offenen Abstellplätze mit hochstämmigen Bäumen zu beschatten sind (Ziffer 6.2 besV), krankt am Umstand, dass die Erstellung offener Abstellplätze nicht verbindlich vorgeschrieben oder sonstwie geregelt wird (dazu die nachstehende E. 6c). Ebenfalls unverbindlich ist die im Plan angezeigte Gliederung der Umgebung mit öffentlichen und privaten Grünflächen einerseits und Spielstrassen anderseits. bb) Die Beschwerdeführer wenden ein, der Regierungsrat hätte die im Plan vorgezeichnete Umgebungsgestaltung verbindlich erklären können und müssen, um eine unverhältnismässige Eigentumsbeschränkung zu verhindern. Dem ist nicht zuzustimmen. Zwar ist es nicht grundsätzlich ausgeschlossen, noch im Rechtsmittelverfahren am Gestaltungsplan gewisse Korrekturen anzubringen. Es muss sich dabei aber um nebensächliche Punkte (vgl. die vorstehende E. 5a/cc) oder um Fragen handeln, die aufgrund des verbindlichen Planinhaltes ohne weitere Schwierigkeiten präzisiert werden können (vgl. die vorstehende E. 5b/bb). Für die Umgebungsgestaltung trifft hier beides nicht zu. c) Auch die Erschliessung, ein weiterer für die Planung zentraler Punkt (ESCHMANN, a.a.O., S. 128 ff.; IMHOLZ, a.a.O., S. 492 f.), wird weitgehend nur mit Hinweisen geregelt. Lediglich die Anschlüsse an das öffentliche Strassennetz sind verbindlich festgelegt (Anschluss Bleichistrasse/Goldacherstrasse, Einfahrt in Goldacherstrasse beim westlichen Ende des Hauses B, zwei Einfahrten in die Rosengartenstrasse im nordwestlichen Teil des Plangebietes). Demgegenüber haben die im Plan eingetragenen Einfahrten in die Sammelgaragen bloss hinweisenden Charakter. Überhaupt nicht geregelt ist die genaue Lage der einzelnen Sammelgaragen, wie viele erstellt werden und welchen Bauten sie zugehören sollen. Kein klares Konzept besteht sodann namentlich für die Zufahrten in die Sammelgaragen ab der Rosengartenstrasse. Sie sind nach Plan an gewissen BGE 121 I 117 S. 128 Stellen bloss rund drei Meter breit, was als Zufahrt für eine Quartierüberbauung in der geplanten Grösse kaum genügen dürfte. Einer dieser relativ schmalen Zufahrtswege soll zudem, obwohl er als Hauszufahrt für zwei grössere Mehrfamilienhäuser dient, rollstuhlgängig ausgebaut werden, was nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sein dürfte. Schliesslich wird auch die Erstellung der oberirdischen Parkierungsanlagen und der Spielstrassen nicht verbindlich geregelt. Eine Heilung dieser Mängel durch Verbindlicherklärung des genannten, lediglich hinweisenden Charakter aufweisenden Planinhaltes durfte der Regierungsrat aus den vorstehend dargelegten Gründen ablehnen (E. 6b/bb). d) Es fragt sich, welche Konsequenzen sich aus diesen Feststellungen für das weitere Schicksal des Gestaltungsplanes "Rosenegg" ergeben. Die Beschwerdeführer verlangen eine Rückweisung des Planes an die Gemeinde zur Verbesserung und eine Wiedereinsetzung des Verfahrens in den Stand nach erfolgter Einspracheerhebung (Wahrung des Zustimmungsquorums). Dies ist indes mit dem Regierungsrat abzulehnen. Ein solches Vorgehen hätte zur Verhinderung unverhältnismässiger Eigentumsbeschränkungen nur in Betracht gezogen werden müssen, wenn die Mängel untergeordneter Natur wären, was hier nicht zutrifft; der Plan ist vielmehr in bedeutenden Punkten neu zu überarbeiten (Gebäudehöhe, Dach- und Umgebungsgestaltung, gesamte innere Quartiererschliessung).
public_law
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6f80cc96-0fce-47c1-af20-3a77403a9351
Urteilskopf 109 Ia 214 41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Juni 1983 i.S. Z. gegen Universitätsanwalt der Universität Zürich, Erziehungsdirektion und Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; Garantie des unabhängigen und unparteiischen Richters. Ein Disziplinarverfahren betreffend den Ausschluss eines Studenten vom Studium und von den Prüfungen an der Universität für die Dauer eines Semesters fällt nicht unter den Geltungsbereich dieser Vorschrift.
Sachverhalt ab Seite 215 BGE 109 Ia 214 S. 215 Der Student Z. wurde von der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich am 11. September 1981 wegen Verstössen gegen die Disziplinarordnung der Universität Zürich für die Dauer eines Semesters vom Studium und von den Prüfungen an der Universität ausgeschlossen. Einen dagegen erhobenen Rekurs des Studenten wies der Regierungsrat des Kantons Zürich mit Beschluss vom 10. März 1982 ab. Mit staatsrechtlicher Beschwerde beklagt sich Z. unter anderem über eine Verletzung seines Anspruchs auf einen unabhängigen und unparteiischen Richter im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Der Beschwerdeführer rügt als Verstoss gegen die Art. 4 und 58 BV sowie gegen Art. 6 Ziff. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), dass der Regierungsrat seinen Rekursentscheid unter beratender Mitwirkung des Erziehungsdirektors gefällt habe. Diese Mitwirkung beruhte auf § 43 Abs. 4 des zürcherischen Gesetzes betreffend die Organisation und Geschäftsordnung des Regierungsrates und seiner Direktionen vom 26. Februar 1899, der wie folgt lautet: "Bei Entscheidung von Rekursen gegen Verfügungen oder Beschlüsse der Direktionen, des Erziehungsrates oder ständiger Kommissionen nehmen diejenigen Mitglieder des Regierungsrates, von welchen die rekurrierte Verfügung ausgegangen ist oder die bei der rekurrierten Schlussnahme mitgewirkt haben, an der betreffenden Verhandlung nur mit beratender Stimme teil." a) (Ausführungen darüber, dass eine Verletzung der Art. 58 und 4 BV nicht vorliegt.) b) Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Bürger dann Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht beurteilt wird, wenn das Gericht über zivilrechtliche BGE 109 Ia 214 S. 216 Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat. Es stellt sich die Frage, ob das Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer zivilrechtliche Ansprüche oder eine strafrechtliche Anklage im Sinne dieser Vorschrift zum Gegenstand hat. Dass es sich um ein Disziplinarverfahren handelt, schliesst dies (entgegen der früher von der Europäischen Kommission für Menschenrechte vertretenen Auffassung, vgl. SCHUBARTH, Die Art. 5 und 6 der Konvention, insbesondere im Hinblick auf das schweizerische Strafprozessrecht, ZSR 94/1975 I S. 496 f. Ziff. 110) nicht von vornherein aus. So hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Urteil vom 10. Februar 1983 i.S. Albert und Le Compte (in Bestätigung eines früheren Entscheides vom 23. Juni 1981, publiziert in EuGRZ 1981 S. 551 ff.) Disziplinarverfahren gegen belgische Ärzte, die zu einem zeitlich beschränkten oder unbeschränkten Berufsverbot führen können, - als zivilrechtliche Ansprüche betreffend - der Garantie von Art. 6 Ziff. 1 EMRK unterstellt; er liess dabei aber offen, ob es sich auch um eine strafrechtliche Anklage gehandelt habe (EuGRZ 1983 Heft 7 S. 192 f.). Eine strafrechtliche Anklage ist in einem Disziplinarverfahren nur dann zu sehen, wenn die Sanktion nach der Schwere des Eingriffs als strafrechtliche Sanktion zu werten ist (WILDHABER, Erfahrungen mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, ZSR 98/1979 II S. 365). Dies trifft z.B. bei längerem militärischem Arrest zu (RAYMOND, La Suisse devant les organes de la Convention européenne des Droits de l'Homme, ZSR 98/1979 II S. 61). Massgebend dafür, ob ein Verfahren unter den Geltungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fällt, ist somit nicht, ob es sich dabei um ein Gerichts- oder ein Verwaltungsverfahren handelt, sondern allein, ob es dabei um einen zivilrechtlichen Anspruch oder eine strafrechtliche Anklage geht. Über den Charakter des Anspruchs oder der Anklage entscheiden die Konventionsorgane autonom, ohne Rücksicht auf die Begriffe des nationalen Rechts (SCHUBARTH, a.a.O., S. 495 Ziff. 105; RAYMOND, a.a.O., S. 61). Demnach können Verwaltungsverfahren unter die Garantie des Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen, sie müssen es aber nicht (SCHUBARTH, a.a.O., S. 495). Im zu beurteilenden Fall geht es um den Ausschluss vom Studium und von den Prüfungen an der Universität Zürich für die Dauer eines Semesters. Darin liegt sicher keine "strafrechtliche Anklage" im Sinne der Konvention. Eher könnte noch das BGE 109 Ia 214 S. 217 tangierte Recht auf Ausbildung und spätere Berufsausübung als "zivilrechtlicher Anspruch" qualifiziert werden. Näher zu prüfen wäre diese Frage im Falle eines endgültigen Ausschlusses von der Universität, obwohl im Vergleich zum Fall der belgischen Ärzte der wesentliche Unterschied besteht, dass diese den Anspruch auf Berufsausübung bereits erworben hatten, während bei einem Studenten erst eine Möglichkeit dazu besteht. Beim hier in Frage stehenden Ausschluss auf die beschränkte Dauer eines Semesters kann aber von einem durch die EMRK geschützten Anspruch noch nicht gesprochen werden. Die Rüge, der Entscheid des Regierungsrates verstosse gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK , kann deshalb nicht durchdringen.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6f819170-3082-4936-9be7-aa74f024debc
Urteilskopf 133 III 598 80. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. SA contre Banque Y. SA et Association Z. (recours en matière civile) 4A_126/2007 du 28 août 2007
Regeste a Teilleistungen ( Art. 69 OR ). Art. 69 Abs. 1 OR auferlegt dem Gläubiger, eine Teilleistung anzunehmen, wenn der Schuldner einen Teil der Forderung anerkennt und den von ihm verlangten Restbetrag bestreitet (E. 4.1). Regeste b Anrechnung von Teilzahlungen ( Art. 85 OR ). Wenn der Schuldner die Zinsen und die Kosten der Hauptforderung bestreitet, ohne dass er rechtsmissbräuchlich handelt, muss seine Teilzahlung auf das Kapital angerechnet werden, das er anerkennt (E. 4.2).
Sachverhalt ab Seite 599 BGE 133 III 598 S. 599 A. A.a L'Association Z. (ci-après: l'Association) est propriétaire d'un home pour personnes âgées, à Genève. En 1998, un différend est né entre l'entreprise de construction X. SA et l'Association en relation avec le paiement de travaux de rénovation et d'agrandissement du home effectués par la première. Le 26 octobre 1998, X. SA a saisi le Tribunal de première instance de Genève d'une demande qui concluait à la condamnation de l'Association à lui payer 1'184'995 fr. plus intérêts à 6,5 % l'an dès le 30 septembre 1998 et à l'inscription définitive d'une hypothèque légale des artisans et des entrepreneurs sur le bien-fonds de la défenderesse. Celle-ci a conclu à libération. Une expertise judiciaire a été ordonnée pour déterminer le coût des travaux accomplis par la demanderesse dans le home. Par jugement du 19 septembre 2002, le Tribunal de première instance de Genève a admis la demande à concurrence de 443'160 fr. 60, plus intérêts à 6,5 % l'an dès le 30 septembre 1998, et ordonné l'inscription définitive du gage à concurrence de ce montant. Statuant sur l'appel principal de l'Association et l'appel incident de X. SA, la Cour de justice, par arrêt du 14 novembre 2003, a notamment condamné l'Association à verser à X. SA la somme de 591'372 fr. 15, plus intérêts à 6,5 % l'an dès le 30 septembre 1998, sous déduction des acomptes versés en cours de procédure par la BGE 133 III 598 S. 600 première à la seconde, soit 149'700 fr. le 11 novembre 1998, 86'131 fr. le 19 juillet 2000 et 247'206 fr. 30 le 12 décembre 2002. Par arrêt du 12 janvier 2005 (affaire 4C.21/2004), le Tribunal fédéral a rejeté le recours en réforme de l'Association et partiellement admis le recours en réforme de X. SA, condamnant l'Association à verser à la demanderesse la somme de 763'446 fr. 05 avec intérêts à 6,5 % l'an dès le 30 septembre 1998, sous déduction des acomptes versés en cours de procédure, à savoir 149'700 fr. le 11 novembre 1998, 86'131 fr. le 19 juillet 2000 et 247'206 fr. 30 le 12 décembre 2002. A.b Il a été retenu que X. SA et l'Association se sont entendues pour substituer à l'hypothèque légale inscrite sur l'immeuble de celle- ci une garantie bancaire émise par la Banque Y. SA (ci-après: Y.) pour un montant maximum de 680'000 fr., capital, intérêts, frais accessoires et dépens inclus. A.c Les 18 et 27 janvier 2005, X. SA a adressé à l'Association, respectivement à Y., un bordereau de règlement pour le montant total qui, à son sens, lui restait dû à considérer l'arrêt précité de la juridiction fédérale, lequel représentait en capital, intérêts et dépens la somme de 660'181 fr. 20. L'Association, par l'entremise de son conseil, a transmis le 1 er février 2005 à X. SA et à Y. son propre calcul du montant dû, lequel laissait apparaître un reliquat de 615'308 fr. 42. Le désaccord, par rapport au montant requis par X. SA, portait sur le calcul des intérêts dus à celle-ci en vertu de l'arrêt du Tribunal fédéral du 12 janvier 2005. Le 4 février 2005, l'Association a fait créditer 615'308 fr. 42 sur le compte de X. SA. Il s'en est suivi un abondant échange de courriers, au terme duquel chacun a maintenu sa position. A.d Après lui avoir fait notifier une poursuite, X. SA a assigné Y., par demande du 12 mai 2005 déposée devant le Tribunal de première instance, en paiement d'un montant de 35'187 fr. 10 plus intérêts à 6,5 % dès le 10 février 2005, l'opposition de la poursuivie étant définitivement levée. X. SA a fait valoir qu'au 31 janvier 2005, d'après la méthode de calcul qu'elle a décrite, elle restait créancière, en capital et intérêts, de 509'392 fr. 50 et que seul un montant de 474'205 fr. 40 avait été reconnu et acquitté, de sorte qu'un solde de 35'187 fr. 10 devait encore lui être payé. BGE 133 III 598 S. 601 Y. a requis et obtenu l'appel en cause de l'Association. Y. a conclu au déboutement de X. SA; sur appel en cause, elle a sollicité que l'Association soit tenue de la relever de tout montant qu'elle pourrait être condamnée à verser à X. SA. Par jugement du 14 septembre 2006, le Tribunal de première instance a condamné Y. à payer à X. SA la somme de 526 fr. 68 avec intérêts à 6,5 % dès le 28 février 2005 et prononcé, à hauteur de ce montant en capital et intérêts, la mainlevée définitive de l'opposition formée par ladite banque à la poursuite que lui avait fait notifier la demanderesse; sur appel en cause, il a débouté Y. de toutes ses conclusions à l'égard de l'Association. Le Tribunal s'est fondé sur l'opinion de divers auteurs pour admettre que si les frais et intérêts d'une dette sont contestés, l'imputation du paiement partiel doit se faire sur le capital de la dette. Appliquant cette doctrine au cas concret, il a considéré que le décompte de la somme encore due à X. SA au 31 janvier 2005, en capital et intérêts, était le suivant: "Capital Capital Frs 763'466.05 Acompte du 11.11.98 - Frs 149'700.00 ------------------ Solde capital au 12.11.98 Frs 613'766.05 Acompte du 19.07.00 - Frs 86'131.00 ------------------ Solde Capital au 20.07.00 Frs 527'635.05 Acompte du 12.12.02 - Frs 247'206.30 ------------------ Solde capital au 13.12.02 Frs 280'428.75 Solde capital au 31.01.05 Frs 280'428.75 Intérêts Intérêts à 6,5 % du 30.09.98 au 11.11.98, soit 42 jours, sur Frs 763.466.05 Frs 5'710.30 Intérêts à 6,5 % du 12.11.98 au 19.07.00, soit 616 jours, sur Frs 613'766.05 Frs 67'329.29 Intérêts à 6,5 % du 20.07.00 au 12.12.02, soit 876 jours, sur Frs 527'635.05 Frs 82'311.06 Intérêts à 6,5 % du 13.12.02 au 31.01.05, soit 780 jours, sur Frs 280'428.75 Frs 38'952.70 ------------------ Total intérêts au 31.01.05 Frs 194'303.35 Total en capital et intérêts au 31.01.05 Frs 474'732.10" Comme Y. s'était acquittée d'une somme de 474'205 fr. 42, la demanderesse, selon le Tribunal, restait créditrice de 526 fr. 68 (474'732 fr. 10 - 474'205 fr. 42). Dans le cadre de l'appel en cause, le Tribunal a déclaré que Y. n'avait pas prouvé sur quel fondement juridique l'Association BGE 133 III 598 S. 602 devrait être condamnée à relever ladite banque du montant de 526 fr. 68 dont celle-ci a été reconnue débitrice envers la demanderesse. B. Saisie d'un appel de X. SA, la Cour de justice du canton de Genève, par arrêt du 16 mars 2007, a confirmé le jugement précité. C. X. SA interjette un recours en matière civile contre l'arrêt précité. Elle reprend ses conclusions de première instance. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Dans son arrêt 4C.21/2004 du 12 janvier 2005, le Tribunal fédéral a condamné l'Association à verser à X. SA le montant de 763'446 fr. 05 plus intérêts à 6,5 % l'an dès le 30 septembre 1998. Le présent litige porte sur la manière dont il y a lieu d'imputer sur cette somme les trois acomptes versés par l'Association à la demanderesse les 11 novembre 1998, 19 juillet 2000 et 12 décembre 2002, qui se montent respectivement à 149'700 fr., 86'131 fr. et 247'206 fr. 30. 4.1 4.1.1 Il convient tout d'abord de faire porter l'analyse sur le mécanisme du paiement partiel instauré par l' art. 69 CO , qui est plus complexe qu'il n'y paraît à première vue. L' art. 69 al. 1 CO dispose que le créancier peut refuser un paiement partiel, lorsque la dette est liquide et exigible pour le tout. En d'autres termes, le créancier a le droit de ne pas accepter une prestation partielle si la dette est certaine quant à son existence et déterminée quant à sa quotité et si, cumulativement, elle peut être réclamée immédiatement au débiteur, sans terme ni condition (FABIENNE HOHL, Commentaire romand, n. 4 ad art. 69 CO et n. 3 ad art. 75 CO ). Cette disposition, en limitant les droits du débiteur, avantage le créancier, dont l'intérêt économique évident est de recevoir en une fois la totalité des prestations qui lui sont dues, singulièrement pour les dettes d'argent, sans devoir souffrir des paiements partiels (MARIUS SCHRANER, Commentaire zurichois, n. 6 et 30 ad art. 69 CO ; ROLF H. WEBER, Commentaire bernois, n. 5 ad art. 69 CO ; URS LEU, Commentaire bâlois, 4 e éd., n. 2 ad art. 69 CO ; HUGO OSER/WILHELM SCHÖNENBERGER, Commentaire zurichois, 1929, n. 4 ad art. 69 CO ). BGE 133 III 598 S. 603 4.1.2 Le principe de l' art. 69 al. 1 CO , qui permet au créancier de refuser une prestation partielle, peut être écarté par la convention des parties (cf. SCHRANER, op. cit., n. 22 ad art. 69 CO ; HOHL, op. cit., n. 5 ad art. 69 CO ; WEBER, op. cit., n. 11 ad art. 69 CO ). Le principe de la bonne foi ( art. 2 CC ) peut également commander au créancier de consentir à une prestation partielle, si par exemple celle-ci ne diffère que fort peu de l'exécution totale de l'obligation ( ATF 75 II 137 consid. 4d p. 143; SCHRANER, op. cit., n. 29 ad art. 69 CO ; WEBER, op. cit., n. 45 et 46 ad art. 69 CO ). En outre, certaines règles légales imposent au créancier d'accepter un paiement partiel: c'est le cas notamment en droit des papiers-valeurs (art. 1029 al. 2 et 1143 al. 1 ch. 8 CO), en matière de cautionnement (cf. art. 504 al. 1, 2 e phrase, CO), en droit de l'exécution forcée ( art. 123, 143a et 156 LP ) ainsi qu'en droit des successions ( art. 639 al. 2 CC ; cf. sur tous ces points, SCHRANER, op. cit., n. 24 à 27 ad art. 69 CO ; WEBER, op. cit., n. 41 à 44 ad art. 69 CO ; HOHL, op. cit., n. 5 ad art. 69 CO ). La doctrine professe enfin que l' art. 69 al. 1 CO impose au créancier de recevoir une prestation partielle si le débiteur admet une partie de la créance et conteste le solde qui lui est réclamé (ANDREAS VON TUHR/ARNOLD ESCHER, Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, vol. II, p. 15 in fine; WEBER, op. cit., n. 32 et 38 ad art. 69 CO ; SCHRANER, op. cit., n. 23 ad art. 69 CO ; LEU, op. cit., n. 3 in fine ad art. 69 CO ; H. BECKER, Commentaire bernois, 1941, n. 7 ad art. 69 CO ; OSER/SCHÖNENBERGER, op. cit., n. 3 ad art. 69 CO ). La thèse de ces nombreux auteurs est parfaitement compatible avec la lettre de l' art. 69 al. 1 CO . Si la dette n'est pas liquide pour le tout, on ne voit en effet pas pourquoi le débiteur devrait être empêché d'honorer sans plus tarder la part de l'obligation qu'il a reconnue devoir en cours de procès. 4.1.3 En l'espèce, l'Association, dans le cadre de l'instance ouverte devant le Tribunal de première instance le 26 octobre 1998, a tout d'abord conclu au déboutement de la demanderesse, laquelle sollicitait le paiement de la somme de 1'184'995 fr. en capital. Puis, en particulier après avoir pris connaissance des conclusions de l'expertise, elle a admis une partie de la créance que la demanderesse a déduite en justice en lui versant successivement trois acomptes de 149'700 fr., 86'131 fr. et 247'206 fr. 30. BGE 133 III 598 S. 604 Il a été retenu que la recourante a accepté sans réserve ces paiements partiels, qu'elle n'était d'ailleurs pas en droit de refuser, ainsi qu'on vient de le voir. Reste désormais à examiner quelle partie de la dette totale les différents acomptes versés par l'Association ont éteint. C'est à ce stade qu'entre en jeu l' art. 85 CO , disposition qui s'articule au système mis en place par l' art. 69 CO . 4.2 4.2.1 A teneur de l' art. 85 al. 1 CO , le débiteur ne peut imputer un paiement partiel sur le capital qu'en tant qu'il n'est pas en retard pour les intérêts ou les frais. Si le créancier a reçu pour une fraction de la créance des cautionnements, gages ou autres sûretés, le débiteur n'a pas le droit d'imputer un paiement partiel sur la fraction garantie ou mieux garantie de la créance ( art. 85 al. 2 CO ). Dès l'instant où le créancier a en principe le droit de refuser une prestation partielle ( art. 69 al. 1 CO ; cf. consid. 4.1 ci-dessus), il ne doit pas subir un dommage s'il accepte l'exécution d'une partie de sa créance. C'est là qu'intervient l' art. 85 CO , qui tend à protéger le créancier pour des motifs d'équité et d'opportunité. Ainsi, le débiteur n'a pas la faculté de choisir sur quelle part de la dette son paiement doit être porté en compte. Le débiteur doit imputer le paiement partiel prioritairement sur les intérêts et les frais ( art. 85 al. 1 CO ) et sur la partie qui n'est pas garantie ou qui est moins garantie de la dette ( art. 85 al. 2 CO ; cf. à ce propos, LEU, op. cit., n. 1 ad art. 85 CO ; DENIS LOERTSCHER, Commentaire romand, n. 1 ad art. 85 CO ; WEBER, op. cit., n. 6 ad art. 85 CO ). Ce régime s'applique également si le créancier est contraint d'accepter le paiement partiel, en vertu du contrat, de la loi ou du principe de la bonne foi (cf. consid. 4.1.2 supra; WEBER, op. cit., n. 6 ad art. 85 CO ; THEO GUHL/ALFRED KOLLER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 9 e éd., § 29, ch. 10). L' art. 85 CO est en harmonie avec l' art. 89 al. 2 CO , qui prescrit que si le créancier donne quittance pour le capital, il est présumé avoir perçu les intérêts (VON TUHR/ESCHER, op. cit., p. 38 ch. 2; WEBER, op. cit., n. 17 ad art. 85 CO ). L' art. 85 CO étant de droit dispositif, les parties peuvent convenir, avant l'exécution de la prestation partielle ou au moment où elle est effectuée, que l'extinction de la dette suivra un ordre différent entre le principal et les accessoires que celui prévu par l' art. 85 CO BGE 133 III 598 S. 605 (SCHRANER, op. cit., n. 9 ad art. 85 CO ; WEBER, op. cit., n. 15 ad art. 85 CO ; LEU, op. cit., n. 1 ad art. 85 CO ; LOERTSCHER, op. cit., n. 3 ad art. 85 CO ). Ainsi en va-t-il par exemple lors de la conclusion d'un contrat d'ouverture de crédit en compte courant ( ATF 129 III 118 consid. 2.3) ou, dans certaines circonstances, en présence d'une déclaration d'acceptation sans réserve du capital ( art. 114 al. 2 CO ). 4.2.2 L'imputation prioritaire sur les intérêts et les frais présuppose, selon la lettre de l' art. 85 al. 1 CO , que le débiteur soit en retard dans le paiement desdits accessoires. Il faut en déduire, par un raisonnement a contrario, que la créance d'intérêts et de frais en question doit être à la fois exigible et reconnue par le débiteur (SCHRANER, op. cit., n. 16 ad art. 85 CO ; BECKER, op. cit., n. 4 ad art. 85 CO ). En revanche, si les frais et intérêts de la créance principale sont contestés par le débiteur, sans qu'il y ait abus de droit de sa part, la doctrine unanime estime que l'imputation du paiement partiel de ce dernier doit se faire sur le capital qu'il reconnaît, car l' art. 69 al. 2 CO - qui dispose que si le créancier accepte un paiement partiel, le débiteur ne peut refuser d'acquitter la partie reconnue de la dette - vaut alors comme une norme spéciale qui a le pas sur l' art. 85 al. 1 CO (WEBER, op. cit., n. 20 ad art. 85 CO ; SCHRANER, op. cit., n. 16 ad art. 85 CO ; LOERTSCHER, op. cit., n. 4 ad art. 85 CO ; LEU, op. cit., n. 3 ad art. 85 CO ; BECKER, op. cit., n. 4 ad art. 85 CO ; OSER/ SCHÖNENBERGER, op. cit., n. 6 ad art. 85 CO ). Autrement dit, dans un tel cas de figure, le créancier a l'obligation d'accepter la prestation partielle du débiteur et de l'imputer sur le principal de la dette. L'opinion de ces auteurs est tout à fait convaincante. De fait, dans la mesure où le débiteur, tout en n'acceptant pas la créance d'intérêts et de frais qui lui est réclamée, consent à s'acquitter d'une partie de la dette principale pour laquelle il est recherché, il ne saurait être question d'affecter son paiement partiel à des accessoires, dont, au moment où il s'exécute, il ignore s'ils sont dus et, le cas échéant, pour quel montant. Ce n'est effectivement qu'à l'entrée en force du jugement ayant statué sur la prétention du créancier que les accessoires pourront être calculés. Il se justifie néanmoins de faire une réserve pour le cas où le paiement partiel est égal ou inférieur aux intérêts qui ont couru jusque- là sur la partie reconnue de la dette. BGE 133 III 598 S. 606 4.2.3 Ces considérations juridiques amènent le Tribunal fédéral à retenir la solution suivante. 4.2.3.1 Il résulte de l'état de fait déterminant ( art. 105 al. 1 LTF [RS 173.110]) que l'Association n'a jamais admis en procédure la créance d'intérêts qu'a fait valoir la demanderesse en justice le 26 octobre 1998, qui portait sur le capital de 1'184'995 fr. au taux de 6,5 % l'an à compter du 30 septembre 1998. Le premier paiement partiel de 149'700 fr. est intervenu le 11 novembre 1998, soit seulement 16 jours après le dépôt de la demande. Il est ainsi incontestable qu'il dépassait largement l'intérêt qui avait couru sur la somme reconnue dans ce très court laps de temps. Quant au deuxième versement partiel de 86'131 fr., il a été effectué le 19 juillet 2000, soit moins de deux ans après l'ouverture d'action. L'intérêt annuel (au taux conventionnel de 6,5 %) sur la somme alors reconnue, laquelle correspondait à l'addition des deux paiements partiels, à savoir 235'831 fr. (149'700 fr. + 86'131 fr.), était de 15'329 fr., si bien qu'il était largement couvert pour la période entrant en ligne de compte. S'agissant du troisième versement de 247'206 fr. 30, il a été opéré le 12 décembre 2002, un peu plus de quatre ans après le dépôt de l'action. Comme l'intérêt annuel (à 6,5 %) sur la somme dont l'Association s'est reconnue débitrice, soit 483'037 fr. 30 (235'831 fr. + 247'206 fr. 30), se montait à 31'397 fr. 40, la totalité de la créance d'intérêts afférente à la somme admise - laquelle a couru pendant environ quatre ans et deux mois - était également couverte. 4.2.3.2 L'Association n'a aucunement abusé de son droit en contestant devoir les intérêts qui lui étaient réclamés, puisque la recourante n'a obtenu en fin de compte que 763'446 fr. 05 sur sa demande de 1'184'995 fr., ce qui représente un peu plus de 64 % de ses prétentions. 4.2.3.3 Il suit de là que c'est bien sur le capital de la dette que les trois paiements partiels de l'Association devaient être portés en compte, comme l'a admis l'autorité cantonale, qui a confirmé le calcul détaillé des premiers juges décrit dans la partie faits du présent arrêt sous let. A.d.
null
nan
fr
2,007
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6f8a3f1f-6777-4f02-91f8-67ac45f63bfb
Urteilskopf 103 IV 131 37. Urteil des Kassationshofes vom 12. September 1977 i.S. R. gegen B.
Regeste Art. 29 StGB , Art. 35 Abs. 1 OG . Wahrung der Antragsfrist. 1. Der Strafantrag in Ehrverletzungssachen ist im Kanton Zürich nur gültig, wenn innert der bundesrechtlichen Frist von drei Monaten sowohl Anklage beim zuständigen Bezirksgericht erhoben als auch beim Friedensrichter das Sühnebegehren gestellt wird (E. 1). 2. Blosse Rechtsunkenntnis ist kein Grund zur Wiederherstellung der versäumten Frist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 132 BGE 103 IV 131 S. 132 Am 8. Februar 1977 reichte Frau R. beim Präsidenten des Bezirksgerichts Pfäffikon Klage gegen B. wegen Ehrverletzung ein. Mit Verfügung vom 17. März 1977 setzte der Instruktionsrichter der Klägerin eine Frist von 20 Tagen an, um dem Gericht die Weisung des zuständigen Friedensrichteramtes einzureichen. Aus der innert Frist abgegebenen Weisung ergab sich, dass das Sühnebegehren dem Friedensrichter erst am 7. März 1977 zugegangen war. Am 29. März 1977 beschloss das Bezirksgericht Pfäffikon, die Anklage von der Hand zu weisen. Das Obergericht des Kantons Zürich wies einen gegen diesen Beschluss eingelegten Rekurs der Klägerin am 16. Mai 1977 ab. Eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wurde vom Kassationsgericht des Kantons Zürich am 25. Juli 1977 abgewiesen. Frau R. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es steht fest, dass die Beschwerdeführerin von den als ehrverletzend eingeklagten Äusserungen der Beschwerdegegnerin am 10. November 1976 Kenntnis erhalten hat. Die Frist von drei Monaten, innert der nach Art. 29 StGB Strafantrag zu stellen ist, lief somit am 10. Februar 1977 ab ( BGE 97 IV 239 ). Wo und in welcher Form der Strafantrag einzureichen ist, bestimmt das kantonale Prozessrecht ( BGE 78 IV 49 E. 2). Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz muss nach zürcherischem Prozessrecht in Ehrverletzungssachen innert der Antragsfrist sowohl Anklage beim zuständigen Bezirksgericht erhoben als auch beim Friedensrichter das Sühnebegehren gestellt werden. Nur wenn beide Erfordernisse erfüllt worden sind, liegt ein Strafantrag BGE 103 IV 131 S. 133 im Sinne der Rechtsprechung vor, der die Strafverfolgung endgültig und unbedingt in Gang setzt, so dass das Verfahren ohne weitere Erklärung des Antragstellers seinen Lauf nimmt ( BGE 98 IV 247 ). Die Beschwerdeführerin hat nur rechtzeitig beim Bezirksgericht Klage eingereicht, das Sühnebegehren dagegen erst am 7. März 1977, also nach Ablauf der Antragsfrist, beim Friedensrichteramt gestellt. Das Obergericht hat daher den Rekurs gegen den Entscheid des Bezirksgerichts, durch den die Klage wegen Verwirkung des Antragsrechts von der Hand gewiesen wurde, zu Recht abgewiesen. Der Einwand der Beschwerdeführerin, sie sei durch die Verfügung des Bezirksgerichts vom 17. März 1977 irregeführt worden, hält nicht stand. Durch diese Verfügung wurde die Beschwerdeführerin nur aufgefordert, innert 20 Tagen die Weisung des Friedensrichters einzureichen, nicht aber, innert dieser Frist das Sühnebegehren zu stellen. Dass die Beschwerdeführerin die angeforderte Weisung innerhalb der angesetzten Frist beibrachte, ändert nichts daran, dass sie den Sühnevorstand nicht innert der gesetzlichen Antragsfrist verlangt und damit keinen gültigen Strafantrag gestellt hatte. 2. Aus den Akten ist kein Grund ersichtlich, der die Beschwerdeführerin gehindert hätte, das Sühnebegehren rechtzeitig zu stellen. Blosse Rechtsunkenntnis entschuldigt die Fristversäumnis nicht. Ausserdem hat die Beschwerdeführerin nicht innert 10 Tagen nach Wegfall des Hindernisses um die Wiederherstellung gegen die Folgen der Säumnis nachgesucht. Die Voraussetzungen des Art. 35 Abs. 1 OG sind daher nicht gegeben. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6f907c14-8add-4814-a6a3-046176bd4ffb
Urteilskopf 88 IV 123 33. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 26. Oktober 1962 i.S. Schlüchter gegen Schrag und Verlag des Schweiz. Kaufmännischen Vereins sowie Staatsanwaltschaft des Kantons Zürlch.
Regeste Art. 1 Abs. 2, Art. 42 Ziff. 1 lit. a und b URG . 1. Das Urheberrecht an einem Lehrbuch ist auch verletzt, wenn das Werk in seinen charakteristischen Grundzügen, namentlich hinsichtlich Planung, Auswahl und Erfassen des Stoffes oder Anordnung und Gliederung desselben, übernommen wird (Erw. 1). 2. An Übungen und Anleitungen eines Lehrbuches für Maschinenschreiben besteht Urheberrecht, wenn sie originelles Ergebnis geistigen Schaffens sind (Erw. 2). 3. Zum Verhältnis von Art. 42 Ziff. 1 lit. a zu 43 Ziff. 2 URG (Erw. 3). 4. Mit Werk im Sinne des Art. 42 Ziff. 1 lit. b URG ist nicht das wiedergebende, sondern das wiedergegebene gemeint (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 124 BGE 88 IV 123 S. 124 A.- Fritz Schrag, Lehrer an der Kantonalen Handelsschule in Zürich, verfasste ein Lehrbuch für Maschinenschreiben, das 1958 im Verlag des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins in neunter Auflage erschien. Das Kaufmännische Lehrinstitut in Zürich erteilte unter der Leitung von Hans Schlüchter Fernkurse für Maschinenschreiben, wobei den Schülern fünf Lehrhefte zugestellt wurden. Das letzte Heft, welches die Seiten 55 bis 71 des Lehrganges umfasste, wurde von Heidi Schlüchter zusammengestellt, vervielfältigt und bis 1. April 1958 an ungefähr zwanzig Schüler versandt. Schrag hielt den Lehrgang Schlüchters für ein Plagiat seines Lehrbuches und stellte Strafantrag wegen Verletzung von Urheberrechten. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich erklärte als Berufungsinstanz am 4. Mai 1961 Heidi Schlüchter der Übertretung von Art. 42 Ziff. 1 lit. a und b URG schuldig und verurteilte sie zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 150. -. Den Werkcharakter des Lehrbuches von Schrag bejahte es vor allem aus folgenden Gründen: Entscheidend sei, dass über ein blosses quantitatives Zusammenstellen eines BGE 88 IV 123 S. 125 Stoffes hinaus eine qualitative und einigermassen originelle wissenschaftliche Bearbeitung stattgefunden habe. Freilich habe die Gebundenheit an die Tastaturanordnung, an das Zehnfingersystem, an die Schrift und auch an den Stoff dem individuell-schöpferischen Schaffen keinen grossen Spielraum gelassen; dennoch sei unverkennbar, dass Schrag eine eigenständige und unverwechselbare Leistung vollbracht habe. Bereits das Sammeln von Erfahrungen stelle in derartigen Fällen eine gewisse geistige Leistung dar; die eigentliche qualitative Leistung bestehe indes in der Verwertung des Gesammelten, mit dem Ziel, dem Schüler die sichere Beherrschung des Maschinenschreibens beizubringen. Was die Auswertung von Erfahrungen anbelange, so zeigten schon die Vorbemerkungen des Verfassers, dass dieser mit dem Stoff sehr vertraut sei und sich um dessen Bearbeitung besonders bemüht habe. Die Aufteilung des eigentlichen Lehrganges in "Erarbeitung der Tastatur" und "Praktische Arbeiten" sei nicht originell, sondern in der Natur der Sache begründet. Dagegen zeugten die Fingerübungen von einer eigenen Leistung; jede Übung charakterisiere sich durch einen besondern Aufbau und hange namentlich in bezug auf die Wahl der Buchstaben- und Wortfolgen mit den früheren Übungen zusammen. Indem der Verfasser immer wieder auf Erlerntes zurückgreife und Schwieriges wiederhole, suche er die gewünschten Bewegungen gewissermassen zu erzwingen. Dieser didaktisch wohldurchdachte Aufbau sei das Auswertungsergebnis einer reichen Erfahrung, also die Frucht einer geistigen Tätigkeit. Ob die von Schrag gewählte Reihenfolge in bezug auf Übungen und Buchstaben besser sei als diejenige anderer Lehrbücher, sei nicht von Belang; immerhin weise die Tatsache, dass die Angeklagte gewisse Fingerübungen weitgehend abgeschrieben habe, darauf hin, dass sie gerade diese didaktisch für besonders wertvoll betrachtete. Die "Praktischen Arbeiten" enthielten zahlreiche, nach Schwierigkeitsgrad geordnete Musterbriefe, wobei besonders Gewicht auf saubere und BGE 88 IV 123 S. 126 gefällige Darstellung gelegt werde; zudem erschienen diese Arbeiten in besonderer Weise auf die Fingerübungen abgestimmt. Der Inhalt der Briefe trete gegenüber der Form naturgemäss stark zurück, weshalb der eigenen Leistung ziemlich enge Grenzen gesteckt seien. Wo dem Verfasser derart wenig Spielraum zur Verfügung stehe, könne kein hoher Grad von Originalität verlangt werden. Ein Mindestmass von schöpferischer Leistung sei jedoch auch hier gegeben. C.- Heidi Schlüchter führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich, der Verlag des Schweizerischen Kaufmännischen Vereins und Schrag beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Wissenschaftliche Werke, wie Lehrbücher, Abhandlungen oder Beiträge wissenschaftlicher Art, fallen unter den Begriff der literarischen Werke im Sinne des Art. 1 Abs. 2 URG und werden als solche geschützt, sofern sie nicht bloss literarisches Gemeingut enthalten, sondern als Ergebnis geistigen Schaffens eigenpersönlicher Prägung zu werten sind (vgl. BGE 75 II 359 f., BGE 85 II 123 Erw. 3 und dort angeführte Urteile). Am eindrücklichsten sind diese Schutzvoraussetzungen erfüllt, wenn das Schriftwerk den Stempel der Persönlichkeit des Verfassers trägt. Da an das Mass der geistigen Leistung keine hohen Anforderungen gestellt werden, wird der urheberrechtliche Schutz aber auch schon gewährt, wenn bloss ein geringer Grad selbständiger Tätigkeit vorliegt ( BGE 59 II 405 ); versagt werden muss er dagegen dort, wo dem Verfasser des Werkes von vorneherein kein Spielraum für individuelles Schaffen bleibt. Der Schutz des Urheberrechts bezieht sich in jedem Fall bloss auf die konkrete Darstellung der geistigen Leistung. BGE 88 IV 123 S. 127 Gedanken und Lehren werden mit der Veröffentlichung ihrem Sinngehalte nach frei und sind, selbst wenn das Schriftwerk neue Erkenntnisse vermittelt, urheberrechtlich nicht geschützt. Dies will indes nicht heissen, dass bei wissenschaftlichen Werken der Schutz sich auf die äussere Mitteilungsform zu beschränken habe; eine Verletzung von Urheberrechten ist vielmehr auch anzunehmen, wenn ein Werk in seinen charakteristischen Grundzügen, namentlich hinsichtlich Planung, Auswahl und Erfassen des Stoffes oder Anordnung und Gliederung desselben, übernommen wird. In diesem Sinne ist entgegen der anderslautenden Auffassung von TROLLER (Immaterialgüterrecht, Bd. I S. 364 ff.) auch der Inhalt eines Werkes urheberrechtlich nicht schlechthin frei, Urheberrecht also nicht nur Formschutz (vgl. zur gesamten Frage besonders ULMER, Urheber- und Verlagsrecht, 2. Aufl., S. 105 ff. insbes. S. 108/9; ferner BGE 64 II 112 ). 2. Nach diesen Grundsätzen kann nicht zweifelhaft sein, dass das Lehrbuch Schrags als Ganzes aus den vom Obergericht angeführten Gründen ein literarisches Werk im Sinne des Art. 1 Abs. 2 URG darstellt. Dies zu bestreiten, steht der Beschwerdeführerin umsoweniger an, als sie für sich selbst Urheberrechtsschutz beanspruchte, liess sie doch auf dem Umschlag des Heftes den Vermerk anbringen, dass weder Veräussern, noch Verleihen oder sonstiges Verbreiten, noch Vervielfältigen des Kurses im Sinne von Art. 12 ff. URG gestattet seien. Entgegen ihrer Behauptung ist ein Lehrgang für Maschinenschreiben sehr wohl des Urheberrechtsschutzes fähig, wenn ihn, wie hier, die konkrete Darstellungsform als Werk auszeichnet ( BGE 70 II 59 , BGE 77 II 380 Erw. 2). Ist ein Werk als Ganzes schutzfähig, so heisst das nicht notwendig, dass es auch die einzelnen Teile seien, wie die Geschädigten behaupten. Dies trifft vielmehr nur zu, wenn die fraglichen Teile als solche den Schutzvoraussetzungen genügen (ULMER, a.a.O. 117; BGE 85 II 123 Erw. 3). Es ist deshalb zu prüfen, ob die Stellen, welche Heidi BGE 88 IV 123 S. 128 Schlüchter dem Lehrbuch Schrags entlehnte, für sich genommen Werkcharakter aufweisen, und sofern das zu bejahen ist, ob sie die Beschwerdeführerin im Sinne des Art. 42 Ziff. 1 lit. a URG wiedergegeben hat. a) Die Beschwerdeführerin entnahm dem Lehrbuch Schrags fünf Übungen, die inhaltlich Geschäftsbriefe darstellen, aber vom Datum bis zur Unterschrift aus einem einzigen Abschnitt bestehen. In bezug auf den Inhalt änderte sie durchwegs lediglich Namen und Ziffern; dagegen gab sie die Übungen mit einer Ausnahme in handelsüblichen Briefformen wieder, mit andern Worten, sie löste die Aufgaben der Vorlage. Ausserdem übernahm sie ein Briefmuster in den wesentlichen Teilen. Der Inhalt der benutzten Übungen unterscheidet sich in nichts von demjenigen alltäglicher Geschäftsbriefe. Dass es sich anders verhielte und ihm insoweit ein Urheberrecht zustünde, wagt auch Schrag nicht zu behaupten. Wenn sein Lehrbuch in diesem Teile noch eine gewisse Individualität aufweist, kann diese lediglich in der Auswahl und Anordnung der Briefe erblickt werden. In den den Übungen vorangehenden Erläuterungen bemerkt der Verfasser, dass die Aufgaben nach dem Schwierigkeitsgrad geordnet seien. Am Anfang handle es sich um leichte Briefe (Zerlegen in Abschnitte, Unterstreichen, Einrücken oder Einmitten einzelner Satzteile), dann folgten Schritt um Schritt weitere Darstellungsmöglichkeiten, bis zuletzt auch schwierigere Aufstellungen vorkämen. Indem Schrag somit an sich alltägliche Briefe nicht beliebig verwendete, sondern sie zur Unterrichtung des Schülers nach pädagogischen Gesichtspunkten auswählte und anordnete, gab er seinem Lehrgang auch in diesem Abschnitt eine persönliche Note, zu der es einer individuellen geistigen Tätigkeit bedurfte. Von einer Verletzung von Urheberrechten durch Heidi Schlüchter kann indes gleichwohl nicht die Rede sein. Es ist offensichtlich, dass sich die Beschwerdeführerin um die charakteristischen Grundzüge der Übungen, nämlich Auswahl und Anordnung der Briefe, in keiner Weise kümmerte. BGE 88 IV 123 S. 129 Sie für die Benutzung von sechs Aufgaben, die sie offenbar willkürlich auswählte, bestrafen, hiesse demnach den Inhalt alltäglicher Briefe schützen. Das ist nicht angängig. Heidi Schlüchter ist daher insoweit nicht strafbar. b) Schrag wirft der Beschwerdeführerin ferner vor, seinem Lehrbuch Anleitungen und Erläuterungen entnommen zu haben, die sich auf die Beherrschung der Ziffernreihe, das Anschlagen einer Akzententaste, die Verwendung von besondern Zeichen (&-Zeichen, Klammern, Sternchen, Schrägstrich, Anführungs- und Fortsetzungszeichen), auf das Unterstreichen, das Papier (Qualität, Farbe, Format, Einspannen) und die Darstellung von Adresse oder Anrede bezögen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin geht es hier um Binsenwahrheiten, die in allen Schulen gelehrt würden, oder um Ratschläge, die in jedem Papierkatalog enthalten seien. Sie hat insofern recht, als die entlehnten Stellen offenbar keine neuen Erkenntnisse vermitteln. Darauf kommt indes bei der Prüfung der Frage, ob Urheberrechte verletzt worden seien, nichts an; massgebend ist vielmehr einzig, ob die konkrete Darstellung des Gedankens individuelle Züge aufweise, also originell sei. Dies ist selbst bei einem an sich nichtssagenden Einfall möglich. Bei Sprachwerken kommt zwar der Auswahl des zu behandelnden Gegenstandes eine besondere Bedeutung zu. Dem Verfasser eines wissenschaftlichen Werkes insbesondere sind in der individuellen Sprachgestaltung viel engere Grenzen gezogen als z.B. einem Dichter oder Romanschriftsteller, weil er sich an bestimmte Sachverhalte und namentlich an Fachausdrücke zu halten hat, wenn er ernst genommen und verstanden werden will. Aber selbst dann dürfte es selten vorkommen, dass ein und derselbe Gedanke nicht auf verschiedene Weise zum Ausdruck gebracht werden könnte, ohne dass die Sprachgebilde deswegen literarisch gleichwertig zu sein brauchen. Anders verhält es sich jedenfalls hier nicht. Zum Beweise dafür, dass beispielsweise die Ausführungen BGE 88 IV 123 S. 130 Schrags über die Verwendung der Klammern und des Sternchens jeder Originalität entbehrten, beruft sich die Beschwerdeführerin auf die Lehrbücher von Brauchlin, Cochard, Wiesmann-Strehler und Weber. Der Vergleich der angerufenen Stellen zeigt jedoch eindeutig, dass es sehr wohl möglich ist, den gleichen Gedanken in unabhängige und unverwechselbare Sprachgebilde zu kleiden. Die von Schrag gewählte Formgebung zeichnet sich, soweit das die Behandlung des Gegenstandes erlaubte, durch Selbständigkeit aus, beruht also auf einer individuellen geistigen Tätigkeit. Sie hebt sich zumindest in dem Masse von den erläuternden Texten der angeführten Verfasser ab, als sich die literarische Gestaltung des einen Wörterbuches von derjenigen des andern unterscheidet. Wörterb üchern aber wird nach der herrschenden Lehrmeinung durchwegs Werkcharakter zuerkannt (vgl. ULMER, a.a.O. 108; POUILLET, Traité de la propriété littéraire et artistique, S. 45 Nr. 24; TROLLER, a.a.O. 419, allerdings mit Vorbehalten). Werden dagegen die entsprechenden Ausführungen der Beschwerdeführerin mit denjenigen Schrags verglichen, so wird offensichtlich, dass es sich bei den ersteren um Wiedergaben handelt. Darüber vermögen auch die kleinen Änderungen, die offenbar bloss zur Tarnung des Vorgehens vorgenommen wurden, nicht hinwegzutäuschen. Das Gleiche gilt von den übrigen Anleitungen und Erläuterungen, die dem Lehrbuch Schrags entnommen worden sind. Zwei Ausnahmen sind immerhin gegeben: aa) Die Fingerzuteilung in der Ziffernreihe wird von Schrag wie folgt erläutert: "Linke Hand: a-Finger = 2, s-Finger = 3, d-Finger = 4 ..... rechte Hand: j-Finger = 7 und 8 ...". Es handclt sich hier um eine in der Schweiz allgemein übliche Erläuterungsform, die individuellem Schaffen keinen Spielraum mehr lässt. Die Anleitung Schrags kann sowenig wie diejenige der Beschwerdeführerin, die das Gleichheitszeichen durch das Zeitwort "schlägt an" ersetzte, als originell bezeichnet werden. Übrigens ist nicht einzusehen, was Heidi Schlüchter in BGE 88 IV 123 S. 131 diesem Punkte noch hätte tun können, um ihre Ausführungen literarisch von der Vorlage abzuheben. bb) Von irgendwelcher Originalität kann auch bei den Ausführungen Schrags über die Verwendung des &-Zeichens keine Rede sein. Die hiervor angeführten Verfasser ähnlicher Lehrbücher äussern sich durchwegs in den gleichen herkömmlichen Formen. Heidi Schlüchter hat deshalb keine Urheberrechte verletzt, wenn sie sich an die Formulierung Schrags hielt und das von diesem erwähnte Beispiel teilweise übernahm. c) Die dem Lehrbuch Schrags entnommenen Fingerübungen bestehen aus ausgewählten Verbindungen von Buchstaben und Ziffern, die sich im Laufe der Übung nach einem bestimmten Plan wandeln und wiederholen. Die verschiedenen Spielarten sind zweifelos sowohl in ihrer Konzeption wie in ihrer planmässigen Anordnung und Abwandlung das Ergebnis einer geistigen Tätigkeit. Gewiss werden einige davon auch in andern Lehrbüchern enthalten sein. So ist die Verbindung k9k auch in den Lehrgängen von Weiss und Mantel anzutreffen; bei letzterem sind auch die Gruppen f6f und j7j zu finden. Es handelt sich jedoch hiebei um Einzelfälle, welche die Originalität der Übungen Schrags nicht zu beeinträchtigen vermögen. Hieran ändert auch nichts, dass die Übungen keinen Gedanken ausdrücken. Es genügt, dass sie nicht einer Schablonenarbeit, sondern individuellem Schaffen entspringen und in ihrer Zusammenstellung originell sind. Das trifft zu. Ihr didaktisch wohldurchdachter Aufbau beruht nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz auf intensiver Beobachtung und der Auswertung von reichen Erfahrungen, ist also, wie das Obergericht zutreffend folgert, die Frucht einer schöpferischen Tätigkeit. Die benutzten Fingerübungen geniessen daher auch als blosse Teile des Werkes den Schutz des Urheberrechts. Zu Bedenken besteht umsoweniger Anlass, als sich Heidi Schlüchter nicht damit begnügte, bloss vereinzelte Verbindungen zu übernehmen, sondern ganze Zeilen sklavisch abschrieb. BGE 88 IV 123 S. 132 3. Dass der Lehrgang Schlüchters ein Schulbuch im Sinne des Art. 27 Abs. 1 URG sei, behauptet die Beschwerdeführerin nicht und kann dahingestellt bleiben; denn bei den benutzten Stellen handelt es sich jedenfalls nicht um Zitate, welche das Gesetz unter der Voraussetzung, dass die Quelle deutlich angegeben wird, im Interesse des Schulunterrichts zulässt. Heidi Schlüchter hat ihr Vorgehen bewusst verschleiert, indem sie Übungen der Vorlage miteinander vermengte, übernommene Texte leicht abänderte und auf das ganze Heft verteilte. Demnach aber liegt keine blosse Unterlassung der Quellenangabe ( Art. 43 Ziff. 2 URG ), sondern eine Verletzung von Urheberrechten durch unzulässige Wiedergabe im Sinne des Art. 42 Ziff. 1 lit. a URG vor. Die Beschwerdeführerin, die nicht mehr bestreitet, vorsätzlich gehandelt zu haben, ist daher zu Recht nach dieser Bestimmung bestraft worden. 4. Die kantonalen Instanzen halten auch lit. b von Art. 42 Ziff. 1 URG für anwendbar. Nach dieser Vorschrift ist strafbar, wer Exemplare eines Werkes verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt. Mit Werk kann hier jedoch nicht das wiedergebende, sondern nur das wiedergegebene gemeint sein. Die Bestimmungen der lit. a bis d von Art. 42 Ziff. 1 entsprechen genau denjenigen von Art. 12, wo die dem Urheber vorbehaltene Werknutzung umschrieben wird. Hiezu gehört unter anderem das ausschliessliche Recht, Exemplare des Werkes zu verkaufen, feilzubieten oder sonst in Verkehr zu bringen (Art. 12 Ziff. 2). Tut dies ein Dritter ohne Einwilligung des Urhebers, so ist er wegen Verletzung des Urheberrechtes im Sinne von Art. 42 Ziff. 1 lit. b URG strafbar. Denn untersagt ist nicht nur, das Werk eines andern nachzuahmen und nachzumachen, sondern schon, es eigenmächtig wiederzugeben und feilzubieten (vgl. Urteil der I. Zivilabteilung des Bundesgerichts vom 4. April 1950 i.S. Mollard & Duboin gegen Noël Dentelles S.à r.l.). Die Beschwerdeführerin hat nicht das Lehrbuch Schrags, sondern nur das fünfte Heft des Lehrgangs Schlüchters in BGE 88 IV 123 S. 133 Verkehr gebracht. Strafrechtlich irrelevant ist indes auch das nicht. Die Anwendung des Art. 42 Ziff. 1 lit. a URG setzt voraus, dass die Wiedergabe des Werkes zum Vertrieb bestimmt ist. Hätte Heidi Schlüchter das fragliche Heft lediglich für den eigenen privaten Gebrauch zusammengestellt, so könnte sie sich auf Art. 22 URG berufen, wäre also nicht strafbar. Indem die Beschwerdeführerin das Heft aber für Schüler des Kaufmännischen Lehrinstitutes verfasste und es solchen zustellte, machte sie sich strafbar, jedoch nur nach Art. 42 Ziff. 1 lit. a URG .
null
nan
de
1,962
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CH_BGE_006
CH
Federation
6f930ff4-dcd1-4725-b393-2d5647489027
Urteilskopf 141 IV 317 42. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. B.Y. und Mitb. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Beschwerde in Strafsachen) 6B_988/2014 und andere vom 23. Juni 2015
Regeste Illegaler Abbruch eines schützenswerten Einfamilienhauses; Berechnung der Ersatzforderung gegenüber Drittbetroffenen; Art. 26 und 36 Abs. 3 BV ; Art. 70 f. StGB. Illegaler Abbruch eines schützenswerten Einfamilienhauses durch einen Eigentümer und Vertreter des Baukonsortiums, wobei die weiteren Eigentümer (Drittbetroffene) das Haus bloss auf legale Weise zerstören wollten. Kognition des Bundesgerichts bei Ersatzforderungen in Anwendung kantonalen Rechts (E. 5.4). Anwendung des Brutto- oder Nettoprinzips bei der Festlegung einer Ersatzforderung (Zusammenfassung und Bestätigung der Rechtsprechung; E. 5.8.2). Das Nettoprinzip drängt sich vorliegend bei der Berechnung der Ersatzforderungen der Drittbetroffenen aus Gründen der Verhältnismässigkeit auf und ist auch mit dem Grundsatz "Verbrechen soll sich nicht lohnen" vereinbar. Es ist daher zumindest der von diesen bezahlte Kaufpreis für das Grundstück bzw. der Marktwert des Grundstücks vor Abbruch des Einfamilienhauses zum Abzug zuzulassen (E. 5.8.3-5.8.5).
Sachverhalt ab Seite 318 BGE 141 IV 317 S. 318 A. Das Einfamilienhaus auf dem Grundstück Nr. x in Meggen wurde am 15. Mai 2003 in das kommunale Inventar der schützenswerten Kulturobjekte der Gemeinde Meggen aufgenommen. Die einfache Gesellschaft C., bestehend aus der Aktiengesellschaft A.Y., X., B.Y. sowie Z., übte am 19. Dezember 2007 ihr 2006 erworbenes Kaufrecht an der Liegenschaft Nr. x in Meggen aus. X. liess am 22. Januar 2008 die Sirene des Zivilschutzes auf dem Dach des Einfamilienhauses abmontieren und das Einfamilienhaus abbrechen, ohne dies der Gemeinde ordentlich anzukündigen. BGE 141 IV 317 S. 319 B. Das damalige Amtsstatthalteramt Luzern erklärte X. am 9. Februar 2010 der Sachbeschädigung sowie der Widerhandlung gegen § 213 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 187 des Planungs- und Baugesetzes desKantons Luzern (PBG/LU) schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 100.- , zu einer Bussevon Fr. 30'000.- sowie zu einer Ersatzforderung von Fr. 596'850.- . Gleichentags verpflichtete es die Aktiengesellschaft A.Y., B.Y. und Z., dem Staat eine Ersatzforderung von Fr. 1'241'448.- , Fr. 358'110.- bzw. Fr. 190'992.- zu bezahlen. Die Strafuntersuchungen gegen diese wegen Widerhandlung gegen das PBG/LU stellte es ein. Dagegen erhob X. Einsprache. Die Aktiengesellschaft A.Y., B.Y. und Z. führten gegen die Einziehungsverfügung bei der Kriminal- und Anklagekommission des Obergerichts des Kantons Luzern Rekurs. Diese trat darauf mit Entscheid vom 24. August 2010 nicht ein und überwies die Sache an das damalige Amtsgericht Luzern-Land zur Beurteilung zusammen mit der Strafsache. C. Das Bezirksgericht Kriens sprach X. am 2. Juli 2012 wegen Sachbeschädigung schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 100.- und einer Ersatzforderung von Fr. 132'500.- . Das Strafverfahren gegen diesen wegen Widerhandlung gegen § 187 Abs. 1 i.V.m. § 213 Abs. 2 PBG /LU stellte esinfolge Verjährung ein. Die Einziehungsverfahren gegen die Aktiengesellschaft A.Y., B.Y. und Z. stellte es ebenfalls ein. Die Zivilforderung der Gemeinde Meggen verwies es auf den Zivilweg. Zudem hob es die Grundbuchsperre auf dem Grundstück Nr. x in Meggen auf. Gegen diesen Entscheid erhoben X. und die Staatsanwaltschaft Berufung. D. Das Kantonsgericht Luzern verurteilte X. am 22. Mai 2014 wegenSachbeschädigung ( Art. 144 Abs. 1 StGB ) und Widerhandlung gegen § 187 Abs. 1 i.V.m. § 213 Abs. 1 und 2 PBG /LU ( in der bis 31. Dezember 2013 gültigen Fassung) zu einer bedingten Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 100.- und einer Busse von Fr. 30'000.- . Es verpflichtete ihn sowie die Aktiengesellschaft A.Y., B.Y. und Z., dem Staat eine Ersatzforderung von Fr. 132'500.-, Fr. 275'600.-, Fr. 79'500.- bzw. Fr. 42'400.- zu leisten. Die Grundbuchsperre auf dem Grundstück Nr. x in Meggen erhielt es aufrecht. E. Die Aktiengesellschaft A.Y. und B.Y. (Beschwerdeführer 1 und 2) führen Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, Ziff. 4.4 bzw. 4.2 und Ziff. 6 des Urteils vom 22. Mai 2014 aufzuheben und das Einziehungsverfahren gegen sie einzustellen. Eventualiter sei die BGE 141 IV 317 S. 320 Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung zurückzuweisen. Sie ersuchen um aufschiebende Wirkung. F. Z. (Beschwerdeführer 3) beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Entscheid vom 22. Mai 2014 sei, soweit er ihn betreffe, nichtig zu erklären, eventualiter aufzuheben, und das Einziehungsverfahren gegen ihn sei einzustellen. Subeventualiter sei die Sache nach Nichtigerklärung oder Aufhebung des Entscheids vom 22. Mai 2014 an das Kantonsgericht bzw. an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. G. Das Kantonsgericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragen die Abweisung der Beschwerden. H. Die Beschwerde in Strafsachen von X. gegen den Entscheid vom 22. Mai 2014 bildet Gegenstand des separaten Verfahrens 6B_978/2014. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.1 Die Beschwerdeführer rügen, durch den Abbruch des Einfamilienhauses auf dem Grundstück Nr. x sei kein einziehbarer Mehrwert entstanden. Die Beschwerdeführer 1 und 2 bringen diesbezüglich vor, es fehle an der Kausalität, da ein Abbruch des Einfamilienhauses trotz dessen Aufnahme in das kommunale Inventar für schützenswerte Objekte möglich geblieben sei und allenfalls in einem verwaltungsrechtlichen Verfahren hätte durchgesetzt werden können. Es habe eine hohe Wahrscheinlichkeit bestanden, mit einem solchen Verfahren eine Abbrucherlaubnis zu erlangen. Auch eine Erweiterung des bestehenden Einfamilienhauses wäre zulässig gewesen. Ein nachträgliches Verbot eines Annexbaus wäre aufgrund der materiellen Enteignung im Umfang des vom Gutachter H. errechneten Mehrwerts entschädigungspflichtig gewesen. Im Weiteren liege zurzeit kein unrechtmässiger Vermögensvorteil vor, da aufgrund der Nichtbearbeitung des hängigen Baugesuchs durch den Gemeinderat Meggen noch offen sei, ob in Zukunft eine grössere Kubatur entstehen könne. Das wegen Rechtsverweigerung angerufene Verwaltungsgericht Luzern habe Massnahmen bis hin zur Wiederherstellung des rechtmässigen oder eines analogen Zustands für möglich gehalten. Das Gutachten H. stelle für die Berechnung des Mehrwerts BGE 141 IV 317 S. 321 zu Unrecht auf das hängige Bauprojekt ab. Die Vorinstanz bringe das Bruttoprinzip zur Anwendung, was einer Bestrafung gleichkomme und gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip verstosse. Das Gutachten G. sei vollständig und schlüssig. Ein Deliktsvorteil sei auch deshalb zu verneinen, weil die einfache Gesellschaft C. das Grundstück Nr. x im Jahre 2007 zu einem höheren als dem von diesem geschätzten Wert erworben habe. Das Gutachten H. sei unverwertbar, da es weder von ihnen noch von der Anklagebehörde beantragt worden sei. Der Beschwerdeführer 3 argumentiert, das Grundstück samt Baute habe vor und nach dem Abbruch ungefähr den gleichen Wert gehabt. Ein Liebhaber hätte den gleichen Preis bezahlt. Der Gutachter H. habe sich diese Frage nicht gestellt und sich mit dem Gutachten G. sowie der von diesem angewandten Preisvergleichsmethode nicht auseinandergesetzt. Die Lageklassenmethode führe zu einem falschen Ergebnis. Alleine der Landwert des Grundstücks (ohne die vorhandene Baute) vor dem Abbruch des Gebäudes sei nicht von Interesse. Der Gutachter H. hätte seinen Mehrwert erheblich nach unten korrigieren müssen, da das alte Wohnhaus besser ausgenutzt hätte werden können. Die Vorinstanz habe in Verletzung des rechtlichen Gehörs kein Obergutachten eingeholt. Sie stelle zu Unrecht auf das Bruttoprinzip ab und lasse den Wert des abgebrochenen Gebäudes sowie die Abbruchkosten unberücksichtigt. Es rechtfertige sich nicht, dass er als Drittbetroffener die Wertsteigerung des Landes als Ersatzforderung leisten müsse und gleichzeitig die Vernichtung des Gebäudewertes hinzunehmen habe. Die Vorinstanz habe die Frage der Verhältnismässigkeit nicht geprüft und damit Art. 26 BV verletzt. 5.2 Die Vorinstanz stellt für die Berechnung der Ersatzforderung auf den vom gerichtlichen Gutachter H. ermittelten Mehrwert von Fr. 530'000.- ab. Die Ersatzforderungen der Beschwerdeführer setzt sie in Berücksichtigung von deren Beteiligung an der einfachen Gesellschaft C. gemäss Konsortialvertrag vom 18. August 2005 fest. Sie erwägt dazu im Wesentlichen, nicht ersichtlich sei, inwiefern bei der Wahl der Vergleichswert- bzw. Vergleichspreismethode anstelle der Lageklassenmethode ein zutreffenderes Resultat erzielt worden wäre. Auch das Bundesgericht bejahe die Anwendung der Lageklassenmethode zur Ermittlung des relativen Landwertes. Die Verwendung dieser Methode leuchte vorliegend ein, werde das Grundstück doch mit aller Wahrscheinlichkeit im Stil und Standard sämtlicher BGE 141 IV 317 S. 322 umliegender Grundstücke überbaut werden. Die einfache Gesellschaft C. habe von Beginn an nicht eine Selbstnutzung, sondern einen Abriss des Einfamilienhauses mit nachfolgender (maximal zulässiger) neuer Überbauung und anschliessendem Verkauf zur Erzielung eines grösstmöglichen Gewinns geplant. Einerseits sei kaum davon auszugehen, dass die Gemeinde einen umfangreichen Anbau an das Einfamilienhaus erlaubt hätte, nachdem dieses ausschliesslich wegen seines Äusseren als schutzwürdig erachtet worden sei. Andererseits sei offensichtlich, dass angesichts der bestehenden Baute, welche von den Mitgliedern der einfachen Gesellschaft C. als "nicht mehr bewohnbar", "praktisch unbewohnbar", "viele Baumängel" und "Hütte" erachtet worden sei, ein Ausbau in hohem Standard mittels Anbau zu keiner Zeit beabsichtigt gewesen sei. Gestützt auf Lehre und Rechtsprechung habe das Gericht im Einzelfall zu entscheiden, ob das Netto- oder das Bruttoprinzip angemessen sei. Vorliegend sei es nicht angemessen, den Abzug der Kosten der eigentlichen Tat (Abbruchkosten) wie auch den Wert der (willentlich) zerstörten Sache (Gebäudewert) zuzulassen. Beim Vermögensvorteil der Drittbetroffenen handle es sich nicht um einen, der nach der Tat bei diesen eingetreten sei. Die Drittbetroffenen seien direkt begünstigt, so dass sie nicht als Dritte im Sinne von Art. 70 Abs. 2 StGB gelten und sich demnach nicht auf den Gutglaubensschutz von Art. 70 Abs. 2 StGB berufen könnten. Die Rüge, der Experte H. habe den Gebäudewert nicht berücksichtigt, sei eine Schutzbehauptung. Auch die Drittbetroffenen hätten das alte Einfamilienhaus abbrechen und für eine gewinnbringende Veräusserung neu überbauen wollen. Auch sie hätten den Wert des Gebäudes durch Abbruch "zerstören" wollen, bloss nicht auf illegale Weise. Somit habe es auch für die Drittbetroffenen beim gutachterlichen Mehrwert von insgesamt Fr. 530'000.- sein Bewenden. Bezüglich des Antrags des Beschwerdeführers 3 auf Einholung eines weiteren Gutachtens führt die Vorinstanz aus, es lägen mit dem vom Amtsstatthalter veranlassten Gutachten G., dem Privatgutachten E. des Beschuldigten, dem vom Bezirksgericht eingeholten Gutachten H. inklusive Beantwortung von Ergänzungsfragen und dem vom Beschuldigten im Berufungsverfahren aufgelegten Privatgutachten F. ausreichende Meinungsäusserungen von Sachverständigen vor, um die Frage eines allfälligen Mehrwerts im Sinne von Art. 71 StGB im Rahmen einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu beantworten. Ein neues (Ober-)Gutachten vermöchte keine wesentlichen neuen BGE 141 IV 317 S. 323 Erkenntnisse in sachverhaltsmässiger Hinsicht zu bringen. Die Beantwortung von Rechtsfragen könne nicht an einen weiteren Sachverständigen delegiert werden, sondern sei Aufgabe des Gerichts. Die Vorinstanz verweist zudem auf die Ausführungen des Bezirksgerichts. Dieses legte u.a. dar, dass sich die auf den ersten Blick grossen Unterschiede zwischen den Gutachten bei genauerer Betrachtung weitgehend auflösen. Der grosse Unterschied des Gutachtens H. im Vergleich zu den Gutachten G. und E. ergebe sich daraus, dass Ersterer den relativen Landwert vor Abbruch (ohne abgebrochenes Gebäude) mit dem Landwert nach Abbruch verglichen habe. Die beiden anderen Gutachter hätten demgegenüber jeweils den Gebäudesubstanzwert vor Abbruch und auch die Abbruchkosten dazugezählt. Unter Berücksichtigung dieser Differenzierung würden alle drei Gutachten schlüssig erscheinen und stünden nicht im Widerspruch zueinander. Insbesondere werde der Landwert nach Abbruch von allen drei Gutachtern etwa gleich hoch eingeschätzt. 5.3 5.3.1 Nach Art. 70 Abs. 1 StGB verfügt das Gericht die Einziehung von Vermögenswerten, die durch eine Straftat erlangt worden sind oder dazu bestimmt waren, eine Straftat zu veranlassen oder zu belohnen, sofern sie nicht dem Verletzten zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes ausgehändigt werden. Die Einziehung ist ausgeschlossen, wenn ein Dritter die Vermögenswerte in Unkenntnis der Einziehungsgründe erworben hat und soweit er für sie eine gleichwertige Gegenleistung erbracht hat oder die Einziehung ihm gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde ( Art. 70 Abs. 2 StGB ). Lässt sich der Umfang der einzuziehenden Vermögenswerte nicht oder nur mit unverhältnismässigem Aufwand ermitteln, so kann das Gericht ihn schätzen ( Art. 70 Abs. 5 StGB ). Sind die der Einziehung unterliegenden Vermögenswerte nicht mehr vorhanden, so erkennt das Gericht auf eine Ersatzforderung des Staates in gleicher Höhe, gegenüber einem Dritten jedoch nur, soweit dies nicht nach Art. 70 Abs. 2 StGB ausgeschlossen ist ( Art. 71 Abs. 1 StGB ). Das Gericht kann von einer Ersatzforderung ganz oder teilweise absehen, wenn diese voraussichtlich uneinbringlich wäre oder die Wiedereingliederung des Betroffenen ernstlich behindern würde ( Art. 71 Abs. 2 StGB ). 5.3.2 Einzuziehen sind nach der zu Art. 70 f. StGB ergangenen Rechtsprechung nicht nur die Vermögenswerte, die durch die strafbare BGE 141 IV 317 S. 324 Handlung unmittelbar erlangt worden sind, sondern auch gewisse Erträge, welche mit den durch die Straftat erlangten Vermögenswerten erzielt worden sind. Erforderlich ist allerdings, dass zwischen den Erträgen aus den Vermögenswerten und der Straftat ein hinreichend enger, adäquater Zusammenhang besteht (Urteil 6B_430/2012 vom 8. Juli 2013 E. 3.1.2). 5.4 Anlasstat für die Einziehung ist vorliegend die Widerhandlung gegen § 187 Abs. 1 i.V.m. § 213 Abs. 1 und 2 des Luzerner Planungs- und Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG/LU; SRL 735) und damit eine Übertretung des kantonalen Strafrechts. Folglich richtet sich auch die Einziehung bzw. die Ersatzforderung nach kantonalem Recht. Der Allgemeine Teil des StGB kommt nur über den Verweis von § 1 des Übertretungsstrafgesetzes des Kantons Luzern vom 14. September 1976 (UeStG/LU; SRL 300) auf die Allgemeinen Bestimmungen des StGB zur Anwendung. Die Art. 70 f. StGB sind damit als kantonales Ersatzrecht anwendbar (vgl. NIKLAUS SCHMID, Einziehung unrechtmässig erlangter Vorteile, in: Verwaltungsstrafrecht und sanktionierendes Verwaltungsrecht, 2010, S. 76). Das Bundesgericht prüft eine allfällige Verletzung dieser Bestimmungen daher nur unter dem Gesichtspunkt der Willkür (vgl. Art. 95 BGG ; BGE 140 III 385 E. 2.3; BGE 138 IV 13 E. 2). Es prüft hingegen mit freier Kognition, ob die Ersatzforderungen in Anwendung kantonalen Rechts mit der Eigentumsgarantie ( Art. 26 BV ) und dem in Art. 36 Abs. 3 BV verankerten Verhältnismässigkeitsprinzip vereinbar sind (vgl. Art. 95 lit. a BGG ; BGE 138 IV 13 E. 2; BGE 124 I 6 E. 4b/aa). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann ( Art. 97 Abs. 1 BGG ). Offensichtlich unrichtig ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist ( BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; BGE 134 IV 36 E. 1.4.1; vgl. zum Begriff der Willkür: BGE 138 I 305 E. 4.3; BGE 137 I 1 E. 2.4). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden ( Art. 106 Abs. 2 BGG ). Auf eine rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein ( BGE 140 III 264 E. 2.3; BGE 137 IV 1 E. 4.2.3; BGE 136 II 489 E. 2.8; je mit Hinweisen). BGE 141 IV 317 S. 325 5.5 Nach der Vorinstanz wäre eine bessere Ausnutzung des bisherigen Einfamilienhauses durch einen Anbau angesichts der Schutzwürdigkeit des Gebäudes nicht bewilligt worden. Die Beschwerdeführer begründen nicht, weshalb die vorinstanzliche Auffassung gegen das Willkürverbot verstossen oder aus anderen Gründen Bundesrecht verletzen könnte. Die Beschwerdeführer 1 und 2 legen auch nicht dar, worauf sie ihre Behauptung stützen, sie hätten für die Unterschutzstellung entschädigt werden müssen. Ebenso wenig setzen sie sich für ihren Einwand, eine Abbruchbewilligung für das Einfamilienhaus wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit erteilt worden, mit dem angefochtenen Entscheid und den Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung auseinander. Die Vorinstanz führt diesbezüglich aus, die Gemeinde habe in einem ersten Entscheid vom 6. August 2007 die Entlassung aus dem Inventar abgelehnt. Anlässlich der Gemeinderatssitzung vom 16. Januar 2008 sei erneut beschlossen worden, das Einfamilienhaus nicht aus dem Inventar zu entlassen. Die gesetzlichen Anforderungen an eine Unterschutzstellung seien erfüllt gewesen. Der diesbezügliche Einwand der Beschwerdeführer ist unbegründet. 5.6 Die unterschiedlichen Ergebnisse der Gutachter lassen sich nach den Ausführungen des Bezirksgerichts, auf welche die Vorinstanz verweist, damit erklären, dass der Privatgutachter und der Gutachter G. bei der Berechnung der Ersatzforderung den Gebäudesubstanzwert und auch die Abbruchkosten in Abzug brachten. Ob eine Ersatzforderung nach dem Brutto- oder Nettoprinzip zu bestimmen ist, ist eine Rechtsfrage, die sich nach der Rechtsprechung anhand des verfassungsrechtlichen Verhältnismässigkeitsprinzips beurteilt (hinten E. 5.8). Die Vorinstanz war daher nicht verpflichtet, ein zusätzliches Gutachten einzuholen. Nicht einzutreten ist auf den nicht näher begründeten Einwand der Beschwerdeführer 1 und 2, ein von Amtes wegen eingeholtes Gutachten sei nichtig. 5.7 Nicht zu beanstanden ist zudem, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführern die Berufung auf Art. 70 Abs. 2 StGB versagt, da diese aufgrund einer Handlung ihres Vertreters direkt begünstigt sind. Die Bestimmung würde im Übrigen ohnehin nur zum Tragen kommen, wenn die Beschwerdeführer für den Mehrwert eine Gegenleistung erbracht hätten, was nicht der Fall war, oder die Ersatzforderung ihnen gegenüber sonst eine unverhältnismässige Härte darstellen würde (Art. 71 Abs. 1 i.V.m. Art. 70 Abs. 2 StGB ). BGE 141 IV 317 S. 326 Weshalb letztere Voraussetzung erfüllt sein könnte, tun die Beschwerdeführer nicht dar. 5.8 5.8.1 Die Vorinstanz vergleicht für die Berechnung der Ersatzforderung den Wert des Landes vor und nach dem illegalen Abbruch des Einfamilienhauses. Die Kosten des Abbruchs und den Wert des zerstörten Einfamilienhauses lässt sie nicht zum Abzug zu. Sie stellt dem Landwert nach Abbruch des Einfamilienhauses daher nicht den Kaufpreis für das Grundstück oder den Marktwert des Grundstücks vor Abbruch des Einfamilienhauses gegenüber. Damit bringt sie auch bei den Drittbetroffenen das Bruttoprinzip zur Anwendung. Sie begründet dies damit, die Beschwerdeführer hätten das alte Einfamilienhaus ebenfalls abreissen (wenn auch nur auf legale Weise) und für eine gewinnbringende Veräusserung neu überbauen wollen. 5.8.2 Dies ist vorliegend mit dem Verhältnismässigkeitsprinzip nicht in Einklang zu bringen. Aus den Bestimmungen des StGB betreffend die Einziehung von Vermögenswerten und die Ersatzeinziehung durch Festlegung einer staatlichen Ersatzforderung ergibt sich nicht, ob bei der Berechnung des einzuziehenden Vermögenswerts nach dem Bruttoprinzip oder nach dem Nettoprinzip zu verfahren ist. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts neigt zur Anwendung des Bruttoprinzips, verlangt aber die Beachtung des allgemeinen Grundsatzes der Verhältnismässigkeit ( BGE 124 I 6 E. 4b/bb mit Hinweisen; zum Ganzen auch Urteile 6B_56/2010 vom 29. Juni 2010 E. 3.2; 6B_697/2009 vom 30. März 2010 E. 2.2; 6P.236/2006 / 6S.555/2006 vom 23. März 2007 E. 11.3, nicht publ. in: BGE 133 IV 112 ). In der Lehre wird die Auffassung vertreten, dass bei generell verbotenen Handlungen das Bruttoprinzip anzuwenden ist, während bei an sich rechtmässigem, nur in seiner konkreten Ausrichtung rechtswidrigem Verhalten das Nettoprinzip gelten soll (NIKLAUS SCHMID, in: Kommentar Einziehung, organisiertes Verbrechen, Geldwäscherei, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 57 f. zu Art. 70-72 StGB ; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 6d zu Art. 70 StGB ). Andere Autoren raten von jeglichem Schematismus ab und treten dafür ein, in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände eine Wertung vorzunehmen und zu prüfen, ob und inwieweit der gesamte Bruttoerlös der strafbaren Handlung zugerechnet werden kann und inwieweit die Abschöpfung in diesem Umfang vor dem Verhältnismässigkeitsprinzip standhält (FLORIAN BAUMANN, in: Basler BGE 141 IV 317 S. 327 Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 34 zu Art. 70/71 StGB; GREINER/AKIKOL, Grenzen der Vermögenseinziehung bei Dritten [ Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ] - unter Berücksichtigung von zivil- und verfassungsrechtlichen Aspekten, AJP 2005 S. 1351; ausführlich auch SIMONE NADELHOFER DO CANTO, Vermögenseinziehung bei Wirtschafts- und Unternehmensdelikten, 2008, S. 88 ff.). Das Bundesgericht sprach sich verschiedentlich für das Bruttoprinzip aus, dies namentlich bei generell verbotenen Verhaltensweisen wie dem illegalen Betäubungsmittelhandel (Urteil 6B_986/2008 vom 20. April 2009 E. 6.1.1), der gewerbsmässigen Hehlerei (Urteil 6B_728/2010 vom 1. März 2011 E. 4.6) oder Geldwäschereihandlungen (Urteil 6S.426/2006 vom 28. Dezember 2006 E. 5). Es betonte zudem, dass ein Abzug der Kosten der eigentlichen Straftat bei der Berechnung der Ersatzforderung ausser Betracht fällt (vgl. Urteil 6B_56/2010 vom 29. Juni 2010 E. 3.5 betreffend Kosten für die Anschaffung und den Einbau einer illegalen Software; gleich TRECHSEL/JEAN-RICHARD, a.a.O., N. 6d in fine zu Art. 70 StGB ). Das Nettoprinzip zur Festlegung einer staatlichen Ersatzforderung brachte es demgegenüber wiederholt bei blossen Übertretungen zur Anwendung. So qualifizierte es die Anwendung des Bruttoprinzips durch Festlegung einer staatlichen Ersatzforderung im Umfang des erzielten Umsatzes beispielsweise im Falle von Widerhandlungen gegen eine kantonale Heilmittelverordnung durch unzulässige gewerbsmässige Abgabe von Medikamenten in Anbetracht des kantonalen Rechts, des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes und der Natur der Widerhandlung als verfassungswidrig, da unverhältnismässig. Es berücksichtigte dabei, dass Ersatzforderungen bei blossen Übertretungen selten sind und das reine Bruttoprinzip kaum je angewendet wird und dass der Täter nicht in erster Linie aus Gewinnstreben handelte ( BGE 124 I 6 E. 4b/cc und dd). Es erachtete das Nettoprinzip weiter bei einer als Übertretung geahndeten Widerhandlung gegen das Lotteriegesetz für sachgerecht, dies auch deshalb, weil die fraglichen TV-Gewinnspiele und die Teilnahme daran nicht grundsätzlich verboten waren (Urteil 6B_697/2009 vom 30. März 2010 E. 2.4.1). Diesen Gesichtspunkten ist auch Rechnung zu tragen, wenn die von der Einziehung Betroffenen gar kein (strafrechtliches) Verschulden trifft. Die Beschwerdeführer gingen weder einer illegalen Tätigkeit nach, noch haben sie im Zusammenhang mit dem illegalen Abbruch des Einfamilienhauses anderweitig gegen straf- oder zivilrechtliche Bestimmungen verstossen. BGE 141 IV 317 S. 328 5.8.3 Das Nettoprinzip drängt sich vorliegend aus Gründen der Verhältnismässigkeit auf und ist auch mit dem Grundsatz "Verbrechen soll sich nicht lohnen" vereinbar. Daraus ergibt sich nicht zwingend die Anwendung des Bruttoprinzips. Strafbares Verhalten lohnt sich unter Umständen auch schon dann nicht, wenn der Täter den Nettoerlös nicht behalten darf (Urteil 6B_697/2009 vom 30. März 2010 E. 2.3 mit Hinweis). Dies ist hier der Fall. Nicht ersichtlich ist, was die Vorinstanz aus dem Hinweis, auch die Beschwerdeführer hätten das Einfamilienhaus zerstören wollen, für die Anwendung des Bruttoprinzips ableiten will. Hält man diesen zugute, sie hätten das Einfamilienhaus nicht auf illegale Weise abbrechen wollen, ist auch ihr Vorbringen ohne Weiteres nachvollziehbar, sie hätten den Wert des Hauses nur für den Fall zerstören wollen, dass auf dem Grundstück eine Überbauung mit einer grösseren Ausnutzung erfolgen kann. Da dies derzeit noch nicht der Fall ist und die Beschwerdeführer lediglich das unbebaute Land mit dem höheren Landwert besitzen, sind sie gegenwärtig nicht oder zumindest nicht im von der Vorinstanz berechneten Umfang bereichert. Zwar ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz den Beschwerdeführern die Berufung auf Art. 70 Abs. 2 StGB untersagt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass im Rahmen von Art. 70 Abs. 1 StGB unbesehen auf das Bruttoprinzip abgestellt werden kann. 5.8.4 Die Anwendung des Bruttoprinzips lässt sich weiter auch nicht damit rechtfertigen, das Grundstück Nr. x in Meggen werde "mit aller Wahrscheinlichkeit im Stile und Standard sämtlicher umliegender Grundstücke überbaut". Aus dem von den Beschwerdeführern 1 und 2 angerufenen Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom 21. April 2011 ergibt sich, dass sich nach dem Verwaltungsgericht die Frage stellen könnte, ob die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands aufgrund eines Wiederaufbaus erfolgen müsse. Dies hänge zunächst oft von den tatsächlichen Gegebenheiten und den technischen Möglichkeiten ab. Sodann müsse ein Wiederaufbau von einem öffentlichen Interesse getragen sein sowie verhältnismässig, sinnvoll und zweckmässig sein. Die restitutorische Massnahme könnte unter Umständen auch in der Herstellung eines analogen oder dem ursprünglichen bestmöglich entsprechenden Zustands bestehen. Ob das Immobilienprojekt mit der höheren Ausnutzung überhaupt verwirklicht werden kann, steht daher noch nicht mit letzter Sicherheit fest. Die Vorinstanz legt der Berechnung der Ersatzforderung zu Recht den blossen Mehrwert des Landes nach Abbruch des Einfamilienhauses zugrunde und nicht etwa den von den BGE 141 IV 317 S. 329 Beschwerdeführern erhofften Gewinn aus der Neuüberbauung und dem Weiterverkauf des Grundstücks. Ein solcher stand im Zeitpunkt des vorinstanzlichen Entscheids nicht fest, da das Bauvorhaben noch nicht realisiert war. Selbst wenn die Beschwerdeführer durch den illegalen Abbruch des Einfamilienhauses ein gewinnbringendes Immobilienprojekt hätten verwirklichen können, rechtfertigt dies vorliegend keine Anwendung des Bruttoprinzips. Bereits die Frage, ob ein Immobilienprojekt überhaupt gewinnbringend ist, impliziert, dass nach dem Nettoprinzip auch die Aufwendungen zu berücksichtigen sind. 5.8.5 Die Vorinstanz hätte bei der Berechnung der Ersatzforderungen nach dem Gesagten in Anwendung des Nettoprinzips zumindest den von den Beschwerdeführern bezahlten Kaufpreis für das Grundstück bzw. den Marktwert des Grundstücks vor Abbruch des Einfamilienhauses zum Abzug zulassen müssen. Fraglich ist, ob bei der Berechnung eines allfälligen Mehrwerts auch die Abbruchkosten zu berücksichtigen sind. Auf einen entsprechenden Abzug kann mit der Vorinstanz verzichtet werden, wenn die Beschwerdeführer rechtlich nicht verpflichtet sind, sich daran zu beteiligen. Wie es sich damit verhält, prüfte die Vorinstanz nicht. 5.9 Die Ersatzforderungen verstossen gegen das in Art. 36 Abs. 3 BV verankerte Verhältnismässigkeitsprinzip, da die Vorinstanz zu Unrecht auf das Bruttoprinzip abstellt und den Wert des zerstörten Einfamilienhauses unberücksichtigt lässt. Der mit den Ersatzforderungen einhergehende Eingriff in die Eigentumsgarantie ( Art. 26 BV ) ist daher nicht zulässig. Damit erübrigt sich eine Behandlung der weiteren Rügen der Beschwerdeführer .
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6f9ca537-bd70-4337-8095-788c2d5325bc
Urteilskopf 107 III 91 22. Arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 19 juin 1981 dans la cause C.S.A. (recours LP.)
Regeste Abtretung der Rechtsansprüche der Konkursmasse ( Art. 260 SchKG ). 1. Die Abtretungsgläubiger sind nicht gehalten, als Streitgenossen zu handeln. Die Bildung einer notwendigen Streitgenossenschaft ist nicht in allen Fällen durch das Bundesrecht vorgeschrieben; sie kann sich auch einfach aus der Natur der Sache ergeben (Erw. 3). 2. Ob sich eine Kollektivgesellschaft Verantwortlichkeitsansprüche gegen ein Mitglied des Verwaltungsrates einer Aktiengesellschaft, das zugleich bei ihr Gesellschafter ist, abtreten lassen kann, hat der Richter zu beurteilen, und nicht die Konkursverwaltung oder die Aufsichtsbehörde (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 92 BGE 107 III 91 S. 92 Au cours de la procédure de faillite de la société X. S.A., administrée par l'Office des poursuites d'Yverdon, les sociétés C. S.A. et D. S.A. se sont fait céder, conformément à l' art. 260 LP , les droits de la masse concernant l'action en responsabilité ( art. 752 CO ) contre les quatre administrateurs de la Société X. S.A., savoir P., B., H. et E. La cession de ces mêmes droits a été accordée à la société en nom collectif H. frères, composée de H., administrateur d'X. S.A., et de son frère, à l'encontre des quatre administrateurs précités, y compris l'associé H. L'administrateur P. a en outre obtenu la cession des droits de la masse relativement à l'action en responsabilité contre ses trois autres coadministrateurs. Le président du Tribunal de district d'Yverdon et le Tribunal cantonal vaudois ont tous deux rejeté la plainte que C. S.A. a déposée à l'encontre de la cession accordée à H. frères et à P. C. S.A. a recouru au Tribunal fédéral et a conclu à ce que seules D. S.A. et elle-même soient reconnues cessionnaires, autrement dit que la cession des droits de la masse à P. et à H. frères soit annulée. Le recours a été rejeté. Erwägungen Considérant en droit: 1. La décision de l'Office des poursuites et faillites, limitant à 200'000 fr. le montant des prétentions en responsabilité que BGE 107 III 91 S. 93 peuvent faire valoir les cessionnaires contre chacun des administrateurs, ne fait pas l'objet du présent recours au Tribunal fédéral. Le Tribunal cantonal vaudois a en effet déjà jugé que cette limitation était incorrecte. Bien que le dispositif du jugement cantonal ne précise pas expressément ce dernier point, le juge doit se tenir à cette interprétation de l'acte de cession, effectuée d'après son sens véritable, en recherchant la réelle intention de l'administration de la faillite, comme l'a fait remarquer à bon droit l'autorité cantonale, se référant à la jurisprudence du Tribunal fédéral ( ATF 92 III 61 ). 2. Il n'appartient ni à l'administration de la faillite ni à l'autorité de surveillance d'empêcher l'exécution de prétentions fondées sur le droit matériel en refusant la délivrance d'un acte de cession. Certes, la jurisprudence considère-t-elle comme inadmissible la cession des droits à un cessionnaire qui est lui-même débiteur des droits cédés ( ATF 54 III 211 et les références). Mais on ne saurait simplement assimiler le cas examiné ici à cette situation. Comme l'a démontré l'autorité cantonale, il est tout à fait possible qu'un administrateur d'une Société anonyme puisse faire valoir des prétentions en responsabilité contre les autres administrateurs. En tout cas, le juge est seul compétent pour trancher cette question. L'Office des poursuites comme les autorités de surveillance ne peuvent préjuger de cette décision ou la soustraire au juge en refusant de délivrer ou de maintenir l'acte de cession. 3. La recourante trouve en particulier inadmissible que des prétentions contre les administrateurs de la faillie aient été cédées, en application de l' art. 260 LP , non seulement à elle-même et à D. S.A., mais encore à un administrateur de la faillie et à une société en nom collectif qui se compose d'un administrateur de la faillie et de son frère. Elle est ainsi contrainte de manière insupportable, dit-elle, à agir conjointement avec les autres créanciers cessionnaires comme consorts nécessaires. Il en découle, ajoute-t-elle, d'une part qu'elle devrait procéder conjointement avec des consorts ayant intérêt à poursuivre des buts différents; d'autre part, elle affirme devoir ouvrir deux actions et non une seule, car comme consort de P., elle ne peut procéder que contre les trois autres administrateurs; elle pense se trouver dans une situation semblable en ce qui concerne l'action contre H. qu'elle ne pourrait guère intenter conjointement avec la société en nom collectif H. frères. De surcroît, elle serait ainsi privée de la possibilité de conclure à la condamnation solidaire des quatre administrateurs. a) L'autorité cantonale a considéré, à juste titre, que ce dernier BGE 107 III 91 S. 94 moyen n'est pas fondé dès lors qu'il est possible d'obtenir une condamnation solidaire des défendeurs par l'ouverture de plusieurs actions. C. S.A. pourra conclure à ce que P. soit condamné à réparer la totalité du dommage causé concurremment avec les autres administrateurs. b) La Cour cantonale soutient, avec raison, que les autres inconvénients de procédure invoqués par la recourante ne sauraient suffire à eux seuls à empêcher l'exercice d'une prétention fondée sur le droit matériel. Il faut sans doute réserver le cas où la cession ne serait requise par certains créanciers que dans le but d'empêcher d'autres créanciers de faire valoir leurs prétentions, ou de le leur rendre plus difficile, ce qui constituerait de toute façon un abus de droit qui n'a d'ailleurs pas été invoqué en l'espèce. c) Mais en réalité les difficultés de procédure invoquées par la recourante sont évitables, car elle n'est pas contrainte à conduire son procès comme consort de P. et H. frères, et parce qu'il ne lui est pas interdit de diriger son action contre les quatre administrateurs en qualité de codéfendeurs, ce qu'elle a du reste fait par sa requête de conciliation du 18 septembre 1980. 1o Le Tribunal fédéral a jugé ( ATF 33 II 342 et ATF 34 II 386 ) que les cessionnaires ne sont pas tenus de former une consorité ni d'intervenir au procès ouvert par l'un d'eux; chaque cessionnaire est libre de procéder seul. Cette jurisprudence a été reprise dans un arrêt ultérieur ( ATF 41 III 338 /339) avec une restriction cependant en ce sens que le défendeur ne peut être forcé de se laisser actionner par plusieurs cessionnaires séparément mais a le droit d'exiger de ces derniers qu'ils agissent ensemble en consorité. Un arrêt plus récent a introduit l'obligation pour les cessionnaires de procéder conjointement et d'ester en justice comme consorts ( ATF 43 III 164 ). Cependant, il faut relever que les circonstances de ce dernier cas sont trop particulières pour que l'on puisse en tirer un principe absolu. Il s'agissait, en l'espèce, d'une cessionnaire qui avait fait suspendre le procès qu'elle avait intenté indépendamment des autres cessionnaires; après que l'action de ceux-ci eut abouti, elle a voulu participer à la somme obtenue par les autres cessionnaires en passant transaction avec le défendeur. Dans l'arrêt ATF 49 III 124 , le Tribunal fédéral a jugé que si certains cessionnaires veulent passer transaction avec le débiteur et d'autres pas, ces derniers peuvent poursuivre le procès; ceux qui désirent transiger ne sont alors plus représentants de la masse. Le Tribunal fédéral a par la suite atténué à nouveau le principe BGE 107 III 91 S. 95 énoncé dans l'arrêt reproduit aux ATF 43 III 164 . Il a admis que les cessionnaires ouvrent des procès séparés ( ATF 63 III 71 repris dans ATF 93 III 64 consid. 1c). Il convient de souligner, au reste, que la question de la légitimation active doit être tranchée par le juge et non par une autorité de surveillance ( ATF 48 III 91 ). 2o En définitive, on peut constater que la jurisprudence ne pose pas de règle absolue concernant la façon dont doivent procéder plusieurs cessionnaires. Il s'agit, dans chaque cas particulier, de trouver une solution adéquate et propre à résoudre les difficultés suscitées par la procédure, afin de permettre aux cessionnaires de faire valoir, dans les meilleures conditions, les intérêts de droit matériel. La compétence ressortit dans ce domaine en première ligne au juge appelé, selon la procédure cantonale, à se prononcer sur la prétention cédée. L'administration de la faillite et les autorités de surveillance ne peuvent fournir une réponse anticipée à ces problèmes et encore moins imposer une solution qui exclut pour certains créanciers le droit de prétendre à la cession. 3o L'autorité de surveillance peut remarquer néanmoins que la formation d'une consorité nécessaire n'est pas imposée dans tous les cas par le droit fédéral. Elle résulte bien plutôt de la nature de l'affaire. Certes le droit fédéral exige-t-il que les parties agissent comme consorts dans la mesure où elles ne sont titulaires d'un droit qu'en commun et que ce droit ne leur appartient pas à chacune séparément, ou encore lorsqu'elles ne peuvent être astreintes à une obligation indépendamment les unes des autres, comme c'est le cas pour une indivision. Mais dans l'hypothèse d'une cession effectuée en vertu de l' art. 260 LP , il n'y a rien de tel. Les arrêts cités plus haut montrent clairement qu'il peut arriver que certains cessionnaires ne désirent pas être impliqués dans un procès ou préfèrent rester à l'écart de celui-ci; ils en sont parfaitement libres. Ce qui est important c'est qu'aucun cessionnaire ne soit empêché de faire valoir son droit, même indépendamment des autres, et que l'on ne coure pas le risque de jugements contradictoires. Mais cela peut être atteint par le fait que toutes les actions sont portées devant le même juge, en règle générale, semble-t-il. En tout cas, tout juge doit pouvoir déterminer, à partir de la formule no 7 (cession des droits de la masse) si d'autres créanciers se sont fait céder la même prétention que celle qui est invoquée devant lui et, le cas échéant, qui sont ces autres créanciers; il peut ainsi se rendre compte, BGE 107 III 91 S. 96 avant de juger, des éventuelles autres prétentions et prendre toute mesure utile pour éviter des jugements contradictoires. La doctrine n'est pas unanime sur la question de savoir s'il s'agit, dans le cadre de l' art. 260 LP , d'une consorité nécessaire (matérielle) ou d'une consorité simple (formelle) (favorables à la première solution; GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 3e éd., p. 297, et LEUCH, Kommentar zur ZPO bern., n. 2 ad art. 36; d'avis contraire STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur Zürcher ZPO, n. 3 in fine ad § 40). Cette question peut néanmoins rester indécise. En effet, même s'il s'agit d'une consorité nécessaire, les consorts ne sont pas forcés de former une entité indivisible. Le Tribunal fédéral a déjà jugé ( ATF 43 II 369 ) que lorsque plusieurs consorts ont des moyens divergents, ils sont en droit de se faire représenter par des avocats différents (cf. GULDENER, op.cit., p. 300; STRÄULI/MESSMER, op.cit., n. 12 ad § 40). Ces considérations sont aussi valables au regard du Code de procédure civile du canton de Vaud qui réglera la forme des actions à ouvrir en l'espèce. Les art. 75 et 76 CPC vaud. autorisent le juge à joindre ou à disjoindre les causes, d'office ou sur requête des parties, ainsi qu'à ordonner "les mesures nécessaires à l'organisation des instances". La jurisprudence est libérale (cf. POUDRET/WURZBURGER, Code de procédure vaudois annoté ad art. 75 et 76; cf. aussi art. 38 et 39 du Code de procédure bernois qui consacre la même solution que le Code vaudois; voir LEUCH, op.cit., ad art. 38 et 39). En l'espèce, il paraît impossible de refuser à la recourante le droit d'agir avec pour seul consort D. S.A. par une action unique intentée contre les quatre administrateurs en même temps. Le juge saisi de cette action pourra, avant de juger, déterminer si les deux autres cessionnaires P. et H. frères ont fait également valoir leurs prétentions; si tel est le cas, il pourra prendre toute mesure appropriée afin d'éviter des jugements contradictoires. 4. La recourante soutient encore que la société en nom collectif H. frères ne pouvait pas recevoir cession des prétentions en responsabilité contre l'administrateur H. L'autorité cantonale a rejeté ce moyen par une argumentation détaillée. En fait ce n'est ni à l'administration de la faillite ni aux autorités de surveillance, mais au juge seul qu'il appartient de se prononcer sur cette question. L'administration de la faillite devait donner suite à la demande de cession sans examiner ce BGE 107 III 91 S. 97 problème et l'autorité supérieure de surveillance comme l'autorité inférieure n'auraient pas dû entrer en matière sur le recours interjeté devant elles sur ce point.
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6fa04886-c5df-4499-94fb-e66dabe91340
Urteilskopf 96 II 62 13. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Januar 1970 i.S. Chardan SA gegen Goldschmidt AG.
Regeste Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG. Berufung. Wird in einer vom kantonalen Recht beherrschten Frage Bundesrecht angewendet, so ist die Berufung nur zulässig, wenn der kantonale Gesetzgeber bei der Regelung der Frage verpflichtet war, auf Bundesrecht Rücksicht zu nehmen.
Sachverhalt ab Seite 62 BGE 96 II 62 S. 62 A.- In der Patentstreitigkeit Goldschmidt AG (Klägerin) gegen Chardan SA (Beklagte) erkannte das Obergericht des Kantons Luzern am 26. Juni 1969, dass vom Verzicht der Klägerin auf Schadenersatz (Klagebegehren Ziff. 3) Vormerk genommen werde, die Klagebegehren 1, 2 und 4 als gegenstandslos abzuschreiben seien und die Beklagte die Prozesskosten von rund Fr. 30'000.-- zu tragen habe. Die Klagebegehren 1, 2 und 4 wurden gegenstandslos, weil während des Prozesses, der nahezu fünf Jahre dauerte, die Schutzfrist für das Patent ablief, und auf Schadenersatz verzichtete die Klägerin vor allem mit Rücksicht auf die Schwierigkeit, den Schaden nach so langer Dauer des Verfahrens festzustellen. BGE 96 II 62 S. 63 Um über die Prozesskosten zu entscheiden, prüfte das Obergericht vorfrageweise, ob bei Prozessbeginn eine Verletzung des Patentes vorlag. Das Obergericht bejahte das gestützt auf ein Gutachten, weshalb die Beklagte sämtliche Prozesskosten tragen müsse. B.- Mit der Berufung beantragt die Beklagte dem Bundesgericht, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Sie macht insbesondere geltend, die Kostenverteilung des Obergerichts beruhe auf einer unrichtigen Anwendung von Bundesrecht. C.- Die Klägerin beantragt Nichteintreten, eventuell Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Welche Partei die Kosten des kantonalen Verfahrens zu tragen hat, beurteilt sich nach dem kantonalen Prozessrecht, dessen Anwendung das Bundesgericht auf Berufung hin nicht überprüfen darf (Art. 43 Abs. 1 und 55 Abs. 1 lit. c OG). Die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 76 II 250 Erw. 2 und dort angeführte Urteile) liess die Berufung freilich auch zu, wenn in den Erwägungen eines Urteils über eine vom kantonalen Recht beherrschte Frage Bundesrecht angewendet wurde. Diese Rechtsprechung ist in BGE 80 II 183 jedoch dahin verdeutlicht worden, dass die Berufung in solchen Fällen nur zulässig ist, wenn der kantonale Gesetzgeber in der in Frage stehenden Beziehung zur Berücksichtigung des Bundesrechts verpflichtet war. Im gleichen Sinn ist in BGE 84 II 133 und BGE 85 II 364 entschieden worden. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der luzernische Gesetzgeber war nicht verpflichtet, bei der Regelung der Frage, welche Partei die Kosten des kantonalen Verfahrens zu tragen hat, auf Bundesrecht Rücksicht zu nehmen. Er durfte diese Frage vielmehr allgemein, also auch für Patentstreitigkeiten, unabhängig vom Bundesrecht regeln. Dass die Vorinstanz vorfrageweise Bundesrecht anwandte, um über die Kosten nach kantonalem Recht zu entscheiden, macht ihren Entscheid daher nicht berufungsfähig. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6fa095c0-8d7e-407a-9677-eac0fdf53352
Urteilskopf 100 Ib 166 27. Urteil vom 5. Juli 1974 i.S. X. AG gegen Eidg. Steuerverwaltung
Regeste Warenumsatzsteuer, Überwälzung auf den Abnehmer. 1. Das Bundesgericht kann die Rechtsbeständigkeit des Art. 29 WUStB und des BRB betreffend Überwälzung der Warenumsatzsteuer vom 24. Juli 1951 nicht überprüfen. 2. Die Steuer auf baugewerblichen Arbeiten (z.B. Bodenbelagsarbeiten) darf nur durch Einrechnung in den Lieferungspreis überwälzt werden, auch wenn der Abnehmer nicht ein privater Bauherr, sondern ein Gewerbetreibender ist, der die Arbeiten seinerseits seinem Besteller in Rechnung stellt.
Sachverhalt ab Seite 166 BGE 100 Ib 166 S. 166 A.- Art. 29 WUStB bestimmte in der ursprünglichen Fassung: BGE 100 Ib 166 S. 167 "Die Überwälzung der Steuer bleibt der privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den Lieferanten und ihren Abnehmern vorbehalten. Wird nichts anderes abgemacht, so gilt als vereinbart, dass die Warenumsatzsteuer bei Detaillieferungen im Entgelt eingeschlossen ist und bei Engroslieferungen dem Abnehmer der Waren neben dem Entgelt angerechnet werden kann. Vorbehalten bleiben die vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement aufzustellenden Grundsätze über die Berücksichtigung der Warenumsatzsteuerbelastung beim Erlass von Preisvorschriften." Die heutige, durch den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1950 über die Ausführung der Finanzordnung 1951 bis 1954 eingeführte und auf den 1. Oktober 1951 in Kraft gesetzte Fassung lautet: "Die Überwälzung der Steuer auf den Warenabnehmer ist gestattet. Bei Detaillieferungen darf sie nur in der Weise bewirkt werden, dass der Lieferer den von ihm geschuldeten oder ihm auf dem Überwälzungswege angerechneten Steuerbetrag in den Lieferungspreis einrechnet. Ausnahmen kann der Bundesrat bewilligen." Auf den letzten Satz des rev. Art. 29 WUStB stützt sich der Bundesratsbeschluss vom 24. Juli 1951 betreffend Überwälzung der Warenumsatzsteuer (BRB 1951), der bestimmt: "Art. 1 Der Grossist darf die Warenumsatzsteuer auf Detaillieferungen dem Abnehmer gesondert in Rechnung stellen, wenn er diese Lieferungen zu Preisen ausführt, die er in seinem Geschäftsbetrieb für Engroslieferungen fordert. Art. 2 Dieser Beschluss tritt am 1. Oktober 1951 in Kraft." B.- Die X. AG ist als Grossist im Sinne des WUStB steuerpflichtig. Sie vertreibt Teppiche und andere Bodenbeläge aus Textilien. Zum Teil verlegt sie solche Beläge selber oder lässt sie in ihrem Namen durch Unterakkordanten verlegen. Ausserdem liefert sie Belagsmaterial an selbständige Unternehmer, die im eigenen Namen Verlegearbeiten ausführen. Soweit sie das Material selber verlegt, sind ihre Kunden entweder private Besteller oder Gewerbetreibende, welche bei ihnen bestellte Belagsarbeiten von ihr ausführen lassen. C.- Die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) stellte fest, dass die X. AG bei der Fakturierung der für andere Unternehmer besorgten Verlegearbeiten die Warenumsatzsteuer gesondert BGE 100 Ib 166 S. 168 aufführte. Am 18. Januar 1973 entschied sie, dass die Firma die Steuerüberwälzung bei Arbeiten an Bauwerken (Bodenbelagsarbeiten) nur durch Einrechnung des Steuerbetrags in den Lieferungspreis bewirken dürfe, und dass in Preislisten und Offerten für solche Arbeiten jeder Hinweis auf die Warenumsatzsteuer untersagt sei. Auf Einsprache der Steuerpflichtigen hin bestätigte die EStV diesen Entscheid am 19. Juli 1973. Sie führte aus, nach den klaren Vorschriften könne der Grossist bei Detaillieferungen die Steuer nur dann offen überwälzen, wenn er nachweise, dass er für Detail- und Engroslieferungen der in Frage stehenden Art die gleichen Preise berechne. Arbeiten an Bauwerken - mit oder ohne Einbau von Werkstoffen - könnten aber nie Engroslieferungen sein; wie Art. 15 bis Abs. 3 WUStB bestätige, seien sie immer Detaillieferungen, gleichgültig, ob der Besteller ein Privater oder ein Unternehmer sei, welcher sie seinerseits seinem Besteller verrechne. Die Anwendung des BRB 1951 auf die Herstellung von Bauwerken sei somit generell ausgeschlossen. D.- Die X. AG erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Einspracheentscheid sei aufzuheben, und es sei zu erkennen, "dass die Beschwerdeführerin die Warenumsatzsteuer bei Lieferung von Bodenbelägen an Wiederverkäufer mit Ausführung des Verlegens offen in Rechnung stellen und erwähnen darf". Es wird geltend gemacht, Art. 15 bis WUStB stelle jedenfalls dann, wenn er im Sinne der Auffassung der EStV verstanden werde, eine Fiktion auf, die mit der Wirklichkeit nicht übereinstimme. Die Lieferung von Bodenbelägen an Wiederverkäufer sei nicht eine Detail-, sondern eine Engroslieferung, auch wenn der Lieferer für den Engroskunden die Verbindung mit dem Bauwerk besorge und ihm dafür Rechnung stelle. Der Grundsatz, dass die Steuer bei Detaillieferungen nur verdeckt überwälzt werden darf, sei offensichtlich nur eingeführt worden, um die Stimmbürger nicht zu verärgern, obwohl er tatsächlich ihrem Interesse zuwiderlaufe, da er dazu anreize, ihnen einen zu hohen Betrag zu überwälzen. Er sei nun überholt, nachdem die Warenumsatzsteuer den Charakter der Neuheit verloren habe; er dürfe daher nicht ausdehnend interpretiert werden. Beim Erlass des BRB 1951 sei anscheinend kein Wert mehr auf das Verdecken der Steuer gelegt worden; deshalb habe man die offene Überwälzung selbst bei BGE 100 Ib 166 S. 169 Fakturierung an Detailkunden gestattet, wenn Engros- und Detailpreise zusammenfallen. Offenbar sollten damit doppelte Kosten für Drucksachen usw. vermieden werden, welche nur die Ware verteuerten. Die gleiche ratio legis gelte erst recht, wenn nicht dem Detailkunden fakturiert werde, sondern dem Wiederverkäufer, für den das offene Überwälzen ohnehin die Regel sei. Die Kosten des Verlegens müssten ihrer Natur nach allen Kunden zum gleichen Preis fakturiert werden. Werde auf der Fiktion beharrt, dass die Beschwerdeführerin ein Detailgeschäft tätige. wenn sie beim Verkauf des Bodenbelags an Engroskunden auch das Verlegen übernehme, so müsse der BRB 1951 auf dieses Geschäft ebenfalls Anwendung finden. Wenn es beim angefochtenen Entscheid bliebe, müsste die Beschwerdeführerin zweierlei Preislisten erstellen und versenden, was einen jährlichen Mehraufwand von mindestens Fr. 12 800.-- erfordern würde, der schliesslich dem Detailkunden zur Last fiele, ohne ihm irgendwelchen Nutzen zu bringen. Die Steuererhöhung, die am 1. Januar 1972 in Kraft getreten ist, habe selbst bei Detaillieferungen und Bauarbeiten offen überwälzt werden dürfen, wenn die frühere Offerte oder Vereinbarung auf den alten Steueransätzen beruht habe. Auch in diesem Fall, der sich bei jeder neuen Steuererhöhung wiederhole, werde also die Regel des Art. 29 WUStB durchbrochen. Übrigens stelle sich auch die Frage, ob die strittigen Bestimmungen über die Steuerüberwälzung gesetz- und verfassungsmässig seien. Sie stammten aus einer Zeit, da die Preise behördlich vorgeschrieben gewesen seien. Heute beständen aber keine solchen Preisvorschriften mehr. Nach dem geltenden Verfassungsrecht - Art. 41 ter BV - sei die Kompetenz der Verwaltung auf die Festsetzung der Steuerforderung beschränkt. Die umstrittene Ordnung ermangle nun der gesetzlichen Grundlage. Sie widerspreche der Garantie der Handels- und Gewerbefreiheit. E.- Die EStV beantragt die Abweisung der Beschwerde. BGE 100 Ib 166 S. 170 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin ist offenbar der Meinung, der rev. Art. 29 WUStB und der BRB 1951 seien jedenfalls heute als verfassungs- und gesetzwidrig zu erachten. Wie es scheint, nimmt sie an, das Bundesgericht könne die Frage prüfen und gegebenenfalls jene Vorschriften unanwendbar erklären. Diese Auffassung ist irrig. Die Bundesversammlung hat den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1950 über die Ausführung der Finanzordnung 1951-1954, in dem sie Art. 29 WStB neu gefasst hat, gestützt auf eine ihr durch die Bundesverfassung (Art. 5 des Bundesbeschlusses vom 29. September 1950 über die Finanzordnung 1951-1954) erteilte Ermächtigung unter Ausschluss des Referendums erlassen. Sie hat ihn nach der damaligen Praxis in die Form des einfachen Bundesbeschlusses gekleidet. In der Lehre ist umstritten, ob rechtsetzende einfache Bundesbeschlüsse zu den "von der Bundesversammlung erlassenen Gesetzen und allgemein verbindlichen Beschlüssen" gehören, an die das Bundesgericht nach Art. 113 Abs. 3 BV gebunden ist, oder ob sie vom Gericht gleich wie Rechtsverordnungen des Bundesrates auf ihre Rechtsbeständigkeit überprüft werden können. In einem Urteil vom 13. Mai 1966 (ASA Bd. 35 S. 385), das ebenfalls den genannten Bundesbeschluss vom 20. Dezember 1950 betrifft, hat das Bundesgericht die Frage offengelassen. Sie stellt sich heute hinsichtlich des neuen Art. 29 WUStB nicht mehr, wie sich aus den folgenden Überlegungen ergibt. Nachdem die Bestimmungen der Finanzordnung 1951-1954 (des Bundesbeschlusses vom 29. September 1950) durch Bundesbeschluss vom 25. Juni 1954 über die Finanzordnung 1955-1958 auch für diese Jahre anwendbar erklärt worden waren, wurde in Art. 8 Üb. Best. BV (Fassung gemäss Bundesbeschluss vom 31. Januar 1958 über die verfassungsmässige Neuordnung des Finanzhaushaltes des Bundes) u.a. angeordnet, dass bis zum Erlass eines einschlägigen Ausführungsgesetzes zu Art. 41 ter BV "die bisherigen Bestimmungen" über die Warenumsatzsteuer (unter gewissen hier nicht in Betracht fallenden Vorbehalten) "in Kraft bleiben". Entsprechend sagt der heutige Text des Art. 8 Üb. Best. BV (Fassung gemäss Bundesbeschluss vom 11. März 1971 über die Weiterführung der Finanzordnung des Bundes), dass unter Vorbehalt der Änderung durch Bundesgesetz im Rahmen von Art. 41 ter BGE 100 Ib 166 S. 171 (und unter weiteren Vorbehalten, die hier nicht von Bedeutung sind) "die am 31. Dezember 1970 geltenden Bestimmungen" über die Warenumsatzsteuer "in Kraft bleiben". Zu den "bisheri-gen" und den "am 31. Dezember 1970 geltenden" Bestimmungen über die Warenumsatzsteuer, die durch Art. 8 Üb. Best. BV (alt und neu) in Kraft belassen worden sind, gehören aber auch der revidierte Art. 29 WUStB und der BRB 1951. Sie sind demnach durch die Bundesverfassung bestätigt worden und können daher vom Bundesgericht nicht auf ihre Rechtsbeständigkeit überprüft werden. Da das Gericht an Art. 8 Üb. Best. BV gebunden ist, muss es auch die Bestimmungen, die in dieser Verfassungsvorschrift für verbindlich erklärt werden, ohne weiteres als massgebend betrachten. Zu prüfen bleibt der weitere Einwand der Beschwerdeführerin, jedenfalls habe die EStV im angefochtenen Entscheid den Art. 29 WUStB und den BRB 1951 unrichtig ausgelegt und angewandt. 2. Nach Art. 29 WUStB darf die Warenumsatzsteuer auf den Warenabnehmer überwälzt werden. Die Art der Überwälzung ist aber nicht völlig dem Belieben des Lieferers überlassen. Für die Engroslieferungen bestehen in dieser Beziehung keine Vorschriften. Anders verhält es sich mit den Detaillieferungen: Bei ihnen darf nach Art. 29 WUStB die Überwälzung nur in der Weise bewirkt werden, dass der Lieferer den von ihm geschuldeten oder ihm auf dem Überwälzungswege angerechneten Steuerbetrag in den Lieferungspreis einrechnet, unter Vorbehalt von Ausnahmen, die der Bundesrat bewilligen kann. Gestützt auf diesen Vorbehalt hat der Bundesrat mit seinem Beschluss vom 24. Juli 1951 dem Grossisten erlaubt, die Steuer auf Detaillieferungen den Abnehmern dann gesondert in Rechnung zu stellen, wenn er diese Lieferungen zu Preisen ausführt, die er in seinem Geschäftsbetriebe für Engroslieferungen fordert. Wo die offene Überwälzung verboten ist, darf die Steuer auch in Unterlagen (Preislisten, Offerten usw.), die den Abnehmer vor dem Vertragsabschluss über die Preise orientieren, nicht in Erscheinung treten. Wie Art. 15 Abs. 3 WUStB bestimmt, gilt als Engroslieferung die Lieferung von Waren für den Wiederverkauf oder als Werkstoff für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken. Als Detaillieferungen gelten nach Art. 19 Abs. 2 WUStB alle Lieferungen, auf welche die Voraussetzungen BGE 100 Ib 166 S. 172 von Art. 15 Abs. 3 nicht zutreffen. Gemäss Art. 15bis Abs. 3 WUStB gilt die Herstellung von Bauwerken für fremde Rechnung als Detaillieferung desjenigen, der die Herstellung ausführt. Der Art. 29 WUStB und der BRB 1951 sind im Sinne dieser Umschreibungen auszulegen. Es versteht sich von selbst, dass die Ausdrücke "Engroslieferungen" und "Detaillieferungen" in allen Vorschriften der Gesetzgebung über die Warenumsatzsteuer, in denen sie verwendet werden, die gleiche Bedeutung haben müssen. 3. Die Beschwerdeführerin befasst sich u.a. mit der Verlegung von Bodenbelägen für private Besteller und für Gewerbetreibende, welche bei ihnen bestellte Belagsarbeiten von ihr ausführen lassen. Das sind Arbeiten, die in der Verbindung von Werkstoffen mit Bauwerken bestehen. Sie gelten nach Art. 18bis WUStB als Herstellung von Bauwerken und sind, weil die Beschwerdeführerin sie für fremde Rechnung ausführt, gemäss Art. 15bis Abs. 1 WUStB den Warenlieferungen gleichgestellt. Nach Art. 15bis Abs. 3 WUStB sind sie als Detaillieferungen des Herstellers, der Beschwerdeführerin, zu betrachten. In der Tat können baugewerbliche Arbeiten, wie sie hier in Frage stehen, unter keinen Umständen als Engroslieferungen im Sinne des Art. 15 Abs. 3 WUStB angesehen werden. Durch die Verbindung mit dem Bauwerk verlieren die verwendeten Belagsmaterialien (Werkstoffe) die Wareneigenschaft; denn sie können nun nicht mehr Gegenstand eines Fahrniskaufes sein ( Art. 17 WUStB ). Sie werden dem Besteller nicht "für den Wiederverkauf oder als Werkstoff für die gewerbsmässige Herstellung von Waren oder Bauwerken" ( Art. 15 Abs. 3 WUStB ) geliefert, Vielmehr wird ihm das bestellte Werk geliefert, in das die Belagsmaterialien bei der Herstellung übergegangen sind ( Art. 18 WUStB ). Gegenstand einer Engroslieferung im Sinne des Warenumsatzsteuerrechts können nur Waren sein, nicht auch Bauwerke. Das ergibt sich schon aus Art. 15 Abs. 3 WUStB und wird durch Art. 15 bis Abs. 3 WUStB bestätigt. Arbeiten, mit denen Bauwerke für fremde Rechnung hergestellt werden, sind demnach immer Detaillieferungen, auch wenn der Besteller nicht ein privater Bauherr ist, sondern ein Gewerbetreibender, der die Arbeit seinerseits seinem Besteller verrechnet. Die Beschwerdeführerin behauptet, mit der "Lieferung von BGE 100 Ib 166 S. 173 Bodenbelägen an Wiederverkäufer" führe sie eine "Engroslieferung" aus, und zwar auch dann, wenn sie für den "Engroskunden" die Verbindung mit dem Bauwerk besorge. Diese Ausdrucksweise mag einem kaufmännischen Sprachgebrauch entsprechen, doch deckt sie sich nicht ganz mit den steuerrechtlichen Begriffen der Detail- und der Engroslieferung. Allerdings liegt eine Engroslieferung im Sinne des Art. 15 Abs. 3 WUStB vor, wenn die Beschwerdeführerin Bodenbelagsmaterial für den Wiederverkauf oder als Werkstoff für die vom Abnehmer auszuführende gewerbsmässige Herstellung von Bauwerken verkauft. Anders verhält es sich dagegen, wenn nicht der "Engroskunde", sondern die Beschwerdeführerin selber den von ihr gelieferten Werkstoff mit dem Bauwerk verbindet. In diesem - Gegenstand des Streites bildenden - Fall führt sie auf Grund eines Werkvertrages eine Lieferung aus, die in der Herstellung eines Bauwerkes besteht. Solche Lieferungen sind aber, wie gesagt, immer Detaillieferungen im Sinne des Warenumsatzsteuerrechts. 4. Hieraus folgt, dass die Beschwerdeführerin bei allen von ihr ausgeführten Belagsarbeiten nach der in Art. 29 WUStB aufgestellten Regel verfahren muss, also die Warenumsatzsteuer nicht gesondert in Rechnung stellen darf. Denn es kann nach dem Gesagten in ihrem Geschäftsbetriebe gar keine vergleichbaren Engroslieferungen geben, so dass sie sich nicht auf die im BRB 1951 vorgesehene Ausnahme berufen kann. Es besteht aber keine weitere Vorschrift, nach der baugewerbliche Arbeiten für Rechnung von Gewerbebetrieben, welche diese Leistungen ihrerseits ihren Bestellern verrechnen, von jener Regel ausgenommen wären. Der angefochtene Entscheid entspricht dem klaren Wortlaut des Art. 29 WUStB und des BRB 1951. Freilich ist daraus, dass der Text einer gesetzlichen Bestimmung an sich klar ist, nicht ohne weiteres zu schliessen, dass für eine sinngemässe Auslegung kein Raum bleibe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts darf von ihm abgewichen werden, wenn triftige Gründe die Annahme aufdrängen, dass er nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit anderen Vorschriften ergeben (BGE 99 I/b 507 f. mit Hinweisen). BGE 100 Ib 166 S. 174 Das grundsätzliche Verbot, die Steuer auf Detaillieferungen offen zu überwälzen, wurde eingeführt, weil die ursprüngliche Ordnung - Freiheit der Wahl zwischen offener und stiller Überwälzung - als unbefriedigend betrachtet wurde. Man fand, das System der verdeckten Überwälzung sei für den Detaillisten einfacher und bewahre ihn vor Fehlrechnungen. Es sei aber auch für den Konsumenten vorteilhafter; denn es erlaube ihm, sich schneller und zuverlässiger über die wirklichen Preise und deren Unterschiede zu orientieren, und es schütze ihn vor Benachteiligung durch irrtümliche Berechnungen. Zudem sollte vermieden werden, dass der Bürger auf Schritt und Tritt an die unbeliebte Steuerbelastung erinnert werde (vgl. Botschaften des Bundesrates vom 19. Juli 1950 über die Finanzordnung 1951-1954 und vom 4. Dezember 1950 über die Ausführung dieser Finanzordnung, BBl 1950 II 438 f. und III 579 f.). Man wollte vor allem dem privaten Konsumenten Anstände und Ärger ersparen. Der Einfachheit halber wurden aber alle Detaillieferungen (im steuerrechtlichen Sinne) in das Verbot einbezogen, ohne Unterschied danach, ob der gelieferte Gegenstand vom Abnehmer zum privaten oder zum gewerblichen Gebrauch verwendet wird (WELLAUER, Warenumsatzsteuer, N 978). Immerhin wurde der Bundesrat ermächtigt, Ausnahmen vom Verbot zu bewilligen, was er durch Erlass des BRB 1951 getan hat. Die dort vorgesehene Ausnahme wurde deshalb als erforderlich erachtet, weil sonst der Grossist, um bei der Festsetzung des Offertpreises den richtigen Steueransatz anrechnen zu können, den einzelnen Interessenten zum voraus anfragen müsste, wozu er die Ware verwenden werde (WELLAUER, a.a.O., N 982). Diese Erwägung trifft aber auf baugewerbliche Arbeiten nicht zu, weil diese stets Detaillieferungen im Sinne des Warenumsatzsteuerrechtes darstellen und daher der Satz, zu dem sie zu versteuern sind, vom Lieferer immer von vornherein, ohne Anfrage beim Abnehmer, festgestellt werden kann. Der BRB 1951 kann daher auf baugewerbliche Arbeiten nicht, auch nicht analog, angewandt werden. Mit dem rev. Art. 29 WUStB und dem BRB 1951 wurde eine einfache, leicht durchführbare Ordnung geschaffen. Es besteht kein Grund zur Annahme, dass diese Regelung zu offensichtlich sinnwidrigen, der ratio legis widersprechenden Ergebnissen führt, wenn die dort verwendeten Begriffe der BGE 100 Ib 166 S. 175 Detail-und der Engroslieferung so verstanden werden, wie sie in Art. 15 Abs. 3, Art. 15bis Abs. 3 und Art. 19 Abs. 2 WUStB umschrieben sind. Es mag sein, dass die Beachtung der so ausgelegten Überwälzungsvorschriften in einem Unternehmen, wie es die Beschwerdeführerin betreibt, einen zusätzlichen administrativen Aufwand zur Folge hat. Wenn dies zutrifft, lässt sich daraus aber nicht ableiten, dass die Vorschriften entgegen ihrem klaren Wortlaut ausgelegt werden müssen. Würden die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstände eine Ausnahme von der Regel des Art. 29 WUStB rechtfertigen, so wäre es Sache des Gesetzgebers, das Erforderliche anzuordnen. 5. Allerdings räumt Ziff. II Abs. 4 des BRB vom 28. Juni 1971 über die Änderung des WUStB dem Lieferer unter Vorbehalt einer abweichenden Abmachung das Recht ein, vom Abnehmer die zusätzliche Vergütung des Betrages zu verlangen, um den die Steuer nach den geänderten Bestimmungen höher ist, wenn die Lieferung, für die das Entgelt vor dem 1. Januar 1972 vereinbart wurde, nach den neuen Bestimmungen zu versteuern ist. Eine entsprechende Vorschrift findet sich in Ziff. II Abs. 3 des BRB vom 4. Juli 1973, durch den die Steuersätze nochmals erhöht worden sind. Diese Vorschriften waren zum Schutz des Lieferers erforderlich. Die in ihnen vorgesehene zusätzliche Vergütung der Steuerdifferenz ist naturgemäss nur auf dem Wege der offenen Überwälzung erreichbar. Das gilt auch für Detaillieferungen. Es liegt indes auf der Hand, dass mit den genannten Vorschriften, welche blosse Übergangsbestimmungen sind, das grundsätzliche Verbot der offenen Überwälzung bei Detaillieferungen nicht preisgegeben worden ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6fa4020f-d716-4844-a83c-8b767af8c302
Urteilskopf 85 I 148 24. Urteil vom 17. Juni 1959 i.S. Delaloye gegen Obergericht des Kantons Zürich und Warenautomaten A.-G.
Regeste Art. 59 BV . In einer Gerichtsstandsvereinbarung liegt nur dann ein gültiger Verzicht auf den Wohnsitzrichter, wenn ihr Inhalt unmissverständlich ist und darin der Wille des Verzichtenden, sich einem anderweitigen Richter zu unterwerfen, klar und deutlich zum Ausdruck kommt.
Sachverhalt ab Seite 148 BGE 85 I 148 S. 148 A.- Der Beschwerdeführer Gabriel Delaloye wohnt in Ardon (Kt. Wallis) und handelt dort mit Gemüse. Am 22. Juli 1957 besuchte ihn ein Vertreter der Warenautomaten AG Zürich. Dabei wurde ein Kaufvertrag geschlossen, durch den Delaloye einen Zigarettenverkaufsautomaten zum Preis von Fr. 3190.-- auf Abzahlung kaufte. Das vorgedruckte und in französischer Sprache abgefasste Vertragsformular enthält die Bestimmung: "For d'exécution. BGE 85 I 148 S. 149 Le for d'exécution est Zurich 3". Delaloye erhielt den Automaten Mitte August 1957 und entrichtete die vereinbarte Anzahlung von Fr. 190.--, leistete aber keine weiteren Zahlungen mehr. Die Warenautomaten AG betrieb ihn daher für den Restkaufpreis von Fr. 3000.-- und reichte nach erhobenem Rechtsvorschlag Klage ein beim Bezirksgericht Zürich. Dieses lud Delaloye zweimal erfolglos vor und verpflichtete ihn dann durch Versäumnisurteil vom 31. Oktober 1958 zur Zahlung von Fr. 3000.-- nebst 5% Zins seit 18. Februar 1958. Delaloye ergriff hiegegen die Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich mit dem Antrag, die Klage sei mangels Zuständigkeit der zürcherischen Gerichte von der Hand zu weisen, eventuell sei sie abzuweisen. Zur Begründung berief er sich auf Art. 59 BV und machte geltend, dass der Ausdruck "for d'exécution" Erfüllungsort, nicht Gerichtsstand bedeute, mindestens für einen Laien missverständlich und nicht als Gerichtsstandsklausel erkennbar sei und daher keinen gültigen Verzicht auf den Wohnsitzgerichtsstand darstelle. Durch Urteil vom 5. März 1959 wies das Obergericht die Berufung ab und bestätigte das angefochtene Urteil, mit Bezug auf die Einrede der Unzuständigkeit mit folgender Begründung: Nach dem französisch-deutschen Rechtswörterbuch von Piccard/Thilo/Steiner heisse "for" in erster Linie Gerichtsstand, dann aber auch Ort. In der Juristensprache jedoch und insbesondere in einem Vertrag bedeute der Ausdruck Gerichtsstand. Auch ein Laie könne das nicht anders verstehen. Erfüllungsort heisse nicht, wie der Beklagte behaupte, "for d'exécution", sondern "lieu d'exécution". Dass vorliegend der Gerichtsstand gemeint gewesen sei, ergebe sich auch aus den Umständen. Nach dem Vertrag sei die Klägerin verpflichtet gewesen, den verkauften Automaten nach Ardon zu liefern, während für den Kaufpreis von Gesetzes wegen Zürich Erfüllungsort gewesen sei. Habe demnach die streitige Klausel, als Vereinbarung eines Erfüllungsortes, überhaupt keinen BGE 85 I 148 S. 150 vernünftigen Sinn und keine innere Berechtigung, so habe sie auch der Beklagte nicht so verstehen können; vielmehr habe sie für ihn nur bedeuten können, dass für Streitigkeiten aus dem Vertrag der Gerichtsstand Zürich gelte. B.- Gabriel Delaloye hat gegen dieses Urteil staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, es sei wegen Verletzung von Art. 59 BV aufzuheben. Zur Begründung wird geltend gemacht: An einen Verzicht auf den Wohnsitzgerichtsstand seien nach konstanter Praxis strenge Anforderungen zu stellen; er müsse eindeutig und unmissverständlich sein. Das treffe hier nicht zu. Das Wort "for" bedeute für sich allein in erster Linie Ort, habe selbst in Gesetzestexten diesen Sinn ( Art. 46 SchKG : "for de poursuite", Art. 376 ZGB : "for tutélaire") und lasse keinesfalls zwingend auf "Gerichtsstand" schliessen. Der Beschwerdeführer sei ein juristisch ungebildeter Kleinhändler. Der Ausdruck "for d'exécution", der auf den Erfüllungsort hinweise, habe für ihn nicht die Bedeutung eines Verzichts auf den Wohnsitzgerichtsstand gehabt. C.- Das Obergericht des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Die Warenautomaten AG beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer aufrechtstehend ist, dass er im Kanton Wallis wohnt und dass die gegen ihn geltend gemachte Forderung der Beschwerdegegnerin eine persönliche Ansprache im Sinne des Art. 59 BV darstellt. Für diese braucht er sich daher nur dann in Zürich gerichtlich belangen zu lassen, wenn er gültig auf den Richter an seinem Wohnsitz verzichtet hat. 2. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt in einer Gerichtsstandsvereinbarung nur dann ein gültiger Verzicht auf den Wohnsitzrichter, wenn ihr Inhalt unmissverständlich ist und darin der Wille des Verzichtenden, sich einem an sich unzuständigen Richter zu unterwerfen, BGE 85 I 148 S. 151 klar und deutlich zum Ausdruck kommt ( BGE 84 I 36 und dort angeführte frühere Urteile). In einem Fall, wo sich ebenfalls die Warenautomaten AG und ein im Kanton Wallis ansässiger Kleinhändler gegenüberstanden, hat das Bundesgericht kürzlich die Klausel: "Le for et lieu d'exécution est Zurich" noch als gültigen Verzicht auf den Wohnsitzgerichtsstand und als Verpflichtung, in Zürich Recht zu nehmen, anerkannt (nicht veröffentlichtes Urteil vom 6. Mai 1959 i.S. Clivaz). Daraus folgt indessen nicht, dass das Gleiche auch für die Klausel: "Le for d'exécution est Zurich 3" gilt. Jene Bestimmung liess immerhin klar erkennen, dass Zürich nicht nur als Erfüllungsort (lieu d'exécution), sondern auch als Gerichtsstand (for) vereinbart war. Die vorliegende Klausel dagegen hat nach ihrem Wortlaut keinen vernünftigen Sinn. Weist der Ausdruck "for" auch auf die Bezeichnung eines Gerichtsstandes hin, so lässt er sich doch nicht trennen von der zu seiner Kennzeichnung und Erklärung bestimmten Beifügung "d'exécution", die nur mit dem vom Gerichtsstand ganz verschiedenen und nicht damit zusammenhängenden Begriff des Erfüllungsortes in Verbindung gebracht werden kann, wenn nicht gar mit dem Betreibungsort (for de l'exécution forcée). Die Klausel ist demnach zweideutig und lässt sich, je nachdem man das Gewicht auf das Wort "for" oder auf die Worte "d'exécution" legt, verschieden auslegen. Es ist durchaus möglich, dass der Beschwerdeführer, der keine juristischen Kenntnisse besitzt, beim Vertragsschluss die Bedeutung der Klausel nicht verstand und sich nicht bewusst war, damit auf den verfassungsmässig gewährleisteten Gerichtsstand deS Wohnortes zu verzichten (vgl. BGE 34 I 58 ). Ein gültiger Verzicht auf diesen Gerichtsstand liegt daher nicht vor. Diese Betrachtungsweise rechtfertigt sich umso mehr, als die Beschwerdegegnerin den Text des für den Vertragsschluss verwendeten vorgedruckten Formulars abgefasst hat, also für die Unklarheit und Zweideutigkeit der Klausel verantwortlich ist, denn nach einer allgemeinen BGE 85 I 148 S. 152 Regel sind unklare Vertragsbestimmungen zuungunsten desjenigen auszulegen, der sie abgefasst hat ( BGE 48 II 246 Erw. 3, BGE 50 II 543 Erw. 4, BGE 81 II 159 ; VON TUHR, Obligationenrecht, § 34 I bei Anm. 26). Die Beschwerdegegnerin hat, wenn sie die Käufer ihrer Automaten zum Verzicht auf den ordentlichen Gerichtsstand veranlassen will, ohne weiteres die Möglichkeit, die Gerichtsstandsklausel klar und unmissverständlich dahin zu formulieren, dass die Parteien für alle Streitigkeiten aus dem Vertrag Zürich als Gerichtsstand vereinbaren oder dass der Käufer für die Beurteilung solcher Streitigkeiten die Gerichte in Zürich als zuständig anerkennt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und das Urteil der I. Zivilkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 5. März 1959 aufgehoben.
public_law
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6fa44845-4f67-4557-960e-6ae0df57ce8f
Urteilskopf 141 V 246 28. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Schweizerische Ausgleichskasse SAK gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_375/2014 vom 24. März 2015
Regeste Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009; Beschluss Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäss Art. 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009; Rz. 5033 der Wegleitung zur freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (WFV); anwendbarer Umrechnungskurs bei der Auszahlung einer Rente der schweizerischen AHV an einen in Deutschland wohnhaften deutschen Staatsangehörigen. Auch nach dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 und des Beschlusses Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 auf den 1. April 2012 erfolgt die Umrechnung der in Schweizer Franken festgesetzten AHV-Rente in die Fremdwährung Euro nach nationalen Vorschriften, d.h. in analoger Anwendung von Rz. 5033 WFV (E. 5.2 und 5.3). Die mit der Rentenauszahlung verbundene Umrechnung von Schweizer Franken in Euro richtet sich nach dem Kurs des von der Schweizerischen Ausgleichskasse (SAK) frei wählbaren Finanzinstitutes (Bank oder PostFinance). Es besteht kein Anspruch auf den günstigsten Wechselkurs (E. 6.2).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 141 V 246 S. 247 A. Der 1946 geborene, verheiratete deutsche Staatsangehörige A. wohnte und arbeitete von 1970 bis 1977 in der Schweiz. Im Januar 2011 stellte er bei der Schweizerischen Ausgleichskasse (SAK) einen Rentenantrag im Hinblick auf das Erreichen des ordentlichen Rentenalters am 24. Mai 2011. Mit Verfügung vom 18. Mai 2011 setzte die SAK die Altersrente des A. mit Wirkung ab 1. Juni 2011 auf monatlich Fr. 276.- fest. Die Ehefrau des Versicherten, B., erreichte das ordentliche Rentenalter am 5. Januar 2012. Die SAK nahm für sie die BGE 141 V 246 S. 248 Rentenberechnung vor (hälftige Anrechnung der Einkommen des A. zuzüglich Erziehungsgutschriften) und setzte die Rente mit Wirkung ab 1. Februar 2012 auf Fr. 276.- fest (Verfügung vom 17. Januar 2012). Aufgrund der durchgeführten Einkommensteilung nahm die SAK auch für A. eine Neuberechnung vor. Mit Verfügung vom 30. Januar 2012 reduzierte sie die Altersrente des A. mit Wirkung ab 1. Februar 2012 auf monatlich Fr. 236.-. Daran hielt sie auf Einsprache des Versicherten hin fest (Einspracheentscheid vom 15. Mai 2012). B. In seinem dem Bundesverwaltungsgericht von der SAK zuständigkeitshalber weitergeleiteten Schreiben vom 11. Juni 2012 liess A. die Rentenberechnung und die Kursumrechnung - der Ausrichtung der Rente in Euro sei ein zu tiefer Kurs zugrunde gelegt worden - beanstanden. Das Bundesverwaltungsgericht nahm die Eingabe als Beschwerde entgegen und fällte am 25. März 2014 folgenden Entscheid: "1. Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. 2. Die angefochtene Einspracheverfügung vom 15. Mai 2012 wird insoweit geändert, als die Umrechnung der AHV-Leistung in die Fremdwährung Euro bis zum 31. März 2012 nach dem Tagesrichtkurs der Schweizer Grossbanken für den letzten Werktag vor der Durchführung der Zahlung und ab dem 1. April 2012 nach dem von der Europäischen Zentralbank veröffentlichten Referenzwechselkurs erfolgt. Im Übrigen wird die angefochtene Einspracheverfügung bestätigt. 3. Die Akten gehen an die Vorinstanz zur Berechnung der geschuldeten Rente in die Fremdwährung und zum Erlass einer entsprechenden Verfügung. 4. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben und es wird keine Parteientschädigung zugesprochen." C. Die SAK führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Rechtsbegehren, es sei die Beschwerde gutzuheissen und der Entscheid vom 25. März 2014 aufzuheben. A. schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde, das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf deren Gutheissung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Versicherte ist deutscher Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Deutschland. Aus diesem Grunde findet das am 1. Juni 2002 in Kraft getretene Abkommen vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen BGE 141 V 246 S. 249 Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit (FZA; SR 0.142.112.681) Anwendung. Nach Art. 1 Abs. 1 des auf der Grundlage von Art. 8 FZA ausgearbeiteten und Bestandteil des Abkommens bildenden ( Art. 15 FZA ) Anhangs II FZA in Verbindung mit Abschnitt A dieses Anhangs wenden die Vertragsparteien untereinander insbesondere die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbstständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (AS 2004 121; nachfolgend: Verordnung Nr. 1408/71) und die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (AS 2005 3909) oder gleichwertige Vorschriften an. Mit Wirkung auf 1. April 2012 sind diese beiden Rechtsakte durch die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.1) sowie (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Festlegung der Modalitäten für die Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (SR 0.831.109.268.11) abgelöst worden. Nach Art. 4 der Verordnung Nr. 883/2004 haben Personen, für die diese Verordnung gilt, soweit in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, die gleichen Rechte und Pflichten aufgrund der Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats wie die Staatsangehörigen dieses Staates. Dabei ist im Rahmen des FZA auch die Schweiz als "Mitgliedstaat" im Sinne dieser Koordinierungsverordnungen zu betrachten ( Art. 1 Abs. 2 Anhang II FZA ). 2.2 Unter Vorbehalt der gemeinschafts- bzw. abkommensrechtlichen Vorgaben ist die Ausgestaltung des Verfahrens, die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Berechnung der schweizerischen Altersrente Sache des innerstaatlichen Rechts (vgl. BGE 137 V 282 E. 3.3 S. 285; BGE 131 V 209 E. 5.3 S. 214; BGE 130 V 51 ; SVR 2004 AHV Nr. 16 S. 49, H 39/03; vgl. auch SVR 2006 ALV Nr. 24 S. 82, C 290/03 E. 1.2). 3. 3.1 Es ist unbestritten, dass sich der Anspruch des Beschwerdegegners auf eine Rente der AHV ausschliesslich nach dem schweizerischen Recht bestimmt (vgl. E. 2.2 hiervor). Dabei steht fest, dass BGE 141 V 246 S. 250 die SAK die Altersrente an den Beschwerdegegner als im Ausland wohnhaften Anspruchsberechtigten direkt in der Währung des Wohnsitzstaates Deutschland - mithin in Euro - ausrichten darf, dies in analoger Anwendung der Bestimmung des Art. 20 Satz 1 der Verordnung vom 26. Mai 1961 über die freiwillige Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (VFV; SR 831.111; bis 31. Dezember 2007: Art. 20 Abs. 1 Satz 1 VFV ; vgl. dazu BGE 137 V 282 E. 3.9 und 3.10 S. 289 ff.), und zwar über die PostFinance als Zahlungspartnerin (vgl. dazu BGE 137 V 282 E. 3.8 S. 288 f. und E. 4.3 S. 292 mit Hinweis auf Rz. 10103 und 10105 der Wegleitung des BSV über die Renten [RWL] in der Eidgenössischen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, gültig ab 1. Januar 2003 [Stand 1. Januar 2006]). 3.2 Was den anwendbaren Umrechnungskurs anbelangt, besteht insoweit Einigkeit unter den Parteien, als unter dem Geltungsbereich der Verordnung Nr. 574/72 Rz. 5033 der Wegleitung des BSV zur freiwilligen Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung (WFV [Stand 1. Januar 2011]) analog anwendbar ist, wonach der Tagesrichtkurs der Schweizer Grossbanken für den letzten Werktag vor der Durchführung der Zahlung gilt (vgl. aber E. 6). Streitig und zu prüfen ist demgegenüber, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgeht, dass diese Regelung nur für die Zeit bis 31. März 2012 gilt und ab 1. April 2012 - zufolge Inkrafttretens der Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 - der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Referenzwechselkurs gemäss Art. 90 der Verordnung Nr. 987/2009 massgebend ist. 4. Unter dem Titel "Währungsumrechnung" regelt Art. 90 der Verordnung Nr. 987/2009 die Umrechnung von Beträgen in ausländischer Währung unter Anwendung der Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009. Gemäss Satz 1 gilt bei der Anwendung der Grundverordnung und der Durchführungsverordnung als Wechselkurs zweier Währungen der von der Europäischen Zentralbank veröffentlichte Referenzwechselkurs. Nach Satz 2 bestimmt die Verwaltungskommission den Bezugszeitpunkt für die Festlegung des Wechselkurses. Zu dieser Bestimmung hat die Verwaltungskommission den Beschluss Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 über den Bezugszeitpunkt für die Festlegung der Umrechnungskurse gemäss Artikel 90 der Verordnung (EG) Nr. 987/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. C 106 vom 24. April 2010 S. 56) erlassen. BGE 141 V 246 S. 251 5. 5.1 Die Verordnungen Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 schreiben die hergebrachten Koordinierungsgrundsätze fort, indem - wie bisher - die nationalen Systeme sozialer Sicherheit von den EU-Regelungen unberührt bleiben und lediglich untereinander koordiniert werden, nicht aber inhaltlich angeglichen im Sinne einer Harmonisierung (vgl. insbesondere erster Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 987/2009; BETTINA KAHIL-WOLFF, Die neuen Koordinierungsverordnungen 883/2004 und 987/2009: Auswirkungen auf die soziale Sicherheit der Schweiz, in: Strassenverkehrsrechtstagung 10.-11. Juni 2010, 2010, S. 265 ff., 269; BERND SCHULTE, Die neue Europäische Sozialrechtskoordinierung in Gestalt der Verordnungen [EG] Nrn. 883/04 und 987/09, SZS 2012 S. 44 ff., 56). Dementsprechend sind auch Art. 90 der Verordnung Nr. 987/2009 und der dazu ergangene Beschluss Nr. H3 der Verwaltungskommission als reine Koordinierungsvorschriften zu verstehen. In diesem Sinne ist auch im ersten Erwägungsgrund des Beschlusses Nr. H3 festgehalten, dass sich viele Bestimmungen der beiden Verordnungen auf Situationen beziehen, in denen für die Zahlung, Berechnung oder Neuberechnung einer Leistung bzw. eines Beitrags, für Erstattungszwecke oder im Zuge von Ausgleichs- und Betreibungsverfahren der Umrechnungskurs festgelegt werden muss. 5.2 5.2.1 Nach ihrem Wortlaut und ihrem Zweck beziehen sich weder Art. 90 der Verordnung Nr. 987/2009 noch der Beschluss Nr. H3 auf die mit keinem Koordinationsbedarf verbundene Auszahlung von Leistungen, die nur aufgrund von nationalen Rechtsvorschriften berechnet werden (so bereits zu Art. 107 der Verordnung Nr. 574/72: Urteil des EuGH vom 5. Mai 1983 238/81 Raad van Arbeid gen Van der Bunt-Craig , Slg. 1983 S. 1385, wonach bei einer Berechnung der Ansprüche nur aufgrund von nationalen Rechtsvorschriften die Verordnungsbestimmung keine Anwendung findet und sich die Währungsumrechnungskurse nach den nationalen Rechtsvorschriften bestimmen [Randnrn. 18 f.]). Mit derVerordnungsbestimmung und dem Beschluss sollen Ereignisse abgedeckt werden, welche eine Koordinierung erfordern, beispielsweise in Form einer Zusammenarbeit oder eines Austausches zwischen den involvierten Behörden oder Ämtern. Zu denken ist dabei insbesondere an den Fall, dass eine ausländische Leistung bei der Festsetzung einer BGE 141 V 246 S. 252 inländischen Leistung angerechnet werden muss. Eine derartige Konstellation betraf beispielsweise das (unter dem Anwendungsbereich von Art. 107 der Verordnung Nr. 574/72 ergangene) Urteil 9C_377/2011 vom 12. Oktober 2011, in: SVR 2012 EL Nr. 9 S. 29, wo eine in Euro ausgerichtete Altersrente der deutschen Rentenversicherung für deren Berücksichtigung im Rahmen der (schweizerischen) Ergänzungsleistungsberechnung in Schweizer Franken umzurechnen war (vgl. dazu insbesondere E. 3.3 des zitierten Urteils). 5.2.2 Dass es sich bei der Nichtaufnahme von blossen Leistungsauszahlungen in den Beschluss Nr. H3 nicht um ein Versehen oder eine Nachlässigkeit seitens der Verwaltungskommission, sondern um einen bewussten Entscheid handelte, legt das BSV in seiner Vernehmlassung eingehend und überzeugend dar: Ursprünglich war in einer der ersten Fassungen des Beschlusses Nr. H3 (Entwurf vom 28. September 2009) ein Absatz enthalten, welcher die Zahlungen von Leistungen erfasste (Ziff. 4 Abs. 3: "For any other payment or reimbursement the conversion of amount to be paid shall be performed at the rate applicable on the date of payment or reimbursement."). Auf Anregung Frankreichs (Note Frankreichs vom 8. Oktober 2009 zur Sitzung der Verwaltungskommission vom 14./15. Oktober 2009 [Ziff. 4, 1. und 2. Absatz]) wurde dieser Absatz gestrichen mit der Begründung, dass das Prinzip bei der Auszahlung von Leistungen darin besteht, dass der auszahlende Träger seine gesetzlichen Verpflichtungen gegenüber dem Rentenberechtigten in seiner eigenen Landeswährung erfüllt. Ein allfälliger Wechselkurs bei der Auszahlung einer Leistung an einen Berechtigten ist deshalb nicht durch den auszahlenden Träger, sondern durch das Finanzinstitut festzulegen; dies erfolgt im Moment des Transfers des Rentenbetrages auf das Konto des Berechtigten, wobei der Rentenbetrag auf dem Konto des auszahlenden Trägers in der eigenen Landeswährung belastet wird. 5.2.3 Im Übrigen entspricht das Vorgehen der SAK - wenn auch hier nicht Gradmesser - der Praxis anderer Mitgliedstaaten, beispielsweise Deutschlands und Frankreichs, wie sich aus der Stellungnahme des BSV ergibt. In diesen beiden Staaten wird die Auszahlung der Rente ebenfalls nach nationalen Rechtsvorschriften und die Währungsumrechnung grundsätzlich durch das jeweilige Finanzinstitut zu dessen jeweils gültigem Tageskurs vorgenommen. 5.3 Zusammenfassend ergibt sich, dass Art. 90 der Verordnung Nr. 987/2009 und der Beschluss Nr. H3 vom 15. Oktober 2009 auf die BGE 141 V 246 S. 253 hier streitige Umrechnung der Altersrente des Beschwerdegegners von Schweizer Franken in Euro keine Anwendung finden. Auch nach dem Inkrafttreten dieser gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auf den 1. April 2012 ist der Umrechnungskurs weiterhin nach nationalen Vorschriften zu bestimmen, mithin in analoger Anwendung von Rz. 5033 WFV. 5.4 Bei dieser Rechtslage erübrigt es sich, auf die von der SAK im Einzelnen dargelegten praktischen Schwierigkeiten, die eine Umrechnung der Altersrenten nach dem von der Europäischen Zentralbank veröffentlichen Referenzwechselkurs mit sich brächte, näher einzugehen. 6. 6.1 Die Vorinstanz hält im Rahmen der analogen Anwendbarkeit von Rz. 5033 WFV - welche nach dem in E. 5.3 Gesagten nicht nur die Monate Januar und Februar 2012 (dazu E. 3.2 hiervor), sondern auch die Folgezeit betrifft - eine weitere Korrektur für angezeigt. Zur Begründung führt sie an, dass der Umrechnungskurs der PostFinance, wie der Bestätigung der Rentenüberweisung vom 8. Juni 2012 zu entnehmen ist (zugrunde liegender Kurs vom 8. Juni 2012: 1.2147), nicht mit dem (in Rz. 5033 WFV vorgeschriebenen) Tagesrichtkurs der Schweizer Grossbanken übereinstimmt, wobei die Vorinstanz als Referenzgrösse den Kurs der Credit Suisse beizieht (am 8. Juni 2012: 1.20123). Da die PostFinance erst seit Beginn des Jahres 2013 (recte: seit 26. Juni 2013) über eine Banklizenz verfüge, seien die in der streitigen Zeit angewendeten Kurse keine eigentlichen Bankkurse. Indem die PostFinance für den Wechselkurs auf eigene Daten abstelle, nehme sie die Umrechnung nicht nach den in Rz. 5033 vorgeschriebenen Kursquellen vor, was zu korrigieren sei. 6.2 Entgegen dem angefochtenen Entscheid ist in diesem Zusammenhang irrelevant, dass die PostFinance erst seit Ende Juni 2013 eine Banklizenz hat und die zuvor angewendeten Kurse deshalb keine eigentlichen Bankkurse darstellen. Denn diese Betrachtungsweise trägt dem Umstand nicht Rechnung, dass die PostFinance, bereits bevor ihr die Banklizenz erteilt wurde, eine neben den Banken in Betracht fallende Zahlungspartnerin war (vgl. BGE 137 V 282 E. 3.8 S. 288 f., E. 4.3 S. 292), für welche sich die SAK (ebenso wie für eine Bank) frei entscheiden konnte. Sodann ist lediglich eine analoge - d.h. sinngemässe - Anwendung von Rz. 5033 WFV angezeigt BGE 141 V 246 S. 254 (E. 5.3 hiervor). Dabei schreibt die Wegleitungsbestimmung keine fixe Grösse vor. Im Übrigen existiert der Wechselkurs der Schweizer Grossbanken im Sinne eines für alle Banken geltenden einheitlichen Wertes nicht; vielmehr setzt jede Bank ihren Wechselkurs eigenständig fest. Weshalb diese Autonomie nicht auch der PostFinance zustehen soll, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass der von der PostFinance verwendete Umrechnungskurs, wie aufgrund der Vergleichszahlen feststeht, konkurrenzfähig ist, liegt er doch sehr nahe (im angeführten Beispiel besteht eine Differenz von 0.01347) bei den von den Grossbanken verwendeten Kursen. Bei dieser Sachlage drängt es sich aus verwaltungsökonomischen Gründen auf, die mit der Rentenzahlung verbundene Umrechnung von Schweizer Franken in Euro nach den Bedingungen des jeweiligen, von der SAK frei wählbaren Finanzinstitutes geschehen zu lassen. Dabei ist eine allfällige (Wechselkurs-)Einbusse im Vergleich zu anderen in Frage kommenden Finanzinstituten hinzunehmen. Es besteht kein Anspruch auf den günstigsten Wechselkurs (vgl. auch BGE 137 V 282 E. 5.2 S. 294).
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6fa81736-cf83-4640-a0fb-31a21aafddf4
Urteilskopf 82 III 90 25. Sentenza 28 aprile 1956 nella causa Intervisa SA
Regeste Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. 1. Art. 252 SchKG betreffend die Einberufung einer zweiten Gläubigerversammlung ist beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung nicht analog anwendbar (Erw. 2). 2. Gegen die Anordnungen der Liquidatoren über die Verwertung der Aktiven ist beim Gläubigerausschuss Einsprache zu erheben, bevor bei der Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt werden kann ( Art. 316, e SchKG ) (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 82 III 90 S. 90 A.- Con lettera del 9 febbraio 1956, il liquidatore della ditta Visa SA, al beneficio di un concordato con abbandono dell'attivo, informava la creditrice Intervisa SA BGE 82 III 90 S. 91 che lo stato di riparto di questa liquidazione era depositato fino al 2 marzo 1956 e che i reclami contro il medesimo dovevano essere presentati, entro questo termine, all'autorità di vigilanza. La creditrice veniva nel contempo avvertita che in assenza di ricorso il dividendo sarebbe stato pagato nel termine di dieci giorni. In concreto, questo dividendo veniva indicato in 173 fr. 95, pari al 2,45% dei crediti insinuati e ammessi, di 7100 fr. Un reclamo della Intervisa SA, rappresentata dal suo amministratore Federico Henzi, contro l'operato del liquidatore e della delegazione dei creditori veniva respinto in ordine e nel merito dall'autorità ticinese di vigilanza, con decisione del 9 aprile 1956. B.- La ditta Intervisa SA ha interposto in tempo utile un ricorso al Tribunale federale, chiedendo che la causa sia rinviata all'autorità cantonale di vigilanza per nuovo giudizio e che sia ordinata la convocazione della seconda assemblea dei creditori in base all'art. 252 LEF. Erwägungen Considerando in diritto: 1. ..... 2. All'autorità cantonale la Intervisa SA rimprovera avantutto di aver escluso l'applicazione per analogia, in materia di concordato con abbandono dell'attivo, dell'art. 252 LEF relativo alla convocazione di una seconda adunanza dei creditori. Essa pretende a questo riguardo che, opponendosi alla convocazione di una seconda adunanza, l'autorità cantonale ha violato il diritto federale ed è incorsa in diniego di giustizia. Ora, è bensì vero che la procedura di concordato con abbandono dell'attivo corrisponde nelle sue grandi linee a quella di fallimento (RU 81 II 474). Altrettanto esatto è che la giurisprudenza del Tribunale federale ha dichiarato applicabili per analogia al concordato con abbandono dell'attivo determinate prescrizioni legali disciplinanti la procedura di fallimento (RU 56 I 289). In concreto, nessun BGE 82 III 90 S. 92 motivo giustifica tuttavia l'opinione della ricorrente secondo cui una nuova adunanza dei creditori dovrebbe essere convocata anche in caso di concordato con abbandono dell'attivo. Già la funzione diversa che l'adunanza dei creditori deve svolgere nel fallimento e nella procedura di concordato con abbandono dell'attivo si oppone a una deduzione di questa natura. Nel fallimento, l'assemblea dei creditori è infatti un organo vero e proprio chiamato a prendere decisioni di grande importanza ( art. 237 e 253 LEF); nel concordato con abbandono dell'attivo, compito essenziale e nel contempo necessario di quest'assemblea è invece la nomina dei liquidatori e della delegazione dei creditori (art. 316 b, Num. 2 LEF). Aggiungasi che i creditori rimangono liberi, nella procedura di concordato con abbandono dell'attivo, di dare o meno il loro consenso scritto al concordato medesimo e che contro l'attività dei liquidatori e della delegazione dei creditori essi possono far valere i rimedi dati dalla legge. Ma se compito essenziale dell'adunanza dei creditori convocata nella procedura di concordato con abbandono dell'attivo è la nomina dei liquidatori e della delegazione dei creditori e se la liquidazione spetta per il rimanente a questi due organi, la salvaguardia dei diritti dei creditori non esige certo l'applicazione in via analogetica dell'art. 252 LEF. Occorre al contrario ammettere, con l'autorità cantonale, che se avesse ritenuto necessaria la convocazione d'una nuova assemblea dei creditori prima della ripartizione, il legislatore l'avrebbe espressamente prevista. 3. Per ciò che riguarda le altre censure mosse all'autorità cantonale, la ricorrente osserva nel suo gravame che esse non sono dirette "contro il deposito dello stato di ripartizione, il cui conteggio matematicamente può essere giusto", bensì contro l'operato del liquidatore e della delegazione dei creditori che non avrebbero preso tutte le misure necessarie per tutelare gli interessi di tutti i creditori. BGE 82 III 90 S. 93 Secondo la ricorrente, a torto l'autorità cantonale avrebbe dichiarato irricevibile il reclamo su questo punto, in applicazione dell'art. 316 e LEF giusta il quale i liquidatori soggiacciono alla vigilanza e al controllo della delegazione dei creditori e solo le decisioni di questa commissione possono essere deferite all'autorità di vigilanza; poichè essa intendeva reclamare contro l'operato non solo del liquidatore bensì anche della delegazione dei creditori, sarebbe stato paradossale dover presentare il reclamo alla commissione stessa. Questo modo di vedere della ricorrente non può essere condiviso. Infatti, gli atti e le omissioni che essa rimprovera in modo generico al liquidatore e alla delegazione dei creditori concernono indiscutibilmente la procedura di realizzazione dell'attivo. Ora, a questo riguardo l'art. 316 e LEF è esplicito: i provvedimenti dei liquidatori in materia di realizzazione dell'attivo devono essere impugnati avanti la delegazione dei creditori e solo le decisioni di questa commissione possono essere deferite all'autorità di vigilanza entro 10 giorni dalla comunicazione (cf. anche RU 77 III 135). Ne segue che nessun rimprovero può essere fatto all'autorità cantonale per non essere entrata nel merito di un reclamo che non ossequiava un preciso disposto di legge. Dispositiv La Camera di esecuzione e dei fallimenti pronuncia: Il ricorso è respinto.
null
nan
it
1,956
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6fb10857-371b-4f42-ab25-27f88584e8e2
Urteilskopf 85 II 418 65. Urteil der II. Zivilabteilung vom 1. Oktober 1959 i.S. Genossenkorporation Buochs gegen Niederberger.
Regeste Bundesgesetz über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes (EGG); Vorkaufsrecht der Verwandten. Art. 10. Ausnahmen vom Vorkaufsrecht. Begriff der Ersatzanschaffung in lit. b: hat mit dem der Ersatzbeschaffung in Art. 5 Abs. 2 nichts zu tun. Er setzt nicht voraus, dass das Ersatzgrundstück neues Kulturland sei oder dass eine Ersatzverpflichtung gemäss Art. 5 bestehe; es genügt ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen der Veräusserung und der Ersatzanschaffung (Erw. 1). Die Kaufliegenschaft muss aber zum Ersatz des veräusserten Bodens hinsichtlich Eigenschaften und Funktion desselben geeignet sein (Erw. 2). Auslegung von Art. 10 lit. b Satz 2: wann tritt das Vorkaufsrecht trotz Vorliegen der Voraussetzungen nach lit. b Satz 1 ein?
Sachverhalt ab Seite 419 BGE 85 II 418 S. 419 A.- Die Schweizerische Eidgenossenschaft (Direktion der Militärflugplätze) bemühte sich um den Erwerb eines Stücks bisher gepachteten Allmendlandes von der Genossenkorporation Buochs zwecks Vergrösserung des dortigen Flugplatzes und suchte der Korporation die Hingabe durch Beschaffung von Realersatz zu erleichtern. Als solchen offerierte der Landwirt Walter Niederberger in Wiesenberg/Dallenwil seine dortige Bergliegenschaft "Wirzweli" im Halte von 41,62 ha mit Gebäuden, Wald und Seilbahnanlage. Am 28. Dezember 1953 kam zwischen Niederberger und der Genossenkorporation Buochs ein Vorvertrag zustande, mit dem sich die Parteien verpflichteten, sofort nach Genehmigung des Vorvertrags durch die Genossengemeinde den Kaufvertrag über die Liegenschaft Wirzweli zum Preise von Fr. 280'000.-- abzuschliessen; es wird festgestellt, dass dieser Landerwerb durch die Korporation als Realersatz für das der Eidgenossenschaft abzutretende Allmendland gelte. Am 19. Juni 1954 erfolgte der Verkauf des Flugplatzgeländes. In der Folge wurde aber Niederberger reuig und BGE 85 II 418 S. 420 weigerte sich, den Kaufvertrag über seine Liegenschaft Wirzweli mit der Korporation abzuschliessen, wurde jedoch auf Klage der letztern gerichtlich, in letzter Instanz mit Urteil des Bundesgerichts vom 24. Januar 1956, dazu verpflichtet. Am 19. Mai 1956 wurde dann der Kaufvertrag zwischen Niederberger und der Korporation abgeschlossen. Es wurde darin wiederum festgehalten, dass der Landerwerb "im Sinne von Art. 10 des Bundesgesetzes über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes als Realersatz" für das von der Käuferin abgetretene Flugplatzland gelte. Vom Grundbuchamt gleichen Tags von der Anmeldung des Kaufvertrags in Kenntnis gesetzt und auf das Vorkaufsrecht hingewiesen, liess die Ehefrau des Verkäufers am 15. Juni 1956 durch ihren Anwalt beim Grundbuchamt das Vorkaufsrecht auf die Liegenschaft zwecks Selbstbewirtschaftung geltendmachen. Dasselbe taten die Vormundschaftsbehörde Dallenwil für die minderjährigen Kinder des Verkäufers sowie dessen Bruder Remigi Niederberger. Da die Genossenkorporation diese Vorkaufsrechte bestritt, erhob Frau Niederberger gegen die Korporation und ihren Ehemann Klage mit den Rechtsbegehren, es seien 1. die Beklagten zu verhalten, ihr Vorkaufsrecht an der Liegenschaft Wirzweli anzuerkennen, 2. die Klägerin daher berechtigt zu erklären, sie zum Schätzungswerte gemäss Entschuldungsgesetz zu übernehmen, 3. der Klägerin das Eigentum zuzusprechen und sie im Grundbuch als Eigentümerin einzutragen, 4. eventuell die Begehren 1-3 im Umfang nach richterlichem Ermessen gutzuheissen. Der beklagte Ehemann und Verkäufer erklärte das Vorkaufsrecht seiner Frau voll und ganz anzuerkennen. Die Genossenkorporation trug auf Abweisung der Klage an. BGE 85 II 418 S. 421 B.- Mit Urteil vom 5. März 1958 wies das Kantonsgericht von Nidwalden die Klage ab. Auf Berufung der Klägerin hat sie dagegen das Obergericht mit Urteil vom 18. Dezember 1958 gutgeheissen und das Vorkaufsrecht der Klägerin geschützt. Während das Kantonsgericht das Vorkaufsrecht der Ehefrau in Anwendung von Art. 10 lit. b EGG verneint hatte, weil die Korporation die Liegenschaft Wirzweli zum Ersatz des dem Bunde verkauften Flugplatzgeländes erworben habe, legt das Obergericht den Begriff "Ersatz von Liegenschaften" in Art. 10 lit. b anders aus. Es führt aus, zweifellos habe der Verkauf des Flugplatzgeländes an den Bund "der Erfüllung öffentlicher Aufgaben" gedient und bedeute der Kauf der Wirzweli-Liegenschaft für die Korporation eine Ersatzanschaffung. Der Begriff "Realersatz" müsse aber nicht vom Standpunkt der Korporation aus, sondern vom gesamtvolkswirtschaftlichen Gesichtspunkt aus ausgelegt werden. So betrachtet sei unter Realersatz die Gewinnung bzw. Schaffung neuen Kulturlandes anstelle des der landwirtschaftlichen Nutzung entzogenen Bodens zu verstehen, wie Art. 5 EGG und das kantonale Einführungsgesetz hiezu vorsehe - letzteres durch "Indienststellung von Grund und Boden für die landwirtschaftliche Nutzung oder durch Geldbeiträge zu diesem Zwecke oder zur Verbesserung bereits landwirtschaftlich genutzten Bodens". Als Ersatzanschaffung im Sinne von Art. 10 lit. b (3. Fall) EGG kämen somit nur bisher nicht oder nur gering nutzbare Flächen in Betracht, nie aber schon bisher einigermassen graswirtschaftlich genutzte Grundstücke. Mit dem Kauf der schon bisher so genutzten Liegenschaft Wirzweli durch die Korporation sei somit kein Realersatz geschaffen worden, sondern lediglich ein Eigentümerwechsel am Kaufobjekt eingetreten. Liege also kein Realersatzerwerb im Sinne von Art. 10 lit. b vor, so trete diese Ausnahme vom Vorkaufsrecht nicht ein, und das Vorkaufsrecht der Ehefrau des Verkäufers greife Platz, womit sich weitere Erörterungen zu BGE 85 II 418 S. 422 dieser Ausnahmebestimmung, wie vom Kantonsgericht angestellt, erübrigten. Immerhin möchte das Obergericht beifügen, dass die Genossenkorporation Buochs heute, im Gegensatz zu früher, kaum mehr als öffentlich-rechtliches Gemeinwesen oder Körperschaft mit überwiegender Beteiligung des Gemeinwesens ( Art. 10 lit. b 2 . Satz) angesehen werden dürfte. Zur Auffassung des Kantonsgerichts, die vorliegende Klage der Frau Niederberger hätte eigentlich "ohnehin als geradezu rechtsmissbräuchlich angesehen werden können und allein aus diesem Grunde schon eine Abweisung verdient", bemerkt das Obergericht, es möchte diesen Vorhalt trotz den tatbeständlichen Unterlagen nicht aufrecht erhalten; denn obwohl bezüglich der Verkaufsunterhandlungen ihres Mannes auf dem Laufenden, habe Frau Niederberger ja nie ausdrücklich auf das ihr von Gesetzes wegen zustehende Vorkaufsrecht verzichtet und daher später immer noch darauf bestehen können. Mit der Geltendmachung habe sie auf alle Fälle bis zur Mitteilung und Fristsetzung durch das Grundbuchamt zuwarten müssen. C.- Mit der vorliegenden Berufung beantragt die Genossenkorporation Aufhebung dieses Urteils und Abweisung der Klage der Frau Niederberger. Die Korporation macht geltend, die Alpliegenschaft Wirzweli (und zwei weitere solche, Aarholz und Obermüllerboden) seien von ihr zum Ersatz des abgetretenen Flugplatzlandes erworben worden und auch tatsächlich geeignet, ihr als solcher Ersatz bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu dienen. Der Einwand der Klägerin, ihr Mann sei der Korporation gegenüber gar nicht zur Beschaffung von Realersatz verpflichtet gewesen, erscheine unverständlich; nach Art. 10 lit. b, 3. Fall, komme es gar nicht darauf an, von wem der Käufer die Ersatzliegenschaft kaufe, sondern einzig darauf, dass diese dem Ersatz von für öffentliche Aufgaben veräusserten Liegenschaften diene. Rechtlich völlig unhaltbar sei die Meinung der BGE 85 II 418 S. 423 Vorinstanz, eine Ersatzliegenschaft im Sinne von Art. 10 lit. b, 3. Fall, liege nur dann vor, wenn sie durch Rodung oder Melioration als neues Kulturrland gewonnen worden sei. Die Vorinstanz habe den rechtlichen Unterschied zwischen dem Ersatzland einerseits gemäss Art. 10 lit. b, 3. Fall, anderseits gemäss Art. 5 EGG nicht beachtet. Nach dem kantonalen EG/EGG hätte der Regierungsrat allerdings von der Direktion der Militärflugplätze verlangen können, dass sie für das der landwirtschaftlichen Nutzung verlorengehende Flugplatzland neues Kulturland schaffe. Der Regierungsrat habe aber an seine Bewilligung des Verkaufs des Flugplatzareals keine solche Verpflichtung geknüpft. Übrigens würde das Vorkaufsrecht der Ehefrau auch nach Art. 10 lit. b, 2. Fall, ausgeschlossen, weil die Genossenkorporation selber die Liegenschaft Wirzweli zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe gekauft habe. Die Klägerin Frau Niederberger trägt auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des obergerichtlichen Urteils an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Da die mindestens vorwiegend landwirtschaftliche Nutzung ( Art. 2 EGG ) der Bergliegenschaft Wirzweli festgestellt und unbestritten ist, greift das der Ehefrau des Verkäufers nach Art. 6 EGG zustehende Vorkaufsrecht nur dann nicht Platz, wenn einer der in Art. 10 lit. b 1 . Satz vorgesehenen Fälle vorliegt. Die Korporation ruft die Ausnahme gemäss lit. b, 3. Fall, eventuell 2. Fall an. Die Vorinstanz hat das Vorliegen eines Ersatzkaufes im Sinne von Fall 3 mit der Begründung verneint, als solche Ersatzanschaffung sei nur die Indienststellung bisher ungenutzten Landes, also die Beschaffung neuen Kulturrlandes im Sinne von Art. 5 EGG zu verstehen, nicht aber der Erwerb schon bisher landwirtschaftlich genutzten Bodens. Diese Auslegung des Art. 10 lit. b lässt sich nicht halten. a) Der Begriff der Ersatzanschaffung in Art. 10 lit. b BGE 85 II 418 S. 424 hat mit demjenigen der Ersatzbeschaffung für Verminderung des Kulturlandes in Art. 5 Abs. 2 EGG nichts zu tun. Dass der Begriff in Art. 10 nicht auf denjenigen in Art. 5 zurückverweisen kann, erhellt schon daraus, dass Art. 10 dem Bundesgesetz angehöriges, in der ganzen Schweiz geltendes und in jedem Fall anwendbares materielles Bundesrecht enthält, während Art.5 es den Kantonen anheimstellt, eine Ersatzbeschaffung einzuführen und auszugestalten. In den Kantonen, die hievon nicht Gebrauch gemacht haben, gibt es somit das Institut der Ersatzbeschaffung nach Art. 5 Abs. 2 gar nicht. Wo sie es getan haben, kann es in ganz verschiedener Weise geschehen sein. Die rein bundesrechtliche Bestimmung betr. die Ausnahme nach Art. 10 lit. b, 3. Fall, ist aber in allen Kantonen anwendbar und muss überall das gleiche bedeuten. Vielmehr kann es sich bei den dem "Ersatz" im Sinne von Art. 10 lit. b dienenden Kaufliegenschaften nur um landwirtschaftlich genutzte handeln, weil nur an solchen ( Art. 2 Abs. 1 EGG ) das Vorkaufsrecht gemäss Art. 6 ff. besteht, das in den Fällen des Art. 10 nach der Natur der Kaufliegenschaft Platz greift, wenn nicht die aus dem Zweck des Erwerbes folgende Ausnahme zutrifft. Übrigens kommt die Ersatzanschaffung auch in der textlich genau gleich formulierten Aufzählung der Ausnahmen vom Einspruchsverfahren (Art. 21 Abs. 1 lit. b) vor, wo sie ganz offensichtlich ebenfalls nur landwirtschaftlich genutzte Liegenschaften betreffen kann. Die Ersatzbeschaffung nach Art. 5 EGG will eine Verminderung des "landwirtschaftlichen Areals der Schweiz" (Abs. 1), also des Bestandes im Ganzen, verhindern (vgl. JOST, Handkommentar, zu Art. 5 N. 3), während es sich in Art. 10 lit. b, 3. Fall, um die Ersetzung verkaufter Liegenschaften im Besitzstand und Haushalt eines einzelnen Grundeigentümers handelt ( BGE 84 II 125 f.). Mit dem Argument der Vorinstanz, es werde kein neues Kulturland geschaffen, kann somit der Ausnahmefall BGE 85 II 418 S. 425 des Ersatzkaufes gemäss Art. 10 lit. b nicht verneint werden. b) Ebensowenig setzt ein solcher etwa voraus, dass der Käufer zu der Ersatzanschaffung durch das auf Grund von Art. 5 EGG erlassene kantonale Recht verpflichtet worden sei. Dies folgt ebenfalls aus der hievor unter a) festgestellten Unabhängigkeit des bundesrechtlichen Art. 10 EGG von einer fakultativen kantonalen Regelung nach Art. 5, aber auch daraus, dass, wo die Handänderung direkt zur Erfüllung öffentlicher etc. Aufgaben erfolgt (lit. b, 2. Fall), eine solche Beschränkung nicht gewollt sein kann; denn die Erwähnung von Rechtsgeschäften zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben neben solchen Rechtsgeschäften, für die das Enteignungsrecht gegeben ist (lit. b, 1. Fall), ist nur dann sinnvoll, wenn unter den erstern solche zu verstehen sind, zu deren Abschluss der Veräusserer nicht genötigt werden kann. Hängt also bei Veräusserung von Kulturrland zur Erfüllung solcher Aufgaben die Ausschliessung des Vorkaufsrechts nicht vom Bestehen eines Veräusserungszwanges ab, so wäre schwer einzusehen, wieso für Ersatzgeschäfte (3. Fall) etwas anderes gelten sollte. c) Es erhebt sich die weitere Frage, ob für die Annahme eines solchen Ersatzgeschäftes ein sonstiger rechtlicher Zusammenhang zwischen Abtretung von Kulturland und Ersatzbeschaffung erforderlich ist, oder ob ein bloss tatsächlicher Zusammenhang genügt. In den bisher vom Bundesgericht beurteilten, den Ersatzerwerb gemäss Art.10 lit. b und gemäss dem gleichlautenden Art. 21 Abs. 1 lit. b EGG betreffenden Entscheiden wurde letzteres angenommen und ein Ersatzerwerb mit der Begründung verneint, es fehle an einem engen, konkreten Zusammenhang zwischen dem streitigen Landerwerb und der früheren Veräusserung zu öffentlichen Zwecken ( BGE 84 II 125 und dort zit. Urteile). Hätte man einen rechtlichen Zusammenhang als notwendige Voraussetzung für die Ersatzeigenschaft im Sinne des Gesetzes betrachtet, so hätte es näher gelegen, in allen drei Fällen auf das Fehlen dieses Zusammenhanges BGE 85 II 418 S. 426 abzustellen. Dies ist aber mit Recht nicht geschehen. Dass im vorliegenden Fall ein tatsächlicher Zusammenhang vorliegt, steht ausser Zweifel. Die Vorinstanz erklärt es als selbstverständlich, dass es sich - vom Standpunkt der Korporation aus gesehen - um eine Ersatzanschaffung gehandelt habe. Zudem haben es die Kaufparteien sowohl im Vorvertrag als im Kaufvertrag ausdrücklich erklärt. Freilich stellt diese Erklärung keine für den Vorkaufsberechtigten verbindliche Willensäusserung dar. Dagegen ist sie für dìe Ermittlung des wirtschaftlichen Hintergrundes des Kaufgeschäftes von Bedeutung im Zusammenhang mit der Tatsache, dass die Direktion der Militärflugplätze, um das Allmendland von der Korporation zu erhalten, sich selber um die Beschaffung des Ersatzlandes für die Korporation bemühte und den Kauf mit der Korporation erst abschliessen konnte, nachdem die Ersatzbeschaffung für diese durch den Vorvertrag mit Niederberger gesichert war. 2. War demnach der Kauf der Wirzweli durch die Korporation dazu bestimmt, dieser Ersatz für das an die Eidgenossenschaft zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe abgetretene Allmendland zu verschaffen, so ist damit aber noch nicht ohne weiteres gesagt, dass das Vorkaufsrecht der Frau Niederberger ausgeschlossen sei. Damit ein Ersatzerwerb im Sinne von Art. 10 lit. b vorliege, ist ausserdem erforderlich, dass das zum Ersatz gewählte Grundstück seiner Beschaffenheit, Lage und Grösse nach tatsächlich geeignet sei, als solcher zu dienen. "Es liegt - unter Berücksichtigung des Zweckes des Gesetzes - im Sinn des Wortes Ersatz das Erfordernis, dass das Ersatzgrundstück seiner Natur nach gleiche oder mindestens ähnliche Eigenschaften aufweise und zu einem analogen ..... Zwecke verwendbar sei wie das zu ersetzende Land" ( BGE 84 II 125 ). Es genügt nicht, dass das neu erworbene Land etwa lediglich als Objekt zur Investierung des freigewordenen Kapitals den verkauften Boden ersetze. Als Ersatz für abgegebene Grundstücke kommen nur solche BGE 85 II 418 S. 427 in Betracht, die nach Beschaffenheit, Lage und Nutzbarkeit gerade das, was weggegeben werden musste, hinsichtlich der speziellen Funktionen desselben im - öffentlichen oder privaten - Haushalt des Erwerbers zu ersetzen geeignet sind (a.a.O. 126). Wie es sich hier damit verhält, hat die Vorinstanz nicht geprüft, weil sie die Ersatzeigenschaft schon mangels Schaffung von Neuland verneinte. Aus den Akten erfährt man, dass das für den Flugplatz veräusserte Allmendland der Korporation den Genossen dazu diente, ihr Vieh darauf weiden zu lassen, wodurch sie mehr Vieh halten konnten, als es ihnen ihre privaten Liegenschaften ermöglichten. Es liegt nicht ohne weiteres auf der Hand, ob die Alp Wirzweli, ca. 8 km vom Dorf Buochs entfernt auf 1222 m ü/M gelegen, in dieser Beziehung das dicht beim Dorfe auf 442 m ü/M befindliche Allmendland - trotz der Seilbahn - zu ersetzen vermag. Da die Korporation den Ersatzcharakter des Geschäfts behauptet, muss die Vorinstanz den Tatbestand in dieser Hinsicht ergänzen. Dabei wird die ebenfalls offen gebliebene Frage abzuklären sein, ob die Neuerwerbung auch in quantitativer Hinsicht dem erlittenen Verlust ungefähr entspricht, also die Korporation mit der erworbenen Liegenschaft wertmässig nicht wesentlich mehr erhält, als was sie der Eidgenossenschaft abgetreten hat. Denn von einem Ersatz könnte insoweit nicht mehr die Rede sein, als die Neuerwerbung den Verlust überkompensieren würde, wie die Klägerin behauptet. Nach den Akten erzielte die Korporation für rund 17 ha Flugplatzland rund Fr. 561'000.-- und bezahlte für rund 41 ha Wirzweli Fr. 280'000.--; ausserdem kaufte sie aus dem Erlös zwei weitere Alpliegenschaften (Unteraarholz und Obermüllerboden) für Fr. 100'000.--. Beim Vergleich der Ertragswerte wird einem allenfalls teureren Betrieb der entfernten Alp Rechnung zu tragen sein. Grundsätzlich steht einer allfälligen Beschränkung des Vorkaufsrechts auf einen Teil der Liegenschaft nichts entgegen. Erweist sie sich als praktisch untunlich, so muss das Vorkaufsrecht zur Gänze BGE 85 II 418 S. 428 bejaht oder verneint werden, je nach dem ob wertmässig der Ersatzcharakter vorwiegt oder zurücktritt. 3. Falls die Vorinstanz auf Grund der neuen Prüfung unter den in Erwägung 2 dargelegten Gesichtspunkten zu einer Verneinung des Ersatz-Geschäftes im Sinne von Art. 10 lit. b, 3. Fall, gelangen sollte, so hätte sie ferner den von der Korporation sowohl im kantonalen Verfahren als vor Bundesgericht geltend gemachten Eventualstandpunkt zu prüfen, dass der Erwerb der Liegenschaft Wirzweli ihr selber unmittelbar zur Erfüllung einer öffentlichen oder gemeinnützigen Aufgabe diene, indem die Korporation mit der Zurverfügungstellung von Land für die Nutzniessung durch Landwirte, die hierauf angewiesen seien, im öffentlichen Interesse handle. In diesem Zusammenhang käme auf die rechtliche Natur der Genossenkorporation - ob öffentlich- oder privatrechtliche Körperschaft - nichts an, da auch ein Privater öffentliche und a fortiori gemeinnützige oder kulturelle Aufgaben erfüllen kann. 4. Dagegen stellt sich zuletzt die Rechtsfrage, ob nicht selbst bei Vorhandensein der Voraussetzungen für den Ausschluss des Vorkaufsrechts gemäss Art. 10 lit. b Satz 1 dieses gemäss der Einschränkung in Satz 2 doch Platz griffe. Satz 2 des deutschen Textes: "Indessen tritt..." erweist sich in grammatikalischer und logischer Hinsicht als widersprüchlich. Ersteres insofern, als das Verb des zweiten negativen Konditionalsatzes "und die Liegenschaft nicht binnen 10 Jahren... verwendet" zum Subjekt ebenfalls dasjenige des ersten negativen Konditionalsatzes hat, nämlich "das Gemeinwesen". Die kumulative Bedingung heisst also: das Vorkaufsrecht greift Platz, wenn das Gemeinwesen 1. nicht Käufer ist und 2. es die Liegenschaft nicht binnen 10 Jahren ... verwendet; wobei nicht verständlich ist, wie das Gemeinwesen eine Liegenschaft, die es nicht gekauft hat, irgendwann sollte als Eigentümer verwenden können. BGE 85 II 418 S. 429 Wie die Materialien zeigen, liegt ein im Laufe der parlamentarischen Beratung eingetretenes redaktionelles Versehen vor. Im Antrag der beiden Kommissionen lautete der Nachsatz noch: "sofern der Käufer nicht das Gemeinwesen... ist und die Liegenschaft nicht binnen 10 Jahren... verwendet" (StenBull. NR 1948, S. 416; StR 1949, S. 337). Dies war richtig, weil das Subjekt des Verbes der zweiten Bedingung (verwendet) der Käufer ist, nicht das - in der ersten Bedingung bereits negierte - Gemeinwesen. Der französische und italienische Text blieben in dieser Hinsicht unverändert. Hier ist das Verb der zweiten Bedingung in der Passivform mit dem bienfonds als Subjekt, was ebenfalls richtig ist. Die verbleibende Schwierigkeit, sich das Spielen der zwei kumulativen Bedingungen vorzustellen, liegt darin, dass beide negativ sind. Der Sinn wird ersichtlich, wenn man - lediglich als Hilfsmittel - die erste negative Bedingung: "der Käufer ist nicht das Gemeinwesen oder eine Körperschaft mit überwiegender Beteiligung des Gemeinwesens" positiv formuliert, etwa: der Käufer ist ein Privater. Dann heisst also die doppelte Bedingung: "sofern der Käufer ein Privater ist und (dieser Private) die Liegenschaft nicht binnen 10 Jahren... verwendet". Es ergibt sich also: Liegt eine der Voraussetzungen der Ausnahme vom Vorkaufsrecht gemäss Art. 10 lit. b Satz 1 (1., 2. oder 3. Fall) vor und ist der Käufer das Gemeinwesen oder eine Körperschaft mit überwiegender Beteiligung desselben, so zessiert das Vorkaufrecht immer und endgültig; es lebt nicht wieder auf, auch wenn das Gemeinwesen die Liegenschaft nicht binnen 10 Jahren bestimmungsgemäss verwendet. Ist aber der Käufer nicht das Gemeinwesen, also ein Privater, so zessiert das Vorkaufsrecht vorderhand auch, lebt aber nach 10 Jahren wieder auf, wenn der Käufer bis dahin die Liegenschaft nicht bestimmungsgemäss verwendet hat (so auch JOST, Handkommentar, Art. 10 S. 51). Der Sinn dieser Regelung leuchtet ein. Auch ein Privater BGE 85 II 418 S. 430 soll die Möglichkeit haben, eine gemeinnützige oder kulturelle Aufgabe zu erfüllen (z.B. ein privatrechtlicher Verein oder eine Stiftung betreibt ein Spital) oder für solche Zwecke abgegebenes Land zu ersetzen, ohne dass ihm das Vorkaufsrecht der Verwandten des Verkäufers hindernd in den Arm fallen kann. Aber wenn er - der Private - das erworbene Land nicht binnen 10 Jahren wirklich zu dem angegebenen Zweck verwendet, ist man berechtigt, an der Ernsthaftigkeit der Zweckbestimmung zu zweifeln, und dann tritt das Vorkaufsrecht wieder in seine Rechte. Anders beim Gemeinwesen. Es kann unter Umständen genötigt sein, zur Erfüllung bestimmt voraussehbarer, aber erst in einer ungewissen Zukunft zur Ausführung reifender Aufgaben heute schon Land zu kaufen. Wenn der beabsichtigte Zweck nach 10 Jahren nicht erfüllt ist, berechtigt das noch keineswegs zum Verdacht, es handle sich um einen bloss vorgeschobenen Zweck. Das Gemeinwesen muss seinem Wesen nach viel weiter in die Zukunft planen als ein Privater, weil es eben seine - namentlich baulichen - Aufgaben lösen muss. Deshalb sollen ihm, wenn die Voraussetzungen gemäss Art. 10 lit. b Satz 1 gegeben sind, die Verwandten weder beim Kauf noch später das Land entziehen können. Dieser richtigen Auslegung entspricht das Votum, das im Ständerat Bundesrat von Steiger abgab, wo er das Wiederaufleben des Vorkaufsrechts nach 10 Jahren an einer Besserungsanstalt auf privater Basis exemplifizierte (Sten Bull. 1949, S. 338). Für den vorliegenden Fall ergibt sich mithin folgendes: Sind die Voraussetzungen für die Ausnahme vom Vorkaufsrecht gemäss Art. 10 lit. b, Satz 1 gegeben, so ist das Vorkaufsrecht gegenwärtig ausgeschlossen, gleichgültig ob die Genossenschaftskorporation Buochs ein Gemeinwesen bzw. eine Körperschaft mit überwiegender Beteiligung des Gemeinwesens sei der nicht. Diese Unterscheidung spielt mithin heute keine Rolle. Sie könnte erst BGE 85 II 418 S. 431 10 Jahre nach dem Kauf eine Rolle spielen, indem dann, falls der Korporation diese öffentlichrechtliche Natur nicht zukäme und sie bis dannzumal das Wirzweliland nicht bestimmungsgemäss verwendet hätte, das Vorkaufsrecht der Klägerin wieder aufleben würde. Für die heutige Entscheidung sind also nur die Voraussetzungen gemäss Satz 1 massgebend. Die Vorinstanz hat sie in dem in Erwägung 2, eventuell 3, dargelegten Sinne zu prüfen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
public_law
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6fb3bda1-0953-485c-8c02-9893c11a7a61
Urteilskopf 104 V 117 26. Extrait de l'arrêt du 12 mai 1978 dans la cause Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail contre Dinu et Commission cantonale d'arbitrage pour l'assurance-chômage du canton de Vaud
Regeste Art. 26 AlVV . - Die Vorbereitung auf die eidgenössische medizinische Fachprüfung kann den Umschulungs- oder Weiterbildungskursen nicht gleichgestellt werden (Erw. 1 und Erw. 2). - Die Vorbereitung auf diese Prüfung ist unter bestimmten Umständen kein Hindernis, Arbeitslosenentschädigungen auf Grund der allgemeinen Gesetzesbestimmungen zu gewähren (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 117 BGE 104 V 117 S. 117 A.- Cornélia Dinu, née en 1937, médecin diplômé de l'Université de Bucarest, travailla en qualité d'assistante au laboratoire de chimie clinique du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), du 1er avril 1971 au 31 mars 1977, date de l'échéance de son contrat. L'assurée s'annonça à l'Office cantonal du travail (OCT) le 4 avril 1977 et présenta une demande d'indemnité. Par lettre du 25 mai 1977, Cornélia Dinu informa ledit office qu'afin d'augmenter ses possibilités de placement, elle se présenterait aux examens fédéraux de médecine dès le 10 janvier 1978, pour obtenir le diplôme suisse. En vue de cette préparation, elle participa aux cours et aux travaux pratiques de l'Institut d'anatomie pathologique de l'Université de Genève du 1er juin au 31 août 1977 et suivit un cours d'anglais organisé par l'Anglo Study Center, à Genève, du 1er juin au 7 juillet 1977. Elle assista en outre, du 1er septembre au 31 décembre 1977, BGE 104 V 117 S. 118 aux visites des malades dans divers services cliniques et, dès octobre, à différents cours et colloques. Par la même occasion, elle demanda d'être dispensée du contrôle de son chômage. Par décision du 7 juillet 1977, l' OCT, après avoir pris l'avis de l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail, assimila à des études les travaux que l'assurée effectuait en vue d'obtenir le diplôme suisse de médecin. Il lui dénia le droit aux indemnités de chômage, motif pris que ses études ne constituaient pas un reclassement ou un perfectionnement au sens de l' art. 26 OAC . B.- Cornélia Dinu recourut contre cette décision, concluant à l'octroi des indemnités de chômage. La Commission cantonale vaudoise de recours en matière d'assurance-chômage, par jugement du 12 octobre 1977, admit le recours et reconnut le droit de l'assurée à être indemnisée pour son inactivité professionnelle dès le 4 avril 1977, pour autant que les autres conditions posées par la loi fussent remplies. C.- L'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail interjette recours de droit administratif. Il allègue en bref que l'activité déployée par Cornélia Dinu, certes en dehors des cours universitaires, mais en vue de se préparer à des examens de fin d'études, est liée à sa formation comme médecin suisse et constitue une activité à plein temps, qui ne saurait être assimilée à des cours de reclassement ou de perfectionnement au sens de l' art. 26 OAC . Erwägungen Considérant en droit: 1. Le 1er avril 1977 est entré en vigueur l' art. 26 OAC , qui reprend la réglementation de l'ancien art. 20 RAC et s'exprime en ces termes: "1.- La perte de gain ne donne droit à indemnité pendant la fréquentation d'un cours de reclassement ou de perfectionnement professionnel que si l'office cantonal compétent en a expressément disposé ainsi ou a enjoint à l'assuré de suivre un tel cours. 2.- L'office cantonal compétent peut enjoindre à un assuré de suivre un cours ou disposer, lorsque l'assuré fréquente ce cours de lui-même, que la perte de gain est indemnisable si le cours est propre à développer l'aptitude au placement de l'assuré et si l'on peut admettre que celui-ci chômerait pendant le cours ou que, à défaut de reclassement ou de perfectionnement professionnel, il serait menacé de chômage. Le BGE 104 V 117 S. 119 reclassement ou le perfectionnement professionnel dans une entreprise sont assimilés à la fréquentation d'un cours." Dans son arrêt du 23 mars 1977 en la cause Goetschmann, la Cour de céans a déclaré que, si la loi ne définissait pas la notion de cours de perfectionnement, il paraissait toutefois évident que le législateur n'avait pas en vue un cycle complet d'études universitaires. Qu'en effet, la tâche de promouvoir la formation professionnelle en tant que telle, notamment la formation de base, incombait aux pouvoirs publics et non à l'assurance-chômage, laquelle intervenait à seule fin de combattre le chômage existant ou de prévenir un chômage imminent, par des mesures de réadaptation ou de perfectionnement dans des cas d'espèce. En d'autres termes, qu'il devait s'agir de mesures ou de cours de recyclage permettant à un assuré de s'adapter aux progrès industriels et technologiques (voir ATF 103 V 105 ou DTA 1977 no 18 p. 87). 2. Dans le cas présent, Cornélia Dinu, docteur en médecine de l'Université de Bucarest, n'a plus retrouvé de place d'assistante après l'expiration de son contrat de travail au CHUV, le 31 mars 1977. Elle décida alors de s'inscrire aux examens fédéraux de médecine. A cette fin, elle suivit différents cours à Genève et demanda d'être dispensée du contrôle de son chômage. Les efforts de l'intimée en vue de cette préparation sont certes méritoires et de nature à augmenter ses possibilités de travail, notamment en lui donnant droit à exercer avec une clientèle privée. Il n'en demeure pas moins que de tels examens représentent l'aboutissement d'un cycle d'études universitaires de quelques années et font partie de la formation professionnelle de base du médecin suisse. On ne saurait dès lors admettre, sans risque d'abus, qu'ils soient assimilés à de simples cours de reclassement ou de perfectionnement au sens de l' art. 26 OAC . A cet égard, le fait que l'intimée ne soit pas inscrite à l'Université, et donc pas astreinte à suivre les cours préparatoires, n'est pas de nature à modifier cette appréciation, mais pourrait tout au plus permettre de dire qu'elle n'était pas inapte au placement, comme nous l'examinerons ci-dessous. Dans ces conditions, c'est à tort que les premiers juges ont considéré que l'activité déployée par l'assurée pendant sa préparation BGE 104 V 117 S. 120 aux examens fédéraux de médecine constituait un cours de reclassement ou de perfectionnement au sens de l' art. 26 OAC et à raison que l'OCT a refusé, sur cette base, l'octroi des indemnités de chômage. 3. Le fait que Cornélia Dinu ne remplisse pas les conditions du droit à indemnité fondé sur l' art. 26 OAC ne signifie pas nécessairement qu'elle ne pourrait en aucun cas avoir un tel droit en vertu des règles générales. En l'espèce, il ressort des pièces versées au dossier que l'intimée a continué à chercher du travail tout en suivant des cours, mais que ses recherches n'ont pas abouti. Il est donc admissible, contrairement à ce qu'allègue l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail, de penser que sa préparation aux examens fédéraux de médecine ne constituait pas une activité à plein temps. Qu'étant, en effet, déjà docteur en médecine, elle n'avait aucune obligation de suivre des cours et n'avait pas à soutenir le même effort qu'un étudiant. Elle aurait donc sans doute été en mesure d'exercer une activité lucrative pendant cette période de préparation, soit jusqu'au 10 janvier 1978, comme elle n'a d'ailleurs cessé de l'affirmer. On ne saurait dès lors soutenir sans plus ample examen que les conditions d'octroi de l'indemnité ne sont pas remplies selon les dispositions générales de la loi. A cet égard, le fait que l'intéressée n'ait pas fait timbrer du chômage pendant qu'elle suivait des cours à Genève ne devrait pas lui porter préjudice, car elle a pu croire en toute bonne foi qu'elle en était dispensée, l'OCT, avec lequel elle est restée en contact jusqu'au jugement cantonal, ne s'étant jamais prononcé sur ce point. Il en est de même des premiers juges, qui n'ont pas tranché cette question parce qu'elle ne faisait pas l'objet du recours. Vu ce qui précède, l'affaire doit être renvoyée à l'OCT pour complément d'instruction et nouvelle décision. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis dans le sens des considérants, la décision administrative et le jugement cantonal étant annulés et l'affaire renvoyée à l'OCT pour complément d'instruction et nouvelle décision.
null
nan
fr
1,978
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6fb9e760-60c9-4970-8d15-fdde7fc7bfa8
Urteilskopf 107 V 225 52. Urteil vom 1. Oktober 1981 i.S. Voldum gegen Schweizerische Krankenkasse Helvetia und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 3 Abs. 3 KUVG . Statutenbestimmungen über die subsidiäre Leistungspflicht der Krankenkasse im Verhältnis zur Leistungspflicht von Drittversicherern geben auch im Falle einer Leistungskürzung durch den Drittversicherer wegen Selbstverschuldens keinen Anspruch auf Leistungen, die über das hinausgehen, was dem Mitglied ordentlicherweise aufgrund des Gesetzes und der Statuten zusteht.
Sachverhalt ab Seite 225 BGE 107 V 225 S. 225 A.- Christian Voldum fuhr am 7. Juli 1979 mit dem Motorrad bei einem Überholmanöver in einen entgegenkommenden Personenwagen. Er erlitt dabei eine offene Oberschenkelfraktur links und war deshalb bis zum 30. November 1979 in der Chirurgischen Universitätsklinik Zürich hospitalisiert. Die Spitalkosten beliefen sich auf insgesamt Fr. 75'718.60. Die Continentale Allgemeine Versicherungs-AG (im folgenden Continentale) übernahm hievon aus der obligatorischen Motorrad-Unfallversicherung den Betrag von Fr. 54'826.90 gemäss folgender Abrechnung: Rechnungsbetrag Fr. 75'718.60 Verpflegungskostenabzug (1/4 der Taxe für Pflegekosten) Fr. 7'185.-- ------------- Fr. 68'533.60 20% Kürzung wegen Selbstverschuldens Fr. 13'706.70 ------------- BGE 107 V 225 S. 226 Fr. 54'826.90 Christian Voldum meldete den Unfall auch der Schweizerischen Krankenkasse Helvetia, bei welcher er u.a. eine Zusatzversicherung für Motorfahrzeuglenker abgeschlossen hatte, und verlangte die Übernahme der von der Continentale nicht vergüteten Kosten. Mit Verfügung vom 16. Januar 1980 anerkannte die Kasse ihre Leistungspflicht für den Verpflegungskostenabzug und das versicherte Taggeld unter Berücksichtigung einer Kürzung wegen grober Fahrlässigkeit von 20%; dagegen lehnte sie es ab, die von der Continentale wegen Leistungskürzung nicht übernommenen Heilanstaltskosten im Betrage von Fr. 13'706.70 zu erstatten. B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Zürich wies die gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit der Feststellung ab, dass die Krankenkasse wegen Selbstverschuldens unbestrittenermassen nur zu 80% leistungspflichtig gewesen wäre und von den Spitalkosten von Fr. 75'718.60 somit lediglich Fr. 60'574.90 hätte übernehmen müssen. Nachdem der Drittversicherer Fr. 54'826.90 bezahlt habe, verbleibe eine Leistungspflicht der Kasse in der Höhe von Fr. 5'748.--. Mit der Übernahme von 80% des Verpflegungskostenabzuges von Fr. 7'185.-- sei die Kasse ihrer Leistungspflicht voll nachgekommen (Entscheid vom 29. April 1980). C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt Christian Voldum beantragen, die Krankenkasse sei zu verpflichten, die von der Continentale infolge Selbstverschuldens nicht übernommenen Heilungskosten im Umfange von 80% zu erstatten. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei nicht massgebend, welche Leistungen die Kasse ohne vorleistungspflichtigen Drittversicherer hätte erbringen müssen; entscheidend sei vielmehr, dass der Drittversicherer den Schaden nicht voll gedeckt habe. Das Prinzip der Subsidiarität verleihe dem subsidiär haftenden Versicherer nicht das Recht, Einreden des primär Leistungspflichtigen gegenüber den Ansprüchen des Versicherten zu erheben. Die Kassenstatuten sähen keinen Ausschluss des durch die Kürzung infolge Selbstverschuldens vom Primärversicherer nicht gedeckten Kostenanteils vor. Nach dem Vertrauensprinzip müsse die Bestimmung, wonach die Kasse den nicht anderweitig gedeckten Kostenanteil übernehme, auf den entstandenen Schaden und nicht auf eine dem Selbstverschulden adäquate Schadenersatzbemessung bezogen werden. Dass die Kasse für den nicht anderweitig gedeckten Schaden die statutarischen Leistungen zu erbringen habe, entspreche der im Quotenvorrecht des Geschädigten BGE 107 V 225 S. 227 zum Ausdruck kommenden Tendenz, die Schadensdeckung auch bei Selbstverschulden zu Lasten der Kollektivität vorzunehmen. Die Krankenkasse und das Bundesamt für Sozialversicherung beantragen Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Streitig ist, inwieweit die Krankenkasse Helvetia aufgrund der vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Zusatzversicherung für Motorfahrzeuglenker für die von der Continentale nicht übernommenen Heilungskosten in Zusammenhang mit dem Verkehrsunfall vom 7. Juli 1979 aufzukommen hat. Nach Art. 13 Ziff. 4 des Reglementes für die Zusatzversicherung (Ausgabe 1979) gilt für den Fall der Drittleistungspflicht Art. 48 der Kassenstatuten. Dieser regelt in Ziff. 3 die Leistungspflicht der Kasse für Mitglieder, die bei einer öffentlichrechtlichen oder privaten Versicherung gegen die Folgen von Krankheit oder Unfall versichert sind, und bestimmt unter Abs. 2 folgendes: "Die Kosten für ärztliche Behandlung, Arznei und für den Spitalaufenthalt werden von der SKKH nur dann übernommen, wenn das Mitglied gegenüber einem anderweitigen Versicherungsinstitut auch ohne Bestehen der Kassenmitgliedschaft bei der SKKH keinen Versicherungsanspruch besitzt. Deckt die anderweitige Versicherung auch ohne diese Voraussetzung nicht die vollen Arzt-, Arznei- oder Spitalkosten, übernimmt die SKKH im Umfange der statutarischen Leistungen den nicht anderweitig gedeckten Kostenanteil (vorbehalten bleibt Art. 46 Ziff. 5)." b) Die genannte Statutenbestimmung enthält keine Einschränkung in dem Sinne, dass die Übernahme der von Drittversicherern infolge Selbstverschuldens nicht gedeckten Kosten ausgeschlossen wäre. Der Beschwerdeführer schliesst hieraus, dass die Krankenkasse an den von der Continentale wegen Leistungskürzung zufolge Selbstverschuldens nicht übernommenen Kostenanteil die statutarischen Leistungen zu erbringen habe. Die Krankenkasse vertritt demgegenüber die Auffassung, dass die von der Continentale nicht übernommenen Kosten keine "anderweitig nicht gedeckten Kosten" im Sinne der Statutenbestimmung darstellten, weil die Continentale bei ordnungsgemässem Verhalten des Versicherten die entstandenen Heilungskosten voll bezahlt hätte. Das Bundesamt für Sozialversicherung will unter den "anderweitig nicht gedeckten Kosten" nur solche Kosten verstehen, "die von einem Drittversicherer bei normalen Verhältnissen, d.h. ohne dass - BGE 107 V 225 S. 228 beispielsweise - eine Leistungskürzung zur Diskussion steht, nicht übernommen werden, nicht aber solche Kosten, die wegen einer infolge grobfahrlässiger Herbeiführung des Unfalls angeordneten Leistungskürzung nicht gedeckt werden". 2. a) Bei der Beurteilung der vorliegenden Streitfrage ist davon auszugehen, dass nach Art. 46 Ziff. 1 lit. e der Kassenstatuten keine Versicherungsleistungen gewährt werden "für Krankheiten, Unfälle und deren Folgen, die sich die Mitglieder absichtlich oder grobfahrlässig zugezogen haben". Diese Bestimmung gilt gemäss Art. 14 Ziff. 1 des entsprechenden Reglementes auch in der Zusatzversicherung für Motorfahrzeuglenker. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in Zusammenhang mit solchen Bestimmungen wiederholt festgestellt hat, dürfen die Krankenkassen ihre Leistungen für selbstverschuldete Unfälle nicht generell von der Leistungspflicht ausschliessen. Sie können die Leistungen jedoch im Einzelfall als Sanktion für schweres Verschulden verweigern oder kürzen, sofern und soweit sich eine solche Massnahme mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbaren lässt. Da es sich hiebei um einen allgemeinen Grundsatz des Sozialversicherungsrechts handelt, bedarf es keiner besondern statutarischen Grundlage ( BGE 98 V 147 ). b) Demzufolge ist vorab zu prüfen, ob die Weigerung der Kasse zur Übernahme des vom Drittversicherer infolge Selbstverschuldens nicht gedeckten Kostenanteils gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit verstösst. Dabei kann unbestrittenermassen davon ausgegangen werden, dass eine Kürzung der Versicherungsleistungen von 20% dem Selbstverschulden angemessen ist. Damit steht fest, dass der Beschwerdeführer eine Leistungskürzung im Betrage von Fr. 15'143.70 (20% von Fr. 75'718.60) hätte hinnehmen müssen, wenn er allein bei der Krankenkasse versichert gewesen wäre. Dementsprechend hätte die Kasse Fr. 60'574.90 der gesamten Heilungskosten übernommen, wenn kein Drittversicherer vorleistungspflichtig gewesen wäre. Nachdem die Continentale Fr. 54'826.90 bezahlt und die Krankenkasse 80% des Verpflegungskostenabzugs von Fr. 7'185.--, somit Fr. 5'748.-- vergütet hat, wurde der Beschwerdeführer genau gleich entschädigt, wie wenn die Kasse ihre statutarischen Leistungen als allein Leistungspflichtige erbracht hätte. Mit der Weigerung, die von der Continentale nicht gedeckten Kosten zu übernehmen, hat die Kasse lediglich diejenige Sanktion verfügt, welche bei alleiniger Leistungspflicht der Kasse ohne weiteres angemessen gewesen BGE 107 V 225 S. 229 wäre. Die streitige Verfügung verstösst daher nicht gegen das Verhältnismässigkeitsprinzip. 3. Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwendungen vermögen zu keinem andern Ergebnis zu führen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann Art. 48 Ziff. 3 Abs. 2 der Statuten nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass die Kasse bei gleichzeitigem Bestehen einer Drittversicherung weitergehende Leistungen zu erbringen hätte. Die Bestimmung statuiert eine subsidiäre Leistungspflicht gegenüber Drittversicherern und ändert am statutarischen Leistungsumfang grundsätzlich nichts. Sie gibt insbesondere im Falle der Leistungskürzung wegen Selbstverschuldens keinen Anspruch auf Leistungen, welche über das hinausgehen, was dem Mitglied ordentlicherweise aufgrund von Gesetz und Statuten zusteht (vgl. auch PFLUGER, Jurist. Kartothek der Krankenversicherung, VI b 51). In der Statutenbestimmung wird denn auch ausdrücklich festgestellt, dass die nicht anderweitig gedeckten Kosten "im Umfange der statutarischen Leistungen" übernommen werden. Dieser Hinweis kann nur dahingehend verstanden werden, dass eine Leistungskürzung wegen Selbstverschuldens auch im Rahmen der subsidiären Leistungspflicht der Kasse vom Versicherten zu vertreten ist. Wie Kasse und Bundesamt für Sozialversicherung zu Recht bemerken, würde die gegenteilige Auffassung zu stossenden Ungleichheiten führen, die sich mit dem Grundsatz der Gegenseitigkeit ( Art. 3 Abs. 3 KUVG ) nicht vereinbaren liessen. Hieran vermag auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf das Quotenvorrecht der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) nichts zu ändern. Das Quotenvorrecht gilt in Zusammenhang mit dem Regressrecht der SUVA gegenüber einem Haftpflichtversicherer; im vorliegenden Fall sind aber weder Leistungen eines Haftpflichtversicherers beteiligt noch steht der Krankenkasse überhaupt ein Regressrecht zu, wie es Art. 100 KUVG für die SUVA vorsieht (vgl. MAURER, Sozialversicherungsrecht, Bd. 1 S. 395 ff.; MAURER, Kumulation und Subrogation in der Sozial- und Privatversicherung, S. 18 ff.). Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6fba3688-6988-4776-becb-71ec0ef999de
Urteilskopf 112 V 143 24. Estratto della sentenza del 14 gennaio 1986 nella causa Mazzocchi contro Cassa pubblica cantonale di assicurazione contro la disoccupazione e Tribunale delle assicurazioni del Canton Ticino
Regeste Art. 8 Abs. 1 lit. c, Art. 12 und 51 ff. AVIG ; Art. 1 des Abkommens vom 12. Dezember 1978 zwischen der Schweiz und Italien über den finanziellen Ausgleich auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger. Die Gesetzesbestimmungen über die Insolvenzentschädigung im Sinne der Art. 51 ff. >AVIG sind auf die Grenzgänger anwendbar.
Erwägungen ab Seite 143 BGE 112 V 143 S. 143 Estratto dai considerandi: 1. La ricorrente lavora in Svizzera con lo statuto di frontaliere. Si pone anzittutto il tema di sapere se le disposizioni legali in materia di indennità per insolvenza siano applicabili a questa categoria di lavoratori. Ora se la legge prevede per le indennità di disoccupazione il presupposto ai fini del riconoscimento del diritto della residenza in Svizzera (art. 8 cpv. 1 lett. c LADI) disciplinando poi in particolare la situazione degli stranieri residenti in Svizzera ma senza permesso di domicilio (art. 12 LADI) e se l'Accordo del 12 dicembre 1978 tra la Svizzera e l'Italia sulla compensazione finanziaria in materia di assicurazione-disoccupazione dei frontalieri contempla disposizioni particolareggiate sul diritto dei frontalieri italiani all'indennità di disoccupazione - predisponendo che la disoccupazione parziale è coperta secondo la legislazione svizzera, mentre la disoccupazione totale è assunta dalle assicurazioni sociali italiane (art. 1 Accordo citato) -, questi testi sono muti circa il diritto applicabile in materia di indennità per insolvenza. Con il suo silenzio il legislatore voleva che, realizzati i requisiti dell'art. 51 LADI, le norme relative all'indennità per insolvenza di cui agli art. 51 segg. siano applicabili a tutti i lavoratori, prescindendo dalla loro residenza, e quindi, in BGE 112 V 143 S. 144 particolare, ai frontalieri. In questo senso si è espresso esplicitamente il Consiglio federale nel suo Messaggio 2 luglio 1980 concernente una nuova legge federale sull'assicurazione obbligatoria contro la disoccupazione e l'indennità per insolvenza. La volontà del legislatore procede dalla considerazione che la questione dell'esportazione di prestazioni, con il conseguente rischio di abusi e le difficoltà di controllo ai fini dell'accertamento dell'esistenza delle condizioni del diritto e delle possibilità di collocamento, cui voleva ovviare in materia di indennità di disoccupazione - segnatamente in caso di disoccupazione totale - (cfr. FF 1980 III 503 seg. e 512), non si pone trattandosi di indennità per insolvenza, dal momento che il credito salariale è, in simili casi, anteriore alla fine dei rapporti di lavoro (cfr. op.cit. 538; v. anche STAUFFER, Die Arbeitslosenversicherung, Zurigo 1984, pagg. 7 e 8).
null
nan
it
1,986
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6fbd20c9-868a-492e-a9ae-9393121ec29f
Urteilskopf 125 IV 199 31. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1999 i.S. P. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 189 StGB , Art. 190 StGB und Art. 200 StGB ; sexuelle Nötigung und Vergewaltigung, gemeinsame Begehung. Der Strafschärfungsgrund der gemeinsamen Begehung ist nicht nur anwendbar auf Fälle der Gruppenvergewaltigung (unmittelbare Anwesenheit aller Täter), sondern auch auf Fälle der Kettenvergewaltigung, jedenfalls dann, wenn die anderen Beteiligten in der gleichen Wohnung "abrufbereit" anwesend sind (E. 2). Art. 63 StGB ; Strafzumessung. In einem extremen Fall sexuellen Missbrauchs verletzt die Verurteilung des Haupttäters zu sechzehn Jahren Zuchthaus kein Bundesrecht (E. 4). Art. 47 OR ; Genugtuung. Eine Genugtuungssumme in Höhe von Fr. 75'000.--, zugesprochen in einem Fall gewaltsamer Freiheitsberaubung und Entführung sowie anschliessender stundenlanger grausamer Kettenvergewaltigung, verletzt kein Bundesrecht (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 200 BGE 125 IV 199 S. 200 Das Kantonsgericht St. Gallen verurteilte P. am 5. März 1998 wegen Freiheitsberaubung und Entführung, gemeinsamer grausamer Vergewaltigung und sexueller Nötigung sowie Widerhandlung gegen die Verordnung über den Erwerb und das Tragen von Schusswaffen durch jugoslawische Angehörige zu sechzehn Jahren Zuchthaus; gleichzeitig verwies es ihn für die Dauer von fünfzehn Jahren des Landes. Das Kassationsgericht des Kantons St. Gallen wies am 16. Dezember 1998 eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten ab, soweit es darauf eintrat. P. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt sinngemäss, das Urteil des Kantonsgerichts sei aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Vorinstanz verurteilte den Beschwerdeführer nicht nur wegen grausamer Tatbegehung ( Art. 189 Abs. 3, Art. 190 Abs. 3 StGB ), sondern erhöhte die Strafe überdies in Anwendung von Art. 200 StGB wegen gemeinsamer Tatbegehung. Die Täter hätten das Opfer in der Night-Bar gemeinsam eingeschüchtert und in BGE 125 IV 199 S. 201 Todesangst versetzt. Gemeinsam hätten sie es in die Wohnung eines Bekannten verschleppt und genötigt, dort zu verbleiben. Unter dem Druck dieses gemeinschaftlich ausgeübten Zwanges habe das Opfer auf jeden Widerstand verzichtet. Im Ergebnis sei demnach auch die Nötigung zu den sexuellen Handlungen gemeinsam ausgeführt, mithin gemeinsam der Widerstand des Opfers gebrochen und es gefügig gemacht worden. Während den einzelnen Übergriffen hätten sich die übrigen Angeklagten in der gleichen kleinen Wohnung, und zwar im Wohnzimmer nebenan befunden. Dass das Schlafzimmer und das Wohnzimmer durch eine Mauer getrennt gewesen seien, ändere unter diesen Umständen nichts daran, dass während der sexuellen Übergriffe fortwährend der Eindruck kollektiver Bedrohung bestanden habe. Zudem hätten die übrigen Angeklagten im Wohnzimmer gleichsam abrufbereit gewartet, bis sie sich am Opfer vergehen konnten. Damit aber wögen die Angriffe der Angeklagten auf die sexuelle Integrität des Opfers schwerer als die Tat eines Einzelnen. Der Beschwerdeführer macht unter Hinweis auf die herrschende Lehre geltend, die Qualifikation des Art. 200 StGB setze die Anwesenheit des Täters bei der Tat voraus. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Die Vornahme der sexuellen Handlungen sei je einzeln erfolgt. Als der Beschwerdeführer mit dem Opfer sexuell verkehrte, habe er sich mit diesem allein in einem Zimmer befunden. b) Wird eine strafbare Handlung gegen die sexuelle Integrität ( Art. 187 ff. StGB ) gemeinsam von mehreren Personen ausgeführt, so kann der Richter die Strafe erhöhen, darf jedoch das höchste Mass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte überschreiten. Dabei ist er an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden ( Art. 200 StGB ). Wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht, wird in der Lehre für die Anwendung des Art. 200 StGB zusätzlich gefordert, dass die Mittäter - auch wenn sie sich an der sexuellen Handlung als solcher nicht beteiligen - bei der Tat selbst anwesend sein müssen (STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil I, 5. Auflage, S. 163 N. 18; JENNY, Kommentar zum schweizerischen Strafgesetzbuch, Art. 200 N. 3; TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2. Auflage, Art. 200 N. 2). In der Folge ist zu prüfen, ob diese Einschränkung im Sinne des Gesetzes ist und ob bejahendenfalls die Anwesenheit der Mittäter im Wohnzimmer, als der Beschwerdeführer das Opfer im Nebenzimmer sexuell missbrauchte, den Tatbestand der gemeinsamen Begehung erfüllt. BGE 125 IV 199 S. 202 Der Tatbestand der gemeinsamen Begehung ( Art. 200 StGB ) ist dem Tatbestandsmerkmal der Bandenmässigkeit nachempfunden, wobei jedoch der Wille inskünftiger Verübung von Delikten nicht gegeben sein muss (Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes vom 26. Juni 1985, BBl 1985 II 1095f.). Das Auftreten als Bande wird besonders pönalisiert, weil der Zusammenschluss die Täter psychisch und physisch stärkt und eine Umkehr gegenseitig erschwert, was sie besonders gefährlich macht ( BGE 78 IV 227 E. 2; TRECHSEL, a.a.O., Art. 139 N. 16). Art. 200 StGB wurde vor allem im Hinblick auf gemeinsame Vergewaltigungen geschaffen (Botschaft, a.a.O., 1095) und ist zugeschnitten auf Fälle sogenannter Gruppen- oder Kettenvergewaltigungen, die aufgrund ihrer besonderen Belastung für das Opfer und der erhöhten Gefährlichkeit des Angriffs besonders gravierend sein können (Peter Hangartner, Selbstbestimmung im Sexualbereich - Art. 188 bis 193 StGB, Diss. St. Gallen 1997, S. 178 mit Hinweisen). Eine Gruppenvergewaltigung ist gegeben, wenn mehrere Täter das Opfer gleichzeitig sexuell missbrauchen; in dieser Konstellation sind alle Täter unmittelbar anwesend. Anders verhält es sich bei einer Kettenvergewaltigung: Hier ist es denkbar, dass jeweils nur ein Täter beim erzwungenen Geschlechtsverkehr unmittelbar anwesend ist und sich die anderen Täter nicht notwendig im gleichen Zimmer befinden wie das Opfer. Aber auch eine Kettenvergewaltigung stellt eine besondere Belastung für das Opfer dar, und die Absprache der Täter untereinander führt auch zu einer erhöhten Gefährlichkeit des Angriffs. In solchen Fällen ist deshalb Art. 200 StGB ebenfalls anzuwenden, jedenfalls dann, wenn, wie im vorliegenden Fall, die anderen Beteiligten in der gleichen Wohnung quasi "abrufbereit" anwesend sind. c) Nach den verbindlichen Feststellungen versetzten die vier Täter das Opfer bereits bei der Entführung insbesondere auch durch massive psychische Drohungen in Todesangst. Sie verschleppten die Frau in eine kleine Wohnung und missbrauchten sie dort sexuell der Reihe nach und zum Teil mehrmals. Während sich die Täter in einem Zimmer mit Matratze einzeln an der Frau sexuell vergingen, schauten die anderen Täter "abrufbereit" im angrenzenden Wohnzimmer fern. Zwischen den sexuellen Übergriffen musste sich die Frau im Badezimmer waschen und als sie z.B. einmal von dort ins Wohnzimmer zurückkam und bat, sie doch nach Hause zu fahren, da sie Kinder im Kindergarten habe, setzte ihr einer der vier mit den Worten "was willst du?" ein Messer an den Hals. BGE 125 IV 199 S. 203 Die Vorinstanz verweist zu Recht darauf, dass das Opfer unter dem Druck des gemeinschaftlich ausgeübten Zwanges auf jeden weiteren Widerstand verzichtete, und dass der Umstand der räumlichen Abtrennung zwischen dem Wohnzimmer und dem Zimmer, wo die sexuellen Misshandlungen stattfanden, an der fortwährenden kollektiven Bedrohung nichts änderten und dass das gleichsam abrufbereite Warten der anderen Täter im Wohnzimmer, um sich am Opfer zu vergehen, für es zusätzlich erniedrigend gewesen sei. Wenn die Vorinstanz unter diesen Umständen Art. 200 StGB zur Anwendung brachte, hat sie kein Bundesrecht verletzt (vgl. E. 2b). Zutreffend hat sie eine enge Auslegung des Begriffs der Anwesenheit der Mittäter verworfen und dabei vielmehr beurteilt, welche Wirkung von der Präsenz der Mittäter in der Wohnung ausging. Damit erweist sich die Beschwerde in diesem Punkt als unbegründet. 4. Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 63 StGB . Nachdem der kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde kein Erfolg beschieden war und die Vorinstanz zu Recht den Strafgrund der gemeinsamen Begehung bejahte, sind die meisten Einwände des Beschwerdeführers unbeachtlich. Dass er einer Bande angehörte, die als illegale Schleuser und Schlepper tätig war und zudem bei jugoslawischen Gastwirten in Berlin Geld erpresste, hat die Vorinstanz verbindlich festgestellt; dass er deswegen nicht verurteilt wurde, hat sie ausdrücklich erwähnt und damit berücksichtigt. Folglich ist aber auch die Unschuldsvermutung nicht verletzt. In diesem Zusammenhang ist vielmehr entscheidend, dass der Beschwerdeführer bereits wegen schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Körperverletzung zu 4 1/2 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden war. Der Beschwerdeführer macht geltend, die ausgefällte Freiheitsstrafe von sechzehn Jahren erscheine für die vorliegenden Delikte geradezu als drakonisch. Die Vorinstanz bewege sich hier im Rahmen des Strafmasses für eher schwere Tötungsdelikte. Indessen sei als Massstab doch grundsätzlich die Praxis bei anderen Sexualdelikten heranzuziehen. Inwiefern die Vorinstanz bei der Strafzumessung von nicht wesentlichen Beurteilungsmerkmalen ausgegangen wäre oder sie falsch gewichtet hätte, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf. Die ausgesprochene Strafe ist zwar für Sexualdelikte sehr hoch, doch handelt es sich auch um ein ausserordentlich schweres Sexualdelikt, verbunden mit zusätzlich mehreren erschwerenden Elementen. So führt die Vorinstanz unter BGE 125 IV 199 S. 204 anderem aus, "abgesehen davon, dass (der Beschwerdeführer) dem Opfer keine schweren Körperverletzungen zufügte, lässt sich ein qualvollerer und demütigenderer sexueller Missbrauch kaum vorstellen." Angesichts der wesentlichen Beurteilungsmerkmale liegt die ausgesprochene Strafe im Rahmen des vorinstanzlichen Ermessens. Im Übrigen ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass das Opfer eine Vergewaltigung gleichsam als psychischen Tod erlebt. So hält die Vorinstanz gestützt auf einen Arztbericht vom Februar 1998 fest, dass das Opfer trotz intensiver Psychotherapie und Betreuung durch die Familienberatungsstelle nur sehr langsam Fortschritte erziele, nach wie vor an Krisen mit plötzlich auftretenden Ängsten bis hin zu Panikattacken und auch Suizidalität leide. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf ein Urteil des Obergerichts Zürich geht fehl. In jenem Fall lagen offenbar weder stundenlange Kettenvergewaltigung vor, noch Drohung mit einer Waffe, noch grausame sexuelle Nötigung usw., weshalb der erwähnte Fall mit demjenigen des Beschwerdeführers nicht vergleichbar ist. Insgesamt hat die Vorinstanz somit bei der Strafzumessung kein Bundesrecht verletzt. 6. Schliesslich beanstandet der Beschwerdeführer die Zusprechung einer Genugtuungssumme von Fr. 75'000.-- an das Opfer als eine Verletzung von Bundesrecht ( Art. 47 OR ); dabei verweist er auf den Ausgang des kantonalen Kassationsverfahrens und die Ausführungen zum Verschulden bei der Strafzumessung. Zudem sei die zugesprochene Genugtuungssumme "exorbitant" hoch, und es gehe nicht an, die (bestrittenen) "Begangenschaften eher bei den Tötungsdelikten einzuordnen." Die Vorinstanz berücksichtigte bei der Bemessung der Genugtuung, dass das Verschulden der vier Haupttäter äusserst schwer wiege, was sich auch in den langen Freiheitsstrafen ausdrücke. Das Opfer sei gegen seinen Willen in eine ihm unbekannte Wohnung entführt worden, wo es den Tätern schutzlos ausgeliefert gewesen sei. Es sei während Stunden festgehalten, mehrfach vergewaltigt und sexuell genötigt, (insbesondere auch vom Beschwerdeführer) schwer gedemütigt und immer wieder mit dem Tode bedroht worden. Die verbrecherischen Taten hätten nicht nur verheerende Auswirkungen auf seine berufliche Tätigkeit, welche es nicht mehr auszuüben vermöge, sondern auch auf die Freizeit und das Familienleben, insbesondere die Partnerbeziehung. Die Gutachten sprächen ebenfalls eine deutliche Sprache: Das Opfer BGE 125 IV 199 S. 205 leide an posttraumatischen Belastungsstörungen. Dabei handle es sich um eine verzögerte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation aussergewöhnlicher Bedrohung, die bei fast jedem eine tiefe Verstörung hervorrufen würde. Es könne sich nicht mehr konzentrieren, sei nur noch vermindert leistungsfähig, spalte seine Emotionalität ab, habe ständige Panikattacken und massivste Berührungsängste und verfalle immer wieder in Depressionen. Zum bisherigen Therapieverlauf werde festgehalten, dass Fortschritte nur sehr langsam erzielt würden. Das Opfer leide nach wie vor an Krisen mit plötzlich auftretenden Ängsten und Suizidalität. Aufgrund der bis zum Ereignis vorhandenen gesunden Persönlichkeitsstruktur und auch der grundsätzlich positiven Lebenseinstellung räume der Therapeut dem Opfer mittelfristig eine günstige Chance ein, sich mit ärztlicher Behandlung und Psychotherapie von den traumatisierenden Erlebnissen befreien zu können. Wenn die Vorinstanz erwägt, dass der Anspruch auf eine hohe Genugtuung kaum in Frage gestellt würde, wenn das Opfer körperlich statt seelisch in diesem Ausmass "verstümmelt" worden wäre, einen Vergleich mit Genugtuungssummen zieht, die bei schweren Körperverletzungen oder Tötungsdelikten zugesprochen werden, und im vorliegenden Fall eine Genugtuung in der Höhe von Fr. 75'000.- als angemessen erachtet, so verletzt sie kein Bundesrecht.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6fc81cb9-f2a6-439a-9aa1-3816b5afd7c3
Urteilskopf 141 IV 423 54. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Strafsachen) 6B_217/2015 vom 5. November 2015
Regeste a Personal Unblocking Key (PUK); Art. 269 und 272 StPO . Der PUK, der das Auslesen der Daten von einer SIM-Karte ermöglicht, gehört nicht zu den unter das Fernmeldegeheimnis fallenden Verkehrsdaten, sondern zu den Bestandesdaten, die unabhängig von einem bestimmten Fernmeldeverkehr vorhanden sind. Die staatsanwaltschaftliche Aufforderung zur Herausgabe des PUK-Codes bedarf daher nicht der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht (E. 1). Regeste b Inhalt des Gutachtensauftrags, Hinweis auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens ( Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO ); dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige ( Art. 183 Abs. 2 StPO ). Auch dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige müssen auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens hingewiesen werden. Die Vorschrift betreffend Belehrung ist jedenfalls insoweit lediglich eine Ordnungsvorschrift. Das Gutachten eines dauernd bestellten oder amtlichen Sachverständigen ist daher auch bei Fehlen der Belehrung verwertbar (E. 3). Regeste c Lebenslängliche Verwahrung ( Art. 64 Abs. 1 bis StGB ); besonders schwere Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität ( Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB ); sexuelle Nötigung ( Art. 189 Abs. 1 StGB ). Durch die Straftat der sexuellen Nötigung wird die physische, psychische oder sexuelle Integrität des Opfers nicht eo ipso besonders schwer beeinträchtigt. Besonders schwere Beeinträchtigung im konkreten Fall verneint (E. 4.3.3-4.3.5). Regeste d Verbot der Folter oder unmenschlicher Strafen ( Art. 3 EMRK ); Recht auf Freiheit, Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs, Überprüfung durch das Gericht ( Art. 5 Ziff. 4 EMRK ). Offengelassen, ob die lebenslängliche Verwahrung mit der EMRK vereinbar ist. Offengelassen, ob die Frage der Vereinbarkeit bereits mit Beschwerde gegen die Anordnung der lebenslänglichen Verwahrung aufgeworfen werden kann oder erst dann, wenn der Verurteilte die Strafe verbüsst hat, sich im Vollzug der lebenslänglichen Verwahrung befindet und um Entlassung ersucht (E. 4.3.6).
Sachverhalt ab Seite 425 BGE 141 IV 423 S. 425 A. A.a X. beging in der Zeit von April 1978 bis Juni 1979 drei Notzuchtsdelikte, für welche er mit Entscheid des Amtsgerichts Oberhasli vom 17. Juni 1980 zu einer unbedingt vollziehbaren Zuchthausstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde. Er verübte zwischen Januar und Oktober 1983 insgesamt 13 Notzuchtsdelikte, wobei es in fünf Fällen beim Versuch blieb. Dabei fiel er seine Opfer meist in den frühen Morgenstunden jeweils in Garagen oder Einstellhallen mit einem Würgegriff an und erzwang auf diese Weise den Geschlechtsverkehr. Für diese Straftaten wurde X. mit Urteil des Kriminalgerichts Luzern vom 11. Januar 1985 zu einer Zuchthausstrafe von sieben Jahren verurteilt und die Verwahrung angeordnet, welche in einem Gutachten von Dr. C. vom 17. Juli 1984 empfohlen worden war. Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte mit Urteil vom 8. Juli 1986 die Zuchthausstrafe von sieben Jahren, ordnete aber anstelle der Verwahrung eine vollzugsbegleitende Therapie an. Während eines Hafturlaubs im September 1987 würgte und bedrohte X. eine junge Frau. Am 19. Dezember 1988 wurde X. mit einer Probezeit von drei Jahren bedingt aus dem Strafvollzug entlassen. Zwischen dem 3. Juni 1989 und dem 18. Januar 1990 beging er acht Notzuchtsdelikte (worunter drei Versuche). In fünf dieser acht Fälle mischte er den Opfern von diesen unbemerkt das Hypnotikum Rohypnol ins Getränk, um sie willen- und wehrlos zu machen und sie in diesem Zustand zu sexuellen Handlungen zu missbrauchen. X. wurde am 29. Januar 1990 festgenommen. In der Folge gelang ihm BGE 141 IV 423 S. 426 mehrmals die Flucht. Am 6. Mai 1994 verurteilte ihn das Kriminalgericht Luzern in Abwesenheit zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren, deren Vollzug es zugunsten einer Verwahrung aufschob. X. konnte erst am 23. Januar 1997 in Deutschland festgenommen werden. Mit Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 8. Juli 1999 wurde X. im Rahmen einer Neubeurteilung seiner Straftaten in Bestätigung des Entscheids des Kriminalgerichts Luzern vom 12. März 1998 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt, deren Vollzug zugunsten einer Verwahrung aufgeschoben wurde, obschon zwischenzeitlich der Experte Prof. E. in seinem Gutachten vom 12. November 1998 X. eine positive Veränderung attestiert und daher eine therapeutische Massnahme gemäss aArt. 43 Abs. 1 StGB empfohlen hatte. In der Folge war X. in verschiedenen Strafanstalten inhaftiert. Er wurde unter anderem im Hinblick auf eine allfällige probeweise Entlassung mehrfach begutachtet. Der Experte Dr. D. stellte in seinem Gutachten vom 21. Juni 2001 abweichend vom Experten Prof. E. keine Veränderung in der Persönlichkeitsstruktur von X. fest. Als Erklärung für die teils widersprüchlichen Befunde der Experten erwähnte der Gutachter Dr. D. eine hohe Einfühlungsgabe und Manipulationsfähigkeit von X. Ein Prognosegutachten der Experten Dr. F./Dr. G. vom 28. Februar 2003 ging nicht mehr von einer Persönlichkeitsstörung, sondern von akzentuierten Persönlichkeitszügen von X. aus, stufte die Prognose als nicht schlecht ein und empfahl Vollzugslockerungen. Die Behörden lehnten jedoch eine probeweise Entlassung ab. Ein Gutachten des Experten Dr. H. vom 21. Dezember 2006 bestätigte zwar das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung bei X., ging aber von einer unter der Basisrate von 25 % liegenden Rückfallgefahr aus. Die Fachkommission Innerschweiz für gemeingefährliche Straftäter empfahl mit Bericht vom 31. Dezember 2007 Vollzugslockerungen und eine therapeutische Begleitung im Sinne eines Coachings. Die Vollzugs- und Bewährungsdienste Luzern lehnten jedoch mit Entscheid vom 21. Januar 2008 sowohl eine bedingte Entlassung als auch Vollzugslockerungen ab. Die von X. dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern am 25. September 2008 teilweise gut, indem es anordnete, dass X. unter genau definierten Auflagen und Bedingungen Vollzugslockerungen zu gewähren seien. In der Folge wurde X. in die Strafanstalt M. versetzt, und es wurden ihm begleitete und unbegleitete Ausgänge bewilligt, welche klaglos verliefen. Per 1. September 2009 wurde X. in die offene Vollzugsanstalt N. verlegt. Im Hinblick auf die Prüfung der bedingten Entlassung BGE 141 IV 423 S. 427 holten die Vollzugs- und Bewährungsdienste Luzern ein neues forensisch-psychiatrisches Gutachten bei Dr. I. von der Psychiatrischen Universitätsklinik K. ein. Der Experte kam im Gutachten vom 18. Dezember 2009 zum Schluss, dass die Rückfallgefahr hoch sei. Mit Bericht vom 3. Februar 2010 stufte die Konkordatliche Fachkommission zur Beurteilung der Gemeingefährlichkeit von Straftätern X. als gemeingefährlich ein. Mit Verfügung vom 16. Juni 2010 entschieden die Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Luzern, dass von einer bedingten Entlassung aus der Verwahrung, von einer Überführung in eine therapeutische Massnahme sowie von Vollzugslockerungen abzusehen und die Verwahrung in einer geschlossenen Strafanstalt zu vollziehen sei. Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern hiess die von X. dagegen erhobene Beschwerde am 25. Oktober 2010 teilweise gut und ordnete an, dass X. weitere Vollzugslockerungen zu gewähren seien. Für die Zeit vom 7. Juni 2011 bis zum 27. Juli 2011 wurde X. wegen Rückenbeschwerden ein Kuraufenthalt in einem Reha-Zentrum gewährt. In Umsetzung des Verwaltungsgerichtsentscheids vom 25. Oktober 2010 hiessen die Vollzugs- und Bewährungsdienste Luzern mit Entscheid vom 18. August 2011 die Versetzung von X. in das Wohnexternat unter bestimmten Auflagen gut, wobei das Electronic Monitoring vorbehalten blieb. X. bezog am 9. August 2011 eine Wohnung in Basel. A.b Am 9. Oktober 2011 nahm X. in seiner Wohnung in Basel sexuelle Handlungen an beziehungsweise mit A. vor, die er zuvor zu diesem Zweck durch heimliche Beimischung einer hypnotisierenden oder schlafinduzierenden Substanz, möglicherweise Dormicum, in ein Getränk zum Widerstand unfähig gemacht hatte. In gleicher Weise verging sich X. in der Nacht vom 15./16. Februar 2012 in seiner Wohnung in Basel zum Nachteil von B., wobei in diesem Fall feststeht, dass er das Mittel Dormicum eingesetzt hatte. B. erstattete am 16. Februar 2012 Strafanzeige und stellte Strafantrag. Im Fall von B. wurden Spuren gesichert und diesbezügliche Gutachten erstellt. B. Das Strafgericht des Kantons Basel-Stadt sprach - den uneingeschränkt schuldfähigen - X. mit Urteil vom 5. Juli 2013 der mehrfachen sexuellen Nötigung ( Art. 189 Abs. 1 StGB ) und der einfachen Körperverletzung ( Art. 123 Ziff. 1 StGB ) schuldig und verurteilte ihn zu 4 1⁄2 Jahren Freiheitsstrafe, unter Anrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft seit dem 16. Februar 2012. Es ordnete an, dass BGE 141 IV 423 S. 428 X. im Anschluss an den Vollzug der Freiheitsstrafe gemäss Art. 64 Abs. 1 bis und Abs. 2 StGB lebenslänglich verwahrt wird. X. erklärte Berufung. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt bestätigte mit Urteil vom 10. Dezember 2014 den erstinstanzlichen Entscheid. C. X. erhebt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 10. Dezember 2014 sei aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zudem ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung. D. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt verzichtet auf Vernehmlassung und beantragt unter Hinweis auf die Ausführungen im angefochtenen Entscheid die Abweisung der Beschwerde. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt forderte mit Verfügung vom 2. März 2012 beim Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr des Informatik Service Center (ISC-EJPD) Auskunft über den PUK-Code des Mobiltelefons des Beschwerdeführers. Sie erhielt den Code mit Fax-Schreiben des Providers vom 5. März 2012. Hierauf konnten das Mobiltelefon des Beschwerdeführers geöffnet und die darauf gespeicherten Daten gesichert und ausgewertet werden. 1.2 Der Beschwerdeführer macht wie vorfrageweise im kantonalen Berufungsverfahren geltend, bei der Auskunft über den PUK-Code handle es sich um eine Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs im Sinne von Art. 269 ff. StPO , welche gemäss Art. 272 Abs. 1 StPO der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht bedürfe. Da keine Genehmigung vorliege, seien die ab dem Mobiltelefon erhältlich gemachten Daten, unter anderem die zwischen ihm und einer Privatklägerin ausgetauschten SMS-Nachrichten, nicht verwertbar. Folgerichtig seien auch alle Antworten unverwertbar, welche die befragten Personen auf Vorhalt der Ergebnisse der Telefonauswertung gegeben hätten. 1.3 Die Staatsanwaltschaft kann unter den in Art. 269 Abs. 1 lit. a-c StPO genannten Voraussetzungen zur Verfolgung der in BGE 141 IV 423 S. 429 Art. 269 Abs. 2 StPO genannten Straftaten den Post- und den Fernmeldeverkehr überwachen lassen. Die Überwachung bedarf der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht ( Art. 272 Abs. 1 StPO ). Einer Genehmigung bedarf gemäss Art. 273 Abs. 2 StPO auch die von der Staatsanwaltschaft anbegehrte Auskunft über Verkehrs- und Rechnungsdaten sowie Teilnehmeridentifikation im Sinne von Art. 273 Abs. 1 StPO . Art. 269 ff. StPO regeln "geheime" Überwachungsmassnahmen (siehe die Überschrift des 8. Kapitels). Die Massnahmen greifen in das Post- und das Fernmeldegeheimnis ein. Die Informationen sind lediglich während des Transports, d.h. in der Übermittlungsphase, nicht aber ausserhalb des Transportweges durch Art. 269 ff. StPO geschützt (MARC JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 22 zu Art. 269 StPO ). Mitteilungen wie Telefongespräche auf Ton- und Datenträgern (etwa auf Mobiltelefonen gespeicherte Informationen), die sich schon beim Empfänger oder Dritten befinden, sind dort nicht nach Art. 269 ff. StPO geschützt. Sie können in Anwendung von Art. 246 ff. StPO im Rahmen von Durchsuchungen von Aufzeichnungen ermittelt werden (NIKLAUS SCHMID, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 1139). "PUK" bedeutet Personal Unblocking Key. Mit diesem elektronischen Schlüssel kann der programmierte PIN-Code einer SIM-Karte übersteuert werden, womit das Auslesen der Daten von dieser Karte ermöglicht wird. Der PUK gehört nicht zu den Verkehrsdaten, die den Fernmeldeverkehr betreffen und dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, sondern zu den Bestandesdaten, die unabhängig von einem bestimmten Fernmeldeverkehr vorhanden sind. Die staatsanwaltliche Aufforderung zur Herausgabe des PUK-Codes bedarf nicht der Genehmigung durch das Zwangsmassnahmengericht (THOMAS HANSJAKOB, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 4 zu Art. 272 StPO ; NIKLAUS OBERHOLZER, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3. Aufl. 2012, N. 1197; anderer Auffassung : Entscheid des Präsidenten der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts vom 7. April 2006, TPF 2006 254; JEAN-RICHARD-DIT-BRESSEL, a.a.O., N. 27 zu Art. 269 StPO ; SCHMID, a.a.O., N. 1144 Fn. 489, welche die Erhebung von PUK-Codes zu SIM-Karten als genehmigungspflichtige Überwachungsmassnahme qualifizieren). BGE 141 IV 423 S. 430 Die aus dem Mobiltelefon des Beschwerdeführers gewonnenen Erkenntnisse sind somit verwertbar. Die Beschwerde ist in diesem Punkt abzuweisen. (...) 3. 3.1 Der Beschwerdeführer macht wie vorfrageweise im kantonalen Berufungsverfahren geltend, die diversen Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität L. seien nicht als Beweismittel verwertbar, da die Experten nicht über ihre Rechte und Pflichten als Sachverständige belehrt und die Gutachtensaufträge nicht schriftlich erteilt worden seien. 3.2 Der Gutachtensauftrag ist schriftlich zu erteilen ( Art. 184 Abs. 2 StPO ). Dies ist indessen nicht eine Gültigkeits-, sondern lediglich eine Ordnungsvorschrift (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1085 ff., 1212 zu Art. 181). 3.3 Der Gutachtensauftrag der Verfahrensleitung enthält unter anderem den Hinweis auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens nach Artikel 307 StGB ( Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO ). Das Gesetz regelt nicht, welche Folgen das Unterbleiben dieser Belehrung hat. Nach der überwiegenden Lehre ist die Belehrung Gültigkeitsvorschrift; unterbleibt sie, ist das Gutachten ungültig und nicht als Beweismittel verwertbar. (MARIANNE HEER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 19 zu Art. 184 StPO ; ANDREAS DONATSCH, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 34 zu Art. 184 StPO ; HAUSER/SCHWERI/HARTMANN Schweizerisches Strafprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 64 N. 8; SCHMID, a.a.O., N. 940 Fn. 382; anderer Auffassung OBERHOLZER, a.a.O., N. 813). Als Sachverständige können natürliche Personen ernannt werden, die auf dem betreffenden Fachgebiet die erforderlichen besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzen ( Art. 183 Abs. 1 StPO ). Bund und Kantone können für bestimmte Gebiete dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige vorsehen ( Art. 183 Abs. 2 StPO ). Dazu zählen beispielsweise die Rechtsmedizinischen Institute von Universitäten (IRM) beziehungsweise ihre Mitarbeiter. Die Strafprozessordnung sieht nicht vor, dass für die dauernd bestellten oder amtlichen Sachverständigen im Sinne von Art. 183 Abs. 2 StPO etwa in Bezug auf die Belehrung gemäss Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO über die BGE 141 IV 423 S. 431 Straffolgen eines falschen Gutachtens andere Regeln gelten als für die übrigen Sachverständigen. In der Lehre wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass auch ständig bestellte Sachverständige wie beispielsweise solche von Rechtsmedizinischen Instituten auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens hinzuweisen seien und das Gutachten bei Unterbleiben dieses Hinweises unverwertbar sei (SCHMID, a.a.O., N. 940 Fn. 382; DONATSCH, a.a.O., N. 32 zu Art. 184 StPO ; HEER, a.a.O., N. 19 zu Art. 184 StPO ). In der Praxis wird oft auf die Belehrung von solchen Sachverständigen verzichtet, da ihnen die Straffolgen eines falschen Gutachtens nach Art. 307 StPO offensichtlich bekannt sind. Für eine solche Praxis bietet aber die Strafprozessordnung keine gesetzliche Grundlage. Auch dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige im Sinne von Art. 183 Abs. 2 StPO sind gemäss Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens nach Artikel 307 StGB hinzuweisen. Art. 184 Abs. 2 lit. f StPO stellt indessen jedenfalls insoweit, als er dauernd bestellte oder amtliche Sachverständige betrifft, nicht eine Gültigkeits-, sondern lediglich eine Ordnungsvorschrift dar. Die Gutachten etwa von IRM sind auch bei Fehlen eines Hinweises auf die Straffolgen eines falschen Gutachtens gültig und verwertbar. Die Bestimmungen betreffend die Sachverständigen ( Art. 182 ff. StPO ) enthalten keine Art. 177 Abs. 1 Satz 2 StPO betreffend die Zeugenbelehrung entsprechende Vorschrift, wonach die Einvernahme ungültig ist, wenn die Belehrung unterbleibt. Die Beschwerde ist auch in diesem Punkt abzuweisen. 4. 4.1 Die erste Instanz ordnete an, dass der Beschwerdeführer im Anschluss an den Vollzug der Freiheitsstrafe (von 41⁄2 Jahren) gemäss Art. 64 Abs. 1 bis und Abs. 2 StGB lebenslänglich verwahrt wird. Die Vorinstanz bestätigte das erstinstanzliche Urteil auch in diesem Punkt. Der Beschwerdeführer macht wie im kantonalen Berufungsverfahren geltend, die Voraussetzungen der lebenslänglichen Verwahrung gemäss Art. 64 Abs. 1 bis StGB seien in seinem Fall nicht erfüllt. 4.2 Das Gericht ordnet gemäss Art. 64 Abs. 1 bis StGB die lebenslängliche Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, einen Raub, eine Vergewaltigung, eine sexuelle Nötigung, eine Freiheitsberaubung oder Entführung, eine Geiselnahme, Menschenhandel, Völkermord, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen BGE 141 IV 423 S. 432 (Zwölfter Titel ter ) begangen hat und wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: a. Der Täter hat mit dem Verbrechen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person besonders schwer beeinträchtigt oder beinträchtigen wollen. b. Beim Täter besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass er erneut eines dieser Verbrechen begeht. c. Der Täter wird als dauerhaft nicht therapierbar eingestuft, weil die Behandlung langfristig keinen Erfolg verspricht. Der Beschwerdeführer hat die Straftat der sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB begangen. Dieses Delikt ist eine Katalogtat gemäss Art. 64 Abs. 1 bis StGB und kann daher Anlass für eine lebenslängliche Verwahrung sein. Erforderlich ist aber zudem, dass darüber hinaus die in Art. 64 Abs. 1 bis lit. a-c StGB genannten Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind. 4.3 Erforderlich ist, dass der Beschwerdeführer im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB mit dem Verbrechen der sexuellen Nötigung ( Art. 189 Abs. 1 StGB ) die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person besonders schwer beeinträchtigte oder beeinträchtigen wollte. 4.3.1 Die erste Instanz erwog, dieses Erfordernis bedeute, dass nur schwere Formen der aufgezählten Verbrechen als Anlasstaten für die lebenslängliche Verwahrung dienen können. Bei einem Teil der Katalogtaten sei die besonders schwere Schädigung per se anzunehmen, bei anderen sei das Erfordernis gesondert zu prüfen. Vorliegend sei die Voraussetzung der besonders schweren Beeinträchtigung bereits durch die Anlasstat als solche erfüllt. Eine sexuelle Nötigung greife in den intimsten Bereich der Opfer ein und sei deshalb schon aus diesem Grunde als besonders schwere Beeinträchtigung der sexuellen Integrität anzusehen. Hinzu komme, dass die beiden Opfer durch die perfide Art der Tatausführung dem Beschwerdeführer völlig ausgeliefert gewesen seien - nicht nur zum Zeitpunkt der Taten, sondern auch noch heute. Die Opfer wüssten weder, was mit ihnen geschehen sei, noch könnten sie die Situation für sich abschliessen. Die seelische Belastung sei somit massiv. Das Erfordernis der besonders schweren Beeinträchtigung durch die Anlasstat sei demnach erfüllt. Die Vorinstanz folgt dieser Einschätzung der ersten Instanz. Der Beschwerdeführer habe die beiden Opfer durch das heimliche BGE 141 IV 423 S. 433 Verabreichen eines starken Schlafmittels widerstandsunfähig gemacht und an ihnen sexuelle Handlungen vollzogen. Dabei habe er die Opfer nackt ausgezogen und sie im Intimbereich berührt respektive manuell penetriert. Zudem sei erwiesen, dass bei den durchgeführten Handlungen auch Sperma des Beschwerdeführers in den Genitalbereich der Opfer gelangt sei, was die Gefahr von sexuell übertragbaren Krankheiten und/oder Schwangerschaft in sich geschlossen habe. Beide Opfer seien während längerer Zeit nicht bei Bewusstsein gewesen. Das eine Opfer sei gar während Stunden nicht bei Bewusstsein gewesen, was ebenfalls eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen und seelischen Integrität bedeute. Erschwerend komme hinzu, dass die Opfer aufgrund der Betäubung nie erführen, was genau geschehen sei. Dies erschwere die Verarbeitung der Ereignisse für sie zusätzlich und stelle ein weiteres schweres Trauma dar. Die erste Instanz habe denn auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die emotionale Betroffenheit der Geschädigten A. anlässlich der Hauptverhandlung immer noch deutlich zu spüren gewesen sei, obwohl der Vorfall damals knapp zwei Jahre zurückgelegen habe und die Geschädigte in psychologischer Behandlung gewesen sei. Sie sei auch zweitinstanzlich ausserstande gewesen, sich mit dem Beschwerdeführer zu konfrontieren. Auch die Geschädigte B. habe an der erstinstanzlichen Verhandlung glaubwürdig geschildert, wie sehr sie nach wie vor unter dem Übergriff leide. Daher sei zweifellos eine besonders schwere Beeinträchtigung der beiden Opfer gegeben. Unter diesen Umständen sei es ohne Belang, ob die erstinstanzliche Erkenntnis zutreffe, dass sexuelle Nötigung per se eine besonders schwere Beeinträchtigung der Opfer im Sinne von Artikel 64 Abs. 1 bis lit. a StGB darstelle. 4.3.2 Der Beschwerdeführer wendet ein, die sexuelle Nötigung im Sinne des Grundtatbestands gemäss Art. 189 Abs. 1 StGB stelle nicht per se eine besonders schwere Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität des Opfers im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB dar. Eine solche besonders schwere Beeinträchtigung werde allenfalls durch eine - vorliegend unstreitig nicht gegebene - qualifizierte sexuelle Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 3 StGB bewirkt, wonach der Täter mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft wird, wenn er grausam handelt, namentlich eine gefährliche Waffe oder einen anderen gefährlichen Gegenstand verwendet. Das Erfordernis der besonders schweren Beeinträchtigung setze zudem einen diesbezüglichen Vorsatz des BGE 141 IV 423 S. 434 Täters voraus. Der Täter müsse den Vorsatz gehabt haben, jemanden in der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität besonders schwer zu beeinträchtigen. Es sei nicht ersichtlich, wie ihm ein solcher Vorsatz nachgewiesen werden könnte. Auch seien die von der Vorinstanz genannten Auswirkungen der Taten auf die beiden Opfer nicht bewiesen und gingen diese Auswirkungen im Übrigen nicht über das hinaus, was normalerweise Folge solcher Handlungen sei. 4.3.3 An die Anordnung einer lebenslänglichen Verwahrung sind in Anbetracht der ausserordentlichen Eingriffsintensität dieser Massnahme sehr hohe Anforderungen zu stellen (siehe BGE 140 IV 1 E. 3.2.4). Dies gilt nicht nur für das Erfordernis der dauerhaften Nichttherapierbarkeit gemäss Art. 64 Abs. 1 bis lit. c StGB , sondern auch hinsichtlich der übrigen Anordnungsvoraussetzungen. Erforderlich ist daher nach dem Gesetzeswortlaut, dass eine "sehr hohe Wahrscheinlichkeit" weiterer Katalogtaten besteht ( Art. 64 Abs. 1 bis lit. b StGB ) und dass der Täter mit dem Verbrechen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person "besonders schwer" beeinträchtigte oder beeinträchtigen wollte ( Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB ). Das Erfordernis der besonders schweren Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität macht deutlich, dass nur schwere Formen der aufgezählten Katalogtaten als Anlasstaten für die lebenslängliche Verwahrung genügen (Botschaft vom 23. November 2005 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches in der Fassung vom 13. Dezember 2002 [Umsetzung von Artikel 123a der Bundesverfassung über die lebenslängliche Verwahrung extrem gefährlicher Straftäter], BBl 2006 889 ff., 902 Ziff. 2.2.2). Im Abstimmungskampf zu Art. 123a BV betreffend extrem gefährliche, nicht therapierbare Sexual- und Gewaltstraftäter und im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren war von allerschwersten Tötungsdelikten mit sexueller Gewalt die Rede. Dies ist bei der Auslegung von Art. 64 Abs. 1 bis StGB zu berücksichtigen (HEER, a.a.O., N. 117 zu Art. 64 StGB ; HANS VEST, in: Die Schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, 3. Aufl. 2014, N. 16 zu Art. 123a BV ). 4.3.4 Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB setzt voraus, dass der Täter die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person "besonders schwer" ("particulièrement grave"; "particolarmente grave") beeinträchtigte oder beeinträchtigen wollte. Ob einzelne Katalogtaten diese Voraussetzung in jedem Falle eo ipso erfüllen, kann hier dahingestellt bleiben. Die Katalogtat der sexuellen BGE 141 IV 423 S. 435 Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB jedenfalls führt nicht eo ipso zu einer besonders schweren Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität. Unter den Tatbestand von Art. 189 Abs. 1 StGB können ganz unterschiedliche, mehr oder weniger schwerwiegende Verhaltensweisen fallen. Art. 189 Abs. 1 StGB droht denn auch alternativ zu Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren Geldstrafe an. Das Opfer B. war zufolge der Verwendung des Schlafmittels Dormicum durch den Beschwerdeführer während mehreren Stunden betäubt. Darin liegt keine besonders schwere Beeinträchtigung der physischen Integrität. Die erste Instanz hat die Betäubung für mehrere Stunden zu Recht als einfache Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB qualifiziert und den Beschwerdeführer vom Anklagevorwurf der versuchten schweren Körperverletzung freigesprochen, was unangefochten blieb. Da die beiden Opfer zufolge der Wirkung des ihnen vom Beschwerdeführer heimlich verabreichten Schlafmittels betäubt waren, erlebten sie nicht bewusst mit, was der Beschwerdeführer ihnen im Einzelnen antat, und wissen sie dies auch heute noch nicht. Die Vorinstanz sieht darin mit der ersten Instanz einen Umstand, welcher die Verarbeitung der Ereignisse erschwere und ein zusätzliches Trauma darstelle. Ob aus der Sicht des Opfers ein Sexualdelikt, das es zufolge Betäubung nicht bewusst miterlebt, im Ergebnis prinzipiell schwerer wiegt als ein Sexualdelikt, welches es in vollem Bewusstsein erdulden muss, ist zweifelhaft, kann aber dahingestellt bleiben. Auch bei einer Schändung ( Art. 191 StGB ), welche der Täter dadurch begeht, dass er eine zum Widerstand unfähige Person in Kenntnis ihres Zustandes zum Beischlaf, zu einer beischlafsähnlichen oder einer anderen sexuellen Handlung missbraucht, weiss das zufolge Betäubung widerstandsunfähige Opfer nicht, was ihm geschehen ist. Die Schändung ist indessen keine Katalogtat im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis StGB und kann daher nicht Anlass für eine lebenslängliche Verwahrung bilden. Angesichts dessen kann es nicht in Betracht kommen, die besondere Schwere der Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB gerade damit zu begründen, dass das Opfer die an ihm verübte Tat nicht bewusst miterlebt habe und daher sein Leben lang nicht verarbeiten könne. In Bezug auf die sexuelle Nötigung zum Nachteil von A. sind hinsichtlich der vorgenommenen sexuellen Handlungen keine BGE 141 IV 423 S. 436 Einzelheiten bekannt. Betreffend die sexuelle Nötigung zum Nachteil von B. ist aufgrund der Ergebnisse der Analysen der gesicherten Spuren davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die Geschädigte unter Verwendung des Schlafmittels Dormicum betäubte, dass die Geschädigte während einigen Stunden betäubt war, dass der Beschwerdeführer seine Finger, die mit seinem Sperma behaftet waren, in die Vagina der Geschädigten einführte und dass die Geschädigte keine äusseren Verletzungen aufwies. Darin liegt keine "besonders schwere" Beeinträchtigung der physischen, psychischen oder sexuellen Integrität im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB . In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz den uneingeschränkt schuldfähigen, mehrfach einschlägig vorbestraften Beschwerdeführer für die beiden sexuellen Nötigungen zum Nachteil von A. und B. sowie für die durch die mehrstündige Betäubung begangene einfache Körperverletzung zum Nachteil von B. bei einem Strafmaximum von 15 Jahren mit einer Freiheitsstrafe von 41⁄2 Jahren bestrafte. 4.3.5 Der Beschwerdeführer hat somit durch die Straftaten der sexuellen Nötigung im Sinne von Art. 189 Abs. 1 StGB zum Nachteil der beiden Geschädigten nicht im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer anderen Person besonders schwer beeinträchtigt oder beeinträchtigen wollen. Die Anordnung der lebenslänglichen Verwahrung verstösst gegen Bundesrecht, weil jedenfalls das Erfordernis im Sinne von Art. 64 Abs. 1 bis lit. a StGB nicht erfüllt ist. Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen. 4.3.6 Bei diesem Ergebnis kann offenbleiben, ob die lebenslängliche Verwahrung gegen das Verbot der Folter ( Art. 3 EMRK ) verstösst, wie der Beschwerdeführer geltend macht. Offenbleiben kann daher auch, ob die Frage der Vereinbarkeit der lebenslänglichen Verwahrung mit Art. 3 und/oder Art. 5 Ziff. 4 EMRK bereits mit Beschwerde gegen die Anordnung der lebenslänglichen Verwahrung aufgeworfen werden kann (in diesem Sinne Entscheid Nr. 66069/09 des EGMR Vinter und andere gegen Grossbritannien vom 9. Juli 2013, § 122) oder erst dann, wenn der Verurteilte die Strafe verbüsst hat, sich im Vollzug der lebenslänglichen Verwahrung befindet und um Entlassung ersucht (in diesem Sinne STEFAN TRECHSEL mit Hinweis auf ein Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden, forumpoenale 2012 S. 138 ff., 143 f.).
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6fd0064c-ab8a-4022-ab28-28e322081b09
Urteilskopf 106 Ia 154 29. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 18 août 1980 dans la cause Gilbert Henauer contre Tribunal des baux et loyers du canton de Genève (9e et 14e Chambre) (recours de droit public)
Regeste Art. 89 OG ; Beschwerdefrist. Festsetzung des Beginns der Beschwerdefrist bei einem Entscheid, der den Parteien anlässlich einer Verhandlung mündlich eröffnet und anschliessend auf Verlangen einer Partei schriftlich bestätigt wird.
Erwägungen ab Seite 154 BGE 106 Ia 154 S. 154 Extrait des considérants: Le recourant s'en prend à la décision de la 14e Chambre ordonnant sa comparution personnelle au sens de l'art. 25 lettre G de la loi de procédure civile genevoise du 13 octobre 1920 (PC gen.). Aux termes de l' art. 89 al. 1 OJ , l'acte de recours doit être déposé devant le Tribunal fédéral dans les trente jours dès la communication, selon le droit cantonal, de l'arrêté ou de la décision attaqués. Comme cela ressort du procès-verbal d'audience et de la requête adressée par le recourant le 28 février 1980 à la présidente de la 14e Chambre, la décision entreprise a été rendue en audience du 26 février 1980 et communiquée séance tenante aux parties. C'est ainsi à juste titre que, dans ses conclusions, le recourant qualifie la lettre du Tribunal des baux et loyers du 18 mars 1980 de confirmation de la décision prise en date du 26 février 1980. Analogue, par son caractère négatif, à un refus d'entrer en matière sur une requête de reconsidération, la lettre du 18 mars 1980 ne saurait constituer le point de départ d'un nouveau délai de recours ( ATF 69 I 166 consid. 1). Elle ne comporte, au reste, pas une nouvelle décision de la Chambre, mais un simple avis de sa présidente. Le délai de l' art. 89 al. 1 OJ a ainsi commencé à courir le 26 février 1980 et le recours de droit public déposé le 1er mai 1980 est BGE 106 Ia 154 S. 155 à l'évidence tardif. Dans la mesure où il conclut à l'annulation de la décision ordonnant sa comparution personnelle, le recours de droit public est, partant, irrecevable, sans qu'il soit nécessaire d'examiner s'il remplit les autres conditions de recevabilité, en particulier, celles posées par les art. 87 et 90 OJ .
public_law
nan
fr
1,980
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6fd02e38-283e-466d-8785-b00ec49d9e77
Urteilskopf 135 III 20 3. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. et Office des poursuites de Genève (recours en matière civile) 5A_401/2008 du 4 septembre 2008
Regeste Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG ; Unpfändbarkeit kantonaler Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV. Das Gesetz über die kantonalen Ergänzungsleistungen zur AHV und zur IV des Kantons Genf bezweckt die Deckung der Lebensbedürfnisse. Die entsprechenden Leistungen, die durch das Bundesrecht in Art. 2 Abs. 2 ELG vorbehalten sind, bleiben gemäss Art. 20 ELG und Art. 92 Abs. 1 Ziff. 9a SchKG jeglicher Pfändbarkeit entzogen (E. 4). Schranken absoluter Unpfändbarkeit. Die Tatsache, dass der Schuldner Sozialleistungen erhält, die gesamthaft unpfändbar sind, macht die Rüge, sein Notbedarf werde angeblich überschritten, unwirksam (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 21 BGE 135 III 20 S. 21 Dans le cadre d'une poursuite exercée par X. à l'encontre de Y., l'Office des poursuites de Genève a dressé un procès-verbal de saisie valant acte de défaut de biens. Selon les indications de l'office, le débiteur perçoit mensuellement une rente AVS de 1'085 fr., une allocation d'impotence de 553 fr., ainsi que des prestations complémentaires fédérales et cantonales s'élevant respectivement à 1'097 fr. et 802 fr. Le créancier a porté plainte contre le procès-verbal de saisie en invoquant le caractère saisissable des prestations complémentaires cantonales. Sa plainte ayant été rejetée par la Commission de surveillance des offices des poursuites et des faillites du canton de Genève, il a interjeté un recours en matière civile au Tribunal fédéral en concluant à la saisie en sa faveur des 802 fr. de prestations cantonales complémentaires. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Le recourant invoque la violation des art. 92 al. 1 ch. 9a et 93 LP , en tant que la décision querellée retient le caractère absolument insaisissable des prestations cantonales complémentaires à l'AVS et à l'AI. 4.1 Aux termes de l' art. 92 al. 1 ch. 9a LP , les prestations au sens de l'art. 12 de la loi fédérale du 19 mars 1965 sur les prestations complémentaires à l'assurance-vieillesse, survivants et invalidité sont insaisissables. Il en va de même des rentes AVS, AI, des prestations versées par des caisses de compensation pour allocations familiales ainsi que des allocations pour impotents au sens des art. 42 ss LAI , que la loi n'énumère pas (JAEGER/WALDER/KULL, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 5 e éd. 2006, n. 57b ad art. 92 LP ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi sur la poursuite pour dettes et la faillite, n. 186 ad art. 92 LP ). S'il en est ainsi, c'est parce que la Constitution, à son article 112 al. 2 let. b, dispose que ces prestations doivent couvrir les besoins vitaux de manière appropriée ( ATF 130 III 400 consid. 3.3.4 p. 405 BGE 135 III 20 S. 22 et les références). Ainsi, les rentes servies sur la base de la LAVS, de la LAI et de la loi fédérale du 6 octobre 2006 sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI (LPC; RS 831.30) de même que les allocations familiales, constituent des exceptions au principe selon lequel des prestations destinées à remplacer un revenu sont relativement saisissables en application de l' art. 93 LP . Le législateur a considéré, suivant en cela le Conseil fédéral, qu'aussi longtemps que les prestations du premier pilier n'atteindraient pas leur but, c'est-à-dire couvrir les besoins vitaux dans une mesure appropriée, elles devaient être déclarées absolument insaisissables (Message du Conseil fédéral du 8 mars 1991 relatif à la révision de la LP, FF 1991 III 87 ss, p. 88 et 89; MICHEL OCHSNER, Commentaire romand, Poursuite et faillite, n. 156-157 ad. art. 92 LP ; GILLIÉRON, op. cit., n. 186 ad art. 92 LP ). 4.2 La loi fédérale du 19 mars 1965 sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI a été abrogée et remplacée par la loi du même nom adoptée le 6 octobre 2006 et en vigueur depuis le 1 er janvier 2008, suite à l'adoption de la loi fédérale du 6 octobre 2006 concernant l'adoption et la modification d'actes dans le cadre de la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT; RO 2007 p. 5779). L' art. 2 LPC dispose, à son alinéa 1, que la Confédération et les cantons accordent aux personnes qui remplissent les conditions fixées par la loi des prestations complémentaires destinées à la couverture des besoins vitaux; à son alinéa 2, il prescrit que les cantons peuvent allouer des prestations allant au-delà de celles qui sont prévues par la loi et fixer les conditions d'octroi de ces prestations; il précise en outre que le prélèvement de cotisations patronales est exclu. L' art. 20 LPC , qui reprend l'art. 12 aLPC, prévoit que "les prestations au sens de la loi fédérale sont soustraites à toute exécution forcée". Le 25 octobre 1968, le canton de Genève a fait usage de la faculté laissée aux cantons par l' art. 2 al. 2 LPC en adoptant la loi sur les prestations cantonales complémentaires à l'AVS et à l'AI (LPCC/GE; RSG J 7 15). En vertu de cette loi, les personnes âgées, les veuves, les orphelins et les invalides ont droit à un revenu cantonal minimum d'aide sociale, qui leur est garanti par le versement de prestations cantonales complémentaires à l'AVS et à l'AI (art. 1). Le revenu minimum d'aide sociale est fixé à l'art. 3. Le revenu déterminant BGE 135 III 20 S. 23 comprend notamment les rentes des assurances sociales fédérales et les prestations complémentaires fédérales (art. 5). En outre, en cas de silence de la loi, les prestations complémentaires cantonales sont régies par la loi fédérale du 6 octobre 2006 sur les prestations complémentaires à l'AVS et à l'AI (art. 1A). L' art. 21 LPCC /GE prévoit que ces prestations sont incessibles et insaisissables. 4.3 Le recourant considère que l'insaisissabilité des prestations prévue par l' art. 20 LPC , respectivement par l' art. 92 al. 1 ch. 9a LP , ne concerne que les prestations complémentaires fédérales, à l'exclusion des prestations complémentaires cantonales. Dans cette mesure, l' art. 21 LPCC /GE serait contraire au droit fédéral, en particulier à l' art. 92 al. 1 ch. 9a LP . 4.4 La loi s'interprète pour elle-même, c'est-à-dire selon sa lettre, son esprit et son but, ainsi que selon les valeurs sur lesquelles elle repose, conformément à la méthode téléologique. Le juge s'appuiera sur la ratio legis , qu'il déterminera non pas d'après ses propres conceptions subjectives, mais à la lumière des intentions du législateur. Le but de l'interprétation est de rendre une décision juste d'un point de vue objectif, compte tenu de la structure normative, et doit aboutir à un résultat satisfaisant fondé sur la ratio legis . Si la prise en compte d'éléments historiques n'est pas déterminante pour l'interprétation, cette dernière doit néanmoins s'appuyer en principe sur la volonté du législateur et sur les jugements de valeur qui la sous-tendent de manière reconnaissable, tant il est vrai que l'interprétation des normes légales selon leur finalité ne peut se justifier par elle-même, mais doit au contraire être déduite des intentions du législateur qu'il s'agit d'établir à l'aide des méthodes d'interprétation habituelles ( ATF 129 III 656 consid. 4.1 et les arrêts cités). Il y a lieu de constater tout d'abord qu'il n'y a pas de divergence entre le texte français et les textes allemand et italien à l' art. 20 LPC , qui soustrait à l'exécution forcée "les prestations au sens de la présente loi" ("die Leistungen nach diesem Gesetz", "le prestazioni secondo la presente legge"). En outre, la disposition ne fait pas de distinction entre les prestations fédérales allouées sur la base de l'alinéa 1 de l' art. 2 LPC et les prestations complémentaires cantonales réservées à l'alinéa 2 du même article; elle figure, de plus, dans le chapitre de la loi consacré aux "dispositions communes" (chap. 4) et s'appliquant ainsi à toutes les dispositions précédentes, dont l' art. 2 LPC . Compte tenu de sa place dans le texte légal et de BGE 135 III 20 S. 24 sa teneur, il n'y a donc aucun motif de considérer que l'insaisissabilité des prestations prévue par l' art. 20 LPC ne concernerait que les prestations fédérales visées par l' art. 2 al. 1 LPC , à l'exclusion des prestations cantonales prévues par l'alinéa 2 de la même disposition. 4.5 Le recourant estime que les prestations complémentaires cantonales découlant de l' art. 2 al. 2 LPC , dès lors qu'elles ne sont pas définies par la LPC quant à leurs conditions d'octroi ou leur ampleur, ne sont pas soumises au même régime que les prestations fédérales; elles n'auraient pas pour but de garantir des besoins vitaux, de la seule compétence de la Confédération qui a légiféré de manière exhaustive à leur sujet par l'adoption de la LPC. A son avis, les prestations cantonales constitueraient des prestations périodiques servant de revenus de substitution, relativement saisissables au sens de l' art. 93 al. 1 LP . 4.6 L' art. 2 LPC s'inscrit dans le chapitre 2 de la loi intitulé "prestations complémentaires", section 1 relative aux "dispositions générales". Ainsi, le chapitre couvre aussi bien les prestations fédérales que cantonales. La disposition fixe, comme son titre l'indique, le "principe" d'octroi de prestations complémentaires, sans distinction entre les prestations fédérales ou cantonales. A teneur du texte légal, il n'y a donc pas lieu de considérer que les prestations cantonales auraient une autre finalité que la couverture des besoins vitaux. Il ne résulte pas des travaux préparatoires une autre interprétation. Selon le Message du Conseil fédéral du 7 septembre 2005 sur la législation d'exécution concernant la réforme de la péréquation financière et de la répartition des tâches entre la Confédération et les cantons (RPT; FF 2005 p. 5641 ss; ci-après: Message), l' art. 2 al. 1 LPC avait pour finalité d'instaurer une responsabilité commune de la Confédération et des cantons en matière de prestations complémentaires; contrairement à l'ancien régime, qui laissait les cantons libres d'allouer des prestations complémentaires, ceux-ci y étaient désormais astreints; toutefois, la nature des prestations complémentaires restait inchangée, celles-ci servant à couvrir des besoins vitaux; ces prestations devaient donc permettre d'éviter dans la mesure du possible de recourir à l'aide sociale et constituer un système uniforme et cohérent que la Confédération et les cantons financeraient ensemble. A propos de l' art. 2 al. 2 LPC , le Message exposait que les cantons devaient pouvoir continuer à faire usage de la BGE 135 III 20 S. 25 faculté d'aller au-delà des prestations prévues par la loi fédérale (FF 2005 p. 5833). Cette faculté était déjà réservée aux cantons sous l'empire de l'ancienne LPC du 19 mars 1965, le Conseil fédéral ayant expliqué alors qu'il ne voulait pas d'une réglementation exhaustive fédérale en matière de prestations complémentaires et qu'il privilégiait la méthode du subventionnement pour tenir compte des particularités cantonales et laisser aux cantons "non seulement la possibilité d'adapter, dans une certaine mesure, les prestations à leur situation, mais surtout de combiner la nouvelle législation avec leurs propres prescriptions et même, le cas échéant, avec un régime d'aide allant au-delà des normes fédérales", lesquelles constituaient ainsi des normes minimales (Message du Conseil fédéral du 21 septembre 1964 relatif à la LPC, FF 1964 II 714 s.). Dès leur introduction lors de l'entrée en vigueur de la LPC, les prestations complémentaires à l'AVS/AI ont été perçues comme une garantie au versement d'un revenu minimum servant à couvrir des besoins vitaux (RALPH JÖHL, Ergänzungsleistungen zum AHV/IV, in Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht, Soziale Sicherheit, 2 e éd., p. 1641 n. 1 et p. 1644 n. 5). C'est dans cet esprit que la Confédération a accordé aux cantons la possibilité d'allouer des prestations complémentaires allant au-delà de celles prévues par la législation fédérale. Ainsi, ces prestations complémentaires cantonales servaient aussi à assurer un revenu minimum à des bénéficiaires dans le cadre de la lutte contre les risques de pauvreté (JÖHL, op. cit., p. 1649 s. n. 15 s.). C'est dès lors à tort que le recourant soutient que la Confédération a déterminé exhaustivement, sans laisser de marge de manoeuvre aux cantons, ce qu'il fallait considérer comme besoins vitaux. Il découle de ce qui précède, à l'instar de ce que retient la décision cantonale querellée, que l'adoption par le canton de Genève de la LPCC/GE a pour but la couverture complémentaire des besoins vitaux. La teneur de la loi cantonale ne laisse aucun doute à cet égard. La loi s'intitule en effet, dans la continuité de l' art. 2 al. 2 LPC , "loi sur les prestations cantonales complémentaires à l'AVS/AI". Elle est entrée en vigueur le 1 er janvier 1969 à la suite de la LPC du 19 mars 1965. Elle renvoie du reste expressément à la LPC pour ce qui concerne le droit applicable en cas de silence de la loi cantonale (art. 1A). Bon nombre d'autres de ses dispositions se réfèrent à la LPC, tels l'art. 3 al. 3, qui prévoit l'indexation des prestations BGE 135 III 20 S. 26 complémentaires cantonales par le Conseil d'Etat au taux décidé par le Conseil fédéral pour les prestations complémentaires fédérales, ou l'art. 19, qui calque la modification des prestations sur les règles fédérales en la matière. La lecture des travaux parlementaires genevois confirme cette volonté. Dans le cadre de ses débats portant sur l'amélioration des prestations complémentaires cantonales, le Grand Conseil genevois a rappelé que la LPCC/GE avait été conçue comme une loi de comblement, dans le but de compléter les ressources propres des ayants droit jusqu'à concurrence d'un certain montant, considéré comme un minimum vital (Mémorial des séances du Grand Conseil du canton de Genève [ci-après: Mémorial] 1970 p. 1181 et 2724; 1992 p. 7703). Le système mis en place par la législation fédérale et cantonale étant fondé sur la notion de couverture des besoins vitaux des bénéficiaires AVS/AI, le régime des prestations complémentaires cantonales n'intervient que si les prestations de l'AVS/AI et les autres ressources de l'ayant droit ne suffisent pas à couvrir ses dépenses indispensables (Mémorial 1991 p. 3601; 1992 p. 6580). L'introduction de ces prestations a constitué un progrès social important permettant à une majorité des personnes âgées du canton de bénéficier d'un revenu modeste pour se nourrir, se loger et se soigner sans recourir à l'assistance publique (Mémorial 1991 p. 5445 et 5455). En conséquence, même si la LPCC/GE constitue du droit cantonal autonome, les prestations cantonales qui en découlent, réservées par le droit fédéral à l' art. 2 al. 2 LPC , échappent à toute saisissabilité, conformément aux art. 20 LPC et 92 al. 1 ch. 9a LP. L' art. 21 LPCC /GE, qui prévoit l'insaisissabilité des prestations cantonales, n'a ainsi pas de portée propre en tant qu'il ne va pas au-delà des normes fédérales d'insaisissabilité. 5. Le recourant fait valoir que l'intimé, par le cumul des prestations, dépasse son minimum vital, les prestations fédérales complémentaires suffisant largement à couvrir ses besoins vitaux. 5.1 Il existe des limites à l'insaisissabilité absolue lorsque le débiteur dispose d'autres ressources que les rentes, prestations et allocations rendues insaisissables par l' art. 92 LP . Ces autres ressources peuvent alors entrer en ligne de compte dans le calcul d'une saisie de revenus; en pareil cas, les prestations absolument insaisissables s'ajoutent au revenu relativement saisissable au sens de l' art. 93 al. 1 LP , ce qui permet d'augmenter la part saisissable du revenu. Il faut BGE 135 III 20 S. 27 en effet tenir compte de ce que le débiteur peut subvenir à une partie de son entretien au moyen de la rente insaisissable, si bien que pour couvrir la part restante du minimum vital, il n'a le cas échéant plus besoin de tout son revenu ( ATF 134 III 182 consid. 5; ATF 104 III 38 consid. 1 p. 40; arrêt 5A_14/2007 du 14 mai 2007, consid. 3.1). L'insaisissabilité a encore une autre limite, qui découle de l'interdiction de l'abus de droit. En effet, comme l'a rappelé le Conseil fédéral dans son Message concernant la révision de la LP du 8 mai 1991, les règles de l'insaisissabilité absolue sont également soumises au principe de la bonne foi (FF 1991 III 89). Sous les réserves mentionnées ci-dessus, le dépassement éventuel du minimum vital par le cumul de plusieurs cas différents d'insaisissabilité absolue, voire même d'une seule prestation totalement insaisissable, ne peut être admis que lorsque le texte légal le prévoit ( ATF 77 III 151 consid. 4; GEORGES VONDER MÜHLL, Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, n. 37 ad art. 92 LP ; PAUL MARVILLE, Exécution forcée, responsabilité patrimoniale et protection de la personnalité, thèse Lausanne 1992, p. 214). Le Tribunal fédéral a ainsi constaté que des prestations absolument insaisissables échappaient à la mainmise des créanciers, en l'occurrence des allocations familiales, quand bien même elles excédaient le minimum vital du débiteur et de sa famille ( ATF 78 III 113 ; cf aussi ATF 55 III 26 ; 51 III 163 ; 38 I 212 ). Dans son Message précité du 8 mai 1991, le Conseil fédéral a évoqué la question du versement de prestations supérieures en chiffres absolus au minimum vital prévu par le droit de la poursuite; dans cette hypothèse, a-t-il exposé, il faudrait alors réexaminer les modalités de leur saisissabilité (FF 1991 III 89 i.f.). 5.2 Au vu de ce qui précède, le fait que l'intimé soit au bénéfice de prestations sociales totalement insaisissables rend inopérant le grief tiré du dépassement de son minimum vital soulevé par le recourant. Au surplus, celui-ci ne discute pas les constatations cantonales selon lesquelles aucune des exceptions posées à l'insaisissabilité absolue (existence d'un abus de droit ou d'autres ressources pouvant entrer en ligne de compte dans le calcul d'une saisie de revenus) n'est remplie en l'espèce.
null
nan
fr
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6fd04420-6f38-4736-9d7a-80ec18e936b6
Urteilskopf 90 III 36 9. Entscheid vom 1. Juli 1964 i.S. Monney
Regeste 1. Art. 68 Abs. 2 SchKG betrifft nur die Art der Anrechnung des einem einzelnen Gläubiger zufliessenden Betrages. Für die Verteilung des Verwertungsergebnisses unter mehrere beteiligte Gläubiger sind die Artikel 144 ff. SchKG massgebend. Der Reinerlös ist nach Abzug der Pfändungskosten gleichmässig auf die in gleichem Range stehenden Gläubiger zu verteilen. Dabei ist die Gesamtforderung jedes dieser Gläubiger mit Einschluss seiner Betreibungs- und allfälligen Rechtsöffnungskosten (samt Parteientschädigung) in Rechnung zu stellen. (Erw. 1). 2. Das Vorrecht des Art. 281 Abs. 2 SchKG gilt nur für die Kosten der Arrestbewilligung und des Arrestvollzuges, nicht auch für die Kosten der anschliessenden Betreibung und eines Rechtsöffnungsverfahrens. (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 90 III 36 S. 37 A.- Auf Grund eines Urteils der Cour supérieure de Montréal vom 28. März 1956 erhielt André Monney in der von ihm angehobenen Arrestbetreibung Nr. 2522 des Betreibungsamtes Zürich 1 definitive Rechtsöffnung für die Betreibungssumme von Fr. 21'051.-- (entsprechend 4'606.35 kanadischen Dollars), 5% Zins seit 30. März 1960, Fr. 24.80 Arrest- und Fr. 16.20 Zahlungsbefehlskosten sowie für die Rechtsöffnungskosten und für die ihm im Rechtsöffnungsverfahren zugesprochene Parteientschädigung von Fr. 1200.--. Die erwähnte Betreibung wurde mit einer andern Arrestbetreibung zu einer Gruppe vereinigt. Die Verwertung ergab keinen genügenden Erlös. Laut dem vom Betreibungsamt aufgestellten Kollokations- und Verteilungsplan erhält Monney vorweg den Betrag der Arrest- und Pfändungskosten von Fr. 107.90 zugeschieden. Die Kosten des Zahlungsbefehls und des Rechtsöffnungsverfahrens samt der für dieses Verfahren zuerkannten Parteientschädigung werden dagegen zur Hauptforderung (Kapital und Zinsen) geschlagen und damit der anteilsmässigen Verteilung unterworfen. Dem Gesamtbetrag dieser Guthaben von Fr. 26'424.20 steht ein Treffnis gegenüber von Fr. 8'139.85 so dass sich ein Verlust von Fr. 18'284.35 ergibt. B.- Über diese Zuteilung beschwerte sich Monney bei der Aufsichtsbehörde. Er verlangte eine Änderung der Verteilungsliste in dem Sinne, dass ihm ausser den Arrest- und Pfändungskosten ebenfalls vorweg die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens sowie die ihm für dieses Verfahren zuerkannte Parteientschädigung aus dem Verwertungserlöse zuzuweisen seien. C.- In beiden kantonalen Instanzen abgewiesen, hält Monney mit vorliegendem Rekurs an der Beschwerde fest. BGE 90 III 36 S. 38 Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Den Anspruch, auch für die Kosten des Rechtsöffnungsverfahrens und insbesondere für die ihm aus diesem Verfahren zustehende Parteientschädigung vorweg aus dem Verwertungserlös gedeckt zu werden, leitet der Rekurrent in erster Linie aus Art. 68 Abs. 2 SchKG ab. Zu Unrecht. Diese Gesetzesnorm, wonach der Gläubiger berechtigt ist, von den Zahlungen des Schuldners vorab die Betreibungskosten zu erheben, besagt nur, wie der Gläubiger ein ihm zufallendes Treffnis auf seine Haupt- und Nebenforderungen mit Einschluss der Betreibungskosten anrechnen darf. Sie löst aber nicht die Frage, wieviel das Treffnis des einzelnen Gläubigers überhaupt beträgt, wenn ein Verwertungserlös unter mehrere zu einer Gruppe vereinigte Gläubiger zu verteilen ist. Insbesondere lässt sich, wie die Vorinstanz richtig ausführt, aus Art. 68 Abs. 2 SchKG nicht folgern, bei einem zur Befriedigung aller beteiligten Gläubiger gleichen Ranges ungenügenden Erlös seien die Betreibungskosten jedes einzelnen als bevorrechtet zu betrachten und vorweg aus dem Erlöse zu decken, so dass nur die Hauptforderungen (Kapital und Zinsen) den Ausfall zu tragen hätten. Mit der Frage der Verteilung des Verwertungsergebnisses befasst sich Art. 68 Abs. 2 SchKG in keiner Weise. Dafür sind die Artikel 144 ff. SchKG massgebend. Reicht der Erlös (worunter nach Art. 144 Abs. 4 der Reinerlös zu verstehen ist) nicht zur Befriedigung aller beteiligten Gläubiger hin, so hat das Betreibungsamt nach Art. 146 einen Kollokationsplan aufzustellen. Dabei sind die in Art. 219 SchKG für das Konkursverfahren vorgesehenen Klassen zu berücksichtigen. Gläubiger gleichen Ranges aber - womit man es im vorliegenden Falle zu tun hat - sind als gleichberechtigt zu betrachten. Und zwar ist die gesamte Forderung eines jeden, bestehend aus Kapital, Zinsen und Betreibungskosten, gemäss Art. 144 Abs. 4 als BGE 90 III 36 S. 39 einheitliches Gesamtguthaben in Rechnung zu stellen. Es ist nicht die Rede davon, dass dieses Gesamtguthaben in zwei Teile zu zerlegen wäre, einen bevorrechteten, die Betreibungskosten enthaltenden und einen nachgehenden, die Kapital- und Zinsforderungen umfassenden Teil. Vielmehr sind auf den verfügbaren Erlös (also auf den Reinerlös mit Abzug der Verteilungskosten gemäss der zuletzt angeführten Bestimmung, erläutert in Art. 20 der Verordnung I) die gesamten Forderungen - mit Einschluss der Betreibungskosten - der beteiligten Gläubiger anzuweisen, wie es denn auch das für den Kollokations- und Verteilungsplan der Pfändungsgläubiger geltende fakultative Formular Nr. 4 vorsieht. Nur für die Pfändungskosten gilt etwas Besonderes: es ist jedem beteiligten Gläubiger der Betrag seines für die Pfändungskosten geleisteten Vorschusses vorweg aus dem Reinerlös zurückzuerstatten (gemäss der mit dem Schlussabsatz von Art. 20 der Verordnung I übereinstimmenden Anleitung zur Zwangsverwertung von Grundstücken, S. 114 des Nachtrages zur Sammlung der Erlasse 1921, Bemerkung 2, worauf jenes Formular hinweist). Dies deshalb, weil es ein Gebot der Gerechtigkeit ist, diesen der ganzen Gruppe zugute kommenden Aufwand vorweg zu bereinigen. Nach alldem kann der Rekurrent - sofern sich aus dem einstweilen ausser Betracht gelassenen Art. 281 SchKG nichts Abweichendes ergibt - seine Betreibungskosten, also auch die Rechtsöffnungskosten und die ihm für das Rechtsöffnungsverfahren zuerkannte Parteientschädigung, nur auf gleicher Linie wie seine Hauptforderung bei der Verteilung des Erlöses zur Geltung bringen. 2. Was nun die besondere Stellung des Arrestgläubigers betrifft, so gewährt ihm Art. 281 Abs. 1 SchKG den provisorischen Anschluss an eine, nach Ausstellung des Arrestbefehls, für andere Gläubiger vollzogene Pfändung der arrestierten Gegenstände. Dadurch erhält der Arrestgläubiger die Möglichkeit, bei erfolgreicher Prosequierung des Arrestes und rechtzeitig gestelltem Pfändungsbegehren BGE 90 III 36 S. 40 (gemäss dem Kreisschreiben Nr. 27 vom 1. November 1910, dazu BGE 84 III 102 /3) der betreffenden Pfändungsgruppe anzugehören, was an und für sich nichts weiteres als die Gleichstellung mit den andern Gläubigern der Gruppe bedeutet. Ein Vorrecht gegenüber diesen Gläubigern steht ihm nach Abs. 2 daselbst nur insofern zu, als er "die vom Arreste herrührenden Kosten" aus dem Erlös der Arrestgegenstände vorwegnehmen darf. Das Schicksal der vorliegenden Beschwerde hängt somit davon ab, ob zu den "vom Arreste herrührenden Kosten" bloss die eigentlichen Arrestkosten, d.h. die Kosten der Arrestbewilligung und des Arrestvollzuges gehören (deren Betrag das Betreibungsamt neben demjenigen der vorgeschossenen Pfändungskosten dem Rekurrenten vorweg aus dem Verwertungserlöse zugewiesen hat) oder überdies, wie der Rekurrent es geltend macht, die Kosten der zur Prosequierung des Arrestes durchgeführten Betreibung und insbesondere die Rechtsöffnungskosten samt der bezüglichen Parteientschädigung. Der Gesetzeswortlaut lässt eine so weite Auslegung nicht zu. Vom Arreste rühren eben nur die Kosten der Arrestlegung, also der darauf gerichteten Massnahmen der Arrestbehörde und des vollziehenden Betreibungsamtes, her. Dem entspricht eindeutig auch der französische und der italienische Text ("les frais du séquestre", "le spese del sequestro"). Es ist nicht zulässig, diese speziell für die Arrestkosten getroffene Regelung auf die Kosten der anschliessenden Betreibung und namentlich eines Rechtsöffnungsverfahrens auszudehnen. Es handelt sich (im Unterschied zu Art. 68 Abs. 2 SchKG ) um ein Vorrecht des Arrestgläubigers, was schon der Natur der Sache nach eine einschränkende Auslegung gebietet. Dazu kommt, dass Art. 281 Abs. 3 SchKG ausdrücklich jedes weitere "Vorzugsrecht" versagt. In bezug auf die Betreibungs- und Rechtsöffnungskosten, wie sie auch einem sich nicht auf Arrestnahme stützenden Gläubiger erwachsen können, hat es daher bei BGE 90 III 36 S. 41 der Gleichstellung des Arrestgläubigers mit den andern Gläubigern der Gruppe sein Bewenden. Diese Entscheidung steht mit der herrschenden Lehre im Einklang (vgl. JAEGER, N. 5 zu Art. 281 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 851, der auch die Kosten eines vom Arrestgläubiger siegreich durchgeführten Arrestaufhebungsprozesses dieses Vorrechtes teilhaftig werden lassen will - wasBGE 73 III 135ablehnt -, jedoch laut Fussnote 77 nicht auch die Kosten der nachfolgenden Betreibung; FRITZSCHE, SchK II 233; BRAND, Schweiz. jur. Kartothek 741, Arrest II, Ziff. IV, 5). Mit der Frage, was für Kosten nach Art. 97 Abs. 2/275 SchKG durch Arrest oder Pfändung zu decken sind (was den wesentlichen Gegenstand vonBGE 73 III 133ff. bildet), darf die Umgrenzung des Privileges nach Art. 281 Abs. 2 SchKG nicht vermengt werden. Daraus, dass der Arrest ebenso wie eine Pfändung (die er gewissermassen vorausnimmt) auch die Kosten der zu seiner Prosequierung durchzuführenden Betreibung decken soll, folgt nichts für eine Privilegierung dieser Kosten. Art. 275 SchKG verlangt lediglich die entsprechende Anwendung des Art. 97 Abs. 2, dem jede derartige Privilegierung fremd ist. Das in Art. 281 Abs. 2 vorgesehene Privileg aber hat, wie dargetan, ein enger umgrenztes Anwendungsgebiet. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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1,964
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6fd568bf-a0a2-47c6-be49-2df567dc3fab
Urteilskopf 106 Ia 396 65. Sentenza 4 giugno 1980 della I Corte di diritto pubblico nella causa Peduzzi e litisconsorti contro Gran Consiglio della Repubblica e Cantone del Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV in Verbindung mit Art. 34novies und 34quinquies Abs. 2 BV , und Art. 4 BV . Kinderzulagen an Arbeitslose. 1. Anfechtbarkeit eines noch nicht publizierten Erlasses (E. 1). 2. Legitimation zur Beschwerde gegen einen Erlass von allgemeiner Tragweite (E. 2). 3. Die kantonale Bestimmung, die die Leistung von Kinderzulagen vorsieht für die Dauer, in der der Arbeitnehmer eine Arbeitslosenentschädigung bezieht, verstösst nicht gegen den Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht: die Erweiterung des Anspruchs auf Zulagen verfolgt, auch wenn er zum Bereich der Sozialfürsorge zu zählen ist, andere Ziele und deckt andere Risiken als die Arbeitslosenversicherung, die aufgrund von Art. 34novies BV in der Kompetenz des Bundes liegt; ein solches kantonales Recht greift auch nicht in das Gebiet der Familienausgleichskassen ein, über die der Bund aufgrund der ihm durch Art. 34quinquies Abs. 2 BV eingeräumten Kompetenz legiferiert hat. Aus den gleichen Gründen bedeutet die Kumulation von Kinderzulage und Arbeitslosenentschädigung für den Arbeitslosen keine Verletzung der Rechtsgleichheit (E. 3 und 6). 4. Die Beiträge, die die Arbeitgeber an die Familienausgleichskassen leisten, stellen Vorzugslasten oder echte und eigentliche Berufssteuern dar und greifen nicht in das Bundesprivatrecht ein. Ihre Verfassungsmässigkeit (E. 4 und 5).
Sachverhalt ab Seite 397 BGE 106 Ia 396 S. 397 L'8 maggio 1978 il Gran Consiglio della Repubblica e Cantone del Ticino ha adottato una legge che modifica gli art. 8, 9 e 14 della legge sugli assegni familiari ai salariati del 24 settembre 1959 (LAFS). Pubblicata sul Foglio ufficiale del 19 maggio 1978 (n. 40 pag. 1489) ai fini dell'esercizio del diritto di referendum, che non fu domandato, la novella è apparsa nel Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi n. 17 del 23 giugno 1978 ed è entrata in vigore il 1o luglio 1978 (art. 2 della legge dell'8 maggio 1978). Con la modifica è stato aggiunto all'art. 8 LAFS un terzo capoverso del seguente tenore: "In caso di disoccupazione totale, l'assegno è corrisposto per il periodo durante il quale il salariato ha diritto alla indennità di disoccupazione in conformintà della legge federale. L'assegno è a carico della CAF cui è BGE 106 Ia 396 S. 398 affiliato l'ultimo datore di lavoro." Giuseppe Peduzzi, la Camera di commercio, dell'industria e dell'artigianato del Cantone Ticino e la Cassa degli assegni familiari della predetta Camera, agenti con il patrocinio di un unico avvocato, hanno inoltrato il 19 giugno 1978 al Tribunale federale un riscorso di diritto pubblico fondato sulla violazione degli art. 4 Cost. e 2 disp. trans. Cost. Essi domandano l'annullamento dell'art. 8 cpv. 3 LAFS. Per il tramite del Consiglio di Stato, il Gran Consiglio ha chiesto che il ricorso sia respinto nella misura in cui è ricevibile. Ai ricorrenti è stata concessa la possibilità di completare il ricorso ( art. 93 cpv. 2 OG ). Il Tribunale federale ha respinto il ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Allorquando il ricorso di diritto pubblico fu inoltrato al Tribunale federale, il decreto cantonale non era ancora stato pubblicato nel Bollettino ufficiale delle leggi e degli atti esecutivi, ed il termine per impugnarlo ( art. 89 OG ) ancora non aveva cominciato a decorrere. In simili casi, invece di dichiarare irricevibile il ricorso perché prematuro, il Tribunale federale lo tiene in sospeso sino alla pubblicazione del decreto ( DTF 98 Ia 204 consid. 1 e rif.). Sotto questo profilo, il gravame è dunque ricevibile. 2. Giuseppe Peduzzi, titolare di una ditta individuale con dipendenti per i quali è tenuto a versare contributi per il finanziamento degli assegni familiari, è indubbiamente leso dal decreto impugnato e quindi legittimato ai sensi dell' art. 88 OG . D'altronde, trattandosi dell'impugnazione di un decreto, la sua legittimazione dovrebbe ammettersi quand'anche egli non fosse attualmente un datore di lavoro astretto al pagamento di contributi: una lesione virtuale è infatti in tal caso sufficiente a fondare la legittimazione, purché non appaia praticamente escluso ch'essa possa un giorno divenire attuale, il che non è qui manifestamente il caso (103 Ia 371/72 e rif.). La Camera di commercio, dell'industria e dell'artigianato è legittimata a ricorrere in quanto, per espressa disposizione statutaria, essa è chiamata a difendere gli interessi dei propri membri e costoro, almeno in maggioranza, BGE 106 Ia 396 S. 399 sono lesi dal decreto e sarebbero personalmente legittimati a ricorrere ( DTF 103 Ia 68 , 101 Ia 126, 99 Ia 597 consid. 1 e rif.); inoltre, essa è legittimata a ricorrere indipendentemente da ciò, perché non è escluso che, nella sua qualità di datrice di lavoro, essa stessa debba contribuire al finanziamento degli assegni. Quest'ultima ragione si può applicare anche alla Cassa assegni familiari della Camera di commercio, indipendentemente dalla sua controversa qualifica quale ente del diritto privato o del diritto pubblico. La legittimazione ricorsuale è quindi data per tutti i ricorrenti. 3. Per sostanziare la censura di violazione del principio della forza derogatoria del diritto federale, i ricorrenti affermano che il Cantone Ticino, adottando l'art. 8 cpv. 3 LAFS, ha legiferato in materia di assicurazione contro la disoccupazione e in materia di casse di compensazione per le famiglie: esso si sarebbe quindi arrogato competenze che la Costituzione federale attribuisce al legislatore federale (art. 34novies e 34quinquies) e di cui quest'ultimo ha fatto uso emanando la legge federale sull'assicurazione contro la disoccupazione del 22 giugno 1951 (LAD) e il decreto federale dell'8 ottobre 1976 sull'istituzione dell'assicurazione obbligatoria contro la disoccupazione (DF ass. obbl.). Segnatamente - precisano i ricorrenti - la norma cantonale impugnata si prefiggerebbe le stesse finalità dell'art. 31 LAD, disposizione che regola esaustivamente tanto l'indennità giornaliera di base quanto i supplementi per oneri di mantenimento ed assistenza verso i figli. Quest'argomentazione non può essere condivisa. Certo, tanto l'assicurazione contro la disoccupazione quanto gli assegni familiari rientrano nel novero dei provvedimenti di sicurezza sociale. Ma i due istituti si distinguono nettamente per i loro scopi. L'assicurazione contro la disoccupazione è destinata a coprire il rischio di disoccupazione. Per riprendere la terminologia della Convenzione internazionale n. 102 concernente le norme minime della sicurezza sociale, conclusa a Ginevra il 28 giugno 1952 ed in vigore per la Svizzera dal 18 ottobre 1978 (SR 0.831.102, RU 1978 II pag. 1626 segg.), l'evento coperto dall'assicurazione contro la disoccupazione è "la sospensione del guadagno, secondo la legislazione nazionale, dovuto all'impossibilità di ottenere un impiego adeguato nel caso di una persona protetta capace di lavorare e disponibile al lavoro" (art. 20). Invece, gli assegni familiari costituiscono prestazioni sociali destinate a sovvenzionare i costi determinati dall'esistenza di una famiglia, in particolare BGE 106 Ia 396 S. 400 di figli (Convenzione art. 40: "L'evento coperto è il mantenimento dei figli secondo quanto prescritto"). Ora, se il legislatore ticinese ha previsto che assegni familiari debbano esser corriposti a disoccupati, esso ha prescritto che tali assegni siano versati a questi beneficiari non in ragione della loro disoccupazione, bensì in virtù di una disposizione che estende il pagamento di assegni di famiglia, oltre la cerchia dei salariati, a persone momentaneamente private di salario. In altre parole l'art. 8 cpv. 3 LAFS riguarda unicamente l'estensione del diritto all'assegno (cfr. il titolo marginale) e resta nel quadro di un sistema di assegni familiari, la cui corresponsione - ed è quanto i ricorrenti manifestamente disattendono - non deve necessariamente limitarsi ai soli salariati. Ci si potrebbe invero chiedere, come asserisce il Cantone Ticino in linea subordinata, se l'estensione del diritto all'assegno non costituisca una forma di aiuto ai disoccupati che, analogamente alle prestazioni complementari in materia di AVS e AI, resta di competenza cantonale giusta l'art. 34novies cpv. 1 seconda frase Cost. In realtà questa interpretazione non regge: come s'è visto, le prestazioni versate in virtù dell'art. 8 cpv. 3 LAFS non sono prestazioni d'aiuto ai disoccupati, ma prestazioni di un'assicurazione sociale, che sono versate agli aventi diritto in ragione di causa diversa dalla disoccupazione, cioè dell'esistenza di figli a carico. Se le critiche ricorsuali possono ancora apparire in un certo senso comprensibili in quanto si riferiscono alla competenza della Confederazione per l'assicurazione contro la disoccupazione, esse sono per contro manifestamente infondate nella misura in cui si rifanno alla competenza in materia di prestazioni di sicurezza sociale a favore delle famiglie. Sul piano federale, la questione è retta dall' art. 34quinquies cpv. 2 Cost. , che autorizza la Confederazione a legiferare in materia di casse di compensazione per le famiglie, con la facoltà di dichiarare obbligatoria per tutta la popolazione o per taluni gruppi di essa l'affiliazione a queste casse. Sinora, in applicazione di questa disposizione, la Confederazione ha legiferato unicamente in favore dei lavoratori agricoli e dei piccoli contadini, i quali ultimi - lo si rilevi con riferimento a quanto testé osservato - non sono salariati (art. 1 e 5 della legge federale concernente gli assegni familiari ai lavoratori agricoli e ai piccoli contadini del 20 giugno 1952). Fuori dal suddetto settore, poiché l' art. 34quinquies cpv. 2 Cost. conferisce alla Confederazione una competenza BGE 106 Ia 396 S. 401 concorrente, i Cantoni conservano la loro competenza sino a quando la Confederazione non avrà legiferato ( DTF 73 I 53 consid. 4; cfr. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, n. 686, 693 e 702). Se ne deve concludere che, adottando l'art. 8 cpv. 3 LAFS, il legislatore ticinese non ha legiferato in materia di assicurazione contro la disoccupazione, né in materia di aiuto ai disoccupati. Esso ha adottato norme sugli assegni familiari, in un settore nel quale il legislatore federale ancora non ha fatto uso della facoltà conferitagli dall' art. 34quinquies cpv. 2 Cost. , e non ha per questo infranto il primato del diritto federale. 4. Miglior fondamento non ha la censura dei ricorrenti che scorge una violazione dell'art. 2 disp. trans. Cost. nel fatto che la disposizione impugnata pone a carico dei datori di lavoro il finanziamento di assegni versati a beneficiari che non sono più parti di alcun contratto di lavoro, il che sarebbe in contrasto col diritto privato federale. Nella sentenza fondamentale apparsa in DTF 73 I 47 segg., il Tribunale federale ha infatti già giudicato che le leggi relative agli assegni familiari non incidono nel campo del diritto privato federale, poiché esse non hanno tratto alle relazioni tra datore di lavoro e lavoratori. I contributi che i datori di lavoro devono corrispondere alle casse di compensazione costituiscono infatti o dei tributi che hanno per corrispettivo un vantaggio particolare (Vorzugslasten) o delle imposte ( DTF 73 I 55 consid. 6). Segnatamente, il datore di lavoro non è astretto a pagare assegni ai propri dipendenti (in casu: ai suoi ex-dipendenti), ma a versare ad una cassa di compensazione contributi commisurati all'effettivo dei suoi dipendenti, ricevano essi l'assegno o no (cfr. anche, in senso identico, la più recente sentenza del 3 maggio 1978 in re Exfour c. Neuchâtel, consid. 5 b). 5. I ricorrenti fanno tuttavia valere, contro la norma impugnata, ch'essa astringe i datori di lavoro a versare dei contributi il cui provento sarà in parte utilizzato per pagare assegni a disoccupati che, in quanto tali, non sono più legati ad alcuno dei datori di lavoro affiliati alla cassa. Ciò è senz'altro vero, ma irrilevante. Il fatto sta infatti a significare semplicemente che i contributi pagati alla cassa di compensazione hanno, sotto questo risvolto, la caratteristica di un'imposta vera e propria, destinata al finanziamento di scopi di natura generale, e prelevata a carico di commercianti e industriali. Ora, la giurisprudenza ha già ammesso la costituzionalità di imposte professionali prelevate a carico BGE 106 Ia 396 S. 402 di commercianti e di industriali. Essa ha in particolare rilevato che tali imposte - purché si affianchino a quelle ordinarie, senza sostituirle (com'è il caso dell'imposta minima), siano di importo relativamente moderato e si fondino su un calcolo oggettivamente sostenibile - possono far astrazione dalla capacità contributiva senza violare la Costituzione. Esse non violano neppure la libertà di commercio, purché non abbiano uno scopo protezionista, si giustifichino per motivi oggettivi e non abbiano effetto proibitivo (sentenza 22 dicembre 1978 in re Battaglieri e Hari c. Comuni di Ginevra e Lancy). Che la quota di contributo destinata al versamento degli assegni a lavoratori disoccupati abbia uno scopo protezionista o un effetto addirittura proibitivo, i ricorrenti, a ragione, non asseverano nemmeno. Quanto all'esistenza di motivi oggettivi, contrariamente all'assunto dei ricorrenti, essa può esser ammessa: non v'è infatti ragione convincente per escludere che i datori di lavoro possano esser chiamati a pagare tributi destinati in parte a finanziare il pagamento di assegni familiari a lavoratori disoccupati, dal momento che lo stesso costituente federale, all' art. 34novies cpv. 4 Cost. , ha statuito la responsabilità dei datori di lavoro per quanto ha tratto al mantenimento dei disoccupati, imponendo loro di assumere a proprio carico la metà dei contributi per l'assicurazione contro la disoccupazione. 6. Dal profilo dell' art. 4 Cost. , i ricorrenti rilevano inoltre che la norma impugnata lede il principio della parità di trattamento: essa porrebbe sullo stesso piano lavoratori occupati e disoccupati e, per quest'ultimi, cumulerebbe gli assegni familiari con le prestazioni dell'assicurazione contro la disoccupazione, le quali, secondo l'art. 31 LAD, sono già commisurate agli oneri familiari. Questa censura è infondata. Le prestazioni rette dall'art. 8 cpv. 3 LAFS non sono infatti funzione dell'occupazione, ma dell'onere di famiglia: esse non possono quindi essere poste sullo stesso piano di quelle versate in virtù dell'art. 31 LAD. Del resto, come già rilevato nel consid. 3, l'art. 8 cpv. 3 LAFS tocca la questione dell'estensione del diritto all'assegno familiare, per la quale il legislatore cantonale dispone d'un ampio margine d'apprezzamento. Occorre d'altra parte aggiungere che le indennità di disoccupazione, compresi i supplementi per persone a carico, non possono superare l'85% del guadagno giornaliero assicurato (art. 31 cpv. 4 LAD) e che quest'ultimo è calcolato BGE 106 Ia 396 S. 403 in funzione di un guadagno mensile massimo di Fr. 3900.-- (art. 2 cpv. 1 DF ass. obbl.). In linea generale, l'importo degli assegni familiari non è tale per cui, dal loro cumulo con le prestazioni dell'assicurazione contro la disoccupazione, possa risultare una sovrassicurazione. Infine, che l'art. 8 cpv. 3 LAFS, estendendo il diritto all'assegno ad una categoria di persone che non sono (più) salariate, si ponga in contraddizione con il titolo della legge o con altre norme della stessa, che limitano la corresponsione ai salariati, non è di rilievo. La novella, che è una legge, può infatti modificare, senza violare il principio costituzionale della gerarchia delle norme, un'altra legge, istituendo deroghe per casi speciali.
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1,980
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Federation
6fd93702-5d47-4750-abbe-4f5ccfd4d0f5
Urteilskopf 100 Ib 13 3. Arrêt du 8 mars 1974 dans la cause Ligue marxiste révolutionnaire et consorts contre Département fédéral de justice et police.
Regeste Strafrechtliche Verantwortlichkeit der Bundesbeamten. Art. 15 VG . 1. Die Ermächtigung zur Strafverfolgung eines Beamten wird verweigert, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen der Verfolgung nicht erfüllt sind, insbesondere wenn die dem Beamten vorgeworfene Handlung durch Art. 32 StGB gedeckt ist (Erw. 3 a). 2. Ein Beamter ist an die Verordnungen des Bundesrates und die Weisungen seines Departementes gebunden. Er hat deren Gesetzmässigkeit nicht zu prüfen (Erw. 4). Aber er muss in den Schranken seines Aufgabenbereichs bleiben und darf seine Ermessensbefugnis nicht überschreiten (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 100 Ib 13 S. 13 A.- Le 30 avril 1973, le Chef de la Police fédérale a autorisé la Police cantonale vaudoise, sur sa demande, à installer un appareil d'écoute dans la Grande salle d'Epalinges où devait se tenir, du 4 au 6 mai 1973, le Congrès national de la Ligue marxiste révolutionnaire (en abrégé: la Ligue). L'appareil a été installé le 4 mai et découvert le même jour par des membres de la Ligue. B.- Charles André Udry et Olivier Pavillon, tous deux BGE 100 Ib 13 S. 14 membres de la Ligue, ont déposé en leur nom et au nom de cette dernière une plainte pénale contre le Procureur général de la Confédération et contre toutes autres personnes responsables; ils y relevaient que la pose d'appareils d'écoute constituait des infractions aux art. 179 bis ss. et 312 CP (abus d'autorité). Le 20 juin 1973, le Premier Juge informateur de l'arrondissement de Lausanne a requis le Chef du Département fédéral de justice et police d'autoriser la poursuite pénale contre le Procureur général de la Confédération, en application de l'art. 15 al. 1 de la loi fédérale du 14 mars 1958 sur la responsabilité de la Confédération, des membres de ses autorités et de ses fonctionnaires (loi sur la responsabilité; en abrégé: LRCF). Par décision du 28 septembre 1973, le Département fédéral de justice et police a refusé l'autorisation requise, estimant notamment que l'acte en question, accompli en exécution d'une tâche incombant à la Police fédérale, était couvert par la disposition de l'art. 32 CP. C.- Agissant par la voie du recours de droit administratif, la Ligue marxiste révolutionnaire et ses deux membres Charles André Udry et Olivier Pavillon requièrent le Tribunal fédéral de réformer, subsidiairement d'annuler la décision du Département fédéral de justice et police du 28 septembre 1973 et d'autoriser la poursuite pénale contre Hans Walder, Procureur général de la Confédération, contre André Amstein, Chef de la Police fédérale et contre tous autres tiers. Ils allèguent principalement que l'autorisation d'utiliser des appareils d'écoute à des fins de surveillance policière ne repose sur aucune base légale, que seule une loi fédérale pourrait statuer une exception à la disposition pénale de l'art. 179 bis CP et qu'une ordonnance ou des instructions internes ne sauraient constituer une telle base légale. Le Département fédéral de justice et police conclut au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit 1. (Recevabilité). 2. En tant qu'il demande l'autorisation de poursuivre pénalement le Procureur général de la Confédération, le recours se révèle d'emblée mal fondé. En effet, comme il l'a déjà relevé dans la procédure devant le Département, le Procureur général ne s'est nullement occupé de la question de l'appareil d'écoute BGE 100 Ib 13 S. 15 d'Epalinges. Il l'a confirmé dans sa détermination sur le présent recours de droit administratif. Aucune des parties n'a allégué qu'il aurait, contrairement à ses déclarations, participé à la procédure d'autorisation; aucun indice non plus ne permet de retenir une telle participation. On doit donc admettre que le Chef de la Police fédérale, agissant dans les limites de sa compétence, a accordé l'autorisation litigieuse sans en discuter au préalable avec le Procureur général de la Confédération. Ainsi, une éventuelle poursuite pénale ne saurait être ouverte contre d'autres fonctionnaires fédéraux, notamment pas contre le Procureur général de la Confédération en fonction à cette époque-là. 3. Les faits au sujet desquels les recourants entendent faire ouvrir une poursuite pénale ne sont pas contestés. Le congrès d'Epalinges était une réunion fermée, à laquelle ne pouvaient prendre part que les membres de la Ligue. La pose d'un appareil d'écoute camouflé pour permettre de suivre les délibérations d'une réunion non publique remplit en soi les conditions objectives de l'infraction visée par l'art. 179 bis CP. Dans le cas d'espèce, c'est en tout cas la tentative d'une telle infraction, au sens de l'art. 21 al. 1 CP, qui pourrait entrer en considération. Les opposants au recours reconnaissent l'existence d'une activité correspondant aux conditions objectives de l'infraction. Mais ils soutiennent que ladite activité était licite en application de l'art. 32 CP et qu'ainsi l'ouverture d'une poursuite pénale ne pouvait être autorisée. a) Selon l'art. 15 al. 3 LRCF, l'autorisation doit être accordée - sous réserve des cas de peu de gravité - lorsque paraissent réalisés non seulement les éléments objectifs de l'infraction, mais encore "les conditions légales de la poursuite pénale". Pour que ces dernières paraissent réalisées, il faut notamment que l'acte reproché au fonctionnaire ne soit pas déclaré licite par la loi, comme il pourrait l'être en application de l'art. 32 CP; c'est donc déjà dans la procédure préliminaire d'autorisation qu'il faut examiner si l'acte tombant sous le coup de la définition légale d'une infraction n'est pas cependant licite pour un des motifs énumérés à l'art. 32 CP et ne doit pas, partant, être soustrait à la poursuite pénale. Il y a d'autant plus de raisons de le faire lorsque, comme en l'espèce, l'examen de ce problème soulève surtout des questions de droit public et de BGE 100 Ib 13 S. 16 droit administratif, dont le Département fédéral et - en cas de recours - la Chambre de droit administratif du Tribunal fédéral connaissent normalement. Au demeurant, les recourants ne contestent pas que cet examen puisse se faire au cours de la procédure préliminaire d'autorisation; ils se bornent à soulever des arguments de fond tendant à établir que les conditions d'application de l'art. 32 CP ne seraient pas réalisées en l'espèce. b) Dans leur recours de droit administratif, les recourants s'attachent essentiellement à démontrer que les dispositions invoquées par le Département pour fonder la compétence du Chef de la Police fédérale en matière d'emploi d'appareils d'écoute ne reposent pas sur une base légale, alors que seule une disposition légale permettrait, selon eux, de déroger à l'art. 179 bis CP. Mais la question n'a pas à être examinée sous cet angle. Pour savoir si l'on peut accorder ou refuser l'autorisation d'ouvrir une poursuite pénale contre le Chef de la Police fédérale, il s'agit d'examiner si le fonctionnaire en cause devait, ou non, se considérer comme lié par les dispositions fixant ses attributions et ses charges et si, en agissant comme il l'a fait, il s'est tenu dans les limites de ses attributions ou les a dépassées. 4. Pour accorder l'autorisation de poser l'appareil d'écoute dans la Grande salle d'Epalinges, le Chef de la Police fédérale s'est fondé (selon les déclarations qu'il a faites en première instance auprès du Département ainsi que dans sa réponse au recours de droit administratif) d'une part sur l'arrêté du Conseil fédéral du 29 avril 1958 "concernant le service de police du Ministère public fédéral" (ROLF 1958 p. 273), d'autre part sur les "Instructions concernant le Service des enquêtes et informations pour la protection de la sécurité du pays", émises par le Département fédéral de justice et police le 30 avril 1969. a) L'arrêté du 29 avril 1958 a été édicté par le Conseil fédéral en application de l'art. 102 Cst., qui charge notamment cette autorité de veiller à la sûreté extérieure de la Confédération, au maintien de son indépendance et de sa neutralité (ch. 9), ainsi qu'à la sûreté intérieure, au maintien de la tranquillité et de l'ordre (ch. 10). Selon l'art. 1er dudit arrêté, le service de police du Ministère public fédéral (Police fédérale) assure le service des enquêtes et des informations dans l'intérêt de la sûreté intérieure et extérieure de la Confédération; il comprend d'une part la surveillance et la prévention d'actes de nature à mettre en danger BGE 100 Ib 13 S. 17 la sûreté intérieure ou extérieure de la Confédération (police politique), d'autre part les recherches de la police judiciaire dans la poursuite des infractions contre la sûreté intérieure et extérieure de la Confédération (police judiciaire). En exécution de l'art. 1er de cet arrêté et se fondant en outre sur l'art. 17 de la loi du 15 juin 1934 sur la procédure pénale fédérale (PPF), le Département fédéral de justice et police a édicté, le 30 avril 1969, des "Instructions concernant le service des enquêtes et informations pour la protection de la sécurité du pays". Ces instructions permettent d'utiliser, en vue de prévenir des actes susceptibles de mettre en danger la sûreté intérieure et extérieure de la Confédération, des appareils techniques pour surveiller des inculpés ou des suspects, ou des personnes entretenant des rapports douteux avec eux, s'il n'est pas possible de se renseigner par d'autres moyens d'investigation et d'information (ch. 1). La surveillance doit être strictement limitée au but recherché; elle doit être suspendue aussitôt que ce but est atteint (ch. 3). Seuls le Procureur général de la Confédération et le Chef de la Police fédérale sont compétents pour ordonner une surveillance (ch. 4). b) Il n'est pas douteux que le Chef de la Police fédérale, fonctionnaire dépendant du Département fédéral de justice et police et du Conseil fédéral, pouvait s'estimer lié par les textes précités et, partant, pouvait les appliquer dans l'accomplissement de ses devoirs de fonction. Il n'avait pas, au même degré que le juge, la faculté d'en contrôler la constitutionnalité ou la légalité; il n'avait pas à se demander, comme lui, si ces textes constituaient une base légale suffisante pour justifier l'autorisation donnée à la Police vaudoise. Il n'aurait pu, éventuellement, se considérer comme délié de l'obligation de les appliquer que s'il avait eu des raisons évidentes de les tenir pour illégaux, ce qui n'était pas le cas. c) Il est vrai que l'énumération légale des cas où la police peut empiéter sur des biens juridiques protégés pénalement répond à une tendance répandue (cf. NOLL, Die Rechtfertigungsgründe im Gesetz und in der Rechtsprechung, RPS 1964 p. 160 ss., notamment 182; Bulletin officiel des Chambres fédérales, CN 1973 p. 842 ss., interpellation Binder). Cependant, il ne s'ensuit pas qu'il faille considérer comme punissables tous les actes accomplis par la police sur la base d'instructions qui ne figurent pas dans une loi au sens formel. Au contraire, étant BGE 100 Ib 13 S. 18 donné qu'il pouvait se tenir pour lié par les prescriptions invoquées, le Chef de la Police fédérale était couvert en l'espèce par l'art. 32 CP. 5. Il ne suffit cependant pas que le Chef de la Police fédérale ait pu se considérer comme valablement lié par les prescriptions en question; il faut encore qu'il se soit tenu dans les limites de ses attributions. L'examen de cette question appelle l'examen du principe de la proportionnalité, applicable dans tous les domaines du droit public (RO 94 I 397) et notamment aussi dans les cas d'application de l'art. 32 CP (RO 94 IV 8 consid. 2 a; NOLL, op.cit., p. 160 ss.; SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, vol. I p. 154). Mais l'autorité chargée de contrôler si le principe de la proportionnalité a été respecté par un acte accompli en vertu d'un devoir de fonction ne saurait poser des exigences trop grandes sur ce point; elle doit s'imposer une certaine retenue dans l'examen de cette question, pour tenir compte de la marge d'appréciation qu'il y a lieu de reconnaître à un fonctionnaire dans l'exercice de ses fonctions. Le Tribunal fédéral l'a d'ailleurs expressément reconnu dans l'arrêt déjà cité (RO 94 IV 8 s.): les exigences relatives à la proportionnalité de faits justificatifs ne sauraient être établies une fois pour toutes, mais doivent être déterminées de cas en cas, en fonction de toutes les circonstances de l'affaire; s'agissant de l'activité de la police, on ne saurait exiger qu'elle soit toujours exactement proportionnée aux circonstances. D'ailleurs, les recourants, qui soulèvent la question de la proportionnalité dans leur argumentation subsidiaire, ne la développent guère; ils ne prétendent notamment pas qu'une autre mesure aurait été mieux appropriée, tout en constituant une atteinte moins grave à leur sphère privée. Ils consacrent en revanche l'essentiel de leur argumentation subsidiaire à contester que les activités de la Ligue puissent faire naître des soupçons quant à leur légalité et justifier une surveillance au moyen d'appareils d'écoute dont l'emploi est prohibé par l'art. 179 bis CP; ils contestent en particulier qu'on puisse reprocher à la Ligue de vouloir employer la violence pour atteindre son but, soit le renversement des structures actuelles et l'instauration d'une société socialiste. C'est bien sur ce point que doit porter surtout l'examen de la chambre de céans; il s'agit en effet de rechercher si le Chef de la Police fédérale avait des raisons de soupçonner la Ligue de BGE 100 Ib 13 S. 19 vouloir attenter à la sécurité du pays et s'il avait des motifs suffisants de chercher à obtenir des renseignements sur ce point au moyen d'un appareil d'écoute, sans dépasser sa marge d'appréciation. a) Selon les Instructions du 30 avril 1969, l'utilisation d'appareils techniques pour surveiller des inculpés ou des suspects ne peut être autorisée que s'il n'est pas possible de se renseigner par d'autres moyens d'investigation ou d'information. La décision attaquée retient que les publications de la Ligue se limitent à de la propagande politique et à des analyses et ne disent rien à propos d'éventuelles actions illicites projetées; que, sur ce point, seul le Congrès national pouvait éventuellement fournir des éléments d'information; que celui-ci n'était cependant accessible qu'aux membres de la Ligue, lesquels n'acquièrent cette qualité qu'après s'être soumis à une sévère période d'essai de plusieurs mois. Elle conclut qu'il ne restait dès lors que l'écoute comme moyen d'information efficace. Les recourants ne contestant pas ces faits, on peut admettre que la condition rappelée ci-dessus était remplie. b) La Ligue s'intitule "Ligue marxiste révolutionnaire". Elle ne cache pas son intention de renverser les pouvoirs établis et d'instaurer une nouvelle société. On peut donc se demander si elle n'entend pas réaliser ce renversement par la violence. Elle le conteste, en prétendant que "la révolution interviendrait le jour où l'immense masse des travailleurs prendrait conscience de ses véritables intérêts et remplacerait l'Etat actuel par une démocratie supérieure ... qui leur permettra de prendre en main la direction effective de la société". Mais la police chargée de veiller à la sécurité intérieure et extérieure de l'Etat ne peut se contenter des déclarations publiques d'un groupement qui ne cache pas ses intentions révolutionnaires; elle doit pour le moins chercher à connaître quelles sont les véritables intentions qui peuvent se dissimuler derrière de telles déclarations. La surveillance du Congrès national d'Epalinges aurait éventuellement pu être une occasion d'obtenir des renseignements sur ce point. La décision attaquée retient d'autre part, pour justifier la mesure prise par le Chef de la Police fédérale, que des membres de la Ligue ont été condamnés plusieurs fois pour des infractions commises au cours d'actions politiques. Elle relève notamment que deux de ses membres dirigeants ont été condamnés à des BGE 100 Ib 13 S. 20 peines d'emprisonnement pour avoir tenté de se procurer des appareils de transmissions en commettant un vol avec effraction dans une entreprise argovienne. Elle mentionne également que des membres de la Ligue ont participé aux actions qui ont eu pour conséquence d'empêcher le Chef du Service de l'instruction de l'armée de tenir son exposé à l'Université de Berne, ainsi qu'à la manifestation du 24 mars 1973 devant l'Hôtel Alfa à Berne, qui donna lieu à de graves excès. Les recourants ne contestent pas les faits eux-mêmes, mais leur donnent une interprétation destinée à les justifier. Sur l'affaire du vol par effraction, ils prétendent qu'il s'agissait d'une provocation et font observer que les preuves apportées étaient si peu convaincantes que deux juges sur cinq se sont prononcés pour l'acquittement des prévenus. On peut cependant se dispenser d'examiner ces cas de façon approfondie. Il n'est en effet pas nécessaire que les membres d'un groupement qui se dit révolutionnaire aient été condamnés pénalement pour des infractions commises au cours d'actions politiques pour que la Police fédérale puisse avoir des doutes sur les véritables intentions de ce groupement et qu'elle s'efforce de mettre en oeuvre les moyens adéquats pour essayer de lever ces doutes. La sûreté du pays exige non seulement que l'on réprime les infractions commises en ce domaine, mais également que l'on prévienne les actes de nature à la mettre en danger (cf. ACF du 29 avril 1958, art. 1er ch. 1). La police ne saurait donc attendre que des actes punissables soient commis pour recueillir des informations sur un groupement dont elle a des raisons de soupçonner qu'il pourrait mettre en danger la sûreté intérieure ou extérieure de la Confédération. On ne saurait en tout cas contester que les actes signalés dans la décision attaquée fussent de nature à éveiller de tels soupçons. c) Quant à savoir si la surveillance du Congrès national d'Epalinges était vraiment apte à fournir des renseignements sur d'éventuelles actions illicites projetées par la Ligue, il s'agit là d'une question d'appréciation qu'il appartenait au Chef de la Police fédérale de résoudre et que la cour de céans ne saurait revoir librement. Qu'il suffise de relever que le fonctionnaire en question n'a pas excédé les limites de son pouvoir d'appréciation en estimant qu'un tel congrès pouvait éventuellement fournir des renseignements utiles pour la prévention d'actes de nature à BGE 100 Ib 13 S. 21 mettre en danger la sûreté intérieure ou extérieure de la Confédération. d) Ainsi, l'on doit admettre que le Chef de la Police fédérale n'a pas dépassé les limites de sa compétence en autorisant la pose d'un appareil d'écoute au Congrès national de la Ligue à Epalinges et qu'il n'a pas violé le principe de la proportionnalité. 6. Si l'acte reproché au Chef de la Police fédérale se justifie au regard de l'art. 32 CP, à plus forte raison ne constitue-t-il pas un abus d'autorité au sens de l'art. 312 CP. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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6fe560f8-2db8-44c7-9bf7-12e6ebc9c0ad
Urteilskopf 117 Ib 330 40. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Oktober 1991 i.S. X. gegen Bundesamt für Polizeiwesen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Rechtshilfe an die USA; Abschluss des Rechtshilfeverfahrens, Art. 13 BG-RVUS ; Ergänzungsersuchen, Anfechtbarkeit der diesbezüglichen Bewilligungsverfügung. 1. Ist weder gegen den Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe noch gegen den diesbezüglichen Vollzugsentscheid Einsprache erhoben worden und sind durch die rechtshilfeweise herauszugebenden Unterlagen keine Geheimnisse Dritter berührt, so ist die Zentralstelle USA gemäss Art. 13 BG-RVUS berechtigt, die betreffenden Vollzugsakten den amerikanischen Behörden ohne weiteres herauszugeben (E. 3). 2. Nachdem Zulässigkeits- und Vollzugsentscheid in bezug auf das Haupt- und ein erstes Ergänzungsersuchen unangefochten geblieben und daher in Rechtskraft erwachsen sind, können Rügen, die schon gegen die betreffenden Entscheide möglich gewesen wären, nicht erst im Rahmen des aufgrund eines weiteren Ergänzungsersuchens nötigen Rechtshilfeverfahrens erhoben werden (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 331 BGE 117 Ib 330 S. 331 Am 14. Dezember 1990 ersuchte das Office of International Affairs des US Department of Justice die Zentralstelle USA des Bundesamtes für Polizeiwesen (BAP) mit einem zweiten Ergänzungsersuchen der Antitrust Division (Middle Atlantic Office) Philadelphia vom 11. Dezember 1990 um Rechtshilfe für ein dort gegen X. hängiges Strafverfahren wegen falscher Zeugenaussage unter Eid (perjury before the Federal Grand Jury in Philadelphia; Meineid gemäss Ziff. 25 der Liste des Rechtshilfevertrages mit den USA [RVUS, SR 0.351.933.6]). Das Grundersuchen vom 12. März 1990 sowie dessen erste Ergänzung wurden bereits im Verlaufe des Jahres 1990 erledigt. Gegen die entsprechenden Anordnungen über die Zulässigkeit der Rechtshilfe wurden keine Rechtsmittel eingelegt. Ziel des zweiten Ergänzungsbegehrens ist es, nach Verwertung der bisher von der Schweiz rechtshilfeweise erhaltenen Unterlagen die volle Tragweite des laut Ersuchen falschen Zeugnisses des Angeschuldigten zu erfassen. Durch den Beizug weiterer Bankunterlagen soll festgestellt werden, ob und in welchem Zeitraum X. BGE 117 Ib 330 S. 332 in der Schweiz Bankkonten unterhielt, deren Existenz er in seiner Zeugenaussage vor dem US-Richter gänzlich in Abrede stellte. Von der ersuchenden Behörde liegt die formelle Bestätigung vor, dass die Erkenntnisse aus den zu liefernden Unterlagen ausschliesslich im Zusammenhang mit der Strafverfolgung von X. wegen Meineides verwendet werden und in kein anderes Verfahren - etwa zur Durchsetzung der Antitrust- bzw. Kartellgesetze - eingebracht werden. Diese Bestätigung erfolgte zusätzlich zu den Bestimmungen von Art. 2 und Art. 5 RVUS . Mit Verfügung vom 9. Januar 1991 gelangte die Zentralstelle USA bei der Prüfung des zweiten Ergänzungsersuchens zum Ergebnis, es seien sämtliche formellen und materiellen Erfordernisse zur Gewährung der Rechtshilfe erfüllt. Entsprechend traf sie die nötigen Anordnungen für die Ausführung des Ersuchens im Kanton Zürich. Gegen diese Zulässigkeitsverfügung vom 9. Januar 1990 erhob X. Einsprache. Diese wurde mit Entscheid der Zentralstelle USA vom 22. März 1991 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. Am 23. April 1991 erhob X. Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht, mit der er - soweit hier wesentlich - beantragt, die Verfügung vom 9. Januar 1991 und der ihr zugrundeliegende Entscheid über die Gewährung der Rechtshilfe seien aufzuheben; die im zweiten Ergänzungsersuchen der USA vom 11. Dezember 1990 verlangte Rechtshilfe sei zu verweigern. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Art. 13 BG-RVUS regelt den Abschluss des Rechtshilfeverfahrens im Verhältnis mit den USA. Erachtet die ausführende Behörde die Rechtshilfehandlungen als abgeschlossen, so übermittelt sie die Akten der Zentralstelle. Diese prüft die Ordnungsmässigkeit und Vollständigkeit der Ausführung und weist die Akten nötigenfalls zur Ergänzung an die ausführende Behörde zurück (Abs. 1). Sind Einsprachen hängig oder berühren die erhobenen Beweise Geheimnisse Dritter ( Art. 10 Abs. 2 RVUS ), so teilt die Zentralstelle den Berechtigten mit, dass sie innerhalb von zehn Tagen gegen die Übermittlung der Vollzugsakten Einsprache erheben können, sofern sie dazu noch nicht Gelegenheit hatten ( Art. 13 BGE 117 Ib 330 S. 333 Abs. 2 BG-RVUS ). Nach Abs. 3 dieser Bestimmung kann die Zentralstelle die Vollzugsakten ohne weiteres den amerikanischen Behörden übermitteln, wenn (a) keine Geheimnisse Dritter berührt sind oder die Frist zur Einsprache abgelaufen ist und wenn (b) keine Einsprache erhoben worden oder alle Einsprachen rechtskräftig erledigt sind. Nur dann, wenn diese Voraussetzungen von Abs. 3 nicht erfüllt, hat die Zentralstelle nach Abs. 4 eine Verfügung zu treffen, ob und in welchem Umfang oder in welcher Gestalt die Vollzugsakten zu übermitteln sind (s. auch LIONEL FREI, Der Rechtshilfevertrag mit den USA und die Aufhebung geschützter Geheimnisse, SJK 67a, S. 72). b) aa) In der den Beschwerdeführer betreffenden Rechtshilfesache entsprach die Zentralstelle USA dem ersten, vom 12. März 1990 datierten Ersuchen des amerikanischen Justizdepartements am 24. April 1990. Der Beschwerdeführer als Betroffener erhob weder gegen den Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe noch gegen den Vollzugsentscheid der Bezirksanwaltschaft Einsprache ( Art. 16 BG-RVUS ) bzw. Rekurs ( § 404 StPO /ZH). Deshalb und weil die rechtshilfeweise erhobenen Unterlagen keine Geheimnisse Dritter berührten, war die Zentralstelle USA gemäss der soeben zitierten Bestimmung des Art. 13 BG-RVUS berechtigt, die Vollzugsakten den amerikanischen Behörden ohne weiteres zu übermitteln, was denn auch mit Überweisung vom 24. Juli 1990 geschah. Am 16. August 1990 traf beim BAP hinsichtlich derselben Angelegenheit ein erstes Ergänzungsersuchen der amerikanischen Behörden ein. Dieses Ersuchen zeigte auf, dass die Erkenntnisse aus dem inzwischen erledigten Grundersuchen im Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer wegen falscher Zeugenaussage verwendet wurden und dass weitere Angaben aus der Schweiz erforderlich waren, um das gesamte Ausmass der angeblich falschen Aussagen des Beschuldigten zu umgrenzen. Namentlich wurde die Schweiz in diesem Ersuchen gebeten, betreffend das vom Beschwerdeführer verschwiegene Konto Z. verschiedene, im einzelnen genannte Unterlagen rechtshilfeweise zu beschaffen ... Nach Eingang der durch die Zentralstelle USA gewünschten Präzisierungen durch die ersuchende Behörde wurde auch diese Rechtshilfe bewilligt. Hiergegen ging wiederum keine Einsprache beim BAP ein, so dass auch das betreffende erste Ergänzungsersuchen durch die Bezirksanwaltschaft Zürich vollzogen werden konnte. Auch die diesbezügliche Vollzugsanordnung blieb unangefochten. BGE 117 Ib 330 S. 334 Dem BAP wurden in Erledigung des ersten Ergänzungsersuchens verschiedene von einer Bank herausgegebene Unterlagen übermittelt ... Der zuständige Bezirksanwalt stellte dem BAP gemäss Art. 12 Abs. 1 BG-RVUS den Antrag, auf den erhobenen Unterlagen den Depotwert auf dem Abrechnungsschreiben vom 18. Mai 1987 (Valuta-Datum) abzudecken. Da mit dem Ersuchen nicht Angaben über den Wert des fraglichen Depots verlangt wurden, sondern nur Angaben darüber, ob und wann der Beschwerdeführer Konten in der Schweiz besass, entsprach die Zentralstelle dem Antrag und entfernte die Wertangabe aus dem Beleg. Während des Vollzugs des Begehrens (also des ersten Ergänzungsersuchens) verhandelte der Beschwerdeführer mit der Bezirksanwaltschaft Zürich informell über die Abdeckung weiterer Informationen in den obgenannten Dokumenten. Insbesondere ging es ihm offenbar darum, das für die vom Konto Z. abgehobenen Gelder bestimmte Zielkonto A. aus den Akten zu entfernen. Diesbezüglich vertraten die Vollzugsbehörden die zutreffende Auffassung, dass Gegenstand des Rechtshilfebegehrens der Vorwurf falschen Zeugnisses bilde und dass damit die Frage verbunden war, ob der Beschuldigte am 17. Mai 1989 wider besseres Wissen angegeben hatte, dass er weder zum Zeitpunkt seiner Aussage noch zu irgendeinem andern Zeitpunkt ein Schweizer Bankkonto gehalten habe. Angaben in den Unterlagen, die aufgrund des amerikanischen Ersuchens erhoben wurden ("Documentation of account closing") und genau die genannte Frage - und damit eben auch den Auftrag des Beschwerdeführers zur Schliessung des Kontos Z. und den Transfer auf das Konto A. - betrafen, konnten und durften im Lichte des staatsvertraglichen Anspruchs der ersuchenden Behörde, die verlangte Rechtshilfe bei als erfüllt zu erachtenden Voraussetzungen geleistet zu erhalten, nicht abgedeckt werden, wie die Zentralstelle USA in der angefochtenen Verfügung zu Recht ausgeführt hat. Davon, es seien beim Vollzug des ersten Ergänzungsbegehrens mehr Unterlagen, als nötig gewesen oder verlangt worden seien, herausgegeben und damit der Verhältnismässigkeitsgrundsatz oder das - vom Beschwerdeführer zwar nicht ausdrücklich, aber sinngemäss ebenfalls angerufene - Übermassverbot (s. hiezu BGE 115 Ib 375 f.) verletzt worden, kann unter den aufgezeigten Umständen nicht die Rede sein. Entsprechend haben denn auch die auf die Aufsichtsbeschwerde und Strafanzeige des Beschwerdeführers BGE 117 Ib 330 S. 335 hin erfolgten Untersuchungen durch das EJPD und die Bundesanwaltschaft keine Unregelmässigkeiten oder Fehler bei der Herausgabe der fraglichen Unterlagen ergeben, wie den - für das vorliegende Verfahren zwar nicht verbindlichen, aber dennoch schlüssigen - Einstellungsverfügungen des Departements bzw. der Bundesanwaltschaft zu entnehmen ist. bb) Da wiederum weder gegen die Zulässigkeitsverfügung der Zentralstelle USA Einsprache noch gegen die Vollzugsverfügung der Bezirksanwaltschaft Rekurs erhoben worden war und durch die fraglichen Dokumente keinerlei Geheimnisse Dritter berührt wurden, durfte das BAP die Unterlagen auch im Rahmen des ersten Ergänzungsersuchens ohne weiteres, d.h. ohne separate Weiterleitungsverfügung gemäss Art. 13 Abs. 4 BG-RVUS , der ersuchenden Behörde herausgeben ( Art. 13 Abs. 3 BG-RVUS ), was am 16. November 1990 geschah. Bei den gegebenen Verhältnissen mussten die Vollzugsbehörden nicht weiter auf die ausserhalb eines förmlichen Einsprache- bzw. Rekursverfahrens erfolgten Vorstösse des Anwaltes des Beschuldigten eingehen. Daran vermag der Einwand des Beschwerdeführers nichts zu ändern, er habe erst nach der Weiterleitung der Unterlagen vom Umfang der effektiven Weiterleitung Kenntnis erhalten. Schon gestützt auf die Zulässigkeitsverfügung der Zentralstelle USA und dann nochmals gestützt auf die darauf beruhende Vollzugsverfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich konnte der Beschwerdeführer zweifellos abschätzen, was das (erste) Ergänzungsersuchen bezweckte, nämlich eine "Documentation of account closing", wozu in Anbetracht des dem Ersuchen zugrundeliegenden Sachverhaltes selbstverständlich auch Angaben über das Schicksal des Wertschriftendepots Z. und die Übertragung des Depotwertes auf das Konto A. gehörten. Entsprechend musste dem Beschwerdeführer auch die Bedeutung der genannten Verfügungen klar sein. Wenn er diese nicht hätte akzeptieren wollen, so hätte er sie gemäss den ihnen beigefügten Rechtsmittelbelehrungen anfechten und sich gegen die Rechtshilfeleistung rechtzeitig wehren können. Dass er dies unterliess, hat er sich selber zuzuschreiben. Die Übermittlung der fraglichen Unterlagen erfolgte demnach entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht illegal, sondern im Einklang mit den massgebenden staatsvertraglichen und bundesrechtlichen Bestimmungen. Von Rechtsverweigerung oder Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör kann nach dem Gesagten nicht die Rede sein. BGE 117 Ib 330 S. 336 cc) Dem Beschwerdeführer vermag auch die Berufung auf andere Verfahren (so i.S. Marcos) nicht zu helfen, in denen bei der rechtshilfeweisen Übermittlung von Dokumenten Fehler festzustellen waren, die es zu korrigieren galt. Jene Verfahren waren anders gelagert als der vorliegende Fall, indem z.B. - anders als hier - die Interessen unbeteiligter Dritter mitzuberücksichtigen waren (s. BGE 115 Ib 192 f. E. 4). 4. Hätte somit der Beschwerdeführer bereits sowohl die Zulässigkeits- als auch die Vollzugsverfügungen in bezug auf das Grund- und das erste Ergänzungsersuchen anfechten können, so kann er die Rügen, die ihm bereits damals möglich gewesen wären, nicht erst im vorliegenden Verfahren anbringen (vgl. BGE 116 Ib 91 f. E. 1b mit Hinweisen; s. auch nicht publ. Urteile des Bundesgerichts vom 31. Januar 1991 i.S. H. und vom 6. Oktober 1987 i.S. N.), das nach dem Gesagten einzig noch das zweite Ergänzungsersuchen betrifft. Auf das Ansinnen, sowohl in bezug auf das Grund- als auch in bezug auf das erste Ergänzungsersuchen seien die Rechtshilfevoraussetzungen nochmals zu überprüfen, ist daher nicht weiter einzugehen. Entsprechend kann es im vorliegenden Verfahren nicht darum gehen, die Frage der Zulässigkeit der Rechtshilfe dem Grundsatze nach neu zu beurteilen; denn diese Frage bildete bereits Gegenstand der genannten, unangefochten gebliebenen und daher in Rechtskraft erwachsenen Verfügungen betreffend das Grund- und das erste Ergänzungsersuchen. Zu prüfen sind - soweit auf die früheren Verfügungen nicht vorstehend (E. 3) zurückgekommen werden musste - nur noch diejenigen Rügen, die das zweite Ergänzungsersuchen selber betreffen. Doch erweisen sich auch diese Rügen als unbegründet ...
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Urteilskopf 122 II 422 53. Extrait de l'arrêt de la Ière Cour de droit public du 27 septembre 1996 dans la cause Fondation F. contre Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; beidseitige Strafbarkeit; Art. 146 StGB . Eine Beeinflussung des Börsenkurses, wie sie im Rechtshilfeersuchen umschrieben wurde, kann als Betrug nach schweizerischem Recht qualifiziert werden (E. 2-4).
Sachverhalt ab Seite 422 BGE 122 II 422 S. 422 Le 26 septembre 1994, le juge d'instruction près le Tribunal de grande instance de Paris a adressé à la Suisse plusieurs demandes d'entraide judiciaire pour les besoins d'une enquête pénale menée en France contre inconnu du chef de manipulation de cours, faisant état des faits suivants. La société J. SA, à Paris, disposait en 1990 d'un capital social de 10 millions de FF, dont la plus grande partie a toujours été détenue par la famille J. Le 12 juin 1990, l'action J. a été introduite sur le marché hors-cote de la Bourse de Paris. Proposées au prix de 375 FF, les 6'000 BGE 122 II 422 S. 423 actions mises sur le marché (représentant 3% du capital social) provoquèrent une demande si forte, les 12, 13 et 14 juin 1990 (respectivement 765'000, 704'000 et 500'000 titres demandés), que le titre ne put être coté. Le 20 juin 1990, 18'200 actions furent offertes au prix de 508 FF, cours qui progressa, en raison de la demande importante, à 1'400 FF le 2 août 1990, et à 1'845 FF le 28 décembre 1990. La Commission française des Opérations de Bourse (COB) s'est interrogée sur les raisons de l'évolution insolite du cours de ce titre, compte tenu de l'importance limitée de la société; le cours atteint par les actions J. semblait hors de proportion avec la valeur intrinsèque de l'entreprise, et il était surprenant que, pour une société déployant l'essentiel de ses activités en France et dont les titres étaient nominatifs, l'animation du marché du cours de son action fût surtout le fait de banques étrangères, au Luxembourg, en Suisse et en Allemagne. Par ailleurs, l'animation du cours de l'action provenait d'achats successifs, rapidement suivis de reventes des mêmes titres par des opérateurs dont les interventions semblaient concertées. En définitive, l'autorité requérante soupçonne, de la part des dirigeants ou de personnes proches de la société, des manipulations tendant à fausser l'évolution du cours et ayant pour effet une hausse artificielle propre à tromper le public sur la valeur réelle du titre. Le magistrat français demande aux autorités suisses de mener toutes investigations utiles afin d'identifier les personnes ayant procédé, par l'intermédiaire de différentes banques suisses, aux achats et ventes d'actions J.; de produire une liste des transactions correspondant à une série d'ordres de bourse annexée à la requête; de procéder à toutes investigations pour établir d'éventuels liens entre ces personnes et, notamment, les dirigeants et actionnaires de la société. Les demandes nécessitant des investigations dans les cantons de Genève, Vaud, Zurich, Berne et Bâle, l'Office fédéral de la police a, le 7 novembre 1994, désigné Genève en qualité de canton directeur en application de l' art. 80 EIMP (RS 351.1). Le juge d'instruction de Genève est entré en matière par ordonnance du 14 novembre 1994, notifiée notamment au siège de la banque X, à Lausanne. Le 21 avril 1995, la banque a transmis le décompte des transactions opérées sur le titre J. du 28 août 1990 au 28 novembre 1991 par la Fondation F., à Vaduz. Sur recours de cette dernière, la Chambre d'accusation du canton de Genève (la Chambre d'accusation) a fixé un délai de 60 jours à l'autorité BGE 122 II 422 S. 424 requérante pour compléter sa demande: l'autorité requérante ne décrivait pas de façon suffisamment précise les mécanismes mis en place pour manipuler les cours, de sorte qu'il n'était pas possible de déterminer si les manoeuvres en cause pouvaient être qualifiées de tromperie astucieuse au sens de l' art. 146 CP , réprimant l'escroquerie. Dans le délai requis, le magistrat requérant a produit l'intégralité de son dossier. Par ordonnance du 30 octobre 1995, le juge d'instruction a décidé à nouveau d'entrer en matière, de donner suite à la requête de l'autorité française du 26 septembre 1994 et de confirmer les mesures prises le 14 novembre 1994. Par ordonnance du 22 mars 1996, la Chambre d'accusation a rejeté un nouveau recours de la Fondation F.: une manipulation du cours de l'action J. pouvait constituer une escroquerie. Agissant par la voie d'un recours de droit administratif, la Fondation F. demande au Tribunal fédéral d'annuler l'ordonnance de la Chambre d'accusation du 22 mars 1996, dans la mesure où elle confirme l'ordonnance du juge d'instruction du 30 octobre 1995, et de dire que la demande d'entraide judiciaire est inadmissible. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. a) Selon l' art. 5 al. 1 lettre a CEEJ (RS 0.351.1), applicable en vertu de la réserve émise par la Suisse, l'exécution d'une commission rogatoire aux fins de perquisition ou de saisie d'objets est subordonnée à la condition que l'infraction poursuivie dans l'Etat requérant soit punissable selon la loi de cet Etat et de la partie requise. Selon la jurisprudence, l'examen de la punissabilité comprend, par analogie avec l' art. 35 al. 2 EIMP applicable en matière d'extradition, les éléments constitutifs objectifs de l'infraction, à l'exclusion des conditions particulières du droit suisse en matière de culpabilité et de répression ( ATF 118 Ib 448 consid. 3a et les arrêts cités). La condition de la double incrimination s'examine selon le droit en vigueur dans l'Etat requis au moment où est prise la décision sur la demande d'entraide, et non selon le droit en vigueur au moment de la commission de l'éventuelle infraction ou à la date de la commission rogatoire ( art. 5 al. 1 lettre a CEEJ , en relation avec l' art. 64 al. 1 EIMP ; ATF 112 Ib 576 consid. 2 p. 584). Le droit suisse ne contient actuellement pas de disposition réprimant spécifiquement la BGE 122 II 422 S. 425 manipulation de cours. L' art. 161bis CP , adopté par l'Assemblée fédérale et non frappé d'une demande de référendum, n'est pas encore en vigueur. Il est donc inapplicable dans le présent contexte. b) Selon la commission rogatoire du 26 septembre 1994, l'infraction poursuivie en France est une manipulation de cours, prévue et réprimée par l'art. 10-3 de l'ordonnance française du 28 septembre 1967. La cour cantonale a considéré que les faits décrits dans la demande et ses compléments ultérieurs pouvaient être qualifiés d'escroquerie. Elle a en premier lieu rappelé les décisions rendues à ce sujet par le Tribunal fédéral. Dans un premier arrêt concernant une demande d'entraide judiciaire présentée par les Etats-Unis d'Amérique pour des délits d'initiés ( ATF 109 Ib 47 ), il a été retenu que les conditions de l'escroquerie n'étaient pas réalisées: les prix des titres étaient déterminés en bourse où il n'y a pas de contact direct entre l'acheteur et le vendeur, ni de devoir d'avertissement de la part de ce dernier, de sorte qu'il ne pouvait y avoir exploitation par l'auteur d'une erreur de la victime, ni astuce (consid. 5b p. 54). Dans un second arrêt publié concernant aussi une demande d'entraide judiciaire américaine, la condition de la double incrimination a été jugée réalisée ( ATF 113 Ib 170 ): une société de courtage avait, en immobilisant des titres, obtenu une hausse du cours due à la raréfaction de l'offre; l'effet avait été accentué par la présentation, par des agents boursiers agissant de connivence, d'offres d'achat factices et exagérées. Les victimes, qui avaient acquis des titres à un prix surfait, étaient des clients de la société de courtage; cette dernière avait à tout le moins violé son devoir d'attirer leur attention sur ces manoeuvres. La cour cantonale a encore fait référence à un arrêt non publié du 8 juin 1989 en la cause R.: auteur d'une offre publique d'achat, une société aurait proposé, en échange des titres de la société visée, ses propres actions dont elle aurait artificiellement fait monter le cours par des achats massifs, tout en faisant baisser le cours des actions de la société reprise par des opérations analogues; la tromperie astucieuse consistait dans la présentation de l'offre d'échange des actions, à des conditions fallacieuses. Selon la Chambre d'accusation, les manipulations décrites dans la demande d'entraide étaient intervenues sur le marché hors-cote, sensiblement moins réglementé que les marchés boursiers; en outre, les titres étant nominatifs, les banques intervenues avaient pu être identifiées, de sorte que le cercle des personnes en cause pouvait être délimité. Une tromperie BGE 122 II 422 S. 426 portant sur l'état du marché et ayant déterminé des investisseurs à l'achat d'actions J., en raison de la hausse rapide du cours, constituait un comportement astucieux constitutif d'escroquerie. A supposer que cette condition doive être examinée sous l'angle de la double incrimination, la correspondance entre l'enrichissement illégitime des auteurs et l'appauvrissement de la victime apparaissait suffisamment démontrée. c) La recourante critique cette appréciation, en relevant notamment que, faute d'un contact individuel entre acheteurs et vendeurs de titres, une escroquerie ne serait pas envisageable dans le cas d'une manipulation de cours telle que décrite dans la demande. De simples achats massifs de titres seraient d'ailleurs insuffisants pour retenir une telle infraction. 3. Selon l' art. 146 CP (art. 148 aCP), sera puni de la réclusion pour cinq ans au plus ou de l'emprisonnement celui qui, dans le dessein de se procurer ou de procurer à un tiers un enrichissement illégitime, aura astucieusement induit en erreur une personne par des affirmations fallacieuses ou par la dissimulation de faits vrais ou l'aura astucieusement confortée dans son erreur et aura de la sorte déterminé la victime à des actes préjudiciables à ses intérêts pécuniaires ou à ceux d'un tiers. Selon une partie de la doctrine, cette disposition ne serait pas applicable aux cas de manipulations de cours, principalement parce qu'il n'existe pas de lien direct entre le manipulateur et ses victimes, et parce qu'il n'y a pas identité ou correspondance entre l'enrichissement du premier et l'appauvrissement des secondes; cette opinion est aussi celle exprimée par le Conseil fédéral dans le message concernant une loi fédérale sur les bourses et le commerce des valeurs mobilières (FF 1993 I 1269 ss), à l'appui de l'art. 44 de cette loi prévoyant la modification du code pénal par l'ajout de l' art. 161bis CP , spécifiquement consacré aux manipulations de cours. Cet avis est toutefois mis en doute par une partie de la doctrine la plus récente. Le Tribunal fédéral n'a pas encore eu l'occasion de trancher la question de manière générale; les arrêts précités du Tribunal fédéral (dont le premier concerne des délits d'initiés) ne se rapportent qu'à des cas spécifiques, dans lesquels l'acheteur et le vendeur des titres se trouvaient dans un rapport particulier. a) L'escroquerie suppose en premier lieu une tromperie astucieuse; l'auteur doit induire sa victime en erreur en usant de machinations ou d'artifices particuliers, ou en échafaudant un édifice de mensonges. La tromperie astucieuse est aussi réalisée lorsque l'auteur se contente de fausses BGE 122 II 422 S. 427 déclarations, si ces dernières ne sont que très difficilement vérifiables, lorsque l'on ne peut attendre de la victime qu'elle les vérifie, si l'auteur la dissuade de les vérifier ou s'il prévoit, au regard de circonstances particulières (par exemple en raison d'un rapport de confiance étroit), qu'il n'y aura pas de vérification. Une tromperie astucieuse peut aussi résulter de l'exploitation d'une erreur préexistante de la victime si l'auteur, par un comportement actif, confirme ou amplifie cette erreur, ou lorsqu'il se tait alors qu'il existe un devoir de renseigner ( ATF 120 IV 186 consid. 1a, 119 IV 28 consid. 3a et les arrêts cités). aa) Pour une partie de la doctrine, une tromperie astucieuse ne serait pas possible dans la majorité des cas de manipulations de cours ayant pour cadre le marché anonyme de la bourse, faute de relations directes entre le manipulateur et ses victimes (ROTH, Manipulations boursières: questions pour la construction d'une nouvelle incrimination, RSDA 1991 p. 233 ss, 235; SCHMID, Schweizerisches Insiderstrafrecht, Berne 1988 p. 199 s. à propos des délits d'initiés; SCHMID, Remarques relatives à l' ATF 113 Ib 170 , in SAG 1988 p. 136 s.). Ces auteurs se fondent essentiellement, sans étayer plus avant leur opinion, sur l' ATF 109 Ib 54 précité, relatif à un délit d'initiés; l'inexistence d'un rapport entre l'auteur et ses victimes est aussi évoquée dans les arrêts ultérieurs relatifs à des manipulations de cours ( ATF 113 Ib 170 , arrêt non publié du 8 juin 1989 en la cause R.), mais sans que cette question fasse l'objet d'un réel examen puisque dans ces cas, l'escroquerie a été admise en raison d'une relation particulière unissant l'acheteur au vendeur de titre (offre publique d'échange ou contrat de mandat). Pour IFFLAND (La répression pénale des manipulations de cours en droit suisse, thèse Lausanne 1994 p. 185 ss), la nécessité d'une relation particulière entre le manipulateur et ses victimes repose sur la prémisse erronée que l'erreur de ces dernières porterait sur la véracité des informations diffusées sur le marché; selon cet auteur, l'erreur concernerait plutôt l'état du marché lui-même, ce qui rendrait possible une tromperie visant l'ensemble des investisseurs potentiels. Cette opinion doit être approuvée: elle correspond au mécanisme général des infractions de manipulations de cours dans lesquelles ce n'est pas forcément la divulgation d'une information déterminée qui pousse les investisseurs à des actes qui leur sont préjudiciables, mais, plus généralement, la modification du cours boursier. L'erreur ne porte donc pas sur l'information (faux renseignements sur l'état de la société, achats et ventes fictifs ou simulés de titres), mais consiste dans une représentation BGE 122 II 422 S. 428 erronée du marché des titres concernés (cf. ATF 113 Ib 170 consid. 3c/aa p. 173). Lorsque la seule motivation des investisseurs semble être une hausse du cours des actions provoquée artificiellement, on ne voit pas en quoi l'anonymat du marché boursier rendrait impossible une tromperie astucieuse (dans le même sens, DE BEER, Börsenmanipulationen und Betrug, RPS 109 (1992) 272 ss, p. 274 s., 289; JEAN-RICHARD, Handelsinszenierungen zur Kursmanipulation am Kapitalmarkt, RSDA 1995 p. 259 ss, 262-264). Il résulte de ce qui précède qu'il n'est pas nécessaire de rechercher si - comme l'a estimé la Chambre d'accusation en tenant compte des spécificités du marché hors-cote et du caractère nominatif des actions - il existait des liens entre acheteurs et vendeurs; le fait que la victime soit, pour l'auteur, un tiers anonyme ne constitue pas en soi un obstacle à l'application de l' art. 146 CP , puisqu'il est en principe indifférent que l'identité, le nombre ou la qualité des victimes soient connues de l'escroc (cf. GRAVEN, Escroquerie I, éléments objectifs, FJS 821 p. 19). Il convient de relever que la jurisprudence de l' ATF 109 Ib 47 , à l'origine de l'argumentation relative au caractère anonyme du marché boursier, ne se rapporte pas à des manipulations de cours proprement dites, mais à des délits d'initiés; dans ces cas, la tromperie ne réside pas dans une action de l'auteur influant sur le cours boursier, mais dans le fait qu'il tait des informations déterminantes (cf. art. 161 CP ): l'escroquerie supposerait alors une obligation de renseigner, qui n'existe pas pour l'initié n'ayant pas de position de garant (consid. 5b/bb p. 55). En revanche, l'auteur d'une manipulation de cours trompe activement les investisseurs en intervenant dans le processus de formation du cours; ses manipulations sont constitutives de tromperie (cf. ATF 113 Ib 170 consid. 3c/aa), sans qu'il y ait à s'interroger sur la portée de son silence. bb) Pour constituer une escroquerie, la tromperie doit porter sur un fait, passé ou actuel, à l'exception notamment des opinions et jugements de valeur ( ATF 119 IV 210 consid. 3; cf. STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, besonderer Teil I, Berne 1995 p. 316 s. concernant les difficultés relatives à l'évaluation de la valeur des actions). SCHMID conteste qu'un cours boursier puisse constituer un tel fait: le cours ne ferait que refléter l'opinion des acteurs boursiers (op.cit. SAG 1988 p. 137). On ne saurait toutefois s'arrêter à cette simple constatation, car le cours représente l'état de l'offre et de la demande concernant un titre à un moment donné; le public peut de bonne foi penser que les transactions sont réelles et fondées sur des considérations économiques raisonnables. Le BGE 122 II 422 S. 429 cours tend donc à refléter des faits objectifs, et l'opinion des investisseurs, qui le sous-tend, doit être qualifiée de "jugement de valeur fondé sur des faits" (Werturteilen mit Tatsachenkern, cf. ATF 119 IV 210 consid. 3b; concernant cette notion, cf. SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, Berne 1990 p. 139 ad art. 148 no 16; JEAN-RICHARD, op.cit. pp. 260-262; IFFLAND, op.cit. p. 188). cc) Pour qu'une tromperie soit astucieuse au sens de l' art. 148 CP , il doit être impossible à la victime de vérifier les informations litigieuses, soit que la vérification ne puisse être effectuée sans grand peine, soit qu'en raison des circonstances, on ne puisse attendre de la victime une telle vérification. Il peut ainsi y avoir astuce lorsque l'auteur recourt à une mise en scène ou à un édifice de mensonges; la simple accumulation de plusieurs mensonges est toutefois insuffisante: ceux-ci doivent se recouper d'une manière si subtile que même une victime faisant preuve d'un esprit critique se laisserait tromper ( ATF 119 IV 28 consid. 3a p. 35 et les arrêts cités). Dans le cas d'espèce, la hausse du cours a été obtenue par des ordres massifs d'achats et de ventes (ordres croisés) provenant de banques étrangères; or les investisseurs ne disposaient pas de moyen de découvrir la cause réelle de l'évolution du cours, ni de contrôler si les règles du marché avaient fonctionné normalement; il faut donc admettre, compte tenu des moyens utilisés par les auteurs et en l'absence de possibilité de vérification, que la condition d'astuce est réalisée ( ATF 113 Ib 170 consid. 3c/aa; arrêt précité du 8 juin 1989 consid. c/aa). b) L'escroquerie suppose également de la part de la victime un acte de disposition préjudiciable à ses intérêts, situé dans un rapport de causalité avec les agissements de l'auteur. aa) En l'espèce, la demande d'entraide part de l'idée que certains investisseurs ont pu se trouver lésés par l'acquisition d'actions à un prix surfait. La lésion peut en effet être réalisée même si la prestation reçue par la victime est équivalente à la contre-prestation que celle-ci a fournie; il suffit que prestation et contre-prestation se trouvent en réalité, pour la victime, dans un rapport moins favorable que celui qu'elle s'est représentée de manière erronée ( ATF 113 Ib 174 consid. 3c/bb; GRAVEN, op.cit. p. 17). L'investisseur qui acquiert une action à un cours manipulé prend sans le savoir "un risque patrimonial excédant les risques normaux inhérents à la transaction considérée" (arrêt non publié précité du 8 juin 1989 consid. c/bb). Il est en outre possible - même si la demande d'entraide ne l'indique pas expressément - que les actions achetées aient BGE 122 II 422 S. 430 par la suite subi une baisse, mais cela n'est pas nécessaire pour admettre l'existence d'un dommage, puisque ce dernier peut n'être que temporaire ( ATF 120 IV 122 consid. 6b; GRAVEN, op.cit. p. 18). Certes, il n'est pas encore établi que les victimes aient été déterminées à des achats d'actions par la seule hausse du cours provoquée artificiellement. Il s'agit là toutefois d'un problème de preuve dont il peut être fait abstraction sous l'angle de la double incrimination; il suffit que l'autorité requérante fasse état à ce propos, comme c'est le cas en l'espèce, de soupçons suffisants. bb) L'infraction d'escroquerie impliquant un transfert patrimonial, une partie de la doctrine estime que l'enrichissement de l'auteur doit correspondre à l'appauvrissement que le lésé subit dans son patrimoine; rattachée au dessein d'enrichissement illégitime, cette condition "d'identité de matière" (Stoffgleichheit), qui ne découle pas du texte légal, provient de la doctrine allemande. Selon certains auteurs, elle s'opposerait à la qualification d'escroquerie pour des manipulations de cours, à nouveau en raison de l'absence de contact direct entre le manipulateur et ses victimes, ce qui exclurait toute correspondance entre l'avantage obtenu et le dommage subi (Schmid, SAG 1988 précité; pour un résumé de la doctrine - suisse et allemande - sur ce point, cf. DE BEER, op.cit. p. 278 ss). Comme le relève STRATENWERTH (op.cit. p. 338 no 60), le Tribunal fédéral a d'abord retenu, dans un arrêt du 11 septembre 1958, que le principe de la Stoffgleichheit était étranger à la conception du droit suisse, l'art. 148 aCP ne requérant pas d'autres conditions que le lien de causalité entre le comportement de l'escroc et le préjudice de la victime; "l'escroc ne paraît pas moins fautif lorsque le dommage qu'il cause ne correspond pas au profit qu'il recherche" ( ATF 84 IV 89 , ATF 103 IV 30 consid. 5c). Par la suite, le Tribunal fédéral a laissé la question indécise (arrêts non publiés du 29 mars 1990 dans la cause F., du 8 juin 1989 dans la cause R., et du 8 juin 1990 dans la cause I. AG). Dans ce dernier arrêt, le Tribunal fédéral a estimé que, supposé reconnu en droit suisse, le principe de la "Stoffgleichheit" ne devrait pas être appliqué avec la même rigueur qu'en Allemagne. Telle est aussi l'opinion de SCHUBARTH (op.cit. p. 156), selon lequel le principe - qui permet essentiellement de distinguer l'escroquerie de l'atteinte malicieuse aux intérêts pécuniaires d'autrui - doit être employé avec souplesse. Après un examen approfondi de la question, DE BEER (op.cit. p. 288) relève les difficultés pratiques que soulève la notion d'identité de matière: quand l'avantage obtenu est-il la contrepartie immédiate de BGE 122 II 422 S. 431 l'appauvrissement du lésé? Le texte légal n'exige qu'un dommage provoqué par tromperie, et un dessein d'enrichissement illégitime, sans que ce dernier ne se réalise forcément, et sans qu'il y ait nécessairement identité quantitative ou qualitative entre l'appauvrissement et l'enrichissement: il suffit en définitive que l'avantage recherché et la perte subie procèdent de la même décision. Tel est le cas lors d'une manipulation du cours, lorsque la décision de la victime (en l'occurrence acheter des titres) est directement provoquée par la tromperie voulue par l'auteur. JEAN-RICHARD (op.cit. p. 265 ss) conclut également que le principe de la "Stoffgleichheit" doit se limiter à l'existence d'un rapport de causalité entre l'enrichissement projeté et l'appauvrissement (cf. dans le même sens l' ATF 122 IV 197 , qui admet l'application de l' art. 146 CP aux cas d'escroquerie "au procès" [Prozessbetrug], revenant sur l' ATF 78 IV 84 ). IFFLAND (op.cit. p. 222 ss) parvient également à cette conclusion, qui doit être approuvée. Le fait que les transactions aient pour cadre un marché anonyme n'empêche donc pas non plus la réalisation de la condition du dessein d'enrichissement illégitime. Selon l'exposé de la demande, celui-ci ne paraît certes pas prouvé, mais l'intention de s'enrichir des responsables de J., au préjudice des investisseurs potentiels, fait l'objet des soupçons de l'autorité requérante, qui sont présentés de manière suffisante. cc) En outre, dût-on nier l'existence d'un dessein d'enrichissement illégitime pour les raisons évoquées ci-dessus, les actes décrits n'en tomberaient pas moins sous le coup de l' art. 151 CP qui, sous le titre marginal "atteinte malicieuse aux intérêts pécuniaires d'autrui", prévoit la répression de comportements identiques à ceux visés par l' art. 146 CP , mais commis sans dessein d'enrichissement. La nouvelle disposition de l'art. 151 n'exige plus, en effet, que l'auteur ait agi "par méchanceté" (STRATENWERTH, op.cit. p. 338 no 60). c) Certes, la répression des manipulations de cours au titre de l'escroquerie pose de sérieux problèmes de preuve, notamment quant à l'existence du dessein d'enrichissement illégitime. Ces problèmes ne se présentent pas de la même façon dans le cadre d'une demande d'entraide judiciaire, puisque l'autorité suisse chargée de l'examen d'une telle demande peut se fonder, en l'absence d'inexactitudes ou de lacunes manifestes, sur les seuls soupçons de l'autorité requérante. Ainsi, la condition de la double incrimination est remplie dans le cas d'espèce, les faits décrits dans la demande pouvant, prima facie, être qualifiés d'escroquerie.
public_law
nan
fr
1,996
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6fe80e69-c380-47a5-aca2-66724c54eaf3
Urteilskopf 125 III 293 50. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 15 juin 1999 dans la cause N. (recours LP)
Regeste Konkurs; Qualifikation einer Forderung als Masseverbindlichkeit oder als Konkursforderung. Wird eine Forderung nicht als Masseverbindlichkeit anerkannt, so obliegt es dem Gläubiger, der eine solche behauptet, innert angemessener Frist vor dem Zivilrichter oder vor der zuständigen Verwaltungsbehörde gegen die Konkursmasse zu klagen.
Erwägungen ab Seite 293 BGE 125 III 293 S. 293 Extrait des considérants: 2. Il n'appartient pas aux autorités de surveillance de la poursuite et de la faillite, dont la Chambre de céans, de trancher les litiges qui portent sur la qualification d'une dette comme obligation de la masse ou obligation du failli. La question relève de l'autorité compétente pour statuer sur le fond de la prétention en cause, soit du juge civil ou des autorités et juridictions administratives, suivant la nature du contentieux ( ATF 113 III 148 consid. 1; ATF 106 III 118 consid. 1 et les arrêts cités; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 3e éd., Lausanne 1993, p. 300; AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6e éd., Berne 1997, § 42 BGE 125 III 293 S. 294 n. 8). Si, comme en l'espèce, la dette en question n'est pas reconnue comme une dette de la masse, il appartient au créancier qui soutient que c'est bien le cas d'ouvrir action contre la masse ( ATF 75 III 22 , 57; FAVRE, Droit des poursuites, 3e éd., p. 330; AMONN/GASSER, op. cit., § 48 n. 8). Cette action contre la masse n'est soumise à aucun délai, mais l'administration de la faillite peut menacer le créancier de procéder à la distribution sans tenir compte de sa prétention d'être payé par prélèvement s'il n'ouvre pas action dans un délai convenable ( ATF 75 III 57 ).
null
nan
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1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6fed362e-6ce0-48d3-85ca-1ced7d9f7791
Urteilskopf 140 V 458 58. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit social dans la cause A. contre Caisse suisse de compensation CSC (recours en matière de droit public) 9C_134/2014 du 14 octobre 2014
Regeste Art. 22 ter Abs. 1, Art. 25 Abs. 3, 4 und 5 AHVG ; Art. 49 Abs. 1 und 3 AHVV ; Zusatzrente für Pflegekind. Das Erlöschen des Pflegeverhältnisses im Sinne von Art. 49 Abs. 3 AHVV setzt einen effektiven Übergang der Unterhalts- und Erziehungspflichten von den Pflegeeltern auf die leiblichen Eltern voraus (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 459 BGE 140 V 458 S. 459 A. A., ressortissant suisse, réside à Paris depuis le mois de janvier 2005 en compagnie de son épouse B., ressortissante suisse d'origine lituanienne. Par décisions des 30 août 2007 et 28 mars 2008, la Caisse suisse de compensation (CSC) lui a alloué à compter du 1 er mai 2007 une rente ordinaire simple de vieillesse, respectivement une rente ordinaire simple pour enfant recueilli. Le couple A. et B. a en effet accueilli au mois de septembre 2006 D., ressortissant lituanien, dont il assure depuis lors l'entretien et l'éducation. Par décision du 22 novembre 2011, confirmée sur opposition le 31 janvier 2012, la CSC a constaté que les conditions pour le versement de la rente complémentaire pour enfant n'étaient plus remplies, motif pris que D. était retourné au cours de l'automne 2010 vivre avec son père en Lettonie et qu'il ne pouvait plus être considéré comme enfant recueilli au sens de la législation applicable, et exigé la restitution de la somme de 13'320 fr. à titre de prestations indûment perçues au cours de la période courant du 1 er septembre 2010 au 30 novembre 2011. B. Par jugement du 8 janvier 2014, le Tribunal administratif fédéral a, dans la mesure où celui-ci était recevable, rejeté le recours formé par l'assuré contre cette décision et renvoyé la cause à la CSC afin qu'elle se prononce sur une éventuelle remise de l'obligation de restituer. C. A. interjette un recours en matière de droit public contre ce jugement dont il demande l'annulation. Il conclut implicitement à la poursuite du versement de la rente complémentaire pour enfant versée par l'assurance-vieillesse et survivants. La CSC conclut au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) a renoncé à se déterminer. Le recours a été admis. Erwägungen Extrait des considérants: 3. 3.1 Aux termes de l'art. 22 ter al. 1 LAVS, les personnes auxquelles une rente de vieillesse a été allouée ont droit à une rente pour chacun des enfants qui, au décès de ces personnes, auraient droit à la rente d'orphelin de l'assurance-vieillesse et survivants. Les enfants recueillis par des personnes qui sont déjà au bénéfice d'une rente de vieillesse ou d'une rente d'invalidité allouée antérieurement à BGE 140 V 458 S. 460 celle-ci ne donnent pas droit à une rente, sauf s'il s'agit des enfants de l'autre conjoint. Selon l' art. 25 al. 3 LAVS , le Conseil fédéral règle le droit à la rente d'orphelin pour les enfants recueillis. Faisant application de cette délégation de compétence, le Conseil fédéral a édicté l' art. 49 al. 1 RAVS (RS 831.101), aux termes duquel les enfants recueillis ont droit à une rente d'orphelin au décès des parents nourriciers en vertu de l' art. 25 LAVS , si ceux-ci ont assumé gratuitement et de manière durable les frais d'entretien et d'éducation. En principe, le droit à la rente s'éteint au 18 e anniversaire de l'enfant ou au décès de celui-ci; pour les enfants qui accomplissent une formation, le droit à la rente s'étend toutefois jusqu'au terme de cette formation, mais au plus jusqu'à l'âge de 25 ans révolus (art. 25 al. 4, 2 e phrase, et al. 5 LAVS). L' art. 49 al. 3 RAVS prévoit en outre que le droit s'éteint si l'enfant recueilli retourne chez l'un de ses parents ou si ce dernier pourvoit à son entretien. 3.2 Au sens large, il y a "filiation nourricière" lorsqu'un mineur vit sous la garde de personnes qui ne sont pas ses parents. Ce n'est pas une institution juridique autonome, mais une relation familiale de fait, à laquelle le droit attribue certains effets de la filiation proprement dite (MEIER/STETTLER, Droit de la filiation, 4 e éd. 2014, p. 887 n. 1357). Du point de vue du droit des assurances sociales, l'élément essentiel du statut d'enfant recueilli réside dans le fait que les charges et les obligations d'entretien et d'éducation qui incombent habituellement aux parents naturels sont transférés de façon effective aux parents nourriciers. Les raisons de ce transfert n'ont en revanche pas d'importance; ils fourniront tout au plus un indice sur la nature des relations entre parents nourriciers et enfant recueilli, notamment sur leur caractère de permanence et de gratuité (ATFA 1965 p. 244 consid. 2a p. 245). Les charges et les obligations incombant aux parents nourriciers, notamment sur le plan financier, varient en fonction de la manière dont le lien nourricier s'est développé et ne peuvent être généralisées. Le lien nourricier peut présenter diverses formes qui changent en fonction du but, de la durée, du type de structure d'accueil (cadre familial ou prise en charge institutionnelle), du financement et de l'origine du placement (placement volontaire ou ordonné par l'autorité; arrêt du Tribunal fédéral des assurances I 195/91 du 17 décembre 1991 consid. 3b, in RCC 1992 p. 129). 4. 4.1 Le Tribunal administratif fédéral a considéré que le recourant ne remplissait plus depuis le mois de septembre 2010 les conditions BGE 140 V 458 S. 461 d'octroi de la rente pour enfant, dès lors qu'il ne pouvait plus être considéré comme parent nourricier. En effet, la participation du recourant à l'éducation de D. au travers du financement de ses études et de ses besoins quotidiens en Lettonie ne revêtait pas un caractère suffisamment intense pour faire passer à l'arrière-plan le fait qu'il n'y avait plus de ménage commun et qu'il vivait désormais auprès de son père. 4.2 Le recourant reproche implicitement au Tribunal administratif fédéral d'avoir procédé à une constatation manifestement inexacte des faits pertinents. Il soutient en substance qu'il continuerait à subvenir financièrement aux besoins de D., aussi bien s'agissant de ses études (frais de scolarité) que de sa vie quotidienne, car le père de D. ne disposerait pas de moyens suffisants pour assumer la charge financière de son fils. Le départ de D. pour la Lettonie avait pour objectif de lui permettre de mettre toutes les chances de son côté afin qu'il réussisse ses études, ce qui n'aurait pas été possible s'il était resté à Paris. 5. Le litige porte en fait sur le point de savoir si la CSC était en droit de mettre un terme au versement de la rente complémentaire pour enfant recueilli allouée au recourant, singulièrement sur l'interprétation qu'il convient de donner à l' art. 49 al. 3 RAVS . 5.1 La loi s'interprète en premier lieu selon sa lettre (interprétation littérale). Le Tribunal fédéral ne se fonde cependant sur la compréhension littérale du texte que s'il en découle sans ambiguïté une solution matériellement juste. Il y a lieu de déroger au sens littéral d'un texte clair, lorsque des raisons objectives permettent de penser que le texte ne restitue pas le sens véritable de la disposition en cause et conduit à des résultats que le législateur ne peut avoir voulus et qui heurtent le sentiment de la justice et le principe de l'égalité de traitement. De tels motifs peuvent découler des travaux préparatoires (interprétation historique), du but de la règle, de son esprit, ainsi que des valeurs sur lesquelles elle repose, singulièrement de l'intérêt protégé (interprétation téléologique) ou encore de sa relation avec d'autres dispositions légales (interprétation systématique). Le Tribunal fédéral ne privilégie aucune méthode d'interprétation, mais s'inspire d'un pluralisme pragmatique pour rechercher le sens véritable de la norme ( ATF 138 II 557 consid. 7.1 p. 565 et les références citées). 5.2 L' art. 49 al. 3 RAVS - dont le texte français ne diverge pas des textes allemand et italien - prévoit que le droit à la rente BGE 140 V 458 S. 462 complémentaire pour enfant recueilli s'éteint si l'enfant recueilli retourne chez l'un de ses parents ou si ce dernier pourvoit à son entretien. A première vue, le texte de la disposition est clair: le fait pour l'enfant recueilli de vivre avec l'un de ses parents naturels met un terme au versement de la rente complémentaire pour enfant recueilli. Il convient néanmoins d'examiner si cette interprétation littérale stricte correspond au sens véritable de la disposition ou s'il existe des motifs sérieux de penser que ce texte ne correspond pas en tous points au sens qu'a souhaité lui donner le législateur. 5.3 L' art. 49 al. 3 RAVS doit nécessairement être mis en parallèle avec l' art. 49 al. 1 RAVS . Comme cela a été précédemment mis en évidence, l'élément essentiel du statut d'enfant recueilli, tel qu'il résulte du texte de cette disposition et de la jurisprudence (cf. supra consid. 3.2), réside dans le fait que les charges et les obligations d'entretien et d'éducation qui incombent habituellement aux parents naturels sont transférées aux parents nourriciers. Ce principe a pour corollaire logique que, sous réserve des cas où l'enfant recueilli atteint l'âge de la majorité ou le terme de sa formation, le statut d'enfant recueilli et, partant, le droit à la rente complémentaire ne prennent fin que si les parents nourriciers ne supportent plus les charges et obligations d'entretien et d'éducation. De fait, cette conclusion résulte du texte de l' art. 49 al. 3 RAVS . Les deux hypothèses décrites à cette disposition se distinguent l'une de l'autre par le lieu de résidence de l'enfant. Or dans la mesure où la seconde hypothèse (enfant qui ne réside pas chez l'un de ses parents naturels) précise que le droit à la rente complémentaire pour enfant ne s'éteint que pour autant que l'un des parents naturels pourvoit à son entretien, il y a lieu d'admettre que la première hypothèse (enfant qui réside chez l'un de ses parents naturels) contient la présomption selon laquelle l'un des parents naturels pourvoit à l'entretien de l'enfant, présomption qui peut être renversée par la preuve du contraire. Seule cette interprétation permet en effet d'assurer une cohérence et une coordination efficace entre les deux hypothèses décrites à l' art. 49 al. 3 RAVS et, plus largement, avec l'ensemble de l' art. 49 RAVS . 5.4 Plus généralement, il n'existe aucun motif objectif et raisonnable qui justifie, en l'absence de modification concrète des circonstances qui ont donné lieu à l'ouverture du droit à la rente complémentaire pour enfant recueilli, de traiter de manière différente la situation de l'enfant qui réside chez l'un de ses parents naturels par rapport à celle de l'enfant qui ne réside pas chez l'un de ses parents naturels. BGE 140 V 458 S. 463 5.5 A cette analyse de l' art. 49 RAVS , il convient encore d'ajouter un indice d'ordre historique. Si l'on se réfère au texte allemand des commentaires de l'OFAS rédigés à l'appui des modifications d'ordonnances pour l'application de la 10 e révision de l'AVS (AHI-Praxis 1996 p. 28), il apparaît clairement que le Conseil fédéral a entendu faire dépendre, quelle que soit l'hypothèse envisagée, l'extinction du droit à la rente complémentaire pour enfant de la cessation de la prise en charge de l'entretien et de l'éducation par les parents nourriciers ( Absatz 3 enthält neu den Erlöschenstatbestand bei Aufhebung des unentgeltlichen Pflegeverhältnisses ). 5.6 Compte tenu de l'ensemble de ces éléments, l' art. 49 al. 3 RAVS doit être interprété en ce sens que le droit à la rente complémentaire pour enfant recueilli allouée aux parents nourriciers ne prend fin que lorsque les parents naturels reprennent les charges et obligations d'entretien et d'éducation, que l'enfant réside chez l'un de ses parents ou ailleurs. 6. 6.1 Dans le cas particulier, l'intimée a, en allouant au recourant une rente complémentaire pour enfant recueilli, admis que les charges et les obligations d'entretien et d'éducation relatives à D. avaient été transférées au recourant et à son épouse. En considérant que l'abandon par ce dernier du ménage commun et son départ en Lettonie auprès de son père étaient suffisants pour justifier l'extinction du droit à la rente, le Tribunal administratif fédéral n'a pas examiné le point de savoir s'il y avait effectivement eu rupture du lien nourricier. S'il est vrai que le père de D. héberge son fils chez lui à Riga, il n'est pas contesté qu'il n'est pas en mesure, compte tenu de ses revenus, d'assumer l'entretien de son fils, respectivement de financer ses études et que l'entier de ses charges continue à être supporté par les époux A. et B. La nature du soutien apporté par les époux A. et B. à D. est ainsi demeurée dans son principe la même que celle dont il bénéficiait lorsqu'il résidait à Paris. 6.2 L'absence de ménage commun ou de lien affectif comparable à celui d'un père avec son enfant ne sauraient constituer dans le cas particulier des critères pertinents. Comme cela été précisé précédemment, le lien nourricier peut revêtir des formes différentes en fonction de la manière dont celui-ci s'est développé. Ainsi, la nature du lien nourricier ne sera pas la même selon que l'enfant aura été recueilli en bas âge ou au cours de son adolescence, comme ce fut le BGE 140 V 458 S. 464 cas en l'espèce, et évoluera en fonction des circonstances. Les époux A. et B. ont recueilli D. alors qu'il était âgé de 15 ans afin de lui permettre de se construire un meilleur avenir et lui ont alloué un soutien essentiellement matériel, financier et éducatif. Le fait que D. soit retourné en Lettonie - mais cela aurait pu être une autre destination - pour poursuivre ses études n'a rien d'inhabituel à ce stade de la vie et s'inscrivait dans une perspective de développement personnel et professionnel à laquelle les époux A. et B. entendaient contribuer, et dans la continuité du soutien déjà apporté. Cela vaut d'autant plus en l'occurrence que la poursuite de la formation à Paris n'aurait pas été prometteuse (cf. consid. 4.2 in fine), ce qui n'est pas contesté par la CSC intimée. 6.3 En l'absence de modification des circonstances déterminantes qui ont donné lieu à l'ouverture du droit à la rente complémentaire pour enfant recueilli, il ne se justifiait par conséquent pas de mettre un terme au versement de cette prestation.
null
nan
fr
2,014
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6ff1a826-c6e9-4eee-86ff-008253a87adc
Urteilskopf 90 III 41 10. Arrêt du 23 juin 1964 dans la cause Agustom.
Regeste Art. 269 Abs. 1 und 3 SchKG . Ein Anfechtungsanspruch wird nicht im Sinne dieser Gesetzesnorm "entdeckt", wenn sein Bestehen den Organen des Konkurses nur wegen unentschuldbarer Nachlässigkeit unbekannt geblieben war. Beweisthema und Beweislast. Aufgaben des Richters einer- und der Betreibungsbehörden anderseits. Rechtskraft des Kollokationsplanes und Anerkennung des nach Konkursschluss entdeckten Rechtes.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 90 III 41 S. 42 A.- Ouverte le 23 août 1963, la faillite de Roger Tripet, à Renan, a été clôturée le 9 janvier 1964. Le failli était représenté et assisté par Me Maurice Favre, avocat à La Chaux-de-Fonds. L'office de Courtelary, chargé de la liquidation, avait colloqué définitivement, par préférence sur le produit des gages, une créance de 20 000 fr. que la Banque cantonale bernoise à St-Imier avait annoncée le 27 septembre 1963 au titre d'un prêt, et qui avait été garantie le 26 juin précédent par l'établissement d'une cédule hypothécaire en second rang sur un immeuble d'une valeur de 90 000 fr. environ, déjà lourdement obéré (79 000 fr.). La créancière fut en outre colloquée en 5e classe pour un crédit SEMD de 43 856 fr. (le failli avait indiqué 44 384 fr. les 26/27 août). A la seconde assemblée des créanciers du 28 octobre, aucune demande de cession ne fut formulée. Mais le 8 janvier 1964, Me Favre requit, au nom de la maison Convert et Muller, à Neuchâtel, que l'administration cédât à sa cliente (art. 260 LP), si elle renonçait à l'exercer elle-même, une prétention révocatoire contre la Banque cantonale bernoise; il visait la constitution de gage du 26 juin 1963 (art. 287 ch. 1 LP) et soutenait que le montant "prêté" n'avait jamais été remis au débiteur failli mais avait servi à amortir le compte SEMD. La faillite fut clôturée le matin du jour où l'office, de son propre chef et sans en référer au juge, lui répondit qu'il était à tard, BGE 90 III 41 S. 43 que l'état de collocation n'avait pas été attaqué et, préjugeant le fond, que les pièces en mains de l'administration prouvaient l'octroi d'un prêt. Me Favre s'étant alors référé à l'art. 269 LP, l'office lui objecta que, si l'action révocatoire était réellement justifiée, il l'eût su plus tôt, en sa qualité de défenseur du failli et - dans certains cas - des intérêts de la masse et de la banque. B.- Le 3 avril 1964, un autre avocat de La Chaux-de-Fonds, Me André Nardin, avisa l'office - dans des termes semblables à ceux de Me Favre - que son client Ettore Agustoni, créancier perdant dans la faillite de Tripet, demandait pour le même motif l'application de la procédure de l'art. 269 LP. Le 7, l'office répondit comme à la première demande. Le 16 avril, Agustoni s'est plaint de ce refus. Il allègue que le compte SEMD s'élevait primitivement à 60 000 fr. environ, que, selon le gérant de la banque, Tripet aurait prié celle-ci de disposer du nouveau "prêt" pour l'amortissement du crédit existant et que - à en croire le failli - la créancière elle-même aurait demandé la constitution d'une garantie. Il ajoute que l'art. 288 LP serait de toute manière applicable. Dans ses observations du 22 avril, l'office répète qu'il n'a jamais existé de prétention révocatoire de 20 000 fr. dans la faillite et qu'aucun bien n'a échappé à la masse. Le 20 mai 1964, l'Autorité de surveillance pour les offices des poursuites et des faillites du canton de Berne a rejeté la plainte. A son avis, "ce que tout le monde semble avoir ignoré, c'est que (la) cédule hypothécaire aurait été constituée en garantie d'une dette existante et, partant, qu'elle pourrait faire l'objet d'une action révocatoire". Elle estime en revanche que le créancier plaignant est inexcusable de n'avoir pas découvert plus tôt cette prétention. C.- Celui-ci recourt contre cette décision auprès de la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral. BGE 90 III 41 S. 44 Erwägungen Considérant en droit: 1. Lorsque, la faillite clôturée, l'on découvre des biens qui ont échappé à la liquidation, l'office des faillites en prend possession, les réalise et en distribue le prix sans autre formalité entre les créanciers perdants, suivant leur rang; s'il s'agit d'un droit douteux, il en donne avis à tous les créanciers (RO 48 III 14) par publication ou par lettre et il est procédé conformément aux dispositions de l'art. 260 LP (art. 269 al. 1 et 3 LP). Si des prétentions connues de la masse ne peuvent plus être réalisées après la clôture de la faillite, c'est que le fait de ne pas s'être occupé de leur liquidation antérieurement implique, de la part de la masse, une renonciation à envisager ces éléments d'actifs comme ses biens (RO 41 III 76; 48 III 14 ; 50 III 138 ). Aussi la disposition exceptionnelle de l'art. 269 LP est-elle inapplicable lorsque l'administration de la faillite savait (ou pouvait et devait savoir) que le failli possédait encore d'autres biens, ou si elle a renoncé - peu importe pour quel motif - à comprendre ceux-ci dans la faillite (RO 23 I 399 consid. 3; 23 II 1726 ; 27 I 553 ; 34 I 874 ; 37 II 121 ; 74 III 74 ), ou si enfin la commission des créanciers connaissait l'existence des biens qui ont échappé à la liquidation (RO 80 III 52 consid. 1); il ne suffit pas qu'un seul créancier isolé - par exemple celui qui veut faire valoir une prétention et en réclame la cession - ait été au courant (RO 50 III 138 et 140); il n'est pas nécessaire en revanche que tous l'aient été. L'art. 269 LP vise aussi les prétentions issues de l'action révocatoire (RO 23 II 1725; 58 III 5 ); certes, elles ne faisaient pas partie du patrimoine du débiteur pendant la faillite (RO 73 III 157), mais elles compètent à l'administration (ou aux créanciers individuellement dans les cas des art. 260 et 269 al. 3; art. 285 al. 2 ch. 2 LP). La règle de l'art. 269 est en outre impérative (RO 27 I 554). En vertu d'un droit de représentation légal, l'office peut se charger du procès même après la clôture de la faillite BGE 90 III 41 S. 45 (RO 67 III 181 consid. 2; cf. RO 50 III 39). Tout créancier perdant est en droit de requérir la cession (RO 22 p. 289). 2. Il incombe à l'office des faillites de décider, non certes si un droit contesté appartient à la masse, mais s'il le prétend au nom de celle-ci et de tous les créanciers ou, lorsque ce droit est douteux, s'il l'offrira aux créanciers et le cédera à celui qui le demande (RO 23 I 398). Selon l'arrêt publié au RO 74 III 74, les tribunaux ont accordé de tout temps à celui qui est attaqué en vertu de la cession prévue par l'art. 269 LP la possibilité de contester le droit d'agir du demandeur en excipant de ce que le droit cédé ne constituait pas un bien découvert après la clôture de la faillite (autrement dit, dont l'administration de la faillite avait ignoré jusqu'alors l'existence), que ce droit ne pouvait donc pas être réalisé au profit de la masse et que l'office n'avait par conséquent pas à en disposer (RO 23 II 1724 consid. 4 et 5; 50 III 134 ). Cette jurisprudence repose sur la considération qu'une prétention ne peut être réputée connue que si sont connus tous les faits nécessaires à sa justification et que la question de savoir si l'administration en a eu connaissance avant la clôture de la faillite est ainsi indissolublement liée à celle de savoir quels sont les faits qui peuvent la fonder. Il suit de là que les autorités de surveillance n'ont pas en principe le pouvoir d'annuler une cession ordonnée par l'office, pour la raison qu'elle serait contraire à l'art. 269 LP et que l'on doit réserver au cessionnaire la faculté de soutenir devant le juge que le droit cédé a été découvert après coup. Exceptionnellement, pour éviter des frais et des démarches inopportunes, la voie de la plainte sera ouverte au tiers débiteur dans le cas où, des propres indications de l'office ou des pièces de la faillite, il résulterait clairement que la cession a été accordée à tort. A la lumière de cet arrêt plus récent, ceux publiés au RO 50 III 138 et 73 III 156 voient peut-être leur portée quelque peu restreinte. Il reste que les autorités de surveillance ont parfois résolu la question de la découverte BGE 90 III 41 S. 46 d'un bien après la clôture de la faillite (RO 73 III 157 et les arrêts cités; cette décision préfère toutefois en l'espèce le débat devant le juge). Mais, dans les cas douteux, celles-ci laisseront subsister la cession opérée par l'office. Le principe que l'on peut légitimement inférer de cette jurisprudence, c'est que les autorités de poursuite doivent admettre plutôt volontiers que le cas de l'art. 269 LP est réalisé, quitte à laisser les parties en découdre définitivement devant le juge, mieux informé. 3. Devant le juge, selon la jurisprudence, c'est au créancier qui soutient que la disposition exceptionnelle de l'art. 269 LP s'applique d'établir que les conditions en sont réalisées (RO 23 II 1726 in fine; 50 III 138 ). Toutefois, le dernier arrêt cité sous-entend clairement que le créancier supporte le fardeau de la preuve parce qu'il représente la masse ("... und dass in dieser Frage die Beweislast grundsätzlich den Prozessbeauftragten der Masse trifft"). Il ajoute avec raison que l'on ne doit pas être trop exigeant en ce qui concerne la preuve de la nouveauté, de la découverte. La rigueur n'est en effet guère possible (cf. consid. 2) et, de plus, on ne saurait facilement admettre que l'administration, présumée consciencieuse, a renoncé à un droit connu. Si l'on peut songer à assimiler - comme généralement - le "Kennen" au "Kennenmüssen", "von einem Kennenmüssen kann nur die Rede sein, wenn die Unkenntnis unentschuldbar ist" (dans ce cas, une action en responsabilité est concevable contre les organes de la faillite). Il suit de là que l'office (ou le tiers débiteur qui se plaint) ne peut et ne doit contester la nouveauté que lorsque le dossier et ses propres renseignements lui permettent de penser que les organes de la faillite n'ont pas ignoré la prétention qui lui est signalée après la clôture, ou l'ont ignorée par une négligence inexcusable. Le caractère excusable d'une négligence impliquant une appréciation, un jugement de valeur, les autorités de surveillance BGE 90 III 41 S. 47 doivent s'imposer une certaine réserve quand elles examinent une décision de l'office. Celui-ci n'est pas obligé de conférer avec la personne contre laquelle l'action est dirigée ou de vérifier l'exactitude des faits à la base de l'action (RO 58 III 5). Si un créancier perdant se plaint du refus de l'office, il rapportera la preuve contraire (Quant à son existence, le droit prétendu peut être douteux; si oui, il sera cédé: art. 269 al. 3 LP.) 4. On pourrait croire de prime abord que l'on doit se demander en outre comment concilier l'art. 269 LP avec l'autorité attachée à l'état de collocation entré en force. Il ne s'agit toutefois pas, semble-t-il, de revoir la distribution des deniers opérée selon un tel état, mais de rechercher si un bien qui ne faisait pas encore partie de la masse active doit y être désormais compris (RO 23 I 398). Il n'importerait dès lors que l'on puisse en outre revoir l'état (RO 64 III 140; 87 III 79 ; 88 III 131 ), qui fixe définitivement les créances admises contre le failli et la masse, et n'est point modifié. En fait, la question soulevée vise plutôt les rapports entre l'action révocatoire à exercer et l'état de collocation. Il est hors de doute que la première est ouverte lorsque ses conditions sont réalisées, quels que puissent en être les effets sur le second. En l'espèce, en d'autres termes, la créance garantie par cédule hypothécaire de la Banque cantonale bernoise a été colloquée au rang que la production de la créancière méritait et la décision des organes de la faillite n'a pas été obtenue grâce à des affirmations fallacieuses (RO 88 III 132); simplement, la réalisation éventuelle d'un nouveau bien - la prétention exercée par l'action révocatoire en vue d'écarter la prise en considération du gage dans la liquidation de la faillite, gage qui existe - aboutira en pratique au même résultat qu'une collocation initiale en 5e classe (créances chirographaires) de la créance de 20 000 fr. Si la question se posait néanmoins, on devrait encore se demander si l'autorité de l'état de collocation n'est BGE 90 III 41 S. 48 pas paralysée lorsqu'un fait postérieur l'empêche de se réaliser (RO 52 III 118) et - en outre - si un fait nouveau ne permet pas la revision, tout comme d'un jugement. Quoi qu'il en soit, il n'est pas nécessaire de résoudre ces points en l'espèce, car les conditions de l'art. 269 LP ne sont pas réalisées. 5. Selon les conditions souveraines de la décision attaquée (art. 81 et 63 OJ), "ce que tout le monde semble avoir ignoré, c'est que (la) cédule hypothécaire aurait été constituée en garantie d'une dette existante et, partant, qu'elle pourrait faire l'objet d'une action révocatoire". Reste donc à examiner si le recourant a rapporté la preuve, fût-elle peu rigoureuse, que la masse et ses organes n'ont pas commis une négligence inexcusable en ignorant la possibilité d'une action révocatoire. Il convient de constater d'abord que le recourant n'a guère tenté sérieusement d'éclairer l'office et l'autorité de surveillance en précisant les circonstances dans lesquelles il aurait découvert le droit de la masse, longtemps après qu'un autre créancier eut présenté - encore avant la clôture de la faillite - une requête semblable à la sienne. On sait que le gage fut constitué moins de deux mois avant l'ouverture de la faillite, que le créancier gagiste avait en outre prêté 44 000 fr. sans garantie sérieuse et que l'immeuble grevé supportait déjà une charge hypothécaire de 79 000 fr. sur une valeur cadastrale de 90 000 fr. Dans de telles circonstances, l'administration de la masse devait se poser des questions et rechercher notamment si les fonds récemment "prêtés" avaient été réellement versés au débiteur, dont semble-t-il, la faillite imminente était pressentie, ou s'ils avaient servi à amortir le compte SEMD (qui se serait élevé à 60 000 fr. environ). Dans le premier cas, on pouvait envisager d'invoquer l'art. 288 LP, dans le second, une personne diligente et versée dans l'administration des faillites n'eût pas manqué de songer à l'art. 287 al. 1 ch. 1 LP. De toutes façons, des recherches faciles s'imposaient, que l'office BGE 90 III 41 S. 49 n'a pas entreprises. Il eût été pour le moins indiqué d'examiner la suite des opérations du compte SEMD. Il s'ensuit que la négligence de l'office était inexcusable. Certes, les créanciers risquent d'en pâtir, sauf à ouvrir action en responsabilité contre les membres des organes de la faillite. Mais il ne faut pas oublier qu'ils ont, dans la procédure de vérification des créances et d'établissement de l'état de collocation, tout loisir de rectifier les productions et de contester les décisions que l'administration ou l'assemblée des créanciers prennent à leur sujet. De ce point de vue, on comprend les objections que l'office a faites aux deux créanciers qui ont demandé la cession de la prétention révocatoire. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites rejette le recours.
null
nan
fr
1,964
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6ff64d10-8379-4fdd-aeb1-5095d87bf7ac
Urteilskopf 122 III 458 83. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 18 décembre 1996 en la cause époux L. contre société d'assurances X. (recours en réforme)
Regeste Art. 28 Abs. 2 VVG ; wesentliche Gefahrserhöhung durch einen Berufswechsel. In der Unfallversicherung stellt ein Berufswechsel nur dann eine Gefahrserhöhung dar, wenn der neue Beruf den Versicherten grösseren oder häufigeren Gefahren aussetzt als der frühere (E. 3a). Eine Gefahrstatsache ist wichtig für die Abschätzung des Risikos, wenn dem Versicherer vernünftigerweise zugebilligt werden muss, er hätte bei Kenntnis der neuen Umstände die Aufrechterhaltung des Vertrages verweigert oder den Vertrag nur mit einschränkenderen oder unvorteilhafteren Bedingungen weitergeführt (E. 3b/aa). Art. 28 Abs. 2 (am Ende) VVG bedeutet, dass die Gefahrserhöhung auf einer Tatsache beruhen muss, zu welcher der Versicherer bei Abschluss des Vertrages schriftlich bestimmte und unzweideutige Fragen gestellt hat; er bedeutet nicht, dass der Versicherungsnehmer eine Zusicherung über die Entwicklung dieser Gefahrstatsache abgegeben haben muss (E. 3b/bb).
Sachverhalt ab Seite 459 BGE 122 III 458 S. 459 Le 15 mars 1988, L. a signé pour sa future épouse une proposition d'assurance individuelle contre les accidents adressée à la société d'assurances X., qui l'a acceptée; sous la rubrique "Professions et activités" de la proposition, il a indiqué que sa future épouse était "employée". Après son mariage, dame L. a d'abord travaillé comme aide-infirmière dans des établissements médico-sociaux; elle a ensuite décidé de se prostituer dans un salon de massage qu'elle a ouvert avec son mari le 10 avril 1989. Le 29 mai 1989, dame L. a été agressée par un inconnu; elle est depuis lors invalide à un taux qui varie entre 50% et 100% selon les médecins et les méthodes d'évaluation. A réception de l'avis de sinistre, la société d'assurances X. a déclaré se départir du contrat pour le motif que l'aggravation du risque constituée par le changement de profession ne lui avait pas été déclarée. Par jugement du 5 février 1996, la Cour civile du Tribunal cantonal du canton de Vaud a rejeté l'action des époux L. en paiement des prestations d'assurance. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours en réforme interjeté par les demandeurs contre ce jugement. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) Il convient tout d'abord d'examiner si le changement de profession de la demanderesse entraînait une aggravation du risque. En effet, un changement de profession n'implique pas en lui-même une aggravation du risque dans l'assurance contre les accidents; il BGE 122 III 458 S. 460 faut encore que la profession nouvelle expose l'assuré à des dangers plus graves ou plus fréquents que l'ancienne ( ATF 53 II 268 consid. 4; MORITZ KUHN in MORITZ KUHN/PASCAL MONTAVON, Droit des assurances privées, 1994, p. 221; BERNARD VIRET, L'aggravation et les autres modifications du risque en droit suisse des assurances privées, in: RSA 54/1986 p. 87). En l'espèce, la demanderesse travaillait auparavant comme aide-infirmière dans des établissements médico-sociaux. En cette qualité, elle n'était pas exposée à des risques d'accident particuliers. Les demandeurs évoquent le risque de contracter accidentellement une grave maladie en milieu hospitalier, de s'y irradier par une machine défectueuse, de s'y blesser en transportant un patient: ces hypothèses apparaissent respectivement sans pertinence pour le risque d'accident, fantaisiste s'agissant d'un établissement médico-social et peu démonstrative d'un risque particulier. En revanche, comme l'a constaté à juste titre la cour cantonale en se fondant sur l'expérience générale de la vie, les risques d'accidents indirectement liés à l'activité de prostituée, même exercée non dans la rue mais dans un salon de massage, sont incontestablement plus élevés, le risque d'être agressé par un client étant bien réel. Dès lors, la cour cantonale a considéré à bon droit que le changement de profession de la demanderesse entraînait une aggravation du risque d'accident. b) Il ne suffit toutefois pas que les faits constitutifs du risque assuré se soient aggravés pour que les art. 28 al. 1 et 30 al. 1 LCA (RS 221.229.1) trouvent application; encore faut-il que cette aggravation puisse être qualifiée d'essentielle. Selon l' art. 28 al. 2 LCA , l'aggravation du risque est essentielle si elle porte sur un fait qui est important pour l'appréciation du risque ( art. 4 LCA ) et dont les parties avaient déterminé l'étendue lors de la conclusion du contrat. aa) S'agissant de la première condition posée par l' art. 28 al. 2 LCA , selon laquelle l'aggravation doit porter sur un fait important pour l'appréciation du risque, l' art. 4 LCA déclare importants tous les faits de nature à influer sur la détermination de l'assureur de conclure le contrat ou de le conclure aux conditions convenues (al. 2); il répute importants les faits au sujet desquels l'assureur a posé par écrit des questions précises, non équivoques (al. 3). Selon la jurisprudence, l'aggravation du risque est décisive lorsque l'on doit admettre que l'assureur aurait refusé de maintenir le contrat s'il avait connu les circonstances nouvelles ou ne l'aurait maintenu qu'à d'autres conditions, plus restrictives ou plus onéreuses ( ATF 53 II 268 ; ATF 116 II 338 consid. 3). Point n'est toutefois besoin d'une BGE 122 III 458 S. 461 certitude à cet égard; une conclusion raisonnable suffit ( ATF 99 II 67 consid. 4c p. 78/79; cf. ROELLI/KELLER, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Band I, 2e éd., 1968, p. 98 et les arrêts cités; ANDREA CANTIENI, Gefahrserhöhung mit Zutun des Versicherungsnehmers nach Art. 28 VVG, thèse St-Gall 1994, p. 31/32 et les références citées). En l'espèce, la profession de la demanderesse avait fait l'objet de la part de la défenderesse d'une question précise, non équivoque. En outre, la cour cantonale a constaté, de manière à lier le Tribunal fédéral en instance de réforme ( art. 63 al. 2 OJ ), que les contrats assurant l'activité de péripatéticienne sont soumis de cas en cas à la direction de la défenderesse, qui accepte ou non la proposition d'assurance et fixe les primes en cas d'acceptation. Les premiers juges pouvaient donc raisonnablement conclure, sans violer le droit fédéral, que le changement d'activité de la demanderesse était de nature à influer sur la détermination de la défenderesse de maintenir le contrat, tout au moins aux mêmes conditions. bb) La deuxième condition posée par l' art. 28 al. 2 LCA , selon laquelle l'aggravation du risque doit porter sur un fait dont les parties avaient déterminé l'étendue lors de la conclusion du contrat, est sujette à controverse. Selon la doctrine dominante, elle signifie simplement qu'entrent seuls en considération pour l'aggravation du risque les faits à propos desquels l'assureur avait préalablement posé par écrit des questions précises, non équivoques (VIRET, in: RSA 54/1986 p. 86/87; le même, Droit des assurances privées, 3e éd., 1991, p. 108; WILLY KÖNIG, Schweizerisches Privatrecht, Band VII/II, 1979, p. 596/597; ALFRED MAURER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd., 1995, p. 261 note 572; CANTIENI, op.cit., p. 40; BRUNO FLUELER, Die Gefahrserhöhung im Privatversicherungsvertrag, thèse Fribourg 1933, p. 25/26; ROBERT KURMANN, Betrügerische Handlungen des Versicherungsnehmers, thèse Berne 1944, p. 57; MICHEL DE KALBERMATTEN, L'aggravation du risque en matière d'assurance, thèse Berne 1933, p. 38/39; EDUARD HARMS, Die Gefahrserhöhung im Versicherungsvertrag, Thèse Zurich 1956, p. 72/73; HANS KRENGER, die Gefahrstatsachen im schweizerischen Privatversicherungsrecht, thèse Berne 1957, p. 57; BURKHARD GANTENBEIN, Die ausserordentliche Beendigung des Versicherungsvertrages, thèse Zurich 1939, p. 90). Pour d'autres auteurs en revanche, elle doit être comprise en ce sens que l'aggravation du risque est pertinente seulement si le preneur d'assurance a émis, lors de la conclusion du contrat, une garantie concernant l'évolution du fait important BGE 122 III 458 S. 462 pour l'appréciation du risque qui a subi une modification (ROELLI/KELLER, op.cit., p. 400/401; KUHN, op.cit., p. 224); tel ne serait en principe pas le cas des renseignements sur la profession ou sur l'activité exercée (ROELLI/KELLER, op.cit., p. 401; KUHN, op.cit., p. 220). Après avoir apparemment adopté la première solution dans un arrêt ancien ( ATF 43 II 534 consid. 3 p. 538), le Tribunal fédéral a plus récemment laissé la question indécise ( ATF 99 II 67 consid. 4f p. 84). L'on ne saurait déduire du texte de l' art. 28 al. 2 LCA - qui parle d'un fait "dont les parties avaient déterminé l'étendue lors de la conclusion du contrat", en allemand "deren Umfang die Parteien beim Vertragsabschlusse festgestellt haben" - l'exigence d'une garantie contractuelle (KRENGER, op.cit., p. 57; KURMANN, op.cit., p. 57; FLUELER, op.cit., p. 25/26). Une telle exigence n'aurait d'ailleurs en fin de compte aucun effet dans la mesure où elle conduirait simplement les assureurs à insérer dans leurs formules de proposition d'assurance une clause conférant un caractère de garantie à tous les faits qui ont donné lieu à déclaration (CANTIENI, op.cit., p. 41; HARMS, op.cit., p. 73). Il y a dès lors lieu d'approuver la solution de la doctrine dominante, qui correspond seule à l'esprit de la loi. L'aggravation du risque est ainsi essentielle au sens de l' art. 28 al. 2 LCA lorsqu'elle porte sur des faits qui sont importants pour l'appréciation du risque et au sujet desquels l'assureur avait lors de la conclusion du contrat posé par écrit des questions précises, non équivoques. Il s'ensuit qu'en l'espèce, la cour cantonale a qualifié à bon droit d'essentielle l'aggravation du risque due au changement de profession, celle-ci ayant fait l'objet lors de la conclusion du contrat d'une question précise.
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CH_BGE
CH_BGE_005
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Federation
6ffb5543-fbc2-4791-b12e-26b039128904
Urteilskopf 93 IV 81 20. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Oktober 1967 i.S. Zulli gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 33 Abs. 1 StGB . Notwehr und Putativnotwehr. 1. Eine unmittelbare Bedrohung für Leib oder Leben liegt vor, wenn konkrete Anzeichen einer Gefahr eine Verteidigung nahelegen. Die blosse Aussicht, dass ein Streitgespräch mit Tätlichkeiten enden könnte, reicht dazu nicht aus (Erw. a). 2. Auch der vermeintlich Bedrohte muss Umstände nachweisen, die bei ihm den Glauben erwecken konnten, er befinde sich in einer Notwehrlage (Erw. b).
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 93 IV 81 S. 81 Aus dem Tatbestand: A.- Zulli ist 1922 in Cassano (Kalabrien) geboren. Seit 1963 war er als Handlanger bei einer Baufirma in Brugg tätig. Er wohnte zusammen mit andern Süditalienern, die der gleichen Arbeitsgruppe angehörten, in Wohlen bei seinem Vorarbeiter Vollenweider. Im Sommer 1965 kam es zwischen Zulli und seinen aus San Lorenzo stammenden Landsleuten Vincenzi, Francese, Armentano und Cersosimo zu Spannungen und Reibereien; diese konnten es nicht ausstehen, dass jener sie rügte und sich in Abwesenheit des Vorarbeiters dazu berufen fühlte, ihnen Anleitungen oder Weisungen zu erteilen. BGE 93 IV 81 S. 82 Am 14. Juli 1965 gerieten Zulli und Vincenzi in Brugg in Streit, weil dieser behauptete, jener habe ihn beim Vorarbeiter angeschwärzt. Der Streit endete damit, dass Vincenzi dem Zulli einen Kessel an den Kopf warf und ihn verletzte. Zulli ersuchte daraufhin seine Vorgesetzten umsonst, ihn in eine andere Gruppe zu versetzen. Die Spannungen hielten an. Die vier Arbeiter aus San Lorenzo gingen mehr und mehr darauf aus, Zulli ein längeres Verbleiben in der Gruppe Vollenweider unerträglich zu machen, indem sie ihn mit Drohungen einzuschüchtern suchten, in seiner Gegenwart Messer schliffen oder ihn mit unheimlichen Geschichten aus der Heimat plagten. Am 21. August 1965 kaufte Zulli sich in einem Kaufhaus in Wohlen ein Brotmesser, das eine 15 cm lange, spitze Klinge hatte und mit einem Wellenschliff versehen war. Dieses Messer wollte er fortan, wenn er abends ausginge, auf sich tragen, um sich gegen seine Landsleute aus San Lorenzo verteidigen zu können. Am Samstag den 28. August 1965 trank er zusammen mit Bekannten eine Flasche Wein und einige Flaschen Bier. Gegen 19 Uhr steckte er das Messer in seine rechte Hosentasche und verliess das Zimmer. Er beabsichtigte, sich in die Anglikerstrasse an das Italienerfest zu begeben. In der Kappelstrasse kamen ihm auf dem gleichen Trottoir Vincenzi und Armentano entgegen. Als sie sich einander bis auf 1-2 m genähert hatten, sagte Armentano zu Zulli, jetzt komme derjenige (Vincenzi), der ihn (Zulli) züchtigen werde (E venuto quello che ti mette a posto). Es kam zu einem kurzen Wortwechsel, bei dem Zulli von seinen Gegnern erfahren wollte, warum sie ihn immer so hetzten. Dann zog Zulli plötzlich das Brotmesser und versetzte Vincenzi einen 12,5 cm tiefen Stich in die rechte Brustseite. Als Armentano ihm daraufhin das Messer entreissen wollte, stach er auch diesem in die Brust. Vincenzi brach sogleich zusammen und verblutete, bevor er in ein Spital eingeliefert werden konnte. Armentano verlor ebenfalls viel Blut, konnte aber noch gerettet werden und das Spital nach drei bis vier Wochen verlassen. B.- Das Geschworenengericht des Kantons Aargau erklärte Zulli am 24. August 1966 der vorsätzlichen Tötung sowie des vollendeten Versuchs hiezu schuldig und verurteilte ihn unter Zubilligung verminderter Zurechnungsfähigkeit zu dreizehn Jahren Zuchthaus. C.- Mit der Nichtigkeitsbeschwerde, die vom Bundesgericht BGE 93 IV 81 S. 83 abgewiesen wurde, machte Zulli insbesondere geltend, das Geschworenengericht habe die Bestimmungen über die Notwehr zu Unrecht nicht angewendet. Erwägungen Aus den Erwägungen: Notwehr setzt nach Art. 33 Abs. 1 StGB unter anderem voraus, dass jemand angegriffen wird oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht oder schon begonnen hat, fehlt dagegen, wenn er bereits vorbei oder noch nicht zu erwarten ist. Ein Irrtum hierüber ist nach Art. 19 StGB zu beurteilen. Der Angegriffene braucht freilich nicht zu warten, bis es zu spät ist, sich zu wehren; doch verlangt die Unmittelbarkeit der Bedrohung, dass jedenfalls Anzeichen einer Gefahr vorhanden sind, die eine Verteidigung nahelegen, mit andern Worten, dass objektiv eine Notwehrlage besteht. Solche Anzeichen liegen z.B. dann vor, wenn der Angreifer eine drohende Haltung einnimmt, sich zum Kampfe vorbereitet oder Bewegungen macht, die in diesem Sinne gedeutet werden können (vgl. BGE 44 II 151 ). Erforderlich ist zudem, dass die Tat zum Zwecke der Verteidigung erfolgt; Handlungen, die nicht zur Abwehr eines Angriffes unternommen werden, sondern blosser Rache oder Vergeltung entspringen, fallen nicht unter den Begriff der Notwehr. Das gleiche gilt von Handlungen, die darauf gerichtet sind, einem zwar möglichen aber noch unsichern Angriff vorzubeugen, einem Gegner also nach dem Grundsatz, dass der Angriff die beste Verteidigung ist, zuvorzukommen und ihn vorsorglich kampfunfähig zu machen (vgl. GERMANN, Das Verbrechen, S. 216; WAIBLINGER, Schweiz. Juristische Kartothek, Karte 1205 Ziff. 9-11). a) Nach dem angefochtenen Urteil begann der kurze Wortwechsel damit, dass Armentano zu Zulli sagte: "E venuto quello che ti mette a posto." Ob die Vorinstanz den Sinn dieses Satzes erfasst habe, ist zweifelhaft, kann jedoch dahingestellt bleiben; denn der Beschwerdeführer hat die darin enthaltene Anspielung auf eine tätliche Auseinandersetzung, wie aus seinen Aussagen im Verfahren erhellt, nicht als ernsthafte Bedrohung ausgelegt. Die Verteidigung anerkannte in der Hauptverhandlung ebenfalls, dass Zulli sich in dieser Phase des Geschehens nicht in einer Notwehrlage befand. Nach der Frage an seine Gegner, warum sie ihn immer so reizten, zog BGE 93 IV 81 S. 84 er laut seinen Angaben vom 28. August 1965, die das Geschworenengericht für zutreffend hält, aber sofort das Messer und versetzte Vincenzi den tödlichen Stich. Dass ihn dieser unmittelbar vorher angegriffen oder auch nur irgendwie bedroht hätte, machte Zulli nicht geltend. Auf die Frage der Polizei, warum er denn ohne jeglichen Grund einfach zugestochen habe, antwortete er vielmehr unter Hinweis auf den Vorfall von Brugg, er habe befürchtet, auch heute wieder von Vincenzi angegriffen zu werden, habe aber nicht ein zweites Mal warten wollen; um einem Angriff zuvorzukommen, habe er das Messer aus der Hosentasche gezogen und augenblicklich auf Vincenzi eingestochen. Seine Tat an Vincenzi war somit keine Notwehr, sondern eine brutale und heimtückische Angriffshandlung, von der seine Gegner denn auch völlig überrascht wurden. Von Armentano sodann, der ihm das Messer entreissen wollte, wurde er nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz erst angegriffen, als Vincenzi bereits tödlich verletzt am Boden lag. Das Einschreiten Armentanos war Notwehr, gegen die es nicht wieder Notwehr gibt. Dass Zulli eine Auseinandersetzung befürchtete, hat das Geschworenengericht nicht übersehen. Er tat dies jedoch nicht gestützt auf Wahrnehmungen am Tatort, sondern weil Vincenzi ihn bereits einmal tätlich angegriffen und zusammen mit den andern Arbeitern aus San Lorenzo seit Wochen mit Drohungen geplagt hatte. Er machte sich denn auch seit mindestens Samstag den 21. August, als er das Messer kaufte, auf eine Auseinandersetzung gefasst. Unter diesen Umständen vermag seine Befürchtung die Voraussetzungen der Notwehr nicht zu ersetzen. Wenn die Berufung auf Notwehr nicht zum Vorwand werden soll, einen Gegner ungestraft verletzen oder gar umbringen zu können, so kann der Nachweis einer unmittelbaren Bedrohung nicht leichthin als erbracht angesehen werden; die blosse Aussicht, dass ein Streitgespräch mit Tätlichkeiten enden könnte, reicht dazu jedenfalls nicht aus. b) Das gilt sinngemäss auch für den Fall, wo jemand irrtümlich annimmt, er werde angegriffen oder sei unmittelbar mit einem Angriff bedroht, sei es, dass er eine Bewegung des Gegners falsch auslegt oder eine Bedrohung ernst nimmt, obwohl sie bloss als Scherz oder Stichelei gemeint war, und sich wehrt. Auch der vermeintlich Angegriffene oder Bedrohte muss Umstände nachweisen, die bei ihm den Glauben erwecken konnten, BGE 93 IV 81 S. 85 er befinde sich in einer Notwehrlage. Die blosse Vorstellung von der Möglichkeit eines Angriffes oder einer unmittelbaren Bedrohung genügt nicht zur Annahme, dass er in Putativnotwehr gehandelt habe ( BGE 44 II 152 ). Der Beschwerdeführer hat schon im kantonalen Verfahren behauptet, er habe sich jedenfalls angegriffen und in unmittelbarer Lebensgefahr geglaubt, weshalb ihm zumindest Putativnotwehr zugebilligt werden müsse. Ob er solcher Meinung gewesen sei, ist nicht Rechts -, sondern Tatfrage (vgl. WAIBLINGER, a.a.O. Ziff. 12). Das Geschworenengericht hat sie, wenn nicht ausdrücklich, so doch dem Sinne nach verneint. Es führt aus, dass Zulli der Auseinandersetzung mit seinen Landsleuten aus dem Wege gegangen wäre, wenn er tatsächlich Angst und die Überzeugung gehabt hätte, er werde angegriffen oder es stehe ihm unmittelbar ein Angriff bevor. Zulli habe auch keinerlei äussern Anlass zu einem Irrtum gehabt, da es bloss zu einem heftigen Palaver gekommen sei und die Begegnung auf offener Strasse, inmitten von Passanten und zu einer Zeit, als es noch taghell war, stattgefunden habe. Mit dieser Beweiswürdigung, die den Kassationshof bindet, ist nicht nur der behaupteten Putativnotwehr, sondern auch einem angeblichen Rechtsirrtum über den Umfang des Notwehrrechtes der Boden entzogen. Wenn der Beschwerdeführer sich weder tatsächlich noch vermeintlich in einer Notwehrlage befand, so ist unerfindlich, was ihn hätte glauben machen können, er dürfe Vincenzi und Armentano kurzerhand niederstechen.
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de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
6ffd978d-f3a4-4afd-87d9-1a44972e7385
Urteilskopf 125 V 278 44. Auszug aus dem Urteil vom 15. September 1999 i.S. H. gegen Konkordia, Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung, und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 31 Abs. 1 KVG ; Art. 17, 18 und 19 KLV : Amalgamsanierung. Die Kosten einer Amalgamsanierung sind auch nach der Neuregelung der Leistungspflicht bei zahnärztlichen Behandlungen durch den Gesetzgeber nicht von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung zu decken.
Sachverhalt ab Seite 278 BGE 125 V 278 S. 278 A.- Der 1944 geborene H. stellte am 26. September 1996 ein Gesuch um Kostengutsprache für eine Amalgamsanierung. Nach Beizug ihres Vertrauensarztes Prof. Dr. Dr. A., Chefarzt der Klinik für Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie am Spital X, lehnte die Konkordia, Schweizerische Kranken- und Unfallversicherung (nachfolgend: Konkordia), mit Verfügung vom 6. Februar 1997 eine Leistungspflicht ab. Mit Einspracheentscheid vom 20. Juni 1997 hielt sie an ihrem Standpunkt fest. B.- H. liess gegen diesen Entscheid Beschwerde erheben und beantragen, die Konkordia habe ihm die für die in Aussicht genommene Amalgam- bzw. Palladiumsanierung erforderlichen Leistungen abzugelten, eventualiter sei sie zur Übernahme der Kosten für die Abklärung der Ursachen der gesundheitlichen Beschwerden zu verpflichten. (...). Mit Entscheid vom 30. April 1998 wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. (...). C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt H. wiederum die Abgeltung der für die in Aussicht genommene Amalgam- bzw. Palladiumsanierung erforderlichen Leistungen durch die Konkordia (...) beantragen. Die Konkordia schliesst (...) auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; (...). Das Bundesamt für Sozialversicherung hat sich nicht vernehmen lassen. BGE 125 V 278 S. 279 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Materiellrechtlich streitig und zu prüfen ist, ob die Konkordia die Kosten für die in Aussicht genommene Amalgam- bzw. Palladiumsanierung zu übernehmen hat. 3. a) Die Kosten der zahnärztlichen Behandlung werden - wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat - von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nur übernommen, wenn diese - alternativ - durch eine schwere, nicht vermeidbare Erkrankung des Kausystems bedingt ist ( Art. 31 Abs. 1 lit. a KVG ), durch eine schwere Allgemeinerkrankung oder ihre Folgen bedingt ist ( Art. 31 Abs. 1 lit. b KVG ) oder zur Behandlung einer schweren Allgemeinerkrankung oder ihrer Folgen notwendig ist ( Art. 31 Abs. 1 lit. c KVG ). Zahnärzte und Zahnärztinnen sind für Leistungen nach Art. 31 KVG den Ärzten und Ärztinnen gleichgestellt ( Art. 36 Abs. 3 KVG ). b) In Art. 33 Abs. 2 und 5 KVG ist der Bundesrat beauftragt worden, u.a. die Leistungen nach Art. 31 Abs. 1 KVG für zahnärztliche Behandlungen näher zu bezeichnen oder diese Aufgabe dem Departement oder dem Bundesamt zu übertragen. Der Bundesrat hat von seiner Befugnis zur Übertragung der Aufgabe Gebrauch gemacht. Er hat das Departement (des Innern) beauftragt, die zahnärztlichen Behandlungen gemäss Art. 31 Abs. 1 KVG nach Anhören der zuständigen Kommission zu bezeichnen ( Art. 33 lit. d KVV ). Das Departement hat in der von ihm erlassenen Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) diese zahnärztlichen Behandlungen in den Art. 17-19a aufgelistet. Art. 17 KLV beschlägt die Pflichtleistungen des Krankenversicherers bei schwerer, nicht vermeidbarer Erkrankung des Kausystems. In der bis Ende 1998 gültig gewesenen und hier massgebenden Fassung nennt Art. 18 KLV die Pflichtleistungen bei Folgezuständen schwerer Allgemeinerkrankungen (konsekutive Behandlung) und Art. 19 KLV bei zahnärztlicher Behandlung, die der Behandlung einer schweren Allgemeinerkrankung oder ihrer Folgen vorausgeht (vorausgehende Behandlung). Art. 19a KLV zählt die zahnärztlichen Behandlungen auf, die durch ein Geburtsgebrechen bedingt sind. 4. a) Der Beschwerdeführer machte zur Begründung seines Gesuchs um Kostenübernahme Gesundheitsschäden mit Krankheitswert geltend, die durch die Entfernung seiner Amalgamfüllungen behoben würden. Er legte diverse Analyse- und Diagnoseberichte bei. So hatte er sich am 11. Juni 1996 bei Prof. Dr. med. Z. einer Quecksilberanalyse unterzogen, anlässlich welcher eine den BGE 125 V 278 S. 280 WHO-Grenzwert deutlich übersteigende Quecksilberaufnahme festgestellt worden war. Daraus schloss der Spezialist, dass eine Gesundheitsgefährdung auf längere Sicht nicht auszuschliessen sei; gleichzeitig bezeichnete er den Zustand der Füllungen als mangelhaft (stark angegriffen). Die von Dr. med. L., Neuroradiologisches und Radiologisches Institut Y, angefertigten MRI Aufnahmen des Gehirns zeigten ausser einer grösseren Schleimhautzyste keine pathologischen Befunde; erwähnt wurde die Möglichkeit einer leichten Hirnatrophie (Bericht vom 10. Juli 1996). Dr. med. habil. D., Internist/Umweltarzt, schliesslich diagnostizierte am 15. August 1996 eine Autoimmunerkrankung durch Metalle und Zahnherde mit toxischer Enzephalopathie (hirnorganisches Psychosyndrom) mit schwerer Hirnatrophie und MS-like disease und Alopezia areata, Riesen-Oberkiefer-Zysten mit Nebenhöhlenbeteiligung, toxisches Stottern, röntgenologisch Metall-Allergien Typ IV mit Depots der Allergene im Kieferknochen, eitrige Osteomyelitis im Kiefer, Kiefergelenksarthrose, Enzymdefekt zum Giftabbau sowie alpha 1-Mikroglobulin-Erhöhung mit Nierenaffektion. b) Der von der Krankenkasse beigezogene Vertrauensarzt Prof. Dr. Dr. med. A. bezeichnete die von Dr. med. habil. D. gestellten Diagnosen am 21. Oktober 1996 als medizinisch nicht akzeptabel und in keiner Weise nachvollziehbar. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 17. April 1997 unterschied er zwischen den medizinisch-spezifischen Diagnosen wie toxische Enzephalopathie, Hirnatrophie, MS-like-disease, Alopecia areata und den kieferspezifischen Erkrankungen wie Riesen-Oberkiefer-Zysten, Nasennebenhöhlenaffektionen, Osteomyelitis des Kiefers, Kiefergelenksarthrose. Er führte aus, erstere Erkrankungen fielen nicht in sein Fachgebiet, die kieferspezifischen Erkrankungen hingegen könnten nicht in Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Amalgamfüllungen und einer allfälligen Amalgamintoxikation gebracht werden. Gestützt auf die Äusserungen des Vertrauensarztes lehnte die Konkordia eine Leistungspflicht aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ab. c) Die Vorinstanz wies die dagegen eingereichte Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung ab, die vom Versicherten geltend gemachten Allgemeinerkrankungen seien in Art. 19 KLV nicht enthalten. Die diagnostizierten Erkrankungen des Kausystems sodann seien laut Prof. Dr. med. Z. die Folge der stark angegriffenen und daher übermässig Quecksilber freisetzenden Amalgamfüllungen, weshalb sie bei Instandhalten der Füllungen BGE 125 V 278 S. 281 vermeidbar gewesen wären. Der Auffassung, die in der KLV nicht aufgeführte amalgamfreie Sanierung der Zähne stelle eine Lücke dar, könne nicht gefolgt werden. d) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gerügt, die Begründung der Vorinstanz, wonach die Gesundheitsschädigung nur auf den mangelhaften Zustand der Amalgamfüllungen zurückzuführen sei, sei unhaltbar. Für die Zysten, die Osteomyelitis und die Kiefergelenksarthrose bestehe eine Leistungspflicht gemäss Art. 17 KLV . Die Nasennebenhöhlenaffektion liege ausserhalb der zahnärztlichen Behandlung und somit innerhalb des Leistungsbereichs der Krankenversicherung. Zutreffend sei, dass das Eidg. Versicherungsgericht unter der Geltung des KUVG das Ersetzen von Amalgamfüllungen nicht als Pflichtleistung der Krankenkassen qualifiziert habe, doch sei im Bereich der zahnärztlichen Behandlungen eine völlige Neugestaltung vorgenommen worden. Was Art. 18 KLV betreffe, liege nicht zwingend eine abschliessende Aufzählung vor. 5. Dem Beschwerdeführer ist vorab insoweit beizupflichten, als die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, wonach nicht das Vorhandensein von Amalgamfüllungen als solchen, sondern der Umstand, dass diese stark angegriffen seien und somit übermässig Quecksilber freisetzen würden, zu Gesundheitsbeschwerden geführt habe, unzulässig ist. Wohl wurde in der Analysenbewertung vom 11. Juni 1996 der Zustand der Amalgamfüllungen als mangelhaft bezeichnet; doch kann daraus in Anbetracht der sehr hohen Quecksilberbelastung des Beschwerdeführers - eine Tagesbelastung entspricht 317,5% des WHO-Grenzwertes - nicht gefolgert werden, bei Instandhalten der Amalgamfüllungen wäre mit keiner übermässigen Quecksilberbelastung zu rechnen. Darauf ist indessen nicht näher einzugehen, da sich der vorinstanzliche Entscheid an sich nicht auf diese Aussage abstützt, sondern auf die Erkenntnis, dass die Amalgam- bzw. Palladiumsanierung keine Pflichtleistung der obligatorischen Krankenversicherung darstellt. 6. Wie Vorinstanz und Beschwerdeführer zutreffend darlegen, ist die Zahnbehandlung nach konstanter Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts zum alten Recht nicht als Pflichtleistung der Krankenkassen anerkannt worden und zwar unabhängig davon, welche Auswirkungen das Zahnleiden und seine Behandlung auf die Gesundheit der versicherten Person hatte ( BGE 124 V 190 Erw. 3b, 198 Erw. 1c, BGE 120 V 195 Erw. 2b, BGE 116 V 116 Erw. 1b je mit Hinweisen). Das Eidg. Versicherungsgericht hat in diesem Zusammenhang erkannt, dass die anlässlich einer Zahnsanierung vorgenommene Entfernung von Amalgam- und BGE 125 V 278 S. 282 Chrom-Kobalt-Legierungen infolge Allergie keine Pflichtleistung der Krankenkasse darstelle (RKUV 1995 Nr. K 968 S. 143). Die Leistungspflicht wurde sodann verneint für eine Zahnbehandlung bei kardialen Komplikationen ( BGE 116 V 114 ), desgleichen für eine zahnprothetische Versorgung nach Karzinomoperation (RKUV 1990 Nr. K 836 S. 135) und bei einer Zahnbehandlung, die als Folge einer von der Krankenkasse übernommenen therapeutischen Massnahme (Radiotherapie) notwendig geworden war (RSKV 1981 Nr. 454 S. 150 Erw. 3, 1977 Nr. 276 S. 29 Erw. 2). Das Gericht hat schliesslich festgestellt, dass nur der Gesetzgeber diese gesetzliche Ordnung gemäss KUVG, deren Anwendung zu im Ergebnis als hart und unbefriedigend empfundenen Entscheiden geführt hat, ändern könne ( BGE 120 V 195 Erw. 2b mit Hinweisen). Bei der Schaffung des neuen Rechts sollte am Grundsatz, wonach die Kosten für zahnärztliche Behandlungen nicht der Krankenversicherung zu überbinden sind, nichts geändert werden. Die für die Neuregelung der Krankenversicherung eingesetzte Expertenkommission schlug hingegen vor, der Krankenversicherung die Kosten jener zahnärztlichen Behandlungen zu übertragen, welche durch eine schwere Krankheit oder ihre Folgen bedingt oder die zur Behandlung einer schweren Krankheit oder ihrer Folgen notwendig seien. Dabei empfahl sie, die zu übernehmenden Fälle abschliessend in den Durchführungsbestimmungen aufzuzählen (Bericht der Expertenkommission zur Revision der Krankenversicherung vom 2. November 1990, S. 52). Die bundesrätliche Vorlage an die eidgenössischen Räte folgte im Wesentlichen diesen Empfehlungen (Botschaft über die Revision der Krankenversicherung vom 6. November 1991, BBl 1992 I 132). Bei der Beratung der Vorlage setzte sich die Auffassung durch, dass durch die gegebenen Möglichkeiten der Mund- und Zahnhygiene und der Prophylaxe der Grossteil der Zahnschäden vermeidbar und die Kosten der Behandlung daher nicht der obligatorischen Krankenversicherung zu überbinden seien (Amtl.Bull. 1992 S 1301 f., Amtl.Bull. 1993 N 1843 f.). Hinsichtlich der von der obligatorischen Krankenversicherung zu übernehmenden Zahnbehandlungskosten einigten sich die Räte auf die in Erwägung 3 hievor dargelegte Regelung. Das Eidg. Versicherungsgericht hat erkannt, dass die Liste der zu zahnärztlichen Behandlungen Anlass gebenden Krankheiten in den Art. 17-19 KLV , entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, abschliessend ist ( BGE 124 V 193 Erw. 4 und 347 Erw. 3a). BGE 125 V 278 S. 283 7. Zu prüfen ist demnach im Folgenden, ob die Leiden des Beschwerdeführers unter die in den Art. 17-19 KLV aufgeführten, zu zahnärztlichen Behandlungen Anlass gebenden Krankheiten fallen. a) Was zunächst die vom Beschwerdeführer geltend gemachten kieferspezifischen Erkrankungen anbelangt, können diese nach überzeugender Auffassung des Spezialisten Prof. Dr. Dr. A. nicht in Zusammenhang mit dem Vorhandensein von Amalgamfüllungen und einer eventuellen Amalgamintoxikation gebracht werden. Die Amalgamintoxikation ist sodann bei den in Art. 17 KLV aufgelisteten Erkrankungen des Kausystems nicht erwähnt. Oberkiefer-Zysten, Nasennebenhöhlenaffektionen, Osteomyelitis des Kiefers sowie Kiefergelenksarthrose schliesslich bedingen keine Amalgamsanierung, sodass deren Vorhandensein, Schwere und Vermeidbarkeit nicht weiter geprüft werden müssen. Damit ist über eine allfällige Leistungspflicht der Krankenkasse für die Behandlungen der Beschwerden als solche - ausser einer Amalgamsanierung - nichts entschieden. b) Der Beschwerdeführer macht sodann - wie die Vorinstanz zutreffend erwogen hat - zu Recht nicht geltend, dass die zahnärztliche Behandlung durch eine in Art. 18 KLV aufgeführte Allgemeinerkrankung bedingt sei. Eine Pflichtleistung der Krankenkasse kann daher aus dieser Bestimmung nicht abgeleitet werden. c) Abschliessend ist zu prüfen, ob das Krankheitsbild des Beschwerdeführers zu den in Art. 19 KLV aufgeführten schweren Allgemeinerkrankungen oder ihren Folgen gehört, die eine vorausgehende zahnärztliche Behandlung notwendig machen und einen Leistungsanspruch zu begründen vermöchten. Dass Amalgamunverträglichkeit als solche oder eine der verschiedenen, grossteils umstrittenen Diagnosen in der Aufzählung des Art. 19 KLV enthalten wäre, behauptet der Beschwerdeführer ebenfalls zu Recht selber nicht. Die Beschwerden sind in der abschliessenden Liste nicht aufgeführt, sodass eine Leistungspflicht der Krankenkasse entfällt. 8. Zum Argument des Beschwerdeführers, in der heutigen Situation und unter Berücksichtigung der neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse lasse sich die Praxis betreffend Leistungspflicht für Amalgamsanierungen nicht mehr halten, kann der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass es dem Eidg. Versicherungsgericht im Rahmen der Überprüfungsbefugnis von Verordnungen nicht verwehrt ist, der Frage nachzugehen, ob eine Krankheit in den BGE 125 V 278 S. 284 entsprechenden Verordnungsbestimmungen zu Unrecht nicht aufgeführt ist. Dabei hat es sich allerdings aus zwei Gründen grosse Zurückhaltung aufzuerlegen: a) Zunächst handelt es sich bei der Krankenpflege-Leistungsverordnung um eine departementale Verordnung, deren Änderung und fortlaufende Anpassung an die Bedürfnisse der Praxis einfach sind. Einer Beschlussfassung durch den Gesamtbundesrat bedarf es nicht; eine departementale Vorlage genügt. b) Zum andern liegt der Aufzählung der Krankheiten in Art. 17-19 KLV eine Konsultation der Eidg. Kommission für allgemeine Leistungen zu Grunde ( Art. 33 lit. d und Art. 37a lit. b KVV ). Eine richterliche Ergänzung der Liste würde ohnehin eine vorgängige Anhörung von Experten voraussetzen, was geraume Zeit in Anspruch nähme und erst noch den Nachteil hätte, dass im Falle einer richterlichen Ergänzung die Liste der Krankheiten nicht auf einheitlicher fachmännischer Beurteilung beruhen würde. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nichts vorgebracht, was das Eidg. Versicherungsgericht trotz der gebotenen Zurückhaltung veranlassen könnte, eine Aufnahme der Leiden des Beschwerdeführers in die Liste der Krankheiten von Art. 18 oder 19 KLV näher in Prüfung zu ziehen.
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de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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700195a3-fe77-4fa8-ad4c-49174a70a71f
Urteilskopf 115 II 156 27. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1989 i.S. M. gegen X. Versicherungsgesellschaft (Berufung)
Regeste Art. 47 OR . Genugtuung zugunsten von Angehörigen. Verneinung eines Genugtuungsanspruchs des Vaters eines durch Selbstunfall der Mutter getöteten Kleinkindes insbesondere mit Rücksicht auf die eheliche Solidarität im gemeinsamen Leiden (E. 2). Beachtlichkeit dieses Umstandes gegenüber dem Haftpflichtversicherer des Fahrzeughalters (E. 1 und E. 2a).
Sachverhalt ab Seite 156 BGE 115 II 156 S. 156 A.- Mit einem geliehenen Personenwagen verursachte die Ehefrau von M. am 23. Oktober 1985 bei der Ausführung eines Überholmanövers in Ottenbach einen Selbstunfall, bei dem sie schwer und ihr sechs Monate altes Kind tödlich verletzt wurde. B.- Als Vater des getöteten Kindes klagte M. am 10. November 1987 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen den Haftpflichtversicherer des Fahrzeughalters, die X. Versicherungsgesellschaft, auf Zahlung von Fr. 25'000.-- Genugtuung nebst Zins. Am 26. August 1988 wies das Handelsgericht die Klage ab. C.- Der Kläger führt gegen dieses Urteil Berufung und beantragt dessen Aufhebung sowie die Gutheissung der Klage, eventuell BGE 115 II 156 S. 157 die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist diese ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Für Personen- und Sachschäden aus dem Betrieb eines Motorfahrzeugs haftet dessen Halter kausal und auch ohne Verschulden des Lenkers ( Art. 58 Abs. 1 SVG ). Trifft den Lenker ein Verschulden, ist der Halter dafür wie für eigenes Verschulden verantwortlich ( Art. 58 Abs. 4 SVG ). Das vor Handelsgericht behauptete Eigenverschulden des Halters ist im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen, da nach dem verbindlichen Beweisergebnis der Vorinstanz ( Art. 63 Abs. 2 OG ) ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen der angeblich unterbliebenen Arretierung der Rücksitzlehne und dem Tod des Kindes ausgeschlossen ist ( BGE 109 II 469 E. 4c); ob und inwieweit die gefälligkeitshalber erfolgte Überlassung des Autos ( Art. 305 OR ) den Halter entlastet hätte, kann offenbleiben. Gleich wie beim Schadenersatz richtet sich die Zusprechung von Genugtuung aus Motorfahrzeughaftpflicht nach den Grundsätzen von Art. 41 ff. OR ( Art. 62 Abs. 1 SVG ). Gemäss Art. 47 OR kann der Richter unter Würdigung der besonderen Umstände, mithin nach Recht und Billigkeit ( Art. 4 ZGB ), den Angehörigen eines Getöteten eine angemessene Geldsumme als Genugtuung zusprechen. Bei der Beurteilung der Frage, ob besondere Umstände eine Genugtuung rechtfertigen, steht dem Richter ein weites Ermessen zu (TERCIER, L'évolution récente de la réparation du tort moral ..., in SJZ 80/1984 S. 56). Wie im vorliegenden Fall geschehen, kann der Geschädigte aufgrund von Art. 65 Abs. 1 SVG statt den Halter unmittelbar dessen Haftpflichtversicherer belangen. Das gesetzliche Forderungsrecht hat zur Folge, dass der Versicherer unter den gleichen Voraussetzungen und im gleichen Umfang haftet wie der Halter. Da dieser kausal, der Lenker aber nur für Verschulden gemäss Art. 41 OR haftet, trifft die vom Kläger kritisierte Annahme der Vorinstanz, die Haftung der Versicherung könne nicht weiter gehen als die des Lenkers, so allgemein nicht zu. Im angefochtenen Urteil kommt ihr indessen lediglich die zutreffende Bedeutung zu, dass auch von der Beklagten als Versicherung des Halters keine Genugtuung verlangt werden kann, wenn es im Verhältnis zwischen BGE 115 II 156 S. 158 dem Kläger und seiner Ehefrau als Fahrzeuglenkerin an den nach Art. 47 OR vorausgesetzten Umständen fehlt. Art. 58 SVG hat bloss zur Folge, dass der mit dem Lenker nicht identische Halter ausser für die von ihm selbst verursachten sowie die objektiven Umstände auch für solche Umstände einzustehen hat, die ausschliesslich vom schädigenden Lenker verursacht worden sind. Vermöchten jedoch diese Umstände bei gegebenem Verschulden keinen Genugtuungsanspruch gegen den Lenker zu begründen, können sie auch nicht Anspruchsgrundlage gegenüber dem Halter sein; dieser kann sich als mit dem Lenker solidarisch haftender Schuldner ( Art. 60 Abs. 1 SVG ) auf das Fehlen eines gemeinsamen Entstehungsgrundes ( Art. 145 Abs. 1 OR ) berufen. 2. Da der Halter kausal haftet, ist für die Zusprechung von Genugtuung nicht erforderlich, dass die besonderen Umstände nach Art. 47 OR dem Schädiger oder Haftpflichtigen zum Verschulden gereichen ( BGE 110 II 165 f. E. 2c mit Hinweis; OFTINGER, Haftpflichtrecht Allgemeiner Teil, S. 295; OFTINGER/STARK, Haftpflichtrecht Besonderer Teil, Bd. II/2, S. 275 Rz. 624; BREHM, N. 18 und 20 zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, in: Strassenverkehrsrechts-Tagung 1988, S. 11; PETER STEIN, Die Genugtuung, 4. A. 1987, S. 5). Die Genugtuung bezweckt denn auch nicht die Bestrafung (BREHM, N. 36 und 44 ff. zu Art. 47 OR ; STEIN, a.a.O. S. 3), sondern ausschliesslich den Ausgleich für erlittene Unbill, indem das Wohlbefinden anderweitig gesteigert oder dessen Beeinträchtigung erträglicher gestaltet wird ( BGE 102 II 22 ; OFTINGER, a.a.O. S. 290 f.; BREHM, N. 6 ff. zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, S. 3 f.). Ob und in welcher Höhe Genugtuung zuzusprechen ist, hängt demnach entscheidend von der Schwere der Unbill und der Aussicht ab, dass die Zahlung eines Geldbetrags den körperlichen oder seelischen Schmerz spürbar lindern wird. Wieweit das Verschulden den Schmerz vergrössern kann und deshalb trotz des nichtpönalen Charakters der Genugtuung selbst bei reiner Kausalhaftung mitzuberücksichtigen ist ( BGE 112 II 133 und BGE 110 II 166 , je mit Hinweisen; BREHM, N. 33-37, 73, 75 zu Art. 47 OR ; TERCIER, Die Genugtuung, S. 16 f.; KLAUS HÜTTE, Genugtuungsrecht im Wandel, SJZ 84/1988 S. 170 f.), braucht vorliegend nicht untersucht zu werden. a) Nach den vorinstanzlichen Feststellungen sind der Kläger und seine Ehefrau durch den Tod des gemeinsamen Kindes schwer betroffen. Aus Treue zu seiner Frau habe der Kläger ihr gegenüber eine Genugtuungsforderung nicht einmal in Betracht gezogen und BGE 115 II 156 S. 159 wäre damit angesichts des seelischen Schmerzes der Mutter und der einem Geldausgleich entgegenstehenden Solidarität der Ehegatten im gemeinsamen Leiden auch nicht durchgedrungen. Dass sich unter diesen Umständen keine Genugtuung rechtfertigt, entspricht der Lehre und Rechtsprechung. Was Ehegatten an gemeinsamen Schmerz erlitten haben, soll nicht zu gegenseitigen Genugtuungsforderungen führen; dem steht das eigene Leid des belangten Partners (BREHM, N. 40 zu Art. 47 OR ; ROBERT GEISSELER, Haftpflicht und Versicherung im revidierten SVG, Diss. Freiburg 1980, S. 146) wie überhaupt die Zurückhaltung entgegen, mit der solche Forderungen unter Ehegatten und Verwandten zugelassen werden (OFTINGER, a.a.O. S. 298; BREHM, N. 116 zu Art. 47 OR ; TERCIER, L'évolution récente, a.a.O.; TERCIER, Die Genugtuung, S. 12; GEISSELER, a.a.O.). Zurückhaltung ist erst recht geboten, wenn der Betroffene dem Schädiger verziehen hat ( BGE 63 II 219 ; OFTINGER, a.a.O.; BREHM, N. 39 zu Art. 47 OR ; zum Ganzen auch HÜTTE, Die Genugtuung bei Tötung und Körperverletzung, 2. A., Ziff. 1.5, 1.7, 2.2.2). Zurückhaltung bedeutet jedoch keinen Ausschluss von Genugtuungsansprüchen unter Ehegatten und Angehörigen schlechthin (so etwa STEIN, a.a.O. S. 3; a.A. HÜTTE, SJZ 84/1988 S. 173 f., im Falle eines Kindes, dessen tödlicher Unfall vom einen Elternteil verursacht worden ist). Zurückhaltung drängt sich namentlich deshalb auf, weil enge und dauerhafte Beziehungen nicht durch richterliches Eingreifen gefährdet werden sollen. Diese Gefahr wird nicht schon dadurch beseitigt, dass die Genugtuung ihrer Funktion nach Ausgleich und nicht Strafe ist. Der Ausgleich wirkt sich für den Verpflichteten als Belastung aus und wird von ihm zwangsläufig als Strafe empfunden. Im Schutz der Gemeinschaft liegt sodann ein weiterer Grund gegen die Auffassung des Klägers, wonach die ehelichen Beziehungen die Genugtuung nur gegenüber seiner Ehefrau, jedoch nicht gegenüber dem Halter und dessen Versicherung ausschlössen. Hätten diese Genugtuung zu leisten, weil es ihnen verwehrt wäre, der Anwendung von Art. 47 OR die ehelichen Beziehungen entgegenzuhalten, könnte die nach Art. 41 OR als Solidarschuldnerin haftende Ehefrau ( Art. 60 Abs. 1 SVG ) auf dem Regressweg belangt werden. Auch deshalb muss der Halter und dessen Versicherer die Genugtuung aus in der Beziehung des Geschädigten zum Schadensverursacher liegenden Gründen verweigern dürfen (vgl. BGE 63 II 220 sowie den in SJZ 77/1981 S. 286 f. wiedergegebenen BGE 115 II 156 S. 160 Entscheid der freiburgischen Cour d'appel; zur Stellung der Versicherung OFTINGER, a.a.O. S. 299). b) Im Rahmen von Art. 47 OR hat die Vorinstanz entgegen der Auffassung des Klägers zu Recht (BREHM, N. 117 zu Art. 47 OR ; GEISSELER, a.a.O. S. 147) zusätzlich berücksichtigt, dass eine dem Kläger zugesprochene Genugtuung voraussichtlich auch der Ehefrau zugute gekommen wäre, die dann aus dem allein von ihr verursachten Unfall Nutzen gezogen hätte. Über die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob und inwieweit er bessergestellt gewesen wäre, wenn der Tod des Kindes zum Scheitern der Ehe geführt hätte, kann nur gemutmasst werden, so dass darauf nicht einzugehen ist.
public_law
nan
de
1,989
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CH_BGE_004
CH
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7004ab8d-b42e-4c14-b14b-edd379b686d4
Urteilskopf 101 IV 354 84. Urteil des Kassationshofes vom 9. Oktober 1975 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Küderli.
Regeste 1. Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 und 7 Satz 2 BetMG (Fassung vom 3.10.1951). Das besonders ausgeprägte Streben nach Gewinn, bei dem der Täter sich bedenkenlos über die durch Gesetze gezogenen Schranken hinwegsetzt, ist gewinnsüchtig, gleichgültig, ob er seinen Lebensunterhalt statt mit ehrlicher Arbeit durch die Straftat finanzieren oder ob er seine Sucht nach Drogen befriedigen will (Erw. 3). 2. Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB . Schiebt der Sachrichter den Strafvollzug im Sinne dieser Bestimmungen auf, weil er aus den Umständen schliesst, dass der unverzügliche Vollzug der Freiheitsstrafe die Erfolgsaussichten einer schon begonnenen und aussichtsreichen Heilbehandlung eines Drogensüchtigen ernsthaft gefährden werde, so hat er das ihm zustehende Ermessen nicht überschritten (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 355 BGE 101 IV 354 S. 355 A.- In der Zeit vom Sommer 1971 bis Januar 1974 hat Küderli Betäubungsmittel besessen, aufbewahrt, angeboten, in Verkehr gebracht, gekauft, sonstwie erlangt, verkauft und irgendwie abgegeben, sowie Präparate gemäss Art. 7 BetMG (Lysergid) ohne Bewilligung in den Handel gebracht. Küderli hat die Betäubungsmittel teils selber konsumiert, in geringem Umfange verschenkt und darüber hinaus während langer Zeit in recht grossem Stil einen Drogenhandel betrieben. Er hat insgesamt ungefähr 930 g Haschisch, 50 g Heroin, mindestens 170 g Opium, 220 g Morphium und 500 LSD-Tabletten verkauft und 1000 g Haschisch vermittelt. Der Wert der umgesetzten Betäubungsmittel betrug über Fr. 75'000.--, der Reingewinn ca. Fr. 10'000.--. B.- Am 22. November 1974 sprach das Bezirksgericht Zürich Küderli der wiederholten und fortgesetzten Widerhandlung gegen Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 und 6 des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel schuldig und verurteilte ihn zu 20 Monaten Gefängnis, abzüglich 125 Tage erstandener Untersuchungshaft. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es im Sinne von Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB einstweilen auf. Ferner erteilte es dem Angeklagten die Weisung, mindestens ein Jahr in einer therapeutischen Wohngemeinschaft zu verbleiben. Sodann stellte es Küderli unter Schutzaufsicht. Endlich wurde der Verurteilte verpflichtet, den unrechtmässig erzielten Vermögensvorteil im Betrage von Fr. 17'532.50 an die Staatskasse des Kantons Zürich abzuliefern. Am 6. Februar 1975 bestätigte das Obergericht des Kantons Zürich das erstinstanzliche Urteil im Schuld- und Strafpunkt, schob den Vollzug der Strafe auf, ordnete eine ambulante psychotherapeutische Behandlung gemäss Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 StGB an und stellte Küderli für die Dauer der Massnahme unter Schutzaufsicht. Der Verurteilte wurde ausserdem verpflichtet, den unrechtmässig erzielten Vermögensvorteil von Fr. 17'400.-- an die Staatskasse des Kantons Zürich abzuliefern. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidg. Nichtigkeitsbeschwerde. Sie beantragt Bestrafung BGE 101 IV 354 S. 356 Küderlis wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz; ferner verlangt sie Anordnung des Vollzuges der Freiheitsstrafe, eventuell verbunden mit einer ambulanten Behandlung. D.- Küderli beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Beschwerdegegner habe sich der qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Ziff. 1 Abs. 2 und 7, Satz 2 strafbar gemacht. Nach diesen Bestimmungen kann in schweren Fällen auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren erkannt werden, wenn der Täter aus Gewinnsucht gehandelt hat und der Fall schwer wiegt. Ob das letztere zutrifft, beurteilt sich nach den objektiven und subjektiven Umständen des Einzelfalles, welche der Sachrichter festzustellen hat. Ob diese Umstände schwer im Sinne des Gesetzes sind, ist eine Rechtsfrage, welche der Kassationshof frei überprüfen kann. Da es sich aber bei der "Schwere" des Falles nicht um einen eindeutig bestimm- und abgrenzbaren Begriff handelt, bei dessen Anwendung Rechts-, Tat- und Ermessensfragen vielfach praktisch kaum ausscheidbar ineinander greifen, lässt der Kassationshof dem Sachrichter, welcher den Verhältnissen näher steht, einen gebührenden Ermessensspielraum und greift erst ein, wenn der Sachrichter diesen überschritten hat oder von falschen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist. 2. In objektiver Hinsicht wiegen die dem Beschwerdegegner zur Last gelegten Taten schwer. Er hat über eine lange Zeitdauer in recht grossem Stil den Drogenhandel betrieben. Der Wert der umgesetzten oder vermittelten Ware betrug über Fr. 75'000.--, und der daraus erzielte Reingewinn machte ca. Fr. 10'000.-- aus. Auch subjektiv hat die Vorinstanz - zwar stillschweigend - einen schweren Fall angenommen. 3. Was die Gewinnsucht anbelangt, hat sie das Bezirksgericht Zürich verneint. Derselben Auffassung - allerdings mit der Einschränkung, es handle sich um einen Grenzfall - ist die Vorinstanz. Sie führt im angefochtenen Urteil zwar einerseits in zutreffender Weise sinngemäss aus, der Begriff der Gewinnsucht sei im Betäubungsmittelgesetz derselbe wie im Strafgesetzbuch ( BGE 100 IV 264 E. 3). Anderseits fügt sie BGE 101 IV 354 S. 357 dem von der Rechtsprechung entwickelten Begriff ein weiteres Merkmal bei, indem sie sagt, um Gewinnsucht zu bejahen, müsse das Streben auf erheblichen Gewinn gerichtet sein. Wer aber wie der Beschwerdegegner mit dem Drogenhandel lediglich den normalen Lebensunterhalt und die Mittel zum eigenen Drogenkonsum anstrebe, handle nicht gewinnsüchtig. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Einmal setzt Gewinnsucht nicht voraus, dass die geldwerten Vorteile erheblich seien. Der Täter braucht nicht einen überdurchschnittlichen Lebensstandard anzustreben. Es genügt, dass er ohne Begehung der Strafhandlung nicht in den Genuss entsprechender Vorteile gelangen würde ( BGE 100 IV 264 f., BGE 94 IV 100 , BGE 89 IV 17 ). Ferner hängt das Merkmal der Gewinnsucht nicht davon ab, wie der Täter den erlangten geldwerten Vorteil verwendet. Das besonders ausgeprägte Streben nach Gewinn, wobei der Täter sich bedenkenlos über die durch Gesetze gezogenen Schranken hinwegsetzt, ist gewinnsüchtig, gleichgültig, ob er seinen Lebensunterhalt statt durch ehrliche Arbeit durch die Straftat finanzieren oder ob er seine Sucht nach Alkohol, Drogen usw. befriedigen will. Im vorliegenden Falle steht fest, dass der Beschwerdegegner während längerer Zeit in ansehnlichem Ausmass den Drogenhandel betrieben hat. Er ist ferner, wie die Vorinstanz feststellt, gewerbsmässig und gewinnstrebend vorgegangen; er hat sich mit grosser Hemmungs- und Skrupellosigkeit um des Gewinnes wegen über das Gesetz hinweggesetzt. In der zweiten Hälfte des Jahres 1973 betrieb er den Drogenhandel besonders zielstrebig und intensiv. Als er keiner Arbeit mehr nachging, verbrauchte er den durch den erwähnten Handel mit Betäubungsmitteln erzielten Gewinn zur Bestreitung seines Lebensunterhalts sowie zur Beschaffung von Drogen für den Eigenbedarf. Damit ist erstellt, dass der Beschwerdegegner gewinnsüchtig gehandelt hat. Die Beschwerde ist demnach in diesem Punkte gutzuheissen und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den Beschwerdegegner wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz verurteile und die Strafe neu zumesse. 4. Die Vorinstanz hat den Vollzug der Strafe aufgeschoben und eine ambulante psychotherapeutische Behandlung durch oder unter der Aufsicht einer von der zuständigen Behörde BGE 101 IV 354 S. 358 zu bezeichnenden Klinik im Sinne von Art. 44 StGB angeordnet. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Strafvollzug anzuordnen. Der Richter kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe aufschieben, um der Art der ambulanten Behandlung Rechnung zu tragen (Art. 44 Ziff. 1 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB ). Die ambulante Behandlung soll aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht dazu missbraucht werden, den Vollzug der Strafe zu umgehen oder ihn auf unbestimmte Zeit hinauszuschieben. Das kommt im französischen Text klarer zum Ausdruck: "...le juge pourra suspendre l'exécution de la peine si celle-ci n'est pas compatible avec le traitement." Der Aufschub des Strafvollzugs muss also aus Gründen der Heilbehandlung hinreichend gerechtfertigt sein (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Kassationshofes vom 3.10.1975 i.S. Brunner). Welche Wirkungen der Vollzug der Freiheitsstrafe auf die notwendige Behandlung der Drogensüchtigkeit haben wird, ist weitgehend eine Ermessensfrage. Soweit erforderlich, holt der Sachrichter den Bericht eines zuständigen Experten ein. Im vorliegenden Falle war der Beschwerdegegner schwer drogensüchtig. Während der Untersuchungshaft traten bei ihm starke Entzugssymptome auf, die den notfallmässigen Zuzug eines Facharztes notwendig machten. Dieser musste dem Beschwerdegegner mit stark dämpfenden Medikamenten über die schlimmste Zeit hinweghelfen. Anlässlich seiner Entlassung aus der Haft am 22. Mai 1974 galt der Beschwerdegegner von der Drogensucht als körperlich entzogen. Kurz darnach, anfangs Juni 1974, trat er freiwillig in die therapeutische Wohngemeinschaft "Kleine Marchmatt" ein, seither wird er fachmännisch betreut. Die Behandlung hat sich bisher bewährt. Sie ist indes noch nicht abgeschlossen. Zwar gibt eine vor dem Urteil begonnene ambulante Behandlung keinen Anspruch auf Aufschub des Strafvollzugs nach Art. 43 Ziff. 2 Abs. 2 StGB . Anderseits kann der Sachrichter am Umstand, dass eine Heilbehandlung bereits im Gange ist, nicht achtlos vorüber gehen. Findet er, der unverzügliche Vollzug der Freiheitsstrafe würde die Erfolgsaussichten einer schon begonnenen und aussichtsreichen Heilbehandlung ernsthaft gefährden, wird er den Strafvollzug im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung aufschieben. BGE 101 IV 354 S. 359 Die Vorinstanz stellt fest, die bisherige psychotherapeutische Behandlung habe sich, auch bei Berücksichtigung der inzwischen eingetretenen Veränderungen hinsichtlich des Aufenthaltsortes und des Berufes, bewährt und es bestehe Aussicht, dass die Behandlung weiterhin erfolgreich sei. Unter diesen Umständen rechtfertige es sich, den Vollzug der Strafe aufzuschieben. Diese Würdigung der Vorinstanz überschreitet das ihr zustehende Ermessen nicht; der Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe und die Weiterführung der Heilbehandlung verletzen demnach Bundesrecht nicht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Beschwerdegegner wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das BetMG zu verurteilen und die Strafe neu zuzumessen ist. Im übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.
null
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de
1,975
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Federation
7006fae1-abca-4da2-bb33-730dfb0e7feb
Urteilskopf 116 III 28 7. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8. Januar 1990 i.S. Radio TV Obrist AG (Rekurs)
Regeste Ausstellung des definitiven Verlustscheins in der Lohnpfändung (Art. 93, 115 Abs. 1 und 149 Abs. 1 SchKG). Der Gläubiger hat erst nach Ablauf eines Jahres seit Vollzug der Lohnpfändung Anspruch auf Ausstellung eines Verlustscheins in der Höhe jenes Betrages, für den die Betreibungssumme aus den eingegangenen Lohnquoten nicht gedeckt werden kann.
Sachverhalt ab Seite 29 BGE 116 III 28 S. 29 In der Betreibung Nr. 2364 gegen den Schuldner A. M. stellte das Betreibungsamt Obersimmental am 27. Juni 1989 die Pfändungsurkunde aus. Da nicht genügend pfändbarer Lohn vorhanden war, bezeichnete das Betreibungsamt die Pfändungsurkunde als provisorischen Verlustschein im Sinne von Art. 115 SchKG . Mit Schreiben vom 11. August, 17. August und 17. Oktober 1989 verlangte die Gläubigerin Radio TV Obrist AG die Ausstellung eines definitiven Verlustscheins. Das wurde vom Betreibungsamt Obersimmental, nachdem die Gläubigerin sich auch noch telefonisch an dieses gewandt hatte, verweigert. Eine gegen die Weigerung des Betreibungsamtes gerichtete Beschwerde der Gläubigerin wurde von der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern abgewiesen. Ebenso wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts, an welche die Gläubigerin diesen Entscheid weiterzog, den Rekurs ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. In ihrer Eingabe an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts führt die Rekurrentin aus, die Kollokation in der Lohnpfändung gegen A. M. habe nach Ablauf des Lohnpfändungsjahres ein der Gläubigerin zustehendes Guthaben von Fr. 5.-- ergeben. Schon jetzt sei erwiesen, dass die Zwangsvollstreckung im vorliegenden Fall mit einem Verlust enden werde; die der Gläubigerin zustehende Lohnquote vermöge nicht einmal die bisher entstandenen (und allfällige weitere) Kosten zu decken. Zur Begründung ihrer Auffassung, dass das Betreibungsamt zur Ausstellung eines definitiven Verlustscheins verpflichtet sei, beruft sich die Rekurrentin auf FRITZSCHE/WALDER (Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Band I, Zürich 1984, S. 464 ff.) und auf die Praxis der Betreibungsämter in den Kantonen Zürich und Basel, wo die Ausstellung des definitiven Verlustscheins auf Wunsch des Gläubigers vor Ablauf des Lohnpfändungsjahres üblich sei. BGE 116 III 28 S. 30 2. Weder Rechtsprechung noch Lehre stützen den Standpunkt der Rekurrentin: a) In BGE 95 I 416 f. E. 5 (auch veröffentlicht in JdT 118/1970 II, S. 92 ff.) hat das Bundesgericht ausgeführt, gemäss Art. 149 SchKG werde ein definitiver Verlustschein ausgestellt, wenn der an der Pfändung teilnehmende Gläubiger für seine Forderung oder einen Teil derselben aus dem Erlös der gepfändeten Sache nicht gedeckt werde, der provisorische, wenn nach der Schätzung des Betreibungsbeamten bei der Pfändung nicht genügend Vermögen vorhanden sei. Provisorisch sei der Verlustschein in diesem Fall, weil sich bei einer Nach- oder Ergänzungspfändung oder bei der Verwertung der gepfändeten Sache ergeben könne, dass der Gläubiger für seine Forderung doch noch befriedigt werde. Unter Hinweis auf BLUMENSTEIN (Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 498) hat das Bundesgericht sodann erklärt, der provisorische Verlustschein bleibe solange in Kraft, bis die Betreibung vollständig durchgeführt sei und ein definitiver Verlustschein ausgestellt werde. Einen Anspruch auf Ausstellung eines Verlustscheins im Sinne von Art. 149 SchKG hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts in BGE 97 III 29 f. E. 2 erkannt, weil der Schuldner die gepfändeten Gegenstände verkauft hatte und infolge Wegzugs ins Ausland nicht darüber befragt werden konnte, wer die Käufer waren. Da deshalb die Frage des gutgläubigen Besitzerwerbs in einem Widerspruchsverfahren nicht abgeklärt werden konnte, sei dem Betreibungsamt nichts anderes übriggeblieben, als die hängigen Betreibungsverfahren abzuschliessen. Es hätte also den zu Verlust gekommenen Pfändungsgläubigern wie im Falle einer fruchtlosen Pfändung oder Verwertung mit ungenügendem Erlös von Amtes wegen (definitive) Verlustscheine ausstellen sollen. Nach BGE 74 III 80 ff. war ein (definitiver) Verlustschein auszustellen, weil keine pfändbaren Gegenstände vorhanden waren. Dem hier zu beurteilenden Fall am nächsten kommt, da es dort ebenfalls um eine Lohnpfändung ging, BGE 54 III 115 ff. E. 2. Es lag dort aber ein - aus heutiger Sicht - besonderer Fall vor, weil der Schuldner während der Dauer der Lohnpfändung arbeitslos wurde. In diesem besonderen Fall und unter der Voraussetzung, dass der Gläubiger auf den Fortbestand der Pfändung verzichte, hat die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer dem Gläubiger BGE 116 III 28 S. 31 grundsätzlich das Recht zuerkannt, gestützt auf Art. 149 SchKG die Ausstellung eines Verlustscheins zu verlangen; doch hat sie im konkreten Fall den Rekurs der Gläubigerin gutgeheissen, weil diese keinen Verlustschein ausgestellt haben wollte. In einem Entscheid vom 27. Mai 1930 (ZR 31/1932 Nr. 36) hat das Obergericht des Kantons Zürich zwar die Ausstellung eines (definitiven) Verlustscheins als zulässig bezeichnet, weil nach vollzogener Lohnpfändung der Schuldner seine Arbeitsstelle aufgegeben hatte, sein Aufenthalt unbekannt war und der Gläubiger auf den Fortbestand der Pfändung verzichtet hatte. JAEGER/DAENIKER (N. 1 zu Art. 149 SchKG ) weisen aber zutreffend darauf hin, dass es sich hier um einen Ausnahmefall handelte. Der Entscheid hat, soweit ersichtlich, in der zürcherischen Praxis keine Bestätigung gefunden; und die Rekurrentin liefert denn auch für ihre Behauptung, in den Kantonen Zürich und Basel werde bei Lohnpfändungen auf Verlangen des Gläubigers schon vor Ablauf der Jahresfrist ein definitiver Verlustschein ausgestellt, keine Belege. b) Mit ihrem Zitat von FRITZSCHE/WALDER (a.a.O.) übersieht die Rekurrentin, was auch aus den erwähnten Entscheiden hervorgeht, nämlich dass der definitive Verlustschein auszustellen ist, sobald die Voraussetzungen hiefür erfüllt sind. Das ist entweder eine fruchtlose Pfändung ( Art. 115 Abs. 1 SchKG ) oder eine Verwertung mit ungenügendem Erlös ( Art. 149 Abs. 1 SchKG ). Nichts anderes ergibt sich auch aus der weiteren Literatur (BLUMENSTEIN, S. 498 ff. (siehe vor allem Ziff. 4: "Den Zeitpunkt der Ausstellung bildet die Beendigung der Verwertung, d.h. der Moment, in welchem feststeht, dass die Forderung ganz oder teilweise ungedeckt bleibt."); AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. Auflage, Bern 1988, § 31 Rz. 7 ff., insbesondere Rz. 14; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2. Auflage, Lausanne 1988, S. 238 f.; Kommentar JAEGER/DAENIKER, N. 1a zu Art. 115 SchKG , N. 1 und 3 zu Art. 149 SchKG ). Ausdrücklich hält AFFOLTER (Der Verlustschein in der Betreibung auf Pfändung, Zürcher Diss. 1978, S. 18) fest, dass es zur Ausstellung von (definitiven) Verlustscheinen komme, wenn nach Jahresfrist seit dem Vollzug der Lohnpfändung aus den eingegangenen Lohnquoten die Betreibungssumme nicht gedeckt werden könne. 3. Im vorliegenden Fall können vom Einkommen des Schuldners monatlich Fr. 800.-- gepfändet werden. Das ist nicht genügend, um alle Forderungen zu decken, und hat deshalb das BGE 116 III 28 S. 32 Betreibungsamt Obersimmental zur Ausstellung eines provisorischen Verlustscheins im Sinne von Art. 115 Abs. 2 SchKG veranlasst. Zu Recht hat es das Betreibungsamt indessen abgelehnt, bereits einen definitiven Verlustschein auszustellen. Hiefür ist weder die Voraussetzung von Art. 115 Abs. 1 SchKG - kein pfändbares Vermögen - noch jene von Art. 149 Abs. 1 SchKG gegeben, nämlich die Durchführung der Betreibung bis zur Verwertung und (nach Ablauf der Jahresfrist für die Lohnpfändung: BGE 112 III 20 E. 2a mit Hinweisen) die Feststellung eines ungedeckt bleibenden Betrages der betriebenen Forderung. Auch wenn schon heute - wie die Rekurrentin geltend macht - damit zu rechnen ist, dass die Zwangsvollstreckung mit einem Verlust enden werde, so steht damit doch noch nicht endgültig der ungedeckt bleibende Betrag fest. Der angefochtene Entscheid der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern hält somit vor Bundesrecht stand.
null
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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700bd26b-95ff-432e-996b-847c5029ee21
Urteilskopf 124 III 478 83. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 2. November 1998 i.S. Josef Sidler c Schweizerischer Baumeisterverband, Gewerkschaft Bau und Industrie, Christlicher Holz- und Bauarbeiterverband, Landesverband freier Schweizer Arbeitnehmer (Berufung)
Regeste Gesamtarbeitsvertrag; Einsetzung eines besonderen Kontrollorgans; Berufungsfähigkeit ( Art. 6 Abs. 1 und 2 AVEG ; Art. 46 OG ). Der Entscheid, mit welchem ein besonderes Kontrollorgan eingesetzt und der Gegenstand der Kontrolle umschrieben wird, ist nicht berufungsfähig (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 479 BGE 124 III 478 S. 479 Josef Sidler (Kläger) reichte im Zusammenhang mit der Ausschreibung von Bauarbeiten in Arbeitsgemeinschaft mit der U. Schaller AG eine Offerte für Baumeisterarbeiten ein. In der Folge ersuchte die Bauherrschaft die paritätische Berufskommission für das Bauhauptgewerbe um Auskunft über die Einhaltung der Bestimmungen des Landesmantelvertrages für das schweizerische Bauhauptgewerbe (LMV). Auf entsprechende Anfrage war der Kläger nicht bereit, der paritätischen Berufskommission Angaben über die dem LMV unterstellten Arbeitnehmer zu machen, worauf diese am 4. Juni 1996 gestützt auf Art. 76 Abs. 3 lit. a LMV beschloss, bei ihm eine Lohnkontrolle durchzuführen. Auf Gesuch der Beklagten verpflichtete das Obergericht (I. Kammer) des Kantons Luzern den Kläger in zweiter Instanz, zwecks Abklärung allfälliger Verletzungen gesamtarbeitsvertraglicher Bestimmungen die Kontrolle durch ein vom Regierungsrat des Kantons Luzern bestelltes Kontrollorgan zu dulden. Dieser Entscheid vom 21. November 1997 ist in Rechtskraft erwachsen. Mit Eingabe vom 19. September 1997 beantragte der Kläger dem Regierungsrat des Kantons Luzern, eine positive Beurteilung des Begehrens auf Betriebskontrolle durch das Obergericht vorausgesetzt, ein unabhängiges Kontrollorgan einzusetzen und Gegenstand sowie Umfang der Kontrolle zu umschreiben. Mit Entscheid vom 28. April 1998 setzte der Regierungsrat das kantonale Einigungsamt als besonderes Kontrollorgan ein und umschrieb den Gegenstand der Kontrolle. Auf die dagegen eingelegte Berufung tritt das Bundesgericht nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Regierungsrat hat in seiner Rechtsmittelbelehrung auf die Berufung hingewiesen. Soweit ersichtlich hat das Bundesgericht bis anhin die Frage nie entschieden, ob kantonale Entscheide berufungsfähig sind, mit denen ein besonderes Kontrollorgan i.S. von Art. 6 des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG; SR 221.215.311) bezeichnet sowie Gegenstand und Umfang der Kontrolle umschrieben werden. In BGE 118 II 528 f. hat das Bundesgericht lediglich festgehalten, dass der Entscheid über die Anordnung einer Lohnkontrolle mit eidgenössischer Berufung angefochten werden kann, da insoweit über den zivilrechtlichen Anspruch der Parteien eines Gesamtarbeitsvertrages auf Kontrolle gemäss Art. 6 AVEG entschieden wird. Ob sich der BGE 124 III 478 S. 480 Kläger überhaupt einer Lohnkontrolle zu unterziehen hat, ist vorliegend nicht mehr zu prüfen. Darüber hat das Obergericht am 21. November 1997 bereits rechtskräftig entschieden. Vorliegend geht es noch darum, in Vollstreckung dieses Entscheides das Kontrollorgan zu bestimmen sowie Gegenstand und Umfang der Kontrolle präzise zu umschreiben. Gegenstand des vorliegenden Streites sind weder subjektive Rechte der Parteien noch irgendwelche, unter ihnen bestehende Rechsverhältnisse. Der Regierungsrat hat mit der Einsetzung des Einigungsamtes als besonderem Kontrollorgan und der Konkretisierung des Kontrollgegenstandes erst die Behörde bezeichnet, welche die für die Abklärung einer allfälligen Verletzung des LMV notwendigen Tatsachen feststellen soll. Über allfällige Pflicht- oder Rechtsverletzungen und damit über Ansprüche aus Bundeszivilrecht wird im Rahmen der Kontrolle nicht entschieden; die rechtliche Würdigung der Kontrollergebnisse bleibt - wie bereits im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde aufgezeigt - den hiefür zuständigen Zivilgerichten und allenfalls weiteren Behörden und Gerichten in einem eigenen Verfahren überlassen. Ähnlich der Ernennung einer bestimmten Person als Vormund oder Beistand ( BGE 107 II 504 E. 2), der Abberufung eines Willensvollstreckers wegen mangelnder Eignung (ZBJV 131 [1995], 36) oder der Bestimmung von notwendigen baulichen Massnahmen gemäss Art. 647c ZGB ( BGE 120 II 11 E. 2) liegt auch im vorliegenden Fall keine Zivilrechtsstreitigkeit vor und ist daher auf die Berufung nicht einzutreten.
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Urteilskopf 135 III 337 50. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Z. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_771/2008 vom 3. April 2009
Regeste a Beschwerde an das Bundesgericht; Beginn der Beschwerdefrist ( Art. 100 Abs. 6 BGG ). Tritt das Kassationsgericht auf die Nichtigkeitsbeschwerde nicht ein, weil der Beschwerdeführer ausschliesslich Rügen vorbringt, welche das Bundesgericht frei überprüfen könnte und welche das Kassationsgericht daher mangels Zuständigkeit nicht prüft, kommt Art. 100 Abs. 6 BGG für den Fristbeginn der Beschwerde an das Bundesgericht zur Anwendung (E. 1.3). Regeste b Art. 209 ZGB ; Zuordnung von Schulden; Ersatzforderungen zwischen Errungenschaft und Eigengut. Eine Schuld belastet gemäss Art. 209 Abs. 2 ZGB die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt. Steht eine monatliche Rentenverpflichtung in engem Zusammenhang mit dem Erwerb einer Liegenschaft, belastet diese Rentenzahlung daher diejenige Gütermasse, welcher die Liegenschaft angehört. Werden die Zahlungen indes aus der anderen Gütermasse geleistet, steht dieser eine Ersatzforderung gemäss Art. 209 Abs. 1 ZGB zu (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 338 BGE 135 III 337 S. 338 A. A.a Am 20. Dezember 2005 schied die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Affoltern die Ehe von X. (Ehemann) und Z. (Ehefrau). Sie regelte die Kinderbelange, den nachehelichen Unterhalt für die Ehefrau und den Vorsorgeausgleich. Die güterrechtliche Auseinandersetzung wurde in ein eigenes Verfahren verwiesen. A.b In einem weiteren Urteil vom 20. Dezember 2006 befand die Einzelrichterin über die güterrechtliche Auseinandersetzung. Sie BGE 135 III 337 S. 339 verpflichtete X. zur Zahlung von Fr. 132'565.10 an Z. Auf Berufung beider Parteien setzte das Obergericht des Kantons Zürich diesen Betrag am 20. September 2007 auf Fr. 126'011.35 fest. Strittig waren die güterrechtliche Abrechnung über die Liegenschaft A. sowie verschiedene weitere Positionen im Vermögen der Parteien. A.c Das Kassationsgericht des Kantons Zürich trat auf die gegen das obergerichtliche Urteil erhobene Nichtigkeitsbeschwerde von X. mit Zirkulationsbeschluss vom 2. Oktober 2008 nicht ein und hiess diejenige von Z. gut. B. X. (nachfolgend: Beschwerdeführer) ist mit Beschwerde in Zivilsachen vom 10. November 2008 an das Bundesgericht gelangt. Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils in der Sache sowie die Verpflichtung von Z. (nachfolgend: Beschwerdegegnerin), ihn aus Güterrecht mit Fr. 9'951.75 zu entschädigen. Eventualiter verlangt er die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils. Subeventualiter beantragt er die Aufhebung des Beschlusses des Kassationsgerichts. Die Beschwerdegegnerin schliesst auf Nichteintreten, gegebenenfalls auf Abweisung der Beschwerde insgesamt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.3 Die Beschwerde wurde innert 30 Tagen ab Erhalt des kassationsgerichtlichen Beschlusses und nicht etwa des obergerichtlichen Urteils eingereicht. Es ist daher zu prüfen, wann die Beschwerdefrist zu laufen begonnen hatte ( Art. 100 Abs. 6 BGG ). Das Kassationsgericht trat auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Beschwerdeführers gestützt auf § 285 der Zivilprozessordnung des Kantons Zürich vom 13. Juni 1976 (ZPO/ZH; LS 271) nicht ein, da er ausschliesslich die Rechtsanwendung durch das Obergericht als willkürlich gerügt habe und dem Bundesgericht die freie Prüfung der Anwendung von Bundesrecht zukomme. Dieser Nichteintretensbeschluss erging somit, weil der Beschwerdeführer in seinem Haupt- und Eventualstandpunkt ausschliesslich Rügen vorgebracht hatte, welche das Kassationsgericht mangels Zuständigkeit nicht behandeln konnte. BGE 135 III 337 S. 340 Die Beschwerdegegnerin beantragt dem Bundesgericht, auf die Beschwerde in Zivilsachen nicht einzutreten. Ihrer Ansicht nach ist der vorliegende Nichteintretensentscheid des Kassationsgerichts infolge unzulässiger Rügen gleich zu behandeln wie ein Nichteintretensentscheid, der ergangen ist, weil das eingereichte Rechtsmittel als solches im Gesetz nicht vorgesehen ist. Der Fristbeginn für die Beschwerde an das Bundesgericht ist in der Regel nicht vor der Behandlung des kantonalen Rechtsmittels anzusetzen. Dies gilt selbst dann, wenn eine an sich zulässige Rüge ungenügend begründet worden war und die kantonale Rechtsmittelinstanz darum nicht eintreten konnte (Urteil 4A_216/2008 vom 20. August 2008 E. 1.3). Das Bundesgericht auferlegt sich nämlich eine gewisse Zurückhaltung in der Annahme, dass Art. 100 Abs. 6 BGG nicht zur Anwendung gelangen soll, welche Praxis von der neueren Lehre begrüsst worden ist (DAVID RÜETSCHI, Aufforderung zur extensiven Auslegung von Art. 100 Abs. 6 BGG , Anwaltsrevue 1/2009 S. 29). Eine Ausnahme macht es, sofern ein kantonales Rechtsmittel eingelegt worden ist, das im Gesetz nicht vorgesehen ist, oder wenn die Frist hiefür verpasst worden ist sowie im Fall eines offenbaren Rechtsmissbrauchs, etwa durch Einreichen einer Scheinbeschwerde an die kantonale Rechtsmittelinstanz zur faktischen Verlängerung der Beschwerdefrist an das Bundesgericht ( BGE 134 III 92 E. 1.4 S. 96; Urteil 4A_216/2008 vom 20. August 2008 E. 1.2). Da keiner dieser Fälle vorliegend gegeben ist, wurde die Beschwerde in Zivilsachen gegen das obergerichtliche Urteil dem Bundesgericht fristgerecht eingereicht. 2. Strittig sind vorliegend einzig die güterrechtlichen Folgen der Rentenzahlung des Beschwerdeführers an seine Eltern. Die übrigen Positionen im Vermögen der Parteien werden vor Bundesgericht nicht mehr angefochten. Die güterrechtliche Auseinandersetzung richtet sich nach den Bestimmungen über die Errungenschaftsbeteiligung ( Art. 196 ff. ZGB ). Dabei werden nicht nur die vorhandenen Vermögenswerte der Errungenschaft und dem Eigengut jedes Ehegatten zugeordnet ( Art. 207 Abs. 1 ZGB ). Es sind auch die Schulden der Ehegatten einzubeziehen und insbesondere ist zu regeln, welche der Gütermassen diese definitiv zu tragen hat. Gemäss Art. 209 Abs. 2 ZGB belastet eine Schuld die Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, zu der aufgrund ihres Ursprungs, Zwecks oder Inhalts eine Abhängigkeit besteht, im Zweifel aber die Errungenschaft ( BGE 121 III 152 E. 3b S. 154). BGE 135 III 337 S. 341 Ein Ehegatte ist mit Blick auf die Berechnung des Vorschlags keineswegs frei, zu Lasten welcher Masse er einer Verpflichtung nachkommen will (DESCHENAUX UND ANDERE, Les effets du mariage, 2000, N. 1206 S. 491). So sind der Aufwand für den Unterhalt der Familie, einschliesslich der Altersvorsorge, sowie die Auslagen zur Erzielung des Erwerbseinkommens und die darauf lastenden Steuern von der Errungenschaft zu tragen. Der ordentliche Unterhalt von Vermögenswerten, wie beispielsweise Liegenschaften, ist dem Ertrag und damit der Errungenschaft zu belasten. Der ausserordentliche Unterhalt ist hingegen von der Gütermasse zu tragen, welcher der Vermögensgegenstand angehört. Daraus folgt, dass es nur bei Schulden, die nicht beim Einkommen anknüpfen, auf die Zuordnung eines Vermögenswertes in eine Gütermasse ankommt. Rühren Schulden vom Erwerb eines Vermögenswertes her, wie bei einer Hypothekarverpflichtung, einer Ausgleichszahlung oder einer Ersatzanschaffung, so sind sie von derjenigen Gütermasse zu tragen, in welche der Gegenstand gehört (HEINZ HAUSHEER UND ANDERE, Berner Kommentar, 4. Aufl. 1999, N. 24-27, 31 und 39 zu Art. 209 ZGB ; DESCHENAUX UND ANDERE, a.a.O., N. 1212 ff. S. 493 ff.). Werden Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt, so besteht nach Art. 209 Abs. 1 ZGB bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung. Wird beispielsweise der Lebensunterhalt der Familie einem Unternehmen belastet, welches dem Eigengut zuzuordnen ist, so steht dieser Masse eine Ersatzforderung gegen die Errungenschaft zu (Urteil 5C.171/2003 vom 11. November 2003 E. 1, FamPra.ch 2004 S. 377). 2.1 Der Beschwerdeführer erwarb gemäss öffentlich beurkundetem Vertrag vom 21. Dezember 1993 von seinem Vater die Liegenschaft A. (Grundregisterblatt x, Plan x, Kat. Nr. x, umfassend ein Wohnhaus mit Hofraum und Garten sowie Grundregisterblatt y, Plan y, Kat. Nr. y, 1/8 subjektiv-dinglich verbundenes Miteigentum, umfassend eine Zufahrtsstrasse). Der Eigentumsübergang erfolgte als Erbvorbezug. Der Erwerber übernahm die mittels Grundpfand sichergestellten Schulden auf der Liegenschaft in der Höhe von insgesamt Fr. 515'000.-. Zudem räumte er seinem Vater und, bei dessen Vorversterben vor Eintritt eines Vorkaufsfalls, seinen Geschwistern ein limitiertes Vorkaufsrecht auf Lebzeiten ein. Schliesslich verpflichtete er sich zusammen mit seinen Geschwistern solidarisch, den Lebensunterhalt der Eltern durch Auszahlung einer monatlichen BGE 135 III 337 S. 342 Rente von je Fr. 2'200.- bis zum Tod des zweiten Elternteils sicherzustellen. Ein Übernahmewert wurde nicht festgelegt. Der damalige Verkehrswert der Liegenschaft betrug Fr. 1'341'000.-. 2.2 Der Erwerb der Liegenschaft A. erweist sich damit als teilweise entgeltlicher Erbvorbezug. Die vom Beschwerdeführer übernommenen Verpflichtungen überschreiten den Verkehrswert der Liegenschaft selbst dann nicht, wenn die Rentenverpflichtung und die Belastung durch das unentgeltlich eingeräumte Vorkaufsrecht bei den Gegenleistungen mitberücksichtigt würden. Damit erweist sich die güterrechtliche Zuordnung der Liegenschaft in das Eigengut des Beschwerdeführers als bundesrechtskonform ( Art. 198 Ziff. 2 ZGB ; vgl. Urteile 5C.158/2006 vom 23. März 2007 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 133 III 416 ; 5A_111/2007 vom 8. Januar 2008 E. 4.2.2). 2.3 Nach Auffassung der Erstinstanz ist im Hinblick auf die Rentenzahlungen des Beschwerdeführers an seine Eltern vom Nettoprinzip auszugehen. Demzufolge hat sie von den Erträgen der Liegenschaft A. die substanzerhaltenden Unterhaltskosten, die Hypothekarzinsen und die genannten Rentenzahlungen in Abzug gebracht. Es könne nämlich nicht angehen, dass sämtliche Erträge aus der sich im Eigengut befindenden Liegenschaft in die Errungenschaft fallen, aus welcher die Rente an die Eltern des Beschwerdeführers geleistet werden müsse, und dann die Errungenschaft noch eine Ersatzforderung gegen das Eigengut habe. Das Obergericht kam demgegenüber zum Schluss, dass die Rente an die Eltern des Beschwerdeführers als objektbezogene Schuld sein Eigengut belaste und daher aufgrund von Art. 209 Abs. 2 ZGB von dieser Gütermasse zu tragen sei. Werde der Rentenverpflichtung aus Mitteln der Errungenschaft nachgekommen, so stehe dieser Gütermasse eine Ersatzforderung zu. Die Renten seien aus den Mietzinserträgen der Liegenschaft, mithin aus Mitteln der Errungenschaft überwiesen worden. Nach der in der Lehre vorgeschlagenen Nettoertragsmethode seien vom Ertrag des Eigengutes bloss die Hypothekarzinsen sowie die substanzerhaltenden Unterhaltskosten in Abzug zu bringen und der Rest falle in die Errungenschaft. Zudem komme es durch die Rentenzahlung noch nicht zu einem ausgleichspflichtigen Zusammenwirken zweier Gütermassen, wie beispielsweise bei der Rückzahlung einer Hypothek, welche eine Ersatzforderung im Sinne von Art. 209 Abs. 3 ZGB begründe. Die in Frage stehende Rentenschuld sei unabhängig vom Wert der Liegenschaft begründet worden. Sie stelle keine ertragsschmälernde Investition in die Liegenschaft dar, sondern bilde BGE 135 III 337 S. 343 vielmehr eine gewisse Gegenleistung für deren Erwerb, ähnlich einer gemischten Schenkung. Daher komme die Nettoertragsmethode nicht zur Anwendung. Für die Berechnung der Ersatzforderung sei der tatsächlich bezahlte Betrag massgebend und nicht der kapitalisierte Rentenwert, der ein bloss theoretischer Schätzwert, beruhend auf statistischen Wahrscheinlichkeiten, sei. Die Ersatzforderung sei daher aufgrund der Rentenzahlungen ab 1. Januar 1994 bis zur Einreichung der Scheidungsklage am 19. Juli 2004 zu bemessen. Der gerundete Totalbetrag von Fr. 279'000.- sei entsprechend dem klägerischen Begehren, das auf einer Wertverminderung der Liegenschaft basiere, auf Fr. 271'926.15 herabzusetzen. Der der Beschwerdegegnerin zustehende Vorschlagsanteil betrage nach der Qualifikation und Berechnung sämtlicher noch strittigen Vermögenswerte Fr. 126'011.35. 2.4 Demgegenüber besteht der Beschwerdeführer darauf, dass die Rentenzahlung an seine Eltern keine Eigengutsschuld darstelle und daher keine Ersatzforderung seiner Errungenschaft im Sinne von Art. 209 Abs. 1 ZGB auslöse. Es handle sich hiebei um eine Unterstützungsverpflichtung nach Art. 328 Abs. 1 ZGB , welche zudem noch andauere. Auf jeden Fall seien von den Erträgen der Liegenschaft vorerst die notwendigen Investitionen in Abzug zu bringen und nur der Nettoertrag als Errungenschaft zu betrachten. Es sei hinsichtlich der Rentenzahlungen so vorzugehen, als bestünde eine Nutzniessung oder ein Wohnrecht zu Gunsten seiner Eltern, welche Belastung wie eine substanzerhaltende Amortisation den Ertrag schmälere und daher zu keiner Ersatzforderung führe. Zudem habe die Liegenschaft einen Substanzverlust erlitten. 2.5 Die im vorliegenden Fall strittigen Rentenzahlungen gehen auf den am 21. Dezember 1993 verurkundeten Erbvorbezug zurück. Die darin getroffene Regelung zeigt, dass die Rentenverpflichtung in einem engem Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft A. steht. Unter dem Titel "Gegenleistungen" verpflichtete sich der Erwerber und heutige Beschwerdeführer einerseits zur Übernahme der Grundpfandschulden auf der Liegenschaft A. Zudem verpflichtete er sich zusammen mit seinen fünf Geschwistern solidarisch, den Lebensunterhalt der Eltern durch eine monatliche Rente von insgesamt Fr. 13'200.-, mithin Fr. 2'200.- pro Person, gemäss einer separaten Abmachung sicherzustellen. Die Geschwister haben ebenfalls Liegenschaften in Anrechnung an die künftige Erbschaft erhalten, wenn auch von unterschiedlichem Wert. Der BGE 135 III 337 S. 344 Vorinstanz kann daher gefolgt werden, wenn sie die Rentenverpflichtung als Bestandteil der Abmachung über die Abtretung der Liegenschaft und zudem als Bedingung für den Erwerb versteht. Der Beschwerdeführer habe sich zu einer Gegenleistung verpflichtet, womit die Eigentumsübertragung in die Nähe einer gemischten Schenkung rücke. Hingegen liege keine Investition der Eltern in die Liegenschaft vor. Güterrechtlich ist die Liegenschaft dem Eigengut des Beschwerdeführers zuzuordnen (E. 2.2). Da diese nicht von der Familie des Beschwerdeführers bewohnt wird, sondern ein Anlageobjekt darstellt, kann die Rentenleistung nicht als Teil der Wohn- und damit als Lebenshaltungskosten betrachtet und folglich der Errungenschaft belastet werden. Vielmehr ist die in Frage stehende Verpflichtung mit einer Ausgleichszahlung an die Miterben im Rahmen einer Erbteilung zu vergleichen, gründet sie doch im Erwerb der Liegenschaft. Die Rentenzahlungen des Beschwerdeführers belasten daher diejenige Gütermasse, welcher die Liegenschaft angehört, nämlich das Eigengut. Die entsprechenden Überweisungen wurden indes aus den Erträgen der Liegenschaft gemacht, welche in die Errungenschaft fallen ( Art. 197 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB ). Damit steht der Errungenschaft des Beschwerdeführers gestützt auf Art. 209 Abs. 1 ZGB eine Ersatzforderung gegen sein Eigengut zu. 2.6 Die Vorinstanz legte die Höhe der Ersatzforderung anhand der tatsächlich geleisteten Beträge fest, da es um eine konkrete, rückwirkende Betrachtungsweise gehe. Dem Beschwerdeführer kann nicht gefolgt werden, wenn er im Sinne eines Eventualstandpunktes die Ersatzforderung auf die durch seine Überweisungen verminderte kapitalisierte Rentenschuld bemessen möchte. Vorliegend geht es einzig darum, die Zahlungen des Beschwerdeführers bis zur Auflösung des Güterstandes der zutreffenden Gütermasse zu belasten. Die weitere Verpflichtung des Beschwerdeführers gegenüber seinen Eltern ist hingegen nicht Gegenstand der güterrechtlichen Auseinandersetzung. Zudem berücksichtigte die Vorinstanz - entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers - bei der güterrechtlichen Qualifikation der Liegenschaft, die auf den Zeitpunkt des Erwerbs vorzunehmen ist, die kapitalisierte Rentenschuld gerade nicht. Damit erweist sich die vorinstanzliche Vorschlagsberechnung als bundesrechtskonform.
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Urteilskopf 89 IV 108 22. Arrêt de la Cour de cassation pénale 10 mai 1963 dans la cause Pierotti contre Ministère public du canton de Genève.
Regeste Fremdenpolizei; Art. 23 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26.3.1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer (ANAG). 1. Wer auf eine gefälschte (französische) Identitätskarte seinen Fingerabdruck anbringt und die Unterschrift eines andern nachahmt, stellt seinerseits ein falsches fremdenpolizeiliches Ausweispapier her (Erw. 2). 2. Art. 23 Abs. 1 ANAG schützt nicht nur die von Schweizer Behörden ausgegebenen fremdenpolizeilischen Ausweispapiere, sondern auch die vom Heimatstaat ausgestellten Schriften, die nach schweizerischem Recht objektiv geeignet sind, Identität und Staatszugehörigkeit zu beweisen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 108 BGE 89 IV 108 S. 108 A.- Pierotti, citoyen français, expulsé d'Italie, a séjourné à Genève à partir du mois de janvier 1963. Le 13 février, la police le soumit à un contrôle d'identité. Il fut trouvé porteur d'une carte d'identité française, établie au nom de Joseph Perrier, de Grenoble. Il l'avait obtenue, BGE 89 IV 108 S. 109 pendant son séjour à Genève, d'un tiers, auquel il avait remis sa photographie pour l'y fixer. Il y avait en outre apposé l'empreinte de son index gauche dans la case réservée à cet effet, ainsi que le nom de Perrier comme signature. B.- Statuant sur ces faits, le 25 février 1963, le Tribunal de police de Genève a condamné Pierotti à un mois d'emprisonnement comme coauteur de l'infraction réprimée par l'art. 23 al. 1, première phrase, de la loi fédérale du 26 mars 1931 sur le séjour et l'établissement des étrangers, modifiée le 8 octobre 1948. C.- Le 18 mars 1963, la Cour de justice de Genève a confirmé ce jugement. D.- Pierotti s'est pourvu en nullité. Il conclut au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour que celle-ci prononce sa libération. Erwägungen Considérant en droit: 1. ... 2. Pierotti doute tout d'abord qu'en apposant l'empreinte de son index gauche sur la carte d'identité fournie par un tiers, il ait "établi" de faux papiers. Ce doute est d'autant moins justifié qu'agissant sur territoire suisse, le recourant a ajouté à la carte non seulement une empreinte qui servait à simuler son identité avec la personne dont la carte indiquait le nom etc., mais encore la signature supposée de cette personne. Il a donc contribué matériellement à la confection de la pièce fausse, pour laquelle il avait du reste fourni sa photographie, de sorte que si cette confection constitue un délit, il en est coauteur. 3. Le recourant conteste que la carte ait été destinée à être employée dans le domaine de la police des étrangers. Sur ce point, il argumente comme il suit: Selon ses termes, l'art. 23 al. 1 de la loi du 26 mars 1931 vise l'emploi des faux papiers sur territoire suisse. Qu'ils soient théoriquement susceptibles d'y être utilisés ne suffit pas; il faut qu'ils soient destinés à cet usage, c'est-à-dire que cet BGE 89 IV 108 S. 110 usage leur soit assigné pour fonction. Or la cour cantonale a constaté que Pierotti n'avait aucune intention d'employer en Suisse la fausse carte d'identité dont il était porteur. Il n'est donc pas punissable. a) Le texte allemand de l'art. 23 al. 1 porte: "Wer falsche fremdenpolizeiliche Ausweispapiere herstellt...". Les textes français et italien: ("celui qui établit de faux papiers de légitimation destinés à être employés dans le domaine de la police des étrangers"... "chiunque contraffà i documenti di legittimazione da presentare alle autorità di polizia degli stranieri...") n'ont point d'autre signification; les "papiers de légitimation" dont il s'agit comprennent non seulement les pièces établies par les autorités suisses ("livret de légitimation pour les étrangers": art. 25 al. 1 lit. b de la loi du 26 mars 1931; art. 13 al. 1 du règlement d'exécution du 1er mars 1949) mais aussi les papiers délivrés par le pays d'origine et qui, par leur destination objective, doivent servir à prouver, selon la loi suisse, l'identité et la nationalité du titulaire (art. 3 de la loi et 5 du règlement d'exécution). Peu importe que celui-ci les destine ou non à cet usage. Ce qui est décisif, c'est la valeur objective que leur attribue la loi suisse. C'est ce caractère que protège la disposition pénale inscrite à l'art. 23 de la loi. Il est dès lors sans conséquence que le titulaire ait eu ou non l'intention de les utiliser en Suisse et ne s'en soit effectivement pas servi, dans ce pays, pour établir son identité devant les autorités suisses. b) La carte d'identité française trouvée en la possession du recourant constitue sans conteste une pièce de "légitimation" destinée à être employée dans le domaine de la police des étrangers selon l'art. 23 al. 1. Comme l'admet la Cour de justice, Pierotti aurait été admissible à en faire usage devant les autorités suisses pour prouver son identité et sa nationalité (art. 5 al. 1 lit. b du règlement d'exécution du 1er mars 1949). De plus et contrairement à ce qu'il allègue, l'autorité cantonale a constaté souverainement (art. 273 al. 1 lit. b et 277 bis al. 1 OJ) que BGE 89 IV 108 S. 111 son intention de s'en servir uniquement en France n'était nullement établie, alors même qu'à Genève, il s'était inscrit sous son vrai nom à l'hôtel où il était descendu et n'avait pas cherché à dissimuler sa véritable identité lors du contrôle de police dont il avait fait l'objet. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale Rejette le pourvoi.
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Urteilskopf 125 IV 14 4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. November 1998 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und S. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB , Art. 7 Abs. 1 StGB und Art. 220 StGB ; Entziehen von Unmündigen, Begehungsort. Wer sich nach einem Ferienaufenthalt im Ausland weigert, die Kinder ihrer Mutter in der Schweiz zurückzugeben, erfüllt den Tatbestand des Entziehens von Unmündigen in der Schweiz.
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 125 IV 14 S. 14 M.S. kam mit seiner Ehefrau R.S. im Juli 1995 überein, dass er ihre beiden gemeinsamen Kinder (geb. 1983 und 1988) ferienhalber mit nach Ägypten nehmen dürfe. Abmachungsgemäss sollte er die Kinder nach einem ein- bis zweiwöchigen Aufenthalt in Ägypten wieder in die Schweiz zu seiner Ehefrau bringen, welche Inhaberin der elterlichen Gewalt war. M.S. kehrte in der Folge am 22. August 1995 ohne die beiden Kinder nach Zürich zurück. Hier erklärte er gegenüber seiner Ehefrau, dass die Kinder fortan in Kairo bleiben und dort zur Schule gehen würden. Der wiederholten Aufforderung von R.S., die Kinder wieder in ihre Obhut zu geben, kam M.S. nicht nach. Darauf stellte die Mutter am 6.September1995 Strafantrag wegen Entziehens von Unmündigen. Mit Urteil vom 12. September 1996 sprach das Bezirksgericht Zürich M.S. der mehrfachen einfachen Körperverletzung im Sinne von Art. 123 Ziff. 1 Abs. 1 StGB , des vollendeten Versuchs der Nötigung gemäss Art. 181 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB sowie des Entziehens von Unmündigen nach Art. 220 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Gefängnisstrafe von 8 Monaten (unbedingt). Mit Beschluss vom 12. September 1995 wurde ferner der Vollzug der mit Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 11. März 1993 ausgefällten Vorstrafe von drei Monaten Gefängnis angeordnet. BGE 125 IV 14 S. 15 Auf Beschwerde des Verurteilten hin sprach ihn das Obergericht des Kantons Zürich am 25. Februar 1997 vom Vorwurf der Körperverletzung zum Nachteil von K.S. frei; im Übrigen bestätigte es den erstinstanzlichen Entscheid sowohl im Schuld- wie im Strafpunkt. Mit separatem Beschluss wurde sodann der Widerruf des bedingten Strafvollzugs für die mit Urteil vom 11. März 1993 ausgesprochene Gefängnisstrafe von drei Monaten bestätigt. Eine dagegen erhobene kantonale Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich am 26. Juni 1998 ab, soweit es darauf eintrat. M.S. führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt u.a., es sei in Abänderung des vorinstanzlichen Dispositivs festzustellen, dass auf den Anklagepunkt des Entziehens von Unmündigen im Sinne von Art. 220 StGB mangels Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte nicht einzutreten sei. Das Bundesgericht hat diese abgewiesen, soweit es auf sie eingetreten ist. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer bringt ferner vor, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht ihre örtliche Zuständigkeit bejaht. Der Begehungsort könne beim Unterlassungsdelikt des Art. 220 StGB und für die hier in Frage stehende Tatbestandsvariante nur dort sein, wo der Täter es unterlasse, die «Rückgabe der Kinder vorzunehmen». Begehungsort sei hier somit allein der tatsächliche Aufenthaltsort der Kinder in Ägypten. a) Gemäss Art. 220 StGB wird auf Antrag mit Gefängnis oder mit Busse bestraft, wer eine unmündige Person dem Inhaber der elterlichen oder der vormundschaftlichen Gewalt entzieht oder sich weigert, sie ihm zurückzugeben. Der Tatbestand des Entziehens von Unmündigen schützt nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (auch nicht alleinige) Inhaber der elterlichen und vormundschaftlichen Gewalt in ihrer Befugnis, über die ihnen unterstellte Person, insbesondere über deren Aufenthaltsort, Erziehung und Lebensgestaltung zu bestimmen ( BGE 118 IV 61 E. 2a S. 63 mit Hinweisen; einschränkend - nämlich nur Schutz des Aufenthaltsbestimmungsrechts - die einstimmige Lehrmeinung, vgl. dazu statt vieler SUSANNE HÜPPI, Straf- und zivilrechtliche Aspekte der Kindesentziehung gemäss Art. 220 StGB mit Schwergewicht auf den Kindesentführungen durch einen BGE 125 IV 14 S. 16 Elternteil, Zürcher Diss. 1988, S. 34 ff., insbesondere S. 42; GÜNTER STRATENWERTH, Strafrecht Besonderer Teil II, 4. Aufl. Bern 1995, § 27 N. 3; MARTIN SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, 4. Band 1997, Art. 220 N. 8 ff., je mit eingehenden Nachweisen). b) Der Beschwerdeführer hat seine Kinder mit Zustimmung der Mutter, welche Inhaberin der elterlichen Gewalt war, ferienhalber nach Ägypten gebracht. Sie wurden somit nicht der elterlichen Gewalt der Mutter entzogen (erste Tatvariante des Art. 220). Die von der Vorinstanz bejahte zweite Tatvariante der Verweigerung der Rückgabe Unmündiger an den Inhaber der elterlichen Gewalt setzt zunächst voraus, dass sich die unmündigen Personen bereits in der tatsächlichen Obhut des Täters befinden. Dies war vorliegend der Fall. Im Weiteren ist erforderlich, dass der Täter zumindest konkludent zum Ausdruck bringt, dass er die faktische Obhut über die Unmündigen behalten und die Wiederherstellung des elterlichen (oder vormundschaftlichen) Gewaltverhältnisses vereiteln möchte (JÖRG REHBERG, Strafrecht IV, 2. Aufl. Zürich 1996, S. 21; STRATENWERTH, op.cit., § 27 N. 8). Der Beschwerdeführer ist nach Ablauf der mit der Mutter vereinbarten Feriendauer abmachungswidrig ohne die Kinder nach Zürich zurückgekehrt. Hier erklärte er gegenüber seiner Ehefrau, dass die Kinder fortan in Kairo bleiben und dort zur Schule gehen würden. Der wiederholten Aufforderung von R.S., die Kinder wieder in ihre Obhut zu geben, kam der Beschwerdeführer nicht nach. Darin hat die Vorinstanz zutreffend eine Weigerung im Sinne des Tatbestandes erblickt. Es bleibt deshalb nur zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht ihre örtliche Zuständigkeit bejaht hat. c) aa) Der schweizerischen Gerichtsbarkeit untersteht, wer in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen verübt ( Art. 3 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ). Ein Verbrechen oder ein Vergehen gilt da als verübt, wo der Täter es ausführt, und da, wo der Erfolg eingetreten ist ( Art. 7 Abs. 1 StGB ). Bei Unterlassungsdelikten tritt an die Stelle des Ortes der Handlung derjenige, an dem der Täter hätte handeln sollen ( BGE 82 IV 68 f.; BGE 99 IV 181 f.). bb) Wie schon dargelegt, muss der Täter nach Art. 220 StGB seine Weigerung, die sich in seiner Obhut befindende unmündige Person dem Inhaber der elterlichen oder der vormundschaftlichen Gewalt zurückzugeben, explizit oder zumindest konkludent zum Ausdruck bringen (vgl. nur Stratenwerth, op. cit., ebd.). Dies kann dadurch BGE 125 IV 14 S. 17 geschehen, dass der Täter die Rückkehr des Kindes bzw. sein Auffinden aktiv verhindert oder es pflichtwidrig unterlässt, dafür zu sorgen, dass das Kind wieder in die Obhut des Inhabers der elterlichen bzw. vormundschaftlichen Gewalt gelangt. Häufig wird sich das Verhalten des Täters zugleich aus einer passiven Obstruktion und aus aktiven Vereitelungshandlungen zusammensetzen. Die tatbestandsmässige Willensrichtung kann aber unter Umständen auch in einer blossen Unterlassung ihren Ausdruck finden (BERTRAND SAUTEREL, L'enlèvement de mineur, Lausanne 1991, S. 81, 85; a.M. STRATENWERTH, op.cit., ebd.). cc) Der Beschwerdeführer war rechtlich verpflichtet, die beiden Kinder nach dem vereinbarten zweiwöchigen Ferienaufenthalt in Ägypten wieder in die Schweiz zurückzubringen und sie in Zürich der Mutter zu übergeben. Stattdessen reiste er ohne die Kinder nach Zürich. Damit hat er nicht nur konkludent seine Weigerung zur pflichtgemässen Rückgabe kundgetan, sondern zugleich die ihm obliegende Handlungspflicht missachtet. Da Zürich der Ort ist, an welchem der Beschwerdeführer diese Rechtspflicht erfüllen musste, d.h. die Kinder der Mutter hätte zuführen sollen, hat die Vorinstanz in Anwendung der allgemeinen Grundsätze (oben E. 2c/aa) zu Recht einen schweizerischen Begehungsort im Sinne von Art. 7 StGB bejaht.
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Urteilskopf 141 IV 194 23. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_398/2014 vom 30. April 2015
Regeste Art. 323 Abs. 1 und Art. 310 Abs. 2 StPO ; neue Tatsachen und Beweismittel; Verfahrenswiederaufnahme nach Einstellung und Nichtanhandnahme. Definition der Neuheit von Tatsachen und Beweismitteln im Sinne von Art. 323 Abs. 1 StPO . Aufgrund des Verweises in Art. 310 Abs. 2 StPO finden die Voraussetzungen für die Verfahrenswiederaufnahme des Art. 323 Abs. 1 StPO auch auf durch Nichtanhandnahme erledigte Strafverfahren Anwendung. An die Wiederaufnahme sind in diesem Fall jedoch geringere Voraussetzungen geknüpft als an die Wiederaufnahme nach einer Einstellung (E. 2.3).
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 141 IV 194 S. 194 A. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, führte gegen X. ein Strafverfahren wegen mehrfachen Einbruchdiebstahls sowie weiterer Delikte. Hauptsächlich werden X. zwei Einbruchdiebstähle zur Last gelegt, welche er am 23. Dezember 2013 in A. und am 27. Dezember 2013 in B. begangen haben soll. Mit Strafbefehl vom 11. Februar 2014 sprach die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland X. der erwähnten Delikte schuldig. Am 23. Dezember 2013 hatten sich in C. an der D.-Strasse sowie an der E.-Strasse und an der F.-Strasse drei weitere (versuchte) Einbruchdiebstähle ereignet. X. BGE 141 IV 194 S. 195 wurde zunächst als möglicher Täter in Betracht gezogen. Mangels konkreter Beweise verfügte die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland am 6. Februar 2014 in Bezug auf diese Einbruchdiebstähle die Nichtanhandnahme des Verfahrens. B. Am 25. Februar 2014 ging bei der Regionalen Staatsanwaltschaft Oberland der Bericht des Kriminaltechnischen Dienstes der Kantonspolizei Bern vom 19. Februar 2014 ein, wonach auf dem am Tatort an der D.-Strasse in C. gefundenen mutmasslichen Einbruchswerkzeug, einem Fugenkratzer, eine DNA-Spur von X. erhoben werden konnte. Gleichentags nahm die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland das Verfahren gegen X. wegen des versuchten Einbruchdiebstahls vom 23. Dezember 2013 an der D.-Strasse in C. wieder auf und dehnte die Untersuchung auf die Straftatbestände des versuchten Diebstahls und der Sachbeschädigung aus. C. Das Obergericht des Kantons Bern hiess am 8. April 2014 die Beschwerde von X. gegen die Wiederaufnahmeverfügung gut und hob die Verfügung der Regionalen Staatsanwaltschaft Oberland vom 25. Februar 2014 auf. D. Die Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern vom 8. April 2014 sei aufzuheben. Es sei die Wiederaufnahme des Verfahrens zu verfügen und dieses sei zur Fortsetzung an die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Oberland, zu überweisen. Eventuell sei das Verfahren zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Auf die Erhebung von Kosten sei zu verzichten. E. X. ist unbekannten Aufenthaltes. Gemäss Bekanntmachung im Bundesblatt vom 24. März 2015 wurde ihm eine Frist von 10 Tagen ab der Publikation angesetzt, um zur Beschwerde Gegenbemerkungen einzureichen. Die Frist verstrich ungenützt. Das Obergericht des Kantons Bern verzichtet auf eine Vernehmlassung. F. Das Bundesgericht hat das Urteil öffentlich beraten ( Art. 58 Abs. 1 BGG ). Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin macht geltend, zum Zeitpunkt der Nichtanhandnahme am 6. Februar 2014 habe aus staatsanwaltschaftlicher Sicht höchstens die vage Vermutung bestanden, dass der BGE 141 IV 194 S. 196 Beschwerdegegner am versuchten Einbruchdiebstahl an der D.-Strasse in C. beteiligt gewesen sein könnte. Von der auf dem Fugenkratzer gefundenen DNA-Spur habe man erst mit Zugang des Berichts des Kriminaltechnischen Dienstes der Kantonspolizei Bern (KTD) am 25. Februar 2014 Kenntnis erlangt. Die Wiederaufnahme des Verfahrens sei noch am selben Tag erfolgt. Die Vorinstanz habe verneint, dass es sich beim DNA-Treffer um ein neues Beweismittel im Sinne von Art. 323 Abs. 1 StPO handle und deshalb die Verfahrenswiederaufnahme nicht bewilligt. Die Literatur, auf welche sie sich beziehe, werde jedoch unvollständig wiedergegeben. Es könne nicht verlangt werden, dass eine Tatsache oder ein Beweismittel nur als neu anzusehen sei, wenn sie oder es der Staatsanwaltschaft im ersten Verfahren auch bei Anwendung der notwendigen Sorgfalt nicht hätte bekannt sein können. Angesichts der Masse der zu erledigenden Strafverfahren dürften an die Sorgfaltspflicht der Staatsanwaltschaft keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Aus den Anzeigenrapporten vom 24. Dezember 2013 und 5. Januar 2014 sei nicht ersichtlich gewesen, dass sich auf dem Fugenkratzer eine biologische Spur befunden habe. Sie und nicht etwa der Fugenkratzer würde ein neues Beweismittel darstellen. Die Regionale Staatsanwaltschaft Oberland habe am 6. Februar 2014, rund sieben Wochen nach der Sicherstellung des Spurenmaterials, nicht mehr mit einem DNA-Fund rechnen müssen. Vielmehr habe sie darauf vertrauen dürfen, dass die Auswertung aufgrund der Tatsache, dass es sich um einen Haftfall gehandelt habe, rasch vorgenommen werde. Eine Nachfrage beim KTD hätte zu keinem anderen Resultat geführt, da auch dem KTD der DNA-Treffer zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt gewesen sei. Der Regionalen Staatsanwaltschaft Oberland könne keine ungenügende Sorgfalt oder gar ein bewusster Verzicht auf die Einbringung eines Beweismittels vorgeworfen werden. Das neue Beweismittel führe mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer anderen Beurteilung der für die Nichtanhandnahme massgebenden Umstände, weshalb die Verfahrenswiederaufnahme zu bewilligen sei. 2.2 Die Vorinstanz erwägt, es sei bereits bei Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung aktenkundig gewesen, dass das mutmassliche Einbruchswerkzeug am Tatort sichergestellt und dem KTD zur Auswertung übergeben worden sei. Auch wenn die Sicherstellung zuhanden des KTD dem üblichen Vorgehen entspreche und die Staatsanwaltschaft daraus nicht zwingend auf die tatsächliche Existenz einer BGE 141 IV 194 S. 197 auswertbaren biologischen Spur habe schliessen müssen, so habe die Staatsanwaltschaft zumindest um die Möglichkeit des Spurenfundes gewusst. Wenn sie trotz dieser Aktenlage und ohne Nachfrage beim KTD eine Nichtanhandnahme verfüge, sei von einem Verzicht auf die Einbringung dieses Beweismittels auszugehen. Es verstosse gegen Treu und Glauben, gestützt auf dieses Beweismittel eine Wiederaufnahme zu beschliessen. Dabei sei unerheblich, ob die Staatsanwaltschaft den Spurenfund als unwahrscheinlich erachtet habe. Entscheidend sei, ob bereits entsprechende Hinweise in den Akten vorhanden gewesen seien oder nicht. Beweismittel, die zwar im eingestellten Verfahren genannt oder sogar abgenommen, aber nicht bezüglich des ganzen Beweisthemas ausgeschöpft worden seien, seien nicht als neu zu betrachten. Bei der auf dem Fugenkratzer gefundenen DNA-Spur handle es sich somit nicht um ein neues Beweismittel im Sinne von Art. 323 Abs. 1 StPO . 2.3 Gemäss Art. 323 Abs. 1 StPO verfügt die Staatsanwaltschaft die Wiederaufnahme eines durch Einstellungsverfügung rechtskräftig beendeten Verfahrens, wenn ihr neue Beweismittel oder Tatsachen bekannt werden, die für eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der beschuldigten Person sprechen (lit. a) und die sich nicht aus den früheren Akten ergeben (lit. b). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein (Urteil 6B_1015/2013 vom 8. April 2014 E. 5.1 mit Hinweisen). Beweismittel sind neu, wenn sie zum Zeitpunkt der Nichtanhandnahme unbekannt waren. Entscheidend ist dabei, ob entsprechende Hinweise in den Akten vorhanden waren oder nicht (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1274 Ziff. 2.6.4.1). Aus dem Offizial- und Legalitätsprinzip folgt, dass die Staatsanwaltschaft die Nichtanhandnahme nur verfügen darf, wenn sie die sich aufgrund der Akten anbietenden Beweise abgenommen und bezüglich des Beweisthemas ausgeschöpft hat (NIKLAUS SCHMID, Die Wiederaufnahme des Verfahrens nach Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens, in: ZStrR 1991 S. 251 ff., S. 264). Beweismittel, die zwar im eingestellten Verfahren genannt oder sogar abgenommen, aber nicht bezüglich des ganzen Beweisthemas ausgeschöpft wurden, sind demnach nicht als neu zu betrachten. Umgekehrt kann nicht verlangt werden, eine Tatsache oder ein Beweismittel nur als neu anzusehen, wenn sie oder es der Staatsanwaltschaft im ersten Verfahren auch bei Anwendung der BGE 141 IV 194 S. 198 notwendigen Sorgfalt nicht hätte bekannt sein können. Angesichts der Masse der zu erledigenden Strafverfahren seitens der Untersuchungsbehörden dürfen an die Sorgfaltspflicht keine zu hohen Anforderungen gestellt werden (BBl 2006 1274 f. Ziff. 2.6.4.1). Im Übrigen entsprechen die Wiederaufnahmegründe weitgehend jenen, die nach Art. 410 Abs. 1 lit. a StPO eine Revision begründen (SCHMID, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zuArt. 323 StPO; derselbe , Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts, 2. Aufl. 2013, N. 1264; PIQUEREZ/MACALUSO, Procédure pénale suisse, 3. Aufl. 2011, N. 1741). Die Wiederaufnahme eines eingestellten Verfahrens ist jedoch an geringere Voraussetzungen geknüpft als die Revision eines rechtskräftigen Urteils gemäss Art. 410 ff. StPO (Urteil 6B_92/2014 vom 8. Mai 2014 E. 3.1 mit Hinweisen). Aufgrund des Verweises in Art. 310 Abs. 2 StPO findet Art. 323 StPO auch auf die Wiederaufnahme eines durch Nichtanhandnahme erledigten Strafverfahrens Anwendung (vgl. auch Art. 11 Abs. 2 StPO ). An die Wiederaufnahme sind in diesem Fall jedoch noch geringere Voraussetzungen geknüpft als an die Wiederaufnahme nach einer Einstellung (Urteil 6B_1015/2013 vom 8. April 2014 E. 5.1 mit Hinweisen). 2.4 Bereits zu Beginn des Strafverfahrens bestand gegen den Beschwerdegegner bezüglich des Einbruchsversuchs an der D.-Strasse aufgrund der zeitlichen und örtlichen Nähe zu den übrigen Tatorten in der Region C. ein vager Tatverdacht. Abgesehen von den erwähnten Umständen lagen jedoch im Zeitpunkt der Nichtanhandnahme keine konkreten Beweise vor, welche den Tatverdacht gegen den Beschwerdegegner erhärtet und eine Verurteilung möglich gemacht hätten. In den Anzeigerapporten der Berner Kantonspolizei vom 24. Dezember 2013 und 5. Januar 2014 wurde zwar festgehalten, dass am Tatort ein Tatwerkzeug sichergestellt und dem KTD zur Auswertung übergeben wurde. Es bestand damit die theoretische Möglichkeit eines Spurenfundes. Die Mitteilung des DNA- Treffers, welcher die bisher fehlende Verbindung zwischen dem Beschwerdegegner und dem mutmasslichen Einbruchswerkzeug herstellt, erfolgte jedoch erst am 25. Februar 2014 und somit rund 20 Tage nach der Nichtanhandnahme. Damit steht fest, dass der Spurenfund der Staatsanwaltschaft bei Erlass der Nichtanhandnahmeverfügung nicht bekannt war. Das Beweismittel ergab sich auch nicht aus den bisherigen Akten, bestand doch lediglich eine theoretische Möglichkeit eines Spurenfundes. Der Staatsanwaltschaft kann unter BGE 141 IV 194 S. 199 diesen Umständen weder mangelnde Sorgfalt noch ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben vorgeworfen werden. Ein solcher würde vorliegen, wenn die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einem Beweismittel oder einer erheblichen Tatsache gehabt, diese aber aus irgendwelchen Gründen bewusst nicht in das Verfahren eingebracht hätte (BBl 2006 1275 Ziff. 2.6.4.1). Vorliegend gibt es jedoch keine Hinweise auf ein absichtliches Vorenthalten des Beweismittels durch die Staatsanwaltschaft. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das neue Beweismittel zu einer anderen Beurteilung der entscheidenden Umstände führen wird, als in der Nichtanhandnahmeverfügung angenommen (vgl. Urteil 1B_662/2011 vom 26. Januar 2012 E. 3.1). Die DNA-Spur stellt somit ein neues Beweismittel im Sinne von Art. 323 Abs. 1 StPO dar. Die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme sind erfüllt und die Beschwerde ist gutzuheissen.
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Urteilskopf 124 IV 102 19. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 3 avril 1998 dans la cause T. contre Procureur général du canton de Genève (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB , Art. 19 f. BetmG; gewaltsame Wegnahme von Betäubungsmitteln, Raub. Der unrechtmässige Erwerb von Betäubungsmitteln begründet kein rechtlich anerkanntes und geschütztes Eigentumsrecht. Der Raubtatbestand, der einen Diebstahl voraussetzt, ist ausgeschlossen, wenn die Betäubungsmittel rechtlich nicht Eigentum eines Dritten sind. Anwendbar sind somit die Bestimmungen des BetmG, allenfalls in Konkurrenz mit den Art. 111 ff. oder 180 ff. StGB (E. 2; Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 124 IV 102 S. 103 A.- A la fin du mois de juillet 1996, T. a emmené L. et G., en vue de se procurer de la drogue, au domicile de A., auprès de qui elle se fournissait régulièrement en héroïne. Elle a présenté ses deux comparses comme étant des clients potentiels, mettant ainsi A. en confiance. Elle a ensuite rapidement quitté les lieux, sachant que L. et G. n'avaient pas assez d'argent pour acheter de l'héroïne et qu'ils étaient décidés à "braquer" A. Elle a attendu ses deux acolytes dans une voiture, tandis que ceux-ci, menaçant A. au moyen d'un tournevis d'une vingtaine de centimètres et d'un couteau suisse à lame pliable, emportaient 8 g d'héroïne, un montant de 80 fr., ainsi qu'un "gameboy" et un "biper". T. a ensuite conservé ces objets et partagé l'héroïne avec ses comparses. T. a acquis à plusieurs reprises de l'héroïne pour le compte de tiers, auxquels elle revendait la drogue; il a été établi en particulier qu'elle avait vendu ainsi à deux reprises un demi-gramme d'héroïne à des toxicomanes d'Annemasse. B.- Par jugement du 14 mars 1997, le Tribunal de police de Genève a condamné T., pour complicité de brigandage et vente d'un gramme d'héroïne, à la peine de 4 mois d'emprisonnement avec sursis pendant 3 ans. Statuant sur appel de la condamnée, la Chambre pénale de la Cour de justice, par arrêt du 20 octobre 1997, a confirmé ce jugement. La cour cantonale a considéré en substance qu'il ne fallait pas suivre la jurisprudence publiée à l' ATF 122 IV 179 ss et que la soustraction d'un stupéfiant détenu illicitement pouvait donner lieu à un brigandage. C.- T. se pourvoit en nullité à la Cour de cassation pénale du Tribunal fédéral. Se fondant sur l' ATF 122 IV 179 ss, elle soutient que la cour cantonale a violé le droit fédéral en qualifiant les faits de brigandage. Elle conclut à l'annulation de la décision attaquée avec suite de frais et dépens, sollicitant par ailleurs l'assistance judiciaire. Le Procureur général conclut au rejet du pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Recevabilité). 2. La recourante a notamment été condamnée pour complicité de brigandage ( art. 25 et 140 CP ). La cour cantonale s'est référée expressément à l' art. 140 ch. 1 al. 1 CP , selon lequel se rend coupable de brigandage "celui qui aura BGE 124 IV 102 S. 104 commis un vol en usant de violence à l'égard d'une personne, en la menaçant d'un danger imminent pour la vie ou l'intégrité corporelle ou en la mettant hors d'état de résister". Dans le droit actuel, le brigandage n'est consommé que si le vol a été commis (FF 1991 II 971). Le brigandage est une forme aggravée du vol qui se caractérise par les moyens que l'auteur a employés (CORBOZ, Les principales infractions, art. 140 CP no 2; SCHUBARTH, Kommentar zum schweizerischen Strafrecht, art. 139 CP no 8; GRAVEN, L'infraction pénale punissable, 2ème éd. Berne 1995, p. 84 no 52 let. B; Stratenwerth, Bes. Teil I, 5ème éd. Berne 1995, par. 13 no 112; REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 7ème éd. Zurich 1997, p. 122). Pour retenir la qualification de brigandage, il faut donc que les éléments du vol soient réunis. Selon l' art. 139 ch. 1 CP , commet un vol "celui qui, pour se procurer ou procurer à un tiers un enrichissement illégitime, aura soustrait une chose mobilière appartenant à autrui dans le but de se l'approprier". L'infraction doit donc avoir pour objet "une chose mobilière appartenant à autrui". S'agissant d'une infraction contre le patrimoine, la formule "appartenant à autrui" doit être comprise en ce sens que la chose doit être dans la propriété d'autrui. Des stupéfiants peuvent appartenir par exemple à un pharmacien, qui les aura acquis de manière licite. Il ne ressort cependant pas des constatations cantonales que, dans le cas d'espèce, la drogue ait été précédemment acquise de manière licite, de sorte que cette hypothèse peut être écartée. Hormis les cas particuliers prévus par la loi (cf. art. 4 al. 1, 5 al. 1, 7 al. 1, 8 al. 5, 9 à 14a de la loi fédérale sur les stupéfiants [LStup; RS 812.121]; art. 5 ss de l'ordonnance sur les stupéfiants [OStup; RS 812.121.1]), l'acquisition et même la détention des stupéfiants est interdite ( art. 8 al. 1 LStup ) et punissable ( art. 19 ch. 1 al. 5 LStup ). Dans cette mesure, la drogue est une chose hors commerce en raison de son caractère dangereux pour la santé. Celui qui transgresse l'interdiction peut se voir confisquer la drogue en tout temps, sans aucune indemnité ( art. 58 CP ); il ne saurait s'y opposer en invoquant l' art. 22ter al. 3 Cst. La jurisprudence en a déduit que l'acquisition illicite de stupéfiants ne fonde pas un droit de propriété juridiquement reconnu et protégé ( ATF 122 IV 179 ss consid. 2c et d p. 182 ss). Il est vrai que cette jurisprudence a suscité des critiques dans la doctrine (cf. KURT SEELMANN, Kein Diebstahl an Betäubungsmitteln möglich? in Recht 15, 1/1997 p. 35 ss; DANIEL STOLL in JdT 1997 IV p. 141). Les arguments de ces auteurs et de la cour cantonale BGE 124 IV 102 S. 105 n'apportent cependant rien qui n'ait pas été pris en compte lors de l'adoption de l'arrêt de principe publié à l' ATF 122 IV 179 ss. Contrairement à ce que soutient la cour cantonale, cette jurisprudence ne crée pas une exigence extralégale concernant la personne du lésé; il ne s'agit que d'interpréter les termes mêmes de la loi, à savoir les mots "appartenant à autrui". L'idée que le droit pénal pourrait protéger un patrimoine que le droit civil ne protège pas n'emporte pas la conviction, parce qu'elle introduit même une contradiction à l'intérieur du droit pénal, qui protégerait une acquisition qu'il réprime par ailleurs et soumet à confiscation. Sous l'angle de l'ordre public, il faut rappeler que l'acquisition de stupéfiants est punissable en application de l' art. 19 ch. 1 LStup . Si elle donne lieu à une infraction contre la vie ou l'intégrité corporelle ou à une infraction contre la liberté, les art. 111 ss CP , respectivement les art. 180 ss CP , sont également applicables. En l'occurrence, la contrainte ( art. 181 CP ) pouvait manifestement être retenue en concours. La cour cantonale aurait aussi pu se demander si la recourante n'avait pas joué un rôle de courtier ( art. 19 ch. 1 al. 4 LStup ; cf. ATF 118 IV 403 s. consid. 2a) ou à tout le moins de complice dans l'acquisition illicite des stupéfiants ( art. 25 CP et 19 ch. 1 al. 5 LStup). La cour cantonale a cependant violé le droit fédéral en retenant la qualification de brigandage, alors que celle-ci suppose un vol et qu'il n'est pas établi en l'espèce que cette drogue ait juridiquement appartenu à autrui, qu'il s'agisse du détenteur ou d'un tiers. D'autres objets ont été simultanément soustraits, qui étaient susceptibles d'appropriation privée et dont on doit admettre qu'ils appartenaient à autrui; qu'ils soient ou non de faible valeur est sans importance, puisque l' art. 172ter al. 1 CP ne s'applique pas au brigandage ( art. 172ter al. 2 CP ). Il ne ressort cependant pas des constatations cantonales que la recourante savait, au moment où elle a mis les auteurs principaux en contact avec le lésé, que de tels objets seraient dérobés; on ne peut donc pas dire que la qualification de complicité de brigandage était de toute manière justifiée en raison de ces autres objets. Le Tribunal fédéral admet le pourvoi, dit que la décision attaquée doit être annulée et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'il soit statué à nouveau ( art. 277ter al. 1 PPF ). 3. (Suite de frais)
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Urteilskopf 86 IV 102 27. Sentenza 1o aprile 1960 della Corte di cassazione penale nella causa Ministero pubblico della Confederazione contro Galfetti e Chiesa.
Regeste Art. 268 BStP . Die von der tessinischen Staatsanwaltschaft gemäss Art. 68 StPO getroffene Verfügung, wonach die Strafverfolgung fallen gelassen werde, ist für die Bundesanwaltschaft eine Einstellungsverfügung letzter Instanz im Sinne von Art. 268 Abs. 3 BStP . Art. 238 StGB . Diese Bestimmung schützt den technischen Bahnbetrieb als Ganzes. Sie ist auf jedes Verhalten anwendbar, durch das die ordnungsgemässe Verschiebung von Personen- oder Güterwagen gestört wird, unbekümmert darum, ob es sich bei ihr um fahrplanmässigen Verkehr oder um Rangierverkehr handle.
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 86 IV 102 S. 103 A.- Il 30 giugno 1959, verso le ore 09.15, un gruppo di carri ferroviari fermi sul binario A 22 della rampa per il bestiame nella stazione di Chiasso venne investito dalla locomotiva di manovra trainante sette vetture vuote. Questa composizione proveniente dal binario di arrivo A 1 avrebbe dovuto essere spostata sul binario libero A 18 dopo una serie di scambi, ma il manovratore Orazio Chiesa, al quale era stato affidato il compito di far funzionare gli apparecchi centrali, aveva dimenticato di inserire lo scambio 24 a sul binario prestabilito lasciando deviare il convoglio sul binario A 22 già occupato. Il macchinista Oreste Galfetti, conducente la composizione di manovra, che era tenuto a controllare la tratta da percorrere (secondo il rapporto dell'Ufficio federale dei trasporti avrebbe osservato troppo a lungo il posto di manovra), si sarebbe accorto troppo tardi dell'errata posizione dello scambio 24 b. Azionato il freno ad aria compressa e gli altri apparecchi nel modo richiesto dal caso, si stendeva sul pavimento della cabina attendendo l'urto reso inevitabile. Ne uscì con ferite di poco conto. Due funzionari che si trovavano sugli scalini delle vetture in movimento furono gettati a terra e feriti leggermente. La locomotiva di manovra e la vettura immediatamente seguente furono gravemente danneggiate. Subirono danni anche il materiale rotante e il paraurti del binario A 22. Complessivamente il danno ammonta a 35 400 fr. B.- Il Dipartimento federale di giustizia e polizia, su proposta del Ministero pubblico della Confederazione, decideva il 22 settembre 1959 di rilasciare l'autorizzazione a procedere penalmente contro Orazio Chiesa e Oreste Galfetti e trasmetteva gli atti al Dipartimento di giustizia del Cantone Ticino a destinazione del Procuratore pubblico sottocenerino per l'esecuzione. Questi emanò, il 12 gennaio 1960, decreto di abbandono, giudicando che la fattispecie oggettiva dell'art. 238 CP non è in concreto adempiuta perchè l'incidente si è verificato non nel traffico ferroviario propriamente detto, ma BGE 86 IV 102 S. 104 "nel momento consumativo, sul fascio di binari e scambi di manovra". C.- Mediante comunicazione del 22 gennaio 1960, il Ministero pubblico della Confederazione ha presentato ricorso per nullità al Tribunale federale, chiedendo che il decreto d'abbandono sia annullato e la causa rinviata all'istanza cantonale per nuovo giudizio. D.- Il Procuratore pubblico sottocenerino e le parti Orazio Chiesa e Oreste Galfetti hanno presentato le loro osservazioni e proposto la reiezione del ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. L'art. 68 del codice di procedura penale ticinese del 10 luglio 1941 non prevede alcuna possibilità di ricorso contro il decreto d'abbandono del Procuratore pubblico. L'unico rimedio è accordato alla parte civile, che ha comunque la facoltà di chiedere l'apertura dell'istruzione formale e, questa compiuta, di proporre l'accusa, sulla cui ammissione decide la Camera dei ricorsi. Il Ministero pubblico della Confederazione non ha, in sede cantonale, alcuna possibilità di aggravarsi da un siffatto decreto. A suo riguardo, il decreto d'abbandono deve pertanto essere considerato come una dichiarazione di non doversi procedere emessa in ultima istanza a'sensi dell'art. 268 PPF e quindi impugnabile mediante ricorso al Tribunale federale. Peraltro, tale è già stato giudicato il decreto d'abbandono del Procuratore pubblico emanato sotto l'impero dell'art. 75 del vecchio codice cantonale di procedura penale del 1895, il cui testo era sostanzialmente identico a quello dello art. 68 del nuovo codice (RU 67 I 315). Gli interessati non hanno sollevato al riguardo alcuna obiezione e il Procuratore pubblico ha esplicitamente riconosciuto la ricevibilità del ricorso. 2. Secondo l'art. 238 CP è punibile chi perturba e pone in pericolo il servizio delle strade ferrate e mette con ciò in pericolo la vita o l'integrità delle persone o la BGE 86 IV 102 S. 105 proprietà altrui, in modo particolare chiunque cagiona il pericolo di un deviamento o scontro di treni. Il Giudice cantonale ha esposto nelle sue osservazioni che il termine "servizio" del testo italiano non corrisponde al termine "Verkehr" contenuto nel testo tedesco ed equivalente al termine italiano "traffico". Per traffico ferroviario dovrebbe intendersi, secondo l'impugnato decreto, soltanto il trasporto di persone o di merci e non le manovre ausiliarie effettuate nell'interno della stazione. Essendosi verificato nell'ambito di queste operazioni, l'incidente occorso a Chiesa e Galfetti non cadrebbe sotto la sanzione stabilita nell'art. 238 CP. Tale opinione non può essere condivisa. Anzitutto perchè, in senso lato, costituiscono "traffico" anche le suddette operazioni ausiliarie, poi perchè il testo italiano della legge è, come quello tedesco, testo originale. Comunque, la norma legislativa deve essere interpretata tenendo conto del fine che si prefigge e del bene pubblico che, con essa, il legislatore ha intenso tutelare. Questa speciale norma ha la sua ratio nell'importanza del traffico ferroviario e nella particolare pericolosità di ogni servizio tecnico che lo concerne. Ogni incidente che si verifichi sui binari o sulla linea della ferrovia perturba, direttamente o indirettamente, il traffico ferroviario. "Es ist nicht ein bestimmter Eisenbahnzug, sondern der Eisenbahnverkehr als Ganzes geschützt. Es handelt sich um die Sicherstellung des ganzen Betriebes" (STÄMPFLI, Bundesanwalt, in SJZ, 24, p. 338 sull'art. 67 del vecchio codice penale federale, al riguardo simile all'art. 238 CP). L'art. 238 CP tutela, quindi, tutto il complesso del servizio tecnico ferroviario. Peraltro, la giurisprudenza ha costantemente stabilito che la citata norma si applica ad ogni comportamento che perturbi il regolare trasferimento di una vettura o carro ferroviario. È pertanto indifferente che l'incidente si riferisca a trasporti ad orario fisso od a manovre per la composizione dei convogli od ausiliarie, che si verifichi sui binari di trasporto o su quelli di manovra BGE 86 IV 102 S. 106 (RU 54 I 362; sentenza non pubblicata del 17 sett. 1954 sul caso Schneider, consid. 2). Rilevante è unicamente il fatto che, in siffatta circostanza, il comportamento dell'autore abbia messo in pericolo persone o beni. Ma anche a questo riguardo è sufficiente che si tratti di persone o beni altrui, vale a dire di persone diverse dall'autore o di beni che a questi non appartengono, come in concreto erano le altre persone addette alla manovra e i beni della ferrovia (RU 78 IV 104; 80 IV 182 ; 84 IV 20 ). Infatti non si comprenderebbe che da questa protezione siano esclusi gli impianti ferroviari e, particolarmente, i funzionari addetti alla manovra, più di ogni altra persona esposti ai pericoli del servizio ferroviario. 3. Secondo l'art. 238, cp. 2 CP è punibile anche il perturbamento del servizio causato da negligenza, ma solo nel caso che il pericolo a cui siano state esposte l'integrità delle persone o la proprietà altrui sia grave, come è sempre il caso quando, pienamente verificandosi le conseguenze della messa in pericolo, il danno risulti rilevante (RU 72 IV 27, 69). In concreto, essendosi verificato un danno ammontante a circa 35 400 fr., tale presupposto è senza dubbio adempiuto. 4. Il Giudice cantonale, emanando il decreto di abbandono ha pertanto erroneamente interpretato l'art. 238 CP. Discutibile è solo il problema di sapere se, ed in quale misura, il comportamento colposo del manovratore Chiesa e del macchinista Galfetti, o di entrambi, abbia contribuito al verificarsi dell'incidente. A questo proposito al Giudice cantonale incombono ancora le necessarie costatazioni che non risultano dagli atti. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto, il decreto di abbandono annullato e la causa rinviata al Procuratore pubblico della Giurisdizione sottocenerina per nuovo giudizio nel senso dei considerandi.
null
nan
it
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
70195eaf-77ab-4373-9601-220a4ba43955
Urteilskopf 103 V 46 11. Auszug aus dem Urteil vom 10. Januar 1977 i.S. Oetiker gegen Staatliche Arbeitslosenkasse Basel-Stadt und Schiedskommission für Arbeitslosenversicherung des Kantons Basel-Stadt
Regeste Der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung besteht, unter gleichen Voraussetzungen in allen Zweigen der bundesrechtlichen Sozialversicherung, auch für das kantonale Beschwerdeverfahren (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 46 BGE 103 V 46 S. 46 Aus den Erwägungen: II.1. a) Im Gegensatz zu Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG , anwendbar auch auf dem Gebiete der Invalidenversicherung ( Art. 69 IVG ), der Ergänzungsleistungen ( Art. 7 Abs. 2 ELG ), der Erwerbsersatzordnung ( Art. 24 EOG ) und der Familienzulagen für landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Kleinbauern ( Art. 22 Abs. 3 FLG ) sowie im Gegensatz zu Art. 56 Abs. 1 lit. d MVG und Art. 30bis Abs. 3 lit. f und 121 Abs. 1 KUVG, welche dem Beschwerdeführer im kantonalen Beschwerdeverfahren einen Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung einräumen, enthält das AlVG keine entsprechende Bestimmung. Es fragt sich, ob diese Differenzierung innerhalb der eidgenössischen Sozialversicherungsgesetzgebung vom Richter und den Parteien hinzunehmen ist. BGE 103 V 46 S. 47 b) Gemäss Art. 65 Abs. 1 VwVG kann eine bedürftige Partei, deren Begehren nicht zum vorneherein aussichtslos erscheint, auf Gesuch von der Bezahlung von Verfahrenskosten befreit werden. Und laut Abs. 2 kann der bedürftigen Partei ein Anwalt beigegeben werden, wenn sie nicht imstande ist, ihre Sache selbst zu vertreten. Diese Ordnung über die unentgeltliche Verbeiständung ist indessen laut Art. 1 Abs. 3 VwVG im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht anwendbar. Deshalb ist nach den besonderen Bestimmungen der einzelnen Sozialversicherungsgesetze des Bundes und - im Rahmen dieses Bundesrechts - der Kantone zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen einer Partei im kantonalen Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege - insbesondere die unentgeltliche Verbeiständung - bewilligt werden muss. Das Eidg. Versicherungsgericht erklärte dazu in BGE 98 V 116 , es rechtfertige sich, die unentgeltliche Rechtspflege in allen Sozialversicherungszweigen auf der jeweils gleichen Verfahrensstufe unter gleichen Voraussetzungen zu gewähren. Darauf weisen auch die weitgehend identischen Formulierungen betreffend die unentgeltliche Rechtspflege in den einzelnen Sozialversicherungsgesetzen hin. Der Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung namentlich besteht in der Regel dort, "wo die Verhältnisse es rechtfertigen" ( Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG , Art. 56 Abs. 1 lit. d MVG , Art. 30bis Abs. 3 lit. f KUVG ; vgl. Art. 121 Abs. 1 KUVG ). Die unentgeltliche Verbeiständung muss mithin - unter der gleichzeitigen Voraussetzung, dass die Partei bedürftig und der Prozess nicht offensichtlich aussichtslos ist - grundsätzlich bewilligt werden, sofern sie nach den konkreten objektiven und subjektiven Umständen nicht als unnötig erscheint. Praktisch wird man sich im Einzelfall fragen, ob eine nicht bedürftige Partei unter sonst gleichen Verhältnissen vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beiziehen würde, weil sie selber zuwenig rechtskundig ist und das Interesse am Prozessausgang den Aufwand rechtfertigt ( BGE 98 V 118 ). Dem Sinne des Art. 65 Abs. 2 VwVG und der bisherigen Rechtsprechung nach ( BGE 98 V 116 ) besteht mangels anderer bundesgesetzlicher Willensäusserung kein Grund, dem bedürftigen Rechtsuchenden, dessen Ansprüche aus dem AlVG nicht offensichtlich aussichtslos sind, die unentgeltliche Verbeiständung BGE 103 V 46 S. 48 im kantonalen Beschwerdeverfahren zu verweigern, zumal diese unter sonst gleichen Voraussetzungen für die Verfechtung von Ansprüchen aus allen übrigen Sozialversicherungsgesetzen des Bundes gewährt werden kann. Zu diesem Ergebnis war das Eidg. Versicherungsgericht für den letztinstanzlichen Prozess unter der Herrschaft des alten Verfahrensrechts (Bundesbeschluss betreffend die Organisation und das Verfahren des Eidg. Versicherungsgerichts vom 28. März 1917) schon in EVGE 1962 S. 163 gelangt.
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1,977
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CH_BGE_007
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7019f019-6bea-401f-b8b3-2b37b87fbfe5
Urteilskopf 110 II 380 73. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Juni 1984 i.S. T. gegen M. und Ch. G. (Berufung)
Regeste Widerruf eines Architektenvertrags; Art. 404 OR , Honorarzuschläge gemäss Art. 5.5 und Art. 8.1 SIA-Norm 102 (Ausgabe 1969). 1. Rechtliche Qualifikation des Architektenvertrags, Widerrufsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR : Bestätigung der mit BGE 109 II 464 E. 3 eingeleiteten Praxis (E. 2). 2. Werden die Architektenarbeiten auf Veranlassung des Bauherrn vor dem Widerruf des Auftrags eingestellt, so kann der Bauherr die Zahlung des Honorarzuschlags im Sinn von Art. 8.1 SIA-Norm 102 nicht mit dem Hinweis darauf verweigern, der Widerruf sei nicht zur Unzeit erfolgt, weil der Architekt die früher getroffenen Dispositionen bereits rückgängig gemacht habe (E. 3). 3. Art. 404 Abs. 2 OR , der nach der Rechtsprechung keinen Anspruch auf Ersatz entgangenen Gewinns gibt, schliesst den Zuspruch des in Art. 5.5 SIA-Norm 102 vorgesehenen Honorarzuschlags aus (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 380 BGE 110 II 380 S. 380 Paul T. kaufte 1971 durch Vermittlung der Architekten Markus und Christoph G. ein Grundstück in A. Unter den besonderen BGE 110 II 380 S. 381 Vertragsbedingungen versprach er, den Vermittlern die gesamten Architekturarbeiten zu SIA-Bedingungen zu übertragen und im Falle eines Verkaufs die Verpflichtung dem Erwerber zu überbinden. Die Architekten nahmen in der Folge die Projektierung von zwei Mehrfamilienhäusern in Angriff. Da das Land vorerst nicht baureif war, verzögerte sich die Erteilung der Baubewilligung bis ins Jahr 1975. Auf Ersuchen des Bauherrn wurde das bewilligte Bauvorhaben sistiert und die Baubewilligung bis 1977 verlängert. Am 23. Dezember 1977 verkaufte T. das Grundstück samt dem bewilligten Bauprojekt an einen Dritten. Die Architekten stellten am 15. August 1979 für ihre Arbeiten Rechnung und reichten unter Berücksichtigung von Fr. 100'000.-- Akontozahlung am 7. November 1980 beim Bezirksgericht Arlesheim gegen T. Klage ein über Fr. 71'239.30. Das Bezirksgericht hiess die Klage im Teilbetrag von Fr. 29'199.-- gut. Auf Appellation des Beklagten setzte das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft mit Urteil vom 25. Oktober 1983 den Betrag auf Fr. 23'043.70 herab, zuzüglich 5% Zins seit 22. Januar 1980. Der Beklagte beantragt mit seiner Berufung, die Klage ganz abzuweisen, während die Kläger um Bestätigung des angefochtenen Urteils ersuchen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Es ist nicht streitig, dass der Beklagte mit den Klägern zumindest konkludent einen Architektenvertrag abgeschlossen hat. Das Obergericht hat mit Hilfe eines Experten den Honoraranspruch der Kläger für die von ihnen geleisteten Arbeiten ermittelt und auf Fr. 95'877.50 festgesetzt. Weil der Beklagte bereits Fr. 100'000.-- bezahlt hatte, ergab sich ein Saldo zu seinen Gunsten von Fr. 4'122.50. Insoweit ist das Urteil des Obergerichts unangefochten. Der Beklagte stellt zu Recht auch nicht mehr in Abrede, dass er den Architektenauftrag sinngemäss widerrufen hat, indem er das Grundstück samt dem Bauprojekt an einen Dritten verkaufte, ohne den Architektenvertrag zu überbinden. Streitig ist dagegen, ob die Vorinstanz den Klägern wegen des Auftragsentzugs zu Recht die in Art. 5.5 und Art. 8.1 der SIA-Honorarordnung vorgesehenen Honorarzuschläge bewilligt hat. Dass die Parteien die Anwendung der SIA-Norm 102 (Ausgabe 1969) vereinbart haben, wird auch vom Beklagten anerkannt. BGE 110 II 380 S. 382 2. Das Obergericht lässt die Frage, ob der Architektenvertrag den Regeln des Auftrags oder des Werkvertrags zu unterstellen sei, mit der Begründung offen, die streitigen Ansprüche der Kläger seien selbst im Fall der Anwendung von Auftragsrecht begründet. Nach Auffassung des Beklagten kommt dagegen der Qualifikationsfrage entscheidende Bedeutung zu, weil Art. 5.5 und Art. 8.1 der SIA-Norm mit dem Widerrufsrecht gemäss Art. 404 Abs. 1 OR unvereinbar seien. Mit BGE 109 II 464 E. 3 hat das Bundesgericht seine Rechtsprechung zum Architektenvertrag geändert. In diesem Urteil wird insbesondere ausgeführt, Art. 394 Abs. 2 OR schliesse die Anerkennung gemischter Verträge auf Arbeitsleistung nicht aus und zwinge nicht dazu, ein komplexes Vertragsverhältnis wie den Architektenvertrag entweder ganz als Auftrag oder ganz als Werkvertrag zu beurteilen. Architektenarbeiten, welche den Regeln des Werkvertrags unterstellt werden könnten, seien zum Beispiel das Erstellen von Ausführungsplänen und Kostenvoranschlägen, allenfalls sogar das Ausarbeiten von Bauprojekten. Andere Aufgaben wie Arbeitsvergebung und Bauaufsicht seien dagegen nur als Auftrag rechtlich erfassbar. Das Bundesgericht schloss eine Spaltung der Rechtsfolgen in bezug etwa auf die Mängelhaftung nicht aus, hielt diesen Weg aber nicht für gangbar, wenn die vorzeitige Auflösung eines Gesamtvertrags umstritten ist, der Auftrags- und Werkvertragselemente umfasst. Bei einem Projektierung und Bauausführung umfassenden Architektenvertrag komme dem Vertrauensverhältnis zwischen dem Bauherrn und dem Architekten so grosse Bedeutung zu, dass die Auflösungsregel des Art. 404 OR den Vorzug verdiene ( BGE 109 II 466 ). Das Obergericht stellt unwidersprochen fest, dass nach dem Vertrag die Kläger ein Bauprojekt auszuarbeiten hatten, das unter ihrer Leitung ausgeführt werden sollte. Es handelte sich daher um einen Gesamtauftrag, dessen Widerruf nach Art. 404 OR zu beurteilen ist. 3. Entzieht der Bauherr dem Architekten den Auftrag ohne dessen Verschulden, so hat der Architekt nach Art. 8.1 der SIA-Norm 102 Anspruch auf einen Honorarzuschlag von 15% oder mehr, sofern der nachgewiesene Schaden diesen Prozentsatz übersteigt. Das Obergericht anerkennt unter diesem Titel eine Forderung der Kläger von Fr. 14'381.60. Es geht davon aus, dass die SIA-Bestimmung dem Art. 404 Abs. 2 OR entspreche und der Honorarzuschlag wie der Schadenersatzanspruch davon abhänge, BGE 110 II 380 S. 383 dass dem Architekten keinerlei Nachlässigkeit zur Last falle, die das Vertrauensverhältnis zum Bauherrn gestört hätte. Im Ergebnis, wenn auch nicht ohne weiteres in der Begründung, folgt die Vorinstanz sodann dem Urteil des Bundesgerichts in Sachen Disch (S. J. 1978 S. 385 ff.); es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Architekt durch den Auftragsentzug einen nur schwer konkretisierbaren Schaden erleide, was die Pauschalierung rechtfertige. Der Architekt führe in der Regel einen nach kaufmännischen Grundsätzen organisierten Betrieb, der schon bei Eingang des Auftrags weitreichende Dispositionen bezüglich Personaleinsatz, Behörden- und Unternehmerkontakten erfordere. Besonders während der Projektierungsphase bleibe wenig Raum für ein besonderes Vertrauensverhältnis, weil der Architekt ein fertiges Produkt abzuliefern habe. In dieser Phase könne daher auch nur ausnahmsweise ein Widerruf auf die Störung des Vertrauensverhältnisses gestützt werden, anders als etwa bei Ärzten und Anwälten. a) Der Beklagte hält am Einwand fest, der streitige Honorarzuschlag sei eine verpönte Konventionalstrafe, die den freien Widerruf in unzulässiger Weise erschwere. Im bereits zitierten BGE 109 II 462 ff. ist diese Frage einlässlich geprüft worden. Dabei wurde im Ergebnis an der Entscheidung Disch festgehalten, indes bei der Begründung der namentlich von TERCIER (in Baurecht 1979 S. 9 und 1982 S. 9) geäusserten Kritik Rechnung getragen. Danach begründet zwar Art. 8.1 SIA-Norm 102 eine Konventionalstrafe, doch ist sie wie die Schadenersatzpflicht gemäss Art. 404 Abs. 2 OR mit dem Widerrufsrecht vereinbar, falls der Widerruf zur Unzeit erfolgt. Daran ist auch im vorliegenden Fall festzuhalten. b) Bei der Beurteilung der Frage, ob der Beklagte zur Unzeit widerrufen hat, will das Obergericht entscheidend darauf abstellen, ob den Klägern eine - wenn auch geringe - Nachlässigkeit vorzuwerfen sei. Dieser Gesichtspunkt wurde zwar in BGE 104 II 320 E. 5b in den Vordergrund gestellt; mit BGE 106 II 160 E. 2c hat das Bundesgericht aber zum Ausdruck gebracht, dass eine weitere Bedingung gegeben sein muss. Die Annahme eines Widerrufs zur Unzeit setzt danach nicht nur voraus, dass der Architekt dazu keinen begründeten Anlass gegeben hat, sondern auch, dass die Vertragsauflösung hinsichtlich des Zeitpunkts und der von ihm getroffenen Dispositionen für ihn nachteilig ist. BGE 110 II 380 S. 384 Das Obergericht hält die erste Voraussetzung für gegeben, weil selbst eine leichte Nachlässigkeit der Kläger nicht ersichtlich sei. Zur Zeit des Kaufs sei das Grundstück allerdings nicht baureif gewesen; die Kläger hätten sich möglicherweise dem Beklagten gegenüber in dieser Beziehung etwas zu optimistisch geäussert; doch habe der Beklagte gewusst, dass es sich nur um Prognosen mit einem spekulativen Element habe handeln können. Der Beklagte beharrt demgegenüber darauf, nicht zur Unzeit widerrufen zu haben, weil das Grundstück erst nach Jahren wirklich baureif geworden und den Klägern daher zumindest eine leichte Nachlässigkeit vorzuwerfen sei. Soweit sich dieser Einwand nicht nur gegen eine verbindliche tatsächliche Feststellung, sondern auch gegen eine überprüfbare rechtliche Würdigung der Vorinstanz richtet, ist er unbegründet. Es braucht daher nicht entschieden zu werden, ob der Beklagte allenfalls auch durch jahrelanges Zuwarten sein Widerrufsrecht verwirkt habe; sein Verhalten bestätigt immerhin, dass er selbst das Grundstück im Jahr 1971 noch nicht als völlig baureif betrachtet hat. c) Das Obergericht stellt fest, die Kläger hätten in der Zeit zwischen 1975, als die Baubewilligung erteilt wurde, und 1977, als der Beklagte das Grundstück verkaufte, praktisch keine Tätigkeit entfaltet. Die Kläger machen in der Berufungsantwort nicht geltend, die Vorinstanz habe den Sachverhalt lückenhaft festgestellt, indem sie konkrete Behauptungen nicht berücksichtigt habe. In der kantonalen Appellationsbegründung hatte zudem der Beklagte vorgebracht, die Kläger hätten einen Schaden aus Widerruf im Sinn des negativen Vertragsinteresses gar nie behauptet; weil die Arbeiten zwei Jahre geruht hätten, sei undenkbar, dass sie Vorkehren zur weiteren Ausführung oder Bearbeitung getroffen hätten. Die Kläger haben darauf in der Antwort lediglich auf der Pauschalierung im Sinn des Urteils in Sachen Disch bestanden. Für eine Ergänzung des Sachverhalts und Rückweisung an die Vorinstanz bleibt daher kein Raum. Es ist somit davon auszugehen, dass die Kläger durch den Widerruf im Jahre 1977 nicht nachweisbar hinsichtlich konkreter Dispositionen benachteiligt worden sind. Wie bereits erwähnt, folgert das Obergericht aus der Natur des Architektenvertrags und der Lebenserfahrung, dass der Betrieb eines Architekturbüros ganz allgemein auf längerfristigen Dispositionen beruhe und sich dadurch von der Tätigkeit des Arztes und Anwalts unterscheide. Die gleiche Überlegung lag dem Urteil des Bundesgerichts in Sachen Disch (S. J. 1978 S. 392) und BGE 109 II 470 BGE 110 II 380 S. 385 zugrunde. Obschon es sich in jenen Fällen um Grossaufträge mit Baukostensummen von 16,5 und 27 Millionen Franken handelte, kann der Erfahrungssatz doch nicht nur für Grossbauten gelten; auch die hier vorliegende Baukostensumme, die sich nach der Expertise auf ca. 2,4 Millionen Franken belief, machte entsprechende Dispositionen nötig. Das Obergericht nimmt demnach zu Recht an, die Kläger seien bis zur Einstellung der Tätigkeit für den Beklagten mit Aufwendungen belastet worden, die durch den Honoraranspruch nicht gedeckt sind. Die vorstehenden Erwägungen machen deutlich, dass der Honorarzuschlag gemäss Art. 8.1 SIA-Norm 102 ohne weiteres zuzusprechen wäre, wenn der Beklagte den Vertrag schon im Jahre 1975 widerrufen hätte. Damit drängt sich aber die Frage auf, ob die Kläger den Anspruch, der ihnen bei früherem Auftragsentzug zugestanden hätte, wegen des zweijährigen Unterbruchs verlieren können. Dabei ist von Bedeutung, welche der Vertragsparteien die Einstellung der Architektenarbeiten zu verantworten hat. Das Obergericht stellt dazu fest, die Sistierung sei auf Wunsch des Beklagten und aus nicht von den Klägern zu vertretenden Gründen erfolgt. Der Beklagte äussert sich in der Berufung nicht zu dieser Frage. Die Kläger behaupten, die baupolizeilichen Hindernisse seien 1975 behoben gewesen, die seitherige Verzögerung habe allein der Beklagte zu vertreten. Es ist daher davon auszugehen, dass die Kläger weder für die Verzögerung noch für den Entzug des Auftrags verantwortlich sind. Sie mussten sich mit dem Unterbruch abfinden und konnten das auch tun in der Erwartung, zu gegebener Zeit die Arbeit wieder aufnehmen zu können. Verzögert aber ein Bauherr ohne Zutun des Architekten die Ausführung des Bauvorhabens und zwingt er ihn dadurch, die bereits vorgenommenen Dispositionen rückgängig zu machen, so kann er sich nicht nachträglich darauf berufen, der Widerruf erfolge nun nicht mehr zur Unzeit, weil der Architekt inzwischen bereits umdisponiert habe. Das angefochtene Urteil ist demnach insoweit zu bestätigen. 4. Wird nach dem Widerruf des Auftrags die Ausführung des Projekts ohne vorgängige Vereinbarung einem andern Architekten oder Dritten übertragen, so hat der Projektverfasser gemäss SIA-Norm 102 Anspruch auf einen Honorarzuschlag von 20% (Art. 8.2 in Verbindung mit Art. 5.5). Das Obergericht spricht den Klägern unter diesem Titel einen Betrag von Fr. 12'784.60 zu. Es vermag eine Zustimmung der Kläger zur anderweitigen Verwendung BGE 110 II 380 S. 386 ihres Projekts nicht zu erkennen und sieht im Zuschlag eine Gegenleistung für die dem Architekten entgangene wirtschaftliche Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Werkes. a) Der Beklagte hält daran fest, dass es sich beim Zuschlag um eine Konventionalstrafe handle, die eine unzulässige Erschwerung des Widerrufs darstelle. Diese Auffassung lag BGE 104 II 319 E. 5 zugrunde, wo Art. 5.5 der SIA-Norm 102 nicht als Entschädigung aus Urheberrecht, sondern als Anspruch wegen Auftragsentzugs behandelt und gleich wie der Honorarzuschlag aus Art. 8.1 SIA-Norm 102 abgewiesen wurde, weil der Architekt nachlässig gewesen war. Dem haben sowohl MERZ (ZBJV 116/1980 S. 23) als auch TERCIER (Baurecht 1980/2 S. 28) zugestimmt. Im vorliegenden Fall besteht kein Grund, von dieser Rechtsprechung abzuweichen; gleich wie in BGE 104 II 320 E. 5b ist deshalb auf Art. 5.5 SIA-Norm 102 die Vorschrift von Art. 404 Abs. 2 OR anzuwenden. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gibt Art. 404 Abs. 2 OR keinen Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns, sondern nur auf Ausgleich der besonderen Nachteile als Folge des unzeitigen Widerrufs ( BGE 109 II 469 /70 mit Hinweisen). Das Obergericht führt zutreffend aus, mit dem Zuschlag gemäss Art. 5.5 der SIA-Norm 102 solle der Architekt einen Gegenwert erhalten für die ihm entgangene wirtschaftliche Verwertung eines urheberrechtlich geschützten Werkes. Es nimmt zu Recht an, es handle sich dabei um einen reinen Anspruch auf Ersatz des entgangenen Gewinns. Die Kläger vertreten in der Berufungsantwort die gleiche Auffassung. Da aber ein derartiger Anspruch nach der Bundesgerichtspraxis mit Art. 404 Abs. 2 OR unvereinbar ist, muss das Urteil des Obergerichts aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen werden. Damit kann offenbleiben, ob ein kumulierter Honorarzuschlag von 35% in Anwendung von Art. 163 Abs. 3 OR herabgesetzt werden müsste, wie der Beklagte geltend macht. 5. Die Kläger haben somit Anrecht auf den Zuschlag gemäss Art. 8.1 SIA-Norm 102 in der Höhe von Fr. 14'381.60. Nach Abzug des Verrechnungssaldos von Fr. 4'122.50 verbleibt ein Restbetrag von Fr. 10'259.10. Im Mehrbetrag ist die Klage abzuweisen. BGE 110 II 380 S. 387 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: In teilweiser Gutheissung der Berufung wird das Urteil des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 25. Oktober 1983 aufgehoben und die Klage für Fr. 10'259.10 nebst 5% Zins seit 22. Januar 1980 gutgeheissen, im Mehrbetrag dagegen abgewiesen.
public_law
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Urteilskopf 111 V 226 44. Auszug aus dem Urteil vom 26. August 1985 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen Grünenfelder und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 42 Abs. 2 IVG . Neben der (retrospektiv zu beurteilenden) Wartezeit von 360 Tagen genügt es, dass die Hilflosigkeit analog zur Variante 2 von Art. 29 Abs. 1 IVG bloss voraussichtlich "weiterhin" andauert (Präzisierung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 226 BGE 111 V 226 S. 226 Aus den Erwägungen: 3. a) Streitig ist, ob die Beschwerdegegnerin Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung gemäss Art. 42 IVG hat. Dieser BGE 111 V 226 S. 227 Anspruch entsteht nach Art. 35 Abs. 1 IVV am ersten Tag des Monats, in dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind. Das Gesetz schreibt für den Anspruch auf Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung weder bei Erwachsenen nach Art. 42 Abs. 1 IVG noch bei Minderjährigen nach Art. 20 Abs. 1 IVG eine Wartezeit vor. Da jedoch nach Art. 42 Abs. 2 IVG nur als hilflos gilt, wer "dauernd" der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung bzw. der Dienstleistungen Dritter ( Art. 36 Abs. 3 lit. d IVV ) bedarf, ist dieses Erfordernis nach ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis erfüllt, wenn der die Hilflosigkeit begründende Zustand weitgehend stabilisiert und im wesentlichen irreversibel ist, d.h. wenn analoge Verhältnisse wie bei der Variante 1 von Art. 29 Abs. 1 IVG gegeben sind (Variante 1). Ferner ist das Erfordernis der Dauer als erfüllt zu betrachten, wenn die Hilflosigkeit während 360 Tagen ohne wesentlichen Unterbruch gedauert hat (Variante 2). Im Fall der Variante 1 entsteht der Anspruch auf Hilflosenentschädigung im Zeitpunkt, in dem die leistungsbegründende Hilflosigkeit als bleibend vorausgesehen werden kann ( Art. 29 IVV ; BGE 105 V 67 mit Hinweisen; ZAK 1983 S. 334). b) Gemäss der mit EVGE 1969 S. 114 begründeten und in EVGE 1969 S. 161 f. sowie ZAK 1970 S. 74 bestätigten Rechtsprechung setzt das Erfordernis der Dauer im Sinne von Art. 42 Abs. 2 IVG - abgesehen von der "bleibenden" Hilflosigkeit (Variante 1) - neben der (retrospektiv zu beurteilenden) Wartezeit von 360 Tagen voraus, dass die relevante Hilflosigkeit voraussichtlich noch mindestens 360 Tage lang dauern wird (Rz. 317 der Wegleitung über Invalidität und Hilflosigkeit, gültig ab 1. Januar 1979). Von dieser Rechtsprechung ist das Eidg. Versicherungsgericht mit BGE 105 V 67 insofern abgewichen, als dieses Urteil für die Umschreibung der prognostisch massgebenden Dauer der Hilflosigkeit ausdrücklich auf die Variante 2 von Art. 29 Abs. 1 IVG Bezug nimmt und die Hilflosigkeit danach voraussichtlich "weiterhin" andauern muss, was praxisgemäss nicht 360 Tage bedeutet (bestätigt in ZAK 1983 S. 334). Im Urteil Wenger vom 23. April 1985 (in BGE 111 V 207 nicht veröffentlichte Erw. 1c) wurde die Frage offengelassen, ob an jenem Erfordernis der prognostischen zweiten Periode von 360 Tagen festzuhalten oder ob die in Art. 42 Abs. 2 IVG vorausgesetzte Dauer schon als erfüllt zu betrachten ist, wenn diese voraussichtlich weiterhin andauern wird. In EVGE 1969 S. 114 ging es darum, den Begriff der Hilflosigkeit dahin zu konkretisieren, dass diese nicht "bleibend" sein BGE 111 V 226 S. 228 muss, sondern schon leistungsbegründend wirken kann, wenn sie längere Zeit dauert. Damit wurde in Anlehnung an Art. 4 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 IVG eine "bleibende" und eine "längere Zeit dauernde" Hilflosigkeit anerkannt. Im Gegensatz zur Variante 2 des Art. 29 Abs. 1 IVG wurde jedoch bei der längere Zeit dauernden Hilflosigkeit eine erschwerende prognostische Anspruchsvoraussetzung von 360 Tagen verlangt. Daran kann nicht mehr festgehalten werden. Aus Art. 42 Abs. 2 IVG lässt sich die geforderte Weiterdauer der massgebenden Hilflosigkeit während 360 Tagen nicht ableiten. Es rechtfertigt sich auch nicht, bei der "dauernden" Hilflosigkeit im Sinne der Variante 1 an Art. 29 Abs. 1 IVG anzuknüpfen, bei der Variante 2 dagegen bezüglich der prognostischen Dauer von dieser Bestimmung abzuweichen. Schliesslich sprechen auch Gründe der Praktikabilität für eine Vereinheitlichung der Regeln über den Anspruchsbeginn bei Renten und Hilflosenentschädigungen. Diese Auffassung vertritt auch das Bundesamt für Sozialversicherung in der nachträglich vom Eidg. Versicherungsgericht eingeholten Stellungnahme vom 15. April 1985. Demzufolge ist das Erfordernis der Dauer bei der Variante 2 der Hilflosigkeit erfüllt, wenn diese nach Ablauf der 360tägigen Wartefrist voraussichtlich weiterhin andauern wird, wie dies bereits in BGE 105 V 67 und ZAK 1983 S. 334 umschrieben worden ist.
null
nan
de
1,985
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
701ce009-e133-4046-813b-6fae6335f67f
Urteilskopf 117 V 303 42. Arrêt du 25 novembre 1991 dans la cause B. contre Fondation d'assurances et de prestations sociales en faveur des métiers groupés par la Fédération romande des métiers du bâtiment (FRMB) et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 30 Abs. 2 lit. a BVG , Art. 331c Abs. 4 lit. b Ziff. 1 OR: Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung. - Zeitpunkt, an welchem der Anspruch des Versicherten auf Barauszahlung der Freizügigkeitsleistung erlischt (Erw. 2b und c). - Endtermin für die Einreichung des Auszahlungsbegehrens (Erw. 2d).
Sachverhalt ab Seite 303 BGE 117 V 303 S. 303 A.- André-Fernand B., né le 13 décembre 1923, ressortissant français, a résidé à Genève, où il exerçait la profession de serrurier, BGE 117 V 303 S. 304 du 22 janvier 1957 au 31 décembre 1988, date de son retour dans son pays d'origine. La Fondation d'assurances et de prestations sociales en faveur des métiers groupés par la Fédération romande des métiers du bâtiment (FRMB; ci-après: la fondation), à Lausanne, est une institution de prévoyance ayant pour but de permettre aux entreprises qui lui sont affiliées de réaliser les mesures de prévoyance prévues par la LPP. Dans les divers cantons où la fondation exerce ses activités, elle est représentée auprès des assurés par les caisses de compensation des associations affiliées à la FRMB. Dans le cas des entreprises de serrurerie genevoises, il s'agit de la Caisse de compensation de la serrurerie et constructions métalliques du canton de Genève, rattachée à la MEROBA, Caisse de compensation de la Fédération romande de métiers du bâtiment (ci-après: la caisse). Le 1er novembre 1976, la fondation a délivré à André-Fernand B., qui avait mis fin à son activité professionnelle dans une entreprise affiliée à la FRMB, une police de libre passage lui garantissant un capital au décès de 3'840 francs et une rente annuelle de 768 francs. Par la suite, le prénommé a exercé à nouveau une activité lucrative dans une entreprise affiliée à la FRMB, du mois de janvier 1985 au mois de novembre 1987, et il a reçu de la fondation un certificat d'assurance daté du 1er décembre 1987, lui garantissant une rente annuelle de vieillesse de 971 francs à partir du 1er janvier 1989, date de la retraite. Par lettre du 25 août 1988, l'assuré a demandé à la caisse de l'informer sur le montant de sa future rente en indiquant qu'il arriverait à la retraite à la fin de l'année et qu'il quitterait la Suisse. Le 23 septembre 1988, la caisse a invité André-Fernand B. à remplir et à lui retourner une déclaration relative au "deuxième pilier (LPP)", ce que le prénommé a fait le 13 octobre suivant, en précisant une nouvelle fois qu'il quitterait la Suisse à la fin de l'année. Relancée par son assuré le 6 décembre 1988, la caisse l'a informé, le 19 décembre suivant, qu'apparemment il aurait droit à une rente de vieillesse dès le 1er janvier 1989, soit le premier jour du mois suivant l'accomplissement de sa soixante-cinquième année. Elle a en outre invité l'intéressé à remplir une demande de rente de vieillesse. Par lettre du 11 janvier 1989, le représentant d'André-Fernand B. a invité la caisse à lui fournir certains renseignements. Cette lettre contenait notamment le passage suivant: BGE 117 V 303 S. 305 "Ainsi qu'il vous en a informé, M. B. a quitté définitivement la Suisse pour s'établir en France. Par conséquent, vous voudrez bien procéder au calcul de la rente et au calcul du capital lui revenant s'il choisissait cette possibilité." Le 24 janvier 1989, la caisse a informé l'assuré qu'il avait droit, dès le 1er janvier 1989, à une rente viagère d'un montant annuel de 2'428 francs, soit 768 francs au titre de la rente viagère garantie conformément à la police de libre passage constituée le 1er novembre 1976 et 1'660 francs au titre de la rente viagère fondée sur la période d'assurance du 7 janvier 1985 au 20 novembre 1987 (régime LPP). Le 31 janvier 1989, l'assuré a demandé formellement à la caisse le versement en capital de l'"avoir de vieillesse du fonds de prévoyance", au motif qu'il avait définitivement quitté la Suisse le 31 décembre 1988. Par lettre du 13 février 1989, la caisse a refusé de faire droit à cette demande. D'une part, affirmait-elle, l'assuré n'ayant pas quitté définitivement la Suisse avant l'âge terme, il ne pouvait prétendre une prestation de libre passage. D'autre part, la caisse déclarait n'avoir reçu aucune demande de l'intéressé tendant au paiement de la prestation de vieillesse sous la forme d'un capital. Au demeurant, une telle demande est soumise à un préavis de trois ans. Aussi déclarait-elle confirmer sa "décision de rente" du 24 janvier 1989. B.- Un échange ultérieur de correspondance n'ayant pas permis de concilier les points de vue des parties, André-Fernand B. a ouvert action le 11 octobre 1989 devant le Tribunal des assurances du canton de Vaud en concluant implicitement au paiement de l'avoir de vieillesse sous forme de capital. Par jugement du 20 février 1990, la juridiction cantonale a rejeté la demande au motif que, d'une part, lorsqu'il avait quitté définitivement la Suisse, le 31 décembre 1988, l'assuré avait soixante-cinq ans révolus et ne pouvait donc prétendre le paiement en espèces de la prestation de libre passage et que, d'autre part, il ne satisfaisait à aucune des conditions légales ou réglementaires lui permettant d'obtenir le paiement sous la forme d'un capital de la prestation de vieillesse qui lui était due. C.- André-Fernand B. interjette recours de droit administratif contre ce jugement en demandant au Tribunal fédéral des assurances de lui reconnaître "le droit au paiement de sa prestation en espèces". BGE 117 V 303 S. 306 La fondation conclut au rejet du recours, tandis que l'Office fédéral des assurances sociales (ci-après: l'OFAS) propose d'admettre le pourvoi en ce sens que le droit à une prestation de libre passage payable en espèces soit reconnu au recourant. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Selon l' art. 104 let. a OJ , le recours de droit administratif peut être formé pour violation du droit fédéral, y compris l'excès et l'abus du pouvoir d'appréciation. En vertu de l'art. 104 let. b en liaison avec l' art. 105 al. 2 OJ , le recourant peut aussi faire valoir que l'autorité cantonale de recours a constaté les faits pertinents de manière manifestement inexacte ou incomplète ou qu'elle les a établis au mépris de règles essentielles de procédure. Cependant, dans la procédure de recours portant sur l'octroi ou le refus de prestations d'assurance (y compris la restitution de celles-ci), le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral des assurances est plus étendu. Le tribunal peut alors examiner l'opportunité de la décision attaquée; il n'est en outre pas lié par l'état de fait constaté par la juridiction inférieure. Par ailleurs, le tribunal peut s'écarter des conclusions des parties à l'avantage ou au détriment de celles-ci ( art. 132 OJ ; ATF 115 V 363 consid. 3a, ATF 108 V 247 consid. 1a). b) Aux termes de son mémoire de demande du 11 octobre 1989, André-Fernand B. voulait obtenir le paiement de son avoir de vieillesse sous forme de capital comme le permet l'art. 23.3 du règlement du 1er janvier 1985 régissant la fondation, intitulé "Règlement LPP 1985" (ci-après: le règlement). En revanche, dans sa réplique du 28 décembre 1989 en instance cantonale et dans son recours de droit administratif, il est uniquement question du paiement en espèces de la prestation de libre passage. Or, il s'agit là de deux prestations de nature différente, même si, vers la fin d'une carrière professionnelle, la prestation de libre passage payée en espèces aura une valeur et une portée très proches de celles de la prestation de vieillesse servie en capital (cf. le message du Conseil fédéral à l'appui d'un projet de loi sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité du 19 décembre 1975 [FF 1976 I 209]). Il convient dès lors d'examiner l'affaire uniquement sous l'angle du droit du recourant au versement en espèces de la prestation de libre passage échue le 30 novembre 1987. BGE 117 V 303 S. 307 2. a) D'après l' art. 30 al. 2 let. a LPP , la prestation de libre passage est payée en espèces lorsque la demande en est faite par un ayant droit qui quitte définitivement la Suisse. De même, l'art. 331c al. 4 let. b ch. 1 CO dispose que l'institution de prévoyance qui est débitrice d'un travailleur en vertu des art. 331a ou 331b CO est tenue de s'acquitter de son obligation par un versement en espèces au travailleur qui le demande, lorsque celui-ci quitte définitivement la Suisse. Quant à l'art. 7 al. 2 let. b de l'ordonnance sur le maintien de la prévoyance et le libre passage du 12 novembre 1986, il dispose que le capital de prévoyance ne peut faire l'objet d'un versement anticipé que lorsque la demande en est faite par un preneur de prévoyance qui quitte définitivement la Suisse. L'art. 32.3.2 let. a du règlement est en l'occurrence conforme à ces dispositions. b) En l'espèce, il est constant que, le 31 décembre 1988, soit la veille du jour où s'est ouvert son droit à la rente de vieillesse allouée par la fondation, le recourant a définitivement quitté la Suisse pour retourner en France. Il y a lieu dès lors d'examiner si, à cette date, il pouvait encore prétendre une prestation de libre passage alors même qu'il avait atteint l'âge de soixante-cinq ans révolus le 13 décembre précédent. Les premiers juges ont répondu négativement à cette question au motif que selon l' art. 27 al. 2 LPP , l'assuré n'a droit à une prestation de libre passage qu'avant la survenance d'un cas d'assurance. Or, d'après eux, le cas d'assurance est survenu, en l'espèce, lorsque l'ayant droit a atteint l'âge de soixante-cinq ans révolus, à savoir le 13 décembre 1988. Cette thèse était également celle que soutenait la fondation en première instance et qu'elle confirme dans sa réponse au recours de droit administratif. Le recourant est en revanche d'avis que la date décisive est celle du 1er janvier 1989, c'est-à-dire le jour où est né son droit à la rente. Telle est aussi l'opinion de l'OFAS qui se fonde sur l'art. 9.2 du règlement, selon lequel "l'âge de la retraite" - donnant droit à une rente de vieillesse viagère (art. 18.1 du règlement) - "est atteint le premier jour du mois qui suit le soixante-cinquième anniversaire pour les hommes". Cette réglementation, calquée sur celle de l'AVS (cf. art. 21 al. 2, première phrase, LAVS), est conforme à la loi et trouve sa contrepartie dans le fait que la rente est payée entièrement pour le mois au cours duquel le droit s'éteint ( art. 38 LPP ). L'autorité de surveillance en déduit que le recourant a atteint l'âge lui donnant droit à une rente de BGE 117 V 303 S. 308 vieillesse le 1er janvier 1989 et non pas le 13 décembre 1988, date de son soixante-cinquième anniversaire. c) La thèse soutenue par le recourant et l'OFAS apparaît bien fondée. En effet, les premiers juges perdent de vue que le droit du recourant à la prestation de libre passage est né bien avant le 13 décembre 1988, puisque c'est à la fin du mois de novembre 1987, alors que toutes les conditions posées à l' art. 27 al. 2 LPP étaient réalisées, que l'intimée lui a remis une police de libre passage. N'est donc pas litigieux, en l'occurrence, l'exigibilité de la prestation de libre passage - qui coïncide avec la fin du rapport de prévoyance ( ATF 116 V 109 consid. 3) - mais le moment où s'est éteinte la possibilité de demander le versement de cette prestation en espèces. Or, cela dépend de la date à laquelle la créance en prestations futures est devenue exécutable, c'est-à-dire pouvait être réalisée ou, en d'autres termes, a cessé de n'être qu'une simple expectative. En tant que partie intégrante de l'avoir de vieillesse acquis par le recourant lorsqu'il a atteint l'âge ouvrant droit à la rente de vieillesse (art. 14 al. 1, première phrase, et art. 15 al. 1 let. b LPP ), la prestation de libre passage est devenue exécutable le jour où le recourant est parvenu à "l'âge de la retraite" au sens de l'art. 18.1 du règlement puisque, selon cette disposition réglementaire, c'est cet âge qui marque l'échéance de la rente de vieillesse. Et l'art. 9.2 du règlement prévoit que "l'âge de la retraite est atteint le premier jour du mois qui suit le soixante-cinquième anniversaire pour les hommes", en l'espèce le 1er janvier 1989. Dès lors, il est conforme à une interprétation correcte des dispositions réglementaires ici applicables de considérer que le 31 décembre 1988 la prestation de libre passage n'était pas devenue exécutable en tant qu'élément de la rente de vieillesse puisque, ce jour-là, le droit du recourant à cette rente n'était encore que virtuel. Aussi, pour autant qu'à cette date la condition du départ définitif de la Suisse fût réalisée, le recourant pouvait-il prétendre le versement en espèces de la prestation de libre passage. Ce droit n'était pas éteint malgré la survenance de son soixante-cinquième anniversaire le 13 décembre 1988. d) Toutefois, tant les dispositions légales que réglementaires exposées au consid. 2a subordonnent le versement en espèces de la prestation de libre passage à une demande de l'ayant droit. Or, une telle demande - quel qu'en soit le motif - doit impérativement intervenir avant l'extinction du droit à l'exécution de l'obligation sous la forme d'un versement en BGE 117 V 303 S. 309 espèces, c'est-à-dire avant la naissance du droit à la prestation de vieillesse. Mais, dans le cas particulier, aucune demande de versement en espèces de la prestation de libre passage n'a été formulée par le recourant, même implicitement, avant la naissance du droit à la prestation de vieillesse, soit avant le 1er janvier 1989. Dans sa lettre du 25 août 1988, l'intéressé ne s'est enquis que du "montant de (sa) rente". Dans la "déclaration" qu'il a remplie et signée le 13 octobre 1988, il n'a coché aucune des éventualités figurant dans le texte imprimé, en particulier la dernière qui avait précisément trait à la possibilité d'obtenir le versement en espèces de la prestation de libre passage en cas de départ définitif de la Suisse. A cet égard, on ne trouve rien non plus dans sa lettre du 6 décembre 1988. Ce n'est que le 11 janvier 1989, dans la lettre rédigée par le représentant de l'assuré, qu'il est question pour la première fois d'un paiement en capital. Toutefois, là encore, il ne s'agit pas véritablement d'une demande tendant au versement en espèces de la prestation de libre passage, puisque ledit représentant demandait uniquement à l'intimée de "procéder au calcul de la rente et au calcul du capital revenant (à l'intéressé) s'il choisissait cette possibilité". En tout état de cause, une telle demande serait tardive du moment qu'elle a été adressée à l'intimée après le 1er janvier 1989, date à laquelle la rente de vieillesse a pris naissance. Cela étant, le jugement entrepris doit être confirmé dans son résultat et le recours se révèle mal fondé.
null
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fr
1,991
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
701d12a9-fc08-41f6-9d83-f9e93c4811a6
Urteilskopf 92 I 310 55. Urteil vom 3. Juni 1966 i.S. Lauchenauer und Soguel gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste Einspruch gegen Liegenschaftskauf. Der Tatbestand des Art. 19 Abs. 1 lit. c EGG ist gegeben (Erw. 1). Wichtige Gründe in der Person des Verkäufers rechtfertigen es jedoch, das landwirtschaftliche Gewerbe aufzuheben (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 310 BGE 92 I 310 S. 310 A.- Der 1918 geborene Karl Soguel ist teilinvalid und bezieht als sog. Ölpatient eine Rente von der Eidg. Militärversicherung. Er erwarb im Jahre 1947 das landwirtschaftliche Heimwesen "Brunnhöfli" im Halte von 224,76 a in Seltisberg (Kt. Basel-Landschaft). Bis zum August 1961 war er als Fabrikarbeiter tätig. Seither bewirtschaftet er sein Hofgut zusammen mit 335 a hinzugepachtetem Land. Im Jahre 1964 betrug sein Bruttoeinkommen Fr. 6'110.--. das Nettoeinkommen Fr. BGE 92 I 310 S. 311 3'100.--, Einem Total der Aktiven von Fr. 38'875.-- stehen nach den Erhebungen der Landwirtschaftsdirektion Passiven von Fr. 51'495.-- gegenüber. Soguel möchte seinen Landwirtschaftsbetrieb an die Aerztin Dr. Lauchenauer verkaufen, die in Basel wohnt und in Liestal ein Röntgeninstitut betreibt. Die Vertragsparteien meldeten den Vertrag, der einen Kaufpreis von Fr. 270'000.-- vorsieht, bei der Bezirksschreiberei Liestal zur Beurkundung an. Als Erwerbsmotiv nannten sie "Selbstbewirtschaftung", als Verkaufsgrund "Krankheit der Ehefrau des Verkäufers". Am 22. Juli 1965 erhob die Landwirtschaftsdirektion des Kantons Basel-Landschaft gegen diesen Verkauf Einspruch auf Grund von Art. 19 lit. a und c EGG und § 8 des kantonalen Einführungsgesetzes hiezu. Eine von den Vertragsparteien hiegegen gerichtete Beschwerde wurdevom Regierungsrat mit Entscheid vom 25. Januar 1966 abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung: Sicher sei der Einspruchsgrund des Art. 19 lit. c EGG gegeben, da durch den beabsichtigten Verkauf ein landwirtschaftliches Gewerbe seine Existenzfähigkeit verliere. Der Verkauf erfolge nicht zur Überbauung oder zur gewerblichen oder industriellen Ausnützung des Bodens, und die von den Kontrahenten angerufenen "andern wichtigen Gründe" hielten nicht stich. Selbst wenn Soguel zum Verkauf seines Heimwesens gezwungen wäre, was nicht dargetan sei, so könnte er es an einen Landwirt verkaufen und es dadurch - dem Zweck des EGG entsprechend - der Landwirtschaft erhalten. B.- Dr. Lauchenauer und Soguel haben innert Frist Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und beantragen, den Entscheid des Regierungsrats und damit verbunden die Einsprache gegen den Verkauf aufzuheben. Sie machen geltend, das Heimwesen verschaffe Soguel keine ausreichende Existenz. Er sei teilinvalid, beim Melken und andern Arbeiten behindert und habe deshalb seinen Viehbestand herabsetzen müssen. Seiner Ehefrau sei die frühere Mithilfe durch ein Rückenleiden verunmöglicht. Söhne habe er keine, und die Töchter wollten nichts von der Landwirtschaft wissen; sie gingen anderen Berufen nach. Eine fremde Hilfskraft würde mehr kosten, als er aus dem Betrieb ziehe. Er sei aus allen diesen Gründen gezwungen, das Heimwesen zu verkaufen. Ein Landwirt vermöchte bei weitem nicht den BGE 92 I 310 S. 312 von Dr. Lauchenauer gebotenen Kaufpreis zu zahlen; auf seine Inserate hin habe sich auch keiner gemeldet. Beim Verkauf an einen Landwirt könnte er bestenfalls die bestehende Grundpfandschuld abwälzen; er müsse aber angesichts seines Gesundheitszustandes und desjenigen seiner Frau für die Zukunft vorsorgen. Auch bei Frau Dr. Lauchenauer lägen beachtliche Gründe vor. Es gehe ihr darum, in der Nähe ihres Arbeitsortes eine Wohnung zu finden, wo sie vorläufig wenigstens über den Mittag weilen und selbst ihre notwendige Diätküche besorgen könne; vor allem vermöchte sie mit dem Kauf der Liegenschaft das Problem der Archivierung ihrer vielen Röntgenfilme auf längere Sicht und mit tragbarem Aufwand zu lösen. Im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand und ihren gesundheitsgefährdenden Beruf suche sie in möglichst gesunder Umgebung und so zu wohnen, dass ihr eine Nebenbeschäftigung im Freien möglich sei. C.- Der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft und das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement beantragen, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Liegenschaft, die Soguel an Dr. Lauchenauer verkaufen möchte, umfasst Wohn- und Wirtschaftsgebäude für den Landwirtschaftsbetrieb und 224,76 a Land. Die Beschwerdeführer bestreiten mit Recht nicht, dass dieses Gut ein landwirtschaftliches Heimwesen im Sinne des Gesetzes ist; denn Artikel 19 EGG ist auch auf Kleinheimwesen anwendbar, die für sich allein eine Familie nicht zu ernähren vermögen ( BGE 89 I 57 , BGE 88 I 334 und dort zitierte frühere Urteile). Es ist deshalb unerheblich, ob Soguel darauf - mit oder ohne Einschluss des zugepachteten Landes - eine ausreichende Existenz für sich und seine Familie fand und ob er sich ausschliesslich der Landwirtschaft widmete oder zeitweise daneben noch anderer Arbeit oblag. Entscheidend ist, dass der Hof bisher als landwirtschaftliches Gewerbe betrieben wurde und durch den geplanten Verkauf die Existenzfähigkeit verlieren und tatsächlich der Landwirtschaft entzogen würde. Die Käuferin hat zwar ursprünglich als Zweck des Kaufes "Selbstbewirtschaftung" angegeben, nachher aber berichtigend ausgeführt, sie benötige das Kaufsobjekt zunächst nur zum Aufenthalt über den Mittag und erst in fernerer Zukunft zum BGE 92 I 310 S. 313 Wohnen; in der Hauptsache wolle sie aber darin ihr Filmarchiv unterbringen und auf dem Land als Freizeitbeschäftigung Zwergobstbäume ziehen. Damit ist der Tatbestand von Art. 19 lit. c EGG erfüllt, und es frägt sich lediglich, ob eine der dort genannten Ausnahmen gegeben ist, die dem Einspruch entgegengehalten werden können. Die Liegenschaft wird weder zur Überbauung noch zu gewerblichen oder industriellen Zwecken verkauft; insbesondere fällt die Unterbringung des Filmarchivs nicht hierunter. Somit bleibt nur zu prüfen, ob die Aufhebung des landwirtschaftlichen Gewerbes sich durch andere wichtige Gründe rechtfertigen lasse ( Art. 19 lit. c EGG ). 2. Art. 19 lit. c EGG ermöglicht es, die Härten, die ein an sich berechtigter Einspruch gegen einen Kaufvertrag über ein landwirtschaftliches Heimwesen mit sich bringt, zu mildern, sofern sich dies nach Recht und Billigkeit, d.h. nach den besondern Verhältnissen des Einzelfalles aufdrängt (vgl. MEIER-HAYOZ, Art. 4 ZGB N. 11 - 14, und Rechtsprechung zu Art. 218 bis OR : BGE 92 I 64 f.). Als wichtige Gründe, welche die Aufhebung eines landwirtschaftlichen Betriebes rechtfertigen, fallen dabei nicht nur - wie aus dem im Gesetz genannten Beispiel geschlossen werden könnte - Umstände in Betracht, die sich aus den Eigenschaften des Grundbesitzes und seiner Beschaffenheit ergeben. Zu berücksichtigen sind auch die persönlichen Verhältnisse der Vertragsparteien, insbesondere die des Verkäufers, der durch die vom Gesetz vorgesehenen Massnahmen zur Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes in erster Linie beschwert wird. In vorliegender Sache bringen die Beschwerdeführer glaubhaft vor, der Veräusserer Soguel sei als sog. Ölpatient teilweise invalid, seiner Ehefrau sei die frühere Mithilfe durch ein Rückenleiden verunmöglicht und seine Töchter, die andern Berufen nachgehen, seien zur Mitarbeit im Landwirtschaftsbetrieb nicht bereit. Es kann davon ausgegangen werden, dass Soguel - entgegen seinen ursprünglichen Vorstellungen - heute den vorhandenen Betrieb mit dem hinzu gepachteten Land nicht mehr voll auszunützen und rationell zu bewirtschaften vermag. Damit ist die Annahme begründet, Soguel sei aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen gezwungen, das Heimwesen zu veräussern und sich im Alter von 48 Jahren eine nicht landwirtschaftliche Existenz aufzubauen. Dazu BGE 92 I 310 S. 314 verhilft ihm der vorgesehene Verkauf des Landes an Frau Dr. Lauchenauer zum Preise von Fr. 270'000.--. Einer solchen Veräusserung steht das öffentliche Interesse an der Erhaltung des landwirtschaftlichen Betriebes gegenüber. Dieses wiegt hier jedoch nicht besonders schwer, weil das umstrittene Gut ein ausgesprochenes Kleinheimwesen von nur 2,24 ha Fläche darstellt, das dem Eigentümer, trotzdem er noch beträchtliches Pachtland mitbewirtschaften kann, eine kärgliche Existenz bietet; sein Nettoeinkommen wird in der Steuererklärung mit Fr. 3'100.-- angegeben. Werden die sich widersprechenden Interessen des Verkäufers und der Allgemeinheit abgewogen, so ergibt sich, dass die Gründe, die für die Durchbrechung der gesetzlichen Regel sprechen, überwiegen. Der Verkäufer Soguel soll nicht gezwungen werden, das Heimwesen trotz eigener Invalidität und Gebrechen seiner Ehefrau weiterzuführen und abzuwarten, ob sich ein Käufer findet, der bereit ist, die äusserst bescheidene Existenz auf dem Kleinheimwesen fortzuführen. Der Einspruch erweist sich daher als unbegründet, ohne dass die Interessen der Käuferin Dr. Lauchenauer an der Aufrechterhaltung des Vertrages zu prüfen wären. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft vom 25. Januar 1966 wird aufgehoben und der Einspruch für unbegründet erklärt.
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701dea70-75bc-46e1-90bc-84ce8cdb500c
Urteilskopf 136 I 376 38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Sozialdemokratische Partei des Kantons Zug und Mitb. gegen Kantonsrat und Regierungsrat des Kantons Zug (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_127/2010 / 1C_491/2010 vom 20. Dezember 2010
Regeste Verfahren für die Wahl des Kantonsrats, Verhältniswahlrecht, Wahlkreiseinteilung, Sitzzuteilung, Anspruch kleiner Gemeinden auf Minimalvertretung; Art. 34 BV ; § 24, 38 und 78 KV/ZG . Wahlverfahren und Proporzverfahren vor dem Hintergrund der Bundesverfassung (E. 4.1). Proporzverfahren nach dem Recht des Kantons Zug (E. 4.2-4.4). Das kantonale Wahlverfahren ist mit den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts unvereinbar (E. 4.5). Verfassungskonforme Umsetzung des Verhältniswahlrechts durch entsprechende Sitzzuteilung (E. 4.6). Anerkennung von verfassungsrechtlichem Gewohnheitsrecht; den kleinsten Gemeinden darf ein Mindestanspruch auf zwei Sitze im Kantonsrat zugebilligt werden (E. 5.2).
Sachverhalt ab Seite 377 BGE 136 I 376 S. 377 A. Der Kantonsrat des Kantons Zug beschloss am 27. August 2009 Änderungen des Gesetzes vom 28. September 2006 über die Wahlen und Abstimmungen (Wahl- und Abstimmungsgesetz, WAG; BGS 131.1). Darin eingeschlossen war die Abschaffung der Listenverbindungen. Anlässlich der Volksabstimmung vom 7. März 2010 stimmten rund zwei Drittel der Stimmberechtigten der Gesetzesänderung zu. B. Im Hinblick auf die Wahl des Kantonsrates vom Herbst 2010 erliess der Kantonsrat am 28. Januar 2010 den Beschluss betreffend Anzahl Kantonsratsmandate für die einzelnen Gemeinden. Der Kantonsratsbeschluss hat folgenden Wortlaut: § 1 1 Für die im Jahre 2010 vorzunehmende Erneuerungswahl des Kantonsrates wählen die Einwohnergemeinden mit Ausnahme von Neuheim aufgrund der per 31. Dezember 2009 nachgeführten kantonalen Bevölkerungsstatistik auf je 1439.1 und den Bruchteil von 719.55 und mehr Einwohnerinnen und Einwohner ein Mitglied in den Kantonsrat. 2 Jede Gemeinde erhält mindestens zwei Vertreterinnen bzw. Vertreter. Die Gemeinde Neuheim, die mit der Mandatszuteilung gemäss Abs. 1 nur ein Kantonsratsmitglied erhalten würde, wählt dementsprechend zwei Mitglieder in den Kantonsrat. § 2 Demgemäss wählen die einzelnen Gemeinden folgende Anzahl Mitglieder: Gemeinde Einwohnerinnen/Einwohner Mitglieder Zug 26 624 19 Oberägeri 5 611 4 Unterägeri 8 183 6 Menzingen 4 606 3 Baar 22 305 15 Cham 14 997 10 Hünenberg 8 624 6 Steinhausen 9 125 6 Risch 8 998 6 Walchwil 3 608 3 Neuheim 2 030 2 § 3 (...) BGE 136 I 376 S. 378 C. Am 26. Februar 2010 haben die Sozialdemokratische Partei Kanton Zug, weitere Parteien und Bewegungen sowie im Kanton Zug stimmberechtigte Personen beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen die Änderung des Wahl- und Abstimmungsgesetzes und gegen den Kantonsratsbeschluss. Die Beschwerdeführer machen Verletzungen der Garantie der politischen Rechte nach Art. 34 BV geltend, weil das Verhältniswahlrecht durch kleine bzw. unterschiedlich grosse Wahlkreise beeinträchtigt werde, die Gemeinde Neuheim keinen Anspruch auf zwei Sitze habe und kleinere Parteien durch das Verbot von Listenverbindungen zusätzlich benachteiligt würden. Parallel zu diesem Verfahren fochten die Beschwerdeführer den Beschluss des Kantonsrates vom 28. Januar 2010 ohne Erfolg mit separaten Beschwerden beim Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zug an. Dagegen haben die Beschwerdeführer beim Bundesgericht am 28. Oktober 2010 eine weitere Beschwerde eingereicht. D. Das Bundesgericht weist die Beschwerde gegen die Änderung des Wahl- und Abstimmungsgesetzes ab, soweit darauf einzutreten war. Es erachtet den Kantonsratsbeschluss vom 28. Januar 2010 als kantonal letztinstanzlich. Die Beschwerde gegen den Kantonsratsbeschluss wird teilweise gutgeheissen; es wird festgestellt, dass das Proporzwahlverfahren des Kantons Zug für die Wahl des Kantonsrates vor der Bundesverfassung nicht standhält. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Vorerst sind die Grundlagen für die Parlamentswahl nachzuzeichnen, wie sie sich aus der Bundesverfassung und aus dem kantonalen Recht ergeben. 4.1 Die Kantone sind in der Ausgestaltung ihres politischen Systems und des Wahlverfahrens weitgehend frei. Art. 39 Abs. 1 BV hält fest, dass die Kantone - entsprechend ihrer Organisationsautonomie - die Ausübung der politischen Rechte in kantonalen und kommunalen Angelegenheiten regeln. Diese Zuständigkeit wird ausgeübt im Rahmen der bundesverfassungsrechtlichen Garantie von Art. 34 BV sowie nach den Mindestanforderungen gemäss Art. 51 Abs. 1 BV (vgl. BGE 136 I 352 E. 2 mit Hinweisen). BGE 136 I 376 S. 379 Art. 34 Abs. 1 BV gewährleistet die politischen Rechte (auf Bundes- sowie Kantons- und Gemeindeebene) in abstrakter Weise und ordnet die wesentlichen Grundzüge der demokratischen Partizipation im Allgemeinen. Der Gewährleistung kommt Grundsatzcharakter zu. Sie weist Bezüge auf zur Rechtsgleichheit sowie zur Rechtsweggarantie. Der konkrete Gehalt der politischen Rechte mit ihren mannigfachen Teilgehalten ergibt sich nicht aus der Bundesverfassung, sondern in erster Linie aus dem spezifischen Organisationsrecht des Bundes bzw. der Kantone (vgl. BGE 136 I 352 E. 2 mit Hinweisen). In Bezug auf das Wahlsystem in den Kantonen genügen nach der Rechtsprechung im Grundsatz sowohl das Mehrheits- als auch das Verhältniswahlrecht den genannten verfassungsrechtlichen Anforderungen ( BGE 131 I 85 E. 2.2 S. 87 mit Hinweisen). Soweit sich ein Kanton zum Proporzwahlverfahren bekennt, erlangt die Gewährleistung von Art. 34 Abs. 2 BV , wonach kein Wahlergebnis anerkannt werden soll, das nicht den freien Willen der Wählenden zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt, besondere Bedeutung. Ein Proporzverfahren zeichnet sich dadurch aus, dass es den verschiedenen Gruppierungen eine Vertretung ermöglicht, die weitgehend ihrem Wähleranteil entspricht. Soweit in einer Mehrzahl von Wahlkreisen gewählt wird, hängt die Realisierung des Verhältniswahlrechts u.a. von der Grösse der Wahlkreise und damit zusammenhängend vom natürlichen Quorum ab. Unterschiedlich grosse Wahlkreise bewirken zudem, dass im Vergleich unter den Wahlkreisen nicht jeder Wählerstimme das gleiche politische Gewicht zukommt. Genügt die Ausgestaltung eines Wahlsystems diesen Anforderungen nicht, so ist es mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben von Art. 34 Abs. 2 BV nicht vereinbar. Die Aufnahme proporzfremder Elemente und ein Abweichen vom Verhältniswahlrecht bedürfen einer besonderen Rechtfertigung (hinten E. 4.7; BGE 131 I 85 E. 2.2 S. 87; BGE 136 I 352 E. 3.4, BGE 136 I 364 E. 2.2; je mit Hinweisen). 4.2 Die Verfassung des Kantons Zug vom 31. Januar 1894 (KV/ZG; SR 131.218) enthält zur Wahl des Kantonsrates die folgenden Bestimmungen: § 24 1 Der Kanton Zug besteht aus den elf Einwohnergemeinden Zug, Oberägeri, Unterägeri, Menzingen, Baar, Cham, Hünenberg, Steinhausen, Risch, Walchwil und Neuheim. BGE 136 I 376 S. 380 § 38 1 Die gesetzgebende und aufsehende Gewalt übt der Kantonsrat aus. Derselbe besteht aus wenigstens 70 und höchstens 80 Mitgliedern. Die Mitglieder des Kantonsrates werden durch die Einwohnergemeinden nach Massgabe der nachgeführten kantonalen Bevölkerungsstatistik (Stand Ende Dezember des vorangegangenen Kalenderjahres) gewählt. 2 Durch Kantonsratsbeschluss wird jeweilen festgesetzt, auf welche Bevölkerungszahl oder einen Bruchteil je ein Mitglied in den Kantonsrat zu wählen ist. § 78 1 An der Urne werden gewählt: (...) b. von den kantonalen Behörden: die Mitglieder des Kantonsrates, (...) 2 Bei diesen Wahlen muss, sobald in einem Wahlkreis mehr als zwei Mitglieder in die gleiche Behörde zu wählen sind, der Grundsatz des proportionalen Wahlverfahrens (Minderheitsvertretung) zur Anwendung kommen. (...) Für den vorliegenden Sachzusammenhang von entscheidender Bedeutung ist auf der einen Seite § 38 Abs. 1 KV/ZG , wonach die Mitglieder des Kantonsrates durch die Einwohnergemeinden gewählt werden. Die Bestimmung besagt klar, dass die in § 24 KV/ZG aufgezählten Einwohnergemeinden die Wahlkreise für die Kantonsratswahl bilden. Die Kantonsverfassung geht demnach selber davon aus, dass einerseits sehr kleine Wahlkreise bestehen und dass andererseits die Wahlkreise erhebliche Grössenunterschiede aufweisen. Der Kantonsrat anerkannte diese Wahlkreiseinteilung regelmässig mit seinen Beschlüssen betreffend Anzahl Kantonsratsmandate für die einzelnen Gemeinden im Hinblick auf die jeweiligen Kantonsratswahlen. Der angefochtene Kantonsratsbeschluss sowie die stete Praxis des Kantonsrates bestätigen diese Auslegung der Kantonsverfassung. Auf der andern Seite ist die Bestimmung von § 78 Abs. 2 KV/ZG von Gewicht, wonach - vorbehältlich kleiner Wahlkreise - der Grundsatz des proportionalen Wahlverfahrens (Minderheitsvertretung) zur Anwendung kommt. Das bedeutet, dass die Kantonsratswahl nach dem Verhältnis- oder Proporzwahlverfahren erfolgt. Dem in Klammern gesetzten Ausdruck "Minderheitsvertretung" kommt entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer keine besondere BGE 136 I 376 S. 381 Bedeutung zu. Er verdeutlichte zur Zeit der Entstehung der Kantonsverfassung, als das Proporzwahlrecht noch weniger bekannt und auf Bundesebene noch längst nicht eingeführt war (vgl. PIERRE TSCHANNEN, Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2. Aufl. 2007, § 31 N. 20), das Verfahren der Verhältniswahl. Aus den genannten Bestimmungen der Kantonsverfassung ergibt sich, dass der Kantonsrat in den teilweise kleinen und in den unterschiedlich grossen Wahlkreisen der Einwohnergemeinden (grundsätzlich) nach dem Verhältniswahlverfahren gewählt wird. 4.3 Diese aus der Kantonsverfassung fliessenden Vorgaben sind vom Gesetzgeber auf der Gesetzesstufe umzusetzen. Diesem obliegt es, das Wahlverfahren im Einzelnen zu ordnen. Dabei hat er im Rahmen der Kantonsverfassung die für eine echte Proporzwahl erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen, den ihm eingeräumten Gestaltungsspielraum im Sinne des Proporzgedankens zu nutzen und auf diese Weise den Anforderungen von Art. 34 BV zu genügen. Nachfolgend ist darzustellen, wie das Wahl- und Abstimmungsgesetz das Wahlverfahren umschreibt, und hernach das Wahlverfahren auf seine Verfassungsmässigkeit hin zu prüfen. 4.4 Das Wahlverfahren im Einzelnen wird durch das Wahl- und Abstimmungsgesetz geordnet. Dieses umschreibt in den §§ 42 ff. die Grundsätze der Proporzwahlen. Es basiert darauf, dass die Wahl und die Sitzverteilung in den einzelnen Wahlkreisen getrennt voneinander vorgenommen werden. Das Gesetz hält in den §§ 46 und 47 im Wesentlichen die Sitzzuteilung nach dem Verteilsystem Hagenbach-Bischoff fest (vgl. zu diesem Sitzzuteilungssystem BGE 129 I 185 E. 7.1.1 S. 197; ANINA WEBER, Vom Proporzglück zur Proporzgenauigkeit, AJP 2010 S. 1373/1377). § 46 hat folgenden Wortlaut: § 46 Erste Verteilung der Mandate 1 Die Zahl der gültigen Parteistimmen aller Listen wird durch die um eins vermehrte Zahl der zu vergebenden Mandate geteilt. Die nächsthöhere ganze Zahl ist die Verteilungszahl. 2 Anschliessend werden jeder Liste so viele Mandate zugeteilt, als die Verteilungszahl in ihrer Stimmenzahl enthalten ist. Aus dem Zusammenspiel der genannten Bestimmungen der Kantonsverfassung und dem Wahl- und Abstimmungsgesetz sowie in Kombination mit dem angefochtenen Kantonsratsbeschluss ergeben BGE 136 I 376 S. 382 sich die folgenden Sitzverteilungen pro Einwohnergemeinde und die entsprechenden natürlichen Quoren in den einzelnen Wahlkreisen. Gemeinde Einwohnerinnen/Einwohner Mitglieder natürliches Quorum in % Zug 26 624 19 5,0 Oberägeri 5 611 4 20,0 Unterägeri 8 183 6 14,3 Menzingen 4 606 3 25,0 Baar 22 305 15 6,3 Cham 14 997 10 9,1 Hünenberg 8 624 6 14,3 Steinhausen 9 125 6 14,3 Risch 8 998 6 14,3 Walchwil 3 608 3 25,0 Neuheim 2 030 2 (33,3) 4.5 Die natürlichen Quoren liegen - abgesehen von den Wahlkreisen Zug, Baar und Cham - durchwegs über 10 %. In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind vorerst natürliche Quoren von 33,33 %, 20 % bzw. 16,66 % als verfassungswidrig qualifiziert worden. In Fortführung dieser Rechtsprechung und um der Rechtssicherheit willen hat das Bundesgericht festgehalten, dass natürliche Quoren (wie auch direkte, gesetzliche Quoren), welche die Limite von 10 % übersteigen, mit einem Verhältniswahlrecht grundsätzlich nicht zu vereinbaren sind. Dieser Wert gilt als Zielgrösse. Er ist allenfalls in Beziehung zu setzen zu überkommenen Gebietsorganisationen, die namentlich dem Schutz von Minderheiten dienen ( BGE 136 I 352 E. 3.5 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall zeigt sich, dass in der Gemeinde Zug mit 19 Sitzen eine Liste eines Stimmenanteils von nur 5,0 % bedarf, um einen Sitz zu erhalten. Umgekehrt beträgt der für einen Sitz erforderliche Stimmenanteil in den Gemeinden Menzingen und Walchwil mit je 3 Sitzen 33,3 %. Für die Gemeinde Neuheim besteht eine besondere Ordnung. Der Durchschnitt für alle Gemeinden (ohne Neuheim) liegt bei 14,8 % und überschreitet bereits die genannte kritische Grösse von 10 %. Schon in dieser Hinsicht kann nicht gesagt werden, dass das zugerische Wahlverfahren einem echten Proporzverfahren entspricht. BGE 136 I 376 S. 383 Auch im Vergleich unter den Wahlkreisen kann nicht gesagt werden, dass die Erfolgswertgleichheit hinreichend gewahrt sei. Die 80 Kantonsratssitze werden auf 11 Wahlkreise verteilt. In den einzelnen Wahlkreisen schwankt die Zahl der zu Wählenden zwischen 2 und 19. Der theoretische Durchschnitt von 7,3 Sitzen pro Wahlkreis wird in Zug mit 19 Sitzen massiv überschritten, in Menzingen und Walchwil mit je 3 Sitzen (und in Neuheim mit 2 Sitzen) bedeutend unterschritten. In der Doktrin wird gefordert, dass die einzelnen Wahlkreise nur wenig bzw. um höchstens ein Drittel vom Mittelwert abweichen sollen (vgl. PIERRE TSCHANNEN, Stimmrecht und politische Verständigung, 1995, S. 499 N. 749; ALFRED KÖLZ, Probleme des kantonalen Wahlrechts, ZBl 88/1987 S. 1, 31). Es ist nicht erforderlich, eine zulässige Abweichung von einem Mittelwert abstrakt festzulegen. Es genügt die Feststellung, dass die unterschiedliche Grösse der Wahlkreise der Wahlfreiheit nicht hinreichend gerecht wird (vgl. BGE 136 I 352 E. 3.5 mit Hinweisen). Gesamthaft zeigt sich, dass einerseits die hohen natürlichen Quoren mit einem echten Verhältniswahlrecht nicht vereinbar sind. Andererseits stehen die grossen Differenzen der für einen Sitzgewinn erforderlichen Stimmenanteile mit der Erfolgswertgleichheit im Widerspruch. Damit genügt das Wahlverfahren der sich aus Art. 34 Abs. 2 BV ergebenden Wahlfreiheit nicht, wonach kein Wahlergebnis anerkannt werden soll, das nicht den freien Willen der Wählenden zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt. Die sich aus der verfassungsrechtlichen Garantie der politischen Rechte ergebenden Vorgaben werden deutlich verfehlt. Auch gewichtige politische Minderheiten sind vom Kantonsrat ausgeschlossen und eine grosse Anzahl von Wählerstimmen bleibt unbeachtlich. Darin liegt ein schwerwiegender Mangel, der mit den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts unvereinbar ist ( BGE 136 I 352 E. 3.5 mit Hinweisen). 4.6 Das mit dem Wahl- und Abstimmungsgesetz umgesetzte Wahlverfahren stellt somit kein hinreichendes Proporzverfahren dar und hält in dieser Form vor der Bundesverfassung nicht stand. Es fragt sich somit, ob der Gesetzgeber auf der Grundlage der Kantonsverfassung seinen ihm zustehenden Gestaltungsraum anders hätte nutzen und das Wahlverfahren im Sinne einer Optimierung des Proporzprinzips hätte ausgestalten können. Dem Gesetzgeber stehen grundsätzlich unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung, das Bekenntnis zum Proporz BGE 136 I 376 S. 384 bundesverfassungskonform umzusetzen. Zum einen können auf Gesetzesstufe Wahlkreisverbände geschaffen werden, welche im Sinne des Verhältniswahlrechts einen Ausgleich unter den unterschiedlich grossen Wahlkreisen bewirken (vgl. BGE 131 I 74 ; Urteil P.918/1986 vom 9. Dezember 1986, in: ZBl 88/1987 S. 367). Es ist Sache des Gesetzgebers, im Einzelnen zu prüfen, ob die Kantonsverfassung die Einführung von Wahlkreisverbänden auf Gesetzesstufe erlaubt und wie eine Ordnung mit Wahlkreisverbänden auszugestalten wäre. Zum andern lässt sich der Grundsatz des Proporz durch den Einbezug des ganzen Kantons anstelle der isolierten Betrachtung der einzelnen Wahlkreise optimieren. Mit einer zentralen Verteilung der Parteimandate nach der doppeltproportionalen Methode Doppelter Pukelsheim lässt sich ein wahlkreisübergreifender Ausgleich realisieren (vgl. zu dieser Methode BGE 136 I 364 mit Hinweisen; vgl. ferner PUKELSHEIM/SCHUHMACHER, Das neue Zürcher Zuteilungsverfahren für Parlamentswahlen, AJP 2004 S. 505; WEBER, a.a.O., S. 1379; CHRISTIAN SCHUHMACHER, Sitzverteilung bei Parlamentswahlen nach dem neuen Zürcher Zuteilungsverfahren, 2005). Dieses Zuteilungsverfahren bezweckt unter anderem, unter Beibehaltung der traditionellen, unterschiedlich grossen Wahlkreise eine parteiproportionale Sitzzuteilung zu realisieren und damit sowohl die Verhältnismässigkeit zwischen den Parteien als auch die Verhältnismässigkeit zwischen den Wahlkreisen zu wahren. Die Parteien mit ihren Listen wie auch die Wahlkreise werden auf diese Weise proportional vertreten. Daran ändert nichts, dass das System auch gewisse Nachteile aufweist (PUKELSHEIM/SCHUHMACHER, a.a.O., S. 519;WEBER, a.a.O., S. 1379; SCHUHMACHER, a.a.O., S.19). Es sind keine Anzeichen ersichtlich, dass die Kantonsverfassung einer solchen Sitzzuteilungsmethode entgegenstehen würde. Anzufügen ist schliesslich, dass eine Stärkung des Proporzgedankens auch durch eine Wahlkreisreform auf Verfassungsstufe erreicht werden könnte, sei es durch die Festlegung neuer Wahlkreise, sei es durch die Schaffung eines Einheitswahlkreises. 4.7 Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung im Grundsatz anerkannt, dass Gründe überkommener Gebietsorganisation proporzfremde Elemente und somit ein Abweichen vom Verhältniswahlrecht rechtfertigen können. Es kann sich dabei um historische, föderalistische, kulturelle, sprachliche, ethnische oder religiöse Gründe handeln, welche kleine Wahlkreise als eigene Identitäten und als "Sonderfall" erscheinen lassen und ihnen - auf Kosten des BGE 136 I 376 S. 385 Proporzes - im Sinne eines Minderheitenschutzes einen Vertretungsanspruch einräumen. Die Rechtsprechung hat allerdings betont, dass es hierfür ausreichender sachlicher Gründe bedürfe ( BGE 129 I 185 E. 3.1 S. 190; BGE 131 I 74 E. 3.2 S. 79; BGE 131 I 85 E. 2.2 S. 87 mit Hinweisen). Je grösser die Abweichungen vom Proporzverfahren und von der Erfolgswertgleichheit sind, desto gewichtiger müssen sich die rechtfertigenden Gründe erweisen. In einzelnen Urteilen hat das Bundesgericht derartige Gründe anerkannt ( BGE 131 I 85 E. 2.5 S. 89), in andern verneint ( BGE 136 I 352 E. 4; BGE 129 I 185 E. 7.6.3 S. 203). Entgegen der Auffassung der Parteien ist die Frage, ob Gründe überkommener Gebietsorganisation proporzfremde Elemente begründen und ein Abweichen vom Verhältniswahlrecht rechtfertigen können, im vorliegenden Fall nicht zu prüfen. Mit den aufgezeigten Möglichkeiten von Wahlkreisverbänden und mit der Methode Doppelter Pukelsheim bleibt der aus der Kantonsverfassung fliessende Grundsatz gewahrt, wonach die Einwohnergemeinden die Wahlkreise bilden. Den kleinen Einwohnergemeinden kommt im Sinne eines Minderheitenschutzes weiterhin eine entsprechende Vertretung zu. Sie können unter diesem System aufrechterhalten werden (vgl. WEBER, a.a.O., S. 1380). Es braucht nicht geprüft zu werden, ob und in welchem Ausmass die Minderheitenvertretung kleiner Einwohnergemeinden allenfalls noch verstärkt werden könnte (vgl. auch E. 5.2). 4.8 Aus diesen Erwägungen ergibt sich einerseits, dass das im Kanton Zug praktizierte Wahlsystem den Anforderungen an ein Proporzverfahren nicht genügt. Sie zeigen andererseits, dass tatsächlich Möglichkeiten und Methoden bestehen, um den von der Kantonsverfassung vorgeschriebenen Proporzgrundsatz in einer den Anforderungen der Bundesverfassung genügenden Weise umzusetzen. Der Gesetzgeber hat es unterlassen, entsprechende Massnahmen zu einer Optimierung des Verhältniswahlrechts zu treffen. Vor diesem Hintergrund erweist sich die Beschwerde in Bezug auf den Beschluss des Kantonsrates betreffend Anzahl Kantonsratsmandate für die einzelnen Gemeinden und die dadurch determinierte Wahl des Kantonsrates als begründet. Sie ist in diesem Punkte gutzuheissen, und es ist festzustellen, dass das Proporzwahlverfahren des Kantons Zug für die Wahl des Kantonsrates vor der Bundesverfassung nicht standhält. BGE 136 I 376 S. 386 5. Die Beschwerdeführer erheben gegen das Zuger Wahlsystem zwei weitere Rügen. Sie machen zum einen geltend, dass ein gemischtes System mit einem Nebeneinander von Proporz und Majorz mit der bundesverfassungsrechtlichen Garantie der politischen Rechte nicht vereinbar sei (E. 5.2). Zum andern, dass die Zuweisung von zwei Sitzen an die Einwohnergemeinde Neuheim unrechtmässig sei (E. 5.2). 5.1 § 78 Abs. 2 KV/ZG sieht vor, dass der Kantonsrat in Wahlkreisen mit mehr als zwei Mandaten nach dem Verhältnisverfahren gewählt wird (oben E. 4.2). Es kann demnach angenommen werden, dass in den ganz kleinen Wahlkreisen mit zwei Sitzen oder einem Sitz das Mehrheitsverfahren zur Anwendung kommt. Konkret ergibt sich daraus, dass in zehn von den elf Einwohnergemeinden nach Proporz und lediglich in einer einzigen Gemeinde (Einwohnergemeinde Neuheim) nach Majorz gewählt wird. Aufgrund der vorstehenden Erwägung hat der Zuger Gesetzgeber das Wahlsystem für die Wahl des Kantonsrates im Rahmen der Kantonsverfassung neu zu gestalten. Für die von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage kann daher nicht mehr auf die bisherigen Verhältnisse abgestellt werden. Insbesondere sind die natürlichen Quoren, die sich aus dem bisherigen System ergeben (oben E. 4.4), nicht mehr in gleicher Weise massgebend und können für einen Vergleich zwischen der Gemeinde Neuheim und den übrigen Gemeinden nicht (mehr) herangezogen werden. Ebenso kommt dem Umstand unterschiedlicher Mandatszahlen nicht mehr die gleiche Bedeutung zu. Bei dieser Sachlage entbehrt ein Vergleich zwischen dem Majorzverfahren in der Gemeinde Neuheim und dem Proporzverfahren in den übrigen Gemeinden einer zuverlässigen Grundlage und wäre hypothetischer Natur. Es kann offenbleiben, ob der Gegensatz zwischen einem Dreierwahlkreis mit Proporz und einem Zweierwahlkreis mit Majorz einer verfassungsgerichtlichen Korrektur bedürfte. In diesem Punkte ist auf die Beschwerde nicht näher einzugehen. 5.2 Nach § 1 Abs. 2 des angefochtenen Kantonsratsbeschlusses erhält jede Gemeinde mindestens zwei Vertreter oder Vertreterinnen. Die Gemeinde Neuheim erhält ebenfalls zwei Kantonsratsmitglieder, obwohl ihr nach der mathematischen Formel in § 1 Abs. 1 des Kantonsratsbeschlusses lediglich ein Mandat zufallen würde. Die Beschwerdeführer bestreiten, dass dem Kantonsrat in Bezug auf BGE 136 I 376 S. 387 die kleine Einwohnergemeinde Neuheim ein Gestaltungsspielraum zukomme, und rügen die Mandatszuteilung als rechtswidrig. Demgegenüber vertritt der Kanton Zug die Auffassung, es handle sich bei der Mindestzuteilung von zwei Sitzen an kleine und kleinste Gemeinden um unumstrittenes Gewohnheitsrecht, das seit 1942 vom Kantonsrat stets beachtet worden ist. Das Bundesgericht schliesst die Entstehung und Beachtung von Gewohnheitsrecht im öffentlichen Recht nicht aus. Es hat ausgeführt, dass es nicht gegen Verfassungsrecht verstosse, einen durch lang andauernde Übung entstandenen Rechtssatz anzuerkennen, wenn er nicht in Freiheitsrechte des Bürgers eingreift; das Schweigen des Gesetzes könne nicht ohne Weiteres als negative Entscheidung ausgelegt werden; das hänge davon ab, ob eine Notwendigkeit für eine Ergänzung bestehe oder aber die Vollständigkeit des geschriebenen Rechtssatzes als negative Vorschrift auszulegen ist ( BGE 94 I 305 E. 2 und 3 S. 308). An die Entstehung von Gewohnheitsrecht werde allgemein ein strenger Massstab gesetzt; über eine lange, ununterbrochene Übung hinaus sei erforderlich, dass die der Übung zugrunde liegende Rechtsauffassung von den Behörden und Betroffenen geteilt werde (opinio iuris et necessitatis; BGE 105 Ia 80 E. 5b S. 84; BGE 103 Ia 369 E. 4c S. 379). Dem Element einer lang andauernden Übung, welche in einem gewissen Sinne eine formellgesetzliche Regelung ersetzt, könne je nach Sachzusammenhang Rechnung getragen werden ( BGE 125 I 173 E. 9e S. 181). In der Doktrin wird das Entstehen von Gewohnheitsrecht nicht ausgeschlossen, indessen im Sinne der bundesgerichtlichen Rechtsprechung an strenge Voraussetzungen gebunden (vgl. HÄFELIN/HALLER/KELLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 7. Aufl. 2008, N. 12 ff. S. 5; HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, 6. Aufl. 2010, N. 196 ff. S. 42; TSCHANNEN, Staatsrecht, § 1 N. 53 ff.). Über die langjährige Übung und die Überzeugung von Behörden und Betroffenen wird insbesondere verlangt, dass das geschriebene Recht Raum für eine ergänzende Regelung durch Gewohnheitsrecht lässt (HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, a.a.O.; TSCHANNEN, a.a.O.). Vor diesem Hintergrund darf beachtet werden, dass der Kantonsrat den kleinsten Einwohnergemeinden seit 1942 ununterbrochen einen Anspruch auf zwei Sitze einräumte. Diese Praxis bezweckt ganz offensichtlich, den kleinsten Einwohnergemeinden einen Minderheitenanspruch einzuräumen und sie gegenüber den grossen Einwohnergemeinden, die über ein Vielfaches an Einwohnern und BGE 136 I 376 S. 388 Mandaten verfügen, zu stärken. Sie kann sich zwar nicht direkt auf die Kantonsverfassung stützen, steht mit dieser indes auch nicht im Widerspruch. Mit der Bezeichnung der Einwohnergemeinden als Wahlkreis gemäss § 38 Abs. 1 KV/ZG wird zum Ausdruck gebracht, dass diesen ein Vertretungsanspruch zusteht. Selbst den kleinsten Gemeinden steht zumindest ein Sitz zu, auch wenn die Rechnung nach Massgabe der Bevölkerungsstatistik zu keinem einzigen Sitz führen würde. Die Regelung von § 38 KV/ZG kann somit nicht als absolut abgeschlossen betrachtet werden. Es kann nicht gesagt werden, dass § 38 KV/ZG keinen Raum für eine ergänzende Regelung belassen würde. So sehr den kleinsten Einwohnergemeinden ein einziger Sitz garantiert wird, kann ihnen überdies auch ein zweiter Sitz eingeräumt werden. Diese Übung wurde, soweit ersichtlich, bisher nie in Frage gestellt und gibt offensichtlich die Rechtsüberzeugung aller Betroffenen zum Ausdruck. Bei dieser Sachlage darf in Übereinstimmung mit der Auffassung der obersten Behörden angenommen werden, dass der Mindestanspruch von kleinen und kleinsten Gemeinden auf zwei Sitze im Kantonsrat auf verfassungsrechtlichem Gewohnheitsrecht beruht. Die Zuteilung von zwei Sitzen an die Einwohnergemeinde Neuheim kann daher nicht als rechtswidrig bezeichnet werden. Demnach erweist sich die Beschwerde in diesem Punkte als unbegründet.
public_law
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
7025d4d2-b21b-423a-b0cc-165af48c67ef
Urteilskopf 116 II 543 98. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. November 1990 i.S. Bernet gegen Regierungsrat des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Begriff der landwirtschaftlichen Liegenschaft (Art. 1 Abs. 1 LEG; Art. 1 über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften). 1. Die Zugehörigkeit zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gilt als selbständiges Charakterisierungselement (Art. 1 Abs. 2 VerhVo). Ob sie vorliegt, entscheidet sich nach den objektiven Bedürfnissen des Betriebes. Frage offengelassen, ob die rein wirtschaftliche Zugehörigkeit genügen würde (E. 3, 5a). 2. Die Art der Nutzung vermag für sich alleine den landwirtschaftlichen Charakter einer Liegenschaft nicht zu begründen. Verlangt wird überdies, dass der Wert des Grundstücks durch diese Nutzung bestimmt wird (E. 5b). Anwendung auf ein teilweise überbautes Grundstück (E. 5c). In Zweifelsfällen darf auch dessen Lage berücksichtigt werden (E. 5d).
Sachverhalt ab Seite 544 BGE 116 II 543 S. 544 A.- Urs Bernet kaufte am 30. Juni 1989 die unter dem Namen "Salzloch" bekannten Liegenschaften Nrn. 3, 649 und 761, allesamt in Entlebuch, mit einer Gesamtfläche von 3,3 ha für Fr. 700'000.--. Als er darauf am 31. August 1989 eine Grundpfandverschreibung über Fr. 600'000.-- errichten wollte, wurde er vom Grundbuchverwalter von Entlebuch aufgefordert, einen behördlichen Entscheid betreffend die Unterstellung der Liegenschaften unter das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen (LEG) beizubringen. B.- Entgegen dem Antrag Urs Bernets unterstellte der Gemeinderat von Entlebuch mit Entscheid vom 15. November 1989 sämtliche Liegenschaften "Salzloch" dem Entschuldungsgesetz. Der Regierungsrat des Kantons Luzern, der in der Folge von Urs Bernet mit Verwaltungsbeschwerde angegangen wurde, hob diesen Entscheid am 6. April 1990 auf, soweit er die bewaldeten Grundstücke Nrn. 649 und 761 betraf, und bestätigte ihn mit Bezug auf das Grundstück Nr. 3 (GB Entlebuch). C.- Dagegen erhebt Urs Bernet Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, soweit darin an der Unterstellung des Grundstücks Nr. 3 (GB Entlebuch) festgehalten wird, sowie einen negativen Unterstellungsentscheid bezüglich dieses Grundstücks. Hilfsweise wird um die Rückweisung zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz ersucht. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das Bundesgesetz über die Entschuldung landwirtschaftlicher Heimwesen findet gemäss seinem Art. 1 Abs. 1 Anwendung auf Heimwesen und Liegenschaften, die ausschliesslich oder vorwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Der Begriff der landwirtschaftlichen Liegenschaft findet sich in Art. 1 der bundesrätlichen Verordnung über die Verhütung der Überschuldung landwirtschaftlicher Liegenschaften vom 16. November 1945 näher umschrieben (nachstehend VerhVo (SR 211.412.121) ). Als landwirtschaftliche Liegenschaft gilt demnach jede Bodenfläche, BGE 116 II 543 S. 545 die durch Bewirtschaftung und Ausnützung der natürlichen Kräfte des Bodens den ihr eigenen Wert erhält oder zu einem Betrieb gehört, welcher in der Hauptsache der Gewinnung und Verwertung organischer Stoffe des Bodens dient (Art. 1 Abs. 2 VerhVo). Dies trifft gemäss Art. 1 Abs. 3 VerhVo namentlich zu für Grundstücke, die dem Acker-, Wiesen-, Wein-, Mais-, Tabak-, Obst-, Feldgemüse- und Saatgutbau oder der Alpwirtschaft dienen. a) Vorliegend ist einzig darüber zu befinden, ob die Unterstellung des Grundstücks Nr. 3 (GB Entlebuch) unter das Entschuldungsgesetz zu Recht erfolgt ist. Der Regierungsrat hat diese Frage richtigerweise im Lichte von Art. 1 VerhVo beurteilt, was auch seitens des Beschwerdeführers nicht beanstandet wird. b) Das Bundesgericht hat unter Bezugnahme auf das Schrifttum unlängst festgehalten, dass das Vorliegen einer landwirtschaftlichen Liegenschaft im Sinne von Art. 1 Abs. 2 VerhVo dann zu bejahen ist, wenn das betreffende Grundstück zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gehört oder wenn es landwirtschaftlich genutzt wird und sich sein Wert im freien Grundstücksverkehr ausschliesslich nach Massgabe des jährlichen Bodenertrages richtet ( BGE 115 Ib 212 ; OTTO K. KAUFMANN, Das neue ländliche Bodenrecht der Schweiz, St. Gallen 1946, S. 99 lit. i). Es hat damit die Zugehörigkeit zu einem landwirtschaftlichen Betrieb als ein selbständiges Tatbestandsmerkmal erachtet, welches - wie bereits der Wortlaut von Art. 1 Abs. 2 VerhVo vermuten lässt - für sich allein den landwirtschaftlichen Charakter einer Liegenschaft zu begründen vermag ( BGE 115 Ib 212 ; FRANZ BÄCHTIGER, Der Begriff des landwirtschaftlichen Heimwesens und der landwirtschaftlichen Liegenschaft, in: Das neue landwirtschaftliche Bodenrecht der Schweiz, Referate des 76. schweiz. Verwaltungskurses an der HSG St. Gallen, 1954, S. 19; vgl. auch FRANZ JENNY, SJZ 49/1953, S. 39, lit. b). Dies hat im betreffenden Fall dazu geführt, dass ein Grundstück, das seit langem nicht mehr der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung diente und dessen Wert nicht durch diese Nutzung bestimmt war, als landwirtschaftliche Liegenschaft bezeichnet werden musste. Entscheidende Bedeutung mass das Bundesgericht dabei schliesslich dem Umstand zu, dass die umstrittene Liegenschaft in wirtschaftlicher Hinsicht insofern zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörte, als das darauf befindliche Wohnhaus zur Deckung des objektiven Wohnraumbedarfes des gesamten Anwesens erforderlich war ( BGE 115 Ib 213 f. E. 3b). BGE 116 II 543 S. 546 c) In der Lehre ist darauf verwiesen worden, dass Art. 1 Abs. 2 VerhVo restriktiv auszulegen sei, weil ansonsten eine von Art. 1 LEG nicht gedeckte Ausdehnung des Geltungsbereichs des Entschuldungsgesetzes befürchtet werden müsse (KAUFMANN, Landwirtschaftliche Grundstücke, SJK Nr. 961, Stand 1963, S. 2 unten). Im Bemühen, einen für das schweizerische Recht einheitlichen Begriff des landwirtschaftlichen Grundstücks zu finden, hat derselbe Autor unter anderem ausgeführt, dass ein Grundstück, auf dem sich ein nicht bäuerliches Wohnhaus befinde, kein landwirtschaftliches Grundstück sein könne, selbst wenn der grössere Teil seiner Fläche landwirtschaftlich genutzt werde (KAUFMANN, Bodenrecht, a.a.O., S. 102 lit. c, mit Hinweisen). Erwähnt wird in diesem Zusammenhang ein älterer Entscheid des Bundesgerichts, worin die Annahme einer landwirtschaftlichen Liegenschaft mit Bezug auf ein Grundstück im Halte von etwa 25 a angesichts des Wertverhältnisses zwischen dem Land und dem darauf stehenden Haus verworfen worden ist; trotz angebauter Remise, eines kleinen Stalls und der Haltung von Ziegen hat es das Bundesgericht abgelehnt, dieses Haus als Bauernhof zu betrachten (nicht veröffentlichter Entscheid der staatsrechtlichen Kammer vom 5. März 1945, i.S. H. c. Kt. BL). 4. Nach unbestrittener Auffassung des Regierungsrates steht fest, dass auf dem zu beurteilenden Grundstück kein landwirtschaftlicher Betrieb geführt wird, auch wenn die dazu erforderlichen Einrichtungen wenigstens teilweise vorhanden sein mögen. Bei der Anwendung von Art. 1 Abs. 2 VerhVo, wo es lediglich um die Beurteilung des landwirtschaftlichen Charakters einzelner Liegenschaften und nicht um das Vorliegen eines Heimwesens geht, kann diesem Umstand jedoch keine weitere Bedeutung zukommen. Anlässlich eines im Rahmen des vorinstanzlichen Verfahrens durchgeführten Augenscheins ist festgestellt worden, dass auf dem fraglichen Grundstück, das eine Gesamtfläche von 24'634 m2 aufweist, ein Zweifamilienwohnhaus und eine Scheune stehen; direkt beim Wohnhaus befindet sich ein etwa 600 m2 grosser Garten. Die beiden Wohnungen werden an Personen vermietet, die nicht in der Landwirtschaft tätig sind. Die Scheune dient samt Bühne einem Handwerker als Lager- und Ausstellungsraum für Baumaterial. Daneben befinden sich Verschläge, in denen ein Mieter Ziegen und Heu untergebracht hat. Insgesamt sind 24'000 m2 des Grundstücks an Julius Brun verpachtet, der in der Nähe ein Heimwesen BGE 116 II 543 S. 547 bewirtschaftet und auf dem gepachteten Land seine 25 Schafe weiden lässt; für die Schafhaltung bezieht Julius Brun Tierhalterbeiträge von ca. Fr. 900.--. Der Pachtvertrag räumt dem Pächter im übrigen auch das Recht ein, den an die Scheune angebauten Unterstand und die Obstbäume zu nutzen. Den Akten kann endlich entnommen werden, dass sich der jährliche Pachtzins auf Fr. 600.-- beläuft. In Anbetracht dieser Tatsachen ist der Regierungsrat zum Schluss gelangt, dass mehr als 94% des fraglichen Grundstücks landwirtschaftlichen Zwecken dienten, weshalb eine landwirtschaftliche Liegenschaft im Sinne von Art. 1 Abs. 2 VerhVo vorliege. 5. a) Nach den Feststellungen der Vorinstanz führt der Pächter in der Nähe des dem Beschwerdeführer gehörenden Grundstücks einen Landwirtschaftsbetrieb. Es drängt sich daher vorweg die Frage auf, ob das Grundstück bereits aufgrund seiner Zugehörigkeit (vgl. Art. 1 Abs. 2 VerhVo) zu einem landwirtschaftlichen Betrieb dem Entschuldungsgesetz zu unterstellen sei. Dies müsste insbesondere dann erwogen werden, wenn bei der Anwendung von Art. 1 Abs. 2 VerhVo ausschliesslich rein wirtschaftliche Kriterien ausschlaggebend blieben (vgl. immerhin BGE 115 Ib 213 , mit Hinweis; allerdings auch KAUFMANN, Bodenrecht, a.a.O., S. 116). Die Vorinstanz ist dieser Frage nicht weiter nachgegangen. Da für die Zugehörigkeit eines Grundstücks zu einem Betrieb gerade dessen Bedürfnisse den Ausschlag geben ( BGE 115 Ib 213 ), müssten weitere Abklärungen hiezu getroffen werden. Von solchen Weiterungen kann indessen - wie zu zeigen sein wird - abgesehen werden. b) Aufgrund der vorhandenen Feststellungen gilt es zunächst mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass das Grundstück durch die Verpachtung in einer Art und Weise genutzt wird, die insbesondere mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 VerhVo zweifelsohne als landwirtschaftlich im Sinne der einschlägigen Gesetzgebung bezeichnet werden muss. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die vorhandene Scheune zur Zeit sachfremd genutzt wird und das Wohnhaus weder unmittelbar landwirtschaftlichen Zwecken dient, noch vom Pächter selbst bewohnt wird, zumal bei dieser Beurteilung ohnehin ein objektiver Massstab angewendet werden muss (BÄCHTIGER, a.a.O., S. 22; ZBGR 63/1982; in anderem Zusammenhang auch BGE 115 Ib 214 ). Ebenfalls bedeutungslos bleiben muss aber auch der in der BGE 116 II 543 S. 548 Beschwerde erwähnte Kiesabbau. Gegenwärtig findet ein solcher offensichtlich nicht statt und kann aufgrund der planungsrechtlichen Gegebenheiten auch gar nicht stattfinden. Bei den entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers handelt es sich daher um blosse Absichtserklärungen, die den landwirtschaftlichen Charakter des betreffenden Grundstücks jedenfalls heute nicht in Frage zu stellen vermögen. Angesichts der in Art. 1 Abs. 2 VerhVo enthaltenen Begriffsumschreibung muss jedoch entgegen der im angefochtenen Entscheid zumindest scheinbar vertretenen Auffassung auch klar sein, dass es mit der festgestellten landwirtschaftlichen Nutzung nicht sein Bewenden haben kann. Befremden muss insbesondere der übereilt anmutende Schluss der Vorinstanz, dass 94% des Grundstücks landwirtschaftlichen Zwecken dienten und daher die Voraussetzungen für die Unterstellung unter das Entschuldungsgesetz gegeben seien. Diese Betrachtungsweise verkennt in tatsächlicher Hinsicht, dass sich auf dem Grundstück als dessen wesentlicher Bestandteil ( Art. 642 ZGB ) ein Haus mit zwei Wohnungen befindet, die gegenwärtig vermietet werden und von der landwirtschaftlichen Nutzung - jedenfalls zur Zeit - nicht erfasst werden; sie übersieht aber namentlich auch den Gehalt der in Art. 1 Abs. 2 VerhVo enthaltenen Umschreibung, wonach die Nutzung für sich allein den landwirtschaftlichen Charakter einer Liegenschaft nicht zu begründen vermag, sondern zusätzlich verlangt wird, dass sich deren Wert im freien Grundstücksverkehr ausschliesslich nach Massgabe des jährlichen Bodenertrages richtet. c) Was das letztgenannte Erfordernis anbelangt, besteht indessen kaum ein Zweifel daran, dass der Wert des zu beurteilenden Grundstücks heute nicht mehr durch die landwirtschaftliche Nutzung bestimmt wird, sondern in wesentlichem Masse durch das darauf befindliche Zweifamilienhaus, das vor nicht allzulanger Zeit errichtet worden ist. Der Preis von Fr. 700'000.--, zu dessen Bezahlung sich der Beschwerdeführer gemäss Kaufvertrag vom 30. Juni 1989 verpflichtet haben soll, sowie der jährlich für die Nutzung des Bodens geschuldete Pachtzins von Fr. 600.-- sprechen in dieser Hinsicht für sich. Dennoch kann nicht vorschnell und ausschliesslich auf eine dergestalt wertgerichtete Betrachtungsweise abgestellt werden. Ganz abgesehen davon, dass auch ein neueres Zweifamilienhaus durchaus als Wohnstätte einer bäuerlichen Familie dienen könnte, ist in dieser Beziehung gerade angesichts der jüngeren Entwicklung auf dem Bodenmarkt, von BGE 116 II 543 S. 549 der die landwirtschaftlichen Grundstücke nicht verschont geblieben sind, Zurückhaltung geboten. Ins Gewicht fällt daher vorab der Umstand, dass es sich beim betreffenden Grundstück trotz der vorhandenen Bauten nicht etwa um Bauland oder auch nur um Bauerwartungsland handelt. Dies ist insofern bedeutsam, als die künftige Nutzung eines erheblichen Teils des Landes in klarer Weise eingeschränkt bleibt und insbesondere mit einer weiteren Bautätigkeit nicht zu rechnen ist ( Art. 15, 22, 24 RPG (SR 700)). So gesehen, erweist sich die Sichtweise der Vorinstanz mit ihrer Bezugnahme auf den landwirtschaftlich genutzten Flächenanteil durchaus als vertretbar. Mit insgesamt 24'634 m2 weist das Grundstück eine beachtliche Ausdehnung auf. Der Umschwung des Hauses erschöpft sich daher mitnichten in dem, was gemeinhin noch als Garten, wie er nach Art und Ausmass in ländlichen Gegenden üblich ist, bezeichnet werden kann (vgl. dazu den erwähnten BGE vom 5. März 1945). Vielmehr liegt neben dem eigentlichen, ausgesonderten Gartenanteil von 600 m2 ein Vielfaches davon an Bodenfläche vor, die der landwirtschaftlichen Nutzung zugänglich ist und weiterhin bleiben wird. Daraus muss indessen zwangsläufig folgen, dass von einem Hausgrundstück, welches dem Anwendungsbereich der Entschuldungsgesetzgebung entzogen bleiben soll, vorliegend nicht die Rede sein kann (vgl. die bundesrätliche BOTSCHAFT zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Entschuldung landwirtschaftlicher Betriebe vom 23. Juni 1936, in BBl 88/1936 II, S. 209 ff., insbesondere S. 298). d) Als nicht völlig bedeutungslos gilt schliesslich die allgemeine Lage des Grundstücks, obwohl der Wortlaut von Art. 1 VerhVo keinerlei Bezug darauf nimmt. In der bundesrätlichen Botschaft zum Entwurf eines Entschuldungsgesetzes wird sie als weiteres Kriterium ausdrücklich erwähnt (BBl 88/1936 II, S. 232). Selbst wenn im damaligen Zeitpunkt die Umschreibung gemäss Art. 1 Abs. 2 VerhVo noch in weiter Ferne lag, erscheint die Auffassung als zutreffend, wonach der Lage eines Grundstücks wenigstens in Zweifelsfällen Beachtung zu schenken ist (BÄCHTIGER, a.a.O., S. 21; zu absolut BGE 115 Ib 212 , vor E. 3a). Die Vorinstanz hat auch hier davon abgesehen, ausdrückliche Feststellungen zu treffen. Der sehr ländliche Charakter des Entlebuchs gilt jedoch als allgemein bekannt. Was das strittige Grundstück im speziellen anbelangt, lassen die planungsrechtliche Klassierung und die sich bei den Akten befindliche Planskizze zudem BGE 116 II 543 S. 550 von der Lage her keine Zweifel über dessen landwirtschaftlichen Charakter aufkommen, so dass auch aus dieser Sicht nichts gegen die Anwendbarkeit der Entschuldungsgesetzgebung spricht.
public_law
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
70281ed0-dacb-4325-ae6c-7a53ed8ee56e
Urteilskopf 101 Ib 292 52. Urteil vom 17. Oktober 1975 i.S. Sozialdemokratische Partei der Schweiz (SPS) gegen Generaldirektion PTT
Regeste Postverkehrsgesetz: Beförderung von Drucksachen. Ein Anspruch darauf, dass eine Drucksache als "Drucksache von Parteien" im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG zum Vorzugstarif befördert wird, besteht nur, wenn aus der in Frage stehenden Drucksache ersichtlich ist, dass sie von einer Partei stammt.
Sachverhalt ab Seite 292 BGE 101 Ib 292 S. 292 In der Abstimmungskampagne zu einem neuen Verfassungsartikel betreffend die Krankenversicherung, über den das Schweizervolk am 8. Dezember 1974 entschied, wurde eine vierseitige Aufklärungsschrift durch die Post in die Haushaltungen verteilt. Die Schrift stammte vom "Aktionskomitee für die Initiative Soziale Krankenversicherung", dessen Mitglieder in der Mehrheit der SPS angehören. Die Post verlangte für den Versand dieser Drucksache eine Taxe von je 7 Rappen. Die SPS hält dafür, dass die Drucksache zum Vorzugstarif von je 5 Rappen zu befördern sei. Das Bundesgericht schützt den Standpunkt der Post. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Postverkehrsgesetz unterscheidet zwischen einer gewöhnlichen Drucksachentaxe (Art. 17), einer ermässigten BGE 101 Ib 292 S. 293 Taxe für Drucksachen ohne Adresse zur allgemeinen Vertragung (Art. 19) und einer noch stärker ermässigten sog. Zeitungstaxe für abonnierte Zeitungen und Zeitschriften ( Art. 20 PVG ). Die Taxe für Drucksachen ohne Adresse zur allgemeinen Vertragung innerhalb des Zustellgebietes einer Poststelle beträgt je nach Gewicht der Drucksache 7 bzw. 12 Rappen ( Art. 19 Abs. 1 PVG ). Drucksachen bis zu 50 g bei Sammelaktionen von gemeinnützigen Institutionen schweizerischer oder kantonaler Bedeutung (lit. a) oder von Parteien schweizerischer, kantonaler oder kommunaler Bedeutung (lit. b) gelangen nach Art. 19 Abs. 2 PVG in den Genuss eines Sondertarifs; die Beförderungstaxe beträgt nach Massgabe der vom Bundesrat zu erlassenden Bestimmungen 5 Rappen. Der Bundesrat hat in Art. 56b PVV den Begriff der politischen Parteien im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG umschrieben. Als solche gelten die politischen Parteien, die in der Bundesversammlung, in einem Kantons- oder Gemeindeparlament oder in einer Gemeindeexekutive vertreten sind, und ferner andere politische Vereinigungen, sofern sie körperschaftlich organisiert sind und sich bei der Aufgabe der Drucksachen durch Vorweisung der Statuten als politische Partei ausweisen (Abs. 1). Nicht als Parteien gelten die für die Teilnahme an einer bestimmten Abstimmung oder Wahl gebildeten Komitees, Gruppen oder Vereinigungen (Abs. 2). Damit ist aber noch nicht positiv bestimmt, unter welchen konkreten Voraussetzungen der Post zur Beförderung übergebene Publikationen als "Drucksachen von Parteien" im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG zu betrachten sind. Namentlich ist die Frage offen, ob es genügt, dass eine Partei eine Drucksache herstellen lässt und sie allenfalls auch finanziert oder ob die gesetzliche Ordnung verlangt, dass die Partei sich als Herausgeber und damit als Absender der Drucksache auch zu erkennen gibt. Diese Fragen standen in den parlamentarischen Beratungen 1972 zur Diskussion. Der Nationalrat beschloss vorerst - entgegen den bundesrätlichen Anträgen und Stellungnahmen - eine Lösung, welche die tarifliche Bevorzugung für "Drucksachen politischer, erzieherischer oder religiöser Natur" vorsah (Amtl.Bull. N. 1972 S. 848). Auf die Einwände des Ständerates hin, dass eine derartige Lösung, die nur auf den Charakter des Erzeugnisses abstelle, das Postschalterpersonal BGE 101 Ib 292 S. 294 überfordere und deswegen administrativ undurchführbar sei (Amtl.Bull. N. 1972 S. 425), kam es im Differenzbereinigungsverfahren zu der nunmehr geltenden Formulierung, die nicht mehr auf die Natur der Drucksache abstellt, sondern auf den Absender. So führte der nationalrätliche Kommissionssprecher aus, was die Bevorzugung anbelange, wolle man jetzt vom Absender ausgehen. Zwar bringe auch dies den Posthaltern eine gewisse Mehrarbeit, doch sei es einfacher, Sendungen nach dem Absender zu differenzieren, als nach dem Inhalt der Sendung (Amtl.Bull. N. 1972 S. 1009). 2. Der Vorzugstarif für "Drucksachen von Parteien" bezweckt offensichtlich die posttarifarische Begünstigung der politischen Parteien. Es sollen die in der Regel nur knapp dotierten Parteikassen geschont und damit indirekt den Parteien die Erfüllung der für das öffentliche Leben wichtigen politischen Aufgaben erleichtert werden. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet sind alle von einer Partei stammenden Drucksachen, welche die übrigen Voraussetzungen des Art. 19 PVG erfüllen, tarifbegünstigt. Es kommt deshalb an sich nicht darauf an, ob eine Partei in der Drucksache selbst ihre Urheberschaft und Herausgeberschaft ausdrücklich kundtut. Art. 19 PVG unterwirft die Parteien jedenfalls keiner eigentlichen Offenbarungspflicht; weder aufgrund der parlamentarischen Beratungen noch vom Zweckgedanken der gesetzlichen Bestimmung her lässt sich auf einen Zwang schliessen, die Parteien müssten zum Zwecke der Vermeidung von Unklarheiten ihre Trägerschaft in klar ersichtlicher Weise auf der Drucksache zum Ausdruck bringen. Anders verhält es sich, wenn eine Partei die Drucklegung eines Erzeugnisses zwar veranlasst und finanziert hat, aber nach aussen den Eindruck zu erwecken versucht, die Drucksache stamme von einer überparteilichen Aktion. Hier stellt sich nicht so sehr das Problem der Offenbarungspflicht, sondern jenes der Praktikabilität: Kann aus praktischen Gründen gestützt auf Art. 19 PVG gefordert werden, Text und Aufmachung müssten den Absender ersichtlich werden lassen? Diese Frage stand - wie erwähnt - in den parlamentarischen Beratungen zur Diskussion, und Gründe der Praktikabilität waren entscheidend für die heutige Fassung des Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG . Den erwähnten parlamentarischen Beratungen kommt hinsichtlich der Auslegung des Art. 19 PVG deshalb grössere Bedeutung zu, da die geltende BGE 101 Ib 292 S. 295 Fassung des Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG erst nach einem sog. Differenzbereinigungsverfahren zustande kam. Damals wurden Gründe der Praktikabilität entscheidend für die Wahl der heute geltenden Fassung der gesetzlichen Privilegierungsregel ins Feld geführt. Dieser Gesichtspunkt ist daher entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Auffassung gesetzgeberisch bedeutungsvoll. Mit dem gesetzlichen Zweck wäre eine Berufung auf Gründe der Praktikabilität allerdings dann nicht vereinbar, wenn sie dazu führte, dass der gesetzlich angestrebte Zweck weitgehend vereitelt würde, d.h., wenn gestützt auf solche Gesichtspunkte die Parteien weitgehend um ihre posttarifarische Bevorzugung geprellt werden könnten. Dies ist indes nach der Praxis der Postbehörden, soweit sie im vorliegenden Verfahren zur Diskussion steht, nicht der Fall. Bei den meisten "Drucksachen von Parteien" ergibt sich der Absender ohne weiteres und zwangsläufig aus der Drucksache selbst; der Absender ist mithin mühelos durch die Organe der Post feststellbar. Abstimmungs- und Wahlmaterial, das eine vielfach, das andere vereinzelt, wird anstelle von oder in Zusammenarbeit mit Parteien von sog. Aktionskomitees herausgegeben. Der politische Gehalt derartiger Druckerzeugnisse ist unverkennbar; hingegen entfällt die in Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG verlangte parteiliche Trägerschaft dann, wenn das Druckerzeugnis von einem ad hoc gebildeten Komitee oder einer sonstigen Gruppe oder Vereinigung herausgegeben und zum Versand gebracht wird. Deshalb ist es denn auch nicht rechtserheblich, dass in manch solchen Aktionskomitees eine oder mehrere politische Parteien über ihre Vertreter engagiert sind und die Parteikassen unter Umständen sogar finanzielle Beiträge zur Unterstützung solcher Aktionen leisten. Dem Erfordernis, dass die Anwendung des Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG für die Organe der Post praktikabel sein muss, wäre jedenfalls nicht Genüge getan, wenn sich diese vor Versand einer unadressierten Drucksache immer erst vergewissern müssten, ob trotz gegenteiligem Anschein (Herausgabe durch Aktionskomitee) nicht doch eine Partei dahintersteht, welcher die Urheberschaft und die Trägerschaft zukommt sowie die Finanzierung der Drucksache obliegt und welche somit allenfalls Anspruch auf Privilegierung im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG beanspruchen könnte. BGE 101 Ib 292 S. 296 3. Die Beschwerdeführerin macht selbst nicht geltend, aus dem in Frage stehenden Flugblatt hätte sich in irgendeiner Weise ergeben, dass es sich um ein solches der SPS handle. Das Flugblatt vermeidet in der Tat jede direkte oder indirekte Bezugnahme auf die Partei. Auf der letzten Seite des Blattes werden im Sinne der Urheberschaftsbezeugung die Mitglieder des Aktionskomitees angeführt. Deren Mehrheit gehört der SPS an. Die einzelnen Namen der Komitee-Mitglieder sind beinahe durchwegs mit dem Hinweis auf die berufliche oder politische Stellung, nicht aber mit der Parteizugehörigkeit ergänzt. Die von der SPS und dem Schweiz. Gewerkschaftsbund lancierte Krankenversicherungs-Initiative, die zur Abstimmung gelangen soll, wird nicht im Originalwortlaut wiedergegeben; mit Bezug auf deren Urheber heisst es, es handle sich um "fortschrittliche Kreise aus allen Bevölkerungsschichten". Lediglich in einem Zitat aus einer Rede von alt Bundesrat Tschudi ist von der "sozialdemokratisch-gewerkschaftlichen Krankenversicherungs-Initiative" die Rede. Es kann dahingestellt bleiben, ob die damit erreichte politische Neutralisierung es erst möglich gemacht hat, die Flugblattaktion von einem überparteilichen Aktionskomitee tragen zu lassen, und mit ihr Wirkungen anzustreben, die mit einem eigentlichen Parteierzeugnis nicht hätten erzielt werden können. Wesentlich ist, dass die in Frage stehende Drucksache nicht ersichtlich werden lässt, dass sie von einer Partei, in concreto der SPS, stammt. Ein Anrecht, dass sie als "Drucksache von Parteien" im Sinne von Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG zu einem Vorzugstarif befördert wird, besteht somit nicht. Daraus erhellt, dass der angefochtene Entscheid Bundesrecht nicht verletzt. Die Rügen der Beschwerdeführerin bedürfen somit keiner weiteren Erörterung. Mit der Vorinstanz braucht entsprechend der erwähnten Auslegung des Art. 19 Abs. 2 lit. b PVG nicht näher abgeklärt zu werden, ob und allenfalls in welchem Ausmass die SPS tatsächlich Urheber der Flugblattaktion war und diese auch finanziert hat. Dieser nicht abgeklärte Sachverhalt ist rechtlich im vorliegenden Fall nicht erheblich.
public_law
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
70338cfb-1bd4-42d7-826f-a07b47aef9aa
Urteilskopf 103 Ia 176 33. Auszug aus dem Urteil vom 11. Mai 1977 i.S. Camenzind und Mitbeteiligte gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz
Regeste Regionalplan für den Bau von Einkaufszentren ( Art. 4, Art. 22ter und Art. 31 BV , Gewaltentrennung und Art. 85 lit. a OG ). Begriff der Region im Planungsrecht; die Region kann nur gestützt auf eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage das gesamte Gebiet eines Kantons umfassen.
Sachverhalt ab Seite 176 BGE 103 Ia 176 S. 176 Reinhold Camenzind ist Eigentümer oder Baurechtsinhaber verschiedener in Ibach (Gemeinde Schwyz) gelegener Grundstücke. Auf einem dieser Grundstücke steht seit dem Jahre 1972 ein Einkaufszentrum in Betrieb; die übrigen beabsichtigt er für eine Erweiterung dieses Zentrums zu verwenden. Er hat dafür nach längeren Vorverhandlungen mit dem Gemeinderat von Schwyz ein Baugesuch eingereicht, das am 5. November 1976 im Amtsblatt des Kantons Schwyz veröffentlicht wurde. Die Beschwerdeführer 2-9 haben im projektierten Erweiterungsbau Geschäftslokale gemietet oder beabsichtigen, Mietverträge einzugehen. Am 22. November 1976 erliess der Regierungsrat des Kantons Schwyz einen "Beschluss über die Erstellung eines Regionalplanes BGE 103 Ia 176 S. 177 für den Bau und die Erweiterung von Einkaufszentren" mit folgendem Wortlaut: "Der Regierungsrat des Kantons Schwyz gestützt auf § 45 des Baugesetzes, beschliesst: § 1 Für das gesamte Gebiet des Kantons Schwyz wird ein Regionalplan für den Bau und die Erweiterung von Einkaufszentren erstellt. Das Verfahren richtet sich nach § 45 des Baugesetzes vom 30. April 1970. § 2 Bis zum Erlass des Regionalplanes dürfen von den Baubewilligungsbehörden keine neuen oder Erweiterungen bestehender Einkaufszentren bewilligt werden. ... § 4 Dieser Beschluss gilt bis zum Erlass des Regionalplanes für den Bau und die Erweiterung von Einkaufszentren, längstens jedoch zwei Jahre." Der Gemeinderat von Schwyz sistierte auf Grund dieses Beschlusses das Baubewilligungsverfahren bezüglich des Projektes von Reinhold Camenzind. Ein Beschwerdeverfahren hiegegen ist noch hängig. Gegen den Beschluss des Regierungsrates vom 22. November 1976 führen Reinhold Camenzind und acht weitere Personen staatsrechtliche Beschwerde; sie beantragen, den angefochtenen Beschluss aufzuheben. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. (Auf Willkür beschränkte Kognition des Bundesgerichts bei der Auslegung von § 45 BauG). 3. § 45 BauG lautet wie folgt: "Erweist sich der Erlass von Überbauungs- und Zonenplänen für das Gebiet mehrerer Gemeinden als dringlich und mangels Einigung der Gemeinden als unmöglich, so kann der Regierungsrat einen Regionalplan ausarbeiten lassen. Der Regierungsrat legt nach Anhören und im Einverständnis sämtlicher beteiligter Gemeinden die Richtlinien fest. Die Kosten der vom Regierungsrat verfügten Massnahmen werden den beteiligten Gemeinden nach Massgabe ihres Interesses auferlegt." Der Regierungsrat ist der Auffassung, es handle sich bei seinem Beschluss vom 22. November 1976 um einen provisorischen Regionalplan. Die Beschwerdeführer bestreiten dies. Sie wenden ein, ein Regionalplan könne sich nicht auf das gesamte Kantonsgebiet beziehen, weil er sonst zu einem kantonalen BGE 103 Ia 176 S. 178 Erlass werde. Darüber hinaus fehle es an den kumulativ erforderlichen Voraussetzungen der Dringlichkeit und der mangelnden Einigung mehrerer Gemeinden. a) Unter dem Begriff "Region" wird im schweizerischen Raumplanungsrecht allgemein eine Gruppe von Gemeinden verstanden, "die geographisch und wirtschaftlich eng miteinander verbunden sind und das Ziel verfolgen, einen Teil ihrer Aufgaben gemeinsam zu lösen" (so Art. 6 Abs. 1 des BG über Investitionshilfe für Berggebiete vom 28. Juni 1974). Die "Region" ist nach heute eingebürgertem Sprachgebrauch eine örtliche Grösse, die mehr als eine Gemeinde, aber nicht das gesamte Gebiet eines Kantons umfasst. Dass diese Bedeutung des Begriffs dem allgemeinen Sprachgebrauch derjenigen Fachkreise entspricht, die sich mit Planungsaufgaben zu befassen haben, ergibt sich aus der reichhaltigen Literatur. Zitiert seien hier (in alphabetischer Reihenfolge) die nachstehenden Autoren: HANS PETER FAGAGNINI führt in seiner Arbeit "Kanton und Gemeinden vor ihrer Erneuerung," Diss. St. Gallen 1974, aus: "Ausgangspunkt bei der Frage nach der Schaffung von Regionen muss sein, dass das kantonale Gebiet eindeutig grösser ist als dasjenige der Region. Es muss mit andern Worten unterschieden werden können zwischen kantonalen und regionalen Problemen" (S. 364). WILLI GEIGER verweist in seinem überarbeiteten Referat "Rechtliche Grundlagen der Regionalplanung im Kanton St. Gallen," in: Praktische Fragen der Regionalplanung, St. Gallen 1976, ausdrücklich auf die vorstehend wiedergegebene Umschreibung des Begriffs der Region im BG über Investitionshilfe für Berggebiete und bemerkt, er entspreche durchaus der Grundvorstellung des st. gallischen Gesetzgebers (S. 19). FRITZ GYGI bezeichnet in seiner Arbeit "Zweckverband oder Region?", ZBl 74/1973, die Region als "weitere politische Ebene unterhalb des Kantons" und führt weiter aus, im Kanton Bern denke man für die erste Entwicklungsphase an die Bildung von 29 Regionen (S. 138 und 140). RICCARDO JAGMETTI definiert die Region als "ein Gebiet, das eine funktionelle Einheit für die Lösung öffentlicher Aufgaben bildet und das Territorium mehrerer Gemeinden umfasst, in der Regel jedoch kleiner ist als ein Kanton" ("Die Region," in: Festgabe für Walther Hug, Bern 1968, S. 475). MARTIN LENDI sieht in der Region ein Organ der Zusammenarbeit des Kantons mit den BGE 103 Ia 176 S. 179 Gemeinden eines bestimmten Bezugsgebietes (Raumbedeutsame Pläne in ZSR 92/1973 I, S. 115). URS WEHINGER spricht in seiner Dissertation "Raumplanung und Regionen unter dem Aspekt des Subsidiaritätsprinzips," Zürich 1975, von der "Bildung von Regionen zur Erfüllung raumplanerischer Aufgaben auf der Ebene zwischen Kanton und Gemeinden" (S. 191). Schliesslich sei das in der Volksabstimmung vom 13. Juni 1976 verworfene Bundesgesetz über die Raumplanung erwähnt, das in Art. 5 Abs. 2 Richtpläne für das ganze Kantonsgebiet solchen für bestimmte Regionen gegenüberstellen wollte. Damit ist freilich nicht dargetan, dass sich die Begriffe "Region" oder "Regionalplan" nicht auch einmal auf das Gebiet eines ganzen Kantons (namentlich eines solchen mit kleinem Flächeninhalt und wenig ausgeprägter geographischer Gliederung) beziehen können. Das Bundesgericht hat dies in einem Urteil, das Vorschriften über den Bau von Einkaufszentren im Kanton Basel-Landschaft betraf, stillschweigend anerkannt ( BGE 102 Ia 111 ). Es muss jedoch bei der Feststellung bleiben, dass die genannten Begriffe sich üblicherweise auf Teilgebiete eines Kantons (oder gelegentlich auch auf solche mehrerer Kantone) beziehen und dass ihre Anwendung auf einen ganzen Kanton die Ausnahme bildet, die in der Gesetzgebung klar vorgesehen sein muss, wie dies für den Kanton Basel-Landschaft zutrifft (§ 41 Abs. 2 Alinea 2 BauG). Dafür spricht vor allem die Erwägung, dass für den Erlass allgemeinverbindlicher Vorschriften für ein ganzes Kantonsgebiet der normale Weg der Gesetzgebung, eventuell der Verordnung, zur Verfügung steht, so dass es besonderer Vorschriften über die Regionalplanung gar nicht bedürfte. b) Versucht man, den streitigen § 45 BauG im Lichte dieser generellen Feststellungen auszulegen, so ergibt sich zunächst, dass der Begriff "Region" im Kanton Schwyz bisher eine ganz bestimmte Bedeutung hatte. Das Kantonsgebiet ist durch den Gebirgszug der Mythen und ihrer Ausläufer einerseits und die Voralpenkette des Etzels anderseits geographisch und damit auch verkehrstechnisch deutlich gegliedert in das Einzugsgebiet der Reuss (mit dem Vierwaldstättersee), der Sihl und der Linth (mit Ober- und Zürichsee). Demgemäss wird im Kanton Schwyz seit jeher vom innern und äusseren Kantonsteil gesprochen, die sich in den Jahren 1831-1833 sogar politisch BGE 103 Ia 176 S. 180 getrennt hatten (Steinauer, Geschichte des Freistaates Schwyz, Einsiedeln 1861, II. Band, S. 138-194), wozu in neuerer Zeit das Gebiet um Einsiedeln als eigene Region (mittlerer Kantonsteil) hinzukommt. Der Regierungsrat verwendet denn auch in seiner Beschwerdeantwort selbst die Begriffe "Region Innerschwyz," "mittlerer" und" äusserer" Kantonsteil. Ferner hat er zwei umfassende Planungsberichte vom Januar 1976 (Grobentwicklungskonzept) und vom September 1976 (Feinkonzept) zu den Akten gegeben, von denen der erste mit dem Untertitel "Regionale Entwicklungskonzepte Einsiedeln und Innerschwyz" versehen ist und der zweite die "Regionalentwicklungsverbände Einsiedeln und Innerschwyz" zusammen mit dem Departement des Innern als Herausgeber nennt. Diese Gliederung nach geographischen und verkehrstechnischen Gesichtspunkten mag zwar nicht für alle Fälle anwendbar sein. Insbesondere kann sich auf Grund des § 45 BauG eine andere Regionalbildung aufdrängen. Die Ausführungen zeigen aber, dass auch im Kanton Schwyz vom Begriff der "Region" als Kantonsteil ausgegangen wird, und dass nicht angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe bei Erlass des Baugesetzes darunter das ganze Kantonsgebiet verstanden. Diesen Schluss bestätigt die Analyse des Gesetzestextes. § 45 Abs. 1 BauG spricht vom Erlass von Überbauungs- und Zonenplänen "für das Gebiet mehrerer Gemeinden." Eine solche Formulierung wäre wohl kaum gewählt worden, wenn man auch eine das ganze Kantonsgebiet umfassende Planung dem Regierungsrat hätte übertragen wollen. Der nämliche Absatz erwähnt sodann als Voraussetzung für den Erlass eines Regionalplanes durch den Regierungsrat, dass sich eine Einigung zwischen den beteiligten Gemeinden als unmöglich erwiesen haben müsse. Im vorliegenden Falle wird nicht einmal versucht, darzulegen, welche Gemeinden unter sich uneinig gewesen seien und dem Regierungsrat deshalb Grund zum Erlass eines sogenannten Regionalplanes geboten hätten. § 45 Abs. 2 BauG bestimmt, der Regierungsrat habe die Richtlinien "nach Anhören und im Einverständnis sämtlicher beteiligter Gemeinden" festzulegen. Auch dies zeigt, dass der Regierungsrat für eine Gruppe von Gemeinden (und nicht für den ganzen Kanton) handeln kann und soll. Übrigens ist den Akten nicht zu entnehmen, dass ein Vernehmlassungsverfahren BGE 103 Ia 176 S. 181 bei den Gemeinden durchgeführt worden wäre. Schliesslich bestimmt § 45 Abs. 3 BauG, die Kosten der vom Regierungsrat verfügten Massnahmen seien den beteiligten Gemeinden nach Massgabe ihres Interesses aufzuerlegen. Diese Bestimmung hätte keinen Sinn, wenn durch § 45 BauG auch Massnahmen der Kantonalplanung hätten gedeckt werden sollen. In einem solchen Falle wäre es selbstverständlich, dass der Staat die Kosten zu übernehmen hätte. Aus alldem folgt zwingend, dass § 45 BauG den Regierungsrat zwar ermächtigt, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen mehreren Gemeinden für diese gewissermassen stellvertretend Planungsaufgaben zu übernehmen, dass sich die genannte Bestimmung aber unmöglich auf planerische Massnahmen für das gesamte Kantonsgebiet beziehen kann. Diese sind vielmehr nach heutigem Rechtszustand dem Gesetzgeber überlassen. c) Was der Regierungsrat angestrebt hat, ist klar ersichtlich. Er beabsichtigte, dem Gesetzgeber eine Ergänzung des Baugesetzes hinsichtlich der Errichtung von Einkaufszentren zu beantragen, und gleichzeitig eine Präjudizierung dieses Gesetzes durch Erteilung von Baubewilligungen für solche Zentren vor dessen Inkrafttreten zu verhindern. Diese Absicht ist unter planerischen Gesichtspunkten durchaus verständlich. Für den Erlass solcher vorsorglicher Massnahmen in der Form provisorischer Bausperren durch die Exekutive bedarf es aber einer gesetzlichen Grundlage, wie sie sich im Baurecht verschiedener anderer Kantone findet (vgl. z.B. Zürich, Planungs- und Baugesetz § 346; Bern, Baugesetz Art. 93; Basel-Landschaft, Baugesetz § 39). Da im Baugesetz des Kantons Schwyz eine entsprechende Bestimmung fehlt, ist der Regierungsrat zum Erlass von einstweiligen Bausperren im Hinblick auf eine künftige Gesetzesänderung oder Regionalplanung nicht zuständig. Die Auslegung von § 45 BauG im Sinne einer solchen Kompetenz erscheint nach den vorstehenden Ausführungen als mit sachlichen Gründen nicht vertretbar und daher als willkürlich.
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Urteilskopf 87 II 89 14. Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. März 1961 i.S. Bundi gegen Pensionskasse der Bell A. G.
Regeste Personalversicherung. Auslegung der Statuten einer von einem Privatunternehmen in Form einer Genossenschaft errichteten Pensionskasse. Anwendung der Regeln, die für die Auslegung von Verträgen (insbesondere von Versicherungsverträgen) gelten. Hat der wegen Invalidität entlassene, aber noch teilweise arbeitsfähige Versicherte nach den Statuten eine Vollrente oder nur eine dem Invaliditätsgrad entsprechende Teilrente zu beanspruchen? Kann die Kasse anstelle der Rente eine Barabfindung ausrichten?
Sachverhalt ab Seite 90 BGE 87 II 89 S. 90 A.- Battista Bundi, geb. 1914, trat am 2. Dezember 1947 als Hilfsarbeiter in den Dienst der Bell AG Am 1. Mai 1948 wurde er in die Genossenschaft "Pensionskasse der Bell AG" aufgenommen, für deren Rentenverpflichtungen heute die am 22. April 1958 gegründete Stiftung gleichen Namens haftet. Im März 1953 verspürte Bundi, der schon vorher mehrfach wegen Lumbago und Ischias ärztlich behandelt worden war, beim Heben eines schweren Fleischstückes heftige Rückenschmerzen. Seit dieser Zeit ist seine Arbeitsfähigkeit beschränkt. Seine Klage gegen die SUVA wurde vom Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und vom Eidg. Versicherungsgericht abgewiesen, weil seine Teilinvalidität nicht Folge eines Unfalls, sondern einer Krankheit sei. Im Dezember 1955 legte ihm die Bell AG nahe, eine leichtere Arbeit zu suchen. Auf den 30. Juni 1956 wurde er entlassen. Im letzten Jahr vor seinem Austritt hatte er Fr. 7693.-- verdient. B.- Nach seiner Entlassung verlangte Bundi, der seit April 1957 bei der Bentele AG als Plattenleger arbeitet und dort jährlich ca. Fr. 6500.-- verdient, von der Pensionskasse der Bell AG die Ausrichtung einer Invalidenrente. Erlehnte die ihm von derPensionskasse angebotene Kapitalabfindung von Fr. 9206.20 ab und erhob, da ihn auch das Ergebnis des in den Genossenschaftsstatuten vorgesehenen Schiedsgerichtsverfahrens (Zusprechung einer Teilrente von monatlich Fr. 50.-) nicht befriedigte, in Ausübung einer ihm durch die Statuten vorbehaltenen Befugnis beim BGE 87 II 89 S. 91 Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt gegen die Pensionskasse Klage auf Zahlung einer am 1. Juli 1956 beginnenden, monatlich zum voraus zahlbaren, lebenslänglichen Invalidenrente von Fr. 138.50 pro Monat nebst Verzugszinsen zu 5%. Er machte geltend, nach den massgebenden Statutenbestimmungen (insbesondere §§ 17 und 20-22) habe er, obwohl nur teilinvalid, Anspruch auf eine volle Invalidenrente, weil die Bell AG ihn wegen seiner Invalidität entlassen habe. Diese Rente belaufe sich nach den Berechnungen der Beklagten auf den verlangten Betrag. Die Beklagte wandte ein, der Kläger könne nach §§ 17, 20, 28 und 30 der Statuten nur eine Teilrente beanspruchen, die nach dem Invaliditätsgrad (und zwar nach dem Grade der auf die Tätigkeit bei der Bell AG zurückzuführenden Invalidität) zu bemessen sei und die der Vorstand der Pensionskasse nach seinem Gutfinden durch eine einmalige Abfindung ersetzen könne. Des Angebot einer Abfindung von Fr. 9206.20 werde aufrechterhalten. Für den Fall der Zusprechung einer Rente werde der vom Schiedsgericht festgesetzte Betrag von Fr. 50.- pro Monat anerkannt. Die in den Rechtsschriften angerufenen Bestimmungen der Genossenschaftsstatuten vom 8. Juni/3. Juli 1941 lauten: "V. Versicherte Leistungen der Kasse. § 17. Die Leistungen der Kasse bestehen in einmaligen Abfindungen und in Renten. A.- Einmalige Abfindungen werden geleistet während der ersten fünf Dienstjahre: 1. an Mitglieder, die invalid werden und weder für ihre bisherige, noch für eine andere, gleichwertige Stellung in der Bell AG verwendet werden können; 2. an Witwen und Waisen... Eine einmalige Abfindung, deren Höhe der Vorstand unter angemessener Berücksichtigung der Verhältnisse festsetzt, kann auch in den Fällen von § 30 Abs. 2 und § 31 erfolgen. B. Renten werden geleistet nach Ablauf der fünf ersten Dienstjahre, nämlich: 1a. Invalidenrenten an Mitglieder, die infolge Krankheit oder BGE 87 II 89 S. 92 Unfall weder ihre bisherige, noch eine andere, gleichwertige Stellung in der Bell AG versehen können; 1b. Altersrenten. .. 2. Witwenrenten. .. 3. Waisenrenten. .. Sämtliche Leistungen werden bemessen nach dem anrechenbaren Lohn (vgl. § 13) und der Anzahl der nach dem 1. Oktober 1908 voll zurückgelegten Dienstjahre. .. Für die Höhe der versicherten Leistungen, sowohl für Abfindungen, als auch für Renten, gelten die nachfolgenden Skalen. .. § 20. Die Skala für Vollinvaliden- und Altersrenten ist in Prozenten des anrechenbaren Lohnes. .. § 21. Wird ein Versicherter mit mehr als 5 Dienstjahren, der für seine bisherige, oder auch für eine andere, gleichwertige oder gleichartige Stellung dauernd invalid geworden ist, nicht in den Ruhestand, sondern in eine Stelle mit kleinerem Jahresverdienst versetzt, so wird ihm eine auf Grund der Verdiensteinbusse und der im Zeitpunkte der Versetzung voll zurückgelegten Anzahl Dienstjahre zu berechnende Teilrente ausgerichtet. Er bezahlt von da an nur noch die Beiträge von seinem verminderten Jahresverdienst. Wird er später wegen gänzlicher Invalidität in den Ruhestand versetzt, so hat er Anspruch auf eine weitere Rente, die nach Massgabe des zuletzt bezogenen Jahresverdienstes und der Gesamtzahl der voll zurückgelegten Dienstjahre berechnet wird. § 22. Erzielt der Bezüger einer Invalidenrente aus anderweitigem, dauerndem Arbeitsverdienst ein Einkommen, das zusammen mit der Rente seinen frühern Lohn übersteigt, so muss die Rente um diesen Mehrbetrag gekürzt werden. .. VI. Verfahren bei Pensionierungen. § 28. Die Pensionierung erfolgt durch den Vorstand. ..... Der Vorstand entscheidet über den Antrag auf Pensionierung und über die Höhe der zu zahlenden Pension nach Massgabe der Statuten... VII. Verlust und Änderung der Ansprüche. § 30. Ein Mitglied, welches infolge von Invalidität vorzeitig pensioniert wurde, geht der Pension verlustig, wenn die Dienstunfähigkeit vor Erreichen der statutarischen Altersgrenze wieder wegfällt und wenn das pensionierte Mitglied sich weigern sollte, seinen frühern Dienst bei der Bell AG wieder aufzunehmen. Es hat sich den vom Vorstand angeordneten ärztlichen Kontrollen zu unterziehen. BGE 87 II 89 S. 93 Wird eine teilweise Arbeitsfähigkeit wieder erreicht, so wird eine dem Grad der Teilinvalidität entsprechende Teilrente ausgerichtet, unter Vorbehalt der etwaigen Barabfindung für die Fälle, da ein Teilinvalider gezwungen ist, anderweitig Arbeit aufzunehmen, weil ihm bei der Bell AG keine geeignete Beschäftigung geboten werden kann (§ 17 A, letzter Absatz)." C.- Das Zivilgericht nahm an, die Beklagte schulde dem Kläger nur eine Teilrente gemäss seinem Invaliditätsgrad, den es auf Grund eines Gutachtens von Dr. med. Marcus Eha auf 45% schätzte. Die Rente noch weiter zu kürzen, weil die Krankheit des Klägers schon vor seiner Aufnahme in die Pensionskasse bestanden habe, lehnte es ab. Dagegen billigte es der Beklagten die Befugnis zu, anstelle der Rente eine Kapitalabfindung zu leisten, deren Höhe jedoch nicht im freien Ermessen des Vorstandes der Beklagten stehe, sondern dem Kapitalwert der Rente entsprechen müsse. Demgemäss verpflichtete es die Beklagte, dem Kläger den auf Fr. 13'500.-- berechneten Barwert einer lebenslänglichen Rente von Fr. 62.30 (= 45% von Fr. 138.50) pro Monat, abzüglich Fr. 2100.-- Teilzahlungen der Beklagten, also Fr. 11'400.-- nebst Zinsen zu bezahlen. D.- Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt, an das der Kläger appellierte, hat am 28. Oktober 1960 erkannt: "Das erstinstanzliche Urteil wird bestätigt mit der Massgabe, dass von der Urteilssumme eine von der Beklagten am 5. Januar 1960 geleistete weitere à conto-Zahlung von Fr. 400.-- abzuziehen ist." E.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht erneuert der Kläger sein Klagebegehren. Die Beklagte schliesst auf Bestätigung des angefochtenen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Kläger bestreitet nicht, dass er bei der Entlassung durch die Bell AG im medizinischen Sinne nicht voll-, sondern nur teilinvalid war. Gegen die auf ein ärztliches Gutachten gestützte Annahme der Vorinstanz, dass der Invaliditätsgrad 45% betragen habe, wendet er BGE 87 II 89 S. 94 vor Bundesgericht mit Recht nichts ein ( BGE 77 II 299 Mitte, BGE 79 II 73 Erw. 7). Er macht dagegen geltend, er habe nach den Statuten der Genossenschaft "Pensionskasse der Bell AG", die im Zeitpunkt seiner Entlassung noch in Kraft standen, auf eine ungekürzte Invalidenrente Anspruch, obwohl medizinisch keine Vollinvalidität bestand. Die Beklagte vertritt demgegenüber die Auffassung, nach den erwähnten Statuten komme ihm nur eine dem festgestellten Invaliditätsgrad entsprechende Teilrente zu, an deren Stelle sie eine Kapitalabfindung in Höhe des Barwerts dieser Rente ausrichten dürfe. (Dass die Rente noch weiter zu kürzen sei, weil die für die Invalidität verantwortliche Krankheit schon beim Eintritt des Klägers bestanden habe, und dass ihr Vorstand den Betrag der Abfindungssumme nach seinem Gutfinden festsetzen könne, behauptet die Beklagte heute - mit Recht - nicht mehr.) Ob der wegen Invalidität entlassene Kläger nach den Genossenschaftsstatuten auf eine Vollrente oder nur auf eine Teilrente nach Massgabe des Invaliditätsgrades Anspruch habe und ob die Beklagte befugt sei, anstelle der Rente eine Kapitalabfindung in Höhe des Rentenbarwerts zu leisten, ist ausschliesslich eine Frage der Auslegung jener Statuten. 2. Die Auslegung der Statuten einer Genossenschaft im Sinne des OR wird vom Bundesrecht beherrscht und kann daher gemäss Art. 43 OG vom Bundesgericht überprüft werden, wie dies auch für die Auslegung vertraglicher Willenserklärungen gilt, soweit es sich dabei um die Ermittlung ihres objektiven Sinnes handelt ( BGE 69 II 319 ff., BGE 77 II 173 , BGE 77 III 3 , BGE 83 II 403 ). Die allgemeinen Regeln für die Auslegung von privatrechtlichen Verträgen und Satzungen sind, von Art. 18 OR abgesehen, nicht im Gesetz niedergelegt, sondern von Lehre und Rechtsprechung herausgearbeitet worden. Daher kann dem Kläger nicht schaden, dass die Berufungsschrift keine Angaben darüber enthält, welche ausdrücklichen Vorschriften des Bundesrechts durch den angefochtenen BGE 87 II 89 S. 95 Entscheid verletzt worden seien. Vielmehr darf angenommen werden, er habe seine Berufung in einer den Anforderungen von Art. 55 lit. c OG genügenden Weise begründet, indem er in der Berufungsschrift darzutun suchte, dass die vorinstanzliche Auslegung der streitigen Statutenbestimmungen unrichtig sei und insbesondere dem Aufbau der Statuten nicht Rechnung trage und vom Wortlaut abweiche, auf den er nach Treu und Glauben habe abstellen dürfen (vgl. BGE 82 II 335 Erw. 2). Der Streitwert betrug vor der letzten kantonalen Instanz gemäss zutreffender Feststellung im angefochtenen Urteil noch rund Fr. 17'000.--. Die Berufungssumme ( Art. 46 OG ) ist also überschritten. Demnach ist auf die Berufung einzutreten. 3. Die Statuten einer privatrechtlichen Körperschaft sind wie vertragliche Willenserklärungen (vgl. hiezuBGE 69 II 322, BGE 80 II 31 /32, BGE 81 II 363 , BGE 82 II 453 ) nach dem Vertrauensprinzip auszulegen. Massgebend ist der Sinn, den die Mitglieder ihnen nach Treu und Glauben vernünftigerweise beimessen dürfen (vgl. EGGER N. 17 zu Art. 60 ZGB ). Dies gilt vor allem in Fällen wie dem vorliegenden, wo die Statuten vermögensrechtliche Ansprüche der Mitglieder vorsehen, die ihrer Art nach auch in einem Vertrag geregelt sein könnten. Da man es bei einer genossenschaftlichen Pensionskasse mit einer Versicherung im weitern Sinne zu tun hat ( BGE 80 II 129 ) und das Mitglied sich den in den Statuten niedergelegten Versicherungsbedingungen zu unterziehen hat, ohne daran etwas ändern zu können, ist bei der Auslegung der betreffenden Statutenvorschriften insbesondere auch der zumal für den Versicherungsvertrag und andere Formularverträge geltende Grundsatz anwendbar, dass unklare Bestimmungen zu Ungunsten der Partei auszulegen sind, die sie aufgestellt hat ( BGE 40 II 552 /53, BGE 45 II 456 , BGE 48 II 246 , BGE 50 II 543 , BGE 81 II 159 oben, BGE 82 II 452 , BGE 85 II 350 oben). Dieser Grundsatz, den die schweizerische Gerichtspraxis nach der Ansicht von H. GAUGLER und M. KELLER (Schweiz. Versicherungszeitschrift BGE 87 II 89 S. 96 1955/56 S. 1 ff., 33 ff., 80/81 und 1958/59 S. 14) meist zum Schaden einer sorgfältigen objektiven Auslegung voreilig (wenn nicht überhaupt zu Unrecht) anwendet, der aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur eingreift, wenn sich eine Bestimmung anderswie nicht sicher deuten, sondern in guten Treuen verschieden auffassen lässt, ergibt sich aus dem Vertrauensprinzip, das in Art. 2 ZGB verankert ist und namentlich auch für die Auslegung von Versicherungsbedingungen massgebend sein muss (vgl. EGGER N. 13 und 15 zu Art. 2 ZGB ; H. NAEF, Über die Auslegung des Versicherungsvertrages, 1950, S. 90/91; W. HUG in Schweiz. Zeitschrift für Beurkundungs- und Grundbuchrecht 1955 S. 22). 4. Nach diesen Grundsätzen sind bei Beurteilung der Frage, welche Ansprüche dem Kläger gegenüber der Beklagten zustehen, in erster Linie die §§ 17-22 der Genossenschaftsstatuten heranzuziehen, die unter der Überschrift "Versicherte Leistungen der Kasse" stehen. Das Kassenmitglied darf erwarten, dass ihm die Bestimmungen dieses Abschnitts über die Voraussetzungen, die Art und den Umfang der Kassenleistungen abschliessend Auskunft geben. Gemäss § 17 B 1 a werden nach Ablauf der fünf ersten Dienstjahre (die der Kläger bei seiner Entlassung schon seit einiger Zeit zurückgelegt hatte) Invalidenrenten an Mitglieder geleistet, die infolge von Krankheit oder Unfall weder ihre bisherige noch eine andere, gleichwertige Stellung in der Bell AG versehen können. Im Sinne der Statutenbestimmung, welche die Voraussetzungen des Anspruchs auf eine Invalidenrente regelt, bedeutet Invalidität also unzweifelhaft die durch Krankheit oder Unfall bedingte Unfähigkeit zur Leistung der bisherigen oder einer dieser gleichwertigen Arbeit beim Dienstherrn, die sog. Berufsunfähigkeit. Nach § 21 der Statuten kommen für einen Arbeitnehmer, der in diesem Sinne dauernd invalid ist, zwei Möglichkeiten BGE 87 II 89 S. 97 in Betracht: die Versetzung in den Ruhestand, d.h. die Entlassung aus dem Dienst der Bell AG, und die Versetzung in eine Stelle mit geringerm Verdienst. Für den Fall der Entlassung enthalten die §§ 17-22 der Statuten abgesehen von § 20, der die "Vollinvaliden- und Altersrenten" nach Massgabe der Dienstjahre in Prozenten des anrechenbaren Lohns festsetzt, nur noch die in § 22 niedergelegte Vorschrift, dass die Invalidenrente, wenn sie zusammen mit einem vom Bezüger erzielten Einkommen aus anderweitigem, dauerndem Arbeitsverdienst den frühern Lohn übersteigt, um diesen Mehrbetrag gekürzt werden muss. Dass ein wegen Invalidität Entlassener, von dem anzunehmen ist, er könne möglicherweise anderswo noch etwas verdienen, von vornherein nur eine dem medizinischen Invaliditätsgrad entsprechende Teilrente erhalte, ist in den §§ 17-22 nicht vorgesehen. Die einzige Vorschrift dieses Abschnitts, die von einer Teilrente handelt, ist § 21, wo der Fall der Versetzung in eine Stelle mit kleinerm Jahresverdienst behandelt wird. Ein solcher Versicherter erhält nach § 21 eine Teilrente, die nach der Verdiensteinbusse (nicht nach dem medizinischen Invaliditätsgrad) und nach der Zahl der im Zeitpunkt der Versetzung zurückgelegten Dienstjahre berechnet wird. Aus dieser Regelung dürfen die Kassenmitglieder schliessen, der Umfang ihres Rentenanspruchs sei wie dessen Entstehung von der Invalidität im medizinischen Sinne unabhängig; die Ausrichtung einer - nicht dem Grade dieser Invalidität, sondern der tatsächlichen Verdiensteinbusse angepassten - Teilrente komme einzig in Betracht, wenn die Invalidität (verstanden als Berufsunfähigkeit) nicht zur Entlassung, sondern nur zur Versetzung in eine Stelle mit geringerm Lohn führt; der wegen Invalidität Entlassene sei daher im Sinne der Statuten stets vollinvalid und erhalte die in § 20 festgesetzten Leistungen. Zur Annahme, dass Vollinvalidität nichts anderes als die eine weitere Verwendung im Dienste der Bell AG BGE 87 II 89 S. 98 ausschliessende Invalidität sei, sind die Versicherten um so eher berechtigt, als § 21 im Anschluss an die Vorschrift, dass die wegen Invalidität in eine Stelle mit kleinerm Lohn versetzten Arbeitnehmer eine Teilrente nach Massgabe der Verdiensteinbusse und der bisherigen Dienstjahre erhalten, noch bestimmt, ein Teilrentner, der später wegen gänzlicher Invalidität in den Ruhestand versetzt werde, habe Anspruch auf eine weitere Rente, die nach Massgabe des zuletzt bezogenen Jahresverdienstes und der Gesamtzahl der voll zurückgelegten Dienstjahre berechnet werde. Die gänzliche Invalidität bezeichnet hier deutlich die zur Entlassung führende Invalidität im Gegensatz zu derjenigen, die bloss eine Versetzung nach sich zieht. 5. Vergeblich wendet die Beklagte gegen diese Auslegung der §§ 17-22 ein, wenn § 20 die Renten für Vollinvalide festsetze, so könne diese Skala nicht unverändert auch für Teilinvalide angewendet werden; die Rentenreduktion nach dem Grade der Invalidität sei eine selbstverständliche Folge davon, dass § 20 die Renten bei totaler Invalidität bestimme. Daraus, dass § 20 die Vollinvalidenrenten (pensions d'invalidité totale) in Prozenten des anrechenbaren Lohnes festsetzt, ergibt sich durch Gegenschluss nur, dass es neben den so berechneten Vollinvalidenrenten in gewissen Fällen auch anders berechnete Teilinvalidenrenten gibt. Dagegen lässt sich dieser Bestimmung nichts darüber entnehmen, wann solche ausgerichtet werden und wie sie zu berechnen sind, sondern diese Frage wird durch den bereits erwähnten § 21 beantwortet. Darnach besteht das Gegenstück zu den Vollinvalidenrenten, die § 20 festsetzt, nicht in nach dem medizinischen Invaliditätsgrad bemessenen Teilrenten für Entlassene, die voraussichtlich anderwärts noch etwas verdienen können, sondern in den auf Grund der Verdiensteinbusse berechneten Teilrenten für Versicherte, die in eine Stelle mit geringerm Verdienst versetzt worden sind. 6. Unbehelflich ist auch die Behauptung der Beklagten, BGE 87 II 89 S. 99 die Ausrichtung von Vollrenten an Entlassene, die medizinisch nur teilinvalid sind, würde eine Belastung der Pensionskasse bedeuten, die vom Standpunkt des Versicherungsmathematikers aus nicht gerechtfertigt werden könnte und auf eine Schädigung der übrigen Versicherten hinausliefe; es sei unmöglich anzunehmen, dass z.B. eine einprozentige Invalidität einen Anspruch auf eine Vollrente begründe. a) Ein gewöhnliches Kassenmitglied kann nicht wissen, für welche Leistungen eine Kasse versicherungsmathematisch eingerichtet ist. Es ist vielmehr grundsätzlich Sache der Kasse, die durch ihren finanziellen Aufbau allfällig gebotenen Einschränkungen der Versicherungsleistungen in den Statuten klar zum Ausdruck zu bringen. Eine Vorschrift, die ausdrücklich sagen würde, dass die Renten der wegen Invalidität Entlassenen nach dem medizinischen Invaliditätsgrad abzustufen seien, ist aber eben, wie schon festgestellt, in dem den Kassenleistungen gewidmeten Abschnitt der massgebenden Statuten nicht zu finden. b) Bei dieser Sachlage wären die Kassenmitglieder höchstens dann nicht berechtigt, aus den Statuten zu schliessen, dass ein Entlassener in jedem Falle (auch bei medizinisch nur partieller Invalidität) grundsätzlich eine Vollrente erhalte, wenn ein vernünftiger Laie sich bei gehöriger Überlegung ohne weiteres davon Rechenschaft geben könnte, dass eine Pensionskasse ihren Mitgliedern solche Leistungen unmöglich gewähren könne, oder wenn er sich sagen müsste, es wäre (wie die Vorinstanz annimmt) mit Sinn und Zweck einer Pensionskasse unvereinbar, "wenn ein Versicherter, der wegen Teilinvalidität aus den Diensten der Bell AG ausscheidet, unter sonst gleichen Umständen besser gestellt sein" (d.h. eine grössere Rente erhalten) "sollte als einer, der bei der Bell AG weiterarbeiten kann." Eine solche Überlegung drängte sich jedoch den Mitgliedern der Genossenschaft Pensionskasse der Bell AG keineswegs auf. Es gab und gibt zahlreiche BGE 87 II 89 S. 100 Pensionskassen, die im Falle der durch Krankheit oder Unfall bedingten Entlassung ohne Rücksicht auf den medizinischen Invaliditätsgrad unter Vorbehalt der Kürzung wegen anderweitigen Erwerbseinkommens die volle Invalidenrente ausrichten, während sie den zu einem geringern Lohn Weiterbeschäftigten höchstens eine Teilrente gewähren. Dieses System kommt nicht nur bei Pensionskassen öffentlicher Verwaltungen vor (vgl. z.B. die frühere und jetzige Regelung im Kanton Basel-Stadt: Gesetz betr. die Pensionierung der Staatsangestellten vom 9. Februar 1922, ersetzt durch das Gesetz betr. Pensions-, Witwen- und Waisenkasse des Basler Staatspersonals vom 9. Dezember 1948), sondern auch bei solchen von Privatunternehmungen (vgl. H. F. MOSER, Personalfürsorge, 1943, S. 10: "Der Begriff der teilweisen Invalidität, der aus dem Gebiet der Unfallversicherung gut bekannt ist, findet im Personalfürsorgewesen kaum besondere Beachtung...", und KARL MÜLLER, Die Rechtsstellung der Versicherten bei Pensionskassevereinen, 1948, S. 57: "Grundsätzlich wird der Grad der Invalidität nicht beachtet. Einzelne Kassen haben aber auch in diesem Zusammenhang besondere Vorschriften. Die Regelung für den Fall der Teilinvalidität kommt aber nur dann zu Anwendung, wenn der Arbeitnehmer noch weiterhin mit reduziertem Gehalt im Betrieb beschäftigt wird."). Das Beispiel dieser Kassen zeigt, dass das in Frage stehende System durchaus praktikabel ist. Dass ein wegen Invalidität Entlassener, auch wenn er nicht gänzlich arbeitsunfähig ist, eine grössere Invalidenrente erhält als einer, der zu kleinerm Lohn weiterbeschäftigt wird und für diesen Lohn versichert bleibt, lässt sich sachlich sehr wohl rechtfertigen. Die Mitglieder der Genossenschaft Pensionskasse der Bell AG hatten also keinerlei Grund zur Annahme, nach der Natur der Sache oder aus Gründen der Rechtsgleichheit könne es nicht die Meinung der Statuten sein, dass der wegen Invalidität Entlassene unter dem erwähnten Vorbehalt stets eine Vollrente erhalte. Das Beispiel mit der BGE 87 II 89 S. 101 einprozentigen Invalidität kann schon deshalb nichts beweisen, weil eine so geringfügige Invalidität praktisch nie zur Entlassung führt. Und wenn schliesslich das Reglement der 1958 gegründeten Stiftung Pensionskasse der Bell AG für den Fall der dauernden Teilinvalidität allgemein eine Reduktion der Invalidenpension auf den Grad der festgestellten Invalidität vorsieht (was sich zum Teil daraus erklären mag, dass unter der heutigen Konjunktur ein zur Verwendung in einem bestimmten Betrieb untauglich gewordener, aber nicht gänzlich erwerbsunfähiger Arbeitnehmer eher als früher auf eine andere Stelle rechnen kann), so ist dies für die Auslegung der im vorliegenden Falle massgebenden, ganz anders lautenden Genossenschaftsstatuten ohne Bedeutung. Es bleibt also dabei, dass die Kassenmitglieder aus den §§ 17-22 dieser Statuten nach Treu und Glauben schliessen durften, einem nach mehr als fünf Dienstjahren wegen Invalidität entlassenen Versicherten sei unter dem Vorbehalte des § 22 eine Vollrente zu gewähren, auch wenn er medizinisch nur teilinvalid ist. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz enthalten diese Bestimmungen mit Bezug auf die Ansprüche eines solchen Versicherten keine Lücke, die der Richter auszufüllen hätte. 7. Mit dem Hinweis auf § 30 der Statuten, auf den die Beklagte und die Vorinstanz grosses Gewicht legen, lässt sich das Ergebnis der bisherigen Erwägungen nicht umstossen. § 30 Abs. 1 bestimmt, ein wegen Invalidität vorzeitig pensioniertes Mitglied verliere den Pensionsanspruch, wenn es vor Erreichen der statutarischen Altersgrenze wieder dienstfähig werde und sich weigere, seinen frühern Dienst bei der Bell AG wieder aufzunehmen. Hier wird also nicht auf die Arbeitsfähigkeit im allgemeinen, sondern wie in § 17 auf die Fähigkeit zur Verrichtung des vor der Pensionierung besorgten Dienstes bei der Bell AG, die Dienst- oder Berufsfähigkeit, abgestellt. § 30 Abs. 2 spricht demgegenüber vom Falle, dass ein BGE 87 II 89 S. 102 wegen Invalidität vorzeitig Pensionierter "nur eine teilweise Arbeitsfähigkeit wieder erreicht", und bestimmt, dass ein solcher Versicherter "eine dem Grad der Teilinvalidität entsprechende Teilrente" erhalte. Dabei bleibt es nach § 30 Abs. 2, wenn dem Versicherten eine geeignete Beschäftigung bei der Bell AG geboten werden kann. Für den Fall, dass "ein Teilinvalider gezwungen ist, anderweitig Arbeit aufzunehmen", behält sich die Kasse dagegen nach § 30 Abs. 2 die "etwaige Barabfindung" nach § 17 A, letzter Absatz, vor. Dieser Bestimmung liegt anscheinend die Auffassung zugrunde, eine Vollrente sei nur solange auszurichten, als der Bezüger gänzlich arbeitsunfähig (nicht bloss zur Verwendung im Dienste der Bell AG untauglich) ist. Dem Pensionierten, der wieder teilweise arbeitsfähig wird, sei nur noch eine Teilrente zu leisten, gleichgültig, ob er wieder bei der Bell AG beschäftigt werden kann oder nicht, und zwar sei diese Rente nicht nach der Differenz zwischen dem frühern und dem gegenwärtigen Verdienst, sondern nach dem Invaliditätsgrad im medizinischen Sinne zu bemessen. Statt dieser Teilrente könne einem wieder teilarbeitsfähig gewordenen Versicherten, dem die Bell AG keine geeignete Beschäftigung bieten kann, eine nach dem Ermessen des Vorstands festgesetzte einmalige Abfindung ausbezahlt werden. Diese Regelung steht mit derjenigen, die sich nach Erw. 4 bis 6 hievor aus den §§ 17-22 ergibt, mindestens insoweit in scharfem Widerspruch, als sie für Pensionierte, die wieder teilarbeitsfähig geworden sind, aber von der Bell AG nicht wieder eingestellt werden, die Ausrichtung einer Teilrente oder gar nur einer vom Vorstand festgesetzten Barabfindung vorsieht. Es ist ungereimt, einerseits dem wegen Invalidität Entlassenen ohne Rücksicht auf den medizinischen Invaliditätsgrad eine Vollrente zu gewähren und andererseits vorzuschreiben, dass ein Pensionierter, der die Arbeitsfähigkeit zum Teil wieder erlangt, aber nicht wieder bei der Bell AG angestellt wird, sondern entlassen bleibt, sich eine Kürzung BGE 87 II 89 S. 103 seiner Rente nach dem Invaliditätsgrad oder sogar den Entzug der Rente gegen eine Barabfindung gefallen lassen müsse. Hieraus folgt aber entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanz nicht, dass den §§ 17-22 der Statuten richtigerweise der Sinn beizulegen sei, der wegen Invalidität Entlassene habe von vornherein nur auf eine Rente nach Massgabe des Invaliditätsgrades Anspruch. Wie schon gesagt, dürfen die Versicherten davon ausgehen, dass die Voraussetzungen, die Art und der Umfang der Kassenleistungen in dem diesen Leistungen gewidmeten Abschnitt der Statuten (§§ 17-22) abschliessend geregelt seien. Zu dieser Annahme sind sie auf jeden Fall unter der Voraussetzung berechtigt, dass sich diesen Bestimmungen bei unbefangener Betrachtung eine vollständige und an sich vernünftige Regelung der genannten Punkte entnehmen lässt, wie es festgestelltermassen zutrifft. Die Versicherten brauchen sich daher nicht gefallen zu lassen, dass aus der Vorschrift von § 30, die vom Verlust und von der Änderung der Ansprüche infolge nach der Pensionierung eintretender Umstände handelt, der Rückschluss gezogen wird, ihre Ansprüche seien schon von Anfang an Beschränkungen unterworfen, die aus den Bestimmungen über die Entstehung und die Höhe des Rentenanspruchs nicht hervorgehen. Eine solche ausdehnende Auslegung von § 30, die eine wichtige, den Versicherten nachteilige Modalität des Rentenanspruchs gewissermassen durch die Hintertüre einführen würde, ist mit dem Vertrauensprinzip unvereinbar. Viel eher könnte sich fragen, ob die Vorschrift von § 30 Abs. 2 wegen des innern Widerspruchs mit den §§ 17-22 in den Fällen, für die sie nach ihrem Wortlaut gilt, nur mit starken Einschränkungen oder überhaupt nicht angewendet werden könne, weil sie, neben den §§ 17-22 betrachtet, als äusserst unklar erscheint. Diese Frage braucht hier jedoch nicht entschieden zu werden, sondern es genügt die Feststellung, dass § 30 an dem aus §§ 17-22 abzuleitenden Grundsatz, dass den wegen Invalidität Entlassenen ohne Rücksicht auf BGE 87 II 89 S. 104 den medizinischen Invaliditätsgrad eine Vollrente auszusetzen ist, nichts ändern kann. 8. So wenig wie § 30 Abs. 2 kann § 28 der Statuten die Auffassung der Beklagten stützen, dass ein wegen Invalidität Entlassener, der im Zeitpunkt der Pensionierung im medizinischen Sinne nur teilinvalid war, bloss eine Teilrente gemäss dem Invaliditätsgrad zugut habe. Die Vorschrift von § 28, laut welcher die Pensionierung durch den Vorstand erfolgt und dieser nach Massgabe der Statuten über die Höhe der Pension entscheidet, hat entgegen der Ansicht der Beklagten nicht nur unter der Voraussetzung einen vernünftigen Sinn, dass bei der Pensionierung der Invaliditätsgrad festzustellen ist. Vielmehr ist ein Entscheid über die Höhe der im konkreten Fall auszurichtenden Pension auch dann erforderlich, wenn man annimmt, dem wegen Invalidität Entlassenen komme stets eine Vollrente, dem zu geringerm Lohn Weiterbeschäftigten eine Teilrente im Sinne von § 21 zu. 9. Die von der Beklagten in Anspruch genommene Befugnis, einem Versicherten bei der Pensionierung anstelle der nach §§ 17-22 der Statuten geschuldeten Rente eine Barabfindung auszuzahlen, kann sich nicht auf § 30 Abs. 2 in Verbindung mit dem letzten Absatz von § 17 A stützen, weil aus § 30 Abs. 2, wie in Erwägung 7 hievor dargelegt, keine Beschränkungen der dem Versicherten mit der Entlassung erwachsenden Rentenansprüche abgeleitet werden dürfen. Es besteht aber auch keine andere Statutenvorschrift, die der Beklagten die von ihr beanspruchte Befugnis zuerkennen würde. Ebensowenig ergibt sich diese Befugnis etwa unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. BGE 80 II 130 ). Mangels einer Grundlage im Gesetz oder in einer klaren Statutenbestimmung kommt eine Ablösung des mit der Invalidität entstandenen Rentenanspruchs, der nach dem eben erwähnten Präjudiz die Eigenschaft eines wohlerworbenen Rechts besitzt, keinesfalls in Frage. Eine solche Ablösung passt auch nicht zu dem von der BGE 87 II 89 S. 105 Beklagten gewählten Versicherungssystem. Daher ist dem Kläger eine Rente zuzusprechen. Dass die Vollrente für ihn Fr. 138.50 pro Monat ausmacht, ist unbestritten. 10. Eine Kürzung der Rente nach § 22 der Statuten kann heute nicht erfolgen. Die Beklagte hat erst in der Hauptverhandlung von Zivilgericht geltend gemacht, dass im Fall der Zusprechung einer Rente eine solche Kürzung erfolgen müsse. Dieses Vorbringen war nach dem Urteil des Zivilgerichts verspätet. Diese auf der Anwendung des massgebenden kantonalen Prozessrechts beruhende Annahme, gegen welche die Beklagte übrigens vor Appellationsgericht und Bundesgericht nichts eingewendet hat, kann vom Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht überprüft werden ( Art. 43 OG ). Hievon abgesehen fehlen auch genügende Angaben über die für die Anwendung von § 22 erheblichen Tatsachen. Es ist zu beachten, dass nach § 22 nur ein dauernder Arbeitsverdienst in Betracht fällt. Über die Verdienstverhältnisse des Klägers in der Zeit zwischen der Entlassung durch die Bell AG und der Anstellung bei der Bentele AG ist den Akten nichts zu entnehmen. Das Bundesgericht könnte also über die Frage der Rentenkürzung nach § 22, selbst wenn sie rechtzeitig aufgeworfen worden wäre, nicht selber entscheiden und hätte auch keinen Anlass, die Sache zur Beurteilung dieses Nebenpunktes an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob bei der Anwendung von § 22 allenfalls neben dem neuen Verdienst des Klägers auch die Mehrauslagen zu berücksichtigen wären, die ihm seine Krankheit verursacht. 11. Da es sich um eine Leistungsklage handelt, sind dem Kläger die bis zum Urteilstag fällig gewordenen Rentenbeträge samt Verzugszinsen seit der Mahnung (27. Mai 1957), abzüglich der von der Beklagten geleisteten Abschlagszahlungen samt Zinsen, in Kapitalform zuzusprechen. Für die Zukunft ist dem Kläger eine lebenslängliche Rente zuzuerkennen. Der Beklagten ist vorzubehalten, die künftigen Rentenleistungen gemäss § 22 der BGE 87 II 89 S. 106 Statuten zu kürzen, falls die Voraussetzungen dafür eintreffen. Die Kapitalforderung des Klägers berechnet sich wie folgt: ..... Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird gutgeheissen und das Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 28. Oktober 1960 dahin abgeändert, dass die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger zu bezahlen: a) Fr. 5874.60 nebst 5% Verzugszins seit 1. März 1961 von Fr. 5394.50, b) eine lebenslängliche Invalidenrente von monatlich Fr. 138.50, zahlbar monatlich zum voraus, erstmals am 1. April 1961. Vorbehalten bleibt die allfällige Kürzung der Rente gemäss § 22 Abs. 1 der Statuten der Pensionskasse der Bell AG vom 8. Juni/3. Juli 1941.
public_law
nan
de
1,961
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
703928b8-cf03-4903-858c-afe643f182a1
Urteilskopf 93 I 460 58. Auszug aus dem Urteil vom 27. Oktober 1967 i.S. De Gasperi und Mitbeteiligte gegen Eidg. Oberzolldirektion.
Regeste Ordnungsverletzung, Busse ( Art. 104 ff. ZG ). 1. Zuständigkeit des Bundesgerichts ( Art. 99 Ziff. VIII OG ): Eine Verfügung, mit welcher ein Täter zu mehreren Ordnungsbussen in einem Fr. 100 übersteigenden Gesamtbetrage verurteilt wird, unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht übernimmt auch die Beurteilung einer konnexen Beschwerde gegen eine Verfügung, die einem anderen Täter eine einzige, Fr. 100 nicht übersteigende Busse auferlegt (Erw. 2). 2. Ordnungsverletzung bei der Ausfuhr von Waren im schweizerischitalienischen Zwischenauslandsverkehr (Erw. 3). 3. Der Täter kann auch dann gebüsst werden, wenn ihn kein Verschulden trifft (Erw. 4). 4. Ist die Schuldlosigkeit oder die Schwere des Verschuldens bei der Bemessung der Ordnungsbusse zu berücksichtigen? (Erw. 5). 5. Gefährdung der schweizerischen Zollinteressen. Bemessung der Busse nach dem Grad dieser Gefährdung. Überschreitung des der Verwaltung eingeräumten Ermessens? (Erw. 6).
Sachverhalt ab Seite 461 BGE 93 I 460 S. 461 A.- Die Kollektivgesellschaft Hermann Unternährers Erben (Firma Unternährer) stellt in Viganello im Kanton Tessin Speiseeis-Spezialitäten her, die sie auch in andere Kantone liefert. Mit ihren Kühllastwagen führt sie Transporte in die Ost- und Westschweiz aus, welche auf den Strecken zwischen Gandria und Castasegna oder zwischen Ponte Tresa und Gondo oder dem Tunnel unter dem Grossen St. Bernhard über italienisches Gebiet führen. Hiefür verwendet sie Spezial-Passierscheine ("Lasciapassare speciale per il transito diretto", Formular D. IV. 69) entsprechend einem Protokoll vom 2. Juli 1953 zum schweizerisch-italienischen Abkommen vom gleichen Datum betreffend den Grenz- und Weideverkehr (AS 1956 S. 553). Es handelt sich um eine staatsvertragliche Ausweitung und Vereinfachung des in Art. 15 Ziff. 5 ZG und Art. 35 VVZ geregelten, aber dort nur für kurze Strecken vorgesehenen Zwischenauslandsverkehrs, der eine Unterart des Freipassverkehrs bildet, wobei anstelle der sonst für Freipasswaren vorgeschriebenen Identitätsfeststellung der Zollverschluss gemäss Art. 74-76 VVZ Anwendung finden kann (Art. 107 Abs. 3 VVZ). Demgemäss wurden bei den genannten Transporten der Firma Unternährer vom schweizerischen Austrittszollamt die Türen BGE 93 I 460 S. 462 des Kühlraums plombiert und das von der Firma mit der Deklaration von Inhalt, Gewicht und Wert der Sendung ausgefüllte Formular D. IV. 69 abgestempelt; das schweizerische Eintrittszollamt nahm die Plomben wieder ab und löschte den Passierschein. Die Angaben der Firma auf dem Formular wurden vom schweizerischen (und anscheinend auch vom italienischen) Zolldienst nicht überprüft. Die schweizerischen Zollämter wogen bei einem Teil der Fahrten das Gesamtgewicht des Wagens; in den Fällen, wo dies sowohl beim Ausgang als auch beim Wiedereingang geschah, stimmten die Gewichte überein. Am 17. April 1967 fiel dem diensttuenden schweizerischen Zollbeamten in Castasegna auf, dass sich nach Abzug des im Triptyk angegebenen Gewichts des vorgeführten Fahrzeugs von dem von ihm gewogenen Gewicht des beladenen Camions ein bedeutend grösseres Gewicht der Ladung als das deklarierte ergab. Darauf liess die Zollkreisdirektion IV den Kühlraum wieder plombieren und den Auslad in Zürich überwachen. Dabei wurde ein Nettogewicht der beförderten Ware von 5360 kg festgestellt, während es mit 2810 kg deklariert worden war. Als der Chauffeur De Gasperi am 19. April 1967 auf der Rückfahrt in Chur einvernommen wurde, erklärte er, er habe die vom Angestellten Rudin ausgefüllten Deklarationen jeweils unterzeichnet, ohne ihnen Beachtung zu schenken; es sei möglich, dass schon bei früheren Fahrten die Gewichte und Werte zu tief eingesetzt worden seien. Die weitere Untersuchung ergab, dass tatsächlich bei 32 Fahrten durch italienisches Gebiet das Gewicht und der Wert der Ware zu niedrig deklariert worden waren. Der Angestellte Rudin sagte in seiner Einvernahme vom 23. Mai 1967 aus, weil es sich um Transitsendungen handelte, habe er geglaubt, es sei unwichtig, ob die angegebenen Nettogewichte und Werte der Wirklichkeit entsprächen; im Einverständnis seines Vorgesetzten habe er sie eher zu niedrig eingesetzt. Der Grund hiefür sei gewesen, dass die der italienischen Zollverwaltung zu leistende Sicherheit nach dem Wert der Ware bemessen werde; wäre dieser richtig angegeben worden, so wäre die ganze von der Firma geleistete Sicherheit für eine einzige Wagenladung beansprucht worden, während manchmal eine Sendung 2-3 Wagenladungen umfasst habe. B.- Die Eidg. Oberzolldirektion erblickte in der unrichtigen Deklaration bei der Ausfuhr eine Ordnungsverletzung im Sinne des Art. 104 ZG . Soweit die Verjährungsfrist von einem Jahr gemäss Art. 105 Abs. 2 ZG noch nicht abgelaufen war, auferlegte BGE 93 I 460 S. 463 sie den vier beteiligten Chauffeuren für jede Fahrt eine Ordnungsbusse von Fr. 100.-- und einen Teil der Untersuchungskosten, nämlich: Guido De Gasperi 14 Bussen Fr. 1400.-- und Fr. 42.- Kosten Alfonso Ruess 3 " " 300.-- " " 18.- " Emilio Tanner 2 " " 200.-- " " 18.- " Erminio Beroggi 1 Busse " 100.-- " " 18.- " Für Bussen und Kosten erklärte sie die Firma Unternährer solidarisch haftbar. C.- Die Firma Unternährer erhebt für sich und im Namen der gebüssten Chauffeure Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Bussverfügungen mit dem Begehren, es sei von Bussen Umgang zu nehmen. Es wird geltend gemacht, Art. 6 ZG sei nicht verletzt worden; denn die Waren seien immer der zuständigen Zollstelle zugeführt, unter Zollkontrolle gestellt und zur Abfertigung angemeldet worden. Die Camions seien mit wenigen Ausnahmen beim Verlassen der Schweiz und beim Wiedereintritt gewogen worden, ohne dass sich je eine Differenz ergeben habe. Die ungenauen Gewichtsangaben in den Deklarationen hätten auf Schätzungen beruht und seien nie beanstandet worden. Das effektive Gewicht sei ja von den Zollstellen jeweils festgestellt und im Formular eingesetzt worden. Die Beschwerdeführerin habe nur diesen Angaben Bedeutung beigemessen, zumal es sich um reine Transitsendungen gehandelt habe, die nach Art. 35 VVZ von Zoll- und Monopolgebühren befreit seien. Die Feststellung der Identität sei durch die Plombierung gesichert worden, und tatsächlich seien Gewicht und Wert bei jedem Transport gleich geblieben. In keinem Fall liege ein Zollvergehen oder eine Umgehung von Zollgebühren vor. Auch eine Gefährdung von Zollinteressen sei ausgeschlossen, so dass nach Art. 105 ZG von Ordnungsbussen abzusehen sei. D. - Die Oberzolldirektion beantragt Abweisung der Beschwerde. Das Bundesgericht folgt diesem Antrag. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Die Beschwerde richtet sich gegen die den Chauffeuren auferlegten Bussen und gegen die Feststellung der solidarischen Haftung der Firma.) BGE 93 I 460 S. 464 2. Nach Art. 99 Ziff. VIII OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig gegen Entscheide der Oberzolldirektion, durch welche Ordnungsbussen von über Fr. 100.-- verhängt werden. Hier belaufen sich die ausgefällten Ordnungsbussen auf je Fr. 100.--; doch liegt gegenüber den Beschwerdeführern De Gasperi, Ruess und Tanner je eine Häufung von mehreren solchen Bussen vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 82 I 307 , nicht publizierte Urteile vom 2. Oktober 1956 i.S. Cadoppi und vom 15. Mai 1959 i.S. Lexington, je Erw. 2) sind auf Ordnungsverletzungen im Sinne des Zollgesetzes die allgemeinen Bestimmungen und Begriffe des StGB nicht anwendbar; das gilt insbesondere für den Begriff des fortgesetzten Deliktes und für die Gesamtbusse gemäss Art. 68 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Doch ist, wenn in der gleichen Verfügung demselben Betroffenen mehrere Ordnungsbussen auferlegt werden, für die Bestimmung der Zuständigkeit zur Beurteilung der dagegen erhobenen Beschwerde der Gesamtbetrag massgebend ( BGE 92 I 141 , zitiertes Urteil Cadoppi Erw. 1). Somit ist hier für die Beschwerdeführer De Gasperi, Ruess und Tanner die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig, wie in den Rechtsmittelbelehrungen angegeben ist. Dagegen ist dem Beschwerdeführer Beroggi nur eine einzige Busse von Fr. 100.-- auferlegt worden, so dass an sich dagegen nicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern die Beschwerde an das Eidg. Finanz- und Zolldepartement gegeben wäre, auf die denn auch in der Rechtsmittelbelehrung verwiesen wird. Da indessen das Bundesgericht die konnexen, genau gleiche Tatbestände betreffenden Beschwerden der Chauffeure De Gasperi, Ruess und Tanner zu beurteilen hat und sich auch mit dem Falle Beroggi wegen der solidarischen Haftbarkeit der Firma ohnehin befassen muss, drängt sich eine Zusammenlegung aller Beschwerden zu gemeinsamer Beurteilung durch das Bundesgericht geradezu auf - nicht nur aus Gründen der Prozessökonomie, sondern vor allem auch, weil es stossend wäre, wenn eine Beschwerde anders als die übrigen beurteilt würde. Es verhält sich hier ähnlich wie im Falle Tuor ( BGE 92 I 427 ff.), wo die Oberzolldirektion zwar demselben Betroffenen und wegen gleicher Tatbestände, aber in zwei verschiedenen Verfügungen eine Ordnungsbusse von Fr. 100.-- und eine von Fr. 1000.-- (wegen Widerhandlungen gegen die Tabaksteuerverordnung vom 30. Dezember 1947) auferlegt hatte. Damals BGE 93 I 460 S. 465 hat das Bundesgericht nach einem Meinungsaustausch mit dem Bundesrat die Beurteilung der Busse von Fr. 100.-- aus den soeben genannten Gründen mit übernommen. Im vorliegenden Fall ist aus den gleichen Gründen die Beschwerde Beroggis zusammen mit den anderen vom Bundesgericht zu beurteilen. 3. Eine Ordnungsverletzung ist nach Art. 104 ZG eine Widerhandlung gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder der gestützt darauf erlassenen Verordnungen und zolldienstlichen Anordnungen, die kein Zollvergehen darstellt. Den vier Chauffeuren (und Rudin) werden zwar auch Zollvergehen vorgeworfen, die sie durch Angabe zu niedriger Gewichte bei der Wiedereinfuhr der Waren in die Schweiz begangen haben sollen (Zollübertretungen gemäss Art. 74 Ziff. 7 ZG ); doch wird hierüber in einem besonderen (noch nicht abgeschlossenen) Strafverfahren entschieden. Gegenstand der hier angefochtenen Verfügungen bilden nur die Ordnungsverletzungen, die in der unrichtigen Deklaration der Gewichte und Werte bei der Ausfuhr erblickt werden. Wie die Oberzolldirektion anerkennt, wurde dabei kein Zoll umgangen, weil die Waren stets ohne Verletzung des Zollverschlusses wieder in das schweizerische Zollgebiet zurück gelangten, so dass weder Zollbeträge noch Monopolgebühren zu bezahlen waren ( Art. 15 Ziff. 5 ZG , Art. 35 VVZ). Die Ausführungen der Beschwerdeführer darüber, dass sie keinen Zoll umgangen hätten, stossen deshalb ins Leere. Doch schreibt Art. 35 Abs. 3 VVZ für den Zwischenauslandsverkehr vor, dass die Waren beim Grenzübertritt in der Regel der Zwischenabfertigung zu unterstellen sind - sei es mit Freipass, sei es im Vormerkverfahren oder auch in dem für den Verkehr zwischen der Schweiz und Italien durch das Protokoll vom 2. Juli 1953 geschaffenen besonderen Verfahren. Auch für die Zwischenabfertigung gilt Art. 6 ZG , wonach alle eingeführten und ausgeführten Waren zur Abfertigung angemeldet werden müssen. Dass die Zollmeldepflicht insbesondere für die Zwischenabfertigung auch beim Austritt besteht, wird bestätigt durch Art. 35 Abs. 4 VVZ, der die zollamtliche Anmeldung beim Austrittszollamt ausdrücklich erwähnt und die Folgen ihrer Unterlassung ordnet. Inhalt und Umfang der Zollmeldepflicht im erwähnten besonderen Verfahren ergeben sich aus dem dafür aufgestellten Formular D. IV. 69, das u.a. die Angabe des Nettogewichtes und des Wertes der Ware verlangt. BGE 93 I 460 S. 466 Im vorliegenden Fall haben die Chauffeure, welche die Ware über die Grenze brachten und somit zollmeldepflichtig waren ( Art. 9 Abs. 1 ZG ), bei der Ausfuhr aus der Schweiz durch Deklaration zu niedriger Nettogewichte und Werte nur einen Teil der Waren zur Abfertigung angemeldet und mit Bezug auf den Rest die Zollmeldepflicht verletzt. Darin liegt eine - nicht ein Zollvergehen darstellende - Widerhandlung gegen Vorschriften der Zollgesetzgebung und gegen darauf beruhende zolldienstliche Anordnungen, also eine Ordnungsverletzung gemäss Art. 104 ZG . 4. Die Beschwerdeführer wenden ein, sie hätten der Angabe von Wert und Gewicht der Ware auf den von Rudin ausgefüllten und von den vier Chauffeuren unterschriebenen Formularen D. IV. 69 keine Bedeutung beigemessen, weil das tatsächliche Gewicht von den schweizerischen Zollstellen kontrolliert worden sei. Damit wollen sie anscheinend ein Verschulden, auf jeden Fall einen Vorsatz bestreiten. Indessen nimmt die Verwaltung in ständiger Praxis an, dass die Ordnungsverletzung im Sinne des Zollgesetzes auch dann strafbar ist, wenn dem Täter ein Verschulden - Vorsatz oder auch nur Fahrlässigkeit - nicht zur Last gelegt werden kann. Das Bundesgericht hat schon bisher die gleiche Auffassung vertreten (Urteil vom 3. April 1963 i.S. Locher, nicht publiziert). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Das Zollgesetz unterscheidet in seinem 3. Abschnitt deutlich zwischen den Zollvergehen (Unterabschnitt I, Art. 73-103) und den Ordnungsverletzungen (Unterabschnitt II, Art. 104-108); insbesondere regelt es die Frage, ob der Täter auch dann bestraft werden könne, wenn ihm ein Verschulden nicht vorgeworfen werden kann, für die beiden Kategorien verschieden. Die Tatbestände der Zollhehlerei und der Zollpfandunterschlagung (Art. 78, 79) sind so gefasst, dass ihre Begehung sich stets als eine schuldhafte darstellt. Die Zollübertretung und der Bannbruch (Art. 74, 76) sind zwar grundsätzlich auch dann strafbar, wenn ein Verschulden nicht nachgewiesen ist; doch wird nach Art. 75 Abs. 3 und Art. 77 Abs. 4 der Angeschuldigte "von der Strafe befreit, wenn er nachweist, dass ihn kein Verschulden trifft und namentlich dass er alle Sorgfalt angewendet hat, um die Vorschriften zu befolgen" (E. BLUMENSTEIN, Grundzüge des schweizerischen Zollrechts, S. 62/3). Dagegen spielt für die Strafbarkeit der Ordnungsverletzung (Art. 104) das Verschulden BGE 93 I 460 S. 467 überhaupt keine Rolle. Weder ist der Tatbestand der Ordnungsverletzung so gefasst, dass eine Strafe beim Fehlen eines Verschuldens ausgeschlossen wäre, noch wird eine Befreiung von der Ordnungsbusse für den Fall des Nachweises der Schuldlosigkeit vorgesehen. Zwar heisst es in Art. 104: "Einer Ordnungsverletzung macht sich schuldig..."; doch kann daraus nicht abgeleitet werden, dass eine Ordnungsbusse nur beim Vorliegen eines Verschuldens verhängt werden kann. Die Wendung "macht sich schuldig" hat hier wie in Art. 76 (Bannbruch) keinen anderen Sinn als das Wort "begeht" in Art. 74 (Zollübertretungen). Wie erwähnt, kann der Bannbruch wie die Zollübertretung auch dann, wenn ein Verschulden nicht nachgewiesen ist, bestraft werden, es sei denn, der Angeschuldigte weise seinerseits nach, dass ihn kein Verschulden trifft (Art. 75 Abs. 3 und Art. 77 Abs. 4). Dieser Exkulpationsbeweis ist aber im Unterabschnitt über die Ordnungsverletzungen gerade nicht vorgesehen. Dass er hier ausgeschlossen ist, bestätigt der Schlussatz in Art. 75 Abs. 3 und Art. 77 Abs. 4: "Vorbehalten bleibt Art. 104." Dieser Vorbehalt kann nicht anders als so verstanden werden, dass der Nachweis, den der vorhergehende Satz von Art. 75 Abs. 3 und Art. 77 Abs. 4 dem der Zollübertretung oder des Bannbruches Beschuldigten einräumt, bei den Ordnungsverletzungen nicht zugelassen wird. Wohl gilt im gewöhnlichen Strafrecht ausnahmslos der Grundsatz, dass der Täter nur bestraft werden kann, wenn ihm ein Verschulden vorzuwerfen ist; er ist in Art. 18 (und Art. 102) StGB anerkannt, ferner in Art. 333 Abs. 3 daselbst, wonach die in anderen Bundesgesetzen unter Strafe gestellten Übertretungen strafbar sind, auch wenn sie fahrlässig begangen werden, sofern nicht nach dem Sinne der Vorschrift nur die vorsätzliche Begehung mit Strafe bedroht ist. Doch sind, wie ausgeführt, die allgemeinen Bestimmungen und Begriffe des StGB auf die Ordnungsverletzungen im Sinne des Zollgesetzes nicht anwendbar. Insbesondere betrifft Art. 333 StGB nur solche Widerhandlungen -mit Einschluss der Übertretungen -, welche im Hinblick aufihre moralische Verwerflichkeit mit einer eigentlichen Strafe bedroht sind, dagegen nicht auch blosse Ordnungsverletzungen, die nur mit einer Ordnungsbusse geahndet werden können ( BGE 82 I 307 ). Das ZOIlgesetz regelt auch die Zuständigkeit zur Beurteilung der Widerhandlungen verschieden für die Zollvergehen einerseits BGE 93 I 460 S. 468 und die Ordnungsverletzungen anderseits. Die Zollvergehen, welche mit hoher Busse, in schweren Fällen auch mit Gefängnisstrafe bedroht sind, werden vom Strafrichter beurteilt, wenn eine Gefängnisstrafe in Betracht kommt oder wenn der Angeschuldigte Einsprache gegen die administrative Bussverfügung erhebt (Art. 96); dagegen fällt die Ahndung der Ordnungsverletzungen, auf welche bloss Ordnungsbusse bis zu Fr. 300.-- angedroht ist, in die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden, sei es der Oberzolldirektion, sei es der Zollkreisdirektionen oder - in geringfügigen Fällen - sogar bestimmter Zollämter (Art. 106). Diese Regelung wäre nicht verständlich, wenn anzunehmen wäre, dass die Ordnungsverletzungen beim Fehlen eines Verschuldens nicht strafbar sind; denn es ist klar, dass die Zollorgane überfordert würden, wenn sie immer wieder, auch in Fällen von geringer Bedeutung, die Frage des Verschuldens prüfen müssten, bevor sie eine Ordnungsbusse verhängen dürften. Das Argument, mit dem die Beschwerdeführer offenbar ein Verschulden oder zum mindesten einen Vorsatz bestreiten wollen, schliesst somit die Ordnungsbussen nicht aus. 5. Dieses Argument könnte höchstens für die Bemessung der Bussen von Bedeutung sein. Allerdings stellt Art. 105 Abs. 1 ZG für die Festsetzung der Ordnungsbusse nur die Regel auf, dass auf den Grad der Gefährdung der Zollinteressen Rücksicht zu nehmen ist; das Verschulden wird auch hier nicht erwähnt, woraus geschlossen werden könnte, dass es bei der Bemessung der Busse nicht zu berücksichtigen sei, zumal es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht einmal bei der Zumessung der Strafe für ein Zollvergehen in Betracht zu ziehen ist ( BGE 81 IV 188 f., BGE 83 IV 178 ). Die Frage nach der Bedeutung des Verschuldens für die Bemessung der Ordnungsbusse kann jedoch hier offen gelassen werden, da die Darstellung, mit der die Beschwerdeführer dartun wollen, dass ein Verschulden oder wenigstens ein Vorsatz fehle, nicht zutrifft. In der Tat wurde vom schweizerischen Zolldienst lediglich - und zudem nur bei einem Teil der Transporte - gemäss dem Vordruck auf dem Formular D. IV. 69 das Gesamtgewicht (peso complessivo) von Fahrzeug und Ladung gewogen; es kann keine Rede davon sein, dass die Angaben der Warenführer über Nettogewicht und Wert der Ware kontrolliert BGE 93 I 460 S. 469 worden seien. Aber auch abgesehen hievon ist es durchaus unglaubhaft, dass die Chauffeure und namentlich der verantwortliche Angestellte Rudin gemeint hätten, diesen Angaben komme keine Bedeutung zu. Die Aussage Rudins, er habe Gewicht und Wert der Ware "eher zu niedrig eingesetzt", beschönigt den wirklichen Sachverhalt; erklärt er doch selbst, man habe vermeiden wollen, dass die nach dem Wert bemessene Sicherheit schon für eine einzige Wagenladung beansprucht werde, da manchmal eine Sendung 2-3 Wagenladungen umfasst habe; er musste also, um seine Zwecke zu erreichen, mindestens den Wert auf einen Bruchteil reduzieren. Das hat er denn auch getan, wie aus einer Aufstellung hervorgeht, worin die angegebenen und wirklichen Nettogewichte und Werte der 20 Sendungen, auf welche sich die angefochtenen Verfügungen beziehen, sowie von 12 Sendungen, welche wegen Verjährung ausgeschieden worden sind, zusammengestellt sind: Das Total beläuft sich für die angegebenen Nettogewichte auf 94'060 kg und für die wirklichen auf 142'960 kg, für die angegebenen Werte auf Fr. 132'230.-- und für die wirklichen auf Fr. 617'336.--. Da gerade die Wertangaben im Hinblick auf den verfolgten Zweck besonders wichtig waren, ist es klar, dass mindestens Rudin, der im Einverständnis mit seinem Vorgesetzten die zu niedrigen Zahlen in die Formulare eingesetzt hat, sich der Bedeutung der falschen Angaben bewusst gewesen sein muss. Aber auch die vier Chauffeure haben zweifellos nicht nur gewusst, dass die angegebenen Zahlen zu niedrig waren, sondern auch den Zweck der Machenschaft gekannt; hat doch De Gasperi schon in seiner Einvernahme in Chur erklärt, er nehme an, Rudin habe damit die zu leistende Zollgarantie niedrig halten wollen. 6. Die Beschwerdeführer machen ferner geltend, die Plombierung der in Frage stehenden Sendungen sei unverletzt geblieben; sie leiten daraus ab, dass eine Gefährdung des Zollinteresses ausgeschlossen und daher nach Art. 105 Abs. 1 ZG von der Verhängung von Ordnungsbussen Umgang zu nehmen sei. Dass kein Zoll umgangen wurde, ist unbestritten; das schliesst indessen, wie erwähnt, eine Ordnungsverletzung nicht aus. Die teilweise Umgehung der Sicherheit für den Zwischenauslandsverkehr richtet sich freilich nicht gegen die schweizerische, sondern gegen die italienische Zollverwaltung, der die Sicherheit BGE 93 I 460 S. 470 zu leisten ist. Doch ist - auch abgesehen von dem allgemeinen Interesse an der Einhaltung der Zollmeldepflicht - noch ein besonderes schweizerisches Zollinteresse gefährdet worden, nämlich dasjenige an einer reibungslosen Durchführung des Spezialverkehrs gemäss dem schweizerisch-italienischen Abkommen und Protokoll vom 2. Juli 1953. Dieser Verkehr beruht auf einer Zusammenarbeit der Zollinstanzen beider Länder, was besonders darin zum Ausdruck kommt, dass die italienische Zollverwaltung die vom schweizerischen Austrittszollamt nicht beanstandeten Gewichts- und Wertangaben in der Regel anerkennt und sich mit der dem angegebenen Wert entsprechenden Sicherheit begnügt. Wenn auch die schweizerische Zollverwaltung mit der Annahme der Deklaration keine formelle Garantie für deren Richtigkeit gegenüber der italienischen übernimmt, so verlässt sich diese doch darauf. Es leuchtet ein, dass die Zusammenarbeit der beiden Länder leiden müsste, wenn Vorkommnisse wie die hier zu beurteilenden sich häuften und zur Kenntnis der italienischen Zollbehörden gelangten. Diese könnten sich dann veranlasst sehen, ihrerseits zeitraubende und den Verkehr behindernde Kontrollen vorzunehmen, ja sogar den Spezialverkehr überhaupt in Frage zu stellen; auf jeden Fall könnte die bisherige einfache und reibungslose Abwicklung dieses Verkehrs beeinträchtigt werden. Das zu vermeiden, hat - neben den beteiligten Transporteuren - auch die schweizerische Zollverwaltung ein erhebliches Interesse. Allerdings kann nach Art. 105 Abs. 1 Satz 3 ZG in leichten Fällen, bei denen eine Gefährdung des Zollinteresses ausgeschlossen erscheint, von einer Ordnungsbusse Umgang genommen werden. Die Anwendung dieser Bestimmung ist indessen - in dem dort gezogenen Rahmen - dem Ermessen der Verwaltung anheimgestellt. Das Bundesgericht kann nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen; es kann nur prüfen, ob die Verwaltung die ihrem Ermessen gesetzten Grenzen überschritten und damit das Bundesrecht verletzt habe ( Art. 104 Abs. 1 OG ; BGE 81 I 384 unten). Unter diesem Gesichtspunkte kann jedoch die Annahme der Oberzolldirektion, dass hier das Zollinteresse durch die begangenen Ordnungsverletzungen ernstlich gefährdet worden sei und daher eine Bestrafung sich rechtfertige, angesichts der festgestellten Tatsachen nicht beanstandet werden. Wird die Verhängung einer Ordnungsbusse als gerechtfertigt BGE 93 I 460 S. 471 befunden, so ist bei ihrer Festsetzung, wie erwähnt, auf den Grad der Gefährdung der Zollinteressen Rücksicht zu nehmen ( Art. 105 Abs. 1 Satz 2 ZG ). Auch hier räumt das Gesetz der Verwaltung einen Spielraum des Ermessens ein. Die im vorliegenden Fall verhängten Bussen von Fr. 100.-- für jede Fahrt mögen als hoch erscheinen. Aber auch in dieser Beziehung kann nicht gesagt werden, dass die Oberzolldirektion das ihr zustehende Ermessen überschritten habe. Ihre Auffassung, die schweizerischen Zollinteressen seien in einem Grade gefährdet worden, dass Bussen von Fr. 100.-- (1/3 des Maximums) für jede Fahrt gerechtfertigt seien, kann nicht geradezu als unhaltbar bezeichnet werden. Die ausgesprochenen Bussen sind nach den gegebenen Umständen jedenfalls nicht offensichtlich über setzt. 7. (Solidarische Haftung der Firma.)
public_law
nan
de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
70404dcd-d598-4123-a396-2b882152ad6e
Urteilskopf 85 I 12 3. Arrêt du 18 mars 1959 dans la cause X. contre Cantons de Vaud et de Zurich.
Regeste Doppelbesteuerung. 1. Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde; Verwirkung des Beschwerderechts (Erw. 2). 2. Abzug einer Rente, welche die Ehefrau des Steuerpflichtigen ihrer Mutter schuldet als Gegenleistung für Vermögen, das ihr aus dem Nachlass ihres Vaters überlassen worden ist und in zwei verschiedenen Kantonen gelegen ist (Erw. 3.).
Sachverhalt ab Seite 13 BGE 85 I 12 S. 13 A.- Les époux X., à Lausanne, sont mariés sous le régime de l'union des biens. Le 2 mars 1957, le père de dame X., sieur Y., est décédé, laissant à sa fille l'ensemble de ses biens, à charge pour elle de verser à sa mère, dame Y., veuve du défunt, une rente mensuelle de 1000 fr., soit 12 000 fr. par an. La succession comprenait notamment deux immeubles se trouvant à Zurich, ainsi que des titres et des créances. A la suite de cet héritage, sieur X. a été soumis à une nouvelle taxation fiscale. Les actifs de sa fortune, y compris celle de sa femme, ont été évalués dans le canton de Vaud (titres, créances, mobilier de ménage, automobile, assurance sur la vie) à 267 211 fr., soit à 31,45% de la fortune totale, dans le canton de Zurich (immeubles) à 560 000 fr. représentant 65,92% de la fortune totale, enfin dans le canton de Fribourg (immeuble) à 22 230 fr. équivalant à 2,63% de la fortune totale. Cette imposition de la fortune n'a donné lieu à aucune contestation. Il n'en va pas de même en ce qui concerne le revenu des époux pour la période fiscale du 3 mars 1957 au 31 décembre 1958. Indépendamment du produit du travail réalisé par sieur X. - imposable uniquement dans le canton de Vaud -, le revenu annuel de la fortune, sans déduction des intérêts passifs et de la rente payable à dame Y., a été évalué à 8510 fr. pour le canton de Vaud, 28 001 fr. pour le canton de Zurich et 1000 fr. pour le canton de Fribourg. Les intérêts passifs ont été déduits du revenu imposable dans chaque canton, à proportion des actifs qui y sont eux-mêmes soumis à l'impôt. Outre ces intérêts passifs, le canton de Vaud a également défalqué du revenu, et dans la même proportion, la rente versée à dame Y. Tandis que le canton de Fribourg s'est rallié à ce mode de calcul, le canton de Zurich a refusé de déduire du revenu une part quelconque de la rente. Il a notifié sa décision à sieur X. le 22 décembre 1958. Les autres cantons avaient communiqué leur décision antérieurement. Sieur X. déclare BGE 85 I 12 S. 14 avoir payé les impôts réclamés par les cantons de Vaud et de Zurich, mais sous toutes réserves. B.- Agissant par la voie du recours de droit public, sieur X., laissant hors de cause la taxation du canton de Fribourg, se plaint d'être vìctime d'une double imposition en raison des décisions prises par les cantons de Vaud et de Zurich. Il laisse au Tribunal fédéral le soin de dire lequel de ces deux cantons "a exercé un abus de pouvoir" et le requiert en outre d'ordonner le remboursement des impôts prélevés contrairement à la Constitution. Le Conseil d'Etat du canton de Zurich et le Département des finances du canton de Vaud concluent chacun au rejet du recours en tant qu'il est dirigé contre leur propre taxation. Erwägungen Considérant en droit: 1. La rente de 12 000 fr., qui diminue le revenu net du recourant, n'a été portée en compte qu'à concurrence de 31,45% par le canton de Vaud et de 2,63% par le canton de Fribourg. La part, de 65,92%, que le canton de Zurich aurait dû déduire du revenu imposable, n'a en définitive pas été défalquée. Il s'ensuit que la part de revenu correspondant à la rente et frappée d'impôt dans le canton de Vaud l'est également dans le canton de Zurich. Dès lors, imposé au-delà de son revenu net, le recourant est incontestablement victime d'une double imposition. 2. Le recours a été formé dans les trente jours suivant la décision de l'autorité de taxation du canton de Zurich qui, rendue en dernier lieu, consacre la double imposition critiquée. Par conséquent, il est recevable tant contre la décision zurichoise que contre la décision vaudoise, sans d'ailleurs que l'épuisement des instances cantonales soit requis (art. 86 al. 2 et 3, 89 al. 3 OJ; RO 73 I 222, 75 I 55, 83 I 95/6 consid. 2, 83 I 261/2). D'autre part, si le recourant a payé les impôts qui lui étaient réclamés, il a cependant expressément réservé son droit de recourir pour BGE 85 I 12 S. 15 double imposition; il ne saurait donc encourir de déchéance. D'ailleurs les intimés n'ont pas soulevé d'exception à ce sujet, ce qui eût été nécessaire pour que la forclusion pût être prononcée (RO 75 I 16). 3. Le droit vaudois (art. 23 litt. g de la loi sur les impôts directs cantonaux) et le droit zurichois (§ 25 litt. d du Steuergesetz) admettent que la rente payable à la belle-mère du recourant doit être portée en déduction dans le calcul du revenu net imposable. La contestation ne porte que sur la mesure dans laquelle chacun des deux cantons doit procéder à cette défalcation. Selon la jurisprudence sur la double imposition intercantonale concernant le revenu, les intérêts passifs sont déduits en première ligne des revenus provenant de la fortune. Entre les cantons qui ont le droit d'imposer une part du revenu net de la fortune, la défalcation est opérée sans se préoccuper de savoir quels éléments de la fortune la dette affecte, mais uniquement suivant la proportion dans laquelle les actifs sont répartis entre les cantons (RO 66 I 41, 74 I 462, arrêts du 6 novembre 1957 dans la cause Z. c. cantons de Zurich et de Berne, publié dans Die neue Steuerpraxis, 12, p. 66 ss.). A cet effet, les actifs et le revenu des deux époux sont ajoutés, comme s'il s'agissait d'un seul et même patrimoine, quel que soit le régime matrimonial applicable. Conformément à ces principes, les intimés admettent que le canton de Zurich doit défalquer 65,92% des intérêts passifs et le canton de Vaud 31,45%. Le recourant ne formule aucune objection à cet égard. Les règles ainsi établies pour les intérêts passifs doivent être étendues au cas où la fortune du contribuable est grevée, non pas d'une dette en capital portant des intérêts, mais, comme en l'espèce, d'une rente instituée par testament et que le contribuable (ou son épouse) doit payer en sa qualité d'héritier de certains biens. L'analogie entre ces situations commande en effet une solution semblable dans les deux hypothèses, car la rente que la femme du BGE 85 I 12 S. 16 recourant, comme héritière des biens de son père, est tenue de verser à sa mère, est une charge en rapport avec les biens dont elle a hérité et qui grève la fortune des époux. Cette rente doit dès lors être défalquée du revenu en suivant la proportion que les cantons de Vaud et de Zurich ont appliquée à la déduction des intérêts passifs. Il est vrai que, se fondant sur un arrêt non publié du 1er décembre 1954 dans la cause Faesi, le Conseil d'Etat zurichois soutient que le canton du lieu de situation de l'immeuble n'est pas tenu de défalquer proportionnellement du revenu de la propriété des dépenses sans rapport avec l'immeuble, en particulier une pension alimentaire ou une rente versée par le contribuable. Toutefois, l'arrêt Faesi visait une dette d'aliments en faveur d'une épouse divorcée, dette qui grevait le recourant personnellement et n'était pas, comme en l'espèce, une charge affectant en premier lieu la fortune des époux. De plus, il n'avait pas pour objet un conflit de double imposition cantonale, mais exclusivement une règle de droit cantonal interne, dont le Tribunal fédéral ne pouvait censurer l'application que sous l'angle de l'arbitraire. Il ne saurait dès lors être invoqué en l'espèce. Sans doute aussi, le Tribunal fédéral a jugé que, lorsqu'une entreprise possède, dans un autre canton que celui où elle exerce son activité commerciale ou industrielle, des immeubles sans rapport avec son exploitation, le canton où se trouvent les immeubles et qui ne peut pas imposer une part du revenu de l'exploitation n'est pas tenu de défalquer du revenu de ces propriétés une part des frais généraux de l'entreprise; seuls les intérêts passifs sont répartis à proportion des actifs imposables (RO 74 I 463). Cependant cette jurisprudence ne joue pas de rôle en l'occurrence. En effet, on ne saurait en déduire qu'une rente, qui ne grève que la fortune d'un contribuable et non l'exploitation d'une entreprise, ne doit pas être assimilée à des intérêts passifs et défalquée selon les mêmes règles. BGE 85 I 12 S. 17 4. Ainsi, le recours est fondé en tant qu'il est dirigé contre le canton de Zurich. Ce dernier devra dès lors rembourser les impôts perçus inconstitutionnellement pour la période du 3 mars 1957 au 31 décembre 1958, durant laquelle il doit défalquer 65,92% de la rente. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: 1. Le recours est admis dans la mesure où il est dirigé contre le canton de Zurich; il est rejeté en tant qu'il concerne le canton de Vaud. 2. Le canton de Zurich est tenu, pour la période du 3 mars 1957 au 31 décembre 1958, de défalquer la rente versée par le recourant à sa belle-mère, dame Y., dans la proportion applicable à la déduction des intérêts passifs.
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1,959
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Urteilskopf 97 I 337 48. Urteil vom 7. Juli 1971 i.S. J. Stampfli AG gegen Einwohnergemeinde Subingen und Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn.
Regeste Gebühr für Anschluss an eine neue Kanalisation. Liegt in der Anwendung des im Hinblick auf die neue Kanalisation aufgestellten Tarifs auf bereits vor seinem Erlass angeschlossene Liegenschaften eine (unzulässige) Rückwirkung? (Erw. 2). Kantonales Verwaltungsverfahren. Rechtsverweigerung. Ist eine Rekursinstanz, die in Gutheissung eines Rekurses einen neuen Sachentscheid fällt, verpflichtet, sich mit den vor der Vorinstanz erhobenen, von dieser nicht beurteilten Einwendungen des Rekursgegners auseinanderzusetzen? (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 338 BGE 97 I 337 S. 338 A.- Josef Stampfli war Eigentümer eines Grundstücks in der Gemeinde Subingen (Kt. Solothurn), das er in die im Dezember 1965 gegründete J. Stampfli AG einbrachte. Im Jahre 1965 erstellte er auf diesem Grundstück ein Werkstattgebäude mit Büro- und Wohnbau. Die Baubewilligung wurde ihm erteilt unter der Bedingung, dass die Liegenschaft an die damals neu erstellte "Tiefenkanalisation" angeschlossen werde, was in der Folge auch geschah. Am 15. Dezember 1966 erliess die Gemeinde Subingen ein neues Kanalisationsreglement, das vom Regierungsrat des Kantons Solothurn am 19. Mai 1967 genehmigt wurde und in § 22 bestimmt, dass die Eigentümer der an die Kanalisation angeschlossenen Liegenschaften einen Beitrag zu leisten haben, der aufgrund der Gebäudeversicherung "im Moment des Anschlusses" berechnet wird. Gestützt auf diese Bestimmung forderte die Gemeinde Subingen am 12. Dezember 1969 von der Firma J. Stampfli AG eine Kanalisationsanschlussgebühr von Fr. 16'339.20 (= 2% der Gesamt-Gebäudeversicherung von Fr. 816'960.--). Die Firma J. Stampfli AG reichte hiegegen bei der Schätzungskommission des Kantons Solothurn eine Beschwerde ein, mit der sie Herabsetzung der Gebühr auf Fr. 2'575.50 verlangte. Zur Begründung machte sie vor allem geltend, dass in der Anwendung des Kanalisationsreglements von 1967 auf den im Jahre 1965 erfolgten Anschluss ihres Grundstücks an die Kanalisation eine unzulässige Rückwirkung liege und die Gebühr richtigerweise aufgrund des zur Zeit des Anschlusses geltenden Reglements vom 3. Juni 1954 zu berechnen sei. Die Schätzungskommission schützte die Beschwerde durch Urteil vom 17. Februar 1970. Sie erblickte in der Anwendung des Kanalisationsreglements von 1967 auf die Beschwerdeführerin deshalb eine nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unzulässige Rückwirkung, weil diese in zeitlicher Beziehung übermässig sei und weil keine triftigen Gründe für die Rückwirkung beständen. Gegen dieses Urteil erhob die Einwohnergemeinde Subingen Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn. Dieses hiess die Beschwerde am 4. Dezember 1970 gut und setzte die Kanalisationsanschlussgebühr entsprechend der Rechnung der Gemeinde auf Fr. 16'339.20 fest. Es nahm an, dass das neue Kanalisationsreglement aufgrund der in § 28 BGE 97 I 337 S. 339 Abs. 2 desselben angeordneten Rückwirkung anwendbar sei. Diese Rückwirkung lasse sich durch beachtenswerte Gründe rechtfertigen, da das Reglement allen Liegenschaftsbesitzern, auch solchen, die bisher an keine oder an die alte Kanalisation angeschlossen gewesen seien, den Anschluss an die neue Tiefenkanalisation vorschreibe und die Rückwirkung der Verhinderung stossender Rechtsungleichheiten diene (wird näher ausgeführt). Die Rückwirkung sei im vorliegenden Falle in zeitlicher Beziehung mässig, da zwischen dem Anschluss des Grundstücks der Firma Stampfli (Oktober 1965) und dem Inkrafttreten des Kanalisationsreglements (26. Mai 1967) nur rund 11/2 Jahre verflossen seien und die Firma Stampfli schon durch die Baubewilligung davon Kenntnis erhalten habe, dass die Gebühr nach einem neuen, in Vorbereitung stehenden Tarif berechnet werde. Sei aber dieser neue Tarif anwendbar, so sei die Gebührenrechnung der Gemeinde nicht zu beanstanden. Die Firma Stampfli habe allerdings vor der Schätzungskommission geltend gemacht, § 22 des Reglements sei falsch angewendet worden, indem nicht auf die Gesamtversicherung zur Zeit des Anschlusses, sondern auf diejenige im Jahre 1969 abgestellt worden sei. Dieser Einwand sei aber nicht näher substanziert und vor dem Verwaltungsgericht überhaupt nicht mehr erhoben worden, weshalb kein Anlass bestehe, die Rechnung, die offenbar auf der ersten und einzigen Schätzung seit Erstellung des neuen Gebäudes beruhe, nicht als richtig zu anerkennen. B.- Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts hat die Firma J. Stampfli AG staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, es sei wegen Verletzung des Art. 4 BV aufzuheben. Sie macht in erster Linie geltend, § 28 Abs. 2 des Kanalisationsreglements von 1967 sehe eine unzulässige Rückwirkung vor. Eventuell beanstandet sie, dass das Verwaltungsgericht in Missachtung des klaren Wortlauts des § 22 des Reglements auf die Gesamtversicherung im Jahre 1969 (Fr. 816'960.--) statt auf diejenige zur Zeit des Anschlusses (Fr. 765'900.--) abgestellt habe. C.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Solothurn und die Einwohnergemeine Subingen beantragen Abweisung der Beschwerde. BGE 97 I 337 S. 340 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. § 28 des Kanalisationsreglements (KR) der Gemeinde Subingen vom 15. Dezember 1966 setzt in Abs. 1 den Zeitpunkt des Inkrafttretens des KR fest und bestimmt in Abs. 2: "Alle zur Zeit des Inkrafttretens dieses Reglementes noch nicht erledigten Gesuche, sowie Liegenschaftsbesitzer, welche seit dem 1. Januar 1963 an die von der Gemeinde neu erstellte Tiefenkanalisation angeschlossen haben, sind nach den neuen Vorschriften zu behandeln." Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, das Verwaltungsgericht habe diese Bestimmung unrichtig ausgelegt oder angewendet. Vielmehr rügt sie, dass die Bestimmung selber verfassungswidrig sei, indem sie eine mit Art. 4 BV unvereinbare Rückwirkung eines Abgabeerlasses vorsehe. Diese Rüge ist zulässig. Jene Bestimmung könnte zwar, da die Frist zur Anfechtung des KR abgelaufen ist ( Art. 89 OG ), vom Bundesgericht nicht mehr aufgehoben werden. Dagegen kann die Beschwerdeführerin ihre Verfassungswidrigkeit noch im Anschluss an die gestützt darauf ergangene Anwendungsverfügung geltend machen ( BGE 94 I 4 E. 2 und 371 E. 3, BGE 97 I 29 E. 2). Doch ist sie hiezu nur legitimiert, soweit die Bestimmung auf sie angewendet worden ist (vgl. BGE 90 I 79 E. 1 und 91 E. 1). Das Bundesgericht hat daher nicht zu prüfen, ob sich aus der Anwendung des § 28 KR in anderen Fällen eine verfassungswidrige Rückwirkung ergeben könnte, sondern einzig, ob die Bestimmung, auf einen Fall wie den vorliegenden angewendet, gegen Art. 4 BV verstösst. 2. Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Entscheid untersucht, ob die in § 28 Abs. 2 KR vorgesehene Rückwirkung allgemein oder doch im vorliegenden Falle den Voraussetzungen entspreche, unter denen die Rückwirkung von Verwaltungsgesetzen, die den Bürger belasten, nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ( BGE 94 I 5 und BGE 95 I 9 je E. 3) vor Art. 4 BV standhält. Ob die Anwendung des KR in einem Falle wie dem vorliegenden als rückwirkende Erhebung einer Abgabe zu betrachten ist, erscheint indessen als zweifelhaft und ist, obwohl das Verwaltungsgericht und die Parteien es ohne weiteres angenommen haben, zu prüfen. a) Von einer rückwirkenden Abgabeerhebung ist dann zu sprechen, wenn sie an ein in der Vergangenheit liegendes, vor BGE 97 I 337 S. 341 der Veranlagung abgeschlossenes Ereignis anknüpft. Das würde zutreffen, wenn die Beschwerdeführerin verpflichtet würde, für einen vor Erlass des KR erstellten und wieder dahingefallenen Anschluss eine einmalige Gebühr zu entrichten oder wenn von ihr eine jährliche Benutzungsgebühr für einen Zeitraum vor Erlass des KR verlangt würde. Etwas derartiges liegt indessen nicht vor. Die einmalige Anschlussgebühr wird von der Beschwerdeführerin nicht deshalb gefordert, weil ihr Grundstück im Jahre 1965 an die Kanalisation angeschlossen wurde, sondern weil der Anschluss im Zeitpunkt des Inkrafttretens des KR bestand, noch heute besteht und weiterhin bestehen bleibt. Die Beschwerdeführerin wird auch nicht stärker belastet, weil ihr Grundstück schon im Jahre 1965 an die Tiefenkanalisation angeschlossen wurde und sie diese seit damals benutzte, sondern gleich wie wenn ihr Grundstück erst jetzt angeschlossen würde. Die Vorteile, die sie vorher aus der Tiefenkanalisation gezogen hat, werden in keiner Weise berücksichtigt. Die Wirkung des § 28 Abs. 2 KR erschöpft sich zum mindesten im vorliegenden Falle in der Anordnung der Gleichbehandlung aller bestehenden und zukünftigen Anschlüsse an die neue Tiefenkanalisation. Die Abgabepflicht der Beschwerdeführerin knüpft somit an einen in der Gegenwart liegenden Tatbestand, nämlich an das Bestehen des Anschlusses an (vgl. hiezu BGE 92 I 458 E. 4 a). Eine Rückwirkung des KR liegt also gar nicht vor. b) Die Beschwerdeführerin macht zu Unrecht geltend, die Gebühr für ihren Anschluss hätte richtigerweise im Jahre 1965 und nach dem damals geltenden KR vom 3. Juni 1954 festgelegt werden sollen. Sie übersieht, dass sich dieses KR nicht auf die neue Tiefenkanalisation bezog, die erst später völlig getrennt vom alten Netz erstellt wurde und deren Kosten offenbar erheblich höher waren als diejenigen des alten Netzes. Sie hat nach dem Anschluss im Herbst 1965 auch keineswegs verlangt, dass die Anschlussgebühr sofort und nach dem KR von 1954 festgesetzt werde, obwohl ihr damals aus der Baubewilligung vom 19. Januar 1965 bekannt war, dass die Gemeinde beabsichtigte, die Anschlussgebühr nach einem neuen, erst zu schaffenden KR zu berechnen. c) Ein Gemeinwesen, das die Abwasserbeseitigung verbessert durch Ausbau der Kanalisationsanlagen, Erstellung einer Kläranlage usw., muss die Möglichkeit haben, die Anschlussgebühren neu festzulegen und auch die Eigentümer von BGE 97 I 337 S. 342 sog. Altbauten, d.h. schon bisher an die Kanalisation angeschlossener Bauten, unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Anschlussgebühren zu Beiträgen an die Kosten der Verbesserung heranzuziehen (vgl. BGE 92 I 450 ff., BGE 93 I 106 ff.). Wenn die Gemeinde Subingen von der Beschwerdeführerin zunächst eine Anschlussgebühr nach dem alten Tarif erhoben hätte, so hätte dies einen weiteren Beitrag nach Erlass des neuen Tarifs nicht unbedingt ausgeschlossen. Die Gemeinde hat indessen darauf verzichtet, die Anschlüsse an die neue Tiefenkanalisation zunächst nach dem veralteten, für ein anderes Netz geschaffenen Tarif von 1954 zu unterwerfen, sondern hat eine Gleichbehandlung aller Benützer der neuen Anlage angestrebt. Zu diesem Zwecke hat sie im KR von 1966 alle Benützer unabhängig vom Zeitpunkt des Anschlusses, d.h. ohne Rücksicht darauf, ob sie die neue Anlage im Zeitpunkt des Inkrafttretens des KR bereits benutzen oder erst später angeschlossen werden, der gleichen Abgabe unterworfen. Diese in § 28 Abs. 2 und 3 KR enthaltene Ordnung ist weit davon entfernt, das Gebot der Rechtsgleichheit zu verletzen oder sonst gegen Art. 4 BV zu verstossen. Eher liesse sich fragen, ob nicht eine Privilegierung der Eigentümer bereits angeschlossener Liegenschaften aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV zu beanstanden gewesen wäre (vgl. BGE 92 I 458 E. 4 b). d) Soweit sich die Beschwerde gegen die Anwendung des KR von 1966 auf die Beschwerdeführerin richtet, ist sie daher schon deshalb abzuweisen, weil in dieser Anwendung überhaupt keine Rückwirkung liegt. Sie wäre übrigens auch dann unbegründet, wenn man mit dem Verwaltungsgericht und den Parteien eine rückwirkende Anwendung annehmen wollte, denn die Ausführungen, mit denen das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid die Zulässigkeit der Rückwirkung begründet, erscheinen als zutreffend und halten jedenfalls dem Vorwurfe der Willkür stand. 3. Die Beschwerdeführerin beanstandet weiter, dass das Verwaltungsgericht nicht von Amtes wegen geprüft habe, ob die Anschlussgebühr gemäss § 22 KR aufgrund der Gesamtversicherung im Jahre 1965 statt, wie die Gemeinde es getan hatte, aufgrund derjenigen von 1969 zu berechnen sei. Das Verwaltungsgericht hat nicht übersehen, dass die Beschwerdeführerin vor der Schätzungskommission geltend BGE 97 I 337 S. 343 gemacht hatte, die Gemeinde habe § 22 KR falsch angewendet. Es betrachtete diese Rüge aber als unbeachtlich, weil sie vor der Schätzungskommission "nicht näher substanziert" und vor dem Verwaltungsgericht überhaupt nicht mehr erhoben worden sei. Damit hat sie jedoch der Beschwerdeführerin das Recht verweigert. Dem in der Beschwerde angerufenen § 53 des solothurnischen Gerichtsorganisationsgesetzes (GOG vom 5. März 1961) ist zwar nicht zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat. Dagegen bestimmt § 54 Satz 2 GOG, dass die zur Abklärung des Sachverhalts erforderlichen Tatsachen von Amtes wegen zu erheben sind, was wohl auch für die erste Instanz, die Schätzungskommission, gelten muss. Das Verwaltungsgericht hat sich nicht damit begnügt, das Urteil der Schätzungskommission aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen, sondern es hat das neue Urteil selbst gefällt. Dann war es aber verpflichtet, die vor der Schätzungskommission erhobenen Rügen und Einwendungen auch dann zu prüfen, wenn sie vor ihm selber nicht mehr wiederholt wurden. Nachdem die J. Stampfli AG vor der Schätzungskommission obgesiegt hatte, hatte sie keinen Anlass und war nicht gehalten, alle vor dieser erhobenen Rügen zu wiederholen; sie durfte sich darauf beschränken, zu ihrer Verteidigung das vorzubringen, was für die Aufrechterhaltung des angefochtenen Urteils sprach. Dagegen musste das Verwaltungsgericht, wenn es anstelle der Vorinstanz ein neues Urteil fällen wollte, sich mit den vor dieser erhobenen und noch nicht beurteilten Einwendungen der Beschwerdeführerin auseinandersetzen. Der Einwand des Verwaltungsgerichts, die hier in Frage stehende Rüge sei ungenügend substanziert gewesen, ist unhaltbar. Die Beschwerdeführerin hat in der Eingabe an die Schätzungskommission ausdrücklich geltend gemacht, die Gemeinde habe bei der Berechnung der Gebühr entgegen dem Wortlaut von § 22 KR nicht auf die Gesamtversicherung "im Moment des Anschlusses", sondern auf diejenige des Jahres 1969 (Fr. 816'900.--) abgestellt. Im Hinblick hierauf war, auch wenn die Beschwerdeführerin den Betrag der früheren Gesamtversicherung (Fr. 765'900.--) nicht angegeben hatte, die Rüge der Verletzung des § 22 KR zu prüfen und nach § 54 Satz 2 GOG BGE 97 I 337 S. 344 diese Versicherung von Amtes wegen festzustellen, was durch Rückfrage bei der Beschwerdeführerin oder Einholung eines Berichts der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt geschehen konnte. Indem das Verwaltungsgericht die von der Beschwerdeführerin erhobene Rüge, die Gebührenrechnung verstosse gegen § 22 KR, nicht beurteilte, machte es sich einer Rechtsverweigerung schuldig, wegen welcher der angefochtene Entscheid aufzuheben ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Solothurn vom 4. Dezember 1970 aufgehoben.
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Urteilskopf 111 Ia 129 23. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. Mai 1985 i.S. Politische Gemeinde Wiesendangen gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Gemeindeautonomie; Ortsplanung. 1. Anfechtbarkeit eines kantonalen Richtplans durch die betroffene Gemeinde. a) Grundsätze (E. 3a und c). b) Vorfrageweise Anfechtung (E. 3d und e). 2. Autonomie der Zürcher Gemeinden a) beim Erlass der Bau- und Zonenordnung im allgemeinen (E. 4b); b) in bezug auf Abweichungen vom kantonalen Richtplan (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 111 Ia 129 S. 129 Am 31. Oktober 1983 beschloss die Gemeindeversammlung Wiesendangen eine neue Nutzungsplanung. Diese umfasst unter anderem einen Zonenplan, der im Gebiet Ruchegg/Hinteregg eine Gewerbezone ausscheidet. Mit Beschluss vom 30. Mai 1984 schloss der Regierungsrat des Kantons Zürich diese Gewerbezone mangels Übereinstimmung mit dem kantonalen Gesamtplan von der Genehmigung aus. Die Gemeinde Wiesendangen führt in erster Linie wegen Verletzung der Gemeindeautonomie staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Dieses weist die Beschwerde ab. BGE 111 Ia 129 S. 130 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführerin wendet sich nicht nur gegen den Nichtgenehmigungsbeschluss des Regierungsrates als solchen. Sie ficht vorfrageweise auch den kantonalen Gesamtplan an, auf den der Regierungsrat die Nichtgenehmigung der Gewerbezone Ruchegg/Hinteregg stüzt. a) Der kantonale Gesamtplan nach zürcherischem Recht (§§ 18 ff., §§ 28, 29 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975, Planungs- und Baugesetz, PBG) ist ein Richtplan im Sinne der Art. 6 ff. des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG; BGE 107 Ia 85 ff. E. 2c). Als solcher ist er nicht für die Eigentümer der erfassten Grundstücke, sondern nur für die Behörden verbindlich ( Art. 9 Abs. 1 RPG ), d.h. für alle staatlichen und gegebenenfalls privatrechtlich konstituierten Organe, die raumplanerische Aufgaben zu erfüllen haben ( BGE 107 Ia 80 /81 E. 1 mit Hinweisen). Der kantonale Gesamtplan ist somit auch für die Gemeindeversammlung Wiesendangen als Organ der kommunalen Nutzungsplanung verbindlich ( § 16 Abs. 1 PBG ). b) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Zonenplan der Gemeinde Wiesendangen vom 31. Oktober 1983 dem Gesamtplan des Kantons Zürich vom 10. Juli 1978 in bezug auf die Gewerbezone Ruchegg/Hinteregg widerspricht. Jenes Gelände ist im Gesamtplan als Bauentwicklungsgebiet bezeichnet, das voraussichtlich erst nach 20-25 Jahren der Besiedlung dienen soll (§ 21 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 PBG). Demgegenüber weist der Zonenplan das Gebiet den Gewerbezonen 1 und 2 und damit der Bauzone zu. In diesem Umfang ficht die Beschwerdeführerin den kantonalen Gesamtplan an. c) Der Zürcher Gesamtplan ist vom Kantonsrat am 10. Juli 1978 erlassen und mit seiner Bekanntmachung für die kommunalen und kantonalen Behörden des Kantons in Kraft getreten (vgl. § 35 Abs. 2 PBG ; vgl. Art. 11 Abs. 2 RPG ). Die Gemeinde Wiesendangen hätte den Gesamtplan damals innert 30 Tagen seit seiner Bekanntmachung wegen Verletzung ihrer Autonomie mit staatsrechtlicher Beschwerde beim Bundesgericht anfechten können ( Art. 89 Abs. 1 OG ). Sie wurde zu jenem Zeitpunkt durch den Plan in ihrer Eigenschaft als Planungsträgerin und damit als Trägerin hoheitlicher Gewalt betroffen ( § 16 Abs. 1 PBG ). Ihre Rechtsstellung unterscheidet sich somit von jener des Eigentümers eines BGE 111 Ia 129 S. 131 erfassten Grundstücks; dieser wird durch den Richtplan selbst wegen der blossen Behördenverbindlichkeit nicht unmittelbar betroffen, weshalb ihm die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 88 OG fehlt ( BGE 107 Ia 77 ff.). Für die Gemeinde Wiesendangen ist die Frist, den Gesamtplan mit einer selbständigen Autonomiebeschwerde beim Bundesgericht anzufechten, längst verstrichen. d) Ähnlich der akzessorischen Normenkontrolle lässt die bundesgerichtliche Rechtsprechung die Anfechtung von Nutzungsplänen bei deren späteren Anwendung dann noch zu, wenn sich der Betroffene bei Planerlass noch nicht über die ihm auferlegten Beschränkungen Rechenschaft geben konnte und er im damaligen Zeitpunkt keine Möglichkeit hatte, seine Interessen zu verteidigen. Die Gültigkeit eines Zonenplans muss stets dann noch in Zweifel gezogen werden können, wenn die gesetzlichen Vorschriften über die Ortsplanung geändert werden oder wenn sich die tatsächliche Situation seit Erlass des Zonenplans in einer Weise gewandelt hat, dass das öffentliche Interesse an den auferlegten Eigentumsbeschränkungen dahingefallen sein könnte ( BGE 107 Ia 334 E. 1b; 106 Ia 316 /317 E. 3, 387 E. 3c mit Hinweisen). Diese Grundsätze beziehen sich freilich auf das Verhältnis zwischen Nutzungsplänen und betroffenen Grundeigentümern. Ein vergleichbares Verhältnis besteht indessen zwischen einem kantonalen Richtplan und einer Gemeinde als Planungsträgerin. So wie der Private durch den Nutzungsplan in der Freiheit eingeschränkt wird, sein Grundeigentum zu nutzen, so wird in ähnlicher Weise eine Gemeinde durch einen Richtplan eingeschränkt, ihre Nutzungsplanung zu gestalten. Es liegt daher nahe, die allgemeinen Grundsätze über die Anfechtung von Nutzungsplänen auch auf jene Fälle anzuwenden, in denen eine Gemeinde einen kantonalen Richtplan anficht. e) Wie erwähnt, ist die Frist zur Anfechtung des Zürcher Gesamtplans abgelaufen. Zu prüfen ist somit, ob die Gemeinde Wiesendangen den Plan noch im heutigen Zeitpunkt, d.h. bei dessen Anwendung auf die Ortsplanungsrevision anfechten kann. Nach dem früheren Zonenplan der Gemeinde Wiesendangen vom 23. Oktober 1970 befand sich das umstrittene Gebiet Ruchegg/Hinteregg in der Gewerbezone. Mit dem Gesamtplan vom 10. Juli 1978 wies der Zürcher Kantonsrat die Fläche dem Bauentwicklungsgebiet zu. Er erachtete dieses Land somit nicht als Siedlungsgebiet, das voraussichtlich innert 20-25 Jahren benötigt BGE 111 Ia 129 S. 132 wird und erschlossen werden kann ( § 21 Abs. 2 PBG ); mit der Bezeichnung als Bauentwicklungsgebiet ordnete er vielmehr an, dass die Fläche "voraussichtlich in einem späteren Zeitpunkt der Besiedlung dienen" wird ( § 21 Abs. 3 PBG ). Da nach § 16 Abs. 1 PBG die Nutzungsplanungen jeder Art und Stufe der Richtplanung zu entsprechen haben, stand für die Gemeinde Wiesendangen mithin schon im Zeitpunkt der Schaffung des kantonalen Gesamtplans fest, dass sie im Gebiet Ruchegg/Hinteregg keine Bauzone und damit auch keine Gewerbezone mehr ausscheiden durfte. Über diese Wirkung des Gesamtplans musste sich die Gemeinde angesichts der unmissverständlichen Regelung von § 21 Abs. 2 und 3 sowie § 16 Abs. 1 PBG im klaren sein. Ebenso wie heute muss ihr schon damals bekannt gewesen sein, dass sie sich gegen Verletzungen ihrer Autonomie mit staatsrechtlicher Beschwerde zur Wehr setzen konnte. Da inzwischen weder die entsprechenden Vorschriften über die Richtpläne geändert worden sind noch die tatsächlichen Verhältnisse sich gewandelt haben, kann insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden, als sie sich gegen die Gebietsausscheidung des kantonalen Gesamtplans im Bereich Ruchegg/Hinteregg richtet. f) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin verstösst dieses Ergebnis nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Die Frage, ob Richtpläne auch noch bei deren Anwendung auf kommunale Nutzungsplanungen mit der Autonomiebeschwerde beim Bundesgericht in Frage gestellt werden können, beurteilt sich ausschliesslich nach den Grundsätzen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung. Aus dem Verhalten kantonaler Behörden kann die Beschwerdeführerin daher von vornherein nichts zu ihren Gunsten ableiten; solches vermag das Bundesgericht auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben klarerweise nicht zu binden. 4. a) Ist eine Gemeinde in einem bestimmten Sachbereich autonom, so kann sie sich mit staatsrechtlicher Beschwerde dagegen zur Wehr setzen, dass die kantonale Behörde im Rechtsmittelverfahren ihre Prüfungsbefugnis überschreitet oder dass sie bei der Anwendung der kommunalen, kantonalen oder bundesrechtlichen Normen, die den betreffenden Sachbereich ordnen, gegen das Willkürverbot verstösst oder, soweit Verfassungsrecht in Frage steht, dieses unrichtig auslegt oder anwendet ( BGE 109 Ia 45 E. 2b mit Hinweisen). b) Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung steht den zürcherischen Gemeinden beim Erlass einer Bau- und BGE 111 Ia 129 S. 133 Zonenordnung im Sinne von § 45 ff. PBG ein weiter Gestaltungsraum zu; sie sind insoweit grundsätzlich autonom (Urteil vom 14. März 1984 i.S. Politische Gemeinde Uitikon, E. 4, ZBl 85/1984, S. 514). Es wird zu prüfen sein, ob und allenfalls inwieweit die Gemeinden auch in jenen Bereichen autonom sind, die von den nichtgenehmigten Teilen der Bau- und Zonenordnung sowie des Zonenplans berührt werden. Ist diese Frage zu verneinen, so erweist sich die Autonomiebeschwerde im betreffenden Punkt schon deshalb als unbegründet. Ist sie dagegen zu bejahen, wird weiter zu prüfen sein, ob die Nichtgenehmigung der umstrittenen Zoneneinteilung die Autonomie der Beschwerdeführerin verletzt. 5. Die Beschwerdeführerin sieht sich zunächst dadurch in ihrer Autonomie verletzt, dass der Regierungsrat die Zuweisung des Gebiets Ruchegg/Hinteregg zur Gewerbezone nicht genehmigt hat. a) Wie dargelegt, kann die Gemeinde Wiesendangen den Gesamtplan des Kantons Zürich im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Frage stellen (E. 3). Der Plan bildet daher die Grundlage der folgenden Beurteilung. b) Als Richtplan regelt der Gesamtplan des Kantons Zürich die Nutzung des Bodens und die Besiedlung des Landes nur in den Grundzügen ( § 28 Abs. 1 PBG ; Art. 6 Abs. 1 RPG ). Er grenzt die einzelnen Gebiete nicht auf die Parzellen genau, sondern bewusst unscharf ab. Er überlässt es der kommunalen Zonenplanung, die jeweils zulässige Nutzung präzis abzugrenzen; insoweit verbleibt den Gemeinden ein planerischer Ermessensspielraum. Im weitern überlässt er es den Gemeinden, verschiedene Nutzungszonen mit zum Teil verschiedener Nutzungsintensität zu schaffen ( § § 48 ff., § 53 PBG ). Schliesslich lässt das Zürcher Planungs- und Baugesetz Abweichungen von den Richtplänen zu, wenn sie sachlich gerechtfertigt und untergeordneter Natur sind und es nach den Umständen als unzumutbar erscheint, vorher die Richtplanung zu ändern ( § 16 Abs. 2 PBG ). Den Zürcher Gemeinden verbleibt somit im allgemeinen auch unter der Herrschaft des Gesamtplans eine erhebliche Entscheidungsfreiheit. Sie sind daher insoweit grundsätzlich autonom. Der Gesamtplan enthält indessen auch absolute Schranken, die den Gemeinden die Entscheidungsfreiheit in einzelnen Bereichen entziehen. So sind die Bauzonen zwingend innerhalb des Siedlungsgebiets gemäss Gesamtplan auszuscheiden ( § 47 Abs. 1 PBG ). Den Gemeinden ist es somit schlechthin verwehrt, grössere BGE 111 Ia 129 S. 134 Flächen ausserhalb des Siedlungsgebiets der Bauzone zuzuweisen (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 PBG ). Insoweit sind sie nicht autonom. c) Die Fläche Ruchegg/Hinteregg befindet sich gemäss Gesamtplan des Kantons Zürich im Bauentwicklungsgebiet. Sie gilt demzufolge als Land, das voraussichtlich in einem späteren Zeitpunkt der Besiedlung dient ( § 21 Abs. 3 PBG ). Es ist somit kein Siedlungsgebiet. Mithin fehlte der Beschwerdeführerin jegliche Entscheidungsfreiheit, in diesem Gebiet eine Bauzone auszuscheiden. Der Regierungsrat durfte ihr daher in diesem Bereich die Autonomie ohne Willkür absprechen. Die Rüge der Autonomieverletzung geht deshalb in diesem Punkt fehl.
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de
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Federation
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Urteilskopf 137 V 373 38. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Pensionskasse Energie (PKE) gegen F. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_35/2011 vom 6. September 2011
Regeste Art. 19 Abs. 3 BVG ; Art. 20 Abs. 1 lit. b BVV 2 ; Auslegung/Tragweite des Begriffs "Rente". Auslegung von Art. 20 Abs. 1 lit. b BVV 2 : Die für den Anspruch auf eine Witwen-/Witwerrente vorausgesetzte zugesprochene Rente kann auch eine befristete Rente sein (E. 2-6).
Sachverhalt ab Seite 373 BGE 137 V 373 S. 373 A. Mit Urteil vom 30. November 2006 wurde die am 14. Juni 1983 geschlossene Ehe zwischen F. und H. geschieden und H. verpflichtet, F. bis und mit September 2017 einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Fr. 2'700.- und ab Oktober 2017 bis September 2018 BGE 137 V 373 S. 374 einen solchen von Fr. 2'000.- zu bezahlen. Am 28. Januar 2009 verstarb H., welcher bei der Pensionskasse Energie (PKE; nachfolgend: Pensionskasse) berufsvorsorgeversichert gewesen war. Mit Schreiben vom 18. Juni 2009 beantragte F. bei der Pensionskasse die Ausrichtung einer Witwenrente. Die Vorsorgeeinrichtung wies das Begehren mit Schreiben vom 15. Oktober und 26. November 2009 ab. Am 16. April 2010 liess F. Klage am Versicherungsgericht des Kantons Solothurn erheben mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass die Beklagte mit Wirkung ab 1. Februar 2009 bis mindestens Monat September 2018 eine Witwenrente nach Massgabe der gesetzlichen Vorschriften über die berufliche Vorsorge schulde. Die Beklagte sei anzuweisen, die ihr zustehende Witwenrente zu berechnen und ihr zu eröffnen. B. Mit Entscheid vom 29. November 2010 hiess das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Klage gut und verpflichtete die Pensionskasse, F. rückwirkend ab 1. Februar 2009 bis und mit September 2018 monatlich eine - noch zu berechnende - Witwenrente zu leisten, zuzüglich 5 % Zins auf den Rückständen ab 1. Februar 2009. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Pensionskasse, unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass F. kein Anrecht auf eine Witwenrente habe. Eventualiter sei die Sache zwecks Abklärung des Sachverhalts und Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Subeventualiter seien F. Zinsen ab Klageerhebung vom 16. April 2010 zu gewähren. Das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn und F. schliessen auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) eine Vernehmlassung einreicht, ohne einen Antrag zu stellen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gestützt auf die Delegationsnorm von Art. 19 Abs. 3 BVG (SR 831.40) hat der Bundesrat in Art. 20 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2; SR 831.441.1) Bestimmungen über den Anspruch der geschiedenen Ehegatten auf Hinterlassenenleistungen erlassen. Danach ist der geschiedene Ehegatte nach dem Tod seines früheren Ehegatten der Witwe oder dem Witwer gleichgestellt, sofern die Ehe BGE 137 V 373 S. 375 mindestens zehn Jahre gedauert hat (lit. a) und dem geschiedenen Ehegatten im Scheidungsfall eine Rente oder eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente zugesprochen wurde (lit. b). 3. Streitig und zu prüfen ist der Anspruch der Beschwerdegegnerin auf eine Witwenrente. Unbestritten ist, dass sie die Voraussetzung für einen Witwenrentenanspruch nach lit. a der genannten Bestimmung erfüllt. Hingegen steht in Frage, ob als Voraussetzung der zugesprochenen Rente nach lit. b befristete Unterhaltszahlungen genügen, wie sie der Beschwerdegegnerin im Scheidungsurteil bis September 2018 zugesprochen worden waren, oder ob eine lebenslängliche Rente vorausgesetzt ist. 3.1 Die Vorinstanz hat einen Anspruch bejaht und Art. 20 Abs. 1 lit. b BVV 2 dahingehend ausgelegt, dass auch eine nicht lebenslänglich zugesprochene Unterhaltsleistung als Voraussetzung genüge, dies unter Hinweis auf den unzweideutigen Wortlaut der Bestimmung, wonach das Wort "lebenslänglich" lediglich im Zusammenhang mit der "Kapitalauszahlung" zu verstehen sei, auf die Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 1 vom 24. Oktober 1986 und Nr. 75 vom 2. Juli 2004 und auf die überzeugenden Ausführungen von HANS MICHAEL RIEMER (Familienrechtliche Beziehungen als Leistungsvoraussetzungen gemäss AHVG/IVG, BVG-Obligatorium und freiwilliger beruflicher Vorsorge, SZS 1986 S. 169 ff.). 3.2 Die beschwerdeführende Pensionskasse rügt demgegenüber eine bundesrechtswidrige Auslegung des Art. 20 Abs. 1 BVV 2 . Sie macht geltend, die Vorinstanz verkenne die korrekte Anwendung von Art. 19 Abs. 3 BVG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 BVV 2 . Sie habe die Unterscheidung zwischen dem Anspruch der geschiedenen Witwe auf eine Rente und der Berechnung des Versorgerschadens nicht vorgenommen. Zudem stütze sie sich auf veraltete Lehrmeinungen und ihre Begründung, dass eine Unterscheidung von lebenslänglich und nicht lebenslänglich nur bei Kapitalzahlungen Sinn mache, sei nicht stichhaltig. Die grammatikalische, historische sowie teleologische Auslegung spreche eindeutig dafür, dass ein Anspruch nur bei einer lebenslänglichen Rente bestehe. 3.3 Die Beschwerdegegnerin schliesst sich in ihrer Vernehmlassung im Wesentlichen der Argumentation der Vorinstanz an. 4. Das Bundesgericht hat sich zur streitigen Frage bisher nicht explizit geäussert. Zwar ging es in den bisherigen Urteilen betreffend den Anspruch auf Geschiedenen-Witwenrenten von der jeweils BGE 137 V 373 S. 376 unbestritten erfüllten Voraussetzung einer lebenslänglichen Unterhaltsverpflichtung aus, ohne jedoch die Frage zu vertiefen, da diese Urteile - im Unterschied zur vorliegenden Konstellation - alle Fälle mit lebenslänglichen Scheidungsrenten betrafen (SVR 2011 BVG Nr. 10 S. 35, 9C_1079/2009; SVR 2006 BVG Nr. 18 S. 63, B 85/04; SVR 2001 BVG Nr. 19 S. 73, B 6/99; SZS 1995 S. 137, B 30/93; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 89/05 vom 13. Februar 2006) oder dann Kapitalauszahlungen (SZS 1999 S. 242, B 45/96; SVR 1994 BVG Nr. 8 S. 21, B 10/93; Urteil B 135/06 vom 9. November 2007). 5. 5.1 Ausgangspunkt jeder Auslegung bildet der Wortlaut. Ist der Text nicht klar und sind verschiedene Interpretationen möglich, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente. Abzustellen ist dabei namentlich auf die Entstehungsgeschichte, auf den Zweck der Norm, die ihr zugrunde liegenden Wertungen und ihre Bedeutung im Kontext mit anderen Bestimmungen. Die Materialien sind zwar nicht unmittelbar entscheidend, dienen aber als Hilfsmittel, um den Sinn der Norm zu erkennen. Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen und nur dann allein auf das grammatikalische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei die sachlich richtige Lösung ergab ( BGE 135 II 78 E. 2.2 S. 81; BGE 135 V 153 E. 4.1 S. 157, BGE 135 V 249 E. 4.1 S. 252; BGE 134 I 184 E. 5.1 S. 193; BGE 134 II 249 E. 2.3 S. 252). 5.2 Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der Delegationsnorm eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen ( BGE 131 V 263 E. 5.1 S. 266 mit Hinweisen). Ebenfalls ist den Grundrechten und verfassungsmässigen Grundsätzen Rechnung zu tragen und zwar in dem Sinne, dass - sofern durch den Wortlaut (und die weiteren massgeblichen normunmittelbaren Auslegungselemente) nicht klar ausgeschlossen - der Verordnungsbestimmung jener Rechtssinn beizumessen ist, welcher im Rahmen des Gesetzes mit der Verfassung (am besten) übereinstimmt (verfassungskonforme oder verfassungsbezogene Interpretation; BGE 135 I 161 E. 2.3 S. 163 mit Hinweis). 6. 6.1 Zunächst ist der sprachliche Sinn des Passus "eine Rente oder eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente" in Art. 20 BGE 137 V 373 S. 377 Abs. 1 lit. b BVV 2 zu ermitteln. Aus dem Sprachsinn ergibt sich nicht, dass der Begriff "lebenslänglich" auch für die Rente zu gelten hat. Nach der Satzstellung und dem allgemeinen Sprachgebrauch ist vielmehr davon auszugehen, dass "lebenslänglich" gerade nur für die Kapitalabfindung gilt und es sich bei der Rente demzufolge nicht um eine lebenslängliche handeln muss, zumal ansonsten der Passus anders hätte formuliert werden können ("eine lebenslängliche Rente und eine Kapitalabfindung für eine solche ..." oder Ähnliches). Das Gleiche gilt für die französische Fassung ("b. qu'il ait bénéficié, en vertu du jugement de divorce, d'une rente ou d'une indemnité en capital en lieu et place d'une rente viagère"). Die italienische Fassung ist deshalb nicht zum Vergleich heranzuziehen, da darin auf Grund eines redaktionellen Versehens die Rente neben der Kapitalleistung vergessen ging ("b. in virtù della sentenza di divorzio, gli sia stata assegnata un'indennità in capitale invece di una rendita vitalizia"). 6.2 Auch aus der Entstehungsgeschichte lässt sich nicht ableiten, dass entgegen dem Wortlaut von einer lebenslänglichen Rente als Voraussetzung auszugehen wäre. Vielmehr führt das BSV in der Mitteilung Nr. 1 über die berufliche Vorsorge vom 24. Oktober 1986 aus, Art. 20 BVV 2 verfolge den Zweck, den sog. Versorgerschaden auszugleichen, den die geschiedene Frau durch den Wegfall dieser Unterhaltsbeiträge erlitten habe (vgl. dazu auch Urteil B 135/06 vom 9. November 2007 und das darin zitierte Urteil SZS 1999 S. 242, B 45/96). Erhalte sie gleichzeitig Leistungen von anderen Versicherungen, wie in- und ausländische Sozialversicherungen (z.B. AHV, IV) und Vorsorgeeinrichtungen nach Art. 24 Abs. 2 BVV 2 , verringere sich der Versorgerschaden dementsprechend, so dass die Vorsorgeeinrichtung dann nur noch den verbleibenden Versorgerschaden auszugleichen habe. Diese Kürzungsregel von Art. 20 Abs. 2 BVV 2 wolle, wie die übrigen Kürzungsbestimmungen des BVG, eine ungerechtfertigte Überentschädigung vermeiden. Was die praktische Durchführung anbelange, könne Folgendes bemerkt werden: Wenn die Unterhaltspflicht gemäss Scheidungsurteil zeitlich beschränkt sei, bestehe der Leistungsanspruch der geschiedenen Frau ebenfalls nur bis zum Ablauf dieser Frist. Wenn der geschiedene Mann erst nach diesem Zeitpunkt gestorben sei, so sei sie folglich überhaupt nicht leistungspflichtig, weil kein Versorgerschaden mehr bestehe. Wenn im Scheidungsurteil der Unterhaltsbeitrag nicht in Form einer Rente, sondern als Kapitalabfindung vorgesehen war, BGE 137 V 373 S. 378 komme es entscheidend darauf an, was alles damit abgegolten werden solle. Massgebend sei vor allem, ob auch die mit der Scheidung der Ehe verloren gegangene Anwartschaft auf eine Witwenrente abgefunden worden sei. Sei dies der Fall, so könne die geschiedene Frau später nicht mehr wie eine Witwe nochmals eine Hinterlassenenleistung beanspruchen. Das BSV ging also auch davon aus, ein befristeter Unterhaltsbeitrag könne auch einen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente auslösen, diese bestehe dann aber auch befristet. Es müsse aber jedenfalls ein Versorgerschaden vorliegen. Dass ein Versorgerschaden Voraussetzung sein soll für einen Anspruch auf Hinterlassenenleistungen, hat das Bundesgericht in mehreren Urteilen festgehalten ( BGE 134 V 208 E. 4.3.4 S. 220 und E. 6 S. 222; Urteile des Eidg. Versicherungsgerichts B 6/99 vom 11. Juni 2001 E. 3a und B 30/93 vom 21. April 1994 E. 3a). Diesen Grundgedanken hatte auch das BSV im Kommentar vom 9. August 1983 zum Entwurf der BVV 2, S. 27, zum Ausdruck gebracht (vgl. hiezu SVR 1994 BVG Nr. 8 S. 21, B 10/93). Im Rahmen der 1. BVG-Revision wurde auf Grund des in Kraft getretenen neuen Scheidungsrechts (Vorsorgeausgleich) die Abschaffung der Geschiedenen-Hinterlassenenrente resp. die Streichung der entsprechenden Delegationsnorm in Art. 19 Abs. 3 BVG erwogen, schliesslich aber darauf verzichtet. Letzteres geschah nicht zuletzt mit Rücksicht auf jene Fälle, in denen die Scheidung im Rentenalter - und damit ohne Teilung der Austrittsleistung gemäss Art. 122 ZGB - vollzogen wurde und der geschiedene Ehegatte (allenfalls zu Unrecht) keine angemessene Entschädigung nach Art. 124 ZGB zugesprochen erhielt. In der vorberatenden ständerätlichen Kommission wurde damals eingeräumt, dass die (neuen) scheidungsrechtlichen Vorsorgeregelungen gemäss Art. 122 ff. ZGB in der Praxis (noch) nicht durchwegs konsequent umgesetzt wurden; die Geschiedenen-Hinterlassenenrente sollte daher beibehalten werden, um gewisse finanzielle Schwierigkeiten zu kompensieren; klar brachte man indessen den Willen zum Ausdruck, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten in der Verordnung - wie bisher - restriktiv umschrieben und der Leistungsumfang jedenfalls auf den Versorgerschaden resp. den Anspruch aus dem Scheidungsurteil begrenzt blieb (Protokolle der ständerätlichen Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 1.-3. Juli 2002, S. 24-26 und vom 14.-15. Oktober 2002, S. 32 f.). Dementsprechend beliess es der Verordnungsgeber im Rahmen der Anpassung der BVV 2 an die 1. BVG-Revision denn auch bewusst BGE 137 V 373 S. 379 bei der Kürzungsregelung des Art. 20 Abs. 2 BVV 2 (Mitteilungen des BSV über die berufliche Vorsorge Nr. 75 vom 2. Juli 2004, Erläuterungen zu den Änderungen in der BVV 2 zu Art. 20). Aus diesen gesetzgeberischen Überlegungen wird deutlich, dass die Beibehaltung der Hinterlassenenrente für geschiedene Ehegatten im Bereich des BVG-Minimums zwar als sozial sachgerecht und billig, keineswegs aber als (verfassungs-)rechtlich zwingend erachtet wurde; sie sollte allfällige scheidungsrechtliche Härten mindern, ohne aber Gewähr dafür bieten zu können, dass diese durch die BVG-Leistung in jedem Fall vollständig kompensiert werden resp. dass damit der effektive Versorgerschaden stets vollumfänglich ausgeglichen wird. 6.3 Eine einhellige Lehrmeinung hinsichtlich der streitigen Frage besteht nicht. HANS-MICHAEL RIEMER (Familienrechtliche Beziehungen als Leistungsvoraussetzungen gemäss AHVG/IVG, BVG-Obligatorium und freiwilliger beruflicher Vorsorge, SZS 1986 S. 169 ff.) führte aus, entsprechend den parlamentarischen Beratungen sei eine gegenüber der AHV abweichende Lösung beabsichtigt gewesen; dabei sollten mit Art. 20 Abs. 2 BVV 2 - eine Rückkehr zum Versorgerschadenprinzip einer früheren AHV-Regelung - bei der AHV vorgekommene Missbräuche (kleinste und befristete Unterhaltsleistungen "einzig mit dem Ziel, der geschiedenen Frau beim Tod ihres geschiedenen Mannes eine AHV-Witwenrente zu sichern") verhindert werden (was aber wiederum dann zu einem unbefriedigenden Ergebnis führe, wenn die Scheidungsrente wegen der bescheidenen Einkommensverhältnisse des Mannes niedrig ist). Eine befristete oder niedrige Unterhaltsleistung im Scheidungsfalle könne daher dazu führen, dass eine Leistung nach Art. 20 BVV 2 gar nicht einsetze oder bald wieder ende, während bei einer Kapitalabfindung ein Versorgerschaden der geschiedenen Frau aus dem Tode ihres Ex-Ehemannes grundsätzlich von vornherein verneint werde. Im von der Beschwerdeführerin zitierten neueren Werk (Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, 2. Aufl. 2006) führte RIEMER zwar aus, entgegen dem Wortlaut von Art. 20 Abs. 1 lit. b BVV 2 scheine auch das Eidg. Versicherungsgericht bei der "Rente" lebenslänglich vorauszusetzen. Er erwähnte aber auch unter Hinweis auf den Kommentar des BSV zum Entwurf der BVV 2, dass sich im Übrigen aus Art. 20 Abs. 2 BVV 2 ergebe, dass bei einer - relativ BGE 137 V 373 S. 380 häufig aktuellen - richterlichen Befristung einer Scheidungsrente die diesbezüglichen Leistungen der Vorsorgeeinrichtung auch nur bis zum Ablauf dieser Frist ausgerichtet werden müssten, womit - entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin - ebenfalls von der Möglichkeit auch befristeter Renten auszugehen ist. URS ENGLER (Unterhaltsbeitrag und BVG-Leistungen an geschiedene Frauen, BJM 1991 S. 169) ist der Auffassung, Unterhaltsrenten müssten nicht lebenslänglich zugesprochen sein, beim Tode des Rentenschuldners aber noch laufen. Wenn die Rente zeitlich begrenzt sei, so bestehe auch nur ein entsprechend begrenzter Anspruch gegenüber der Vorsorgeeinrichtung. ULRICH MEYER-BLASER führte in der Rechtsprechungsübersicht in der SZS 1995 S. 91 aus, wie im Bereich von Art. 23 Abs. 2 AHVG müsse sich der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Frau aus dem Scheidungsurteil oder der Scheidungskonvention selbst ergeben. Freiwillig bezahlte höhere Unterhaltsbeiträge seien unbeachtlich. Die Praxis zu Art. 23 Abs. 2 AHVG ( BGE 110 V 245 f. E. 2) sei im Bereich von Art. 20 BVV 2 anwendbar (Urteil B 30/93 vom 21. April 1994). Unterschiede bestünden insofern, als Art. 20 Abs. 1 BVV 2 , unter stärkerer Berücksichtigung des Versorgerschadensgedankens, eine Rente oder eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente verlange, somit im Gegensatz zu Art. 23 Abs. 2 AHVG nicht bloss zeitlich befristete Unterhaltsbeiträge genügen lasse (Urteil B 10/93 vom 28. Februar 1994). Dabei ist jedoch zu beachten, dass ab 1. Januar 1997 Art. 23 AHVG ebenfalls anders lautete und die Anspruchsvoraussetzungen auch im AHVG geändert wurden. HANS-ULRICH STAUFFER (Berufliche Vorsorge, 2005) führt in Rz. 692 f. aus, bezüglich der Leistung aus Scheidungsurteil spreche die Verordnung von "Renten oder Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente". Beides bedürfe einer weiteren Interpretation. Erfolge die Leistung als Kapitalabfindung, so müsse diese anstelle einer lebenslänglichen Rente erfolgen. Da eine Rente jeweils mit dem Tod des Berechtigten oder des Verpflichteten ende, entspreche die Kapitalabfindung versicherungsmathematisch der jeweils kürzeren Lebenserwartung. Dies sei von Bedeutung bei der allenfalls notwendigen Berechnung des monatlichen Anspruchs aus Scheidungsurteil bezüglich einer Leistungskürzung nach Art. 20 Abs. 2 BVV 2 . Fraglich könne sein, ob an die Höhe der Kapitalabfindung weitere Voraussetzungen zu stellen seien. Da im BVG der Gedanke des BGE 137 V 373 S. 381 Versorgerschadens stärkere Berücksichtigung finde, müsse im Einklang mit dem Verordnungstext eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Unterhaltszahlung vorliegen, was durch die Rechtsprechung bestätigt worden sei (MEYER-BLASER, SZS 1995 S.91, und SVR 1994 BVG Nr. 8 S. 21, B 10/93). Die Kapitalabfindung dürfe zudem nicht bloss symbolisch sein. Diesbezüglich habe das Eidg. Versicherungsgericht entschieden, dass eine einmalige Kapitalabfindung von Fr. 1'000.- nicht einer Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente entspricht (SZS 1999 S. 244, B 45/96 E. 1c). Im von der Beschwerdeführerin ins Feld geführten neueren Werk (HANS-ULRICH STAUFFER, Die berufliche Vorsorge, in: Die Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Sozialversicherungsrecht, Murer/Stauffer [Hrsg.], 2. Aufl. 2006) gibt der Autor die Meinung von MEYER wieder, ohne dies jedoch weiter zu begründen und, wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat, auch ohne sich zu seiner Meinungsänderung gegenüber seinem früheren Werk zu äussern. ALEXANDRA RUMO-JUNGO führt in "Die berufliche Vorsorge der geschiedenen Witwe: oder wie Max und Moritz der Witwe Bolte die Hühner stehlen" (in: Soziale Sicherheit - Soziale Unsicherheit, Riemer-Kafka/Rumo-Jungo [Hrsg.], 2010, S. 719 f.) aus, das Gesetz setze für die Ausrichtung einer Hinterlassenenrente voraus, dass die Hinterlassene bis anhin von ihrem geschiedenen Ehegatten eine Rente oder eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente bezogen habe. Es müsse sich nicht um eine lebenslängliche Rente handeln, doch müsse diese im Zeitpunkt des Todes der versicherten Person noch laufen. Dagegen verlange der Gesetzgeber eine Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente. Das sei an sich paradox, solle doch die Hinterlassenenrente gerade eine Versorgungslücke füllen, die mit dem Tod der versicherten Person für deren Hinterlassenen entstehe. Sei aber die geschiedene Witwe bereits lebenslänglich für den nachehelichen Unterhalt abgefunden worden, liege an sich keine Versorgungslücke vor. Aus diesem Grund müsste das Kapital an sich für eine Rente stehen, die seinerzeit für eine über den nunmehr eingetretenen Tod hinaus laufende Dauer kapitalisiert wurde. Nur so liege im Zeitpunkt des Todes eine Versorgungslücke vor (ebenso: ALEXANDRA RUMO-JUNGO, Berufliche Vorsorge bei Scheidung: alte Probleme und neue Perspektiven, in: Berufliche und freiwillige Vorsorge in der Scheidung, Rumo-Jungo/Pichonnaz [Hrsg.], 2010, S. 35). BGE 137 V 373 S. 382 6.4 Wie bereits ausgeführt, bezweckt die (BVG-)Hinterlassenenrente für geschiedene Ehegatten den Ersatz des Versorgerschadens. Dass gerade dies jedoch dafür ausschlaggebend sein soll, dass eine lediglich befristet zugesprochene Unterhaltsrente als Anspruchsvoraussetzung nicht genügt, wie von einigen Autoren ausgeführt wird, ist nicht stichhaltig. Wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, leuchtet es nicht ein, weshalb ein Versorgerschaden nur bei einer lebenslänglichen Unterhaltsrente (und bei einer Kapitalabfindung für eine lebenslängliche Rente) entstehen sollte. Dabei ist überdies zu beachten, dass es früher üblicher war, unbefristete Renten zuzusprechen, im Gegensatz zu heute (vgl. hiezu auch RIEMER, a.a.O., 2006, wonach die richterliche Befristung der Scheidungsrente aktuell relativ häufig sei). Wie das kantonale Gericht ebenfalls zutreffend erwogen hat, macht die Differenzierung zwischen lebenslänglich und nicht lebenslänglich im Zusammenhang mit dem Versorgerschaden nur bei der Kapitalabfindung wirklich einen Sinn, da grundsätzlich derjenige, der eine Kapitalabfindung erhält, gar keinen Versorgerschaden erleidet. Mit der Abfindung soll gerade das Risiko des Todes des Leistungsverpflichteten ausgeschaltet werden. 6.5 Zusammenfassend ergibt damit die Auslegung von Art. 20 Abs. 1 BVV 2 unter grammatikalischen, entstehungsgeschichtlichen und teleologischen Gesichtspunkten, dass auch eine befristet zugesprochene Unterhaltsleistung als Voraussetzung für den Anspruch auf Witwenrente der beruflichen Vorsorge genügt. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz einen grundsätzlichen Anspruch der Beschwerdegegnerin bejaht hat, wobei - wie die Vorinstanz ebenfalls richtig erwogen hat - der Anspruch in der Höhe noch zu berechnen sein wird, unter Berücksichtigung der weiteren anspruchsrelevanten Fragen wie das allfällige Vorliegen eines Konkubinats und der anrechenbaren Leistungen der übrigen Versicherungen. 6.6 Soweit sich danach ein Anspruch der Beschwerdegegnerin ergibt, wird auf diese Leistung entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht ab Anspruchsbeginn ein Verzugszins geschuldet, sondern erst ab Klageerhebung (16. April 2010), wie die Beschwerdeführerin zu Recht einwendet, da für BVG-Renten die Verzugszinsregelung von Art. 105 Abs. 1 OR gilt, wonach Verzugszinsen für Renten ab Betreibung oder Klageerhebung geschuldet sind (SZS 1997 S. 465 mit Hinweis auf BGE 119 V 131 E. 4 S. 133). Die Beschwerde ist in diesem Punkt gutzuheissen.
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Urteilskopf 95 IV 99 25. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 6 juin 1969 dans la cause Etablissement national pour commerce et industrie contre Chabloz et Ministère public du canton de Vaud
Regeste Unlauterer Wettbewerb. Art. 13 lit. d UWG . Wer seine Pflicht, alle seine Erzeugnisse einer Person vorzubehalten, verletzt, der begeht eine unlautere Wettbewerbshandlung nur, wenn die Gefahr einer Verwechslung besteht, sei es, dass der Täter diese Gefahr durch das Anbringen einer Marke oder eines Zeichens schafft, sei es, dass die Ware wegen ihres Aussehens auf dem Markt als Erzeugnis dessen gilt, der ausschliesslich zu ihrem Vertrieb berechtigt ist.
Sachverhalt ab Seite 100 BGE 95 IV 99 S. 100 Résumé des faits: A.- En 1965, l'Etablissement national pour commerce et industrie a confié à Chabloz la fabrication d'un bracelet de montres en tissu de monel avec fermoir breveté. Le 20 décembre 1966, Chabloz a cédé à la maison G. et F. Chatelain et, conjointement à Sandoz et Cie la licence de fabrication et de vente pour ces bracelets; il les livrait à la maison Chatelain, laquelle s'occupait de la fabrication des fermoirs et du montage. B.- Le 29 mai 1967, l'Etablissement national pour commerce et industrie a porté plainte contre Chabloz pour concurrence déloyale. Le 2 décembre 1968, le Juge informateur a rendu une ordonnance de non-lieu, que le Tribunal d'accusation vaudois a maintenue, le 10 mars 1969. C.- Le plaignant s'est pourvu en nullité. La Cour de cassation pénale a admis le pourvoi sur un point. Touchant l'art. 13 lit. d LCD, elle s'est exprimée comme il suit: Erwägungen Extrait des motifs: Il reste à examiner si Chabloz a pris des mesures pour faire naître une confusion avec les marchandises, l'activité ou l'entreprise d'autrui. Dans sa plainte, l'Etablissement national n'avait rien prétendu de tel. Selon l'arrêt attaqué, Chabloz semble avoir contrevenu à l'art. 13 litt. d LCD en fabriquant d'autres bracelets et fermoirs exactement semblables à ceux qu'il a livrés au plaignant et en les vendant pour son propre compte. Certes, après avoir livré au plaignant une centaine de bracelets en tissu de monel, Chabloz a cessé de travailler pour lui et a fabriqué le même article pour la maison Chatelain, qui, de décembre 1966 à juin 1967, a reçu plusieurs milliers de bracelets. L'artisan, le fabricant qui livre à une personne des articles qu'il produisait précédemment à l'intention d'une autre ne commet pas, par là même, un acte de concurrence déloyale. S'il s'était engagé à réserver toute sa production à la seconde, BGE 95 IV 99 S. 101 en livrant à la première, il viole une obligation contractuelle et s'expose à devoir réparer le dommage qui en résulte. Pour tomber sous le coup de l'art. 13 litt. d LCD, il faudrait que Chabloz n'ait pas simplement changé de client, mais ait pris des mesures (apposition d'une marque, d'un signe, d'une indication de provenance, etc.) pour que les bracelets livrés à la maison Chatelain risquent d'être confondus avec ceux que le plaignant se proposait de lancer sur le marché. Cela n'a pas été allégué. Il est vrai que l'art. 13 litt. d LCD protège aussi l'aspect donné à une marchandise: la forme, la couleur, les proportions, etc. (RO 90 IV 172). Or les bracelets vendus à la maison Chatelain ressemblent en tous points à ceux qui avaient été livrés à l'Etablissement national; c'est en réalité le même article, sans d'ailleurs qu'on puisse parler d'imitation, puisque les bracelets sortent tous du même atelier. Les bracelets livrés à l'un et à l'autre peuvent donc être confondus. Mais le plaignant n'a pas eu le temps de lancer son bracelet, de sorte que ce dernier n'a pu acquérir, sur le marché, en raison de son aspect, une réputation qui l'aurait fait connaître comme un article de l'Etablissement national. En l'absence de cet élément, il ne saurait être question, en l'espèce, de concurrence déloyale (RO 92 II 208). L'art. 13 litt. d LCD a du reste été conçu pour des situations différentes. Il tend à réprimer en particulier les agissements du fabricant qui, voulant profiter de la réputation d'une marchandise, produit un article qui lui ressemble. Il ne saurait s'appliquer au fabricant qui remplace un client par un autre.
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Urteilskopf 134 III 555 87. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Lancôme Parfums et Beauté & Cie gegen Focus Magazin Verlag GmbH (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_151/2008 vom 8. Juli 2008
Regeste Art. 6 Abs. 2 und 3 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken (MMA); Unabhängigkeit der internationalen Registrierung und Erlöschen des Schutzes im Ursprungsland. Der Widerspruch im Rahmen des Eintragungsverfahrens der Basismarke ist keine Klage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 MMA und somit kein Grund für eine über die fünfjährige Frist hinausreichende Abhängigkeit der internationalen Registrierung von der Basismarke (E. 2.4-2.7).
Sachverhalt ab Seite 556 BGE 134 III 555 S. 556 A. Die Focus Magazin Verlag GmbH, München (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist Inhaberin der internationalen Marke (IR) Nr. 663 349 FOCUS für Waren der Klasse 3 (savons; parfumerie, huiles essentielles, savons, fards, cosmétiques, lotions pour les cheveux, produits de soins corporels et de beauté, eaux et crèmes de rasage, désodorisants à usage personnel; produits de toilette tels que produits de nettoyage et dentifrices) und der Klasse 5 (produits pharmaceutiques et hygiéniques; substances diététiques à base de vitamines, d'albumine et/ou à base d'hydrates de carbone en tant que denrées alimentaires pour l'alimentation fortifiante, ou substances diététiques réduites en substance nutritives, à valeur calorifique contrôlée, aliments fortifiants pour le sport, préparations fortifiantes contenant des vitamines, des minéraux ainsi que des oligoéléments et des préparations stimulantes, ou similaires; les produits précités à usage médical). Gegen die am 23. Mai 1996 registrierte deutsche Basismarke wurden in Deutschland verschiedene Widersprüche eingereicht. Die Lancôme Parfums et Beauté & Cie, Paris (Klägerin, Beschwerdeführerin) gelangte am 11. August 2006 an das Handelsgericht des Kantons Bern mit dem Begehren, der schweizerische Teil der IR-Marke Nr. 663 349 FOCUS der Beschwerdegegnerin sei nichtig zu erklären. Ausserdem beantragte sie, das rechtskräftige Urteil sei dem Institut für geistiges Eigentum (IGE) mitzuteilen. Die Beschwerdeführerin begründete ihr Begehren im Wesentlichen mit dem Nichtgebrauch der Marke durch die Beschwerdegegnerin während der Frist von Art. 12 MSchG (SR 232.11). B. Das Handelsgericht des Kantons Bern wies die Klage auf Nichtigerklärung des schweizerischen Teils der internationalen Registrierung Nr. 663 349 FOCUS für die Waren in den Klassen 3 und 5 mit Urteil vom 6. November 2007 ab. Das Gericht kam zum Schluss, die fünfjährige Benutzungsschonfrist sei bis zum 8. Oktober 2003 stillgestanden bzw. habe erst ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen, da bis dahin ein wichtiger Grund für den Nichtgebrauch vorgelegen habe, denn im deutschen Widerspruchsverfahren habe noch die Möglichkeit eines "Zentralangriffs" bestanden, und es liege auch kein Rechtsmissbrauch vor. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen stellt die Beschwerdeführerin die Anträge, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Bern vom 6. November 2007 sei aufzuheben, es sei der schweizerische Teil BGE 134 III 555 S. 557 der internationalen Registrierung Nr. 663 349 FOCUS für Waren in der Klasse 3 und 5 nichtig zu erklären und das rechtskräftige Urteil sei dem IGE mitzuteilen. Sie rügt die Verletzung von Art. 12 Abs. 1 MSchG und von Art. 2 Abs. 2 ZGB sowie von Art. 6 Abs. 3 des Madrider Abkommens über die internationale Registrierung von Marken, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (MMA; SR 0.232.112.3). D. Die Beschwerdegegnerin beantragt in der Antwort die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 12 Abs. 1 MSchG kann der Inhaber der Marke sein Markenrecht nicht mehr geltend machen, wenn er diese während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nach unbenütztem Ablauf der Widerspruchsfrist oder nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens nicht gebraucht hat, ausser wenn wichtige Gründe für den Nichtgebrauch vorliegen. Im vorliegenden Fall ist nicht mehr umstritten, dass ein wichtiger Grund für den Nichtgebrauch darin zu sehen ist, dass gegen die Basismarke in Deutschland ein Widerspruchsverfahren hängig war und dass die Benutzungsschonfrist grundsätzlich während dieses Verfahrens unterbrochen war ( BGE 130 III 371 ; vgl. dazu DAVID, Bemerkungen zu BGE 130 III 371 , in: AJP 2004 S. 1267). Umstritten ist jedoch, wann der wichtige Grund für den Nichtgebrauch entfallen ist. Die Vorinstanz ist im angefochtenen Urteil zum Schluss gelangt, der Beschwerdegegnerin sei bis zum 8. Oktober 2003 nicht zuzumuten gewesen, den Gebrauch der Marke aufzunehmen, da bis zu diesem Zeitpunkt im Verfahren vor dem deutschen Bundespatentgericht die Möglichkeit bestanden habe, die Basismarke FOCUS mit einer Anschlussbeschwerde anzugreifen. Die Beschwerdeführerin hält dagegen, die in der Schweiz eingetragene internationale Marke FOCUS sei am 23. Mai 2001 - fünf Jahre nach ihrer Registrierung - unabhängig geworden, weil keine Klage gegen die Basismarke eingereicht worden sei. Die Vorinstanz habe insoweit Art. 6 Abs. 3 MMA verletzt. 2.1 Das MMA begründet für die Vertragsstaaten einen besonderen Verband für die internationale Registrierung von Marken ( Art. 1 Abs. 1 MMA ). Die Angehörigen eines jeden Vertragsstaates können sich in allen übrigen Vertragsländern den Schutz ihrer im BGE 134 III 555 S. 558 Ursprungsland für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marken dadurch sichern, dass sie diese Marken durch Vermittlung der Behörde des Ursprungslandes bei dem im Übereinkommen zur Errichtung der WIPO vorgesehenen Internationalen Büro für geistiges Eigentum hinterlegen ( Art. 1 Abs. 2 MMA ). Das Internationale Büro trägt die hinterlegte Marke sogleich in ein Register ein ( Art. 3 Abs. 4 MMA ). Vom Zeitpunkt der im Internationalen Büro vollzogenen Registrierung an ist die Marke in jedem der beteiligten Vertragsländer ebenso geschützt, wie wenn sie dort unmittelbar hinterlegt worden wäre und geniesst das Prioritätsrecht gemäss Art. 4 der Pariser Übereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 (PVÜ; SR 0.232.04; vgl. Art. 4 MMA ). Sowohl Deutschland wie die Schweiz sind Vertragsstaaten des MMA, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967. Beide Staaten sind auch dem Protokoll vom 27. Juni 1989 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken (SR 0.232.112.4; im Folgenden: MMP) beigetreten. Art. 9 sexies Abs. 1 MMP sieht vor, dass dieses Protokoll keine Wirkung im Hoheitsgebiet eines Staates hat, der sowohl Vertragspartei des MMA (Stockholmer Fassung) wie des MMP ist, wenn die Ursprungsbehörde einer bestimmten internationalen Registrierung ebenfalls einer Vertragspartei sowohl des MMP wie des MMA (Stockholmer Fassung) angehört. Diese Klausel wird aufgehoben und durch eine neue Fassung ersetzt, die am 1. September 2008 in Kraft tritt (vgl. http://www.wipo.int/edocs/notdocs/en/madridp-gp/treaty_madridp_gp_178.html ). Danach sind für Staaten, die sowohl an das MMA als auch an das MMP gebunden sind, nur noch die Bestimmungen des MMP anwendbar; der Vorrang des MMA wird durch den Vorrang des MMP ersetzt. Im vorliegenden Fall stellen die Parteien zu Recht nicht in Frage, dass noch das MMA anwendbar ist. 2.2 Art. 6 MMA regelt die Dauer der Gültigkeit einer internationalen Registrierung, die Unabhängigkeit der internationalen Registrierung und die Folgen des Erlöschens des Schutzes im Ursprungsland. Nach Art. 6 Abs. 2 MMA wird die internationale Registrierung unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen mit dem Ablauf einer Frist von fünf Jahren von der vorher im Ursprungsland eingetragenen nationalen Marke unabhängig. Art. 6 Abs. 3 MMA bestimmt: "Der durch die internationale Registrierung erlangte Schutz (...) kann (...) nicht mehr in Anspruch genommen werden, wenn innerhalb von fünf Jahren vom Zeitpunkt der internationalen BGE 134 III 555 S. 559 Registrierung an die vorher im Ursprungsland im Sinn des Artikels 1 eingetragene nationale Marke in diesem Land den gesetzlichen Schutz ganz oder teilweise nicht mehr geniesst. Das Gleiche gilt, wenn dieser gesetzliche Schutz später infolge einer vor Ablauf der Frist von fünf Jahren erhobenen Klage erlischt." Die Vorinstanz hat das verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren insofern einer zivilrechtlichen Klage gleichgesetzt und angenommen, dass ein vor Ablauf der Frist von fünf Jahren eingeleitetes Widerspruchsverfahren gegen die im Ursprungsland eingetragene nationale Marke bei Gutheissung des Widerspruchs auch nach Ablauf der Frist von fünf Jahren zum Dahinfallen des Schutzes der internationalen Registrierung führt. 2.3 Das Bundesgericht hat im die Parteien betreffenden Urteil vom 20. Februar 2004 in der - in BGE 130 III 371 nicht publizierten - Erwägung 1.4 obiter dictu bemerkt, dass ein Widerspruchsverfahren wohl nicht als Klage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 MMA qualifiziert werden könne. Diese Auffassung ist kritisiert worden (vgl. DAVID, a.a.O., S. 1269) und die Vorinstanz hat insbesondere gestützt darauf an ihrer Ansicht festgehalten, dass eine internationale Registrierung nach Ablauf der Frist von fünf Jahren ihren Schutz auch dann in Abhängigkeit von der Eintragung im Ursprungsland verliert, wenn die Basismarke im Widerspruchsverfahren ganz oder teilweise gelöscht wird. 2.3.1 Das Widerspruchsverfahren wird als Grund für eine über die fünfjährige Frist hinausreichende Abhängigkeit der internationalen Registrierung von der Basis ausdrücklich erwähnt in Art. 6 Abs. 3 MMP; dieses Abkommen ist zwar in hohem Masse am MMA orientiert und soll die Mitglieder zu einer speziellen Madrider Union für die Markenregistrierung verbinden (vgl. DIRK CHRISTIAN SCHLEI, Das Protokoll betreffend das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken, Bern 1993, S. 35 mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte). Es unterscheidet sich jedoch - trotz der Gemeinsamen Ausführungsordnung (Gemeinsame Ausführungsordnung vom 18. Januar 1996 zum Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken und zum Protokoll zu diesem Abkommen; SR 0.232.112.21) - in gewissen Fragen, um den Vorbehalten insbesondere von Staaten angelsächsischer Tradition Rechnung zu tragen (vgl. GERD F. KUNZE, Die neueren Entwicklungen auf dem Gebiet des internationalen Markenschutzes, insbesondere: Das Protokoll betreffend das Madrider Markenabkommen für die BGE 134 III 555 S. 560 internationale Eintragung von Marken vom 27. Juni 1989, in: Marke und Marketing, Bern 1990, S. 393; SCHLEI, a.a.O., S. 31 f.; MARBACH, Markenrecht, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht [SIWR], Bd. III, Basel 1996, S. 9; vgl. auch COTTIER/GERMANN, Bedeutung und Wirkung der Staatsverträge im Immaterialgüterrecht, in: SIWR, Bd. I/1, 2. Aufl., Basel 2002, S. 106). 2.3.2 Die Abhängigkeit der internationalen Registrierung von der nationalen oder regionalen Basismarke während fünf Jahren ist in Art. 6 Abs. 3 MMP grundsätzlich parallel zu Art. 6 Abs. 3 MMA formuliert. Allerdings bildete der Vorbehalt gegen den sogenannten Zentralangriff gerade einen der Gründe für den fehlenden Erfolg des MMA bzw. für die abweichende Regelung der internationalen Registrierung durch das MMP (vgl. KUNZE, a.a.O., S. 393). So sieht Art. 9 quinquies MMP im Gegensatz zum MMA für den Fall der Löschung der internationalen Registrierung wegen der Löschung oder fehlenden Registrierung der Basismarke vor, dass die internationale Registrierung in nationale oder regionale Gesuche umgewandelt werden kann, wobei die Priorität gewahrt bleibt (vgl. dazu SCHLEI, a.a.O., S. 45; KUNZE, a.a.O., S. 398 f.). Im Verhältnis unter Vertragsstaaten des MMA gilt diese Regelung nach Art. 9 sexies MMP aber gerade nicht. Vielmehr hat hier der erfolgreiche "Zentralangriff" auf die Basismarke nach Art. 6 Abs. 3 MMA den ersatzlosen Verlust der internationalen Registrierung zur Folge. 2.3.3 Als nationale oder regionale Basis der internationalen Registrierung kommt nach dem MMA nur eine im Ursprungsland bereits registrierte Marke in Betracht, während nach dem MMP die Anmeldung genügt (vgl. SCHLEI, a.a.O., S. 73 f.). Die Abhängigkeit der internationalen Registrierung von der Basis (Marke oder Anmeldung) ist dementsprechend in Art. 6 MMP eingehender geregelt, um insbesondere Missbräuchen vorzubeugen. So soll etwa ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung der Registrierung im Ursprungsland mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, um mit Ablauf der Fünfjahresfrist die Unabhängigkeit der internationalen Registrierung zu erreichen; die zeitliche Abhängigkeit wird daher ausgedehnt auf Rechtsmittelverfahren im Eintragungsverfahren und entsprechend auf verwaltungsrechtliche Widerspruchsverfahren (vgl. dazu KUNZE, a.a.O., S. 400 f.). Die Fünfjahresfrist wird allerdings nach dem MMP nicht verlängert, wenn das Amt des Ursprungslandes das Prüfungsverfahren über die Basisanmeldung in dieser Zeit nicht abgeschlossen hat (vgl. KUNZE, a.a.O., S. 401). BGE 134 III 555 S. 561 2.4 Nach dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 MMA entfällt der Schutz der internationalen Registrierung, wenn der gesetzliche Schutz der Basismarke später infolge einer vor Ablauf der Frist von fünf Jahren erhobenen Klage erlischt. Der massgebende französische Text lautet: "Il en sera de même lorsque cette protection légale aura cessé ultérieurement par suite d'une action introduite avant l'expiration du délai de cinq ans". Unter "action" ist eine zivilrechtliche Klage, nicht aber ein verwaltungsrechtlicher Einspruch bzw. die Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren zu verstehen; nach Art. 6 Abs. 4 MMA handelt es sich ausdrücklich um eine "action judiciaire". Dem Wortlaut der Bestimmung entsprechend haben die Vertragsstaaten darunter keine Beteiligung an einem Verwaltungsverfahren gemeint; das wird in der Kritik an der beiläufigen Bemerkung im Urteil vom 20. Februar 2004 nicht in Frage gestellt, wenn angeführt wird, dass der Widerspruch den Vertragsstaaten mit Ausnahme Deutschlands bis in die 90er Jahre unbekannt war (DAVID, a.a.O., S. 1269). Da die Abhängigkeit der internationalen Registrierung von der Basismarke nach der ausdrücklichen Bestimmung von Art. 6 Abs. 2 MMA im Grundsatz gerade auf fünf Jahre begrenzt ist, bedürfte es gewichtiger Gründe, um den im Staatsvertrag verwendeten, eindeutigen Begriff der (zivilrechtlichen) Klage auf das verwaltungsrechtliche Institut des Widerspruchs auszudehnen (vgl. zur Auslegung von Staatsverträgen BGE 122 II 234 E. 4c S. 238). 2.5 Die Gemeinsame Ausführungsordnung schreibt in Regel 22 der Ursprungsbehörde vor, das Internationale Büro zu benachrichtigen, wenn die Artikel 6 Absatz 3 und 4 des Abkommens (MMA) und/ oder Artikel 6 Absatz 3 und 4 des Protokolls (MMP) Anwendung finden. Insbesondere schreibt Regel 22 Abs. 1 lit. b der Gemeinsamen Ausführungsordnung die Benachrichtigung vor, wenn "ein in Artikel 6 Absatz 4 des Abkommens genanntes gerichtliches Verfahren oder ein in Artikel 6 Absatz 3 Ziffer i, ii oder iii des Protokolls genanntes Verfahren vor Ablauf der Frist von fünf Jahren begonnen, (...) aber vor Ablauf dieser Frist nicht zu dem in Artikel 6 Absatz 4 des Abkommens genannten rechtskräftigen Urteil oder zu der in Artikel 6 Absatz 3 Satz 2 des Protokolls genannten rechtskräftigen Entscheidung oder zu der Rücknahme oder dem Verzicht nach Artikel 6 Absatz 3 Satz 3 des Protokolls geführt" hat. Die Gemeinsame Ausführungsordnung behandelt damit zwar die Pflicht zur Information des Internationalen Büros durch die Ursprungsbehörden für die in Art. 6 MMA und Art. 6 MMP vorgesehenen Verfahren BGE 134 III 555 S. 562 gleich, unterscheidet jedoch deutlich und ausdrücklich zwischen den in Art. 6 Abs. 4 MMA genannten rechtskräftigen Urteilen und den in Art. 6 Abs. 3 Satz 3 MMP erwähnten rechtskräftigen Entscheiden. Es verpflichtet weder die Ursprungsbehörden, im Rahmen von Art. 6 Abs. 3 MMA allfällige Widerspruchsverfahren zu melden, noch das Internationale Büro, einem Antrag auf Löschung unter dieser Voraussetzung stattzugeben (Regel 22 Abs. 2 der Gemeinsamen Ausführungsordnung). Aus der Gemeinsamen Ausführungsordnung ergibt sich daher nur die Bestätigung, dass vor Ablauf der Fünfjahresfrist eingereichte gerichtliche Klagen zur Verlängerung der Abhängigkeit der internationalen Registrierung nach MMA führen. Es ergibt sich daraus nichts für eine Gleichstellung der in Art. 6 Abs. 3 MMA erwähnten gerichtlichen Klage mit dem verwaltungsrechtlichen Widerspruch. 2.6 Das Widerspruchsverfahren ist ein Verwaltungsverfahren, das unmittelbar an das Verfahren der Eintragung der Marke anschliesst. Nach dem schweizerischen Recht ist der Widerspruch innerhalb von drei Monaten nach Veröffentlichung der Eintragung einzureichen ( Art. 31 Abs. 2 MSchG ), der erfolgreiche Widerspruch führt zum Widerruf der Eintragung ( Art. 33 MSchG ). Entsprechend kann nach § 42 des deutschen Markengesetzes innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Tage der Veröffentlichung der Eintragung der Marke gemäss § 41 vom Inhaber einer Marke mit älterem Zeitrang gegen die Eintragung der Marke Widerspruch erhoben werden. Der erfolgreiche Widerspruch führt zur Löschung der Eintragung (§ 43 Abs. 2 DMarkenG; vgl. dazu etwa STRÖBELE, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., Köln/Berlin/München 2006, N. 57 zu § 43 DMarkenG). Auch wenn das Widerspruchsverfahren - fristgebunden - erst im Anschluss an die Eintragung der Marke eingeleitet werden kann, bildet es eigentlich Teil der Registrierung, indem es besser berechtigten Markeninhabern ermöglicht, ihre Interessen schon im Rahmen des verwaltungsrechtlichen Verfahrens der Registrierung einzubringen. Die Gutheissung des Widerspruchs führt zwar zur Löschung der Marke durch die Registerbehörde; die Abweisung des Widerspruchs schliesst indes die zivilrechtliche Nichtigkeitsklage nicht aus. Nach § 44 des deutschen Markengesetzes kann der Inhaber der Marke überdies im Wege der Klage gegen den Widersprechenden geltend machen, dass ihm trotz der Löschung der Eintragung nach § 43 ein Anspruch auf Eintragung zusteht. Damit soll verhindert werden, dass eine Marke gelöscht wird, obwohl dies BGE 134 III 555 S. 563 der materiellen Rechtslage nicht entspricht (vgl. HACKER, in: Ströbele/Hacker, a.a.O., N. 2 zu § 44 DMarkenG; vgl. schon FEZER, Markenrecht, 3. Aufl., München 2001, N. 1 zu § 44 DMarkenG). 2.7 Es ist nachvollziehbar, dass besser berechtigte Markeninhaber ein Interesse daran haben können, die Löschung internationaler Registrierungen durch einen verwaltungsrechtlichen Widerspruch gegen die Basismarke auch nach Ablauf von fünf Jahren unbesehen davon zu erreichen, ob die Registrierung nach MMA oder nach MMP erfolgt ist. Für eine Gleichstellung des verwaltungsrechtlichen Widerspruchs mit der gerichtlichen Klage mag auch angeführt werden, dass das Widerspruchsverfahren als Streit zwischen den privaten Beteiligten verstanden werden kann und dass diesen das hängige Verfahren auch nach Ablauf der fünfjährigen Frist bekannt sein muss. Eine Verlängerung der Fünfjahresfrist nach Art. 6 Abs. 3 MMA nicht nur für Klagen, sondern auch für den Fall des Widerspruchs über den Wortlaut dieser Bestimmung hinaus erscheint jedoch ausgeschlossen. Die Rechtswirkungen einer zivilrechtlichen Klage unterscheiden sich von denjenigen des Widerspruchs, der letztlich Teil der verwaltungsrechtlichen Registrierung bildet und materiell keine Rechtskraftwirkung entfaltet. Dies gilt erst recht für das Verfahren in Deutschland, wo auch der im Widerspruchsverfahren unterlegene Markeninhaber nach der Löschung die gerichtliche Eintragung erwirken kann; würde eine solche Klage nach Ablauf der Fünfjahresfrist gemäss Art. 6 Abs. 3 MMA eingereicht und gutgeheissen, so würde die "Basismarke" unter Wahrung der ursprünglichen Priorität zwar im Ursprungsland wieder eingetragen, aber die internationale Registrierung wäre endgültig gelöscht, da für eine neue Registrierung mit Wahrung der Priorität keine staatsvertragliche Grundlage ersichtlich ist. Schliesslich ist auch zu beachten, dass sich die Rechtswirkungen der Löschung der internationalen Registrierung nach MMA einerseits und MMP anderseits unterscheiden; während die Löschung der internationalen Registrierung nach MMP die Priorität der Anmeldung in den betreffenden Staaten nicht notwendigerweise zerstört, weil nach Art. 9 quinquies MMP unter Wahrung dieser Priorität eine Umwandlung in eine nationale Anmeldung möglich ist, führt die Löschung der Basismarke nach MMA zum Verlust der durch die internationale Registrierung erlangten Priorität in den Verbandsstaaten, da ein Ersatz durch eine nationale Anmeldung im Unterschied zum MMP gerade nicht vorgesehen ist. Es erscheint daher nicht angebracht, die BGE 134 III 555 S. 564 ausdrückliche Verlängerung der Abhängigkeit durch das Widerspruchsverfahren im MMP sinngemäss auf Art. 6 Abs. 3 MMA anzuwenden. 2.8 Der Vorinstanz kann aus diesen Gründen nicht beigepflichtet werden, wenn sie annimmt, die Abhängigkeit der internationalen Registrierung Nr. 663 349 FOCUS der Beschwerdegegnerin sei wegen des im Ursprungsland Deutschland hängigen Widerspruchsverfahrens über die Fünfjahresfrist hinaus verlängert worden. Die Abhängigkeit ist vielmehr am 23. Mai 2001 - fünf Jahre nach der Registrierung - entfallen, wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt. Da die Markenregistrierung in der Schweiz seit diesem Zeitpunkt nicht mehr von der Basismarke in Deutschland abhängig ist, besteht seither kein wichtiger Grund mehr für die Beschwerdegegnerin, die Marke für die beanspruchten Waren der Klassen 3 und 5 hier nicht zu gebrauchen. Sie hat ihre Marke nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz für diese Waren in der Schweiz nie in Gebrauch genommen. Da seit dem Wegfall des wichtigen Grundes mehr als fünf Jahre vergangen sind, kann die Beschwerdegegnerin den Schutz nach Art. 12 MSchG dafür nicht mehr beanspruchen.
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Urteilskopf 114 V 328 60. Auszug aus dem Urteil vom 30. Dezember 1988 i.S. B. gegen Bundesamt für Militärversicherung und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 52 Abs. 1 und 3 MVG , Art. 9a Abs. 1 MVV : Kürzung der Rente bei Überentschädigung. Nach Massgabe des Art. 52 Abs. 1 MVG ist eine Abänderung der Überentschädigungsberechnung jederzeit als zulässig zu betrachten, sofern eine Veränderung des hypothetischen Valideneinkommens nachgewiesen wird. Art. 52 Abs. 3 MVG ermächtigt den Bundesrat nicht zu einer restriktiven Ausgestaltung dieser Kürzungsregel. Soweit Art. 9a Abs. 1 MVV für die Kürzungsberechnung das der Rentenfestsetzung zugrundeliegende hypothetische Valideneinkommen als massgebend erklärt, ist die Verordnungsbestimmung gesetzwidrig.
Erwägungen ab Seite 328 BGE 114 V 328 S. 328 Aus den Erwägungen: 4. b) Das Bundesamt für Militärversicherung (BAMV) vertritt die Auffassung, Art. 9a Abs. 1 MVV sei gesetzeskonform, und führt zur Begründung im wesentlichen an, es könne nicht dem Sinn von Art. 52 Abs. 1 MVG entsprechen, die Kürzungsgrenze frei und BGE 114 V 328 S. 329 unabhängig von der Rentengrundlage in "dynamischer Fortentwicklung alle paar Monate" aufgrund einer angenommenen Erhöhung des hypothetischen Valideneinkommens neu festzusetzen; dies sei bezüglich der Überversicherungsberechnung ebensowenig wie im Bereich des Rentenrevisionsverfahrens zulässig. Im weiteren weist es auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Abklärung späterer hypothetischer Entwicklungen des anlässlich der Rentenzusprache festgesetzten Valideneinkommens hin: deshalb seien "Überversicherungsermittlung und Invaliditätsermittlung sachlogisch und auch rechtlich weitgehend als Einheit zu betrachten". In sachlicher Hinsicht wie auch unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität mag die vom BAMV postulierte Einheitlichkeit der Festsetzung des hypothetischen Valideneinkommens sowohl bezüglich der Rente als auch bezüglich der Überentschädigung bis zu einem gewissen Grade zwar als gerechtfertigt erscheinen. Aus dem Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 MVG ergibt sich indessen keine Einschränkung, welche die Kürzungsberechnung an das der Rentenfestsetzung zugrundeliegende hypothetische Valideneinkommen binden und dementsprechend eine von den gesetzlich vorgesehenen, zeitlich jedoch nur beschränkt möglichen Rentenanpassungsverfahren unabhängige Änderung der Überversicherungsermittlung ausschliessen würde. Im Vergleich dazu sieht Art. 25bis MVG bezüglich der Berechnung der Rentenhöhe in Abs. 1 zwar auch eine "volle" Anpassung an die Teuerung sowie an Änderungen der Erwerbseinkommen vor, relativiert diesen Grundsatz in Abs. 2 jedoch ausdrücklich, indem der Ausgleichszeitpunkt an die intervallweise erfolgenden Rentenanpassungen der AHV/IV geknüpft wird. Das Fehlen einer entsprechenden einschränkenden Regelung in Art. 52 Abs. 1 MVG lässt auf eine vom Gesetzgeber bewusst zugelassene jederzeitige Anpassung der Überversicherungsberechnung schliessen, zumal deren Änderung sich auch aus einem Rentenrevisionsverfahren ( Art. 26 MVG ) betreffend den Invaliditätsgrad ergeben kann, dessen Durchführung von Amtes wegen oder auf Gesuch hin grundsätzlich jederzeit möglich ist. Nebst dem Wortlaut des Art. 52 Abs. 1 MVG sprechen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Kürzungsbestimmung, welche eine Überentschädigung des Versicherten vermeiden soll, dafür, jeder Veränderung des hypothetischen Valideneinkommens eine Neuberechnung der Überversicherung folgen zu lassen. Andernfalls hätte ein Versicherter, dem wegen der zeitlich nur beschränkt möglichen betraglichen Rentenanpassung vorübergehend BGE 114 V 328 S. 330 eine zu tiefe Rente gewährt wird, gleichzeitig eine zu hohe Überentschädigungskürzung in Kauf zu nehmen. Zu einer solchen zusätzlichen Belastung darf die Kürzungsregelung, welcher lediglich die Bedeutung eines Korrekturfaktors zukommt, jedoch nicht führen. Nach Massgabe des Art. 52 Abs. 1 MVG ist deshalb eine Abänderung der Überentschädigungsberechnung jederzeit als zulässig zu betrachten, sofern eine Veränderung des hypothetischen Valideneinkommens mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen wird. Die vom BAMV hinsichtlich einer solchen Auslegung geäusserten Bedenken vermögen daran nichts zu ändern. Auch wenn nebst den gesetzlich vorgesehenen Rentenrevisionen und -anpassungen noch zusätzlich Änderungen der Überentschädigungsberechnung möglich sind, ist nicht mit monatlich notwendig werdenden Neuermittlungen zu rechnen. Teuerungszulagen und Reallohnerhöhungen ergeben sich in der Regel nur nach längeren Zeitspannen von mindestens einjähriger Dauer, und hypothetische berufliche Aufstiege in höhere Besoldungsbereiche, die überdies eines strengen Wahrscheinlichkeitsbeweises bedürften, kommen erfahrungsgemäss ebenfalls eher selten vor. c) Zu prüfen bleibt, ob der Bundesrat mit der in Art. 9a Abs. 1 MVV getroffenen Regelung die ihm in Art. 52 Abs. 3 MVG delegierte Kompetenz zum "Erlass näherer Bestimmungen über die Kürzungsberechnung" überschritten hat. Art. 52 MVG wurde durch das auf den 1. Januar 1984 in Kraft gesetzte UVG neu ins MVG eingefügt ( Art. 117 UVG in Verbindung mit Ziff. 6 des dazugehörenden Anhangs) und sollte die früher in den Art. 48 AHVG und 45 IVG normierten Kürzungsregelungen ersetzen (vgl. Botschaft des Bundesrates zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl 1976 III 228). Während der bundesrätliche Entwurf zum UVG entsprechend den bis Ende 1983 gültig gewesenen Art. 48 AHVG und 45 IVG dem Bundesrat in Art. 52 Abs. 3 MVG noch die Befugnis einräumte, über die Kürzungen generell nähere Bestimmungen zu erlassen, stimmte die Kommission des Nationalrates in der Folge dem Departementsvorschlag zu, wonach der Begriff "Kürzungen" durch "Kürzungsberechnung" ersetzt und die Delegationsnorm zudem durch die ausdrückliche Erwähnung einer möglichen Gleichstellung des Krankengeldes mit der Rente ergänzt werden sollte (Protokoll der Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 28./29. August 1978, S. 46). Diese modifizierte Fassung des Art. 52 BGE 114 V 328 S. 331 Abs. 3 MVG wurde schliesslich am 19. März 1979 vom Nationalrat (Amtl.Bull. 1979 N 290) und am 1. Oktober 1980 vom Ständerat (Amtl.Bull. 1980 S 505) angenommen. Den Gesetzesmaterialien lässt sich indessen nicht entnehmen, ob mit der Einfügung des modifizierten Ausdruckes "Kürzungsberechnung" gegenüber der früher geltenden Regelung und dem bundesrätlichen Entwurf lediglich eine redaktionelle Änderung oder eine engere Begrenzung der dem Bundesrat übertragenen Kompetenz in materieller Hinsicht beabsichtigt war. Die Annahme einer Ermächtigung des Bundesrates zu einer restriktiven Ausgestaltung der in Art. 52 Abs. 1 MVG getroffenen grundsätzlichen Regelung ist mit dem Wortlaut der in Abs. 3 derselben Bestimmung vorgenommenen Delegation indessen nicht vereinbar. Im Hinblick auf den ebenfalls mit dem UVG eingeführten Art. 25bis MVG , dessen Abs. 2 bezüglich der dem Bundesrat eingeräumten Befugnis zur näheren Regelung der Rentenanpassungen ausdrücklich eine klare Einschränkung des in Abs. 1 enthaltenen Grundsatzes schafft, ist angesichts der Formulierung des Art. 52 Abs. 3 MVG davon auszugehen, dass dem Bundesrat lediglich eine gewisse Freiheit bei der Festlegung der Formalien der nicht näher definierten Kürzungsberechnung eingeräumt wurde. Es lässt sich deshalb nicht rechtfertigen, auch die Wahl der Berechnungsgrundlagen unter den Begriff "Kürzungsberechnung" fallenzulassen. Die in Art. 9a Abs. 1 MVV erfolgte Bestimmung des zeitlich massgebenden Validenlohnes stellt somit eine unzulässige Änderung der in Art. 52 Abs. 1 MVG enthaltenen gesetzlichen Kürzungsregelung dar, welche eine Bindung des massgebenden Validenlohnes an den Zeitpunkt der Rentenfestsetzung nicht vorsieht. Soweit Art. 9a Abs. 1 MVV für die Kürzungsberechnung das der Rentenfestsetzung zugrundeliegende hypothetische Valideneinkommen als massgebend erklärt, erweist sich die Verordnungsbestimmung als gesetzwidrig.
null
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de
1,988
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CH_BGE_007
CH
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7053e633-84a9-4346-8c9b-56b0034cfbb5
Urteilskopf 140 III 70 13. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_387/2013 vom 17. Februar 2014
Regeste Art. 204, 209 sowie 59 ZPO ; persönliches Erscheinen zur Schlichtungsverhandlung; gültige Klagebewilligung als Prozessvoraussetzung. Pflicht zum persönlichen Erscheinen an der Schlichtungsverhandlung, wenn eine juristische Person Partei ist (E. 4.3 und 4.4). Rechtsfolge der Missachtung der Pflicht zum persönlichen Erscheinen (E. 5).
Erwägungen ab Seite 70 BGE 140 III 70 S. 70 Aus den Erwägungen: 4. 4.3 Dass die Pflicht zum persönlichen Erscheinen nach Art. 204 Abs. 1 ZPO auch für juristische Personen gilt, wird dem Grundsatz nach weder von der Vorinstanz noch von der Beschwerdegegnerin in Abrede gestellt, wenn auch Erstere annimmt, der Gesetzgeber habe in diesem Zusammenhang "in erster Linie an die natürlichen Personen gedacht". Auch die Kommentatoren gehen soweit BGE 140 III 70 S. 71 ersichtlich einhellig von der Anwendbarkeit der Bestimmung auf sämtliche Parteien aus (siehe ALVAREZ/PETER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 2 zu Art. 204 ZPO ; BOHNET, in: CPC, Code de procédure civile commenté, Bohnet und andere [Hrsg.], 2011, N. 3 zu Art. 204 ZPO ; EGLI, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Brunner und andere [Hrsg.], 2011, N. 5-7 zu Art. 204 ZPO ; GLOOR/UMBRICHT, in: ZPO, Oberhammer und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, N. 3 zu Art. 204 ZPO ; HOFMANN/LÜSCHER, Le Code de procédure civile, 2009, S. 129; INFANGER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 2. Aufl. 2013, N. 2 zu Art. 204 ZPO ; SCHMID, Praktische Fragen zum Schlichtungsverfahren, ZZZ 2011/2012 S. 186; STAEHELIN UND ANDERE, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, S. 366 Rz. 19; TREZZINI, in: Commentario al Codice di diritto processuale civile svizzero [...], Cocchi und andere [Hrsg.], 2011, S. 929 Fn. 2569; WYSS, in: Schweizerische Zivilprozessordnung, Baker & McKenzie [Hrsg.], 2010, N. 2 zu Art. 204 ZPO ). Diese Auffassung ist denn auch zutreffend: Gegen ein abweichendes Verständnis von Art. 204 ZPO spricht bereits, dass sich die Bestimmung nach ihrem Wortlaut - wie übrigens auch Art. 68 Abs. 4 ZPO mit Bezug auf das Gerichtsverfahren - generell an die "Parteien" richtet und nicht nach deren Natur oder Rechtsform differenziert, während das Gesetz an anderer Stelle durchaus zwischen natürlichen und juristischen Personen unterscheidet (vgl. Art. 10 ZPO ). Demgegenüber erwähnt Art. 204 Abs. 3 lit. a ZPO zwar bloss den ausserkantonalen oder ausländischen "Wohnsitz" als Dispensationsgrund, und lit. b nennt mit Krankheit und Alter ausdrücklich zwei wichtige Gründe, die auf juristische Personen als solche sinnvollerweise keine Anwendung finden können. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, die Pflicht zum persönlichen Erscheinen gelte generell nur für natürliche Personen, zumal Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO wiederum eine besondere Regelung (für im vereinfachten Verfahren zu beurteilende Streitigkeiten) vorsieht, auf die sich "Arbeitgeber", "Versicherer" und "Vermieter" berufen können und die somit jedenfalls auch auf juristische Personen zugeschnitten ist. Für eine Anwendbarkeit der Vorschrift auf juristische Personen spricht sodann ihr Sinn und Zweck: Hintergrund der gesetzlichen Regelung war die Überlegung, dass eine Schlichtungsverhandlung meist dann am aussichtsreichsten ist, wenn die Parteien persönlich erscheinen, da nur so "eine wirkliche Aussprache" stattfinden kann. Auch wenn BGE 140 III 70 S. 72 sich die Parteien begleiten lassen dürfen, sollen sie sich gemäss der Botschaft zur Schweizerischen Zivilprozessordnung an der Verhandlung doch primär "selber äussern". Die Verhandlung ist überdies nicht öffentlich ( Art. 203 Abs. 3 Satz 1 ZPO ), und die gemachten Aussagen dürfen weder protokolliert noch später im Entscheidverfahren verwendet werden ( Art. 205 Abs. 1 ZPO ), denn die Parteien sollen sich frei unterhalten können (vgl. Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung, BBl 2006 7331 f. zu Art. 199-204; siehe auch Urteil 4C_1/2013 vom 25. Juni 2013 E. 4.3). Durch die bereits im kantonalen Verfahrensrecht bekannte Pflicht zum persönlichen Erscheinen soll mithin ein persönliches Gespräch zwischen den Parteien vor der allfälligen Klageeinreichung ermöglicht werden (vgl. Bericht zum Vorentwurf der Expertenkommission, Juni 2003, S. 98 zu Art. 198). Art. 204 Abs. 1 ZPO zielt in diesem Sinne - wie das Schlichtungsverfahren überhaupt - darauf ab, diejenigen Personen zu einer Aussprache zusammenzubringen, die sich miteinander im Streit befinden und die über den Streitgegenstand auch selber verfügen können. Weshalb diese ratio legis bloss bei natürlichen Personen das persönliche Erscheinen gebieten, bei juristischen Personen generell die Vertretung durch eine Drittperson gestatten soll, ist nicht erkennbar. Vielmehr muss, damit die Schlichtung ihren Zweck erfüllen kann, von einer juristischen Person als Partei verlangt werden, dass sie an der Schlichtungsverhandlung durch ein Organ oder zumindest durch eine mit einer (kaufmännischen) Handlungsvollmacht ausgestattete und zur Prozessführung befugte Person, die überdies mit dem Streitgegenstand vertraut ist, erscheint. Damit fällt aber die von der Vorinstanz generell zugelassene Vertretung der juristischen Person durch einen Rechtsanwalt als Form des persönlichen Erscheinens ausser Betracht (in diesem Sinne ausdrücklich INFANGER, a.a.O., N. 2 zu Art. 204 ZPO ). Eine derartige Vertretung ist nur unter den Voraussetzungen von Art. 204 Abs. 3 lit. a und b ZPO erlaubt, wo gerade eine Ausnahme von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen besteht. 4.4 Somit ist nachfolgend zu prüfen, ob die Beschwerdegegnerin als Klägerin ihrer eben dargestellten Pflicht zum persönlichen Erscheinen im Sinne von Art. 204 Abs. 1 ZPO nachgekommen ist, wenn an der Schlichtungsverhandlung vom 20. April 2012 L. als Mitarbeiter und Handlungsbevollmächtigter in Begleitung von Rechtsanwalt M. als Rechtsvertreter für sie erschien. BGE 140 III 70 S. 73 Die Vorinstanz erwog, die bei den Akten befindliche, vom 19. April 2012 datierte Spezialvollmacht von L. sei lediglich von der Verwaltungsrätin der Klägerin, N., unterzeichnet gewesen, die selber nur über eine Kollektivunterschrift zu zweien verfüge. Indessen habe der seinerseits gültig bevollmächtigte (an der Schlichtungsverhandlung aber nicht anwesende) Rechtsvertreter der Klägerin, Rechtsanwalt R., die von L. vorgenommenen Vertretungshandlungen in der Berufungsantwort nachträglich genehmigt, womit L. als Handlungsbevollmächtigter an der Schlichtungsverhandlung rechtsgültig für die Klägerin "anwesend" gewesen sei. Sodann erwog die Vorinstanz, Rechtsanwalt R. habe auch die Vertretungshandlungen des ohne Vollmacht erschienenen Rechtsanwalts M. nachträglich genehmigt. Sie kam mit anderen Worten zum Schluss, die Klägerin sei ihrer Pflicht zum persönlichen Erscheinen nach Art. 204 Abs. 1 ZPO durch die Anwesenheit von L. und Rechtsanwalt M. nachgekommen, obschon deren Vertretungshandlungen mangels gültiger vorgängiger Bevollmächtigung der nachträglichen Genehmigung durch die Geschäftsherrin bedurften. Die Auffassung der Vorinstanz ist mit Art. 204 Abs. 1 ZPO nicht zu vereinbaren. Diese Bestimmung verlangt jedenfalls, dass die für eine juristische Person als Partei an der Schlichtungsverhandlung anwesende Vertreterin vorbehaltlos und gültig handeln kann. So muss sie insbesondere zum Vergleichsabschluss ermächtigt sein (siehe ALVAREZ/PETER, a.a.O., N. 2 zu Art. 204 ZPO ; EGLI, a.a.O., N. 6 zu Art. 204 ZPO ; GLOOR/UMBRICHT, a.a.O., N. 3 zu Art. 204 ZPO ; INFANGER, a.a.O., N. 2 zu Art. 204 ZPO ; SCHMID, a.a.O., S. 186; STAEHELIN UND ANDERE, a.a.O., S. 366 Rz. 19; WYSS, a.a.O., N. 2 zu Art. 204 ZPO ; vgl. in diesem Sinne auch die in Art. 204 Abs. 3 lit. c ZPO zugelassene Delegation). Das war vorliegend nicht der Fall: L. vermochte sich an der Schlichtungsverhandlung weder einzeln noch (kollektiv) zusammen mit Rechtsanwalt M. als zeichnungsberechtigt auszuweisen, und eine entsprechende Vertretungsmacht ergibt sich auch nicht aus dem Handelsregister. Wenn die Beschwerdegegnerin in der Beschwerdeantwort behauptet, ihre Verwaltungsräte hätten L. - den sie als ihren Geschäftsführer bezeichnet - vor der Schlichtungsverhandlung ausdrücklich zur Prozessführung bevollmächtigt, ergänzt sie in unzulässiger Weise den Sachverhalt, womit sie nicht gehört werden kann. Die Anwesenheit eines vollmachtlosen Vertreters an der Schlichtungsverhandlung vermag entgegen der Vorinstanz den Anforderungen von BGE 140 III 70 S. 74 Art. 204 Abs. 1 ZPO von vornherein nicht zu genügen, da ansonsten der Zweck der Schlichtungsverhandlung vereitelt würde, eine persönliche und vorbehaltlose Aussprache unter den Parteien zu ermöglichen (vgl. E. 4.3). Ob Rechtsanwalt R. seinerseits überhaupt rechtsgenügend bevollmächtigt war, die Vertretung der Klägerin durch L. und Rechtsanwalt M. nachträglich zu genehmigen (vgl. Art. 38 OR ), ist somit für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung. Die vom Beschwerdeführer in diesem Punkt erhobene Sachverhaltsrüge erweist sich als nicht entscheiderheblich. 5. Mangels persönlichen Erscheinens der Klägerin an der Schlichtungsverhandlung vom 20. April 2012 hätte, da aus den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kein Ausnahmetatbestand nach Art. 204 Abs. 3 ZPO ersichtlich ist und eine insofern unvollständige Sachverhaltsfeststellung jedenfalls nicht rechtsgenüglich geltend gemacht wird, keine Klagebewilligung ausgestellt werden dürfen (vgl. Art. 206 ZPO ). Die dennoch erteilte Klagebewilligung vom 27. April 2012 erweist sich als ungültig, und es fehlte im Verfahren vor dem Bezirksgericht somit an einer Prozessvoraussetzung. Das Bezirksgericht hätte, nachdem der Beschwerdeführer als Beklagter im Schlichtungsverfahren ausdrücklich auf der persönlichen Teilnahme der Organe der Klägerin bestanden und sich anschliessend im Gerichtsverfahren auf die ungültige Klagebewilligung berufen hatte, auf die Klage vom 30. August 2012 nicht eintreten dürfen (vgl. BGE 139 III 273 E. 2.3). Indem es die Einrede des Beklagten abwies und auf die Klage eintrat, verletzte es Bundesrecht. Die Rüge des Beschwerdeführers ist begründet.
null
nan
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2,014
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CH_BGE_005
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705cba54-8fd4-466e-962c-897e0a54a2c5
Urteilskopf 85 IV 182 47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. September 1959 i. S. Bossi gegen Iklé und Müller.
Regeste Art. 173 StGB , üble Nachrede. Auch wer sich in Wahrung berechtigter Interessen äussert, entgeht der Strafe nur, wenn er beweist, dass die Ausserung wahr ist oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten.
Erwägungen ab Seite 182 BGE 85 IV 182 S. 182 Aus den Erwägungen: Wer in einer Lage, die ihn zwecks Wahrnehmung berechtigter Interessen zur Äusserung zwang, seine ehrenrührige Behauptung in angemessener Form gutgläubig aufstellte, nachdem er gewissenhaft alles Zumutbare vorgekehrt hatte, um sich von ihrer Richtigkeit zu überzeugen, machte sich nach früherer Rechtsprechung des Bundesgerichtes nicht strafbar ( BGE 69 IV 116 , BGE 70 IV 26 , BGE 71 IV 189 , BGE 72 IV 175 , BGE 73 IV 16 ). Diese Rechtsprechung stammt aus der Zeit, da nach dem Wortlaut des Art. 173 StGB das Scheitern des Wahrheitsbeweises trotz des guten Glaubens des Täters, seine Behauptung sei wahr, zur Verurteilung führen musste. Sie brachte die unumgängliche Milderung, ohne die niemand es hätte wagen dürfen, jemanden z.B. in einer Strafanzeige oder in einem Prozess rufschädigender Tatsachen zu beschuldigen oder zu verdächtigen, wenn er nicht von vornherein sicher war, dass er seine Behauptung oder Vermutung als richtig beweisen könne. Nachdem die durch Bundesgesetz vom 5. Oktober 1950 abgeänderte Fassung des Art. 173 StGB in Kraft getreten war, wurde diese Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Lehre (WAIBLINGER, ZBJV 91 106) BGE 85 IV 182 S. 183 aufgegeben ( BGE 80 IV 112 , BGE 82 IV 11 ; vgl. auch BGE 77 IV 168 f., BGE 78 IV 32 f.). Art. 173 StGB trägt mit der neuen Fassung den Fällen, in denen der Täter durch seine Äusserung berechtigte Interessen wahren will, in jeder Beziehung Rechnung. Ziff. 2 dieser Bestimmung verlangt nicht mehr, dass der Täter die Wahrheit seiner Äusserung beweise, sondern lässt ihn schon dann straflos, wenn er dartut, dass er ernsthafte Gründe hatte, die Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten. Der gute Glauben entschuldigt unter diesen Voraussetzungen nicht nur den, der in einer Zwangslage berechtigte Interessen wahrnimmt, sondern auch andere Täter. Freilich lässt Art. 173 Ziff. 3 StGB den Beweis des Handelns in guten Treuen - und den Wahrheitsbeweis - nicht zu "für Äusserungen, die ohne Wahrung öffentlicher Interessen oder sonstwie ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht vorgebracht oder verbreitet werden, jemandem Übles vorzuwerfen, insbesondere, wenn sich die Äusserungen auf das Privat- oder Familienleben beziehen". Diese Ausnahmebestimmung wird jedoch dem, der in Wahrung berechtigter Interessen handelt, nie zum Verhängnis. Gerade sie zeigt, dass das Gesetz die Fälle, in denen der Täter solche Interessen wahrt, durch Art. 173 Ziff. 2 StGB abschliessend ordnet. Das gilt vorab für den in Art. 173 Ziff. 3 ausdrücklich erwähnten Fall, dass die Äusserung zur Wahrung öffentlicher Interessen erfolgt. Wenn hier ausdrücklich bestimmt wird, in diesem Falle seien die in Art. 173 Ziff. 2 vorgesehenen Beweise zulässig, bedeutet das zugleich, Art. 173 Ziff. 2 regle ihn erschöpfend, d.h. auch der im öffentlichen Interesse Handelnde dürfe nur die erwähnten Beweise erbringen, nicht ausserdem einen besonderen Rechtfertigungsgrund der "Wahrung berechtigter öffentlicher Interessen" anrufen. Entsprechendes gilt für den Fall der Wahrung berechtigter privater Interessen. Art. 173 Ziff. 3 trägt ihm insofern Rechnung, als der in Wahrung solcher Interessen Handelnde BGE 85 IV 182 S. 184 seine Äusserung nie "ohne begründete Veranlassung, vorwiegend in der Absicht, jemandem Übles vorzuwerfen", vorbringt oder verbreitet, also stets zu den in Art. 173 Ziff. 2 vorgesehenen Beweisen zugelassen werden muss. Bei diesen Beweisen hat es sein Bewenden; werden sie nicht erbracht, so entgeht der Täter nicht trotzdem der Strafe, weil er berechtigte private Interessen gewahrt hat. Da sich Ziff. 3 mit den Beweggründen befasst, die den Täter zur Äusserung treiben, wäre der Rechtfertigungsgrund der "Wahrung berechtigter Interessen" ausdrücklich anerkannt worden, wenn das Gesetz ihn hätte beibehalten wollen. Dass die Rechtsprechung des Bundesgerichtes, die ihn eingeführt hatte, im Wortlaut des Gesetzes keine Stütze fand, war bekannt. Anlässlich der Beratung des neuen Wortlautes des Art. 173 fiel denn auch keine Äusserung, die schliessen liesse, man habe die in den Ziffern 2 und 3 des Art. 173 StGB getroffene Regelung nicht als abschliessend betrachtet, sondern den von der Rechtsprechung anerkannten Rechtfertigungsgrund beibehalten wollen (vgl. StenBull StR 1949 601 ff., NatR 1950 199 ff.). Die neue gesetzliche Ordnung genügt auch sachlich. Es ist nicht unbillig, dass der in Wahrung berechtigter privater oder öffentlicher Interessen Handelnde wie jeder andere der Strafe nur entgeht, wenn er beweist, dass die Äusserung der Wahrheit entspricht oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten. Schon als die Rechtsprechung den Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen anerkannte, liess sie ihn nur dem zugute kommen, der seine Äusserung in angemessener Form gutgläubig tat, nachdem er gewissenhaft alles Zumutbare vorgekehrt hatte, um sich von ihrer Richtigkeit zu überzeugen. Die Wahrung berechtigter Interessen war kein Freibrief, jemandem ins Blaue hinaus rufschädigende Tatsachen nachzureden oder ihn durch sachlich nicht vertretbare Werturteile zu beschimpfen. Heute kann es nicht anders sein. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die Äusserung BGE 85 IV 182 S. 185 gegenüber der Polizei oder einer anderen mit der Aufdeckung oder Verfolgung strafbarer Handlungen betrauten Behörden erfolgt. Die in der Rechtsprechung kantonaler Gerichte und im Schrifttum gelegentlich vertretene Auffassung, diese Behörden seien im öffentlichen Interesse darauf angewiesen, auch unüberprüfte Mitteilungen zu erhalten (BIZüR 1955 Nr. 38; NOLL, Satirische Ehrverletzungen, BJM 1959 11), überzeugt nicht. Ein nur auf dem Wege der Rechtsprechung anzuerkennender bundesrechtlicher Grund, der den Urheber leichtfertiger Mitteilungen vor Strafe bewahren würde, besteht nicht. Es darf verlangt werden, dass auch der, der einer Strafverfolgungsbehörde durch eine Anzeige oder sonstige Auskunft an die Hand geht, seine Behauptung oder Verdächtigung nicht aus der Luft greife, sondern durch Bekanntgabe ernsthafter Anhaltspunkte stütze. Ohne solche wäre sie für die Behörde ja auch wertlos. Übrigens genügt in der Regel die Angabe der Anzeichen und können die Schlussfolgerungen daraus der Behörde überlassen werden. Der in Art. 173 Ziff. 2 StGB vorgesehene Beweis des Handelns in guten Treuen setzt nicht stets voraus, dass der Täter von der Richtigkeit der ehrenrührigen Tatsachen voll überzeugt gewesen sei. Wer diese nur in der Form eines Verdachtes kundgibt, braucht nur zu beweisen, dass ernsthafte Gründe ihn zum Verdacht berechtigten. Verdächtigt er jemanden, ohne solche Gründe zu haben, so verdient er Strafe. NOLL vertritt in BJM 1959 10 ff. die Auffassung, der Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen müsse auch anerkannt werden, um die angemessene Beurteilung der satirischen Ehrverletzungen zu ermöglichen; es bestehe ein allgemeines und berechtigtes Interesse, das öffentliche Leben durch satirische Darstellungen zu erheitern; das öffentliche Interesse an einer gewissen Narrenfreiheit gehe weiter als der durch die Entlastungsmöglichkeit von Art. 173 Ziff. 2 StGB geschützte Bereich; insbesondere bei der scherzhaften Beschimpfung und bei der BGE 85 IV 182 S. 186 unwahren, jedoch nicht ernst gemeinten Äusserung müsse auf den Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen zurückgegriffen werden. Dem ist jedoch entgegenzuhalten, dass eine Äusserung nur ehrverletzend ist, wenn sie sich eignet, den Ruf des Betroffenen zu schädigen oder diesen in seinem Ehrgefühl zu treffen. Wenn sie vom Hörer und im Falle der "Beschimpfung" vom Betroffenen als nicht ernst gemeint erkannt wird, erfüllt sie diese Voraussetzung nicht. Dann muss schon mangels objektiven Tatbestandes freigesprochen werden. Hält der Hörer die Äusserung für ernst oder verletzt sie das Ehrgefühl des Betroffenen, obschon der Täter überzeugt war, sie werde als erfunden aufgefasst, so fehlt der Vorsatz. Ist der Täter sich dagegen bewusst, dass seine Äusserung ernst genommen werden könnte, so ist nicht unbillig, dass er bestraft werde, wenn er nicht beweist, dass sie der Wahrheit entspricht oder dass er ernsthafte Gründe hatte, sie in guten Treuen für wahr zu halten. Die Freude des Publikums an Narreteien berechtigt niemanden, den Ruf oder das Ehrgefühl eines andern durch Äusserungen zu verletzen, die weder wahr sind, noch vom Täter aus ernsthaften Gründen in guten Treuen für wahr gehalten werden dürfen. Es besteht daher auch unter den von NOLL vertretenen Gesichtspunkten kein Grund, den Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen wieder anzuerkennen. Wer berechtigte Interessen verfolgt, befindet sich freilich auch unter der Herrschaft des geltenden Rechts noch in einer besonderen Lage, weil er vor der Wahl steht, entweder auf die Wahrnehmung dieser Interessen zu verzichten oder eine ehrverletzende Äusserung zu tun, die sich möglicherweise als unzutreffend erweisen wird. Der Richter kann und muss jedoch dieser besonderen Lage Rechnung tragen, wenn er entscheidet, ob der Täter ernsthafte Gründe hatte, die Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten. Er wird an die Sorgfaltspflicht des Täters geringere Anforderungen stellen, wenn dieser BGE 85 IV 182 S. 187 rechtmässige Interessen verfolgte. Die Gründe, die für den in Wahrung solcher Interessen Handelnden "ernsthaft" sind, seine Äusserung in guten Treuen für wahr zu halten, sind nicht notwendigerweise Entschuldigungsgrund für jedermann. Es muss gleich wie beim Fahrlässigkeitsdelikt auf die Umstände des einzelnen Falles Rücksicht genommen werden ( Art. 18 Abs. 3 StGB ), und zu den Umständen gehören vornehmlich die Ziele, die der Täter verfolgt. Dass das Gesetz sie bewertet wissen will und von ihnen die Strafbarkeit oder Straflosigkeit des Täters abhangen lässt, ergibt sich aus Art. 173 Ziff. 3 StGB . Es liegt im Geiste dieser Bestimmung, ihnen auch in den Anforderungen an den Entlastungsbeweis des Art. 173 Ziff. 2 Rechnung zu tragen.
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CH
Federation
705eb0cf-fac4-4e52-8fc5-bfd9cb56015c
Urteilskopf 97 V 183 44. Arrêt du 21 mai 1971 dans la cause Gay contre Caisse cantonale valaisanne de compensation et Tribunal des assurances du canton du Valais
Regeste Art. 3 Abs. 4 lit. e ELG . Vom anrechenbaren Einkommen sind auch die Krankheitskosten einer Person abzuziehen, die im Laufe der Berechnungsperiode stirbt, falls diese Kosten rechtlich und tatsächlich zu Lasten des Bezügers der Ergänzungsleistung gingen.
Sachverhalt ab Seite 183 BGE 97 V 183 S. 183 A.- Eugène Gay bénéficiait pour lui et son épouse d'une prestation complémentaire de ... francs par mois. L'épouse étant décédée le 10 octobre 1968 après quelques mois de maladie, la Caisse cantonale valaisanne de compensation a fixé à ... francs par mois la prestation revenant à l'intéressé dès le 1er novembre 1968 ... Le 31 décembre 1969, Eugène Gay a demandé le remboursement des frais médicaux encourus en 1968 du fait de la maladie de son épouse; ces frais s'élevaient à ... francs, dont à déduire la participation de la caisse-maladie. La caisse de compensation BGE 97 V 183 S. 184 a rejeté cette demande par décision du 7 juillet 1970, les frais médicaux payés en 1968 servant à calculer les prestations complémentaires pour une période où l'épouse, décédée, ne pouvait bénéficier de telles prestations. B.- Le Tribunal des assurances du canton du Valais a confirmé ce refus, par jugement du 24 septembre 1970. Il considère en bref que le revenu déterminant - qui englobe la prise en compte des frais médicaux, même lorsque ceux-ci sont remboursés séparément - est celui de l'année précédente; que revenu et frais de l'année 1968 auraient ainsi déterminé la prestation et le remboursement en 1969; que la cessation du droit à prestation à la suite du décès empêchait donc le remboursement requis. C.- Eugène Gay interjette recours de droit administratif et reprend sa conclusion tendante au remboursement des frais médicaux demeurés à sa charge. Il fait valoir pour l'essentiel que le décès n'éteint pas le droit au remboursement, qu'il est d'ailleurs lui-même bénéficiaire de la prestation et agit en son nom personnel. Tandis que la caisse de compensation intimée conclut au rejet du recours, l'Office fédéral des assurances sociales en propose l'admission partielle. Il relève que les frais ont entraîné en 1968 une diminution importante du revenu; que ce revenu devient ainsi déterminant pour la prestation complémentaire de l'année courante; qu'il doit donc y avoir remboursement des frais médicaux non couverts - dont il faut cependant déduire encore la contre-valeur de l'entretien accordé durant l'hospitalisation -, dans le cadre de la prestation complémentaire des conjoints pour la période du 1er janvier au 31 octobre 1968. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon la législation en vigueur jusqu'à fin 1970 - ici applicable - la déduction des frais médicaux s'opère en principe lors du calcul de la prestation complémentaire (art. 3 al. 4 lit. e LPC). La jurisprudence a toutefois reconnu compatible avec la loi un remboursement séparé de ces frais - pratique adoptée dans le canton du Valais dès 1969 - à condition qu'il s'agisse d'une simple modalité de paiement sans influence sur le montant de la prestation totale (voir p.ex. ATFA 1969 p. 236). Est en règle générale déterminant, pour le calcul de la prestation BGE 97 V 183 S. 185 complémentaire, le revenu obtenu au cours de l'année civile précédente; celui-ci est fixé compte tenu de la déduction des frais médicaux (arrêt non publié Fehrlin du 29 octobre 1970). Si toutefois ce revenu subit une diminution importante durant la période d'octroi de la prestation, la nouvelle situation devient déterminante. Le Tribunal fédéral des assurances a déclaré qu'une disposition cantonale qui qualifiait d'importante une diminution correspondant à 10% au moins de la limite légale de revenu ne se heurtait pas au droit fédéral et que, dans un tel cas, la prestation complémentaire devait être calculée sur la base de la nouvelle situation de revenu (ATFA 1969 p. 64; arrêt Fehrlin précité). Le décret valaisan qualifie lui aussi d'importante une diminution correspondant à 10%, et le revenu de 1968 du recourant - compte tenu des frais médicaux - a subi une diminution de cette ampleur au moins par rapport à celui de la période ordinaire de calcul. Les frais médicaux encourus par les époux Gay, diminués de la contre-valeur de l'entretien accordé pendant l'hospitalisation, doivent donc être remboursés, dans le cadre des prestations leur revenant pour les mois de janvier à octobre 1968. 2. Le considérant ci-dessus, reflet de la pratique adoptée lors du décès d'une personne seule, permet de déduire dans le cadre des 10 mensualités de janvier à octobre 1968, soit à concurrence de 10/12e de leur montant, les frais médicaux déductibles. Mais qu'en est-il des 2/12es restants? Au contraire des cas précédemment tranchés, il y a ici un époux survivant qui continue à avoir droit aux prestations complémentaires, voire qui - le recourant le relève à juste titre - en était également le bénéficiaire du vivant de sa femme déjà. Peut-on, pour calculer la prestation lui revenant désormais comme personne seule, refuser de tenir compte (soit de lui rembourser, dans le système du remboursement séparé) des frais médicaux qui concernaient certes son conjoint mais dont en fait et en droit il assumait la charge? Sans doute pourrait-on argumenter que le décès entraîne une situation nouvelle (ainsi la caisse, pour calculer la prestation dès le 1er novembre 1968, a pris en considération la seule fortune personnelle du mari après liquidation successorale, comme aussi n'a plus déduit que la prime individuelle d'assurance-maladie) et que tous les éléments appartenant à la période antérieure doivent être écartés. BGE 97 V 183 S. 186 Mais il ne s'agit pas d'un changement de période de calcul, comme il a lieu lors de modification importante du revenu; il s'agit bien plutôt d'une répartition épurée des biens et des ressources, avec application de la nouvelle limite de revenu et comparaison avec la nouvelle rente de l'assurance-vieillesse et survivants ou de l'assurance-invalidité. Rien n'interdit de maintenir le rythme jusqu'alois appliqué des périodes de calcul. On ne voit pas, en effet, pourquoi il devrait y avoir rupture de ce rythme par exemple pour calculer la prestation complémentaire d'une veuve dont un enfant décède après une maladie coûteuse. Et on ne voit guère les motifs qui imposeraient une solution différente pour un couple, lors du décès de l'épouse. - La seule réserve à faire serait une diminution importante du revenu à la suite de ce décès, dont il faudrait tenir compte dans le cas où cette diminution serait supérieure au montant des frais médicaux. Car la solution retenue ne saurait être au détriment du bénéficiaire. En l'espèce, les prestations complémentaires revenant au couple de janvier à octobre 1968 doivent être calculées sur la base du revenu courant, compte tenu des frais médicaux déductibles (soit remboursables, suivant le système valaisan), selon le premier considérant ci-dessus. Il doit en être de même pour les prestations revenant au mari de novembre à décembre 1968, selon ce qui vient d'être exposé. Le résultat en est le plein remboursement des frais médicaux encourus en 1968, diminués de la contre-valeur de l'entretien pendant l'hospitalisation, dans le cadre des prestations complémentaires des conjoints puis du seul mari durant l'année 1968...
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706ad73f-d7b3-42f6-b7f6-fc45c3468d91
Urteilskopf 98 V 11 3. Extrait de l'arrêt du 2 février 1972 dans la cause Société vaudoise et romande de secours mutuels contre Gentizon et Tribunal cantonal neuchâtelois des assurances
Regeste Art. 26 KUVG . - Zusammentreffen von Subsidiaritätsvorbehalten einer Privatversicherung mit den Versicherungsbedingungen einer anerkannten Krankenkasse in einer kantonalrechtlich obligatorisch erklärten Unfallversicherung ( Art. 2 KUVG ). - Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts in einem solchen Fall ( Art. 104 OG ).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 98 V 11 S. 12 A.- Une loi neuchâteloise du 27 octobre 1964 a déclaré l'assurance-maladie obligatoire pour les mineurs de 6 à 18 ans domiciliés dans le canton. La loi réserve la faculté de pratiquer cette assurance aux caisses-maladie reconnues qui auront conclu une convention avec l'Etat de Neuchâtel. Ces conventions sont établies sur des formules uniformes. La Société vaudoise et romande de secours mutuels (SVRSM), coopérative ayant son siège à Lausanne, y a souscrit en 1965. Des lois neuchâteloises ultérieures, l'une du 9 décembre 1968 et l'autre du 14 février 1969, ont étendu au risque d'accident l'assurance obligatoire en vertu de la loi de 1964. La convention qui lie la SVRSM et l'Etat de Neuchâtel n'a pas été dénoncée. B.- Pierre-Alain Gentizon, né en 1954, est domicilié chez ses parents à Colombier NE. Conformément aux lois précitées, son père l'a assuré contre la maladie et les accidents dès le 1er janvier 1960, auprès de la SVRSM. La police porte sur les soins médicaux et pharmaceutiques et sur une indemnité d'hospitalisation de 10 fr. Paul Gentizon assura aussi son fils contre les accidents, dès le 28 mai 1969, auprès de la "Zurich", compagnie d'assurances ayant son siège à Zurich, pour un capital de 2000 fr. en cas de décès, un capital de 30 000 fr. en cas d'invalidité et les frais de traitement. Le 7 février 1970, Pierre-Alain Gentizon s'est brisé une jambe à ski, ce qui lui a occasionné des frais de médecin (131 fr.) et d'hôpital (1008 fr. 60). Après un échange de correspondance avec les parents de l'assuré et avec la "Zurich", la SVRSM refusa ses prestations le 17 septembre 1970, en arguant de ce que la "Zurich" répondait de l'accident au premier chef et de ce que sa responsabilité, à elle caisse-maladie, n'était que subsidiaire. C.- Agissant au nom de Paul et de Pierre-Alain Gentizon, Me D. recourut contre la décision de la caisse-maladie. Le 5 mars 1971, le Tribunal cantonal neuchâtelois des assurances dit que la caisse intimée devait ses prestations à l'assuré recourant pour l'accident du 7 février 1970 et que lesdites prestations s'élevaient à 958 fr. 50, l'éventualité d'une rechute demeurant réservée. Par l'intermédiaire de Me G., la SVRSM a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Elle conclut au rétablissement de sa décision du 17 septembre 1970, tout en se déclarant prête à verser des prestations BGE 98 V 11 S. 13 volontaires dans l'hypothèse où la "Zurich" ne payerait pas tous les frais provoqués par l'accident. L'avocat des intimés conclut au rejet du recours. Dans son préavis, l'Office fédéral des assurances sociales propose également de rejeter le recours. Erwägungen Extrait des considérants: Selon l'art. 13 des conditions d'assurance remises à l'intimé par la recourante, la responsabilité de la caisse est subsidiaire: celle-ci n'intervient pas si un tiers, de son côté, ne s'est engagé à réparer le dommage que dans la mesure où elle ne le répare pas. Or, la police conclue entre l'intimé et la "Zurich" prévoit précisément qu'est couverte "la part des accidents extrascolaires qui n'est pas prise en charge par la caisse-maladie (assurance obligatoire)". Il s'agit en l'espèce d'un accident extrascolaire. D'autre part, l'art. 21 de la loi cantonale sur l'assurance-maladie et accidents obligatoire prescrit aux caissesmaladie de prendre en charge les frais d'accidents dans la mesure où ils ne sont pas couverts par des tiers. Enfin, aux termes de la convention conclue entre le canton et la recourante, les obligations de la caisse conventionnelle envers ceux de ses membres qui bénéficient de l'intervention de l'Etat sont déterminées par les statuts et règlements et par les dispositions de la loi et du règlement d'exécution; la caisse conventionnelle assure la couverture des frais de traitement conformément à la loi et au règlement d'exécution (art. 4). Les premiers juges ont résolu le problème que pose ce concours de clauses de subsidiarité en faisant prévaloir sur les conventions particulières la disposition de l'art. 21 de la loi cantonale, qui enjoint aux caisses-maladie conventionnelles de prendre en charge les frais d'accidents, dans la mesure où ils ne sont pas couverts par des tiers. Autrement dit, ils ont estimé que la recourante, qui s'est engagée par convention à respecter la loi cantonale, n'a pas le droit de faire valoir à l'encontre de l'intimé une clause de subsidiarité, alors que nul tiers n'est obligé de réparer le dommage et que la "Zurich" en particulier n'a pris, de son côté, aucun engagement qui permette de la contraindre à renoncer à exciper de la subsidiarité. Ce raisonnement, qu'appuient l'intimé et l'Office fédéral des assurances sociales, est convaincant. Il n'existe pas de dispositions de droit fédéral qui s'opposent à la manière dont le canton BGE 98 V 11 S. 14 de Neuchâtel a, sur ce point, organisé conformément à l'art. 2 al. 1er lit. a et 2 al. 3 LAMA l'assurance obligatoire en cas de maladie et d'accidents. On pourrait même se demander si l'interprétation de la loi neuchâteloise et de la convention n'échappe pas entièrement au pouvoir d'examen du Tribunal fédéral des assurances, comme ressortissant au droit public cantonal. Dans ce cas, il ne serait pas nécessaire de déclarer l'interprétation des premiers juges convaincante: il suffirait de constater qu'elle n'est pas arbitraire (art. 4 Cst). Dispositiv Par ces motifs. le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté dans la mesure où il est recevable.
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706d3b68-b928-409d-b360-a1bcb8a502c8
Urteilskopf 136 III 633 93. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. (recours en matière civile) 5A_465/2010 du 21 octobre 2010
Regeste Fortsetzung einer Betreibung ohne vorherigen Zahlungsbefehl ( Art. 149 Abs. 3 SchKG ), welche am neuen Wohnsitz des Betriebenen innerhalb der Anschlussfrist an eine am früheren Wohnsitz vollzogene Pfändung verlangt wird ( Art. 110 Abs. 1 SchKG ); Mitteilungspflicht des Betreibungsamtes am neuen Wohnsitz. Im Falle eines Wohnsitzwechsels des Betriebenen muss das Betreibungsamt am neuen Wohnsitz, das innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung durch das Betreibungsamt am alten Wohnsitz von einem Gläubiger ein Fortsetzungsbegehren erhält, das Amt am alten Betreibungsort davon benachrichtigen, sofern jenes von dieser Pfändung Kenntnis hat, so dass das Amt am alten Betreibungsort den fraglichen Gläubiger und seine Forderungen bei der Bildung der Gläubigergruppen und der Erlösverteilung berücksichtigen kann (Bestätigung einer alten Rechtsprechung; E. 2).
Sachverhalt ab Seite 634 BGE 136 III 633 S. 634 Y. fait l'objet de poursuites exercées par plusieurs créanciers. Le 5 mars 2008, la créancière X. a obtenu de l'Office des poursuites de Lausanne-Est une saisie sur le salaire du débiteur pour la période du 1 er mars 2008 au 28 février 2009. L'office précité lui délivrera, le 12 mars 2009, un acte de défaut de biens après saisie. Le 9 mars 2009, X. a obtenu de l'Office des poursuites de Genève, le débiteur ayant pris domicile dans cette ville, l'établissement d'un commandement de payer, qui ne pourra toutefois pas être notifié au débiteur, celui-ci ayant quitté Genève le 27 mars 2009 pour reprendre domicile à Lausanne. Le 11 mars 2009, l'office de Genève a établi un procès-verbal de saisie en faveur de trois autres créanciers, fixant au 22 avril 2009 le délai de participation prévu par l' art. 110 LP . Le 9 avril 2009, la créancière a requis de l'Office des poursuites de Lausanne-Ouest, le domicile du débiteur étant alors à nouveau à Lausanne, la continuation de sa poursuite sur la base de l'acte de défaut de biens délivré le 12 mars 2009. Le 1 er mai 2009, l'office en question a ordonné une saisie sur le salaire du débiteur à partir du 1 er avril 2010, estimant que cette saisie devait sortir effet du 11 mars 2010, date à laquelle la saisie antérieure ordonnée par l'office de Genève serait périmée, jusqu'au 1 er mai 2010. X. a requis en vain les autorités cantonales de surveillance de modifier le procès-verbal de saisie du 1 er mai 2009 en ce sens que la saisie soit ordonnée avec effet immédiat. Le Tribunal fédéral a admis son recours en matière civile et a renvoyé l'affaire à l'autorité précédente pour nouvelle décision dans le sens des considérants. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le créancier au bénéfice d'un acte de défaut de biens après saisie peut, sans commandement de payer, requérir la continuation de sa poursuite s'il agit dans les 6 mois de la réception de l'acte de défaut de biens ( art. 149 al. 3 LP ). Selon l' art. 110 al. 1 LP , les créanciers qui requièrent la continuation de la poursuite dans les 30 jours à compter d'une première saisie participent à celle-ci, l'office devant la compléter au fur et à mesure des réquisitions, autant que cela est nécessaire pour désintéresser tous les créanciers de la même série. Il ressort d'un arrêt du Tribunal fédéral, arrêt certes ancien mais qui n'a jamais été remis en cause ni par la jurisprudence ultérieure ni par BGE 136 III 633 S. 635 la doctrine ( ATF 27 I 591 consid. 2), qu'en cas de changement de domicile du poursuivi, l'office des poursuites du nouveau domicile qui reçoit une réquisition de continuer la poursuite formée par un créancier dans les 30 jours après l'exécution d'une saisie par l'office de l'ancien domicile doit, s'il a connaissance de cette dernière, en aviser l'office de l'ancien for de manière à ce que celui-ci puisse tenir compte, pour la formation des séries et la distribution des deniers, du créancier en question et de ses prétentions (cf. GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. II, 2000, n° 40 ad art. 110 LP ; JAEGER/WALDER/KULL, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 5 e éd. 2006, n° 14 ad art. 110 LP ; INGRID JENT-SØRENSEN, in Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 1998, n° 27 ad art. 110 LP ). En l'espèce, les faits suivants sont constants: après avoir exercé une première saisie à l'encontre de l'intimé à Lausanne en 2008, la recourante en a initié une nouvelle le 9 mars 2009 à Genève, l'intimé étant alors domicilié dans cette ville; la notification de cette poursuite a échoué du fait du retour de l'intimé à Lausanne le 27 mars 2009; s'étant vu dans l'intervalle (12 mars 2009) délivrer un acte de défaut de biens au terme de la poursuite de 2008, la recourante a requis, sur la base de cet acte, la continuation de sa poursuite à Lausanne le 9 avril 2009, soit dans le délai de 6 mois de l' art. 149 al. 3 LP . Il est manifeste que l'office de Lausanne-Ouest avait connaissance de la saisie opérée à Genève en mars 2009 et du délai de participation selon l' art. 110 al. 1 LP fixé au 22 avril 2009, puisqu'il en a expressément fait état dans son procès-verbal du 1 er mai 2009. Saisi de la réquisition de continuer la poursuite présentée dans le délai, il devait, conformément à la jurisprudence rappelée plus haut, aviser l'office de Genève pour que la recourante puisse participer à la saisie exécutée à cet ancien for. En retenant que la recourante aurait pu agir à Genève dans le délai de participation au 22 avril 2009 mentionné dans le procès-verbal de saisie du 11 mars 2009, la cour cantonale a méconnu le fait que cet acte, établi en faveur de trois autres créanciers, n'avait en principe été communiqué qu'à ces derniers et au débiteur ( art. 114 LP ). Rien n'indique que la recourante en aurait eu alors connaissance. Mais, surtout, en considérant que la réquisition de la recourante du 9 avril 2009 tendant à la continuation de la poursuite au nouveau domicile de l'intimé ne lui permettait pas de participer à la saisie BGE 136 III 633 S. 636 exécutée par l'office de Genève, quand bien même elle était intervenue dans le délai de participation fixé lors de la saisie du 11 mars 2009, la cour cantonale a ignoré la règle rappelée plus haut et, partant, violé le droit fédéral. Il s'ensuit que le recours doit être admis. Le Tribunal fédéral ne disposant pas de toutes les données nécessaires pour statuer, l'affaire doit être renvoyée à l'autorité précédente pour qu'elle ordonne le rétablissement de la recourante dans ses droits de participation à la saisie conformément à l' art. 110 LP .
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Urteilskopf 124 III 456 79. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. August 1998 i.S. F. gegen U. AG (Berufung)
Regeste Rechtsnatur des EDV-Vertrages; Sachgewährleistung; Möglichkeit des Richters, im Wandelungsprozess bloss auf Minderung zu erkennen ( Art. 205 Abs. 2 OR ). Die Rechtsnatur des Vertrages über die Lieferung eines aus Standardsoft- und Hardware bestehenden EDV-Systems ist nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen. Vorliegend Anwendung der kaufrechtlichen Sachgewährleistungsregeln auf einen Vertrag über die Lieferung eines aus Hardware, Systemsoftware und Datenbank bestehenden EDV-Systems bei Mängeln in der Standardsoftware und -dokumentation (E. 4b). Beginn der Rügefrist (E. 4c). Möglichkeit des Richters, im Wandelungsprozess gemäss Art. 205 Abs. 2 OR bloss auf Minderung zu erkennen; Anwendung auf den vorliegenden EDV-Vertrag (E. 4d).
Sachverhalt ab Seite 457 BGE 124 III 456 S. 457 A.- Die F. entschloss sich im Jahre 1984 zur Einführung einer zentralen Datenverwaltung mittels eines neuen EDV-Systems. Die entsprechenden Konzepte und Evaluationen liess sie durch den Wirtschaftsinformatik-Spezialisten Prof. B. erstellen. Mit Verträgen vom 20. und 24. Juni 1986 verpflichtete sich die Firma S. zur Lieferung eines "schlüsselfertigen" EDV-Systems (sog. Tripel), bestehend aus Hardware, einem Betriebssystem und einem Datenbanksystem, an F. Die Rechte und Pflichten von S. gingen später durch Fusion auf die U. AG über. Mit der Entwicklung der Anwenderprogramme beauftragte F. wiederum Prof. B. Vom 7. bis 15. Juli 1986 wurde das Tripel bei F. installiert. Ab August 1986 entwickelte Prof. B. die Applikationen auf dem Tripel weiter. F. stellte in der Folge verschiedene Mängel fest, rügte diese am 16. Oktober und 10. November 1986 und setzte der U. AG Frist bis zum 27. März 1987 zur Nachbesserung. Nach Ablauf der Frist bestanden noch immer diverse Mängel im Gesamtsystem. Am 27. März 1987 erklärte F. gegenüber der U. AG den Vertragsrücktritt mit sofortiger Wirkung und deponierte die von dieser gelieferte Hard- und Software bei einem Speditionsunternehmen. B.- Mit Klage vom 28. August 1989 beantragte F. dem Handelsgericht des Kantons Zürich, die U. AG zur Bezahlung von Fr. 849'411.-- nebst Zins zu 5% seit 12. Juli 1986 zu verurteilen. Das Handelsgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Juli 1997 ab. C.- Die Klägerin führt gegen das Urteil des Handelsgerichts Berufung mit dem Antrag, dieses aufzuheben und die Klage im Umfang von Fr. 840'596.-- zuzüglich Zins zu 5% seit 12. Juli 1986 gutzuheissen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Streitsache zur neuen Entscheidung an das Handelsgericht zurück. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wiesen die von der Beklagten gelieferten Handbücher gewisse nicht leicht zu nehmende Fehler auf, welche die Arbeit auf dem System erschwerten und verzögerten, aber nicht verunmöglichten. Während die von der Beklagten gelieferte Hardware mängelfrei war, waren in der Software nach Ablauf der von der Beklagten gesetzten Nachbesserungsfrist am 27. März 1987 noch diverse Mängel vorhanden, wobei einzig bezüglich des Fehlers "can't receive data" feststeht, BGE 124 III 456 S. 458 dass er in einer der von der Beklagten erbrachten Leistungen, nämlich im Datenbanksystem, begründet ist. Weitere angebliche Mängel in den beklagtischen Vertragsleistungen blieben unbewiesen. Nach Ansicht der Vorinstanz rechtfertigen die festgestellten Mängel eine Wandelung des Vertrages nicht. Die Klägerin rügt, die Vorinstanz habe den Wandelungsanspruch zu Unrecht verneint, und verlangt die Verurteilung der Beklagten zur Rückerstattung des bezahlten Entgelts. a) Die Vereinbarung der Parteien sieht bezüglich Mängeln der Software vor, dass diese während einer Garantiefrist von drei Monaten durch einen Programmservice der Beklagten nachzubessern seien. Zudem war die Klägerin berechtigt, Softwaremängel auf Kosten der Beklagten durch einen Spezialisten selbst beheben zu lassen. Die Mängel konnten aber nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz weder durch Nachbesserung noch durch Ersatzvornahme innert angemessener Frist behoben werden. Die Vorinstanz ging zutreffend davon aus, das Vertragswerk sei lückenhaft, da es für diesen Fall keine Regelung vorsehe, und es seien die Regeln des dispositiven Rechts zur Vertragsergänzung heranzuziehen. Eine Bestimmung im Rahmenvertrag vom 20. Juni 1986, welche im Falle der Unmöglichkeit der Nachbesserung eine beschränkte Schadenersatzpflicht der Beklagten vorsah, ist nach Ansicht der Vorinstanz im Rahmenvertrag zur Integration der Einzelverträge vom 24. Juni 1986 aufgehoben worden. Ob diese Auffassung zutreffend ist, kann offenbleiben, da die Bestimmung nach ihrem Wortlaut lediglich die Schadenersatzpflicht einschränkt, ein Wandelungs- oder Minderungsrecht aber nicht ausschliesst. b) Die Vorinstanz kam zum Schluss, bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertragswerk handle es sich um einen Innominatkontrakt, der Elemente verschiedener Vertragstypen, vorwiegend aber solche des Werkvertrages umfasse. In sachgewährleistungsrechtlicher Hinsicht seien die Regeln des Werkvertragsrechts analog anzuwenden, weil die Beklagte der Klägerin nicht bloss Standardsoft- und Hardware überlassen, sondern die Realisierung eines Informationssystems, d.h. einer Kombination von Hardware, Systemsoftware und Datenbank als Ganzes geschuldet habe. Der in den Rahmenverträgen zur Integration der Einzelverträge vom 20. bzw. 24. Juni 1986 verwendete Begriff "schlüsselfertig", welcher in der Regel für Werkverträge verwendet werde, weise darauf hin, dass die Beklagte eine Erfolgsgarantie für das einwandfreie Funktionieren des Tripels als Ganzes übernahm. Zudem spreche die BGE 124 III 456 S. 459 Vereinbarung eines Nachbesserungsrechts für die Annahme eines Werkvertrages. aa) Gegenstand eines Werkvertrages ist die Erstellung eines individuell bestimmten Arbeitsergebnisses (GAUCH, Der Werkvertrag, 4. Auflage, Zürich 1996, S. 5 ff.; ZINDEL/PULVER, Basler Kommentar, N. 1 zu Art. 363-379 OR ; vgl. HONSELL, Schweizerisches Obligationenrecht, Besonderer Teil, Bern 1997, S. 246 f. und S. 248). Demgegenüber bezweckt der Kauf die Übereignung einer in der Regel bereits bestehenden, jedenfalls nicht speziell für die individuellen Bedürfnisse des Käufers fabrizierten Sache (GAUCH, a.a.O., S. 37 f.; ZINDEL/PULVER, a.a.O., N. 9 zu Art. 363-379 OR ; HONSELL, a.a.O., S. 248). bb) Der Vertrag über die Lieferung eines aus Hard- und Software bestehenden EDV-Systems kann verschiedenartig ausgestaltet sein, weshalb seine rechtliche Behandlung nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zu beurteilen ist (vgl. SCHLUEP, Innominatverträge, in: Schweizerisches Privatrecht, Band VII/2, S. 964). Die von Teilen der Lehre befürwortete Prädominanz des Werkvertragsrechts bei der Verpflichtung zur Erstellung eines "schlüsselfertigen" EDV-Systems (URSULA WIDMER, Risikofolgeverteilung bei Informatikprojekten: Haftung für Softwaremängel bei Planung und Realisierung von Informationssystemen, Diss. Bern 1990, S. 75; BARBEY, Les contrats informatiques, in La Semaine Judiciaire 1987, S. 301) darf daher nicht unbesehen angenommen werden, wo - wie vorliegendenfalls - die Leistungen des Anbieters weder die Projektierung des Gesamtsystems noch die Entwicklung der Applikationen umfassen. Die von der Vorinstanz festgestellten Mängel befinden sich in der Datenbank und in den dazugehörigen Handbüchern. Dabei handelt es sich um Standardsoftware und -dokumentationen, deren entgeltliche Überlassung lizenzvertraglichen, kauf- oder miet- bzw. pachtrechtlichen Charakter hat (GAUCH, a.a.O., S. 11 N. 35; HONSELL, Standardsoftware- und Sachmängelhaftung, in Festschrift für Mario M. Pedrazzini, Bern 1990, S. 314 ff.; URSULA WIDMER, a.a.O., S. 46 oben und S. 74). Wo das Verhältnis zwischen den Parteien demjenigen zwischen Käufer und Verkäufer ähnelt, d.h. einem einmaligen Austauschverhältnis näher kommt als einem Dauerschuldverhältnis, drängt sich die Anwendung der kaufrechtlichen Normen auf (vgl. VON BÜREN, Der Lizenzvertrag, in: Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, Band I/1 [Grundlagen], S. 249 und 309). Da die Beklagte der Klägerin die fraglichen Leistungen im BGE 124 III 456 S. 460 Gegenzug zur einmaligen Bezahlung einer im pauschalen "Kaufpreis" enthaltenen Geldzahlung überliess, rechtfertigt sich die analoge Anwendung des kaufvertraglichen Gewährleistungsrechts. Der Klägerin steht demnach bei gegebenen Voraussetzungen ein Recht auf Wandelung oder Minderung nach den Regeln des Kaufrechts zu (vgl. GAUCH, a.a.O., S. 664 N. 2507; URSULA WIDMER, a.a.O., S. 195 f.). Ob in sachgewährleistungsrechtlicher Hinsicht auch bei Mängeln in einem Standardsoftwareprogramm trotz grundsätzlicher Zuordnung zum Kaufrecht ein - dem Werkvertragsrecht entliehenes - Nachbesserungsrecht anzuerkennen ist (vgl. URSULA WIDMER, a.a.O., S. 44 f. und S. 104, Fussnote 9), kann offenbleiben, da vorliegendenfalls ein solches vertraglich vereinbart wurde. Aus der vertraglichen Vereinbarung eines Nachbesserungsrechts kann jedenfalls entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht unbesehen auf das Vorliegen eines Werkvertrages geschlossen werden, da ein Nachbesserungsanspruch auch im Rahmen eines Kaufvertrages sinnvoll sein kann und häufig vereinbart wird (HONSELL, Basler Kommentar, N. 4 zu Art. 205 OR ). c) Wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, kam die Klägerin ihrer Rügeobliegenheit bezüglich des Softwaremangels "can't receive data" mit den Mängelrügen vom 16. Oktober und 10. November 1986 rechtzeitig nach, da die bezüglich der Software vereinbarte dreimonatige Garantiefrist erst zu laufen beginnen konnte, als die Installation abgeschlossen war und die Klägerin das System produktiv, mit echten Betriebsdaten und unter echten Einsatzbedingungen, in Gebrauch nahm, da erst dannzumal, mithin geraume Zeit nach dem 15. Juli 1986, eine nach dem üblichen Geschäftsgang tunliche Prüfung möglich war. Die Vorinstanz traf aber keine Feststellungen über den exakten Zeitpunkt, in dem die Klägerin das System produktiv einsetzte. Ob die Mängelrüge bezüglich der Handbücher, welche nach den Feststellungen der Vorinstanz spätestens am 26. Februar 1987 erfolgte, rechtzeitig vorgenommen wurde, kann daher das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht beurteilen. d) Nach den Feststellungen der Vorinstanz hätte das Auftreten der Fehlermeldung "can't receive data" durch eine andere, besser geeignete Programmierweise der von Prof. B. erstellten Applikationen vermieden werden können. Der Fehler hätte bereits zu Beginn der Applikationsentwicklung festgestellt und das Applikationsdesign zwecks Umgehung des Fehlers angepasst werden können. Die Vorinstanz nahm an, der Fehler "can't receive data" stelle trotz der Umgehbarkeit einen von der Beklagten zu vertretenden Mangel in BGE 124 III 456 S. 461 der Vertragserfüllung dar, da die Umgehung einen gewissen Mehraufwand in der Applikationsentwicklung bedingt hätte. Da aber der Mangel vom Applikationsentwickler gleichsam hätte neutralisiert werden können, sei er nicht derart gravierend, dass er eine Wandelung rechtfertige; der Klägerin sei eine Annahme des Tripels trotz der - umgehbaren - Mängel zumutbar. Auch die Mängel in den Handbüchern rechtfertigten keine Wandelung, da sie die Arbeit auf dem System verzögerten und erschwerten, aber nicht verunmöglichten. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, ob ein vorhandener Fehler EDV-technisch hätte umgangen werden können, spiele keine Rolle, denn die Klägerin sei nicht verpflichtet gewesen, nach den Fehlerursachen zu forschen und nach Wegen zu suchen, um diesen auszuweichen. Die Möglichkeit, bestehende Fehler zu umgehen, ändere nichts an der Mangelhaftigkeit des gelieferten Systems. Auch berechtigte die mangelnde Eignung der Handbücher die Klägerin zur Wandlung, selbst wenn diese nicht geradezu unbrauchbar seien. Der Richter habe nicht zu prüfen, ob die Wandelung unverhältnismässig erscheine. aa) Die Wandelung eines nach den kaufrechtlichen Regeln zu beurteilenden Vertrages setzt voraus, dass die vom Verkäufer erbrachte Leistung körperliche oder rechtliche Mängel hat, die ihren Wert oder ihre Tauglichkeit zum vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder erheblich mindern, oder vertraglichen Zusicherungen nicht entspricht ( Art. 197 OR ). Software-Fehler sind demnach nur dann Mängel im Rechtssinne, wenn sie das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft bewirken oder die Funktionsfähigkeit der Software für den vorausgesetzten Gebrauch beeinträchtigen oder ausschliessen (URSULA WIDMER, a.a.O., S. 121 f.; HELMUT REDEKER, Der Rechtsbegriff des Mangels beim Erwerb von Software, Computer und Recht 1993, S. 195; vgl. ULRICH SANDHÖVEL, Gewährleistung beim Erwerb von Software, Diss. Bonn 1991, S. 76 f.). Der Mangel muss zudem so erheblich sein, dass die Umstände es rechtfertigen, den Vertrag rückgängig zu machen, ansonsten bloss Ersatz des Minderwertes zuzusprechen ist ( Art. 205 Abs. 2 OR ). Die Wandelung ist z.B. dann gerechtfertigt, wenn der Vertragsgegenstand aufgrund des Mangels unbrauchbar ist, oder wenn die Reparaturkosten bzw. der Minderwert hoch sind und sich der Mangel dennoch nicht gänzlich beseitigen lässt. Ist aber dem Käufer das Aufrechterhalten des Vertrages zumutbar, und sprechen die Interessen des Verkäufers gegen eine Rückabwicklung des Vertrages, ist bloss auf Minderung zu erkennen BGE 124 III 456 S. 462 (vgl. HANS HENZEN, Die Relativierung des Wandelungsanspruchs des Käufers durch den Vorbehalt des richterlichen Ermessens gemäss OR 205/II, Diss. Bern 1990, S. 42 ff.). Die Unzulänglichkeit von Handbüchern rechtfertigt eine Wandelung im allgemeinen nur, wenn sie die Unbrauchbarkeit des gelieferten Systems zur Folge hat, z.B. wenn überhaupt keine Programmdokumentation geliefert wird oder wenn diese in einer dem Käufer nicht verständlichen Fremdsprache abgefasst ist (URSULA WIDMER, a.a.O., S. 149 f. Fussnote 191 sowie S. 151). bb) Nach der Vereinbarung der Parteien hatte die Beklagte ein "schlüsselfertiges" EDV-System zu liefern, auf dem die Klägerin das selbsterstellte Anwenderprogramm entwickeln konnte. Die Notwendigkeit, Fehler im gelieferten System durch Umprogrammierung der Applikationen auszumerzen, stellt eine Beeinträchtigung des vorausgesetzten Gebrauchs und damit einen rechtserheblichen Mangel dar. Da aber die Klägerin die Fehlersymptome umgehen und damit die Gebrauchstauglichkeit des Systems herstellen konnte, erscheint die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht als unzumutbar. Vielmehr wäre die Rückabwicklung des Vertrages unbillig, war doch die gelieferte Hardware mängelfrei und konnte der Beklagten neben dem Fehler "can't receive data" kein weiterer Softwaremangel nachgewiesen werden. Auch die Mängel in den Handbüchern vermöchten eine Wandelung nicht zu rechtfertigen, selbst wenn die Klägerin diese rechtzeitig gerügt haben sollte, da sie den Gebrauch des Systems nicht geradezu verunmöglichten. Die Vorinstanz verletzte demnach kein Bundesrecht, wenn sie die Wandelung als ungerechtfertigt betrachtete.
null
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
7075d923-2d0b-4bc0-b448-885e6be01ff3
Urteilskopf 81 IV 296 64. Urteil des Kassationshofes vom 2. Dezembcr 1955 i. S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft gegen Bruggmann.
Regeste Art. 45 Abs. 2, 49 Abs. 2 MFV. Im Bereiche von Sicherheitslinien dürfen Motorfahrzeuge jedenfalls dann nicht aufgestellt werden, wenn andern dadurch verunmöglicht würde, ungehindert rechts der Linie zu fahren. Wann ist das Fahrzeug "aufgestellt"?
Sachverhalt ab Seite 296 BGE 81 IV 296 S. 296 A.- Josef Bruggmann führte am 30. März 1954 kurz nach 17 Uhr einen Lastwagen mit Anhänger auf der gut ausgebauten und stark befahrenen Überlandstrasse von Pratteln Richtung Liestal. Auf der Strassenkuppe vor der Hülftensenke hielt er an und liess den Lastenzug drei bis vier Minuten am rechten Strassenrande stehen. Die Mitte der Strasse ist dort durch eine Sicherheitslinie und anschliessend daran in beiden Richtungen durch eine Leitlinie gekennzeichnet, da die Kuppe die Sicht auf entgegenkommende Strassenbenützer beeinträchtigt. B.- Mit Strafbefehl vom 4. August 1954 büsste die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft Bruggmann wegen Übertretung des Art. 49 MFV mit Fr. 20.-. Sie warf ihm vor, er habe seinen Wagen an unübersichtlicher Stelle und seitlich der Sicherheitslinie stationiert. Auf Einspruch Bruggmanns hob das Polizeigericht Liestal am 17. März 1955 den Strafbefehl auf und sprach den Beschuldigten frei. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft wies am 7. Juni 1955 die Appellation der Staatsanwaltschaft ab und bestätigte den Freispruch. Zur Begründung führte es BGE 81 IV 296 S. 297 aus, der stehende Lastenzug habe auf der gut ausgebauten Überlandstrasse den Verkehr nicht erheblich behindert, da er von beiden Seiten auf grössere Entfernung gut sichtbar gewesen sei. Die Auffassung der Staatsanwaltschaft, dass im Bereiche einer Sicherheitslinie überhaupt nicht stationiert werden dürfe, gehe zu weit. Nach dem Kreisschreiben des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements vom 28. März solle wegen Überfahrens solcher Linien allein keine Strafanzeige erfolgen. Tatsächlich werde beispielsweise im Dorfe Itingen das Überfahren der Sicherheitslinien polizeilich toleriert, obschon dadurch der Verkehr dauernd erheblich gefährdet werde. Auch hätten im vorliegenden Falle der verzeigende Polizist und der ihn begleitende Polizeikommandant anhalten und den Führer auf das angeblich vorschriftswidrige Stationieren aufmerksam machen und ihn zum sofortigen Weiterfahren veranlassen sollen. Dass sie es nicht taten, beweise, dass sie selber den Verkehr nicht als erheblich gefährdet angesehen hätten. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei wegen Verletzung von Art. 49 Abs. 2 und 3 und Art. 45 MFV aufzuheben. D.- Bruggmann beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 49 Abs. 2 MFV sind Motorfahrzeuge so aufzustellen, dass sie den Verkehr nicht stören können. Wie der Kassationshof entschieden hat ( BGE 77 IV 119 ), verbietet diese Bestimmung das Aufstellen von Motorfahrzeugen nicht überall dort, wo es den Verkehr irgendwie erschwert, sondern nur dort, wo es für ihn ein erhebliches Hindernis bildet, das trotz der den anderen Strassenbenützern zuzumutenden Aufmerksamkeit zu Unfällen Anlass geben oder andere in besonderem Masse hindern kann, ihren Weg fortzusetzen. Immerhin ist nicht nötig, BGE 81 IV 296 S. 298 dass die Unfallgefahr eine konkrete sei oder dass das aufgestellte Motorfahrzeug tatsächlich jemanden in unzumutbarer Weise an der Fortsetzung seines Weges hindere. Art. 49 Abs. 2 MFV richtet sich wie die anderen Verkehrsregeln des Gesetzes und der Verordnung schon gegen abstrakte Gefährdung des Verkehrs. Das kommt denn auch darin zum Ausdruck, dass die Bestimmung das Aufstellen von Motorfahrzeugen nicht nur dort verbietet, wo sie den Verkehr stören, sondern schon dort, wo sie ihn stören "können". 2. Nach ständiger Rechtsprechung des Kassationshofes darf an Sicherheitslinien vom Gebote des Rechtsfahrens nur aus zwingenden Gründen abgewichen werden, z.B. wenn ein anderes Fahrzeug wegen einer Panne die rechte Fahrbahn versperrt ( BGE 79 IV 84 und dort erwähnte Urteile). Hievon geht auch das Kreisschreiben des eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements an die Kantonsregierungen vom 28. März 1939 aus. Die Vorinstanz verkennt das, wenn sie glaubt, das Departement habe Strafanzeige wegen Überfahrens von Sicherheitslinien als nicht erwünscht bezeichnet. Die Meinungsäusserung, dass wegen Überfahrens allein keine Strafanzeige eingereicht werden solle, bezieht sich auf den Fall, dass die Linie "nach den gegebenen Strassenverhältnissen nicht als Sicherheitslinie im Sinne von Art. 45 Abs. 2 MFV gedacht ist". Dass da, wo eine Sicherheitslinie besteht, das Überfahren nicht geahndet werden solle, liesse sich denn auch angesichts der klaren Bestimmung des Art. 45 Abs. 2 MFV nicht vertreten. Auch bleibt kein Raum mehr zur Annahme, eine Linie sei je "nach den gegebenen Strassenverhältnissen" am einen Ort Sicherheitslinie und am andern nicht. Ob sie es ist, hängt nur von ihrem Aussehen ab. Nach den Normen der Vereinigung schweizerischer Strassenfachmänner sind Sicherheitslinien mit weisser Farbe durchgezogen und 10-20 cm breit, wodurch sie sich deutlich von den unterbrochenen Leitlinien unterscheiden (vgl. BGE 79 IV 81 ff.). BGE 81 IV 296 S. 299 Darf der Führer eines Motorfahrzeuges ohne zwingenden Grund die Sicherheitslinie nicht überfahren, ja sich ihr nicht einmal so stark nähern, dass er entgegenkommende Strassenbenützer gefährden könnte (vgl. BGE 81 IV 172 f.), so versteht es sich, dass im Bereiche solcher Linien Fahrzeuge jedenfalls dann nicht aufgestellt werden dürfen, wenn der Raum zwischen dem Fahrzeug und der Linie zu eng ist, um anderen ungehindert die Beachtung des Art. 45 Abs. 2 MFV zu gestatten. Die Verordnung kann nicht einerseits ausdrücklich vorschreiben, dass rechts der Sicherheitslinien gefahren werden müsse, und anderseits gestatten wollen, dass andere durch Aufstellen von Fahrzeugen die Einhaltung des Gebotes verunmöglichen. In diesem Sinne hat der Kassationshof schon bisher entschieden (unveröffentlichtes Urteil vom 4. Dezember 1953 i.S. Primavesi). Diese Auslegung des Art. 49 Abs. 2 MFV entspricht auch dem Geiste des Art. 49 Abs. 3, der das Aufstellen von Motorfahrzeugen unter anderem an engen Strassenstellen untersagt. Wo eine Sicherheitslinie den Verkehr teilt, soll dieser sich so abwickeln, dass kein Fahrzeug die dem Gegenverkehr vorbehaltene Strassenseite beanspruchen muss. Die sich daraus ergebende Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit darf wie an engen Strassenstellen nicht durch aufgestellte Fahrzeuge noch weiter eingeschränkt werden, so dass andere auf ihrer Fahrbahn nicht mehr ordnungsgemäss verkehren können. Eine Ausnahme ist selbst dann nicht zu machen, wenn der Blick auf das aufgestellte Fahrzeug von keiner Seite beeinträchtigt ist. Denn der Zweck, dem die Sicherheitslinie zu dienen hat, besteht weiter. In der Regel wird diese angebracht, weil die Sicht vom fahrenden Wagen auf den Gegenverkehr oder auf die von der Seite einmündenden Fahrzeuge beschränkt ist. Durch Aufstellen von Fahrzeugen im Bereiche der Sicherheitslinie wird diese Sicht um nichts verbessert, oft sogar verschlechtert. In anderen Fällen soll die Sicherheitslinie lediglich die Flüssigkeit des Verkehrs fördern, z.B. wenn sie die Führer der Motorfahrzeuge BGE 81 IV 296 S. 300 anweist, die Strassenbahngeleise freizulassen (vgl. BGE 79 IV 79 ff.). Auch dieser Zweck könnte durch Aufstellen von Fahrzeugen im Bereiche von Sicherheitslinien vereitelt werden, selbst wenn das aufgestellte Fahrzeug von weitem sichtbar ist. 3. Art. 49 Abs. 2 MFV gilt nur für das Aufstellen, nicht auch für das blosse Anhalten des Fahrzeuges. Nur angehalten, nicht aufgestellt, ist es dann, wenn der Führer unverzüglich weiterzufahren beabsichtigt, z.B. nur rasch jemanden aussteigen lassen will. Aufgestellt dagegen ist das Fahrzeug, wenn es so lange stille steht, dass den Führern der anderen auf die betreffende Strassenseite angewiesenen Fahrzeuge nicht mehr zugemutet werden kann, seine Weiterfahrt abzuwarten. 4. Aus dem angefochtenen Urteil und den Akten ergibt sich nicht, wie breit der Lastenzug und die Strasse auf der Kuppe vor der Hülftensenke sind. Indessen hat das Obergericht die Erklärung des Anzeigers, dass die Richtung Liestal fahrenden Wagen wegen des Lastenzuges gezwungen gewesen seien, die Sicherheitslinie zu überfahren, nicht widerlegt. Der Beschwerdegegner selber räumt ein, dass sie richtig sein könne. Er macht lediglich geltend, auf keinen Fall sei der gegen Liestal Fahrende gezwungen gewesen, die Linie so weit zu überfahren, dass dadurch der entgegenkommende Verkehr behindert oder gestört worden sei. Nach dem Gesagten kommt indessen darauf nichts an, womit auch der Schluss des Obergerichts, der Anzeiger und der ihn begleitende Polizeikommandant selbst hätten die Verkehrsgefährdung nicht für erheblich gehalten, ansonst sie den Beschwerdegegner sofort zur Weiterfahrt veranlasst hätten, gegenstandslos ist. Wie ausgeführt, ist sodann auch unerheblich, dass der Lastenzug von beiden Seiten auf ziemliche Entfernung sichtbar war. Des weitern steht fest und gibt auch der Beschwerdegegner zu, dass die auf der Kuppe angebrachte Linie durchgezogen ist. Sie ist also Sicherheitslinie im Sinne des Art. 45 Abs. 2 MFV . Dass sie an beiden Enden an eine BGE 81 IV 296 S. 301 unterbrochene Leitlinie anschliesst, die den Strassenbenützer auf die Verhältnisse auf der Kuppe vorbereitet, ändert nichts. Entgegen der Annahme des Beschwerdegegners wird dadurch die Linie dort, wo sie durchgezogen ist - nach seinen Angaben auf etwa 80 m Länge - nicht ebenfalls zur Leitlinie. Auch hat der Beschwerdegegner den Lastenzug nicht nur angehalten, sondern im Sinne des Art. 49 Abs. 2 MFV aufgestellt; denn er hat ihn für etwa drei bis vier Minuten verlassen, eine Zeitspanne, während der den gegen Liestal fahrenden Automobilisten nicht zugemutet werden konnte, hinter dem Lastenzug anzuhalten und zu warten. Objektiv hat daher der Beschwerdegegner Art. 49 Abs. 2 MFV übertreten. 5. Der Beschwerdegegner bestreitet weder, dass er den Lastenzug mit Wissen und Willen auf der Kuppe vor der Hülftensenke aufgestellt, noch dass er von der dort liegenden Sicherheitslinie Kenntnis gehabt habe und sich bewusst gewesen sei, dass die Richtung Liestal sich bewegenden Fahrzeuge wegen des Lastenzuges genötigt waren, sie zu überfahren. Zum mindestens konnte er sich dieser Verhältnisse bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit und Überlegung bewusst sein. Der subjektive Tatbestand der Übertretung ist daher erfüllt, sei es in Form des Vorsatzes, sei es in Form von Fahrlässigkeit, die gemäss Art. 65 Abs. 1 MFG zur Anwendung des Gesetzes genügt. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil der Polizeikammer des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft vom 7. Juni 1955 aufgehoben und die Sache zur Bestrafung des Beschwerdegegners wegen Übertretung des Art. 49 Abs. 2 MFV an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
7075e95f-df13-4dd7-aa27-39c5bfc0ca3e
Urteilskopf 120 III 102 33. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 22. August 1994 i.S. X. AG (Rekurs)
Regeste Art. 67 Abs. 3 GebVSchKG; Auferlegung der Verfahrenskosten bei böswilliger oder mutwilliger Beschwerdeführung. Die Höhe der Verfahrenskosten, welche im kantonalen Verfahren (gemäss Art. 17 und 18 SchKG ) bei böswilliger oder mutwilliger Beschwerdeführung auferlegt werden, richtet sich nach kantonalem Tarif.
Erwägungen ab Seite 102 BGE 120 III 102 S. 102 Aus den Erwägungen: 3. Zu Unrecht meint die Rekurrentin, die Höhe der ihr gestützt auf Art. 67 Abs. 3 GebVSchKG auferlegten Verfahrenskosten richte sich nach dem vom Bundesrat erlassenen Gebührentarif zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs. Art. 67 Abs. 2 GebTSchKG lautete in der Fassung vom 29. Juni 1983 (AS 1983 792): "Diese Behörden können einer Partei bei böswilliger oder mutwilliger Beschwerdeführung die Verfahrenskosten nach kantonalem Tarif auferlegen". Durch diese Fassung wurde das Schreiben der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts vom 3. Februar 1954 ( BGE 100 III 1 ), womit die Art. 7 und 12 GebTSchKG als anwendbar erklärt wurden, überholt. Seit 1. August 1983 setzen daher die kantonalen Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs bei böswilliger oder mutwilliger Beschwerdeführung die Verfahrenskosten nach ihrem eigenen Tarif fest. Daran ändert der Umstand nichts, dass die derzeit geltende Gebührenverordnung zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (Fassung gemäss Ziff. I der Verordnung vom 17. Juni 1991; AS 1991 1312; SR 281.35) die Worte "nach kantonalem Tarif" nicht mehr enthält. Die Kompetenzzuweisung an das BGE 120 III 102 S. 103 kantonale Verfahrensrecht entspricht dem Verfassungsgrundsatz, dass das gerichtliche Verfahren unter der Herrschaft der Kantone verbleibt ( Art. 64 Abs. 3 BV ).
null
nan
de
1,994
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
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707844e5-511e-4ab9-a1e3-afe11c7e152f
Urteilskopf 115 II 246 41. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. August 1989 i.S. Anlagebank Zürich in Liquidation gegen Frau G. (Berufung)
Regeste Arbeitsvertrag; Anspruch der Witwe des Arbeitnehmers gegenüber der Personalfürsorgestiftung auf den Anteil am freien Stiftungsvermögen. Da der Anteil am freien Stiftungsvermögen grundsätzlich ebenfalls dem Stiftungszweck, hier dem Vorsorgegedanken, untersteht, fällt die Liquidationszahlung aus dem freien Stiftungsvermögen ebenfalls an den "dannzumal berechtigten Destinatär" gemäss dem Stiftungsreglement und nicht in die Erbmasse des Arbeitnehmers. Dass der Verteilungsplan behördlich genehmigt wurde, der Erstdestinatär jedoch vor der Auszahlung verstorben ist, vermag hieran nichts zu ändern (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 115 II 246 S. 247 A.- G. war Direktor und Delegierter des Verwaltungsrates der Anlagebank Zürich sowie Stiftungsrat der Personalfürsorgestiftung der Anlagebank Zürich und seit dem 1. Januar 1954 deren Destinatär. Sein Arbeitsverhältnis dauerte bis zum 31. Juli 1978. Kurz vor seinem Ausscheiden unterzeichnete G. eine Schuldanerkennung zugunsten der Anlagebank im Betrage von über Fr. 21 Mio. Am 15. August 1978 wurde die Liquidation der Anlagebank Zürich beschlossen und die Schweizerische Revisionsgesellschaft als Liquidatorin gewählt. Gleichzeitig wurde die Auflösung der Personalfürsorgestiftung eingeleitet. Im Rahmen ihrer Auflösung erstellte die Personalfürsorgestiftung am 22. November 1979 einen Verteilungsplan, gemäss welchem G. als Destinatär ein Sparkapital von Fr. 378'422.-- und als Anteil am "freien Stiftungsvermögen" Fr. 470'922.20 zustanden. Dieser Verteilungsplan wurde vom Bezirksrat Zürich am 29. November 1979 genehmigt. Bevor es zur Auszahlung dieser Ansprüche kam, verstarb G. Am 5. Juni 1981 klagte die Witwe beim Bezirksgericht Zürich gegen die Personalfürsorgestiftung auf Auszahlung des Sparkapitals. Die Klage wurde letztinstanzlich von der I. Zivilabteilung des Bundesgerichtes am 11. Februar 1986 dem Grundsatze nach gutgeheissen ( BGE 112 II 38 ). BGE 115 II 246 S. 248 B.- Strittig geblieben ist der auf G. entfallende Anteil am sogenannten freien Stiftungsvermögen. Dieser Vermögenswert wird einerseits von der Witwe - welche die Erbschaft ausgeschlagen hat - als Ersatzdestinatärin von G. beansprucht. Die Anlagebank Zürich in Liq. beansprucht den gleichen Vermögenswert gestützt auf eine Abtretung durch den einzigen Erben F. Die Anlagebank Zürich in Liq. hob am 28. November 1986 beim Bezirksgericht Zürich Klage an. Sie beantragte in erster Linie die Feststellung, dass der strittige Forderungsbetrag ihr zustehe. Die Witwe verlangte die gegenteilige Feststellung. Mit Urteil vom 19. November 1987 wies das Bezirksgericht Zürich die Klage ab und stellte fest, dass der Betrag von Fr. 647'893.80 der Witwe zustehe. Die Anlagebank Zürich in Liq. reichte gegen dieses Urteil Berufung ein. Das Obergericht des Kantons Zürich wies Berufung und Klage am 17. Juni 1988 jedoch ebenfalls ab und bestätigte das angefochtene Urteil. C.- Gegen dieses Urteil hat die Anlagebank Zürich in Liq. beim Bundesgericht Berufung eingereicht. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und erneuert die im kantonalen Verfahren gestellten Anträge. Die Witwe schliesst auf Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Entscheidend für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens ist die Frage, ob der Anteil am sogenannten "freien Stiftungsvermögen", der durch den behördlich genehmigten Verteilungsplan dem Destinatär G. zugesprochen worden ist, nach dessen Tod in seine Erbmasse gefallen ist oder an die Beklagte als Ersatz- Destinatärin. Bezüglich des Sparkapitals hat das Bundesgericht bereits entschieden, es liege zwischen G. als Promissar und der Stiftung als Promittentin ein Vertrag zugunsten Dritter gemäss Art. 112 Abs. 2 OR vor. Die Beklagte habe dadurch einen selbständigen, von ihrer Erbenstellung unabhängigen Anspruch erworben. Damit sei es aber auch unzulässig, gestützt auf Art. 5 des Reglementes eine Gegenforderung zur Verrechnung zu stellen. Wer sich wie die Personalfürsorgestiftung zugunsten eines Dritten verpflichtet habe, könne diese Verbindlichkeiten nicht mit Forderungen BGE 115 II 246 S. 249 gegen den Promissar verrechnen ( Art. 122 OR ; BGE 111 II 168 E. 2a). Die Klägerin macht zutreffend geltend, das Schicksal des freien Stiftungsvermögens sei durch diesen Entscheid über das Sparkapital nicht präjudiziert. Diese Frage bleibt im folgenden zu prüfen. 2. Als freies Stiftungsvermögen bezeichnet man jenen Teil des Stiftungsvermögens, der nicht durch die Forderungen der Destinatäre gebunden ist. Es entsteht durch Mutationsgewinne, Verzinsung und freiwillige Zuwendungen (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz, N. 31 zu § 5; Reglement der Personalfürsorgestiftung der Anlagebank Zürich, Art. 24). Auch das freie Stiftungsvermögen untersteht indessen dem Stiftungszweck, wie er hier in Art. 1 des Reglements umschrieben ist. Es dient im vorliegenden Fall also der Fürsorge für die Arbeitnehmer der Stifterfirma sowie zur Gewährung von Unterstützungen an deren Witwen und Kinder beim Tod des Arbeitnehmers. Ferner können daraus Zahlungen an Nichtversicherte oder deren Hinterlassene ausgerichtet werden; schliesslich dient es zur Ausgleichung allfälliger Verluste der Stiftung und zur Bestreitung von Verwaltungskosten (Reglement, Art. 25). a) Während das Sparkapital der Destinatäre mit Ausnahme von einzelbestimmten Fällen dem Verbot der Barauszahlung unterliegt, also nur an andere Vorsorgeinstitutionen ausbezahlt werden darf ( Art. 30 BVG ; Art. 331c OR ), unterliegen Auszahlungen aus dem freien Stiftungsvermögen dieser Einschränkung nicht, weil es sich nicht um Leistungen aus individuellem Guthaben im Sinne von Art. 331a und 331b OR handelt. Dass die Übertragung auf eine andere Vorsorgeeinrichtung wünschbar bleibt, ändert hieran nichts (RIEMER, N. 28 und 33 zu § 5). Bei der Auflösung der Stiftung kann das freie Stiftungsvermögen demnach in Kapitalform unter die Destinatäre der Stiftung aufgeteilt werden (RIEMER, N. 33 zu § 5; Reglement, Art. 27). b) Der entsprechende Verteilungsplan ist am 29. November 1979 behördlich genehmigt worden. Der dabei vorgesehene Anteil am freien Stiftungsvermögen des Destinatärs G. gelangte jedoch nicht zur Auszahlung, weil G. in der Zwischenzeit verstarb. Die Klägerin will daraus ableiten, dass die Liquidationszahlung der Stiftung in die Erbmasse von G. falle. Wie bereits erwähnt, untersteht indessen auch das sogenannte freie Stiftungsvermögen dem Stiftungszweck und damit dem BGE 115 II 246 S. 250 Vorsorgegedanken. Die Liquidationszahlung aus dem freien Stiftungsvermögen bildet somit ebenfalls eine Vorsorgeleistung. Der "dannzumal berechtigte Destinatär" gemäss Art. 12 der Stiftungsurkunde, dessen Anwendung von der Klägerin auch vor Bundesgericht ausdrücklich zugestanden wird, kann daher nur jemand sein, für den der Vorsorgegedanke zutrifft. Mit dem Hinschied von G. fiel der Anspruch auf Auszahlung des aus dem Stiftungsvermögen entstandenen Betreffnisses deshalb nicht in die Erbmasse, sondern an die ihm als Destinatärin nachfolgende Witwe. Was die Klägerin hiegegen ausführt, vermag nicht zu überzeugen. Vor allem macht sie unter Hinweis auf BGE 111 II 169 E. 2b geltend, wegen des fehlenden Barauszahlungsverbotes für das freie Stiftungsvermögen sei dieses aus dem Vorsorgezweck entlassen. Das erwähnte Urteil betrifft indessen die in Art. 331c Abs. 4 OR besonders aufgezählten Barzahlungsfälle, die nicht vom Vorsorgegedanken getragen sind. Hievon ist der vorliegende Fall zu unterscheiden, bei welchem grundsätzlich ein Vorsorgefall eingetreten ist (BGE BGE 112 II 40 f. E. 4). Dass diesfalls für das freie Stiftungsvermögen etwas anderes gelten solle als für das Sparkapital, lässt sich dem von der Klägerin zitierten Bundesgerichtsentscheid nicht entnehmen. Auch ist es unerheblich, ob das in bar ausbezahlte Kapital dem Vorsorgezweck entwendet werden könnte. Aus diesem Umstand lässt sich nicht ableiten, dass dieses Geld nicht als Vorsorgeleistung bestimmt ist und die entsprechenden Regeln keine Anwendung finden. Entscheidend ist im Gegenteil einzig, dass der den Destinatären zustehende Teil am Liquidationsvermögen nach dem Stiftungszweck beim Ausfall eines Destinatärs wiederum Destinatären der Stiftung zufallen soll. Nach dem Ableben des Arbeitnehmers als Erstdestinatär treten nun aber dessen Angehörige - hier die Witwe - als Destinatäre ein (vgl. auch SCHWEIZER, Rechtliche Grundlage der Anwartschaft auf eine Stiftungsleistung in der beruflichen Vorsorge, Diss. Zürich 1985, S. 37). c) An diesem Ergebnis vermag auch nichts zu ändern, dass der auf G. entfallende Anteil am freien Stiftungsvermögen im Verteilungsplan festgelegt und dieser noch vor dem Tod von G. behördlich genehmigt worden ist. Der Verteilungsplan dient den Liquidatoren lediglich als Instrument zur Verteilung des freien Stiftungsvermögens. Er verschafft den Destinatären jedoch keinen Leistungsanspruch, es sei denn, er werde den Destinatären vorbehaltlos im Sinne einer Leistungszusicherung eröffnet (MANHART, Die BGE 115 II 246 S. 251 Aufhebung mit Liquidation von Stiftungen, insbesondere von Personalfürsorgestiftungen, Diss. Zürich 1986, S. 161). Dass letzteres der Fall gewesen sei, hat die Vorinstanz für das Bundesgericht verbindlich verneint. G. hat deshalb zu Lebzeiten keinen festen Leistungsanspruch erworben, der anschliessend in die Erbmasse gefallen ist. Unter diesen Umständen besteht somit kein Anlass, den auf G. entfallenden Anteil am freien Stiftungsvermögen hinsichtlich der Anspruchsberechtigung anders zu behandeln als sein Sparkapital.
public_law
nan
de
1,989
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
707a961f-6e8b-4a2c-991a-6ea7ebb67b20
Urteilskopf 102 IV 24 7. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 23 février 1976 dans la cause Demierre contre Ministère public du canton de Vaud.
Regeste Art. 191 Ziff. 1 Abs. 2 StGB : Unzucht mit pflegebefohlenen Kindern. Ein gelegentlicher Schüler kann sich zum Lehrer in dem Abhängigkeitsverhältnis befinden, das die Anwendung dieser Bestimmung rechtfertigt (Erw. 1 lit. b und c).
Sachverhalt ab Seite 24 BGE 102 IV 24 S. 24 A.- En 1973 et 1974, Robert Demierre a commis, à plusieurs reprises, des actes contraires à la pudeur sur la personne de sept fillettes âgées de 8 à 10 ans. A l'égard de trois d'entre elles, il s'est agi d'actes analogues à l'acte sexuel (qualification non contestée). En outre, Demierre a montré aux enfants des photographies pornographiques. Trois des fillettes, et de celles-ci deux qui avaient été victimes d'actes analogues à l'acte sexuel, venaient chez Demierre pour prendre des leçons de solfège. En effet, en 1970, à la demande du comité de la fanfare de son village, Demierre avait institué des cours mixtes de solfège et d'instrumentation deux fois par semaine, le soir, de 19 h à 20 h. A fin 1973, la classe de solfège s'est réduite à un garçon et une fillette. Ces deux enfants venaient ensemble au cours, mais le garçon partait le premier et la fillette restait ainsi seule chez Demierre. A l'égard de cette enfant, les actes contraires à la pudeur et les actes dits analogues ont été commis de façon répétée d'octobre 1973 à octobre 1974. Dans le courant de 1974, les deux autres fillettes en cause sont venues prendre des leçons de solfège. Demierre a agi soit au cours des leçons qu'il donnait, soit à l'occasion de petits services que lui rendaient les enfants. Celles-ci assistaient aux cours de solfège avec l'accord tacite de leurs parents. B.- Le 18 juin 1975, le Tribunal correctionnel du district de Nyon a infligé deux ans de réclusion à Demierre. Le BGE 102 IV 24 S. 25 recours interjeté par celui-ci a été rejeté par la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois le 13 octobre 1975. C.- Demierre se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à la réduction de la peine et à l'octroi du sursis. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Le recourant invoque en premier lieu une violation de l'art. 191 ch. 1 al. 2 CP. Il conteste que les victimes se soient trouvées dans une relation de dépendance suffisante a son égard pour justifier la qualification d'élèves au sens de cette disposition et, partant, l'application de la peine aggravée prévue par celle-ci. La cour cantonale, pour appliquer l'art. 191 ch. 1 al. 2 CP, s'est bornée à constater que les victimes du recourant étaient ses élèves et elle a considéré comme dénués de pertinence les arguments que le recourant entendait tirer de la notion d'enfants "confiés". En réalité, le recourant invoquait l'absence d'un lien de dépendance suffisant pour justifier l'application de la peine aggravée prévue par la loi. b) L'opinion abrupte que l'autorité cantonale fonde sur une interprétation littérale de la loi et du mot "élève" doit être quelque peu nuancée. Si le législateur a prévu, à l'art. 191 CP, une peine plus sévère lorsque la victime est l'élève, l'apprenti ou le domestique du délinquant ou si elle est son descendant, son enfant adoptif, l'enfant de son conjoint, son pupille ou un enfant confié à ses soins, c'est parce qu'il existe alors entre l'auteur et la victime une relation particulièrement étroite, qui donne à l'auteur une autorité spéciale sur l'enfant et place celui-ci dans une certaine dépendance (RO 99 IV 265 consid. 6). Le législateur, considérant qu'il est particulièrement condamnable de profiter d'un tel rapport de confiance et de dépendance pour commettre sur un enfant des actes contraires à la pudeur, s'est montré d'une sévérité accrue dans ce cas (RO 99 IV 157 consid. 2a). En se fondant sur le but de la loi, on peut ainsi se demander si, dans le cas d'enseignements extra-scolaires, occasionnels, très spécialisés, purement techniques, et de brève durée, où il n'existe vraiment ni rapport de dépendance, ni rapport réellement éducatif, l'art. 191 ch. 1 al. 2 CP doit véritablement BGE 102 IV 24 S. 26 trouver application. La question peut cependant rester indécise, car la relation particulièrement étroite et l'autorité spéciale de l'auteur, qui justifient l'application de la peine aggravée prévue par la loi existent bien en l'espèce. Entre un maître et un élève, entre celui qui enseigne et celui qui apprend, se noue généralement un rapport qui excède la simple transmission du savoir. Le maître est investi d'un devoir d'éducation qui fait de lui sur le plan moral un exemple, ou tout au moins un modèle. Si une telle relation et cette responsabilité apparaissent avec une grande évidence dans l'enseignement scolaire permanent, public ou privé, ils se révèlent aussi - sous une forme plus atténuée - dans plusieurs situations où l'enseignement est dispensé de manière occasionnelle. L'existence d'un rapport de dépendance, soit d'une responsabilité accrue du maître, dépend alors des circonstances, notamment de la forme des relations, de leur durée, de leur fréquence, de la différence d'âge, de la personnalité respective des intéressés, voire de la nature de l'enseignement, etc. (cf. HOFFMANN, Das Abhängigkeitsverhältnis als strafbegründendes und strafschärfendes Merkmal der Sittlichkeitsdelikte, thèse Berne 1968, p. 79 ss). Or, en l'espèce, la régularité, la fréquence et la durée de l'enseignement du solfège à l'égard d'une des victimes - puis, ultérieurement, de deux autres encore -, la jeunesse des enfants et le relativement grand âge du recourant, n'ont pu que créer le rapport d'autorité et de dépendance et la responsabilité éducative du recourant qui justifient l'application de l'art. 191 ch. 1 al. 2 CP.
null
nan
fr
1,976
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
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Urteilskopf 114 II 45 9. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 25 janvier 1988 dans la cause T. S.A. contre BOK (recours en réforme)
Regeste Arrest im Rahmen eines Akkreditivgeschäfts auf Dokumenten, die sich bei der Akkreditivbank befinden; Eigentumsansprache. Das Akkreditiv verbindet Elemente von Anweisung und Auftrag. Die Korrespondenzbank, die zu Unrecht glaubt, dass die vom Verkäufer überreichten Dokumente mit den im Akkreditiv bezeichneten Dokumenten übereinstimmen und daher dem aus dem Akkreditiv begünstigten Verkäufer und Anweisungsempfänger den im Akkreditiv ausgedrückten Betrag gutschreibt, verletzt ihre Verpflichtung als Beauftragte. Werden die Dokumente anschliessend an die Akkreditivbank überwiesen und bestreitet diese deren Konformität, so erwirbt die Akkreditivbank an diesen Dokumenten mangels eines gültigen Übertragungsgrundes kein Eigentum. Eigentümerin bleibt vielmehr die Korrespondenzbank. Diese kann daher Dokumente, die vom Anweisenden bei der Akkreditivbank arrestiert worden sind, gültig vindizieren (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 114 II 45 S. 46 A.- a) Par contrat du 30 novembre 1980, T. S.A. a acheté à SOS 2000 tonnes d'arachides. La marchandise était livrable par trois chargements, au prix de 1'750 US$ la tonne. T. S.A. a pris livraison et a payé le prix du premier chargement au moyen d'un crédit documentaire irrévocable (No 23 463) ouvert sur son ordre le 9 janvier 1981 par la Banque Cantonale Vaudoise (BCV) en faveur de SOS. Son montant était de 1'126'125 US$ plus ou moins 5%. Ce crédit documentaire a été doublé le 26 février 1981 pour couvrir le deuxième chargement. La BCV l'a fait notifier à SOS par l'intermédiaire de la Bank of Khartoum Ltd (BOK), qui a accepté de le confirmer en faveur de SOS. Les 650 tonnes d'arachides du deuxième chargement ont été embarquées à Port Soudan à destination de Rotterdam, où elles ont été déchargées. Sous pli du 11 avril 1981, SOS a remis à BOK les documents exigés par le crédit documentaire No 23 463, en particulier treize connaissements à ordre endossés en blanc, relatifs au deuxième BGE 114 II 45 S. 47 chargement, en priant BOK de porter le montant du crédit documentaire au crédit de son compte, ce que BOK fit le 12 avril 1981, sans aucune réserve. Ce même 12 avril 1981, BOK envoya à la BCV les documents qu'elle avait reçus de SOS. Elle les a endossés à l'ordre de la BCV. Par télégramme du 30 avril 1981, la BCV a informé BOK que les documents produits comportaient certaines divergences par rapport aux conditions du crédit, en ajoutant: "Documents impayés à votre disposition. Prière d'aviser si vous voulez que nous les présentions à l'encaissement aux donneurs d'ordre." Le 6 mai 1981, la BCV a demandé à BOK des instructions, précisant que le paiement de 1'124'503,38 US$ découlant du crédit était refusé en raison des divergences dans les documents qui étaient encore impayés et tenus à la disposition de BOK. b) Le 11 mai 1981, T. S.A. obtint du Juge de paix du cercle de Lausanne, en invoquant une créance de 2'571'732 francs, une ordonnance de séquestre contre SOS portant sur les biens appartenant ou revenant à SOS en mains de la BCV, notamment la remise documentaire No 23 463, parmi lesquels les 13 connaissements. Ce séquestre a été exécuté par l'Office des poursuites de Lausanne-Est les 12 mai et 12 août 1981. Une poursuite puis une action en reconnaissance de dette ont validé ce séquestre. c) BOK a revendiqué un droit de propriété sur les titres constituant la remise documentaire No 23 463 et frappés du séquestre. T. S.A. ayant contesté cette revendication, l'Office des poursuites fixa à BOK le délai de l' art. 107 LP pour faire valoir son droit en justice, ce qu'elle fit. B.- Par jugement du 1er novembre 1985, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois a admis l'action en revendication de BOK. C.- T. S.A. exerce un recours en réforme au Tribunal fédéral. Elle conclut au rejet de l'action de BOK. Le recours a été rejeté. Erwägungen Extrait des considérants: 4. Il convient d'examiner si la cour cantonale a violé le droit fédéral en qualifiant les relations entre les parties de façon telle qu'elle a reconnu à la revendiquante BOK un droit sur les connaissements excluant leur saisie (et par conséquent leur inventaire dans BGE 114 II 45 S. 48 le séquestre) en faveur de la recourante T. S.A., dans le cadre de sa poursuite contre SOS. a) La recourante admet expressément que les relations entre parties découlent d'une convention d'accréditif dans laquelle T. S.A. est donneur d'ordre, la BCV est la banque émettrice, BOK la banque confirmatrice et SOS le bénéficiaire. La cour cantonale a considéré que la relation d'accréditif se qualifie comme une combinaison de l'assignation ( art. 466 ss CO ) et du mandat ( art. 394 ss CO ), dans laquelle les Règles et usances uniformes relatives aux crédits documentaires (RUUCD) permettent de préciser les qualifications et les relations entre parties, surtout lorsque, comme en l'espèce, l'accréditif s'y réfère expressément. Les parties sont du même avis et on ne saurait en douter ( ATF 100 II 148 consid. 3a et c, ATF 90 II 3 , ATF 78 II 47 ss consid. 2 et 3; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, par. 31 n. 49-51, 56, 70-71). Il y a lieu de préciser que les RUUCD de 1974, valables dès le 1er octobre 1975, sont applicables en l'espèce, sans qu'il y ait lieu de tenir compte de leur modification de 1983 (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, par. 31 n. 50), postérieure aux opérations entre parties, qui remontent à 1980 et 1981. De même, les parties admettent avec la cour cantonale que seuls les connaissements ont une valeur de réalisation et que les autres titres qui les accompagnent n'en sont que l'accessoire. On ne peut que confirmer ce point de vue non litigieux (DALLÈVES, Exécution forcée dans les opérations d'accréditif, in SAS 1/85 p. 17, 2e colonne; THÉVENOZ, Propriété et gage sur la marchandise et son titre représentatif dans le crédit documentaire, in SAS 1/85 p. 12, 1re colonne). Enfin, il n'y a pas lieu de revenir sur la démonstration faite par la cour cantonale et selon laquelle les connaissements en cause - régis par les art. 112 ss de la loi fédérale sur la navigation maritime (LNM; RS 747.30) - sont des papiers-valeurs au sens de l' art. 965 CO , savoir des titres représentatifs de marchandise au sens de l' art. 925 CC , créés à ordre. b) L'accréditif a pour fonction de protéger les parties à un contrat de vente en assurant de part et d'autre son exécution régulière. L'acheteur, respectivement la banque qu'il a mandatée d'émettre l'accréditif, ne doit payer le prix de vente que contre remise de documents qui établissent l'existence et les qualités de la marchandise conformes au contrat, et qui lui donnent la qualité pour en disposer. Le vendeur, de son côté, ne doit se défaire des BGE 114 II 45 S. 49 documents que s'il a l'assurance que le prix lui est payé dans la forme prévue par l'accréditif ( ATF 90 II 307 ; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, par. 31 n. 1 ss). L'acheteur assigne la banque émettrice à remettre au vendeur, assignataire, le montant de l'accréditif contre remise des titres prévus dans l'accréditif (MEIER/HAYOZ/VON DER CRONE, par. 31 n. 56). La banque émettrice reçoit mandat de prendre livraison des titres conformes aux désignations de l'accréditif pour le compte de l'acheteur (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, par. 31 n. 70-71). Lorsque la banque émettrice charge une banque correspondante de verser à l'acheteur le montant de l'accréditif, elle la charge d'agir comme sous-mandataire pour recevoir les titres (MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, par. 31 n. 79). Lorsque la banque correspondante confirme l'accréditif, elle accepte comme assignée une assignation de la banque émettrice, agissant comme assignant, d'avoir à remettre au vendeur assignataire la somme d'argent représentant le prix de la marchandise ( ATF 78 II 49 ). c) En l'espèce, BOK, intimée, a crédité le bénéficiaire de l'accréditif et assignataire, SOS, du montant énoncé par l'accréditif, sans émettre aucune réserve quelconque, contre remise des titres préparés par SOS, dont elle a admis qu'ils étaient conformes à ceux désignés par l'accréditif, savoir principalement les connaissements émis à ordre, mais en blanc, ainsi que les autres documents qui sont l'accessoire de ces papiers-valeurs. Le transfert des documents qui ne revêtent pas la qualité de papiers-valeurs a été opéré par tradition. Celui des connaissements était parfait dès l'instant qu'ils étaient remis par tradition, munis d'une clause à ordre en blanc. Le mode du transfert de tous les documents de SOS à BOK a donc été complet. La Cour civile s'est attachée, dans son jugement, à examiner uniquement le mode du transfert. Pour que le transfert de meubles, comme sont les documents en cause, emporte le transfert de la propriété, il faut encore qu'il soit fondé sur un titre valable (HAAB-SIMONIUS-SCHERER-ZOBL, n. 13, 33 ad art. 714 CC ; ATF ATF 93 II 375 consid. 1b et références, notamment ATF 84 III 154 ; HOMBERGER ET MARTI, FJS 670, p. 2; concernant particulièrement les papiers-valeurs, JÄGGI, n. 162 ad art. 967 CO ; concernant les titres à ordre, CARRY, in FJS 445, p. 3). En l'espèce, le titre à l'acquisition de la propriété par BOK réside dans le mandat de les recevoir qui lui a été substitué par la BCV. En acquérant les titres, BOK a fait usage du droit du donneur BGE 114 II 45 S. 50 d'ordre de les recevoir que le mandat lui donnait pouvoir d'exercer en son propre nom. De son côté, SOS a transmis les titres à BOK en raison de l'obligation de délivrance découlant pour elle des dispositions de l'accréditif. BOK a dès lors acquis la propriété des documents non seulement en vertu d'un transfert formellement parfait, mais encore en vertu d'un titre valable. Comme il découlait du mandat substitué à BOK que cette banque devait, après avoir acquis la propriété des titres, les transférer à la BCV, banque émettrice, la propriété qu'elle a acquise est fiduciaire, c'est-à-dire qu'elle comporte l'obligation de rendre compte au mandant de ce qui a été acquis pour lui ( art. 400 CO ; ATF 112 III 95 consid. 4b). Mais, à l'égard de toute autre personne que le mandant, cette propriété fiduciaire ne se distingue pas de la propriété pure et simple ( ATF 113 III 31 , ATF 107 III 104 , ATF 106 III 86 , ATF 96 II 93 ). d) La recourante fait valoir que BOK n'a pu acquérir la propriété fiduciaire des documents que lui a remis SOS, parce qu'elle s'est mal acquittée de son mandat en acceptant des documents qui n'étaient pas en tous points conformes aux indications données dans l'accréditif. Le défaut de conformité des documents est constaté en fait par la cour cantonale et n'est pas contesté par les parties. Toutefois, c'est la BCV qui s'est prévalue la première de ce défaut de conformité au moment où elle a reçu les documents de BOK, et elle seule s'est prévalue de ce défaut de conformité pour refuser de payer le montant de l'assignation, tout en demandant des instructions à BOK sur le sort ultérieur des documents. BOK, pour sa part, a accepté les documents de SOS et elle a fourni sans réserve aucune la contre-prestation qu'elle devait à SOS, savoir le paiement du montant du crédit ouvert. L'échange des prestations entre SOS et BOK a dès lors été parfait. BOK a accepté les documents qu'elle a admis comme conformes et a ainsi donné pleine quittance à SOS de son obligation de les livrer. Elle n'a jamais allégué avoir agi ainsi en raison d'un vice quelconque de sa volonté et rien n'atteste un tel vice. Le défaut de concordance des documents n'affecte dès lors que les relations de mandat existant entre BOK et la BCV, respectivement le donneur d'ordre T. S.A., mais pas celles entre BOK agissant comme banque confirmatrice et le bénéficiaire SOS. En raison du défaut de concordance avec les stipulations de l'accréditif des documents acquis par BOK, cette banque ne peut se prévaloir de l' art. 401 CO et exiger de ses mandants l'acceptation BGE 114 II 45 S. 51 des documents acquis en leur nom, ni le remboursement du versement qu'elle a fait sans réserve à SOS. Les conséquences de la violation du mandat ne se manifestent dès lors que dans les relations entre les parties au mandat, et sont sans influence sur les relations entre le mandataire substitué et le tiers avec lequel il a contracté. Elles n'ont dès lors pas d'influence sur la propriété acquise par le mandataire dans ses relations avec le tiers SOS. e) La Cour civile vaudoise a considéré que BOK a transféré la propriété des documents acquis par elle à la BCV en les lui livrant et en ajoutant au transfert matériel un endossement régulier pour les titres à ordre que sont les connaissements. Constatant toutefois que la BCV ne revendique pas la propriété des documents, elle a jugé que l'endossement des connaissements avait été un endossement procuratoire occulte. Ce point du jugement ne saurait être confirmé. Comme on l'a vu ci-dessus, le transfert de la propriété nécessite non seulement un mode valable (transfert de la possession, respectivement endossement), mais encore un titre valable, savoir une cause juridique valable et l'accord des parties sur le transfert de la propriété ( ATF 113 III 31 ; HAAB-SIMONIUS-SCHERER-ZOBL, n. 13 ss ad art. 714 CC et les autres références de doctrine et de jurisprudence sous lettre c plus haut). En l'espèce, le transfert des documents de BOK, banque confirmatrice, à la BCV, banque émettrice, ne pouvait avoir sa cause que dans le mandat de transmettre les documents reçus à la banque émettrice, elle-même tenue de les transmettre au donneur d'ordre. Or BOK ayant mal exécuté son mandat, en ce sens qu'elle a acquis sans réserve des documents non conformes aux stipulations de l'accréditif, elle ne peut en exiger l'acceptation par la BCV, qui est en droit de refuser d'en acquérir la propriété, comme on l'a vu sous lettre d ci-dessus. La BCV n'a donc pas acquis la propriété des documents, alors même qu'ils lui ont été transférés de manière formellement régulière, avec notamment un endossement régulier pour ce qui concerne les connaissements créés à ordre. C'est du reste bien ce qu'a manifesté la BCV, en sa qualité de banque émettrice, dans ses communications à BOK, banque confirmatrice, du 30 avril et du 6 mai 1981: elle a refusé de "payer" les documents, les a refusés et tenus à la disposition de BOK. Elle ne les a donc pas acceptés, fût-ce par actes concluants (cf. ATF 104 II 278 ), et s'est conformée aux règles applicables en vertu des RUUCD (art. 8 lettre e). BGE 114 II 45 S. 52 La Cour civile vaudoise admet bien implicitement que la BCV n'est pas devenue propriétaire des titres, puisqu'elle qualifie l'endossement des connaissements d'endossement procuratoire occulte. Si tel était le cas, la BCV aurait reçu procuration de BOK de faire valoir les droits découlant des connaissements (savoir le droit à la livraison de la marchandise contre le transporteur) pour le compte de BOK. C'est donc que BOK serait encore titulaire du droit incorporé dans les connaissements et le ferait exercer par un tiers, la BCV, mais pour son propre compte. Une telle procuration ne repose sur aucun des faits de la cause. Elle ne saurait découler de l'exécution du mandat de recevoir les documents pour le compte du donneur d'ordre. Il faudrait donc imaginer entre les deux banques une convention, différente de celle découlant du rapport d'accréditif et qui n'est établie en aucune façon. C'est dès lors en vain que la Cour civile relève, à bon droit, que les effets de l'endossement procuratoire, occulte ou apparent, se déterminent exclusivement d'après le rapport de droit civil qui unit l'endosseur et l'endossataire (CARRY, FJS 445, p. 3). Les rapports entre BOK et la BCV sont en effet fondés sur le mandat de recevoir les documents pour le compte du premier mandant, le donneur d'ordre, soit en l'espèce T. S.A. Dans le cadre de ce mandat, le mandataire substitué ne peut que recevoir les documents pour le compte de son propre mandant, la BCV, et les lui transmettre en application des art. 400 et 401 CO . Il ne peut le charger d'un autre mandat ayant pour objet de faire valoir les titres à ordre, en tant que mandataire, pour son compte à lui mandant, sinon par une convention étrangère à la relation d'accréditif qui n'est ni alléguée, ni établie. La qualification d'endossement procuratoire occulte ne peut donc être retenue, faute de "procuration" donnée par BOK à la BCV, de façon patente ou occulte. On constate pourtant que même si cette qualification retenue par la cour cantonale était fondée, elle ne changerait rien au fait que BOK a acquis la propriété des documents qu'elle a acceptés de SOS, et qu'elle ne l'a pas perdue en transférant lesdits documents à la BCV, qui a refusé d'en acquérir la propriété et qui ne l'aurait en tout cas pas acquise, même si elle avait accepté de faire valoir les documents pour le compte de BOK. f) C'est à tort également que la cour cantonale a fondé son appréciation selon laquelle la BCV a acquis la propriété des documents sur la base du seul art. 967 CO . Cette disposition légale ne détermine pas le fondement juridique du transfert qu'elle définit BGE 114 II 45 S. 53 (JÄGGI, n. 160 ad art. 967 CO ). Ce transfert n'a pas de caractère abstrait: la volonté de transférer le droit incorporé au papier-valeur comme la volonté de transférer la propriété est toujours exprimée sous la condition, tacite et allant de soi, de l'existence d'une cause juridique valable. Le transfert des papiers-valeurs est donc causal, comme celui des autres choses (JÄGGI, n. 162 ad art. 967 CO ). g) Il résulte de l'analyse qui précède que la prétention en restitution des connaissements litigieux que la revendiquante BOK aurait contre la BCV, et qui, selon la cour cantonale, serait une prétention de nature personnelle et obligatoire, découle en réalité de la propriété des documents qu'elle a acquise de SOS et qu'elle n'a pas pu transmettre à la BCV, faute de cause valable, en raison de la violation du mandat qu'elle avait commise. La revendication de BOK est donc fondée sur sa propriété, et non sur un droit personnel. Dès lors, tous les développements de la recourante sur la possibilité d'invoquer un droit personnel à l'appui d'une revendication dans la saisie sont sans pertinence, et il n'y a pas lieu d'entrer en matière à leur sujet.
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Urteilskopf 109 II 4 2. Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. April 1983 i.S. E. gegen F. und Appellationshof des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Schadenersatz für nicht einbringliche Anfechtungsprozesskosten. Ist der aussereheliche Schwängerer dem Registervater schadenersatzpflichtig für die bei Kind und Mutter nicht einbringlichen Kosten des erfolgreichen Anfechtungsprozesses?
Sachverhalt ab Seite 4 BGE 109 II 4 S. 4 Am 1. Dezember 1981 wurde die Ehe von Fritz F. mit Susi F. wegen tiefer Zerrüttung geschieden. Die Ehefrau hatte die eheliche Gemeinschaft schon im Juni 1980 verlassen, um zu ihrem Freund Rolf E. zu ziehen, mit dem sie ein intimes Verhältnis unterhielt. Der Ehebruch führte am 15. August 1981 zur Geburt des Knaben Rolf. Mit Urteil vom 24. März 1982 aberkannte das Amtsgericht Erlach die Vaterschaft von Fritz F. und auferlegte der Mutter die Prozesskosten und eine Parteientschädigung im Gesamtbetrage von Fr. 3'030.--. Diese Kosten erwiesen sich in der Folge als nicht einbringlich, so dass dem inzwischen von seiner Ehefrau geschiedenen Fritz F. ein Verlustschein über einen Betrag von Fr. 3'125.-- ausgestellt wurde. Der Verlustschein veranlasste Fritz F. zu einer Klage auf Schadenersatz gegen Rolf E., der den Knaben Rolf vor dem Zivilstandsbeamten als seinen Sohn anerkannt hatte. Diese Klage wurde mit Entscheid vom 30. September 1982 vom Gerichtspräsidenten gutgeheissen, und E. wurde verurteilt, dem Kläger einen Betrag von Fr. 2'999.99 nebst Zins, Gerichts- und Parteikosten zu bezahlen. Eine Nichtigkeitsklage von E. wies der Appellationshof des Kantons Bern am 24. November 1982 ab. Gegen dieses Urteil erhebt Rolf E. staatsrechtliche Beschwerde. Der Appellationshof hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. BGE 109 II 4 S. 5 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer macht der Vorinstanz willkürliche Anwendung von Bundesprivatrecht zum Vorwurf. Er sei zu Schadenersatz verurteilt worden, ohne dass die dazu erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen gegeben seien. So fehle es hinsichtlich der als Schadenersatz geltend gemachten Prozesskosten und Parteientschädigung für die Vaterschaftsanfechtung, an welcher der Beschwerdeführer nicht beteiligt gewesen sei, an einem widerrechtlichen Verhalten. Zudem stünden die der geschiedenen Ehefrau von Fritz F. auferlegten Kosten nicht in einem adäquaten Kausalzusammenhang zum Ehebruch der damals noch verheirateten Susi F. mit ihm, bzw. stelle dieser Schaden einen für ihn unbeachtlichen Reflexschaden dar. Schliesslich fehle es auch an einem Verschulden. 2. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, jene Rechtsnormen, die den Ehebruch verbieten, stellten keine Schutznormen im Zusammenhang mit reinem Vermögensschaden dar und der die Ehe brechende Dritte könne deshalb zu keinem Schadenersatz gegenüber dem verletzten Ehegatten verhalten werden, lässt er ausser acht, dass der Appellationshof des Kantons Bern zwar nicht ausdrücklich, aber doch durch seine Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil von der mit einem Ehebruch verbundenen Persönlichkeitsverletzung ausgeht. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts bedeutet aber die Teilnahme an ehewidrigen oder ehebrecherischen Beziehungen eine Verletzung der persönlichen Verhältnisse im Sinne von Art. 28 ZGB , die zu Schadenersatz und Genugtuung Anlass geben kann ( BGE 84 II 331 mit weiteren Hinweisen). Die Ehe ist für den Ehegatten in persönlicher Hinsicht von so grosser Bedeutung, dass sich nicht im Ernste bezweifeln lässt, dass der an einem Ehebruch beteiligte Dritte die Ehe stört und damit zugleich den andern Ehegatten in seinen persönlichen Verhältnissen verletzt. Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, dass eine solche Störung nicht allein auf das Verhalten des Dritten zurückzuführen ist, sondern ein Mittun des untreuen Gatten voraussetzt. Unbefugt verhält sich nicht nur jener Ehegatte, der die gemäss Art. 159 Abs. 3 ZGB geschuldete eheliche Treue verletzt, sondern auch der die Ehe brechende Dritte, da er in Rechte des andern Ehegatten eingreift, die von jedermann zu achten sind ( BGE 78 II 291 /92 E. 2). Daran ändert die Tatsache nichts, dass das Bundesgericht im Zusammenhang mit einer solchen BGE 109 II 4 S. 6 Ehestörung eine umfassende Unterlassungsklage nicht zugelassen hat ( BGE 78 II 289 ). 3. Es trifft zu, dass der Hinweis in Art. 28 Abs. 2 ZGB auf Schadenersatz und Genugtuung die Art. 41 ff. OR und 49 OR betrifft und diese Klagen von den dem Persönlichkeitsschutz unmittelbar dienenden Klagen auf Unterlassung, Beseitigung und Feststellung abgrenzt (so jetzt verdeutlichend der Entwurf des Bundesrates betreffend die Änderung des schweizerischen Zivilgesetzbuches (Persönlichkeitsschutz) vom 5. Mai 1982 in Art. 28a Abs. 3 (BBl 1982 II 636 ff., 696 und 660 ff.). Ein direkter Zusammenhang zwischen Art. 28 ZGB und Art. 41 ff. OR besteht nur insoweit, als eine Persönlichkeitsverletzung einen eingetretenen Schaden als widerrechtlich erscheinen lassen kann. Im vorliegenden Fall ist nicht zu entscheiden, ob der Unterhalt für ein im Ehebruch gezeugtes Kind auch als Vermögensschaden im Sinne von Art. 41 ff. OR angesehen werden kann (vgl. dazu in der Rechtsprechung der Bundesrepublik Deutschland BGH vom 18.3.1980 VI ZS 105/78 und VI ZS 247/78 in FamRZ 1980, 645 ff.) oder ob nicht ethische Gründe allgemeiner Art einer solchen Betrachtungsweise entgegenstehen müssten. Der ursprünglich als Vater des am 15. August 1981 geborenen Rolf eingetragene Beschwerdegegner drang mit seiner Anfechtungsklage durch, so dass das von Gesetzes wegen begründete Kindesverhältnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt des Kindes aufgelöst worden ist. Damit sind auch seine Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Knaben weggefallen. Die mit dem entsprechenden Gerichtsverfahren verbundenen Kosten sollten gestützt auf das geltende kantonale Prozessrecht den obsiegenden und aus seinen Pflichten entlassenen Registervater nicht belasten. Eine erfolgreiche Anfechtungsklage führt ohne weiteres dazu, dass die unterliegenden Prozessparteien, nämlich die Mutter und das Kind, für diese Kosten aufzukommen haben. Der aussereheliche Schwängerer fällt dabei ausser Betracht, weil ihm hinsichtlich der Anfechtungsklage keine Passivlegitimation zukommt. Wenn dem obsiegenden Anfechtungskläger trotzdem die mit der Prozessführung verbundenen Kosten verbleiben, so ist dies ausschliesslich dem Umstand zuzuschreiben, dass die bei der Anfechtung der Vaterschaft unterlegenen Parteien insolvent sind. Wie dargelegt, ist der andere Ehegatte durch den (widerrechtlichen) Ehebruch direkt betroffen. Auch bereitet es keine Schwierigkeit, die Zahlungsunfähigkeit der im Anfechtungsprozess unterlegenen BGE 109 II 4 S. 7 Parteien in die durch den Ehebruch entstandene Rechtsbeziehung zwischen dem Ehebrecher und dem in seiner Persönlichkeit verletzten Ehegatten einzubeziehen. Der dem Ehegatten aus dieser unerlaubten Handlung entstehende Schaden kann deshalb nicht als unbeachtlicher Dritt- oder Reflexschaden bezeichnet werden. Fraglich bleibt dagegen, ob das Risiko einer Insolvenz der im Anfechtungsprozess unterliegenden Parteien, das der Anfechtungskläger trägt, in wertender Betrachtungsweise noch als adäquat zum persönlichkeitsverletzenden Ehebruch erscheint. Diesbezüglich bestehen zum mindesten erhebliche Zweifel, so dass der Zivilrichter bei freier Prüfung wohl eher die Schadenersatzklage abweisen müsste. Im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde dagegen gilt es allein zu entscheiden, ob eine die Adäquanz bejahende Auffassung als geradezu willkürlich, d.h. völlig unhaltbar, angesehen werden kann. Dies trifft nicht zu, weil auch für die Bejahung der Adäquanz Gründe sprechen. Die Frage der Adäquanz verlangt stets richterlicher Wertung, die gemäss Art. 4 ZGB nach Recht und Billigkeit vorzunehmen ist (vgl. u.a. DESCHENAUX, Norme et Causalité en Responsabilité civile, Festgabe der Schweiz. Rechtsfakultäten zur Hundertjahrfeier des Bundesgerichts, 1975, S. 399, insbesondere S. 406 ff.; DESCHENAUX/TERCIER, La Responsabilité civile, 2. Aufl. 1982, 57 ff.; LANZ, Alternativen zur Lehre vom adäquaten Kausalzusammenhang, Diss. St. Gallen 1974, passim). Es kommt hinzu, dass die Frage der Aktiv- und Passivlegitimation im Anfechtungsprozess einer Vaterschaft durch den Gesetzgeber nach besonderen familienrechtlichen Gesichtspunkten geregelt worden ist, bei denen insbesondere auch ein vorrangiger Schutz des Registervaters im Vordergrund stand (Botschaft des Bundesrates vom 5. Juni 1974 über die Änderung des Schweiz. Zivilgesetzbuches (Kindesverhältnis) BBl 1974 II 1 ff., 29 f.). Nur deshalb blieb letztlich unberücksichtigt, dass die Kosten zur Auflösung eines vom verheirateten Ehemann nicht gewollten, ihm in Verletzung seiner Persönlichkeit aufgezwungenen Kindesverhältnisses auf das gemeinsame Verhalten der verheirateten Mutter und des Schwängerers und nicht auf das Verhalten der Mutter allein zurückzuführen sind. 4. Schliesslich kann auch nicht gesagt werden, es sei in willkürlicher Weise ein Verschulden auf Seiten des Beschwerdeführers bejaht worden. Abgesehen davon, dass sich dieser in verschiedenen Verfahren über den Wunsch nach einem Kind aus der Verbindung zu Susi F. selber unterschiedlich äusserte, konnte nicht mit letzter BGE 109 II 4 S. 8 Sicherheit damit gerechnet werden, dass eine Schwangerschaft unterbleibe. Zudem steht ein gemeinsames Verschulden mit Rücksicht auf den persönlichkeitsverletzenden Ehebruch ausser Zweifel. Steht aber eine Schadenersatzklage in Verbindung mit einer unbefugten Persönlichkeitsverletzung, genügt jede Verschuldensform. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
7083b215-23d5-4fe0-8176-bf0ee06d103c
Urteilskopf 103 II 204 35. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 30 juin 1977 dans la cause Gaudard contre Nieuw Rotterdam
Regeste Art. 20, Art. 21 VVG . Teilweises Ausbleiben der Bezahlung einer Versicherungsprämie. Für den nachfolgenden Zeitabschnitt bezahlte Prämie. Zahlungsaufforderung durch den Versicherer mit der Androhung, dass die Haftung zu ruhen beginnen würde, wenn die frühere, unbezahlte Prämie nicht binnen 14 Tagen, von der Absendung der Mahnung an gerechnet, beglichen werden sollte. Die Sistierung trifft die Leistungspflicht des Versicherers als solche: Weder die Fälligkeit noch die Zahlung einer späteren Prämie haben zur Folge, dass die Haftung des Versicherers wieder auflebt (Erw. 4 und Erw. 5a, b); dies gilt auch dann, wenn die mit der Androhung der Säumnisfolgen verbundene Mahnung nach Zahlung einer später fällig gewordenen Prämie zugestellt wird (Erw. 5c).
Sachverhalt ab Seite 205 BGE 103 II 204 S. 205 Le 20 juin 1969, Roger Gaudard contracta, auprès de la compagnie d'assurances Nieuw Rotterdam, un contrat d'assurance combiné l'assurant, comme détenteur d'une voiture Peugeot 204, en responsabilité civile et en casco intégrale. Ce contrat expirait le 30 juin 1970; il se renouvelait par tacite reconduction d'année en année, sauf dénonciation trois mois à l'avance. La prime était échue le 1er juillet. Les deux assurances et le montant des primes respectives sont mentionnées séparément au contrat. Le 12 novembre 1971, Gaudard ayant remplacé sa Peugeot par une BMW 2002, un avenant fut établi. Le 18 mai 1973, la Nieuw Rotterdam adressa à Gaudard un avis l'invitant à payer, dans les 60 jours, la somme de 205 fr., dans le cadre de sa police d'assurance en responsabilité civile. Ce montant représentait un complément de prime pour l'année 1971-1972, dû ensuite d'une augmentation de tarif survenue en 1972, qui avait été l'objet d'un recours de droit administratif au Tribunal fédéral, lequel, après avoir suspendu l'autorisation accordée par le Bureau fédéral des assurances, avait rejeté le recours le 2 février 1973 ( ATF 99 Ib 51 ss). L'avis ne contenait aucun décompte, mais précisait que la compagnie d'assurances donnerait les renseignements qui pourraient lui être demandés. Gaudard ne requit aucune explication et ne paya pas. En juin 1973, la Nieuw Rotterdam envoya à Gaudard l'avis d'échéance de sa prime au 1er juillet 1973 pour la période d'assurance courant du 1er juillet 1973 au 30 juin 1974, par 1'981 fr. 40. Gaudard paya le 2 août 1973. Par envoi recommandé du 14 septembre 1973, la Nieuw Rotterdam adressa à Gaudard une sommation de payer concernant le complément de prime de 205 fr., vainement réclamé en mai. Cette sommation indiquait qu'à défaut de paiement dans les quatorze jours dès la date de l'envoi la garantie serait suspendue, ce dont le Service des automobiles vaudois serait avisé ( art. 68 al. 2 LCR ). Le 29 septembre 1973, Gaudard, conduisant sa BMW, se tua dans un accident de la circulation en France. Son passager, Roland Roecker, âgé de 15 ans, fut également tué. La Nieuw Rotterdam conclut avec la mère de Roland Roecker une transaction aux termes de laquelle elle payait 35'000 fr. pour perte de soutien. BGE 103 II 204 S. 206 Dissociant les deux risques assurés, la compagnie d'assurances invoqua, pour la responsabilité civile, la suspension de la garantie et annonça son intention d'exercer le droit de recours de l' art. 65 al. 3 LCR contre les héritiers légaux de Gaudard, savoir sa veuve, Claudie Gaudard, et son fils posthume, François Gaudard. A titre transactionnel, elle offrit de renoncer à exercer ce droit de recours et de se borner à opérer compensation avec l'indemnité due en vertu de l'assurance casco, par 12'280 fr., abandonnant ainsi la différence de 22'720 fr. Elle précisait qu'en cas de procès elle ferait valoir intégralement sa prétention. Elle se prévalait subsidiairement de la faute grave de l'assuré. Contestant que l'assurance fût suspendue, Claudie et François Gaudard ouvrirent action le 26 septembre 1975, réclament paiement de l'indemnité prévue par l'assurance casco. La défenderesse conclut à libération et, reconventionnellement au paiement de 22'720 fr., plus intérêt à 5% dès le 9 mai 1974. Le 21 février 1977, la Cour civile du Tribunal cantonal vaudois rejeta les conclusions des demandeurs et admit celles, tant libératoires que reconventionnelles, de la défenderesse. Les demandeurs recourent en réforme au Tribunal fédéral. Ils persistent dans les conclusions qu'ils ont prises en première instance. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Selon l' art. 20 LCA , si la prime n'est pas payée à l'échéance, le débiteur doit être sommé par écrit d'en effectuer le paiement dans les quatorze jours à partir de l'envoi de la sommation. La sommation doit rappeler les conséquences du retard. Si elle reste sans effet, l'obligation de l'assureur est suspendue à partir de l'expiration du délai légal. L'assureur a alors le choix ( art. 21 LCA ): il peut, dans les deux mois, poursuivre le paiement de la prime en souffrance, son obligation reprenant alors effet dès le paiement; il peut aussi se départir du contrat et renoncer au paiement de la prime arriérée, cette résiliation se présumant à défaut de poursuite dans les deux mois. Gaudard s'étant acquitté en août 1973 de sa prime pour la période d'assurance courant du 1er juillet 1973 au 30 juin BGE 103 II 204 S. 207 1974, le problème posé par le présent recours est de savoir si la garantie de l'assureur pouvait être suspendue pour une période d'assurance pour laquelle la prime avait été payée, en raison du retard de paiement partiel d'une prime relative à une période écoulée (complément de prime pour 1971/1972). Il n'y a aucune discussion possible quant à l'imputation des paiements: de par la volonté de l'assureur, acceptée par le preneur, c'est la prime 1973/74 que Gaudard a payée le 2 août 1973. L'assureur n'a jamais prétendu utiliser partiellement ce paiement pour le complément de 1971/72. 2. Le contrat litigieux ayant été conclu le 20 juin 1969 pour un an, avec clause de tacite reconduction d'année en année, on pourrait se demander si on a affaire à un contrat unique dont seule la durée est prolongée ou à autant de contrats qu'il y a de renouvellements. Dans ce dernier cas, la suspension n'affecterait que le contrat en cours, et partant le contrat en vigueur quand le sinistre s'est produit ne serait pas atteint par la suspension. Sous ch. 34 des conditions générales, auxquelles se réfère la police, il est prévu qu'à défaut de dénonciation le contrat "se renouvelle tacitement d'année en année". Toutefois, ce "renouvellement" du contrat signifie, non pas la conclusion tacite d'un nouveau contrat, comportant novation, mais la simple prorogation du contrat primitif (ATF 11 p. 84, 16 p. 788/789; KOENIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3e éd., Berne 1967, p. 87; ROELLI/KELLER, Kommentar zum schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Berne 1968, I p. 678/79). On est ainsi bien en présence d'un contrat unique. 3. Selon la Cour cantonale, la suspension, valablement provoquée par la sommation comminatoire du 14 septembre 1973, concerne la garantie de l'assureur d'une façon générale. Cette couverture est globale et s'étend à toute la durée du contrat. Pas plus que le paiement d'une prime subséquente postérieurement à la sommation ne saurait avoir d'influence sur la suspension, le paiement d'une prime subséquente avant la sommation n'empêche cette dernière de produire ses effets. Les recourants, au contraire, font valoir en substance que le contrat se divise en périodes: la prime étant payée pour une période déterminée, la couverture est garantie pour cette période. Gaudard s'étant acquitté pour la période du 1er juillet BGE 103 II 204 S. 208 1973 au 30 juin 1974, ils s'estiment couverts pour les conséquences de l'accident qui se situe pendant ce laps de temps. 4. La doctrine suisse se prononce clairement dans le sens admis par la Cour cantonale. Les auteurs enseignent que la suspension n'est pas limitée à la période d'assurance en cours: elle continue à produire ses effets au-delà de l'échéance de la prime pour la période postérieure (J. HOFSTETTER, Der Prämienzahlungsverzug nach schweizerischem Versicherungsvertragsrecht, thèse Berne 1935, p. 96; KOENIG, op.cit., p. 122; ROELLI/KELLER, op.cit., I p. 363 n. 1). Telle est également l'opinion de la doctrine et de la jurisprudence allemandes (BRUCK/MÖLLER, Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz, 8e éd., Berlin 1961, I n. 34 ad par. 39, p. 507; Bundesgerichtshof, 27 mai 1957, Neue Juristische Wochenschrift 1957 p. 1230 s., et 24 janvier 1963, Neue Juristische Wochenschrift 1963, p. 1055). La jurisprudence française est en sens contraire: la suspension est limitée à l'échéance d'une nouvelle prime, car c'est une disposition exceptionnelle, instituant une sanction rigoureuse, dont il convient de donner une interprétation restrictive pour en limiter les effets (cf. PICARD ET BESSON, Les assurances terrestres en droit français I, 4e éd., Paris 1975, No 112, p. 198 et la jurisprudence citée n. 86). 5. On ne peut que se rallier à la solution adoptée par la doctrine suisse, ainsi que par la jurisprudence et la doctrine allemandes: elle est conforme au système de la loi. a) L' art. 20 LCA institue une mise en demeure qualifiée ayant un effet spécifique clairement exprimé à l'art. 20 al. 3: l'obligation de l'assureur est suspendue, le contrat demeurant en vigueur aux conditions de l'art. 21. La raison de cette règle, qui n'est pas particulière au droit suisse, est évidente. Elle procède du principe élémentaire que, la garantie de l'assureur étant la contrepartie de la prime, elle tombe à défaut de paiement de la prime. La loi ne pouvait s'en tenir aux seules règles générales des art. 107 ss CO . L'arme de la résolution du contrat est en effet trop lourde: l'existence de nombreux contrats d'assurance serait mise en cause à la suite de retards dans le paiement d'une prime, dus le plus souvent à la négligence, portant sur de petites sommes et d'ordinaire rapidement rattrapés. Il convenait de permettre à l'assureur de se prémunir d'une façon à la fois simple et BGE 103 II 204 S. 209 efficace contre de tels retards, vraisemblablement fréquents dans la pratique. Quant à ses modalités, l' art. 20 LCA n'est pas plus rigoureux que le droit commun. Comme l' art. 107 CO , il suppose la demeure du débiteur et il institue un délai de grâce. Ses effets entraînent une simple suspension de la garantie, et non la résolution du contrat. Il est d'ailleurs loisible à l'assuré de mettre fin en tout temps à la suspension en payant la prime due et échue, ce qui, dans les cas ordinaires, représente une somme relativement modique, pour les assurances contre les dommages tout au moins. b) La suspension affecte l'obligation de l'assureur comme telle. La loi n'en limite nullement l'effet à une période déterminée, notamment pas à la période afférente à la prime en souffrance. La notion de "période d'assurance", dont les recourants se prévalent, n'implique pas un découpage des obligations de l'assureur dans le temps. Elle n'est utilisée par la loi que relativement au calcul de l'unité de prime, soit à une simple modalité de l'obligation de l'assuré. Il s'ensuit que la suspension ne prend fin qu'après paiement de la dette qui a fait l'objet de la sommation: l'obligation de l'assureur "reprend effet à partir du moment où la prime arriérée a été acquittée avec les intérêts et les frais" ( art. 21 al. 2 LCA ). Dès lors, l'échéance d'une nouvelle prime ne saurait faire cesser la suspension, qui continue aussi longtemps que l'assuré est en demeure. Admettre le contraire reviendrait à priver la sommation comminatoire de beaucoup de son efficacité chaque fois que l'assureur, comme en l'espèce, fait preuve de patience ou lorsque les primes sont payables par courtes périodes. L'assuré négligent n'aurait plus d'intérêt à mettre fin à la suspension, une fois terminée la "période" pour laquelle il est en demeure et au cours de laquelle aucun sinistre ne s'est produit. Le paiement d'une prime subséquente ne saurait non plus avoir pour conséquence que la garantie de l'assureur soit remise en vigueur. Le texte de la loi est formel; l' art. 21 al. 2 LCA n'accorde cet effet qu'au paiement de la prime arriérée. On ne peut pas davantage déduire de l'acceptation par BGE 103 II 204 S. 210 l'assureur de la prime nouvelle qu'il serait réputé renoncer au bénéfice de la suspension de garantie pour la période antérieure au paiement ou d'une façon générale. L'assureur est tenu d'accepter le paiement régulier de la prime nouvelle ( art. 91 CO ), qu'il n'a pas le droit de refuser, à moins qu'il n'entende se départir du contrat, ce à quoi on ne saurait l'obliger. Un tel paiement ne libère que partiellement le débiteur, savoir pour la prime afférente à la période d'assurance postérieure. La demeure subsiste pour le solde, avec tous les effets que la loi attache à la sommation comminatoire de l' art. 20 LCA . c) Il n'y a aucune raison de s'écarter de ces principes quand, comme en l'espèce, la sommation comminatoire est notifiée après le paiement d'une prime subséquente, soit au cours d'une nouvelle période d'assurance. Il est logique, en pareil cas également, que l'assuré se trouve sans garantie parce qu'une prime antérieure est demeurée, intégralement ou partiellement, impayée: c'est la conséquence de la demeure, qui, subsistant, entraîne la suspension de la garantie comme telle. Par ailleurs, l'assuré qui entend bénéficier de la garantie peut, en général, aisément prendre ses dispositions: il connaît longtemps à l'avance le montant qu'il devra payer à l'échéance, il jouit encore d'un délai de grâce de quatorze jours après sommation et, s'agissant des cas courants, les primes d'assurances ne représentent pas des sommes considérables. La demeure persistant au-delà du délai fixé par la sommation est, le plus souvent, le produit d'une simple négligence. 6. En conclusion, la Cour cantonale a sainement appliqué le droit fédéral. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours et confirme le jugement attaqué.
public_law
nan
fr
1,977
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
708c6b3a-d910-4a19-be7c-0f2cc5365a7e
Urteilskopf 121 IV 1 1. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 13 janvier 1995 en la cause P. contre Département de la justice, de la police et des affaires militaires du canton de Vaud (recours de droit administratif)
Regeste Art. 43, 45 Ziff. 1 StGB ; Verwahrung in einer psychiatrischen Klinik, Prüfung der probeweisen Entlassung, psychiatrisches Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen. Prüft die zuständige Behörde, ob und wann die probeweise Entlassung aus einer psychiatrischen Klinik anzuordnen ist, muss sie nach den Umständen des Falls auf Gesuch des Betroffenen ein Gutachten eines unabhängigen psychiatrischen Sachverständigen einholen (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 121 IV 1 S. 1 A.- Par jugement du 1er février 1985, le Tribunal correctionnel du district de Lausanne a condamné P., pour attentat à la pudeur des enfants, à la peine de 6 mois d'emprisonnement. En application de l'art. 43 ch. 1 et 2 CP, il a ordonné la suspension de l'exécution de la peine et l'internement du condamné dans un établissement approprié. Auparavant, P. avait déjà été condamné à plusieurs reprises, notamment pour attentat à la pudeur des enfants, à savoir: le 6 mai 1976, le 30 mai 1978 et le 29 mai 1980; dans deux de ces cas, la peine avait été suspendue et l'internement de l'intéressé ordonné. BGE 121 IV 1 S. 2 B.- Par décision du 18 mars 1985, le Service pénitentiaire du canton de Vaud a ordonné, en application du jugement du 1er février 1985, l'internement de P. à l'Hôpital de C. pour une durée indéterminée. C.- Par décision du 21 juillet 1994, le Département de la justice, de la police et des affaires militaires du canton de Vaud a refusé la libération à l'essai de P. et confirmé son placement à l'Hôpital de C.. D.- P. a interjeté un recours de droit administratif au Tribunal fédéral contre cette décision. Il reproche notamment à l'autorité cantonale de n'avoir pas sollicité l'avis d'un médecin indépendant. Erwägungen Considérant en droit: 2. Le recourant reproche à l'autorité cantonale de n'avoir pas sollicité l'avis d'un médecin indépendant compte tenu de l'atteinte à la liberté personnelle que représente l'internement en hôpital psychiatrique. L'autorité compétente doit examiner d'office si et quand la libération conditionnelle ou à l'essai d'une mesure selon l'art. 43 CP doit être ordonnée; en matière de libération conditionnelle ou à l'essai de l'un des établissements prévus à l'art. 43 CP, elle doit prendre une décision au moins une fois par an; l'intéressé ou son représentant doit toujours être entendu préalablement et un rapport de la direction de l'établissement doit être requis (art. 45 ch. 1 CP). Il est vrai que l'art. 45 ch. 1 al. 3 CP n'exige expressément qu'un rapport de la direction de l'établissement. Le sens de cette disposition n'exclut cependant pas d'emblée que, dans certains cas, sur requête de l'intéressé, l'avis d'un expert-psychiatre indépendant soit requis. Il faut au contraire admettre que, compte tenu de l'importance de l'opinion d'un expert pour statuer sur une libération conditionnelle ou à l'essai, il peut se justifier dans certains cas de requérir sur ce point l'avis d'un expert qui jusque là ne s'est pas occupé du cas de l'intéressé. Cela ne signifie pas que l'avis d'un expert indépendant doive toujours être requis, notamment que l'autorité compétente qui doit prendre une décision au moins une fois par an doive chaque fois requérir un tel avis; le texte de l'art. 45 ch. 1 al. 3 CP ne permet pas de poser une telle exigence. La question de savoir quand et à quelles conditions l'avis d'un expert indépendant doit être demandé dépend des circonstances du cas concret et il faut en tout cas que l'intéressé ait présenté une requête en ce sens. BGE 121 IV 1 S. 3 En l'espèce, on peut se demander si, compte tenu des circonstances du cas d'espèce, notamment du fait que le recourant est interné depuis près de dix ans, l'avis d'un expert indépendant n'eût pas dû être requis. La question peut toutefois demeurer indécise dès lors que jusqu'ici le recourant n'a pas présenté de requête en ce sens en instance cantonale. Il n'est donc pas possible de donner suite à celle qu'il formule pour la première fois dans la procédure devant le Tribunal fédéral.
null
nan
fr
1,995
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
70919fbf-def6-4597-9e9a-fa8d718b4961
Urteilskopf 141 II 14 2. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. ARGE cpc gegen AlpTransit Gotthard AG und Bietergemeinschaft Bahntechnik Ceneri Rhomberg Sersa (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_380/2014 vom 15. September 2014
Regeste Art. 83 lit. f BGG , Art. 48 VwVG ; Monte Ceneri-Eisenbahn-Basistunnel (öffentliches Beschaffungswesen): Voraussetzungen für die Beschwerdelegitimation der nicht berücksichtigten Anbieter gegen die Zuschlagsverfügung. Eignungskriterien: Auslegung der in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anforderungen. Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (erreichter Auftragswert und Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung; E. 1.1-1.5). Anwendbare Bestimmungen zum Verfahren der öffentlichen Beschaffung (E. 2.1-2.3). Streitfrage: Sind nicht berücksichtigte Anbieter allein schon aufgrund ihrer Teilnahme am Verfahren zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht legitimiert, oder setzt die Beschwerdelegitimation voraus, dass der Beschwerde führende übergangene Anbieter seinerseits geeignet wäre, den Zuschlag zu erhalten (E. 3.1-3.3)? Einem nicht berücksichtigten Anbieter fehlt es an einem schutzwürdigen Beschwerdeinteresse, wenn er auch bei Obsiegen seiner Anträge den Zuschlag selber nicht erhalten könnte. Das Bundesverwaltungsgericht hätte deshalb vor dem Bejahen der Beschwerdelegitimation prüfen müssen, ob die Bietergemeinschaft Rhomberg Sersa überhaupt eine reelle Chance hat, den Zuschlag zu erhalten (E. 4.1-4.9). Nach der Theorie des doppelrelevanten Sachverhalts war diese nämlich zur Beschwerde nur legitimiert, wenn glaubhaft dargelegt ist, dass sie seinerseits die Eignungskriterien erfüllt; ob dies der Fall ist, kann aufgrund der vom Bundesgericht vorgenommenen materiellen Prüfung offengelassen werden (E. 5.1 und 5.2). Namentlich auf Grund des Wortlauts der Eignungskriterien und unter Berücksichtigung des effektiven Verhaltens aller Verfahrensbeteiligten ist die von der AlpTransit Gotthard AG vertretene Auslegung der in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anforderungen eher zutreffend als diejenige der Vorinstanz; zumindest ist sie gleichermassen vertretbar, so dass ihr der Vorzug zu geben ist (E. 6 und 7). Mit der Anforderung, ein nicht abgeschlossenes Projekt könne nur dann als gültig betrachtet werden, wenn zusätzliche Referenzauskünfte eingeholt worden seien, hat die Vorinstanz in unzulässiger Weise in den Ermessensspielraum der Vergabestelle eingegriffen (E. 8.1-8.4). Die Zuschlagsempfängerin ARGE cpc hat vielmehr - bei richtiger Auslegung der Ausschreibungsunterlagen - genügend gültige Referenzen für die einzelnen Leistungspakete vorgelegt (E. 9), und es liegt auch kein unzulässiges verstecktes Abgebot vor (E. 10).
Sachverhalt ab Seite 17 BGE 141 II 14 S. 17 A. A.a Die AlpTransit Gotthard AG schrieb auf der Internetplattform SIMAP am 21. Mai 2012 für den Abschnitt Ceneri-Basistunnel (CBT), Teilabschnitt Bahntechnik CBT, den Bereich Bahntechnik und Gesamtkoordination im offenen Verfahren aus (SIMAP-Meldungsnummer 736021). Gemäss Ausschreibung umfasste das Beschaffungsobjekt die Planung, Entwicklung, Fabrikation, Lieferung und Montage der bahntechnischen Ausrüstung (Stromversorgung 50 Hz und Kabel, Fahrstrom 16,7 Hz, Telecom Festnetz und Funk) des Ceneri-Basistunnels inklusive der offenen Neubaustrecke Nord und der Bahntechnikgebäude Vigana und Vezia, die Integration, die Inbetriebsetzung und die Erhaltung (bis zur Abnahme des Werkes) sowie die Pflichten bezüglich Gesamtkoordination zwischen allen beteiligten Unternehmern sowie der Vergabestelle. Zum Beschaffungsobjekt gehörten im Weiteren die Planung, Lieferung, der Aufbau, Betrieb und Rückbau der stationären Infrastruktur des Unternehmers Bahntechnik und Gesamtkoordination auf dem Installationsplatz Camorino sowie die Planung, der Aufbau, Betrieb und Rückbau des Installationsplatzes Vezia. Innert Frist reichten vier Anbieter Angebote ein, darunter die ARGE cpc, bestehend aus der Cablex AG, Bern, der Porr Suisse AG, Altdorf, der Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A., Roma (I), der LGV Bauunternehmung AG, Bellinzona, und der Cossi Costruzioni S.p.A., Sondrio (I) (im Folgenden: ARGE cpc), sowie die Bietergemeinschaft Bahntechnik Ceneri Rhomberg Sersa, bestehend aus der Rhomberg Bahntechnik GmbH, Bregenz (A), und der Sersa Group AG (Schweiz), Zürich (im Folgenden: Rhomberg). A.b Die Bewertung ergab folgendes Resultat: ARGE cpc Rhomberg Technische Bewertung 217,0 213,5 Finanzielle Bewertung 250,0 55,0 Gesamtbewertung 467,0 268,5 Rang 1 4 Der beträchtliche Punkteunterschied bei der finanziellen Bewertung ergab sich daraus, dass das Angebot der Rhomberg preislich rund 27 % höher lag als dasjenige der ARGE cpc. BGE 141 II 14 S. 18 Im zweiten Rang folgte die Unternehmervariante der ARGE cpc, im dritten Rang ein weiteres Angebot, das indessen ausgeschlossen wurde. Das Angebot der vierten Anbieterin erreichte den fünften Rang. A.c Am 12. August 2013 erteilte die AlpTransit Gotthard AG den Zuschlag an die ARGE cpc zum Preis von CHF 138'040'732.20. (...) B. B.a Gegen diesen Zuschlag erhob die Rhomberg am 2. September 2013 beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde (Verfahren B- 4904/2013). Sie beantragte, die Zuschlagsverfügung sei aufzuheben, die ARGE cpc sei aus dem Verfahren auszuschliessen und ihr selbst sei der Zuschlag zu erteilen. Eventualiter sei die Zuschlagsverfügung aufzuheben und die Sache zu neuem Entscheid an die Vergabestelle zurückzuweisen; subeventuell sei die Rechtswidrigkeit der Zuschlagsverfügung festzustellen. In prozessualer Hinsicht beantragte sie die Erteilung der aufschiebenden Wirkung. Zur Begründung machte sie einerseits geltend, die von der ARGE cpc eingereichten Referenzen entsprächen teilweise nicht den in der Ausschreibung verlangten Anforderungen, weshalb das Angebot hätte ausgeschlossen werden müssen. Andererseits machte sie geltend, es habe zugunsten des Angebots der ARGE cpc eine versteckte Abgebotsrunde stattgefunden, was unzulässig sei. B.b Das Bundesverwaltungsgericht erteilte zunächst am 3. September 2013 superprovisorisch und alsdann mit Zwischenentscheid vom 29. Oktober 2013 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. B.c Die ARGE cpc beantragte vor dem Bundesverwaltungsgericht, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne. Zu den Eintretensvoraussetzungen führte sie aus, die Rhomberg sei zur Beschwerde gar nicht legitimiert. Würden die Eignungsanforderungen so ausgelegt, wie die Rhomberg dies verlange, dann würde nämlich sie selbst bzw. die von ihr eingereichten Referenzprojekte die Eignungskriterien nicht erfüllen. Ein Zuschlag an sie sei daher ausgeschlossen, weshalb sie zur Beschwerde nicht legitimiert sei. B.d Mit Urteil vom 14. März 2014 hiess das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde teilweise gut, hob die angefochtene Zuschlagsverfügung auf und wies die Sache im Sinne der BGE 141 II 14 S. 19 Erwägungen an die Vergabestelle zurück. In den Erwägungen führte das Gericht aus, die in den Ausschreibungsbestimmungen enthaltenen Anforderungen an die Referenzen seien anders auszulegen, als die AlpTransit Gotthard AG dies getan habe. Bei richtiger Auslegung habe die ARGE cpc bezüglich der Leistungspakete LP 40 (Stromversorgung 50 Hz) und LP 45 (Schränke) die geforderten Referenzen nicht erbracht. Die Eignungskriterien seien insoweit nicht erfüllt. (...) Der Zuschlag an die ARGE cpc sei rechtswidrig, da diese mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Zuschlag sei daher aufzuheben. Ferner führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Voraussetzungen für eine reformatorische Zuschlagserteilung an die Rhomberg seien nicht gegeben, da offen und umstritten sei, ob diese ihrerseits bei korrekter Auslegung der Ausschreibungsbestimmungen die Eignungskriterien erfülle. Die Sache sei daher an die Vergabestelle zurückzuweisen. Ein ordnungsgemässer Abbruch sei nicht ausgeschlossen. C. Mit Eingabe vom 22. April 2014 führt die ARGE cpc beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und der Vergabeentscheid der AlpTransit Gotthard AG vom 12. August 2013 sei wieder herzustellen. Zudem beantragte sie Erteilung der aufschiebenden Wirkung. (...) Mit Verfügung des Instruktionsrichters vom 21. Mai 2014 wurde der Beschwerde insofern aufschiebende Wirkung erteilt, als der Vergabestelle untersagt wurde, den Auftrag während der Dauer des bundesgerichtlichen Verfahrens anderweitig zu vergeben, im Übrigen das Gesuch aber abgewiesen. D. Die AlpTransit Gotthard AG beantragt Gutheissung der Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf Vernehmlassung. Die Rhomberg beantragt, auf die Beschwerde nicht einzutreten, eventuell auf die Beschwerde nicht einzutreten und die Sache in das Verfahren gemäss Art. 93 Abs. 3 BGG zu verweisen; im Eintretensfall sei die Beschwerde abzuweisen und ihr - der Rhomberg - der Zuschlag zu erteilen; eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Weisung, die Beschwerde der Rhomberg vom 2. September 2013 inklusive Ergänzungen vollständig zu prüfen. Mit Replik und Duplik halten die Parteien an ihren Begehren fest. BGE 141 II 14 S. 20 E. E.a Mit Verfügung vom 14. April 2014 schloss inzwischen die AlpTransit Gotthard AG in Befolgung des hier angefochtenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts die ARGE cpc aus dem Vergabeverfahren wegen Nichterfüllens der Eignungskriterien aus; mit Verfügung vom gleichen Tag schloss sie auch die Rhomberg wegen Nichterfüllens der Eignungskriterien aus. In beiden Verfügungen brach sie das Verfahren ab, da kein Anbieter, welcher die Eignungskriterien erfülle, im Verfahren verblieben sei. Gegen diese Verfügungen erhoben wiederum sowohl die ARGE cpc (Verfahren B-2389/2014) als auch die Rhomberg (Verfahren B-2387/2014) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. E.b Mit Verfügung vom 17. Juni 2014 edierte der Instruktionsrichter des Bundesgerichts die Akten der bundesverwaltungsgerichtlichen Verfahren B-2389/2014 und B-2387/2014. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der ARGE cpc gut, hebt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. März 2014 auf und bestätigt den Vergabeentscheid der AlpTransit Gotthard AG vom 12./15. August 2013. ( Auszug ) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Gegen Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gemäss Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG zulässig. Der angefochtene Entscheid weist zwar die Sache "im Sinne der Erwägungen" an die Vergabestelle zurück und ist damit formal ein Zwischenentscheid; in den Erwägungen hält aber die Vorinstanz unmissverständlich fest, dass die ARGE cpc mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen. Der Vergabestelle steht insoweit kein Entscheidungsspielraum mehr offen. Der angefochtene Entscheid schliesst damit die ARGE cpc vom weiteren Verfahren aus und ist für diese ein Endentscheid, der grundsätzlich beim Bundesgericht anfechtbar ist ( Art. 90 BGG ; BGE 134 II 124 E. 1.3 S. 127). 1.2 Art. 83 lit. f BGG schliesst die Beschwerde gegen Entscheide auf dem Gebiet der öffentlichen Beschaffungen aus, wenn der geschätzte Wert des zu vergebenden Auftrages den massgebenden Schwellenwert des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB; SR 172.056.1) oder des BGE 141 II 14 S. 21 Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens (SR 0.172.052.68) nicht erreicht sowie wenn sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt ( BGE 133 II 396 E. 2.1 S. 398). 1.2.1 Die erste Voraussetzung (Auftragswert) ist hier unstreitig und offensichtlich erfüllt. 1.2.2 Zu prüfen ist die zweite Voraussetzung. 1.2.2.1 Bei der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung muss es sich um eine Rechtsfrage aus dem Gebiet des öffentlichen Beschaffungsrechts handeln ( BGE 134 II 192 E. 1.3 S. 195). Die Anwendung rechtsprechungsgemässer Prinzipien auf einen Einzelfall stellt keine Grundsatzfrage dar. Der blosse Umstand, dass die aufgeworfene Rechtsfrage noch nie entschieden wurde, genügt nicht. Es muss sich um eine Rechtsfrage handeln, deren Entscheid für die Praxis wegleitend sein kann und von ihrem Gewicht her nach einer höchstrichterlichen Klärung ruft (Urteil 2C_91/2013 vom 23. Juli 2013 E. 1.1.2, nicht publ. in: BGE 139 II 489 ; BGE 138 I 143 E. 1.1.2 S. 147; Urteil 2C_559/2008 vom 17. Dezember 2008 E. 1.2, in: RtiD 2009 II S. 133). Der Beschwerdeführer hat die Erfüllung dieser Voraussetzung darzutun ( Art. 42 Abs. 2 BGG ; BGE 138 I 143 E. 1.1.2 S. 147; BGE 137 II 313 E. 1.1.1 S. 316; BGE 133 II 396 E. 2.2 S. 399). 1.2.2.2 Die ARGE cpc unterbreitet dem Bundesgericht als Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung: 1. Ist das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet, in seinem Verfahren die Vorwürfe der Vergabestelle und der Zuschlagsempfänger zu prüfen, der Beschwerdeführer habe keine genügenden Referenzprojekte eingereicht und sei daher nicht legitimiert, den Zuschlag an sich selber zu verlangen; oder darf es sich darauf beschränken, lediglich die Rügen des Beschwerdeführers zu prüfen und dessen Beschwerdelegitimation aus der blossen Teilnahme am Vergabeverfahren abzuleiten? 2. Unter welchen Voraussetzungen darf das Bundesverwaltungsgericht von der Auslegung einer Klausel der Ausschreibungsunterlagen durch die Vergabestelle abweichen, insbesondere wenn der Inhalt dieser Klausel nicht oder nur vermeintlich klar ist? 1.2.2.3 Bei der ersten Frage geht es um die Anwendung von Art. 48 VwVG (SR 172.021) in einer spezifisch submissionsrechtlichen Konstellation, nämlich in Bezug auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Bundesverwaltungsgericht die BGE 141 II 14 S. 22 Beschwerdelegitimation einer Anbieterin bejahen kann, die selber möglicherweise die Eignungskriterien nicht erfüllt und somit - sofern sich dieser Vorwurf bewahrheiten sollte - vom Verfahren auszuschliessen wäre. Das Bundesgericht hat in BGE 137 II 313 das Vorliegen einer Frage von grundsätzlicher Bedeutung bejaht in einem Fall, in dem es ebenfalls um die Beschwerdelegitimation ging, nämlich darum, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen potenzielle Konkurrenten legitimiert sind, einen Zuschlag im freihändigen Verfahren anzufechten; die Frage sei von grosser praktischer Bedeutung (a.a.O., E. 1.1.2 S. 316). Die hier gestellte Frage ist von vergleichbarer praktischer Bedeutung: Sie beschlägt die Beschwerdelegitimation gegen Vergabeentscheide sowie die Prüfungspflicht der Beschwerdeinstanz im Rahmen des Eintretens. Sie hat erhebliche Auswirkungen auf die Möglichkeit nicht berücksichtigter Anbieter, den Vergabeentscheid anzufechten, und spiegelbildlich auf das Risiko für Zuschlagsempfänger und Vergabebehörden, dass der Vergabeentscheid aufgehoben wird. Die Frage ist zudem in der bisherigen Rechtsprechung nicht beantwortet: Zwar steht fest, dass der nicht berücksichtigte Anbieter grundsätzlich zur Anfechtung legitimiert sein kann, doch bestehen in Lehre und Rechtsprechung Unklarheiten und Uneinigkeiten darüber, unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, namentlich ob vorausgesetzt ist, dass der Beschwerdeführer eine realistische Chance auf den Zuschlag hat, oder ob die Legitimation schon aus der blossen Teilnahme am Vergabeverfahren fliesst (vgl. hinten E. 3-5). Das Bundesgericht hat sich dazu im Lichte von Art. 115 lit. b BGG (rechtlich geschütztes Interesse) geäussert (Urteile 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2/1.3; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2), aber nicht zum hier interessierenden Art. 89 Abs. 1 BGG bzw. Art. 48 Abs. 1 VwVG ; in BGE 137 II 313 E. 3.3.1 hat es nur darauf hingewiesen, dass die Frage umstritten sei. An der Beantwortung dieser grundlegenden Frage besteht ein erhebliches praktisches Interesse. 1.2.2.4 Ob auch die zweite von der ARGE cpc aufgeworfene Frage von grundlegender Bedeutung ist, kann dahingestellt bleiben: Denn wenn auch nur eine solche Frage vorliegt, tritt das Bundesgericht auf die Beschwerde ein und prüft diese alsdann nach Massgabe der Art. 95 ff. und 105 ff. BGG umfassend, nicht nur in Bezug auf diejenigen Fragen, die von grundlegender Bedeutung sind (vgl. Urteil 2C_91/2013 vom 23. Juli 2013 E. 1.1.2 und 4, nicht publ. in: BGE 139 II 489 ; Urteil 2C_347/2012 / 2C_357/2012 vom 28. März 2013 BGE 141 II 14 S. 23 E. 1.4, nicht publ. in: BGE 139 III 209 ; BGE 137 III 580 E. 1.3 S. 584); dies namentlich auch deshalb, weil die Beantwortung der letzteren von der gesamten Sach- und Rechtslage beeinflusst werden kann. Zudem ist es vorliegend möglich, dass schon die erste Frage für sich allein, wenn sie im Sinne der ARGE cpc beantwortet wird, zur Gutheissung der Beschwerde führt; ergibt sich nämlich, dass die Rhomberg nicht legitimiert gewesen war zur Beschwerde, hätte das Bundesverwaltungsgericht auf die bei ihm erhobene Beschwerde nicht eintreten dürfen und der Vergabeentscheid vom 12. August 2013 wäre rechtskräftig geworden. 1.3 Nach dem soeben Ausgeführten hat die ARGE cpc ein aktuelles und praktisches Rechtsschutzinteresse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids. Daran ändert entgegen der Auffassung der Rhomberg nichts, dass die Vergabestelle ihrerseits das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht angefochten und inzwischen mit Verfügungen vom 14. April 2014 sowohl die ARGE cpc als auch die Rhomberg vom Verfahren ausgeschlossen und das Vergabeverfahren abgebrochen hat. Denn diese Verfügungen ergingen aufgrund des hier angefochtenen Urteils des Bundesverwaltungsgerichts, welches den Vergabeentscheid vom 12./15. August 2013 aufgehoben hat. Dieses Urteil ist aber infolge der dagegen beim Bundesgericht erhobenen Beschwerde nicht rechtskräftig. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht hat Devolutiveffekt ( BGE 138 II 169 E. 3.3 S. 171). Nach Einreichung der Beschwerde kann die Vergabestelle grundsätzlich über den Streitgegenstand nicht mehr verfügen; nach der (teilweisen) Abweisung des Gesuchs um aufschiebende Wirkung konnte sie zwar Massnahmen zur Umsetzung des angefochtenen Urteils treffen, aber nur unter Vorbehalt der späteren bundesgerichtlichen Entscheidung. Heisst das Bundesgericht entsprechend den Anträgen der ARGE cpc die Beschwerde gut, wird damit das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aufgehoben und der Vergabeentscheid bestätigt und rechtskräftig; dieser kann damit von der Vergabestelle nicht mehr aufgehoben werden; die Verfügungen vom 14. April 2014 würden hinfällig. Entgegen der Auffassung der Rhomberg hat deshalb die ARGE cpc einen praktischen Nutzen aus der Beschwerdeführung und ist zur Beschwerde legitimiert ( Art. 89 Abs. 1 BGG ). 1.4 Auf die im Übrigen form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde der ARGE cpc ist daher einzutreten. BGE 141 II 14 S. 24 1.5 Die Rhomberg beantragt, im Eintretensfall sei die Beschwerde abzuweisen und der Zuschlag sei ihr zu erteilen. Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen ( Art. 107 Abs. 1 BGG ). Heisst es eine Beschwerde gut, so entscheidet es in der Sache selber oder weist sie zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz oder eine untere Instanz zurück ( Art. 107 Abs. 2 BGG ). Sofern das Bundesgericht reformatorisch entscheidet, führt es aufgrund des Devolutiveffekts der Beschwerde das Verfahren weiter, wie es vor der Vorinstanz hängig gewesen ist. Es muss daher die vor der Vorinstanz erhobenen Rügen der Parteien berücksichtigen, soweit sie im Rahmen des Streitgegenstands für einen reformatorischen Entscheid massgeblich sein können, auch wenn sie von der Vorinstanz noch nicht beurteilt wurden. Dasselbe muss auch und insbesondere dann gelten, wenn - wie vorliegend - der angefochtene Entscheid für die eine Partei ein Endentscheid ist, für die andere aber ein Zwischenentscheid, den sie gar nicht selbständig hätte anfechten können (vgl. BGE 138 V 106 E. 2.2 S. 110 f.). In diesem Sinne ist der Antrag der Rhomberg auf Erteilung des Zuschlags zulässig. 1.6 Das Bundesgericht prüft die richtige Anwendung des Bundesrechts frei und von Amtes wegen ( Art. 95 lit. a und Art. 106 Abs. 1 BGG ). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat ( Art. 105 Abs. 1 BGG ). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen oder auf entsprechende Rüge hin berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn zudem die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann ( Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ). Eine Rechtsverletzung im Sinne dieser Bestimmungen liegt auch vor, wenn ein rechtserheblicher Sachverhalt gar nicht festgestellt wurde (BERNARD CORBOZ, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 35 zu Art. 97 BGG ; MARKUS SCHOTT, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 19 zu Art. 97 BGG ; MEYER/DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 59 zu Art. 105 BGG ; HANSJÖRG SEILER, Bundesgerichtsgesetz, 2007, N. 24 zu Art. 97 BGG ). Das gilt insbesondere dann, wenn die Vorinstanz bestimmte Aspekte nicht festgestellt hat, die aufgrund ihrer Rechtsauffassung nicht rechtserheblich waren, diese Aspekte aber aufgrund der Rechtsbeurteilung durch das Bundesgericht rechtserheblich werden; diesfalls kann - insbesondere aus BGE 141 II 14 S. 25 verfahrensökonomischen Gründen - das Bundesgericht, wenn es reformatorisch entscheidet (vorne E. 1.5), auch die dafür notwendigen Sachverhaltsfeststellungen treffen. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt ( Art. 99 Abs. 1 BGG ). 2. 2.1 Das Vergabeverfahren für Aufträge der AlpTransit Gotthard AG untersteht gemäss Art. 4 der Alpentransit-Verordnung vom 28. Februar 2001 (AtraV; SR 742.104.1) der Bundesgesetzgebung über das öffentliche Beschaffungswesen (vgl. Art. 2 Abs. 2 BöB sowie Art. 2a Abs. 1 lit. a und Abs. 2 lit. b der Verordnung vom 11. Dezember 1995 über das öffentliche Beschaffungswesen [VöB; SR 172.056.11]). 2.2 Die Auftraggeberin gibt die Eignungskriterien in der Ausschreibung oder in den Ausschreibungsunterlagen bekannt ( Art. 9 Abs. 2 BöB ; Art. 16 Abs. 1 sowie Anhang 4 Abs. 1 Ziff. 10 VöB). Zur Überprüfung der Eignung kann sie insbesondere die Einreichung von Referenzen verlangen (Art. 9 Abs. 1 i.V.m. Anhang 3 Ziff. 8 VöB). Sie kann Anbieter, welche die geforderten Eignungskriterien nicht erfüllen, vom Verfahren ausschliessen ( Art. 11 lit. a BöB ). Erfüllt kein Angebot die Kriterien und technischen Anforderungen, so kann die Auftraggeberin das Vergabeverfahren abbrechen und wiederholen ( Art. 30 Abs. 2 lit. a VöB ). 2.3 Das Verfahren der öffentlichen Beschaffung richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesverwaltungsrechtspflege, soweit das BöB nichts anderes bestimmt ( Art. 26 Abs. 1 BöB ). Für die Beschwerdelegitimation enthält das BöB keine Bestimmungen. Diese richtet sich somit nach dem VwVG ( BGE 137 II 313 E. 3.2 S. 320). Nach Art. 48 Abs. 1 VwVG ist zur Beschwerde berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch die angefochtene Verfügung besonders berührt ist (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). Abweichend von der allgemein geltenden Regel ( Art. 49 lit. c VwVG i.V.m. Art. 37 VGG [SR 173.32]), kann im Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens vor Bundesverwaltungsgericht die Unangemessenheit nicht gerügt werden ( Art. 31 BöB ). Zulässig ist nur die Rüge der Überschreitung oder des Missbrauchs des Ermessens ( Art. 49 lit. a VwVG ). Greift das Gericht in den technischen Ermessensbereich der Vergabebehörde ein, verletzt es das Recht (vgl. Urteil 2D_52/2011 BGE 141 II 14 S. 26 vom 10. Februar 2012 E. 3.2 [zu Art. 16 der Interkantonalen Vereinbarung vom 25. November 1994/15. März 2001 über das öffentliche Beschaffungswesen; IVöB; AS 2003 203]). 3. 3.1 Gemäss dem angefochtenen Entscheid hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz u.a. geltend gemacht, die von der ARGE cpc eingereichten Referenzen würden den in der Ausschreibung enthaltenen Anforderungen nicht entsprechen. Die ARGE cpc brachte dagegen vor, wenn man die Eignungskriterien so auslege, wie die Rhomberg dies verlange, dann würde diese selber bzw. die von ihr eingereichten Referenzobjekte die Eignungskriterien nicht erfüllen, weshalb ein Zuschlag an sie ausgeschlossen sei; deshalb sei die Rhomberg zur Beschwerde nicht legitimiert. Die Vorinstanz erwog, ob die Vergabestelle die Eignungskriterien richtig ausgelegt habe und die erbrachten Nachweise ausreichend seien, sei die materielle Hauptfrage des Verfahrens. Es sei nicht angängig, materielle Hauptfragen zu Vorfragen für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation zu machen; der nicht berücksichtigte Anbieter sei grundsätzlich zur Beschwerde gegen den Zuschlag legitimiert, unabhängig von seinen konkreten Chancen auf den Zuschlag; die Beschwerdelegitimation der Rhomberg ergebe sich aus ihrer Eigenschaft als nicht berücksichtigte Anbieterin, ohne dass (im Rahmen des Eintretens) zu prüfen wäre, ob sie ihrerseits die in den Ausschreibungen verlangten Eignungsanforderungen erfülle oder nicht. 3.2 Die ARGE cpc bringt vor, die Vorinstanz hätte bereits im Rahmen des Eintretens prüfen müssen, ob die Rhomberg ihrerseits die Eignungskriterien erfülle, da ein ungeeigneter Anbieter von vornherein den Zuschlag nicht erlangen könne und daher auch nicht zur Beschwerde legitimiert sei. 3.3 Streitig ist mithin, ob die nicht berücksichtigten Anbieter allein schon aufgrund ihrer Teilnahme am Verfahren zur Beschwerde legitimiert sind (so die Vorinstanz unter Verweis auf ihre eigene Rechtsprechung [Urteil B-504/2009 vom 3. März 2009 E. 1.4, vgl. auch vorne E. 3.1] sowie auf diejenige der früheren Rekurskommission für das öffentliche Beschaffungswesen [VPB 2000 Nr. 29 S. 401 ff. E. 1b; 2001 Nr. 78 S. 829 f. E. 1b/aa; 2002 Nr. 54 S. 643 ff. E. 2]) oder ob die Beschwerdelegitimation voraussetzt, dass der Beschwerde führende Anbieter seinerseits überhaupt geeignet wäre, den Zuschlag zu erhalten (so die ARGE cpc). BGE 141 II 14 S. 27 Wie dargelegt (E. 1.2.2.3) hat das Bundesgericht diese Frage im Rahmen von Art. 48 VwVG bisher nicht beantwortet. 4. 4.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hatte sich seit dem Inkrafttreten des BGG vor allem im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde mit der Legitimation zu befassen. Das Bundesgericht erwog, das rechtlich geschützte Interesse im Sinne von Art. 115 lit. b BGG sei dann gegeben, wenn der unterlegene Bewerber eine reelle Chance habe, im Falle der Gutheissung seines Rechtsmittels den Zuschlag zu erhalten (Urteile 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1; 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2; 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2). Dies wurde bejaht, wenn der nicht berücksichtigte Anbieter als Zweitplatzierter vernünftige Chancen auf einen Zuschlag gehabt hätte (Urteile 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.4.1; 2D_15/2011 vom 31. Oktober 2011 E. 1.3; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2), ebenso bei jemandem, der nur knapp hinter dem Zweitplatzierten lag, weil nicht ohne weiteres klar war, dass bei Gutheissung der Beschwerde diese Rangfolge Bestand haben würde (Urteil 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2). Nicht legitimiert war hingegen der Viertplatzierte, der den Ausschluss des Erstplatzierten verlangte, weil er auch im Falle der Gutheissung seines Begehrens als Drittplatzierter den Zuschlag nicht erhalten hätte (Urteil 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.3), ausser wenn der Unterschied zum Erstplatzierten relativ und absolut sehr klein war (Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2). Als zweifelhaft wurde die Legitimation des Drittplatzierten betrachtet (Urteil 2C_549/2011 vom 27. März 2012 E. 1). Legitimiert ist auch, wer seinen Ausschluss vom Verfahren anficht ( BGE 130 I 258 E. 1.2; Urteile 2C_634/2008 vom 11. März 2009 E. 2.1; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1). 4.2 Zur Anwendung von Art. 48 VwVG bzw. Art. 89 BGG hatte sich das Bundesgericht im Zusammenhang mit einer Beschwerde gegen eine freihändige Vergabe zu äussern; es erwog, zu einer solchen Beschwerde seien nur die potenziellen Anbieter des von der Vergabestelle definierten Beschaffungsgegenstandes legitimiert ( BGE 137 II 313 E. 3.3.2, 3.4, 3.6.2 S. 321 ff.). Analoges gilt, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, ein abgeschlossener Vertrag sei zu Unrecht gar nicht dem Beschaffungsrecht unterstellt worden; auch dazu ist BGE 141 II 14 S. 28 nur legitimiert, wer darlegt, dass er als potenzieller Anbieter entsprechende Leistungen hätte anbieten können (Urteil 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009, E. 1.4 nicht publ. in: BGE 135 II 49 ; Urteile 2C_134/2013 vom 6. Juni 2014 E. 2.8.3-2.8.5; 2C_534/2011 vom 23. Februar 2012 E. 1.3.3; FLORENCE AUBRY GIRARDIN, in: Commentaire de la LTF, 2. Aufl. 2014, N. 34a zu Art. 89 BGG ). In BGE 139 II 489 ging es um die Beschwerde einer zweitplatzierten Anbieterin, welche deshalb zur Beschwerde legitimiert war (nicht publ. E. 1.2). 4.3 Die Literatur bejaht teilweise ohne nähere Begründung oder mit blossem Hinweis auf die Praxis des Bundesverwaltungsgerichts oder einiger kantonaler Gerichte die Legitimation des übergangenen Anbieters ungeachtet seiner Chancen auf den Zuschlag (BEUSCH/MOSER/KNEUBÜHLER, Ausgewählte prozessrechtliche Fragen im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, ZBl 2008 S. 14; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, 3. Aufl. 2013, S. 653 Rz. 1927; ISABELLE HÄNER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren [VwVG], 2008, N. 16 zu Art. 48 VwVG ; MARANTELLI-SONANINI/HUBER, in: VwVG, Praxiskommentar [...], 2009, N. 28 zu Art. 48 VwVG ; MATTEO CASSINA, Principali aspetti del diritto delle commesse pubbliche nel Cantone Ticino, 2008, S. 63; MARCO FETZ, Öffentliches Beschaffungsrecht des Bundes, 2. Aufl. 2007, S. 569 Rz. 192). Bisweilen wird dieses Ergebnis mit dem Argument begründet, es wäre für die Rekursbehörde schwierig oder im Widerspruch zum Ermessensspielraum der Vergabestelle, im Eintretensstadium bereits die Chancen zu beurteilen (CARRON/FOURNIER, La protection juridique dans la passation des marchés publics, 2002, S. 62 f.; POLTIER/CLERC, in: Commentaire romand, Droit de la concurrence, 2. Aufl. 2013, N. 95 f. zu Art. 9 BGBM , welche aber immerhin verlangen, dass der Beschwerdeführer durch Aufhebung der Zuschlagsverfügung wieder in das Verfahren integriert wird und damit eine wenn auch geringe Chance erhält [N. 95 S. 2119 unten]). Die Mehrheit der Autoren ist jedoch der Auffassung, dass der nicht berücksichtigte Anbieter nur dann ein schutzwürdiges Interesse hat, wenn bei Gutheissung seiner Anträge entweder er selber den Zuschlag erhält oder die Ausschreibung wiederholt werden muss; der weit hinten Rangierte ist somit nicht legitimiert, solange er nicht die Rangierung aller Vorangehenden anficht (MARTIN BEYELER, Öffentliche Beschaffung, Vergaberecht und Schadenersatz, 2004, S. 314 ff., S. 455 Rz. 590; CHRISTOPH JÄGER, in: Bernisches Verwaltungsrecht, Müller/Feller [Hrsg.], 2. Aufl. 2013, BGE 141 II 14 S. 29 S. 863 f.; DOMINIK KUONEN, Das Einladungsverfahren im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2005, S. 225 f.; ALEXIS LEUTHOLD, Offertverhandlungen im öffentlichen Vergabeverfahren, 2009, S. 247 ff.; THOMAS LOCHER, Wirkungen des Zuschlags auf den Vertrag im Vergaberecht, 2013, S. 173; BEAT MESSERLI, Der Planungs- und Gesamtleistungswettbewerb im öffentlichen Beschaffungsrecht, 2. Aufl. 2007, S. 58 ff.; ROBERT WOLF, Die Beschwerde gegen Vergabeentscheide, ZBl 104/2003 S. 1 ff., 11 f.; HANS RUDOLF TRÜEB, in: Wettbewerbsrecht, Kommentar, Bd. II, 3. Aufl. 2011, N. 10 zu Art. 27 BöB ; JEAN-BAPTISTE ZUFFEREY, in: Droit des marchés publics, Zufferey/Maillard/Michel [Hrsg.], 2002, S. 134). Der ausgeschlossene Wettbewerber kann nicht nachträglich noch Beschwerde gegen den Zuschlag erheben (JACQUES DUBEY, Le concours en droit des marchés publics, 2005, S. 367 f. Rz. 1217). Auch EVELYNE CLERC (L'ouverture des marchés publics. Effectivité et protection juridique, 1997, S. 525 f.) begründet die Legitimation damit, dass der übergangene Bewerber durch die "perte d'une chance de remporter le marché" einen Nachteil erlange und ein praktisches Interesse an der Wiederherstellung seiner Chance habe, scheint also immerhin eine gewisse Zuschlagschance vorauszusetzen. 4.4 Nach dem klaren Wortlaut von Art. 48 Abs. 1 VwVG (in Übereinstimmung mit Art. 89 Abs. 1 BGG ) müssen die drei Voraussetzungen gemäss lit. a-c kumulativ erfüllt sein. Die formelle Beschwer (lit. a) ist zwar (in der Regel) notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung für die Legitimation. Zusätzlich ist neben dem Erfordernis des besonderen Berührtseins (lit. b) auch ein schutzwürdiges Interesse erforderlich (lit. c): Dieses besteht im praktischen Nutzen, der sich ergibt, wenn der Beschwerdeführer mit seinem Anliegen obsiegt und dadurch seine tatsächliche oder rechtliche Situation unmittelbar beeinflusst werden kann ( BGE 140 II 214 E. 2.1 S. 218; BGE 139 II 499 E. 2.2 S. 504, BGE 139 II 279 E. 2.2 S. 282; BGE 104 Ib 245 E. 5b S. 249; FRANÇOIS BELLANGER, La qualité pour recourir, in: Le contentieux administratif, Bellanger/Tanquerel [Hrsg.], 2013, S. 119 f.; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., S. 330 Rz. 944). Die Beschwerde dient nicht dazu, abstrakt die objektive Rechtmässigkeit des staatlichen Handelns zu überprüfen, sondern dem Beschwerdeführer einen praktischen Vorteil zu verschaffen. Das blosse Anliegen, dem Prozessgegner einen (behaupteterweise) rechtswidrigen Vorteil zu verwehren, kann nicht zur Legitimation ausreichen, wenn es nicht mit einem eigenen schutzwürdigen Vorteil für den Beschwerdeführer korreliert (vgl. zur Konkurrentenbeschwerde BGE 141 II 14 S. 30 BGE 139 II 328 E. 3.3 S. 333, E. 3.5 S. 334; zur Aufsichtsanzeige BGE 139 II 279 E. 2.2, 2.3 S. 282 f.; zur Drittbeschwerde gegen Bauvorhaben BGE 140 II 214 E. 2.1 S. 218; BGE 137 II 30 E. 2.2.3 S. 33; zum Dritten, der einen Vertrag über ein landwirtschaftliches Gewerbe oder Grundstück in Frage stellt, BGE 139 II 233 E. 5.2 S. 236 ff.; zur Anfechtung eines Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung BGE 139 V 72 E. 3.1.4 S. 79 f.). Das schutzwürdige Interesse muss nicht nur bei der Beschwerdeeinreichung, sondern auch noch im Zeitpunkt der Urteilsfällung aktuell und praktisch sein. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt ( BGE 139 I 206 E. 1.1 S. 208; BGE 136 II 101 E. 1.1 S. 103; BGE 135 I 79 E. 1.1 S. 81). Aber auch dann müssen die Voraussetzungen mit Ausnahme der Aktualität des schutzwürdigen Interesses gegeben sein; hat gar nie ein schutzwürdiges praktisches Interesse bestanden, so kann diese Ausnahme nicht greifen. 4.5 Für das Beschaffungsrecht gilt keine Sonderregelung (vorne E. 2.3). Auch die einschlägigen internationalen Abkommen (Art. XX des Übereinkommens vom 15. April 1994 über das öffentliche Beschaffungswesen [SR 0.632.231.422]; Art. 5 und Anhang V des Abkommens vom 21. Juni 1999 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Gemeinschaft über bestimmte Aspekte des öffentlichen Beschaffungswesens [SR 0.172.052.68]) sehen zwar eine wirksame Beschwerde der interessierten Lieferanten oder Dienstleistungserbringer vor, regeln aber nicht im Einzelnen, wer legitimiert ist zur Beschwerde und schliessen namentlich das Erfordernis einer reellen Chance als Voraussetzung nicht aus (Urteile 2P.176/2003 vom 6. Februar 2004 E. 3.3; 2P.261/2002 vom 8. August 2003 E. 4.4). Die Legitimation kann somit gemäss der allgemeinen Regel von Art. 48 VwVG nur bejaht werden, wenn dem Beschwerdeführer bei Gutheissung seiner Begehren ein effektiver praktischer Vorteil erwächst (CLERC, a.a.O., S. 525; BEYELER, a.a.O., S. 312 Rz. 400; STEFAN SUTER, Der Abbruch des Vergabeverfahrens, 2010, S. 197; BGE 125 II 86 E. 5b). Die formelle Beschwer bzw. der Umstand, dass jemand am Offertverfahren teilgenommen hat und nicht berücksichtigt worden ist, kann deshalb entgegen der Auffassung der Vorinstanz zur Legitimation nicht genügen. BGE 141 II 14 S. 31 4.6 Ein praktisches Rechtsschutzinteresse im Sinne von Art. 48 Abs. 1 lit. c VwVG kann nur in Bezug auf solche Anliegen anerkannt werden, die überhaupt mit der Beschwerde erreicht werden können ( BGE 137 II 313 E. 3.3.1 S. 320 f.) und die konkret als Rechtsbegehren gestellt werden (hinten E. 4.7). Das praktische Interesse des nicht berücksichtigten Anbieters ist in der Regel primär darauf gerichtet, anstelle des Zuschlagsempfängers selber den Zuschlag zu erhalten (vgl. BGE 131 I 153 E. 5.6-5.8 S. 561 ff.; LOCHER, a.a.O., S. 123). Sekundär besteht ein Feststellungsanspruch, wenn sich das Rechtsmittel als begründet erweist, aber mit dem Anbieter bereits ein Vertrag abgeschlossen worden ist ( Art. 9 Abs. 3 BGBM [SR 943.02]; BGE 132 I 86 E. 3.2 S. 88 ff.; BGE 130 I 258 E. 1.2 S. 260 f.). Der Feststellungsentscheid eröffnet dem nicht berücksichtigten Anbieter gegebenenfalls einen Schadenersatzanspruch ( Art. 34 BöB ; BGE 131 I 153 E. 1.2 S. 157 und E. 6 S. 163 ff; BGE 125 II 86 E. 5b S. 97 f.). Dieses Feststellungsinteresse verhindert, dass ein Rechtsmittelverfahren wegen Abschlusses des Vertrags als gegenstandslos abgeschrieben wird ( BGE 132 I 86 E. 3.2 S. 88 ff.), setzt aber voraus, dass sich ein Rechtsmittel als begründet erweist, was seinerseits bedingt, dass der Beschwerdeführer nach den einschlägigen Verfahrensbestimmungen dazu legitimiert war ( BGE 131 I 153 E. 6.3 S. 164; Urteil 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2). Der Schadenersatzanspruch setzt voraus, dass der Beschwerdeführer ohne den Vertragsabschluss eine reelle Chance auf den Zuschlag gehabt hätte; denn andernfalls kann die Rechtswidrigkeit des Entscheids nicht kausal für den Schaden gewesen sein (Urteile 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 1.3.2; 2D_74/2010 vom 31. Mai 2011 E. 1.2; 2D_34/2010 vom 23. Februar 2011 E. 1.1; 2D_50/2009 vom 25. Februar 2010 E. 1.2; 2D_22/2008 vom 23. Mai 2008 E. 1.1; 2C_107/2007 vom 22. Januar 2008 E. 1.2; BEYELER, a.a.O., S. 315 Rz. 401, S. 453 ff.). Da für den Primär- und den Sekundärrechtsschutz grundsätzlich die gleichen Legitimationsvoraussetzungen gelten (Urteil 2P.97/2005 vom 28. Juni 2006 E. 1.3), muss die Voraussetzung der reellen Chance auch für den Primärrechtsschutz gelten. 4.7 Die vorne (E. 3.3) zitierte entgegenstehende Praxis des Bundesverwaltungsgerichts steht im Zusammenhang damit, dass dieses die Wirkung einer Gutheissung der Beschwerde auf den Zuschlagsempfänger und den anfechtenden Anbieter beschränkt; diejenigen Anbieter, die den Entscheid nicht angefochten haben, hätten sich damit abgefunden und kämen nicht mehr als Zuschlagsempfänger in BGE 141 II 14 S. 32 Frage; auch der ursprünglich weit hinten Rangierte hat damit bei Gutheissung seiner Beschwerde eine Chance auf den Zuschlag (VPB 1998 Nr. 80 S. 804 f. E. 3c; vgl. POLTIER/CLERC, a.a.O., N. 96 zu Art. 9 BGBM ; WOLF, a.a.O., S. 12), zumindest sofern die vor ihm Rangierten keine Beschwerde erhoben haben. Diese Betrachtungsweise kann jedoch nicht überzeugen: Mit der Zuschlagsverfügung wird in erster Linie entschieden, dass der ausgewählte Anbieter den Zuschlag erhält; damit ist zwar zugleich auch gesagt, dass die anderen Anbieter den Zuschlag nicht erhalten, doch ist das bloss eine Reflexwirkung. Wird bei Gutheissung einer Beschwerde der Zuschlag aufgehoben, so kann die Wirkung eines solchen Entscheids nicht auf die Anfechtenden beschränkt werden, sowenig wie z.B. die Wirkung eines Urteils, welches eine privatrechtsgestaltende Verfügung aufhebt, auf diejenigen Personen beschränkt werden kann, welche Beschwerde erhoben haben: Der Entscheid muss mit ungeteilter Rechtswirkung entweder aufgehoben werden oder nicht. Davon geht auch die bundesgerichtliche Praxis aus, welche die Legitimation des in einem hinteren Rang Platzierten verneint (vorne E. 4.1) und damit voraussetzt, dass dieser den Zuschlag ohnehin nicht erhalten könnte, weil bei Aufhebung des angefochtenen Entscheids die vor ihm Rangierten zum Zuge kämen. Nebst dogmatischen Gründen sprechen dafür auch praktische Überlegungen: Dürfte bei einer Aufhebung des Zuschlags für das weitere Verfahren nur der anfechtende Anbieter berücksichtigt werden, so hätte das unter Umständen zur Folge, dass ein als sehr schlecht qualifiziertes Angebot den Zuschlag erhalten müsste, was den Zielen des Beschaffungsrechts zuwiderläuft (JÄGER, a.a.O., S. 868 f.; KUONEN, a.a.O., S. 236 f.; WOLF, a.a.O., S. 27 f.; MESSERLI, a.a.O., S. 57 f.; LEUTHOLD, a.a.O., S. 256). Im Einzelnen ist zu differenzieren nach den vom Beschwerdeführer gestellten Anträgen und vorgebrachten Rügen: Der Viertplatzierte, der mit seiner Beschwerde den Zuschlag an sich oder die Aufhebung des Verfahrens beantragt, aber einzig die Eignung oder Klassierung des Erstplatzierten kritisiert, ist nicht legitimiert; denn auch wenn seine Kritik begründet wäre, könnten seine Anträge nicht gutgeheissen werden, weil der Zuschlag an den Zweitklassierten ginge (vorne E. 4.1). Legitimiert ist er hingegen, wenn er die Eignung oder Klassierung aller drei vor ihm Rangierten beanstandet. Allerdings kann es nicht in Frage kommen, den Zuschlag einem Angebot zu erteilen, welches die Eignungsvoraussetzungen nicht erfüllt ( BGE 139 II 489 E. 2.2.4 S. 494 f.). Wer ein solches Angebot unterbreitet hat, kann BGE 141 II 14 S. 33 deshalb von vornherein kein schutzwürdiges Interesse an einer Aufhebung des Zuschlags haben, zumindest solange er nicht die Aufhebung des ganzen Verfahrens und die Neuausschreibung des Auftrags beantragt, was ihm allenfalls die Möglichkeit eines neuen Angebots eröffnen würde. 4.8 Aus all diesen Gründen ist der Auffassung der Vorzug zu geben, wonach es demjenigen nicht berücksichtigten Anbieter an einem schutzwürdigen Beschwerdeinteresse fehlt, der auch bei Obsiegen seiner Anträge selber den Zuschlag nicht erhalten könnte. Das blosse Anliegen, den (behaupteterweise) rechtswidrigen Zuschlag aufzuheben, kann keine Legitimation begründen für denjenigen, der zwar als Anbieter am Verfahren teilgenommen hat, aber aufgrund seiner Rechtsmittelanträge und Sachvorbringen auch bei Durchdringen seiner Auffassung keinen praktischen Vorteil erzielen könnte. 4.9 Damit erweist sich die Argumentation der Vorinstanz, wonach die materiellen Hauptfragen nicht zu Vorfragen für die Beurteilung der Beschwerdelegitimation gemacht werden könnten, als nicht richtig (und ergibt sich auch nicht aus der von der Vorinstanz zitierten Stelle von GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl. 1983, S. 152). Die Vorinstanz durfte daher die Beschwerdelegitimation der Rhomberg nicht schon mit dem Argument bejahen, diese habe am Verfahren teilgenommen, sondern sie hätte - aufgrund der gestellten Anträge und Parteivorbringen (dazu sogleich) - vor der Bejahung der Legitimation zunächst prüfen müssen, ob die Rhomberg überhaupt eine reelle Chance hat, den Zuschlag zu erhalten. 5. 5.1 In der Rechtsprechung gibt es viele Konstellationen, in denen ein und dieselbe Frage als so genannter doppelrelevanter Sachverhalt sowohl Gegenstand der materiellen Beurteilung als auch zugleich vorfrageweise von Bedeutung für das Vorliegen der Prozessvoraussetzungen ist (Urteil 2C_11/2010 vom 25. November 2011 E. 1.1, nicht publ. in: BGE 138 II 134 ; aus dem Bereich des öffentlichen Beschaffungsrechts siehe z.B. Urteile 2C_134/2013 vom 6. Juni 2014 E. 2.3; 2C_484/2008 vom 9. Januar 2009 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 135 II 49 ), namentlich auch für die Frage der Beschwerdelegitimation ( BGE 137 II 313 E. 3.3.3 S. 322; BGE 135 V 373 E. 3.2 S. 377; KÖLZ/HÄNER/BERTSCHI, a.a.O., S. 14 f., 329 f. Rz. 943, S. 528 Rz. 1537, S. 653 f. Rz. 1929). Im genannten Urteil 2C_134/2013 (E. 2.3) hat das Bundesgericht ausgeführt: BGE 141 II 14 S. 34 "L'examen de la recevabilité du recours suppose donc de résoudre une question qui se recoupe avec le fond du litige. Dans un tel cas, il suffit, au stade de la recevabilité, que le recourant rende vraisemblable que, sur la question litigieuse, les conditions fondant la compétence du tribunal sont remplies, le point de savoir si tel est effectivement le cas étant ensuite tranché, pour autant que les autres conditions de recevabilité propres à la matière soient réunies, avec l'examen de la cause au fond (application par analogie de la théorie de la double pertinence)." Wie in E. 4 aufgezeigt, ist im Bereich des öffentlichen Beschaffungsrechts als unterlegener Anbieter zur Beschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht nur legitimiert, wer eine reelle Chance besitzt, den Zuschlag selber zu erhalten. Diese reelle Chance hat er - was auf der Hand liegt - nur dann, wenn er die vorgegebenen Eignungskriterien erfüllt. Nach der soeben herangezogenen Theorie der doppelrelevanten Tatsachen muss also derjenige, der den Zuschlag an sich beantragt, dem angerufenen Gericht als Legitimationsvoraussetzung glaubhaft machen, dass er selber die Eignungskriterien erfüllen würde. 5.2 Die Rhomberg hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragt, der Zuschlag an die ARGE cpc sei aufzuheben, diese sei aus dem Verfahren auszuschliessen und der Zuschlag sei ihr, der Rhomberg, zu erteilen; eventualiter sei die Sache zu neuem Entscheid an die Vergabestelle zurückzuweisen. Sie hat also nicht etwa die Aufhebung des ganzen Verfahrens und die Neuausschreibung beantragt. Dass und inwiefern sie selber die Eignungskriterien erfüllen würde, hat die Rhomberg vor dem Bundesverwaltungsgericht nie dargelegt, auch nicht nachdem die Vergabestelle und die Zuschlagsempfängerin dies ausdrücklich bestritten haben. Immerhin kann ihren Vorbringen entnommen werden, dass sie implizit davon ausgeht, die Eignungskriterien zu erfüllen, würde sie doch sonst kaum den Zuschlag an sich selber verlangen. Auch mit ihrer Beschwerde gegen die inzwischen ergangene Abbruchverfügung (vorne Sachverhalt lit. E.a) belegt sie, dass sie gerade nicht den Abbruch des Verfahrens anstrebt, sondern - eben gerade weil sie sich für geeignet hält - den Zuschlag an sich. Sie war somit nach dem hier Ausgeführten zur Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht legitimiert, wenn glaubhaft dargelegt ist, dass sie ihrerseits die Eignungskriterien erfüllt, was von der Auslegung der in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen Anforderungen abhängt (hinten E. 6 und 7). BGE 141 II 14 S. 35 Letztlich kann hier offenbleiben, ob die Rhomberg zur Beschwerde legitimiert war: War sie es nicht, so hätte das Bundesverwaltungsgericht auf ihre Beschwerde nicht eintreten dürfen und der angefochtene Entscheid wäre schon aus diesem Grunde aufzuheben. War sie legitimiert, so ist das Bundesverwaltungsgericht mit Recht auf die Beschwerde eingetreten. Es hat diese aber - wie im Folgenden darzulegen ist (hinten E. 8-10) - in der Sache zu Unrecht gutgeheissen. 6. 6.1 In der Ausschreibung wurde bei den Leistungspaketen 40-46, 50-53, 61 und 70 jeweils verlangt: "Es sind 2 [bis max. 3] Referenzen der letzten ... Jahre für Planung und Ausführung ... anzugeben". Die Vergabestelle ging bei ihrem Zuschlagsentscheid davon aus, dass sowohl die ARGE cpc als auch die Rhomberg diese Anforderungen erfüllen. Sie legte dabei die Ausschreibung so aus, dass es genügt, wenn je mindestens eine Referenz für Planung und Ausführung vorliegt. 6.2 Die Vorinstanz erwog demgegenüber, nach objektiver Auslegung der Ausschreibungsunterlagen seien mindestens 2 TU-Referenzen verlangt, d.h. Referenzen für Projekte, bei denen die in Frage stehende Firma sowohl für die Planung als auch für die Ausführung zuständig war (angefochtenes Urteil E. 6.4). Zulässig seien anstelle einer TU-Referenz auch zwei Teilreferenzen für Planung einerseits und Ausführung andererseits (E. 7.5). Unter Planung sei nicht die Ausführungsplanung des Unternehmers (Art. 101 Abs. 1 SIA-Norm 118) zu verstehen, sondern vielmehr eine Art von Planung, die üblicherweise nicht dem Unternehmer, sondern dem Bauherrn bzw. einem von ihm beauftragten Planer oder Totalunternehmer obliegt; die Referenzobjekte für Planung müssten deshalb wesentlich umfangreichere Planungsarbeiten erfassen als die Ausführungsplanung, die jeder ausführende Unternehmer üblicherweise ohnehin zu liefern habe (E. 7.1.2.2). In Anwendung dieser Kriterien schloss die Vorinstanz, die ARGE cpc erfülle die Eignungsanforderungen nicht und sei daher auszuschliessen. Die Beschwerdeführerin rügt diese Schlussfolgerung als bundesrechtswidrig. 7. 7.1 Die im Rahmen der Ausschreibung formulierten Eignungskriterien sind so auszulegen und anzuwenden, wie sie von den Anbietern in guten Treuen verstanden werden konnten und mussten. Auf BGE 141 II 14 S. 36 den subjektiven Willen der Vergabestelle bzw. der dort tätigen Personen kommt es nicht an (Urteil 2C_1101/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2.4.1; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 242 f.). Doch verfügt die Vergabestelle bei der Formulierung und Anwendung der Eignungskriterien über einen grossen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum, den die Beschwerdeinstanzen - im Rahmen der Sachverhalts- und Rechtskontrolle - nicht unter dem Titel der Auslegung überspielen dürfen (vgl. Art. 16 IVöB ; Urteil 2D_52/2011 vom 10. Februar 2012 E. 3.2 mit Hinweis; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 238 Rz. 557, S. 241 f. Rz. 564 f., mit Hinweis auf die Praxis des Bundesverwaltungsgerichts). Von mehreren möglichen Auslegungen hat die gerichtliche Beschwerdeinstanz nicht die ihr zweckmässig scheinende auszuwählen, sondern die Grenzen des rechtlich Zulässigen abzustecken (Urteil 2C_1101/2012 vom 24. Januar 2013 E. 2.4.1). Bei technisch geprägten Begriffen ist zudem dem Verständnis Rechnung zu tragen, wie es in der Fachwelt verbreitet ist oder im Zusammenhang mit dem konkreten Projekt von den Beteiligten verstanden worden ist. 7.2 Der Wortlaut "2 [bis max. 3] Referenzen ... für Planung und Ausführung" in den hier streitigen Anforderungen für die einzelnen Leistungspakete ist entgegen der Vorinstanz nicht klar in dem Sinne, dass je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen gemeint wären. Denn es wurden gerade nicht "je" 2-3 Referenzen für Planung und Ausführung verlangt, dies in auffälligem Gegensatz zu den allgemeinen Anforderungen in Ziff. 3.8 der Ausschreibung, wo verlangt worden war: "je 2 (bis max. 3) Referenzen des Anbieters der letzten ... Jahre über Projekte in Tunnels oder vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen für ...", wobei sich das "je" auf die Leistungspakete bezieht. Dieser Unterschied im Wortlaut lässt eher darauf schliessen, dass insgesamt pro Leistungspaket 2 (bis 3) Referenzen verlangt wurden, worunter sich Referenzen für Planung und Ausführung befinden müssen, aber nicht zwingend je deren zwei. 7.3 Hinzu kommt, dass die Abgrenzung zwischen Planung und Ausführung nicht immer eindeutig ist. Wie die Vorinstanz zutreffend dargelegt hat, bedingt jede Ausführung auch eine Ausführungsplanung (vorne E. 6.2). Ginge man mit der Vorinstanz davon aus, dass unter "Planung" eine über die Ausführungsplanung hinausgehende Planung im Sinne einer TU-Planung gemeint ist, wären bei einigen Leistungspakten die Anforderungen kaum erfüllbar: So bezieht sich BGE 141 II 14 S. 37 die Leistungsumschreibung für das LP 42 (Installation Kraft und Licht) wohl nur auf die Ausführung. Auch für das LP 43 (Beschilderung) ist eine Planung im Umfang einer üblichen TU- oder Bauherrenplanung kaum denkbar. Die verlangte Planung nähert sich wohl eher einer Ausführungsplanung an, die naturgemäss üblicherweise dem gleichen Unternehmer obliegt wie die Ausführung. 7.4 Für eine Auslegung im Sinne der Vergabebehörde spricht schliesslich auch das effektive Verhalten aller Verfahrensbeteiligten: Die Vergabestelle hat die Referenzen als genügend anerkannt, obwohl nicht nur die ARGE cpc, sondern auch die Rhomberg selber teilweise nicht je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen eingereicht hatte (hinten E. 8). Auch die Rhomberg hat somit offensichtlich ursprünglich die Anforderungen nicht so verstanden, wie sie es später im Gerichtsverfahren vertreten hat. Zudem hat sie noch in ihrer Beschwerde an die Vorinstanz nicht etwa gerügt, die ARGE cpc habe nicht je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen eingereicht, sondern bloss geltend gemacht, die für die LP 40 (Durchmesserlinie [DML] Zürich, Torino-Milano, San Bernardino), 44 (DML Zürich, Leittechnik Tunnelentwässerung, weitere Referenz ausserhalb Bahntechnik) und 45 (DML Zürich und Gotthard Basistunnel) eingereichten Referenzen genügten nicht für den Eignungsnachweis, da für die Referenz DML wesentliche Teile der Ausführungsarbeiten erst 2013 begonnen worden seien. Die Installationen Torino-Milano hätte ferner ein Konsortium erstellt, an welchem die Unternehmen der ARGE cpc nicht beteiligt gewesen seien und bei der Referenz San Bernardino sei der Referenzgeber nicht nachgewiesen. Beim LP 45 fehle infolge des Ausscheidens der DML die zwingend erforderliche zweite Referenz. Zudem seien die referenzierten Arbeiten nicht vergleichbar komplex wie die ausgeschriebenen Arbeiten. In der Stellungnahme vom 26. September 2013 führte sie aus, der Wortlaut der Ausschreibungstexte lasse die Interpretation der Vergabestelle nicht zu, wonach nicht Planung und Ausführung, sondern lediglich Planung oder Ausführung verlangt werde, ohne aber ausdrücklich zu verlangen, dass je zwei Planungs- und Ausführungsreferenzen vorgelegt würden. 7.5 Insgesamt scheint die von der Vergabestelle vertretene Auslegung eher zutreffend als diejenige der Vorinstanz. Zumindest ist sie gleichermassen vertretbar, so dass ihr unter Berücksichtigung des der Vergabestelle zustehenden Ermessens- oder Beurteilungsspielraums (vorne E. 7.1) der Vorzug zu geben ist. BGE 141 II 14 S. 38 8. 8.1 Geht man von der Auslegung der Vergabestelle aus, wonach es genügt, wenn (pro Leistungspaket) insgesamt zwei Referenzen für Planung und Ausführung vorliegen, hat die Rhomberg zwar diese Voraussetzungen erfüllt. Hingegen ist alsdann zu prüfen, ob auch die ARGE cpc die so ausgelegten Voraussetzungen erfüllt; denn bejahendenfalls besteht kein Grund, sie - als Erstplatzierte - aus dem Verfahren auszuschliessen. Die Vorinstanz hat die Referenzen nur bezüglich der Leistungspakete 40 und 45 geprüft; für die Aufhebung des Zuschlags reichte es aus, dass - bei ihrer Auslegung der Anforderungen - bei diesen beiden Leistungspaketen die Anforderungen nicht erfüllt waren. Ob bei diesen und den weiteren Leistungspaketen die im Sinne der Vergabestelle ausgelegten Anforderungen erfüllt sind, wurde noch nicht geprüft, ebenso wenig die übrigen von der Rhomberg vor der Vorinstanz vorgebrachten Rügen. 8.2 Es rechtfertigt sich aus prozessökonomischen Gründen, dass das Bundesgericht diese Prüfung selber vornimmt, anstatt die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, zumal die Kognition des Bundesgerichts insofern nicht enger ist als diejenige des Bundesverwaltungsgerichts, als auch dieses die Angemessenheit nicht überprüfen kann (vorne E. 2.3). Das rechtliche Gehör der Parteien ist gewahrt: Es war ihnen bewusst, dass das Bundesgericht allenfalls reformatorisch entscheiden würde, haben sie doch zumindest im Eventualbegehren einen reformatorischen Antrag gestellt, und sie hatten vor Bundesgericht in einem zweimaligen Schriftenwechsel Gelegenheit, sich zu allen Aspekten zu äussern. Das Bundesgericht hat die vor der Vorinstanz vorgebrachten Rügen der Rhomberg zu beurteilen (vorne E. 1.5). Es kann die dafür noch fehlenden Sachverhaltsfeststellungen anhand der Akten selber treffen ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Soweit die Vorinstanz entsprechende Feststellungen getroffen hat, ist die Kognition des Bundesgerichts nach Massgabe der Art. 97 Abs. 1 und 105 Abs. 1 BGG beschränkt (vorne E. 1.6). 8.3 Bei der Beurteilung von Offerten besteht ein grosser Ermessensspielraum der Vergabebehörde (vgl. auch vorne E. 7.1), den das selber technisch nicht fachkompetente Gericht zu respektieren hat, soweit nicht frei zu prüfende Rechtsfragen zur Diskussion stehen (vgl. generell zum "technischen Ermessen" BGE 139 II 185 E. 9 S. 196 ff. mit Hinweisen). Das gilt insbesondere auch in Bezug auf die Bewertung von Referenzen (GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 241 f.; vgl. Urteil 2D_49/2011 vom 25. September 2012 E. 9). Hat eine BGE 141 II 14 S. 39 fachkundige Vergabebehörde eine Bewertung oder Beurteilung vorgenommen, so genügt es zu deren Infragestellung nicht, sie mit unbelegten Verdächtigungen zu kritisieren, sondern es ist substantiiert darzulegen, inwiefern das - technische - Ermessen überschritten ist. 8.4 8.4.1 Bei einigen Leistungspaketen hatte die ARGE cpc Referenzen für Arbeiten angegeben, welche erst in Ausführung waren, namentlich die Durchmesserlinie Zürich, was die Vergabebehörde akzeptierte. Vor der Vorinstanz hatte die Rhomberg kritisiert, ein nicht abgeschlossenes Projekt könne nicht als Referenz dienen. Die Vergabestelle wies darauf hin, dass die Rhomberg selber verschiedentlich Referenzen für nicht abgeschlossene Projekte eingereicht hatte, namentlich für verschiedene Leistungspakete ebenfalls die Durchmesserlinie Zürich. 8.4.2 Die Vorinstanz führte aus (E. 7.1.1), die Eignung eines nicht abgeschlossenen Projekts als Referenz könne wohl nicht generell ausgeschlossen werden; bei Bauausschreibungen sei es nicht unüblich, nicht vollständig fertiggestellte Projekte als Referenz zuzulassen. Doch komme bei nicht abgeschlossenen Projekten den Auskünften des Bauherrn eine weit grössere Bedeutung zu; ohne entsprechende Erkundigungen sei es der Vergabestelle nicht möglich zu beurteilen, ob die Leistung erfolgreich erbracht worden sei. In Bezug auf die Durchmesserlinie habe die Vergabebehörde keine Referenzauskunft eingeholt; es sei deshalb rechtsfehlerhaft, diese Referenzen als gültig anzuerkennen. Nur mit einer entsprechenden Referenz des Bauherrn könnte die Referenz als gültig angesehen werden (E. 7.1.3 und 8.1.2). 8.4.3 Vorliegend war in den Ausschreibungsunterlagen nicht verlangt worden, dass die Referenzprojekte abgeschlossen sind. Der Vorinstanz ist deshalb zuzustimmen, dass auch nicht abgeschlossene Referenzprojekte als gültig anerkannt werden können. Referenzen dienen dazu, die Eignung eines Anbieters zu prüfen. In der Bewertung der Referenzen steht der Vergabebehörde ein grosses Ermessen zu (vorne E. 8.3). Im Rahmen dieses Ermessens kann die Tauglichkeit eines Referenzprojekts auch bejaht werden, wenn die referenzierten Arbeiten nicht abgeschlossen sind. Allein schon die Tatsache, dass ein Anbieter für ein anderes Projekt den Zuschlag erhalten hat, kann unter Umständen seine Eignung darlegen. Jedenfalls kann ein Referenzprojekt nicht allein schon deshalb als BGE 141 II 14 S. 40 ungültig betrachtet werden, weil die referenzierte Arbeit nicht abgeschlossen ist. Es müssten andere Gründe vorgebracht werden, die an der Nachweistauglichkeit Zweifel erwecken. 8.4.4 Mit der Anforderung, ein nicht abgeschlossenes Projekt könne nur dann als gültig betrachtet werden, wenn Referenzauskünfte eingeholt worden seien, greift die Vorinstanz in unzulässiger Weise in den Ermessensspielraum der Vergabestelle ein: Die Vergabestelle kann grundsätzlich auf die eingereichten Unterlagen abstellen ( BGE 139 II 489 E. 3.2 S. 495 f.). Sie ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Angaben nachzuprüfen. Ob sie dies tut, liegt in ihrem Ermessen, welches nicht überschritten ist, solange nicht konkrete Hinweise bestehen, dass die eingereichten Unterlagen nicht wahr sind (vgl. Urteil 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.3.3). Das gilt gleichermassen für Referenzen: Qualifiziert die Vergabestelle die Referenzen als glaubhaft und hinreichend, ist sie nicht verpflichtet, sich durch Nachfrage beim Bauherrn zu erkundigen, ob die Arbeiten zufriedenstellend ausgeführt worden sind. Es ist unerfindlich, weshalb es sich bei nicht abgeschlossenen Referenzprojekten generell anders verhalten soll: Auch bei abgeschlossenen Projekten kann die Vergabestelle nicht aus der Referenzangabe allein beurteilen, ob die Arbeit erfolgreich ausgeführt wurde. Wäre das allein ein Grund, um eine Pflicht zur Nachfrage zu statuieren, müssten alle Referenzangaben durch Nachfragen bei Referenzpersonen überprüft werden, um als tauglich anerkannt zu werden; dies wäre offensichtlich überspitzt formalistisch und unverhältnismässig. Es liegt vielmehr bei abgeschlossenen wie bei noch nicht abgeschlossenen Referenzprojekten im pflichtgemässen Ermessen, sich durch Nachfragen von der Eignung zu vergewissern, wenn daran begründete Zweifel bestehen. 9. Im Folgenden sind die Referenzen der ARGE cpc für die einzelnen Leistungspakete im Lichte der dargelegten Kriterien zu prüfen, soweit sie von der Rhomberg im vorinstanzlichen Verfahren beanstandet worden sind. 9.1 LP 10 (Übergeordnete Gesamtkoordination) 9.1.1 Hier waren 2-3 Referenzprojekte für die Koordination von Grossprojekten anzugeben. Die ARGE cpc hatte drei Referenzen eingereicht, nämlich die Referenz "Hochgeschwindigkeitseisenbahn Torino-Milano, Teilabschnitt Novara-Milano", "TU und Ausbau Breitbandnetz Swisscom" sowie "NBS Erfurt/Halle, BGE 141 II 14 S. 41 Finnetunnel". Die Vergabestelle anerkannte die ersten beiden als Referenz. Streitig sind mithin nur diese beiden. 9.1.2 Bezüglich der Referenz Torino-Milano bringt die Rhomberg wie bereits vor der Vorinstanz vor, kein Mitglied der ARGE cpc könne sich diese Referenz anrechnen lassen. Die Vorinstanz hat diese Frage im Zusammenhang mit dem LP 40 geprüft. Beim LP 10 geht es um die gleiche Thematik, so dass auf die Ausführungen zum LP 40 verwiesen werden kann (hinten E. 9.3.4). Daraus ergibt sich, dass die Referenz der ARGE cpc zugerechnet werden kann. 9.1.3 Bezüglich der Referenz "Breitbandnetz Swisscom" hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz ohne weitere Begründung ausgeführt, es handle sich dabei nicht um ein Projekt, sondern um einen geringfügigen Ausbau eines bereits laufenden Betriebs. Die Vergabestelle und die ARGE cpc hatten vor der Vorinstanz ausführlich und belegt dokumentiert, dass es sich dabei um einen TU-Auftrag mit einem Gesamtumfang von 105 Mio. Franken gehandelt habe, so dass die Referenz unter dem Aspekt "Gesamtkoordination" mit den Anforderungen am Monte Ceneri vergleichbar sei. In ihrer Vernehmlassung vor Bundesgericht beschränkt sich die Rhomberg darauf, wie vor der Vorinstanz in zwei Zeilen zu wiederholen, es handle sich nicht um ein Projekt, sondern um einen geringfügigen Ausbau eines bestehenden Betriebs. Mit dieser unsubstantiierten Kritik ist nicht dargetan, inwiefern die Vergabestelle mit der Anerkennung dieser Referenz ihr Ermessen überschritten haben soll. 9.1.4 Damit sind für das LP 10 genügend Referenzen nachgewiesen. 9.2 LP 21 (Logistik Bahntechnik) Die ARGE cpc hatte drei Referenzprojekte eingegeben, welche von der Vergabestelle akzeptiert wurden. Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz einzig geltend, alle drei Projekte seien nicht abgeschlossen. Dies allein reicht aber nach dem vorne in E. 8.4 Ausgeführten nicht, um eine Referenz als ungültig zu erklären, solange nicht ernsthafte Zweifel an ihrer Tauglichkeit bestehen; solche Zweifel hat die Rhomberg weder vor der Vorinstanz noch vor Bundesgericht geltend gemacht. Es bestehen daher für das LP 21 genügend Referenzen. 9.3 LP 40 (Stromversorgung 50 Hz) 9.3.1 Verlangt waren 2-3 Referenzen "für Planung und Ausführung". Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie BGE 141 II 14 S. 42 Zürich", "San Bernardino Tunnel" sowie "Hochgeschwindigkeitseisenbahn Torino-Milano, Teilabschnitt Novara-Milano" angegeben, welche die Vergabestelle anerkannte. 9.3.2 Die Vorinstanz, welche dieses Leistungspaket überprüfte (vorne E. 8.1), kam zum Ergebnis, bei der Referenz Durchmesserlinie Zürich sei die ARGE cpc weder als Projektleiterin noch als Planerin erwähnt. Die Referenz sei daher nicht als Planungsreferenz gültig (angefochtenes Urteil E. 7.1.2); die Ausführung sei noch nicht abgeschlossen, so dass das Projekt als Ausführungsreferenz nur allenfalls anerkannt werden könnte, wenn eine Referenz der Bauherrin vorliege (E. 7.1.1 und 7.1.3). Beim San Bernardino Tunnel sei die referenzierte Arbeit durch eine Subunternehmerin der ARGE cpc erbracht worden, was gemäss Ausschreibung zulässig sei; die Referenz sei gültig für Planung und Ausführung (E. 7.2). Die Referenz Torino-Milano sei nicht gültig (E. 7.3). Es lägen somit nur eine TU-Referenz (Planung und Ausführung) und (allenfalls) eine Teilreferenz für Ausführung vor, was nicht genüge (E. 7.4 und 7.6). 9.3.3 Dass die Durchmesserlinie Zürich nicht abgeschlossen war, genügt für sich allein nicht, um die Referenz als ungeeignet zu erklären (vorne E. 8.4). Andere Bedenken gegen diese Referenz werden nicht vorgebracht. Die Referenz ist somit mindestens als Ausführungsreferenz gültig. Dass die vorinstanzliche Beurteilung der Referenz San Bernardino Tunnel willkürlich wäre, wird von der Rhomberg nicht dargetan. Mit einer TU- und einer Ausführungsreferenz sind damit die Ausschreibungsanforderungen - bei richtiger Auslegung (vorne E. 7) - erfüllt. 9.3.4 Zudem kann entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch die Referenz "Torino-Milano" der ARGE cpc angerechnet werden: 9.3.4.1 Nach dem Formular EA.1 handelte es sich bei diesem Referenzprojekt um die Ausführung als TU (Konzession, Projektierung, Ausführung) von 34 km Hochgeschwindigkeitsbahnlinie. Die Vergabestelle hatte vor dem Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A. (eines der Konsortialunternehmen der ARGE cpc) sei Mitglied des Konsortiums CavToMi gewesen, welches für dieses Projekt gegenüber dem Bauherren die vertragliche Hauptverantwortung und die fachliche Aufsicht über das Subunternehmerkonsortium Saturno ausübte. Die Vorinstanz führte aus, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A sei zwar Mitglied des Oberkonsortiums CavToMi gewesen, doch sei BGE 141 II 14 S. 43 die Planung und Ausführung durch das Subkonsortium Consorzio Saturno geleistet worden. Die blosse Untervergabe durch das Oberkonsortium an das Unterkonsortium genüge nicht. Wenn die Vergabestelle aus der Untervergabe des Oberkonsortiums CavToMi an das Subkonsortium Saturno den Schluss ziehen sollte, die Società Italiana per Condotte d'Acqua S.p.A. habe erfolgreich eine vergleichbare Aufgabe ausgeführt, habe sie den ihr zustehenden Ermessensspielraum offensichtlich überschritten (angefochtenes Urteil E. 7.3.1). 9.3.4.2 Gemäss den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz wird auf den Formularen EA.1 nach der Referenz bzw. der Aufgabebeschreibung "der Firma/des Subunternehmers" gefragt. Daraus ist zu folgern, dass eine Referenz auch dann gültig erbracht werden kann, wenn der Anbieter für die Durchführung der entsprechenden Arbeiten einen Subunternehmer beigezogen hat. Der Eignungsnachweis kann mithin auch durch einen Subunternehmer erbracht werden (gleicher Meinung ist übrigens auch die Rhomberg in ihrer Beschwerde vom 5. Mai 2014 gegen die Ausschluss- und Abbruchverfügung vom 14. April 2014). 9.3.4.3 Aus den von der ARGE cpc ins Recht gelegten Unterlagen geht hervor, dass das Konsortium CavToMi "Consorzio esecutore" bzw. "sub General Contractor per la progettazione e la realizzazione della parte impiantistica mediante appalto al Consorzio Saturno" war. Das Konsortium CavToMi war "Responsabile dei lavori"; bei ihm lag gegenüber dem Bauherrn die Verantwortung. Weder die Vorinstanz noch die Rhomberg legen dar, inwiefern diese Gestaltung abweichen soll vom normalen und referenztauglichen Verhältnis zwischen Unternehmer und Subunternehmer. Die Vorinstanz begründet auch sonst mit keinem Wort, inwiefern die Vergabestelle ihr Ermessen überschritten haben soll, wenn sie die Referenz als gültig anerkannte. 9.3.5 Insgesamt liegen damit für das LP 40 - bei richtiger Auslegung der Ausschreibungsunterlagen (vorne E. 7) - genügend Referenzen vor. 9.4 LP 41 (Datenverkabelung) Verlangt waren 2-3 Referenzen "für Planung und Ausführung". Die ARGE cpc hatte drei Referenzen eingereicht, welche die Vergabestelle als genügend beurteilte. Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz geltend, bei den ersten beiden ("Ausbau Infrastruktur SOB" und "Ausbau Gubristtunnel") handle es sich um eine BGE 141 II 14 S. 44 Verschmelzung mehrerer kleiner Aufträge; die dritte Referenz ("Stationsausbau Scuol RhB") sei eine Ausführungsreferenz mit zu geringem Auftragsvolumen. Die Vergabestelle und die ARGE cpc führten aus, verlangt worden seien Referenzen für "Datenverkabelung in Tunnel oder vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen"; ein Mindestauftragsvolumen sei nicht verlangt worden. Die drei Referenzen würden Datenverkabelungen in Tunneln und auch in Bahnhöfen nachweisen, was vergleichbar komplex sei. Bei allen sei nicht nur Ausführung, sondern auch Planung zu leisten gewesen. Vor Bundesgericht beschränkt sich die Rhomberg darauf, ihre vor der Vorinstanz geäusserte Kritik zu wiederholen, ohne darzulegen, inwiefern die Vergabestelle mit der Anerkennung dieser Referenzen ihr Ermessen überschritten haben soll. Dies genügt nicht. 9.5 LP 42 (Installation Kraft und Licht) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Installation Selbstrettungsmassnahmen BLS Südrampe" sowie "Bahnhof SBB de la Praille" angegeben. Die Rhomberg kritisierte vor der Vorinstanz, die Ausführung der Durchmesserlinie Zürich und der Selbstrettungsmassnahmen sei nicht abgeschlossen; Letztere zähle auch nicht als Planungsreferenz; die Referenz "Bahnhof de la Praille" beziehe sich nicht auf einen Tunnel und habe nur ein kleines, nicht vergleichbares Auftragsvolumen. Die Vergabestelle führte hiezu aus, die Anforderung habe Referenzen für "vergleichbar komplexe Projekte mit ähnlichen Anforderungen" verlangt, was auch in einem Bahnhof erfüllt sei. Bei den beiden Letzteren seien zudem nicht nur Ausführung, sondern auch Planung zu leisten gewesen und die relevanten Arbeiten seien erbracht. Auch hier legt die Rhomberg nicht substantiiert dar, inwiefern die Vergabestelle ihr Ermessen überschritten haben soll, wenn sie die Referenzen als gültig anerkannte. 9.6 LP 43 (Beschilderung) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Strada nazionale Biasca-Varenzo" und "Fluchtwegsignalisierung Greng-Löwenberg" angegeben. Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz aus, die letzteren beiden könnten bei Dehnung des Ermessens als Ausführungsreferenz gelten, doch liege keine Planungsreferenz vor. BGE 141 II 14 S. 45 Die ARGE cpc führte unter Beilage der Ausschreibungsunterlagen für die Referenzarbeiten 2 und 3 aus, es seien auch die Planungsarbeiten zu erstellen gewesen. Ohne sich damit auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. 9.7 LP 44 (Leittechnik Stromversorgung 50 Hz) Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich", "Zimmerbergtunnel" und "SBB-Installationen in Bellinzona und Chiasso" angegeben. Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz aus, die Referenz Zimmerbergtunnel könne als Ausführungsreferenz zählen, die Installationen Bellinzona/Chiasso seien aber nicht vergleichbar. Insgesamt liege nur eine Ausführungsreferenz, aber keine Planungsreferenz vor. Aus den von der Vergabestelle vor der Vorinstanz zitierten Projektbeschreibungen auf den Formularen EA.1 geht hervor, dass das Projekt Zimmerbergtunnel u.a. auch Projektleitung und Verantwortung für den Teil LT, Engineering und Systemkonzeption umfasste. Vergabestelle wie auch ARGE cpc führten aus, die Erfüllung dieser Arbeiten bedürfe zwingend der Planung bzw. "Leittechnik ohne Planung" sei begrifflich ausgeschlossen. Auch die Installationen Bellinzona/Chiasso seien von vergleichbarer Komplexität. Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen damit jedenfalls mindestens zwei Ausführungs- und eine Planungsreferenz vor, was - bei richtiger Auslegung der Ausschreibungsanforderungen (vorne E. 7) - genügt. 9.8 LP 45 (Schränke) 9.8.1 Auch hier waren 2-3 Referenzen für "Planung und Ausführung" verlangt. Die ARGE cpc hatte die zwei Referenzen "Durchmesserlinie Zürich" und "Gotthard Basistunnel" eingereicht, welche von der Vergabestelle anerkannt wurden. 9.8.2 Die Vorinstanz prüfte dieses Leistungspaket und kam bezüglich der Durchmesserlinie Zürich wie beim LP 40 zum Ergebnis, diese beziehe sich nur auf die Ausführung (und unternehmerseitige Ausführungsplanung), nicht auf die Planung (E. 8.1.1). Für die Ausführung sei das Referenzprojekt nicht genügend weit fortgeschritten und könnte nur anerkannt werden, wenn die Vergabestelle eine BGE 141 II 14 S. 46 Referenz der Bauherrin oder vergleichbare Informationen eingeholt hätte (E. 8.1.2). Die Referenz "Gotthard Basistunnel" sei als Referenz für Planung und Ausführung gültig (E. 8.2). Die ARGE cpc habe somit für das LP 45 lediglich eine gültige TU-Referenz und eine Teilreferenz für die Ausführung erbracht (E. 8.3). 9.8.3 Die Durchmesserlinie Zürich kann nicht schon deswegen als ungültige Ausführungsreferenz betrachtet werden, weil die Ausführung nicht abgeschlossen ist (vorne E. 8.4). Sodann legt die Rhomberg nicht dar, dass die vorinstanzliche Beurteilung der Referenz "Gotthard Basistunnel" offensichtlich unrichtig wäre. Die Anforderungen von insgesamt je einer Planungs- und Ausführungsreferenz sind damit erfüllt. 9.9 LP 50 (Fahrleitung), 51 (Schaltanlagen und Steuerung 16.7 Hz) und 52 (Erdung) Die Rhomberg anerkennt, dass für diese drei Leistungspakete je eine Planungs- und eine Ausführungsreferenz vorliegen. Die Anforderungen sind damit erfüllt. 9.10 LP 61 (Datennetz und Betriebskommunikation) 9.10.1 Die ARGE cpc hatte drei Referenzen angegeben, nämlich ein vertrauliches Projekt für die Eidgenossenschaft, ein Gigabite Ethernet IP/MPLS Netzwerk und eine Voicelösung für zwei Banken. Die Vergabestelle hatte alle drei als Referenz für Planung und Ausführung anerkannt. 9.10.2 Die Rhomberg führte vor der Vorinstanz ohne weitere Substantiierung aus, bei diesen Referenzen handle es sich um Erweiterungen eines laufenden Betriebs, was weder als Planungs- noch als Ausführungsreferenz gelten könne. Zudem sei die Swisscom, welche die Muttergesellschaft der Cablex AG sei, als Subunternehmerin aufgeführt, was nicht plausibel sei. Die Vergabestelle führte unter Hinweis auf die Projektbeschreibungen in den Formularen EA.1 aus, es handle sich um neue Projekte, bei denen sowohl Planung als auch Ausführungen zu leisten gewesen seien, wobei die tatsächliche Leistung durch Subunternehmer erfolgt sei; sie habe dies - wie auch bei den analogen Referenzen der Rhomberg - anerkannt. Es seien somit drei Planungs- und Ausführungsreferenzen vorhanden. Würde man den Massstab der Rhomberg an deren eigenen Referenzen anlegen, so hätte auch diese keine gültige Referenz vorzuweisen. Auch die ARGE cpc machte detaillierte Angaben zum Umfang der Projekte. BGE 141 II 14 S. 47 9.10.3 Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorbrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen genügend gültige Referenzen vor. 9.11 LP 70 (Tunnelfunksystem) 9.11.1 Die ARGE cpc hatte die drei Referenzen "Tunnelfunksystem Lötschberg Basistunnel", "Funk Polycom" sowie "Ausbau GMS und UMTS" eingereicht. Die Vergabestelle anerkannte die Referenzen "Lötschberg Basistunnel" sowie "Ausbau GMS/UMTS", nicht aber die Referenz "Funk Polycom". 9.11.2 Die Rhomberg machte vor der Vorinstanz geltend, die Referenz "Lötschberg Basistunnel" sei nur eine Ausführungs-, aber keine Planungsreferenz. Beim Ausbau GMS/UMTS handle es sich um eine Erweiterung des laufenden Betriebs und zudem nicht um ein Tunnelfunksystem. Die Vergabestelle führte aus, beim Tunnel Lötschberg habe sie bei der ARGE cpc gleich wie bei der Rhomberg die Referenz anerkannt, und zwar als TU-Referenz auch für Planung, auch wenn die tatsächlichen Leistungen von Subunternehmern erbracht worden seien. Zur dritten Referenz legte sie detailliert und unter belegten Hinweisen auf die von ihr eingeholten Referenzauskünfte dar, dass dafür Arbeiten auch in Tunnels angefallen seien. Beide Referenzen seien daher als Planungs- und Ausführungsreferenzen anzuerkennen. Würde man den von der Rhomberg angelegten Massstab an deren eigene Referenzen anlegen, so wären auch diese allesamt als ungültig zu betrachten. Dasselbe führte auch die ARGE cpc detailliert aus. 9.11.3 Ohne sich mit dieser Argumentation auseinanderzusetzen, wiederholt die Rhomberg vor Bundesgericht ihre vor der Vorinstanz vorgebrachten Ausführungen. Eine Ermessensüberschreitung der Vergabestelle ist nicht dargetan. Es liegen genügend gültige Referenzen vor. 9.12 Insgesamt ergibt sich, dass die Offerte der ARGE cpc die in den Ausschreibungsunterlagen enthaltenen, richtig ausgelegten Anforderungen an die Referenzen erfüllt. Ihr Ausschluss wegen angeblichen Nichterfüllens der Referenzanforderungen bzw. die Folgerung der Vorinstanz, dass sie mangels Eignung hätte ausgeschlossen werden müssen, verletzt damit Bundesrecht. BGE 141 II 14 S. 48 10. 10.1 Nebst der Bestreitung der Referenzen hatte die Rhomberg vor der Vorinstanz gerügt, das preislich deutlich tiefere Angebot der ARGE cpc erkläre sich damit, dass diese mutmasslich gewisse verlangte Leistungen nicht eingerechnet und evtl. gar nicht angeboten habe; es sei nicht auszuschliessen, dass die Vergabestelle von der ARGE cpc noch erhebliche Anpassungen verlangt habe, was einem unzulässigen versteckten Abgebot gleichkomme. 10.2 Die ARGE cpc hatte vor der Vorinstanz in ihrer Eingabe vom 18. Oktober 2013 wie auch in der Beschwerdeantwort vom 20. November 2013 ausgeführt, diese Vorwürfe seien nicht substantiiert, und bestritt Abgebotsrunden. Auch die Vergabestelle bestritt die Vorwürfe und führte aus, es hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, wonach die ARGE cpc nicht in der Lage sei, den ausgeschriebenen Auftrag korrekt zu erfüllen, zumal sie auch bei den technischen Zuschlagskriterien besser abgeschnitten habe als die Rhomberg. Das Angebot der ARGE cpc sei einzig wegen der Korrektur eines Formelfehlers und der Richtigstellung einer Stückzahl verändert worden; dadurch sei die unbereinigte Eingabesumme von Fr. 137'853'871.40 um Fr. 186'860.80 auf den Zuschlagpreis von Fr. 138'040'732.20 erhöht worden. 10.3 Ein Unterangebot ist als solches nicht unzulässig, solange der Anbieter die Eignungskriterien und Zuschlagsbedingungen erfüllt (vgl. BGE 130 I 241 E. 7.3 S. 255 f.; Urteile 2C_877/2008 vom 5. Mai 2009 E. 6.2; 2P.70/2006 vom 23. Februar 2007 E. 4.3; GALLI/MOSER/LANG/STEINER, a.a.O., S. 516 ff.). Die Vergabestelle kann ergänzende Erkundigungen einziehen, wenn sie daran Zweifel hat. Sie ist dazu aber nicht verpflichtet, jedenfalls dann nicht, wenn Anhaltspunkte dafür fehlen, dass der Anbieter eines kostengünstigen Angebots Teilnahme- und/oder Auftragsbedingungen verletzt (Urteil 2P.254/2004 vom 15. März 2005 E. 2.2; vgl. auch Art. 3 Abs. 1 lit. f UWG [SR 241]). Im Übrigen ist zu beachten, dass ein Angebot immerhin eine verbindliche Vertragsofferte darstellt, und sich der Anbieter damit - sofern der Vertrag zustande kommt - verpflichtet, die verlangte Leistung zu erbringen. Sollte sich erweisen, dass die Leistung nicht dem Angebotenen bzw. vertraglich Vereinbarten entspricht, stehen der Vergabestelle die kauf- oder werkvertraglichen Rechtsbehelfe sowie die vorgesehenen Sanktionen des öffentlichen Beschaffungsrechts zur Verfügung. Die Vergabestelle darf sich BGE 141 II 14 S. 49 deshalb bis zu einem gewissen Grad darauf verlassen, dass der Anbieter seinen Vertragspflichten nachkommt, solange keine konkreten Hinweise darauf bestehen, dass dies nicht der Fall ist (Urteil 2C_346/2013 vom 20. Januar 2014 E. 1.3.3). 10.4 Vor Bundesgericht bringt die Rhomberg zum Vorwurf des Unterangebots und der Abgebotsrunde einzig vor, zum offerierten Preis könne kein Bauwerk errichtet werden, das den verlangten Sicherheits- und Qualitätsstandards entspreche. Die Vergabestelle müsse deshalb ein komplexes Risikoabwehrdispositiv definieren, dessen Aufwand auf Kosten der Allgemeinheit gehe. Sie legt als Beleg für diese Behauptung einzig Unterlagen der Vergabestelle vor, aus denen hervorgeht, dass sich diese der Risiken bewusst ist, die sich aus einem preislich sehr tiefen Angebot ergeben könnten. Aus diesen Unterlagen geht aber auch hervor, dass die Vergabestelle Massnahmen trifft, um diese Risiken zu kontrollieren. Dass die Bauherrschaft ein Konzept erstellt, um Projektrisiken zu erkennen und zu begrenzen, ist selbstverständlich und lässt in keiner Weise den Schluss zu, dass das Angebot die Eignungskriterien nicht erfüllen würde. Die entsprechenden Einwände der Rhomberg sind unbegründet. 10.5 Abgesehen von den bisher behandelten Aspekten hat die Rhomberg im ganzen Verfahren weder substantiierte Kritik gegen die Eignungsbeurteilung noch gegen die technische Bewertung vorgetragen. Das Angebot der ARGE cpc rangiert nicht nur bei der finanziellen, sondern auch bei der technischen Bewertung vor der Rhomberg. Der Zuschlag an die ARGE cpc erweist sich - entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts - als rechtskonform.
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