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Urteilskopf 140 I 153 13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Verein A. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_1143/2013 / 2C_1144/2013 vom 28. Juli 2014
Regeste Art. 19, 62 und 197 Ziff. 2 BV ; Art. 5, 18 Ziff. 11 lit. a, Art. 33 Abs. 1 und 6 lit. b MWSTG 1999; Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG in der Fassung vom 5. Oktober 1967; Art. 8quater IVV in der Fassung vom 21. Mai 2003; Art. 11 Abs. 1 des Gesetzes (des Kantons St. Gallen) vom 31. März 1977 über Kantonsbeiträge an private Sonderschulen in der Fassung vom 23. September 2007. Rechtsnatur der Vergütung der Transportkosten aufgrund der Beförderung der (Sonder-)Schulpflichtigen. Dem Rechtsanspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht steht die Rechtspflicht zum Besuch des Unterrichts gegenüber ("Pflichtrecht"). Hauptpflicht des Schulträgers, den Unterricht durchzuführen, und Nebenpflicht, bei sonst unzumutbarem Schulweg den Transport der Schulpflichtigen zu besorgen (E. 2). Beides hat der Schulträger im Sachbereich von Art. 19 BV unentgeltlich anzubieten, was einen mehrwertsteuerlichen Leistungsaustausch mit den Schulpflichtigen ausschliesst. Die Vergütung der Transportkosten durch die Eidgenössische Invalidenversicherung bzw. seit 2008 durch den jeweiligen Kanton an die Sonderschulträger fällt mehrwertsteuerlich unter die Subventionen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 154 BGE 140 I 153 S. 154 A. Der Verein A. mit Sitz in St. Gallen (nachfolgend: Verein) unterhält u.a. je eine Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger oder körperlicher Behinderung, denen der Besuch der BGE 140 I 153 S. 155 Regelschule aufgrund ihrer Invalidität unmöglich oder unzumutbar ist. Die beiden Sonderschulen und eine vereinsfremde dritte Institution haben am 8. November 2006 mit der B. Taxi AG einen "Rahmenvertrag" geschlossen, um den Schulpflichtigen einen Schulbusdienst anbieten zu können. Die Institutionen rechnen zentral über die Administration des Vereins mit dem Taxiunternehmen ab. Über den Ansatz von Fr. 1.90 pro gefahrenen Kilometer hinaus steht dem Taxiunternehmen ein Fixbetrag von zwei Rappen (inklusive Mehrwertsteuer) pro Kilometer zu, dies zur Deckung dessen Organisationsaufwandes. In der Folge belastet die Administration des Vereins die beförderungsbedingten Kosten an den gesetzlichen Kostenträger weiter. Bis Ende 2007 war dies die Eidgenössische Invalidenversicherung, seither der Kanton St. Gallen. Die Weiterverrechnung erfolgt ohne Gewinnzuschlag. B. Der Verein ist mehrwertsteuerpflichtig und rechnet mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) nach Pauschalsteuersätzen ab. Er hat für die Versteuerung seiner steuerausgenommenen Umsätze nicht optiert. Die Eidgenössische Steuerverwaltung gelangte anlässlich einer Kontrolle zum Schluss, die dem Kostenträger fakturierten Beförderungsleistungen seien steuerbar. Zuletzt mit Entscheiden des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2013 wurden die Nachbelastungen gebilligt (A-544/2013 und A-555/2013). Das Bundesgericht heisst die dagegen gerichteten Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten des Vereins gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Streitig und zu prüfen sind mehrwertsteuerliche Nachbelastungen, die einerseits die Perioden vom ersten Quartal 2006 bis zum vierten Quartal 2009, anderseits das Steuerjahr 2010 betreffen. Zu klären ist, auf welche Weise die Vergütung der Transportkosten seitens der Eidgenössischen Invalidenversicherung (bis 2007) beziehungsweise des Kantons St. Gallen (ab 2008) mehrwertsteuerlich zu würdigen ist. 2.2 Dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung kommt im Abgaberecht, das in enger Wechselwirkung zu anderen Rechtsgebieten steht, hohe Bedeutung zu ( BGE 139 II 460 E. 3.3 S. 467 [BVG/MWSTG]; BGE 138 II 32 E. 2.3.1 S. 39 [BGBB/StHG], BGE 138 II 300 E. 3.6.2 S. 308 [ZGB/DBG]; 136 V 258 E. 4.7 S. 266 f. [OR/AHVV]). BGE 140 I 153 S. 156 Bei Anwendung des Bundessteuerrechts können (und müssen) deshalb die Praxis und Doktrin zur ähnlich gelagerten fremdrechtlichen Frage herangezogen werden, solange keine triftigen Gründe ersichtlich sind, die eine unterschiedliche Behandlung nahelegen ( BGE 139 II 460 E. 3.3 S. 467; BGE 137 III 369 E. 4.3 S. 373). Im konkreten Fall stellen sich Rechtsfragen bildungs- (hinten E. 2.3) und sozialversicherungsrechtlicher Natur (hinten E. 2.4), auf die vorfrageweise einzugehen ist. 2.3 2.3.1 Art. 19 BV gewährleistet den Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ( BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164 mit Hinweisen). Die Norm begründet den rechtlich durchsetzbaren verfassungsmässigen Individualanspruch auf eine positive staatliche Leistung im Bildungsbereich. Sie umschreibt damit ein soziales Grundrecht (AUER/MALINVERNI/HOTTELIER, Droit constitutionnel suisse, Bd. II: Les droits fondamentaux, 3. Aufl. 2013, N. 1560; GIOVANNI BIAGGINI, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, 2007, N. 3 zu Art. 19 BV ). "Schulpflichtige" in diesem Sinne und Träger des Rechtsanspruchs sind Kinder und Jugendliche vom Kindergarten, soweit dieser obligatorisch ist (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 3.3, in: RDAF 2013 I S. 556, ZBl 113/2012 S. 546), bis und mit der Sekundarstufe I ( BGE 133 I 156 E. 3.5.3 S. 163; BGE 129 I 35 E. 7.4 S. 39). 2.3.2 Die Schulhoheit liegt bei den Kantonen ( Art. 62 Abs. 1 BV in Verbindung mit Art. 3 BV ; SCHMID/SCHOTT, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 9 zu Art. 62 BV ). Sie haben in organisatorischer, fachlicher und finanzieller Hinsicht für einen ausreichenden Grundschulunterricht zu sorgen, der allen Kindern offensteht ( Art. 62 Abs. 2 Satz 1 BV in der Fassung vom 16. Dezember 2005, in Kraft seit 21. Mai 2006 [AS 2006 3033]).Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich (so Art. 62 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BV, wiederum in der Fassung vom 16. Dezember 2005). Aus dem Blickwinkel der Schulpflichtigen verbriefen die Art. 19 und 62 BV ein "Pflichtrecht": Dem individuellen Rechtsanspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht steht die individuelle Rechtspflicht zum Besuch des Unterrichts gegenüber (vgl. PASCAL MAHON, in: Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse, Jean-François BGE 140 I 153 S. 157 Aubert/Pascal Mahon [Hrsg.], 2003, N. 1 zu Art. 19 BV ). Dies begründet ein besonderes Rechtsverhältnis zwischen Schulträger und Schulpflichtigen (vgl. REGULA KÄGI-DIENER, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, 2. Aufl. 2008, N. 17 zu Art. 19 BV ). 2.3.3 Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Unterricht bezieht sich auf den Ort, an dem die Schulpflichtigen sich mit der Zustimmung ihrer Erziehungsberechtigten gewöhnlich aufhalten (MÜLLER/SCHEFER, Grundrechte in der Schweiz, 4. Aufl. 2008, S. 796). Fallen Wohn- und Schulort auseinander, darf dies zu keiner Einschränkung des Anspruchs im Sinne von Art. 19 BV führen ( BGE 133 I 156 E. 3.1 S. 158; BGE 129 I 12 E. 4.2 S. 16, BGE 129 I 35 E. 7.3 S. 38). Ist der Schulweg übermässig lang, weist er eine ungünstige Topografie auf oder erscheint er als besonders gefährlich, sodass er den Schulpflichtigen insgesamt unzumutbar ist, begründet dies einen Anspruch auf Unterstützung. Der Schulträger hat zu gewährleisten, dass die Schulpflichtigen sicher, zuverlässig und zeitgerecht zur Schule und zurück befördert werden. Seiner Beförderungspflicht kann er etwa dadurch genügen, dass er den Schulpflichtigen die Billettkosten erstattet oder einen Schulbus- oder Schultaxidienst einrichtet. Dem Schulträger steht es aber auch zu, die Erziehungsberechtigten zur Besorgung des Schultransports ihrer Kinder heranzuziehen, soweit ihnen der Transport möglich und zumutbar ist und die Kosten erstattet werden (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 4, in: RDAF 2013 I S. 556, ZBl 113/2012 S. 546; BGE 133 I 156 E. 3.1 S. 159). Während der Mittagspause kann die erneute Beförderung durch einen von der Schule organisierten Mittagstisch ersetzt werden (Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 4.3). 2.3.4 Ergänzend zur Regelschule ( Art. 62 Abs. 2 BV ) obliegt den Kantonen eine vergleichbare Pflicht zum Betrieb der erforderlichen Sonderschule. Gemäss Art. 62 Abs. 3 BV (in der Fassung vom 3. Oktober 2003 [AS 2007 5765;BBl 2002 2291, 2003 6591, 2005 951], inKraft seit dem 1. Januar 2008) haben die Kantone für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr zu sorgen. Auf Gesetzesstufe ergibt sich dasselbe aus Art. 20 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 13. Dezember 2002 über die Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen (BehiG; SR 151.3) . Danach sorgen die Kantone dafür, dass behinderte Kinder und Jugendliche eine Grundschulung erhalten, die ihren besonderen Bedürfnissen angepasst ist. BGE 140 I 153 S. 158 2.4 2.4.1 Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA; AS 2007 5779; BBl 2005 6029) ist am 1. Januar 2008 die alleinige organisatorische, fachliche und finanzielle Verantwortung hinsichtlich der Sonderschulung auf die Kantone übergegangen ( BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164). Die Bundesverfassung sieht eine dreijährige Übergangsfrist vor (hinten E. 2.4.4). Schon vor dem 1. Januar 2008 war die Finanzierung der Sonderschulung an sich Sache der Kantone, doch leistete die Eidgenössische Invalidenversicherung unter verschiedenen Rechtstiteln Beiträge. Sie tat dies insbesondere im Bereich der Transportkosten (dazu anschliessend) und - was betraglich stärker ins Gewicht fiel - mittels Bau- und Betriebsbeiträgen an die im Bereich der Sonderschulung tätigen Institutionen ( Art. 73 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung [IVG; SR 831.20] in der bis Ende 2007 geltenden Fassung). Die Betriebsbeiträge dienten der Deckung der behinderungsbedingten Mehrkosten der Betriebsführung, die der Institution erwuchsen ( BGE 106 V 93 E. 4 S. 98 ff.). Mehrwertsteuerlich standen sie mithin in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu den Umsätzen der Institutionen ( BGE 126 II 443 E. 7 S. 457 f.). 2.4.2 Die Gesetzgebung über die Invalidenversicherung kennt die Priorität der Eingliederungsmassnahmen vor den Rentenleistungen (ULRICH MEYER, Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 2. Aufl. 2010, insb. S. 94 [zu Art. 8 Abs. 1 IVG ] und S. 272 [zu Art. 28 Abs. 1 lit. a IVG ]). Mit der ebenfalls am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen 5. IV-Revision hat der Gesetzgeber diesen Grundsatz weiter hervorgehoben ( BGE 139 V 547 E. 5.7 S. 557; BGE 137 V 351 E. 4.2 S. 358). Unter die Eingliederungsmassnahmen fallen gemäss Art. 8 Abs. 3 lit. c IVG (in der von Anfang 2004 bis Ende 2007 geltenden Fassung gemäss 4. IV-Revision [AS 2003 3837 3853; BBl 2001 3205]) Massnahmen für die Sonderschulung und die Betreuung von hilflosen Versicherten vor dem vollendeten 20. Altersjahr. Die Norm verweist auf Art. 19 IVG ("Die Massnahmen für besondere Schulung"; ebenso in der Fassung gemäss der 4. IV-Revision). Aufgrund von Art. 19 Abs. 1 IVG gilt: An die Sonderschulung bildungsfähiger Versicherter, die das 20. Altersjahr noch nicht vollendet haben und denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, werden Beiträge gewährt. Zur Sonderschulung gehört die eigentliche Schulausbildung sowie, BGE 140 I 153 S. 159 falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist, die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt. Die Beiträge umfassen namentlich "besondere Entschädigungen für die mit der Überwindung des Schulweges im Zusammenhang stehenden invaliditätsbedingten Kosten" ( Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG ). Im Anschluss daran findet sich in Art. 8 quater der Verordnung vom 17. Januar 1961 über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201; in der Fassung vom 21. Mai 2003, in Kraft vom 1. Januar 2004 [AS 20033859] bis zum 31. Dezember2007 [AS 2007 5823 5847])unter dem Titel "Entschädigung für die Transporte" folgende Konkretisierung: 1 Die Versicherung übernimmt die Kosten für die Transporte, die für den Besuch der Sonderschule und die Durchführung von Massnahmen nach Art. 8 ter Abs. 2 notwendig sind. Vergütet werden die Kosten höchstens bis zur nächstgelegenen geeigneten Durchführungsstelle. Wird eine entferntere Durchführungsstelle gewählt, so haben die Versicherten die entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen. 2 Vergütet werden: a. die Kosten, die den Preisen der öffentlichen Transportmittel für Fahrten auf dem direkten Weg entsprechen; oder b. die Kosten des von der Sonderschule organisierten oder durch die Erziehungsberechtigten der versicherten Person durchgeführten Transportes. (...). 2.4.3 Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung fallen rechtstechnisch unter die Sachleistungen (Art. 14 f. des Bundesgesetzes vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts [ATSG; SR 830.1]). Dies ist Ausdruck des im schweizerischen Sozialversicherungsrecht herrschenden Naturalleistungs- oder Sachleistungsprinzips ( BGE 140 V 130 E. 2.1 S. 132; UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 10 zu Art. 14 ATSG ). Auch der Ersatz der Kosten, die der versicherten Person etwa im Zusammenhang mit einer Heilbehandlung erwachsen, gilt als Sachleistung (Urteil 8C_512/2008 vom 14. Januar 2009 E. 1.2). Vorbehalten bleiben einzig die Taggelder (Art. 8 Abs. 3 lit. e in Verbindung mit Art. 22 ff. IVG ). Zwangsläufig werden solche in bar erbracht und unmittelbar der versicherten Person ausbezahlt. 2.4.4 Auf den 1. Januar 2008 sind die hier interessierenden Art. 8 Abs. 3 lit. c und Art. 19 IVG , je in der Fassung vom 21. März 2003, sowie Art. 73 IVG ersatzlos entfallen (vorne E. 2.4.1). Im Sinne BGE 140 I 153 S. 160 einer befristeten Anordnung bestimmt Art. 197 Ziff. 2 BV unter dem Titel "Übergangsbestimmungen zu Art. 62 (Schulwesen)" nunmehr: Die Kantone übernehmen ab Inkrafttreten des Bundesbeschlusses vom 3. Oktober 2003 (AS 2007 5765) zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen die bisherigen Leistungen der Invalidenversicherung an die Sonderschulung (einschliesslich der heilpädagogischen Früherziehung gemäss Art. 19 IVG ), bis sie über kantonal genehmigte Sonderschulkonzepte verfügen, mindestens jedoch während drei Jahren. 2.5 2.5.1 Der Bund kann auf Lieferungen von Gegenständen und auf Dienstleistungen einschliesslich Eigenverbrauch sowie auf Einfuhren eine Mehrwertsteuer erheben ( Art. 130 Abs. 1 und Art. 196 Ziff. 14 BV ). Charakteristisch für die Mehrwertsteuer ist der Austausch von Leistungen. Ein "Leistungsverhältnis" in diesem Sinne liegt vor, sofern zwischen der (Haupt-)Leistung (Lieferung oder Dienstleistung gemäss Art. 5 MWSTG 1999 [AS 2000 1300]) und der Gegenleistung ("Entgelt" im Sinne von Art. 33 Abs. 1 MWSTG 1999) ein hinreichender Konnex besteht ( BGE 140 II 88 E. 2.1 S. 82 f.). Dies setzt eine "innere wirtschaftliche Verknüpfung" voraus ( BGE 138 II 239 E. 3.2 S. 241; BGE 132 II 353 E. 4.1 S. 357 ["rapport économique étroit"]; BGE 126 II 443 E. 6a S. 451 f.), was wiederum in marktwirtschaftlich gleichwertigen (äquivalenten) Leistungen ("contrepartie économique équivalente") zum Ausdruck kommt. Massgebend für die Beurteilung sind die konkreten Vertragsverhältnisse (Urteil 2C_576/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 2.2.1; vgl. CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER/JUNG/PROBST, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 3. Aufl. 2012, N. 648; BAUMGARTNER/CLAVADETSCHER/KOCHER, Vom alten zum neuen Mehrwertsteuergesetz, 2010, § 4 N. 20; MOLLARD/OBERSON/TISSOT BENEDETTO, Traité TVA, 2009, Kap. 2 N. 176; DANIEL RIEDO, Vom Wesen der Mehrwertsteuer als allgemeine Verbrauchsteuer, 1999, S. 230). 2.5.2 Die Mehrwertsteuer wird vom Entgelt berechnet, wobei zum Entgelt alles zählt, was der Leistungsempfänger - oder an seiner Stelle ein Dritter - als Gegenleistung für die Hauptleistung aufwendet (Art. 33 Abs. 1 und 2 MWSTG 1999). Beurteilung und Bemessung des Entgelts sind demnach aus der Sicht des Leistungsempfängers vorzunehmen (zum Ganzen Urteile 2C_576/2013 vom 20. Dezember 2013 E. 2.2.4; 2C_933/2012 vom 11. April 2013 E. 5.1, in: StR 68/2013 S. 543 [Zusammenfassung]). Das Entgelt kann sich BGE 140 I 153 S. 161 als Geld- oder als Sachleistung darstellen. Steuerbare Leistungen unterliegen im Regelfall dem Normalsatz (Art. 36 Abs. 3 MWSTG 1999). 2.5.3 Art. 18 MWSTG 1999 enthält einen abschliessenden Katalog grundsätzlich steuerbarer Leistungsverhältnisse, die von der objektiven Steuerpflicht ausgenommen sind. Darunter fallen auch die Umsätze im Bereich der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, des Unterrichts, der Ausbildung, Fortbildung und der beruflichen Umschulung einschliesslich des von Privatlehrern oder Privatschulen erteilten Unterrichts. Die damit zusammenhängenden gastgewerblichen und Beherbergungsleistungen sind hingegen steuerbar (Art. 18 Ziff. 11 lit. a MWSTG 1999 in der Fassung vom 14. Dezember 2001, in Kraft seit dem 1. Juli 2002 [AS 2002 1480 1481]). Von derobjektiven Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen werden können nur Leistungen, die tatsächlich in engem Zusammenhang mit dem Erziehungs- und Bildungszweck stehen (Urteile 2C_641/2008 und 2C_642/2008 je vom 12. Dezember 2008 E. 3.2 [Fitnesscenter];2A.485/2004 vom 18. Mai 2005 E. 7.1 [Fitnesscenter]; 2A.429/1999 vom20. September 2000 E. 3c [Ausbildertage],in: ASA 71 S. 57). Der Anwendungsbereich ist damit auf die eigentliche Vermittlung von Wissen und Kenntnissen beschränkt (Urteile 2C_359/2008 vom 23. Februar 2009 E. 4.2[Beratungsleistungen]; 2C_613/2007vom 15. August 2008 E. 2.2[Kaufmännischer Verband Schweiz]; 2A.269/2005 vom 21. März 2006 E. 5.2 [Coaching], in: RDAF 2007 II S. 325;CHANTAL ZBINDEN, La TVA dans le domaine de l'enseignement et de la formation, in: RDAF 53/1997 S. 53 ff., insb. S. 55 f.; CAMENZIND/HONAUER/VALLENDER, Handbuch zum Mehrwertsteuergesetz, 2. Aufl. 2003, N. 72). 2.5.4 Schliesslich nennt Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG 1999 als "Nichtentgelt" die Subventionen und anderen Beiträge der öffentlichen Hand , selbst wenn deren Ausrichtung gestützt auf einen Leistungsauftrag erfolgt (Urteile 2C_202/2011 vom 24. Oktober 2011 E. 3.2 [Schweizerische Rettungsflugwacht], in: ASA 80 S. 599;2A.233/1997 vom 25. August 2000 E. 8 [Kurtaxe], in: ASA 71 S. 157,RDAF 2003 II S. 256). Das Mehrwertsteuerrecht kennt keine eigene Definition der Subvention (Art. 26 Abs. 6 lit. b MWSTV 1994; Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG 1999; Art. 18 Abs. 2 lit. a MWSTG 2009). Entsprechend dem Gebot der Einheit der Rechtsordnung (vorne E. 2.2) ist auf die Subventionsgesetzgebung BGE 140 I 153 S. 162 zurückzugreifen. Im Vordergrund stehen die Finanzhilfen gemäss Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 5. Oktober 1990 über Finanzhilfen und Abgeltungen (SuG; SR 616.1) , also geldwerte Vorteile, die ausserhalb der (Bundes-)Verwaltung stehenden Empfängern gewährt werden, um die Erfüllung einer vom Empfänger gewählten Aufgabe zu fördern oder zu erhalten (Urteil 2C_105/2008 vom 25. Juni 2008 E. 3.2 [Aids-Hilfe Schweiz], in: ASA 78 S. 587). Entsprechendes gilt hinsichtlich der kantonalen Subventionsgesetzgebungen. 2.5.5 Mit der Subvention zielt die öffentliche Hand auf ein bestimmtes Verhalten , das im öffentlichen Interesse liegt, während es (zumindest in erster Linie) nicht darum geht, einen bestimmten Zustand herbeizuführen (Urteile 2C_105/2008 vom 25. Juni 2008 E. 3.2; 2A.273/2004 vom 1. September 2005 E. 2.2 ["Gassenzimmer"], in: ASA 76 S. 248, RDAF 2006 II S. 61; BGE 126 II 443 E. 6c S. 453 [Behindertenheim]; GILG STÖRI, Verhaltenssteuerung durch Subventionen, 1992, S. 49). Auch die Bau- und Betriebsbeiträge gemäss Art. 73 IVG in der Fassung vom 21. März 2003 (vorne E. 2.4.1) fallen unter die Finanzhilfen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 SuG (Urteil 9C_153/ 2007 vom 15. November 2007 E. 1, nicht publ. in: BGE 133 V 598 ; BGE 130 V 177 E. 5.2 S. 181 [IVG]; ferner BGE 122 V 189 E. 4a S. 198 [AHVG]). Deshalb sind solche Beiträge auch mehrwertsteuerlich als Subvention zu betrachten ( BGE 126 II 443 E. 7 S. 457 f.) und gelten sie als "unentgeltlich" (Urteile 2C_196/2012 vom 10. Dezember 2012 E. 2.3 [Universität Bern]; 2A.197/2005 vom 28. Dezember 2005 E. 4.1 [Suva], in: ASA 78 S. 325). 3. 3.1 Streitig und unter dem Gesichtspunkt des Mehrwertsteuerrechts von 1999 zu klären sind die Rechtsbeziehungen zwischen dem Verein und dem Taxiunternehmen (hinten E. 3.2), den Schulpflichtigen (hinten E. 3.3) und dem Kostenträger (hinten E. 3.4). Dieselben Fragen stellen sich unter dem Mehrwertsteuerrecht von 2009 (hinten E. 3.5). 3.2 3.2.1 Nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz ( Art. 105 Abs. 1 BGG ) ist der Rahmenvertrag vom 8. November 2006 zwischen dem Verein und dem Taxiunternehmen zustande gekommen. Die Leistungen des Taxiunternehmens sind unstreitig steuerbar. Der Vertrag liegt in den vorinstanzlichen Akten und kann ergänzend zu den vorinstanzlichen Feststellungen BGE 140 I 153 S. 163 beigezogen werden ( Art. 105 Abs. 2 BGG ). Danach ergibt sich, dass der Vertrag die Rubriken Allgemeines, Fahrpersonal, Fahrzeug, Betrieb des Schulbusses, Abrechnung und Vertragsrücktritt umfasst. Er ist knapp und überschaubar gehalten, lässt aber nichts vermissen, was gewöhnlich Bestandteil eines derartigen Vertragsverhältnisses ist. 3.2.2 Der Verein, wie im Übrigen auch die Vorinstanz, halten Notwendigkeit und Bestand von Einzelverträgen für gegeben. Während die Vorinstanz dem "synchronen" System (Verein - Taxiunternehmen; angefochtene Urteile E. 3.2.2) folgt, wendet der Verein im Wesentlichen ein, er sei zwar Partei des Rahmenvertrags, an den Einzelbeförderungsverträgen sei er aber nicht beteiligt. Damit macht er ein "asynchrones" System geltend (Taxiunternehmen - Schulpflichtige). Soweit der Verein ausführt, er habe den Schulpflichtigen für die vom Taxiunternehmen erbrachten Beförderungsleistungen nie Rechnung gestellt, erscheint dies plausibel, zumal weder die Erst- noch die Vorinstanz von etwas Anderem ausgehen. Dies ändert freilich nichts daran, dass die Existenz von Einzelverträgen zwar behauptet wird, nicht aber nachgewiesen ist. Insbesondere liegt nicht auf der Hand, weshalb die angeblichen Einzelverträge zwischen dem Taxiunternehmen und den jeweiligen Schulpflichtigen hätten zustande kommen sollen. 3.2.3 Nutzniesser des Beförderungsvertrags sind unmittelbar die Schulpflichtigen und mittelbar die Erziehungsberechtigten. Sie sind davon entbunden, den Schulweg ohne Hilfe zu bewältigen oder die Beförderung mit eigenen Mitteln zu besorgen. Bundesrechtskonform schliesst die Vorinstanz auf einen unechten Vertrag zugunsten Dritter ( Art. 112 Abs. 1 OR ), das heisst auf einen (Beförderungs-) Vertrag mit Drittbegünstigungsklausel (dazu ROLF H. WEBER, Berner Kommentar, 2002, N. 15, 35 und 41 zu Art. 112 OR ). Der Drittbegünstigungsklausel kommt hier bloss der Charakter einer Erfüllungsmodalität zu ( Art. 112 Abs. 2 OR im Umkehrschluss; WEBER, a.a.O., N. 7 zu Art. 112 OR ). Anhaltspunkte für ein originäres und selbständiges Forderungsrecht der Schulpflichtigen fehlen, was Ausdruck einer eigentlichen "direkten Drittberechtigung" wäre (WEBER, a.a.O., N. 109 zu Art. 112 OR ). Selbst bei einem solchen echten Vertrag zugunsten Dritter ( Art. 112 Abs. 2 OR ) würden die Schulpflichtigen aber nicht zur Vertragspartei (Urteil 2C_828/2013 vom 24. März 2014 E. 5.3.1 mit Hinweisen), was hier entscheidend ist. Das Bundesgericht hat damit aufgrund von Art. 105 Abs. 1 BGG von einem einzigen BGE 140 I 153 S. 164 Vertrag (zwischen Verein und Taxiunternehmen) auszugehen, dessen Begünstigte die Schulpflichtigen sind. 3.3 3.3.1 Zum Verhältnis zwischen Verein und Schulpflichtigen erwägt die Vorinstanz, der Verein sei als Erbringer der Beförderungsleistungen zu betrachten (angefochtene Urteile E. 3.2.2). Den Sonderschulpflichtigen stehe nach Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG bis Ende 2007 und hernach während der Übergangsfrist von Art. 197 Ziff. 2 BV ein individueller Anspruch der Schulpflichtigen gegenüber dem Kostenträger auf Erstattung der Transportkosten zu. Der Verein vereinnahme die einzelfallweise Entschädigung lediglich im Namen und auf Rechnung der Schulpflichtigen (angefochtene Urteile E. 3.2.3). Aufgrund des Anspruchs der Schulpflichtigen sei es ausgeschlossen, mehrwertsteuerlich von Subventionen an den Verein auszugehen (angefochtene Urteile E. 3.2.4). Sodann dienten die Hin- und Rückfahrten lediglich der Beförderung, nicht jedoch der Vermittlung von Wissen. Dies schliesse eine Qualifikation als Leistung im Bereich der Bildung und Erziehung aus, weshalb eine Steuerausnahme entfalle und die Leistung steuerbar bleibe (angefochtene Urteile E. 3.3.3). Der Verein macht mit Blick auf Art. 19 BV geltend, es liege eine steuerausgenommene Bildungsleistung vor (Art. 18 Ziff. 11 MWSTG 1999). Aufgrund der fehlenden Rechnungstellung durch den Verein fehle es am erforderlichen Aussenauftritt gegenüber den Schulpflichtigen. 3.3.2 Verträge mit Drittbegünstigungsklausel erfordern neben dem Deckungsverhältnis (zwischen Promissar und Promittent) ein Valutaverhältnis (zwischen Promissar und Drittem). Dieses bildet den Rechtsgrund, aufgrund dessen die Drittbegünstigungsklausel überhaupt geschlossen wird. Vorliegend besteht es im Rechtsverhältnis zwischen Verein und Schulpflichtigen (vorne E. 2.3.2). Ihm zufolge besteht die Hauptleistung des Vereins im Grundschulunterricht. Soweit es den Sonderschulpflichtigen unmöglich oder unzumutbar ist, den Schulweg aus eigener Kraft oder mit eigenen Mitteln zurückzulegen, tritt als Nebenleistung die Beförderungspflicht hinzu. Zwischen Taxiunternehmen und Schulpflichtigen sind keinerlei Vertragsbeziehungen nachgewiesen. Daraus ist abzuleiten, dass die (beim Taxiunternehmen eingekauften) Beförderungsleistungen vom Verein erbracht werden. 3.3.3 Mit Recht beruft sich der Verein auf die verfassungsrechtliche Ausgangslage. Der hier interessierende Kanton St. Gallen wiederholt BGE 140 I 153 S. 165 zum einen den bundesrechtlichen (vorne E. 2.3) Anspruch auf angemessenen und unentgeltlichen Grundschulunterricht (dazu Art. 2 lit. m der Verfassung [des Kantons St. Gallen] vom 10. Juni 2001 [KV/SG; SR 131.225]). Zum andern gewährleistet er einen "Anspruch von Schulpflichtigen auf Unterstützung, wenn sie beim Schulbesuch wegen der Lage ihres Wohnortes, wegen Behinderung oder aus sozialen Gründen benachteiligt sind" ( Art. 3 lit. b KV/SG ). Es muss nicht entschieden werden, inwiefern dieser kantonalrechtlichen Garantie überhaupt selbständige Bedeutung zukommt. Entscheidend ist, dass der Transport, soweit er im Rahmen der Grundschulung erfolgt und sich aufgrund der zurückzulegenden Distanz, der Topografie oder der Gefährlichkeit des Schulweges als unzumutbar erweist, von Verfassungs wegen unter die unentgeltlichen Leistungen des Schulträgers fällt. Dies unterscheidet den Grundschulunterricht von anderen Formen des Unterrichts, die typischerweise gegen Entgelt erbracht werden (beispielsweise Fahrstunden beim Fahrlehrer oder Tauchstunden beim Tauchlehrer). 3.3.4 Mit andern Worten schliesst die Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts einen Leistungsaustausch im mehrwertsteuerlichen Sinne (Hauptleistung gegen Entgelt, sei es eine Geld- oder Sachleistung) zwischen Schulträger und Schulpflichtigen von vornherein aus. Die Ausgestaltung als "Pflichtrecht" ändert daran nichts, gegenteils bestätigt sie die Unentgeltlichkeit. Damit fehlt es an dem für die Mehrwertsteuer unerlässlichen Konnex zweier Leistungen, die wirtschaftlich verknüpft und marktwirtschaftlich gleichwertig sind (vorne E. 2.5.1). Mit der Vorinstanz und entgegen der Auffassung des Vereins stellt sich die Frage nach dem Vorliegen einer Steuerausnahme gar nicht. Weitere Ausführungen zu Art. 18 Ziff. 11 MWSTG 1999 erübrigen sich. 3.3.5 Beurteilung und Bemessung des Entgelts sind aus der Sicht des Leistungsempfängers vorzunehmen (vorne E. 2.5.2). Dieser wendet aber nichts auf, um in den Genuss der Beförderungsleistung zu gelangen, und er lässt auch nichts durch einen Dritten aufwenden. Die Vorinstanz geht hierzu davon aus, dass die Geldleistungen der Kostenträger gewissermassen für eine logische Sekunde zu den Schulpflichtigen gelangen und von diesen an den Schulträger weiterfliessen. Schon mit Blick auf die gewährleistete Unentgeltlichkeit des Grundschulunterrichts überzeugt dies aber nicht. Ohnehin steht die Idee von der "logischen Sekunde" im Widerspruch zu den sozialversicherungsrechtlichen Gegebenheiten (dazu anschliessend). BGE 140 I 153 S. 166 3.4 3.4.1 Bis zum Inkrafttreten der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen am 1. Januar 2008 vergütete die Eidgenössische Invalidenversicherung als eine der "Massnahmen für die Sonderschulung" die Kosten des erforderlichen Schultransports (vorne E. 2.4.1). Sozialversicherungsrechtlich galten die Kostenvergütungen als Sachleistungen (vorne E. 2.4.3). Dies bedeutet in der vorliegenden Konstellation Folgendes: Während der versicherten Person bei gegebenen Voraussetzungen ein individueller Rechtsanspruch gegenüber dem Schulträger auf eine Sachleistung zusteht, verfügt der Schulträger bei gegebenen Voraussetzungen über einen Rechtsanspruch gegenüber der Eidgenössischen Invalidenversicherung auf die betragsmässig der Sachleistung entsprechende Geldleistung. Anders verhält es sich (nur), wenn das behinderte Kind keine öffentliche oder private Sonderschule besucht, sondern zuhause von den Erziehungsberechtigten auf deren Kosten unterrichtet wird ( BGE 124 V 317 E. 2a S. 320, bestätigt in BGE 126 V 64 E. 3a S. 67). Die Leistungen der Eidgenössischen Invalidenversicherung gelten zum einen die Mehrkosten des behinderungsbedingten Transports ab und dienen zum andern der Verwirklichung des grundrechtlichen Anspruchs auf angemessenen und unentgeltlichen Grundschulunterricht. Die Tatbestandsmerkmale einer Subvention oder eines anderen Beitrags der öffentlichen Hand im Sinne von Art. 33 Abs. 6 lit. b MWSTG sind erfüllt. Entgegen der vorinstanzlichen Beurteilung stellen die Transportkostenbeiträge der Eidgenössischen Invalidenversicherung sich damit als mehrwertsteuerliches "Nichtentgelt" dar. 3.4.2 Art. 197 Ziff. 2 BV sieht eine Übergangsperiode von mindestens drei Jahren vor, in welcher die Kantone die bisherigen Leistungen der Invalidenversicherung an die Sonderschulung übernehmen (vorne E. 2.4.4). Nach dem hier interessierenden Recht des Kantons St. Gallen gewähren Kanton und Schulgemeinde Beiträge an die Kosten von Schulpflichtigen in Sonderschulen (Art. 39 und 124 Abs. 1 des Volksschulgesetzes [des Kantons St. Gallen] vom 13. Januar 1983 [sGS 213.1]). Diese erscheinen einerseits als Bau- (Art. 5 ff. des Gesetzes [des Kantons St. Gallen] vom 31. März 1977 über Kantonsbeiträge an private Sonderschulen [sGS 213.95; nachfolgend: SoG/SG]), anderseits als Betriebsbeiträge (Art. 11 ff. SoG/ SG). Zu den Betriebsbeiträgen hält Art. 11 SoG/SG ("Höhe") in der BGE 140 I 153 S. 167 Fassung vom 23. September 2007 fest (Hervorhebungen und Auslassungen durch das Bundesgericht): 1 Als Betriebsbeitrag werden ausgerichtet: a. von der Schulgemeinde an den Kanton ein Beitrag von Fr. 36'000.- für jedes Kind, das eine Sonderschule besucht; b. vom Kanton an den Träger der Sonderschule: 1. die Kosten des Transports nach Art. 19 Abs. 2 Bst. d des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in der Fassung vor dem Bundesgesetz über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5779) und Art. 8 quater IVV in der Fassung vor dem Bundesgesetz über die Schaffung und die Änderung von Erlassen zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) vom 6. Oktober 2006 (AS 2007 5779); 2. die Kosten der Beratungs-, Stütz- und Fördermassnahmen beim Besuch des Kindergartens und der Volksschule (...); 3. ein Beitrag an die durch die Beiträge nach Bst. b Ziff. 1 und 2 dieser Bestimmung nicht gedeckten Kosten (...). Die Vollzugsverordnung (des Kantons St. Gallen) vom 6. Dezember 1977 zum Gesetz über die Staatsbeiträge an private Sonderschulen (sGS 213.951; nachfolgend: SoV/SG) knüpft an Art. 11 lit. b Ziff. 1 SoG/SG in der Fassung vom 23. September 2007 an. Die Bestimmung wiederholt im Wesentlichen die im Gesetz getroffene Anordnung zur Entschädigung der Transportkosten (dazu Art. 28 bis Abs. 1 SoV/SG in der Fassung vom 11. Dezember 2007). 3.4.3 Die vom Kanton St. Gallen mit Wirkung ab dem 1. Januar 2008 getroffene Lösung zu den Transportkostenbeiträgen knüpft nahtlos an die frühere bundesrechtliche Rechtslage an. Inhaltlich führt Art. 11 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 SoG/SG die bisherigen Art. 19 Abs. 2 lit. d IVG und Art. 8 quater IVV weiter. Die kantonalen Transportkostenbeiträge an die Schulträger unterscheiden sich in nichts von jenen der zuvor zuständigen Eidgenössischen Invalidenversicherung. Gelten die Leistungen der Invalidenversicherung als Subventionen, muss dies für die kantonale Nachfolgeregelung ebenso zutreffen. Mehrwertsteuerlich stellen auch die kantonalrechtlichen Geldleistungen sich als "Nichtentgelt" dar. 3.5 Das Mehrwertsteuergesetz von 2009 bringt in den hier interessierenden Bereichen keine Änderungen. Es kann in allen Teilen auf das zum Mehrwertsteuergesetz von 1999 Gesagte verwiesen werden.
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2,014
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6c35b69f-9951-4d78-b239-44c148cec141
Urteilskopf 126 II 316 33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29. Mai 2000 i.S. X. gegen Bundesamt für Polizei (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Vorbehalt der Schweiz zu Art. 2 EUeR lit. b, Art. 67 Abs. 1 IRSG , Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zu Art. 24 EUeR , Art. 44 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland: Zulässigkeit der Verwendung rechtshilfeweise übermittelter Unterlagen durch einen Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags. Das Bundesamt für Polizei darf der Verwendung rechtshilfeweise übermittelter Unterlagen in einem Zivilverfahren zustimmen, wenn das Ersuchen das Zivilverfahren in persönlicher und sachlicher Hinsicht klar umgrenzt, das Zivilverfahren mit dem Strafverfahren konnex ist und der Entschädigung des durch die Straftat Geschädigten dient (sekundäre Rechtshilfe; Bestätigung der Rechtsprechung; E. 2). Für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags darf keine primäre Rechtshilfe geleistet werden, weil es sich bei diesem Verfahren um kein Strafverfahren handelt (E. 3). Die sekundäre Rechtshilfe ist auch für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags zulässig, wenn das Ersuchen den politischen Zweck der Verwendung rechtshilfeweise bereits übermittelter Akten klar genug umschreibt, das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss mit dem Strafverfahren hinreichend konnex ist und nicht ausschliesslich Delikte betrifft, für welche keine Rechtshilfe geleistet wird (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 317 BGE 126 II 316 S. 317 Am 2. Februar 2000 ersuchte das deutsche Bundesministerium der Justiz beim Bundesamt für Polizeiwesen um die Bewilligung, die von den schweizerischen Rechtshilfebehörden für eine unter anderem gegen X. geführte Strafuntersuchung übermittelten Akten auch im Verfahren des 1. Untersuchungsausschusses der 14. Wahlperiode BGE 126 II 316 S. 318 des Deutschen Bundestags (im Folgenden: UAD) verwenden zu dürfen. Gemäss dem Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen an den Deutschen Bundestag vom 23. November 1999 (Drucksache 14/2139, Ziff. I) sollen die Akten dem Ausschuss helfen zu klären, inwieweit Spenden, Provisionen, andere finanzielle Zuwendungen oder Vorteile direkt oder indirekt an Mitglieder und Amtsträger der ehemaligen von CDU/CSU und F.D.P. getragenen Bundesregierungen und deren nachgeordneten Behörden, an die die damaligen Bundesregierungen tragenden Parteien und/oder Fraktionen und deren Funktionsträger oder deren Beauftragte oder an sonstige Personen und Institutionen geflossen sind bzw. gewährt wurden, die dazu geeignet waren, politische Entscheidungsprozesse dieser Bundesregierungen und/oder deren nachgeordneten Behörden zu beeinflussen bzw. die tatsächlich politische Entscheidungsprozesse beeinflusst haben. Das Bundesamt für Polizeiwesen entsprach dem Gesuch mit Verfügung vom 31. März 2000. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 20. April 2000 stellt X. den Antrag, die Verfügung des Bundesamtes für Polizeiwesen vom 31. März 2000 sei aufzuheben und das Ersuchen des Bundesministeriums der Justiz vom 2. Februar 2000 sei abzulehnen. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. a) Das Europäische Übereinkommen über Rechtshilfe in Strafsachen (EUeR; SR 0.351.1) verlangt, dass die Rechtshilfe für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren erfolgt ( Art. 1 Abs. 1 EUeR ); es enthält keine Einschränkung der weiteren Verwendung der auf dem Rechtshilfeweg erlangten Informationen. Eine solche Einschränkung ergibt sich lediglich aus lit. b des schweizerischen Vorbehalts zu Art. 2 EUeR , wonach sich die Schweiz vorbehält, "in besonderen Fällen Rechtshilfe auf Grund dieses Übereinkommens nur unter der ausdrücklichen Bedingung zu leisten, dass die Ergebnisse der in der Schweiz durchgeführten Erhebungen und die in herausgegebenen Akten oder Schriftstücken enthaltenen Auskünfte ausschliesslich für die Aufklärung und Beurteilung derjenigen strafbaren Handlungen verwendet werden dürfen, für die die Rechtshilfe bewilligt wird". Dieser Vorbehalt gewährt der Schweiz das Recht, die Rechtshilfeleistung an eine Verwendungsbeschränkung zu knüpfen (Spezialitätsvorbehalt); wann und inwieweit sie hierzu verpflichtet BGE 126 II 316 S. 319 ist, ergibt sich aus dem innerstaatlichen Recht ( BGE 107 Ib 264 E. 4a S. 269 f.). Damit ist in erster Linie auf das Rechtshilfegesetz, insbesondere Art. 67 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) abzustellen. Zu dessen Auslegung kann Art. 5 des Staatsvertrags zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen vom 25. Mai 1973 (RVUS; SR 0.351.933.6) herangezogen werden, der das Prinzip der Spezialität sowie seine Ausnahmen ausführlich regelt und den entsprechenden Bestimmungen des IRSG zugrundeliegt ( BGE 122 II 134 E. 7/c/aa). b) Gemäss Art. 67 Abs. 1 Satz 1 IRSG darf der ersuchende Staat die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte in Verfahren wegen Taten, derentwegen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützen noch als Beweismittel verwenden. Der Spezialitätsvorbehalt soll danach die strafrechtliche Verwendung von Auskünften zur Verfolgung nicht rechtshilfefähiger Delikte verhindern ( BGE 122 II 134 E. 7c/bb S. 138). Nicht rechtshilfefähig sind gemäss Art. 3 IRSG Taten mit vorwiegend politischem Charakter, die Verletzung von Pflichten zu militärischer oder ähnlicher Dienstleistung sowie Taten, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet erscheinen oder Vorschriften über währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Massnahmen verletzen. Ein Spezialitätsvorbehalt muss daher angebracht werden, wenn die im ausländischen Rechtshilfebegehren geschilderten Taten den Tatbestand eines gemeinrechtlichen und gleichzeitig eines politischen, militärischen oder fiskalischen Delikts (unter Ausschluss des Abgabebetrugs) erfüllen. Dagegen steht Art. 67 Abs. 1 IRSG einer Verwendung der im Rechtshilfeverfahren erlangten Auskünfte für andere als strafrechtliche und fiskalische Zwecke nicht von vornherein entgegen; eine derartige weitere Verwendung bedarf jedoch regelmässig der Zustimmung des Bundesamtes für Polizei (zu den Ausnahmen vgl. BGE 125 II 258 E. 7a/bb und cc S. 261 ff.). Bisher hatte das Bundesgericht nur über die Frage zu entscheiden, ob im Rechtshilfeverfahren übermittelte Unterlagen in einem Zivilprozess verwendet werden dürfen ( BGE 122 II 134 E. 7). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es ein legitimer Nebenzweck des strafrechtlichen Verfahrens, dem Geschädigten zu seinem Recht zu verhelfen, weshalb es sich rechtfertigte, den durch eine Straftat Geschädigten beweismässig besser zu stellen als andere Kläger, die auf die Gewährung zivilrechtlicher Rechtshilfe angewiesen BGE 126 II 316 S. 320 sind und denen das Bankgeheimnis in weiterem Umfang entgegengehalten werden kann als bei der Rechtshilfe in Strafsachen ( BGE 122 II 124 E. 7c/dd S. 139). Die Zustimmung des Bundesamtes darf deshalb erteilt werden, wenn das Ersuchen die Zivilverfahren, in denen die rechtshilfeweise übermittelten Unterlagen verwendet werden sollen, in persönlicher und sachlicher Hinsicht klar umgrenzt, diese Verfahren mit dem Strafverfahren konnex sind und sie der Entschädigung des durch die Straftat Geschädigten dienen (unveröffentlichtes Urteil i.S. D.P. vom 20. Dezember 1999, E. 4c und 5). 3. a) Aufgabe und Verfahren der Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages sind in Art. 44 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949 (GG) geregelt. Weitere gesetzliche Grundlagen bestehen nicht (HORST DREIER, Grundgesetz Kommentar, Band II Artikel 20-82, Tübingen 1998, Art. 44 N. 17 S. 927). Die Bestimmung lautet folgendermassen: "Artikel 44 [Untersuchungsausschüsse] (1) 1Der Bundestag hat das Recht und auf Antrag eines Viertels seiner Mitglieder die Pflicht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, der in öffentlicher Verhandlung die erforderlichen Beweise erhebt. 2Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden. (2) 1Auf Beweiserhebungen finden die Vorschriften über den Strafprozess> sinngemäss Anwendung. 2Das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis bleibt unberührt. (3) Gerichte und Verwaltungsbehörden sind zur Rechts- und Amtshilfe> verpflichtet. (4) 1Die Beschlüsse der Untersuchungsausschüsse sind der richterlichen> Erörterung entzogen. 2In der Würdigung und Beurteilung des der Untersuchung zugrunde liegenden Sachverhaltes sind die Gerichte frei." Die Befugnisse eines Untersuchungsausschusses werden unter anderem durch das Gewaltenteilungsprinzip beschränkt. Im Bereich der Justiz verbietet Art. 97 Abs. 1 GG die Überprüfung gerichtlicher Verfahren (DREIER, a.a.O., Art. 44 N. 25, 27, S. 930 f.; MICHAEL SACHS, Grundgesetz Kommentar, 2. Aufl., München 1999, Art. 44 N. 9, S. 1169). Nach Art. 44 Abs. 2 GG sind zwar im Verfahren der Untersuchungsausschüsse die Vorschriften über den Strafprozess sinngemäss anzuwenden, doch gilt das nur für die Modalitäten der Beweiserhebung. Das Strafprozessrecht wird nur soweit herangezogen, als es mit dem vom Zweck eines Strafverfahrens deutlich unterschiedenen Ziel des Verfahrens vor einem Untersuchungsausschuss vereinbar ist (DREIER, a.a.O., Art. 44 N. 44, S. 939). Die Aufgabe BGE 126 II 316 S. 321 eines Untersuchungsausschusses ist nicht die Durchsetzung des materiellen Strafrechts und des staatlichen Strafanspruchs; vielmehr soll er dem Parlament die für bestimmte politische Entscheidungen erforderlichen Informationen beschaffen. Er ist ein Instrument parlamentarischer Kontrolle und dient der Selbstinformation des Parlamentes (DREIER, a.a.O., Art. 44 N. 8, 11, S. 924 f.; SACHS, a.a.O., Art. 44 N. 1, S. 1167). Die Ermittlungsergebnisse eines Untersuchungsausschusses sind daher nach Art. 44 Abs. 4 Satz 2 GG für gerichtliche Verfahren in keiner Weise präjudiziell. Die Gerichte können die Beweise anders würdigen und die Tatsachen anders beurteilen als die Untersuchungsausschüsse. Das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss und ein Gerichtsverfahren zum selben Sachverhalt sind voneinander unabhängig und können auch zeitlich nebeneinander durchgeführt werden (SACHS, a.a.O., Art. 44 N. 29, S. 1173 f.). b) Bei einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages handelt es sich demnach um keine Behörde der Strafjustiz, die ein Strafverfahren durchführen würde. Ein Untersuchungsausschuss und die Justizbehörden sind vielmehr voneinander unabhängig, und das vor dem Untersuchungsausschuss geführte Verfahren ist kein Strafverfahren, obwohl für das Beweisverfahren die Bestimmungen des Strafprozessrechts gelten. In der Erklärung der Bundesrepublik Deutschland zu Art. 24 EUeR (S. 16) werden denn auch die Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestags nicht als Justizbehörden im Sinne des Europäischen Rechtshilfeübereinkommens bezeichnet. Nach Art. 1 Ziff. 1 EUeR verpflichteten sich die Vertragsstaaten, einander Rechtshilfe zu leisten in allen Verfahren hinsichtlich strafbarer Handlung, zu deren Verfolgung die Justizbehörden des ersuchenden Staates zuständig sind. Auch das IRSG regelt - von hier nicht zutreffenden anderen Fällen abgesehen - die Rechtshilfe zur Unterstützung eines Strafverfahrens im Ausland ( Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG ). Auf ein Rechtshilfeersuchen hin darf gemäss Art. 1 Ziff. 1 EUeR und Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG nur dann primäre Rechtshilfe geleistet werden, wenn der ersuchende Staat wegen der strafbaren Handlungen, welche Gegenstand seines Ersuchens bilden, ein Strafverfahren durchführt oder zumindest eine strafrechtliche Voruntersuchung eröffnet hat (ROBERT ZIMMERMANN, La coopération judiciaire internationale en matière pénale, Bern 1999, N. 332, S. 252 f.). Für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags, bei welchem es sich um kein Strafverfahren handelt, darf daher keine primäre BGE 126 II 316 S. 322 Rechtshilfe geleistet werden. Soweit treffen die Ausführungen in der Beschwerdeschrift zu. 4. a) Der Ausschluss der primären Rechtshilfe für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags bedeutet indessen nicht, dass auch die Weiterverwendung von Informationen, die bereits für ein Strafverfahren übermittelt worden sind, also die sekundäre Rechtshilfe, von vornherein unzulässig wäre. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die sekundäre Rechtshilfe nicht unter analogen Voraussetzungen, wie sie für Zivilprozesse gelten, zugelassen werden sollte. Diese Frage wurde bisher von der Rechtsprechung nicht beantwortet. Sie ist im positiven Sinn zu entscheiden. Es wäre widersprüchlich, Rechtshilfe zur Verurteilung eines Straftäters zu leisten, aber gleichzeitig dem ersuchenden Staat zu verwehren, sich auf die Ergebnisse der Rechtshilfeleistung zu stützen, um über die politischen Folgen der Straftaten zu befinden. Die sekundäre Rechtshilfe für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags dient nicht rechtlichen, sondern politischen Zwecken. Obwohl das Europäische Rechtshilfeübereinkommen die Schweiz nicht verpflichtet, der Bundesrepublik Deutschland (oder einem anderen Vertragsstaat) für politische Zwecke Rechtshilfe zu leisten, gibt es keine Gründe für eine besondere Zurückhaltung der Schweiz, da es sich bei der Bundesrepublik Deutschland um einen demokratischen Rechtsstaat handelt und im Beweisverfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags den von der Untersuchung betroffenen Personen die gleichen Verfahrensrechte zustehen wie in einer Strafuntersuchung (Art. 44 Abs. 2 GG). Auch Art. 2 lit. a EUeR und Art. 3 Abs. 1 IRSG , welche die Rechtshilfe für die Verfolgung von Delikten mit vorwiegend politischem Charakter ausschliessen, lassen zumindest im vorliegenden Fall die sekundäre Rechtshilfe für politische Zwecke nicht als unzulässig erscheinen, denn der UAD hat nicht politische Delikte zu untersuchen, sondern er soll die politischen Voraussetzungen und Folgen gemeiner Delikte (Steuer- und Bestechungsdelikte) aufklären. Demnach ist die sekundäre Rechtshilfe für das Verfahren vor einem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags unter analogen Voraussetzungen zulässig, unter denen die sekundäre Rechtshilfe für Zivil- und Verwaltungsverfahren zulässig ist (vgl. oben E. 2). Das Bundesamt für Polizei darf einer Verwendung der für das Strafverfahren übermittelten Auskünfte und Schriftstücke im Verfahren eines Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags BGE 126 II 316 S. 323 dann zustimmen, wenn das für das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss eingereichte Gesuch um Verwendung der bereits übermittelten Informationen den politischen Zweck der Verwendung klar genug umschreibt und das Verfahren vor dem Untersuchungsausschuss mit dem strafrechtlichen Verfahren hinreichend konnex ist. Selbst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Verwendung der für ein Strafverfahren übermittelten Informationen durch einen Untersuchungsausschuss dann unzulässig, wenn der Untersuchungsausschuss einen Sachverhalt untersucht, der ausschliesslich nicht rechtshilfefähige Delikte umfasst (Taten mit vorwiegend politischem Charakter, die Verletzung von Pflichten zu militärischer oder ähnlicher Dienstleistung sowie Taten, die auf eine Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet erscheinen oder Vorschriften über währungs-, handels- oder wirtschaftspolitische Massnahmen verletzen; vgl. BGE 122 II 134 E. 7/c/bb). Soweit jedoch der Untersuchungsausschuss Informationen im Zusammenhang mit rechtshilfefähigen Delikten (wie beispielsweise Bestechungsdelikten) beschaffen soll, damit der Deutsche Bundestag über deren politische Folgen entscheiden kann, steht einer Leistung der Rechtshilfe nichts entgegen. b) Im Jahre 1999 wurden für ein gegen den heutigen Beschwerdeführer geführtes Strafverfahren rechtshilfeweise Unterlagen an die deutschen Behörden übermittelt. Gemäss dem Urteil des Bundesgerichts vom 13. Januar 1999 (1A.205/1998) bezogen sich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Augsburg auf Provisionszahlungen der Firma Airbus-Industrie G.I.E. auf das Konto einer vom Beschwerdeführer beherrschten Domizilgesellschaft in den Jahren 1988 bis 1991 im Zusammenhang mit der Lieferung von Flugzeugen durch die Deutsche Airbus GmbH an eine kanadische Fluggesellschaft, auf Zahlungen von Thyssen Industrie AG an dieselbe Domizilgesellschaft in den Jahren 1987 und 1988 im Zusammenhang mit der Lieferung von Hubschraubern nach Kanada und auf Zahlungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Transportpanzern an Saudiarabien im Jahre 1991. Die deutschen Strafverfolgungsbehörden subsumierten das Verhalten des Beschwerdeführers und der weiteren Beschuldigten unter Tatbestände des Steuerstrafrechts; in Bezug auf die Zahlungen im Zusammenhang mit der Lieferung von Panzern an Saudiarabien warfen sie den Beschuldigten auch Untreue und Vorteilsgewährung vor. Gemäss dem Antrag der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen an den Deutschen Bundestag vom 23. November 1999 soll BGE 126 II 316 S. 324 der UAD insbesondere klären, ob Bestechungsgelder im Zusammenhang mit folgenden Geschäften geflossen sind (Ziff. II des Antrages): - Verkauf von 36 deutschen Panzerfahrzeugen vom Typ Fuchs an Saudiarabien und der Lieferung aus dem Bestand der Bundeswehr im Jahre 1991; - Privatisierung bzw. Neubau der Erdölraffinerie in Leuna und Veräusserung des Minol-Tankstellennetzes; - Lieferung von Flugzeugen durch die Deutsche Airbus GmbH an kanadische und thailändische Fluggesellschaften Ende der achtziger/Anfang der neunziger Jahre; - Lieferung von MBB-Hubschraubern an die kanadische Küstenwache in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre. Sämtliche strafbaren Handlungen, die in dem von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Augsburg geführten Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer und fünf weitere Personen untersucht wurden und für welches das Bundesgericht die Rechtshilfe bewilligt hatte, sind demnach auch Gegenstand des vor dem UAD geführten Verfahrens. Das Verfahren vor dem UAD ist somit konnex mit dem Strafverfahren in Augsburg, und der in einer Beilage zum Gesuch dargestellte Zweck des Verfahrens vor dem UAD ist so klar wie möglich umschrieben. Aktive und passive Bestechung gelten nicht als politische Delikte, obwohl sie sich häufig - wie auch im vorliegenden Fall - in einem politischen Umfeld abspielen ( BGE 117 Ib 64 E. 5c). Damit sind die Voraussetzungen erfüllt, um dem UAD zu bewilligen, die für das Verfahren der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Augsburg übermittelten Schriftstücke in seinem eigenen Verfahren zu verwenden. Die angefochtene Verfügung, mit welcher das Bundesamt für Polizei in diesem Sinn entschieden hat, verletzt kein eidgenössisches Recht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
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2,000
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CH_BGE_004
CH
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Urteilskopf 100 Ib 299 51. Urteil vom 17. Mai 1974 i.S. Bier-Import AG gegen Eidg. Departement des Innern
Regeste Widerruf von Verwaltungsverfügungen, Voraussetzungen (Präzisierung der Rechtsprechung). Verkehr mit Lebensmitteln. Unzulässigkeit des Widerrufs einer Bewilligung, ein nährwertarmes, alkoholreiches Spezialbier als "Diätbier" zu bezeichnen.
Sachverhalt ab Seite 299 BGE 100 Ib 299 S. 299 A.- Die Bier-Import AG vertreibt die Biere der Brauerei "Löwenbräu" München in der Schweiz. Auf ihr Gesuch hin erteilte ihr das Eidg. Gesundheitsamt (EGA) am 28. August 1956 die Bewilligung, ein im Ausland bereits vertriebenes Bier mit einem reduzierten Kohlehydratgehalt von 0,54%, das jedoch einen etwas höheren Alkoholgehalt als ein gewöhnliches Bier aufweist, in der Schweiz unter den Bezeichnungen "Löwen-Diätbier", "Spezialbier für Diabetiker, nährwertarm, alkoholreich" in Verkehr zu bringen. Die Verfügung stützte sich auf einen Untersuchungsbericht des kantonalen Laboratoriums in Zürich vom 23. Juli 1956, ferner auf ein Gutachten des Direktors der II. Medizinischen Klinik der Universität München über die Eignung des betreffenden Bieres für Diabetiker. Die Bier-Import AG nahm den Vertrieb dieses Getränkes in der Schweiz unter den bewilligten Bezeichnungen auf. Weitere deutsche Diätbiere folgten auf dem schweizerischen Markt. BGE 100 Ib 299 S. 300 Mit Schreiben vom 26. August 1969 an das EGA gab der Schweizerische Bierbrauerverein seine Absicht kund, ebenfalls ein "Diätbier" auf den Markt zu bringen. Auf Empfehlung der wissenschaftlichen Subkommission der Eidg. Ernährungskommission teilte das EGA dem Bierbrauerverein am 17. November 1969 mit, die Bezeichnung "Diätbier" könne gestattet werden, sofern auf der Etikette der Hinweis "arm an Kohlehydraten" beigefügt und der Alkoholgehalt in Graden angegeben werde, während die Angabe "für Diabetiker" und alle Hinweise auf Eigenschaften, welche die schlanke Linie erhalten, untersagt seien. Auf Aufforderung des EGA passten die Importeure deutscher Diätbiere ihre Etiketten diesen neuen Bedingungen an, nachdem ihnen eine Frist für das Aufbrauchen der alten Etiketten gewährt worden war. Der Bierbrauerverein liess das neue Produkt unter der vom EGA bewilligten Bezeichnung "Skiff-Diätbier" durch die "Skiff Bier AG" vertreiben. Im Sommer 1972 wurde ein breit angelegter Werbefeldzug hiefür durchgeführt. Er richtete sich nicht nur an die auf eine kohlehydratarme Diät angewiesenen Personen, sondern an jedermann, wobei das Produkt in Wort und Bild als "Fitness"-fördernd angepriesen und mit dem Slogan "Skiff hält wiff" populär gemacht wurde. Diese Werbung veranlasste das EGA, mit Verfügung vom 26. Oktober 1972 die Bezeichnung des "Skiff"-Bieres als "Diätbier" zu verbieten und statt dessen "Spezial-Bier mit geringem Kohlehydratgehalt" vorzuschlagen. Eine vom Bierbrauerverein gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde wurde vom Eidg. Departement des Innern (EDI) mit Entscheid vom 23. Mai 1973, der in Rechtskraft erwachsen ist, abgewiesen. Am 21. November 1972 erliess das EGA gegenüber der Bier-Import AG folgende Verfügung: "Gestützt auf die Empfehlung der wissenschaftlichen Subkommission der Eidg. Ernährungskommission haben wir seinerzeit von Ihnen verlangt, dass die Etiketten Ihres Diabetiker-Bieres die Sachbezeichnung "Diät-Bier kohlehydratarm" (+ Angabe des Alkoholgehaltes) zu tragen habe. Am 8. Februar 1972 waren wir in der Lage, Ihnen derart bezeichnete Etiketten zu bewilligen. Eine kürzlich aufgekommene, überbordete Reklame für ein Diät-Bier veranlasste die erwähnte Kommission auf ihre damals gefasste BGE 100 Ib 299 S. 301 Stellungnahme zurückzukommen. Sie vertritt nunmehr die Auftassung, dass ein kohlehydratarmes Bier nicht mehr die Eigenschaften eines diätetischen Lebensmittels aufweist, insbesondere weil es sich um ein Getränk mit nennenswertem Alkoholgehalt handelt. Wir haben uns dieser Stellungnahme angeschlossen. Das Inverkehrbringen eines kohlehydratarmen Bieres ist selbstverständlich weiterhin erlaubt; es darf aber nicht mehr als Diät-Bier bezeichnet werden. Wir ersuchen Sie deshalb, Ihr Bier als Spezial-Bier mit geringem Kohlehydratgehalt ... Vol.% Alkohol zu bezeichnen. Zum Aufbrauch der bisherigen Etiketten, Prospekte und Six-Pack räumen wir Ihnen eine Frist bis zum 30. April 1973 ein." B.- Die Beschwerde der Bier-Import AG gegen diese Verfügung wurde vom EDI am 14. Dezember 1973 abgewiesen. Es führte aus, die angefochtene Verfügung sei die logische Folge der gegen den Schweizerischen Bierbrauerverein getroffenen Massnahme. Das EGA habe die schweizerischen Hersteller und die Importeure von "Diätbier" gleich behandeln müssen. Die beanstandete Verfügung sei auch sachlich begründet, da der Ausdruck "Diät" nicht für ein Genussmittel gestattet werden dürfe, das wegen seines Alkoholgehalts eine schädigende Wirkung haben könne. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Bier-Import AG, den Entscheid des EDI vom 14. Dezember 1973 und damit auch die Verfügung des EGA vom 21. November 1972 aufzuheben. Sie macht geltend, der nachträgliche Widerruf der ihr seinerzeit erteilten Bewilligung, die Bezeichung "Diätbier" zu verwenden, lasse sich nicht rechtfertigen. D.- Das EDI schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Verfahrensfrage.) 2. Das EGA hat der Beschwerdeführerin mit der im Verfahren nach Art. 5 Abs. 2 LMV getroffenen Verfügung vom 28. August 1956 die Bewilligung erteilt, das von der Brauerei "Löwenbräu" München hergestellte kohlehydratarme Bier in der Schweiz unter der Bezeichnung "Diätbier" in Verkehr zu bringen. Am 21. November 1972 hat das Amt BGE 100 Ib 299 S. 302 der Beschwerdeführerin die weitere Verwendung dieser Bezeichnung untersagt und damit die frühere gegenteilige Verfügung widerrufen. Die Beschwerdeführerin macht geltend, dieser Widerruf sei nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht zulässig. Dagegen hält das EDI dafür, dass das EGA auf die frühere Verfügung, die eine Polizeierlaubnis darstelle, habe zurückkommen dürfen, da nach heutiger Auffassung ein Genussmittel, das wegen seines Alkoholgehalts eine schädigende Wirkung haben könne, nicht als "diätetisch" bezeichnet werden dürfe. Ob eine formell rechtskräftige Verwaltungsverfügung von der Behörde widerrufen werden könne, ist nach den Grundsätzen zu beurteilen, die das Bundesgericht in ständiger Rechtsprechung anwendet: Einerseits entspricht es dem zwingenden Charakter des öffentlichen Rechts und der Natur der öffentlichen Interessen, dass ein Verwaltungsakt, der mit dem Gesetz nicht oder nicht mehr vereinbar ist, nicht unabänderlich ist. Anderseits kann es ein Gebot der Rechtssicherheit sein, dass eine Verfügung, die eine Rechtslage festgestellt oder begründet hat, nicht nachträglich wieder in Frage gestellt werde. Falls das Gesetz - wie dies für den vorliegenden Fall zutrifft - die Frage der Widerruflichkeit offenlässt, ist sie von der zu dessen Anwendung berufenen Behörde zu lösen, wobei jeweils abzuwägen ist, ob dem Postulat der richtigen Durchführung des objektiven Rechts oder dem Interesse an der Wahrung der Rechtssicherheit der Vorrang gebühre. Das Postulat der Rechtssicherheit geht im allgemeinen dann vor, wenn durch die frühere Verwaltungsverfügung ein subjektives Recht begründet worden ist, oder wenn die Verfügung in einem Verfahren ergangen ist, in dem die sich gegenüberstehenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, oder wenn der Private von einer ihm durch die Verfügung eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat ( BGE 78 I 406 , BGE 94 I 343 E. 4 u.a.m.). Immerhin ist anerkannt, dass selbst in solchen Fällen der Widerruf der Verfügung unter Umständen gerechtfertigt sein kann, so deshalb, weil ein besonders gewichtiges öffentliches Interesse dafür spricht ( BGE 88 I 228 E. 1, BGE 100 Ib 97 ), ferner wegen Eintritts neuer Tatsachen oder auf Grund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse ( BGE 86 I 173 , BGE 97 I 752 ) wie auch infolge Änderung der Gesetzgebung ( BGE 100 Ib 97 ), oder BGE 100 Ib 299 S. 303 weil einer der Revisionsgründe besteht, welche die Rechtsprechung in Anlehnung an Art. 136 und 137 OG zugelassen hat ( BGE 86 I 173 ; vgl. auch Art. 66 VwG). Zudem ist aber der Widerruf mitunter nur gegen angemessene Entschädigung des Betroffenen statthaft ( BGE 88 I 228 E. 1 am Ende). 3. Die der Beschwerdeführerin seinerzeit erteilte Bewilligung, die Bezeichnung "Diätbier" zu verwenden, stellt eine Polizeierlaubnis dar. Das Bundesgericht hat gelegentlich angenommen, dass der Inhaber einer Baubewilligung - die ebenfalls eine Polizeierlaubnis ist - sich auf ein subjektives Recht berufen könne ( BGE 78 I 407 oben; vgl. auch BGE 98 Ib 249 /250, BGE 100 Ib 97 ). Diese Auffassung widerspricht indes der in der Rechtslehre wohl herrschenden Meinung und ist denn auch vom Bundesgericht an anderer Stelle unter Berufung auf verschiedene Autoren abgelehnt worden ( BGE 79 I 7 /8; s. auch GRISEL, Droit administratif suisse, S. 212 oben). Was von ihr zu halten ist, braucht jedoch im vorliegenden Fall nicht näher geprüft zu werden, wenn der angefochtene Widerruf sich ohnedies nicht rechtfertigen lässt. Übrigens behauptet die Beschwerdeführerin nicht, dass die Bewilligung ihr ein subjektives Recht verschafft habe. 4. Hingegen macht die Beschwerdeführerin geltend, sie habe von der Bewilligung mehr als 16 Jahre lang ununterbrochen und korrekt Gebrauch gemacht; auch sei die Bewilligung auf Grund einer allseitigen Prüfung und Abwägung der in Betracht kommenden Interessen erteilt worden. Der Grundsatz, dass ein Verwaltungsakt in der Regel nicht widerrufen werden darf, wenn der Private von der ihm darin eingeräumten Befugnis bereits Gebrauch gemacht hat, gilt nach ständiger Rechtsprechung für Verfügungen, die ein einmaliges, nicht wiederkehrendes Verhalten erlauben, insbesondere für Baubewilligungen ( BGE 78 I 407 , BGE 79 I 7 , BGE 87 I 511 , BGE 88 I 227 , BGE 89 I 434 , BGE 90 I 15 E. 6, BGE 92 I 235 , BGE 94 I 344 ). Mit der Verfügung, um deren Widerruf es hier geht, ist jedoch der Beschwerdeführerin ein dauerndes Verhalten - die ständige Verwendung der Bezeichnung "Diätbier" - gestattet worden. Auf solche Fälle lässt sich jener Grundsatz nicht übertragen. Es ist mit dem öffentlichen Interesse an der richtigen Durchführung des Gesetzes nicht vereinbar, eine Verfügung, durch die einem Privaten eine dauernde Tätigkeit zu Unrecht bewilligt worden ist, allein schon deshalb für alle Zeiten als unwiderruflich BGE 100 Ib 299 S. 304 zu betrachten, weil er von der Erlaubnis bereits mehr oder weniger lange Gebrauch gemacht hat. Zu prüfen bleibt, ob der umstrittene Widerruf aus dem von der Beschwerdeführerin angerufenen weiteren Grunde unzulässig sei. 5. Das EGA hat der Beschwerdeführerin am 28. August 1956 die Verwendung der Bezeichnung "Diätbier" erlaubt, nachdem es den Untersuchungsbericht des kantonalen Laboratoriums Zürich vom 23. Juli 1956 sowie das Gutachten des Direktors der II. Medizinischen Klinik der Universität München über die Eignung des Erzeugnisses für Diabetiker geprüft hatte und zum Schluss gekommen war, dass jener Bezeichnung nichts im Wege stehe. Schon damals war dem EGA auf Grund dieser Expertisen die Zusammensetzung des in Frage stehenden Bieres bekannt; insbesondere wusste es bereits, dass das Produkt mit 6,3 Volumenprozenten einen höheren Alkoholgehalt aufweist als gewöhnliches Lagerbier. Seither wurde die Zusammensetzung unverändert beibehalten. Das EGA hatte demnach schon im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung die vollständigen Unterlagen, die ihm ermöglichten, das zur Begründung des Widerrufs der Bewilligung angeführte Argument, einem Getränk mit nennenswertem Alkoholgehalt fehlten die Eigenschaften eines diätetischen Lebensmittels, zu berücksichtigen. Ist somit die Bewilligung auf Grund eines Verfahrens, in dem die in Betracht kommenden Interessen allseitig zu prüfen und gegeneinander abzuwägen waren, gegeben worden, so ist ihr Widerruf nicht gerechtfertigt, es wäre denn, dass ein besonderer Grund für die gegenteilige Entscheidung bestände. 6. Ein solcher Grund ist aber nicht ersichtlich. a) Es wird nicht behauptet und ist nicht anzunehmen, dass seit der Erteilung der Bewilligung erhebliche neue Tatsachen eingetreten sind. Der Beschwerdeführerin werden nicht etwa Missbräuche vorgeworfen. Ebensowenig ist die Rede von fachwissenschaftlichen Erkenntnissen, die nicht schon im Zeitpunkt der Bewilligungserteilung bekannt gewesen wären. Die Verwaltung macht auch - mit Recht - nicht geltend, dass die gesetzliche Ordnung seither in hier wesentlichen Punkten geändert worden sei. Zwar ist Art. 180 LMV , der den Begriff der diätetischen Produkte näher umschreibt, durch BRB vom 3. November 1967 anders gefasst worden, doch BGE 100 Ib 299 S. 305 kommt im neuen wie im alten Text zum Ausdruck, dass als diätetisch solche Lebensmittel bezeichnet werden können, die den besonderen Bedürfnissen von Personen entsprechen, denen aus irgendeinem Grund normale Kost nicht zuträglich ist (Erzeugnisse "für besondere Ernährungszwecke", vgl. LMV Art. 2, Ziff. 2a, welche Bestimmung nicht geändert worden ist). Ein besonderer Revisionsgrund im Sinne der sich an Art. 136 und 137 OG anlehnenden Rechtsprechung wird ebenfalls nicht angerufen und besteht auch nicht. b) Dagegen ist die Verwaltung offfenbar der Meinung, das öffentliche Interesse an der richtigen Durchführung des objektiven Rechts sei hier so gewichtig, dass das Postulat der Rechtssicherheit hinangesetzt werden müsse. Ihre Auffassung beruht, wie das EDI in der Vernehmlassung festhält, auf der Überlegung, das Wort "Diät" erwecke den Eindruck der besonderen Zuträglichkeit für die Gesundheit, was für das strittige Bier im Hinblick auf seinen Alkoholgehalt von 6,3 Volumenprozenten sicher nicht zutreffe. Damit wird der Befürchtung Ausdruck gegeben, durch die Bezeichnung "Diätbier" werde der Konsument zur irrigen Annahme verleitet, er fördere seine Gesundheit, wenn er das so bezeichnete Getränk einnehme; das Wort sporne ihn also geradezu an, das Erzeugnis zu konsumieren. Mit dieser Argumentation, die auch dem Schreiben des Generalsekretariates der Schweizerischen Ärzteorganisation an das EGA vom 1. September 1972 zugrunde liegt, ist jedoch nicht dargetan, dass ein besonders bedeutsames und daher dem Postulat der Rechtssicherheit vorgehendes öffentliches Interesse am Widerruf der Bewilligung bestehe. "Diätbier" wirkt sich - wie gewöhnliches Bier - normalerweise erst bei übermässigem Konsum infolge seines Alkoholgehaltes schädlich aus. Die Bezeichnung "Diätbier" veranlasst gewisse Konsumenten wohl, das so benannte Produkt dem gewöhnlichen Bier vorzuziehen, aber nicht notwendigerweise auch, mehr davon zu trinken, als ihnen wegen des Alkoholgehaltes zuträglich ist. Die vom EGA seinerzeit vorgeschriebene genaue Angabe des Alkoholgehaltes des "Diätbiers" auf den Etiketten ist geeignet, die Konsumenten vom übermässigen Genuss des Produktes abzuhalten. c) Ferner wird geltend gemacht, die Verwaltung habe, nachdem sie den Schweizer Bierbrauern die Verwendung der Bezeichnung "Diätbier" untersagt habe, dasselbe auch der BGE 100 Ib 299 S. 306 Beschwerdeführerin verbieten müssen, um eine rechtsungleiche Behandlung zu vermeiden. Auch dieses Argument ist nicht stichhaltig. Ob das EGA den einheimischen Bierbrauern die Bewilligung zur Verwendung der Bezeichnung gestützt auf die Tatsache, dass diese Produzenten sich in ihrer Reklame nicht an die gestellten Bedingungen gehalten hatten, habe entziehen dürfen, ist hier nicht zu prüfen. Auf jeden Fall kann die gegenüber dem Schweizerischen Bierbrauerverein getroffene Massnahme nicht ein Grund sein, auch der Beschwerdeführerin, deren Propaganda keinen Anlass zur Beanstandung gab, die Bewilligung zu entziehen. Gewiss kann es einer Behörde nicht verwehrt sein, eine Bewilligungspraxis aufzugeben, die sie als unrichtig betrachtet oder deren Verschärfung sie wegen veränderter Verhältnisse oder zunehmender Missbräuche für zweckmässig hält ( BGE 91 I 218 ). Eine solche Praxisänderung kann jedoch nicht ohne weiteres zur Folge haben, dass Bewilligungen, die nach der alten Praxis erteilt worden sind und nach der neuen nicht mehr erteilt würden, einfach widerrufen werden dürften. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und der angefochtene Entscheid aufgehoben.
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nan
de
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CH
Federation
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Urteilskopf 112 Ib 424 68. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1986 i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz, Kantonaler Fischereiverein Graubünden und World Wildlife Fund (Schweiz) gegen Provedimaint electric Val Müstair (PEM) und Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerden)
Regeste Fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung für ein Wasserkraftwerk, das eine Neuanlage darstellt. 1. Die Zulässigkeit der für die Neuanlage eines Wasserkraftwerkes bedingten technischen Eingriffe in die Gewässer beurteilt sich nach den Art. 2, 24 und 25 FG i.V.m. Art. 18, 21 und 22 NHG sowie den Anforderungen des Umweltschutzgesetzes; namentlich sind diejenigen Abklärungen zu treffen, welche Gegenstand der Umweltverträglichkeitsprüfung gemäss Art. 9 USG bilden. 2. Die im Falle einer Neuanlage gemäss Art. 25 Abs. 2 FG verlangte Abwägung der Gesamtinteressenlage erfordert die Berücksichtigung aller in Frage kommenden Interessen, insbesondere auch derjenigen der Walderhaltung, der Raumplanung und der Landwirtschaft. 3. Die in Abwägung der Gesamtinteressenlage in Kauf zu nehmenden Beeinträchtigungen schliessen die völlige Trockenlegung eines für Jungfische und als Nährtierlieferant wertvollen Bachlaufes aus, während die Verminderung des Fischertrages in quantitativer, nicht aber in qualitativer Hinsicht im vorliegenden Fall in Kauf zu nehmen ist.
Sachverhalt ab Seite 425 BGE 112 Ib 424 S. 425 Die Provedimaint electric Val Müstair (PEM) ist eine öffentlichrechtliche Korporation, zu welcher sich die Gemeinden des Münstertales - Sta. Maria, Müstair, Valchava, Fuldera, Tschierv und Lü - im Jahre 1955 zusammengeschlossen haben, um ein Kraftwerk an der Muranzina zu erstellen und zu betreiben, welche bei Sta. Maria in den Hauptfluss des Tales, den Rom, fliesst. Das Kraftwerk ist seit Herbst 1958 in Betrieb. Da das Kraftwerk den Strombedarf des Tales nicht zu decken vermag und die Energiezufuhr aus den Anlagen der Engadiner Kraftwerke AG über den Ofenpass störungsanfällig ist, liess die PEM im Jahre 1978 eine Ausbaustudie erarbeiten. Diese führte zu einem Konzessionsprojekt, das eine Fassung des Rom bei Resia oberhalb Valchava und der Aua da Vau beim Bos-chetta zwischen Valchava und Sta. Maria sowie eine nochmalige Nutzung des Wassers der bereits gefassten Muranzina und die Erstellung der Kraftwerkzentrale bei Graveras zwischen Sta. Maria und Müstair vorsieht. Im Einvernehmen mit den übrigen Mitgliedgemeinden erteilten die Gemeinden Valchava, Sta. Maria und Müstair der Korporation PEM am 16./22. Juni bzw. 2. Juli 1982 die Konzession für die entsprechende Nutzung der Wasserkräfte des Rom, der Aua da Vau und der Muranzina auf die Dauer von 80 Jahren. Am 14. Juli 1982 ersuchte das beauftragte Ingenieurbüro Rieder und Brüniger, Chur, die Regierung des Kantons Graubünden BGE 112 Ib 424 S. 426 namens der PEM um die nach Art. 4 des Bundesgesetzes über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916 (WRG) und Art. 4 Abs. 3 des kantonalen Wasserrechtsgesetzes vom 18. März 1906 (BWRG, Bündner Rechtsbuch 810.100) erforderliche Genehmigung. Das Gesuch unterstreicht den primären Zweck der geplanten Wasserkraftnutzung, nämlich die Verbesserung und Sicherstellung der Energieversorgung der Gemeinden des Münstertales, und versichert, das Vorhaben werde unter möglichster Schonung der Landschaft des Münstertales realisiert; die Ausbauwassermengen seien nicht extrem hoch gewählt worden in der bewussten Absicht, vor allem im Sommer die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einem tragbaren Rahmen zu halten. Die minimale Restwassermenge unterhalb der Fassung Rombach wurde auf 100 Liter pro Sekunde (l/s) festgelegt. Ausserdem erklärte sich die PEM bereit, die Restwassermenge zu erhöhen, falls sich bei dieser Minimalwassermenge ungünstige Lebensbedingungen für Wassertiere ergeben sollten. Für die Fassung der Seitenbäche Vau und Muranzina wurde keine Restwasserverpflichtung angeordnet. Für die bei Punt Teal bereits gefasste Muranzina ist zu beachten, dass aus dem Zwischeneinzugsgebiet zwischen der Fassung und der Wasserrückgabe beim Kraftwerk Muranzina 25 l/s zufliessen. Diese werden somit bei der nochmaligen Nutzung des gefassten Wassers als Restwasser vorhanden sein. Nach einem umfangreichen Vernehmlassungsverfahren gelangte die Regierung zum Ergebnis, die Gesamtinteressenlage werde durch die sich teilweise konkurrenzierenden Interessen der verbesserten Stromversorgung des Münstertales und der Fischerei sowie der weitgehenden Erhaltung der natürlichen heimatlichen und landschaftlichen Werte gekennzeichnet. Dabei sei die abgelegene Lage des Münstertales jenseits einer auf 2150 m Höhe liegenden Wasserscheide zu berücksichtigen. Bei dieser speziellen Lage komme einer gesicherten Energieversorgung für die langfristige Erhaltung und Verbesserung der Existenzgrundlage der Bevölkerung hervorragende Bedeutung zu. Die andern Interessen müssten in angemessener Weise zurückgestellt werden. Aufgrund der Abwägung der Gesamtinteressenlage gelangte die Regierung zur Festlegung einer Dotierwassermenge von 250 l/s bei der Wasserfassung des Rom bei Resia. Sie erwog, dass dies gegenüber dem Konzessionsprojekt zu einer Einbusse der Energieerzeugung von rund 12% bzw. von 1'460'000 kWh im Jahr führe (880'000 kWh im Winter und 580'000 kWh im Sommer). Die damit BGE 112 Ib 424 S. 427 verbundene Verteuerung der Gestehungskosten der Energie um 1 Rp. auf rund 8,6 Rp./kWh anstelle von 7,6 Rp./kWh im Durchschnitt pro Jahr (Winterkosten 10,6 Rp. anstelle von 8,8 Rp./kWh, Sommerkosten 7,2 Rp. anstelle von 6,6 Rp./kWh) erachtete sie als tragbar. Mit Rücksicht auf die primäre Zielsetzung der Versorgung des Tales mit Energie fügte die Regierung ihrem Beschluss ausserdem die Ermächtigung bei, im Falle einer Unterbrechung der Stromversorgung aus nicht im Tal gelegenen Anlagen die Restwassermenge unter bestimmten Voraussetzungen von 250 l/s bis auf 100 l/s zu unterschreiten. Im Sinne ihrer Erwägungen genehmigte die Regierung unter lit. A ihres Beschlusses vom 7. Mai 1984 die Konzession mit Auflagen und Änderungen einzelner Bestimmungen des Konzessionsvertrages und erteilte unter lit. B die fischereirechtliche Bewilligung gemäss Art. 24 des Bundesgesetzes über die Fischerei vom 14. Dezember 1973 (FG) und die Bewilligung für die Beseitigung der Ufervegetation der betroffenen Gewässer gemäss Art. 22 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG). Die Restwassermengenfestsetzung, d.h. die Mindestabflussmenge gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a FG , lautet wie folgt (lit. B Ziff. 2): "Die minimale Restwassermenge für den Rombach bei der Wasserfassung Resia wird mit 250 l/s festgelegt. Unter folgenden kumulativen Voraussetzungen darf diese Restwassermenge bis auf 100 l/s unterschritten werden: - Mit zumutbaren Mitteln unüberwindbarer technischer Defekt an der elektrischen Verbindung zwischen dem Münstertal und der EKW über den Ofenpass; - Nichtvorhandensein oder gleichzeitiger Defekt oder Betriebsunterbruch der Einspeisung von Italien her; - keine weitere Strombezugsmöglichkeit als aus dem KW Muranzina und dem KW Graveras. Diese Unterschreitung der ordentlichen Restwassermenge von 250 l/s ist nur so lange zulässig, als der Defekt an der einzigen elektrischen Verbindung über das Münstertal hinaus besteht. Die Unterschreitung der ordentlichen Restwassermenge ist vorgängig dem Bau- und Forstdepartement sowie dem kantonalen Jagd- und Fischereiinspektorat anzuzeigen, damit dieses die erforderlichen fischereilichen Massnahmen anordnen kann. Die Regierung ist befugt, die Einhaltung der ordentlichen Restwassermenge zu verlangen, wenn eine Prüfung ergibt, dass die für eine Herabsetzung erforderlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind." Gegen die der PEM erteilte Bewilligung gemäss Art. 24 FG und Art. 22 NHG ergriffen der Schweizerische Bund für Naturschutz, der Kantonale Fischereiverein Graubünden sowie der BGE 112 Ib 424 S. 428 WWF-Schweiz Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie werfen der Regierung vor, Bundesrecht verletzt und den Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt zu haben. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführer können mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich eine Überschreitung oder einen Missbrauch des Ermessens rügen. Sie können ferner eine unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend machen ( Art. 104 lit. a und b OG ). Da eine kantonale Regierung als Vorinstanz entschieden hat, kann das Bundesgericht die Feststellung des Sachverhaltes von Amtes wegen frei überprüfen ( Art. 105 OG ). Die Anwendung des Bundesverwaltungsrechts prüft das Bundesgericht ebenfalls umfassend, soweit die Vorinstanzen nicht das ihnen vom Gesetz eingeräumte Ermessen ausgeübt haben. Trifft dies zu, kann das Bundesgericht nur bei Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens einschreiten. Die bei der Planung und Erstellung eines öffentlichen Werkes vorzunehmende Interessenabwägung, aufgrund derer zu prüfen ist, ob die erforderlichen Bewilligungen erteilt werden können, ist primär eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei prüft ( BGE 109 Ib 219 E. 6a). Bei der Würdigung der technischen Aspekte gesteht das Bundesgericht den Verwaltungsbehörden freilich einen gewissen Spielraum zu; es greift nur ein, wenn der Sachverhalt durch die Vorinstanz unvollständig oder unrichtig abgeklärt wurde oder wenn Ermessensmissbrauch oder Ermessensüberschreitung vorliegt ( BGE 100 Ib 409 E. 2 mit Hinweisen). Auch räumt das Bundesgericht den Vorinstanzen bei der Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe einen gewissen Beurteilungsspielraum ein, insbesondere soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind. Es trägt diesem Spielraum dadurch Rechnung, dass es die Fragen, zu deren Beurteilung die Vorinstanzen über die besseren Kenntnisse der besonderen örtlichen, technischen oder persönlichen Verhältnisse verfügen, zurückhaltend prüft ( BGE 112 Ib 30 E. 3; BGE 111 Ib 88 E. 3; BGE 108 Ib 181 E. 1a; BGE 107 Ib 121 E. 4a, 336 E. 2c; BGE 106 Ib 46 E. 3b). Geht es - wie hier - um die Beurteilung der Frage, ob die Regierung den angefochtenen Entscheid in richtiger Abwägung der Gesamtinteressenlage getroffen BGE 112 Ib 424 S. 429 hat, so ist in erster Linie zu überprüfen, ob die Vorinstanz die sich widerstreitenden Interessen vollständig berücksichtigt und ob sie deren Gewichtung mit sachgerechten Erwägungen sorgfältig vorgenommen hat ( BGE 109 Ib 219 ff. E. 6 und 7; BGE 106 Ib 43 f. E. 2). An die Sachverhaltsabklärung sind hohe Anforderungen zu stellen. Was das Bundesgericht in bezug auf die Überprüfung der Leitungsführung elektrischer Freileitungen festgestellt hat, gilt auch hier; denn gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem öffentliche Interessen aufeinanderstossen, ist nur aufgrund einer möglichst umfassenden Abklärung der Auswirkungen eines Entscheids - auch unter dem Gesichtspunkt des Präjudizes - ein sorgfältiges Gewichten überhaupt möglich ( BGE 100 Ib 409 E. 2). 4. a) Der Schweizerische Bund für Naturschutz und der WWF-Schweiz stellen den Hauptantrag, die fischerei- und naturschutzrechtlichen Bewilligungen für die Verwirklichung der geplanten Wasserkraftnutzung seien zu verweigern. Der Kantonale Fischereiverein Graubünden begnügt sich demgegenüber mit dem Antrag, die von der Regierung angeordnete Restwassermenge für den Rombach sei auf 300 l/s bzw. 400 l/s zu erhöhen, und für den Vau und die Muranzina seien angemessene Restwassermengen festzulegen. (Präziser sollte von Dotierwassermenge oder - gemäss Art. 25 Abs. 1 lit. a FG - von der Mindestabflussmenge bei der Wasserentnahme gesprochen werden. Sowohl die Regierung im angefochtenen Entscheid als auch die Parteien sprechen von Restwassermengen und meinen damit die Mindestabflussmenge bei der Fassung. Nachfolgend wird neben den Begriffen "Dotierwassermenge" und "Mindestabflussmenge" zum Teil auch der Begriff "Restwassermenge" verwendet, jedoch - wo nötig - verdeutlichend beigefügt: Restwassermenge bei der Wasserfassung.) Für die Prüfung der von den Beschwerdeführern gestellten Anträge ist davon auszugehen, dass das Bundesrecht und das kantonale Recht das öffentliche Interesse an der zweckmässigen und wirtschaftlich richtigen Nutzung der Wasserkraft anerkennen ( Art. 24bis BV ; s. insbesondere auch Art. 5 WRG und Art. 5 Abs. 2 lit. b BWRG). Die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Fischerei sind allerdings zu wahren ( Art. 22 und 23 WRG ). Die technischen Eingriffe in die Gewässer, die Naturufer und die Ufervegetation bedürfen ausserdem einer besonderen Bewilligung (Art. 24 f. FG; Art. 22 Abs. 2 NHG ). Diese ist zu verweigern, wenn die Interessen des Natur- und Landschaftsschutzes BGE 112 Ib 424 S. 430 sowie der Fischerei überwiegen ( BGE 109 Ib 214 ff., 223 E. 7; vgl. auch 108 Ib 178 ff., 186 E. e). Im hier zu beurteilenden Fall machen die Beschwerdeführer nicht geltend, eine Nutzung des Rom und der Seitenbäche komme von vornherein überhaupt nicht in Frage. So hat der Schweizerische Bund für Naturschutz erklärt, er sei nicht grundsätzlich gegen ein Wasserkraftwerk im Münstertal, wie auch der WWF-Schweiz die berechtigten Anliegen der abgelegenen Talschaft auf eine sichere und ausreichende Energieversorgung anerkennt. Dem Kantonalen Fischereiverein schliesslich geht es lediglich um eine bessere Berücksichtigung der Interessen der Fischerei. Die für den Ausgang der Sache entscheidende Frage lautet somit, ob die Regierung aufgrund des von ihr festgestellten Sachverhalts in zutreffender Abwägung der vom Bundesrecht verlangten Berücksichtigung aller Interessen folgern durfte, die Anliegen des Natur- und Landschaftsschutzes sowie der Fischerei seien nicht derart gewichtig, dass sie die geplante Wasserkraftnutzung verunmöglichen würden. Durfte die Regierung diese Folgerung ziehen, ohne dass ihr eine Rechtsverletzung vorgeworfen werden kann, so fragt sich in zweiter Linie, ob sie den der Wasserkraftnutzung entgegenstehenden Interessen mit ihren Anordnungen in ausreichendem Masse Rechnung getragen hat. Sollte die Prüfung dieser Fragen ergeben, dass die Rügen der Beschwerdeführer ganz oder teilweise begründet sind, so kann das Bundesgericht die Sache zu neuer Beurteilung an die Regierung zurückweisen. Es kann jedoch auch selbst die nötigen ergänzenden Sachverhaltsabklärungen vornehmen und in Abwägung der im Spiele stehenden Interessen entscheiden, ob und unter welchen Bedingungen und Auflagen die unvermeidlichen Eingriffe in die Gewässer- und die Ufervegetation bewilligt werden können ( Art. 114 Abs. 2 OG ). b) Es ist unbestritten, dass in rechtlicher Hinsicht davon auszugehen ist, dass das von der PEM geplante Wasserkraftwerk eine Neuanlage darstellt. Die Zulässigkeit der technischen Eingriffe in die Gewässer beurteilt sich daher in erster Linie nach den Art. 2, 24 und 25 FG i.V.m. Art. 18, 21 und 22 NHG . Grundsätzlich sind die in diesen Bestimmungen vorgesehenen, nötigenfalls auch weittragenden Massnahmen anzuordnen, um die Fischgewässer zu erhalten, zu verbessern oder nach Möglichkeit wiederherzustellen, sie vor schädlichen Einwirkungen zu schützen, die Nachhaltigkeit BGE 112 Ib 424 S. 431 des Fischertrages zu wahren und die als Laichstätten oder Aufzuchtgebiete dienenden Naturufer und Pflanzenbestände mit Einschluss der seltenen Waldgesellschaften zu erhalten ( Art. 2 lit. a und Art. 22 FG ; Art. 18 und 21 NHG ; BGE 107 Ib 150 letzter Absatz). c) In Anwendung des Fischereigesetzes sowie des Natur- und Heimatschutzgesetzes kann die Regierung eine einheitliche Bewilligung erteilen ( BGE 107 Ib 152 E. 3a; BGE vom 17. Juni 1981 i.S. Aqua Viva und Mitbeteiligte gegen Kraftwerk Ilanz AG, in ZBl 82/1981 S. 550 f., nicht publizierte E. 3a). Die Regelung der Art. 22 ff. FG deckt sich zu einem wesentlichen Teil mit dem Zweck der Art. 18 ff. NHG , auch wenn die beiden Gesetze verschiedene Ziele verfolgen. Bedenken gegen eine einheitliche Bewilligung, wie sie vom Vertreter des WWF-Schweiz geäussert wurden, sind deswegen nicht angebracht. Selbstverständlich sind bei der Prüfung der Bewilligungsvoraussetzungen und der Interessenabwägung die Anforderungen beider Gesetze umfassend zu berücksichtigen. Dabei ist für das bundesgerichtliche Verfahren zu beachten, dass der Gesetzgeber mit der am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Änderung und Ergänzung der Art. 18 und 21 NHG Uferbereiche, mit Einschluss der Riedgebiete, seltenen Waldgesellschaften und Hecken, wirksamer als bis anhin schützen wollte (Botschaft des Bundesrates vom 31. Oktober 1979, BBl 1979 III S. 829 f.). Angesichts der gewichtigen öffentlichen Interessen des Umweltschutzes hat das Bundesgericht sowohl die Anforderungen des Bundesgesetzes über den Umweltschutz vom 7. Oktober 1983 (USG) im allgemeinen als auch die genannten Bestimmungen des NHG zu berücksichtigen (vgl. BGE 112 Ib 39 ff., 306 E. 12e). d) Im einzelnen ordnet Art. 24 Abs. 1 FG an, dass die Gewässer oder ihr Wasserhaushalt, die Wasserläufe sowie die Ufer und der Grund der Seen nur mit besonderer Bewilligung der für die Fischerei zuständigen kantonalen Behörden verändert werden dürfen. Ohne schriftliche Bewilligung sind insbesondere untersagt: b) Ausnützung von Wasserkräften; d) Fluss- und Bachverbauungen sowie Uferrodungen; e) Kanalbauten; i) Wasserentnahmen und -rückgaben; k) Wasserableitungen jeglicher Art ( Art. 24 Abs. 2 FG ). Gemäss Art. 18 Abs. 1bis NHG (in der Fassung des Gesetzes vom 7. Oktober 1983) sind Uferbereiche, Riedgebiete und Moore, seltene Waldgesellschaften, Hecken, Feldgehölze, BGE 112 Ib 424 S. 432 Trockenrasen und weitere Standorte, die eine ausgleichende Funktion im Naturhaushalt erfüllen oder besonders günstige Voraussetzungen für Lebensgemeinschaften aufweisen, besonders zu schützen. Gemäss Art. 21 NHG darf die Ufervegetation, zu welcher Auenvegetationen im Uferbereich zählen, weder gerodet noch überschüttet, noch auf andere Weise zum Absterben gebracht werden. Es ist unbestritten, dass das Projekt der PEM Eingriffe in den Rom und die Seitenbäche Vau und Muranzina bedingt. Demgemäss haben die Behörden nach Art. 25 Abs. 1 FG "unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten und allfälliger anderer Interessen alle Massnahmen vorzuschreiben, die geeignet sind, a) günstige Lebensbedingungen für die Wassertiere zu schaffen ...; b) die freie Fischwanderung sicherzustellen ...; c) die natürliche Fortpflanzung zu ermöglichen ...; d) zu verhindern, dass Fische und Krebse durch bauliche Anlagen oder Maschinen geschädigt werden". Die entsprechenden Massnahmen sind bei der Ausarbeitung der Projekte festzulegen ( Art. 25 Abs. 3 FG ). Dabei ist auch dem von Art. 18 NHG geforderten besonderen Schutz der Uferbereiche und der seltenen Waldgesellschaften Rechnung zu tragen. Lässt sich eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Lebensräume durch technische Eingriffe unter Abwägung aller Interessen nicht vermeiden, so hat der Verursacher für besondere Massnahmen zu deren bestmöglichem Schutz, für Wiederherstellung oder für angemessenen Ersatz zu sorgen ( Art. 18 Abs. 1ter NHG ). Lassen sich keine Massnahmen finden, die schwerwiegende Beeinträchtigungen von Interessen der Fischerei verhindern können, so ist der Entscheid von einer Abwägung der Gesamtinteressenlage abhängig zu machen ( Art. 25 Abs. 2 FG ). In Anwendung dieser Vorschriften führt die Prüfung des angefochtenen Beschlusses der Regierung zu folgenden Ergebnissen: 5. a) Die Regierung anerkennt die Richtigkeit des von ihr bei dipl. Forsting. Eduard Ammann, alt Fischerei- und Jagdverwalter des Kantons Zürich, eingeholten fischereilichen Gutachtens vom 31. Juli 1983. Als Ergebnis hält der Experte im wesentlichen fest, der vom Fischereigesetz geforderte Schutz des Rom als Fischgewässer sei nur gewährleistet, wenn die Restwassermenge bei der Fassung Resia 400 l/s betrage; bei der nachträglich in Erwägung gezogenen Reduktion der Wassermenge auf 300 l/s sei eine Beeinträchtigung nicht auszuschliessen, weil die zum Ausgleich vorgesehenen baulichen Massnahmen nicht realisierbar seien. Die Regierung BGE 112 Ib 424 S. 433 ist daher zum Schlusse gelangt, es liessen sich keine Massnahmen finden, welche eine schwerwiegende Beeinträchtigung von Interessen der Fischerei im Sinne von Art. 2 FG verhindern könnten. Demgemäss hat sie ihren Entscheid gestützt auf Art. 25 Abs. 2 FG von einer Abwägung der Gesamtinteressenlage abhängig gemacht. Dieser Folgerung der Regierung ist zuzustimmen. Der Rom bleibt zwar als Fischgewässer erhalten, doch erleidet der Fischertrag eine Einbusse. Der Vaubach geht als Fischgewässer weitgehend verloren, wenn er von der vorgesehenen Fassung an vollständig trocken gelegt werden darf. Die geplanten technischen Eingriffe in die Gewässer können daher in der Tat nur gestützt auf die Abwägung der Gesamtinteressenlage bewilligt werden, sofern diese ergibt, dass die bessere Energieversorgung des Tales verlangt, dass die Beeinträchtigung der Fischerei in Kauf genommen werden muss. b) Die vom Gesetz geforderte Abwägung der Gesamtinteressenlage erfordert die Berücksichtigung aller in Frage kommenden Interessen; andernfalls liegt eine unvollständige Interessenabwägung vor. Bei ihrem Entscheid hat die Regierung zu wenig beachtet, dass die Verwirklichung des Werkes, dem sie zugestimmt hat, auch Waldrodungen und Bewilligungen von Ausnahmen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen bedingt. Rodungen setzen Interessen voraus, welche das gesetzliche Gebot der Walderhaltung überwiegen (Art. 31 f. des eidgenössischen Forstpolizeigesetzes vom 11. Oktober 1902, FPolG, und Art. 26 der Vollziehungsverordnung zu diesem Gesetz, FPolV; s. auch BGE 111 Ib 308 ff. mit Hinweisen). Baubewilligungen für nicht zonenkonforme Bauten und Anlagen erfordern ausser der Standortbedingtheit, dass keine überwiegenden Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Sollen in Abwägung der Gesamtinteressenlage Beeinträchtigungen von Interessen der Fischerei und der Uferbereiche in Kauf genommen werden, so setzt die Bewilligung der Eingriffe, bei welcher alle zumutbaren Massnahmen im Sinne von Art. 25 FG anzuordnen sind, voraus, dass keine sonstigen überwiegenden Interessen entgegenstehen. Allein eine solche umfassende Prüfung entspricht den Bedürfnissen der Konzessionärin, ist sie doch vor weiteren Aufwendungen zu bewahren, falls sich ergeben sollte, dass der Verwirklichung ihres Projektes sonstige überwiegende Interessen - wie etwa das Gebot der Walderhaltung - entgegenstünden. BGE 112 Ib 424 S. 434 Gewiss ist es im jetzigen Zeitpunkt nicht möglich, die definitiven Rodungs- und Baubewilligungen zu erteilen. Dies ist für die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung auch nicht gefordert. Hingegen muss feststehen, dass die Verwirklichung des Werkes einem das Interesse an der Walderhaltung überwiegenden Bedürfnis entspricht ( Art. 26 Abs. 1 FPolV ) und dass der Baubewilligung für die ausserhalb der Bauzonen gelegenen Anlagen, insbesondere für die Zentrale Graveras, keine überwiegenden Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Stünde dies nicht fest, so würden zufolge der erheblichen Aufwendungen der Konzessionärin Sachzwänge geschaffen, die nur schwer zu korrigieren wären ( BGE 107 Ib 153 E. 3b). c) Der angefochtene Entscheid nimmt sodann nicht ausdrücklich auf die im Val Müstair zu beachtenden wasserwirtschaftlichen Gesamtzusammenhänge Bezug. Mit Recht verweisen die Beschwerdeführer auf die von der Meliorationsgenossenschaft Val Müstair vorgenommene Gesamtmelioration. Diese hatte ebenfalls den allgemeinen Interessen der Umwelt, insbesondere der Erhaltung des Grundwassers sowie dem Schutze der Natur und der Wahrung des Landschaftsbildes, Rechnung zu tragen. Auf die Interessen der Fischerei, der Jagd und der Bienenzucht sowie auf den Schutz der Vögel war Rücksicht zu nehmen (Art. 79 des eidgenössischen Landwirtschaftsgesetzes vom 3. Oktober 1951, LwG). Es ist dies auch getan worden, indem auf die Erhaltung der Erlenauen besonderes Gewicht gelegt und deren Bestand mit Dienstbarkeiten gesichert wurde. Die Respektierung der dem Bundesrecht entsprechenden umfassenden Zielsetzung der Melioration verlangt, dass verbindlich festgestellt wird, dass trotz der Wasserfassung und -ableitung für die Nutzung der Wasserkraft genügend Wasser für die Bewässerung zu Landwirtschaftszwecken zur Verfügung steht. d) Mit Recht fordern sodann sowohl die Beschwerdeführer als auch das Eidgenössische Departement des Innern, dass abgeklärt wird, ob die Fassung des Rom und des Vaubaches nicht zu einer den Bestand der Erlenauen gefährdenden Grundwasserabsenkung führt. Art 21 NHG verlangte bereits vor seiner Revision durch das Umweltschutzgesetz, dass die Ufervegetation nicht zum Absterben gebracht werden darf. Die vom Bundesgericht zu berücksichtigende neue Fassung der Art 18 und 21 NHG hat die besondere Schutzwürdigkeit der Auenvegetation unmissverständlich verdeutlicht (BGE vom 17. April 1985 i.S. F. AG, in ZBl 87/1986 S. 400, E. 3a). BGE 112 Ib 424 S. 435 e) Der angefochtene Entscheid lässt die umfassende Berücksichtigung der oben (E. 5b-d) genannten Interessen vermissen. Die Einwendung der Beschwerdeführer, die Regierung habe die rechtserhebliche Interessenlage in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unvollständig abgeklärt und dementsprechend auch die Interessenabwägung mangelhaft vorgenommen, ist somit hinsichtlich der genannten Anliegen begründet. Doch sind diese klar erkennbar, weshalb ihre Abklärung im bundesgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden kann. Eine Rückweisung der Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz drängt sich nicht auf. Aufgrund der ergänzenden Erhebungen kann vielmehr das Bundesgericht, wie sich aus den folgenden Erwägungen ergibt, selbst entscheiden ( Art. 114 Abs. 2 OG ). 6. a) Zur Frage der Waldrodung ist festzustellen, dass gemäss dem Bericht der Forstbehörden für die Verwirklichung des Werkes temporäre Rodungen im Ausmass von 7530 m2 und permanente Rodungen für 1040 m2 nötig sind. Diese verhältnismässig geringen Rodungen verteilen sich auf neun Teilflächen. Am Augenschein konnte festgestellt werden, dass die entsprechenden Eingriffe in den Wald nicht als schwerwiegend empfunden werden. Der Folgerung des für die Rodungsbewilligung zuständigen Bundesamtes für Forstwesen gemäss seinem Schreiben vom 7. Oktober 1985, wonach der Nachweis des überwiegenden Bedürfnisses unter der Voraussetzung, dass die übrigen Bewilligungen für die Realisierung des Kraftwerkprojektes erteilt werden können, erbracht sein dürfte, ist daher zuzustimmen. Dass auch die relative Standortgebundenheit gegeben ist, liegt auf der Hand, ergeben sich doch die Leitungsführung und die Erstellung des Ausgleichsbeckens Muranzina aus den Erfordernissen der Wasserkraftnutzung. Die Notwendigkeit von temporären und - in kleinem Umfange - permanenten Rodungen steht somit der Erteilung der fischerei- und naturschutzrechtlichen Bewilligung nicht entgegen. Die definitive Rodungsbewilligung mit den üblichen Auflagen und Bedingungen bleibt vorbehalten. b) Das Entsprechende gilt für die Notwendigkeit einer Bewilligung nach Art. 24 RPG , welche vor dem Baubeginn aufgrund der definitiven Projektpläne einzuholen ist. Aus dem Bericht des kantonalen Amtes für Raumplanung ergibt sich, dass der Realisierung des Vorhabens keine überwiegenden Interessen entgegenstehen, sofern die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt werden kann. Die Standortgebundenheit der Anlagen ist in gleicher BGE 112 Ib 424 S. 436 Weise gegeben, wie dies für die Erteilung der Rodungsbewilligung zutrifft. Die von den zuständigen Behörden zu erteilende definitive Baubewilligung bleibt vorbehalten. c) Was die Sicherstellung der für die landwirtschaftliche Bewässerung erforderlichen Wassermenge anbelangt, ist auf die Vereinbarung zwischen der PEM und der Società da meglioraziun Val Müstair hinzuweisen. Es ergibt sich aus ihr, dass die Parteien der Bewässerung für die Landwirtschaft gegenüber der Wasserkraftnutzung den Vorrang zubilligen. Allfällige Zweifel wurden durch die eindeutigen Erklärungen der Vertreter der PEM im Laufe des bundesgerichtlichen Instruktionsverfahrens beseitigt. Im Bedarfsfalle wird die PEM das zur Bewässerung erforderliche Wasser auf Kosten der Stromproduktion der Landwirtschaft zur Verfügung stellen. Ziff. 6.1 der genannten Vereinbarung hält fest, dass die Meliorationsgenossenschaft für das Wasser, das sie für Bewässerungszwecke den Anlagen der PEM entnimmt, keine Entschädigung zu entrichten hat, selbst wenn dadurch für die PEM eine Minderproduktion resultieren sollte. Nur für den Fall, dass infolge ausserordentlicher Vorkommnisse die Energieversorgung der Talschaft ernsthaft gefährdet sein sollte, hat sich die Meliorationsgenossenschaft bereit erklärt, auf die Bewässerung vorübergehend zu verzichten, sofern dadurch im Werk Graveras die Energieproduktion erhöht werden kann (Ziff. 6.3 der Vereinbarung). Gemäss den Aussagen der sachkundigen Vertreter des Kantons gibt ein solcher vorübergehender Verzicht in Notfällen zu keinen Bedenken Anlass, da eine Einstellung der Bewässerung während einigen Tagen zu keiner nicht wiedergutzumachenden Austrocknung des Bodens führt. Auch ergibt sich aus dem ergänzenden Bericht zu den bestehenden und geplanten Beregnungsanlagen im Val Müstair, welcher von den vom Bundesgericht anstelle des verstorbenen Eduard Ammann beigezogenen Experten Dr. Chasper Buchli und dipl. phil. II Peter Voser erstattet worden ist, dass bei der im angefochtenen Beschluss verlangten Restwassermenge bei Resia von 250 l/s Konkurrenzsituationen zwischen der Wasserkraftnutzung und der Bewässerung für die Landwirtschaft praktisch ausgeschlossen sind. Würde jedoch eine höhere Dotierwassermenge verlangt (400 l/s gemäss Gutachten Ammann oder gar 500 l/s gemäss den Annahmen einer in der Zeitschrift "Vermessung/Photogrammetrie/Kulturtechnik" im Heft September 1986 veröffentlichten Diplomarbeit betreffend das wasserwirtschaftliche Gesamtkonzept BGE 112 Ib 424 S. 437 Val Müstair), so könnte es in den Monaten Mai, August und eventuell auch September zu Konkurrenzsituationen kommen. Sollen somit ausreichende Wassermengen sowohl für die Wasserkraftnutzung als auch für die Bewässerung zur Verfügung stehen, erweist sich bei Beachtung des wasserwirtschaftlichen Gesamtzusammenhanges eine Begrenzung der Dotierwassermenge bei Resia auf 250 l/s als erforderlich, was freilich zu den vom Experten Ammann aufgezeigten und von den Experten Buchli und Voser bestätigten Einbussen für die Fischerei führt. Der Vorrang der Bewässerung ist im übrigen nicht einzig aus rein landwirtschaftlichen Gründen, sondern ebenfalls aus der Sicht des Landschaftsschutzes bedeutsam. Denn auch in dessen Interesse liegt es, dass das im Münstertal wegen seiner trockenen Südlage nur wenige Kulturland nicht vergandet, sondern erhalten bleibt, was eine kontinuierliche Bewässerung erfordert. d) Ob trotz der Beeinträchtigung der Interessen der Fischerei die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung erteilt werden kann, hängt massgebend davon ab, ob bei einer Beschränkung der Mindestabflussmenge bei Resia auf 250 l/s sowie beim Verzicht auf eine Mindestabflussmenge beim Vaubach zu befürchten ist, dass der Wasserhaushalt der geschützten Erlenauen schwerwiegend gestört wird und daher mit deren teilweisem Absterben gerechnet werden muss. Zur Abklärung dieser Frage hat das Bundesgericht beim Bureau für Technische Geologie Dedual/Kobel/Lardelli, Sachbearbeiter Dr. T. Lardelli, ein hydrogeologisches Gutachten sowie gestützt auf dessen Ergebnisse bei den Experten Dr. Buchli und dipl. phil. II Voser ein Gutachten über die voraussichtlichen Auswirkungen der geplanten Wasserkraftnutzung im Val Müstair auf die Vegetation der Grauerlenwälder eingeholt. Zur Vermeidung einer Schädigung der Erlenbestände im Gebiet der Aua da Vau unterhalb der Wasserfassung fordern die Gutachter eine ständige Wasserführung insbesondere in den Monaten Mai bis September. Eine solche dauernde Wasserführung während der Vegetationsperiode schliesst nach Ansicht der Experten Schäden am Erlenbestand entlang der Aua da Vau aus. Bei den übrigen Erlenauenwäldern sind Schäden bei einer Mindestabflussmenge von 250 l/s im Rombach dank Hangwasseraustritten und Wasseraufstössen praktisch ausgeschlossen. Einzig oberhalb des Punktes von 1355 m ü.M., im wesentlichen somit im Abschnitt zwischen der Wasserfassung bei Resia und der Einmündung der Muranzina in den Rom, schliessen die Experten BGE 112 Ib 424 S. 438 kleinflächige Schäden nicht aus, doch bezeichnen sie die entsprechende Gefährdung als gering. Der im bundesgerichtlichen Verfahren durchgeführte Augenschein hat bestätigt, dass ein grosser Teil der Auenwälder weder durch das Wasser aus der Aua da Vau noch durch dasjenige des Rom versorgt wird. Auch konnten im Bereich zwischen Graveras und der Einmündung des Vaubaches Wasseraufstösse beobachtet werden, was dafür spricht, dass der entsprechende Bachlauf eine Exfiltrationsstrecke darstellt, dass also aus dem Grundwasser Wasser an den Bachlauf abgegeben wird. Aufgrund des Ergebnisses der Gutachten Lardelli sowie Buchli/Voser kann somit festgehalten werden, dass eine ernste Gefährdung der Erlenauen als ausgeschlossen bezeichnet werden kann, sofern in der Aua da Vau während der Vegetationsperiode eine ausreichende Wassermenge fliesst. e) Ausserhalb der Vegetationsperiode ist das im Vaubach fliessende Wasser für den Bestand der Erlenaue nicht von entscheidender Bedeutung. Dennoch haben die Experten Buchli und Voser in teilweiser Abweichung von den Folgerungen des Experten Ammann an der Instruktionsverhandlung vom 27. Oktober 1986 auch während der Winterperiode eine ständige, wenn auch geringe Wasserführung des Vau gefordert. Der Gefahr der Vereisung messen sie keine massgebende Bedeutung bei. Sie haben festgehalten, dass dem Vaubach als Lieferant von Nährtieren für die Fische Bedeutung zukommt. Am Augenschein konnten entsprechende Kleinlebewesen im Bachbett festgestellt werden. Wird die Aua da Vau während der Wintermonate vollständig trocken gelegt, so verliert der Bach seine Bedeutung als Nährstofflieferant, was nach Auffassung der Experten als nicht tragbar zu bezeichnen ist. Die Schutzbestimmungen des Fischereigesetzes umfassen in der Tat ebenfalls den Schutz der Gewässer, denen als Lieferant von Fischnährtieren Bedeutung zukommt ( Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 FG ; Botschaft des Bundesrates vom 24. Januar 1973, BBl 1973 I S. 680). Auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung räumt dem Schutz entsprechender Gewässer, die als Nährtierlieferant in Frage kommen können, erhebliche Bedeutung bei (nicht veröffentlichtes Urteil vom 20. November 1985 i.S. SBN c. Flurgenossenschaft Düdingen betreffend Eindolung des Bundtelsbaches, Kt. Freiburg; vgl. auch BGE 108 Ib 178 ff.). 7. a) Als Ergebnis der im bundesgerichtlichen Instruktionsverfahren durchgeführten zusätzlichen Abklärungen ist festzuhalten, BGE 112 Ib 424 S. 439 dass die geplante Wasserkraftnutzung nicht nur - wie die Regierung angenommen hat - zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Fischerei führt, sondern dass auch der Bestand der Erlenaue entlang des Vaubaches gefährdet werden könnte, falls nicht eine ständige Wasserführung dieses Baches während der Vegetationsperiode sichergestellt wird. Ausserdem ist die völlige Trockenlegung des Vaubaches auch ausserhalb der Vegetationsperiode als nicht tragbar zu bezeichnen. Die weiteren in Frage stehenden Interessen der Walderhaltung, der Raumplanung und der Landwirtschaft stehen der Wasserkraftnutzung in dem von der Regierung zugestandenen Ausmasse nicht entgegen, doch ist die Sicherung dieser Interessen verbindlich festzulegen. b) Der zu erwartenden Beeinträchtigung sind die von den Beschwerdeführern anerkannten Interessen des Münstertales an einer sicheren und wenn möglich ausreichenden Energieversorgung gegenüberzustellen. Aus den Akten ergibt sich die Erfahrungstatsache, dass die Ofenpassleitung immer wieder Störungen und Ausfälle aufweist und dass die Energiezufuhr aus Italien nicht gesichert ist. Die Beschwerdeführer möchten diesen Mängeln freilich keine entscheidende Bedeutung beimessen. Auch sind sie der Ansicht, durch eine zweite Zufuhrleitung aus dem Engadin könne der Bedarf in ausreichendem und sicherem Masse gedeckt werden. Diesen Einwendungen gegenüber ist festzuhalten, dass bei der Prüfung der Frage, auf welchem Wege das auch von den Beschwerdeführern als berechtigt anerkannte Interesse an einer möglichst sicheren und preisgünstigen Energieversorgung befriedigt werden soll, der Beurteilungsspielraum der primär verantwortlichen Behörden zu respektieren ist und dass dabei auch technische Fragen gelöst werden müssen, bei denen Zweckmässigkeitsüberlegungen im Vordergrund stehen. Fragen des Ermessens kann das Bundesgericht - wie dargelegt - nicht frei überprüfen (s. nebst der oben, E. 3, zitierten Rechtsprechung auch BGE 99 Ib 79 E. 3a und BGE 98 Ib 217 E. 2b, 434 E. 2a). Wenn in Berücksichtigung der abgelegenen Lage des Münstertales unter den gegebenen Umständen sowohl die Gemeinden des Tales als auch die Regierung des Kantons Graubünden der Verbesserung der Eigenversorgung durch vermehrte Wasserkraftnutzung grösseres Gewicht beigelegt haben als der Möglichkeit eines kostspieligen Ausbaues der Energiezufuhr in das Tal oder einer sonstigen, keineswegs klar erkennbaren und in nützlicher Frist realisierbaren alternativen Lösung, so kann ihnen weder eine gegen Bundesrecht verstossende Beurteilung BGE 112 Ib 424 S. 440 noch ein Missbrauch des ihnen zuzubilligenden technischen Ermessens vorgeworfen werden. Dass auf weite Sicht bei Annahme eines stets zunehmenden Energiekonsums die Eigenversorgung auch mit dem nun zu beurteilenden Ausbau nicht sichergestellt werden kann - wie die Beschwerdeführer einwenden -, vermag den Vorwurf einer Überbewertung des energiewirtschaftlichen Interesses nicht zu begründen. Die Energiegewinnung stellt in jedem Fall einen gewichtigen Beitrag zur sicheren Energieversorgung des Tales dar. Auch ist das allgemeine Interesse an einer Verbesserung der Elektrizitätsversorgung durch massvolle Ausnützung der erneuerbaren landeseigenen Wasserkräfte nicht gering zu achten. c) Bei der Abwägung des Interesses an einer Verbesserung der Energieversorgung mit den Interessen der Fischerei ist zu beachten, dass im Rom die Fischqualität erhalten bleibt (dies im Unterschied zum Fall Wynau, s. BGE 109 Ib 214 ff.). Einzig die Quantität des Fischfanges nimmt ab. Diese Einbusse ist jedoch gemäss dem angefochtenen Beschluss (lit. B Ziff. 5) von der PEM durch eine entsprechende Zahlung auszugleichen; die Schäden am Fischbestand und der Ausfall des Fischertrages sind zu vergüten. Unter diesen Umständen durfte die Regierung mit ausreichenden Gründen das Interesse der Fischerei nicht als derart gewichtig erachten, dass es die Wasserkraftnutzung ausschliessen würde. Mit der Regelung des Fischereigesetzes nicht vereinbar ist hingegen der Verzicht auf eine Restwassermenge im Vaubach. Die völlige Trockenlegung eines für Jungfische und als Nährtierlieferant wertvollen Bachlaufes widerspricht Art. 1 und 2 lit. a sowie Art. 25 Abs. 1 lit. a FG , wonach die Fischgewässer zu erhalten und günstige Lebensbedingungen für die Wassertiere zu schaffen sind. Die in Abwägung der Gesamtinteressenlage in Kauf zu nehmenden Beeinträchtigungen schliessen die völlige Trockenlegung eines Fischgewässers grundsätzlich aus. Die zur Erhaltung eines Fischgewässers nötige Restwassermenge verunmöglicht die Wasserkraftnutzung nicht. Sie führt lediglich zu einer Verringerung der Energieerzeugung. Eine solche ist zumutbar, hat doch die Wasserkraftnutzung die gesetzlichen Voraussetzungen, zu denen das Gebot der Erhaltung der Fischgewässer gehört, zu respektieren. d) Auch die Interessen des Landschaftsschutzes durfte die Regierung mit ausreichenden Gründen nicht als derart gewichtig erachten, dass sie die Wasserkraftnutzung ausschliessen würden. Die geringere Wasserführung des Rom wird zwar zu einer gewissen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen. Doch ist der BGE 112 Ib 424 S. 441 Wasserlauf, wie der Augenschein gezeigt hat, nicht durchgehend zugänglich und nur an einzelnen Stellen frei einsehbar. Die Wasserfassung bei Resia erfordert verhältnismässig geringfügige Anlagen, so dass nicht von einem schweren Eingriff gesprochen werden kann. Auf eine ansprechende Gestaltung der Zentrale Graveras ist im Baubewilligungsverfahren zu achten. Im übrigen ist festzustellen, dass - wie erwähnt - die Sicherstellung der Bewässerung für die Landwirtschaft sich auch für die Anliegen des Landschaftsschutzes positiv auswirken wird. Als massgebend fällt sodann ins Gewicht, dass nicht mit einer grossflächigen Schädigung der Auenvegetation entlang des Bachlaufes gerechnet werden muss; lediglich kleinflächige Schäden oberhalb der Einmündung der Muranzina, die keineswegs mit Sicherheit zu erwarten sind, schliessen die Experten nicht vollständig aus. Als untragbar und mit Art. 18 und 21 NHG unvereinbar ist hingegen die Gefährdung der ausgedehnten und für das Landschaftsbild besonders prägenden Auenvegetation entlang des Vaubaches zu bezeichnen. Der Ausschluss dieser Gefährdung erfordert während der Vegetationsperiode die Sicherstellung einer ausreichenden Restwassermenge. e) Es fragt sich ferner, ob mit diesen Folgerungen den Anforderungen des am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Umweltschutzgesetzes in genügendem Masse Rechnung getragen wird. Das Gesetz verlangt für Anlagen, welche die Umwelt erheblich belasten können, eine Prüfung der Umweltverträglichkeit (Art. 9 Abs. 1). Der Bundesrat hat diese Anlagen zu bezeichnen, was noch nicht erfolgt ist. Doch ergibt sich aus seiner Botschaft zum Umweltschutzgesetz, dass u.a. Kraftwerke und grössere Wasserbauten solche Anlagen darstellen (BBl 1979 III S. 786). Die Prüfung der Umweltverträglichkeit solcher Werke, zu denen das Unternehmen der PEM zählt, erfordert in der Regel kein besonderes Bewilligungsverfahren. Sie fügt sich vielmehr in bestehende Entscheidverfahren ein (BBl 1979 III S. 786). Im vorliegenden Falle liegt verständlicherweise kein formell als Umweltverträglichkeitsprüfung bezeichneter Bericht vor, war doch das Umweltschutzgesetz im Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses noch nicht in Kraft. Doch ergibt sich hieraus nicht etwa die Unzulässigkeit der Bewilligung. Entscheidend ist vielmehr, ob in materieller Hinsicht den Anforderungen des Umweltschutzgesetzes Genüge getan wird ( BGE 112 Ib 39 ff., 42 ff. E. 1c). Dies ist BGE 112 Ib 424 S. 442 aufgrund der Abklärungen, die von der Regierung mit dem Gutachten Ammann und im bundesgerichtlichen Instruktionsverfahren mit den hydrogeologischen Untersuchungen sowie mit der Expertise Buchli/Voser veranlasst wurden, zu bejahen. Im übrigen ist auf die vorbehaltenen weiteren Bewilligungen und damit insbesondere auch auf die Baubewilligung zu verweisen. Diese hat die erforderlichen Bedingungen und Auflagen zu enthalten, mit denen den verschiedenen gesetzlichen Anforderungen Nachachtung zu verschaffen ist. 8. a) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Regierung die rechtserhebliche Interessenabklärung und -abwägung an sich unvollständig vorgenommen hat. In Berücksichtigung der im bundesgerichtlichen Instruktionsverfahren vorgenommenen Abklärungen ist jedoch ihrer Folgerung zuzustimmen, wonach die Anliegen der Fischerei sowie des Natur- und Landschaftsschutzes nicht derart gewichtig sind, dass auf die geplante Wasserkraftnutzung verzichtet werden muss. Auch die Interessen der Landwirtschaft stehen dieser Nutzung nicht entgegen, wenn - wie ausgeführt - der Bewässerung der Vorrang zugebilligt wird. b) Hingegen hat die Regierung bei ihrer unvollständigen Abwägung der Gesamtinteressenlage den zu berücksichtigenden Interessen der Fischerei und des Naturschutzes insoweit nicht in ausreichendem Masse Rechnung getragen, als sie bei der Fassung des Vaubaches keine Mindestabflussmenge vorgeschrieben hat. Die entsprechende Auflage ist somit anzuordnen. aa) Wird in Beachtung der gesetzlichen Anforderungen des Fischereigesetzes und des Natur- und Heimatschutzgesetzes im Sinne der von den Experten verlangten Mindestanforderungen bei der Fassung des Vaubaches in den Monaten Mai bis August eine Mindestabflussmenge von 50 l/s und in den Monaten September bis April eine solche von 20 l/s vorgeschrieben, so führt dies gemäss den vom Ingenieurbüro Brüniger & Co. im November 1986 vorgelegten Berechnungen, an deren Richtigkeit nicht zu zweifeln ist, zu einem Minderertrag gegenüber dem ursprünglichen Konzessionsprojekt im Betrage von Fr. 109'960.-- jährlich sowie zu einer Minderproduktion von 1'698'394 kWh (= -13,94%). Doch ist zur Beurteilung der Zumutbarkeit der entsprechenden Massnahme nicht vom Konzessionsprojekt, sondern von dem zur Beurteilung stehenden Regierungsentscheid auszugehen. Bereits die von der Regierung beschlossene Variante führt gegenüber dem Konzessionsprojekt zu einem Minderertrag von Fr. 91'511.55, was einer BGE 112 Ib 424 S. 443 Minderproduktion von 1'402'354 kWh entspricht (= rund -11,5%, dies wiederum gemäss den vom Ingenieurbüro Brüniger & Co. im November 1986 vorgelegten Berechnungen, die geringfügig von den noch im Regierungsentscheid genannten Zahlen abweichen). Die im Interesse sowohl der Auenvegetation als auch der Erhaltung des Fischgewässers der Aua da Vau zu verlangende Restwassermenge bei der Fassung des Vaubaches führt somit zu einer Erhöhung des Minderertrages von jährlich Fr. 18'448.45 bzw. der Minderproduktion um 296'040 kWh (= rund -2,5% gegenüber der von der Regierung genehmigten Variante, welche von der PEM akzeptiert wurde). Dieser Minderertrag ist der PEM zuzumuten, erhöhen sich doch deswegen die durchschnittlichen Gestehungskosten von 8,55 Rp./kWh bei dem von der Regierung gutgeheissenen Projekt nur um 0,24 Rp./kWh auf 8,79 Rp./kWh. Bei der Beurteilung der Tragbarkeit ist namentlich zu berücksichtigen, dass - wie dies auch die Regierung im angefochtenen Beschluss darlegt - eine langfristige Betrachtungsweise angezeigt ist. Einen Preis von 8,6 Rp. im Jahresmittel bezeichnete die Regierung langfristig als relativ vorteilhaft, was erkennen lässt, dass die Erhöhung auf 8,8 Rp. jedenfalls als tragbar zu bewerten ist. Es handelt sich um die zur Erhaltung eines Fischgewässers in Kauf zu nehmende Kostenfolge. bb) Eine weitergehende Erhöhung der Restwassermenge drängt sich hingegen nicht auf. Insbesondere ist davon abzusehen, für die Muranzina, welche stets eine Wasserführung von ca. 25 l/s aufweisen wird, eine Mindestwassermenge vorzuschreiben. Der Augenschein hat bestätigt, dass dieser Bach zufolge der Pflästerung seines Bettes im Gebiet von Sta. Maria nicht als Fischgewässer gelten kann. Auch befinden sich in jenem Bereich keine geschützten Auen, welche auf das Wasser der Muranzina angewiesen wären. Desgleichen lassen die im bundesgerichtlichen Instruktionsverfahren veranlassten Berechnungen der Auswirkung einer ständigen totalen Restwassermenge von 325 l/s bis 450 l/s erkennen, dass mit einem sehr erheblichen Minderertrag an Energie gerechnet werden müsste, den die Vorteile der höheren Restwassermenge nicht aufzuwiegen vermöchten. Gemäss den Aussagen der Experten Buchli und Voser ist eine Erhöhung der bei der Fassung Resia verlangten Restwassermenge von 250 l/s ohne massgebende Bedeutung für die Erlenauen. Die allfällige geringfügige Erhöhung des Fischertrages fällt bei den gegebenen örtlichen Verhältnissen im Rahmen der Abwägung BGE 112 Ib 424 S. 444 der Gesamtinteressenlage nicht entscheidend ins Gewicht. Es ist zu beachten, dass die Fischwanderung aus dem angrenzenden italienischen Gebiet wegen dortiger Wasserkraftanlagen ausgeschlossen ist und dass die Verminderung des Fischbestandes im Rom teilweise durch Jungfischeinsätze aus der Fischzuchtanstalt bei Müstair ausgeglichen werden kann. Für die Ertragseinbusse hat im übrigen die PEM - wie erwähnt - Entschädigung zu leisten (lit. B Ziff. 5 der angefochtenen fischerei- und naturschutzrechtlichen Bewilligung). cc) Schliesslich ist es nicht gerechtfertigt, die von der Regierung bei Notlagen zugebilligte Unterschreitung der bei der Fassung Resia verlangten Restwassermenge von 250 l/s bis auf minimal 100 l/s aufzuheben. Die restriktive Umschreibung der entsprechenden Bestimmung (lit. B Ziff. 2 der angefochtenen Bewilligung) schliesst Missbräuche aus. Auch kann aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Jahre angenommen werden, dass von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch gemacht werden muss. Derartige Notlagen werden nur bei aussergewöhnlichen Umständen eintreten, wobei ausserdem damit zu rechnen ist, dass die Störung in verhältnismässig kurzer Zeit behoben sein wird. dd) Zu beachten ist jedoch, dass gemäss den Aussagen der Experten nicht genau bekannt ist, welche Wassermenge im Vaubach im Abschnitt zwischen der Fassung und der Einmündung in den Rom versickert. Zufolge der zu verlangenden ständigen Wasserführung haben daher die Experten gefordert, dass in der kritischen Winterperiode wenigstens 5 l/s bei der Einmündung vorhanden sein müssen. Da erst die Erfahrung zeigen wird, ob bei einer Restwassermenge von 20 l/s jedenfalls 5 l/s in den Rom fliessen, ist die PEM zu regelmässigen Kontrollen zu verpflichten. Sollten diese ergeben, dass keine oder eine geringere Menge einmündet, ist sie zu einer Erhöhung der abzugebenden Restwassermenge zu verpflichten, allerdings nur mit der Massgabe, dass diese Erhöhung zu Lasten des bei der Fassung Resia in den Rom abzugebenden Restwassers entnommen werden darf. Ein solches Vorgehen entspricht dem Vorschlag der PEM, das im Vaubach zu belassende Restwasser durch eine Minderabgabe in den Rom auszugleichen, ein Vorgehen, dem freilich nur im dargelegten beschränkten Masse zugestimmt werden kann. Mit der Festlegung der beantragten gesamten Restwassermenge für den Rom und den Vaubach auf 300 l/s in der Periode Mai bis August bzw. auf 270 l/s in der Periode September bis April wird nicht nur eine Verbesserung der Verhältnisse für die Fischerei und BGE 112 Ib 424 S. 445 den Schutz der Auen erzielt, sondern es wird auch der Konzessionärin - wie dies das Wasserrechtsgesetz fordert - die zu nutzende Wassermenge verbindlich zugesichert ( BGE 107 Ib 144 E. 3a). Bei der Würdigung der genannten Mindestwassermengen ist zudem zu berücksichtigen, dass ausser der in der Muranzina verbleibenden Wassermenge von 25 l/s aus kleineren Seitenbächen zusätzliches Wasser von 45 l/s in den Rom fliesst (Gutachten Ammann, S. 14). Auch wird zufolge der begrenzten Schluckfähigkeit des Kraftwerkes Graveras bei stärkerer Wasserführung eine grössere Wassermenge im Bachbett des Rom und des Vau verbleiben. Die Befürchtung des Kantonalen Fischereivereins, es könne ein Ausbau der Anlage erfolgen, der zu grösserem Wasserbezug führe, ist unbegründet. Eine Vergrösserung der Schluckfähigkeit der Turbinen wird von der PEM abgelehnt (s. Zusatzbericht vom 10. Februar 1983). Ausserdem bedürfte eine zusätzliche Wasserentnahme einer neuen fischereirechtlichen Bewilligung. Diese könnte erneut angefochten werden. c) Mit der in der vorliegenden Sache erfolgten Interessenabwägung wird der besonderen Lage eines abgelegenen Tales Rechnung getragen. Das Ergebnis der Abwägung lässt sich daher nicht ohne weiteres auf andere Projekte wie namentlich Mittelland-Kraftwerke übertragen. Die vom WWF-Schweiz dahingehend geäusserten Befürchtungen sind somit unbegründet. 9. Demnach ist der Hauptantrag des Naturschutzbundes und des WWF-Schweiz, die fischerei- und naturschutzrechtliche Bewilligung sei zu verweigern, abzulehnen. Hingegen sind die Beschwerden teilweise gutzuheissen, indem der angefochtene Beschluss mit der Verpflichtung zu ergänzen ist, bei der Wasserfassung des Vaubaches eine minimale Restwassermenge im genannten Umfange im Bachbett zu belassen. Ausserdem ist der Vorrang der Bewässerung für die Landwirtschaft sicherzustellen und im Sinne der Forderung der Experten zu verlangen, dass die Wasserzufuhr für den Betrieb des Kraftwerkes derart zu regulieren ist, dass negative Schwalleinwirkungen vermieden werden. Schliesslich sind auch die weiteren Bewilligungen ausdrücklich vorzubehalten.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6c3daee9-0abc-4be3-b75a-97c42e83c08d
Urteilskopf 117 II 218 45. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 11. Juli 1991 i.S. D.-B. gegen D. (Berufung)
Regeste Anfechtung einer gerichtlich genehmigten Scheidungskonvention wegen Irrtums und Täuschung. Auskunftspflicht der Parteien im Scheidungsverfahren ( Art. 24 und 28 OR ). Auf die Auskunftspflicht anwendbares Recht ( Art. 61 IPRG ). 1. Sieht das kantonale Prozessrecht vor, dass ein gerichtlicher Vergleich wegen eines Willensmangels nur auf dem Weg der Revision angefochten werden kann, so unterliegt der Entscheid, der die Revision mangels Vorhandenseins eines Willensmangels verweigert, als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG der Berufung (E. 1). 2. Voraussetzungen für die Irrtumsanfechtung eines gerichtlichen Vergleichs (E. 3 bis 5). - Auch ein fahrlässiger Irrtum führt grundsätzlich zur Anfechtbarkeit. Kümmert sich jedoch jemand bei Vergleichsschluss nicht um die Klärung einer bestimmten Frage, obgleich sich diese offensichtlich stellt, so darf die andere Partei daraus schliessen, dieser Punkt sei für den Partner ohne Bedeutung (E. 3b). - Ein Irrtum kann auch darin bestehen, dass jemand ein tatsächlich bereits eingetretenes Ereignis für ein zukünftiges und dessen Eintritt deshalb für unsicher hält. Demgegenüber genügt es nicht, dass eine zukünftige Entwicklung anders verlaufen ist, als der Anfechtende sie sich bei Vergleichsschluss vorgestellt hatte (E. 4b). 3. Im Scheidungsverfahren ist jeder Ehegatte verpflichtet, den andern von sich aus über sein Einkommen und Vermögen zu informieren, soweit dies für ein Geltendmachen der Ansprüche nötig ist und die Auskunft nicht auf andere Weise erhalten werden kann. Die Verletzung dieser Pflicht kann mit Blick auf den Abschluss der Scheidungskonvention eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR darstellen (E. 5). 4. Diese Informationspflicht ergibt sich aus dem Scheidungsrecht selber und trifft die Parteien in einem schweizerischen Scheidungsverfahren unabhängig davon, welchem Recht die Wirkungen der Ehe im allgemeinen und das Güterrecht unterstehen (E. 5a). 5. Bedeutung der Frage der Verkäuflichkeit einer Unternehmensbeteiligung für deren Bewertung im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung (E. 4a).
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 117 II 218 S. 220 A.- Mit Urteil vom 23. Mai 1984 schied das Bezirksgericht Zürich die Ehe der Eheleute D.-B., wobei es die Vereinbarung der Parteien vom 17. Mai 1985 über die Nebenfolgen der Scheidung genehmigte, In Ziffer 2.3 dieser Vereinbarung war die Abgeltung der renten- und güterrechtlichen Ansprüche bzw. Anwartschaften der Ehefrau geregelt worden. Danach übertrug der Ehemann der Ehefrau das Eigentum an der Liegenschaft X.-Strasse in Zürich. Überdies hatte er ihr eine einmalige Abfindung von Fr. ... zu bezahlen, und zwar in der Weise, dass er ihr einen Bankcheck über Fr. ... übergab und die verbleibenden Fr. ... bis Ende Juni 1985 zu überweisen hatte. Das Scheidungsurteil wurde von keiner Seite angefochten. B.- Mit Eingabe vom 28. August 1986 stellte die geschiedene Ehefrau beim Bezirksgericht Zürich ein Revisionsbegehren. Sie verlangte die Aufhebung der Dispositiv-Ziffer 3 des Scheidungsurteils, mit welcher die Parteivereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung genehmigt worden war, und die Neuregelung der güterrechtlichen Nebenfolgen. Der Revisionsbeklagte beantragte die vollumfängliche Abweisung des Revisionsbegehrens. Das Bezirksgericht führte zur Frage der Rechtzeitigkeit des Revisionsbegehrens ein Beweisverfahren durch und trat mit Beschluss vom 22. Dezember 1988 auf dieses Begehren nicht ein. Mit Beschluss vom 30. Mai 1989 wies das Obergericht des Kantons Zürich den von der Revisionsklägerin gegen den bezirksgerichtlichen Beschluss erhobenen Rekurs ab und bestätigte den erstinstanzlichen Entscheid. BGE 117 II 218 S. 221 C.- Gegen den obergerichtlichen Entscheid hat die Revisionsklägerin am 14. Juli 1989 Berufung an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung der Angelegenheit zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz. Das Obergericht hat auf Gegenbemerkungen zur Berufung verzichtet. Der Berufungsbeklagte beantragt die Abweisung der Berufung. Mit Entscheid vom 12. November 1990 hat das Kassationsgericht des Kantons Zürich eine von der Revisionsklägerin gegen den obergerichtlichen Beschluss ebenfalls eingereichte Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut aus den folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Es stellt sich zunächst die Frage, ob der obergerichtliche Entscheid als Endentscheid im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG betrachtet werden kann, welcher der Berufung an das Bundesgericht unterliegt. Das Obergericht hat es abgelehnt, dem gegen das rechtskräftige Scheidungsurteil gerichteten Revisionsgesuch der Klägerin Folge zu geben. Diese hatte geltend gemacht, die im Scheidungsurteil genehmigte Scheidungsvereinbarung leide hinsichtlich der in Ziffer 2.3 vereinbarten Abgeltung der güterrechtlichen Ansprüche an einem Willensmangel und sei insoweit unverbindlich. Sie stützte sich dabei auf § 293 Abs. 2 der Zürcher ZPO, der folgenden Wortlaut hat: "Gegen einen Endentscheid, der auf Grund von Klageanerkennung, Klagerückzug oder Vergleich ergangen ist, kann Revision verlangen, wer nachweist, dass die Parteierklärung zivilrechtlich unwirksam ist." Während das Bezirksgericht das Revisionsgesuch als verspätet betrachtet hat und deshalb darauf nicht eingetreten ist, hat das Obergericht die Frage der Rechtzeitigkeit offengelassen und seinen Entscheid damit begründet, dass sich die Klägerin bei Abschluss der Scheidungsvereinbarung weder in einem Irrtum befunden habe noch getäuscht worden sei; es fehle deshalb am Nachweis einer zivilrechtlich unwirksamen Parteierklärung und somit an einer Voraussetzung für die Revision. Ein solches Urteil unterliegt der Berufung an das Bundesgericht, weil damit endgültig über eine sich nach Bundesrecht zu beurteilende Frage, nämlich jene der BGE 117 II 218 S. 222 Anfechtbarkeit der Scheidungsvereinbarung wegen Willensmangels, entschieden worden ist. Dem Eintreten auf die Berufung steht auch die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht entgegen, wonach kantonale Urteile, mit denen eine Revision nicht zugelassen wird, grundsätzlich nicht als berufungsfähige Endentscheide im Sinne von Art. 48 Abs. 1 OG zu betrachten sind (vgl. dazu BGE 116 II 91 /92 mit Hinweisen). Hier geht es um den bundesrechtlichen Anspruch, eine Willenserklärung, die zur Erledigung eines Prozesses geführt hat, wegen Willensmangels anfechten zu können. Nach zürcherischem Recht ist dieser Anspruch auf dem Wege der Revision geltend zu machen, wofür in § 293 Abs. 2 ZPO ein selbständiger Revisionsgrund vorgesehen worden ist (vgl. dazu BGE 110 II 44 ff. mit Hinweisen). Dieser Rechtsweg entspricht übrigens der in BGE 60 II 82 und 170 f. vertretenen Auffassung, wonach die Anfechtung einer Scheidungskonvention wegen Willensmängeln nur auf dem Wege der Revision und nicht einer selbständigen Klage erfolgen könne. Diese Frage wird in BGE 99 II 361 E. 3b allerdings wieder offengelassen. Im angefochtenen Urteil wird das Vorliegen des besonderen Revisionsgrunds von § 293 Abs. 2 ZPO des Kantons Zürich nicht aus einem prozessualen Grund verneint, wie insbesondere wegen verspäteter Geltendmachung, sondern weil die von der Klägerin angefochtene Scheidungsvereinbarung nicht an einem Willensmangel gelitten habe. Diese bundeszivilrechtliche Frage, die im Unterschied zu BGE 93 II 153 E. 2 nicht nur den Charakter einer bundesrechtlichen Vorfrage aufweist, muss dem Bundesgericht auf dem Wege der Berufung zur Beurteilung unterbreitet werden können, wobei offenbleiben kann, ob am letzterwähnten Entscheid festgehalten werden kann (vgl. dazu BGE 116 II 91 f.). Auf die Berufung ist daher grundsätzlich einzutreten, ohne dass im übrigen geprüft werden müsste, ob an der in BGE 60 II 82 und 170 vertretenen Auffassung über die Anfechtung von Scheidungsvereinbarungen wegen Willensmängeln festgehalten werden kann. 3. Es bleibt schliesslich zu prüfen, ob das Obergericht mit der Annahme, es liege kein wesentlicher Willensmangel vor, Bundesrecht verletzt hat, wie dies die Klägerin geltend macht. a) Das Obergericht ging davon aus, dass der Vergleichsirrtum nur dann als Anfechtungsgrund beachtlich sein könne, wenn die Parteien von einem bestimmten Sachverhalt ausgegangen seien, der sich nachträglich als nicht gegeben erweise, oder wenn eine BGE 117 II 218 S. 223 Partei mit Wissen der andern irrtümlich angenommen habe, ein bestimmter Sachverhalt sei gegeben. Der Irrtum müsse somit stets einen Tatbestand betreffen, den die Parteien als sicher angesehen hätten. Keine Anfechtungsmöglichkeit bestehe demgegenüber mit Bezug auf eine Frage, die selber Gegenstand des Vergleichs gebildet habe. Dieser komme nur zustande, weil die entsprechende Frage aus Gründen des Sachverhalts oder der Rechtsanwendung im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses unsicher gewesen sei. Werde sie später geklärt, könne dies nicht zu einer Irrtumsanfechtung führen. Zweck des Vergleichs sei es gerade, auf die Klärung der entsprechenden Frage zu verzichten (vgl. RUST, Die Revision im Zürcher Zivilprozess, Diss. Zürich 1981, S. 137 f.). Das Obergericht nahm vorliegend an, die Klägerin habe im Zeitpunkt der Scheidung gewusst, dass Verkaufsverhandlungen über die Beteiligung des Beklagten an den X.-Werken im Gange seien. Es wäre damit an ihr gewesen, sich für den entsprechenden Kaufpreis zu interessieren. Habe sie dies damals nicht getan, könne sie heute nicht geltend machen, der hohe Kaufpreis habe dem Vergleich die Grundlage entzogen. Es sei neben der Frage des anwendbaren Rechts auch die Unsicherheit bei der Bewertung der Beteiligung gewesen, die der Vergleich ausgeräumt habe. Wenn sich die Beteiligung nachträglich wegen des Verkaufs als weit wertvoller erwiesen habe als im Zeitpunkt der Scheidung von der Klägerin angenommen, so habe diese darauf spekuliert, dass kein Verkauf zustande komme. Wer aber bei einem Vergleichsabschluss auf eine bestimmte zukünftige Entwicklung spekuliere, irre sich nicht, wenn sich der erhoffte Sachverhalt nicht erfülle, da er ja um dessen Unsicherheit wisse. b) Insoweit kann dem Obergericht zugestimmt werden. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz wusste die Klägerin, dass Verkaufsverhandlungen geführt wurden, als sie die Scheidungskonvention abschloss. Dies konnte sie auf jeden Fall aus der Bankbestätigung ersehen, die der Beklagte beim Konventionsabschluss vorlegte. Ebenfalls zu Recht wird der Klägerin vorgehalten, sie habe wissen müssen, dass der innere Wert der Beteiligung des Beklagten an den X.-Werken weit über dem Steuerwert lag. Insofern hat es die Klägerin sich selber zuzuschreiben, wenn sie den Wert der Beteiligung verkannt hat, weil sie nicht an das Zustandekommen eines Veräusserungsvertrags glaubte. Der Klägerin ist allerdings zuzustimmen, wenn sie darauf hinweist, dass es für eine Anfechtung nach Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR BGE 117 II 218 S. 224 grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob sich der Anfechtende bloss fahrlässig geirrt hat. Die Klägerin verkennt aber, dass eine Vertragspartei nicht mit einem unsorgfältigen Vorgehen der Gegenpartei rechnen muss. Aus dem Handeln einer Partei sind nach Treu und Glauben gewisse Schlüsse zu ziehen. Kümmert sich jemand bei Vertragsabschluss nicht um die Klärung einer bestimmten Frage, obwohl es auf der Hand liegt, dass diese sich stellt, so darf die andere Partei grundsätzlich daraus den Schluss ziehen, dieser Punkt sei für den Partner im Hinblick auf den Vertragsabschluss nicht von Bedeutung. Das sich im nachhinein nur als fahrlässig herausstellende Verhalten kann somit bewirken, dass ein bestimmter Umstand vom Irrenden nicht nach Treu und Glauben als notwendige Grundlage des Vertrages betrachtet werden durfte. Wenn die Klägerin sich für die Höhe des Kaufpreises nicht interessiert hat, obgleich sie wusste, dass Verkaufsverhandlungen geführt wurden, und dieser Sachverhalt dem Beklagten erkennbar war, so kann sie nicht geltend machen, nach Treu und Glauben sei es für sie eine Vertragsgrundlage gewesen, dass kein derart hoher Erlös für die Beteiligung an den X.-Werken erzielt werde. Insoweit erweist sich die Berufung als unbegründet. 4. Allerdings ist zu beachten, dass Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR sich nicht nur auf Sachverhalte und Umstände bezieht, die im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses bereits bestanden haben. Auch ein Irrtum über eine in der Zukunft liegende Entwicklung ist möglich. Diesfalls müssen aber die Parteien einen bestimmten zukünftigen Sachverhalt irrtümlich als sicher angesehen haben ( BGE 109 II 110 f.). Nur wenn die eine Partei fälschlicherweise annahm, ein zukünftiges Ereignis sei sicher, und die andere Partei davon entweder auch überzeugt war oder - wenn sie sich der Unsicherheit bewusst war - nach Treu und Glauben hätte erkennen müssen, dass die Sicherheit für die andere Partei Vertragsvoraussetzung war, liegt ein Irrtum im Sinne der genannten Bestimmung vor. Es genügt somit nicht, dass die sich auf Irrtum berufende Partei von einer künftigen Entwicklung ausging, die sich nicht verwirklicht hat; sie muss sich vielmehr über die Sicherheit dieser Entwicklung geirrt haben. Der Irrtum kann sich vorliegend somit auch auf die Frage beziehen, ob vom Zeitpunkt der Scheidung aus gesehen künftig ein Veräusserungsvertrag über die Unternehmensbeteiligung des Beklagten zustande kommen werde. BGE 117 II 218 S. 225 a) Nach den Regeln über die Zugewinngemeinschaft des deutschen Rechts ist für die Bewertung der einzelnen Vermögensrechte grundsätzlich vom Verkehrswert auszugehen (GERNHUBER, Münchner Kommentar, 1989, N. 8 f. zu § 1376 BGB). Bei diesem handelt es sich um den Betrag, der bei einem Verkauf gelöst werden könnte (DRUEY, Die Bewertung von Vermögensobjekten im ehelichen Güterrecht und im Erbrecht, in Festschrift Hegnauer, Zürich 1986, S. 19, mit weiteren Hinweisen). Bezogen auf eine Beteiligung an einem Unternehmen ist somit grundsätzlich von jenem Betrag auszugehen, der bei einer Veräusserung der Beteiligung zu erhalten wäre. Deren Wert lässt sich somit nicht einfach aufgrund des innern Werts des Unternehmens bestimmen. Vielmehr ist auch darauf abzustellen, ob eine Beteiligung überhaupt verkäuflich ist und allenfalls unter welchen Voraussetzungen. Damit erlangen für die Bewertung die Verkaufsaussichten eine zentrale Bedeutung. Das Obergericht hält mit Hinweis auf das bezirksgerichtliche Urteil fest, die Klägerin habe am Zustandekommen eines Verkaufs gezweifelt. Das ist insofern auch verständlich, als offenbar stets von den Schwierigkeiten die Rede war, die eine Einigung aller am Unternehmen beteiligten Familienmitglieder namentlich auch wegen erbrechtlicher Fragen bereite. Solange aber äusserst fraglich erschien, ob es überhaupt je zu einem Verkauf der Beteiligung des Beklagten an den X.-Werken komme, war ein allfälliger Kaufpreis von geringer Bedeutung. Zur Bestimmung des Verkehrswerts kann der erzielbare Erlös etwas beitragen, wenn der Abschluss eines Kaufvertrags überhaupt als möglich erscheint. Für die Frage des Vorhandenseins eines Zugewinns, der allenfalls zu teilen wäre, war somit nicht in erster Linie der innere Wert der X.-Werke massgebend, sondern ob die einem Verkauf entgegenstehenden Hindernisse überwunden werden könnten oder nicht. b) Beim Abschluss der Scheidungskonvention war nach dem Dargelegten die Frage von grosser Bedeutung, wie stark die familiären und erbrechtlichen Schwierigkeiten einem Verkauf der Beteiligung entgegenstünden und damit deren Verkehrswert negativ beeinflussten. Dass der Beklagte damit rechnete, diese Schwierigkeiten zu überwinden, konnte der Klägerin nicht entgangen sein. Andernfalls hätte er sich kaum in Vertragsverhandlungen eingelassen und der Bank einen allfälligen Verkaufserlös als Sicherheit für deren Garantie abgetreten. Andererseits hat aber das Obergericht - wie dargestellt - auch verbindlich festgehalten, dass die BGE 117 II 218 S. 226 Klägerin am Erfolg der Verkaufsbemühungen gezweifelt hat. Die Schwierigkeiten, eine Einigung in der Familie X. zu erzielen und die erbrechtlichen Fragen lösen zu können, schienen ihr offenbar beinahe unüberwindlich. Ob diese Einschätzung richtig oder falsch war, kann nicht Gegenstand eines Irrtums gebildet haben, der eine Anfechtung der Konvention rechtfertigte. Dies stellte - wie sich das Obergericht ausdrückt - das "caput controversum" der Konvention dar, auf dessen Klärung mit der Vereinbarung gerade verzichtet wurde. Nicht Gegenstand, sondern Grundlage der Konvention war es demgegenüber, dass es sich dabei um das Beurteilen einer zukünftigen Entwicklung handle. Die Irrtumsanfechtung ist beim Vergleich zulässig, sofern der Irrtum sich auf einen Sachverhalt bezieht, von dessen Existenz beide Parteien bei Abschluss des Vergleichs ausgingen oder doch die eine Partei mit Wissen der andern (MEIER-HAYOZ, Berufung auf Irrtum beim Vergleich, SJZ 49. Jahrg. (1953), S. 119). Einen solchen Sachverhalt bildete der Umstand, dass die familiären und erbrechtlichen Schwierigkeiten im Zusammenhang mit einer Veräusserung der Beteiligung im damaligen Zeitpunkt noch nicht überwunden gewesen seien. Abzuschätzen, ob diese Schwierigkeiten bedeutend seien oder nicht, hatte nur solange einen Sinn, als nicht bereits eine Einigung unter den an den X.-Werken Beteiligten zustandegekommen war und die erbrechtlichen Hindernisse gegenüber einem Verkauf ausgeräumt waren. Sollte sich erweisen, dass entgegen der damaligen Vorstellung der Klägerin die einer Veräusserung entgegenstehenden Hindernisse im Zeitpunkt des Konventionsabschlusses bereits ausgeräumt waren, läge ein Irrtum im Sinne von Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR vor. Ohne Bedeutung ist dabei, ob im damaligen Zeitpunkt der Verkauf bereits endgültig zustande gekommen war. Die tiefe Bewertung der Beteiligung war für die Klägerin auf die familiären, bzw. erbrechtlichen Schwierigkeiten eines Verkaufs zurückzuführen, nicht darauf, dass bestimmte Behörden den Kaufvertrag noch zu genehmigen hatten. Ob diese Genehmigungen damals schon vorlagen oder nicht, ist deshalb für die Irrtumsanfechtung bedeutungslos. Der Beklagte weist nun allerdings darauf hin, dass es nicht auf den Wert der Beteiligung im Zeitpunkt der Scheidung, sondern der Klageeinreichung ankomme. Die deutsche Zugewinngemeinschaft stelle nämlich auf den Vermögensstand in diesem Zeitpunkt ab. BGE 117 II 218 S. 227 Für die Frage, mit welchen Risiken eine gerichtliche Klärung des Werts der Beteiligung im Zeitpunkt der Klageeinreichung verbunden gewesen wäre, kommt es aber auf den Stand der Dinge und das Wissen der Parteien im Zeitpunkt des Konventionsabschlusses an, Ereignisse, die nach dem für die Bewertung massgebenden Zeitpunkt eingetreten sind, lassen Rückschlüsse auf den Wert in diesem Zeitpunkt zu. c) Mit Bezug auf den massgebenden Zeitpunkt fragt es sich, ob von Bedeutung sein kann, dass die Scheidungskonvention vom 17. Mai 1985, welche mit dem Urteil vom 23. Mai 1985 genehmigt wurde, eine entsprechende Vereinbarung vom 17. März 1985 ersetzte. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Konventionen bestand im Zahlungsmodus für die einmalige Abfindungssumme, die der Beklagte der Klägerin auszurichten hatte, indem die Zahlungsfrist massiv verkürzt wurde. Indessen kann es nicht auf den Zeitpunkt des Konventionsabschlusses, sondern nur auf denjenigen ankommen, bis zu dem jede Partei die Möglichkeit hat, dem Gericht die Nichtgenehmigung der Konvention zu beantragen (zum Recht, die Nichtgenehmigung zu beantragen, vgl. BGE 115 II 208 f.). Der Umstand, dass die Konvention vom 17. Mai 1985 eine frühere ersetzt hat, ist deshalb ohne Bedeutung. d) Entgegen den Ausführungen in der Berufungsschrift hat das Obergericht nicht in aktenwidriger Weise festgestellt, die Einigung unter den X.-Erben sei bei Abschluss der Scheidungskonvention noch nicht perfekt gewesen. Vielmehr lässt das Obergericht diese Frage ausdrücklich offen. Die Sache ist deshalb zur Klärung dieses Punkts an das Obergericht zurückzuweisen. 5. Das Obergericht scheint einen Willensmangel zudem deshalb zu verneinen, weil die Scheidungskonvention auch den Entscheid der Frage überflüssig gemacht habe, ob schweizerisches oder deutsches Güterrecht anwendbar sei. Der Wert der Beteiligung an den X.-Werken sei aber nur dann von Bedeutung, wenn das deutsche Recht zur Anwendung gelange. Mit der Vereinbarung hätten die Parteien somit den Zugewinnanspruch nicht nur wegen der Unsicherheit bei der Bewertung, sondern auch wegen der Frage des anwendbaren Rechts vergleichsweise erledigt. Dabei verkennt das Obergericht, dass beides eng miteinander verknüpft ist. Die Klägerin kann sich zu Recht darauf berufen, dass für sie die Frage des anwendbaren Rechts solange ohne Bedeutung blieb, als der Wert der Beteiligung mit derart vielen Unsicherheiten verbunden war. Sollte sich aber ergeben, dass im Zeitpunkt des BGE 117 II 218 S. 228 Vergleichsschlusses objektiv keine Unsicherheit über den Wert der Beteiligung mehr bestanden hat, gewinnt die Frage, ob der Güterstand nach schweizerischem oder deutschem Recht zu liquidieren ist, eine ganz andere Bedeutung und der Konvention wird dadurch auch in diesem Punkt die Grundlage entzogen. 6. Selbst wenn man dem Urteil des Obergerichts folgen wollte und die Frage, ob sich die an den X.-Werken Beteiligten im damaligen Zeitpunkt über eine Veräusserung bereits geeinigt hatten, als Gegenstand der Konvention ansähe und nicht als deren Grundlage, müsste die Berufung gutgeheissen werden. Die Klägerin stützt ihre Anfechtung nämlich nicht nur auf Irrtum, sondern auch auf Täuschung. a) Nach Art. 28 OR ist ein Vertrag anfechtbar, wenn ein Vertragsschliessender durch absichtliche Täuschung seitens des andern zum Vertragsschluss verleitet wurde, selbst wenn der Irrtum kein wesentlicher im Sinne von Art. 24 OR war. Eine Täuschung ist im Vorspiegeln falscher oder Unterdrücken bzw. Verschweigen richtiger Tatsachen zu erblicken. Das Verschweigen von Tatsachen vermag eine Täuschung allerdings nur insoweit zu bewirken, als eine Aufklärungspflicht besteht; eine solche kann sich aus besonderer gesetzlicher Vorschrift oder aus Vertrag ergeben sowie daraus, dass eine Mitteilung nach Treu und Glauben und den herrschenden Anschauungen geboten ist ( BGE 116 II 434 E. 3a). Die Klägerin will eine entsprechende Auskunftspflicht aus § 1379 BGB ableiten. Diese Bestimmung verpflichte einen Ehegatten zur Auskunft über alles, was den andern in die Lage versetze zu prüfen, ob ihm ein Zugewinnausgleich zustehe oder nicht. Wie die Ausführungen unter Erwägung 4 zeigen, ist die Frage, ob die familiären und erbrechtlichen Hindernisse eines Verkaufs im damaligen Zeitpunkt ausgeräumt waren, für das Vorliegen eines Zugewinns von zentraler Bedeutung. Insoweit ist ohne Zweifel eine Auskunftspflicht des Beklagten zu bejahen. Fraglich ist demgegenüber, ob diesbezüglich deutsches Recht anwendbar ist oder ob sich eine allfällige Auskunftspflicht nicht vielmehr nach schweizerischem Recht richtet. Dabei ist zu beachten, dass Art. 170 ZGB , der eine allgemeine Auskunftspflicht unter Ehegatten vorsieht, noch nicht galt, als die Scheidungskonvention im vorliegenden Fall abgeschlossen wurde. Eine gewisse Auskunftspflicht ergab sich allerdings schon unter altem Eherecht aus der Treue- und Beistandspflicht der Ehegatten (Art. 159 Abs. 2 und 3 und Art. 160 Abs. 2 alt ZGB). Nach der Lehre hatte der Ehemann seiner Frau BGE 117 II 218 S. 229 wenigstens in groben Zügen über seine finanziellen Verhältnisse Aufschluss zu geben, ohne dass diese Verpflichtung aber rechtlich durchgesetzt werden konnte (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, N. 3 zu Art. 170 mit Verweis auf LEMP, Berner Kommentar, N. 9 zu alt Art. 205), Eine durchsetzbare Verpflichtung konnte sich nur aus dem Güterrecht ergeben, wobei im Bereich der Güterverbindung der Ehemann während der Dauer des Güterstands seine Frau nur über den Stand ihres eingebrachten Gutes und bei Auflösung der Güterverbindung über die für die güterrechtliche Auseinandersetzung massgebenden Sachverhalte orientieren musste (vgl. BGE 90 II 469 ). Falls im vorliegenden Fall somit schweizerisches Güterrecht anwendbar sein sollte, lässt sich aufgrund des alten Eherechts keine durchsetzbare Auskunftspflicht ableiten, da die fragliche Beteiligung nach schweizerischem Recht Eigengut des Mannes darstellt. Das Bundesgericht hat allerdings in BGE 90 II 468 ff. die Verpflichtung des Ehemannes zur Auskunfterteilung über das sich aus Art. 205 Abs. 1 alt ZGB ergebende Mass ausgedehnt. Es hat eine Auskunftspflicht bei Auflösung des Güterstands nicht nur mit Bezug auf das eingebrachte Frauengut, sondern auch die Errungenschaft bejaht, weil der Ehefrau bei der Scheidung regelmässig die nötigen Beweismittel fehlten, um Höhe und Umfang des ehelichen Vermögens darzutun, soweit dieses für die Vorschlagsberechnung von Bedeutung ist. Ihr Recht auf eine sachgerechte Auseinandersetzung bleibe allein dann gewahrt, wenn eine Pflicht des Ehemannes angenommen werde, über das eheliche Vermögen Rechnung abzulegen und über einzelne Positionen Auskunft zu geben ( BGE 90 II 469 ). Das Bundesgericht leitete somit die Erweiterung der Auskunftspflicht aus der besonderen Lage ab, in der sich die Ehegatten im Scheidungsprozess befinden. Dieser Gedanke lässt sich verallgemeinern. Ehegatten stehen sich - auch wenn sie verfeindet sind - im Scheidungsverfahren nicht wie beliebige Prozessparteien gegenüber. Der Umstand, dass sie bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils durch die Ehe verbunden sind und diese sogar über die Scheidung hinaus gewisse Wirkungen entfaltet (vgl. z.B. Art. 152 ZGB ), muss auch ihr Verhalten im Prozess selber beeinflussen. Daraus lässt sich insofern eine erhöhte Auskunftspflicht ableiten, als die Scheidungspartner sich über ihr Einkommen und Vermögen wenigstens soweit unterrichten müssen, als dies für ein Geltendmachen der Ansprüche nötig ist und die Auskunft nicht auf andere Weise erhalten werden kann. Die BGE 117 II 218 S. 230 Auskunftspflicht bezieht sich somit im Scheidungsprozess nicht nur auf das eingebrachte Gut der Frau und die Errungenschaft, sondern auf alle wirtschaftlichen Belange, die für die scheidungsrechtlichen Ansprüche von Bedeutung sind. Da sich diese Auskunftspflicht nicht auf das Güterrecht abstützt, sondern sich aus dem Scheidungsrecht selber ergibt, ist diesbezüglich ohne Bedeutung, ob die Ehegatten schweizerischem oder deutschem Güterrecht unterstellt waren. Sowohl nach dem damals geltenden Art. 7h Abs. 3 NAG als auch nach Art. 61 IPRG untersteht die Scheidung selber dem gemeinsamen schweizerischen Wohnsitzrecht der Parteien. Auch vor Inkrafttreten des IPRG war das ausländische Heimatrecht nur mit Bezug auf den Scheidungsgrund und die Anerkennung des schweizerischen Scheidungsurteils beachtlich (SCHWANDER, Das Internationale Familienrecht der Schweiz, St. Gallen 1985, Bd. I, S. 297 f.; VISCHER/VON PLANTA, Internationales Privatrecht, Basel 1982, S. 88 ff.). b) Wie unter Erwägung 4b dargelegt, war für den Inhalt der Scheidungsvereinbarung die Frage von zentraler Bedeutung, ob eine Einigung unter den an den X.-Werken Beteiligten über eine Veräusserung bereits zustande gekommen war oder nicht. Wohl wusste die Klägerin um die Verkaufsverhandlungen. Sie kannte aber auch die internen Schwierigkeiten, die einem Verkauf entgegenstanden. Den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist nichts zu entnehmen, das darauf hindeutete, die Klägerin habe im damaligen Zeitpunkt damit rechnen müssen, diese Schwierigkeiten seien überwunden. Das Schreiben, mit dem die Bank die Finanzierung der in der Scheidungskonvention festgelegten Abfindungssumme garantierte, kann nicht in diesem Sinne verstanden werden. Wohl wird dort als Sicherheit die Abtretung eines allfälligen Verkaufserlöses genannt; gleichzeitig musste aber von der Schwester des Beklagten eine weitere Sicherheit geleistet worden, so dass die Klägerin ohne weiteres annehmen durfte, ein Verkauf sei noch unsicher. Bestand somit für sie kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die genannten Schwierigkeiten nach wie vor bestanden, und waren für den Beklagten sowohl die Bedeutung dieses Umstandes für den Konventionsabschluss als auch der Irrtum der Gegenpartei erkennbar, so hatte er nach Treu und Glauben und den herrschenden Anschauungen (vgl. BGE 116 II 434 E. 3a) die Pflicht, die Klägerin auf diesen Irrtum aufmerksam zu machen. In der Nichterfüllung dieser Pflicht wäre eine absichtliche Täuschung im Sinne von Art. 28 OR zu erblicken. BGE 117 II 218 S. 231 c) Demgegenüber lässt sich entgegen der Ansicht der Klägerin im Umstand, dass der Beklagte ihr den in den Verhandlungen gebotenen Kaufpreis nicht genannt hat, keine absichtliche Täuschung erblicken. Wie schon mit Bezug auf den Irrtum dargelegt (vorn Erwägung 3b), war für die Klägerin erkennbar, dass Verkaufsverhandlungen geführt wurden. Wäre für sie der gebotene Preis von Bedeutung gewesen, hätte sie Anlass gehabt, diesen vom Beklagten zu erfragen. Für den Verkehrswert war zudem - wie aufgezeigt (vorn Erwägung und 4a) - in erster Linie die Frage der Verkäuflichkeit der Beteiligung massgebend. Wie es sich damit verhielt, bildet aber - je nach den weiteren Abklärungen der Vorinstanz - Gegenstand des Irrtums. Ein allenfalls für den Kauf des ganzen Unternehmens gebotener Preis erschien solange als rein fiktiv, als eine Einigung unter den Veräusserern nicht erzielt werden konnte. Für den Beklagten bestand unter den gegebenen Umständen kein Grund, den in Frage stehenden Preis unaufgefordert zu nennen. 7. Die Sache ist somit an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese feststelle, ob bis zum Zeitpunkt, in dem die Klägerin noch die Möglichkeit gehabt hätte, eine Nichtgenehmigung der Scheidungskonvention zu beantragen, eine Einigung der Eigentümer über den Verkauf der X.-Werke bereits zustande gekommen war und die erbrechtlichen Hindernisse ausgeräumt waren. Sollte dies der Fall gewesen sein, ist zu der im angefochtenen Entscheid vorbehaltenen Frage Stellung zu nehmen, ob die Revision nach dem kantonalen Recht verspätet oder rechtzeitig verlangt worden ist.
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1,991
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6c41cce7-61c4-4e45-81b1-46ac26f41b46
Urteilskopf 109 Ib 232 40. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 1er juillet 1983 dans la cause dame B. contre B. (recours de droit public).
Regeste Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Deutschen Reich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen vom 2. November 1929. Artikel 4 Absatz 1. Der schweizerische Ordre public steht der Abweisung eines Gesuches um Eheschutzmassnahmen nicht entgegen, wenn deutsche Staatsangehörige, die in der Schweiz Wohnsitz haben, von einem deutschen Gericht geschieden wurden, derweil vorher ein schweizerisches Gericht die Scheidungsklage abgewiesen hatte.
Sachverhalt ab Seite 233 BGE 109 Ib 232 S. 233 A.- a) B. et Irène E., tous deux de nationalité allemande, se sont mariés en 1956 à Constance (République fédérale d'Allemagne). Après leur mariage, ils se sont installés en Suisse, où ils vivent séparés depuis 1974. B. est actuellement domicilié à Clarens et Irène B. à Lausanne. b) B. a introduit action en divorce en 1964 devant le Tribunal civil du district de Lausanne. Statuant en dernier ressort, par arrêt du 2 mars 1972, le Tribunal fédéral a rejeté l'action, sur la base de l' art. 142 al. 2 CC . c) En tant que ressortissant allemand, B. a ouvert une nouvelle action en divorce en Allemagne, devant l'Amtsgericht Schöneberg Berlin. Par jugement du 26 avril 1978, devenu définitif et exécutoire le 10 juillet 1979, ce tribunal a prononcé le divorce des époux B. Dame B. a déposé auprès du même tribunal une requête de "compensation de rente". Par jugement du 26 février 1982, l'Amtsgericht Schöneberg Berlin a rejeté cette demande et libéré B. de son obligation d'entretien. Cette procédure n'est cependant pas terminée: dame B. a ouvert, par requête du 28 mai 1982, devant le même tribunal, une nouvelle action tendant à l'allocation d'une pension alimentaire conformément au droit allemand, selon des dispositions analogues à l' art. 151 CC . d) Par requête de mesures protectrices de l'union conjugale, du 2 juillet 1982, dame B. a saisi le Président du Tribunal civil du district de Lausanne, lui demandant que B. fût condamné à contribuer à son entretien par le versement d'une pension indexée, de 2'000 francs par mois, payable d'avance et dès le 1er mai 1982. Par requête de mesures d'extrême urgence, elle a conclu à ce que B. fût astreint à lui payer immédiatement le montant de 2'000 francs. Le Président du Tribunal civil du district de Lausanne a fait droit à cette requête, par décision du 6 juillet 1982. Dans une lettre datée du 5 juillet 1982, le défendeur a conclu au rejet des conclusions de la requérante. Le 7 juillet 1982, B. a demandé au Tribunal cantonal vaudois l'exequatur du jugement de l'Amtsgericht Schöneberg Berlin, prononçant le divorce des époux B. Par arrêt du 28 octobre 1982, la Chambre des exequatur du Tribunal cantonal vaudois a déclaré la demande irrecevable, par le motif que "le jugement de l'Amtsgericht Schöneberg déploie d'ores et déjà ses effets entre les parties, sans procédure particulière". A l'audience du Président du Tribunal du district de Lausanne, du BGE 109 Ib 232 S. 234 9 novembre 1982, B. a confirmé ses conclusions tendant au rejet de la requête de mesures protectrices de l'union conjugale de dame B. Par prononcé du 26 novembre 1982, le Président du Tribunal civil du district de Lausanne a rejeté la requête du 5 juillet 1982, dit que la décision d'extrême urgence du 6 juillet 1982 devenait caduque et déclaré son prononcé immédiatement exécutoire. Il a considéré que le jugement de divorce prononcé par le Tribunal berlinois était définitif et exécutoire en Allemagne, qu'il n'importait pas que la demande d'exequatur présentée par B. eût été écartée par le Tribunal cantonal et que les mesures sollicitées apparaissaient ainsi dénuées de fondement au sens de l' art. 169 CC , l'existence du mariage des époux B. ne pouvant plus être rendue vraisemblable. B.- Par arrêt du 1er janvier 1983, le Tribunal civil du district de Lausanne a rejeté l'appel formé par dame B. contre le prononcé présidentiel. Cette décision est motivée comme il suit: La Chambre des exequatur du Tribunal cantonal déclare que les jugements de divorce, notamment, produisent leurs effets en Suisse sans procédure particulière, si les règles du droit international privé suisse le permettent (HABSCHEID, Droit judiciaire privé suisse, 2e éd., p. 335) et que "le jugement allemand déploie donc d'ores et déjà ses effets entre parties". Au surplus, il ressort de l'arrêt Baumberger c. Conseil d'Etat du canton de Berne, rendu par le Tribunal fédéral le 6 juin 1963 ( ATF 89 I 303 ss), que les autorités suisses doivent reconnaître le divorce obtenu dans son autre pays d'origine, contre son mari domicilié en Suisse, par une femme née étrangère qui a conservé sa nationalité lors de son mariage avec un ressortissant suisse. En l'espèce, les parties sont l'une et l'autre de nationalité allemande et leur divorce a été prononcé par un tribunal allemand, devant lequel dame B. a régulièrement agi dans la procédure ouverte par son mari. C'est, partant, à juste titre que le premier juge a rejeté la requête de dame B., dès lors qu'il n'y a plus d'union conjugale à protéger. C.- Dame B. a formé un recours de droit public. Elle concluait à l'annulation de l'arrêt attaqué. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Selon l'art. 4 al. 1 de la Convention entre la Confédération suisse et le Reich allemand relative à la reconnaissance et à BGE 109 Ib 232 S. 235 l'exécution de décisions judiciaires et de sentences arbitrales, du 2 novembre 1929 (RS 0.276.191.361), la reconnaissance d'une décision passée en force de chose jugée sera refusée lorsque la décision aurait pour résultat la réalisation d'un rapport de droit dont la validité ou la poursuite est défendue sur le territoire de l'Etat où la décision est invoquée pour des motifs tirés de l'ordre public et des bonnes moeurs. La recourante fait valoir que l'ordre public suisse s'oppose à un double titre à la reconnaissance en Suisse du caractère exécutoire du jugement allemand prononçant le divorce des parties. a) Elle se prévaut tout d'abord de ce que la juridiction allemande, en prononçant le divorce, s'est abstenue de régler, dans son jugement, "les effets pécuniaires de la séparation (recte: de la dissolution du mariage par le divorce), la laissant ainsi dans une situation critique". Une telle procédure, dit-elle, usuelle pendant longtemps en Allemagne (cf. DUMUSC, Le divorce par consentement mutuel dans les législations européennes, thèse Lausanne 1980, p. 161), contrevient directement à la règle, bien connue en Suisse, de l'unité du jugement de divorce, règle dont le Tribunal fédéral impose d'office le respect au juge ( ATF 80 II 5 ss; cf. ATF 98 II 344 consid. 2 et les références). La notion d'incompatibilité avec l'ordre public suisse doit recevoir, en matière d'exécution de jugements étrangers, une interprétation plus étroite que lorsqu'il s'agit de l'application directe de la loi étrangère par le juge suisse; l'ordre public suisse s'oppose à l'exécution d'un jugement étranger lorsque ce jugement va, d'une manière intolérable, à l'encontre du sentiment du droit, tel qu'il existe généralement en Suisse, et viole les règles fondamentales de l'ordre juridique suisse ( ATF 107 Ia 199 consid. 3, ATF 98 Ia 533 consid. 3 et les références). La teneur étroite de l'art. 4 al. 1 de la convention germano-suisse a pour objet d'empêcher que la réserve d'ordre public ne prenne une extension exagérée (Message du Conseil fédéral concernant la convention conclue avec l'Allemagne pour la reconnaissance et l'exécution de décisions judiciaires et de sentences arbitrales, du 9 décembre 1929, FF 1929 III p. 557 ss, sp. 563; cf. ATF 103 Ia 201 consid. b et les références). Dans cette optique, le principe de droit interne suisse de l'unité du jugement de divorce n'est pas une règle relevant de l'ordre public suisse: on ne saurait se fonder sur l'art. 4 al. 1 de la convention germano-suisse pour refuser de reconnaître un jugement de divorce rendu par un tribunal allemand et passé BGE 109 Ib 232 S. 236 en force de chose jugée, par le motif qu'il n'y est pas statué sur le droit de l'épouse à une rente en même temps qu'est prononcée la dissolution du mariage. Dame B. ne conteste pas avoir été régulièrement citée devant le tribunal allemand saisi de l'action en divorce intentée par son mari, avoir défendu à cette action, avoir pu faire valoir tous les moyens utiles à la sauvegarde de ses intérêts; elle ne nie pas non plus que le jugement de divorce est entré en force de chose jugée et que, après la libération de B. de son obligation d'entretien envers elle par jugement de l'Amtsgericht Schöneberg Berlin, du 26 février 1982, elle a introduit une nouvelle instance en Allemagne aux fins d'obtenir l'allocation d'une pension alimentaire. La circonstance que l'intimé ne lui verse plus de pension, à la suite du jugement de divorce passé en force et du prononcé le libérant de toute obligation d'entretien, ne laisse pas, il est vrai, d'avoir pour conséquence qu'elle se trouve dans une situation précaire. Mais cela ne suffit pas pour faire échec au caractère exécutoire du prononcé de divorce et à sa reconnaissance en Suisse, en conformité de l'art. 3 de la convention germano-suisse relative à l'exécution des jugements, aucune des réserves prévues par cette disposition n'étant réalisée. b) La recourante fait valoir d'autre part que le jugement allemand prononçant le divorce des parties est incompatible avec l'ordre public suisse parce qu'il est en contradiction avec l'arrêt du Tribunal fédéral, du 2 mars 1972, rejetant l'action en divorce qu'avait intentée contre elle B. par exploit de citation en conciliation du 22 janvier 1964. Certes, dans l'arrêt ATF 46 I 464 , cité par la recourante, le Tribunal fédéral a dit ce qui suit: "L'ordre public est intéressé ... à ce qu'entre les mêmes parties il ne puisse être fait état de deux décisions contradictoires sur la même contestation et il exige également qu'aucune entrave ne soit apportée à l'exécution d'une décision rendue par un tribunal suisse. Le principe que l'exequatur d'un jugement étranger doit être refusé s'il est en contradiction avec une sentence antérieurement rendue par une juridiction de l'Etat où cet exequatur est requis, est reconnu d'une façon générale en droit international privé, en dehors même de tout traité, et doit être également consacré pour ce qui concerne la Suisse..." Il est vrai en outre que, dans l'arrêt ATF 58 II 324 /325, auquel la recourante se réfère également, le Tribunal fédéral a jugé qu'il serait contraire à l'ordre public, réservé par la convention germano-suisse, de donner la préférence au jugement étranger lorsque celui-ci est en contradiction avec un jugement suisse. BGE 109 Ib 232 S. 237 La recourante ne peut cependant rien tirer de ces deux arrêts en faveur de sa thèse. L'arrêt du Tribunal fédéral du 2 mars 1972 rejetant l'action en divorce de B., introduite le 22 janvier 1964, a certes acquis l'autorité de la chose jugée dès son prononcé ( art. 38 OJ ). Mais, en matière de divorce, le principe de l'autorité de la chose jugée ne s'applique pas d'une façon absolue ( ATF 104 II 148 /149 consid. 3, ATF 95 II 640 ss ATF 94 I 245 /246 consid. 6 et les références). Il n'y a pas chose jugée lorsque, dans le second procès, sont invoqués des faits importants survenus depuis le premier jugement ou antérieurs à ce dernier, mais non allégués la première fois ( ATF 94 I 246 ). Les faits postérieurs au premier jugement sont importants si, pris en soi ou concurremment avec les faits allégués dans le premier procès, ils sont de nature à justifier la demande (ATF ATF 94 I 246 , ATF 85 II 59 consid. 2); il se peut aussi qu'un état de fait, dont la gravité n'avait pas été reconnue ou n'avait pas été admise dans le premier procès, ait par la suite rendu impossible la continuation de la vie commune ( ATF 94 I 246 , ATF 85 II 61 ). Dans l'arrêt précité ATF 94 I 245 consid. 6 lettre a, le Tribunal fédéral a jugé qu'il n'est pas contraire à l'ordre public suisse qu'un tribunal suédois accueille une demande de divorce formée par un conjoint suédois dont l'action avait été rejetée par la juridiction suisse. Contrairement à ce que prétend la recourante, quand bien même le Tribunal fédéral avait rejeté une action en divorce de B. par arrêt du 2 mars 1972, celui-ci pouvait introduire une nouvelle instance en divorce devant un tribunal allemand compétent, les parties étant toutes deux de nationalité allemande; il n'importe pas à cet égard qu'elles aient été domiciliées en Suisse à ce moment-là. Le jugement prononçant le divorce, rendu par le tribunal allemand, doit être reconnu en Suisse en vertu de l'art. 3 de la convention germano-suisse de 1929. De toute façon, le juge suisse, saisi de la requête de mesures protectrices de l'union conjugale formée par dame B., ne pouvait pas passer outre au jugement de divorce allemand. Certes, le juge des mesures protectrices de l'union conjugale peut se contenter de la simple vraisemblance du mariage pour admettre une requête de mesures protectrices ( ATF 68 II 14 consid. 3). Mais, lorsque le défendeur à une instance de mesures protectrices de l'union conjugale produit en procédure un jugement étranger de divorce, passé en force de chose jugée, le juge suisse ne peut ignorer ce jugement et ordonner les mesures requises par le demandeur parce que celui-ci fait valoir que le jugement de BGE 109 Ib 232 S. 238 divorce est contraire à l'ordre public suisse et en opposition avec un jugement suisse antérieur, rejetant une demande en divorce du défendeur. Il n'a pas le pouvoir de contrôler si le jugement allemand prononçant le divorce de ressortissants allemands et qui doit être reconnu en Suisse en vertu de la convention germano-suisse de 1929 serait en opposition avec un jugement suisse antérieur. Il ne lui appartient pas d'examiner si les faits sur la base desquels le tribunal allemand a prononcé le divorce sont identiques à ceux retenus par le tribunal suisse dans un jugement antérieur rejetant une action en divorce du défendeur. Le juge suisse des mesures protectrices de l'union conjugale ne pouvait pas non plus refuser de reconnaître le jugement allemand parce que celui-ci prononce le divorce en dehors de toute considération de faute, alors que l'arrêt antérieur du Tribunal fédéral avait admis que l'action de B. se heurtait au moyen tiré de l' art. 142 al. 2 CC , en raison de sa faute prépondérante. Cette question échappait également à son contrôle. La recourante reconnaît d'ailleurs avec raison que la disposition du paragraphe 1565 al. 1 BGB, qui admet le divorce indépendamment d'une faute, pour cause d'échec du mariage et d'impossibilité de continuation de la vie commune, n'est pas contraire à l'ordre public suisse, le Tribunal fédéral ayant jugé dans le même sens s'agissant d'une réglementation semblable du droit suédois ( ATF 94 I 247 consid. 6).
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Urteilskopf 98 Ia 329 53. Urteil vom 31. Mai 1972 i.S. INVERTAX, Interessenverband der Taxihalter, Zürich, und Mitbeteiligte, gegen Stadt Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich.
Regeste Verfahren; Meinungsaustausch zwischen Bundesrat und Bundesgericht, Art. 96 Abs. 2 OG . Hat der Bundesrat gestützt auf die in einem Meinungsaustausch erfolgte Einigung über die Zuständigkeit eine Beschwerde in ihrer Gesamtheit beurteilt, so kann sein Entscheid vom Bundesgericht nicht überprüft werden. Der Vorwurf, der Bundesrat habe dabei nicht über sämtliche Rügen entschieden, ist mit Revisionsgesuch bei diesem selbst zu erheben (Erw. 2). Grundsatz der Kompetenzattraktion (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 330 BGE 98 Ia 329 S. 330 A.- Am 3. November 1966 erliess der Stadtrat von Zürich gestützt auf Art. 20 der bundesrätlichen Verordnung über die Arbeits- und Ruhezeit der berufsmässigen Motorfahrzeugführer vom 18. Januar 1966 Sondervorschriften für die Taxiführer in der Stadt Zürich. Der INVERTAX, Interessenverband der Taxihalter, Zürich, und vier Taxihalter beschwerten sich gegen diese stadträtliche Verordnung beim Statthalteramt des Bezirks Zürich. Dieses wies den Rekurs mit Verfügung vom 10. September 1968 im gesamten ab, obwohl es der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht teilweise zustimmte. Die Rekurrenten gelangten hierauf an den Regierungsrat des Kantons Zürich mit dem Antrag, den erwähnten Entscheid des Statthalteramts aufzuheben und einzelne der angefochtenen Sondervorschriften (Art. 11 Abs. 2, 12 Abs. 2 und Abs. 5, 14) abzuändern. Am 19. Juni 1969 wies der Regierungsrat den Rekurs ab. B.- Gegen diesen Rekursentscheid erhoben der INVERTAX und die vier am kantonalen Verfahren beteiligten privaten Taxihalter Verwaltungsbeschwerde beim Bundesrat. Gleichzeitig reichten sie beim Bundesgericht eine "staatsrechtliche bzw. bundesrechtliche Verwaltungsrechtsbeschwerde" ein. Darin beanstandeten sie die Erfordernisse einer gemeindeeigenen Chauffeurbewilligung, des Nachweises genügender Stadtkenntnis und der Angabe des Namens auf der Arbeitszeit-Kontrollkarte, ferner die Arbeitszeit-Kontrollkarte als gewerbepolizeiliches Kontrollmittel. Zur Begründung ihrer Rügen beriefen sich die Beschwerdeführer auf Art. 4 und 31 BV sowie auf Art. 2 Ueb. Best. BV. C.- Mit Schreiben vom 15. Juni 1970 eröffnete das Bundesgericht gestützt auf Art. 96 Abs. 2 OG den Meinungsaustausch mit dem Bundesrat. Dabei vertrat es mit einlässlicher Begründung die Auffassung, die Beschwerde sei gemäss Art. 3 Abs. 4 SVG in ihrer Gesamtheit vom Bundesrat zu entscheiden. Die Eidg. Polizeiabteilung teilte dem Bundesgericht hierauf am 24. Juni 1970 als Instruktionsbehörde des Bundesrats mit, dieser werde die Beschwerde auf jeden Fall zuerst behandeln. Sie fügte bei: "Sollte sich bei der Vorbereitung des Entscheides ergeben, dass gewisse Fragen doch vom Bundesgericht zu beurteilen wären, würden wir den Meinungsaustausch mit Ihnen in jenem Zeitpunkt wieder aufnehmen". Mit Schreiben vom 9. Juli 1970 gab der Präsident der staatsrechtlichen Kammer den BGE 98 Ia 329 S. 331 Beschwerdeführern von der Stellungnahme der Eidg. Polizei abteilung Kenntnis. Mit Entscheid vom 16. Februar 1972 wies der Bundesrat die Beschwerde ab, soweit er darauf eintrat. Hinsichtlich seiner Zuständigkeit wies der Bundesrat zunächst darauf hin, diese bestimme sich nach Art. 125 Abs. 1 lit. b OG (Fassung vom 16. Dezember 1943). Sodann führte er in diesem Zusammenhang aus: "Ebenso sind die materiellen Voraussetzungen gegeben. Denn die von den Beschwerdeführern angefochtenen, vom Regierungsrat als zulässig erachteten Vorschriften, welche die Einholung einer kommunalen Bewilligung verlangen, deren Erteilung von genügender Stadtkenntnis der Fahrzeugführer abhängig machen und die Namensangabe des Betriebsinhabers auf der Arbeitszeit-Kontrollkarte vorschreiben, dienen dem Schutz der Taxibenützer und der Taxichauffeure, aber auch demjenigen der übrigen Verkehrsteilnehmer. Die einzelnen Beschwerdeanträge stehen untereinander in einem engen Zusammenhang. Es erscheint deshalb als sachlich gerechtfertigt, dass ein und dieselbe Behörde sämtliche aufgeworfenen Fragen beurteilt. Wohl berufen sich die Beschwerdeführer wiederholt auf die Handels- und Gewerbefreiheit und den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, und sie erheben damit Rügen, die für den Regelfall durch das Bundesgericht zu entscheiden wären. Die Fragen der Verfassungsmässigkeit sind jedoch im Grunde im Vergleich zu den sich stellenden verwaltungsrechtlichen Fragen von untergeordneter Bedeutung. Es ist anzunehmen, dass diese Rügen nur für den Fall angebracht worden sind, dass die ganze Beschwerde als staatsrechtliche Beschwerde durch das Bundesgericht zu beurteilen und dass durch den Bundesrat auf eine entsprechende Verwaltungsbeschwerde nicht einzutreten wäre. Daher ist es sachlich gerechtfertigt, dass der Bundesrat sowohl die Fragen verwaltungsrechtlichen Charakters als auch die damit im Zusammenhang stehenden Fragen der Verfassungsmässigkeit entscheidet (Grundsatz der Kompetenzattraktion). Aus diesen Gründen ist die Zuständigkeit des Bundesrates zu bejahen und auf die fristgemäss eingereichte Beschwerde einzutreten." Mit Schreiben vom 8. März 1972 teilte der Präsident der staatsrechtlichen Kammer den Beschwerdeführern mit, die beim Bundesgericht hängige Beschwerde erscheine unter diesen Umständen als gegenstandslos, da der Bundesrat anscheinend sämtliche Rügen geprüft und beurteilt habe. In ihrer Stellungnahme vom 10. April 1972 führten die Beschwerdeführer aus, sie könnten sich "mit der Behandlung des BGE 98 Ia 329 S. 332 Meinungsaustauschverfahrens gemäss Art. 96 OG " nicht einverstanden erklären und stellten das Begehren, das Bundesgericht habe "die Verfassungsmässigkeitsrügen selbständig" zu prüfen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Mit Schreiben vom 15. Juni 1970 vertrat das Bundesgericht die Ansicht, der Bundesrat sei im vorliegenden Fall als Beschwerdeinstanz gemäss Art. 125 Abs. 1 lit. b OG (in der Fassung vom 16. Dezember 1943) befugt, gestützt auf den Grundsatz der Kompetenzattraktion neben den verwaltungsrechtlichen Rügen auch den gegenüber dem Regierungsrat erhobenen Vorwurf der Verfassungsverletzung zu beurteilen. Der Bundesrat schloss sich dieser Betrachtungsweise in Erw. 1 seines Entscheids vom 16. Februar 1972 an, stellte dem Bundesgericht eine Ausfertigung desselben zu und verzichtete auf eine Fortsetzung des Meinungsaustausches. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführer kann unter diesen Umständen nicht ernstlich behauptet werden, ein Meinungsaustausch im Sinne von Art. 96 Abs. 2 OG habe überhaupt nicht stattgefunden, denn aus dem bundesrätlichen Entscheid vom 16. Februar 1972 geht hervor, dass zwischen Bundesgericht und Bundesrat in dem Sinn eine Einigung erzielt wurde, als sich dieser auf Antrag des Bundesgerichts für zuständig erklärte, sämtliche in der Beschwerdeschrift vom 25. August 1969 erhobenen Rügen zu beurteilen. 2. Kommt dem Bundesrat - wie im vorliegenden Fall - gestützt auf Art. 125 Abs. 1 lit. b OG in der Fassung vom 16. Dezember 1943 (vgl. nunmehr auch Art. 73 Abs. 1 lit. c VwG) die Stellung eines obersten Organs der Rechtspflege zu, so können seine Entscheidungen vom Bundesgericht nicht überprüft werden, denn Bundesrat und Bundesgericht sind diesfalls funktionell und hierarchisch gleichgestellte Behörden (vgl. dazu A. GRISEL, Droit administratif suisse, S. 495). Das heisst indessen nicht, dass Kompetenzüberschreitungen der einen oder andern Behörde in jedem Fall hinzunehmen wären, denn dem Bundesrat bzw. dem mit einer Streitsache befassten Bundesgericht steht grundsätzlich das Recht zu, sich gegen eine Missachtung der Kompetenzaufteilung durch die andere Behörde zur Wehr zu setzen und gemäss Art. 85 Ziff. 13 BV die BGE 98 Ia 329 S. 333 Bundesversammlung zum Entscheid über den Kompetenzkonflikt anzurufen (vgl. F. AUBERT, Traité de droit constitutionnel suisse, Nr. 1469, S. 525; FLEINER/GIACOMETTI, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 541, 637; ROLF WEBER, Die Verwaltungsrechtspflege des Bundesrates, Diss. Bern 1950, S. 27 ff.; TH. DE JONCHEERE, Der Rechtsschutz in Verfassungsstreitigkeiten durch die politischen Bundesbehörden, Diss. Zürich 1958, S. 82; A. SCHELLENBERG, Die Verfassungsrechtspflege der politischen Bundesbehörden, Diss. Zürich 1957, S. 43). Hat jedoch auf Beschwerde eines Bürgers hin ein Meinungsaustausch gemäss Art. 96 Abs. 2 OG stattgefunden und zum Erfolg geführt - sei es, dass sich eine der beiden Behörden bereit erklärt, gestützt auf den Grundsatz der Kompetenzattraktion sämtliche Beschwerdevorbringen zu beurteilen, sei es, dass die Rügen einesteils vom Bundesrat und andernteils vom Bundesgericht zur Behandlung übernommen werden - und ist über die Beschwerde auf diese Weise entschieden worden, so hat es damit sein Bewenden, und zwar selbst dann, wenn sich die Kompetenzaufteilung nachträglich als unrichtig erweisen würde und über einzelne Rügen von einer unzuständigen Behörde entschieden worden wäre. Der Bürger hat sich mit dem Ergebnis eines Meinungsaustausches demnach jedenfalls dann abzufinden, wenn dieser - wie im vorliegenden Fall - hinsichtlich sämtlicher Vorbringen zu einer Kompetenzaufteilung zwischen Bundesrat und Bundesgericht geführt hat und die Beschwerde in der Folge tatsächlich beurteilt worden ist (vgl. zur Rechtsstellung des Bürgers im Falle eines negativen Kompetenzkonflikts insbesondere R. WEBER, a.a.O., S. 30). Er hat freilich Anspruch darauf, dass im Verfahren vor dem Bundesrat bzw. vor dem Bundesgericht sämtliche Begehren und Rügen beurteilt werden. Erweist sich der Sachentscheid insoweit als mangelhaft, so kann der Beschwerdeführer bei der Behörde, welche die fragliche Rüge nach dem Ergebnis des Meinungsaustausches zu behandeln hat, um Revision ersuchen ( Art. 136 OG , BIRCHMEIER, Handbuch der Bundesrechtspflege, S. 492 zu Art. 131 OG in der Fassung vom 16. Dezember 1943; vgl. nunmehr auch Art. 66 Abs. 2 VwG). Da im vorliegenden Fall der Bundesrat mit Zustimmung des Bundesgerichts sämtliche Beschwerdevorbringen zur Prüfung übernommen hat, ist das beim Bundesgericht angehobene BGE 98 Ia 329 S. 334 Beschwerdeverfahren ohne weiteres als gegenstandslos vom Geschäftsverzeichnis abzuschreiben (BIRCHMEIER, a.a.O., S. 410). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer hat das Bundesgericht mithin weder zu prüfen, ob der Bundesrat in seinem Entscheid vom 16. Februar 1972 sämtliche Rügen behandelt hat, noch ist es berechtigt, nachträglich zu untersuchen, ob der Grundsatz der Kompetenzattraktion im Meinungsaustausch gemäss Art. 96 Abs. 2 OG hätte unberücksichtigt bleiben müssen bzw. unrichtig angewendet wurde, wie die Beschwerdeführer annehmen. Auf die zuletzt erwähnte Frage kann nach dem Gesagten ohnehin nicht mehr zurückgekommen werden, während der Vorwurf, der Bundesrat habe in seinem Entscheid nicht alle Verfassungsrügen beurteilt, mit Revisionsgesuch bei diesem selbst hätte erhoben werden müssen. 3. Die im Schreiben vom 10. April 1972 enthaltene Kritik am Meinungsaustausch bzw. am Vorgehen des Bundesrats erwiese sich im übrigen als unbegründet. a) Urteilt der Bundesrat gestützt auf Art. 125 Abs. 1 lit. b OG in der Fassung vom 16. Dezember 1943 (vgl. nunmehr auch Art. 73 Abs. 1 lit. c VwG) als oberstes Organ der Rechtspflege, so kann er in diesem Zusammenhang auch darüber entscheiden, ob eine gegebenenfalls unrichtige Anwendung des in Frage stehenden Bundesverwaltungsrechts darüber hinaus mittelbar eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte des Bürgers bewirkt (Grundsatz der Kompetenzattraktion; BGE 95 I 163 Erw. 2, BGE 88 I 90 Erw. 3, BGE 76 I 312 Erw. 2; VEBB Heft 31, 1962/3, Nr. 9, Heft 24, 1954, Nr. 155; BIRCHMEIER, a.a.O., S. 485; FLEINER/GIACOMETTI, a.a.O., S. 890, 926 N. 27 und dort zitierte Entscheidungen des Bundesrats; GIACOMETTI, Die Verfassungsgerichtsbarkeit des Schweizerischen Bundesgerichts, S. 147 ff.; VON SALIS/BURCKHARDT, Schweizerisches Bundesrecht, Band III, Nr. 939 ff., S. 44 ff.). Eine Ausnahme gilt nach neuem Recht freilich für Art. 2 Ueb. Best. BV (derogatorische Kraft des Bundesrechts), dessen Beachtung durch die kantonalen Behörden nunmehr in jedem Fall das Bundesgericht zu prüfen hat (Art. 73 Abs. 2 lit. a VwG, BBl 1965 II S. 1374). Da die vorliegende Beschwerde vom 25. August 1969 jedoch nach altem Recht zu beurteilen war, konnte der Bundesrat im Entscheid vom 16. Februar 1972 ohne weiteres auch über den Vorwurf der Missachtung von Art. 2 Ueb. Best. BV befinden, zumal diese BGE 98 Ia 329 S. 335 Rüge ebenso wie die behauptete Verletzung von Art. 4 BV (Rechtsgleichheit) und der Handels- und Gewerbefreiheit ( Art. 31 BV ) sachlich eng mit der angeblich unrichtigen Anwendung des SVG und der MFV zusammenhängt und demnach eine sog. mittelbare Verfassungsverletzung zum Gegenstand hat (vgl. GIACOMETTI, a.a.O., S. 147/8). Fraglich erscheint indessen, ob die von den Beschwerdeführern bloss beiläufig erhobene Rüge der Gehörsverweigerung ebenfalls eine mittelbare und daher nach dem Grundsatz der Kompetenzattraktion vom Bundesrat mitzubeurteilende Verfassungsverletzung betroffen hätte, falls dem Regierungsrat damit tatsächlich eine formelle Rechtsverweigerung vorgeworfen worden wäre. Wie sich aus der Beschwerdeschrift vom 25. August 1969 (S. 11) ergibt, wird diese Rüge lediglich damit begründet, der Regierungsrat sei im angefochtenen Entscheid auf einen Teil der Ausführungen in der kantonalen Rekursschrift vom 30. September 1968 nicht eingegangen. Aus dem angefochtenen Beschluss geht jedoch hervor, dass der Regierungsrat die fraglichen Vorbringen als unerheblich betrachtete. Bei dieser Sachlage richtet sich die Kritik der Beschwerdeführer sinngemäss gegen die materielle Beurteilung der Streitsache, weshalb von einer formellen Rechtsverweigerung zum vorneherein nicht die Rede sein kann (vgl. BGE 73 I 199 Erw. 1). Sämtliche in der Beschwerdeschrift vom 25. August 1969 enthaltenen Verfassungsrügen stehen daher in engem Sachzusammenhang mit der behaupteten Verletzung des Bundesverwaltungsrechts und konnten somit vom Bundesrat nach dem Grundsatz der Kompetenzattraktion ohne weiteres mitbeurteilt werden, zumal dieser Grundsatz entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer auch im Verfahren nach Art. 96 Abs. 2 OG (Meinungsaustausch) gilt. b) Zu Unrecht machen die Beschwerdeführer ferner geltend, der Bundesrat habe nicht über sämtliche Rügen geurteilt. Im Entscheid vom 16. Februar 1972 wird ausgeführt, es erscheine weder als bundesrechtswidrig noch als sachlich unbegründet, die Tätigkeit der stadtzürcherischen Taxiführer vom Nachweis genügender Stadtkenntnisse und von der Einholung einer besonderen Chauffeurbewilligung abhängig zu machen. Damit und mit den weiteren Erwägungen, die er in diesem Zusammenhang anstellte, entschied der Bundesrat sinngemäss, die angefochtenen Sondervorschriften verstiessen weder gegen die BGE 98 Ia 329 S. 336 Handels- und Gewerbefreiheit noch gegen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit, weshalb nicht ernstlich behauptet werden kann, er habe insoweit die Vorbringen der Beschwerdeführer unerörtert gelassen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird als gegenstandslos von der Geschäfts kontrolle abgeschrieben.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6c45face-bd8b-49d0-b24c-85be2a6cabda
Urteilskopf 136 III 161 24. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.X.-Y. gegen Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_576/2009 vom 25. November 2009
Regeste Art. 30 Abs. 1 ZGB ; Namensänderung eines Ehegatten. Ehegatten kann eine Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB bewilligt werden, sofern der oder die Namen den eherechtlichen Namensregeln ( Art. 160 und Art. 30 Abs. 2 ZGB ) entsprechen. Im konkreten Fall hat die kantonale Behörde ihr Ermessen nicht verletzt, wenn sie einer Ehefrau, die den Namen des Ehemannes führt, trotz des vorgelegten Arztzeugnisses die Bewilligung zum Doppelnamen verweigert hat (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 161 BGE 136 III 161 S. 161 A.X.-Y., geboren im Jahre 1959, ist die Tochter von B.R. und C.R. Im September 1964 wurde diese Ehe geschieden und die Mutter BGE 136 III 161 S. 162 heiratete kurz darauf Y. Auf Gesuch der Mutter hin bewilligte der Regierungsrat des Kantons Schaffhausen am 12. September 1967, dass ihre Kinder aus erster Ehe, A.R. und ihre beiden Brüder, den Familiennamen "Y." führen. A.Y. erwarb durch die Heirat am 3. Mai 1989 den Familiennamen "X." und trug fortan den Allianznamen "X.-Y.". Mit Eingabe vom 5. August 2008 ersuchte A.X.-Y. das Gemeindeamt des Kantons Zürich, Abteilung Zivilstandswesen, die Änderung des Namens von "X.-Y." in "R. X." zu bewilligen. Die Direktion der Justiz und des Innern des Kantons Zürich wies das Gesuch um Namensänderung gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB mit Verfügung vom 21. Oktober 2008/31. März 2009 ab. A.X.-Y. gelangte an das Obergericht des Kantons Zürich (II. Zivilabteilung), welches den Rekurs mit Beschluss vom 5. August 2009 abwies und die angefochtene Verfügung bestätigte. A.X.-Y. führt mit Eingabe vom 4. September 2009 Beschwerde in Zivilsachen. Die Beschwerdeführerin beantragt dem Bundesgericht, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und die Änderung ihres Namens in "R. X." zu bewilligen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in Zivilsachen ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Anlass zur vorliegenden Beschwerde gibt das Gesuch der Beschwerdeführerin, welche dem mit der Heirat erworbenen Familiennamen "X." den Namen "R.", den Namen ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter voranstellen will, nachdem sie aufgrund einer in der Kindheit vollzogenen Namensänderung den Namen ("Y.") des zweiten Ehemannes trug. Die Beschwerdeführerin beruft sich im Wesentlichen auf ihre seelischen Probleme und das von ihr eingereichte ärztliche Gutachten, wonach die Namensänderung mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre seelische Not lindern und ihr Identitäts- und Selbstwertgefühl verbessern würde. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, objektiv nachvollziehbare Gründe zur Namensänderung verkannt und damit Art. 30 Abs. 1 ZGB verletzt zu haben. 3.1 Der bürgerliche Name einer Person ist grundsätzlich unveränderlich. Die Regierung des Wohnsitzkantons kann einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe BGE 136 III 161 S. 163 vorliegen ( Art. 30 Abs. 1 ZGB ). Ob im einzelnen Fall ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist ( Art. 4 ZGB ; BGE 124 III 401 E. 2a S. 402; BGE 126 III 1 E. 2 S. 2). 3.1.1 Ein wichtiger Grund im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB ist gegeben, wenn das Interesse des Namensträgers an einem neuen Namen dasjenige der Allgemeinheit und der Verwaltung an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register eingetragenen Namens sowie an der eindeutigen Kennzeichnung und Unterscheidung des Einzelnen überwiegt. Der Name soll dem Namensträger das Fortkommen ermöglichen und erleichtern; aus dem Namen sollen nicht wirkliche Nachteile oder erhebliche Unannehmlichkeiten erwachsen ( BGE 120 II 276 E. 1 S. 277). Die Namensänderung hat den Zweck, ernstliche Nachteile, die mit dem bisherigen Namen verbunden sind, zu beseitigen, wobei vor allem moralische, geistige und seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Interessen im Spiele stehen können ( BGE 108 II 1 E. 5a S. 4; BGE 124 III 401 E. 2b S. 402; je mit Hinweis; GEISER, Die neuere Namensänderungspraxis des schweizerischen Bundesgerichts, ZZW 1993 S. 375 Ziff. 2.11). Diese Interessen sind jedoch nach objektiven Kriterien, mithin danach zu werten, wie der zu ändernde Name auf die Umwelt wirkt; subjektive Gründe des Namensträgers bleiben bei dieser Wertung grundsätzlich bedeutungslos (RIEMER, Personenrecht des ZGB, 2. Aufl. 2002, S. 114 Rz. 230; DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 4. Aufl. 2001, S. 132 Rz. 427; BÜHLER, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 3. Aufl. 2006, N. 5 zu Art. 30 ZGB ). 3.1.2 Ehegatten darf eine Namensänderung aus wichtigen Gründen im Sinne von Art. 30 Abs. 1 ZGB bewilligt werden, soweit der oder die neuen Namen Art. 160 oder Art. 30 Abs. 2 ZGB entsprechen; die "wichtigen Gründe" sollten sich jedoch in der Regel aus einem Sachverhalt ableiten, der erst nach der Heirat eingetreten ist (Urteil 5A_42/2008 vom 30. Juni 2008 E. 4.1.2, in: FamPra.ch 2009 S. 142; HEGNAUER/BREITSCHMID, Grundriss des Eherechts, 4. Aufl. 2000, Rz. 13.29; BRÄM, Zürcher Kommentar, 3. Aufl. 1998, N. 21, 24 zu Art. 160 ZGB ). Einer Ehefrau, die den Namen des Mannes führt ( Art. 160 Abs. 1 ZGB ), kann mit einer Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB ein Doppelname (Voranstellung nach Art. 160 Abs. 2 ZGB ) bewilligt werden (HEGNAUER/BREITSCHMID, a.a.O., Rz. 13.35). Dabei muss der zweite Teil mit dem Mannesnamen BGE 136 III 161 S. 164 übereinstimmen; der erste Teil des Namens braucht nicht notwendigerweise mit dem Namen übereinzustimmen, den die Frau vor der Ehe führte (GEISER, Die Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB unter dem Einfluss des neuen Eherechts, ZZW 1989 S. 34). 3.1.3 Bereits unter dem Namensrecht von 1907 hat das Bundesgericht in BGE 110 II 97 ff. erkannt, dass die Änderung des Allianznamens zulässig ist. Im erwähnten Urteil ging es - wie im hier zu beurteilenden Fall - um die Bewilligung der Namensänderung einer verheirateten Frau, welche aufgrund einer in ihrer Jugend vollzogenen Namensänderung den Namen des zweiten Ehemannes ihrer Mutter trug. Das Bundesgericht entschied, dass es zur Änderung des Allianznamens eines schutzwürdiges Interesses im Sinne eines wichtigen Grundes gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB bedarf ( BGE 110 II 97 E. 3 a.A. S. 100). Die Überlegungen zu den wichtigen Gründen für die Änderung des Allianznamens lassen sich ohne weiteres auf ein - wie hier vorliegendes - Gesuch betreffend die Voranstellung des Namens eines Ehegatten übertragen (BRÄM, a.a.O., N. 25 zu Art. 160 ZGB ). 3.2 Das Obergericht hat - entgegen seiner Erwägung - nicht "offen gelassen", ob die Beschwerdeführerin durch eine Voranstellung ihren Familiennamen "X." verändern kann, sondern Gegenstand des angefochtenen Entscheides ist gerade die Prüfung von wichtigen Gründen für eine derartige Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB . Die von der Beschwerdeführerin anbegehrte Voranstellung des Namens "R.", den Namen ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter, vor den mit der Heirat erworbenen Familiennamen "X." steht mit dem ehelichen Namensrecht ( Art. 160 Abs. 2 ZGB ) in Einklang und ist daher als Namensänderung nach Art. 30 Abs. 1 ZGB grundsätzlich möglich (GEISER, a.a.O., ZZW 1989 S. 34). Weiter ist unbestritten, dass der Ehegatte zum Gesuch der Beschwerdeführerin angehört wurde ( BGE 127 III 193 E. 3a S. 194). Umstritten ist hingegen, ob die Vorinstanz ihr Ermessen ( Art. 4 ZGB ) gesetzwidrig ausgeübt hat, wenn sie keine wichtigen Gründe erblickt hat, um der Beschwerdeführerin die Voranstellung des Namens ihres leiblichen Vaters bzw. ersten Ehemannes ihrer Mutter zu bewilligen. 3.3 Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass die Beschwerdeführerin vorgebracht hat, vor einigen Jahren wieder vermehrt Kontakt mit ihrem leiblichen Vater aufgebaut zu haben, er ihr eine grosse Stütze in ihrem Leben geworden und sein Tod im Jahre 2005 ein grosser, schmerzvoller Verlust gewesen sei. In der vorliegenden BGE 136 III 161 S. 165 Konstellation (vgl. E. 3.1.3) ist nach BGE 110 II 97 (E. 3b S. 100 f.) das affektive Interesse am Namen des leiblichen Vaters durchaus verständlich und es könnte mit Zurückhaltung als wichtiger Grund zur Namensänderung betrachtet werden. 3.3.1 Das Obergericht hat zur Abweisung des Namensänderungsgesuches jedoch miterwogen, dass die Geschwister der Beschwerdeführerin ihren Namen "Y." nie geändert hatten und sie selber erst nach vielen Jahren die Wiederannahme ihres Geburtsnamens verlangt. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass beides - die Namen der Geschwister und die nach Erlangung der Mündigkeit verflossene Zeit - Kriterien sind, die in der vorliegenden Konstellation nach der Rechtsprechung mitzuberücksichtigen sind ( BGE 110 II 97 E. 3b S. 100 f.). 3.3.2 Sodann macht die Beschwerdeführerin geltend, dass sie bereits im Alter von 24 Jahren (im Jahre 1983, also vor der Heirat) ihre erste psychische Krise mit Verlustängsten gehabt habe; eine weitere Krise mit Erschöpfungs- und Überforderungsgefühlen sei nach dem Suizid ihres Bruders im Jahre 1987 gekommen und nach der Heirat bzw. Geburt ihrer Tochter habe sie teils schwere ängstlich-depressive Krisen in den Jahren 1998 und 2002 mit Hospitalisationen durchlebt. Der Tod des Vaters habe die psychischen Probleme wegen der nicht verarbeiteten Vergangenheit vergrössert. Die Beschwerdeführerin betont, dass - was auch die Vorinstanz gewürdigt hat - die erste psychische Krise im Jahre 1983 mit der Namensänderung im Jahre 1967 in Zusammenhang stehe bzw. durch diese verursacht sei. Wenn die Beschwerdeführerin selber den Schwerpunkt ihres Interesses an der Änderung ihres ehelichen Namens auf die Behebung von psychischen Problemen legt, welche bereits im Jahre 1983 begonnen haben und während der Ehe erneut aufgetreten sind, kann der Vorinstanz keine Ermessensverletzung vorgeworfen werden, wenn sie in erster Linie geprüft hat, ob vorliegend die Behebung von psychischen Problemen als wichtiger Grund die Namensänderung rechtfertigt. 3.4 Die Beschwerdeführerin macht gestützt auf die Meinung von Dr. M. geltend, dass die Namensänderung im Kindesalter für ihre seelische Gesundheit schwerwiegende Konsequenzen gehabt habe und nur die erneute Namensänderung mit grosser Wahrscheinlichkeit ihre seelische Not lindern und ihr Identitäts- und Selbstwertgefühl steigern könne. BGE 136 III 161 S. 166 3.4.1 Die Bewilligung der Namensänderung darf sich nur auf Tatsachen stützen, von deren Vorhandensein sich die Behörde überzeugt hat, wobei der Gesuchsteller die Beweislast für das Vorhandensein der Voraussetzungen trägt (vgl. GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit, 1954, S. 57; HÄFLIGER, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB , 1996, S. 75). Das Bundesrecht schreibt der kantonalen Behörde nicht vor, mit welchen Mitteln der Sachverhalt abzuklären ist und wie das Ergebnis davon zu würdigen ist. Ob die Vorinstanz das entsprechende, im kantonalen Verfahren vorgelegte ärztliche Zeugnis vom 21. Juli 2008 als "nicht nachvollziehbar" erachtet und den darin aufgezeigten Zusammenhang zwischen psychischen Problemen und Namensänderung verneinen durfte, gehört zur Beweiswürdigung, welche nur wegen eines Verstosses gegen das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) überprüft werden kann (vgl. BGE 114 II 289 E. 2 S. 291). 3.4.2 Vorliegend hat Dr. M., Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, seinen Bericht vom 21. Juli 2008 - anders als die Beschwerdeführerin vorgibt - nicht als (Privat-)Gutachten, sondern als "Ärztliches Zeugnis" bezeichnet. Die Beschwerdeführerin übergeht, dass ein Arztzeugnis im Allgemeinen die einfachste Form einer medizinischen Erhebung darstellt. Für die Beurteilung eines Rechtsanspruchs ist entscheidend, inwieweit eine medizinische Erhebung - sei diese ein Gutachten oder ein ärztlicher Bericht - den Kriterien der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit und Schlüssigkeit genügt (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352; ferner GLANZMANN-TARNUTZER, Der Beweiswert medizinischer Erhebung im Zivil-, Straf- und Sozialversicherungsprozess, AJP 2005 S. 79 f.). 3.4.3 Die Beschwerdeführerin umschreibt ihr Leiden mit "ernsthaften psychischen Problemen". Das von ihr eingereichte Arztzeugnis enthält unter dem Titel "Vorgeschichte" im Wesentlichen die Informationen des Namensänderungsgesuchs vom 5. August 2008. Unter dem Titel "Ärztliche Stellungnahme" wird auf wenigen Zeilen im Wesentlichen bestätigt, die Namensänderung komme "sowohl im subjektiven Erleben als auch aus psychiatrischer Sicht einer Art Wiedergutmachung eines im Kindesalter erlittenen Unrechts gleich", lasse nach dem Tod des Vaters und dem "Wiederaufleben des Trennungstraumas" einen "heilsamen Effekt erwarten" und "im Sinne der Antragsstellerin die psychische Stabilität deutlich verbessern". Selbst in Gutachten, in denen - anders als hier - die Angabe von psychisch verursachten Beschwerden nach der internationalen BGE 136 III 161 S. 167 Klassifikation psychischer Störungen (CIM-10/ICD-10) erfolgt, ist notwendig, dass eine präzise und nach den medizinischen Regeln formulierte Diagnose enthalten ist (MEINE, L'expert et l'expertise - critères de validité de l'expertise médicale, in: L'expertise médicale, Rosatti [Hrsg.], 2002, S. 21). Dass eine solche im erwähnten Arztzeugnis enthalten und von der Vorinstanz übergangen worden sei, bringt die Beschwerdeführerin nicht vor. Ebenso wenig legt sie dar, inwiefern das Obergericht ausser Acht gelassen habe, dass in der ärztlichen Beurteilung z.B. eine Diskussion der erstmals aufgetretenen und späteren Beschwerden und Befunde vorgenommen, Therapien und Therapievorschläge besprochen oder Prognosen beurteilt worden seien, welche den medizinischen Zusammenhang zwischen der Namensänderung und der Beseitigung ihrer psychischen Probleme nachvollziehbar machen. Dass sich entsprechende Schlussfolgerungen aus der IV-Viertelsrentenverfügung, welche die Beschwerdeführerin im kantonalen Verfahren eingereicht hat, entnehmen lassen sollen, wird nicht behauptet, so dass das Argument, die Namensänderung würde den Gesundheitszustand verbessern und die Erwerbsfähigkeit erhöhen, unbehelflich ist. Die Beschwerdeführerin setzt insgesamt nicht auseinander ( Art. 106 Abs. 2 BGG ), inwiefern das Obergericht in Willkür verfallen sei ( Art. 9 BV ), wenn es gestützt auf das Arztzeugnis vom 21. Juli 2008 nicht zur Überzeugung gelangt ist, dass mit der Namensänderung seelische Nachteile beseitigt werden können. Inwiefern die Vorinstanz als Rekursinstanz schliesslich kantonales Verfahrensrecht bzw. § 280d ZPO /ZH [LS 271], wonach (in sinngemässer Anwendung bei Namensänderungen; § 274 ZPO /ZH) eine mündliche Verhandlung angeordnet werden kann, in unhaltbarer Weise ( Art. 9 BV ) angewendet habe, wird in der Beschwerdeschrift nicht hinreichend begründet ( Art. 106 Abs. 2 BGG ). 3.4.4 Wenn die Vorinstanz vor diesem Hintergrund keine Umstände erblickt hat, welche die Namensänderung rechtfertigen, kann von einer Verletzung ihres Ermessens ( Art. 4 ZGB ) nicht gesprochen werden. 3.5 Nach dem Dargelegten besteht insgesamt kein Anlass, um in die Ermessensausübung der kantonalen Behörden einzugreifen, und es hält vor Bundesrecht stand, wenn das Obergericht die Namensänderung bzw. Voranstellung des Namens "R." vor den eherechtlichen Familiennamen "X." nicht bewilligt hat.
null
nan
de
2,009
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6c479d8a-6de9-4ece-aca9-d8ef58325ef5
Urteilskopf 96 I 673 102. Auszug aus dem Urteil vom 16. Dezember 1970 i.S. X. gegen Eidg. Steuerverwaltung
Regeste Verrechnungssteuer, Konkurs des Steuerpflichtigen. Bedeutung von Art. 46 VStG . Diese Bestimmung ist auch auf Rückgriffsansprüche anwendbar, die vor dem Inkrafttreten des VStG entstanden sind (Erw. 2). Kann der Bankgläubiger Zinsguthaben mit den Rückgriffsansprüchen der Bank verrechnen, wenn diese vor der Steuerüberwälzung in Konkurs gefallen ist? (Erw. 4). Verhältnis von Art. 46 Abs. 1 zu Art. 46 Abs. 2 VStG (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 673 BGE 96 I 673 S. 673 A.- Im Verlaufe des Konkursverfahrens über die Bank Y., bei welcher X. verschiedene Kundenguthaben besass, wurde festgestellt, dass die entsprechenden Zinsen jeweils ohne Verrechnungssteuerabzug gutgeschrieben worden waren. Die Konkursverwaltung kürzte deshalb die betreffenden Konti nachträglich um die verfallenen Verrechnungssteuerbeträge und BGE 96 I 673 S. 674 kollozierte die Kapital- und Zinsguthaben des X. in der fünften Klasse. Die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) machte in der Folge gestützt auf Art. 46 Abs. 1 VStG gegen X. eine Steuerforderung von Fr. 136 527.30 geltend. Da X. die Zahlung verweigerte, liess sie dessen Ansprüche auf die Konkursdividende bis zur Höhe von Fr. 140 000.-- verarrestieren und leitete Betreibung ein. Da X. gegen den Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag erhob, fällte die EStV gestützt auf Art. 41 VStG einen formellen Entscheid und stellte darin fest, X. schulde ihr eine Verrechnungssteuer im Betrage von Fr. 136 527.30. B.- X. erhob dagegen Einsprache, u.a. mit der Begründung, die Rückgriffsansprüche der Bank seien spätestens im Zeitpunkt der Konkurseröffnung durch Verrechnung mit seinen Kapital- und Zinsforderungen gegen die Bank untergegangen, so dass Art. 46 Abs. 1 VStG zum vorneherein nicht anwendbar sei; im übrigen dürfe sich die EStV für die vor dem 1. Januar 1967 entstandenen Verrechnungssteuerforderungen schon deshalb nicht auf Art. 46 Abs. 1 VStG stützen, da der bis zum 31. Dezember 1966 anwendbare Verrechnungssteuerbeschluss keine entsprechende Bestimmung enthalten habe und dem neuen Verrechnungssteuergesetz keine Rückwirkung zukomme. Die EStV wies die Einsprache ab, und zwar im wesentlichen mit folgender Begründung: Die Zinsforderungen des Einsprechers seien monatlich fällig geworden. Mit ihnen seien auch die entsprechenden Rückgriffsansprüche der Bank entstanden. Nach Art. 46 Abs. 1 VStG seien diese mit der Konkurseröffnung auf den Bund übergegangen. Dass die Konkursverwaltung in ihrer Kollokationsverfügung die Verrechnungssteuer auf den Einsprecher überwälzt habe, sei in diesem Zusammenhang unmassgeblich. Es treffe auch nicht zu, dass die Rückgriffsansprüche mit der Konkurseröffnung durch Verrechnung mit den Forderungen des Einsprechers gegenüber der Bank untergegangen seien. Da der Rückgriffsanspruch eine öffentlichrechtliche Forderung darstelle, könne er nicht gegen den Willen des Berechtigten zur Verrechnung gebracht werden ( Art. 125 Ziff. 3 OR ). Der Einsprecher habe weder vor der Konkurseröffnung eine entsprechende Erklärung abgegeben noch habe die Bank oder der Bund einer Verrechnung zugestimmt. Auch die Behauptung, die vor dem Inkrafttreten des VStG entstandenen Regressansprüche seien mangels einer gleichlautenden Regelung im Verrechnungssteuerbeschluss und im neuen BGE 96 I 673 S. 675 Gesetz nicht auf den Bund übergegangen, treffe nicht zu, da für die Verrechnungssteuerforderungen ab 1. Januar 1967 ausschliesslich das VStG gelte, und zwar unbekümmert darum, wann die Forderungen entstanden seien. Von einer unzulässigen Rückwirkung des VStG könne somit nicht die Rede sein. C.- X. führt gegen den Einspracheentscheid der EStV Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, es sei festzustellen, dass er der EStV nichts schulde und dass deshalb der Arrest und die Betreibung aufzuheben seien und das Betreibungsamt anzuweisen sei, die in der Sache hinterlegten Fr. 140 000.-- freizugeben. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit sie für die Entscheidung von Bedeutung ist, aus den nachfolgenden Erwägungen. D.- Die EStV beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 12 Abs. 1 VStG bzw. Art. 6bis VStB entsteht die Verrechnungssteuerforderung im Zeitpunkt, in dem die steuerbare Leistung fällig wird. Diese ist nach Massgabe von Art. 14 Abs. 1 VStG bzw. Art. 6quater VStB bei der Auszahlung, Überweisung, Gutschrift oder Verrechnung ohne Rücksicht auf die Person des Gläubigers um den Steuerbetrag zu kürzen. Vereinbarungen, die dieser Pflicht widersprechen, sind nichtig. Solange die Überwälzung nicht stattgefunden hat, besteht für den Steuerpflichtigen, d.h. für den Schuldner der steuerbaren Leistung, unter Vorbehalt der Vorschriften über die Verjährung ein Rückgriffsanspruch gegenüber dem Leistungsgläubiger. Fällt der Steuerpflichtige in Konkurs, bevor er seiner Pflicht zur Überwälzung nachgekommen ist, so gehen die ihm zustehenden Rückgriffsrechte bis zur Höhe der noch nicht bezahlten Steuern auf den Bund über ( Art. 46 Abs. 1 VStG ). Hat er indessen im Zeitpunkt der Konkurseröffnung die Steuer überwälzt, und ist damit der Rückgriffsanspruch untergegangen, die Steuer jedoch noch nicht entrichtet, so geniesst die Steuerforderung bis zur Höhe des überwälzten Betrags im Konkurs ein Vorrecht zweiter Klasse ( Art. 46 Abs. 2 VStG ). Der Verrechnungssteuerbeschluss vom 1. September 1943 enthielt keine dem Art. 46 VStG entsprechende Ordnung. Bis zum Inkrafttreten des neuen Verrechnungssteuergesetzes am 1. Januar 1967 war der Bund für Verrechnungssteuern, welche eine in Konkurs BGE 96 I 673 S. 676 geratene Bank durch Kürzung der steuerbaren Leistung auf ihre Gläubiger überwälzt, aber noch nicht bezahlt hatte, mit einer Forderung in der fünften Klasse am Erlös der Konkursmasse beteiligt. Das gleiche galt, wenn die Bank ihre Rückgriffsansprüche im Zeitpunkt der Konkurseröffnung noch nicht geltend gemacht hatte. Damit bestand für den Bund die Gefahr, dass er dem Bankgläubiger mehr Verrechnungssteuern zurückerstatten musste, als ihm selbst als Gläubiger der fünften Klasse aus der Konkursmasse zugekommen war. Dieser sachwidrige Einbruch ins System der Verrechnungssteuer sollte mit dem Erlass von Art. 46 VStG beseitigt werden (vgl. die Botschaft zum Verrechnungssteuergesetz vom 18. Oktober 1963, BBl 1964 II S. 981). Dem Beschwerdeführer wurden als Gläubiger der in Konkurs gefallenen Bank sowohl vor als auch nach dem Inkrafttreten des neuen Verrechnungssteuergesetzes Zinsen gutgeschrieben. Es fragt sich deshalb zunächst, ob die Ordnung von Art. 46 VStG im vorliegenden Fall auf sämtliche Zinsgutschriften bzw. die darauf verfallenen Verrechnungssteuern anzuwenden ist. Dies ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu bejahen. Art. 46 VStG ist zusammen mit den übrigen Vorschriften des neuen Verrechnungssteuergesetzes am 1. Januar 1967 in Kraft getreten. In Art. 72 Abs. 1 VStG wird zudem der alte Verrechnungssteuerbeschluss vom 1. September 1943 vorbehaltlos aufgehoben. Der Einwand, die Anwendung des neuen Rechts auf Steuerforderungen bzw. Rückgriffsansprüche, die vor dem 1. Januar 1967 entstanden sind, stelle eine unzulässige Rückwirkung dar, ist unbehelflich, denn die Regel, wonach Verwaltungsgesetze grundsätzlich nicht rückwirkend angewendet werden dürfen, bezieht sich nicht auf den Fall, wo Verhältnisse, die zwar noch unter der Herrschaft des alten Rechts entstanden sind, beim Inkrafttreten des neuen Rechts noch fortdauern (A. GRISEL, Droit administratif suisse, p. 189; vgl. auch BGE 94 I 391 Erw. 5); dies ergibt sich im übrigen auch aus den intertemporalen Vorschriften des Schlusstitels zum ZGB, die mangels einer besonderen gesetzlichen Regel auch im öffentlichen Recht gelten ( BGE 92 I 238 Erw. 4; vgl. insbesondere Art. 3 SchlT ZGB und G. BROGGINI, Intertemporales Privatrecht, in: Schweizerisches Privatrecht, Bd. I, 1969, S. 439 ff.). Was die vor dem Inkrafttreten des neuen Verrechnungssteuergesetzes fällig gewordenen Zinsen auf den Guthaben des Beschwerdeführers anbelangt, so bestanden sowohl die Forderungen des Bundes BGE 96 I 673 S. 677 für die darauf verfallenen Verrechnungssteuern als auch die entsprechenden Rückgriffsansprüche der Bank gegen den Beschwerdeführer am 1. Januar 1967 immer noch, denn es wird weder geltend gemacht, die Verrechnungssteuern seien vor diesem Datum bezahlt worden, noch wird behauptet, die Rückgriffsansprüche der Bank seien mit Rücksicht auf eine unter der Herrschaft des alten Rechts erfolgte Steuerüberwälzung vor dem 1. Januar 1967 untergegangen. Der Anwendung von Art. 46 VStG steht somit im vorliegenden Fall nichts im Wege. 4. Der Beschwerdeführer wendet ein, auch wenn die Belastung mit der Verrechnungssteuer nicht vor der Konkurseröffnung erfolgt sei, könne er die gegen ihn geltend gemachte Steuerforderung mit seinen Guthaben gegenüber der Bank in deren Konkurs verrechnen, zumal die Konkursverwaltung einer solchen Verrechnung zugestimmt habe. Diese Auffassung geht fehl. Wohl ist nicht zu bezweifeln, dass ohne die Sonderregelung in Art. 46 Abs. 1 VStG der Beschwerdeführer den Rückgriffsanspruch der Konkursmasse ihm gegenüber mit seiner Forderung für Darlehenszinsen verrechnen könnte ( Art. 123 OR ). Dieses Recht würde ferner grundsätzlich auch durch eine Legalzession des Rückgriffsanspruchs nicht geschmälert, finden doch in einem solchen Fall die Vorschriften des Zessionsrechts, insbesondere Art. 169 Abs. 1 OR Anwendung, wonach der Schuldner dem neuen Gläubiger gegenüber Gegenforderungen verrechnen kann, welche er gegen den früheren Gläubiger hatte (VON TUHR/SIEGWART, II, S. 821; VON BÜREN, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, S. 339). Die in Art. 46 Abs. 1 VStG vorgesehene Legalzession bewirkt jedoch, dass der Rückgriffsanspruch der Bank mit der Konkurseröffnung zu einer Forderung des Bundes aus öffentlichem Recht wird. Art. 125 Ziff. 3 OR schliesst die Verrechnung einer solchen Forderung gegen den Willen des Gläubigers aus (IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3. Aufl., Nr. 124 I b, S. 34). Eine derartige Zustimmung vonseiten der EStV liegt nicht vor, weshalb im vorliegenden Fall eine Verrechnungsmöglichkeit entfällt. Dass die Konkursverwaltung der vom Beschwerdeführer begehrten Verrechnung zugestimmt hat, ist unbehelflich; die Konkursverwaltung konnte vom Zeitpunkt der Konkurseröffnung an nicht mehr über den Rückgriffsanspruch verfügen. Dass vor der Konkurseröffnung eine Verrechnungserklärung BGE 96 I 673 S. 678 abgegeben worden wäre, behauptet der Beschwerdeführer selbst nicht. 5. Der Beschwerdeführer macht hilfsweise geltend, der Bund könne seine Steuerforderung gegenüber der in Konkurs gefallenen Bank im Konkursverfahren eingeben und werde zufolge des ihm zustehenden Konkursprivilegs die ganze Steuerforderung gedeckt erhalten, so dass es eine unbillige Härte darstelle, die noch nicht bezahlten Verrechnungssteuern gestützt auf Art. 46 Abs. 1 VStG vom Gläubiger der steuerbaren Leistung einzufordern. Auch damit dringt der Beschwerdeführer jedoch nicht durch. Verrechnungssteuerforderungen sind nach dem klaren Wortlaut von Art. 219 Abs. 4 zweite Klasse lit. m SchKG nur privilegiert, wenn der Schuldner die Über wälzung vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, so besteht kein Konkursprivileg. Wortlaut, Sinn und Entstehungsgeschichte von Art. 46 VStG enthalten ferner keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass Abs. 1 bloss dann angewendet werden dürfte, wenn das Verfahren nach Abs. 2 nicht zur Deckung des Bundes führen würde. Wie der Bund zur Geltendmachung seiner Verrechnungssteuerforde rungen vorzugehen hat, wenn der Steuerpflichtige in Konkurs fällt, liegt nicht im Ermessen der Verwaltung, sondern ergibt sich aus der klaren Regelung des Art. 46 VStG . Sind die Voraussetzungen zur Anwendung von Abs. 1 dieser Bestimmung er füllt, so fällt Abs. 2 ausser Betracht.
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Federation
6c4bacff-7103-4b13-bc43-dcbd521f2f81
Urteilskopf 136 V 346 40. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Stadt X. gegen M. und Gemeinde Y. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_79/2010 vom 24. September 2010
Regeste Art. 89 Abs. 1 BGG ; Art. 4, 5 und 9 ZUG ; Art. 5 und 6 Unterstützungsgesetz des Kantons Graubünden; innerkantonaler Unterstützungswohnsitz. Eine Gemeinde ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten legitimiert gegen einen Entscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts, der in Anwendung des kantonalen Unterstützungsgesetzes ihre Zuständigkeit zur Unterstützung eines Bedürftigen bejaht (E. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 346 BGE 136 V 346 S. 346 A. Der 1978 geborene M. meldete sich im Januar 2002 in der Gemeinde Y. (GR) an, nachdem er seinen Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik abgebrochen und sich in der Stadt A. abgemeldet hatte. Seit dem 3. Februar 2002 hielt er sich mit Unterbrüchen in verschiedenen Stationen der Psychiatrischen Dienste auf. Die Amtsvormundschaft, welche mit Beschluss vom 14. Juni 2004 für M. eine BGE 136 V 346 S. 347 kombinierte Beiratschaft errichtet hatte, meldete diesen am 12. Oktober 2004 in der Gemeinde X. an. Diese stellte am 9. November 2004 den Schriftenempfangsschein aus und bescheinigte am 19. April 2007 den gesetzlichen Wohnsitz in X. seit dem Zuzug von Y. am 11. Oktober 2004. Seit Juni 2008 lebt M. im Rahmen eines begleiteten Wohnens in einem Wohnheim der Stadt Z. Mit Schreiben vom 6. Februar 2009 ersuchte sein Beirat die Stadt X. um Übernahme von ausstehenden Rechnungen in Höhe von insgesamt rund Fr. 17'000.-. Diese trat am 26. Februar 2009 auf das Gesuch mit der Begründung nicht ein, M. verzeichne in der Gemeinde X. keinen Wohnsitz. B. Dagegen erhob M. Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 17. November 2009 gut und wies die Stadt X. an, das Unterstützungsgesuch materiell zu behandeln. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Stadt X. beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei zu erkennen, dass M. nie in der Stadt X. Wohnsitz hatte. Das Verwaltungsgericht und M. schliessen auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten ist. Denselben Antrag stellen auch die Stadt Z. und die Gemeinde Y. als Beigeladene. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Unter der Herrschaft des bis Ende 2006 in Kraft gestandenen OG (BS 3 531) war die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig, wenn sich der angefochtene Entscheid nicht auf öffentliches Recht des Bundes, sondern auf kantonales Recht stützte. Soweit es um Fragen der nach kantonalem Recht zu erbringenden Unterstützungsleistungen ging, stand den Gemeinden als Rechtsmittel daher einzig die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung und zwar auch dann, wenn der Unterstützungswohnsitz innerkantonal gestützt auf die analoge Anwendung des Zuständigkeitsgesetzes begründet wurde (ZBl 98/1997 S. 414, 2P.240/1995 E. 1d; Urteile 1P.481/1998 vom 11. März 1999 E. 1d; 2A.452/1996 vom 17. Juni 1997 E. 2 und 3). Soweit die Gemeinde durch den angefochtenen Entscheid als Schuldnerin von Fürsorgeleistungen und somit als Trägerin hoheitlicher Gewalt betroffen war, konnte sie sich auf ihre Autonomie berufen. Zur reinen Willkürbeschwerde war sie indessen nicht legitimiert (ZBl 98/1997 BGE 136 V 346 S. 348 S. 414, 2P.240.1995 E. 1e; Urteile 1P.247/2002 vom 12. August 2002 E. 2; 1P.481/1998 vom 11. März 1999 E. 3a; 2A.452/1996 vom 17. Juni 1997 E. 3b; 2P.424/1995 vom 23. Mai 1996 E. 3b). Art. 89 Abs. 2 lit. c BGG berechtigt Gemeinden und öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten, wenn sie die Verletzung von Garantien rügen, die ihnen die Kantons- oder Bundesverfassung gewährt. Für das Eintreten ist allein entscheidend, dass die Beschwerde führende Gemeinde durch einen Akt in ihrer Eigenschaft als Trägerin hoheitlicher Gewalt berührt ist und eine Verletzung der Autonomie geltend macht (Urteil 8C_650/2009 vom 21. Januar 2010 E. 1.2.1 und 6 zur Gemeindeautonomie im Fürsorgebereich). Die Stadt X. rügt keine Verletzung ihrer Autonomie und legt insbesondere nicht dar, inwiefern ihr das kantonale Recht im betroffenen Sachbereich eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräume und weshalb der angefochtene Entscheid ihren geschützten Autonomiebereich verletze. Eine Beschwerdelegitimation unter diesem Titel besteht daher nicht. 3.2 Nach Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG sind Personen, Organisationen und Behörden zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten befugt, wenn ihnen ein Bundesgesetz dieses Recht einräumt. Gemäss dem unter dem Randtitel "Streitigkeiten" stehenden Art. 13 Abs. 2 des Gesetzes des Kantons Graubünden vom 3. Dezember 1978 über die Unterstützung Bedürftiger (Kantonales Unterstützungsgesetz; BR 546.250; nachfolgend: UG) entscheidet das Verwaltungsgericht über Streitigkeiten, die sich aus der Anwendung des UG ergeben. Nach Abs. 3 derselben Bestimmung gelten die Grundsätze des Bundesgesetzes vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG; SR 851.1) sinngemäss, soweit das UG nicht selbst Vorschriften enthält. Seit der Aufhebung von Art. 34 Abs. 3 ZUG durch Ziff. 119 Anhang Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtsgesetz, VGG; SR 173.32) mit Wirkung auf 1. Januar 2007 ist bundesrechtlich keine Beschwerdemöglichkeit ans Bundesgericht mehr ausdrücklich vorgesehen. Es fehlt somit an einer Beschwerdelegitimation gestützt auf Art. 89 Abs. 2 lit. d BGG . 3.3 3.3.1 Die Stadt X. beruft sich auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG , wonach zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt ist, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme BGE 136 V 346 S. 349 erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist (lit. b) und überdies ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. c). 3.3.2 Die allgemeine Beschwerdebefugnis ist auf Privatpersonen zugeschnitten; sie bezweckt in erster Linie den Schutz des Bürgers und der Bürgerin gegen fehlerhafte Verwaltungsakte und nicht den Schutz des Gemeinwesens. Das Gemeinwesen kann sich dann darauf stützen, wenn es durch den angefochtenen Entscheid gleich oder ähnlich wie eine Privatperson betroffen ist ( BGE 136 II 274 E. 4.1 S. 278 mit Hinweisen). In bestimmten Fällen kann das Gemeinwesen auch in hoheitlichen Interessen derart berührt sein, dass die Rechtsprechung von einem schutzwürdigen Interesse im Sinne von Art. 89 Abs. 1 BGG ausgeht ( BGE 134 II 45 E. 2.2.1 S. 46 f.; zur Heranziehung der früheren Praxis bei der Auslegung BGE 133 II 400 E. 2.4.1 S. 405 f.). Bei Eingriffen in spezifische eigene Sachanliegen wird die Beschwerdebefugnis des Gemeinwesens etwa dann bejaht, wenn ein Hoheitsakt wesentliche öffentliche Interessen in einem Politikbereich betrifft, der ihm zur Regelung zugewiesen ist ( BGE 135 II 12 E. 1.2 S. 15 f.). Bejaht wurde das schutzwürdige Interesse sodann bei wichtigen vermögensrechtlichen Interessen wie dem interkommunalen Finanzausgleich, der für den Handlungsspielraum einer Gemeinde von zentraler Bedeutung ist ( BGE 135 I 43 E. 1.3 S. 46 f.), bei namhaften Subventionsbeträgen ( BGE 122 II 382 E. 2b S. 383 f.), wenn das Gemeinwesen in seiner Funktion als lohnzahlungspflichtiger öffentlicher Arbeitgeber berührt ist ( BGE 124 II 409 E. 1e S. 417 f.) oder wenn das kantonale Recht der Gemeinde den gesamten Ertrag einer Spezialsteuer überlässt und ihr besondere Kompetenzen bei deren Erhebung zuweist, wie es in einigen Kantonen bei der Grundstückgewinnsteuer vorgesehen ist (Urteil 2P.204/2006 vom 21. Mai 2007 E. 6; vgl. im Übrigen die Beispielkataloge bei SEILER UND ANDERE, Bundesgerichtsgesetz, 2007, N. 35 f. zu Art. 89 BGG ; BERNHARD WALDMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 43 f. zu Art. 89 BGG ; ALAIN WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 40 ff. zu Art. 89 BGG ). Generell gilt jedoch, dass Gemeinwesen, wenn sie die Durchsetzung hoheitlicher Anliegen anstreben, nur restriktiv gestützt auf die allgemeine Legitimationsklausel von Art. 89 Abs. 1 BGG zur Beschwerdeführung zugelassen werden dürfen ( BGE 135 I 43 E. 1.3 S. 46 f.). Das allgemeine Interesse an der richtigen Rechtsanwendung oder der Einbezug in das BGE 136 V 346 S. 350 Verfahren als Mitbetroffener oder -adressat reicht hierfür nicht aus ( BGE 136 II 274 E. 4.2 S. 279 mit Hinweisen). 3.4 Das Bundesgericht hat die Beschwerdelegitimation einer Gemeinde bejaht, welche die Drittauszahlung von Nachzahlungen der Invalidenversicherung geltend machte. Durch die Verweigerung der von der bevorschussenden Sozialhilfebehörde verlangten Drittauszahlung von Sozialversicherungsleistungen ist die Gemeinde direkt in ihren vermögensrechtlichen Interessen berührt und zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten berechtigt ( BGE 135 V 2 E. 1.1 S. 4 mit Hinweisen). Bereits mit Urteil 8C_105/2007 vom 24. Juli 2008 war es auf die Beschwerde einer Gemeinde eingetreten, welche eine leistungsablehnende Verfügung getroffen hatte und sich vor Bundesgericht gegen den kantonalen Entscheid zur Wehr setzte, welcher sie dazu verpflichtet hatte, für Ausstände von Krankheitskosten der während der massgebenden Zeit bei ihr Wohnsitz verzeichnenden Person aufzukommen. Hingegen hat das Bundesgericht im Urteil 8C_650/2009 vom 21. Januar 2010 offengelassen, ob sich die Gemeinde bezüglich der Erbringung von kantonalen Sozialhilfeleistungen auf die allgemeine Beschwerdelegitimation von Art. 89 Abs. 1 BGG berufen kann. 3.5 Die Beschwerdeführerin wird durch den angefochtenen Entscheid verpflichtet, finanzielle Leistungen zu erbringen. Aufgrund der Inanspruchnahme für Sozialhilfe hat die vorinstanzliche Anordnung direkte Auswirkungen auf ihr Finanz- oder Verwaltungsvermögen. Als Erbringerin von Fürsorgeleistungen ist sie in ihren schutzwürdigen eigenen hoheitlichen Interessen in qualifizierter Weise betroffen (vgl. ZBl 98/1997 S. 414, 2P.240/1995 E. 1c sowie Urteil 2A.300/1999 vom 17. Januar 2000 E. 1b zu Art. 103 lit. a OG , an welche Regelung Art. 89 Abs. 1 BGG im Wesentlichen anknüpft [ BGE 134 V 53 E. 2.3.3.1 S. 58]). Da eine Gemeinde am Recht steht, geht es hier nicht um einen innerorganischen Konflikt (sog. Organstreitigkeit) zwischen der obersten Exekutive und der obersten Justizbehörde eines Kantons (vgl. Urteil 8C_1025/2009 vom 19. August 2010 E. 3.3.2 und 3.3.4.1 f. betreffend die Auslegung des kantonalen Rechts), welcher nicht vor das Bundesgericht getragen werden könnte (vgl. BGE 134 V 53 E. 2.3 S. 57). 3.6 Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerdelegitimation gestützt auf Art. 89 Abs. 1 BGG zu bejahen und auf die Beschwerde einzutreten.
null
nan
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2,010
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c525aa4-b657-4415-bc24-4eaa3b9de111
Urteilskopf 85 II 170 27. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Juni 1959 i. S. G. gegen G.
Regeste Berufung. Unzulässiges neues Begehren? ( Art. 55 lit. b OG ). Anfechtung der Ehelichkeit ( Art. 254 ZGB ). 1. "Moralische Unmöglichkeit" ehelichen Verkehrs um die Empfängniszeit? 2. Dass trotz bestehender Möglichkeit kein solcher Verkehr stattgefunden habe, darf weder auf Grund des Zugeständnisses der Mutter noch gestützt auf vom kantonalen Prozessrecht nicht als Beweismittel anerkannte Aussagen im Parteiverhör noch auf Grund eines der freien Beweiswürdigung entzogenen Parteieides oder -handgelübdes als erstellt betrachtet werden (analoge Anwendung von Art. 158 Ziff. 1-4 ZGB ). Auch gibt das Bundesrecht dem Kläger keinen Anspruch darauf, dass die vor zweiter Instanz am Prozess nicht mehr teilnehmende Mutter als Zeugin verhört werde.
Sachverhalt ab Seite 171 BGE 85 II 170 S. 171 A.- Frau G., geb. 1913, die seit dem Jahre 1935 mit dem um 13 Jahre ältern G. verheiratetet war und am 3. Oktober 1950 einen Knaben geboren hatte, gebar am 3. November 1957 das Mädchen D. Am 3. Dezember 1957 leitete der Ehemann gegen dieses Kind und die Ehefrau Klage auf Anfechtung der Ehelichkeit ein mit der Begründung, seit der Geburt des ersten Kindes sei es zwischen den Ehegatten nie mehr zum Geschlechtsverkehr gekommen. Vater des Kindes sei R., mit dem die Ehefrau seit mehr als anderthalb Jahren ehebrecherische Beziehungen unterhalte. Die Ehefrau beantragte Gutheissung, der Beistand des Kindes Abweisung der Klage. Am 27. September 1958 schied das Zivilgericht Basel-Stadt die Ehe G. wegen Ehebruchs der Frau. Gleichen Tags erkannte es: "Sofern der Kläger unter Handgelübde an Eidesstatt erklärt, dass er in der Zeit vom 8. Januar bis zum 8. Mai 1957 mit der Beklagten II keinen Geschlechtsverkehr gehabt hat, wird festgestellt, dass die Beklagte I nicht das eheliche Kind des Klägers, sondern das aussereheliche Kind der Beklagten II ist. ..... Leistet der Kläger das Handgelübde nicht, so wird die Klage abgewiesen." In den Entscheidungsgründen wird ausgeführt, für die "vom Gesetz verlangte Unmöglichkeit eines geschlechtlichen Umganges des Klägers mit der Beklagten II" um die Empfängniszeit spreche die übereinstimmende Erklärung der Ehegatten im Eheverhör, dass seit der Geburt des ersten Kindes kein ehelicher Verkehr mehr stattgefunden habe. Dazu komme, dass die Ehefrau in der kritischen Zeit intime Beziehungen mit R. unterhalten habe und glaubhaft erkläre, das Kind D. sei aus diesem Verhältnis hervorgegangen. Da sie aber bei getrennten BGE 85 II 170 S. 172 Zimmern die gleiche Wohnung wie der Kläger bewohnt habe und das Ergebnis der durchgeführten Blutuntersuchung den Kläger als Vater nicht ausschliesse, sei die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers nicht hinlänglich dargetan. Die Beweiskraft der vorliegenden Indizien rechtfertige es jedoch, den gut beleumdeten Kläger zum Handgelübde gemäss § 139 der kantonalen ZPO zuzulassen. B.- Der Beistand des Kindes zog dieses Urteil an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt weiter mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Der Kläger beantragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils. Am 24. März 1959 hat das Appellationsgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers werde nur mit der Behauptung begründet, dass seit der Geburt des ersten Kindes kein ehelicher Verkehr mehr stattgefunden habe. Dass die Zeugung des Kindes durch den Kläger aus äussern Gründen unmöglich sei, werde nicht geltend gemacht; aber auch eine Unmöglichkeit der Beiwohnung aus psychischen Gründen sei nicht dargetan. Dass trotz bestehender Möglichkeit um die Zeit der Empfängnis tatsächlich kein Geschlechtsverkehr zwischen den Ehegatten stattgefunden habe, könne durch das dem Kläger auferlegte Handgelübde an Eidesstatt im Sinne von § 139 ZPO nicht bewiesen werden, weil im Anfechtungsprozess angesichts der hier auf dem Spiel stehenden öffentlichen Interessen die für das Scheidungsverfahren geltende Vorschrift von Art. 158 Ziff. 2 ZGB analog anzuwenden sei. Mit den übereinstimmenden Aussagen, die der Kläger und seine Ehefrau im Scheidungs- und im Anfechtungsprozess machten, lasse sich die Unmöglichkeit der Vaterschaft des Klägers nicht beweisen, weil das kantonale Prozessrecht Parteiaussagen nicht als Beweismittel anerkenne. Schliesslich dürfe das Ausbleiben des ehelichen Verkehrs nach dem Grundsatze von Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB , der im Anfechtungsprozess ebenfalls anwendbar sei, auch nicht BGE 85 II 170 S. 173 einfach auf Grund des Zugeständnisses der Ehefrau als erstellt betrachtet werden. C.- Dieses Urteil hat der Kläger mit der vorliegenden Berufung angefochten. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Kläger beantragt mit seiner Berufung wie mit der Klage, es sei festzustellen, dass er nicht der Vater des Kindes D. sei; dieses sei als aussereheliches Kind seiner (geschiedenen) Ehefrau zu erklären. Eventuell verlangt er, es sei ihm im Sinne des erstinstanzlichen Urteils das Handgelübde an Eidesstatt abzunehmen. Da er im kantonalen Appellationsverfahren nur die Bestätigung dieses Urteils beantragt hatte, kann sich fragen, ob sein heutiger Hauptantrag nicht ein gemäss Art. 55 lit. b OG unzulässiges neues Begehren darstelle. Aus den Erwägungen der Vorinstanz ergibt sich jedoch, dass diese die sofortige, nicht von vorheriger Leistung des Handgelübdes abhängige Gutheissung der Klage durch sie als prozessual möglich betrachtete, obwohl bei ihr ein dahingehender Antrag nicht gestellt worden war. Stand somit im zweitinstanzlichen Verfahren nach der Auffassung der Vorinstanz, die über Fragen des kantonalen Prozessrechts abschliessend zu befinden hatte, das ursprüngliche Klagebegehren wieder im vollen Umfang zur Diskussion, so kann dem Kläger nicht verwehrt werden, vor Bundesgericht auf dieses Begehren zurückzugreifen. 2. Dass um die Zeit der Empfängnis des Kindes ein ehelicher Verkehr aus äussern Gründen unmöglich oder der Kläger zeugungsunfähig gewesen sei, hat dieser, wie die Vorinstanz zutreffend feststellt, nie geltend gemacht. Von "moralischer" Unmöglichkeit einer Beiwohnung kann angesichts der strengen Anforderungen, von denen die Rechtsprechung die Annahme einer solchen Unmöglichkeit abhängig macht ( BGE 82 II 502 lit. a), ebenfalls keine Rede sein, da nichts dafür vorliegt, dass die Eheleute G., die während der Empfängniszeit beisammen BGE 85 II 170 S. 174 wohnten, die Mahlzeiten gemeinsam einnahmen und miteinander ausgingen, gegeneinander so eingestellt gewesen seien, dass eine Beiwohnung um jene Zeit als ausgeschlossen erschiene. Die Blutuntersuchung führte zum Ergebnis, dass der Kläger als Vater des Kindes D. nicht ausgeschlossen werden könne. Dass sich seine Vaterschaft auf Grund anderer Merkmale ausschliessen lasse, hat der Kläger selber nicht behauptet. Mit Recht hat daher die Vorinstanz angenommen, seine Vaterschaft könnte im Sinne von Art. 254 ZGB nur dann als unmöglich bezeichnet werden, wenn feststünde, dass zwischen den Ehegatten trotz bestehender Möglichkeit keine Geschlechtsverkehr stattfand. 3. Der Kläger anerkennt, dass die Vorinstanz das Ausbleiben ehelichen Verkehrs um die Empfängniszeit nicht schon auf Grund des Zugeständnisses der Mutter als erstellt betrachten durfte. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, wäre dies mit Art. 158 Ziff. 1 und 3 ZGB unvereinbar, welche Bestimmungen nach ständiger Rechtsprechung im Anfechtungsprozess analog anwendbar sind ( BGE 82 II 3 mit Hinweisen, BGE 82 II 502 /503, BGE 83 II 4 ). Mit den Aussagen, welche die Mutter und der Kläger im Parteiverhör gemacht haben, kann der von Art. 254 ZGB geforderte Nachweis nach der Rechtsprechung ( BGE 82 II 503 mit Hinweisen) schon deswegen nicht geleistet werden, weil nach der für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlichen Auslegung des kantonalen Prozessrechts durch die Vorinstanz die Aussagen im Parteiverhör im Kanton Basel-Stadt nicht als Beweismittel anerkannt sind. Dass die Mutter, die im zweitinstanzlichen Verfahren keine Anträge stellte, von der Vorinstanz als Zeugin verhört worden sei, wie in der Berufungsschrift behauptet wird, stimmt nach dem Protokoll der Appellationsverhandlung nicht. Es kann aber auch keine Rede davon sein, dass der Kläger von Bundesrechts wegen auf ihre Vernehmung als Zeugin Anspruch gehabt habe. Wenn sie BGE 85 II 170 S. 175 auch vor Appellationsgericht nicht mehr am Verfahren teilnahm, blieb sie doch am Prozess insofern beteiligt, als das diesen Prozess abschliessende Urteil, wie immer es ausfallen mag, notwendigerweise auch für sie gelten wird ( BGE 82 II 3 /4). Darin konnte die Vorinstanz ohne Bundesrechtsverletzung einen genügenden Grund dafür finden, dem vom Kläger in der Appellationsantwort gestellten Antrag auf Vernehmung der Mutter als Zeugin nicht zu entsprechen. Es bleibt somit einzig noch zu prüfen, ob der in Frage stehende Beweis durch das dem Kläger auferlegte Handgelübde erbracht werden könne. 4. Art. 158 Ziff. 1 ZGB wird im Anfechtungsprozess deshalb analog angewendet, weil hier der Streit wie im Scheidungsprozess um ein Rechtsverhältnis geht, an dessen Stabilität ein öffentliches Interesse besteht und in das daher nur dann eingegriffen werden darf, wenn der Richter sich davon überzeugt hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorhanden sind. Dem Richter die Überzeugung vom Vorhandensein einer Tatsache zu verschaffen, ist die Beweisführung mit den vom kantonalen Prozessrecht vorgesehenen Beweismitteln nur unter der Voraussetzung geeignet, dass der Richter die Beweise frei würdigen kann. Der in Art. 158 Ziff. 4 ZGB ausgesprochene Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist also, was den Beweis der klagebegründenden Tatsachen anbetrifft, in Art. 158 Ziff. 1 ZGB bereits mitenthalten. Der Eid und das Handgelübde einer Partei im Sinne von § 139 ff. der baselstädtischen ZPO sind, wie die Vorinstanz im angefochtenen Urteil und in dem darin angeführten Urteil vom 20. Januar 1959 i.S. Sch./Sch. in für das Bundesgericht als Berufungsinstanz massgebender Weise festgestellt hat, formale Beweismittel. Sie haben "Urteilscharakter" und sind demgemäss "der freien Beweiswürdigung entzogen". Der Richter hat sie, wenn geleistet, "als schlechthin entscheidend hinzunehmen". Beim Eid und beim Handgelübde einer Partei im Sinne BGE 85 II 170 S. 176 von § 139 ff. der ZPO von Basel-Stadt handelt es sich also nicht bloss um eine in bestimmter Form gemachte Parteiaussage, die der Richter frei würdigen könnte (wie dies in Abweichung von dem in Basel und anderwärts herrschenden System für die durch Eid bekräftigte Parteiaussage im Sinne von Art. 210 der freiburgischen ZPO vom 28. April 1953 gilt; vgl. Art. 211 dieses Gesetzes und GULDENER, Schweiz. Zivilprozessrecht, 2. Aufl., S. 374 Anm. 21). Vielmehr wird nach dem Zivilprozessrecht von Basel-Stadt durch die Leistung des Eides oder Handgelübdes der Prozess ohne weiteres Zutun des Richters entschieden. Dem Parteieid und -handgelübde kommt hier von Gesetzes wegen volle Beweiskraft zu. Dieses Beweismittel dient also nicht zur Bildung der richterlichen Überzeugung, sondern lässt die beschworene Tatsache als feststehend erscheinen, ohne dass der Richter sich auf dem Wege der freien Beweiswürdigung von ihrem Vorhandensein überzeugt hätte. Der Umstand, dass der Eid und das Handgelübde nach § 139 der baselstädtischen ZPO nur nach Leistung "etwelchen" Beweises oder beim Vorliegen anderer "starker Wahrscheinlichkeitsgründe" für die Darstellung einer Partei und nach Prüfung des Leumunds der für die Eidesleistung in Frage kommenden Personen auferlegt werden darf, erlaubt selbstverständlich nicht zu sagen, dass der Richter sich im Sinne von Art. 158 Ziff. 1 ZGB vom Vorhandensein der beschworenen Tatsache überzeugt habe; denn der Eid bezw. das Handgelübde wird ja eben gerade deswegen abgenommen, weil nach der Auffassung des Richters ein hinlänglicher Beweis für die betreffende Tatsache fehlt, m.a.W. weil der Richter vom Vorhandensein dieser Tatsache nicht voll überzeugt ist. Daher ist es in Prozessen, für die Art. 158 Ziff. 1 ZGB unmittelbar oder analog gilt, nicht zulässig, den Eid und das Handgelübde im Sinne des baselstädtischen Zivilprozessrechts (oder anderer diese Beweismittel mit voller Beweiskraft ausstattender kantonaler Zivilprozessordnungen) zum Nachweis klagebegründender BGE 85 II 170 S. 177 Tatsachen zu verwenden. Art. 158 Ziff. 2 ZGB , wonach im Scheidungsverfahren der Eid oder das Gelöbnis an Eidesstatt den Parteien als Beweismittel zur Erwahrung solcher Tatsachen weder zugeschoben noch auferlegt werden darf, ist insoweit, als er die Abnahme eines der freien Beweiswürdigung entzogenen Parteieides oder -gelöbnisses verpönt, nichts anderes als ein Folgesatz aus Art. 158 Ziff. 1 ZGB und muss daher mindestens in diesem Umfang auch im Anfechtungsprozess Anwendung finden (wogegen im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben kann, ob im Anfechtungsprozess die eine oder andere Partei zur Leistung des vom Richter frei zu würdigenden Parteieides im Sinne von Art. 210 der neuen freiburgischen ZPO angehalten werden dürfte). Die Vorinstanz hat also mit Recht angenommen, dass das Ausbleiben ehelichen Verkehrs während der Empfängniszeit, aus dem der Kläger die Unmöglichkeit seiner Vaterschaft ableiten will, aus Gründen des Bundesrechts durch das ihm vom Zivilgericht auferlegte Handgelübde nicht bewiesen werden könne. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt vom 24. März 1959 bestätigt.
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Urteilskopf 97 V 251 62. Arrêt du 27 décembre 1971 dans la cause Lombardo contre Caisse de compensation de l'industrie suisse des machines et métaux et Tribunal des assurances du canton du Valais
Regeste Art. 106 und 128 OG . Rückzug der Beschwerde des Versicherten in einem Fall, wo dieser eingeladen worden ist, sich zu einer drohenden "reformatio in pejus" zu äussern (Aufgabe der frühern Rechtsprechung seit Anderung des OG).
Sachverhalt ab Seite 251 BGE 97 V 251 S. 251 Par décision du 26 juin 1970, la Caisse de compensation de l'industrie suisse de machines et métaux a mis fin au reclassement accordé précédemment à Salvatore Lombardo et supprimé toutesles prestationsde l'assurance-invalidité. L'intéressé recourut contre cet acte administratif. Par jugement du 5 mai 1971, le Tribunal des assurances du canton du Valais annula la décision attaquée, maintint en principe le recourant au bénéfice des mesures de réadaptation en cause mais suspendit "dès ce jour" lesdites prestations jusqu'au moment où l'assuré se serait conformé aux ordres et injonctions de l'administration. BGE 97 V 251 S. 252 Salvatore Lombardo forma en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement. Toutefois, par lettre du 13/14 décembre 1971, le mandataire de Salvatore Lombardo déclara retirer le recours, après avoir été rendu attentif à une éventuelle "reformatio in pejus" du jugement déféré au Tribunal fédéral des assurances. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'OJ ne règle pas directement la question du retrait du recours. L'art. 153 al. 2 OJ présuppose toutefois la licéité d'une telle mesure, en précisant notamment que, lorsqu'une affaire est liquidée par un désistement, l'émolument judiciaire est réduit. L'art. 73 PCF, applicable en vertu de l'art. 40 OJ (art. 135 OJ), précisede même queledésistement d'une partie met fin au procès. La jurisprudence du Tribunal fédéral des assurances relative aux dispositions anciennement en vigueur, qui ne réglaient pas non plus la question du retrait du recours, admettait aussi en principe la licéité du retrait d'un appel ou d'un recours (ATFA 1967 p. 243). Cependant, une fois l'appelant ou recourant invité à se prononcer sur l'éventualité d'une "reformatio in pejus", le retrait d'appel ou de recours était inopérant (ATFA 1964 p. 197; 1967 p. 243). 2. En l'occurrence, une "reformatio in pejus" entre en considération. Dans ces circonstances, il est nécessaire d'examiner si la jurisprudence inaugurée dans l'arrêt ATFA 1964 p. 197 doitêtre maintenue, danslecadre du nouveau droit de procédure. A cet égard, on peut relever que, dans sa pratique actuelle, le Tribunal fédéral admet la validité d'un retrait de recours, une "reformatio in pejus" fût-elle possible (cf. RO 70 I 310). Or, suivant l'art 16 OJ (art. 127 al. 2 OJ), le Tribunal fédéral des assurances ne saurait désormais déroger à la jurisprudence du Tribunal fédéral sans le consentement de ce dernier. De surcroit, les travaux préparatoires relatifs à l'extension de la juridiction administrative paraissent laisser entendre qu'on voulait reconnaitre aux parties le droit de retirer un recours alors même qu'une "reformatio in pejus" était possible (cf. Bull. stén. CN 1968 p. 322, ad art. 56 - art. 62 actuel - LPA, en corrélation avec les travaux de la Commission du Conseil national, procès-verbal de la séance du 30 avril 1968, pp. 12 à 17; cf. également procès-verbal de la séance des 5/6 juillet 1967 et 13/14 septembre BGE 97 V 251 S. 253 1967 de la Commission du Conseil des Etats, pp. 50 et 26; v. également GRISEL, Droit administratif suisse, p. 509 chi. 6 lit. b; IMBODEN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, vol. II p. 690 chi. III; BIRCHMEIER, Bundesrechtspflege, 1950 pp. 444-445; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, pp. 48 ss § 5; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2e éd. p. 513 chi. IX). Il y a donc lieu d'abandonner la pratique antérieure, ce d'autant plus qu'il ne se justifie pas de traiter différemment un plaideur qui a déclaré retirer son recours, selon qu'il a été ou non invité à se déterminer sur une "reformatio in pejus". Une telle distinction ne tiendrait pas compte du fait que certains assurés sont conseillés par des personnes compétentes, alors que d'autres ne le sont pas et se trouvent dans l'impossibilité de discerner les conséquences possibles de leur appel au juge de dernière instance. En outre, un examen de cas en cas, auxfinsd'éviterdes inégalités de traitement choquantes, ne serait guère possible, en pratique. Enfin, il n'y a pas de motifs de traiter différemment le retrait du recours lorsque l'arrêt devrait tourner au détriment du recourant, d'une part, et le retrait du recours lorsque l'arrêt devrait tourner à l'avantage du recourant, d'autre part. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: La cause Lombardo Salvatore est rayée du rôle ensuite de retrait du recours.
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Urteilskopf 109 IV 131 36. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 18 juillet 1983 dans la cause K. contre Tribunal de Sierre (pourvoi en nullité).
Regeste Art. 1 SVG ; öffentliche Strasse. Der Eigentümer eines Teils eines dem öffentlichen Verkehr offen stehenden Trottoirs, welcher den ihm gehörenden, nicht bis zur Fahrbahn reichenden Abschnitt beansprucht, indem er Tische, Stühle, Blumengefässe oder Motorfahrzeuge darauf abstellt, bringt seinen Willen zur Ausübung seiner Eigentümerbefugnisse zum Ausdruck und kann seiner Rechte ausser auf dem Wege der Enteignung, nicht durch eine einseitige Verfügung der Behörde, verlustig erklärt werden.
Erwägungen ab Seite 131 BGE 109 IV 131 S. 131 Considérant en droit: 1. Stephan K. est propriétaire de locaux commerciaux et d'un appartement dans un immeuble où il exploite en outre un magasin BGE 109 IV 131 S. 132 donnant sur le trottoir qui est large de 4 m 92 et chevauche la parcelle de l'immeuble sur une profondeur de 2 m 60. Un double signal d'interdiction de parquer interdit le stationnement sur la chaussée à la hauteur de l'immeuble en cause. K. ayant à plusieurs reprises laissé sa voiture en stationnement sur la partie de la parcelle de l'immeuble en cause qui est chevauchée par le trottoir, devant la vitrine de son magasin, pendant une durée supérieure à celle de 30 à 60 minutes qui est tolérée par la police, il a été dénoncé au Tribunal de police de Sierre, dont le président l'a condamné à 20 francs d'amende pour chaque contravention. Il a fait opposition et a été condamné derechef par le Tribunal de police, le 10 septembre 1982, à 80 francs d'amende (pour quatre contraventions). Il s'est alors pourvu en cassation auprès du Tribunal de Sierre, qui l'a débouté le 31 janvier 1983. Outre un recours de droit public qui a été déclaré irrecevable le 2 juin 1983, K. se pourvoit en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Il se plaint de la violation de l' art. 27 al. 2 OSR . L'autorité cantonale a déposé des observations dans lesquelles, tout en proposant le rejet du pourvoi, elle précise que l'usage de la parcelle litigieuse n'est restreint au profit de la collectivité publique ni par une servitude ni par les termes d'une convention. 2. Le grief du recourant n'est compréhensible que si l'on admet qu'il se réfère à une ancienne édition de l'OSR. En effet, c'est bien l'art. 30 de cette ordonnance dans sa teneur actuelle qui est le cas échéant applicable en l'occurrence. Ce point n'a toutefois guère d'importance dans la mesure où ce qui est en jeu, c'est l'application de la législation routière à un domaine privé jouxtant sans séparation un trottoir large de 2 m 32. Dans l'affirmative, il est évident que l'infraction reprochée au recourant est réalisée (cf. ATF 104 IV 108 ). Savoir si une portion du domaine privé relève de l'application de la législation routière dépend de l'interprétation de l' art. 1er LCR : le terrain considéré est-il une "voie publique"? Autrement dit, est-il affecté à la circulation d'un nombre indéterminé de personnes ( ATF 86 IV 29 , ATF 92 IV 10 , ATF 100 IV 61 , ATF 101 IV 173 et ATF 104 IV 108 précité)? Tel est évidemment le cas de l'avenue en cause et du trottoir qui la borde sur tout l'espace nécessaire au passage des piétons. 3. On peut toutefois se demander si, du seul fait que ledit trottoir chevauche une propriété privée que rien (barrière ou BGE 109 IV 131 S. 133 écriteau, cf. ATF 101 IV 175 et ATF 104 IV 108 , le dernier précité) ne distingue du domaine public, il est entièrement soumis à l'application de la législation routière, quelle que puisse en être la largeur et alors même que, si les piétons peuvent passer sur sa partie privée, celle-ci ne leur est d'aucune nécessité. Répondre par l'affirmative reviendrait à soumettre de grandes portions du territoire à l'application de la LCR et constituerait une atteinte à la propriété privée en empêchant sans contrepartie les propriétaires d'user de leur bien, sauf à engager auparavant les frais d'une barrière ou d'une signalisation et conduirait à une floraison intempestive et disgracieuse de signaux et de clôtures aux abords des voies publiques. Il est vrai que, selon la jurisprudence ( ATF 101 Ia 572 et cit.), la notion de voie publique est très large, comprenant même "les pistes de ski, les chemins réservés aux luges et aux promeneurs", mais il est précisé que "lorsque des véhicules à moteur sont utilisés sur des terrains de ce genre, la LCR est applicable". Cette précision est importante, car elle marque bien les limites de l'application de la législation routière dont le but en fin de compte est de régler la circulation des véhicules automobiles et des cycles, celle des animaux et des piétons n'étant réglementée que par rapport à la précédente, dans la mesure nécessaire pour assurer la sécurité (cf. art. 1er al. 2 LCR et 1er OCR). 4. Le problème n'a du reste pas échappé à l'autorité cantonale, qui a pris la peine de considérer qu'un "passage de 2 m 30" serait insuffisant pour les piétons et que partant il serait déraisonnable de laisser stationner les automobiles sur la partie privée du trottoir. Elle ajoute encore que l'accès à cette propriété privée par des véhicules mettrait en danger les piétons circulant sur le trottoir. Le premier argument ne résiste guère à l'examen, d'abord parce que bien des artères fréquentées ne disposent que d'un trottoir d'une largeur inférieure à 2 m 30 sans qu'il en résulte une gêne pour le passage des piétons, ensuite parce qu'il suffirait, on l'a vu, au recourant et à ses copropriétaires de baliser leur propriété pour pouvoir y stationner tout à leur aise, ce qui enlèverait du même coup aux piétons, sauf expropriation, l'avantage que voudrait leur réserver l'autorité cantonale. Quant au second, il ne présente aucune pertinence, d'une part parce que le recourant n'a pas été condamné pour avoir roulé sur le trottoir, d'autre part parce que l'autorité municipale voire cantonale pourrait fort bien interdire toute circulation sur la partie publique BGE 109 IV 131 S. 134 du trottoir, si la sécurité des piétons en dépendait et pour autant que les droits des propriétaires bordiers soient respectés. 5. Le Tribunal fédéral est tenu d'appliquer les lois votées par l'Assemblée fédérale et les arrêtés votés par cette assemblée qui ont une portée générale ( art. 113 al. 3 Cst. ). Il est néanmoins tenu également de respecter la constitution et notamment son art. 22ter, qui garantit la propriété. Il a en outre posé, à la satisfaction de tous, la règle générale selon laquelle les relations entre ceux qui exercent et ceux qui subissent le pouvoir sont dominées par le principe de la proportionnalité. Il en découle tout naturellement que le Tribunal fédéral ne saurait s'abstenir de respecter les règles de la constitution et de faire respecter le principe de la proportionnalité que si une loi ou un arrêté de portée générale le commande impérativement. Tel n'est pas le cas ici, où aucune disposition claire de la LCR n'oblige les propriétaires riverains de la voie publique à renoncer sans expropriation à user de leur bien aussi longtemps qu'ils n'en ont pas expressément interdit l'accès aux tiers. Au surplus, il n'est pas contesté qu'en l'absence de servitude ou de convention entre la collectivité publique et le propriétaire, comme c'est le cas ici, celui-ci peut en tout temps soustraire sa propriété à l'usage général. En occupant ladite propriété par le dépôt d'objets tels que des tables ou des chaises, des bacs à fleurs voire des véhicules à moteur, il manifeste sa volonté de disposer de son bien et ne saurait être privé de l'exercice de son droit, sauf expropriation, par une décision unilatérale de l'autorité. Le pourvoi doit donc être admis.
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Urteilskopf 84 II 487 67. Arrêt de la IIe Cour civile du 9 octobre 1958 dans la cause Chemitelin et consort contre Speyer.
Regeste Gerichtsstandsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich vom 15. Juni 1869. 1. Die in Art. 5 dieses Staatsvertrages vorgesehenen Gerichtsstände sind zwingende (Erw. 2). 2. Der danach unzuständige Richter hat die Sache von Amtes wegen von der Hand zu weisen, selbst wenn die Berufung aufden Gerichtsstandsvertrag durch die beklagte Partei an sich als rechtsmissbräuchlich erschiene (Erw. 3). 3. Handelt es sich um die Erbschaft eines in der Schweiz verstorbenen Franzosen, so ist Art. 5 des Staatsvertrages nur anwendbar, wenn der Erblasser einmal in Frankreich Wohnsitz gehabt hat (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 488 BGE 84 II 487 S. 488 A.- Paul Chemitelin, de nationalité française, est décédé à Fribourg le 25 mars 1953. Ses héritiers sont sa veuve, Louise Chemitelin, son fils Georges et sa fille Renée, aujourd'hui dame Speyer. L'inventaire établi au décès indiquait un actif de 136 874 fr., consistant en meubles et en papiers-valeurs, et un passif de 77 042 fr. 20. B.- Par une action intentée à ses deux cohéritiers devant le Tribunal civil de la Sarine (canton de Fribourg), Renée Speyer a demandé en substance que dame Chemitelin fût condamnée à consentir au partage, que les deux défendeurs fournissent les renseignements voulus sur l'actif et le passif de la succession, qu'il fût constaté que la masse successorale comprenait notamment différents biens indiqués par la demanderesse et, enfin, que Georges Chemitelin fût condamné à rapporter les montants de 27 964 fr. 60 et 39 500 fr. Georges Chemitelin a, dans sa réponse, contesté la compétence des tribunaux fribourgeois, en se fondant sur les art. 5 et 11 de la Convention franco-suisse sur la compétence judiciaire et l'exécution des jugements, du 15 juin 1869. Toutefois, les parties ont passé, le 31 juillet 1956, une convention prévoyant notamment que les deux défendeurs s'engageaient à retirer le déclinatoire. Georges Chemitelin l'a fait le 3 août 1956, en demandant en outre que l'audience prévue pour statuer sur cette question soit BGE 84 II 487 S. 489 annulée et qu'un délai soit imparti à la demanderesse pour produire sa réplique. Quant à dame Chemitelin, elle n'a pas déposé de réponse. Le 25 avril 1957, les deux défendeurs ont demandé au Tribunal civil de la Sarine de statuer d'office sur sa compétence, avant la clôture de l'échange des écritures, et de se déclarer compétent pour connaître du litige. Cette juridiction a statué dans ce sens le 16 juillet 1957. Les défendeurs ont recouru contre cette décision, en concluant à ce que le Tribunal civil de la Sarine soit déclaré incompétent pour statuer sur le différend. Le Tribunal cantonal fribourgeois a rejeté le recours par arrêt du 7 mai 1958. Il a considéré en bref que, pour les successions mobilières, l'art. 5 al. 1 de la Convention franco-suisse n'était pas de droit impératif, que les parties pouvaient choisir un for conventionnel, que, par conséquent, la convention du 31 juillet 1956 constituait une prorogation de for valable et que le Tribunal civil de la Sarine était compétent pour connaître du litige. C.- Contre cet arrêt, Louise et Georges Chemitelin recourent en réforme au Tribunal fédéral, en reprenant les conclusions qu'ils ont formulées devant la juridiction cantonale. Dame Speyer propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'arrêt attaqué est une décision préjudicielle prise séparément du fond par la juridiction suprême fribourgeoise et relative à l'application d'un traité international réglant la compétence à raison du lieu. D'autre part, la valeur litigieuse est bien supérieure à 4000 fr. Ainsi, le recours en réforme est recevable (art. 46 et 49 OJ). 2. Aux termes de l'art. 5 al. 1 de la Convention franco-suisse, "toute action relative à la liquidation et au partage d'une succession ... et aux comptes à faire entre les héritiers ... sera portée devant le tribunal de BGE 84 II 487 S. 490 l'ouverture de la succession, c'est-à-dire, s'il s'agit d'un Français mort en Suisse, devant le tribunal de son dernier domicile en France ...". Il est constant qu'on se trouve en présence d'une telle action en l'espèce. Cependant, les parties sont convenues, par leur accord du 31 juillet 1956, de porter le litige devant le Tribunal civil de la Sarine. Pour statuer sur la compétence de cette dernière juridiction, il faut rechercher en premier lieu si le for prévu par l'art. 5 de la Convention franco-suisse est impératif et si, par conséquent, les parties ne peuvent choisir librement le juge qui devra connaître d'une action visée par cette disposition. a) On ne saurait trouver la solution de cette question dans les termes mêmes de la Convention. Certes, l'art. 11 statue que le tribunal suisse ou français devant lequel est portée une demande qui n'est pas de sa compétence renvoie d'office les parties devant les juges qui en doivent connaître. Toutefois, ainsi que le Tribunal fédéral l'a jugé à plusieurs reprises (RO 49 I 204 et les arrêts cités, 65 I 128, 80 III 156), cette disposition n'exclut pas une prorogation de for; elle signifie simplement que le juge doit se dessaisir d'office de la cause s'il n'est pas compétent, même lorsque le défendeur ne soulève aucun déclinatoire. D'autre part, l'art. 5 de la Convention dispose que l'action sera portée devant le tribunal de l'ouverture de la succession. Mais ces termes ne sont pas plus impératifs que ceux de l'art. 1er ("le demandeur sera tenu de poursuivre son action devant les juges naturels du défendeur"), lequel, d'après l'opinion unanime, institue des fors non obligatoires (cf. notamment RO 49 I 204 et les références, 80 II 392, 80 III 155 et la doctrine citée; SCHURTER/FRITZSCHE, Das Zivilprozessrecht des Bundes, p. 578; NIBOYET, Traité de droit international privé français, VI, p. 502). b) En revanche, il ressort clairement des travaux préparatoires que, dans l'idée des parties contractantes, l'art. 3 de la Convention, qui prévoit la possibilité de proroger le for, ne s'appliquait pas aux actions successorales BGE 84 II 487 S. 491 visées par l'art. 5. Ainsi, dans son message du 28 juin 1869, le Conseil fédéral exposait ce qui suit: "Il va sans dire que l'entente formelle ou tacite sur la compétence du juge ne peut être admise qu'en ce qui concerne les contestations personnelles désignées à l'art. 1er, car, à partir de l'art. 4, le Traité établit pour les différents cas des compétences spéciales qui ne sauraient être arbitrairement éludées" (FF 1869 II p. 506). c) La même conclusion découle de l'interprétation systématique de la Convention. En effet, la disposition relative à la prorogation n'est pas placée après l'ensemble des règles qui concernent le for. Inscrite à l'art. 3, elle suit immédiatement les dispositions qui indiquent où l'action doit être introduite "dans les contestations en matière mobilière et personnelle, civile ou de commerce" et elle crée manifestement une exception aux principes énoncés aux art. 1er et 2 (RO 18 p. 775; cf. notamment ROGUIN, Conflits de lois suisses en matière internationale et intercantonale, p. 681/682; SCHURTER/FRITZSCHE, loc.cit.). Il en résulte que l'art. 3 n'est pas applicable aux fors institués par les articles qui le suivent. Aussi bien, le Tribunal fédéral a déjà jugé qu'en vertu de l'art. 4, les actions réelles immobilières et les actions personnelles concernant la propriété ou la jouissance d'un immeuble devaient être suivies obligatoirement devant le tribunal du lieu de la situation des immeubles (RO 48 I 100, 80 II 392). d) De l'avis des juges cantonaux, cependant, l'intérêt public n'exige pas que les successions mobilières se liquident nécessairement d'après la loi nationale du défunt et devant le juge de son pays d'origine. Mais, à supposer que cette considération soit exacte, elle ne pourrait prévaloir sur le sens de la Convention tel qu'il ressort clairement de l'interprétation systématique et des travaux préparatoires. En réalité, du reste, la ratio legis exige que l'art. 5 de la Convention soit interprété comme instituant un for obligatoire. Par cette disposition, en effet, on a voulu fixer d'une manière impérative les compétences législatives des BGE 84 II 487 S. 492 deux Etats et déterminer les obligations de leurs autorités judiciaires de manière à éviter éventuellement qu'un juge ne doive donner l'exequatur à une décision étrangère rendue au mépris de sa propre compétence (CURTI, Der Staatsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich betreffend den Gerichtstand und die Urteilsvollziehung, p. 65; PILLET, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l'exécution des jugements, p. 225; NIBOYET, op.cit., p. 518). D'autre part, en ordonnant que la succession soit ouverte dans le pays d'origine du défunt, les Etats contractants ont voulu notamment se réserver un certain droit de regard sur les successions de leurs ressortissants (cf. CURTI, op.cit., p. 74; BOISSONAS, Les successions et la Convention franco-suisse du 15 juin 1869, p. 38). Or ce but ne serait pas atteint si les parties pouvaient déroger librement à l'art. 5 de la Convention. On doit donc admettre, avec la majorité de la doctrine, que cet article institue un for impératif et exclut toute prorogation, qu'elle soit expresse ou tacite (dans ce sens, CURTI, op.cit., p. 65 et 142 et suiv.; BOISSONAS, op.cit., p. 112; HOHL, Die erbrechtlichen Bestimmungen des Staatsvertrages der Schweiz mit Frankreich vom 15. Juni 1869, p. 54; CHÂTENAY, Les successions en droit francosuisse, p. 96; SCHURTER/FRITZSCHE, loc.cit.; REHFOUSS, Les successions et le traité franco-suisse du 15 juin 1869, dans Semaine judiciaire, 1928, p. 364; NIBOYET, loc.cit. Contra: AUJAY, Etudes sur le traité franco-suisse du 15 juin 1869, p. 484; PILLET, loc.cit.). 3. On pourrait cependant se demander si les recourants n'ont pas commis un abus de droit (art. 2 CC). En effet, ils ont conclu eux-mêmes à ce que le Tribunal civil de la Sarine se reconnût compétent pour statuer sur la cause; or, après avoir obtenu satisfaction sur ce point, ils ont soutenu que ce tribunal était incompétent et ils ont formé un appel puis un recours en réforme en prenant des conclusions dans ce sens. BGE 84 II 487 S. 493 De tels procédés sont effectivement choquants. Mais ils ne sauraient, en l'espèce, entraîner l'application de l'art. 2 CC. Il ressort de l'art. 11 de la Convention que si le demandeur a, au mépris des règles de for impératives de ce traité, porté le litige devant un juge incompétent, celui-ci doit d'office éconduire les parties. Il est tenu de le faire quelle que soit l'attitude prise devant lui par le défendeur, sauf le cas de la prorogation de for quand elle est admissible. Dès lors, l'art. 11 de la Convention prime l'art. 2 CC et doit être appliqué même si, en l'invoquant, une partie use de procédés qui, en droit interne suisse, constitueraient un abus de droit. 4. En vertu de l'art. 5 al. 1 de la Convention, les actions relatives à la succession d'un Français résidant en Suisse doivent être portées devant le juge de son dernier domicile en France. Pour que cette disposition soit applicable en l'espèce, il faut donc que Paul Chemitelin ait eu un domicile en France. Or la juridiction cantonale ne s'est pas prononcée sur ce point, puisqu'elle a admis la validité de la prorogation de for. La cause doit ainsi lui être renvoyée pour qu'elle statue sur cette question, après avoir procédé, le cas échéant, à une administration de preuve complémentaire. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours, annule l'arrêt attaqué et renvoie la cause à la juridiction cantonale pour qu'elle statue à nouveau dans le sens des motifs.
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Urteilskopf 82 III 46 16. Arrêt du 19 avril 1956 dans la cause Société commerciale de banque SA
Regeste Art. 55 Abs. 2 der Vollziehungsverordnung zum Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen, vom 26. Februar 1935. Wann ist ein auf diese Bestimmung gestützter Rekurs zulässig? (Erw. 1). Kosten- und Entschädigungsfrage (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 46 BGE 82 III 46 S. 46 Hans Gilomen-Ritter poursuit la Société commerciale de banque SA en paiement de 186 890 fr. Il a obtenu, le 9 novembre 1956, la mainlevée provisoire de l'opposition formée par la débitrice. Celle-ci a intenté l'action en libération de dette. A la demande du créancier, le Tribunal de première instance de Genève a, le 6 mars 1956, ordonné, en vertu BGE 82 III 46 S. 47 de l'art. 83 al. 1 LP, l'inventaire des biens de la Société commerciale de banque SA Contre cette décision, la débitrice a interjeté appel à la Cour de justice civile. En même temps, elle a recouru au Tribunal fédéral, en concluant à l'annulation de la décision du 6 mars 1956. Dans sa réponse, l'intimé a proposé, à titre principal, que le recours soit déclaré irrecevable et que la débitrice soit condamnée à lui payer une indemnité extrajudiciaire. Par arrêt du 26 mars 1956, la Cour de justice a prononcé que l'appel n'était pas recevable. Erwägungen Considérant en droit: 1. En principe, la Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral ne peut revoir que les décisions des autorités cantonales de surveillance (art. 19 LP) et n'est donc pas compétente pour connaître d'un recours dirigé contre le jugement par lequel est ordonné, en vertu de l'art. 83 al. 1 LP, l'inventaire des biens du débiteur. La recourante soutient cependant qu'en l'espèce, la compétence du Tribunal fédéral résulte de l'art. 55 al. 2 du règlement d'exécution de la loi sur les banques et les caisses d'épargne, du 26 février 1935. Mais cette disposition vise uniquement "les décisions de l'autorité de sursis, du juge de la faillite et de l'autorité de concordat". De même, les art. 29 et suiv. LB n'instituent une procédure spéciale que pour le sursis, la faillite et le concordat. On doit en déduire que, dans tous les autres domaines, la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite de même que la loi fédérale d'organisation judiciaire sont applicables purement et simplement. En l'occurrence, on ne se trouve évidemment pas en présence d'un sursis ou d'un concordat. Il ne s'agit pas non plus d'une procédure de faillite. En effet, le créancier n'a point, jusqu'ici, requis la commination de faillite (art. 159 LP). La procédure qu'il a intentée est encore une poursuite ordinaire, qui en est au stade de la mainlevée BGE 82 III 46 S. 48 provisoire. Dès lors, les dispositions spéciales de la loi fédérale sur les banques et de son règlement d'exécution ne sont pas applicables et le recours est irrecevable. 2. Le tarif des frais relatif à la loi sur la poursuite pour dettes et la faillite doit être appliqué par analogie aux recours fondés sur l'art. 55 al. 2 du règlement précité. On ne peut donc ni mettre des frais judiciaires à la charge de la recourante ni la condamner à payer à Gilomen une indemnité à titre de dépens (cf. art. 69 Tarif et RO 76 III 83). Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites prononce: Le recours est irrecevable.
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1,956
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CH_BGE_005
CH
Federation
6c5dc6d1-b8d7-4b2a-8f64-e657d5001a0f
Urteilskopf 136 II 370 32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen Kanton Zürich (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_374/2007 vom 7. Juni 2010
Regeste Anfechtbarer Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG ; Pflicht zur Beurteilung innert angemessener Frist nach Art. 29 Abs. 1 BV ; Durchführung der altlastenrechtlichen Untersuchungen durch den Kanton gestützt auf Art. 32c Abs. 3 USG . Die Verpflichtung zur Durchführung einer altlastenrechtlichen Detailuntersuchung ist für die Beschwerdeführerin mit einem nicht wieder gutzumachenden Nachteil verbunden, da die Vorfinanzierung der Untersuchungskosten den Konkurs der Pflichtigen zur Folge haben könnte. Ein Eintreten ist zudem geboten, weil im kantonalen Verfahren die Pflicht zur Beurteilung innert angemessener Frist verletzt wurde (E. 1). Da der Kanton Inhaber eines grossen Teils des eventuell sanierungsbedürftigen belasteten Standorts ist und ihm der Vollzug des Umweltrechts obliegt, hat er selber die noch notwendigen Untersuchungen zu veranlassen. Anwendungsfall von Art. 32c Abs. 3 USG , der die behördliche Ersatzvornahme regelt (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 371 BGE 136 II 370 S. 371 A. Die X. AG ist Eigentümerin des früheren Grundstücks Kat.-Nr. 3524 (neu 4214) in Obfelden. Für diese Parzelle besteht gemäss dem kantonalen Kataster ein Altlastenverdacht. Dasselbe gilt für das Nachbargrundstück Kat.-Nr. 3525 im Eigentum des Kantons Zürich. Das kantonale Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) verpflichtete die X. AG am 5. März 2002 kostenfällig, die Durchführung einer Altlasten-Detailuntersuchung ihres Grundstücks zu veranlassen und dem Amt den entsprechenden Untersuchungsbericht bis spätestens Ende Dezember 2002 vorzulegen. B. Gegen diese Verfügung rekurrierte die Adressatin am 2. April 2002 beim Regierungsrat, welcher am 23. August 2006 einen abweisenden Beschluss fasste, soweit er darauf eintrat. C. Daraufhin erhob die X. AG am 27. September 2006 Beschwerde beim kantonalen Verwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Urteil vom 19. September 2007 ab. D. Mit Eingabe vom 29. Oktober 2007 erhebt die X. AG öffentlich- rechtliche Beschwerde beim Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils. Der Kanton Zürich sei zu verpflichten, ein umfassendes Überwachungs- und eventuell Voruntersuchungs- und Sanierungskonzept für die Grundstücke Kat.-Nrn. 3524 und 3525 in Obfelden auszuarbeiten und die Kosten dafür sowie für allfällige vorzunehmende Voruntersuchungshandlungen vorzuschiessen. Gleichzeitig ersucht die Beschwerdeführerin um Gewährung der aufschiebenden Wirkung und stellt den Antrag, das bundesgerichtliche Verfahren vorläufig bis Ende Juni 2008 zu sistieren; dies, nachdem die Parteien übereingekommen seien, Gespräche mit dem Ziel einer gütlichen Einigung zu führen. BGE 136 II 370 S. 372 E. Der Präsident der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts erkannte der Beschwerde mit Verfügung vom 22. November 2007 aufschiebende Wirkung zu und setzte das bundesgerichtliche Verfahren vorläufig bis Ende Juni 2008 aus. Auf zwei weitere Begehren der Beschwerdeführerin hin wurde die Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens bis Ende Juni 2009 verlängert. Nachdem die Beschwerdeführerin nochmals um Sistierung ersucht hatte, die Baudirektion des Kantons Zürich aber nicht von einer einvernehmlichen Lösung ausging, wurde das Verfahren vor Bundesgericht mit Verfügung des Präsidenten der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 23. Oktober 2009 wieder aufgenommen und weiter instruiert. F. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, hebt das angefochtene Urteil auf und weist die Angelegenheit zu neuem Entscheid im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht zurück. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. 1.1 Das angefochtene Urteil stützt sich auf Umweltschutzrecht des Bundes. Es betrifft eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG . Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die Beschwerdeführerin ist Adressatin des angefochtenen Urteils und ist vom angefochtenen Entscheid besonders berührt, da sie damit verpflichtet wird, eine altlastenrechtliche Detailuntersuchung durchzuführen, was nach Art. 20 Abs. 1 der Altlasten- Verordnung vom 26. August 1998 (AltlV; SR 814.680) grundsätzlich der Inhaberin oder dem Inhaber eines belasteten Standorts obliegt (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_126/2009 vom 20. August 2009 E. 2, in: URP 2010 S. 99). 1.2 Die in Art. 32c USG (SR 814.01) statuierte Pflicht der Kantone zur Sanierung belasteter Standorte wird in der AltlV detaillierter geregelt. In Art. 1 Abs. 2 AltlV sind die folgenden Verfahrensschritte vorgesehen: Die Erfassung in einem Kataster (lit. a), die Beurteilung der Überwachungs- und Sanierungsbedürftigkeit (lit. b), die Beurteilung der Ziele und der Dringlichkeit der Sanierung (lit. c) sowie die Festlegung der Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen (lit. d). Gemäss Art. 7 Abs. 1 AltlV verlangt die Behörde für untersuchungsbedürftige Standorte aufgrund der BGE 136 II 370 S. 373 Prioritätenordnung innert angemessener Frist die Durchführung einer Voruntersuchung, die in der Regel aus einer historischen und einer technischen Untersuchung besteht. Damit werden die für die Beurteilung der Überwachungs- und Sanierungsbedürftigkeit erforderlichen Angaben ermittelt und im Hinblick auf die Gefährdung der Umwelt bewertet. Erweist sich aufgrund dieser Voruntersuchungen ein belasteter Standort als sanierungsbedürftig, wird in der Folge eine Detailuntersuchung angeordnet, mittels welcher die Ziele und die Dringlichkeit der Sanierung beurteilt werden sollen (Art. 14 f. AltlV). Weichen die Untersuchungsergebnisse der Detailuntersuchung wesentlich von denjenigen der Voruntersuchung ab, klärt die Behörde erneut ab, ob überhaupt ein sanierungsbedürftiger Standort nach den Art. 9-12 AltlV vorliegt ( Art. 14 Abs. 2 AltlV ). Wird dagegen der Sanierungsbedarf bejaht, folgt die eigentliche Sanierung gemäss Art. 16 ff. AltlV . Nach Art. 20 Abs. 1 AltlV sind die Untersuchungs-, Überwachungs- und Sanierungsmassnahmen vom Inhaber oder von der Inhaberin eines belasteten Standorts durchzuführen. Zur Durchführung der Voruntersuchung, der Überwachungsmassnahmen oder der Detailuntersuchung kann die Behörde Dritte verpflichten, wenn Grund zur Annahme besteht, dass diese die Belastung des Standorts durch ihr Verhalten verursacht haben ( Art. 20 Abs. 2 AltlV ). 1.3 Nicht bestritten ist, dass die Beschwerdeführerin Inhaberin einer belasteten Parzelle ist. Das Bundesgericht hat im Urteil 1C_126/2009 vom 20. August 2009 in E. 4 (in: URP 2010 S. 99) eine Verpflichtung zur Durchführung einer Voruntersuchung als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG qualifiziert. Aus dem in E. 1.2 aufgezeigten Verfahrensablauf zur Ermittlung der Sanierungsbedürftigkeit wird deutlich, dass auch mit der Verpflichtung zur Durchführung einer Detailuntersuchung noch kein abschliessender Entscheid über die Sanierungspflicht bzw. die Sanierungsbedürftigkeit oder die Art der Sanierung eines Standorts vorliegt. Wie im Urteil 1C_126/2009 ist das angefochtene Urteil darum als Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG zu qualifizieren. 1.4 Nach Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide, welche nicht die Zuständigkeit oder den Ausstand betreffen ( Art. 92 BGG ), zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand BGE 136 II 370 S. 374 an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ist die Beschwerde aufgrund von Art. 93 Abs. 1 BGG nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken ( Art. 93 Abs. 3 BGG ). 1.5 Von vornherein nicht zur Anwendung gelangt Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG . Eine Gutheissung der Beschwerde hätte keinen sofortigen Endentscheid zur Folge und würde damit auch nicht einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen. Die Durchführung der Detailuntersuchung kann aber erhebliche Kosten mit sich bringen, und entsprechend ist nachvollziehbar, dass sich die Beschwerdeführerin bereits zu einem frühen Zeitpunkt gegen diese Kostenübernahme zur Wehr setzen will. Zwar bedeutet die mit der Realleistungspflicht verbundene Pflicht zur Kostenbevorschussung noch nicht, dass die Inhaberin diese Kosten letztlich zu tragen hat. Über die endgültige Kostentragungspflicht wird in einem späteren Zeitpunkt gestützt auf Art. 32d USG entschieden. Die finanzielle Lage der Beschwerdeführerin ist indes gemäss der von ihr vorgelegten Bilanz bereits heute als kritisch zu bezeichnen. Die Vorfinanzierung der Detailuntersuchung könnte den Konkurs der Beschwerdeführerin zur Folge haben. Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil ist darum zu bejahen (anders im Urteil 1C_126/2009 des Bundesgerichts vom 20. August 2009, wo der Kanton zur Realleistung verpflichtet wurde). Das Eintreten rechtfertigt sich im vorliegenden Fall zudem, weil das Verwaltungsgericht dem Kanton Zürich zu Recht eine Verletzung der in Art. 29 Abs. 1 BV verankerten Pflicht auf Beurteilung innert angemessener Frist vorwirft. Mit Blick auf das in Art. 29 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK statuierte Gebot, im Rahmen eines fairen Verfahrens innert angemessener Frist einen wirksamen Rechtsschutz zu leisten (siehe BGE 136 II 165 E. 1.2.1 S. 170 mit Hinweisen), ist es geboten, auf die Beschwerde einzutreten. Wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, ist die Beschwerde klarerweise gutzuheissen. Auch dieser Gesichtspunkt spricht dafür, in Anwendung von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG auf die Beschwerde einzutreten. 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung von Bundesrecht geltend. Aus ihrer Sicht wäre der Kanton als Eigentümer des Nachbargrundstücks Nr. 3525 zur Durchführung weiterer BGE 136 II 370 S. 375 Untersuchungsmassnahmen verpflichtet. Die historische Untersuchung habe ergeben, dass die Eigentümerin dieses Nachbargrundstücks und insbesondere die Baugenossenschaft des eidgenössischen Personals von 1959 bis 1964 eine Gasometertasse des ehemaligen Gaswerks als Lagerbehälter für Heizöl benutzt habe. Mit Schreiben des Amtes für Gewässerschutz und Wasserbau vom 17. Mai 1966 sei der damaligen Eigentümerin untersagt worden, die Gasometertasse ohne Einbau eines Stahltanks weiter zu benützen. Daraufhin sei zwar der Heizölumschlag eingestellt, der Behälter jedoch nicht ordnungsgemäss stillgelegt worden. Die im Jahr 1974 vorgenommenen Untersuchungen durch das kantonale Laboratorium hätten in der Folge einen sehr hohen Verschmutzungsgrad des Erdreiches der Parzelle Nr. 3525 im angrenzenden Bereich zum Grundstück der Beschwerdeführerin ergeben. Der Untersuchungsbericht eines privaten Büros vom November 1974 zeige auf, dass aus der Gasometertasse, welche als Öllagerbehälter benutzt worden sei, eine beträchtliche Menge Mineralöl versickert sein müsse. Deshalb sei eine Grobsanierung angeordnet worden, welche sich allerdings nur auf das Grundstück Nr. 3525 bezogen habe. Die weiteren technischen Untersuchungen im Jahr 2001 hätten jedoch aufgezeigt, dass die Versickerung des ausgelaufenen Mineralöls bis in die Nachbargrundstücke erfolgt sei. Davon betroffen sei auch die Parzelle der Beschwerdeführerin. Es sei somit hinreichend klar dokumentiert, dass das Grundstück des Kantons als hauptverantwortlicher Verursacher der Verunreinigungen auf der Parzelle der Beschwerdeführerin zu betrachten sei. Dennoch habe das Verwaltungsgericht es abgelehnt, den Kanton im Sinne von Art. 20 Abs. 2 AltlV und Art. 32c Abs. 1 USG zur alleinigen Durchführung weiterer Massnahmen zu verpflichten. 2.2 Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) führt in seiner Vernehmlassung ans Bundesgericht aus, es handle sich vorliegend um den typischen Fall eines Betriebsstandorts mit verschiedenen wahrscheinlich kontaminierten Teilbereichen. Im kantonalen Kataster der belasteten Standorte sei der Betriebsstandort des ehemaligen Gaswerks auf den Parzellen Nrn. 4214 und 3525 aufgeführt. Die Parzelle Kat.-Nr. 3525 sei zudem als Unfallstandort Dorfstrasse 582 eingetragen. Zusätzlich fänden die Aktivitäten des Betriebs der Beschwerdeführerin als Betriebsstandort Dorfstrasse 126 auf der Parzelle Kat.-Nr. 4214 im Kataster Erwähnung. Gestützt auf die Aktenlage lasse sich nicht mit Bestimmtheit feststellen, inwieweit die Belastungen auf dem Grundstück Nr. 4214 vom Nachbargrundstück Nr. 3525 stammten. BGE 136 II 370 S. 376 Insbesondere im Grenzbereich zwischen den beiden Parzellen sei eine wechselseitige Belastung der Grundstücke durch den Gaswerkbetrieb und den Heizölunfall möglich, da sich gerade im ungesättigten Bereich des Untergrunds Schadstoffe auch gegen die Grundwasserfliessrichtung ausbreiten könnten. Nach detaillierten Angaben zur Belastungssituation gelangt das BAFU zum Schluss, es sei von verschiedenen potentiell kontaminierten Teilbereichen auszugehen, welche mit grosser Wahrscheinlichkeit zumindest teilweise überlagert seien und zu einem Stoffaustausch geführt hätten. Entgegen der Meinung der Vorinstanz betrachtet das BAFU die im Kataster aufgeführten Standorte als einen belasteten Standort im Sinne von Art. 2 Abs. 1 AltlV . Aufgrund von späteren Nutzungen auf dem Standort seien zusätzliche Belastungen entstanden, weshalb die Eintragung der einzelnen Belastungen im Kataster zulässig sei. Dies ändere jedoch nichts daran, dass von einem einzigen belasteten Standort auszugehen sei. Die Untersuchungen müssten darum den gesamten belasteten Standort erfassen, damit eine sachgerechte Beurteilung vorgenommen werden könne. Inwiefern die Parzelle Kat.-Nr. 3525 zum heutigen Zeitpunkt belastet sei, müsse im Rahmen dieser Untersuchungen geprüft werden. Als Teilinhaber des belasteten Standorts kämen sowohl die Beschwerdeführerin als auch der Kanton in Betracht, um die Untersuchungen nach Art. 20 Abs. 1 AltlV vorzunehmen. Mit dem Vorgehen des Kantons, zwei Einzelne zur verpflichten, ihre Parzellen separat zu untersuchen, ist aber nach Auffassung des BAFU eine kostengünstige und sachgerechte Beurteilung des belasteten Standorts nicht möglich. Weiter gibt das BAFU zu bedenken, dass die historische Untersuchung von Kat.-Nr. 4214 im Jahr 1997 und somit vor Inkrafttreten der AltlV durchgeführt worden sei und den heutigen Anforderungen nicht ganz entspreche. Es fehlten insbesondere technische Angaben zum Gaswerk, und die Lage der umweltrelevanten Ammoniak- und Teerbecken sei unbekannt. Die technische Untersuchung aus dem Jahr 2001 fokussiere sich auf die Belastung des Untergrunds von Kat.-Nr. 4214. Die durchgeführten Grundwasseruntersuchungen erlaubten keine hinreichende Beurteilung des Standorts, weil diese den unmittelbaren Abstrombereich nicht abdecken würden. Damit stütze der Kanton seine Verfügung vom 5. März 2002 auf ungenügende Voruntersuchungen. Aufgrund des lediglich vermuteten Sanierungsbedarfs werde von den Eigentümern des ehemaligen Gaswerkareals eine Detailuntersuchung verlangt. Zusammenfassend wäre es aus BGE 136 II 370 S. 377 Sicht des BAFU angezeigt gewesen, eine einzige Inhaberin zur ergänzenden Voruntersuchung des gesamten belasteten Standorts zu verpflichten. 2.3 Diesen Argumenten hält das AWEL entgegen, Grundlage für die ursprüngliche Verfügung vom 5. März 2002 sei nicht der Kataster der belasteten Standorte gewesen, sondern dessen Vorgänger, der weniger aussagekräftige Altlastenverdachtsflächen-Kataster. In diesem Verzeichnis sei das hier zur Diskussion stehende Gebiet als Deponie/Auffüllung und als Betriebsstandort ausgeschieden gewesen. Das kantonale Amt stimmt mit dem BAFU insofern überein, als sich nicht feststellen lasse, inwieweit die Belastungen auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin von demjenigen des Kantons herrührten. Festgestellt werden könne aber, dass sich das Gaswerk hauptsächlich auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin befunden habe. Der Heizölunfall hingegen habe sich auf der Parzelle des Kantons ereignet. Die bisherigen Untersuchungsergebnisse würden es als unwahrscheinlich erscheinen lassen, dass durch den Heizölunfall grössere Belastungen auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin entstanden seien. Auch nach Ansicht des AWEL sind die Angaben zum Gaswerkbetrieb und zu den Teergruben lückenhaft. Insgesamt aber verteidigt das AWEL das kantonale Vorgehen damit, dass die AltlV verschiedene Wege offenlasse, um schadstoffbelastete Flächen abzugrenzen. Mit koordinierten Untersuchungen könne das gesamte belastete Gebiet erfasst und altlastenrechtlich beurteilt werden. Es erscheine verfrüht, sich auf einen einzigen Standort festlegen zu wollen. 2.4 Obwohl dem AWEL darin zuzustimmen ist, dass die AltlV verschiedene Möglichkeiten vorsieht, um belastete Flächen zu definieren, und unbestritten ist, dass die Beschwerdeführerin zumindest Inhaberin einer belasteten Parzelle ist, gilt es zu beachten, dass sich ein belasteter Standort nicht an Parzellengrenzen hält. Bilden mehrere Grundstücke einen belasteten Standort, so ist es sachgerecht und im Sinne einer effizienten Altlastenbearbeitung, vorerst einen Inhaber zu den notwendigen Untersuchungen zu verpflichten. Mit der Trennung zwischen Realleistungs- und Kostentragungspflicht wollte der Gesetzgeber eine rasche Gefahrenbeseitigung sicherstellen (dazu KARIN SCHERRER, Handlungs- und Kostentragungspflichten bei der Altlastensanierung, 2005, S. 79). Dieser Gedanke spiegelt sich in den Art. 32c USG und Art. 20 Abs. 1 AltlV wieder, wo in erster Linie die Handlungspflicht des Standortinhabers verankert BGE 136 II 370 S. 378 ist. Wenn jedoch schon wegen der strittigen Handlungspflicht lange Rechtsmittelverfahren den gesamten Sanierungsprozess verzögern, drängt sich eine andere Lösung auf. Deshalb sieht Art. 32c Abs. 3 USG vor, dass die Kantone die Untersuchung, Überwachung oder Sanierung belasteter Standorte selber übernehmen oder Dritte damit beauftragen, wenn (lit. a) dies zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Einwirkung notwendig ist, (lit. b) der Pflichtige nicht in der Lage ist, für die Durchführung der Massnahmen zu sorgen oder (lit. c) wenn der Pflichtige trotz Mahnung und Fristansetzung untätig bleibt. Diese Bestimmungen regeln im Grunde genommen die Voraussetzungen der sich unter Umständen aufdrängenden behördlichen Ersatzvornahme. Sie sollen das Verfahren beschleunigen und Gerichtsverfahren vermeiden (siehe BBl 2003 5045). Bei der im vorliegenden Fall gegebenen Sachlage hätte es dem Kanton oblegen, die notwendigen weiterführenden Untersuchungen selber zügig durchzuführen. Dies scheint nicht zuletzt deswegen gerechtfertigt, weil der Kanton Inhaber einer innerhalb des belasteten Standorts gelegenen Parzelle ist, einer Parzelle, die aufgrund des bisherigen Kenntnisstands massgeblich zur Belastung beigetragen haben dürfte. Zudem hat er das gesamte Untersuchungsverfahren - und damit zusammenhängend auch das Sanierungsverfahren - verfassungsrechtlich unzulässig verzögert. Der Kanton ist deshalb einerseits in seiner Stellung als Verantwortlicher für die Umsetzung des Umweltschutzrechts und andererseits als Inhaber eines grossen Teils des eventuell sanierungsbedürftigen belasteten Standorts der richtige Akteur zur Vornahme der noch notwendigen, für den ganzen Standort koordiniert durchzuführenden Untersuchungen. 2.5 Die Beschwerdeführerin ist in diesem Verfahren zur Mitwirkung und insbesondere zur Duldung der Untersuchungsmassnahmen auf ihrem Grundstück verpflichtet. Je nach Untersuchungsergebnis wird sie zudem später die auf sie entfallenden Kosten nach Art. 32d USG zu übernehmen haben.
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Federation
6c5ec9e6-c2a1-4b34-916c-3149a320334d
Urteilskopf 120 III 136 46. Extrait de l'arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 18 novembre 1994 dans la cause D. (recours LP)
Regeste Art. 234 Abs. 1 OR und Art. 45 Abs. 1 lit. g. VRG (SR 281.42). Abgesehen von besonderen Zusicherungen oder von absichtlicher Täuschung der Bietenden, was im vorliegenden Fall nicht zutrifft, findet in der Zwangsversteigerung eine Gewährleistung nicht statt (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 136 BGE 120 III 136 S. 136 L'Office des poursuites et faillites du district de Delémont a vendu aux enchères publiques deux immeubles sis à Delémont, lesquels furent adjugés BGE 120 III 136 S. 137 à D., l'un pour le prix de 3'100'000 fr., l'autre pour le prix de 2'600'000 fr. Par la voie d'une plainte, D. a demandé l'annulation de la vente aux enchères. Il exposait que, avant celle-ci, il s'était renseigné auprès de l'office, chargé de la gérance des immeubles, qui l'avait alors assuré que le rendement locatif net de ces derniers dépassait 400'000 fr. par année, avec huit appartements libres; en outre, au début des enchères, il avait reçu du préposé l'information selon laquelle le rendement actuel d'un des deux immeubles s'élevait à 240'000 fr. par année, ce qui rejoignait l'indication précédemment donnée quant au rendement des deux immeubles (400'000 fr.); or, lors d'une visite à l'office après la vente, il avait constaté que le rendement locatif réel était inférieur à 300'000 fr. Le plaignant s'estimait donc victime d'un dol (art. 234 CO). Il disait en outre avoir été trompé lors de la visite des immeubles avant les enchères: en effet, il n'y aurait pas eu huit appartements libres, mais douze, et une expulsion en cours; de plus, cinq à six appartements au minimum n'auraient pu être reloués avant d'être remis en état; or ces "dégâts" n'auraient pas été signalés par l'office. L'Autorité cantonale de surveillance en matière de poursuites et de faillites du canton du Jura a rejeté la plainte dans la mesure où elle était recevable. La Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral en a fait de même du recours interjeté par D. Erwägungen Extrait des considérants: 2. L'art. 234 al. 1 CO prévoit que, sauf les cas de promesses formelles ou de dol commis à l'égard des enchérisseurs, il n'y a pas lieu à garantie dans les enchères forcées. Les conditions de vente d'un immeuble doivent rappeler expressément cette exclusion de garantie (art. 45 al. 1 let. g ORI). Le plaignant s'estimant victime de tromperie et de dol de la part du préposé, l'autorité cantonale de surveillance a examiné ce qu'il en était. a) Elle a constaté à cet égard que les conditions de vente, à leur ch. 14, excluaient toute garantie et que le préposé avait expressément déclaré ne pouvoir donner "aucune garantie de rendement pour le futur": on ne pouvait donc parler de promesses formelles, ni de tromperie sur ledit rendement. En outre, le plaignant, spécialiste en matière immobilière, n'avait posé de question que relativement à l'un des deux immeubles: il ne pouvait extrapoler la réponse afin de connaître la situation de l'autre immeuble BGE 120 III 136 S. 138 sans une marge d'imprécision importante, d'autant que celui-ci comportait le nombre le plus élevé d'appartements vides; la réponse obtenue, renvoyant aux chiffres de l'année 1993 et au dossier, était peu précise et excluait expressément toute garantie de rendement futur; elle a paru toutefois satisfaire le plaignant, qui n'a pas demandé d'autres précisions et ne s'est notamment pas enquis du nombre d'appartements vides. Il n'était pas contesté par ailleurs que les chiffres donnés par le préposé étaient conformes à ceux qui ressortaient du dossier et il ne pouvait y avoir de malentendu sur le point de savoir s'il s'agissait de chiffres bruts ou nets. Enfin, rien n'avait été caché quant à l'état des bâtiments et le plaignant ne prétendait pas avoir été dissuadé dolosivement de visiter l'un ou l'autre appartement. b) Il résulte de ces constatations établissant l'absence de tromperie ou de dol que les conditions d'application de l'art. 234 al. 1 CO n'étaient pas réalisées. C'est dès lors à juste titre que l'autorité cantonale de surveillance a rejeté la plainte du recourant.
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Urteilskopf 115 V 94 14. Auszug aus dem Urteil vom 15. Juni 1989 i. S. J. gegen Versicherungskasse der Stadt Zürich und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 3 Abs. 2 BVV 2 . Bestimmung des koordinierten Lohnes bei einem im Stundenlohn beschäftigten Arbeitnehmer, dessen Lohn monatlich abgerechnet wird.
Erwägungen ab Seite 94 BGE 115 V 94 S. 94 Aus den Erwägungen: 4. d) Der Koordinationsabzug bezweckt, das Zusammenwirken von Erster und Zweiter Säule so zu koordinieren, dass ihre Leistungen keine Überentschädigungen verursachen (Botschaft des Bundesrates zum BVG vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 158 und 222). Abs. 2 des Art. 3 BVV 2 gestattet den Vorsorgeeinrichtungen, für die Bestimmung des koordinierten Lohnes anstatt auf den vollen Jahreslohn auf den AHV-Lohn einer bestimmten Zahlungsperiode abzustellen. Dabei sind die im Gesetz erwähnten minimalen und maximalen Beträge des koordinierten Lohnes auf die entsprechende Zahlungsperiode umzuwandeln (vgl. Kommentar des Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) zum Entwurf der Verordnung 2 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) vom 9. August 1983, S. 11; LAUR/UMBRICHT-MAURER, Das neue Pensionskassengesetz, Teil 5, Kapitel 2.3.1, S. 4 f.). Eine von den Kassen im Sinne von Art. 3 Abs. 2 BVV 2 im Einzelfall angewendete Sonderregelung ist gemäss dem Wortlaut dieser Norm an keine besonderen Voraussetzungen gebunden. Insbesondere verlangt diese Bestimmung - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers - nicht, dass der Koordinationsabzug BGE 115 V 94 S. 95 allenfalls nach Tagen umgerechnet wird. Vielmehr kommt es nach dem klaren Wortlaut auf die "Zahlungsperiode" an. Eine Sonderrechnung allein für die BVG-Altersgutschrift zu führen, welche nicht auf diese Zahlungsperiode abstellt, ist für die Vorsorgeeinrichtungen nicht zumutbar. Art. 3 BVV 2 bezweckt im Hinblick auf eine einfache Verwaltung denn auch, den koordinierten Lohn ohne besondere Schwierigkeiten zu ermitteln (erwähnter Kommentar des BSV zum Entwurf der BVV 2, S. 9). Dieser Zweck würde vereitelt, wenn - wie es der Beschwerdeführer im Ergebnis verlangt - eine Koordination nach Tagen vorgenommen werden müsste. Es ist nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz sachlich sowie praktisch gerechtfertigt und vermeidet grösseren administrativen Aufwand, wenn bei den im Stundenlohn beschäftigten Arbeitnehmern, die nicht stets die gleiche Monatsstundenzahl aufweisen und deren Lohn monatlich ausbezahlt wird, die BVG-Koordination monatlich vorgenommen wird. e) Die Pensionskasse ist laut dem Versichertenkonto vom 7. Januar 1986 bei der Berechnung der dem Beschwerdeführer zustehenden Freizügigkeitsleistung wie folgt vorgegangen: "MT BVG REL. ANTEIL BEREIN. KOORD. AGS. LOHN ZAHL. 13. LOHN LOHN LOHN FR. (d.h. 11% des koord. Lohnes) 06 1'958.10 150.60 1'958.20 578.20 63.60 07 2'941.20 226.20 2'941.20 1'561.20 171.70 08 2'993.00 230.20 2'993.00 1'613.00 177.40 09 2'973.10 228.70 2'973.10 1'593.10 175.20 10 3'036.70 233.60 3'036.70 1'656.70 182.20 11 2'917.30 224.40 2'917.30 1'537.30 169.10 12 1'122.40 86.30 1'122.40 0.00 0.00" Der Beschwerdeführer verlangt demgegenüber für die erste Zahlungsperiode im Juni (13 Tage) einen Koordinationsabzug von Fr. 598.-- (1'380 [d.h. 16'560: 12]: 30 x 13) und für die letzte Zahlungsperiode im Dezember (17 Tage) einen Abzug von Fr. 782.-- (1'380: 30 x 17), womit die Altersgutschrift in der ersten Zahlungsperiode Fr. 149.60 statt 63.60 und für die letzte Zahlungsperiode Fr. 37.50 statt 0 betrage. Das Vorgehen der Pensionskasse erweist sich jedoch nach dem Gesagten als richtig. Der vom Beschwerdeführer beantragten Berechnung nach Tagen kann demgegenüber nicht gefolgt werden.
null
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1,989
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c668215-c937-41da-8702-dfec51c44ccb
Urteilskopf 105 Ia 324 60. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Dezember 1979 i.S. Heri gegen Bürgergemeinde Horriwil, Flurgenossenschaft Horriwil und Regierungsrat des Kantons Solothurn (Staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Güterzusammenlegung: Neuzuteilung. Kriterien der Überprüfung von Neuzuteilungs-Entscheiden auf staatsrechtliche Beschwerde hin (E. 2). Anwendung dieser Kriterien im konkreten Fall (E. 3-5). Voraussetzungen, unter denen bei der Neuzuteilung nicht ausschliesslich auf die Bonitierungswerte abgestellt werden darf (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 325 BGE 105 Ia 324 S. 325 Viktoria Heri-Steiner warf in die Güterzusammenlegung Horriwil (SO) ein zentral gelegenes, 1450 m2 umfassendes Baugrundstück (Nr. 724) ein. Der Bonitierungswert für diese Parzelle wurde auf Fr. 3.-/m2, insgesamt - nach Abzug eines Anteils von 27% für die allgemeinen Anlagen - auf Fr. 4323.- festgesetzt. Auf dem Grundstück konnten sowohl auf Grund der früheren Bauvorschriften als auch gemäss den neuen, während des Güterzusammenlegungsverfahrens in Kraft tretenden Sonderbauvorschriften für den Dorfkern neben Wohnungen auch Läden, Restaurants und Lokale für nicht störende Gewerbe erstellt werden. Der Vorstand der Flurgenossenschaft Horriwil teilte Viktoria Heri auf Einsprache gegen einen ersten Neuzuteilungs-Entwurf hin die Parzelle Nr. 159.1 mit einer Fläche von 1413 m2 und dem Bonitierungswert von Fr. 4320.- zu. Diese Parzelle liegt zwar ebenfalls in der Dorfkernzone, wurde aber im Zuge der neuen Ortsplanung nicht dem eigentlichen "Zentrum" zugewiesen, in welchem weiterhin eine gemischte Bauweise gestattet ist, sondern dem als Wohnzone dienenden "übrigen Gebiet". Neue Eigentümerin der ehemaligen Parzelle Nr. 724 wurde die Bürgergemeinde Horriwil, die vor der Güterzusammenlegung weder ein Grundstück im "Zentrum", noch überhaupt Land in der Bauzone besessen hatte. Gegen diese Neuzuteilung reichte Viktoria Heri beim Regierungsrat des Kantons Solothurn Rekurs ein, welcher als unbegründet abgewiesen wurde. Das Bundesgericht hebt den Regierungsratsbeschluss auf staatsrechtliche Beschwerde hin auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht hat in der Rechtsprechung der letzten fünfzehn Jahre folgende Kriterien für die Überprüfung von BGE 105 Ia 324 S. 326 staatsrechtlichen Beschwerden gegen Güterzusammenlegungsentscheide erarbeitet: a) In methodischer Hinsicht ist zunächst festzuhalten, dass das Bundesgericht auf Beschwerde eines Grundeigentümers hin dessen gesamten Altbesitz mit der gesamten, endgültigen Neuzuteilung vergleicht, ohne sich damit zu befassen, welche Zuteilungs-Änderungen allenfalls im Verlaufe des kantonalen Verfahrens vorgenommen worden sind ( BGE 94 I 610 E. 4b). b) Ergibt sich aus dieser Gegenüberstellung, dass sich der Beschwerdeführer nach der Güterzusammenlegung in einer Lage befindet, die sich schlechthin nicht rechtfertigen lässt und die nur in grober Missachtung der gesetzlichen Vorschriften oder elementarer Grundsätze des Güterzusammenlegungsverfahrens - insbesondere des Prinzips des vollen Realersatzes - geschaffen werden konnte, so hebt das Bundesgericht die angefochtene Zuteilung wegen Willkür auf ( BGE 97 I 496 E. 1, 96 I 42, 85 I 90). c) Das Bundesgericht prüft den angefochtenen Entscheid zusätzlich auch unter dem Gesichtswinkel der Rechtsverweigerung und der rechtsungleichen Behandlung. Dem Grundsatz der Rechtsgleichheit kommt im Güterzusammenlegungsverfahren erhebliches Gewicht zu, obschon das Institut der Landumlegung nach einer sich immer mehr durchsetzenden globalen Betrachtungsweise der Nutzungsplanung zugeordnet wird und das Prinzip der rechtsgleichen Behandlung im Rahmen von Planungsmassnahmen der Natur der Sache nach nur eine beschränkte Bedeutung haben kann ( BGE 103 Ia 257 E. 4, BGE 99 Ia 715 , BGE 95 I 550 ). Es ist nicht zu übersehen, dass durch die Güterzusammenlegung, die die Verbesserung und Aufwertung des gesamten einbezogenen Bodens bezweckt und in welche beträchtliche öffentliche Mittel investiert werden, erhebliche Mehrwerte geschaffen werden. Die kantonalen Behörden haben dafür zu sorgen, dass die Grundeigentümer an diesen Vorteilen der Zusammenlegung - im Rahmen des Möglichen - in gleichem Masse teilhaben, und dass auch die mit dem Unternehmen notwendigerweise verbundenen Nachteile und Belastungen auf alle Betroffenen angemessen verteilt werden. Eine offensichtlich einseitige Bevorteilung einzelner Grundeigentümer kann mit Rücksicht auf das Gleichheitsprinzip vom Verfassungsrichter nicht geduldet werden. Nicht zuzulassen ist ebenfalls, dass ein Grundeigentümer deshalb BGE 105 Ia 324 S. 327 in eine völlig unbefriedigende Situation gerate, weil die kantonalen Instanzen bei der Neuzuteilung wesentliche Gesichtspunkte (z.B. Besonderheiten des Betriebes oder der Bewirtschaftung) ausser acht gelassen oder es versäumt haben, alle zur Verfügung stehenden technischen Mittel zur Verbesserung der unbefriedigenden Lage auszuschöpfen. In diesem Falle ist der angefochtene Entscheid wegen Rechtsverweigerung aufzuheben und die kantonale Behörde zur Neubeurteilung anzuhalten ( BGE 99 Ia 495 E. 3, BGE 95 I 524 E. 4; nicht publ. Entscheide i.S. Cadonau vom 22. November 1978 und i.S. Brugger vom 20. Dezember 1978). Wenn auch für solche Fälle keine allgemein gültigen Regeln aufgestellt werden können, so ist immerhin festzuhalten, dass ein Eingreifen des Bundesgerichtes nur unter bestimmten Voraussetzungen in Frage kommt: Zum einen darf die festgestellte Ungleichbehandlung nicht als durch den Zweck der Güterzusammenlegung selbst gerechtfertigt erscheinen; zum anderen dürfen einer nachträglichen Änderung der Situation nicht unüberwindliche technische Schwierigkeiten entgegenstehen. Und schliesslich kann auch nur dann eingegriffen werden, wenn die für den Beschwerdeführer als wünschbar erachteten Verbesserungen nicht zu einer - ebenfalls ungerechtfertigten - Schlechterstellung eines anderen Grundeigentümers führen, das Problem also lediglich auf eine andere Ebene verschoben wird. d) Sieht sich das Bundesgericht im weiteren einer zwar unhaltbaren, aber nicht zu ändernden Lage des Beschwerdeführers gegenüber, so untersucht es, ob ein Eingriff vorliege, der einer Enteignung gleichkommt, und ob in diesem Falle, da ausnahmsweise Realersatz nicht geleistet werden kann, dem Beschwerdeführer ein Geldausgleich in Höhe des Verkehrswertes, d.h. die volle Entschädigung im Sinne von Art. 22ter BV zugekommen sei ( BGE 99 Ia 495 , 97 I 721, BGE 95 I 372 f.). e) Abschliessend ist zu betonen, dass sich das Bundesgericht bei der Kontrolle, die es anhand der dargestellten verschiedenen Kriterien ausübt, besondere Zurückhaltung auferlegt. Dies beruht nicht nur auf dem Umstand, dass die Kognition des Verfassungsrichters beschränkt ist, sondern auch darauf, dass die Lösungen, die im Güterzusammenlegungsverfahren getroffen werden, in weitem Masse von den örtlichen Verhältnissen abhängen, welche die kantonalen Behörden besser kennen und BGE 105 Ia 324 S. 328 - in ihrer Gesamtheit und nicht bloss auf den Einzelfall bezogen - besser zu würdigen in der Lage sind als das Bundesgericht. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung besteht darin, dass den Spezialisten bei der Lösung der sich im Zusammenlegungsverfahren stellenden technischen Probleme ein weiter Ermessensspielraum (sog. technisches Ermessen) eingeräumt werden muss. Dagegen kann wohl das in der Rechtsprechung ebenfalls angeführte Argument, das Bundesgericht habe sich insbesondere dort zurückzuhalten, wo die Aufhebung eines in einem Einzelfall getroffenen Entscheides zur Überprüfung der gesamten Neuzuteilung oder eines grossen Teils davon führen müsste ( BGE 97 I 495 , 96 I 42, BGE 85 I 90 ), nicht oder jedenfalls nicht in dieser Form aufrechterhalten werden: ist die Verfassung verletzt worden, so muss die dagegen erhobene Beschwerde ungeachtet allfälliger unerwünschter Folgen für das Zusammenlegungsverfahren gutgeheissen werden (vgl. H.P. FRIEDRICH, Das Verfahrensrecht der Güterzusammenlegung, Blätter für Agrarrecht, 1970, S. 72). Die Erfahrung zeigt übrigens, dass entsprechende Befürchtungen meist unbegründet oder übertrieben sind. Eine weitere Einschränkung der Prüfungsbefugnisse in Güterzusammenlegungssachen würde sich aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten nicht rechtfertigen lassen. Insbesondere darf nicht ausser acht gelassen werden, welche schwerwiegenden Folgen durch eine ungenügende oder sonstwie mangelhafte Zuteilung für einen Grundeigentümer entstehen können, dessen Existenz gänzlich von seinem Landwirtschaftsbetrieb abhängt. Die mit voller Kognition ausgestatteten kantonalen Behörden sind deshalb anzuhalten, ihre Pflichten und ihre Verantwortung in solchen Verfahren sorgfältig wahrzunehmen und den vom Techniker vorgeschlagenen Lösungen, auch wenn sie in Form eines fertig ausgearbeiteten Projektes vorgelegt werden, nicht ohne kritische Prüfung zuzustimmen. 3. a) (Vergleich der ehemaligen Parzelle Nr. 724 der Beschwerdeführerin mit dem ihr neu zugeteilten Grundstück Nr. 159.1.) b) Nach Ansicht des bundesgerichtlichen Experten wirken sich die Unterschiede zwischen Parzelle Nr. 724 und dem Grundstück Nr. 159. 1 hinsichtlich Erschliessungsgrad und Nutzungsmöglichkeit verkehrswertmässig in der Weise aus, dass der Wert des der Beschwerdeführerin neu zugeteilten Landes BGE 105 Ia 324 S. 329 um rund einen Drittel niedriger einzustufen sei als jener ihrer ursprünglichen Parzelle. Das Bundesgericht hat keinen Anlass, von dieser Schätzung abzuweichen; es hat vielmehr auf die vom Experten festgesetzte Wertdifferenz abzustellen. An dieser Differenz kann übrigens auch der - formelle - Einwand nichts ändern, dass die im Güterzusammenlegungsverfahren festgesetzten Schätzungswerte, die für beide Parzellen gleich hoch angesetzt waren (Fr. 3.-/m2), im heutigen Verfahrensstadium nicht mehr in Frage gestellt werden könnten. Es zeigt sich hier mit besonderer Deutlichkeit, wie beschränkt die Aussagekraft der Bonitierungswerte in jenen Fällen ist, wo der Güterzusammenlegungsperimeter sowohl landwirtschaftliches als auch Bauland umfasst und die entsprechenden Bonitierungswerte auch nicht annäherungsweise den wahren Verkehrswert der einzelnen Grundstücke widerspiegeln, und wo deren Festsetzung zudem schon etliche Jahre zurückliegt, ohne dass die Werte in der Zwischenzeit an die veränderten Verhältnisse auf dem Immobilienmarkt oder - wie im vorliegenden Fall - an die Gegebenheiten einer neuen Ortsplanung angepasst worden wären. Liegt es klar zu Tage, dass die Bonitierungswerte nicht oder nicht mehr als zuverlässige Wertmassstäbe betrachtet werden können, so kann es dem betroffenen Grundeigentümer nicht versagt werden, sich auf die wahren Wertverhältnisse zu berufen, die sich anhand anderer Kriterien und Vergleichsmassstäbe ergeben. Würde die Prüfung, ob eine Neuzuteilung substantiell und nicht bloss auf dem Papier die Ersatzansprüche eines Grundeigentümers erfülle, aus rein formalrechtlichen Gesichtspunkten abgelehnt, so bedeutete dies eine Rechtsverweigerung sowie eine Verletzung des Prinzips des wertgleichen Realersatzes bzw. der vollen Entschädigung. c) Ist, wie dargelegt, die Neuzuteilung an die Beschwerdeführerin im Vergleich zu ihrem früheren Besitzstand völlig ungenügend, so kann sie nur dann unverändert belassen werden, wenn eine gleichwertige Zuteilung - also die Zuweisung eines im "Zentrum" liegenden Grundstückes - an unüberwindbaren technischen Schwierigkeiten scheitern müsste oder wenn durch eine solche Zuteilung das Gelingen der Güterzusammenlegung selbst in Frage gestellt würde. Auch in diesem Falle müsste jedoch der angefochtene Entscheid aufgehoben werden, weil er der Beschwerdeführerin die ausnahmsweise an die Stelle des Realersatzes tretende Geldentschädigung in Höhe BGE 105 Ia 324 S. 330 des vollen Verkehrswertes bzw. der vollen Verkehrsdifferenz offensichtlich nicht gewährt. Diese Frage ist indessen nicht weiter zu verfolgen, da - wie in der folgenden Erwägung gezeigt wird - der Zuweisung einer in der Zentrumszone gelegenen Parzelle an die Beschwerdeführerin nichts entgegensteht. 4. (Es bestehen in technischer Hinsicht keine Schwierigkeiten, der Beschwerdeführerin eine im "Zentrum" liegende Parzelle zuzuteilen. Ein Anspruch oder sogar ein Vorrecht der Bürgergemeinde Horriwil auf Zuweisung eines solchen Grundstückes wird verneint.) 5. (Der angefochtene Entscheid verstösst auch gegen den Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung, da die Beschwerdeführerin gegenüber den anderen Grundeigentümern - denen für ihre alten, teilweise nicht überbaubaren Grundstücke in der Zentrumszone arrondierte Parzellen in gleicher Lage zugewiesen wurden - offensichtlich benachteiligt worden ist.)
public_law
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6c6e870e-c613-4f7c-be22-523ca542c1ab
Urteilskopf 115 V 285 38. Urteil vom 17. August 1989 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen G. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 20 Abs. 2 und 3 UVG , Art. 31 und 32 UVV : Berechnung der Komplementärrenten für Invalide (in casu: Bezüger einer Invalidenrente der IV). - Beim Zusammentreffen einer Invalidenrente der obligatorischen Unfallversicherung mit einer Rente der IV oder der AHV ist gemäss Art. 20 Abs. 2 UVG stets eine Komplementärrente zu gewähren. Bei deren Berechnung sind die Renten der IV oder der AHV grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen (vgl. BGE 115 V 275 ). - Soweit die Art. 31 und 32 UVV den vorerwähnten Grundsatz der vollen Anrechenbarkeit für Komplementärrenten an teilerwerbstätige Hausfrauen, denen infolge eines Unfalls eine nach der gemischten Methode ( Art. 27bis IVV ) zugesprochene einfache Rente der IV ausgerichtet wird, gestützt auf die Delegationsnorm des Art. 20 Abs. 3 UVG uneingeschränkt und ohne abweichende Regelung übernehmen, erweisen sie sich als gesetz- und verfassungsmässig.
Sachverhalt ab Seite 286 BGE 115 V 285 S. 286 A.- Marianne G. (geb. 1943) ist verheiratet und Mutter eines 1966 geborenen Sohnes. Sie übte seit 1977 neben der Besorgung ihres Haushalts eine Teilzeitbeschäftigung aus und war in dieser Eigenschaft bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch versichert. Bei dieser Tätigkeit erzielte sie in der Zeit vom 21. Februar 1981 bis 20. Februar 1982 einen Verdienst von insgesamt Fr. 16'065.--. Am 21. Februar 1982 zog sie sich bei einem Unfall Verletzungen des Steissbeines und des Rückens zu. Wegen anhaltender Beschwerden in den Beinen und im Rücken musste sich die Versicherte lange dauernden Behandlungen unterziehen und konnte ihre Erwerbstätigkeit nicht mehr aufnehmen. Die Invalidenversicherung gewährte ihr aufgrund eines nach der gemischten Methode ermittelten Invaliditätsgrades von mehr als 66 2/3% eine ab 1. Februar 1983 laufende ganze einfache Invalidenrente (Verfügung der AHV-Ausgleichskasse vom 24. Februar 1986). Die SUVA erbrachte die gesetzlichen Leistungen und richtete Marianne G. u.a. eine Integritätsentschädigung von Fr. 17'400.-- aus. Ferner sprach sie der Versicherten mit Verfügung vom 2. März 1987 u.a. ab 1. März 1987 eine Komplementärrente im Sinne von Art. 20 Abs. 2 UVG zu, deren Berechnung sie 90%, des versicherten Verdienstes (d.h. Fr. 14'458.--) und die ganze Rente der IV von jährlich Fr. 9'276.-- zugrunde legte, woraus sie einen Rentenbetrag von Fr. 5'182.-- im Jahr bzw. Fr. 432.-- im Monat ermittelte. Eine gegen diese Verfügung erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom 29. April 1987 ab. B.- Das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt hiess die dagegen eingereichte Beschwerde hinsichtlich der Komplementärrentenberechnung gut, hob die Verfügung vom 2. März 1987 auf und wies die SUVA an, bei der Berechnung laut Art. 20 Abs. 2 UVG denjenigen Teil der IV-Rente ausser acht zu lassen, mit dem BGE 115 V 285 S. 287 die Unmöglichkeit der Besorgung des Haushalts abgegolten werde (Entscheid vom 12. Januar 1988). C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der vorinstanzliche Entscheid sei hinsichtlich der angeordneten Berechnung der Komplementärrente aufzuheben. Marianne G. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) beantragt deren Gutheissung. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Anwendbares Recht) 2. (Vgl. BGE 115 V 278 Erw. 1.) 3. Im vorliegenden Fall ist streitig, wie die der Beschwerdegegnerin nach dem Unfall vom 21. Februar 1982 aufgrund der gemischten Methode ( Art. 27bis IVV ) zugesprochene ganze Rente der IV bei der Berechnung der Komplementärrente der obligatorischen Unfallversicherung zu berücksichtigen ist. Während nach Auffassung der SUVA und des BSV die Rente der IV gemäss Art. 20 Abs. 2 (und Abs. 3) UVG (in Verbindung mit den Art. 31 und 32 UVV ) in vollem Umfang anzurechnen ist, vertreten Vorinstanz und Beschwerdegegnerin die Meinung, Art. 20 Abs. 2 UVG regle (wie auch Art. 31 Abs. 4 UVG ) das Zusammentreffen von Leistungen der IV (bzw. der AHV) mit Renten der Unfallversicherung einer früher teilweise erwerbstätigen Hausfrau nicht; deshalb seien die allgemeinen, von Lehre und Rechtsprechung (im Rahmen von Art. 40 UVG bzw. 74 Abs. 3 KUVG) entwickelten Grundsätze heranzuziehen. Weil entsprechend dem bei der Überentschädigung massgebenden Grundsatz der sachlichen Kongruenz nur wirtschaftlich gleichgerichtete Leistungen miteinander verglichen werden dürften, sei die Rente der IV nach den in BGE 112 V 126 aufgestellten Regeln bloss insoweit zu berücksichtigen, als sie die erwerbliche Einschränkung abgelte; dagegen müsse jener Teil der Rente ausser acht gelassen werden, der als Ausgleich für die Unmöglichkeit der Betätigung im nichterwerblichen Aufgabenbereich (d.h. im Haushalt) bestimmt sei. a) Bei der Auslegung des Gesetzes ist von Bedeutung, dass Art. 20 Abs. 2 UVG bei einem Anspruch auf eine Invalidenrente der Unfallversicherung und dem gleichzeitigen "Anspruch auf eine Rente der IV oder auf eine Rente der AHV" generell von der Gewährung einer "Komplementärrente" spricht, deren Höhe BGE 115 V 285 S. 288 grundsätzlich der Differenz zwischen 90% des versicherten Verdienstes und "der Rente der IV oder der AHV" entspricht. Ebenso ist in Art. 31 Abs. 4 UVG beim Anspruch auf eine Hinterlassenenrente der Unfallversicherung und dem gleichzeitigen "Anspruch auf Renten der AHV oder der IV" generell und uneingeschränkt von der Gewährung einer "Komplementärrente" die Rede, welche ebenfalls grundsätzlich der Differenz zwischen 90% des versicherten Verdienstes und "den Renten der AHV oder der IV" entspricht. Die wörtliche Auslegung dieser Bestimmungen ergibt somit, dass beim Zusammentreffen von Renten der Unfallversicherung mit solchen der IV oder der AHV dem Versicherten bzw. gegebenenfalls seinen Hinterlassenen stets ein Anspruch auf eine Komplementärrente zusteht, bei deren Berechnung die Renten der IV oder der AHV grundsätzlich in vollem Umfang zu berücksichtigen sind. Da der Wortlaut von Art. 20 Abs. 2 (und 31 Abs. 4) UVG klar ist, besteht aufgrund dieser Vorschriften kein Raum für eine gestützt auf die allgemeinen Grundsätze der Überversicherung bzw. der Kongruenz abweichende Auslegung mit einer nur teilweisen Anrechnung der genannten Renten ( BGE 114 V 135 f. Erw. 2b und 3a, BGE 113 V 77 Erw. 3b und c sowie 109 Erw. 4a mit Hinweisen). Dazu besteht umso weniger Anlass, als die erwähnte Bedeutung des Wortlautes auch dem Sinn und Zweck der Bestimmungen entspricht. Denn der Gesetzgeber hat mit der Einführung der Komplementärrenten die früheren allgemeinen Überentschädigungsregeln ( Art. 45 IVG bzw. Art. 39bis IVV ; Art. 48 AHVG resp. Art. 66quater AHVV ), welche laufende Überprüfungen und Anpassungen der Kürzungssätze erforderten, bewusst vereinfachen und durch das neue Koordinationssystem ersetzen wollen, womit er eines der wichtigsten Revisionsziele zu verwirklichen beabsichtigte (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl 1976 III 170 f. und 224 f.; SCHAER, Grundzüge des Zusammenwirkens von Schadenausgleichssystemen, Basel 1984, S. 359, Rz. 1045 und N. 3; MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 381 und 437 f.; SEILER, Der Entwurf zu einem neuen Unfallversicherungsgesetz, SZS 1977 S. 25 f. und 29; siehe auch KOHLER, Surindemnisation choquante dans la LAA, en cas de salaire résiduel, SZS 1987 S. 289). Dabei wurde mit der neuen Komplementärrentenregelung eine einfache und sozial vertretbare Kombination zwischen den Systemen der AHV/IV und der Unfallversicherung angestrebt, bei der sich nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine BGE 115 V 285 S. 289 "eigentliche Systemkongruenz" nicht bewerkstelligen liess (BBl 1976 III 170). Die von Beschwerdegegnerin und Vorinstanz anhand des Grundsatzes der Kongruenz bzw. der sachlichen Übereinstimmung von Leistungen vorgetragene Argumentation ist auch deshalb nicht zulässig, weil der Richter die als Ausfluss des Systemwechsels unmittelbar aus dem Gesetz sich u.a. ergebenden Grundsätze der Komplementärrentenregelung mit einer prinzipiell vollen Anrechenbarkeit der AHV/IV-Renten hinzunehmen hat (vgl. zum Grundsatz der Kongruenz SCHAER, a.a.O., S. 158 f., 361 und 391 ff.; VPB 1987 Nr. 2 S. 19 Ziff. 3; BGE 112 V 128 f., je mit weiteren Hinweisen). Entgegen den Meinungen von Beschwerdegegnerin und Vorinstanz kann zudem aus den im Rahmen von Art. 40 UVG sowie Art. 74 Abs. 3 KUVG entwickelten - und hier nicht anwendbaren (vgl. BGE 115 V 279 Erw. 1c) - Überentschädigungsregeln ebensowenig etwas anderes abgeleitet werden wie aus BGE 112 V 126 , weil es in diesem Urteil - anders als im vorliegenden Fall - um ein Zusammentreffen von Invalidenrenten der IV mit Krankengeld der Unfallversicherung ging und deshalb die genannten Regeln zu berücksichtigen waren. Die durch den kantonalen Richter und die Beschwerdegegnerin anhand der in BGE 112 V 126 angeführten Grundsätze befürwortete lediglich teilweise Anrechnung der IV-Renten von teilerwerbstätigen Hausfrauen erweist sich demzufolge unter dem Gesichtspunkt des Art. 20 Abs. 2 UVG als unzutreffend. b) (Vgl. BGE 115 V 281 Erw. 3b; die dortigen Ausführungen über die in Art. 31 und 32 UVV - gestützt auf die Delegationsnorm von Art. 20 Abs. 3 UVG - aufgestellte Ordnung bezüglich der teilerwerbstätigen Altersrentner gelten im wesentlichen auch hinsichtlich der hier zu beurteilenden Frage der Gesetz- und Verfassungsmässigkeit der Regelung bei teilerwerbstätigen Hausfrauen.) c) Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Komplementärrente der Beschwerdegegnerin richtigerweise nach der Grundregel des Art. 20 Abs. 2 UVG berechnet worden ist. Insoweit steht unbestrittenermassen fest, dass die SUVA an sich korrekt vorgegangen ist, indem sie den 90% des versicherten Verdienstes (d.h. Fr. 14'458.--) die ganze Rente der IV von jährlich Fr. 9'276.-- gegenübergestellt hat, womit sich aus der Differenzberechnung eine Komplementärrente von Fr. 5'182.-- im Jahr ergibt. Die Verfügung und der Einspracheentscheid der SUVA erweisen sich daher als rechtmässig. BGE 115 V 285 S. 290 4. (Parteientschädigung) Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 12. Januar 1988 insoweit aufgehoben, als die SUVA zur Neuberechnung der Komplementärrente verpflichtet wurde.
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1,989
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CH_BGE_007
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Federation
6c713691-6366-4a63-a9d2-b6969613d0b9
Urteilskopf 121 II 38 6. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 9 mars 1995 dans la cause B. et S. SA contre Office fédéral de la police (recours de droit administratif)
Regeste Rechtshilfe; Art. 21 Abs. 3 IRSG . Ist eine strafrechtlich verfolgte Person Partei eines Zivilverfahrens in der Schweiz, ist sie legitimiert, sich der Übermittlung der Zivilverfahrensakten an den ersuchenden Staat zu widersetzen.
Erwägungen ab Seite 38 BGE 121 II 38 S. 38 Extrait des considérants: 1. b) Selon l' art. 103 let. a OJ , quiconque est atteint par la décision attaquée et a un intérêt digne de protection à son annulation a qualité pour recourir ( ATF 118 Ib 445 consid. 2b). Selon l' art. 21 al. 3 EIMP (RS 351.1), la personne visée par une procédure pénale étrangère n'a qualité pour recourir que si elle est touchée personnellement par une décision ou lorsque celle-ci peut léser ses droits de défense dans la procédure pénale. Poursuivi en Italie, le recourant n'établit pas être touché personnellement par les actes d'entraide en tant que sont réclamés des documents saisis en mains de la société qu'il préside, entité juridiquement distincte (cf. ATF 114 Ib 158 consid. 2a et les arrêts cités). En revanche, tel le titulaire BGE 121 II 38 S. 39 d'un compte en banque pour lequel le secret bancaire doit être levé (cf. ATF 118 Ib 550 consid. 1d, 117 Ib 71 consid. 2b/bb et la jurisprudence citée), en tant que parties à un procès civil pour le contenu duquel le secret de fonction des organes de l'Etat doit être levé en faveur de l'Etat requérant, le recourant et sa société sont personnellement touchés par une mesure de contrainte obligeant les organes de l'Etat à transmettre à l'étranger des informations concernant le dossier de cette cause civile; ils ont donc qualité pour s'opposer à la transmission d'actes judiciaires les concernant, figurant dans le dossier de cette procédure.
public_law
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1,995
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CH_BGE_004
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6c762779-9485-4a7a-acbc-a90df96cb0c8
Urteilskopf 106 V 81 19. Urteil vom 2. Juli 1980 i.S. Kaufmann gegen Ausgleichskasse des Kantons Luzern und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 21 Abs. 2 IVG und Ziff. 15.02 HVI Anhang. Individuelle Abgabe eines kostspieligen Hilfsmittels, wenn ein solches bereits in einem Heim zur Verfügung steht (Präzisierung der Rechtsprechung; hier in bezug auf automatische Schreibgeräte).
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 106 V 81 S. 81 A.- Die 1970 geborene Regula Kaufmann ist seit der Geburt körperlich stark behindert. Sie leidet an einer schweren Athetose mit Spastizität und kann grob- und feinmotorische Bewegungen nicht kontrollieren. Ferner besteht eine Dysarthrie schwersten Grades; die zum Sprechen erforderliche Kontrolle BGE 106 V 81 S. 82 der Lippen sowie Kiefer- und Schluckbewegungen gelingen nicht. Im Oktober 1975 wurde die Versicherte ins Schulheim Mätteli (Sonderschule für das cerebral gelähmte Kind) in Emmenbrücke aufgenommen, wo sich bald zeigte, dass die intellektuelle Leistungsfähigkeit gut entwickelt ist. Seit Herbst 1977 besucht die Versicherte im Schulheim die Einführungsklasse. Vom gleichen Zeitpunkt an wurden erste Versuche zur Bedienung des heimeigenen, elektronisch gesteuerten Carba-Schreibgerätes durchgeführt. Im Februar 1979 ersuchte die Heimleitung um die leihweise individuelle Abgabe eines Carba-Schreibgerätes (Steuerungsgehäuse, Monitor, Drucker sowie pneumatischer Detektor) zum Preise von Fr. 15'515.--. Sie wies darauf hin, dass die Versicherte an diesem Gerät selbständig arbeiten könne und imstande sei, schriftlich am Unterricht teilzunehmen, Aufgaben zu lösen, Texte von der Tafel abzuschreiben, Diktate niederzuschreiben sowie eigene Gedanken festzuhalten; ohne eigenes Gerät wären die Förderungs- und Kommunikationsmöglichkeiten auf die reine Schulzeit beschränkt, was - insbesondere im Hinblick auf die relativ langen Schulferien - nicht genüge. Nach Rückfrage beim Bundesamt für Sozialversicherung lehnte die Invalidenversicherungs-Kommission des Kantons Luzern das Begehren mit Beschluss vom 28. Mai 1979 ab. Sie führte dazu aus, dass eine individuelle Abgabe frühestens nach der Schulentlassung in Betracht gezogen werden könne; zur Zeit würde ein eigenes Gerät - gemessen am relativ geringen erreichbaren Nutzen - zu hohe Kosten verursachen; überdies bedürfe die Bedienung der Apparatur während des Lernprozesses fachkundiger Anleitung, die zu Hause nicht möglich sei. Diesen Beschluss eröffnete die Ausgleichskasse des Kantons Luzern dem Vater der Versicherten mit Verfügung vom 7. Juni 1979. B.- Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern mit Entscheid vom 20. Dezember 1979 ab. Da das beantragte Schreibgerät ein kostspieliges Hilfsmittel sei, welches zur notwendigen Ausrüstung des Schulheimes gehöre, könne eine individuelle Abgabe nach der Rechtsprechung nicht in Betracht kommen. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt die Versicherte die leihweise Abgabe eines Carba-Schreibgerätes beantragen. Sie macht u.a. geltend, dass sie inzwischen BGE 106 V 81 S. 83 in wesentlichen Punkten ausgebildet sei und nunmehr lesen und schreiben könne. Sie benötige das Carba-Kommunikationsgerät zum persönlichen Gebrauch, da einzig damit eine den intellektuellen Fähigkeiten entsprechende Selbständigkeit möglich sei. Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung beantragt, die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und festzustellen, dass der Versicherten ein Anspruch auf leihweise Abgabe eines Carba-Schreibgerätes zustehe. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 21 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 14 lit. a IVV sowie Art. 2 Abs. 1 HVI und Ziff. 15.02 des Anhangs zur HVI gibt die Invalidenversicherung automatische Schreibgeräte ab, sofern der Versicherte infolge Lähmung sprech- und schreibunfähig ist und nur mit Hilfe eines solchen Gerätes mit der Umwelt in Kontakt treten kann. Kostspielige Hilfsmittel, die ihrer Art nach auch für andere Versicherte Verwendung finden können, werden nur leihweise abgegeben ( Art. 3 HVI ). In BGE 100 V 45 hat das Eidg. Versicherungsgericht festgehalten, dass es nicht Aufgabe der Invalidenversicherung ist, den Insassen von Invalidenheimen kostspielige Hilfsmittel individuell abzugeben, wenn diese zur notwendigen Ausrüstung des betreffenden Heimes gehören. An dieser Rechtsprechung, welche im unveröffentlichten Urteil vom 9. Juni 1978 i.S. Blaser bestätigt wurde, ist grundsätzlich festzuhalten. 2. a) Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführerin - seit Beginn der Schulausbildung im Herbst 1977 - während der Schulzeit ein heimeigenes Carba-Schreibgerät zur Verfügung steht. Ferner ist davon auszugehen, dass das zur individuellen Abgabe beantragte Gerät ein kostspieliges Hilfsmittel ist, belaufen sich doch die Anschaffungskosten gemäss Offerte der Lieferfirma auf insgesamt Fr. 15'515.--. Es fragt sich indessen, ob im vorliegenden Fall überhaupt von der "Abgabe an einen Heiminsassen" gesprochen werden kann. Das Bundesamt für Sozialversicherung hat - wie es in seiner Stellungnahme zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde einlässlich darlegt - die Problematik der individuellen Abgabe von automatischen Schreibgeräten unter Beizug massgebender Fachleute BGE 106 V 81 S. 84 einer eingehenden generellen Prüfung unterzogen. Es hält fest, dass im einzelnen Fall unterschieden werden müsse, ob das automatische Schreibgerät ausschliesslich zur Schulung verwendet werde oder ob es in beträchtlichem Masse auch der allgemeinen Kommunikation, also der Pflege des Kontaktes mit der Umwelt diene. Die individuelle Abgabe könne dann in Betracht kommen, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt seien: 1. Der Ansprecher muss während längerer Zeit erfolgreich in der Anwendung des Geräts geschult worden sein. 2. Es muss erwiesen sein, dass das Gerät zu einem grossen Teil für die Pflege des Kontaktes mit der Umwelt, und zwar im Wohnbereich des Versicherten, effektiv Verwendung findet. 3. Von der Leitung der jeweiligen Sonderschule müssen verlässliche Angaben über die Intelligenz des Versicherten vorliegen, die einen sinnvollen Einsatz des Gerätes in der Freizeit und einen erheblichen Gewinn an Kontaktmöglichkeiten und damit eine intensive Förderung der geistigen Entwicklung garantieren. 4. Es muss mit grosser Wahrscheinlichkeit belegt sein, dass der Versicherte das entsprechende Gerät nach der Schulentlassung weiterhin zur Pflege des Kontaktes mit der Umwelt benützen kann. Damit spricht sich das Bundesamt bei Erfüllen dieser Bedingungen selbst dann für die individuelle Abgabe eines automatischen Schreibgerätes aus, wenn im Rahmen der Sonderschulung ein heimeigenes Gerät an sich bereits zur Verfügung steht. Das Eidg. Versicherungsgericht pflichtet diesen Überlegungen bei. Da in den vom Bundesamt anvisierten Fällen das vorrangige Ziel nicht in der Schulung, sondern in der Pflege des Kontaktes mit der Umwelt im Wohnbereich besteht, handelt es sich nicht um eine "Abgabe an einen Heiminsassen". Die in Erw. 1 hievor erwähnte Rechtsprechung steht unter diesen besonderen Umständen einer individuellen Abgabe eines solchen Hilfsmittels nicht entgegen. b) Laut Bericht der Logopädin des Schulheims Mätteli vom 5. Juli 1979 ist die Beschwerdeführerin im schwersten Grade behindert; sie kann grob- und feinmotorische Bewegungen nicht kontrollieren und ihre Sprache ist für einen Aussenstehenden nicht verständlich; da die Beschwerdeführerin seit Jahren therapeutisch optimal betreut worden sei, könne erfahrungsgemäss mit einer wesentlichen Verbesserung der Situation nicht mehr gerechnet werden. Somit ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin im Schulunterricht und bei der Pflege BGE 106 V 81 S. 85 des Kontaktes mit der Umwelt voll und ganz auf ein automatisches Schreibgerät angewiesen ist. Seit Herbst 1977 konnte die Beschwerdeführerin ein heimeigenes Carba-Schreibgerät benützen. Sie wurde in der Zwischenzeit damit vertraut gemacht und in die Handhabung eingeführt. Allein dank dieses Gerätes konnte ihr überhaupt Lesen und Schreiben beigebracht werden. Das Bundesamt für Sozialversicherung stellt deshalb zutreffend fest, die Phase der Ausbildung und des Trainings am Gerät könne als abgeschlossen betrachtet werden; weiterer Anleitung bedürfe die Beschwerdeführerin nicht. Dem Bericht der Logopädin lässt sich ferner entnehmen, dass die Beschwerdeführerin über eine gut entwickelte intellektuelle Leistungsfähigkeit verfügt; insbesondere im sprachlichen (schriftlichen) Bereich seien ihre Leistungen mit denen eines nicht behinderten Kindes unbedingt vergleichbar; die Beschwerdeführerin verfüge über einen grossen Wortschatz, über ein gut entwickeltes Sprachverständnis und auch über ein erstaunliches Sprachgefühl, weshalb es ihr möglich sei, mit Hilfe des Schreibgerätes sich klar zu verständigen und mit gleichaltrigen Kindern dem Schulunterricht zu folgen. Mit steigender Leistungsfähigkeit benötige die Beschwerdeführerin nun aber ein individuelles Gerät, damit sie das in der Schule erworbene Wissen schriftlich festhalten und durch regelmässiges Üben selbständig vertiefen könne; zudem müsse sie auch ausserhalb der Schule über zuverlässige Kommunikationsformen verfügen können, um mit der intellektuellen Leistungsfähigkeit Nichtbehinderter Schritt halten zu können; andernfalls wäre eine progressive Verarmung der Sprache bzw. des Denkens zu befürchten, und eine gesunde geistige Entwicklung wäre verunmöglicht. Die Logopädin hält auch fest, dass die Eltern grosses Verständnis für ihr Kind haben und es in optimaler Weise unterstützen und fördern. Ein sinnvoller Einsatz des beantragten Gerätes im Wohnbereich zur Kontaktpflege mit Eltern und Geschwistern ist unter diesen Umständen gewährleistet. Das Bundesamt für Sozialversicherung bemerkt in seiner Stellungnahme, die Beschwerdeführerin werde nach der Schulentlassung die Anspruchsvoraussetzungen für ein Carba-Schreibgerät mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erfüllen und ein solches Gerät zu Kommunikationszwecken benötigen. Im vorliegenden Fall spreche nichts gegen eine vorzeitige Abgabe BGE 106 V 81 S. 86 dieses Hilfsmittels zu einem Zeitpunkt, in welchem es bereits zu einem erheblichen Teil zum Zwecke der Kommunikation verwendet werden könne. Damit ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin die vier vom Bundesamt aufgestellten Kriterien erfüllt, weshalb eine individuelle Abgabe möglich ist ohne Rücksicht darauf, dass die Beschwerdeführerin während der Schulzeit ein heimeigenes Gerät benützen kann. Im übrigen ist vorliegend klarerweise auch die Grundvoraussetzung der Ziff. 15.02 des Anhangs zur HVI erfüllt. Die Invalidenversicherung hat deshalb der Beschwerdeführerin das verlangte Carba-Schreibgerät leihweise individuell abzugeben. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Luzern vom 20. Dezember 1979 und die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Luzern vom 7. Juni 1979 aufgehoben und die Sache an die Verwaltung zurückgewiesen, damit sie über das Carba-Schreibgerät im Sinne der Erwägungen neu verfüge.
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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Urteilskopf 141 V 574 62. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_10/2015 vom 5. September 2015
Regeste Art. 18 Abs. 1 UVG in Verbindung mit Art. 7 f. ATSG; psychosomatische Leiden und rentenbegründende Invalidität. Die im Bereich der Invalidenversicherung ergangene Rechtsprechungsänderung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden gemäss BGE 141 V 281 gilt sinngemäss auch, wenn bei natürlich und adäquat unfallkausalen pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebildern ohne nachweisbare organische Grundlage der Anspruch auf eine Rente der obligatorischen Unfallversicherung zu beurteilen ist (E. 5.2).
Sachverhalt ab Seite 575 BGE 141 V 574 S. 575 A. A.a Der 1974 geborene A. war als Lenker seines Personenwagens in fünf durch die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) versicherte Unfälle verwickelt. Bei einem Auffahrunfall am 15. Juni 1997 erlitt er eine Kontusion der Hals- (HWS) und Brustwirbelsäule (BWS). Am 24. Januar 2002 kam es in einem Kreisverkehr zu einer Kollision mit einem Sattelschlepper, wobei der Versicherte sich eine Distorsion der HWS und der Lendenwirbelsäule (LWS) zuzog. Als Folge eines weiteren Auffahrunfalls vom 17. Februar 2003 wurden eine HWS-Distorsion und eine BWS-/LWS-Kontusion diagnostiziert. Nach einem Heck-Auffahrunfall am 19. Oktober 2003 nahmen die Rücken- und Nackenschmerzen abermals zu. Schliesslich stellte sich nach einem neuerlichen Auffahrunfall vom 9. November 2005 eine Verstärkung der Beschwerden ein. Die SUVA verfügte am 13. Februar 2006, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 10. Mai 2006, die Einstellung der bisher in Form von Heilbehandlung und Taggeldern ausgerichteten Versicherungsleistungen auf Ende Februar 2006. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 30. April 2008). Das in der Folge angerufene Bundesgericht hiess die Beschwerde mit Urteil 8C_477/2008 vom 19. Dezember 2008 gut, hob die Entscheide der Vorinstanzen auf und stellte fest, dass A. auch nach dem 28. Februar 2006 Anspruch auf Versicherungsleistungen habe. A.b Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach A. mit Verfügungen vom 6. Mai und 18. Juni 2009, insbesondere gestützt auf die Schlussfolgerungen eines beim Zentrum B. eingeholten polydisziplinären Gutachtens vom 28. August 2008, für die Zeit vom 1. Februar bis 30. Juni 2004 eine ganze Rente, vom 1. Juli 2004 bis 30. November 2008 eine Dreiviertelsrente und ab 1. Dezember 2008 wiederum eine ganze Rente zu. A.c Am 29./30. Juni 2010 wurde der Versicherte im Auftrag der SUVA im Institut C. internistisch, rheumatologisch, neurologisch und psychiatrisch untersucht und begutachtet (Expertise vom 20. Oktober 2010). Per 1. Januar 2012 trat A. eine 30%ige Arbeitsstelle als Geschäftsführer bei der Firma D. GmbH an. Die SUVA holte, nachdem sich die behandelnde Ärztin Frau Dr. med. E., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, am 26. April 2010 und 7. Februar 2011 kritisch zu den Schlussfolgerungen des Gutachtens des Instituts C. geäussert und der Versicherte zusätzlich Berichte des BGE 141 V 574 S. 576 Zentrums F. vom 6. Juli und 5. August 2011 sowie 14. Februar 2012 hatte zu den Akten reichen lassen, ergänzende Stellungnahmen des Dr. med. G., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Versicherungspsychiatrischer Dienst der SUVA, vom 28. September 2011 und 12. Dezember 2012 sowie des Instituts C. vom 4. September 2012 ein. Auf dieser Basis stellte sie die bisherigen Versicherungsleistungen mit Verfügungen vom 25. Januar und 6. Februar 2013 auf Ende Februar 2013 ein; der Anspruch auf eine Invalidenrente und/oder eine Integritätsentschädigung wurde mit der Begründung verneint, dass die noch vorhandenen Beschwerden überwindbar und damit nicht invalidisierend seien. Daran hielt der Unfallversicherer mit Einspracheentscheid vom 19. April 2013 fest. B. Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 17. November 2014). C. A. lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, es seien ihm für die Folgen der Unfälle vom 17. Februar und 19. Oktober 2003 sowie 9. November 2005 eine Invalidenrente und eine Integritätsentschädigung zuzusprechen. Eventualiter sei das vorliegende Verfahren bis zur Vorlage des von der Invalidenversicherung vorgesehenen interdisziplinären Gutachtens zu sistieren und ihm hierauf eine Frist zur Begründung oder zum Rückzug der Beschwerde anzusetzen. Subeventualiter sei die SUVA anzuweisen, die umstrittenen Fragen durch ein weiteres Gutachten abklären zu lassen. Der Eingabe liegt u.a. ein Bericht der Frau Dr. med. E. vom 26. November 2014 bei. Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichten das kantonale Gericht und das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. D. Mit Verfügung vom 22. Juni 2015 gab das Bundesgericht den Parteien Gelegenheit, aufgrund des Grundsatzurteils 9C_492/2014 vom 3. Juni 2015 ( BGE 141 V 281 ) im Bereich der invalidenversicherungsrechtlichen Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden in der vorliegenden Streitsache allfällige Ergänzungen anzubringen. Der Versicherte änderte am 1. Juli 2015 seinen in der Beschwerde gestellten Antrag wie folgt ab: Es sei dem Versicherten für die Folgen der Unfälle vom 17. Februar 2003, 19. Oktober 2003 und 9. November 2005 eine Invalidenrente und Integritätsentschädigung BGE 141 V 574 S. 577 zuzusprechen. Eventualiter sei die Beschwerdegegnerin anzuweisen, ein neues interdisziplinäres Gutachten zu veranlassen unddabei die Frage der Überwindbarkeit durch Verwendung des in BGE141 V 281 aufgezeigten Indikatorenkataloges abklären zu lassen. Subeventualiter sei das vorliegende Verfahren bis zur Vorlage des von der Invalidenversicherung veranlassten interdisziplinären Gutachtens (die Begutachtung fand Ende April 2015 statt) zu sistieren und dem Beschwerdeführer dann eine Frist für Ergänzungen der Beschwerde anzusetzen. Die SUVA hielt am 3. Juli 2015 am Antragauf Abweisung der Beschwerde fest. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) äusserte sich am 7. Juli 2015 und das kantonale Gericht am 3. Juli 2015. Der Versicherte nahm am 10. Juli 2015 nochmals Stellung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht hatte sich in seinem Urteil 8C_477/2008 vom 19. Dezember 2008 mit der Frage zu befassen, ob die über Ende Februar 2006 hinaus geklagten Beschwerden des Versicherten in einem rechtsgenüglichen Zusammenhang zu den Unfallereignissen vom 15. Juni 1997, 24. Januar 2002, 17. Februar und 19. Oktober 2003 sowie 9. November 2005 standen. Es stellte dabei verbindlich fest, dass die fünf Auffahrunfälle weder zu organischen Gesundheitsstörungen im Sinne von strukturellen, bildgebend nachweisbaren Verletzungen geführt haben, noch dadurch neurologisch objektivierbare Ausfallserscheinungen bewirkt worden sind (E. 3.2). Ferner sah es als erstellt an, dass die beiden ersten Auffahrunfälle vom 15. Juni 1997 und 24. Januar 2002 nicht verantwortlich zeichneten für die über Februar 2006 hinaus anhaltenden Beschwerden (E. 4.2). Weiter ging das Bundesgericht davon aus, dass der Beschwerdeführer jedenfalls anlässlich der Unfälle vom 17. Februar und 19. Oktober 2003 HWS-Verletzungen erlitten hat, welche für die danach - insbesondere nach dem 28. Februar 2006 - aufgetretenen Beschwerden zumindest teilweise natürlich kausal waren, was die Anwendung der sog. Schleudertrauma-Praxis bei der Adäquanzprüfung indizierte (E. 5.3). Die adäquanzrechtliche Beurteilung nach den in BGE 134 V 109 präzisierten Grundsätzen führte das Bundesgericht schliesslich zum Schluss, dass fünf der relevanten Kriterien vorlägen. Damit sei die Adäquanz des Kausalzusammenhangs und folglich die BGE 141 V 574 S. 578 Leistungspflicht der Beschwerdegegnerin für die als unfallbedingt zu qualifizierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen über Ende Februar 2006 hinaus zu bejahen (E. 6.4). 3. 3.1 Die Beschwerdegegnerin ist in ihrem Einspracheentscheid vom 19. April 2013 zum Ergebnis gelangt, dass, da von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustands mehr erwartet werden könne und Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung nicht zur Diskussion stünden, der Rentenanspruch zu Recht Ende Februar 2013 geprüft wurde und die Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen richtigerweise auf diesen Zeitpunkt eingestellt worden seien. In einem nächsten Schritt hat sie auf BGE 136 V 279 Bezug genommen, gemäss welchem sich die Frage, ob sich die Folgen einer spezifischen und unfalladäquaten HWS-Verletzung (Schleudertrauma) ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle invalidisierend auswirken, analog der Rechtsprechung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen beurteilt. Gestützt auf das als beweiskräftig eingestufte Gutachten des Instituts C. vom 20. Oktober 2010 (samt Ergänzung vom 4. September 2012) und die Stellungnahmen des Dr. med. G. vom 28. September 2011 und 12. Dezember 2012 wurde sodann erkannt, dass dem Beschwerdeführer die willentliche Leidensüberwindung zumutbar sei. Die Arbeitsfähigkeit sei unfallbedingt weder in der angestammten Tätigkeit als Chauffeur noch in einer leidensangepassten Beschäftigung in einem erheblichen Masse eingeschränkt. Damit bestehe kein Anspruch auf Rentenleistungen und/oder eine Integritätsentschädigung. Die Vorinstanz hat diese Einschätzung mit Entscheid vom 17. November 2014 in allen Teilen bestätigt. 3.2 Zu keinen Einwänden Anlass gegeben hat letztinstanzlich der in Bezug auf die Heilbehandlungs- und Taggeldleistungen per 28. Februar 2013 vorgenommene Fallabschluss. Ebenfalls nicht beanstandet werden die Erwägungen des kantonalen Gerichts, wonach das Vorhandensein anspruchsbegründender unfallkausaler somatischer Einschränkungen zu verneinen sei. Weiterungen zu diesen Punkten erübrigen sich. 3.3 Zu prüfen ist, ob die über Ende Februar 2013 hinaus fortbestehenden, nach HWS-Verletzungen spezifischen Störungen die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit zu beeinträchtigen vermögen. Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze zu den Voraussetzungen und zum Umfang des Rentenanspruchs BGE 141 V 574 S. 579 der obligatorischen Unfallversicherung ( Art. 7 ff. ATSG [SR 830.1]; Art. 18 Abs. 1 UVG ) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 3.4 Korrekt dargelegt hat das kantonale Gericht auch die bisherige Rechtsprechung zur invalidenversicherungsrechtlichen Relevanz unklarer Beschwerdebilder ( BGE 130 V 352 und seitherige Rechtsprechung). Ebenfalls zutreffend ist, dass die im Bereich der somatoformen Schmerzstörungen entwickelten Grundsätze rechtsprechungsgemäss bei der Würdigung des invalidisierenden Charakters einer HWS-Verletzung (Schleudertrauma) ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle analog anwendbar waren ( BGE 136 V 279 ). Nachdem das Bundesgericht mit BGE 141 V 281 seine Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, unter denen anhaltende somatoforme Schmerzstörungen und vergleichbare psychosomatische Leiden eine rentenbegründende Invalidität zu bewirken vermögen, grundlegend überdacht und teilweise geändert hat, ist zu prüfen, welche Auswirkungen sich dadurch auf den hier zu beurteilenden Fall ergeben (zur Anwendbarkeit einer Rechtsprechungsänderung auf laufende Verfahren vgl. BGE 137 V 210 E. 6 S. 266). 4. 4.1 Weiterhin kann eine Einschränkung der Leistungsfähigkeit nur anspruchserheblich sein, wenn sie Folge einer fachärztlich einwandfrei diagnostizierten Gesundheitsbeeinträchtigung ist ( BGE 130 V 396 ). Auch künftig wird der Rentenanspruch - in Nachachtung der verfassungs- und gesetzmässigen Vorgaben von Art. 8 und 29 BV (Rechtsgleichheit) und Art. 7 Abs. 2 ATSG (objektivierte Zumutbarkeitsbeurteilung) - anhand von normativen Rahmenbedingungen beurteilt (vgl. bisher: BGE 139 V 547 E. 5.9 S. 558 f.; BGE 130 V 352 E. 2.2.2 S. 353), und es braucht medizinische Evidenz, dass die Erwerbsunfähigkeit aus objektiver Sicht eingeschränkt ist. Indes hält das Bundesgericht - der seit längerem namentlich aus medizinischer, aber auch aus juristischer Sicht an der bisherigen Schmerzrechtsprechung geäusserten Kritik Rechnung tragend - an der Überwindbarkeitsvermutung nicht weiter fest ( BGE 141 V 281 E. 3.5 S. 294). Anstelle des bisherigen Regel/Ausnahme-Modells tritt ein strukturierter, normativer Prüfraster. In dessen Rahmen wird im Regelfall anhand von auf den funktionellen Schweregrad bezogenen Standardindikatoren das tatsächlich erreichbare Leistungsvermögen ergebnisoffen und symmetrisch beurteilt, indem gleichermassen den äusseren Belastungsfaktoren wie den vorhandenen Ressourcen Rechnung BGE 141 V 574 S. 580 getragen wird (Urteil 9C_899/2014 vom 29. Juni 2015 E. 3.1, zusammenfassend wiedergegeben in: SZS 2015 S. 385). 4.2 Zwar hatten die Ärztinnen und Ärzte bereits bis anhin ihre Stellungnahmen zur Arbeitsfähigkeit so substanziell wie möglich zu begründen, und es war für die ärztliche Plausibilitätsprüfung wichtig, in welchen Funktionen die versicherte Person eingeschränkt ist ( BGE 140 V 193 E. 3.2 S. 196). Die diesbezüglichen Anforderungen hat das Bundesgericht aber nunmehr dahin gehend konkretisiert, dass aus den medizinischen Unterlagen genauer als bisher ersichtlich sein muss, welche funktionellen Ausfälle in Beruf und Alltag aus den versicherten Gesundheitsschäden resultieren. Diagnosestellung und - in der Folge - Invaliditätsbemessung haben somit stärker als bis anhin die entsprechenden Auswirkungen der diagnoserelevanten Befunde zu berücksichtigen. Medizinisch muss schlüssig begründet sein, inwiefern sich aus den funktionellen Ausfällen bei objektivierter Zumutbarkeitsbeurteilung anhand der Standardindikatoren eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit ergibt. Wo dies nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit dargetan werden kann, trägt weiterhin die materiell beweisbelastete versicherte Person die Folgen. Eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung und vergleichbare Leiden können somit eine Invalidität begründen, sofern funktionelle Auswirkungen der medizinisch festgestellten gesundheitlichen Anspruchsgrundlage im Einzelfall anhand der Standardindikatoren schlüssig und widerspruchsfrei mit zumindest überwiegender Wahrscheinlichkeit in einem anspruchserheblichen Ausmass nachgewiesen sind ( BGE 141 V 281 E. 6 S. 307 f.). 5. 5.1 Es stellt sich zunächst die Frage, ob die im Bereich der Invalidenversicherung ergangene Rechtsprechungsänderung zu den anhaltenden somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden gemäss BGE 141 V 281 auch für die obligatorische Unfallversicherung gilt. In BGE 136 V 279 hat das Bundesgericht die mit BGE 130 V 352 im Hinblick auf die IV-Rentenberechtigung begründete Rechtsprechung zur invalidisierenden Wirkung anhaltender somatoformer Schmerzstörungen - ebenfalls im Hinblick auf einen IV-Rentenanspruch - sinngemäss auch dann anwendbar erklärt, wenn sich die Frage nach der invalidisierenden Wirkung einer spezifischen und unfalladäquaten HWS-Verletzung (Schleudertrauma) ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle stellt ( BGE 137 V 199 E. 2.2 S. 203). Aus Gründen der BGE 141 V 574 S. 581 Rechtsgleichheit sollen sämtliche pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Grundlage den gleichen sozialversicherungsrechtlichen Anforderungen unterstellt werden ( BGE 136 V 279 E. 3.2.3 S. 283). Mithin war auch bei organisch objektiv nicht ausgewiesenen Beschwerden, die natürlich- und adäquatkausal auf einen Schleudertrauma-Mechanismus zurückzuführen waren, abzuklären, ob eine psychische Komorbidität von erheblicher Schwere, Intensität, Ausprägung und Dauer ( BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50 f.) und die von der Praxis alternativ umschriebenen Kriterien vorlagen, welche die Schmerzbewältigung objektiv konstant und intensiv behindern können (vgl. BGE 130 V 352 E. 2.2.3 S. 354 f.; BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50 f.). Dies galt nicht nur für die Invalidenversicherung ( BGE 136 V 279 ), sondern wurde auch für die Beurteilung des Anspruchs auf Invalidenrente nach dem UVG so gehandhabt (Urteil 8C_79/2013 vom 25. Juli 2013 E. 4.2.2; vgl. auch BGE 137 V 199 ). 5.2 Sowohl in der Invalidenversicherung ( Art. 4 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 lit. c IVG ) als auch in der Unfallversicherung ( Art. 18 Abs. 1 UVG ) beurteilt sich die invalidisierende Wirkung des Leidens nach Art. 8 ATSG . Diese Bestimmung umschreibt unter Bezugnahme auf die in Art. 7 ATSG enthaltene Definition der Erwerbsunfähigkeit die Invalidität. Gemäss Art. 7 Abs. 2 (in Kraft seit 1. Januar 2008) sind für die Beurteilung des Vorliegens einer Erwerbsunfähigkeit ausschliesslich die Folgen der gesundheitlichen Beeinträchtigung zu berücksichtigen. Eine Erwerbsunfähigkeit liegt nur vor, wenn sie aus objektiver Sicht nicht überwindbar ist. Damit wurden der Zumutbarkeitsgrundsatz und das Gebot der Objektivierbarkeit gesetzlich verankert (vgl. dazu BGE 139 V 547 E. 5.7 S. 557). Daran hat BGE 141 V 281 nichts geändert (E. 3.7.1). Anlass des bundesgerichtlichen Urteils war die Prüfung der Frage, ob an der Vermutung festzuhalten ist, wonach eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung oder ein vergleichbarer ätiologisch unklarer syndromaler Zustand mit zumutbarer Willensanstrengung überwindbar ist. Das Bundesgericht kam dabei - nicht IV-spezifisch, sondern insbesondere bezogen auf Art. 7 Abs. 2 ATSG - zum Schluss, dass das bisherige Regel/Ausnahme-Modell (Überwindbarkeitsvermutung) durch einen strukturierten, normativen Prüfungsraster zu ersetzen sei. Da es geboten erscheint, sämtliche pathogenetisch-ätiologisch unklaren syndromalen Beschwerdebilder ohne nachweisbare organische Grundlage (vgl. BGE 140 V 8 E. 2.2.1.3 S. 13) den gleichen sozialversicherungsrechtlichen BGE 141 V 574 S. 582 Anforderungen zu unterstellen (vgl. E. 5.1 hievor), soll die im Hinblick auf einen IV-Rentenanspruch erfolgte Rechtsprechungsänderung gemäss BGE 141 V 281 sinngemäss auch im Bereich des UVG Anwendung finden. Vorausgesetzt wird allerdings, dass zwischen dem Unfall und den Beschwerden ein natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht. 6. (...) 6.2 Eventualiter schliesst der Beschwerdeführer auf Rückweisung der Sache an die SUVA, damit diese ein neues, der Rechtsprechung gemäss BGE 141 V 281 Rechnung tragendes interdisziplinäres Gutachten in Auftrag gebe. Nach der Rechtsprechung ist im Einzelfall zu prüfen, ob die beigezogenen administrativen und/oder gerichtlichen Sachverständigengutachten - gegebenenfalls im Kontext mit weiteren fachärztlichen Berichten - eine schlüssige Beurteilung im Lichte der massgeblichen Indikatoren erlauben oder nicht ( BGE 141 V 281 E. 8 S. 309). 6.3 Die Vorinstanz hielt fest, eine invalidisierende Wirkung der nach Lage der psychiatrischen Akten höchstens als mittelschwer einzustufenden depressiven Störung sei zwar nicht schlechterdings auszuschliessen. Indessen bedinge deren Annahme, dass es sich nicht bloss um eine Begleiterscheinung einer Schmerzkrankheit, sondern um ein selbständiges, vom psychogenen Schmerzsyndrom losgelöstes depressives Leiden handle, und setze im Weiteren voraus, dass eine konsequente Depressionstherapie befolgt werde, deren Scheitern das Leiden als resistent ausweise. Vorliegend sei davon auszugehen, dass die konstatierte depressive Störung eine Begleiterscheinung der erlittenen HWS-Distorsion mit dem für derartige Verletzungen typischen, komplexen und vielschichtigen Beschwerdebild und nicht ein selbständiges, vom übrigen Krankheitsgeschehen losgelöstes depressives Leiden im Sinne einer psychischen Komorbidität darstelle. Die depressive Verstimmung habe sich im Zusammenhang mit der Schmerzproblematik herausgebildet und werde massgeblich von dieser unterhalten. Die ausgewiesene, höchstens mittelgradige depressive Episode könne jedenfalls nicht als eigenständiges Krankheitsgeschehen im Sinne einer massgebenden Komorbidität betrachtet werden. Soweit die Gutachter des Instituts C. von einem verselbständigten Leiden sprechen würden, könne ihnen nicht gefolgt werden, da ihre Ausführungen hauptsächlich unter dem Gesichtswinkel der - vom Bundesgericht bereits beurteilten - Unfallkausalität ergangen seien. BGE 141 V 574 S. 583 6.4 Die medizinischen Unterlagen enthalten unterschiedliche Angaben zu den (unfallkausalen) diagnostischen Befunden. Die Gutachter des Instituts C. gehen zudem - in Abweichung von der verbindlichen Beurteilung des Bundesgerichts im genannten Urteil 8C_477/2008 (vgl. E. 2 hievor) - davon aus, dass gar keine unfallkausalen Beschwerden mehr vorliegen würden. Aufgrund der Unklarheiten bzw. Divergenzen in den verfügbaren medizinischen Grundlagen, lässt sich keine schlüssige Beurteilung im Lichte der gemäss BGE 141 V 281 massgeblichen Indikatoren vornehmen. Es hat daher eine Ergänzung des medizinischen Sachverhalts zu erfolgen. Hinzu kommt, dass das Gutachten des Instituts C. vom 20. Oktober 2010 datiert und die Gutachter in ihrer nachträglichen Stellungnahme vom 4. September 2012 für eine aktuelle Beurteilung eine nochmalige Begutachtung für erforderlich hielten. Die Sache ist daher an die SUVA zurückzuweisen, damit diese (bei anderen Sachverständigen) ein neues, interdisziplinäres Gutachten einhole und gestützt darauf neu entscheide.
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CH_BGE
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6c7a6dcf-8027-412c-8906-897e4a9bfce7
Urteilskopf 124 V 400 69. Extrait de l'arrêt du 5 novembre 1998 dans la cause Office fédéral du développement économique et de l'emploi contre Succession de feu V. et Tribunal administratif du canton de Fribourg
Regeste Art. 106 Abs. 1 OG : Nachweis des Inhalts einer erwiesenermassen zugestellten Sendung. Geben konkrete Anhaltspunkte Anlass zu Zweifeln hinsichtlich des Inhalts einer erwiesenermassen zugestellten Sendung, gilt die Vermutung, dass diese tatsächlich die auf dem Umschlag angegebenen Aktenstücke enthielt, als umgestossen, womit die Beweislast für deren Inhalt deren Urheber trifft.
Erwägungen ab Seite 401 BGE 124 V 400 S. 401 Extrait des considérants: 1. a) Selon l' art. 106 al. 1 OJ , en liaison avec l' art. 132 OJ , le recours de droit administratif doit être déposé devant le Tribunal fédéral des assurances - ou, à son adresse, à un bureau de poste suisse (art. 32 al. 3 en relation avec l' art. 135 OJ ) - dans les trente jours dès la notification du jugement entrepris. Ce délai ne peut pas être prolongé (art. 33 al. 1 en corrélation avec l' art. 135 OJ ). S'il n'est pas observé, le jugement attaqué entre en force de chose jugée, et le tribunal ne peut pas entrer en matière sur le recours. b) Dans son mémoire de recours de droit administratif remis à un bureau de poste le 13 décembre 1996, l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail (depuis le 1er janvier 1998: l'Office fédéral du développement économique et de l'emploi [OFDE]) a indiqué que le jugement cantonal lui avait été notifié le 14 novembre 1996. Invitée par le Tribunal fédéral des assurances à produire une déclaration officielle (postale) attestant la date de notification du jugement, la juridiction cantonale a produit divers documents d'où il ressort notamment qu'un envoi recommandé (no 969) contenant plusieurs prononcés du Tribunal administratif du canton de Fribourg a été notifié à l'OFDE le 30 octobre 1996. Appelé à se déterminer sur l'observation du délai de recours, l'office recourant n'a pas contesté la notification, le 30 octobre 1996, d'une enveloppe contenant sept arrêts rendus par le Tribunal administratif du canton de Fribourg le 24 octobre précédent, ainsi que deux décisions de son président suppléant datées des 24 et 29 octobre 1996. Cependant, il a nié que le jugement rendu le 24 octobre 1996 dans la cause opposant feu V. à la Caisse publique de chômage du canton de Fribourg (jugement dans la cause 5S 95 339) se fût trouvé dans l'enveloppe susmentionnée. Quant à la liste produite par la juridiction cantonale, mentionnant les envois recommandés remis le 29 octobre 1996 par ladite juridiction à un bureau de poste (parmi lesquels figurait le pli recommandé no 969, accompagné d'une liste de BGE 124 V 400 S. 402 numéros de dossiers, y compris le no 5S 95 339), elle ne constitue pas, selon l'OFDE, une preuve de la notification de chaque jugement mentionné. Dans des déterminations du 31 mars 1998, la juridiction cantonale a indiqué qu'au dos de l'enveloppe de l'envoi recommandé no 969 figurait une liste exhaustive des jugements contenus, de sorte que l'OFDE n'aurait pas manqué de s'apercevoir de l'absence du jugement dans la cause 5S 95 339, en comparant les numéros figurant sur l'enveloppe avec les numéros des jugements effectivement contenus dans celle-ci. 2. a) Selon la jurisprudence, la preuve de la notification d'une décision administrative et de la date à laquelle cette notification a eu lieu incombe, en principe, à l'administration. Si la notification d'un acte envoyé sous pli simple ou la date de la notification sont contestées et qu'il existe effectivement un doute à ce sujet, il y a lieu de se fonder sur les déclarations du destinataire de la communication ( ATF 103 V 66 consid. 2a; RAMA 1997 no U 288 p. 444 consid. 2b et les références). En l'occurrence, il convient donc d'examiner si ces principes sont également applicables en ce qui concerne la preuve du contenu d'une communication. b) Le Tribunal fédéral des assurances a posé des règles en matière de preuve dans le cadre d'une administration de masse: c'est la règle du degré de vraisemblance prépondérante qui prévaut en ce qui concerne la notification, la preuve stricte étant toutefois exigée en cas de procès pendant ( ATF 121 V 6 consid. 3b, ATF 119 V 10 consid. 3c/bb). Dans le cas particulier, il faut donc déterminer la règle de preuve applicable en ce qui concerne le contenu d'un envoi recommandé. c) Lorsque la preuve de la notification d'un envoi a été apportée, il existe la présomption que l'envoi contenait effectivement l'acte en question (DTA 1993/1994 no 20 p. 154 consid. 3b; RCC 1985 p. 132 consid. 3). Cette règle s'impose d'autant plus lorsque le dossier constitué par l'expéditeur contient des copies des documents envoyés (arrêts non publiés A.V. AG du 5 mai 1998 et X du 8 juillet 1996). Cette présomption - qui constitue en quelque sorte un renversement du fardeau de la preuve - peut être renversée par le destinataire (arrêt non publié A.V. AG du 5 mai 1998, déjà cité). Lorsqu'il est prouvé qu'à la suite d'une erreur du greffe il y a eu interversion de deux jugements dans l'enveloppe d'envoi, le délai de recours ne commence à courir qu'à réception d'une copie du jugement attaqué BGE 124 V 400 S. 403 (RAMA 1997 no U 288 p. 442). Selon la jurisprudence du Tribunal fédéral, celui qui veut déduire des droits de nature procédurale d'une déclaration (i.c. une constitution de partie civile) adressée à une autorité sous pli recommandé doit apporter la preuve du contenu de cet envoi, lorsque l'autorité rend plausible l'existence d'un doute à ce sujet (arrêt non publié V. du 3 août 1990). 3. En l'espèce, l'office recourant ne conteste pas avoir reçu, le 30 octobre 1996, une enveloppe contenant sept jugements rendus par le Tribunal administratif du canton de Fribourg le 24 octobre 1996, ainsi que deux décisions de son président suppléant datées des 24 et 29 octobre 1996. Il a toutefois nié que le jugement dans la cause 5S 95 339 se fût trouvé dans l'enveloppe; à sa place se trouvait un prononcé dans la cause 5S 96 206 qui n'était pas mentionné dans la liste des envois recommandés remis à la poste le 29 octobre 1996. A l'exception du dernier prononcé susmentionné, qui porte la date du 29 octobre 1996, tous les jugements contenus dans l'enveloppe ont été rendus le 24 octobre 1996. Sur le vu du cachet apposé à côté de la date du jugement et des signatures, tous ont été cependant expédiés le 29 octobre 1996 et enregistrés le lendemain par l'OFDE. Dans la liste des envois recommandés remis à la poste le 29 octobre 1996, figure l'envoi du jugement 5S 95 339 à l'OFDE, sous pli recommandé no 969. La communication de ce jugement au mandataire de feu V. est indiquée sous le no 980. Dans la mesure où il est constant que l'office susmentionné a reçu du Tribunal administratif du canton de Fribourg, le 30 octobre 1996, un envoi recommandé contenant neuf prononcés, il y a lieu de présumer qu'en l'espèce, le jugement attaqué a été effectivement notifié aux parties le même jour. En outre, on constate que la liste des envois recommandés remis à la poste le 29 octobre 1996 n'était pas jointe aux envois. Quant à l'enveloppe qui contenait ces envois, elle ne figure pas parmi les pièces versées au dossier, bien que sa production fût expressément requise aux termes de l'indication des voies de droit figurant dans le jugement entrepris. En produisant cette enveloppe, l'OFDE aurait pu clairement démontrer que les prononcés qui s'y trouvaient n'étaient pas tous mentionnés ou qu'un jugement indiqué sur ce document ne s'y trouvait pas. Au demeurant, la juridiction cantonale a indiqué que les numéros de dossiers des prononcés expédiés étaient mentionnés au dos de l'enveloppe. Or, semble-t-il, cette allégation n'est pas contestée par l'OFDE, lequel met en doute uniquement la force probante d'une telle pratique. BGE 124 V 400 S. 404 4. a) Vu ce qui précède, faut-il renverser la présomption que le courrier expédié le 29 octobre 1996 par la juridiction cantonale contenait le jugement entrepris ? Pour cela, de simples indices ne suffisent pas. Cette présomption ne peut être renversée que s'il existe des indices concrets de nature à faire naître des doutes quant au contenu d'un envoi. Si le destinataire réussit à prouver l'existence de tels indices, le fardeau de la preuve du contenu de la communication obvient à la partie à qui il incombe de prouver la notification. En cas de procès pendant, c'est la preuve stricte qui est exigée. b) En l'espèce, le dossier contient plusieurs indices qui viennent corroborer l'allégation de l'OFDE qui affirme n'avoir reçu le jugement entrepris que le 14 novembre 1996. L'office a produit neuf prononcés rendus par la juridiction cantonale, qui ont tous été expédiés le 29 octobre 1996 et enregistrés par l'office le 30 octobre suivant. Parmi ces prononcés se trouve une décision B. dans la cause 5S 96 206 qui n'est pas mentionnée dans la liste des envois recommandés remis à la poste le 29 octobre 1996. Or, d'après le cours ordinaire des choses, il est très peu vraisemblable que la juridiction cantonale ait communiqué cette décision à l'OFDE le même jour, mais sous pli séparé, ce qui constitue indéniablement un indice concret et déterminant à l'appui des allégations de l'OFDE. Au demeurant, un autre indice permet d'inférer que le jugement entrepris a été notifié de manière irrégulière: l'exemplaire de ce jugement produit par l'OFDE est muni d'un cachet apposé par la Caisse publique de chômage du canton de Fribourg, indiquant la date du 31 octobre 1996 comme date d'enregistrement. Dans ces conditions, la juridiction cantonale ne peut plus bénéficier de la présomption que le courrier envoyé à l'OFDE le 29 octobre 1996 contenait aussi le jugement du 24 octobre précédent, dans la cause V. c) Vu ce qui précède, il incombe à la juridiction cantonale d'apporter la preuve du contenu de l'envoi du 29 octobre 1996. Etant donné le système de notification en bloc adopté par le Tribunal administratif du canton de Fribourg, celui-ci n'est pas en mesure d'apporter la preuve requise, de sorte que le recours de droit administratif doit être considéré comme formé en temps utile.
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1,998
CH_BGE
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6c80714a-3dc0-4f76-a356-f5be3c83aa6b
Urteilskopf 111 V 318 59. Extrait de l'arrêt du 27 novembre 1985 dans la cause Hieronymi contre Caisse-maladie L'Avenir et Cour de justice du canton de Genève
Regeste Art. 6bis und 11 KUVG : Kassenausschluss wegen Nichtbezahlung von Mitgliederbeiträgen. Ohne besondere Gründe sind die Krankenkassen nicht befugt, ein Mitglied wegen Nichtbezahlung der Versicherungsbeiträge und des Selbstbehaltes auszuschliessen; es steht ihnen aber frei, eine weniger schwere Massnahme, wie die Einstellung im Anspruch auf die Versicherungsleistungen, anzuordnen, dies für so lange, als Ausstände von Beiträgen und Selbstbehalte bestehen. Erschwerende Umstände hingegen können einen Ausschluss rechtfertigen, so z.B. das missbräuchliche Verhalten eines Versicherten, das die Kasse wiederholt zu Eintreibungsverfahren zwingt (Änderung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 319 BGE 111 V 318 S. 319 Extrait des considérants: 2. En vertu de l' art. 11 LAMA , les caisses-maladie ne peuvent exclure aucun membre pour des motifs confessionnels ou politiques. Elles ont donc, en principe, la faculté d'introduire dans leurs statuts ou règlements d'autres motifs d'exclusion (RJAM 1982 No 510 p. 258 consid. 2b). Cette mesure constitue la sanction la plus sévère, celle dont les conséquences sont les plus lourdes pour l'assuré. Elle requiert, par conséquent, une base statutaire claire ( ATF 108 V 252 consid. 3a et les références) et une faute particulièrement grave de ce dernier, ou encore des circonstances telles que le maintien de l'affiliation ne puisse raisonnablement être exigé de la caisse ( ATF 108 V 248 consid. 2a et les références). Toutefois, elle ne peut être infligée que si, une sommation écrite ayant été adressée préalablement à l'intéressé, cet avertissement n'a pas eu l'effet escompté. Sont réservés les cas où la gravité de la faute est telle que l'on peut d'emblée renoncer, eu égard aux règles de la bonne foi, à cette exigence ( ATF 108 V 248 consid. 2b; RJAM 1982 No 510 p. 261). Toute sanction prononcée par une caisse doit respecter le principe de la proportionnalité, selon lequel la mesure doit être en rapport raisonnable avec le but recherché et avec la faute commise ( ATF 108 V 248 consid. 2a et 252 consid. 3a; RAMA 1984 No K 586 p. 173 consid. 3a; RJAM 1982 No 510 p. 258 consid. 2b). 3. Est litigieuse en l'espèce l'exclusion des recourants de la caisse intimée, pour défaut de paiement des cotisations d'assurance. Selon l'art. 15 let. a des statuts de la caisse, le comité de direction peut prononcer l'exclusion de l'assuré qui a trois mois de retard dans le paiement des cotisations mensuelles et qui n'a pas obtempéré dans les trente jours à une sommation de payer faite sous pli recommandé. Dans un arrêt de principe ( ATF 96 V 13 ), la Cour de céans a admis que l'exclusion de l'assuré qui ne paie pas ses cotisations d'assurance était conforme au système de l'assurance-maladie facultative. Elle a jugé, en substance, que l'exclusion pour défaut de paiement de cotisations d'assurance constitue un cas particulier, en ce sens, notamment, que la sanction ne dépend en principe pas de l'appréciation d'éléments subjectifs, tels que l'éventuelle faute commise par l'assuré. BGE 111 V 318 S. 320 Le Tribunal fédéral des assurances a par la suite confirmé cette jurisprudence et déclaré conforme au droit fédéral la clause statutaire selon laquelle un membre peut être exclu d'une caisse s'il est en retard de deux cotisations mensuelles, après avoir été mis en demeure, sans succès, de se mettre en règle (arrêt non publié Leuenberger, du 23 juin 1976), ou celle prévoyant que la qualité d'assuré se perd par l'exclusion quand, après vaine mise en demeure, l'assuré n'a pas payé la cotisation dans les trois mois (RJAM 1981 No 450 p. 132 consid. 3). Toutefois, la Cour de céans a jugé que, même si les caisses-maladie ne sont pas obligées d'examiner si l'exclusion est en rapport raisonnable avec la faute de l'assuré, celle-ci demeure cependant une condition nécessaire de celle-là, en ce sens que des circonstances particulières peuvent justifier, exceptionnellement, un retard dans le paiement des cotisations d'assurance ( ATF 108 V 251 ). 4. Cette jurisprudence est critiquée (MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, vol. I, p. 176 et note 371, de même que GREBER, Les principes fondamentaux du droit international et du droit suisse de la sécurité sociale, thèse Genève 1984, p. 351). Pour les raisons qui suivent, elle doit être modifiée. Contrairement à ce que le Tribunal a déclaré jusqu'à présent, il faut appliquer le principe de proportionnalité aussi en cas d'exclusion pour défaut de paiement des cotisations d'assurance. Il en va de même si l'assuré ne s'acquitte pas des participations aux frais. Cette solution nouvelle correspond mieux à la ratio legis. En effet, bien que l'exclusion soit conforme au système de l'assurance-maladie facultative (cf. le consid. 3 ci-dessus), le principe de proportionnalité prend, dans ce système, une importance d'autant plus grande que, selon l' art. 1er al. 2 LAMA , les caisses-maladie s'organisent à leur gré, en tant que la loi ne contient pas de disposition contraire (RJAM 1980 No 397 p. 25 consid. 2b; WICK, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Sozialversicherungsrecht, thèse Berne 1976, p. 46). Or, ce principe requiert, selon la doctrine, un rapport "pertinent, adéquat, convenable" entre les moyens et les buts (GRISEL, Traité de droit administratif, p. 348; cf. aussi MEYER-BLASER, Zum Verhältnismässigkeitsgrundsatz im staatlichen Leistungsrecht, thèse Berne 1985, p. 8). Cela signifie, notamment, que l'exclusion doit être en rapport raisonnable avec l'objectif que vise la caisse-maladie. A cet égard, il existe des mesures plus modérées que l'exclusion, qui ne portent pas atteinte à l'affiliation. En particulier, les caisses peuvent prévoir dans leurs BGE 111 V 318 S. 321 statuts ou règlements que, en cas de non-paiement des cotisations d'assurance, le droit aux prestations de la caisse est suspendu (RJAM 1983 No 542 p. 164 consid. 3 et les références; MAURER, op.cit., vol. I, p. 376, et vol. II, p. 405). Aussi, les caisses-maladie n'ont-elles pas le droit, sauf motifs particuliers, d'exclure un membre pour défaut de paiement des cotisations d'assurance et des participations aux frais, mais sont libres, en revanche, de prononcer une mesure moins grave, comme la suspension du droit aux prestations d'assurance, laquelle peut être maintenue tant que subsistent des arriérés de cotisations et de participations. Des circonstances aggravantes peuvent, en revanche, justifier une exclusion, tel, par exemple, le comportement abusif de l'assuré qui oblige la caisse à engager, de manière répétée, des procédures de recouvrement. 5. En l'espèce, l'art. 15 let. a des statuts de l'intimée est contraire au droit fédéral, dans la mesure où il permet à la caisse d'exclure, sans motifs particuliers, l'assuré qui a trois mois de retard dans le paiement des cotisations mensuelles et n'a pas obtempéré dans les trente jours à une sommation de payer. Au demeurant, rien n'indique que de tels motifs existent dans le cas présent. A cet égard, le fait que les recourants ne s'étaient pas acquittés de leurs cotisations d'assurance pendant six mois, malgré de nombreux rappels, ne constitue pas en soi une circonstance aggravante. Aussi l'exclusion des recourants n'est-elle pas fondée. D'autre part, l'intimée a appliqué l'art. 61 ch. 1 première phrase de son règlement des conditions d'assurance, selon lequel "l'assuré qui est en retard de deux mois au moins dans le paiement de ses cotisations, de sa participation aux frais ou de la franchise et qui n'a pas obtempéré dans les trente jours à une sommation de payer, n'a pas droit aux prestations de la caisse". En effet, les recourants ont été mis en demeure, par lettre du 2 février 1983, de s'acquitter de leurs cotisations d'assurance, restées impayées depuis juillet 1982. Attendu qu'ils n'ont pas donné suite à cette sommation, leur droit aux prestations de la caisse est suspendu; aucune prestation de la caisse ne leur sera accordée aussi longtemps qu'ils seront en retard dans le paiement de leurs cotisations d'assurance, en vertu de l' art. 55 ch. 1 let . c du règlement précité de l'intimée, lequel est conforme au droit fédéral.
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6c890f97-2991-452c-b376-36e215029d79
Urteilskopf 80 III 79 15. Entscheid vom 24. August 1954 i.S. Planzer.
Regeste Konkurs. vorzeitige Grundstücksverwertung ( Art. 243 Abs. 2 SchKG , Art. 128 VZG ). Voraussetzungen. Berücksichtigung der Werteinbusse, die daraus entstünde, dass der Betrieb des Gemeinschuldners vor der Verwertung eingestellt werden müsste, wenn damit bis nach Abschluss des Kollokationsverfahrens zugewartet würde.
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 80 III 79 S. 80 In dem am 15. Juni 1954 eröffneten Konkurs über Josef Planzer, Fenster- und Türenfabrik, Erstfeld, bewilligte die kantonale Aufsichtsbehörde am 30. Juli 1954 auf Gesuch des Konkursamtes Uri in Anwendung von Art. 243 Abs. 2 SchKG und Art. 128 Abs. 2 VZG die vorzeitige Verwertung der "Grundpfänder", d.h. der Liegenschaft des Gemeinschuldners, auf der ein Mehrfamilienhaus und ein Werkstattgebäude stehen. Gegen diesen Entscheid richtet sich der vorliegende Rekurs des Gemeinschuldners. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Ohne Aufschub werden im Konkurs nach Art. 243 Abs. 2 SchKG Sachen verwertet, die einer schnellen Wertverminderung ausgesetzt sind oder einen kostspieligen Unterhalt erfordern. In Einschränkung dieser Vorschrift bestimmt Art. 128 Abs. 1 VZG , dass Grundstücke, an denen Pfandrechte oder andere dingliche Rechte geltend gemacht werden, selbst im Falle der Dringlichkeit erst verwertet werden dürfen, nachdem das Kollokationsverfahren über diese Rechte durchgeführt und allfällige Kollokationsprozesse erledigt sind. Ausnahmsweise, d.h. wenn ganz besondere Umstände die Verwertung als unaufschiebbar erscheinen lassen, können jedoch nach Art. 128 Abs. 2 VZG die Aufsichtsbehörden die Verwertung schon vorher bewilligen, sofern keine berechtigten Interessen verletzt werden. Ob diese Voraussetzungen erfüllt seien, ist eine Frage, deren Beantwortung weitgehend ins Ermessen der kantonalen Aufsichtsbehörden gestellt ist (vgl. zu alledem BGE 72 III 29 ff., BGE 75 II 102 ff., BGE 78 III 79 ff.). Im vorliegenden Falle ist die Verwertung der Liegenschaft des Gemeinschuldners nicht aus dem Grunde besonders dringlich ("überdringlich"), weil dieser Liegenschaft im Falle des Aufschubs der Verwertung bis nach Abschluss des Kollokationsverfahrens schwerer körperlicher BGE 80 III 79 S. 81 Schaden drohen würde oder weil für ihren Unterhalt sehr kostspielige, der Masse nicht zuzumutende Aufwendungen nötig wären. Die Vorinstanz hat jedoch festgestellt, dass einerseits die Weiterführung des Betriebs des Gemeinschuldners bis nach Abschluss des Kollokationsverfahrens für die Masse finanziell nicht tragbar sei, anderseits aber die Einstellung des Betriebs "eine ausserordentliche Wertverminderung darstellen würde." Diese Annahmen sind im wesentlichen tatsächlicher Natur. Für das Bundesgericht ist daher verbindlich festgestellt, dass der Liegenschaft des Gemeinschuldners aus den von der Vorinstanz angegebenen Gründen eine starke Werteinbusse droht, die nur durch rasche Verwertung abgewendet werden kann. Bei diesem Sachverhalt konnte die Vorinstanz wie bei Gefahr schweren körperlichen Schadens ohne Bundesrechtsverletzung annehmen, dass die Verwertung nicht bloss dringlich, sondern im Sinne von Art. 128 Abs. 2 VZG "überdringlich" sei. Eine Verletzung berechtigter Interessen macht der Rekurrent mit der Begründung geltend, der Widerruf des Konkurses auf Grund eines aussergerichtlichen Nachlassvertrags sei höchst wahrscheinlich, da bereits die Zustimmung von 75% der Gläubiger, darunter der grössten, vorliege. Dieser neuen und durch die Akten nicht belegten Behauptung steht jedoch die tatsächliche Feststellung der Vorinstanz gegenüber, es bestehe nur eine "sehr vage Möglichkeit" des Konkurswiderrufs; noch an der 1. Gläubigerversammlung sei von einem Nachlassvertrag mit keinem Wort die Rede gewesen. Ausserdem weist die Vorinstanz zutreffend darauf hin, dass dem Gemeinschuldner auch bei Bewilligung der vorzeitigen Verwertung noch ein Monat Zeit bleibt, um die Zustimmungserklärungen aller Gläubiger einzuholen und vorzulegen. Unter diesen Umständen verstösst es nicht gegen Bundesrecht, dass sie den Einwand des Gemeinschuldners, durch die vorzeitige Verwertung würden berechtigte Interessen im Sinne von Art. 128 Abs. 2 VZG verletzt, als unbegründet BGE 80 III 79 S. 82 zurückwies. Sie hielt sich dabei vielmehr im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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1,954
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6c8a45ed-9a44-4aba-b61d-54a88667489d
Urteilskopf 102 IV 186 42. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 18. Juni 1976 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 234 Abs. 2 StGB . Die in Art. 37 der Verordnung zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung durch wassergefährdende Flüssigkeiten vom 19. Juni 1972 sowie Anhang 11 der Verfügung des Eidg. Departementes des Innern über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung durch flüssige Brenn- und Treibstoffe vom 27. Dezember 1967 genannten Pflichten eines Öltankrevisors zum Reinigen und zur eingehenden Kontrolle der Anlage auf einwandfreien und funktionstüchtigen Zustand beschränken sich nicht auf die Druckprobe. Sichtbare Teile der Anlage und Leitungen sind auch visuell auf allfällige schadhafte Stellen zu kontrollieren.
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 102 IV 186 S. 186 A.- Am 21. November 1973 wurde auf dem Grundstück der Firma H. in Littau ein Ölunfall festgestellt. Aus schadhaften Stellen im Leitungssystem der Tankanlage gelangten ungefähr 10'000-12'000 Liter Heizöl in das Erdreich und verschmutzten das Grundwasser. Die in der Nähe gelegene Grundwasserfassung, die zwei Drittel des Wasserbedarfs der Gemeinde Littau deckt, musste sofort stillgelegt werden. Auf dem genannten Grundstück H. speist der Öltank vor der Werkstatt zwei Ölbrenner, einen in der Werkstatt und einen im Wohnhaus. Erst nach der Ölpumpe und einem Druckreduzier-Ventil, die sich in der Werkstatt befinden, verzweigen BGE 102 IV 186 S. 187 sich die Leitungen zu den Brennern in der Werkstatt und im Wohnhaus. Die Leitung zum Brenner "Wohnhaus" verlässt gemeinsam mit einer parallel laufenden Luftleitung an der gleichen Stelle den Keller der Werkstatt, wo die Saug- resp. Rücklaufleitung in das Gebäude eintritt. Sie geht ausserhalb der Werkstatt zum Teil durch ein Schutz-Zementrohr (Innen-Durchmesser 70 cm) bis zu einem Vorbau des Wohnhauses, dann offen durch diesen Vorbau zum Heizungskeller des Wohnhauses. Der Vorbau ist durch den Heizungskeller des Wohnhauses zugänglich durch eine rechteckige Öffnung von 80 x 45 cm Lichtweite, die normal mittels Deckel und 4 Schrauben abgeschlossen ist. Die letzte Tankrevision vor dem Ölunfall führte am 5. Dezember 1972 X. als verantwortlicher Equipenchef der Firma Y. mit zwei Gehilfen durch. Seit dieser Revision bis zur Entdeckung des Ölunfalls wurden ca. 13'500 Liter mehr Heizöl verbraucht verglichen mit dem Konsum der Vorjahre. B.- Das Amtsgericht Luzern-Land sprach X. am 1. Juli 1975 der fahrlässigen Verunreinigung von Trinkwasser nach Art. 234 Abs. 2 StGB schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 500.--, bei Bewährung in 2 Jahren löschbar. Das Obergericht des Kantons Luzern bestätigte am 27. November 1975 diesen Entscheid. C.- Eine vom Gebüssten gegen dieses Urteil gerichtete staatsrechtliche Beschwerde hat der Kassationshof des Bundesgerichts am 3. Juni 1976 abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden konnte. D.- X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt Freisprechung von Schuld und Strafe. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Als für die Trinkwasserverschmutzung kausale Pflichtverletzung hält die Vorinstanz den Umstand fest, dass der Beschwerdeführer die Leitungen im Vorraum zum Wohnhaus nicht einer visuellen Prüfung unterzogen hat. Im angefochtenen Urteil wird ausgeführt, der Beschwerdeführer wäre zu dieser Kontrolle verpflichtet gewesen. Hätte er die visuelle Prüfung durchgeführt, hätte er gesehen, dass diese Leitungen vollständig verrostet und ein derartiger Zustand zumindest auf latente Perforationen schliessen liessen. Wäre der Beschwerdeführer BGE 102 IV 186 S. 188 dieser Kontrollpflicht nachgekommen und hätte er das Gewässerschutzamt unverzüglich über die schadhaften Leitungen benachrichtigt, so hätte der Schaden mit Sicherheit abgewendet werden können. Gegen diese Argumentation wendet der Beschwerdeführer in erster Linie sinngemäss ein, die allein massgebliche Bundesgesetzgebung verlange lediglich eine Prüfung der Leitungen durch Druckprobe. Eine visuelle Kontrolle sei nicht vorgeschrieben. Mangels einer klaren Vorschrift und entsprechendem Lehrgang über Korrosion treffe ihn bei dieser Unterlassung kein Verschulden. a) Die Verordnung zum Schutze der Gewässer gegen Verunreinigung durch wassergefährdende Flüssigkeiten vom 19. Juni 1972 (VWF; SR 814.226.21) umschreibt in Art. 37 den Umfang der Revisionsarbeiten von Tankanlagen für flüssige Brenn- und Treibstoffe. Abs. 1 lit. a-c und e der genannten Vorschrift lauten: "Die Revision einer Anlage sowie der zugehörigen Einrichtungen umfasst: a) das Reinigen der Anlage; b) die eingehende Kontrolle der Anlage einschliesslich der Gewässerschutzmassnahmen auf einwandfreien und funktionstüchtigen Zustand; c) das Instandstellen, Ergänzen und Ausbessern der Anlage, soweit dies durch angelerntes Personal fachgerecht ausgeführt werden kann; e) das Ausfüllen des Revisionsrapportes". b) Diese Verordnung wird durch die Verfügung des Eidg. Departementes des Innern über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung durch flüssige Brenn- und Treibstoffe sowie andere wassergefährdende Lagerflüssigkeiten vom 27. Dezember 1967 (Technische Tankvorschriften, TTV, SR 814.226.211) ergänzt. Bedeutsam ist Anhang 11 der Verfügung, welcher das "Pflichtenheft für Unternehmungen, die Revisionsarbeiten an Tankanlagen für Mineralprodukte ausführen", enthält. Dessen Ziffer 8, Abs. 9 lautet: "Sämtliche Leitungen von und zum Tank, insbesondere die Füll-, Rücklauf- und Entnahmeleitungen sowie die zugehörigen Einrichtungen, sind zu kontrollieren und zu reinigen. Die Füll- und Rücklaufleitungen sind durch eine Druckprobe von 3 kp/cm2 auf ihre Dichtheit zu prüfen. Allfällige BGE 102 IV 186 S. 189 Mängel sind zu beheben." c) Unbestritten zählen zu den der Anlage "zugehörigen Einrichtungen" im Sinne von Art. 37 Abs. 1 VWF (vgl. Art. 36, Abs. 1, Al. 1) auch die Leitungen vom Tank zum Brenner und zurück. Die in dieser Norm genannte Pflicht zum "Reinigen" und zur "eingehenden Kontrolle der Anlage auf einwandfreien und funktionstüchtigen Zustand" bezieht sich daher auch auf diese Leitungen. Der Anhang 11 der Technischen Tankvorschriften setzt dies ausser Zweifel. Wenn die Vorinstanz unter "eingehender Kontrolle" auch die visuelle Prüfung der sichtbaren Leitungen verstand, so war das eine sinngemässe Auslegung. Würde die Druckprobe als Kontrolle als ausreichend angesehen, hätte es genügt, wenn in Abs. 9 von Ziffer 8 des Pflichtenheftes hinsichtlich der Füll- und Rücklaufleitungen gesagt worden wäre, sie seien durch eine Druckprobe auf ihre Dichtheit zu prüfen. Zusätzlich von Kontrolle im allgemeinen zu sprechen, hätte sich erübrigt. Ein Reinigen der Leitung, was ebenfalls vorgeschrieben wird, ist übrigens nicht möglich, ohne dass die sichtbaren Leitungen in Augenschein genommen werden. Wenn das Pflichtenheft die Reinigung der Leitungen vorschreibt, so verfolgt es damit nicht ästhetische Zwecke. Die Befreiung der Leitungen von Schmutz usw. kann gerade nötig sein, um die Rohre auf ihren einwandfreien und funktionstüchtigen Zustand zu kontrollieren. Wie der vorliegende Fall zeigt, können auch stark verrostete Leitungen der vorgeschriebenen Druckprobe standhalten, kann doch hierzu nach dem von der Vorinstanz beigezogenen Gutachten eine sehr geringe Wandstärke eines Rohres aus Stahl St 37 ausreichen (Stärke von 0,0073 mm). So stark vom Rost angefressene Leitungen, wie sie sich im Vorraum befanden, waren aber nicht mehr einwandfrei und funktionstüchtig im Sinne der zitierten Vorschriften. Sie liessen befürchten, dass die Korrosion oder andere Einwirkungen die Leitung in kurzer Zeit leck werden liess. Stellt der Tankrevisor an sichtbaren Leitungen so starke Korrosionen fest, so muss er dies unverzüglich den zuständigen Behörden melden und deren Entscheid über das weitere Vorgehen abwarten, wie es nicht zur Ziff. 8 Abs. 8 des Pflichtenheftes für Stahltanks, sondern Art. 38 VWF allgemein vorschreibt. Wenn eine solche visuelle Kontrolle an im Erdreich verlegten Leitungen nicht möglich ist, heisst das nicht, sie dort nicht durchzuführen, wo sie möglich ist. Sie ist neben der Druckprobe auszuführen, BGE 102 IV 186 S. 190 weil sie Mängel aufdecken kann, welche die Druckprobe nicht offenbart. d) Im vorliegenden Fall waren nach der verbindlichen Feststellung der Vorinstanz die Leitungen im Vorraum des Wohnhauses vollständig verrostet und die Korrosionsanfressungen liessen zumindest auf latente Perforation schliessen. Auch das Gutachten W., auf welches das angefochtene Urteil verweist, führt im einzelnen aus: "Die Rohrleitungen, welche in Bodennähe horizontal verlaufen, sowie das untere Drittel der Rohrleitungen, welche vertikal verlaufen, waren stark verrostet; die Rohrleitungen, die horizontal in der Nähe der Decke des Vorbaues verlaufen, sowie der obere Teil der vertikalen Rohre waren stark angerostet." e) Der Beschwerdeführer kann auch nicht einwenden, er wäre gemäss seiner Ausbildung und den durch die Praxis üblichen Anforderungen an den Tankrevisor nicht in der Lage gewesen, aus dem Zustand der Leitungen auf eine naheliegende Perforationsgefahr zu schliessen. Aus Ziffer 8 des Pflichtenheftes, insbesondere Alinea 4-8, folgt, dass die Tankrevisoren über gewisse Korrosionskenntnisse zu verfügen haben. So müssen sie Tiefe und Ausmass allfälliger Rostanfressungen messen können, was übrigens der Verband Schweizer Unternehmungen für Tankreinigungen und Revisionen in einem Schreiben vom 19. März 1975 an den Experten bestätigt hat. Starke Korrosionen oder sogar Perforationen sind unverzüglich den zuständigen Behörden zu melden, die dann über das weitere Vorgehen entscheiden. Diese Vorschriften des Pflichtenheftes beziehen sich zwar unmittelbar auf den Tank selber. Sie sind aber auch zur Interpretation der Pflichten bei der Prüfung der zugehörenden Leitungen heranzuziehen, wie der Beschwerdeführer richtig vermerkt, da auch Lecks in den Leitungen zur Gewässerverschmutzung führen können. Ein Tankrevisor, der starke Verrostungen an Tank oder sichtbaren Leitungen nicht erkennt und daraus die notwendigen Folgerungen nicht zieht, verletzt die Sorgfalt, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen als Tankrevisor verpflichtet ist. Er handelt damit fahrlässig. 3. Der Beschwerdeführer wusste nicht, dass sich nicht nur in der Werkstatt, sondern auch im Wohnhaus ein Brenner befindet, welcher dem von ihm revidierten Tank angeschlossen ist. Deshalb hat er auch den Brenner im Wohnhaus nicht BGE 102 IV 186 S. 191 besichtigt. Diese Unkenntnis lässt die Vorinstanz nicht als Entschuldigung gelten. Es verstehe sich von selbst, dass, wer sämtliche Leitungen zu kontrollieren habe, über deren Verlauf genauestens im Bild sein müsse. Denn wer eine Anlage nicht zu überblicken vermöge, sei auch nicht in der Lage, sie vorschriftsgemäss zu kontrollieren. Zudem handle es sich vorliegend um ein relativ einfaches und überschaubares System. Schliesslich hätte der Beschwerdeführer beim Eigentümer der Anlage entsprechende Erkundigungen einziehen können, was er unverständlicherweise unterlassen habe. Der Einwand der Beschwerde, das Abpressen der Leitungen, wobei auch die Leitungen zum Brenner im Wohnhaus unter Druck gelangt seien, genüge den gesetzlichen Anforderungen, wurde schon widerlegt. Eine Druckprobe macht bei sichtbaren Leitungen die visuelle Prüfung nicht überflüssig.
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6c8b69b6-ea2a-49a7-8d15-9db0352f1333
Urteilskopf 141 III 193 28. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A.A. gegen B.A. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_296/2014 vom 24. Juni 2015
Regeste Nachehelicher Unterhalt nach Pensionierung des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Grundsätze für die Ermittlung der Eigenversorgungskapazität des unterhaltsberechtigten Ehegatten nach dessen Pensionierung (E. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 141 III 193 S. 193 A. Die Ehe zwischen A.A. und B.A. wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Aarau vom 6. Juni 2012 geschieden. Das Bezirksgericht verpflichtete A.A. unter anderem, seiner früheren Ehefrau ab BGE 141 III 193 S. 194 Rechtskraft des Scheidungsurteils bis zur Erreichung seines ordentlichen Rentenalters monatlichen Unterhalt zu bezahlen. In teilweiser Gutheissung der Berufung von A.A. kürzte das Obergericht die Unterhaltsrente. Auf Beschwerde in Zivilsachen von A.A. hin hiess das Bundesgericht die Beschwerde mit Urteil vom 10. Dezember 2013 (5A_474/2013) teilweise gut, hob das Urteil des Obergerichts auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an dieses zurück. Aus den Erwägungen ergibt sich, dass die Unterhaltsrente neu zu berechnen war. B. Am 25. Februar 2014 entschied das Obergericht neu und verpflichtete A.A., B.A. monatlich vorschüssig ab Rechtskraft des Urteils bis zum 30. Juni 2014 Fr. 2'900.-, anschliessend und bis zum Eintritt der Gläubigerin ins ordentliche AHV-Alter Fr. 1'119.-, und von dann bis zum Eintritt des Schuldners ins ordentliche AHV-Alter Fr. 860.- Unterhalt zu bezahlen. C. Gegen diesen Entscheid gelangt A.A. (Beschwerdeführer) mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, die Rentenzahlung mit Eintritt ins ordentliche Rentenalter der Gläubigerin zu beenden. Die Beschwerdegegnerin beantragt die Abweisung des Rechtsmittels, die Vorinstanz verzichtet auf eine Vernehmlassung. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.3 Nachehelicher Unterhalt ist nur soweit geschuldet, wie der Unterhaltsgläubiger nicht in der Lage ist, aus eigenen Kräften für seinen Unterhalt zu sorgen. Es muss somit zwingend geklärt werden, über welches Einkommen er verfügen wird (vgl. 5A_474/2013 E. 5.1 mit Hinweisen). Es ist zutreffend, dass in der Regel das Einkommen nach der Pensionierung geringer sein wird, weil die Altersvorsorge der ersten und der zweiten Säule darauf ausgerichtet ist, bloss einen Teil des Erwerbseinkommens zu ersetzen. Diese Überlegung stimmt aber nur insoweit, als die Renten der ersten und der zweiten Säule ausschliesslich durch das mit der Pensionierung entfallende Erwerbseinkommen aufgebaut worden sind. Beruht die Altersvorsorge demgegenüber auf anderen Quellen, kann von einem solchen Zusammenhang nicht mehr ausgegangen werden. BGE 141 III 193 S. 195 Eine andere Quelle kann insbesondere der Vorsorgeausgleich in der Scheidung darstellen, wenn eine erheblich grössere Austrittsleistung übertragen worden ist, als für den Ersatz des Erwerbseinkommens notwendig ist, so dass die sich daraus und aus weiteren Vorsorgebeiträgen ergebende Altersrente zusammen mit den Leistungen aus der ersten Säule nicht nur das Erwerbseinkommen, sondern auch die Unterhaltsrente ganz oder teilweise ersetzen kann. Ob dies zutrifft oder nicht, ist im Einzelfall zu berechnen. (...)
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CH
Federation
6c8b82e3-10c7-492c-90ea-6dcd00d960b7
Urteilskopf 126 III 30 8. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 7. Dezember 1999 i.S. F. (Beschwerde)
Regeste Art. 17 ff. SchKG ; Art. 32 Abs. 4 SchKG . Die Beschwerdefristen in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen sind gesetzliche Fristen ( Art. 17 Abs. 2, Art. 18 Abs. 1, Art. 19 Abs. 1 SchKG ). Das bedeutet, dass innert der Beschwerdefrist eine rechtsgenügend begründete Beschwerdeschrift einzureichen ist. Eine nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichte Ergänzungsschrift kann nicht mehr berücksichtigt werden, selbst wenn sie in der rechtzeitigen Beschwerdeerklärung angekündigt wurde. Eine ungenügende Begründung der Beschwerde ist nicht ein verbesserlicher Fehler im Sinne von Art. 32 Abs. 4 SchKG .
Erwägungen ab Seite 31 BGE 126 III 30 S. 31 Aus den Erwägungen: 1. Die Beschwerdeführer rügen eine Verletzung von Art. 18 und Art. 32 Abs. 4 SchKG . a) Das Obergericht des Kantons Zürich hat in bundesrechtskonformer Weise festgestellt, dass die Ansetzung einer Beschwerdefrist von bloss fünf Tagen durch das Bezirksgericht Bülach unzulässig war. Ebenso zu Recht hat es erkannt, dass die Folge der fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung nur sein kann, dass Art. 18 Abs. 1 SchKG Geltung hat, wonach der Entscheid einer unteren Aufsichtsbehörde innert zehn Tagen nach der Eröffnung an die obere kantonale Aufsichtsbehörde weitergezogen werden kann. Das führte zur Feststellung im angefochtenen Beschluss, dass die Rekursfrist am 8. November 1999 abgelaufen war. b) Unzutreffend ist die Auffassung der Beschwerdeführer, die Beschwerdefrist des Art. 18 Abs. 1 SchKG könne gestützt auf Art. 32 Abs. 4 SchKG verlängert werden. Vielmehr ist - auch unter der Herrschaft des revidierten Rechts - davon auszugehen, dass die Beschwerdefrist eine gesetzliche Frist ist. Das bedeutet, dass innert der Beschwerdefrist eine rechtsgenügend begründete Beschwerdeschrift einzureichen ist. Eine nach Ablauf der Beschwerdefrist eingereichte Ergänzungsschrift kann nicht mehr berücksichtigt werden, selbst wenn sie in der rechtzeitigen Beschwerdeerklärung angekündigt wurde ( BGE 114 III 5 E. 3; BGE 82 III 16 ; COMETTA, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel/Genf/München 1998, Art. 18 N. 14; MARKUS DIETH, Beschwerde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen gemäss Art. 17ff. SchKG, Zürcher Diss. 1999, S. 77). Wenn die in der vorliegenden Rechtsschrift zitierte Stelle in der Literatur (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Auflage Zürich 1997, Art. 32 N. 9) tatsächlich so zu verstehen wäre, wie es die Beschwerdeführer tun, nämlich dass eine ungenügende Begründung einer Beschwerde als ein verbesserlicher Fehler im Sinne von Art. 32 Abs. 4 SchKG anzuerkennen sei, so könnte dem nicht beigepflichtet werden. Die Beobachtung der Beschwerdefrist und die rechtsgenügende Begründung der Beschwerde innert dieser Frist sind Voraussetzungen des Beschwerdeverfahrens, über die der Betroffene sich nicht hinwegsetzen kann, ohne einen Rechtsnachteil zu erleiden. An anderer Stelle (NORDMANN, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Basel/Genf/München 1998, Art. 32 N. 15) wird BGE 126 III 30 S. 32 denn auch die ungenügende Begründung einer Beschwerde nicht als ein verbesserlicher Fehler aufgeführt. Auch die fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des Bezirksgerichts Bülach konnte die Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht von der Einhaltung der gesetzlichen Beschwerdefrist entbinden. Wenn sie erklären, dass ihnen der erstinstanzliche Beschluss am Freitag vor Allerheiligen - das ist der 29. Oktober 1999 - zugestellt worden sei, so stimmt ihre Behauptung nicht, dass sie nur noch zwei Tage Zeit für die Begründung der an das Obergericht des Kantons Zürich zu richtenden Beschwerdeschrift gehabt hätten. Die zehntägige Beschwerdefrist, die dem Gesetz entnommen werden kann, lief vielmehr - wie im angefochtenen Beschluss festgestellt - am Montag, 8. November 1999, ab. Es liegt kein Fall des unverschuldeten Versäumnisses einer Rechtsmittelfrist wegen unrichtiger Rechtsmittelbelehrung vor, der Anlass zur Wiederherstellung der Beschwerdefrist gäbe, wie sie seit der Revision des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs vom 16. Dezember 1994 auch von Bundesrechts wegen grundsätzlich möglich ist (vgl. NORDMANN, op. cit., Art. 33 N. 2 und 10ff.; FRANK/STRÄULI/MESSMER, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3. Auflage Zürich 1997, vor § 259ff. N. 8, mit Hinweisen). Auf Art. 55 Abs. 2 OG könnten sich die Beschwerdeführer - mangels Hinweises in Art. 81 OG - nicht einmal im Beschwerdeverfahren vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts berufen. Umso weniger können sie dies im kantonalen Beschwerdeverfahren. c) Eine Verletzung des auf Art. 4 BV gestützten Anspruchs auf rechtliches Gehör, wie sie nur mit staatsrechtlicher Beschwerde gerügt werden kann (Art. 43 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 81 OG ; BGE 122 III 34 E. 1, mit Hinweisen), machen die Beschwerdeführer richtigerweise nicht geltend. Doch ein Fall bundesrechtlichen Anspruchs auf rechtliches Gehör, wie ihn AMONN/GASSER (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Auflage Bern 1997, § 6 N. 100) vor Augen haben, liegt hier nicht vor.
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6c8c6968-88b9-47c6-97af-b1a2a930bce5
Urteilskopf 137 III 113 18. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause A. et B. contre dame X. (recours en matière civile) 5A_662/2010 du 15 février 2011
Regeste Art. 216 ZGB , aArt. 214 Abs. 3 ZGB und Art. 10 SchlT ZGB ; Ehevertrag. Die Einhaltung der Formerfordernisse des Ehevertrages ist erforderlich und genügend, um die Beteiligung am Vorschlag, der aus der güterrechtlichen Auseinandersetzung resultiert, zugunsten des überlebenden Ehegatten abzuändern. Diese Regel gilt sowohl für den Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung als auch für denjenigen der Güterverbindung nach altem Recht (E. 4.2 und 4.3).
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 137 III 113 S. 113 A. X. est décédé le 28 novembre 2006, laissant pour héritiers son épouse, dame X., et leurs deux enfants, A. et B. Par contrat de mariage du 24 janvier 1973, les époux X., soumis au régime de l'union des biens, ont modifié la répartition du bénéfice BGE 137 III 113 S. 114 issu de la dissolution du régime, en ce sens que celui-ci reviendrait entièrement au conjoint survivant. Ce contrat a été ratifié par l'Autorité tutélaire de E. le 5 mars 1973. Le 26 août 1992, X. a rédigé un testament olographe par lequel, dans l'hypothèse où il décéderait avant son épouse, il a réduit ses enfants à leur réserve héréditaire, institué son épouse héritière de la quotité disponible et grevé la part réservataire revenant à ses enfants d'un usufruit en faveur de son épouse conformément à l' art. 473 CC . Dame X. a rédigé un testament au contenu identique. B. Le 8 novembre 2007, A. et B. ont formé une demande en justice tendant notamment à l'annulation des dispositions pour cause de mort laissées par leur père et favorisant leur mère à leur détriment. Reconventionnellement, dame X. a conclu, en exécution du contrat de mariage du 24 janvier 1973, à ce que la propriété des biens de feu son époux lui soit transférée. Par jugement du 8 décembre 2009, le Président de l'Arrondissement judiciaire de Courtelary-Moutier-La Neuveville a rejeté la demande et attribué tous les biens du de cujus à la défenderesse. Statuant sur appel des demandeurs, la Cour suprême du canton de Berne a confirmé le jugement attaqué par arrêt du 29 juin 2010. C. Le 20 septembre 2010, A. et B. exercent un recours en matière civile au Tribunal fédéral contre ce dernier arrêt. Ils invoquent notamment que le contrat de mariage du 24 janvier 1973 est nul en ce qui concerne l'attribution de la totalité du bénéfice de l'union conjugale au conjoint survivant, faute de satisfaire aux exigences de forme du pacte successoral. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4.2 4.2.1 Lorsque les époux ont conclu un contrat de mariage sous l'empire du code civil du 10 décembre 1907, ce contrat demeure en vigueur et leur régime matrimonial reste, sous réserve des dispositions sur les biens réservés, les effets à l'égard des tiers et sur la séparation de biens conventionnelle contenues dans ce titre final, soumis dans son ensemble aux dispositions de l'ancien droit ( art. 10 al. 1 Tit. fin. CC ). BGE 137 III 113 S. 115 A teneur de l'ancien art. 214 al. 3 CC , les époux pouvaient, par contrat de mariage, prévoir une autre répartition du bénéfice et du déficit résultant de la liquidation du régime de l'union des biens que celle prévue par la loi. Selon une jurisprudence constante depuis l'arrêt Nobel ( ATF 102 II 313 consid. 4), l'attribution conventionnelle du bénéfice au conjoint survivant constituait une donation pour cause de mort au sens de l' art. 245 al. 2 CO sujette à réduction en cas d'atteinte à la réserve des descendants ( ATF 116 II 243 consid. 3; ATF 115 II 321 consid. 3; ATF 106 II 276 consid. 2). Modifiant cela, le nouveau droit de la famille, entré en vigueur le 1 er janvier 1988, réserve désormais l'action en réduction aux seuls enfants non communs et à leurs descendants ( art. 10 al. 3 Tit. fin. CC ). La même règle vaut pour les contrats de mariage conclus entre des époux soumis au régime de la participation aux acquêts ( art. 216 al. 2 CC ); seule la réserve des enfants non communs et de leurs descendants est protégée (DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, Les effets du mariage, 2009, n. 1677j ss; AEBI-MÜLLER, Die optimale Begünstigung des überlebenden Ehegatten, 2007, n. 06.101). La solution finalement adoptée constitue un compromis par rapport au projet du Conseil fédéral - qui proposait la reprise dans la loi de la jurisprudence Nobel - sans qu'il ne ressorte clairement des débats parlementaires si le législateur visait un retour partiel à la situation prévalant avant cet arrêt ou s'il entendait plutôt supprimer l'action en réduction pour les héritiers réservataires autres que les enfants non communs et leurs descendants (BO 1981 CE 154 ss; BO 1983 CN 673 ss; BO 1984 CE 137 ss; STEINAUER, Le calcul des réserves héréditaires et de la quotité disponible en cas de répartition conventionnelle du bénéfice dans la participation aux acquêts [ci-après: Le calcul], in Mélanges Pierre Engel, 1989, p. 403 ss, spéc. 409 s.). 4.2.2 Sous l'empire de l'ancien droit, à propos du régime de l'union des biens, le Tribunal fédéral a qualifié la modification en faveur du conjoint survivant de la répartition du bénéfice qui résulte de la liquidation du régime matrimonial de disposition pour cause de mort ( ATF 116 II 243 consid. 3; ATF 115 II 321 consid. 3; ATF 106 II 276 consid. 2; ATF 102 II 313 consid. 4; du même avis: HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, 1992, n os 34 ss ad art. 216 CC ; PIOTET, Les libéralités par contrat de mariage ou autres donations au sens large et le droit successoral, 1997, p. 30 ss; HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, in Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, vol. I, 4 e éd. 2010, n° 27 ad art. 216 CC ; STECK, in Scheidung, Kommentar, 2 e éd. 2011, n° 15 art. 216 CC ; STETTLER/ BGE 137 III 113 S. 116 WAELTI, Le régime matrimonial, 2 e éd. 1997, n. 437; TERCIER, Les contrats spéciaux, 2009, n. 1841; AEBI-MÜLLER, op. cit., n. 06.23; WILDISEN, Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten, 1997, p. 87 s.). Cette qualification est contestée par une partie de la doctrine qui considère cette modification comme une libéralité entre vifs, qui intervient - en cas de décès d'un conjoint - à la dernière seconde de la vie de celui-ci, la liquidation du régime précédant celle de la succession (pour un exposé complet: STEINAUER, op. cit., Le calcul, p. 403 ss; cf. également: DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, op. cit., n. 1351; STEINAUER, Le droit des successions, 2006, n. 285e; RUMO-JUNGO, in Handkommentar zum Schweizer Privatrecht, 2007, n° 12 ad art. 216/217 CC; WEIMAR, Berner Kommentar, 2000, n° 106 des remarques préliminaires au titre quatorzième CC; WOLF, Vorschlags- und Gesamtgutszuweisung an den überlebenden Ehegatten, 1996, p. 148 ss; SCHULER, Die Mehrwertbeteiligung unter Ehegatten im Entwurf für eine Änderung des Zivilgesetzbuches, 1984, p. 142). 4.2.3 S'agissant de la forme que doivent revêtir de telles conventions, le Tribunal fédéral ne s'est prononcé explicitement sur la question qu'antérieurement à l'arrêt Nobel, qui les qualifie de dispositions pour cause de mort ( ATF 102 II 313 consid. 4). Il avait alors jugé que l'observation des formes prévues à l'ancien art. 214 al. 3 CC , à savoir celles du contrat de mariage, était nécessaire et suffisante sans devoir respecter celles du pacte successoral ( ATF 58 II 1 ). L'arrêt Nobel ne tranche pas la question de la forme; il constate cependant que c'est par contrat de mariage qu'a eu lieu l'attribution du bénéfice au conjoint survivant qualifiée de donation pour cause de mort au sens de l' art. 245 al. 2 CO ( ATF 102 II 313 consid. 4d). Depuis lors, et malgré cette nouvelle qualification juridique, la forme du contrat de mariage paraît avoir été jugée suffisante (cf. ATF 127 III 529 ; ATF 116 II 243 dont l'état de fait indique que les époux avaient conclu un contrat de mariage et non un pacte successoral). Pour le régime de la participation aux acquêts, il ressort du message du Conseil fédéral du 11 juillet 1979 concernant la révision du code civil suisse - dont le projet proposait une reprise de la solution retenue par l'arrêt Nobel dans la loi - que la forme des dérogations conventionnelles est le contrat de mariage, même si elles peuvent renfermer, quant au fond, une disposition pour cause de mort (FF 1979 II 1302 ch. 222. 542). La doctrine, qu'elle soit partisane de la qualification d'acte entre vifs ou de disposition pour cause de mort, partage cet avis (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, op. cit., n° 10 ad art. 216 CC ; PIOTET, op. cit., BGE 137 III 113 S. 117 p. 23 et 101; HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, op. cit., n° 10 ad art. 216 CC ; STECK, op. cit., n° 15 art. 216 CC ; DESCHENAUX/STEINAUER/BADDELEY, op. cit., n. 1350b; STEINAUER, op. cit., n. 285e; DRUEY, Grundriss des Erbrechts, 2002, n. 50; BADDELEY, in Commentaire romand, Code des obligations, vol. I, 2003, n° 42 ad art. 245 CO ; AEBI-MÜLLER, op. cit., n. 06.24; cf. également LEMP, Berner Kommentar, 1963, n os 81 s. ad ancien art. 214 CC ). TERCIER, que citent les recourants à l'appui de leur thèse, qualifie l'attribution du bénéfice de disposition pour cause de mort en se référant à l' ATF 102 II 312 (TERCIER, op. cit., n. 1841). Quant à la forme, il indique de manière générale que la validité d'une donation au décès est subordonnée aux règles applicables aux pactes successoraux, sans se prononcer expressément sur l'attribution du bénéfice issu de la liquidation du régime matrimonial (TERCIER, op. cit., n. 1843). 4.3 Il n'y a pas lieu d'examiner, en l'espèce, la question de la qualification juridique des conventions prévoyant une répartition du bénéfice autre que celle prévue par la loi dès lors que les considérations qui suivent, confirment que la forme du contrat de mariage est suffisante. En premier lieu, le texte légal lui-même prévoit expressément qu'une dérogation au système de la loi doit intervenir par contrat de mariage (ancien art. 214 al. 3 et art. 216 al. 1 CC ). En outre, ces deux dispositions sont comprises, d'un point de vue systématique, dans le titre du Code civil traitant des régimes matrimoniaux et non dans celui relatif aux dispositions pour cause de mort. Quant à leur portée, ces conventions dérogeant au système légal sont, d'une manière générale, prévues en faveur du conjoint survivant, l' art. 217 CC précisant qu'à défaut d'une clause expresse dans le contrat de mariage, elles ne s'appliquent pas en cas de divorce, séparation de corps ou nullité du mariage (pour l'ancien droit, art. 154 al. 3, 155 et 134 al. 2 CC). Aussi, la disposition spéciale ( art. 216 al. 1 CC ou, comme en l'espèce, ancien art. 214 al. 3 CC ) qui les soumet au contrat de mariage serait pratiquement vidée de son sens si l'on exigeait qu'elles satisfassent aux formes du pacte successoral aussitôt qu'elles visent à favoriser le conjoint survivant. En outre, dès lors que la loi prévoit expressément que les conventions sur la répartition du bénéfice peuvent porter atteinte aux droits des héritiers réservataires à l'exclusion de ceux des enfants non communs et de leurs descendants ( art. 216 al. 2 CC et 10 al. 3 Tit. fin. CC), force est d'admettre qu'elle les soumet à des règles spécifiques qui diffèrent de celles prévalant de manière générale en droit successoral. Si tel n'était pas le cas, ces BGE 137 III 113 S. 118 conventions ne seraient autorisées que dans les limites de la quotité disponible, seraient sans autre soumises à réduction et il n'aurait pas été nécessaire de prévoir un correctif en faveur des descendants non communs. De telles conventions ne doivent en conséquence pas satisfaire aux formes du pacte successoral même si elles ne produisent leur effet qu'en cas de décès de l'un des conjoints. Les art. 216 al. 1 CC et ancien 214 al. 3 CC constituent des "leges speciales" par rapport aux art. 245 al. 2 CO et 512 CC. Enfin, un traitement différent des époux soumis au régime de l'union des biens, comme le préconisent les recourants en se référant à BADDELEY - qui pourtant ne se prononce pas sur la question (BADDELEY, op. cit., n° 42 ad art. 245 CO ) -, ne se justifie pas. Le législateur a en effet expressément soumis les contrats de mariage passés sous l'ancien droit - comme ceux conclus sous le nouveau droit - à des règles spéciales comparables, notamment en ce qui concerne la protection des héritiers réservataires. Les art. 216 CC et ancien 214 al. 3 CC en relation avec l' art. 10 al. 3 Tit. fin. CC doivent ainsi être interprétés de manière identique (cf. consid. 4.2.1 supra).
null
nan
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2,011
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6c8e7f42-0f5f-4a6f-8ebf-92c62e54bf4a
Urteilskopf 137 V 43 6. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. P. gegen CSS Kranken-Versicherung AG und Mitb. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_733/2010 vom 19. Januar 2011
Regeste Art. 56 KVG ; Wirtschaftlichkeit der Behandlung. Die Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 377 ist dahingehend zu ändern, dass von der Rückerstattungspflicht nach Art. 56 Abs. 2 KVG nur die direkten Kosten des Arztes (einschliesslich der von ihm abgegebenen Medikamente) erfasst werden (E. 2.5.1-2.5.5). Der Ausschluss der veranlassten Kosten von der Rückerstattung ändert nichts daran, dass die Frage, ob das Wirtschaftlichkeitserfordernis erfüllt ist, aufgrund einer Gesamtbetrachtung im Sinne der mit BGE 133 V 37 begründeten Rechtsprechung zu beantworten ist und ein hoher Anteil an selber erbrachten statt ausgelagerten Leistungen zumindest im Sinne einer Praxisbesonderheit zu berücksichtigen ist (E. 2.5.6).
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 137 V 43 S. 44 A. Am 27. Juli 2006 reichten die im Rubrum genannten Krankenversicherer bei der Kantonalen Paritätischen Vertrauenskommission (KPVK) Graubünden ein Gesuch um Sühneverhandlung ein mit dem Rechtsbegehren, Dr. med. P. habe für das Jahr 2004 den Betrag von Fr. 41'052.50, eventuell einen Betrag nach richterlichem Ermessen, zurückzuerstatten. Mit Entscheid vom 21. August 2008 hiess die KPVK die Rückforderungsklage teilweise gut und verpflichtete Dr. med. P., den Versicherern den Betrag von Fr. 30'789.40 zurückzuerstatten. Da Dr. med. P. den Entscheid der KPVK ablehnte, wurde den Krankenversicherern Frist für die Einreichung der Rückforderungsklage gesetzt. B. Die von den Krankenversicherern am 9. Februar 2009 (innert der gesetzten Frist) eingereichte Rückforderungsklage (über den Betrag von Fr. 30'789.40) hiess das Schiedsgericht Graubünden nach Eidgenössischem Sozialversicherungsrecht mit Entscheid vom 8. Juli 2010 gut und verpflichtete Dr. med. P., für das Jahr 2004 den Betrag von Fr. 30'789.40 zurückzuerstatten. C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt Dr. med. P. das Rechtsbegehren stellen, es sei der schiedsgerichtliche Entscheid aufzuheben und die Klage, soweit überhaupt darauf einzutreten sei, abzuweisen. Die Krankenversicherer beantragen die Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichtet auf eine Vernehmlassung. D. Mit Verfügung vom 1. November 2010 hat der Instruktionsrichter der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Gemäss Art. 56 KVG muss sich der Leistungserbringer in seinen Leistungen auf das Mass beschränken, das im Interesse der BGE 137 V 43 S. 45 Versicherten liegt und für den Behandlungszweck erforderlich ist (Abs. 1). Für Leistungen, die über dieses Mass hinausgehen, kann die Vergütung verweigert werden. Eine nach diesem Gesetz dem Leistungserbringer zu Unrecht bezahlte Vergütung kann zurückgefordert werden (Abs. 2). 2.2 Bei der im zu beurteilenden Fall für die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der ärztlichen Tätigkeit nach Art. 56 KVG angewendeten Methode des Durchschnittskostenvergleichs (vgl. dazu Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 6/06 vom 9. Oktober 2006 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 133 V 37 , aber in: SVR 2007 KV Nr. 5 S. 19; BGE 119 V 448 E. 4d S. 454 f.) ist rechtsprechungsgemäss keine Kontrolle aller Positionen sämtlicher Rechnungen durchzuführen, sondern kann sich die Prüfung vielmehr darauf beschränken, dass die durchschnittlichen Behandlungskosten des betreffenden Arztes oder der betreffenden Ärztin mit denjenigen anderer Ärzte unter ähnlichen Bedingungen verglichen werden, wobei die kürzlich formulierten Kriterien bezüglich Transparenz beachtet werden müssen ( BGE 136 V 415 ). Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Methode ist, dass sich das Vergleichsmaterial hinreichend ähnlich zusammensetzt und sich der Vergleich über einen genügend langen Zeitraum erstreckt, wodurch bloss zufällige Unterschiede mehr oder weniger ausgeglichen werden. Eine Überarztung liegt vor, wenn eine ins Gewicht fallende Zahl von Rechnungen desselben Arztes oder derselben Ärztin an eine Krankenkasse im Vergleich zur Zahl von Rechnungen von Ärzten in geographisch gleichem Tätigkeitsbereich und mit etwa gleichem Krankengut im Durchschnitt erheblich höher ist, ohne dass den Durchschnitt beeinflussende Besonderheiten geltend gemacht werden können. Falls die Wirtschaftlichkeit in Anwendung der statistischen Methode beurteilt wird, darf eine Unwirtschaftlichkeit nicht schon bei Überschreitung des statistischen Mittelwertes (100 Indexpunkte) vermutet werden. Vielmehr ist den Ärzten und Ärztinnen einerseits ein Toleranzbereich und zudem allenfalls ein Zuschlag zu diesem Toleranzwert (zu dem den Toleranzbereich begrenzenden Indexwert) zuzugestehen, um spezifischen Praxisbesonderheiten Rechnung zu tragen. Nach der Rechtsprechung liegt der Toleranzbereich zwischen 120 und 130 Indexpunkten (Urteil K 6/06 vom 9. Oktober 2006 E. 4.1, nicht publ. in: BGE 133 V 37 , aber in: SVR 2007 KV Nr. 5 S. 19; BGE 119 V 448 E. 4b S. 453 f.; GEBHARD EUGSTER, Bundesgesetz über die Krankenversicherung [KVG], 2010, N. 12 und 17 zu Art. 56 KVG ). BGE 137 V 43 S. 46 2.3 Das Wirtschaftlichkeitsgebot erstreckt sich nach der Rechtsprechung - wie bereits unter dem Geltungsbereich von Art. 23 des bis 31. Dezember 1995 in Kraft gestandenen KUVG (RKUV 2003 S. 216, K 9/00 E. 6.4; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts K 50/00 vom 30. Juli 2001 E. 6b am Anfang) - auf sämtliche Teile der ärztlichen Behandlung und findet auf alle gesetzlichen Leistungen ( Art. 25 Abs. 2 KVG ) Anwendung, insbesondere auch auf die Verordnung von Arzneimitteln, Analysen sowie Mitteln und Gegenständen oder die Anordnung von Leistungen anderer Leistungserbringer gemäss Art. 35 Abs. 2 lit. e-g KVG ( BGE 130 V 377 E. 7.4 und 7.5 S. 379 f.). Gestützt auf Art. 23 KUVG , dessen Ziel die Verwirklichung oder Wiederherstellung des gesetzlichen Zustandes gewesen war (E. 7.2 S. 378) und dessen Wesensgehalt Art. 56 KVG unverändert übernommen hat (E. 7.4 S. 379), hatte das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 130 V 377 E. 7.5 S. 380 erkannt, dass bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung auch die veranlassten Kosten zu berücksichtigen sind, und zwar sowohl bei der Bestimmung der Indizes im Rahmen der statistischen Methode als auch bei der Bemessung der Rückerstattungspflicht. Aus dem mit BGE 130 V 377 begründeten Einbezug der veranlassten Kosten in die Wirtschaftlichkeitskontrolle hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 133 V 37 schliesslich - in Änderung seiner bisherigen Praxis - gefolgert, dass grundsätzlich eine Gesamtbetrachtung erforderlich und dementsprechend auf den die Arzt- und die Medikamentenkosten und - soweit möglich - die veranlassten Kosten berücksichtigenden Gesamtkostenindex abzustellen ist (vgl. dazu auch HANSPETER KUHN, Es gilt [endlich] die Gesamtkostenbetrachtung, Schweizerische Ärztezeitung [SÄZ] 2006 S. 2165 f.; SIMON HAEFELI, Ruinöse Unrechtsprechung, Jusletter vom 18. August 2008, Rz. 42 ff. [auch erschienen in: Zeitschrift für Gesundheitsrecht (SZG) 2009 Nr. 12 S. 55 ff.]; UELI KIESER, Urteilsbesprechung, AJP 2007 S. 514 f.). 2.4 In der Lehre (MONIKA GATTIKER, Veranlasste Kosten - Einbezug in die Forderungen wegen Überarztung nach Art. 56 Abs. 2 KVG , AJP 2005 S. 1098 ff. [Zusammenfassung: SÄZ 2005 S. 2244 ff.]; EDOUARD ISELIN, Polypragmasie et étendue de l'obligation de restitution au sens de l'art. 56 al. 2 LAMal, SZS 2006 S. 106 ff.; HAEFELI, a.a.O., Rz. 39 ff.; GEBHARD EUGSTER, Überarztung aus juristischer Sicht [Überarztung], in: Rechtsfragen zum Krankheitsbegriff, Gächter/Schwendener [Hrsg.], 2009, S. 97 ff., 132 ff.; ders. , KVG, a.a.O., BGE 137 V 43 S. 47 N. 30 zu Art. 56 KVG ) wurde kritisiert, die Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 377 widerspreche dem in Art. 5 Abs. 1 BV statuierten Legalitätsprinzip. Die Bestimmung des Art. 56 Abs. 2 KVG stelle, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit handle, keine genügende Rechtsgrundlage für die Rückforderung veranlasster Kosten dar (GATTIKER, a.a.O., S. 1102 ff.; ISELIN, a.a.O., S. 117 ff.; EUGSTER, Überarztung, a.a.O., S. 132 ff.; vgl. auch dens. , Wirtschaftlichkeitskontrolle ambulanter ärztlicher Leistungen mit statistischen Methoden [Wirtschaftlichkeitskontrolle], 2003, S. 285 f. Rz. 842 f.; CHRISTIAN SCHÜRER, Honorarrückforderungen wegen Überarztung bei ambulanter ärztlicher Behandlung - Materiellrechtliche Aspekte, in: Wirtschaftlichkeitskontrolle in der Krankenversicherung, Schaffhauser/Kieser [Hrsg.], 2001, S. 89 f. Rz. 37). Eine Auslegung der Norm insbesondere unter grammatikalischen und historischen Gesichtspunkten spreche gegen den Einbezug der veranlassten Kosten (GATTIKER, a.a.O., S. 1103 ff.; ISELIN, a.a.O., S. 117 ff.). 2.5 Angesichts der ihr in der Lehre erwachsenen Kritik drängt sich eine Überprüfung der Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 377 auf. 2.5.1 Der Ausgangspunkt der Auslegung bildende ( BGE 134 III 273 E. 4 S. 277) Wortlaut des Art. 56 Abs. 2 Satz 2 KVG , wonach eine dem Leistungserbringer zu Unrecht bezahlte Vergütung zurückgefordert werden kann ("Le fournisseur de prestations peut être tenu de restituer les sommes reçues à tort [...]", "Al fornitore di prestazioni può essere richiesta la restituzione di rimunerazioni [...] ottenute indebitamente."), besagt in allen drei Amtssprachen, dass nur vom Verpflichteten eingenommene Vergütungen zurückbezahlt werden müssen (GATTIKER, a.a.O., S. 1104; ISELIN, a.a.O., S. 119). 2.5.2 Auch in den Materialien (Botschaft vom 6. November 1991 über die Revision der Krankenversicherung, BBl 1992 I 114 Ziff. 141, 118 f. Ziff. 142) ist stets nur von Rückforderung die Rede und fehlt jegliche Bezugnahme auf die veranlassten Kosten. Die entsprechende Bestimmung des Entwurfs (Art. 48 Abs. 2, heutiger Art. 56 Abs. 2 KVG ) wurde in den parlamentarischen Kommissionen nicht geändert und fand im Parlament ohne weiteres Zustimmung (AB 1992 S 1322; AB 1993 N 1871), was möglicherweise nicht der Fall gewesen wäre, wenn die Absicht bestanden hätte, die veranlassten Kosten einzubeziehen (ISELIN, a.a.O., S. 119). Beim Erlass der Bestimmung betonte der Gesetzgeber die Parallelen zu Art. 23 KUVG (BBl 1992 BGE 137 V 43 S. 48 I 189 f. Ziff. 3 ad Art. 48 E-KVG), welche Bestimmung die Leistungserbringer indessen nur zu wirtschaftlichem Handeln verpflichtete und den Krankenversicherer zur Verweigerung der Leistung ermächtigte, eine Rückforderung bereits erbrachter Leistungen aber nicht vorsah. In der Rechtsprechung zu Art. 23 KUVG wurde hiefür die Bestimmung des Art. 47 Abs. 1 AHVG (in Kraft bis 31. Dezember 2002) analog angewendet (RKUV 2003 S. 216, K 9/00 E. 6.4), welche Bestimmung allerdings nur die Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung im Falle einer ungerechtfertigten Bereicherung regelte (ULRICH MEYER-BLASER, Die Rückerstattung von Sozialversicherungsleistungen, ZBJV 131/1995 S. 477 ff., mit dem Hinweis, dass die Tatbestandselemente der Bereicherung und ihrer Grundlosigkeit mit Art. 62 OR vergleichbar waren). Aus diesem Grunde wurde der Einbezug veranlasster Kosten auch unter dem alten Recht verschiedentlich kritisiert (EUGSTER, Überarztung, a.a.O., S. 133 Rz. 105 f.; GATTIKER, a.a.O., S. 1105). Beizufügen bleibt, dass auch die Art. 47 Abs. 1 AHVG ablösende Bestimmung des Art. 25 ATSG (SR 830.1) für die Bestimmung der Rückerstattungspflichtigen auf den Empfang der Leistung abstellt (vgl. dazu UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 15 ff. zu Art. 25 ATSG ). 2.5.3 Gesetzessystematisch steht die Bestimmung des Art. 56 KVG unter dem Titel "Kontrolle der Wirtschaftlichkeit und der Qualität der Leistungen", ebenso wie die grosse Ähnlichkeit mit ihr aufweisende Bestimmung des Art. 59 Abs. 1 lit. b KVG (in der seit 1. Januar 2005 in Kraft stehenden Fassung). In letzterer ist ebenfalls nur von einer (gänzlichen oder teilweisen) Rückerstattung der Honorare, welche für nicht angemessene Leistungen bezogen wurden, die Rede, was den Einbezug veranlasster Kosten ausschliesst (so auch ISELIN, a.a.O., S. 120; vgl. auch Botschaft vom 26. Mai 2004 zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung [Vertragsfreiheit],BBl 2004 4315). 2.5.4 Einzig das teleologische Auslegungselement könnte für das gegenteilige Ergebnis angeführt werden, weil der Einbezug der veranlassten Kosten in die Rückforderung den mit der Einführung des KVG angestrebten Zielen der Wirtschaftlichkeit und der Kosteneindämmung (BBl 1992 I 126 ff. Ziff. 22 und S. 158 f. ad Art. 26 E-KVG) dienen würde (kritisch dazu: GATTIKER, a.a.O., S. 1105 f.) und die Bestimmung des Art. 56 Abs. 2 KVG die Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes im Falle eines Verstosses gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot bezweckt (so schon RKUV 2003 S. 216, K 9/00 BGE 137 V 43 S. 49 E. 6.4, kritisiert bei EUGSTER, Überarztung, a.a.O., S. 133 Rz. 106). Indessen können diese Ziele auch mit den in Art. 59 Abs. 1 lit. a, c und d KVG vorgesehenen Massnahmen erreicht werden. Nachdem sämtliche anderen Auslegungselemente, insbesondere der Ausgangspunkt jeder Gesetzesauslegung bildende Wortlaut ( BGE 134 III 273 E. 4 S. 277), in dieselbe Richtung weisen, verbietet es sich, Sinn und Zweck der Norm für eine vom Wortlaut abweichende Auslegung heranzuziehen. 2.5.5 Diese neu gewonnenen Erkenntnisse zum Verständnis von Art. 56 Abs. 2 KVG stellen - wie hiefür vorausgesetzt ( BGE 135 II 78 E. 3.2 S. 85; BGE 135 III 66 E. 10 S. 79; BGE 134 V 72 E. 3.3 S. 76) - gewichtige und ernsthafte sachliche Gründe dar, die Rechtsprechung gemäss BGE 130 V 377 dahingehend zu ändern, dass von der Rückerstattungspflicht nach Art. 56 Abs. 2 KVG nur die direkten Kosten des Arztes (einschliesslich der von ihm abgegebenen Medikamente) erfasst werden. 2.5.6 Der Ausschluss der veranlassten Kosten von der Rückerstattung ändert nichts daran, dass die Frage, ob das Wirtschaftlichkeitserfordernis erfüllt ist, aufgrund einer Gesamtbetrachtung gemäss der mit BGE 133 V 37 begründeten Rechtsprechung zu beantworten ist. Denn im Sinne des Wirtschaftlichkeitsgebots handelt auch derjenige Arzt, welcher zwar überdurchschnittliche direkte, aber unterdurchschnittliche veranlasste und damit durchschnittliche oder möglicherweise sogar unterdurchschnittliche gesamthafte (direkte und veranlasste) Kosten verursacht, weil er viele Behandlungen selber durchführt, welche andere Ärzte an Dritte auslagern würden ( BGE 133 V 37 E. 5.3.3 S. 40; vgl. auch MATHIAS WENGER, Die Angst des Arztes vor der Polypragmasie, in: Medizin und Sozialversicherung im Gespräch, Schaffhauser/Schlauri [Hrsg.], 2006, S. 74). Aus diesem Grunde ist der hohe Anteil an selber erbrachten statt ausgelagerten Leistungen zumindest im Sinne einer Praxisbesonderheit zu berücksichtigen. 3. 3.1 Die Rechnungssteller-Statistik der santésuisse vom 28. Juli 2005 weist für den Beschwerdeführer im Jahr 2004 bei den nach geänderter Rechtsprechung für die Rückerstattung massgebenden direkten Kosten (unter Einbezug der vom Arzt abgegebenen Medikamente) einen Index von 122 aus (Index der veranlassten Kosten: 240; Gesamtkostenindex: 151). Unter Berücksichtigung der dem BGE 137 V 43 S. 50 Beschwerdeführer zugestandenen Praxisbesonderheit des hohen Ausländeranteils und des ihm gewährten (maximalen) Toleranzbereichs von 130 Indexpunkten liegt keine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebots vor. Eine Rückerstattungspflicht des Beschwerdeführers ist demnach zu verneinen. 3.2 Zum selben Ergebnis würde man gelangen, wenn mit der Vorinstanz auf den (vom Beschwerdeführer kritisierten) Anova-Index abgestellt würde. Denn der Anova-Index der direkten Kosten (welcher allerdings - anders als der bis anhin verwendete Index der Rechnungssteller-Statistik der santésuisse - die vom Arzt direkt abgegebenen Medikamente nicht erfasst [die selbstdispensierten und die vom Arzt veranlassten Medikamente ergeben zusammen den Anova-Index der Medikamentenkosten]) ist zwar mit 128 Indexpunkten leicht höher als der in der Rechnungssteller-Statistik der santésuisse angegebene Wert, liegt aber noch immer im Toleranzbereich.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c8ff7ac-336c-4617-b93f-59d91aad7a9e
Urteilskopf 105 IV 251 65. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 14 novembre 1979 dans la cause S. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 141 Abs. 3 VZV und Art. 55 SVG . 1. Art. 141 Abs. 3 VZV hält sich im Rahmen der dem Bundesrat in Art. 55 SVG erteilten Kompetenz (E. 2b). 2. Zum Ergebnis der Analyse ist das Gutachten eines gerichtlich-medizinischen Sachverständigen einzuholen, sobald der Verdächtige es verlangt oder das Ergebnis Zweifel erweckt; diese beiden Voraussetzungen sind alternativ und nicht kumulativ (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 252 BGE 105 IV 251 S. 252 A.- Le 2 mai 1978, S. a pris le volant de sa voiture vers 20 h. 20 après avoir consommé de la bière. Après plusieurs manoeuvres dangereuses de dépassement d'autres véhicules, il est entré en collision avec un motocycliste qui circulait normalement en sens inverse et il l'a grièvement blessé. Les tests à l'éthylomètre auxquels il a été soumis à 22 h. 15 et 22 h. 35 ont révélé un taux de 0,72%o, tandis que la prise de sang, opérée à 22 h. 50, révélait une alcoolémie de 0,82 et 0,85 g%o. Le médecin qui a procédé à l'examen habituel a conclu que S. n'était pas sous l'influence de l'alcool, à 23 h. environ. B.- Le 12 mars 1979, le Tribunal correctionnel du district de Lausanne a condamné S. pour lésions corporelles graves par négligence, ivresse au volant et infraction à la loi fédérale sur les stupéfiants, à la peine de 10 mois d'emprisonnement sous déduction de 44 jours de détention préventive. Le Tribunal correctionnel a estimé qu'en prenant le volant à 20 h. 20 environ S. se trouvait déjà dans la phase d'élimination des boissons alcooliques qu'il avait absorbées, sauf pour quelques gorgées de bière ingurgitées à 20 h. environ pour lesquelles il se trouvait en phase d'absorption. Il a dès lors considéré comme établi que S. avait conduit en étant pris de boisson, vraisemblablement avec une alcoolémie de 1 g%o. Le 13 février 1979, le Président du Tribunal avait implicitement rejeté une requête de S. tendant à ce que le résultat de l'analyse du sang soit soumis à l'appréciation d'un médecin légiste conformément à l' art. 141 al. 3 OAC . S. ayant renouvelé sa requête à l'audience du 12 mars 1979, le Tribunal a derechef rejeté ses conclusions, considérant qu'il disposait de suffisamment d'éléments d'appréciation sans qu'il soit nécessaire de recourir à l'expertise requise par la défense. C.- Le recours, qu'il avait interjeté notamment pour violation de l' art. 141 al. 3 OAC , ayant été rejeté par le Tribunal cantonal du canton de Vaud le 28 mai 1979, S. se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à l'annulation de l'arrêt cantonal et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale afin qu'elle ordonne que le résultat de l'analyse du sang soit soumis à l'appréciation d'un médecin légiste, de manière qu'au vu du résultat elle dise si le recourant s'est rendu coupable d'ivresse au volant, et qu'elle se prononce à nouveau sur la quotité de la peine et sur la question du sursis. Le Ministère public a déclaré n'avoir pas d'observations à formuler et il s'est référé à l'arrêt cantonal. BGE 105 IV 251 S. 253 Erwägungen Considérant en droit: 1. a) L'autorité cantonale a considéré que tous les organes d'application du droit peuvent refuser d'appliquer les ordonnances du Conseil fédéral qu'ils ne jugent pas conformes à la constitution ou aux règles qui leur servent de base, soit notamment lorsque le Conseil fédéral outrepasse le pouvoir de règlementer qui lui a été délégué. Elle s'est référée ensuite à l' art. 55 LCR , dont l'al. 3 (devenu al. 4 en vertu d'une modification du 20 mars 1975 non encore entrée en vigueur) accorde au Conseil fédéral la compétence d'édicter des prescriptions sur la procédure à suivre pour prélever et analyser le sang, de même que sur l'examen complémentaire de la personne présumée être prise de boisson. Elle a alors estimé que l' art. 141 al. 3 OAC sortait du cadre de la compétence déléguée par l' art. 55 al. 3 LCR , puisqu'il impose à l'autorité cantonale d'ordonner une expertise et qu'une telle règle ressortit exclusivement au droit cantonal de procédure; prescrire une expertise obligatoire, car il s'agit bien d'une expertise, dans un ou des cas déterminés excède le fait d'édicter des prescriptions sur la procédure à suivre pour prélever et analyser le sang, pour examiner la personne du suspect. Dès lors, l' art. 55 al. 3 LCR ne constitue pas selon l'autorité cantonale une base légale suffisante à l'obligation contenue à l' art. 141 al. 3 OAC , car celle-ci n'est pas une simple disposition d'exécution, mais bien une règle primaire qui doit être comme telle fondée sur une délégation spéciale du législateur, portant sur cette matière. Constatant en conclusion que les premiers juges n'avaient pas outrepassé leurs droits en refusant d'ordonner l'expertise requise par le recourant, dès lors qu'elle n'était pas obligatoire, l'autorité cantonale a estimé superflu d'examiner laquelle des versions allemande, française ou italienne doit faire foi pour l'interprétation de l' art. 141 al. 3 OAC ; elle a cependant jugé douteux qu'il faille admettre, comme le Tribunal fédéral, que les deux conditions énoncées sont alternatives et non cumulatives, car lorsque le droit fédéral impose l'expertise comme mode de preuve (art. 13, 42, 43, 44, 100 CP), le juge ne doit jamais l'ordonner que si elle est nécessaire, c'est-à-dire lorsqu'il y a un doute sur un point de fait dont l'appréciation nécessite des connaissances spéciales. b) Le recourant critique cette argumentation et soutient quant à lui que l' art. 55 LCR est une base légale suffisante pour BGE 105 IV 251 S. 254 les art. 138 à 142 OAC et que, dès lors, c'est à tort qu'a été écartée sa requête tendant à ce que le résultat de l'analyse du sang soit soumis à l'appréciation d'un médecin légiste conformément à l' art. 141 al. 3 OAC . Il relève, à titre subsidiaire, que même si les conditions posées par l' art. 141 al. 3 OAC n'étaient pas alternatives mais cumulatives, il y aurait doute sur son alcoolémie au moment des faits car, du moment qu'il a absorbé une forte bière de 3 dl. immédiatement avant de se mettre au volant, il se trouvait, dit-il, dans la phase d'absorption au moment des faits qui lui sont reprochés, si bien qu'il serait loin d'être certain que le taux déterminant ait dépassé 0,8%o. 2. a) C'est au Tribunal fédéral qu'il appartient de décider en dernier ressort si les dispositions d'application des actes législatifs respectent le principe de la légalité. Lorsque le législateur autorise ou même charge le pouvoir exécutif de fixer lui-même dans une certaine mesure la portée de l'acte législatif en édictant des règles primaires qui seraient normalement du ressort de la loi, l'ordonnance rendue par l'exécutif est dite de substitution. Elle doit alors être fondée, par définition puisqu'elle est dépendante, sur une délégation législative expresse, encore que celle-ci puisse être assez large (cf. ATF 103 IV 193 /194 et arrêts et doctrine cités). Lorsqu'une ordonnance de l'exécutif fédéral déroge à un principe inscrit dans la constitution, il faut évidemment examiner si la délégation légale autorise ou non le Conseil fédéral à édicter une ordonnance dérogeant à un tel principe; dans l'affirmative, en vertu de l' art. 113 al. 3 Cst. , le Tribunal ne peut considérer l'ordonnance comme nulle pour cause d'inconstitutionnalité, puisque celle-ci est tolérée par la loi; en revanche, le Tribunal fédéral - comme tout organe d'application du droit d'ailleurs - peut intervenir lorsque l'inconstitutionnalité de l'ordonnance n est pas couverte par la délégation légale (cf. ATF 92 I 433 ). b) En édictant les art. 138 à 142 de l'OAC du 27 octobre 1976 - qui remplacent en les reprenant pour l'essentiel les dispositions de l'arrêté du Conseil fédéral du 14 février 1968 sur la constatation de l'ébriété des usagers de la route - le Conseil fédéral s'est fondé sur l' art. 55 LCR . L'al. 3 de cette disposition contient une délégation de compétence expresse du Conseil fédéral pour édicter " des prescriptions sur la procédure à suivre pour prélever et analyser le sang, de même que sur l'examen BGE 105 IV 251 S. 255 médical complémentaire de la personne présumée prise de boisson". Il convient donc d'examiner si c'est à juste titre que l'autorité cantonale a considéré que l' art. 141 al. 3 OAC - qui dispose que le résultat de l'analyse du sang sera soumis à l'appréciation d'un médecin légiste lorsque le suspect le demande ou lorsque ce résultat suscite des doutes - sortait du cadre de la compétence déléguée par l' art. 55 al. 3 LCR , cette dernière disposition constituant alors une base légale insuffisante. Les prescriptions que le Conseil fédéral est autorisé à édicter en vertu de l' art. 55 al. 3 LCR sont des dispositions de procédure, puisqu'elles ont pour objet l'administration d'une preuve, celle de l'ivresse d'un conducteur. Comme, en vertu de l' art. 64bis al. 2 Cst. , la procédure est d'une manière générale réservée aux cantons, la compétence accordée au Conseil fédéral par le législateur déroge à un principe constitutionnel. Prévue expressément par la loi, cette dérogation ne peut, en vertu de l' art. 113 al. 3 Cst. précité, être considérée comme nulle en soi. Il s'agit dès lors d'examiner uniquement si telle règle de procédure particulière - en l'espèce, l' art. 141 al. 3 OAC - édictée en vertu de la délégation, sort ou non du cadre de celle-ci. L' art. 55 al. 3 LCR autorise le Conseil fédéral à réglementer d'une manière uniforme pour l'ensemble de la Suisse les moyens de preuve constitués par la prise de sang et l'examen médical. Les dispositions que le Conseil fédéral est ainsi habilité à prendre concernent donc des preuves par expertise au sens large du terme, c'est-à-dire l'établissement de certaines constatations et observations, pour lesquelles des connaissances techniques particulières sont nécessaires (cf. JABERG, in RPS 1964 (80), p. 296/297). Ces normes probatoires ont pour fonction de garantir la constatation exacte du degré d'ébriété de la personne suspectée ( ATF 101 IV 233 consid. 2b). Autorisé par l' art. 55 al. 3 LCR à établir ces normes et à fixer notamment la procédure à suivre pour prélever et analyser le sang, le Conseil fédéral est, en vertu du sens et du but mêmes de cette disposition légale, habilité à édicter toutes règles de protection du justiciable liées à cette procédure. Or une règle imposant de soumettre le résultat de l'analyse à l'appréciation d'un médecin légiste lorsque le suspect le demande constitue précisément une disposition de protection des droits du justiciable qui s'insère BGE 105 IV 251 S. 256 par nature dans le cadre de la procédure de prélèvement et d'analyse du sang; au même titre que les prescriptions purement techniques qui peuvent être édictées, elle sert à garantir la constatation exacte du degré d'ébriété au moment des faits, constatation qui est le but même de la loi et de la délégation de compétence. Rien n'empêche qu'une telle garantie puisse être accordée sous la forme d'un droit à une expertise médico-légale, c'est-à-dire à une expertise au sens étroit du terme. Ainsi, au vu du texte, du sens et du but de l' art. 55 LCR , l' art. 141 al. 3 OAC ne sort aucunement du cadre de la compétence déléguée par la loi. L'interprétation historique de l' art. 55 LCR confirme au surplus cette manière de voir. Au cours des débats devant le Conseil national en effet, lors de l'élaboration de la LCR, le représentant du Conseil fédéral, interpellé quant au contenu probable des prescriptions que l'exécutif était chargé d'édicter, a clairement indiqué, sans soulever la moindre objection, que le suspect pourrait avoir droit à une contre-analyse, ou qu'une expertise médico-légale systématique était même envisagée (BO CN 1957, p. 218/219). L' art. 55 LCR était donc clairement compris comme l'octroi au Conseil fédéral d'une large compétence en matière de procédure, en dérogation au principe posé à l' art. 64 al. 2 Cst. C'est donc à tort que la cour cantonale a refusé d'appliquer l' art. 141 al. 3 OAC . 3. Dès lors que l' art. 141 al. 3 OAC est applicable, il convient d'examiner si les deux conditions qu'il énonce pour que soit effectuée une expertise médicale - demande du suspect ou doute sur le résultat de l'analyse - sont alternatives ou cumulatives. Le Tribunal fédéral s'est déjà prononcé sur la question en interprétant l'art. 4 al. 3 de l'ACF du 14 février 1968, qui a été remplacé par l' art. 141 al. 3 OAC dont la teneur est exactement semblable. Il a posé que les deux conditions énoncées sont alternatives et non pas cumulatives ( ATF 102 IV 122 ). Il a donc considéré que ce sont les textes français et italien de cette disposition qui sont déterminants, puisqu'ils usent de la conjonction "ou" ("o"), au lieu du "und" qui figure dans le texte allemand, entre les deux conditions prévues dans cette disposition. Aucun motif déterminant ou convaincant ne justifie de revenir sur cette jurisprudence favorable au suspect. BGE 105 IV 251 S. 257 Ainsi, en l'espèce, la demande ad hoc formulée par le recourant obligeait les premiers juges à soumettre le résultat de l'analyse du sang à l'appréciation d'un médecin légiste. C'est donc à tort, contrairement à l'avis de l'autorité cantonale, qu'ils ont rejeté cette demande.
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Urteilskopf 117 Ib 337 41. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 14 octobre 1991 dans la cause P. contre Office fédéral de la police (recours de droit administratif)
Regeste Auslieferung einer durch den ersuchenden Staat im Abwesenheitsverfahren verurteilten Person; Grundsatz des guten Glaubens; Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit; Recht auf Aufhebung des Abwesenheitsurteils und Wahrung der Verteidigungsrechte; Art. 6 EMRK , art. 2 EAÜ und 3 des zweiten Zusatzprotokolls zum EAÜ. 1. Die Person, die Gegenstand des Auslieferungsersuchens bildet, kann sich auf die Anwendung des völkerrechtlichen Grundsatzes des guten Glaubens berufen, soweit dieser allgemeine Grundsatz auch bezweckt, die Einzelpersonen zu schützen. In casu keine Verletzung dieses Grundsatzes (E. 2). 2. Begründung des Auslieferungsersuchens (E. 3); beidseitige Strafbarkeit (E. 4). 3. Eine im ersuchenden Staat in Abwesenheit verurteilte Person muss - den Anforderungen von Art. 6 EMRK entsprechend - die Wiederaufnahme des Verfahrens verlangen können (E. 5a und b). 4. Im Lichte von Art. 3 des Kapitels III des - zwischen der Schweiz und Italien anwendbaren - zweiten Zusatzprotokolls zum EAÜ kann die Schweiz die Auslieferung verweigern, wenn im Verfahren, welches im ersuchenden Staat zum Abwesenheitsurteil geführt hat, die Mindestrechte der Verteidigung nicht gewahrt worden sind. Sie kann auch, wie im vorliegenden Fall, die Auslieferung von der Bedingung abhängig machen, dass der ersuchende Staat hinreichende Zusicherungen abgibt, um dem Auszuliefernden das Recht auf ein neues Gerichtsverfahren zu gewährleisten, in welchem seine Verteidigungsrechte gewahrt werden (E. 5c und d).
Sachverhalt ab Seite 338 BGE 117 Ib 337 S. 338 Le 7 janvier 1985, le juge instructeur auprès du Tribunal civil et pénal de Florence a décerné un mandat d'arrêt contre P., ressortissant des Etats-Unis d'Amérique, où il résidait. P. était prévenu de trafic illicite de stupéfiants par métier pour avoir participé à l'organisation du transfert de grandes quantités d'héroïne pure aux Etats-Unis. Il était aussi poursuivi du chef de constitution illicite d'avoirs en devises à l'étranger ("costituzione di disponibilità valutaria a l'estero"). Interpellé à New York au mois de mars 1985 sur la base de ce mandat d'arrêt, P. a été entendu du 21 au 23 mars 1985 par une délégation de magistrats italiens sous la conduite du BGE 117 Ib 337 S. 339 juge chargé de l'instruction, en présence de fonctionnaires de l'Office de l'Attorney général des Etats-Unis pour le district oriental de l'Etat de New York. Aux dires de P., un accord aurait été passé à ce moment-là, aux termes duquel les autorités américaines et italiennes se seraient engagées les unes à ne pas le poursuivre et les autres à ne pas requérir son extradition de quelque pays que ce soit. Statuant par défaut le 18 juin 1986, le Tribunal de Florence a condamné P. à la peine de dix ans de réclusion et à Lit. 60'000'000 d'amende. Sur recours du Ministère public, la Cour d'Appel de Florence a, par arrêt du 30 avril 1987, prononcé également par défaut, condamné P. aux peines de vingt ans de réclusion et de Lit. 300'000'000 d'amende. Le 12 août 1990, Interpol Rome a confirmé à l'Office fédéral de la police, à la requête de celui-ci, que P. était recherché par les autorités italiennes sur la base d'un mandat d'arrêt décerné le 25 août 1987 par le Procureur général de la République italienne auprès de la Cour d'Appel de Florence pour l'exécution de la peine prononcée le 30 avril 1987. Arrêté à Lausanne le 20 mars 1991, P. a été placé en détention extraditionnelle. La Chambre d'Accusation du Tribunal fédéral a rejeté, le 11 avril 1991, un recours dirigé contre cette mesure. Par note verbale du 4 avril 1991, l'Ambassade d'Italie à Berne a demandé formellement l'extradition de P. en se fondant sur le mandat d'arrêt du 25 août 1987. P. s'est opposé à son extradition, que l'Office a accordée le 5 juillet 1991 pour les faits mentionnés dans la demande du 4 avril 1991. Contre cette décision, P. a formé un recours de droit administratif, que le Tribunal fédéral a admis partiellement pour les motifs suivants. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Le recourant soutient principalement que l'Italie le réclamerait au mépris de la bonne foi et des engagements internationaux qu'elle aurait pris à son sujet envers les Etats-Unis d'Amérique, pays dont il est le ressortissant, mais qui admet, en principe, l'extradition de ses nationaux. Il expose qu'à l'issue des interrogatoires qu'il a subis à New York au mois de mars 1985, la délégation italienne aurait renoncé définitivement, au nom de l'Etat BGE 117 Ib 337 S. 340 requérant, à demander son extradition pour les faits alors poursuivis, et cela de tout Etat dans lequel il pourrait se trouver à l'avenir. Cette version, confirmée par des fonctionnaires américains, est contestée par les magistrats italiens qui ont participé à ces interrogatoires. Ces derniers reconnaissent avoir pris acte de l'immunité pénale accordée au recourant dans son pays d'origine. L'action pénale ne pouvant être abandonnée en Italie, ils auraient simplement assuré les autorités américaines qu'ils interviendraient auprès du Ministère italien des Grâces et de la Justice, seul compétent pour retirer une demande d'extradition. a) Selon les conceptions en vigueur en Suisse, les principes généraux du droit des gens y sont directement applicables comme droit interne; lorsqu'ils sont d'ordre public (jus cogens), ils l'emportent sur le droit positif conventionnel dont l'application serait, in concreto, en contradiction avec eux (cf. art. 53 de la convention de Vienne sur le droit des traités, RS 0.111; ATF ATF 112 Ib 222 consid. 7, ATF 108 Ib 410 -413). La personne qui fait l'objet d'une demande d'extradition peut se prévaloir de ces principes généraux dans la mesure où ils ont aussi pour but de protéger les individus (cf. ATF 106 Ib 403 consid. 5c). Il est ainsi loisible au recourant d'invoquer en l'espèce une violation de la règle de la bonne foi pour s'opposer à la demande d'extradition. La règle de la bonne foi interdit à un Etat d'user de contrainte ou d'astuce pour s'emparer d'une personne qu'il recherche et qui séjourne sur le territoire d'un autre Etat où elle bénéficierait de l'immunité extraditionnelle. Est prohibée toute machination abusive visant à soustraire un individu à cette immunité pour l'amener à se rendre sur le territoire de l'Etat poursuivant ou sur le territoire d'un autre Etat qui serait en principe obligé de l'extrader. L'Etat requis sur le territoire duquel un individu a été attiré par de tels procédés a le devoir de ne pas les cautionner en accueillant une demande d'extradition qui lui serait adressée par l'Etat fautif (arrêt du 15 juillet 1982, en la cause C., reproduit dans EuGRZ 10/1983 p. 435 et ASDI XXXIX/1983 p. 228; HANS SCHULTZ, Les droits de l'homme et le droit extraditionnel, in: Etudes en l'honneur de Jean Graven, Genève 1969, p. 135 ss, 145-146; idem "Male captus bene iudicatus?" ASDI XXIV/1967 p. 67 ss). b) L'application concrète de ces principes, dont certains ont été codifiés dans le droit conventionnel européen, doit se fonder sur des faits clairs, car la bonne foi de l'Etat qui requiert une extradition est présumée. C'est à celui qui entend se prévaloir BGE 117 Ib 337 S. 341 de ces principes pour faire échec à une demande d'extradition qu'il appartient de démontrer clairement leur violation. Il ne saurait se borner à de pures affirmations, si détaillées soient-elles. En présence de versions contradictoires aussi vraisemblables les unes que les autres, l'Etat requis se rangera à celle présentée par l'Etat requérant, à moins que la mauvaise foi de celui-ci ne soit patente. Tel n'est pas le cas en l'espèce. La version présentée de manière concordante par les magistrats de l'Etat requérant qui ont participé aux interrogatoires des 21 et 23 mars 1985 à New York n'est pas dénuée de vraisemblance. Rien n'exclut qu'après avoir pris acte de l'immunité pénale accordée au requérant par les Etats-Unis d'Amérique, le juge d'instruction italien ait constaté qu'il n'avait pas la compétence pour en tirer des conclusions immédiates et se soit borné à annoncer qu'il interviendrait auprès de l'autorité administrative compétente. Cette démarche n'a pas l'apparence d'un comportement astucieux destiné à dissiper les craintes du recourant d'être recherché par les autorités italiennes en cas de voyage à l'étranger. Appelé à apprécier ces circonstances, le Tribunal fédéral attache la plus haute importance au fait que l'Etat requérant, signataire de la Convention européenne sur l'extradition, a confirmé sa demande par note diplomatique du 7 mai 1991, après avoir pris connaissance des déclarations américaines et enquêté auprès des magistrats qui se sont rendus à New York en mars 1985. La mauvaise foi de l'Etat requérant n'est donc pas établie au point de faire obstacle à l'exécution des obligations internationales que la Suisse a contractées envers lui. c) La Suisse est tenue de livrer une personne à un autre Etat qui la réclame sur la base d'un traité d'extradition. Elle ne saurait se soustraire à cette obligation en se prévalant d'un accord de non-extradition auquel elle n'est pas partie. Sous réserve de la mauvaise foi manifeste de l'Etat requérant, un tel accord n'est pour elle qu'une "res inter alios" qui ne l'emporte pas sur le traité dont l'application lui est demandée (cf. ATF 113 Ib 163 /164; arrêts non publiés du 20 décembre 1988, en la cause Office fédéral de la police c. M. et consorts, et du 9 octobre 1987, en la cause B.). Le premier grief du recourant s'avère donc mal fondé. 3. Le recourant soutient ensuite que la demande d'extradition ne répondrait pas aux exigences de l' art. 12 ch. 2 let. b CEExtr , à teneur duquel elle doit être accompagnée d'un exposé des faits poursuivis, présenté de façon suffisamment précise pour permettre BGE 117 Ib 337 S. 342 à l'Etat requis de se prononcer sur l'incrimination de ces faits selon son propre droit. Les faits pour lesquels l'extradition est requise sont ceux décrits dans l'arrêt de la Cour d'Appel de Florence du 30 avril 1987. Leur résumé circonstancié a été communiqué à l'autorité intimée en annexe à une note diplomatique du 4 avril 1991. Cet exposé est confirmé par d'autres documents établis par le juge d'instruction, qui figurent au dossier. Il en résulte que le recourant a été condamné pour avoir été l'un des organisateurs d'un vaste trafic de stupéfiants importés en Italie, puis transférés de ce pays à l'étranger. Sa participation à ce trafic aurait été essentielle, car il aurait mis à la disposition de cette organisation criminelle ses relations et ses moyens pour permettre à ses complices de bénéficier de leur butin. L'étendue du réseau dans lequel aurait oeuvré le recourant, la place qu'il y aurait tenue, la durée de ses activités criminelles et le montant de l'argent qu'il aurait recyclé, ressortent du dossier avec une clarté suffisante eu égard à la complexité des actes délictueux qui ont motivé la condamnation. Les critiques qu'il émet à ce propos, de même que celles relatives à la compétence de la juridiction italienne, au sens de l' art. 7 CEExtr , sont, partant, injustifiées. 4. Le recourant conteste que ces faits soient punissables en droit suisse comme l'exige l' art. 2 ch. 1 CEExtr . a) Le principe de la double incrimination ne commande pas que la législation de l'Etat requis donne aux faits de la demande la même qualification juridique que la législation de l'Etat requérant, que ces faits soient soumis aux mêmes conditions de punissabilité ou qu'ils soient passibles de peines équivalentes. Il suffit qu'ils soient réprimés dans les deux Etats comme des délits donnant lieu ordinairement à la coopération internationale ( ATF 112 Ib 230 consid. 3c et les arrêts cités). b) Au regard de l'art. 19 ch. 1 à 7 LStup, les opérations financières liées au trafic de stupéfiants sont qualifiées d'acte principal ou d'acte de complicité de trafic de stupéfiants, lorsque celui qui les accomplit sait qu'il s'agit d'argent provenant de ce trafic, ou s'il en accepte l'éventualité ( ATF 115 IV 256 ss). L'association à une organisation de trafiquants est aussi punissable en droit suisse ( ATF 97 I 380 consid. 4b/bb; arrêt non publié du 28 juin 1989, en la cause G.). Ainsi, les faits présentés à l'appui de la requête tomberaient sous le coup de l' art. 19 LStup , s'ils avaient été commis en Suisse. BGE 117 Ib 337 S. 343 Il convient cependant de constater avec l'autorité intimée que l'extradition ne peut être accordée pour le délit de constitution d'avoirs monétaires à l'étranger ("costituzione di disponibilità valutaria all'estero" au sens de l'art. 1 du Décret législatif No 31 du 3 mars 1976, en relation avec la loi No 159 du 30 avril 1976, IIe et IVe sections), dans la mesure où il s'agit là d'un délit douanier. L' art. 5 CEExtr , qui exclut en principe l'extradition pour de tels délits, est toujours applicable dans les relations entre l'Italie et la Suisse; en ratifiant le deuxième Protocole additionnel du 17 mars 1978, entré en vigueur pour elle le 9 juin 1985 (ci-après: le deuxième Protocole additionnel; RS 0.353.12), celle-ci a en effet déclaré ne pas accepter son titre II qui remplace cette disposition. 5. Le recourant conclut à titre subsidiaire à ce que la demande ne soit admise qu'à la condition qu'il bénéficie d'une nouvelle instruction et d'un nouveau jugement pour toutes les infractions pour lesquelles l'extradition serait accordée, à l'exclusion de tous autres faits. Il motive cette conclusion par l'impossibilité dans laquelle il se trouverait d'obtenir le relief du jugement par défaut qui l'a condamné à la peine de vingt ans de réclusion. a) Avant que la Suisse n'adhère au deuxième Protocole additionnel, le Tribunal fédéral s'inspirait de principes semblables à ceux proclamés dans cet acte du droit des gens lorsqu'il s'agissait d'extrader à un Etat non conventionnel une personne condamnée par défaut. Il considérait, dans de tels cas, que les exigences du droit d'être entendu étaient satisfaites lorsque l'extradé avait la possibilité d'obtenir le relief du jugement en se présentant devant le juge. Il subordonnait l'extradition à la condition qu'une nouvelle procédure de jugement, sauvegardant les droits de la défense, soit ordonnée pour autant que l'extradé le demande dans un délai raisonnable à fixer par l'Etat requérant, à moins que cet Etat n'ait fourni des renseignements suffisants pour démontrer que les droits de défense du condamné par défaut avaient été sauvegardés ( ATF 107 Ib 71 consid. 2b et c; cf. arrêt non publié du 9 août 1991, en la cause D.). Dans ses relations avec l'Italie, le Tribunal fédéral a considéré que l' art. 6 CEDH donnait à l'accusé le droit d'avoir un procès régulier et équitable, mais non celui de faire reprendre un procès auquel il se serait volontairement abstenu de prendre part. Il a jugé qu'une demande d'extradition pouvait être accueillie pour l'exécution du jugement par défaut, parce que l'opposant s'était abstenu volontairement de comparaître alors qu'il aurait eu la possibilité de rentrer en cause après une suspension de débats due BGE 117 Ib 337 S. 344 à une hospitalisation. Il a également tenu compte du fait que l'opposant avait un défenseur de choix qui l'avait représenté devant l'autorité de jugement. Ces circonstances l'ont amené à conclure que les débats n'avaient été tenus en l'absence de l'opposant que par sa propre volonté et non par suite d'une cause d'empêchement imputable à l'autorité, la procédure par contumace italienne offrant par ailleurs des garanties suffisantes au regard de l' art. 6 CEDH ( ATF 106 Ib 404 consid. 7). b) La Cour européenne des droits de l'homme a depuis lors précisé la portée de l' art. 6 CEDH . Elle a jugé que cette disposition était également violée si le condamné qui n'a pas eu connaissance de sa citation aux débats, et n'a pas cherché à se soustraire à la justice, ne peut obtenir la reprise de sa cause qu'à la condition de prouver qu'il a été empêché par force majeure de se présenter. L' art. 6 CEDH n'exige pas, de manière générale, que le condamné par défaut puisse dans tous les cas obtenir le relief sans conditions, mais seulement qu'il puisse obtenir la reprise de sa cause lorsqu'il n'est pas établi qu'il aurait eu connaissance des poursuites dirigées contre lui; le fardeau de la preuve à ce propos ne peut lui être imposé (arrêts de la Cour européenne du 12 février 1985, en la cause Colozza, Série A/No 89, et du 28 août 1991, en la cause F.C.B. Série A/No 208-B). Il faut, en résumé, que les ressources offertes par le droit interne se révèlent effectives et qu'il n'incombe pas à l'accusé de prouver qu'il n'entendait pas se dérober à la justice, ni que son absence s'expliquait par un cas de force majeure (arrêt Colozza, cité, par. 30). La jurisprudence actuelle du Tribunal fédéral relative au droit interne se fonde sur les mêmes conceptions ( ATF 113 Ia 230 /231 consid. 2a). c) Le Titre III, art. 3, du deuxième Protocole additionnel a la teneur suivante: "Jugements par défaut 1. Lorsqu'une Partie contractante demande à une autre Partie contractante l'extradition d'une personne aux fins d'exécution d'une peine ou d'une mesure de sûreté prononcée par une décision rendue par défaut à son encontre, la Partie requise peut refuser d'extrader à cette fin si, à son avis, la procédure de jugement n'a pas satisfait aux droits minimums de la défense reconnus à toute personne accusée d'une infraction. Toutefois, l'extradition sera accordée si la Partie requérante donne des assurances jugées suffisantes pour garantir à la personne dont l'extradition est demandée le droit à une nouvelle procédure de jugement qui sauvegarde les droits de la défense. Cette décision autorise la Partie requérante soit à exécuter BGE 117 Ib 337 S. 345 le jugement en question si le condamné ne fait pas opposition, soit à poursuivre l'extradé dans le cas contraire. 2. Lorsque la Partie requise communique à la personne dont l'extradition est demandée la décision rendue par défaut à son encontre, la Partie requérante ne considérera pas cette communication comme une notification entraînant des effets à l'égard de la procédure pénale dans cet Etat." Le 23 janvier 1985, l'Italie a ratifié le deuxième Protocole additionnel qui est entré en vigueur pour elle le 23 avril de la même année. Elle s'est alors réservé le droit, conformément à l'art. 9 ch. 2, de ne pas accepter le titre III relatif au jugement par défaut (RO 1985 I 729; cf. arrêt non publié du 5 février 1986, en la cause O.). Par note verbale du 24 août 1991, l'Italie a confirmé à la Suisse qu'elle avait retiré cette réserve par une communication adressée au Secrétariat du Conseil de l'Europe au cours de l'année 1990. Elle est donc désormais liée par le titre III, art. 3, du deuxième Protocole additionnel. Dans la mesure où la procédure qui a abouti à la condamnation du recourant n'aurait pas satisfait aux droits minimums de la défense reconnus à toute personne accusée d'une infraction, comme le soutient le recourant, la Suisse aurait, partant, la possibilité, soit de refuser l'extradition, soit de l'accorder à la condition que l'Etat requérant donne des assurances suffisantes pour garantir le droit à une nouvelle procédure de jugement qui sauvegarde les droits de la défense. L'art. 3 ch. 1 du deuxième Protocole additionnel se réfère à l'"avis" de la partie requise; celle-ci dispose donc d'une liberté d'appréciation considérable à ce sujet. La décision que le juge de l'extradition doit prendre à ce propos dépend des circonstances concrètes de chaque espèce. d) Le jugement du 30 avril 1987 a été rendu en l'absence du recourant, selon la procédure par défaut applicable dans l'Etat requérant, qui prévoit que le jugement peut être rendu par contumace lorsque la citation à comparaître n'a pu être remise à l'accusé. Il n'appartient pas aux autorités suisses de se demander si le recourant a effectivement été informé des poursuites en cours contre lui en Italie et s'il a eu la possibilité de se rendre dans ce pays pour se défendre. Il leur suffit de constater l'équivoque qui pèse sur le contenu des accords qui auraient été conclus en mars 1985 à New York entre l'Etat requérant et les Etats-Unis et l'interprétation divergente qu'en donnent les fonctionnaires qui y ont participé. On ne saurait exiger du recourant qu'il connaisse mieux que ceux-ci BGE 117 Ib 337 S. 346 la portée des engagements pris à son sujet. Quoi qu'il en soit, la faute qu'il aurait commise en n'assistant pas aux débats peut encore paraître excusable sur le vu du comportement ambigu de l'Etat requérant. Les renseignements imprécis au sujet de la citation du recourant à comparaître confirment cette appréciation. Les autorités italiennes paraissent avoir considéré, dès le début de la procédure engagée contre le recourant, que celui-ci était inatteignable ("irreperibile"), et n'avoir pas envisagé de mesures spéciales pour le mettre en situation de se défendre. La Suisse est par conséquent en droit de considérer que la procédure de jugement n'a pas satisfait aux droits minimums de la défense selon les termes de l'art. 3 ch. 1 du deuxième Protocole additionnel, et de refuser par conséquent l'extradition en l'absence d'une nouvelle procédure de jugement qui sauvegarde les droits de la défense. Par note verbale du 3 octobre 1991, l'Etat requérant a confirmé que le jugement du 30 avril 1987 était définitivement exécutoire et n'était plus susceptible d'un recours ordinaire. Le recourant pourrait certes demander la revision du jugement contumacial selon les art. 629 ss du Code de procédure pénale de la République italienne, du 22 septembre 1988, mais il semble toutefois - du moins à première vue - que le relief d'un jugement par défaut pour les motifs ici examinés ne constituerait pas un cas de revision au sens de l'art. 630 let. a à d de ce Code. Les autorités italiennes ont certes indiqué qu'il serait loisible au recourant d'invoquer l'art. 175 du Code de procédure pénale italien, aux termes duquel la personne condamnée par défaut peut demander la restitution du délai qui lui a été imparti pour comparaître à l'audience de jugement, mais il faut pour cela que le condamné prouve s'être trouvé dans l'impossibilité de se présenter à temps devant ses juges pour une raison fortuite ou pour un cas de force majeure, et n'avoir pas eu connaissance de la procédure engagée contre lui. Il est douteux que le texte de cette norme soit conforme à l' art. 6 CEDH (cf. ENNIO AMODIO/ORESTE DOMINIONI, Commentario del nuovo Codice di procedura penale, Milan, 1989, vol. II, p. 250-252). Le Tribunal fédéral n'a cependant pas à approfondir sous cet angle la portée du droit étranger. Il doit seulement constater l'incertitude qui existe quant aux possibilités pour le recourant d'obtenir le relief du jugement de condamnation par défaut, ou même simplement de le demander, s'il était extradé. En conclusion, la Suisse se trouve en présence d'une situation visée par l'art. 3 ch. 1 du deuxième Protocole additionnel (cf. BGE 117 Ib 337 S. 347 consid. 5a ci-dessus). Elle n'accordera donc l'extradition que si les autorités italiennes donnent des assurances satisfaisantes au regard de cette disposition (cf. arrêt du 9 août 1991, cité). Ces assurances devront porter sur le droit du recourant de demander le relief du jugement rendu par défaut le 30 avril 1987 (ch. 1). Le délai pour ce faire ne commencera pas à courir avant la remise de l'extradé à l'Etat requérant (ch. 2). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral admet le recours partiellement, en ce sens que: a) l'extradition n'est pas accordée pour le délit de "constitution d'avoirs en devises à l'étranger", selon les dispositions spécifiques du droit italien; b) l'extradition est accordée pour le surplus, à la condition que l'Etat requérant donne au préalable l'assurance que le recourant aura la faculté de demander le relief du jugement rendu par défaut le 30 avril 1987, le délai pour ce faire ne commençant pas à courir avant la remise de l'extradé à l'Etat requérant.
public_law
nan
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1,991
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CH
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Urteilskopf 101 V 212 44. Arrêt du 1er juillet 1975 dans la cause Egli contre Caisse de compensation du canton de Berne et Tribunal des assurances du canton de Berne
Regeste Art. 78 Abs. 3 IVV . Voraussetzungen, unter denen ein Versicherter von der Invalidenversicherung die Übernahme seiner Kosten verlangen darf, wenn er das von ihr angeordnete Diagnoseverfahren ergänzen lässt.
Sachverhalt ab Seite 212 BGE 101 V 212 S. 212 A.- Jean-Jacques Egli, né en 1968, a été soigné aux frais de l'assurance-invalidité dès le 2 novembre 1972 pour une infirmité congénitale rangée sous ch. 390 de l'art. 2 OIC et des troubles du langage consécutifs à cette affection. Peu avant l'échéance des prestations accordées (mesures médicales et pédago-thérapeutiques), fixée au 31 décembre 1973, les parents du prénommé firent examiner leur enfant par le Prof. H., qui ordonna notamment un électro-encéphalogramme. Ce médecin constata que l'intéressé souffrait de l'infirmité congénitale qui figurait dans l'OIC sous le ch. 388 et nécessitait des traitements physiothérapique et orthophonique. Saisie d'une demande de prolongation des prestations précédemment allouées, la commission renouvela jusqu'au 31 janvier 1976, sous réserve de nouvel examen à cette date, les mesures susmentionnées de traitement de l'infirmité congénitale visée à l'art. 2 ch. 390 OIC. Elle refusa en revanche d'assumer les frais occasionnés par l'examen demandé au Prof. H., motif pris de ce que son autorisation préalable n'avait pas été requise, d'une part, et, d'autre part, de ce que les investigations de ce praticien n'étaient nécessaires ni à l'établissement du diagnostic, déjà connu, ni à la poursuite du traitement. Cette décision fut notifiée à Roland Egli, père de Jean-Jacques, le 6 février 1974 par les soins de la Caisse de compensation du canton de Berne. B.- Saisi d'un recours, le Président du Tribunal des assurances du canton de Berne, statuant en qualité de juge unique, confirma le 22 août 1974 l'acte administratif attaqué, parce BGE 101 V 212 S. 213 que le Prof. H., qui avait posé le diagnostic de l'infirmité congénitale figurant sous ch. 388 de l'art. 2 OIC, avait prescrit les mêmes mesures que les médecins ayant retenu l'existence d'une affection différente; que les autres constatations de ce praticien rejoignaient celles faites précédemment par ses confrères; et enfin que les parents de l'assuré auraient eu la possibilité de présenter une demande aux organes de l'assurance. C.- Roland Egli interjette recours de droit administratif. Alléguant avoir consulté le Prof. H. en raison de l'aggravation de l'état de son fils, il relève que les investigations en cause ont finalement permis de déterminer la nature réelle du mal. Il conclut en conséquence à la prise en charge par l'assurance-invalidité des mesures litigieuses et verse au dossier un rapport émanant des Drs M. et F., du Service médico-psychologique du Jura, du 24 septembre 1974. Il ressort de ce document que les examens effectués sans l'autorisation de la commission de l'assurance-invalidité ont conduit à déceler la présence chez l'assuré des infirmités congénitales suivantes: idiotie amaurotique, soit maladie de Tay-Sachs (ch. 453); épilepsie symptomatique due à des affections congénitales du cerveau (ch. 388); troubles cérébraux héréditaires (ch. 404); affections congénitales du nerf optique (ch. 423). Deux attestations des 6 et 19 septembre 1974 du Dr W., du Kinderspital, à Bâle, ont également été produites. La caisse intimée à renoncé à prendre position sur le recours, dont l'Office fédéral des assurances sociales propose l'admission. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 78 al. 3 RAI, les mesures d'instruction sont prises en charge par l'assurance quand elles ont été ordonnées par la commission ou, à défaut, en tant qu'elles étaient indispensables à l'octroi de prestations ou faisaient partie intégrante de mesures de réadaptation octroyées après coup. C'est manifestement cette disposition qu'il y a lieu d'appliquer en l'occurrence. A cet égard, le Tribunal fédéral des assurances a jugé qu'il fallait interpréter à la lettre l'art. 78 al. 3 RAI, en tant qu'il vise les mesures d'instruction qui n'ont pas été ordonnées par l'administration. La Cour de céans a BGE 101 V 212 S. 214 cependant fait la réserve suivante: l'assuré qui s'est annoncé à temps à l'assurance-invalidité doit en tout cas pouvoir compter être fixé à temps également sur ses droits vis-à-vis de l'assurance; la carence de l'administration ne saurait lui porter préjudice (RO 97 V 233 et les arrêts cités). 2. Dans la présente affaire, mesures renouvelées et mesures préconisées par le Prof. H. en raison des atteintes décelées par lui sont identiques. On pourrait dès lors être tenté d'admettre que les examens litigieux, non ordonnés par la commission de l'assurance-invalidité, n'étaient pas indispensables à l'octroi desdites prestations. Ce serait cependant ignorer l'importance que revêt pour la détermination et l'application des mesures de réadaptation une information exacte quant à la nature du mal dont un invalide est affecté. L'assuré qui, dans son propre intérêt mais aussi à son propre risque, prend l'initiative de faire corriger ou compléter sur un point non négligeable le diagnostic retenu par les organes de l'assurance ne saurait dès lors se voir refuser la prise en charge des dépenses encourues de ce chef sous prétexte que les mesures de réadaptation indiquées ont déjà été accordées - et même éventuellement déjà été exécutées - sur la base des renseignements - inexacts ou incomplets - réunis auparavant par l'administration. Il y a lieu de préciser dans ce sens la jurisprudence précitée. 3. En l'espèce, il ne saurait faire de doute que les précisions apportées par les examens en cause quant à l'état de santé de Jean-Jacques Egli présentent le plus grand intérêt pour l'établissement d'un plan de réadaptation. Peu importe dès lors que les mesures proposées par le Prof. H. fussent les mêmes que celles renouvelées par l'assurance-invalidité. Au demeurant, les examens effectués ou suscités par ce médecin ont permis d'établir l'existence d'infirmités congénitales, ignorées jusqu'alors, qui justifieront probablement l'octroi d'autres mesures de réadaptation, comme le relève l'Office fédéral des assurances sociales dans son préavis. Vu ce qui précède, l'assurance-invalidité assumera les frais des investigations en cause. L'affaire sera donc renvoyée à l'administration pour qu'elle fixe la quotité des prestations qui devront être allouées de ce chef et statue en outre en connaissance de cause (notamment au regard des pièces produites en seconde instance) sur le droit de l'assuré à de nouvelles BGE 101 V 212 S. 215 mesures de réadaptation, le tout par décision susceptible de recours. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est admis, le jugement attaqué et la décision litigieuse étant annulés. La cause est renvoyée à l'administration pour décision portant sur la quotité des prestations allouées à titre de mesures d'instruction d'une part, et, d'autre part, sur le droit de l'assuré à de nouvelles mesures de réadaptation, conformément aux considérants.
null
nan
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1,975
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6c9aa8c1-8c62-422f-9426-018ba06f6b3f
Urteilskopf 116 V 41 8. Urteil vom 9. Januar 1990 i.S. X gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 10 Abs. 3 UVG , Art. 18 UVV . - Zeitliche und tatbeständliche Grenzen der Leistungspflicht (Erw. 3a-c). - Begriffe der Hauspflege (Erw. 5a-c und 7c) und der ärztlichen Anordnung (Erw. 5c). Art. 10 Abs. 1 und 3 und Art. 21 Abs. 1 UVG . Gegenseitige Abgrenzung dieser Bestimmungen (Erw. 3b). Art. 21 Abs. 1 lit. d und Art. 26 Abs. 1 UVG , Art. 38 Abs. 2 UVV . - Konkurrenz einer Entschädigung wegen schwerer Hilflosigkeit und einer Vergütung aufgrund von Art. 21 Abs. 1 lit. d UVG (Erw. 6). - Zur untergeordneten Bedeutung der dauernden Pflege und Überwachung im Rahmen von Art. 38 Abs. 2 UVV (Erw. 6b und c). Art. 18 Abs. 2 UVV , Art. 129 Abs. 1 lit. c OG . Rechtsnatur der Leistung gemäss Art. 18 Abs. 2 UVV ; Zulässigkeit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde (Erw. 7c). Art. 108 UVG . Möglichkeit einer Beschwerde nach Art. 108 UVG an das kantonale Versicherungsgericht im Streit um (Ermessens-)Leistungen (Frage offengelassen; Erw. 7c).
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 116 V 41 S. 42 A.- Der 1965 geborene (SUVA-versicherte) X erlitt am 17. September 1985 einen schweren Arbeitsunfall, bei dem er sich eine komplette Tetraplegie unterhalb des Halswirbels C 5 und Verbrennungen zweiten Grades von etwa 20% der Körperoberfläche zuzog. Laut Austrittsbericht des Paraplegikerzentrums B. vom 13. Oktober 1986 besteht je eine komplette Lähmung der unteren und oberen Extremitäten, Anästhesie und Analgesie in den Bereichen C 6 - S 5 sowie sehr eingeschränkte Reflexe. Ausser einer am 31. Oktober 1985 festgestellten Innervation des Musculus supinator rechts und einer am 31. Januar 1986 aufgetretenen Hypästhesie im Bereich des Segmentes C 6 stellte sich keine neurologische Erholung ein. Nach der Entlassung aus dem Paraplegikerzentrum B., wo sich der Versicherte vom 26. September 1985 bis 6. Oktober 1986 zur Rehabilitation aufhielt, wohnte X bei seiner Mutter, welche die Erwerbstätigkeit aufgegeben hatte, um ihren Sohn zu betreuen. X verlangte von der SUVA die Erstattung der durch die Hauspflege bedingten Lohnkosten. Die Hauspflege bestand namentlich im täglichen Durchbewegen durch die Schwester des Versicherten, eine diplomierte Gymnastiklehrerin, ferner in der Pflege durch die Mutter und einer zusätzlich zugezogenen Pflegerin (Frau Y). Hiefür liess X Lohnkosten von monatlich Fr. 7'200.-- geltend machen (Fr. 5'400.-- für die Mutter und Fr. 1'800.-- für Frau Y). Ferner BGE 116 V 41 S. 43 beantragte er, die SUVA habe die Kosten für die von seiner Schwester täglich durchgeführten physiotherapeutischen Anwendungen gemäss Tarif zu übernehmen. Die SUVA erklärte sich bereit, dem Versicherten für die Zeit vom 7. Oktober bis 31. Dezember 1986 für den pflegerischen Einsatz der Mutter des Versicherten und von Frau Y Fr. 10'069.-- zu vergüten. Mit Verfügung vom 30. März 1987 sprach sie ihm eine ab 1. Januar 1987 laufende 100%ige Invalidenrente, eine Entschädigung wegen schwerer Hilflosigkeit und die volle Integritätsentschädigung zu. B.- Gegen diese Verfügung liess X Einsprache erheben mit dem Antrag, es seien ihm "die Kosten für die laufenden besonderen medizinischen Vorkehren (medizinische und pflegerische Hilfeleistungen und Betreuung, Therapie etc.) zu vergüten". Nach Einholung einer Stellungnahme der medizinischen Abteilung hiess die SUVA die Einsprache mit Entscheid vom 7. August 1987 teilweise gut, indem sie ihre Leistungspflicht für die Durchführung von zwei Physiotherapiebehandlungen pro Woche anerkannte. C.- Hiegegen liess X Beschwerde erheben und erneuerte das in der Einsprache gestellte Rechtsbegehren. Ergänzend beantragte er eventualiter die Kostenübernahme für eine tägliche physiotherapeutische Sitzung. In der Parteiverhandlung vor dem Obergericht (Versicherungsgericht) des Kantons Aargau anerkannte die SUVA das Eventualbegehren im Grundsatz und schloss auf Abweisung des Hauptantrages. Das Versicherungsgericht hiess in der Folge die Beschwerde im Eventualstandpunkt gut und wies sie im übrigen ab (Entscheid vom 27. Juni 1988). D.- X lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Antrag, es "seien die Kosten für weitere medizinische Vorkehren (Stuhlausräumen, Katheterisieren, Anlegen eines Kondoms mit Urinal, Klopfen und Pressen der Blase) zu vergüten". Während die SUVA die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt, nimmt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) zur Sache Stellung, sieht jedoch von einem Antrag ab. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. (Kognition) 2. a) Nach Art. 10 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf die zweckmässige Heilbehandlung der Unfallfolgen, nämlich auf die ambulante Behandlung durch den Arzt, den Zahnarzt oder auf deren Anordnung durch eine medizinische BGE 116 V 41 S. 44 Hilfsperson sowie im weitern durch den Chiropraktor (lit. a), die vom Arzt oder Zahnarzt verordneten Arzneimittel und Analysen (lit. b), die Behandlung, Verpflegung und Unterkunft in der allgemeinen Abteilung eines Spitals (lit. c), die ärztlich verordneten Nach- und Badekuren (lit. d) und die der Heilung dienlichen Mittel und Gegenstände (lit. e). b) Gemäss Art. 10 Abs. 3 UVG kann der Bundesrat die Leistungspflicht der Versicherung näher umschreiben und die Kostenvergütung für Behandlung im Ausland begrenzen (Satz 1). Er kann festlegen, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Umfang der Versicherte Anspruch auf Hauspflege hat (Satz 2). In bezug auf die Hauspflege hat der Bundesrat diese Gesetzesdelegation in der UVV folgendermassen erfüllt: Art. 18 Hauspflege 1 Der Versicherer richtet Beiträge an eine vom Arzt angeordnete Hauspflege aus, sofern diese durch eine nach Art. 8 der Verordnung VI vom 11. März 1966 über die Krankenversicherung zugelassene Person durchgeführt wird. Die Beiträge an eine Hauspflege werden durch Tarifvereinbarung festgesetzt. 2 Ausnahmsweise kann der Versicherer auch Beiträge an eine Hauspflege durch eine nicht zugelassene Person gewähren. c) Diesen gesetzlich umschriebenen Anspruch auf Heilbehandlung hat der Versicherte so lange, als von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung eine namhafte Verbesserung seines Gesundheitszustandes erwartet werden kann ( Art. 19 Abs. 1 UVG e contrario). Trifft dies nicht mehr zu und sind allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung abgeschlossen, geht der Unfallversicherer zur Berentung über, wenn der Unfall eine Invalidität im Sinne von Art. 18 UVG hinterlässt. d) Nach dieser initialen Behandlungsphase kann sich die Frage nach erneuten Behandlungsmassnahmen stellen. Während das alte Unfallversicherungsrecht gemäss dem bis Ende 1983 in Kraft gewesenen KUVG eine Pflicht der SUVA zur Gewährung von ärztlicher Behandlung während der Rentenphase nur in engen Grenzen vorsah (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 382 f., insbesondere N. 957 S. 383 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung), ist mit Art. 21 UVG die "Heilbehandlung nach Festsetzung der Rente" (Marginale) Gegenstand eingehender Regelung geworden. Gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung werden nach Festsetzung der Rente dem Bezüger die Pflegeleistungen und Kostenvergütungen (Art. 10-13) gewährt, wenn er von einer BGE 116 V 41 S. 45 Berufskrankheit betroffen ist (lit. a), sodann wenn er unter einem Rückfall oder an Spätfolgen leidet und die Erwerbsfähigkeit durch medizinische Vorkehren wesentlich verbessert oder vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt werden kann (lit. b), im weiteren wenn er zur Erhaltung seiner verbleibenden Erwerbsfähigkeit dauernd der Behandlung und Pflege bedarf (lit. c), schliesslich wenn er erwerbsunfähig ist und sein Gesundheitszustand durch medizinische Vorkehren wesentlich verbessert oder vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt werden kann (lit. d). 3. a) Der Beschwerdeführer steht in Hauspflege. Somit stellt sich die Frage, ob und inwieweit die Leistungsvoraussetzungen des Art. 18 UVV gegeben sind. Das kantonale Gericht hat erwogen, nach dem Sinn und Zweck dieser Bestimmung ( Art. 18 UVV ) sei "darunter ... einzig die Hauspflegeleistung für die beschränkte Dauer der Rehabilitation bis zur vollen Genesung des Versicherten zu verstehen, welche insofern eine Heilbehandlung darstellt. Nicht unter diese Bestimmungen fallen jene Fälle, wo eine dauernde Pflege nötig ist und eine Heilung im Sinne einer vollen Rehabilitation nicht zu erwarten ist." Die SUVA schliesst sich in ihrer Vernehmlassung dieser Auffassung an. b) Dieser Standpunkt kann, mit dem BSV, nicht geteilt werden. Aus der Gesetzessystematik geht hervor, dass die Art. 10 ff. UVG und die darauf gestützt erlassenen Verordnungsbestimmungen gemäss Art. 10 Abs. 3 UVG , somit insbesondere auch der Art. 18 UVV , die Leistungsarten umschreiben, welche die Unfallversicherer unter dem Titel Pflegeleistungen und Kostenvergütungen schulden. An diesem Leistungskatalog ändert Art. 21 UVG grundsätzlich nichts, was sich schon daraus ergibt, dass Art. 21 Abs. 1 Ingress UVG direkt auf die Art. 10-13 des Gesetzes verweist. Art. 21 UVG über die Heilbehandlung nach Festsetzung der Rente bildet zu den Vorschriften der Art. 10 ff. UVG nur insofern ein Sonderregime, als Art. 21 UVG die Voraussetzungen umschreibt, die erfüllt sein müssen, damit nach Festsetzung der Rente Leistungen der Art. 10-13 UVG überhaupt wieder in Betracht kommen und gegebenenfalls zugesprochen werden können. Die Bedeutung von Art. 21 Abs. 1 UVG liegt demnach darin, dass der an einer Berufskrankheit leidende Rentner den Heilbehandlungsanspruch voraussetzungslos hat (lit. a; vgl. die Kritik bei MAURER, a.a.O., S. 383 N. 960), wogegen die übrigen Tatbestände in unterschiedlichem Masse eine erwerbliche (lit. b und c) oder gesundheitliche BGE 116 V 41 S. 46 (lit. d) Eingliederungswirksamkeit voraussetzen. Eine Einschränkung der Leistungsarten ergäbe sich aufgrund von Art. 21 Abs. 1 UVG allenfalls daraus, dass in den lit. b und d medizinische Vorkehren erwähnt werden. Die Frage kann hier offenbleiben, weil diese tatbeständliche Voraussetzung im vorliegenden Fall ohnehin erfüllt ist (siehe Erw. 4b). c) Weder leidet der Beschwerdeführer an einer Berufskrankheit noch weist er sich über eine (teilweise) Erwerbsfähigkeit aus. Somit scheiden die anspruchsbegründenden Tatbestände des Art. 21 Abs. 1 lit. a-c UVG von vornherein aus. Da er erwerbsunfähig ist, stellt sich hingegen im Rahmen der lit. d von Art. 21 Abs. 1 UVG die Frage, ob sein Gesundheitszustand durch medizinische Vorkehren wesentlich verbessert oder vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahrt werden kann. 4. a) Im Bericht des Paraplegikerzentrums vom 23. September 1987 über die Rehabilitation wird zu den hier zu beurteilenden Massnahmen und dem ihnen zugrunde liegenden medizinischen Sachverhalt folgendes festgestellt: "Aufgrund der zystomanometrischen Untersuchung vom 15.4.86 verfügt der Patient über eine mässig funktionierende Reflexblase, ... damit sind die erhöhten Resturinmengen erklärt, weswegen bekanntlich Ende letzten Jahres eine transurethrale Resektion des Sphincter externus durchgeführt wurde. Das erhoffte Provozieren grosser Passivurinmengen wurde offenbar erst nach der Sanierung des 2. Harnwegsinfektes erreicht; dennoch mussten wir wiederholt Resturinmengen zwischen 100 und 200 ml feststellen. Indessen schien uns das 2 x täglich praktizierte Nachkatheterisieren und das Klopfen um 02.00 Uhr nachts für die pflegende Mutter ein sehr aufwendiges Procedere. Hinzu kommt, dass während der Nacht beim Patienten physiologischerweise kleine Urinmengen fliessen ... Wir haben dem Patienten folgendes Vorgehen empfohlen: Verzicht auf das abendliche Katheterisieren, statt dessen suprapubisches Klopfen mit optimaler Blasenentleerung spätabends im Bett. Verzicht auf das Klopfen um 02.00 Uhr, doch sollte das morgendliche einmalige Katheterisieren beibehalten werden ..." Eine weitere notwendige Massnahme ist das digitale Stuhlausräumen alle zwei Tage (Bericht des Spitals B. vom 13. Oktober 1986). b) Katheterisieren wie auch Klopfen und Pressen der Blase durch Drittpersonen sind medizinische Vorkehren, was nicht weniger auch für das Anlegen eines Kondoms mit Urinal und das digitale Stuhlausräumen gilt. Denn die richtige Wahl dieser Massnahmen, ihre Abstimmung mit den anderen Vorkehren und ihre fachlich einwandfreie Durchführung sind für die Erhaltung des BGE 116 V 41 S. 47 prekären Gesundheitszustandes von entscheidender Bedeutung. Würden diese Massnahmen nicht in der ärztlich empfohlenen Weise fachgerecht durchgeführt, so würde mit Sicherheit das Risiko von Harnwegsinfekten und andern gesundheitlichen Störungen beträchtlich erhöht. Daraus ergibt sich, dass das von Pflegepersonen vorgenommene Katheterisieren, Anlegen eines Kondoms mit Urinal, Klopfen und Pressen der Blase sowie das Stuhlausräumen im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d UVG medizinische Vorkehren sind, welche den Gesundheitszustand des Beschwerdeführers vor wesentlicher Beeinträchtigung bewahren. 5. a) Zu prüfen ist weiter, ob ein entsprechender Leistungsanspruch für diese medizinischen Vorkehren deswegen entfällt, weil der Beschwerdeführer in Hauspflege steht. Der Begriff der Hauspflege ist vielschichtig. Er umfasst zunächst die - weder ambulant noch in einem Spital, sondern eben zu Hause applizierten - Heilanwendungen mit therapeutischer Zielrichtung, die von einem Arzt vollzogen oder angeordnet werden. Hauspflege ist aber auch die zu Hause stattfindende medizinische Pflege im Sinne der Krankenpflege (siehe zu dieser Unterscheidung BGE 102 V 48 Erw. 1 mit Hinweisen; ZAK 1980 S. 182, 1977 S. 423 Erw. 1a), der zwar das therapeutische (heilende) Agens fehlt, die aber für die Aufrechterhaltung des Gesundheitszustandes doch unerlässlich ist. Das trifft insbesondere auf medizinische Vorkehren im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. d UVG zu, welche lebensnotwendige organische Funktionen ermöglichen, unterstützen, sichern oder gleichsam ersetzen. Eine dritte Form von Hauspflege ist die nichtmedizinische Pflege, sei es am Betroffenen selber in Form von Hilfeleistungen bei den alltäglichen Lebensverrichtungen, sei es als Hilfestellungen in seiner Umgebung durch Führung des Haushaltes oder Besorgung der alltäglichen Angelegenheiten. b) Die einzelnen Sozialversicherer haben, sofern in ihren Bereichen überhaupt eine entsprechende gesetzliche Grundlage besteht, unter dem Titel der Hauspflege nicht für die Gesamtheit dieser Massnahmen aufzukommen, sondern nur so weit, als für die verschiedenen Formen der Hauspflege eine Leistungspflicht gesetzlich oder verordnungsmässig normiert ist (siehe ZAK 1974 S. 298 Erw. 1c zu Art. 14 IVG ; zu den auf gewisse therapeutische Vorkehren begrenzten Pflichtleistungen der Krankenversicherung siehe Art. 12 Abs. 2 Ziff. 1 lit. b KUVG und Vo 7 des EDI über die Krankenversicherung, ferner RKUV 1986 Nr. K 705 S. 481 und Nr. K 672 S. 152 mit Hinweisen auf die Revisionsbestrebungen des BGE 116 V 41 S. 48 Gesetzgebers, die obligatorischen Leistungen der Krankenversicherung für die Hauskrankenpflege zu verbessern). c) Im Bereich der Unfallversicherung hat der Bundesrat die Leistungspflicht der Versicherer für Hauspflege in Art. 18 UVV ausdrücklich geregelt. Diese Bestimmung verpflichtet zu Beiträgen "an eine vom Arzt angeordnete Hauspflege" (Abs. 1). Daraus ist zu schliessen, dass die Leistungspflicht auf Heilbehandlung und medizinische Pflege beschränkt sein soll. Denn von ärztlicher Anordnung kann sinnvollerweise nur bei Vorkehren medizinischen Charakters gesprochen werden; nichtmedizinische Betreuung bedarf ihrer Natur nach keiner ärztlichen Anordnung. Diese Einschränkung ist angesichts des weiten Gestaltungsspielraums nach Art. 10 Abs. 3 UVG nicht zu beanstanden. Anderseits ist das Erfordernis der ärztlichen Anordnung nicht in einem streng formellen Sinne zu verstehen, wie das BSV zutreffend ausführt. Es genügt vielmehr, dass die fraglichen medizinischen Vorkehren, die zu Hause durchgeführt werden, nach der Aktenlage medizinisch indiziert sind. Das trifft, wie dargetan, auf die vom Beschwerdeführer beantragten Massnahmen vollumfänglich zu. 6. a) SUVA und Vorinstanz sind der Auffassung, ein Anspruch auf Vergütung der medizinischen Vorkehren nach Art. 21 Abs. 1 lit. d UVG entfalle deshalb, weil dem Beschwerdeführer mit Wirkung ab 1. Januar 1987 die höchstmögliche Entschädigung wegen schwerer Hilflosigkeit gewährt worden sei. Diese decke die Kosten der besonderen Pflege und Betreuung des Versicherten pauschal und unter Ausschluss einer weiteren Leistungsgewährung ab. b) Was die Einteilung in drei Hilflosigkeitsgrade und die Bemessung der Hilflosigkeit anbelangt, folgt die unfallversicherungsrechtliche Ordnung (Art. 26 f. UVG, Art. 38 UVV ) praktisch vollständig der Regelung gemäss Art. 42 IVG und Art. 36 IVV . Nach Art. 38 Abs. 2 UVV gilt die Hilflosigkeit als schwer, wenn der Versicherte vollständig hilf los ist. Dies ist der Fall, wenn er in allen alltäglichen Lebensverrichtungen regelmässig in erheblicher Weise auf die Hilfe Dritter angewiesen ist und überdies der dauernden Pflege oder der persönlichen Überwachung bedarf. Nun ist es zwar durchaus richtig, dass (nach der Rechtsprechung zu Art. 42 Abs. 2 IVG und Art. 36 IVV ) unter dem Begriff der dauernden Pflege, welche zusätzlich zur Hilfsbedürftigkeit in allen sechs massgeblichen Lebensverrichtungen verlangt wird, eine Art medizinischer oder pflegerischer Hilfeleistung zu verstehen ist, BGE 116 V 41 S. 49 welche infolge des physischen oder psychischen Zustandes notwendig ist. Darunter ist beispielsweise die Notwendigkeit zu verstehen, täglich Medikamente zu verabreichen oder eine Bandage anzulegen ( BGE 107 V 139 Erw. 1b, BGE 106 V 158 Erw. 2a, BGE 105 V 56 Erw. 4). Doch hat das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt festgehalten, dass die (direkte oder indirekte) Dritthilfe bei Vornahme der einzelnen Lebensverrichtungen bereits derart umfassend ist, dass der weiteren - gemäss Art. 36 Abs. 1 IVV kumulativ notwendigen - Voraussetzung der dauernden Pflege oder der dauernden persönlichen Überwachung nur noch eine untergeordnete Bedeutung zukommen kann und dass im Rahmen der genannten Vorschrift daher schon eine minimale Erfüllung eines dieser zusätzlichen Erfordernisse genügen muss ( BGE 106 V 158 Erw. 2a). c) Wenn es aber nach dieser Rechtsprechung, die auch im Rahmen von Art. 38 Abs. 2 UVV anzuwenden ist, bei manifester Hilfsbedürftigkeit in allen sechs massgeblichen alltäglichen Lebensverrichtungen - wie dies bei einem Tetraplegiker der vorliegenden Schwere offensichtlich zutrifft - zur Annahme schwerer Hilflosigkeit nur noch einer minimalen Erfüllung des zusätzlichen Erfordernisses der dauernden Pflege (oder der dauernden Überwachung) bedarf, dann kann keine Rede davon sein, dass die effektiv vollzogenen umfangreichen Pflegeleistungen pauschal durch die Hilflosenentschädigung abgegolten seien. Es bleibt daher durchaus Raum für eine zusätzliche Vergütung im Rahmen von Art. 18 Abs. 1 UVV , welche ja ihrerseits nicht in einer vollen Übernahme der Pflege, sondern lediglich in einer Beitragsgewährung daran besteht (MAURER, a.a.O., S. 285 Ziff. 7a). 7. a) Die Leistungspflicht nach Art. 18 Abs. 1 UVV setzt ferner voraus, dass die Hauspflege durch eine Person im Sinne von Art. 8 Vo VI zum KUVG durchgeführt wird. Aus den Akten geht nicht hervor, ob Frau Y diese Voraussetzung erfüllt. Dies hat die SUVA abzuklären. Sollte sich ergeben, dass die Zulassungsbedingungen gemäss Art. 8 Vo VI zum KUVG ausgewiesen sind, so hätte der Beschwerdeführer Anspruch auf Leistungen für die erwähnten medizinischen Vorkehren, soweit sie von Frau Y erbracht werden. b) Die Mutter des Versicherten ist keine Krankenschwester oder -pflegerin im Sinne von Art. 8 Vo VI zum KUVG. Eine Leistungszusprechung kann daher nur auf der Grundlage des Abs. 2 von Art. 18 UVV erfolgen. Indessen zeigt der Wortlaut ("ausnahmsweise", "kann"), dass dem Unfallversicherer bei der BGE 116 V 41 S. 50 Gewährung von Beiträgen für die Hauskrankenpflege durch nicht zugelassene Personen ein zurückhaltend auszuübendes Ermessen eingeräumt wird. Es erhebt sich daher die Frage, ob auf diese Beitragsgewährung ein Rechtsanspruch besteht. Ist dies zu verneinen, kann auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden. Denn nach Art. 129 Abs. 1 lit. c OG ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig gegen Verfügungen über die Bewilligung oder Verweigerung vermögensrechtlicher Zuwendungen, auf die das Bundesrecht keinen Anspruch einräumt. Die Parteien haben sich zu dieser Eintretensfrage nicht geäussert. Sie ist indessen von Amtes wegen zu prüfen ( BGE 111 V 281 Erw. 2a). c) Nach der Rechtsprechung ist ein bundesrechtlicher Anspruch auf einen Beitrag zu bejahen, wenn das Bundesrecht selber die Bedingungen umschreibt, unter welchen Leistungen zu gewähren sind, ohne dass es im Ermessen der gesetzesanwendenden Behörde läge, ob sie einen Beitrag gewähren will oder nicht. Die eidgenössischen Gerichte haben deshalb einen bundesrechtlichen Anspruch auf Leistungen wiederholt auch dann bejaht, wenn die betreffende Rechtsnorm als Kann-Vorschrift formuliert war ( BGE 111 V 281 Erw. 2b mit Hinweisen). Im Lichte dieser Rechtsprechung ist festzustellen, dass zwar Art. 18 Abs. 1 UVV zweifellos einen Rechtsanspruch auf Beiträge an medizinische Hauspflege im dargelegten Sinne (Heilbehandlung, medizinische Pflege) einräumt (worauf schon die verbindliche Formulierung "richtet ... aus" hinweist; vgl. BGE 110 Ib 153 Erw. 1b) und dass der gleiche Hauspflegebegriff auch im Rahmen des Abs. 2 von Art. 18 UVV gilt. Jedoch verliert der Hauspflegeanspruch bei Zuziehung einer nicht zugelassenen Person seinen Anspruchscharakter und wird unter diesem Gesichtspunkt zu einer Ermessensleistung des Versicherers. Die SUVA hat in diesem Rahmen gegebenenfalls abzuklären, ob der Einsatz einer nicht zugelassenen Person nach den konkreten Umständen zweckmässig ist. Daraufhin hat sie nach pflichtgemässem Ermessen über einen Anspruch auf Beiträge nach Art. 18 Abs. 2 UVV zu befinden. Dieser Entscheid hat dem Gebot rechtsgleicher Behandlung zu genügen und ist auch zu begründen. Ein Anspruch im Sinne von Art. 129 Abs. 1 lit. c OG liegt indessen nicht vor, weshalb insoweit auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht eingetreten werden kann. Daher hat vorliegend offenzubleiben, ob eine Verweigerung von Ermessensleistungen nach Art. 108 UVG anfechtbar ist, ob BGE 116 V 41 S. 51 also der vorinstanzliche Richter hier zu Recht auf diesen Streitpunkt eingetreten ist. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, dahingehend gutgeheissen, dass der Entscheid des Obergerichts (Versicherungsgericht) des Kantons Aargau vom 27. Juni 1988 und der Einspracheentscheid der SUVA vom 7. August 1987, soweit sie einen Anspruch auf Beiträge an die durch Frau Y erbrachten medizinischen Vorkehren ablehnen, aufgehoben werden und die Sache an die SUVA zurückgewiesen wird, damit diese, nach Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Anspruch auf Beiträge nach Art. 18 Abs. 1 UVV neu verfüge.
null
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Urteilskopf 85 II 18 4. Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Januar 1959 i.S. L. gegen P.
Regeste Vaterschaftsklage, Art. 314 ZGB . Eid als Beweismittel zur Begründung der Vaterschaftsvermutung; Voraussetzungen und Thema eines der Kindsmutter aufzuerlegenden Reinigungseides (Bestätigung der Praxis).
Sachverhalt ab Seite 18 BGE 85 II 18 S. 18 A.- Gertrud L. und ihr am 19. März 1956 ausserehelich geborenes Kind Margot Elisabeth erhoben am 28. März 1957 gegen W. P. Vaterschaftsklage. In der Begründung führten sie aus, die Kindsmutter habe mit dem Beklagten seit Herbst 1954 ein Verhältnis unterhalten, wobei es auch in der kritischen Zeit (24. Juli bis 21. November 1955) zu Geschlechtsverkehr gekommen sei. Ausser mit dem Beklagten habe die Mutter in der kritischen Zeit mit keinem Manne geschlechtlich verkehrt. Wohl habe sie im August 1955 mit einem Th. S. einige Tage Ferien in Italien verbracht, zu Geschlechtsverkehr mit diesem sei es jedoch erst im Dezember 1955 gekommen. Der Beklagte trug auf Abweisung der Klage an. Er gab gelegentlichen Geschlechtsverkehr mit der Kindsmutter zu, bestritt aber, dass solcher in der kritischen Zeit stattgefunden habe. Ausserdem berief er sich auf Art. 314 Abs. 2 und 315 ZGB , weil die Mutter in der Empfängniszeit mit mehreren Männern, darunter mit S., Geschlechtsverkehr gepflogen habe. In einer Beweiseingabe vom 11. Oktober 1957 nannte der Beklagte als weitere Dritte, mit denen die Mutter in der kritischen Zeit geschlechtlich verkehrt habe, X. und Y., und rief diese als Zeugen an. Auf das Zeugnis des X. verzichtete er später. Der Zeuge Y. gab an, er habe nur gelegentlich mit der Kindsmutter BGE 85 II 18 S. 19 "geschmust", ohne aber näheres über den Zeitpunkt dieser Beziehungen angeben zu können. B.- Das Amtsgericht Luzern-Stadt hiess die Klage gut, nachdem die Mutter durch Handgelübde versichert hatte, dass sie in der kritischen Zeit mit dem Beklagten verkehrt habe. Es nahm an, Mehrverkehr und unzüchtiger Lebenswandel seien nicht bewiesen. C.- Gegen das Urteil des Amtsgerichts appellierte der Beklagte. Die Klägerinnen legten Anschlussappellation ein. Das Obergericht auferlegte der Kindsmutter den vor Amtsgericht vom Beklagten beantragten Eid dafür, "dass sie in der kritischen Zeiten noch mit einem andern Manne verkehrt habe" (amtsgerichtl. Beleg 11; obergerichtl. Beleg 4: Schwörsatz negativ: mit keinem andern Manne). Da - so führt das Obergericht in seinem Urteil vom 27. Mai 1958 aus - die Erstklägerin eine Erklärung zum Schwörsatz verweigerte, stellte das Gericht fest, dass gemäss § 218 der luz. ZPO der Schwörsatz als richtig zu betrachten sei, die Mutter also in der kritischen Zeit noch mit einem andern Manne verkehrt habe. Hierauf erklärte der Anwalt der Klägerinnen, der Verkehr mit S. werde jetzt zugegeben, jedoch wolle er den Beweis dafür antreten, dass S. nicht der Vater des Kindes sein könne. Diesem Antrag habe das Gericht jedoch nicht entsprechen können, "nachdem in Bezug auf den Schwörsatz, der sich nicht nur auf einen Verkehr mit S. bezog, die erwähnte Rechtsfolge (scil. gemäss § 218 ZPO ) eingetreten war". Die Erstklägerin wäre in der Lage gewesen, in der Eidesverhandlung den Verkehr mit S. zuzugeben und einen weitern Verkehr zu bestreiten. Der Beklagte hätte in diesem Falle, wenn er am Eidesbeweise festhalten wollte, seinen Schwörsatz einschränken müssen, während es Sache der Klägerinnen gewesen wäre, zu beweisen, dass S. als Vater nicht in Betracht komme. Der Drittverkehr der Mutter begründe erhebliche Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten, sodass deren Vermutung wegfalle und die Klage abzuweisen sei. D.- Gegen dieses Urteil legten die Klägerinnen die BGE 85 II 18 S. 20 vorliegende Berufung mit dem Antrag auf Gutheissung der Vaterschaftsklage ein, sowie die kantonale Kassationsbeschwerde an das Gesamtobergericht mit dem Antrag auf Kassation des Urteils wegen Rechtswidrigkeit des Eidesverfahrens und Rückweisung der Sache an die zweite Kammer des Obergerichts. Gegen das die Kassationsbeschwerde abweisende Urteil des Gesamtobergerichts vom 12. September 1958 legten die Klägerinnen staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht wegen willkürlicher Verletzung kantonalen Prozessrechts ein. Mit seiner Berufungsantwort beantragt der Beklagte Abweisung der Berufung und Bestätigung des angefochtenen Urteils. Er hält an den Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels fest. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Im Vaterschaftsprozess hat die Klägerschaft nur die Beiwohnung der Kindesmutter mit dem Beklagten in der kritischen Zeit nachzuweisen und damit die Vermutung des Art. 314 Abs. 1 ZGB zu begründen. Sache des Beklagten ist es dann, allenfalls Tatsachen nachzuweisen, die nach seiner Meinung erhebliche Zweifel an seiner Vaterschaft rechtfertigen, und damit jene Vermutung wieder zu entkräften. Mit dieser bundesrechtlich geregelten Beweislastverteilung ist es unvereinbar, auf Antrag des Beklagten der Kindsmutter den Eid dafür aufzuerlegen, dass sie in der kritischen Zeit überhaupt mit keinem andern Mann als dem Beklagten Geschlechtsverkehr gehabt habe. Nur wenn es dem Beklagten gelingt, mindestens den Beweis für anderweitigen verdächtigen Umgang der Mutter mit einem oder mehreren bestimmten Männern zu erbringen, darf der Kindsmutter der Eid dafür auferlegt werden, dass sie mit diesen bestimmten Dritten in der kritischen Zeit nicht geschlechtlich verkehrt habe. Dieser Eid soll sich also nicht allgemein auf anderweitigen Geschlechtsverkehr BGE 85 II 18 S. 21 beziehen, sondern nur auf den Verkehr mit dem oder den bestimmten Dritten, mit dem bezw. denen ihr ein verdächtiger Umgang nachgewiesen worden ist. ( BGE 57 II 2 ). Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz der Kindsmutter auf Antrag des Beklagten einen Reinigungseid auferlegt, der sich auf irgendwelchen möglichen Drittverkehr bezog, ohne zuvor festgestellt zu haben, ob und mit welchen bestimmten Dritten die Mutter verdächtigen Umgang gepflogen habe. Die ohne solche Feststellung und entsprechende Beschränkung des Eidesthemas erfolgte Eidesauferlegung ist bundesrechtswidrig, demgemäss auch die aus der Eidesverweigerung gezogene Schlussfolgerung, die Kindsmutter habe ausser mit dem Beklagten und S. noch mit weitern Dritten in der kritischen Zeit geschlechtlich verkehrt, und ebenso die auf diese Annahme gestützte Weigerung, die Klägerinnen zum Beweis dafür zuzulassen, dass S. nicht als Vater in Frage komme, - ganz abgesehen übrigens von der Frage, ob das Kind, das auch Klagepartei ist, durch das Verhalten der Mutter hinsichtlich des Eides in seinen eigenen Beweisrechten geschmälert werden darf. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung unter Beobachtung der dem Bundesrecht entsprechenden Beweislastverteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Dabei wird einerseits zu beachten sein, dass der Beklagte durch den Verzicht auf die Einvernahme des als Zeuge angerufenen X. wohl auch die Behauptung eines Geschlechtsverkehrs dieses Zeugen mit der Kindsmutter fallen gelassen hat. Anderseits wird, falls erhebliche Zweifel im Sinne des Art. 314 Abs. 2 ZGB verneint werden müssten, zu prüfen sein, ob, wie es der Beklagte - auch noch vor Bundesgericht - behauptet, die Kindsmutter um die Zeit der Empfängnis einen unzüchtigen Lebenswandel geführt hat, wobei es der Vorinstanz selbstverständlich freisteht, die Prüfung dieser Frage vorweg zu nehmen. BGE 85 II 18 S. 22 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird dahin gutgeheissen, dass das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen wird.
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Urteilskopf 102 V 103 23. Urteil vom 4. Juni 1976 i.S. Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber gegen Jaggi und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 8 AHVG . Bei Umwandlung einer Einzelfirma in eine AG dauert die persönliche Beitragspflicht des bisherigen Firmeninhabers bis zum Vortag der Eintragung der neuen AG im Tagebuch des Handelsregisters.
Sachverhalt ab Seite 103 BGE 102 V 103 S. 103 A.- Mit öffentlicher Urkunde vom 21. Februar 1975 hat André Jaggi seine Einzelfirma A. Jaggi-Maurer "rückwirkend auf den 1. Januar 1975" in die Aktiengesellschaft Jaggi Treuhand umgewandelt. Die Anmeldung beim Handelsregisteramt Bern erfolgte am 25. Februar 1975. Die Eintragung im Handelsregister datiert vom 4. Juni 1975 und wurde am 16. Juni 1975 im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert. Mit Verfügung vom 30. Juni 1975 teilte die Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber André Jaggi mit, dass sie ihn bis zum 31. Mai 1975 noch als Selbständigerwerbenden erfasse und er demnach gemäss Verfügung vom 20. September 1974 noch persönliche Beiträge von Fr... schulde. Hingegen gelte er "seit dem Tag des HR-Eintrages - also dem 4. bzw. 1. Juni 1975 - als Unselbständigerwerbender". B.- Beschwerdeweise machte André Jaggi gegenüber dem Versicherungsgericht des Kantons Bern geltend, die kantonale Steuerverwaltung habe den Beginn der Steuerpflicht der rückwirkend BGE 102 V 103 S. 104 gegründeten Aktiengesellschaften auf den 1. Januar 1975 festgesetzt unter der Voraussetzung, dass die Anmeldung beim zuständigen Handelsregisteramt vor dem 28. Februar 1975 erfolgt sei. Diese Bedingung habe er erfüllt. Demnach beantrage er, seine Pflicht zur Bezahlung persönlicher Beiträge sei auf den 31. Dezember 1974 zu terminieren. Die Vorinstanz hiess die Beschwerde am 6. August 1975 in dem Sinn teilweise gut, dass sie die Beitragspflicht des André Jaggi aus selbständiger Erwerbstätigkeit auf den 24. Februar 1975 enden liess. Sie stützte sich dabei auf die Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts, wonach bei der Umwandlung von Einzelfirmen in Aktiengesellschaften der bisherige Geschäftsinhaber bis zum Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister als Selbständigerwerbender veranlagt werden muss, selbst wenn rückwirkende Übernahme vereinbart worden ist. Eine Gesellschaft gelte in dem Zeitpunkt als im Handelsregister eingetragen und damit als entstanden, da die Anmeldung ins Tagebuch eingeschrieben worden sei. Das kantonale Versicherungsgericht habe daher am 22. Januar 1975 die Praxis des Eidg. Versicherungsgerichts in dem Sinn präzisiert, dass für die Dauer der Beitragspflicht eines Selbständigerwerbenden, der seine Firma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt hat, das Datum der Einschreibung der Gesellschaft im Tagebuch des Handelsregisters massgebend sei. Im Fall Jaggi sei diese Eintragung am 25. Februar 1975 erfolgt. C.- Die Ausgleichskasse führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, die persönliche Beitragspflicht des André Jaggi sei auf den 31. Mai 1975 zu beenden, weil die Eintragung der Aktiengesellschaft im Handelsregister vom 4. Juni 1975 datiere. André Jaggi beanstandet in seiner Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, dass die Vorinstanz sich nicht an das von ihr selber zitierte Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts vom 1. Mai 1974 i.S. Schneider (ZAK 1974 S. 477) gehalten habe. Zudem werde diese Rechtsprechung in der Praxis ohnehin teilweise missachtet. Es sollte ein neuer, praxisnaher Entscheid gefällt werden. Eine gerechte Lösung bestände darin, dass die persönliche Beitragspflicht auf den Beginn der Steuerpflicht der neu gegründeten Aktiengesellschaft terminiert werde. Einen bestimmten Antrag stellt der Beschwerdegegner nicht. BGE 102 V 103 S. 105 Das Bundesamt für Sozialversicherung bemerkt in seiner Vernehmlassung, massgebender Zeitpunkt für die Beendigung der Beitragspflicht aus selbständiger Erwerbstätigkeit sei bei der Umwandlung einer Einzelfirma in eine Aktiengesellschaft das Datum der Einschreibung der Anmeldung im Tagebuch. Von diesem Tag an sei die neu gegründete Aktiengesellschaft als Arbeitgeberin zu erfassen. Der Antrag des Bundesamtes lautet auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Ob das in einem bestimmten Zeitraum erzielte Arbeitsentgelt als Erwerbseinkommen aus selbständiger oder aus unselbständiger Erwerbstätigkeit zu qualifizieren ist, beurteilt sich im Rahmen der gesetzlichen Ordnung ( Art. 5 und 9 AHVG sowie Art. 6 ff. AHVV ) regelmässig nach der äusseren Erscheinungsform wirtschaftlicher Sachverhalte und nicht nach allfällig davon abweichenden internen Vereinbarungen der Beitragspflichtigen. Daher hat das Eidg. Versicherungsgericht wiederholt entschieden, dass bei der Umwandlung von Einzelfirmen in Aktiengesellschaften der bisherige Geschäftsinhaber bis zu dem Zeitpunkt als Selbständigerwerbender zu veranlagen ist, da die Aktiengesellschaft im Handelsregister eingetragen wird. Die Vereinbarung rückwirkender Übernahme der Aktiven und Passiven von der bisherigen Einzelfirma ist dabei unerheblich, wie es auch auf den Zeitpunkt des Beginns der Steuerpflicht der neuen Aktiengesellschaft nicht ankommt. Für die Besteuerung des Erwerbseinkommens kommt nämlich - anders als in der AHV - der Unterscheidung zwischen selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit keine materiellrechtliche Bedeutung zu (EVGE 1966 S. 163 und 1950 S. 96, ZAK 1974 S. 477 und 1970 S. 70). Das Gericht stützt seine Praxis auf die obligationenrechtliche Regelung, wonach die Aktiengesellschaft das Recht der Persönlichkeit erst mit der Eintragung ins Handelsregister erlangt ( Art. 643 Abs. 1 OR ). Vor diesem Zeitpunkt ist es ihr verwehrt, in eigenem Namen Rechtsgeschäfte zu tätigen. Vereinbarungen der an der Gründung einer Aktiengesellschaft beteiligten Personen bezüglich des Übergangs von Aktiven und Passiven einer Einzelfirma kommt daher während der Übergangszeit bis zur Eintragung im Handelsregister nur interne BGE 102 V 103 S. 106 Bedeutung zu. Solange die Eintragung nicht erfolgt ist, entfaltet die Einzelfirma ihre externen Rechtswirkungen weiter. Dementsprechend bleibt auch der beitragsrechtliche Status des Inhabers einer Einzelfirma so lange unverändert, als die Aktiengesellschaft das Recht der Persönlichkeit noch nicht erlangt hat. Hieran ändert nichts, dass der bisherige Geschäftsinhaber in der Übergangszeit unter Umständen eine andere Stellung innerhalb der Firma einnimmt, beispielsweise indem er in ein Anstellungsverhältnis gegenüber der noch nicht im Handelsregister eingetragenen Aktiengesellschaft tritt. Es gilt nämlich zu vermeiden, dass der ordentliche Beitragsbezug nach freiem Parteiwillen auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben werden kann. Von dieser Rechtsprechung abzuweichen, besteht keine Veranlassung. Dass sie anscheinend nicht von allen Ausgleichskassen befolgt wird, ist an sich kein Grund, sie der steuerlichen Praxis anzugleichen. 2. Fragen kann man sich lediglich, ob die Handelsregistereintragung wie allgemein gegenüber Dritten so auch gegenüber den AHV-Organen, welche die beitragsrechtliche Veranlagung vorzunehmen haben, erst von dem Zeitpunkt hinweg wirksam sein soll, da sie im Schweizerischen Handelsamtsblatt publiziert ist (vgl. Art. 932 Abs. 2 OR ). In diesem Sinn entschied das Gericht in EVGE 1966 S. 166. Zutreffend weist das Bundesamt heute darauf hin, dass diese Praxis die Gefahr rechtsungleicher Behandlung der Versicherten in sich birgt, indem der beitragsrechtlich massgebende Zeitpunkt für den Wechsel von selbständiger zu unselbständiger Erwerbstätigkeit allein davon abhängt, welche Zeit zwischen dem Registereintrag und der Publikation verstreicht. Daher rechtfertigt es sich, den Wechsel des beitragsrechtlichen Status nicht vom Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der Aktiengesellschaft abhängig zu machen, sondern auf das Datum des Handelsregistereintrages eintreten zu lassen. Stichtag für den Beginn der Beitragspflicht aus unselbständiger Erwerbstätigkeit ist also der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister. Dieser ist identisch mit der Einschreibung ins Tagebuch ( Art. 932 Abs. 1 OR ; vgl. dazu ZAK 1975 S. 416). Liesse man die Änderung des Beitragsstatuts auf einen frühern Zeitpunkt eintreten, so würde man einer Aktiengesellschaft öffentlichrechtliche BGE 102 V 103 S. 107 Rückwirkungen beimessen für eine Zeit, da sie noch gar keine juristische Persönlichkeit besass. In diesem Sinn ist die bisherige Rechtsprechung zu ändern. 3. Gemäss Auszug aus dem Handelsregister Bern ist die Jaggi Treuhand AG am 4. Juni 1975 ins Tagebuch des Handelsregisteramtes eingetragen worden. Nach den vorstehenden Erwägungen war daher der Beschwerdegegner bis zum 3. Juni 1975 als Selbständigerwerbender beitragspflichtig, während vom 4. Juni 1975 hinweg als seine Arbeitgeberin die neu gegründete Aktiengesellschaft beitragsrechtlich zu erfassen ist. In diesem Sinn ist der angefochtene Entscheid abzuändern, der auf der irrtümlichen Annahme gründet, der Handelsregistereintrag sei im vorliegenden Fall am 25. Februar 1975 erfolgt. Die Ausgleichskasse wird nun die vom Beschwerdegegner bis zum 3. Juni 1975 aus selbständiger Erwerbstätigkeit geschuldeten persönlichen Beiträge neu berechnen und darüber eine Verfügung erlassen. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In teilweiser Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 6. August 1975 und die Kassenverfügung vom 30. Juni 1975 aufgehoben mit der Feststellung, dass der Beschwerdegegner bis zum 3. Juni 1975 mit der AHV-Ausgleichskasse Berner Arbeitgeber als Selbständigerwerbender abzurechnen hat.
null
nan
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Urteilskopf 108 II 296 57. Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1982 i.S. Tornado AG gegen R. S. und Appellationsgericht (Ausschuss) des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Abzahlungskauf; Art. 226c Abs. 1 OR . Die in Art. 226c Abs. 1 OR für die Erklärung des Verzichts des Käufers auf den Vertragsabschluss vorgeschriebene Schriftform ist Gültigkeitserfordernis.
Sachverhalt ab Seite 296 BGE 108 II 296 S. 296 A.- Gemäss schriftlichem Vertrag vom 12. Februar 1981 verkaufte die Tornado AG R. S. einen Teppichreinigungsapparat zum Preis von Fr. 486.--. Bei der Lieferung des Apparates hätte die Käuferin eine Anzahlung von Fr. 186.-- leisten und den Restbetrag von Fr. 300.-- in sechs der Lieferung folgenden Monatsraten von je Fr. 50.-- bezahlen sollen. Nach ihrer Darstellung erklärte R. S. am Tag nach der Vertragsunterzeichnung den Vertretern der Tornado AG mündlich den Rücktritt vom Vertrag. Als BGE 108 II 296 S. 297 der Apparat geliefert wurde, verweigerte sie dessen Annahme. Die Tornado AG liess den Apparat in der Folge bei der Belap AG einlagern und betrieb die Käuferin für den Betrag von Fr. 186.-- nebst 5% Zins seit 29. Januar 1982, Fr. 15.70 Retourspesen, Fr. 15.-- Lagerspesen und Fr. 14.-- Betreibungskosten. R. S. erhob Rechtsvorschlag, worauf die Tornado AG beim Zivilgerichtspräsidium Basel-Stadt das Gesuch um provisorische Rechtsöffnung stellte. Mit Entscheid vom 10. Juni 1982 wurde dieses Gesuch abgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Rechtsöffnungsbeklagte habe glaubhaft gemacht, dem Vertreter der Klagepartei am Tage nach der Vertragsunterzeichnung den Rücktritt erklärt zu haben; Art. 226a Abs. 2 Ziff. 8 OR sehe nicht vor, dass die Verzichtserklärung schriftlich abgegeben werden müsse. B.- Gegen diesen Entscheid reichte die Tornado AG Beschwerde an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt ein. Sie beantragte darin, der Rechtsöffnungsentscheid sei wegen Willkür aufzuheben und die provisorische Rechtsöffnung sei zu bewilligen. Mit Urteil vom 6. Juli 1982 wies der Ausschuss des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde ab. C.- Gegen das Urteil des Appellationsgerichts hat die Tornado AG staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingereicht. Sie beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die nachgesuchte Rechtsöffnung sei zu bewilligen; eventuell sei die Sache zur Bewilligung der Rechtsöffnung an das Appellationsgericht zurückzuweisen, "subeventualiter zur Rückweisung an den Zivilgerichtspräsidenten zwecks Bewilligung der Rechtsöffnung". Das Appellationsgericht hat auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde verzichtet, jedoch unter Hinweis auf das motivierte Urteil deren Abweisung beantragt. Die Beschwerdegegnerin hat Gegenbemerkungen eingereicht und darin sinngemäss die Abweisung der Beschwerde beantragt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt, und hebt den angefochtenen Entscheid auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Da sich die Kognition des Appellationsgerichts auf Willkür beschränkte, hätte mit der staatsrechtlichen Beschwerde auch der Entscheid des Rechtsöffnungsrichters angefochten werden BGE 108 II 296 S. 298 können. Die Beschwerde richtet sich indessen, wie sich sowohl aus dem Rechtsbegehren als auch aus der Begründung ergibt, ausschliesslich gegen das Urteil des Appellationsgerichts. Soweit darin mehr verlangt wird als die Aufhebung des angefochtenen Entscheids, kann auf die staatsrechtliche Beschwerde wegen ihrer rein kassatorischen Natur nicht eingetreten werden. 2. In ihrer Beschwerde an das Appellationsgericht hatte die Beschwerdeführerin den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters als willkürlich beanstandet, weil sowohl das Gesetz ( Art. 226c Abs. 1 OR ) als auch der als Rechtsöffnungstitel eingereichte Abzahlungsvertrag für die Erklärung des Verzichts auf den Vertragsabschluss durch den Käufer die schriftliche Form vorsähen. In der Tat scheint der Rechtsöffnungsrichter, jedenfalls wenn von der in seinem Entscheid enthaltenen Begründung ausgegangen wird, dieses Erfordernis übersehen zu haben. Die Schriftform wird für die Verzichtserklärung in Art. 226c Abs. 1 OR ausdrücklich vorgeschrieben. Dass dem im Rechtsöffnungsentscheid zitierten Art. 226a Abs. 2 Ziff. 8 OR diesbezüglich nichts entnommen werden kann, hat daher nichts zu bedeuten. Widersprach der Entscheid des Rechtsöffnungsrichters aber einer klaren gesetzlichen Bestimmung, hätte er vom Appellationsgericht als willkürlich aufgehoben werden müssen, wenn er nicht mit einer andern Begründung aufrecht erhalten werden konnte. Das Urteil des Appellationsgerichts stützt sich denn auch auf eine andere Begründung. Es wird darin ausgeführt, trotz des in Art. 226c Abs. 1 OR vorgeschriebenen Erfordernisses der Schriftlichkeit sei eine mündliche Verzichtserklärung nicht ausgeschlossen, sofern sie beweisbar sei; in diesem Zusammenhang wird auf H. STOFER (Kommentar zum Abzahlungs- und Vorauszahlungsvertrag, 2. Auflage, S. 81) verwiesen. Im übrigen wird darauf hingewiesen, dass im Verfahren betreffend provisorische Rechtsöffnung die Glaubhaftmachung an die Stelle des Beweises trete. Der Beschwerdegegnerin wird sodann zugebilligt, die Abgabe einer mündlichen Verzichtserklärung glaubhaft gemacht zu haben. Der Ausgang des vorliegenden Verfahrens hängt davon ab, ob diese (substituierte) Begründung des Appellationsgerichts als haltbar erscheint. 3. Im Vordergrund steht die Frage, ob es sich bei der in Art. 226c Abs. 1 OR vorgeschriebenen Schriftform um ein Erfordernis handelt, von dem die Gültigkeit der Verzichtserklärung abhängt. Demgegenüber kommt dem Umstand, dass auch der als Rechtsöffnungstitel vorgelegte Kaufvertrag eine schriftliche BGE 108 II 296 S. 299 Mitteilung des Vertragsverzichts vorschreibt, keine selbständige Bedeutung zu. Es handelt sich dabei vielmehr um eine blosse Wiederholung dessen, was sich bereits aus dem Gesetz ergibt. Der Entwurf des Bundesrats zu einem Bundesgesetz über den Abzahlungs- und den Vorauszahlungsvertrag sah in Art. 226b Abs. 1 folgende Bestimmung vor: "Der Käufer kann von Gesetzes wegen den Abzahlungsvertrag innerhalb von drei Tagen mit eingeschriebenem Brief widerrufen. Die Postaufgabe der Widerrufserklärung am letzten Tag der Frist genügt." In der bundesrätlichen Botschaft vom 26. Januar 1960 wird dazu ausgeführt, diese Formvorschrift sei indessen nicht Gültigkeitsvoraussetzung; der Beweis, dass der Verkäufer vom Widerruf Kenntnis erlangt habe, könne auch mit andern Mitteln erbracht werden. Es handle sich um eine Soll-Vorschrift, bei deren Nichtbeachtung der Käufer jedoch häufig in Beweisschwierigkeiten geraten werde (BBl 1960 I S. 555). In der parlamentarischen Beratung wurde für die Verzichtserklärung nicht nur an Stelle der dreitägigen eine fünftägige Frist vorgesehen, sondern die Form des eingeschriebenen Briefes durch einfache Schriftlichkeit ersetzt. Verschiedentlich wurde die Auffassung geäussert, dass trotz des Hinweises in der bundesrätlichen Botschaft, ein eingeschriebener Brief sei nicht Gültigkeitsvoraussetzung, die Gefahr bestünde, eine schriftliche Mitteilung, die nicht in Form eines eingeschriebenen Briefes erfolge, könnte als ungültig betrachtet werden. Die Ersetzung des eingeschriebenen Briefes durch eine gewöhnliche schriftliche Verzichtserklärung erfolgte, wie sich aus den Beratungen klar ergibt, in der Meinung, dass die schriftliche Abgabe der Erklärung Gültigkeitserfordernis sei (Amtl.Bull. S 1961 S. 76 und 233 f., N 1961 S. 428 f. und 1962 S. 6 f.). Die in der bundesrätlichen Botschaft vertretene Auffassung, die für die Verzichtserklärung vorgesehene Form bilde kein Gültigkeitserfordernis, wird somit in bezug auf die Formulierung, die Gesetz geworden ist, durch den Gang der parlamentarischen Beratung widerlegt. Dass die Schriftform der Verzichtserklärung als Gültigkeitserfordernis zu verstehen ist, ergibt sich aber auch auf Grund von Art. 11 Abs. 2 OR , der wie folgt lautet: "Ist über Bedeutung und Wirkung einer gesetzlich vorgeschriebenen Form nicht etwas anderes bestimmt, so hängt von deren Beobachtung die Gültigkeit des Vertrages ab." Diese Bestimmung füllt lückenhafte Formvorschriften, welche BGE 108 II 296 S. 300 keine Regelung über die Folgen der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form enthalten, gesamthaft und zwingend aus, und zwar in dem Sinne, dass diese Form Gültigkeitserfordernis ist (vgl. SCHÖNENBERGER/JÄGGI, N. 103 u. 104 zu Art. 11 OR ). Daraus ergibt sich, dass die in Art. 226c Abs. 1 OR für die Erklärung des Verzichts des Käufers auf den Vertragsabschluss vorgeschriebene Schriftform Gültigkeitsvoraussetzung sein muss, denn weder aus dem Gesetzestext noch aus seiner Entstehungsgeschichte kann ein gegenteiliger Schluss abgeleitet werden. Auch der Literatur zum Abzahlungsvertrag lässt sich, soweit sie sich zu dieser Frage überhaupt geäussert hat, nichts anderes entnehmen. Dies gilt auch für das im angefochtenen Entscheid enthaltene Zitat. STOFER vertritt dort (a.a.O. S. 81) nicht etwa die Auffassung, die Schriftlichkeit der Verzichtserklärung sei nicht Gültigkeitserfordernis. Das Appellationsgericht will sich offenbar dafür, dass eine mündliche Verzichtserklärung durch Art. 226c Abs. 1 OR nicht ausgeschlossen werde, auf folgenden Satz dieses Autors berufen: "Kann der Käufer beweisen, dass der Verkäufer eine mündliche Verzichtserklärung des Käufers entgegengenommen hat, ohne diese sofort als ungenügend zurückzuweisen und eine schriftliche Erklärung zu verlangen, so liegt in diesem Verhalten die Annahme eines Angebotes des Verkäufers, den Vertrag aufzuheben." STOFER bestätigt jedoch an dieser Stelle indirekt, dass grundsätzlich nur mit einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Verkäufer gültig auf den Vertragsschluss verzichtet werden kann. Er vertritt lediglich die Auffassung, dass der Verkäufer im Falle einer ungenügenden mündlichen Erklärung des Käufers diese sofort zurückweisen und eine schriftliche Erklärung verlangen müsse, andernfalls er das darin zu erblickende Angebot des Käufers zur (nach Art. 115 OR formlos möglichen) Aufhebung des Vertrages angenommen habe. Zur Richtigkeit dieser Auffassung STOFERS muss hier nicht näher Stellung genommen werden. Jedenfalls kann daraus nicht abgeleitet werden, dass auch eine mündliche Verzichtserklärung des Verkäufers genüge. Die im angefochtenen Entscheid enthaltene Begründung ist somit nicht geeignet, die unhaltbare Begründung des Rechtsöffnungsrichters durch eine Argumentation zu ersetzen, die vor dem Willkürverbot der BV zu bestehen vermag. Hätte das Appellationsgericht im Sinne des von ihm angeführten Zitates aus dem Kommentar STOFER die Meinung vertreten wollen, die Beschwerdegegnerin habe die stillschweigende Annahme eines BGE 108 II 296 S. 301 mündlichen Angebots zur Vertragsaufhebung durch die Beschwerdeführerin glaubhaft gemacht, so hätte es darüber nähere Ausführungen machen müssen. In diesem Fall hätte vor allem der Reaktion der Beschwerdeführerin bzw. ihrer Vertreter auf die mündliche Erklärung des Verzichts entsprechende Beachtung geschenkt werden müssen. Darüber lässt sich dem angefochtenen Entscheid indessen nichts entnehmen. Enthält dieser aber nicht eine Begründung, welche die unhaltbare Begründung des Rechtsöffnungsrichters in ausreichender Weise zu ersetzen vermag, muss er selber als willkürlich aufgehoben werden.
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Urteilskopf 111 Ib 50 11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. Juli 1985 i.S. Bank X und Y gegen Obergericht des Kantons Luzern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 9 IRSG , Art. 69 Abs. 2 und 3 BStP . Siegelung im Verfahren betreffend Rechtshilfe in Strafsachen.
Sachverhalt ab Seite 51 BGE 111 Ib 50 S. 51 Die Staatsanwaltschaft Bremen ersuchte die schweizerischen Behörden in einem Strafverfahren gegen den deutschen Staatsangehörigen Y um Rechtshilfe, vor allem durch Beschlagnahme von Unterlagen über seinen Geschäftsverkehr mit der Bank X, Niederlassung Luzern. Die Bank stellte dem Amtsstatthalteramt Luzern-Land Fotokopien der verlangten Akten zu mit der Bemerkung, sie seien zu versiegeln und aufzubewahren, da die Weiterleitung nach Deutschland nicht gewünscht werde. Daraufhin erliess das Amtsstatthalteramt eine Verfügung betreffend Beschlagnahme der ihm von der Bank übergebenen Akten, in der darauf hingewiesen wurde, dass diese Akten den Strafbehörden von Bremen übergeben werden müssten. Die Bank und Y erhoben Rekurs beim Obergericht, das ihn abwies. Dagegen führen sie Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführer beanstanden weiter, dass die beschlagnahmten Papiere entgegen ihrem Antrag nicht versiegelt worden seien. Sie berufen sich auf Art. 9 IRSG in Verbindung mit dem dort angeführten Art. 69 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (BStP). a) Die Frage der Versiegelung der beschlagnahmten Akten haben die Beschwerdeführer im kantonalen Rekursverfahren nicht aufgeworfen. Es fehlt somit in diesem Punkt an einem letztinstanzlichen Entscheid, weshalb insoweit auf die Beschwerde nicht eingetreten werden kann. Hieran ändert nichts, dass der Vertreter der Beschwerdeführer erst während des Laufs der Frist für die Anrufung des Bundesgerichts bemerkt haben will, dass die Akten entgegen dem vor erster Instanz gestellten Antrag nicht versiegelt wurden. Er hätte die Akten durchaus schon vor der Einreichung des Rekurses an das Obergericht konsultieren können. b) Der Einwand wäre im übrigen auch der Sache nach unbegründet. Die Versiegelung könnte höchstens vom Besitzer der Papiere verlangt werden und nicht auch vom Angeschuldigten, der nicht gleichzeitig Besitzer ist ( Art. 69 Abs. 3 BStP ). Der Antrag hätte daher nur von der Bank gestellt werden können. Die Versiegelung bezweckt, dem Besitzer zu ermöglichen, bei der Sichtung der Papiere durch die Behörde mitzuwirken und gegebenenfalls die Aussonderung und Rückgabe von Akten zu beantragen, die für die BGE 111 Ib 50 S. 52 Untersuchung nicht von Bedeutung sein können ( Art. 69 Abs. 2 und 3 BStP ). Sie ist demnach immer dann geboten, wenn die Beschlagnahme von Papieren ohne Vorankündigung erfolgt und der Besitzer ausserstande ist, sich an Ort und Stelle darüber zu äussern, was für die Untersuchung wesentlich sein könnte und was nicht. Im vorliegenden Fall verhält es sich anders. Der Bank wurde ausreichend Zeit eingeräumt, um die mit den Konten des Angeschuldigten zusammenhängenden Unterlagen selbst zusammenzustellen, und es wurde ihr sogar ermöglicht, Namen von Drittpersonen abzudecken, die nach ihrem Dafürhalten für die Untersuchung belanglos sind. Es ist daher unerfindlich, welche Rechte sie nach Versiegelung in einem Entsiegelungsverfahren noch ausüben möchte. Sie legt dies denn auch nicht dar und hat es namentlich unterlassen, konkret zu sagen, welche der ihr bestens bekannten Papiere allenfalls von der Übermittlung an die deutschen Behörden ausgenommen werden sollten.
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Urteilskopf 121 IV 104 20. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 3 février 1995 dans la cause Procureur général du canton de Genève contre S. (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 277bis Abs. 1 BStP . Begriff des offensichtlichen Versehens (E. 2b). Art. 159 aStGB; ungetreue Geschäftsführung; Schädigung am Vermögen. Zum Tatbestand der ungetreuen Geschäftsführung gehört ein Vermögensschaden. Dieser ist gegeben bei tatsächlicher Schädigung durch Verminderung der Aktiven, Vermehrung der Passiven, Nicht-Verminderung der Passiven oder Nicht-Vermehrung der Aktiven sowie dann, wenn das Vermögen in einem Masse gefährdet wird, dass es in seinem wirtschaftlichen Wert vermindert ist (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 104 BGE 121 IV 104 S. 104 A.- Par arrêt du 18 octobre 1993, la Cour correctionnelle de Genève a condamné S., pour gestion déloyale, à la peine de 18 mois de réclusion avec sursis pendant trois ans. Elle l'a en revanche libéré de l'accusation de gestion déloyale dans cinq cas qui peuvent se résumer de la manière suivante. S. avait été engagé comme gestionnaire par F. SA, et il avait mission et pouvoir, dans le cadre de son activité professionnelle, de gérer pour le compte de clients des sociétés suisses et étrangères; exerçant les pouvoirs qui lui avaient été conférés, il a fait émettre, d'ordre et pour le compte de deux sociétés dont il avait la gestion (SI SA dans un cas, SII dans les quatre autres cas), une lettre de crédit et quatre garanties par BGE 121 IV 104 S. 105 la banque C. en faveur de sociétés tierces, sans l'accord des ayant droits économiques des deux sociétés dont il avait la gestion. La cour correctionnelle a motivé l'acquittement en considérant qu'un préjudice n'était pas établi, aucune des cinq garanties n'ayant été appelées. B.- Le Procureur général s'est pourvu en cassation contre cet arrêt en faisant valoir qu'un préjudice était établi, d'une part, parce que les deux sociétés avaient dû payer des commissions pour l'émission de ces garanties et, d'autre part, parce que leurs fonds avaient été immobilisés et exposés au risque d'un appel de garantie. Statuant le 11 octobre 1994, la Cour de cassation cantonale a rejeté ce pourvoi. En ce qui concerne les commissions mises à la charge des sociétés, elle a considéré, se référant à la procédure cantonale et surtout à l' art. 6 ch. 1 et 3 CEDH , que ce fait ne pouvait être pris en considération car il ne figurait pas dans l'acte d'accusation. En ce qui concerne l'immobilisation des fonds et le risque d'un appel des garanties, elle a estimé qu'il ne s'agissait pas d'une atteinte aux intérêts pécuniaires, au sens de l'art. 159 aCP, les garanties n'ayant en définitive pas été appelées. C.- Le Procureur général se pourvoit en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral contre cet arrêt. Invoquant à nouveau les commissions mises à la charge des sociétés et le risque concret d'appel des garanties, il reproche à la cour cantonale d'avoir méconnu la notion d'atteinte aux intérêts pécuniaires prévue à l'art. 159 aCP et conclut à l'annulation de la décision attaquée. L'intimé conclut principalement à l'irrecevabilité du pourvoi, subsidiairement à son rejet. La cour cantonale n'a pas formulé d'observations. Le Tribunal fédéral admet le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. (recevabilité). 2. a) Le recourant reproche à la cour cantonale d'avoir méconnu que l'accusé, en ce qui concerne les points sur lesquels il a été acquitté, s'est rendu coupable de gestion déloyale au sens de l'art. 159 aCP. Cette disposition prévoit que "celui qui, tenu par une obligation légale ou contractuelle de veiller sur les intérêts pécuniaires d'autrui, y aura porté atteinte sera puni de l'emprisonnement". Il faut donc, pour que cette infraction soit réalisée, que l'auteur ait eu une position de gérant, qu'il BGE 121 IV 104 S. 106 ait violé une obligation lui incombant en cette qualité, qu'il en soit résulté une atteinte aux intérêts pécuniaires d'autrui et qu'il ait agi intentionnellement. En l'espèce, la seule question litigieuse est de savoir s'il y a eu atteinte aux intérêts pécuniaires d'autrui. b) Le recourant fait tout d'abord valoir que cette condition est réalisée du fait que les comptes des deux sociétés dont l'accusé avait la gestion ont été débités de commissions pour l'émission des garanties. Se référant d'une part à la procédure cantonale et d'autre part à l' art. 6 CEDH , la cour cantonale a écarté ce fait, à savoir le paiement des commissions, en considérant qu'il ne pouvait être retenu dès lors qu'il ne figurait pas dans l'acte d'accusation. Comme il a déjà été rappelé, la Cour de céans est liée par les constatations de fait de l'autorité cantonale, sous réserve de la rectification d'une inadvertance manifeste. Le recourant rappelle expressément cette règle, mais soutient que c'est par une inadvertance manifeste que la cour cantonale n'a pas retenu le fait qu'il invoque. Il y a inadvertance manifeste lorsque l'autorité cantonale, par une simple inattention, a retenu un état de fait qui ne correspond manifestement pas avec le résultat de l'administration des preuves; tel est le cas par exemple si l'autorité a omis de mentionner un fait clairement établi ou si, par une simple inattention, elle s'est à l'évidence trompée sur un point de fait établi sans équivoque. Il n'y a en revanche pas d'inadvertance manifeste lorsque l'autorité cantonale a retenu ou écarté un fait à la suite d'un raisonnement ou d'un choix dans l'appréciation des preuves (CORBOZ, Le pourvoi en nullité, SJ 1991 p. 93 note 237). En l'espèce, le fait invoqué par le recourant a été écarté par la cour cantonale sur la base d'un raisonnement puisqu'elle a estimé qu'il ne pouvait être retenu pour des motifs tirés de la procédure cantonale et de l' art. 6 CEDH . On ne saurait donc parler d'une inadvertance manifeste au sens de l' art. 277bis PPF , de sorte que la Cour de céans est liée. La question de savoir si, dans son raisonnement, la cour cantonale a correctement appliqué la procédure cantonale ou l' art. 6 CEDH ne peut être examinée dans le cadre d'un pourvoi en nullité. Celui-ci ne peut en effet être formé que pour violation du droit fédéral ( art. 269 al. 1 PPF ), et non pour violation du droit cantonal (cf. ATF 119 IV 92 consid. 3c, 277 consid. 1a et les arrêts cités). Quant aux droits découlant de la CEDH, ils sont de BGE 121 IV 104 S. 107 rang constitutionnel et leur violation directe ne pourrait être invoquée que dans le cadre d'un recours de droit public ( art. 269 al. 2 PPF ; ATF 119 IV 107 consid. 1a et les arrêts cités), que l'accusateur public n'a pas qualité pour interjeter ( ATF 109 Ia 173 consid. 1 et les arrêts cités). Comme l'argumentation du recourant, en ce qui concerne le versement de ces commissions, repose sur un état de fait autre que celui contenu dans la décision attaquée, lequel ne repose pas sur une inadvertance manifeste, elle ne peut être prise en considération. c) Le recourant soutient ensuite qu'il y a eu atteinte aux intérêts pécuniaires d'autrui du fait que les fonds des deux sociétés ont été temporairement immobilisés en garantie et exposés au risque d'un appel des garanties. Alors que le texte français de l'art. 159 aCP parle d'une "atteinte" aux "intérêts pécuniaires d'autrui", le texte allemand exige une lésion du patrimoine ("Wer jemanden am Vermögen schädigt") et il en va de même du texte italien ("Chiunque, obbligato (...) a curare il patrimonio di una persona, lo danneggia"). Dans l' ATF 80 IV 249 , le Tribunal fédéral a déjà relevé cette divergence entre les textes. Procédant, dans un arrêt ultérieur, à un examen plus approfondi, il a observé que le législateur avait employé les mêmes termes ("intérêts pécuniaires" en français) aux art. 148 al. 1, 159 al. 1 et 251 ch. 1 aCP, ce qui justifiait une interprétation identique; comme les art. 148 et 159 aCP sont classés parmi les infractions contre le patrimoine, il faut en déduire qu'il s'agit bien de protéger le patrimoine ( ATF 83 IV 75 consid. 3b). La doctrine récente estime également qu'il faut une atteinte au patrimoine (STRATENWERTH, Bes.Teil I, 5ème éd., Berne 1995, p. 387 no 15 et 16; SCHUBARTH, Kommentar StGB, art. 159 no 33; REHBERG/SCHMID, Strafrecht III, 6ème éd., Zurich 1994, p. 227/228; TRECHSEL, Kurzkommentar StGB, art. 159 no 9) et que la notion de préjudice est la même que dans le cas de l'escroquerie (STRATENWERTH, op.cit., p. 387 no 16; SCHUBARTH, op.cit., art. 159 no 33). Pour qu'il y ait gestion déloyale, il faut donc un préjudice patrimonial. Tel est le cas lorsqu'on se trouve en présence d'une véritable lésion du patrimoine - c'est-à-dire d'une diminution de l'actif, d'une augmentation du passif, d'une non-diminution du passif ou d'une non-augmentation de l'actif (cf. ATF 119 IV 17 consid. 2c) -, mais aussi d'une mise en danger de celui-ci telle qu'elle a pour effet d'en diminuer la valeur du point de vue économique (STRATENWERTH, op.cit., p. 336 no 54 et les références; cf. également ATF 120 IV 122 consid. 6b p. 134, BGE 121 IV 104 S. 108 102 IV 84 consid. 4). Par ailleurs, un préjudice temporaire suffit ( ATF 120 IV 122 consid. 6b p. 135, 105 IV 102 consid. 1c, 102 IV 84 consid. 4, 172 consid. 3; cf. également STRATENWERTH, op.cit., p. 337 no 55; TRECHSEL, op.cit., art. 148 no 24). d) La cour cantonale a retenu que les fonds des deux sociétés avaient été temporairement immobilisés pendant la durée de validité des garanties et a admis qu'ils avaient été exposés au risque d'un appel des garanties, mais elle a considéré que, celles-ci n'ayant pas été appelées, ce risque ne s'était pas réalisé et qu'il était au reste "trop éloigné pour justifier une condamnation au titre de l'art. 159 (a)CP". C'est précisément ce dernier point qui est contesté par le recourant, qui estime au contraire que le patrimoine des deux sociétés dont l'intimé avait la gestion a été exposé à un danger particulier et, partant, qu'il y a eu atteinte aux intérêts pécuniaires d'autrui au sens défini ci-dessus. Ainsi qu'on l'a vu, il peut également y avoir préjudice patrimonial en cas de mise en danger du patrimoine telle qu'elle a pour effet d'en diminuer la valeur du point de vue économique. Sur la base des constatations de fait de l'arrêt attaqué, il n'est toutefois pas possible de contrôler si, dans le cas d'espèce, on se trouve en présence d'une mise en danger du patrimoine équivalant à une lésion de celui-ci au sens de la jurisprudence. En l'absence de constatations de fait suffisantes, le Tribunal fédéral n'est en effet pas en mesure de se prononcer sur la question posée de savoir dans quelle mesure la réalisation d'une obligation éventuelle telle que la constitution d'une garantie équivaut à un dommage patrimonial. La cause doit dès lors être renvoyée à l'autorité cantonale, qui devra examiner si la constitution de garanties a eu pour effet de diminuer la valeur du patrimoine du point de vue économique. Dans la mesure où l'arrêt attaqué nie l'existence d'un préjudice pour le motif que les garanties n'ont pas été appelées, il viole le droit fédéral, puisque, comme on l'a vu, le risque d'un appel des garanties peut suffire. e) La cour cantonale a également nié la réalisation de l'infraction pour le motif que l'intimé était capable de rembourser. A ce jour, la capacité de remboursement n'a été prise en considération par la jurisprudence et la doctrine qu'en matière d'abus de confiance (art. 140 aCP). Cet élément devrait cependant aussi jouer un rôle en matière de gestion déloyale dans la mesure où la réalisation de cette infraction implique un dessein d'enrichissement illégitime, comme le prévoit en tout cas le nouveau droit à l' art. 158 ch. 1 al. 3 et ch. 2 CP . Sur ce point également, les constatations de fait de l'arrêt attaqué sont insuffisantes pour permettre BGE 121 IV 104 S. 109 à la Cour de céans de contrôler si et dans quelle mesure cet élément peut jouer un rôle dans le cas d'espèce. Le cas échéant, l'autorité cantonale devra examiner la question au regard de la nouvelle jurisprudence relative à la capacité de remboursement (cf. ATF 118 IV 27 consid. 3). 3. (suite de frais).
null
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Urteilskopf 116 II 302 54. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. September 1990 i.S. Schweizerischer Maler- und Gipsermeisterverband und Mitbeteiligte gegen B. (Berufung)
Regeste Art. 357b Abs. 1 lit. c OR . Gesamtarbeitsvertragliche Konventionalstrafen. Die Bemessung solcher Strafen hat der Schwere der Vertragsverletzung und dem Verschulden sowie dem Zweck Rechnung zu tragen, durch wirksame Bestrafung künftige Vertragsverletzungen zu verhindern. Bedeutung der Bereicherung des fehlbaren Arbeitgebers und der Schädigung des Arbeitnehmers (E. 3). Zulässigkeit und Kriterien der Herabsetzung (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 303 BGE 116 II 302 S. 303 A.- Für das Maler- und Gipsergewerbe besteht ein Rahmenvertrag vom 18. Dezember 1984, der frühere Vereinbarungen ersetzt und mit Bundesratsbeschluss vom 11. Juli 1985 mit Wirkung ab 12. August 1985 auch für das Gebiet des Kantons Luzern allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Vertragspartner des GAV sind einerseits der Schweizerische Maler- und Gipsermeisterverband und anderseits die Gewerkschaft Bau und Holz, der Christliche Holz- und Bauarbeiterverband der Schweiz sowie der Schweizerische Verband evangelischer Arbeitnehmer. Die Vertragsparteien beauftragten die Zentrale Paritätische Berufskommission des Maler- und Gipsergewerbes (ZPBK) mit der Durchsetzung des Vertrags, wozu insbesondere die Betriebskontrolle und die Ausfällung von Konventionalstrafen gehört. In seinem Gipsereibetrieb in N. beschäftigt B. einige Arbeitnehmer. B.- Nachdem B. von der ZPBK wegen Verstössen gegen den GAV mit einer Konventionalstrafe von Fr. 25'000.-- belegt und betrieben worden war, klagten die in der ZPBK zusammengeschlossenen Vertragspartner am 9. Juli 1987 beim Amtsgericht Sursee gegen B. auf Zahlung der Strafe nebst Zins. Während das Amtsgericht die Strafe zusprach, schützte sie das Obergericht des Kantons Luzern auf Appellation des Beklagten hin mit Urteil vom 15. Januar 1990 lediglich für Fr. 10'000.--. Die von den Klägern gegen dieses Urteil eingereichte Berufung weist das Bundesgericht ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gemäss Art. 357b Abs. 1 OR können die Parteien eines zwischen Verbänden abgeschlossenen Gesamtarbeitsvertrags vereinbaren, dass ihnen gemeinsam ein Anspruch auf Einhaltung des Vertrags zustehe, und zwar insbesondere mit Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses und die Beiträge an Ausgleichskassen und BGE 116 II 302 S. 304 andere Einrichtungen. Nebst Kontrollen und Kautionen können die Parteien zur Durchsetzung ihres gemeinsamen Anspruchs Konventionalstrafen vorsehen ( Art. 357b Abs. 1 lit. c OR ). Diese fördern durch ihre präventive Wirkung die Vertragstreue und sollen den Verbänden die Ahndung von Verstössen gegen die Verbandsrechte ermöglichen. Dabei treten die verbandsrechtlichen Ansprüche zu den individuellen Ansprüchen aus den Einzelarbeitsverträgen hinzu. Es bleibt daher den Arbeitnehmern auch nach Durchsetzung von Verbandstrafen unbenommen, ihre individuellen Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen (VISCHER, N. 74 zu Art. 357a OR ; REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, 9. A. 1988, S. 162 lit. C. a. E.). Diesen Umstand hat das Obergericht bei der Bemessung der Konventionalstrafe zu Recht mitberücksichtigt, zumal für das Bundesgericht nicht verbindlich festgestellt ist ( Art. 63 Abs. 2 OG ), dass der Beklagte keine individuellen Ansprüche mehr zu gewärtigen hat. Die Möglichkeit solcher Ansprüche schliesst es zum vornherein aus, für die Konventionalstrafe schlechthin auf die infolge der Verletzung des GAV erzielten Vorteile und auf den tatsächlichen oder möglichen Schaden von Arbeitnehmern abzustellen, wie in der Berufung gefordert wird. Eine derartige Bindung des Richters an die geldwerten Auswirkungen der Verletzung von Verbandsrechten auf die Einzelarbeitsverträge lässt sich auch deshalb nicht rechtfertigen, weil sonst das Ausmass der Sanktionen von der Häufigkeit der Kontrollen abhinge; die Kontrollorgane hätten es in der Hand, durch seltene Kontrollen härtere Strafen und damit höhere Ansprüche zu erwirken. Das Ausmass der Bereicherung des fehlbaren Arbeitgebers und der Schädigung des Arbeitnehmers kann demzufolge nur ein Element der Gesamtbeurteilung sein, die der Schwere der Vertragsverletzung sowie dem Verschulden und dem Zweck Rechnung zu tragen hat, Vertragsverletzungen zu bestrafen und künftige Verletzungen zu verhindern (VISCHER, a.a.O., N. 75 f.). 4. Übermässige Konventionalstrafen sind herabzusetzen ( Art. 163 Abs. 3 OR ; BGE 114 II 264 ). Das muss erst recht gelten, wenn der Richter damit wie im vorliegenden Fall, wo die Höhe der Konventionalstrafe von einer Partei einseitig bestimmt und nicht im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt worden ist, nicht in die Vertragsfreiheit der Parteien eingreift. Die von den Klägern geforderte Einschränkung der richterlichen Eingriffsmöglichkeit auf willkürlich hohe Strafen erweist sich deshalb als unbegründet. BGE 116 II 302 S. 305 Die vom Obergericht auf Fr. 10'000.-- herabgesetzte Konventionalstrafe hält sodann durchaus vor Bundesrecht stand. Sie ist geeignet, die Verstösse des Beklagten gegen den GAV zu ahnden und ihn gleichzeitig von weiteren Vertragsverletzungen abzuhalten. Es sind keine besonderen Gründe ersichtlich, die es gebieten würden, den unrechtmässigen Vorteilen des Beklagten weitergehend Rechnung zu tragen als die Vorinstanz oder den benachteiligten Arbeitnehmern zur Schadensdeckung einen Teil der Konventionalstrafe zukommen zu lassen (VISCHER, a.a.O., N. 77). Durch die Anpassung der Strafe an die Grösse und den Ertrag des Betriebs des Beklagten berücksichtigt das Obergericht die präventive Funktion der Konventionalstrafe ausreichend, genügt doch bei einem wirtschaftlich schwächeren Arbeitgeber bereits ein geringerer Betrag, um ihn von Vertragsverletzungen abzuhalten. Weitere Verstösse könnten wiederum mit Strafe belegt werden, bei welcher der Rückfall als strafschärfender Umstand zu berücksichtigen wäre. Kein rechtliches, sondern ein volkswirtschaftliches Argument ist schliesslich der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand der Kläger, die Ausmerzung nicht lebensfähiger Betriebe liege im übergeordneten Gewerbeinteresse.
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Urteilskopf 104 IV 62 20. Urteil des Kassationshofes vom 3. August 1978 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Thurgau
Regeste Art. 47 StGB . Schutzaufsicht. Neben der Betreuung kann auch die Beaufsichtigung Zweck der Schutzaufsicht sein.
Erwägungen ab Seite 63 BGE 104 IV 62 S. 63 Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der wegen Sachentziehung und Hausfriedensbruch zu einer 2monatigen, bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe verurteilte Beschwerdeführer macht in seiner Nichtigkeitsbeschwerde lediglich geltend, die Voraussetzungen für die Anordnung einer Schutzaufsicht während der ihm auferlegten 3jährigen Probezeit seien nicht gegeben. Eine Schutzaufsicht sei nur zulässig, um den Täter in ein geordnetes Leben zurückzuführen, namentlich um ihm bei der Beschaffung von Arbeit und Unterkunft zu helfen. Er gehe aber seit geraumer Zeit einer regelmässigen Erwerbstätigkeit nach und geniesse einen untadeligen Leumund. Er neige nicht zu Rückfällen, sei weder süchtig, noch leide er an Gebrechen. Auch das der Verurteilung zugrunde liegende Delikt deute nicht auf eine führungsbedürftige Persönlichkeit. Der Staatsanwalt habe vor der 1. Instanz keine Schutzaufsicht beantragt, Anlass zu deren Anordnung habe auch das Obergericht nicht gehabt. 2. Wie die Nichtigkeitsbeschwerde richtig hervorhebt, bezweckt die in Art. 47 StGB vorgesehene Schutzaufsicht vor allem, dem zu einer bedingt vollziehbaren Strafe Verurteilten oder dem bedingt aus einer Anstalt Entlassenen das ehrliche Fortkommen zu erleichtern, indem sie ihm z.B. bei der Beschaffung von Unterkunft und Arbeit hilft oder dafür sorgt, dass er, sofern er besonders rückfallsgefährdet ist, in einer geeigneten Umgebung untergebracht und, wenn nötig, ärztlich betreut wird. Entgegen der Meinung des Beschwerdeführers erschöpft sich der Zweck der Schutzaufsicht aber nicht darin. Sie darf auch angeordnet werden, wenn der Richter eine unauffällige Beaufsichtigung des Verurteilten während des bedingten Strafaufschubes für notwendig hält ( Art. 47 Abs. 2 StGB ). Im Rahmen der letzten Revision von Art. 47 StGB war zwar ursprünglich in Aussicht genommen worden, die Schutzaufsicht auf die Betreuung des Schützlings zu beschränken und auf die ausdrückliche Nennung der Beaufsichtigung im Gesetz zu verzichten. Der Gesetzgeber lehnte diese Streichung jedoch im Laufe der Beratungen mit dem Hinweis darauf ab, es überwache sonst niemand, ob sich der Verurteilte während der Probezeit auch wirklich bewähre, namentlich ob er die ihm erteilten Weisungen BGE 104 IV 62 S. 64 befolge (Amtliches Bulletin der Bundesversammlung, StR März 1970 S. 102/103, NR September 1970 S. 525). 3. Die Vorinstanz hat die Schutzaufsicht gerade wegen dieser Beaufsichtigungsmöglichkeit angeordnet. Sie berücksichtigt bei der Gewährung des bedingten Strafvollzuges die günstige Entwicklung des Beschwerdeführers in der jüngsten Zeit, hält aber andrerseits angesichts der ernsten Bedenken, zu denen seine frühere Lebensführung Anlass gab, seine Beaufsichtigung für geboten. Sie hat entgegen der Meinung der Nichtigkeitsbeschwerde die Wendung zum Bessern nicht verkannt. Sie zweifelt aber aufgrund früherer Erfahrungen an deren Dauer und hält deshalb eine Überwachung des Beschwerdeführers, welche im Bedarfsfall auch seine Beeinflussung und Führung ermöglichen soll, für notwendig. Diese Erwägungen rechtfertigen die Anordnung der Schutzaufsicht. Daran ändert weder das Fehlen eines diesbezüglichen Antrages des Staatsanwaltes vor der 1. Instanz etwas, noch der Einwand des Beschwerdeführers, er habe nur relativ geringfügige Delikte begangen. Das Obergericht ist bei der Anordnung der Schutzaufsicht von richtigen rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen und hat weder sein Ermessen überschritten, noch sonst Bundesrecht verletzt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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6cbdcee1-bbb7-48cc-9749-a8325cf7624d
Urteilskopf 108 Ia 5 2. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. März 1982 i.S. Model gegen A. Streuli Hoch- und Tiefbau AG, Baukommission Kilchberg und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; rechtliches Gehör, Akteneinsicht; Rechtsgleichheit. 1. Umfang des Rechts auf Akteneinsicht. Art. 4 BV gewährt Privatpersonen weder einen Anspruch auf Herausgabe amtlicher Akten (E. 2b) noch auf Herstellung und Herausgabe von Kopien grossformatiger Pläne (E. 2c). 2. Rechtsgleichheit. Die Praxis der Zürcher Behörden, die Akten nur patentierten Rechtsanwälten, nicht aber privaten Beschwerdeführern herauszugeben, stellt keine gegen Art. 4 BV verstossende Ungleichbehandlung dar (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 6 BGE 108 Ia 5 S. 6 Walter Model beschwerte sich beim Verwaltungsgericht des Kantons Zürich darüber, dass ihm die amtlichen Akten in einem Baurekursverfahren nicht herausgegeben worden waren und dass er auch keine Kopien der Pläne erhalten hatte. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit der Begründung ab, das Recht auf Akteneinsicht umfasse nicht auch den Anspruch auf Herausgabe der Akten oder auf Herstellung und Herausgabe von Plankopien. Die Praxis der Zürcher Behörden, Akten nur patentierten Rechtsanwälten, nicht aber privaten Beschwerdeführern herauszugeben, stelle keine rechtsungleiche Behandlung dar (Rechenschaftsbericht des Verwaltungsgerichts, 1981 Nr. 3). Walter Model führt wegen Verweigerung des rechtlichen Gehörs und Verletzung des Grundsatzes der Rechtsgleichheit staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. a) Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Akteneinsichtsrechts und damit von Art. 4 BV . Das Recht auf Akteneinsicht ist Teil des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Der Umfang dieses Anspruchs bestimmt sich in erster Linie nach den kantonalen Verfahrensvorschriften. Wo sich jedoch der kantonale Rechtsschutz als ungenügend erweist, greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden bundesrechtlichen Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz ( BGE 106 Ia 74 , mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerdeführer nicht, das Verwaltungsgericht habe § 8 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes verletzt, wonach derjenige Einsicht in die Akten nehmen kann, der durch eine Anordnung in seinen Rechten betroffen ist. Es ist daher einzig, und zwar mit freier Kognition, zu prüfen, ob die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Regeln missachtet wurden ( BGE 106 Ia 74 , mit Hinweisen). BGE 108 Ia 5 S. 7 b) Der Beschwerdeführer macht geltend, zur Wahrung seiner Interessen sei er darauf angewiesen, die Akten nicht nur am Sitze der Behörde, sondern bei sich zu Hause studieren zu können. Aus dem Akteneinsichtsrecht kann indessen bundesrechtlich kein Anspruch abgeleitet werden, die Akten, in die Einsicht gewährt wird, nach Hause mitzunehmen. Das Akteneinsichtsrecht als Minimalgarantie nach Art. 4 BV soll es dem Rechtssuchenden ermöglichen, von den einem Verfahren zugrundeliegenden Akten Kenntnis zu nehmen. Es umfasst den Anspruch, die Akten am Sitze der Behörden einzusehen und davon Notizen zu machen. Weiter geht der Anspruch nach Art. 4 BV nicht, auch wenn sich dies in manchen Fällen zur Wahrung der Interessen als wünschbar erwiese. Die Verwaltung, deren Tätigkeit grundsätzlich nicht öffentlich ist, braucht Akteneinsicht lediglich an ihrem Sitze zu gewähren und die Akten nicht herauszugeben oder zuzustellen. Die Wahrung der Interessen des Beschwerdeführers wird dadurch nicht über Gebühr erschwert. Diese Ordnung entspricht der bundesrechtlichen Regelung von Art. 26 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsverfahren (vgl. hierzu VPB 43/1979 Nr. 63 S. 310) und der Regelung von Art. 272 Abs. 6 des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege (vgl. hierzu BGE 92 IV 18 E. 1). In der Literatur wird ein aus dem Akteneinsichtsrecht folgender Anspruch auf Herausgabe der Akten ebenfalls verneint (WILLY HUBER, Das Recht des Bürgers auf Akteneinsicht im Verwaltungsverfahren, Diss. St. Gallen 1980, S. 120 ff.; KLAUS REINHARDT, Das rechtliche Gehör in Verwaltungssachen, Diss. Zürich 1967, S. 200; RAPHAEL VON WERRA, Handkommentar zum Walliser Verwaltungsverfahren, N. 3 zu Art. 12). Aus diesen Gründen kann der Beschwerdeführer aufgrund von Art. 4 BV nicht verlangen, dass ihm die Akten ausgehändigt werden. c) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, Art. 4 BV sei dadurch verletzt, dass ihm die Baurekurskommission keine Kopien der von der Beschwerdegegnerin eingereichten Pläne ausgehändigt habe. Das durch Art. 4 BV garantierte Akteneinsichtsrecht gewährt, wie erwähnt, den Anspruch, die Akten einzusehen und sich davon Notizen zu machen. Daraus lässt sich indessen nicht ohne weiteres der Schluss ziehen, der Rechtssuchende habe auch einen Anspruch darauf, von den Akten Kopien herstellen zu lassen (vgl. VPB 42/1978 Nr. 7 S. 47 E. 5). Dagegen spricht insbesondere, dass Akteneinsicht grundsätzlich nur am Sitze der Behörde gewährt zu werden braucht (oben E. 2b). Deshalb wird BGE 108 Ia 5 S. 8 ein aus dem Akteneinsichtsrecht folgender Anspruch auf Herstellung und Herausgabe von Fotokopien in Praxis und Literatur teilweise verneint (VPB 42/1978 Nr. 7; HUBER, a.a.O., S. 124 f.). Das Bundesgericht hat immerhin entschieden, dass die Verweigerung, Fotokopien eines Gutachtens herzustellen und sie den Rechtssuchenden auszuhändigen, eine Verletzung von Art. 4 BV darstellen kann, insbesondere wenn dies ohne weiteres möglich ist (nicht veröffentlichte E. 4e von BGE 105 Ia 285 ; vgl. auch ROLF TINNER, Das rechtliche Gehör, in: ZSR 83/1964 II S. 347). Es braucht hier nicht entschieden zu werden, inwieweit aus Art. 4 BV ein Anspruch auf Herstellung und Herausgabe von Fotokopien abgeleitet werden kann. Im vorliegenden Fall verlangte der Beschwerdeführer von der Baurekurskommission nicht Kopien im Normalformat (A 4), sondern grossformatige Plankopien. Die Behörde kann nicht verpflichtet werden, solche Kopien herzustellen, wofür ihr die notwendigen speziellen Geräte ohnehin oft fehlen werden. Es kann von ihr auch nicht verlangt werden, solche durch spezialisierte Firmen herstellen zu lassen. Dies würde für die Behörden einen unverhältnismässigen Aufwand mit sich bringen. Bei dieser Sachlage hat die Baurekurskommission die aus Art. 4 BV fliessenden Ansprüche des Beschwerdeführers nicht verletzt. Die Beschwerde erweist sich demnach auch in diesem Punkte als unbegründet. 3. Der Beschwerdeführer erblickt sodann in der Praxis der Zürcher Behörden, die Akten wohl den patentierten Rechtsanwälten, nicht hingegen privaten Beschwerdeführern herauszugeben, eine gegen Art. 4 BV verstossende Ungleichbehandlung. Das Verwaltungsgericht führt im angefochtenen Urteil aus, die bevorzugte Behandlung von Rechtsanwälten lasse sich damit rechtfertigen, dass diese einer strengen disziplinarischen Aufsicht unterworfen sind. Eine unterschiedliche Behandlung lässt sich in der Tat damit begründen, dass bei Anwälten besondere tatsächliche Verhältnisse bestehen. Sie bieten besser als andere Private Gewähr dafür, dass ausgehändigte Akten vollständig und unverändert an die Behörde zurückgelangen und nicht an Drittpersonen weitergegeben werden (vgl. HUBER, a.a.O., S. 122). Sie verfügen hierfür in der Regel über geeignete Büroräumlichkeiten. Entscheidend ist weiter die Disziplinaraufsicht über die Rechtsanwälte. Aus diesen Gründen wird denn auch die bevorzugte Behandlung von Rechtsanwälten in der Literatur nicht beanstandet (vgl. ALFRED KÖLZ, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, N. 34 zu BGE 108 Ia 5 S. 9 § 8; TINNER, a.a.O., S. 347 Anm. 60; HUBER, a.a.O., S. 122). Das Bundesgericht hat die in andern Kantonen gleicherweise geübte Praxis unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 BV nicht beanstandet (unveröffentlichtes Urteil Rüttimann vom 31. Oktober 1978, E. 3). Die Praxis der Zürcher Behörden lässt sich demnach mit sachlichen Gründen halten. Die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV erweist sich in diesem Punkt ebenfalls als unbegründet. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.
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Urteilskopf 101 Ib 201 36. Extrait de l'arrêt du 28 février 1975 dans la cause Delaloye contre Valais, Conseil d'Etat
Regeste Bundesbeiträge für Bodenverbesserungen, Rückerstattung wegen Zweckentfremdung. Der Eigentümer kann zu der - in Art. 54 Bodenverbesserungs-Verordnung vom 14. Juni 1971 vorgesehenen - Rückerstattung eines den empfangenen Beitrag übersteigenden Betrages, mit dem der Wertsteigerung des Grundstücks Rechnung getragen werden soll, mangels gesetzlicher Grundlage nicht verpflichtet werden.
Sachverhalt ab Seite 202 BGE 101 Ib 201 S. 202 Francis Delaloye a acquis en 1971 une parcelle de 1256 m2 située à Ardon dans le périmètre d'un remaniement parcellaire dont les travaux ont commencé en 1964-1965 et pour lequel la Confédération a versé un subside de 0 fr. 50 par m2; il y a construit une villa en 1971-1972. Se fondant sur l'art. 85 LAgr. et sur les art. 53 et 54 de l'Ordonnance fédérale sur les améliorations foncières du 14 juin 1971 (OAF 1971), le Service cantonal des améliorations foncières lui a réclamé le remboursement du subside fédéral à raison de 0 fr. 75 le m2, compte tenu de l'augmentation de la valeur du bien-fonds. Sur recours de Delaloye, le Département de l'agriculture du canton du Valais, puis le Conseil d'Etat, ont confirmé la décision du Service cantonal des améliorations foncières. Saisi d'un recours de droit administratif, le Tribunal fédéral l'a admis au sens des considérants. Erwägungen Extrait des motifs: 3. Pour fonder sa décision relative au supplément de 50%, le Conseil d'Etat s'est référé à l'art. 54 al. 2 lettre b OAF 1971, ainsi qu'aux "Directives pour la restitution des subventions versées en faveur d'améliorations foncières et de bâtiments ruraux", établies en septembre 1972 par la "Conférence des services chargés des améliorations foncières". L'art. 54 al. 2 OAF 1971 prévoit que le montant à restituer dépend notamment de la surface du bien-fonds détourné de son affectation (lettre a) et de l'augmentation de la valeur du bien-fonds dans les limites de la subvention accordée (lettre b). Le recourant conteste la légalité de cette dernière disposition. Le Conseil d'Etat estime au contraire qu'elle constitue une interprétation tout à fait soutenable de l'art. 85 LAgr. Quant au Département BGE 101 Ib 201 S. 203 fédéral, il ne se prononce pas explicitement sur la légalité de la disposition en cause, mais fait observer que cette disposition ne permet pas de réclamer le remboursement d'un montant supérieur au subside versé pour une parcelle donnée. Il s'agit d'examiner avant tout si l'art. 54 al. 2 lettre b OAF 1971 trouve sa justification dans une disposition de la loi fédérale sur l'agriculture, ou si au contraire il sort du cadre dans lequel doit se tenir le Conseil fédéral en édictant les mesures d'application. 4. L'art. 85 al. 2 LAgr. prévoit qu'en cas de modification de l'affectation des immeubles, le propriétaire doit rembourser les contributions reçues de la Confédération et réparer tout le dommage causé en détournant l'immeuble de son affectation. Selon PFENNINGER (Sicherung und Revision der Güterzusammenlegung, dans la revue "Communications de droit agraire", 1970, p. 102 s.), l'obligation de réparer un tel dommage est une obligation causale analogue à celle des art. 58 CO et 679 CC. Cet auteur cite comme exemple le cas où une construction non autorisée - par l'autorité spéciale prévue à cet effet - rend sensiblement plus difficile l'utilisation agricole du terrain. A son avis, c'est au juge civil qu'il appartient de statuer, selon le droit civil, sur l'obligation de réparer le dommage. (Au demeurant, les "Directives" précitées, de septembre 1972, précisent que c'est en cas de contestation entre des particuliers que l'affaire sera, en règle générale, portée devant le juge civil; cf. "Directives", p. 8 ch. 10 lettre d in fine, avec la modification apportée par l'annexe à la circulaire du 15 février 1973 de la Division de l'agriculture.) L'ordonnance sur les améliorations foncières de 1954 prévoyait uniquement le remboursement de la part du subside fédéral proportionnée à l'immeuble soustrait à son affectation (art. 57). La prise en considération de l'augmentation de la valeur du bien-fonds n'est prévue que par l'ordonnance du 14 juin 1971 (art. 54 al. 2 lettre b), qui a remplacé la précédente. Il s'agit là d'un principe nouveau, tout différent de la réparation du dommage prévue à l'art. 85 al. 2 LAgr. Même si la prise en considération de l'augmentation de valeur ne conduit pas, en raison du mode de calcul utilisé, à la fixation d'un montant séparé (on applique simplement au montant du subside un certain coefficient en fonction de cette augmentation), il n'en reste pas moins que le montant à rembourser BGE 101 Ib 201 S. 204 découlant de ce calcul contient deux facteurs juridiquement différents, d'une part le montant du subside effectivement versé, d'autre part un supplément pour tenir compte de l'augmentation de la valeur du bien-fonds. Le prélèvement d'une plus-value est quelque chose de tout différent de la restitution du subside reçu et de la réparation d'un éventuel dommage. Un tel supplément ne trouve aucun fondement légal dans la loi fédérale sur l'agriculture. Vouloir considérer ce supplément comme réparation du dommage au sens de l'art. 85 al. 2 LAgr. et appliquer par analogie la responsabilité découlant d'un acte illicite, comme le fait le Conseil d'Etat dans l'arrêt attaqué, est arbitraire et contredit d'ailleurs le texte de l'art. 54 al. 2 lettre b OAF 1971. Le supplément litigieux correspond au prélèvement d'une plus-value, institution qui n'est pas inconnue des législations cantonales (cf. H. H. MEYER, Mehrwertsbeiträge der Grundeigentümer nach zürcherischem Recht, thèse Zurich 1960; A. BÜHRER, Der Mehrwertsbeitrag an öffentlich-rechtliche Erschliessungsbauwerke unter besonderer Berücksichtigung des schaffhauserischen Rechts, thèse Zurich 1970), mais qui n'a pas été envisagée par le législateur fédéral dans la loi sur l'agriculture. Il est vrai que l'art. 117 LAgr. charge le Conseil fédéral d'édicter les dispositions d'exécution nécessaires. Toutefois, l'idée à la base de l'art. 54 al. 2 lettre b OAF 1971 ne figure pas dans la loi sur l'agriculture, et les dispositions d'exécution de la loi doivent évidemment se tenir dans le cadre de la réglementation voulue par le législateur; elles peuvent préciser et régler dans le détail les dispositions de la loi, au besoin combler d'éventuelles lacunes, mais elles ne peuvent pas imposer aux particuliers de nouvelles obligations, même si les règles qu'elles établissent sont encore compatibles avec le but poursuivi par le législateur (RO 99 Ib 165). Si le législateur avait voulu appliquer en cette matière le système d'une compensation économique, qui est une institution pour elle-même et dont les conséquences peuvent être lourdes (selon les "Directives", le supplément peut aller jusqu'à 300% du montant du subside), il aurait dû au moins en formuler le principe dans le texte de la loi. Or celle-ci ne contient rien de semblable. Le Message du Conseil fédéral du 19 janvier 1951 (FF 1951 I 141 ss) ne s'exprime pas davantage sur ce point, notamment pas à la page 249 où il est question de modification BGE 101 Ib 201 S. 205 de l'affectation des terrains. Et la récente modification apportée par les Chambres à la loi fédérale sur l'agriculture (LF du 14 décembre 1973, ROLF 1974 I 763) n'a pas étendu la portée de l'art. 84 LAgr. Ainsi l'art. 54 al. 2 lettre b OAF 1971 n'a pas de base légale. Fondée sur cette disposition, la décision attaquée viole donc le droit fédéral et doit être annulée en tant qu'elle a trait au supplément de 50%. En ce qui concerne le subside fédéral, seul le remboursement du montant de 628 fr., effectivement versé par la Confédération, peut être réclamé.
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Urteilskopf 120 IV 252 41. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Juli 1994 i.S. H. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 36 Abs. 2 u. 4, Art. 26 Abs. 1 SVG ; Nichtgewähren des Vortritts, Vertrauensgrundsatz. Hängt die Beantwortung der Frage, ob ein Verkehrsteilnehmer eine Verkehrsregel verletzt hat, davon ab, ob und inwieweit er sich auf das verkehrsgerechte Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers verlassen durfte, darf ihm die Berufung auf den Vertrauensgrundsatz nicht mit der Begründung abgeschnitten werden, er habe sich nicht verkehrskonform verhalten (Präzisierung der Rechtsprechung). Auch der Wartepflichtige kann sich auf das Vertrauensprinzip berufen, wenn sich der Vortrittsberechtigte in einer für den Wartepflichtigen nicht vorhersehbaren Weise verkehrswidrig verhält (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 253 BGE 120 IV 252 S. 253 H. fuhr am 13. Dezember 1991 kurz vor Mitternacht in Küssnacht am Rigi mit seinem Personenwagen von der Autobahn herkommend auf die vortrittsberechtigte Zugerstrasse, in der Absicht, nach links in Richtung Küssnacht am Rigi abzubiegen. Gleichzeitig nahte auf der Zugerstrasse der mit seinem Auto von Küssnacht in Richtung Risch fahrende X. In der Folge kam es zwischen den beiden Fahrzeugen auf der Fahrspur Küssnacht-Risch zu einer schweren Kollision. Der Einzelrichter des Bezirks Küssnacht sprach H. mit Urteil vom 24. September 1993 des Nichtgewährens des Vortritts im Sinne von Art. 36 Abs. 2 und 4 in Verbindung mit Art. 90 Ziff. 1 SVG schuldig und verurteilte ihn zu einer Busse von Fr. 350.--. Eine gegen diesen Entscheid erhobene Nichtigkeitsbeschwerde wies das Kantonsgericht des Kantons Schwyz mit Beschluss vom 11. November 1993 ab. Gegen diesen Beschluss führt H. eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Entscheids und Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Anordnung und Würdigung einer verkehrstechnischen Expertise über die vom Kollisionsgegner X. gefahrene Geschwindigkeit und zum Freispruch von Schuld und Strafe. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz beantragt in ihrer Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut, soweit es darauf eintritt, und hebt das angefochtene Urteil in Anwendung von Art. 277 BStP auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. d) aa) Der Beschwerdeführer beruft sich sodann auf den Vertrauensgrundsatz. Nach diesem aus der Grundregel von Art. 26 Abs. 1 SVG abgeleiteten Grundsatz darf jeder Strassenbenützer, sofern nicht besondere BGE 120 IV 252 S. 254 Umstände dagegen sprechen, darauf vertrauen, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer ebenfalls ordnungsgemäss verhalten, ihn also nicht behindern oder gefährden ( BGE 118 IV 277 E. 4a mit weiteren Hinweisen). Auf den Vertrauensgrundsatz kann sich nur stützen, wer sich selbst verkehrsregelkonform verhalten hat. Wer gegen die Verkehrsregeln verstösst und dadurch eine unklare oder gefährliche Verkehrslage schafft, kann nicht erwarten, dass andere diese Gefahr durch erhöhte Vorsicht ausgleichen ( BGE 118 IV 277 E. 4a mit weiteren Hinweisen; SCHAFFHAUSER, a.a.O., S. 117 N. 312; VON WERRA, Du principe de la confiance dans le droit de la circulation routière ..., RVJ 1970, S. 200). Jedoch gilt diese Einschränkung dort nicht, wo gerade die Frage, ob der Verkehrsteilnehmer eine Verkehrsvorschrift verletzt hat, davon abhängt, ob er sich auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann oder nicht. Denn es wäre zirkelschlüssig, in einem solchen Fall den Vertrauensgrundsatz nicht anzuwenden mit der Begründung, der Täter habe eine Verkehrsregel verletzt. Dies hängt ja gerade davon ab, ob und inwieweit er sich auf das verkehrsgerechte Verhalten der anderen Verkehrsteilnehmer verlassen darf (vgl. auch unten E. bb). Das Vertrauensprinzip kann auch der Wartepflichtige anrufen. Erlaubt die Verkehrslage dem Wartepflichtigen das Einbiegen ohne Behinderung eines Vortrittsberechtigten, so ist ihm auch dann keine Vortrittsverletzung vorzuwerfen, wenn dadurch ein Vortrittsberechtigter in seiner Weiterfahrt behindert wird, weil dieser sich in einer für den Wartepflichtigen nicht vorhersehbaren Weise verkehrswidrig verhält. Im Interesse einer klaren Vortrittsregelung wird jedoch nicht leichthin anzunehmen sein, der Wartepflichtige habe nicht mit der Vorbeifahrt eines Vortrittsberechtigten bzw. mit dessen Behinderung rechnen müssen. Nach der Rechtsprechung darf nach dem Vertrauensprinzip der vortrittsbelastete Fahrzeuglenker, der in die Hauptstrasse einbiegen will, auf Hauptstrassen ausserorts davon ausgehen, dass keine Motorfahrzeuge mit einer 80 km/h erheblich überschreitenden Geschwindigkeit herannahen ( BGE 118 IV 277 E. 5b mit Hinweisen). bb) Die Vorinstanz nahm an, der Beschwerdeführer dürfe sich nicht auf den Vertrauensgrundsatz berufen, weil er sich selbst nicht verkehrsregelkonform verhalten habe. Wenn sie die Verkehrsregelverletzung indes u.a. damit begründet, den Beschwerdeführer könnte auch ein allfälliges Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit des vortrittsberechtigten Fahrzeuglenkers X. BGE 120 IV 252 S. 255 nicht entlasten, erliegt sie wie dargelegt (E. aa) einem Zirkelschluss. Denn ob der Beschwerdeführer den Vortritt missachtete, lässt sich erst sagen, wenn feststeht, ob er sich auf den Vertrauensgrundsatz berufen kann, d.h. ob er darauf vertrauen durfte oder nicht, der Vortrittsberechtigte überschreite die zulässige Geschwindigkeit nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Satz, das Strafrecht kenne keine Schuldkompensation. Wo die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Verkehrsteilnehmers, wie beim Vertrauensgrundsatz, davon abhängt, ob sich ein anderer in einer Weise verkehrsregelwidrig verhalten hat, mit der nicht gerechnet werden musste, kann auch nicht mit der Begründung, eine Schuldkompensation sei ausgeschlossen, von der Prüfung der Frage abgesehen werden, ob sich der Andere verkehrsregelwidrig verhielt oder nicht.
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Urteilskopf 125 IV 255 39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 20. Oktober 1999 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Versuchte Tötung (Art. 22 StBG, Art. 111 StGB ). Übertragung des HI-Virus durch ungeschützten Sexualkontakt. Tötungsversuch im konkreten Fall verneint.
Sachverhalt ab Seite 255 BGE 125 IV 255 S. 255 Zum Sachverhalt siehe BGE 125 IV 243 . Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Geschworenengerichts sei wegen Verletzung von Bundesrecht ( Art. 18 Abs. 2 und Art. 111 StGB ) aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin hatte im kantonalen Verfahren beantragt, der Beschwerdegegner sei wegen Verbreitens menschlicher Krankheiten und mehrfachen Versuchs dazu sowie wegen mehrfachen Versuchs der Tötung (Art. 22 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 111 StGB ) zu verurteilen. BGE 125 IV 255 S. 256 a) Die Vorinstanz lehnt eine Verurteilung wegen Tötungsversuchs unter Hinweis auf die Lehre sowie auf die Rechtsprechung in Deutschland ab. Zwar seien im Falle einer HIV-Infektion der Ausbruch der Immunschwäche AIDS und daran anschliessend der Tod sehr wahrscheinlich, doch verstreiche bis dahin in der Regel eine lange Zeit von vielen Jahren. Der als Spätfolge des Handelns zu erwartende wahrscheinliche Tod sei - im Unterschied zur Infektion, die gleichsam an der Handlung klebe - nur noch lose mit dem Täterverhalten verknüpft. Im Regelfall einverständlicher Sexualkontakte sei daher der Tötungsvorsatz des Infizierten mangels objektiver Zurechenbarkeit der allfälligen Todesfolge zu verneinen. Allerdings sei die Subsumtion der Übertragung des HI-Virus auf einen andern Menschen unter die (versuchten) Tötungsdelikte nicht grundsätzlich ausgeschlossen; sie sei aber auf direktvorsätzliche Verhaltensweisen bzw. auf so genannte Desperado-Fälle zu beschränken. Der Beschwerdegegner habe indessen weder mit direktem Vorsatz noch aus Hass oder Rache gehandelt. Gegen die Annahme eines Tötungsvorsatzes spreche im Übrigen, dass der Beschwerdegegner zur Zeit der ungeschützten Sexualkontakte mit Y. und mit Z. schon seit über einem Jahr um seine Seropositivität gewusst, aber keine gravierenden Symptome körperlicher Art bei sich festgestellt habe und uneingeschränkt arbeitsfähig gewesen sei. Der Tod als Folge einer Infizierung mit dem HI-Virus habe für den Beschwerdegegner zur Zeit der inkriminierten Verhaltensweisen somit nicht so nahe gelegen, dass auf dessen Inkaufnahme geschlossen werden müsse. Schliesslich gäben die spektakulären Fortschritte in der Medizin Anlass zu berechtigten Hoffnungen auf eine deutlich verbesserte Langzeitprognose für HIV-Infizierte. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, nach Rechtsprechung und Lehre würden direkter Vorsatz und Eventualvorsatz grundsätzlich gleich behandelt, so auch bei den Tötungsdelikten und diesbezüglichen Versuchen. Sogar eventualvorsätzlicher Mord und Mordversuch seien möglich. Daher sei es schon aus dogmatischen Gründen nicht gerechtfertigt, im Falle einer HIV-Übertragung etwa durch ungeschützte Sexualkontakte nur bei direktvorsätzlichem Handeln des Täters Tötung bzw. Tötungsversuch anzunehmen. Dass zwischen dem ungeschützten Sexualkontakt und dem Eintritt des Todes im Falle einer Infizierung mit dem HI-Virus relativ lange Zeit verstreichen könne, sei kein ausreichender Grund, die Anwendung von Art. 111 StGB im Sinne der vorinstanzlichen Auffassung einzuschränken. Wohl habe der Beschwerdegegner nicht aus Hass BGE 125 IV 255 S. 257 oder Rache auf ungeschützten Sexualkontakten bestanden. Diese Umstände beträfen aber nur die Frage, ob sein Verhalten als (versuchte) vorsätzliche Tötung oder aber als (versuchter) Mord zu qualifizieren sei, und sie seien allenfalls bei der Strafzumessung relevant. Im Zusammenhang mit dem Tötungsvorsatz spielten sie jedoch keine Rolle. Unerheblich sei sodann, dass der Beschwerdegegner mehr als ein Jahr nach Kenntnisnahme seiner eigenen HIV-Infektion noch keine Symptome aufgewiesen habe. Dem Beschwerdegegner sei bekannt gewesen, dass eine Infizierung, allenfalls auch erst nach längerer Zeit, mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Ausbruch von AIDS und danach zum Tode führe. Ausserdem habe er seine Sorgfaltspflichten als HIV-Infizierter in schwerer Weise verletzt. Das Risiko der Tatbestandsverwirklichung sei nun aber so gross und die Verletzung der Sorgfaltspflicht so eklatant gewesen, dass daraus zwingend geschlossen werden müsse, der Beschwerdegegner habe den Tod der beiden Sexualpartnerinnen in Kauf genommen. Zwar stünden seit einigen Jahren Medikamente zur Verfügung, die bei einer HIV-Infizierung eine Überlebenschance erhoffen liessen. Diese Fortschritte der Forschung seien in den Jahren 1991 bis 1993 aber weder vorhanden noch voraussehbar gewesen. Das Todesrisiko dürfe daher nicht unter dem Gesichtswinkel der heutigen Erkenntnisse und medizinischen Möglichkeiten beurteilt werden. Relevant sei einzig, dass zur Tatzeit das Todesrisiko sehr gross und diese Tatsache dem Beschwerdegegner bekannt gewesen sei. Mit der Verneinung des Tötungsvorsatzes habe die Vorinstanz daher Art. 18 Abs. 2 und Art. 111 StGB verletzt. 3. a) Der Beschwerdegegner hat in Kenntnis seiner HIV-Infektion und der Übertragungsmöglichkeiten eine Infizierung von Y. und Z. durch ungeschützten Geschlechtsverkehr in Kauf genommen. Dem Beschwerdegegner war bekannt, dass eine Infizierung mit hoher Wahrscheinlichkeit nach ungewisser, unter Umständen langer Zeit zum Ausbruch von AIDS und danach zum Tod führt. In tatsächlicher Hinsicht ist dabei davon auszugehen, dass der Beschwerdegegner weder die Infizierung noch den Tod seiner beiden Sexualpartnerinnen, etwa aus Hass oder aus Rache, gewollt bzw. angestrebt und dass er seine Partnerinnen auch nicht, etwa durch Gewalt, zum ungeschützten Geschlechtsverkehr genötigt hat. b) Die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion infolge eines ungeschützten Sexualkontakts ist statistisch gesehen gering und liegt im Promille-Bereich. Die Wahrscheinlichkeit des Ausbruchs von AIDS und des daran anschliessenden Todes im Falle einer HIV-Infektion BGE 125 IV 255 S. 258 ist dagegen gross. Wenn dem HIV-Infizierten, der in Kenntnis seiner Infektion sowie der Übertragungsmöglichkeiten und der sich aus einer Infektion ergebenden Gefahren ungeschützt mit einem nicht informierten Partner sexuell verkehrt, Eventualvorsatz in Bezug auf eine allfällige - als schwere Körperverletzung zu qualifizierende - HIV-Infektion vorgeworfen werden kann, so liegt es an sich nahe, ihm auch hinsichtlich der (ihm bekannten) wahrscheinlichen Todesfolge Eventualvorsatz vorzuwerfen, zumal esein und dasselbe Verhalten ist, nämlich der ungeschützte Geschlechtsverkehr, welcher das Risiko der Infizierung in sich birgt und damit eine Todesgefahr begründet. In der deutschen Lehre wird denn auch von verschiedenen Autoren die Auffassung vertreten, dass in solchen Konstellationen nicht einerseits der Körperverletzungsvorsatz bejaht und andererseits der Tötungsvorsatz verneint werden könne (so insbes. WILFRIED BOTTKE, Strafrechtliche Probleme von AIDS und AIDS-Bekämpfung, in: Bernd Schünemann/Gerd Pfeiffer (Hrsg.), Die Rechtsprobleme von AIDS, Baden-Baden 1988, S. 171 ff., 201 ff.). c) Es widerstrebt indessen dem Rechtsgefühl, jeden ungeschützten Sexualkontakt eines Infizierten in Fällen der vorliegenden Art als vollendeten Tötungsversuch im Sinne von Art. 22 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 111 StGB zu qualifizieren, wofür das Gesetz, wie sich aus Art. 65 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 111 StGB ergibt, Zuchthaus von einem Jahr bis zu zwanzig Jahren androht. Im Falle einer Infizierung mit dem HI-Virus ist der Tod zwar wahrscheinlich, doch tritt er, wie auch der Beschwerdegegner wusste, in der Regel erst viele Jahre nach dem infizierenden Sexualakt ein. In Anbetracht dieses langen Zeitraums zwischen dem Verhalten des Täters und dem allfälligen Tötungserfolg wird von einem Teil der Lehre - jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art - Tötungsversuch, mit unterschiedlichen Begründungen, verneint. So wird etwa ausgeführt, da die fatale Folge mit einer halben Generation Verspätung eintrete, könne nicht mehr von einer "Tötungshandlung" gesprochen werden (TRECHSEL, Kurzkommentar, 2. Aufl. 1997, Art. 231 StGB N. 7). Der als Spätfolge des Handelns zu befürchtende wahrscheinliche Tod sei - im Unterschied zur Infektion, die gleichsam an der Handlung klebe - nur noch lose mit dem Täterverhalten verknüpft. Die Fernwirkung des Todes sei daher in Fällen der vorliegenden Art dem Täter schon objektiv nicht zurechenbar. Der Tod erscheine als unglückliches Geschehen, das in seiner schicksalhaften Unabwendbarkeit aus der strafrechtlichen Zurechnung herausfalle und vom BGE 125 IV 255 S. 259 Schutzbereich der Norm nicht mehr erfasst werde. In den Fällen eventualvorsätzlicher Ansteckung scheide daher Tötungsvorsatz aus (KARL-LUDWIG KUNZ, AIDS und Strafrecht: Die Strafbarkeit der HIV-Infektion nach schweizerischem Recht, ZStrR 107/1990 S. 39 ff., 64 ff.). Diese Auffassung überzeugt. Jedenfalls in Konstellationen der vorliegenden Art ist der im Falle einer HIV-Infektion zwar wahrscheinliche, aber erst nach ungewisser, in der Regel langer Zeit von vielen Jahren eintretende Tod dem Täter schon objektiv nicht zurechenbar und fällt aus diesem Grunde eine Verurteilung wegen vollendeten Tötungsversuchs ausser Betracht. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahren dank verbesserter Therapiemöglichkeiten (kombinierter Einsatz mehrerer Medikamente etc.) die Sterblichkeitsrate, bezogen auf einen bestimmten Zeitraum, erheblich gesunken beziehungsweise, mit andern Worten, die Lebenserwartung eines HIV-Infizierten grösser geworden ist. Dies ist zumindest für die Frage der objektiven Zurechenbarkeit einer allfälligen Todesfolge relevant. Der Verlauf der Krankheit und der allfällige Tod sind damit noch vermehrt ein schicksalhaftes Geschehen, das von zahlreichen Umständen abhängt. Offen bleiben kann hier, wie etwa die Fälle zu entscheiden sind, in denen der Täter die Infizierung bzw. den Tod seines Sexualpartners gewollt resp. angestrebt oder den ungeschützten Sexualkontakt gewaltsam erzwungen hat. Keine dieser Voraussetzungen ist vorliegend erfüllt. d) Die Vorinstanz hat demnach Tötungsversuch mit Recht verneint. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde wird daher abgewiesen.
null
nan
de
1,999
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6cc95c0e-d9ae-43fb-9499-9a6668d6de73
Urteilskopf 100 V 109 28. Urteil vom 1. Juli 1974 i.S. Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen gegen Gschwend und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 19 IVG . Über den Anspruch auf Beiträge an die Sonderschulung, insbesondere nach dem 18. Altersjahr (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 110 BGE 100 V 109 S. 110 A.- Die am 4. April 1955 geborene Brigitta Gschwend leidet an congenitaler Hüftluxation und hochgradiger Geistesschwäche. Die Invalidenversicherung gewährte ihr Beiträge an die Sonderschulung, ohne dass aber eine ins Gewicht fallende schulische Förderung möglich gewesen wäre. Hingegen gelang es, sie mit praktischen Arbeiten vertraut zu machen. Letztmals sprach die Invalidenversicherung der Versicherten für 1972/73 Sonderschulbeiträge zu. Mit Verfügung vom 9. Februar 1973 eröffnete die Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen den Eltern, dass diese Leistungen nicht über das Frühjahr 1973 hinaus gewährt werden könnten, weil Verlängerungen über das 18. Altersjahr hinaus nur in ausgesprochenen Sonderfällen möglich seien, ein solcher Fall vorliegend aber nicht gegeben sei. Die Kasse stützte ihre Verfügung auf Rz. 40 des Kreisschreibens über die Sonderschulung. B.- Walter Gschwend machte für seine Tochter beschwerdeweise geltend, es habe sich in letzter Zeit erwiesen, dass die Versicherte sich arbeitsmässig noch weiter entwickelt und Fortschritte erzielt habe... Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen hat die Beschwerde mit Entscheid vom 6. September 1973 gutgeheissen und die Invalidenversicherung verpflichtet, auch für das Schuljahr 1973/74 Sonderschulbeiträge auszurichten: Die bundesamtliche Vorschrift, wonach Sonderschulbeiträge nur in ausgesprochenen Sonderfällen über das 18. Altersjahr hinaus verlängert werden dürfen, widerspreche dem Sinn des Art. 19 Abs. 1 IVG . Leistungsvoraussetzung sei vielmehr die Notwendigkeit, Sonderschulung auch über das ordentliche Schulalter hinaus zu gewähren. Diese Voraussetzung sei bei Brigitta Gschwend erfüllt. C.- Die Ausgleichskasse erhebt gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde, indem sie die Wiederherstellung ihrer Verfügung vom 9. Februar 1973 beantragt. Von einer Weiterführung der Sonderschulung bis Frühjahr 1974 könnte höchstens noch eine leichte Verbesserung bei den alltäglichen Lebensverrichtungen erwartet werden. Dagegen sei mit einem verwertbaren Erfolg im Sinn der Rz. 41, ohne den die Sonderschulbeiträge einzustellen seien, nicht zu rechnen. Denn von einem verwertbaren Erfolg könne nur gesprochen werden, wenn der Versicherte durch die Sonderschulung in die Lage versetzt werde, später mindestens einen wesentlichen Teil seines Unterhalts zu verdienen. Es wäre verfehlt, der Beschwerdegegnerin BGE 100 V 109 S. 111 neben der Rente, die sie seit dem 1. Mai 1973 bezieht, noch Sonderschulbeiträge auszurichten. Die Ausgleichskasse beruft sich auf BGE 99 V 40 (ZAK 1973 S. 518). Walter Gschwend hat zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht Stellung genommen. Das Bundesamt für Sozialversicherung meint, Sonderschulmassnahmen im Sinn des Art. 8 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 IVV seien dann angezeigt, wenn noch weitere sonderschulische Erfolge zu erwarten oder eingetreten seien, diese Erfolge real verwertet werden könnten und für eine angemessene und angepasste erstmalige berufliche Ausbildung die unerlässliche Grundlage bilden. Anhand der Akten könnte es im vorliegenden Fall sein, dass mit einem weitern Sonderschuljahr die Fähigkeit zu wirtschaftlich verwertbarer Arbeit in einer Dauerwerkstätte erreicht würde. Hingegen lasse sich nicht abschliessend beurteilen, welche erstmalige berufliche Ausbildung allenfalls in Frage käme. Der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Sache zur Überprüfung des gesamten Fragenkomplexes und zur neuen Beschlussfassung an die Invalidenversicherungs-Kommission zurückzuweisen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 19 Abs. 1 IVG werden an die Sonderschulung bildungsfähiger Minderjähriger, denen infolge Invalidität der Besuch der Volksschule nicht möglich oder nicht zumutbar ist, Beiträge gewährt. Diese am 1. Januar 1971 in Kraft getretene Bestimmung präzisiert ferner, dass zur Sonderschulung nicht nur die Schulbildung im eigentlichen Sinn, sondern auch die Förderung in manuellen Belangen, in den Verrichtungen des täglichen Lebens und der Fähigkeit des Kontaktes mit der Umwelt gehört, falls ein Unterricht in den Elementarfächern nicht oder nur beschränkt möglich ist. Der Anspruch auf Sonderschulbeiträge besteht im beschränkten zeitlichen Rahmen der Minderjährigkeit ohne Rücksicht darauf, ob der Versicherte bereits das 18. Altersjahr zurückgelegt hat und allenfalls schon eine Invalidenrente bezieht. Ausschlaggebend dafür, wie lange die Beiträge zugesprochen werden müssen, ist lediglich die Fähigkeit, schulisch bzw. manuell in den täglichen Lebensverrichtungen und im Umweltkontakt gefördert zu werden ( BGE 99 V 40 i.S. Posternak). BGE 100 V 109 S. 112 Wie das Eidg. Versicherungsgericht im zitierten Urteil im Hinblick auf Art. 8 Abs. 2 IVG weiter ausgeführt hat, ist der Anspruch auf Sonderschulbeiträge nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der Versicherte eine Erwerbsfähigkeit erlangen werde. Vielmehr besteht der Anspruch auch dann, wenn die Ausbildung geeignet ist, das Abhängigsein des Versicherten in den täglichen Verrichtungen zu vermindern, auch wenn wahrscheinlich nie mit irgendeiner Erwerbstätigkeit gerechnet werden kann. Indessen ist die Verwaltungspraxis mit der Gewährung von Sonderschulbeiträgen an Minderjährige über 18 Jahren zurückhaltend, weil in diesem Alter ein Anspruch auf Rente und Hilflosenentschädigung entstehen kann. Sie ist bestrebt, Sonderschulbeiträge bei Versicherten zwischen dem 18. und 20. Altersjahr auf jene Fälle zu beschränken, bei denen noch Aussicht auf einen realen Erfolg der Eingliederungsmassnahmen besteht. Das Gericht hat erklärt, dass diese Praxis mit den Zielen und den Prinzipien des gesetzlichen Systems übereinstimmt. Daraus leitet die Ausgleichskasse im vorliegenden Fall ab, dass Sonderschulbeiträge an Versicherte über 18 Jahren nur gewährt werden dürften, wenn sie dem Leistungsansprecher zu einer Ausbildung und damit zu einer spätern Tätigkeit verhelfen, die ihm erlauben werde, einen wesentlichen Teil seines Unterhalts selber zu verdienen. Und nach Auffassung des Bundesamtes müssen noch weitere sonderschulische Erfolge zu erwarten oder eingetreten sein, die sich real verwerten lassen und für eine angemessene und angepasste erstmalige berufliche Ausbildung die unerlässliche Grundlage bilden. Kasse und Bundesamt übersehen aber, dass das Eidg. Versicherungsgericht im Urteil Posternak den Anspruch der 17 1/2jährigen Versicherten, für die eine künftige Erwerbstätigkeit ebenfalls nicht in Betracht kam, keineswegs grundsätzlich verneinte, sondern lediglich fand, die noch zu erwartende Verbesserung der Fähigkeit, die Verrichtungen des täglichen Lebens zu meistern, sei offensichtlich zu bescheiden, als dass von einem realen Erfolg der Eingliederungsmassnahmen gesprochen werden könnte, der geeignet wäre, die persönliche Selbständigkeit merklich zu verbessern. Das Gericht erachtete demnach den realen Erfolg nicht nur im Hinblick auf eine spätere Erwerbstätigkeit, sondern auch bezüglich der Verrichtungen des täglichen Lebens als massgebend. Dies steht im Einklang mit dem Sinn und Zweck des Art. 19 IVG , BGE 100 V 109 S. 113 der auf eine grösstmögliche Förderung der Minderjährigen durch Sonderschulmassnahmen abzielt, die unter Umständen sogar geeignet sein können, im Falle voraussehbarer vollständiger Erwerbsunfähigkeit die Gewährung einer Hilflosenentschädigung überflüssig zu machen. Um Missverständnisse zu vermeiden, sei die im Urteil Posternak dargelegte Rechtsprechung wie folgt präzisiert: Minderjährigen über 18 Jahren sind Beiträge an die Sonderschulung zu gewähren, sofern diese Massnahme einen realen Erfolg erwarten lässt. Dies trifft zu, wenn die in diesem Alter erfolgte Sonderschulung wahrscheinlich geeignet ist, den Versicherten im Hinblick auf eine künftige Erwerbstätigkeit oder in seiner Selbständigkeit in den täglichen Lebensverrichtungen und der Fähigkeit zum Kontakt mit der Umwelt erheblich und dauerhaft zu fördern. Daraus ergibt sich, dass die in Rz. 40 des Kreisschreibens vom Januar 1968 vorgesehene Beschränkung der Sonderschulbeiträge auf "ausgesprochene Sonderfälle" zu weit geht und für die Beurteilung des Anspruchs der achtzehn- bis zwanzigjährigen Versicherten auf solche Leistungen keine geeignete Grundlage bildet. Dasselbe gilt von Rz. 41, wonach die Sonderschulbeiträge einzustellen sind, wenn von der Fortsetzung des Sonderschulunterrichts keine "verwertbaren Erfolge" mehr zu erwarten sind. Diese Formulierung zielt offensichtlich auf die wirtschaftliche Verwertbarkeit der vom Minderjährigen zu erlangenden Fähigkeiten ab, ein Kriterium, das nach dem Gesagten für den Anspruch auf Sonderschulbeiträge nicht allein entscheidend ist. 2. In ihrem Schulbericht führt die zuständige Gruppenleiterin der Heilpädagogischen Schule H. aus, die Beschwerdegegnerin habe, ihren Fähigkeiten entsprechend, Fortschritte erzielt. Sie könne ganz ordentlich Haushaltarbeiten verrichten. Auch vermöge sie recht gut zu stricken und zu weben. In allen Arbeiten könnte sie noch gefestigt werden. Da sie guten Willens sei, lasse sich noch mehr erreichen. Und die Schulleiterin bemerkt unter anderem: Ein zusätzliches Jahr an der Heilpädagogischen Schule würde wohl noch zum Erstarken der eher schwächlich konstituierten Versicherten beitragen. Sie wäre dann einer Arbeit in einem Werkheim eher gewachsen. Daraus ist zu entnehmen, dass Brigitta Gschwend anscheinend in ihren manuellen Fähigkeiten noch weiter gefördert werden kann. Ob aber ein realer, das heisst erheblicher und BGE 100 V 109 S. 114 dauernder Erfolg in Aussicht steht, ist aus den Akten nicht ersichtlich. Dies abzuklären ist Aufgabe der Invalidenversicherungs-Kommission, die über den Anspruch auf Sonderschulbeiträge für das Jahr 1973/74 neu beschliessen wird. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird dahin gutgeheissen, dass der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 6. September 1973 sowie die Kassenverfügung vom 9. Februar 1973 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit diese, nach erfolgter Aktenergänzung im Sinn der Erwägungen, über den Anspruch auf Sonderschulbeiträge für 1973/74 neu verfüge.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6ccab5ad-da80-4a6e-b16b-1cdc8dd2fdd0
Urteilskopf 110 II 128 26. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Juli 1984 i.S. Alexander Jegger gegen Regierung des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Verfügungsbeschränkungen ( Art. 960 ZGB ). Nachdem der verfügungsberechtigte Eigentümer die Anmeldung im Sinne von Art. 963 Abs. 1 ZGB vorgenommen und sich gemäss Art. 965 ZGB über das Verfügungsrecht und den Rechtsgrund ausgewiesen hat, kann eine in der Folge erlassene Verfügungsbeschränkung die Verfügung des Eigentümers nicht mehr verhindern.
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 110 II 128 S. 129 A.- Am 1. Oktober 1983 wurde ein Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer Alexander Jegger und den Käufern Max und Lina Bischoff-Müller über ein in der Gemeinde Obersaxen gelegenes Grundstück öffentlich beurkundet. Über dasselbe Grundstück wurde am 8. Oktober 1983 ein Kaufvertrag zwischen wiederum Alexander Jegger als Verkäufer und Walter Jansen als Käufer beurkundet. Dieser Kaufvertrag wurde am 20. Oktober 1983 auf dem Grundbuchamt Obersaxen zur Eintragung des Eigentums angemeldet und dort in das Tagebuch eingetragen. Auf Gesuch der Eheleute Bischoff-Müller erliess der Bezirksgerichtspräsident Glenner am 22. Oktober 1983 eine superprovisorische Verfügung, womit er das auf den Namen von Alexander Jegger eingetragene und von diesem verkaufte Grundstück mit einer Grundbuchsperre belegte. Gestützt auf diese Verfügung wies der Grundbuchverwalter von Obersaxen am 16. November 1983 die Anmeldung der Eigentumsübertragung von Alexander Jegger auf Walter Jansen ab. B.- Nachdem die Regierung des Kantons Graubünden eine gegen die Verfügung des Grundbuchverwalters gerichtete Beschwerde abgewiesen hatte, setzte sich Alexander Jegger dagegen mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Massgabe von Art. 103 Abs. 4 der Grundbuchverordnung beim Bundesgericht zur Wehr. Dieses hat die Beschwerde gutgeheissen, den Entscheid der Regierung des Kantons Graubünden aufgehoben und das Grundbuchamt Obersaxen angewiesen, den Kaufvertrag vom 8. Oktober 1983 zwischen Alexander Jegger und Walter Jansen im Hauptbuch einzutragen. BGE 110 II 128 S. 130 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Wie schon der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid ausgeführt hat, gelangt im vorliegenden Fall Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB zur Anwendung und nicht, wie in der Verfügung des Bezirksgerichtspräsidenten, Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB ; denn es geht um eine Verfügungsbeschränkung zur Sicherung streitiger Ansprüche. b) Nach der Meinung des Beschwerdeführers kann ihm, nachdem er durch Anmeldung der Eigentumsübertragung auf dem Grundbuchamt rechtsgültig verfügt hat, diese Verfügung nicht mehr durch eine Verfügungsbeschränkung verboten werden. Die Regierung des Kantons Graubünden hat im angefochtenen Entscheid die Frage offengelassen, ob eine Verfügungsbeschränkung gemäss Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB auf eine bereits im Tagebuch, aber noch nicht im Hauptbuch eingetragene Anmeldung zurückwirke. In seiner Vernehmlassung erklärt der Regierungsrat sogar, er habe den Ausführungen des Beschwerdeführers zu Art. 960 bzw. 961 ZGB "grundsätzlich nichts entgegenzuhalten". In der Tat konnte die Verfügungsbeschränkung nach Massgabe von Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB auf die Eintragung im Hauptbuch keinen Einfluss mehr haben, nachdem das Eigentum zugunsten von Walter Jansen im Tagebuch eingetragen worden war; denn die Wirkung der Eintragungen in das Hauptbuch wird auf den Zeitpunkt der Einschreibung in das Tagebuch zurückbezogen ( Art. 972 Abs. 2 ZGB ). Deshalb kann, nachdem der verfügungsberechtigte Eigentümer die Anmeldung im Sinne von Art. 963 Abs. 1 ZGB vorgenommen und sich gemäss Art. 965 ZGB über das Verfügungsrecht und den Rechtsgrund ausgewiesen hat, eine in der Folge erlassene Verfügungsbeschränkung die Verfügung des Eigentümers nicht mehr verhindern. Diese Lösung entspricht der gesetzlichen Regelung, wonach die Eintragungen im Hauptbuch nach der Reihenfolge stattfinden, in der die Anmeldungen angebracht worden sind ( Art. 967 Abs. 1 ZGB ), und die zur Folge hat, dass die Rangordnung durch die Einschreibung im Tagebuch bestimmt wird (LIVER, Schweizerisches Privatrecht Bd. V/1, S. 140). Sie wird von der Lehre allgemein anerkannt (LIVER, a.a.O.; DESCHENAUX, Traité de droit privé suisse Bd. V/II 2, S. 332; LIVER, ZBJV 98/1962, S. 432; HUBER, ZBGR 44/1963, S. 120; MEISTER, Vorsorgliche Massnahmen bei BGE 110 II 128 S. 131 immobiliarsachenrechtlichen Streitigkeiten, Zürcher Diss. 1977, S. 130 f.). Nach der Meinung der zitierten Autoren macht auch eine kantonalrechtliche Grundbuch- oder Kanzleisperre die durch die Anmeldung auf dem Grundbuchamt und durch Eintragung in das Tagebuch getroffene Eigentumsverfügung nicht mehr rückgängig. Eine solche vorsorgliche Massnahme des kantonalen Rechts kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts höchstens eine negative Wirkung entfalten, indem sie jede Verfügung des Eigentümers über das Grundstück verhindert ( BGE 104 II 178 E. 6); ist jedoch die Verfügung - durch die Anmeldung auf dem Grundbuchamt - bereits getroffen, so vermag die Grundbuch- oder Kanzleisperre dagegen nichts mehr auszurichten. Soweit das Bundesgericht in dem vom Regierungsrat in seiner Vernehmlassung angerufenen BGE 87 I 487 E. 3 eine andere Auffassung vertreten haben sollte, könnte daran nicht mehr festgehalten werden (vgl. die Kritik des zitierten Bundesgerichtsentscheides bei LIVER, ZBJV 98/1962, S. 435 ff.; DESCHENAUX, a.a.O., S. 326). 3. Im übrigen ist der angefochtene Entscheid schon deswegen aufzuheben, weil der Grundbuchverwalter seine Prüfungsbefugnis, die sich vor allem auf die Einhaltung der erforderlichen Form erstreckt ( Art. 965 Abs. 3 ZGB ; BGE 107 II 213 E. 1), überschritten hat. Die vom Bezirksgerichtspräsidenten Glenner erlassene Verfügung stützt sich im Dispositiv ausschliesslich auf Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB . Das kantonale Recht findet hier keinen Niederschlag, obgleich in den Erwägungen Art. 67 ZPO angerufen wird. Da eine vorläufige Eintragung im Sinne von Art. 961 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB jedoch unzweifelhaft und unbestrittenermassen nicht in Frage kam - den Eheleuten Bischoff-Müller stand lediglich ein obligatorischer Anspruch auf Verschaffung des Eigentums zu -, hätte der Grundbuchführer der richterlichen Anordnung nicht Folge leisten sollen ( BGE 102 Ib 11 ). Dadurch, dass der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid erkennen liess, dass richtigerweise Art. 960 Abs. 1 Ziff. 1 ZGB hätte zum Zuge kommen müssen, hernach aber vornehmlich auf die in der Anordnung des Bezirksgerichtspräsidenten übergangenen Verfahrensnormen des kantonalen Rechts abgestellt hat, hat er dem Grundbuchverwalter eine Auslegungsbefugnis zugemutet, die ihm abgeht.
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6ccdca76-81ec-432c-ba5c-17260e7782e6
Urteilskopf 113 II 243 44. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 31 août 1987 dans la cause P. SA contre P. (recours en réforme)
Regeste Art. 927 Abs. 1 und 928 ZGB ; Art. 48 OG . Klage aus Besitzesentziehung und Besitzesstörung. Unzulässigkeit der Berufung. Entscheide der oberen kantonalen Gerichte, die lediglich den Besitzesschutz zum Gegenstand haben, sind keine Endentscheide im Sinne von Art. 48 OG und können daher nicht mit Berufung beim Bundesgericht angefochten werden (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 243 BGE 113 II 243 S. 243 Extrait des considérants: 1. b) Selon la jurisprudence constante ( ATF 94 II 353 /354 consid. 3, ATF 85 II 279 , ATF 78 II 88 ), le recours en réforme est irrecevable contre une décision cantonale de dernière instance rendue sur une action possessoire au sens des art. 927 al. 1 et 928 al. 1 CC. En effet, BGE 113 II 243 S. 244 une telle décision n'est pas une décision finale au sens de l' art. 48 OJ . Les actions possessoires ne visent en principe qu'au rétablissement et au maintien d'un état de fait antérieur. Sous réserve de l' art. 927 al. 2 CC , qui prévoit l'exception tirée du meilleur droit, elles ne conduisent pas à un jugement sur la conformité au droit de cet état de fait, mais n'assurent au demandeur qu'une protection provisoire, car le possessoire ne préjuge pas le pétitoire: sans doute, le jugement sur l'action possessoire statue définitivement sur le rétablissement de l'état antérieur, mais une procédure engagée sur le terrain du droit peut mettre fin aux effets d'une décision portant sur la protection de la possession. Cette jurisprudence est approuvée par la majorité de la doctrine (VOYAME, Droit privé fédéral et procédure civile cantonale, RDS 1961 II p. 168/169; WURZBURGER, Les conditions objectives du recours en réforme au Tribunal fédéral, thèse Lausanne 1964, p. 195 No 265; STAEHELIN, Die objektiven Voraussetzungen der Berufung an das Bundesgericht, RDS 1975 II p. 24; HINDERLING, Der Besitz, Schweizerisches Privatrecht, V, 1, p. 457/458; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3e éd., p. 542; MEIER, Grundlagen des einstweiligen Rechtsschutzes im schweizerischen Privatrecht und Zivilverfahrensrecht, Zurich 1983, p. 116/117; STARK, Berner Kommentar, 2e éd. 1984, n. 111 des Vorbemerkungen zu Art. 926-929, modifiant, au vu de l' ATF 94 II 353 /354 consid. 3, l'opinion soutenue dans l'édition de 1966). Mais certains auteurs sont d'un avis divergent, notamment LIVER et KUMMER, dans leur compte rendu de l' ATF 94 II 353 /354 consid. 3 (les opinions de HOMBERGER, Kommentar, n. 20 ad art. 927 CC , et STAUFFER, RJB 1943, p. 557, ont été émises avant que soient rendus les arrêts examinés ici). Selon LIVER (RJB 1970 p. 67/68), il est vrai que le pétitoire absorbe le possessoire, mais il n'en demeure pas moins que l'objet du pétitoire est différent de celui du possessoire. Or, dans la procédure en protection de la possession, le possessoire est tranché définitivement. L'irrecevabilité du recours en réforme devrait pouvoir être motivée autrement. KUMMER (RJB 1970 p. 130/131) fait valoir que la prétention découlant de l'art. 927 (al. 1) CC est une prétention de droit fédéral qui n'est pas moins qu'une autre susceptible d'une décision définitive ayant force de chose jugée dans les limites de son objet. Le jugement sur l'action possessoire est provisoire uniquement BGE 113 II 243 S. 245 dans la mesure où il laisse en suspens la question de savoir si l'état de fait antérieur, tel qu'il est rétabli, correspond véritablement à la situation juridique. Mais la prétention découlant de la possession a précisément pour objet la protection de la possession et n'a pas trait à la contestation quant au droit matériel: dans le cadre ainsi tracé, le jugement est définitif. Comme on le voit, ces deux auteurs fondent leurs critiques sur la même considération, à savoir que, sur le terrain de la protection de la possession, le jugement sur l'action possessoire est définitif, lors même qu'il ne préjuge pas la question du droit à la possession. Mais le seul fait qu'une procédure sur le droit à la possession peut mettre fin aux effets d'un jugement possessoire démontre que ce jugement ne crée qu'une situation provisoire et ne tranche pas définitivement sur les droits des parties: le demandeur à l'action possessoire qui obtient l'adjudication de ses conclusions est exposé à voir cesser la protection que lui accorde le jugement si sa partie adverse établit ultérieurement qu'il n'a pas droit à la possession; inversement, si celui qui prétend à la protection de sa possession est débouté par le juge de l'action possessoire, il lui demeure loisible de faire reconnaître son droit à la possession dans une action pétitoire. Les actions des art. 927 al. 1 et 928 al. 1 CC se caractérisent ainsi comme tendant à obtenir des mesures avant dire droit, provisoires par nature (MEIER, op.cit., p. 116/117 No 3). Il ressort du texte même de ces dispositions légales (art. 927 al. 1: "Quiconque usurpe une chose en la possession d'autrui est tenu de la rendre, même s'il y prétend un droit préférable"; art. 928 al. 1: "Le possesseur troublé dans sa possession peut actionner l'auteur du trouble, même si ce dernier prétend à quelque droit sur la chose") que, dans la réintégrande comme dans l'action en raison du trouble, la question de la possession doit rester bien distincte de la question de droit. Règle générale, dans le litige relatif à la possession, le défendeur ne peut exciper du droit préférable qu'il aurait sur la chose; son droit n'est pertinent que dans l'éventualité visée à l' art. 927 al. 2 CC , soit s'il peut être établi immédiatement, en d'autres termes pour autant que l'exception du meilleur droit ne retarde pas la procédure en protection de la possession par de longues mesures probatoires (STARK, n. 65-69 des Vorbemerkungen zu Art. 926-929; n. 19 ad art. 927 CC ). Comme on l'a vu, la jurisprudence excluant le recours en réforme réserve expressément cette disposition ( ATF 94 II 353 consid. 4). BGE 113 II 243 S. 246 L'examen nouveau de la solution adoptée dans les arrêts précités, à la lumière des critiques suscitées par le plus récent d'entre eux, convainc de se tenir à cette jurisprudence.
public_law
nan
fr
1,987
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
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6ccf2c45-1867-4bfa-9e6f-5076300ad837
Urteilskopf 106 IV 142 44. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. August 1980 i.S. Z. gegen Motorfahrzeugkontrolle des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 90 SVG , Art. 1 StGB . Erfassung von Rotlichtmissachtungen oder Geschwindigkeitsüberschreitungen durch automatische Kamera. Feststellungen darüber, wer das Fahrzeug geführt hat, sind tatsächlicher Natur und können daher mit Nichtigkeitsbeschwerde an das Bundesgericht nicht angefochten werden.
Erwägungen ab Seite 142 BGE 106 IV 142 S. 142 Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass ihr Personenwagen am 29. Februar 1980 bei San Vittore auf der N 13 mit 123 km/h (nach Abzug der Toleranz) eine automatische Radarkontrolle durchfuhr. Gegen die ihr deswegen auferlegte Busse von Fr. 190.-- wendet sie mit der Nichtigkeitsbeschwerde wie schon vor der Vorinstanz ein, nicht sie sei damals am Steuer gewesen, sondern eine mit ihr verwandte Person, die sie nicht bekanntgebe. Sie beruft sich auf BGE 102 IV 256 und behauptet, die Vorinstanz wolle die Durchsetzung der dort vertretenen Rechtsauffassung vereiteln. 3. Da das geltende SVG noch keine direkte strafrechtliche Verantwortlichkeit des Halters für Park- und Geschwindigkeitsverstösse von Lenkern kennt, denen er sein Fahrzeug überlassen hat, setzt eine Bestrafung des Halters voraus, dass er selbst das Motorfahrzeug geführt hat. Bei der Abklärung des Sachverhalts sind die allgemein gültigen Grundsätze anzuwenden. Vor allem kann nicht lediglich aufgrund einer nicht näher begründeten Vermutung die Täterschaft des Halters angenommen und diesem der Entlastungsbeweis zugeschoben werden. Auch gelten die Regeln über das Zeugnisverweigerungsrecht. Daraus folgt aber nicht, wie die Beschwerdeführerin und andere Motorfahrzeugführer offenbar annehmen, dass sie sich mit einer blossen Bestreitung ihrer Täterschaft und der nicht spezifizierten Berufung auf ein angeblich bestehendes Zeugnisverweigerungsrecht einer Bestrafung endgültig entziehen können. Es steht dem Sachrichter vielmehr frei, alle Umstände in freier Beweiswürdigung zu prüfen, wobei er allerdings nicht in Willkür verfallen darf. Gelangt er bei dieser Beweiswürdigung zum vertretbaren Ergebnis, dass der Halter entgegen seiner Bestreitung doch zugleich der fehlbare Fahrzeugführer war, so ist die Verurteilung begründet. Sie kann nicht mit Nichtigkeitsbeschwerde an den Kassationshof angefochten werden, sondern höchstens wegen Verletzung von Art. 4 BV mit staatsrechtlicher Beschwerde ( Art. 269 Abs. 2 BStP ).
null
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
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6cd613c7-597f-48a8-b86b-2d0fc82294b5
Urteilskopf 101 IV 52 14. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. März 1975 i.S. X. gegen Y. und Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 217 StGB . Böser Wille bei Vernachlässigung der Unterstützungspflicht gegenüber der geschiedenen Ehefrau kann auch dann vorliegen, wenn das Einkommen des Zahlungspflichtigen den Notbedarf der zweiten Familie nicht deckt.
Erwägungen ab Seite 52 BGE 101 IV 52 S. 52 Aus den Erwägungen: Mit dem Merkmal des bösen Willens verlangt das Strafgesetzbuch mehr, als dass der Unterhaltspflichtige vorsätzlich seine Pflicht nicht erfülle. Der böse Wille liegt in der pflichtwidrigen Zurückstellung der Beitragsberechtigten hinter die Glieder der engeren Familie ( BGE 74 IV 156 ff. und BGE 79 IV 112 f.). Die Pflichtwidrigkeit entfällt nicht schon dann, wenn das Einkommen nur knapp den Notbedarf der zweiten BGE 101 IV 52 S. 53 Familie deckt. Nicht ganz zutreffend ist allerdings die Behauptung der Vorinstanz - im Anschluss an STRATENWERTH (Schweizerisches Strafrecht, BT II, S. 396) -, das Bundesgericht anerkenne ausser der völligen Leistungsunfähigkeit keinerlei Gründe als zureichend, die Zahlung der Alimente zu verweigern. Zuzumuten ist dem Pflichtigen die Leistung bloss in dem Umfange, in welchem er sein Einkommen bei einer Betreibung pfänden lassen müsste ( BGE 79 IV 113 ). Gewiss kann dabei unter Umständen das Existenzminimum unterschritten werden, doch kommt es dann zu einer bloss teilweisen Pfändung, d.h. es wird nur ein proportional herabgesetzter Teil des Unterhaltsbeitrages eingetrieben. Würde das Existenzminimum des Beschwerdeführers und seiner zweiten Frau seine Einkünfte übersteigen, so könnte zugunsten der geschiedenen Ehegattin nur so viel gepfändet werden, dass sie verhältnismässig gleich viel an ihren Unterhaltsanspruch erhält, wie dem Schuldner an sein Existenzminimum verbleibt ( BGE 68 III 27 und ständige Praxis). Demnach entfällt der Vorwurf des bösen Willens, wenn der Schuldner von sich aus einen entsprechenden Teil des Unterhaltsbeitrages zahlt.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6cdd420f-b7bb-4bd2-b13f-a58657e6f8ae
Urteilskopf 105 Ib 84 13. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7. März 1979 i.S. X. AG gegen Kanton Graubünden und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichts- und staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Wehrsteuer, kantonale Ertragssteuer; verdeckte Gewinnausschüttung. Es ist mit dem WStB nicht vereinbar, wenn sich die Veranlagungsbehörde beim Entscheid darüber, ob durch den Verkauf einer Liegenschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung getätigt worden sei, an den im Rahmen der Vermögenssteuer ermittelten Schätzungswert der Liegenschaft gebunden erachtet (E. 2). Hinsichtlich der kantonalen Ertragssteuer verstösst diese Auffassung gegen Art. 4 BV (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 85 BGE 105 Ib 84 S. 85 Die X. AG veräusserte im Jahre 1973 eine ihr gehörende Liegenschaft an ihren Verwaltungsrat Y. zum Preis von Fr. 580'000.-. In der Ertragsrechnung für 1973 wies sie aus diesem Veräusserungsgeschäft einen Gewinn von Fr. 3211.- aus. In der Steuerveranlagung für die Steuerperiode 1975-1976 setzte die kantonale Steuerverwaltung den Verkehrswert der veräusserten Liegenschaft auf Fr. 834'589.- fest und rechnete die Differenz zwischen diesem Wert und dem Verkaufspreis zu dem von der X. AG deklarierten Gewinn hinzu. Die Steuerverwaltung ging davon aus, dass die Veräusserung der Liegenschaft zum Preis von Fr. 580'000.- eine verdeckte Gewinnausschüttung an Y. bedeutet habe. Im Einspracheverfahren, in welchem sich die X. AG auf ein im Jahre 1977 eingeholtes Gutachten berief, das den Verkehrswert der Liegenschaft für den Veräusserungszeitpunkt auf Fr. 613'000.- schätzte, ermässigte die Steuerverwaltung den Verkehrswert auf Fr. 779'125.-. Die X. AG erhob Rekurs an das kantonale Verwaltungsgericht mit dem Antrag, sie sei gemäss ihrer Steuererklärung zu veranlagen. Das Verwaltungsgericht wies den Rekurs ab und erhöhte den von der Steuerverwaltung angenommenen Verkehrswert und den steuerbaren Gewinn aus der Veräusserung der Liegenschaft. Zur Begründung führte es aus, im bisherigen Verfahren sei übersehen worden, dass für die veräusserte Liegenschaft eine am 27. November 1972 eröffnete und in der Folge rechtskräftig gewordene amtliche Schätzung bestehe. Eine nachträgliche Anfechtung des Schätzungsergebnisses im Steuerveranlagungsverfahren sei nicht zulässig. Das im Einspracheverfahren eingereichte Gutachten müsse deshalb als verspätet und unbeachtlich gelten. Im vorliegenden Falle sei gemäss der amtlichen Schätzung vom 27. November 1972 davon auszugehen, dass die veräusserte Liegenschaft einen Verkehrswert von Fr. 833'850.- besessen habe. Die Steuerverwaltung habe bei dieser Sachlage zu Recht angenommen, dass mit dem Verkauf der Liegenschaft zum Preis von Fr. 580'000.- eine verdeckte Gewinnausschüttung getätigt worden sei. Das Bundesgericht heisst die gegen diesen Entscheid erhobene Verwaltungsgerichts- und staatsrechtliche Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn eine Aktiengesellschaft BGE 105 Ib 84 S. 86 einem Aktionär direkt oder indirekt ohne entsprechende Gegenleistung eine geldwerte Leistung ausgerichtet hat, die unter denselben Umständen einer der Gesellschaft fernstehenden Person nicht oder nicht im gleichen Umfang gewährt worden wäre (ASA 46, S. 451; 43, S. 238 und dort erwähnte Entscheide; vgl. auch BGE 95 I 174 ). Steht eine verdeckte Gewinnauschüttung durch den Verkauf einer Liegenschaft in Frage, so ist der Verkehrswert des Grundstücks zu ermitteln. Es ist nicht unzulässig, wenn dabei die Grundsätze sinngemäss angewendet werden, die für die Bewertung der Grundstücke im Rahmen der Vermögenssteuer gelten (vgl. ASA 46, S. 115 ff.). Diese Grundsätze und die darauf beruhenden Schätzungswerte können für die Steuer vom Ertrag indes keine direkte Verbindlichkeit beanspruchen. Selbst wenn im Rahmen der Vermögenssteuer bereits eine Grundstücksschätzung vorgenommen worden und in Rechtskraft erwachsen ist, so kann das deshalb nicht bedeuten, dass der Verkehrswert der fraglichen Liegenschaft für die Veranlagung der Ertragssteuer bereits rechtskräftig festgelegt sei. In diesem Rahmen ist eine Korrektur der amtlichen Schätzungswerte durchaus möglich und auch geboten, und zwar sowohl nach unten, wenn sie über dem Verkehrswert des Grundstücks liegen sollten, als auch nach oben, wenn der im Rahmen der Vermögenssteuer ermittelte Wert den Verkehrswert der Liegenschaft nicht erreicht. Das entspricht der Vorschrift von Art. 49 Abs. 1 lit. b WStB, wonach für die Ermittlung des steuerbaren Reinertrages alle vor der Berechnung des Saldos der Gewinn- und Verlustrechnung ausgeschiedenen Teile des Geschäftsergebnisses in Betracht fallen, die nicht zur Deckung geschäftsmässig begründeter Unkosten verwendet werden. Die dargelegte Auffassung drängt sich auch in sachlicher Hinsicht auf. Die Steuerpflichtige, welche die im Rahmen der Vermögenssteuer vorgenommene amtliche Schätzung ihrer Liegenschaft unangefochten lässt, braucht nicht anzunehmen, dass ihr das Ergebnis dieser Schätzung im Rahmen der Ertragssteuer als rechtskräftig entgegengehalten werde. Das gilt nur schon deshalb, weil die amtliche Schätzung einer Liegenschaft in der Regel für eine verhältnismässig lange Zeit unverändert bleibt, während der Verkehrswert grösseren Veränderungen unterliegt und den amtlichen Wert der Liegenschaft je nach den besonderen Umständen über- oder gelegentlich auch unter schreiten kann. Ist letzteres der Fall, so kann von einer verdeckten BGE 105 Ib 84 S. 87 Gewinnausschüttung offenkundig nicht gesprochen werden, wenn die Liegenschaft zu einem unter dem amtlichen Schätzungswert liegenden Preis veräussert wurde. Trifft hingegen das erstere zu, so wäre unverständlich, wenn die Steuerbehörde im Rahmen der Besteuerung des Ertrags vom Wert der amtlichen Schätzung auszugehen und das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung zu verneinen hätte, selbst wenn die Liegenschaft in Tat und Wahrheit zu einem Preis veräussert wurde, der einem der Gesellschaft fernstehenden Dritten keinesfalls zugestanden worden wäre. b) Aus Art. 31 WStB und der Verfügung des Eidg. Finanz- und Zolldepartementes betreffend die Bewertung der Grundstücke vom 14. Oktober 1958 ergibt sich nichts anderes. Art. 31 WStB betrifft die Besteuerung des Vermögens und setzt in Abs. 1 fest, dass der Wert der Grundstücke unter billiger Berücksichtigung des Verkehrswertes und des Ertragswertes berechnet wird. Art. 31 Abs. 5 WStB ermächtigt das Eidg. Finanz- und Zolldepartement, für die Bewertung der Liegenschaften besondere Bestimmungen zu erlassen. Gemäss Art. 9 Abs. 1 der genannten Verfügung können in den Kantonen, in denen nach einheitlichen Grundsätzen durchgeführte Liegenschaftsschätzungen vorhanden sind, die Grundstücke auf der Grundlage dieser Schätzungen bewertet werden. Das ist hinsichtlich des Kantons Graubünden der Fall. Art. 31 WStB betrifft indes allein die Besteuerung des Vermögens. Aus dieser Bestimmung und aus Art. 9 der Verfügung des Eidg. Finanz- und Zolldepartements lässt sich nicht ableiten, dass der im Rahmen der Vermögenssteuer festgelegte Grundstückswert auch für die Besteuerung des Ertrages gelten solle. c) Bei dieser Sachlage hat die Vorinstanz Bundesrecht verletzt, indem sie sich durch das Ergebnis der amtlichen Grundstücksschätzung gebunden erachtete. Der angefochtene Entscheid ist deshalb aufzuheben, soweit er die Wehrsteuer-Veranlagung betrifft, und die Sache ist zu neuer Entscheidung an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden zurückzuweisen. 3. (Es folgen Ausführungen darüber, dass der angefochtene Entscheid Art. 4 BV verletzt, soweit er die kantonale Ertragssteuer betrifft.)
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nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
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6ce09ac7-ec90-459d-b563-209eb8a8a300
Urteilskopf 112 II 493 82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Dezember 1986 i.S. Gschwend und Sager AG gegen Baugenossenschaft "im Zöpfli" (Berufung)
Regeste Bauhandwerkerpfandrecht; Art. 839 ff. ZGB . Die nach Art. 839 Abs. 1 ZGB pfandberechtigten Bauhandwerker und Unternehmer können sich gegenüber andern Baugläubigern, die durch ihre Dienstleistungen oder ihre Materiallieferungen zur Schaffung von den Bodenwert des Grundstücks übersteigenden Mehrwerten beigetragen haben, nicht auf ihr Privileg von Art. 841 Abs. 1 ZGB berufen. Auf den wertsteigernden, aber nicht von Bauhandwerkern erbrachten Bauleistungen sind im Rahmen von Art. 841 Abs. 1 ZGB auch Zinsen zu berücksichtigen.
Erwägungen ab Seite 493 BGE 112 II 493 S. 493 Aus den Erwägungen: 5. Das Handelsgericht hat als bestimmungsgemässe Verwendung des Baukredits, die eine Benachteiligung der Bauhandwerker ausschliesst, auch Leistungen an Baugläubiger betrachtet, die nicht zu den gemäss Art. 839 Abs. 1 ZGB pfandberechtigten Handwerkern und Unternehmern gehören. Entscheidend ist für die Vorinstanz BGE 112 II 493 S. 494 allein, dass diese Baugläubiger an der Schaffung der den Bodenwert des Grundstücks übersteigenden Mehrwerte beteiligt sind, was offensichtlich für die Leistungen der Architekten und Ingenieure, aber auch für weitere Dienstleistungen und sogar für blosse Materiallieferungen zutreffe. Die Vorinstanz stützt sich hiefür auf die vorherrschende Lehrmeinung (ZOBL, Das Bauhandwerkerpfandrecht de lege lata und de lege ferenda, ZSR 101 (1982) II S. 1 ff., insb. S. 177 mit weiteren Hinweisen; TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch, 10. Aufl., S. 754). Nach Auffassung der Klägerin hat das Handelsgericht mit dieser Auslegung von Art. 841 Abs. 1 ZGB die vom Gesetzgeber gewollte Privilegierung der durch das gesetzliche Pfandrecht geschützten Bauhandwerker missachtet. Dieser Ansicht kann indessen nicht beigepflichtet werden. Zwar ist es richtig, dass das Bundesgericht in BGE 53 II 481 Zahlungen an blosse Materiallieferanten nicht als zweckkonforme Verwendung des pfandgesicherten Baukredits zur Schaffung von Mehrwerten auf dem belasteten Grundstück betrachtet hat. Doch hat das Bundesgericht diese Rechtsprechung in BGE 86 II 153 f. insofern aufgegeben, als es unter Hinweis auf ein nicht veröffentlichtes Urteil bei der Berechnung des Anteils des einzelnen Bauhandwerkers an den gesamten, zu Mehrwerten führenden Baukosten auch die nicht pfandgesicherten reinen Materiallieferungen berücksichtigt hat. Ist aber damit bei der Anwendung von Art. 841 Abs. 1 ZGB eine Benachteiligung der blossen Materiallieferung gegenüber der Verbindung von Material und Arbeit mit Recht abgelehnt worden, ist nicht einzusehen, weshalb etwas anderes gelten sollte, wenn das Verhältnis der reinen Dienstleistung zur Verbindung von Arbeit und Materiallieferung, wie sie der Bauhandwerker erbringt, zur Diskussion steht. Ausschlaggebend kann nur die Schaffung von Mehrwerten durch Bautätigkeit sein, und zwar über den aktuellen Bodenwert hinaus. Diese Mehrwerte entstehen aber heute unzweifelhaft durch das Zusammenwirken von Bautätigkeiten, die den Anwendungsbereich des Bauhandwerkerpfandrechts überschreiten. Es besteht um so weniger Anlass, den Bauhandwerker gegenüber den andern Baugläubigern im Rahmen von Art. 841 Abs. 1 ZGB zu privilegieren, als der Bauhandwerker selber alles Interesse am Zusammenwirken der verschiedenen Baugläubiger hat. Nur durch dieses Zusammenwirken kann letztlich das Bauziel erreicht werden, das zu einem einheitlichen Mehrwert führt. Werden aber bei der Verteilung des Verwertungserlöses Baugläubiger berücksichtigt, deren Leistungen BGE 112 II 493 S. 495 am Mehrwert teilhaben und die durch den grundpfandgesicherten Baukredit ermöglicht worden sind, so kann nicht von einer Benachteiligung der Bauhandwerker im Sinne von Art. 841 Abs. 1 ZGB gesprochen werden. Dass die von der Vorinstanz aufgerechneten Dienstleistungen nicht zu solchen wertvermehrenden Bautätigkeiten gehören sollten, ist nicht ersichtlich. Ein besonderer Nachweis der konkreten Wertsteigerung, wie ihn die Klägerin verlangt, ist daher überflüssig. 6. Aus der Tatsache, dass bei der Zwangsverwertung der Liegenschaft der Verwertungserlös die über den aktuellen Bodenwert hinaus neu entstandenen Mehrwerte nicht zu decken vermochte, kann nichts anderes gefolgert werden; auf keinen Fall kann aber allein daraus auf eine Benachteiligung der Bauhandwerker durch den vorgehenden grundpfandgesicherten Baukreditgeber geschlossen werden. Dieser hat mit dem Bauhandwerker das gemeinsame, rangmässig allerdings nicht gleiche Risiko zu tragen, dass der Verwertungserlös die Kosten für den Bauaufwand nicht erreiche. Gemäss Art. 841 Abs. 1 ZGB folgt er dem Bauhandwerker nur dann nach, wenn er den durch das Grundpfand mobilisierten Geldwert nicht der Bautätigkeit auf dem Grundstück hat zukommen lassen, d.h. wenn er zu den geschaffenen Mehrwerten nicht beigetragen hat. Soweit aber der Baukredit des grundpfandgesicherten Kreditgebers nicht zweckentfremdet worden ist, ist die privilegierte Stellung des Grundpfandgläubigers zu wahren. Die Vorinstanz hat daher zu Recht entschieden, dass die Beklagte ihren den Bodenwert übersteigenden Verwertungsanteil behalten könne, sofern keine Zweckentfremdung des Baukredites erfolgt sei. 7. Die Klägerin anerkennt grundsätzlich unter Hinweis auf BGE 86 II 152 E. 3, dass auf den wertsteigernden, aber nicht von Bauhandwerkern erbrachten Bauleistungen Zinsen zu berechnen sind. Wenn sie die von der Vorinstanz zugelassenen Zinsen dennoch weitgehend in Frage stellt, so deshalb, weil sie nur solche Zahlungen des vorgehenden Pfandgläubigers im Rahmen von Art. 841 Abs. 1 ZGB berücksichtigen möchte, die an Handwerker und Unternehmer im Sinne von Art. 839 Abs. 1 ZGB ausgerichtet worden sind. Dieser Standpunkt ist jedoch nach dem Ausgeführten unzutreffend, so dass auch diese Kritik der Klägerin dahinfällt. 8. Da nachgewiesen ist, dass der Baukredit, der den Baugläubigern mit wertsteigernden Leistungen zugekommen ist, den diesen zustehenden Verwertungsanteil übersteigt, ist auch nicht einzusehen, inwiefern die Klägerin etwas zu ihren Gunsten aus dem BGE 112 II 493 S. 496 Umstand ableiten könnte, dass der Baukredit anscheinend nicht gross genug bemessen war, um die Baukosten insgesamt abzudecken. Entscheidend ist allein, dass das Entgelt für das vorrangige Grundpfandrecht für wertsteigernde Bauleistungen verwendet worden ist und zwar wenigstens im Ausmass des Verwertungsanteils des vorrangigen Grundpfandgläubigers. Inwiefern Art. 841 Abs. 1 ZGB dem Handwerker und Unternehmer einen Anspruch auf einen ausreichenden Baukredit gewähren sollte, ist nicht ersichtlich. Diese Bestimmung befasst sich ausschliesslich mit dem Rangverhältnis der verschiedenen Pfandgläubiger für den Fall, dass eine Zwangsverwertung diese nicht in vollem Umfang zu befriedigen vermag. Damit erweist sich die Berufung als unbegründet und ist demzufolge abzuweisen.
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de
1,986
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6ce129d1-78f6-4cd5-ab60-a7489ef98e62
Urteilskopf 105 Ia 277 52. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Oktober 1979 i.S. Arnold und Konsorten gegen Einwohnergemeinde Altdorf und Regierungsrat des Kantons Uri (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 15 Abs. 2 OG ; Besetzung der urteilenden Abteilung des Bundesgerichts. "Kantonale Erlasse" im Sinne von Art. 15 Abs. 2 OG (Fassung vom 6. Oktober 1978) sind nur Erlasse des Kantons selber, nicht Gemeindeerlasse.
Erwägungen ab Seite 278 BGE 105 Ia 277 S. 278 Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Wie die Beschwerdeführer ausdrücklich erklären, wird der Zonenplan der Einwohnergemeinde Altdorf, der ihre Liegenschaften in die Gefahrenzone einreiht, nicht angefochten. Ebensowenig werden die Rechtsgrundlage der Perimeterverordnung und die Durchführung des kantonalen Rekursverfahrens beanstandet; kritisiert wird einzig die durch die Verordnung getroffene Umschreibung der Beitragspflicht. Da der Regierungsrat des Kantons Uri die streitige Perimeterverordnung noch nicht genehmigt hat, ist formell nur der Beschwerdeentscheid des Regierungsrates vom 31. Juli 1978 Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Der Sache nach geht es indessen um die Rechtsbeständigkeit der Perimeterverordnung, also eines kommunalen Erlasses. b) Bei der Beurteilung von Beschwerden gegen kantonale Erlasse und gegen den Entscheid oder die Weigerung, ein Geschäft den Stimmbürgern eines Kantons zur Abstimmung vorzulegen, wirken nach Art. 15 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) in der Fassung vom 6. Oktober 1978 sieben Richter mit. Es stellt sich die Frage, ob unter "kantonalen Erlassen" lediglich Erlasse des Kantons selbst oder auch solche der Gemeinden zu verstehen sind. Gemäss Art. 84 Abs. 1 OG kann gegen "kantonale Erlasse oder Verfügungen" staatsrechtliche Beschwerde geführt werden. Es ist unbestritten, dass auch Gemeindeerlasse als "kantonale Erlasse" im Sinne dieser Bestimmung gelten und damit Anfechtungsobjekte der staatsrechtlichen Beschwerde sein können. Fraglich ist indessen, ob sich diese Auslegung des Art. 84 Abs. 1 OG ohne weiteres auf Art. 15 Abs. 2 OG übertragen lässt. Der heutige Art. 15 Abs. 2 OG ersetzt die frühere Vorschrift, nach welcher bei staatsrechtlichen Geschäften, vorbehältlich BGE 105 Ia 277 S. 279 der Beschwerden gegen kantonale Verfügungen wegen Verletzung von Art. 4 BV , stets sieben Richter mitzuwirken hatten. Er bildet in seiner neuen Fassung eine Ausnahme gegenüber dem im ebenfalls revidierten Art. 15 Abs. 3 OG statuierten Grundsatz, wonach die öffentlichrechtlichen Abteilungen in der Besetzung mit drei Richtern entscheiden, soweit es sich um Streitsachen ohne grundsätzliche Bedeutung handelt. Mit dieser Revision wurde eine Entlastung der beiden öffentlichrechtlichen Abteilungen angestrebt (BBl 1978 I 1231 ff.). Bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 2 OG sind deshalb vor allem zwei Gesichtspunkte zu berücksichtigen: einerseits die gesetzliche Systematik, nach welcher sich die Besetzung der urteilenden Kammer nach dem Gewicht und der Tragweite des Streitgegenstandes richtet, anderseits die offenkundige Absicht des Gesetzgebers, das Bundesgericht zu entlasten. Art. 15 Abs. 2 OG stellt die Beschwerden gegen "kantonale Erlasse" und diejenigen "gegen den Entscheid oder die Weigerung, ein Geschäft den Stimmbürgern eines Kantons zur Abstimmung vorzulegen" hinsichtlich der Besetzung der Richterbank einander gleich. Im Streit um die Referendumspflicht eines Geschäftes ist nach dem klaren Wortlaut und Sinn der Vorschrift nur dann die Behandlung durch sieben Richter erforderlich, wenn die Zuständigkeit der Stimmbürger eines Kantons, nicht derjenigen eines untergeordneten Gemeinwesens, streitig ist. Darin liegt ein deutlicher Hinweis darauf, dass auch mit dem Begriff "kantonale Erlasse" nur Erlasse des Kantons selber gemeint sind. Zum selben Ergebnis führt es, wenn die unterschiedliche bundesstaatsrechtliche und politische Stellung eines Kantons und eines untergeordneten Gemeinwesens in Rechnung gestellt wird. Ein Erlass eines Kantons ist ein Souveränitätsakt eines Bundesgliedes. Die Rechtssetzungszuständigkeit eines Kantons erstreckt sich auf alle Gebiete, die nicht der Bundesgewalt übertragen sind ( Art. 3 BV ) und besteht insoweit - im Gegensatz zu derjenigen untergeordneter Gemeinwesen - aus eigenem Recht. Daraus ergibt sich, dass einem Erlass selbst eines kleinen Kantons, auch wenn er möglicherweise wesentlich weniger Personen betrifft als ein Erlass einer grossen Stadt, aus staatsrechtlicher und politischer Sicht erhöhte Bedeutung zukommt. Unter dem Gesichtspunkt der Arbeitslast des Bundesgerichts erscheint es ebenfalls als gerechtfertigt, nur Beschwerden gegen Erlasse eines Kantons in der BGE 105 Ia 277 S. 280 Besetzung mit sieben Richtern zu behandeln. Müsste jede Beschwerde, die sich gegen kommunale Erlasse richtet, durch sieben Richter behandelt werden, würde die Absicht des Gesetzgebers, das Bundesgericht zu entlasten, nur in geringem Mass verwirklicht. Demnach ergibt sich, dass "kantonale Erlasse" im Sinne von Art. 15 Abs. 2 OG nur Erlasse des Kantons selber sind. Die vorliegende Beschwerde ist deshalb nicht durch sieben Richter zu beurteilen. Da ihr indes erhebliche grundsätzliche Bedeutung zukommt, ist sie in einer Besetzung mit fünf Richtern zu behandeln.
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Urteilskopf 122 V 300 45. Auszug aus dem Urteil vom 15. Oktober 1996 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen N. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 2 Abs. 3, Art. 3 Abs. 6 ELG , Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV . - Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV ist gesetzwidrig. - Eine "gesonderte" Ergänzungsleistungsberechnung für den Leistungsansprecher und dessen Kind, das Anspruch auf eine Kinderrente der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründet, ist nicht zulässig.
Erwägungen ab Seite 300 BGE 122 V 300 S. 300 Aus den Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 2 Abs. 1 ELG ist den in der Schweiz wohnhaften Schweizer Bürgern, denen eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder der Invalidenversicherung zusteht, ein Anspruch auf Ergänzungsleistungen einzuräumen, soweit das anrechenbare Jahreseinkommen einen von den Kantonen innerhalb eines gesetzlich vorgegebenen Rahmens festzusetzenden Grenzbetrag nicht erreicht. Die jährliche Ergänzungsleistung entspricht laut Art. 5 Abs. 1 ELG dem Unterschied zwischen der massgebenden Einkommensgrenze und dem anrechenbaren Jahreseinkommen (Satz 1). BGE 122 V 300 S. 301 b) Bei der Berechnung der Ergänzungsleistungen sind zu den Einkommensgrenzen für Alleinstehende und Ehepaare laut Art. 2 Abs. 3 ELG für Kinder, die einen Anspruch auf Zusatzrente der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder der Invalidenversicherung begründen, die für Waisen massgebenden Grenzbeträge hinzuzuzählen (erster Halbsatz). Laut Art. 3 Abs. 6 ELG regelt der Bundesrat u.a. die Zusammenrechnung der Einkommensgrenzen und der anrechenbaren Einkommen von Familiengliedern. Gestützt auf diese Delegationsnorm hat der Bundesrat für die Berechnung der Ergänzungsleistungen von Alleinstehenden und Ehepaaren mit Kindern im Sinne von Art. 2 Abs. 3 ELG mit Art. 7 ELV eine Bestimmung erlassen, die in der bis 31. Dezember 1994 gültig gewesenen Fassung wie folgt lautete: "1Die Einkommensgrenzen und die anrechenbaren Einkommen von Kindern, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenversicherung begründen, werden den Eltern zugerechnet oder, falls die Eltern getrennte Ansprüche haben, dem Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet oder der überwiegend für das Kind aufkommt. 2Ist im Sinne des AHVG oder des IVG nur einer der Ehegatten rentenberechtigt, werden die Einkommensgrenzen und die anrechenbaren Einkommen der Kinder diesem Ehegatten zugerechnet." Gestützt auf Abs. 2 dieser Bestimmung hatte die Verwaltung bei der Ergänzungsleistungsberechnung bis Ende 1994 sowohl die für den Sohn K. massgebende Einkommensgrenze wie auch als anrechenbares Einkommen die für diesen ausgerichtete Kinderrente der Invalidenversicherung dem Beschwerdegegner zugerechnet. c) Mit der Verordnungsänderung vom 26. September 1994 erhielt Art. 7 ELV mit Wirkung ab 1. Januar 1995 folgenden Wortlaut: "1Die Ergänzungsleistung für Kinder, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenversicherung begründen, wird wie folgt berechnet: a.Leben die Kinder mit den Eltern zusammen, erfolgt eine gemeinsame Berechnung der Ergänzungsleistung. b.Leben die Kinder nur mit einem Elternteil zusammen, der rentenberechtigt ist oder für den Anspruch auf eine Zusatzrente der Alters-, Hinterlassenen- oder Invalidenversicherung besteht, so wird die Ergänzungsleistung zusammen mit diesem Elternteil festgelegt. c.Lebt das Kind nicht bei den Eltern oder lebt es bei einem Elternteil, der nicht rentenberechtigt ist und für den auch kein Anspruch auf eine Zusatzrente besteht, so ist die Ergänzungsleistung gesondert zu berechnen. BGE 122 V 300 S. 302 2Bei einer Berechnung nach Absatz 1 Buchstaben b und c ist das Einkommen der Eltern soweit zu berücksichtigen, als es deren eigenen Unterhalt und den der übrigen unterhaltsberechtigten Familienangehörigen übersteigt." Im Hinblick auf diese Verordnungsänderung nahm die Verwaltung eine Neuberechnung der Ergänzungsleistungen des Beschwerdegegners vor. Weil der Sohn K. bei seiner Mutter lebt, welche nicht rentenberechtigt ist und auch keine Zusatzrente beanspruchen kann, wurde die Ergänzungsleistung ausschliesslich aufgrund der Einkommensverhältnisse des Beschwerdegegners ermittelt. Diese Berechnung, die einen jährlichen Einkommensüberschuss von Fr. 3'940.-- ergab, erweist sich nach den zutreffenden Feststellungen der Vorinstanz als richtig, was unter der Voraussetzung, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV überhaupt Anwendung finden kann, zur Verneinung der Anspruchsberechtigung führt. 3. a) Das kantonale Gericht gelangte zum Schluss, Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV in der ab 1. Januar 1995 geltenden Fassung sei gesetzwidrig, weshalb die darauf gestützte Ergänzungsleistungsberechnung der Verwaltung nicht geschützt werden könne. Im einzelnen erwog die Vorinstanz, das ELG stelle in Art. 2 Abs. 3 den Berechnungsgrundsatz auf, dass zu den Einkommensgrenzen für Alleinstehende und Ehepaare für Kinder, die einen Anspruch auf Zusatzrente der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründen, die für Waisen massgebenden Grenzbeträge hinzuzuzählen sind; Art. 3 Abs. 6 ELG überlasse sodann die Regelung der Zusammenrechnung der Einkommensgrenzen und der anrechenbaren Einkommen von Familienmitgliedern dem Bundesrat, welcher in Ausführung dieser Bestimmung in Art. 7 ELV in der bis Ende 1994 gültig gewesenen Fassung Vorschriften darüber erlassen habe, welchem Elternteil die Einkommensgrenzen und anrechenbaren Einkommen von Kindern anzurechnen sind, falls die Eltern getrennte Ansprüche haben oder wenn nur einer der beiden Ehegatten rentenberechtigt ist; Art. 7 Abs. 1 ELV in der revidierten Fassung stelle nun insofern eine gänzlich neue Regelung auf, als dessen lit. c eine "gesonderte" Berechnung der Ergänzungsleistungen in jenen Fällen vorsieht, in welchen das Kind, das Anspruch auf eine Kinderrente der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründet, nicht bei den Eltern lebt oder aber bei einem Elternteil, der nicht rentenberechtigt ist und für welchen auch kein Anspruch auf eine Zusatzrente besteht; mit dieser Ausnahmeregelung setze sich der Verordnungsgeber in Widerspruch zu dem in BGE 122 V 300 S. 303 Art. 2 Abs. 3 ELG festgehaltenen Grundsatz der Zusammenrechnung der Einkommensgrenzen bei Ergänzungsleistungsbezügern mit Kindern, die einen Anspruch auf Zusatzrente begründen, und gehe damit über die ihm im Gesetz delegierte Kompetenz zur Realisierung der Zusammenrechnung hinaus. Da dies bundesrechtswidrig sei, erklärte das Gericht Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV für die Beurteilung des Ergänzungsleistungsanspruchs des Beschwerdegegners als nicht anwendbar und wies die Sache an die Verwaltung zurück, damit diese den Anspruch unter Hinzurechnung der für den Sohn K. massgebenden Einkommensgrenze neu berechne. b) Dem hält das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) in seiner Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, aufgrund der in Art. 3 Abs. 6 ELG erfolgten Delegation der Zusammenrechnung sei der Bundesrat befugt, zu regeln, für welche Personen die Einkommensgrenzen und anrechenbaren Einkommen zusammenzurechnen sind und für welche eben nicht; da es sich gezeigt habe, dass eine Zusammenrechnung bei Personen, die nicht im gleichen Haushalt leben, immer wieder zu Schwierigkeiten führt, habe der Bundesrat in der Verordnung vorgesehen, dass die Ergänzungsleistung bei vom anspruchsberechtigten Elternteil getrennt lebenden Kindern auch getrennt zu berechnen ist. Dazu führt das Bundesamt aus, wenn beispielsweise Kinder in Heimen oder Grossfamilien untergebracht sind, ermögliche diese Ordnung, sofern notwendig, die Auszahlung höherer Ergänzungsleistungen; Ziel der Ergänzungsleistungen sei die Deckung des Existenzbedarfs; mit der neuen Regelung habe der Bundesrat erreichen wollen, dass der Existenzbedarf für die Kinder an dem Ort gewährleistet ist, an welchem sie wohnen (z.B. im Heim, bei Verwandten, in Grossfamilien, bei Drittpersonen); da zudem oft eine Fürsorgebehörde die finanziellen Angelegenheiten dieser Kinder regle, stelle die getrennte Ergänzungsleistungsberechnung eine klare Vereinfachung dar. 4. a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei (unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus BGE 122 V 300 S. 304 dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen ( BGE 122 V 93 Erw. 5a/bb, BGE 120 V 457 Erw. 2b, je mit Hinweisen). b) Der Argumentation des beschwerdeführenden Bundesamtes liegt die unzutreffende Annahme zugrunde, dass Kinder, die einen Anspruch auf Kinderrente begründen und beim nicht rentenberechtigten Elternteil oder bei Dritten leben, einen eigenen Anspruch auf Ergänzungsleistung besitzen. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in dem in ZAK 1989 S. 224 publizierten Urteil W. vom 25. November 1988 indessen ausführte, haben aufgrund von Art. 2 Abs. 1 ELG nur Personen Anspruch auf Ergänzungsleistungen, welchen eine Rente oder Hilflosenentschädigung der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung zusteht; gemeint sei damit ein selbständiger Rentenanspruch; von Gesetzes wegen keinen solchen originären Rentenanspruch besitze eine Person, für die ein Versicherter eine Zusatzrente bezieht (ZAK 1968 S. 171 f. Erw. 2a); entsprechend fänden die Bezüger von Kinderrenten, welche derivative Zusatzrenten zur Stammrente von Vater oder Mutter darstellen (vgl. Art. 22ter AHVG , Art. 35 IVG ; BGE 108 V 78 Erw. 3), in Art. 2 Abs. 1 ELG keine Erwähnung, sondern nur Alleinstehende, Ehepaare, minderjährige Bezüger einer Invalidenrente und Waisen, die ebenfalls originär rentenberechtigt sind ( Art. 25 AHVG ). Seine Auffassung vertritt das BSV unter Hinweis auf ZAK 1989 S. 224 auch in der Wegleitung über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL). Es fügte in Rz. 2005 WEL jedoch bei, in den Fällen von Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV gälten Personen, für welche eine Kinderrente ausgerichtet wird, als rentenberechtigt. Dieser Zusatz ist nicht gerechtfertigt. Ein selbständiger Ergänzungsleistungsanspruch des Kindes, das einen Anspruch auf eine Zusatzrente der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründet, lässt sich selbst aufgrund der Tatsache nicht konstruieren, dass die den Eltern oder einem Elternteil zustehende Ergänzungsleistung BGE 122 V 300 S. 305 auch den unterhaltsberechtigten Kindern zugutekommt. Ausschliesslicher Zweck der Ergänzungsleistungen bleibt dennoch, den zum Leben notwendigen Bedarf des Anspruchsberechtigten zu gewährleisten ( BGE 115 V 353 Erw. 5c mit Hinweisen). Das Eidg. Versicherungsgericht hat es denn auch abgelehnt, Kinder, für die eine Kinderrente der Invalidenversicherung gewährt wird, aufgrund wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Destinatäre eines Teils der Ergänzungsleistung zu betrachten (ZAK 1989 S. 226 Erw. 2c). Gerade im Hinblick auf familiäre Unterhaltsverpflichtungen sind aber die für die Kinder massgebenden Grenzwerte in die Ergänzungsleistungsberechnung des Berechtigten miteinzubeziehen. c) Aus dem Gesagten folgt, dass Art. 7 Abs. 1 lit. c ELV , welcher offenbar ebenfalls von einem dem Kind selbst zustehenden Ergänzungsleistungsanspruch ausgeht, gesetzwidrig ist. Abgesehen davon, dass die Bestimmung nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz von Art. 3 Abs. 6 ELG nicht gedeckt ist, verstösst sie gegen den in Art. 2 Abs. 1 ELG festgehaltenen Grundsatz, wonach zu den Einkommensgrenzen für Alleinstehende und Ehepaare die für Kinder, die einen Anspruch auf eine Zusatzrente der Alters- und Hinterlassenen- oder der Invalidenversicherung begründen, massgebenden Grenzbeträge hinzuzuzählen sind. An der Gesetzwidrigkeit dieser Bestimmung vermag auch die vom BSV angeführte Zielsetzung der neuen Ordnung, nämlich die Gewährleistung des Existenzbedarfs für Kinder an dem Ort, an dem sie leben, nichts zu ändern.
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1,996
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Urteilskopf 107 Ia 41 9. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. Februar 1981 i.S. X. gegen Kanton Obwalden und Kanton St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV (Doppelbesteuerungsverbot). Wohnt ein Kollektivgesellschafter nicht im Sitzkanton der Gesellschaft und kennen die Kantone, denen er wirtschaftlich zugehört, das System der Reineinkommensbesteuerung, so bedeutet es eine unzulässige Doppelbesteuerung, wenn er seinen Anteil am Passivsaldo der Kollektivgesellschaft nicht am Hauptsteuerdomizil vom rohen Einkommen abziehen kann.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 107 Ia 41 S. 42 X. nahm am 1. November 1978 im Kanton Obwalden Wohnsitz; er ist an einer Kollektivgesellschaft mit Sitz im Kanton St. Gallen beteiligt, deren Bilanz für das Geschäftsjahr 1978 einen beträchtlichen Verlust ausweist. Bei der Zwischenveranlagung im Kanton Obwalden beanspruchte X. einen Abzug vom rohen Einkommen in der Höhe seines Verlustanteils. Die Steuerbehörden des Kantons Obwalden anerkannten diesen Abzug nicht X. erhebt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV , die das Bundesgericht gegenüber dem Kanton Obwalden gutheisst aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung), oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, zu deren Erhebung ein anderer Kanton zuständig wäre (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem hat das Bundesgericht aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleitet, ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen nicht deshalb stärker belasten, weil er nicht in vollem Umfange seiner Steuerhoheit unterstehe, sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen auch noch in einem andern Kanton steuerpflichtig sei. Eine unzulässige Doppelbesteuerung ist daher grundsätzlich gegeben, wenn ein Steuerpflichtiger in mehreren auf dem Boden der Reineinkommenssteuer stehenden Kantonen zusammen mehr als sein gesamtes Reineinkommen zu versteuern hat, also mehr als bei Konzentration der Steuerpflicht in einem Kanton ( BGE 100 Ia 251 E. 4a mit Verweisen; vgl. auch BGE 104 Ia 260 E. 4). b) Die Kantone St. Gallen und Obwalden kennen das System der Reineinkommensbesteuerung; sie lassen beide bei der Berechnung des steuerbaren Einkommens den Abzug von Geschäftsverlusten zu (Art. 25 lit. c Steuergesetz des Kantons St. Gallen vom 23. Juni 1970: StG SG; Art. 30 Steuergesetz des Kantons Obwalden vom 8. Dezember 1968 / 4. März 1973: StG OW). Der Beschwerdeführer könnte somit seinen Verlust aus dem Betrieb der Kollektivgesellschaft vom rohen Einkommen in jedem der beiden Kantone abziehen, sofern er nur einer BGE 107 Ia 41 S. 43 Steuerhoheit unterstände. Die Steuerbehörden des Kantons Obwalden bestreiten dies nicht. Sie sind indessen der Ansicht, der Sitzkanton der Kollektivgesellschaft, St. Gallen, habe einen allfälligen Geschäftsverlust in künftigen Steuerperioden zum Abzug vom Geschäftsgewinn zuzulassen. 2. Bei der Verlegung der Abzüge vom Einkommen auf die betroffenen Kantone ist im Anwendungsbereich der allgemeinen Reineinkommenssteuer nach Lehre und Praxis auf die Art dieser Abzüge abzustellen und Ausgaben Rechnung zu tragen ( BGE 104 Ia 260 E. 4 mit Hinweisen). Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Kollektivgesellschafter oder Kommanditär für seinen Anteil am Geschäftsvermögen und -gewinn am Gesellschaftssitz steuerpflichtig, sofern er in einem andern Kanton wohnt ( BGE 93 I 544 E. 1). Einkünfte eines Gesellschafters aus persönlicher Arbeit für die Gesellschaft verbleiben dem Wohnsitzkanton ( BGE 77 I 209 E. 4). Aus dieser Rechtsprechung folgt indessen entgegen der Auffassung der Steuerverwaltung des Kantons Obwalden nicht, dass auch Geschäftsverluste, die ein Steuerpflichtiger an seinem sekundären Steuerdomizil erleidet, nur an diesem Spezialsteuerdomizil berücksichtigt werden müssten. Nach der Praxis des Bundesgerichtes sind nämlich Ausgaben für eine Liegenschaft am sekundären Steuerdomizil, welche die Einkünfte aus dieser Liegenschaft übersteigen, am Hauptsteuerdomizil zum Abzug vom rohen Einkommen zuzulassen ( BGE 66 I 45 E. 5). Als typischen Fall einer verbotenen Doppelbesteuerung hat das Bundesgericht sodann angesehen, dass eine Gemeinde - Hauptsteuerdomizil des Pflichtigen - sich weigerte, den Verlust aus dem Betrieb eines Hotels in einer andern Gemeinde bei der Bemessung des steuerpflichtigen Gesamteinkommens zum Abzug zuzulassen. In diesem Fall interkommunaler Steuerausscheidung waren die Grundsätze des Art. 46 Abs. 2 BV nach kantonalem Recht sinngemäss anwendbar ( BGE 98 Ia 577 E. 3). Dasselbe muss offensichtlich auch im interkantonalen Verhältnis gelten. Würde der Geschäftsverlust, den ein Steuerpflichtiger an seinem sekundären Steuerdomizil erleidet und dort nicht abziehen kann, bei der Berechnung des steuerpflichtigen Gesamteinkommens am primären Steuerdomizil nicht zum Abzug zugelassen, so würde das gesamte steuerbare Einkommen des Pflichtigen das wirkliche Reineinkommen um die Höhe dieses Verlustes übersteigen. BGE 107 Ia 41 S. 44 Dies würde jedenfalls für die in Frage stehende Steuerperiode den Grundsatz der von beiden Kantonen anerkannten Reineinkommensbesteuerung verletzen. Die Möglichkeit, den Geschäftsverlust in späteren Steuerperioden auf einen allfälligen Geschäftsgewinn am Spezialsteuerdomizil anzurechnen, ist dagegen höchst ungewiss und namentlich abhängig von der Weiterführung des Geschäftes und einem genügenden Geschäftsertrag. Ausserdem lassen nicht alle Kantone eine derartige Anrechnung von Geschäftsverlusten früherer Perioden zu (vgl. OBERSON, Les pertes commerciales fiscalement déductibles in ASA Bd. 48 S. 98). Die - wenig naheliegende - Hypothese, dass ein Steuerpflichtiger unter Umständen einen Geschäftsverlust nicht nur an seinem Hauptsteuerdomizil, sondern später ausserdem noch am Spezialsteuerdomizil des Geschäftssitzes geltendmachen könnte, vermag die Doppelbesteuerungsgrundsätze über die Anrechnung von Verlusten, welche dem Pflichtigen am Spezialsteuerdomizil erwachsen, nicht in Frage zu stellen. Der Kanton St. Gallen lässt im übrigen den Abzug von Geschäftsverlusten früherer Perioden nur soweit zu, als diese Verluste nicht bereits berücksichtigt wurden ( Art. 25 lit. c StG SG). Der Kanton Obwalden hat einen allfälligen Geschäftsverlust des Beschwerdeführers aus der Kollektivgesellschaft mit Sitz in St. Gallen bei der Einkommensveranlagung zum Abzug zuzulassen. Die Beschwerde erweist sich gegenüber dem Kanton Obwalden offensichtlich als begründet und die angefochtenen Steuerveranlagungen sind aufzuheben. Die Steuerbehörden des Kantons Obwalden werden somit zu prüfen haben, in welchem Umfang dem Beschwerdeführer tatsächlich ein Verlust aus dem Betrieb der Kollektivgesellschaft erwachsen ist. Die Beschwerde ist, soweit sie sich gegen den Kanton St. Gallen richten sollte, abzuweisen.
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1,981
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Urteilskopf 90 IV 140 30. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 17 septembre 1964 dans la cause Vassaux contre Ministère public du canton de Neuchâtel.
Regeste Art. 15 Abs. 4 SVG : Wer gewerbsmässig Fahrtheorie erteilt, bedarf ebenfalls des Ausweises für Fahrlehrer.
Sachverhalt ab Seite 140 BGE 90 IV 140 S. 140 A.- En 1963, Vassaux a donné à titre professionnel des leçons de théorie aux élèves de l'auto-école Centra, à Neuchâtel, sans être titulaire d'un permis pour moniteur de conduite. En revanche, il n'a jamais accompagné un élève lors d'une course d'apprentissage. B.- Le Tribunal de police du district de Neuchâtel lui a infligé, le 20 février 1964, une amende de 80 fr. en vertu de l'art. 95 ch. 1 al. 6 LCR. C.- La Cour neuchâteloise de cassation pénale a rejeté, le 17 juin, un recours du condamné. D.- Contre cet arrêt, Vassaux se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Il conclut à libération. Le Ministère public propose de rejeter le pourvoi. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l'art. 15 al. 4 LCR, celui qui enseigne professionnellement la conduite de véhicules automobiles doit être titulaire d'un permis pour moniteur de conduite. Les premiers juges estiment que cette disposition, à la différence des alinéas précédents, traite non des seules courses d'apprentissage, mais de l'enseignement BGE 90 IV 140 S. 141 professionnel de la conduite d'un véhicule automobile sous ses deux aspects, théorique et pratique. Le recourant soutient au contraire que l'art. 15, si on le considère dans son entier, régit uniquement les courses d'apprentissage visées par la note marginale. Celle-ci paraît certes fournir un argument en faveur de la thèse de Vassaux. Mais, selon une jurisprudence qu'il cite lui-même, c'est la disposition légale applicable qui est déterminante, non le titre sous lequel elle est rangée et qui ne saurait en restreindre la portée (RO 89 IV 20 et les références). L'argumentation du pourvoi se concilie mal avec le texte de l'art. 15 LCR. Le 4e alinéa par le non de courses d'apprentisage, mais de l'enseignement professionnel de la conduite de véhicules automobiles. Si le législateur avait entendu exiger un permis de moniteur des seules personnes qui, à titre professionnel, accompagnent des élèves dans des courses d'apprentissage, on ne voit pas pourquoi il n'aurait pas repris cette notion, qui figure dans les alinéas 1 à 3. La tournure plus large qu'il a choisie engage à admettre que, en dépit du titre marginal, il a pensé aussi bien aux leçons de théorie qu'aux courses d'apprentissage. Selon l'art. 14 al. 1 LCR, le permis de conduire est seulement délivré si l'examen officiel a démontré que le candidat connaît les règles de la circulation et qu'il est capable de conduire avec sûreté les véhicules de la catégorie correspondant au permis. Lorsque l'article suivant, après avoir réglé les courses d'apprentissage, s'occupe de ceux qui enseignent professionnellement la conduite de véhicules automobiles, ce terme désigne l'enseignement complet, aussi bien théorique que pratique. Au surplus, l'interprétation adoptée par les juridictions neuchâteloises, conformément à l'opinion de la Division fédérale de police, subdivision de la circulation routière, aboutit à un résultat satisfaisant. Vu le rôle essentiel que joue, dans la conduite des véhicules à moteur, la connaissance des règles de la circulation, il n'est pas déraisonnable d'en réserver l'enseignement professionnel BGE 90 IV 140 S. 142 à des personnes au bénéfice d'un permis. Sans doute n'existe-t-il pas, du moins dans le canton de Neuchâtel, de permis restreint, limité aux leçons de théorie; le permis pour moniteur de conduite dont il est question à l'art. 15 al. 4 LCR confère le droit d'enseigner les règles de la circulation et d'accompagner les élèves dans les courses d'apprentissage. On pourrait assurément trouver peu rationnel que celui qui entend se spécialiser dans l'enseignement des règles de la circulation doive satisfaire aux exigences posées au moniteur qui accompagne des élèves dans leurs courses d'apprentissage. La théorie ne saurait toutefois ignorer la pratique. De bonnes leçons de théorie impliquent par conséquent chez celui qui les donne une grande expérience de la circulation routière, expérience que l'on n'acquiert qu'au volant. L'inexistence d'un permis limité à l'enseignement des règles de la circulation ne dispensait donc pas Vassaux de se procurer le permis prescrit par l'art. 15 al. 1 LCR. 2. Pour condamner le prévenu, il ne suffit pas de retenir une contravention à cette norme, il faut encore rechercher si l'infraction est punissable. Le Tribunal de police a appliqué l'art. 95 ch. 1 al. 6 LCR, qui menace des arrêts ou de l'amende celui qui, sans permis de moniteur de conduite, donne professionnellement des leçons de conduite. Cette disposition correspond manifestement à l'art. 15 al. 4, de sorte que la transgression de celui-ci tombe sous le coup de celle-là. Le recourant prétend que l'art. 95 incrimine uniquement le fait de conduire un véhicule. Il est vrai que les al. 4 et 5 du ch. 1 concernent explicitement les courses d'apprentissage. Mais la mention à l'al. 6 de leçons de conduite est une raison d'admettre qu'il n'a pas trait, ou du moins pas seulement, à l'accompagnement d'élèves dans des courses d'apprentissage. De plus, si cet alinéa ne réprimait pas l'enseignement professionnel, sans permis, des règles de la circulation, il serait superflu, puisque celui qui, sans permis de moniteur, BGE 90 IV 140 S. 143 accompagne à titre professionnel des élèves lors de courses d'apprentissage est déjà punissable en vertu de l'al. 5. Quant à la note marginale de l'art. 95, qui, elle aussi, semble appuyer la manière de voir du recourant, elle ne saurait prévaloir, ainsi qu'on l'a vu à propos de l'art. 15, sur le texte de la disposition légale. 3. Le moyen que le pourvoi tente de tirer de l'art. 100 ch. 3 LCR n'est pas fondé. Selon cette disposition, la personne qui accompagne un élève conducteur répond, sous certaines conditions, des infractions commises lors de courses d'apprentissage. Cela n'exclut évidemment pas la punissabilité d'un moniteur ou d'une personne qui se fait passer pour tel en raison d'infractions étrangères à l'accompagnement d'élèves. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale Rejette le pourvoi.
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Urteilskopf 107 IV 163 47. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 2 décembre 1981 dans la cause A. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 129 StGB . Lebensgefährdung. 1. Die Erfüllung dieses Tatbestandes setzt nicht voraus, dass der Täter die Verwirklichung der Gefahr, sei es auch nur eventuell, gewollt hat, denn sonst wäre er wegen vorsätzlicher Begehung des entsprechenden Verletzungsdeliktes strafbar. 2. Wer im Verlaufe eines Handgemenges eine geladene und entsicherte Schusswaffe zieht, weiss, dass sich unerwartet ein Schuss lösen und einen Beteiligten verwunden oder töten kann.
Erwägungen ab Seite 163 BGE 107 IV 163 S. 163 Extrait des considérants: 2. ... Lors d'une arrestation mouvementée à la gare de Lausanne, l'intimé fut sommairement fouillé et délesté d'un pistolet, puis conduit par deux policiers qui lui avaient fait chacun une clé à un bras vers le poste de gendarmerie de la gare. Alors qu'ils montaient les escaliers, les inspecteurs ont été gênés par BGE 107 IV 163 S. 164 l'étroitesse des lieux. L'un des policiers a lâché l'intimé, libérant ainsi sa main gauche. Faisant une brusque volte-face, l'intimé a entraîné l'autre agent avec une grande force et en le faisant pivoter sur lui-même. Simultanément, il a saisi de sa main gauche un pistolet qu'il portait encore à sa ceinture, chargé et désassuré. Il a crié quelque chose que les policiers n'ont pas compris, selon lui "Tirez", et a brandi le pistolet au bout de son bras gauche tout d'abord en direction du plafond. Ce pistolet s'est retrouvé ensuite pointé en direction du ventre du premier policier à 50 cm environ de celui-ci. Un coup de feu tiré par l'intimé est parti sans toucher personne, la balle ayant passé entre le bras droit alors levé(?) et le flanc du policier menacé. Pour les policiers, l'intimé a visé volontairement le ventre de l'un d'eux et le coup n'a été dévié que par l'intervention de l'autre. Quant à l'intimé, il a déclaré n'avoir jamais eu l'intention de tirer sur les policiers, mais que ne voulant plus faire de la prison, il pensait que s'il exhibait une arme, les inspecteurs lui tireraient dessus. Autrement dit, il s'agissait, selon lui, d'un suicide par policiers interposés. Ce serait l'un des policiers qui, en baissant son bras alors dirigé vers le plafond, l'aurait amené à menacer de son arme le ventre de l'autre agent et même à faire feu involontairement, son doigt étant appuyé sur la détente. 3. L'autorité cantonale a admis au sujet de ces deux thèses contradictoires que si les juges de première instance ont admis la première thèse, il fallait retenir que même les circonstances caractérisant cette version ne dénotent pas l'attitude particulièrement répréhensible qui est constitutive de la mise en danger et que, si cette thèse ne devait pas être considérée comme retenue par les premiers juges, le défaut de scrupules ne serait à fortiori pas établi, ne fût-ce qu'en vertu du principe in dubio pro reo. Selon la jurisprudence, l'absence de scrupules caractérise toute mise en danger dont les motifs doivent être moralement désapprouvés. Plus le danger connu de l'auteur est grand et moins ses mobiles méritent attention, plus l'absence de scrupules apparaît comme évidente (NOLL, RPS 1954 p. 20, 28 ss., GERMANN, Verbrechen p. 247, ATF 94 IV 65 ). Agir sans scrupule est autre chose qu'agir avec une imprévoyance coupable (LOGOZ, ad art. 129 p. 71). Il s'agit également de savoir si les motifs de l'acte peuvent être approuvés ou même considérés comme compréhensibles, l'ampleur du danger créé étant également déterminante pour apprécier l'absence de scrupules ( ATF 100 IV 218 ). Ainsi, dans l'arrêt BGE 107 IV 163 S. 165 précité, le Tribunal fédéral a posé que celui qui sort un pistolet de sa poche en le saisissant à pleine crosse et en engageant le doigt dans la détente, sans se préoccuper de savoir s'il est prêt à faire feu, alors même qu'il l'a chargé et désassuré à peine quelques instants auparavant, et qui agit avec l'intention de menacer une personne expose la vie d'autrui - celle de la personne visée plus particulièrement - à un très grave danger. En l'occurrence, l'autorité cantonale n'a pas précisé que l'arme, chargée et désassurée, était destinée à menacer une personne, mais l'intimé s'en est saisi au moment où l'étroitesse des lieux lui a permis de se dégager. Il a alors brandi le pistolet au bout de son bras gauche, tout d'abord en direction du plafond avant de le braquer, involontairement ou non, en direction du ventre d'un policier, à une distance d'environ 50 cm, juste avant que le coup ne parte involontairement. Ces circonstances suffisent à établir que deux des conditions d'application de l' art. 129 al. 1 CP sont réalisées: Celui qui est aux prises avec un ou des adversaires et qui au cours de la lutte sort un pistolet prêt à tirer s'expose à lâcher inopinément un coup de feu, il ne peut l'ignorer. Or chacun sait qu'un coup de feu partant au hasard au milieu de combattants est de nature à blesser, par conséquent à tuer l'un d'eux. C'est erronément que l'autorité cantonale a considéré que la conscience de la mise en danger de mort implique la volonté de mettre en danger, en se référant à l'arrêt publié aux ATF 94 IV 60 . Ce précédent, en effet, que par ailleurs l'autorité cantonale cite à bon escient, conduit à une autre conclusion, celle qu'il n'est justement pas nécessaire que l'auteur ait voulu, même à titre éventuel, la réalisation du danger, sans quoi il devrait être poursuivi pour l'infraction intentionnelle correspondante, soit in casu pour tentative d'homicide. Or, en l'espèce, peu importe que l'intimé n'ait pas voulu tirer, ni même tuer, il suffit qu'il en ait pris consciemment le risque en sortant une arme prête à tirer au moment de se colleter avec les agents de la force publique. Les faits retenus par l'autorité cantonale permettent aussi de conclure que l'intimé a consciemment exposé les deux agents de police à un danger de mort imminent. La seule question qui mérite examen est dès lors celle de savoir si l'intimé a fait preuve d'absence de scrupules, autrement dit celle de savoir si, comme il est dit dans l'arrêt précité, le degré de possibilité de mort était tel qu'en n'en tenant pas compte, l'intimé a révélé son absence de scrupules. L'autorité cantonale l'a nié. BGE 107 IV 163 S. 166 D'abord elle a considéré que l'acte de mise en danger n'est révélateur de l'absence de scrupules que s'il entraîne une réprobation plus grande que celle qui s'attache ordinairement au fait de mettre consciemment autrui en danger. Ensuite elle a estimé que le fait de porter une arme désassurée et chargée n'emportait pas une telle réprobation, d'où elle a déduit que l'intimé n'avait pas démontré qu'il était dénué de scrupules. Un tel raisonnement repose toutefois sur une prémisse fausse: ce qui constitue le danger n'est évidemment pas de porter une arme, mais de la brandir mal à propos lors d'une bagarre. Quant à savoir si l'intimé a agi sans scrupules, la réponse ne fait pas de doute, car le risque de mort dans de telles circonstances est tel que celui qui le prend sera rarement à l'abri de l'application de l'art. 129, sauf si ses actes sont en concours avec une autre infraction plus grave ou s'il peut exciper de l'une des circonstances énumérées dans la partie générale du Code et qui ont pour effet d'exclure ou d'atténuer la punissabilité ou l'illicéité de l'acte. Or, non seulement il n'existe rien de tel en l'espèce, mais l'intimé est connu comme un récidiviste spécial particulièrement redoutable, utilisant couramment des armes à feu à des fins délictuelles. L'absence de scrupules doit ainsi être admise même si, par ailleurs, l'autorité cantonale n'exclut pas que l'intimé ait eu en réalité l'intention de se suicider "par policiers interposés". En effet, supposé que tel ait été le cas, cela ne l'autorisait pas plus à mettre en danger la vie d'autrui pour accomplir son dessein que s'il avait simplement voulu favoriser sa fuite, laquelle n'aurait pas en soi été blâmable. La cause doit ainsi être renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle condamne le recourant en tenant compte de la mise en danger de la vie d'autrui.
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1,981
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CH_BGE_006
CH
Federation
6cf8ee9b-dc77-409a-b068-814476e28a95
Urteilskopf 140 III 349 53. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause A. contre B. SA, Hoirie de feu C., soit: A.C. et B.C. (recours en matière civile) 4A_235/2013 du 27 mai 2014
Regeste Art. 1, 18, 698 Abs. 2 Ziff. 2, Art. 710 und 731b Abs. 1 OR ; Mangel in der Organisation der Gesellschaft; Statutenbestimmung, die vorsieht, dass die Verwaltungsräte bis zu einer neuen Wahl im Amt bleiben. Die Unmöglichkeit der Generalversammlung, mangels erforderlicher Stimmenzahl die Wahl der Verwaltungsräte vorzunehmen, stellt eine Blockade (Patt) im Sinne der Rechtsprechung dar, die dem Richter auferlegt, Massnahmen nach Art. 731b Abs. 1 OR anzuordnen. Eine Statutenbestimmung, die zur Vermeidung einer allfälligen Blockadensituation im Aktionariat eine automatische Wiederwahl der Verwaltungsräte vorsehen würde, würde dem unübertragbaren Recht der Generalversammlung widersprechen, die Mitglieder des Verwaltungsrates zu wählen (vgl. Art. 698 Abs. 2 Ziff. 2 OR ), und wäre demnach nichtig (vgl. Art. 706b Ziff. 3 OR ) (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 140 III 349 S. 350 A. B. SA, société anonyme sise à X. (Genève), possède un capital-actions de 1'400'000 fr., composé de 1'400 actions nominatives de 1'000 fr. C., administrateur président, possède 700 actions, A., administrateur vice-président, 699 actions, et D., administrateur secrétaire, détient 1 action à titre fiduciaire pour le compte de A. Les trois administrateurs sont titulaires de la signature collective à deux. Les statuts de B. SA, dans leur teneur au 28 octobre 2004, dressés par le notaire E., comprennent un art. 15, qui dispose ce qui suit: "Le Conseil d'administration se compose d'un ou de plusieurs membres. En règle générale, il est élu lors de l'assemblée générale ordinaire et pour la durée d'une année. Les membres du Conseil d'administration restent en fonction jusqu'à ce que l'assemblée générale ait procédé à une nouvelle élection ou qu'elle les ait reconduits dans leur fonction. La démission ou la révocation demeurent réservées. S'ils remplacent un administrateur en cours de mandat, les nouveaux administrateurs sont élus pour la durée résiduelle du mandat de ceux qu'ils remplacent. Les membres du Conseil d'administration sont rééligibles (...)" L'assemblée générale ordinaire de B. SA s'est tenue le 26 octobre 2011, en présence de C. et de D., qui représentait en outre A. En raison d'un conflit majeur opposant les actionnaires de la société, les voix exprimées par C. ont rencontré l'opposition de celles de D. et A., de sorte que le bilan et les comptes de résultat au 31 décembre 2010 n'ont pas été approuvés, le report de la perte d'exercice n'a pas été décidé, les trois administrateurs et l'organe de révision n'ont pas été réélus. B. Faisant valoir que la société se trouvait dans une situation de carence dans son organisation au sens de l' art. 731b CO , C. a déposé auprès du Tribunal de première instance de Genève, le 4 novembre 2011, une requête dirigée contre la société, concluant à la nomination d'un commissaire pour celle-ci. Il s'est opposé à ce que A. et D. représentent B. SA. Me Peter Pirkl, avocat, a été nommé en qualité de commissaire afin de représenter B. SA dans la procédure (cf. arrêt 4A_396/2012). Les parties ont alors discuté la question de fond, soit la nécessité de prendre des mesures sur la base de l' art. 731b CO . BGE 140 III 349 S. 351 Par acte déposé le 30 août 2012 devant le Tribunal de première instance, A. a déclaré intervenir à titre principal dans la cause. Il a conclu à ce qu'il soit constaté que B. SA était pourvue d'un conseil d'administration valablement constitué au sens de la loi et des statuts, et au déboutement de C. et de B. SA de toutes leurs conclusions. Par jugement du 10 décembre 2012, le Tribunal de première instance a désigné Me Peter Pirkl en qualité d'administrateur (en vertu de l' art. 731b CO ), avec signature individuelle, de B. SA, avec pour mission de trouver des solutions permettant à celle-ci de retrouver un fonctionnement autonome dans sa capacité à désigner ses organes, notamment son conseil d'administration; il a privé de tout droit tout autre administrateur inscrit au registre du commerce et limité la durée de la mesure au 30 novembre 2013. La Cour de justice du canton de Genève, par arrêt du 22 mars 2013, a débouté A. de ses conclusions en appel. C. A. exerce un recours en matière civile contre l'arrêt cantonal genevois. Il conclut, sous suite de frais et dépens, à son annulation et il reprend ses conclusions prises devant l'instance précédente. Subsidiairement, il demande le renvoi de la cause devant celle-ci. En cours de procédure, C. est décédé et ses héritières (A.C. et B.C.) lui ont succédé. Le 27 mai 2014, la présente cause a fait l'objet d'une délibération publique. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours interjeté par A. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 2. 2.1 Il est de jurisprudence qu'en vertu de l' art. 731b al. 1 CO , il y a carence dans l'organisation de la société notamment lorsqu'un blocage persistant au sein de l'actionnariat empêche l'élection d'un organe (arrêt 4A_630/2011 du 7 mars 2012 consid. 2.3, non publié in ATF 138 III 166 ; ATF 138 III 294 consid. 3.1.5 p. 299; cf. CHENAUX/HÄNNI, Carence dans l'organisation de la société: étude des aspects matériels et procéduraux de l' art. 731b CO , JdT 2013 II p. 101 s. et les arrêts cités). 2.2 Le recourant objecte que la situation au sein de l'actionnariat ne fait en l'espèce pas obstacle au fonctionnement du conseil d'administration, ce cas de figure étant précisément réglementé par une BGE 140 III 349 S. 352 clause statutaire. Il s'appuie sur l'art. 15 des statuts de la société intimée, selon lequel "le Conseil d'administration se compose d'un ou de plusieurs membres. En règle générale, il est élu lors de l'assemblée générale ordinaire et pour la durée d'une année. Les membres du Conseil d'administration restent en fonction jusqu'à ce que l'assemblée générale ait procédé à une nouvelle élection ou qu'elle les ait reconduits dans leur fonction (...)". Selon le recourant, il découlerait de la clause litigieuse que les administrateurs sont maintenus "en charge une année supplémentaire en cas de non-aboutissement des élections". Une application correcte du droit conduirait dès lors à reconnaître que la société intimée est toujours dotée d'un conseil d'administration valablement constitué suite à l'assemblée générale du 26 octobre 2011. Partant, le recourant considère que la cour cantonale, qui a considéré que l'art. 15 des statuts n'était pas valable, a appliqué de manière incorrecte les art. 698 al. 2 et 710 CO et que cela l'a conduite à appliquer à tort l' art. 731b al. 1 CO . L'intimé, auquel les héritières ont aujourd'hui succédé, est d'avis que la dernière phrase de l'art. 15 des statuts doit être considérée comme une simple clause de style, fréquemment utilisée dans la pratique, que la doctrine considère comme équivalente à celle selon laquelle le mandat des administrateurs prend fin à l'occasion de l'assemblée générale ordinaire suivant l'exercice écoulé pour lequel l'élection a été effectuée (pour les détails: ERIC HOMBURGER, in Berner Kommentar, 1997, n o 223 ad art. 710 CO ). 2.3 Lorsqu'il s'agit d'interpréter des statuts, les méthodes d'interprétation peuvent varier en fonction du type de société. Pour l'interprétation des statuts de grandes sociétés, on recourt plutôt aux méthodes d'interprétation de la loi. Pour celle de statuts de petites sociétés, on se réfère plutôt aux méthodes d'interprétation des contrats, à savoir une interprétation selon le principe de la confiance, l'interprétation subjective n'entrant en considération que si les sociétaires étaient, comme en l'espèce, très peu nombreux (arrêt 4C.350/2002 du 25 février 2003 consid. 3.2, in SJ 2003 I p. 577; ATF 107 II 179 consid. 4c p. 186). 2.4 Le recourant considère que la volonté (réelle) des parties était de maintenir les administrateurs en place tant que de nouvelles élections n'auraient pas abouti (le mandat des administrateurs alors en place étant confirmé ou de nouveaux administrateurs étant élus). Il BGE 140 III 349 S. 353 soutient que la cour cantonale a sombré dans l'arbitraire ( art. 9 Cst. ) en n'établissant pas la réelle et commune intention des parties, examen qu'il considère comme indispensable pour établir la signification de la clause litigieuse. Le recourant ajoute que l'interprétation des manifestations de volonté à la lumière du principe de la confiance (cf. ATF 136 III 186 consid. 3.2.1 p. 188) conduit au même résultat. On se limitera à observer sous cet angle, que l'art. 15 des statuts ne confirme pas de manière aussi évidente la thèse du recourant. Selon cette disposition, "les membres du Conseil d'administration restent en fonction jusqu'à ce que l'assemblée générale ait procédé à une nouvelle élection ou qu'elle les ait reconduits dans leur fonction". Dans la première hypothèse ("nouvelle élection"), la clause n'exige pas l'élection effective de nouveaux administrateurs, qui remplaceraient ceux alors en fonction; ainsi, le simple fait de procéder à une nouvelle élection (indépendamment du résultat obtenu) devant l'assemblée générale paraît suffire pour mettre un terme au mandat de ces derniers. Il faut cependant remarquer que, si on interprète la clause dans ce sens, on peine alors à comprendre pourquoi elle désigne expressément une deuxième hypothèse ("ou qu'elle les ait reconduits dans leur fonction"), celle-ci étant évidemment comprise dans le cas de figure de la "nouvelle élection". On peut toutefois renoncer à examiner le moyen tiré de l'arbitraire ( art. 9 Cst. ) et celui visant la mauvaise application du principe de la confiance (évoqué par le recourant sous l'angle de l' art. 18 CO ). En effet, même si l'on suivait l'interprétation faite par le recourant, son recours n'en devrait pas moins être rejeté pour les motifs suivants. 2.5 Il faut remarquer, à titre liminaire, que la situation diffère du cas de figure dans lequel la réélection des membres du conseil d'administration (dont la durée du mandat a expiré) n'a pas été soumise à l'assemblée générale, celle-ci n'ayant pas été convoquée, ou la question ne lui ayant pas été présentée (sur les diverses positions doctrinales quant à l'admissibilité d'une prolongation tacite du mandat dans cette situation: TRAUTMANN/VON DER CRONE, Organisationsmängel und Pattsituationen in der Aktiengesellschaft, RSDA 2012 p. 465; MEINRAD VETTER, Der verantwortlichkeitsrechtliche Organbegriff gemäss Art. 754 Abs. 1 OR, 2007, p. 146 s.). En effet, il résulte en l'espèce des constatations cantonales qu'une assemblée générale ordinaire de la société intimée a été convoquée et formellement tenue. L'élection du conseil d'administration était à l'ordre du jour et il a été BGE 140 III 349 S. 354 procédé au vote. Les voix nécessaires n'étant pas réunies, les trois administrateurs n'ont pas été réélus. 2.6 Lorsque l'assemblée générale se prononce sur le renouvellement du mandat d'un administrateur et que celui-ci n'obtient pas les voix nécessaires à sa réélection, son mandat prend fin. L'assemblée générale a ainsi, par sa décision, exprimé une volonté en matière de composition des organes (qui est celle de ne pas réélire les membres du conseil d'administration proposés à l'élection). Si l'on admettait la validité d'une clause statutaire prévoyant dans ce cas de figure une réélection automatique des administrateurs, elle n'aurait pas seulement pour effet de prolonger tacitement le mandat des administrateurs, mais bien de faire obstacle à la volonté exprimée par l'assemblée générale. Autrement dit, elle restreindrait le droit (inaliénable) de l'assemblée générale de nommer les membres du conseil d'administration, ce qui n'est pas admissible (cf. art. 698 al. 2 ch. 2 CO ; WERNLI/RIZZI, in Basler Kommentar, Obligationenrecht, vol. II, 4 e éd. 2012, n o 3 ad art. 710 CO ; ADRIAN PLÜSS, Die Rechtsstellung des Verwaltungsratsmitgliedes, 1990, p. 90 note de pied 470). La validité d'une telle clause, qui néglige les structures de base de la société anonyme, doit être niée (cf. art. 706b ch. 3 CO ; KATJA ROTH PELLANDA, Organisation des Verwaltungsrates, 2007, p. 89 s., 196 s. et 202). 2.7 Le recourant ne conteste pas vraiment les considérations qui précèdent, mais il soutient que l'art. 15 des statuts ne contient pas de "clause tacite de réélection au sens de ce qu'entend la doctrine". Il en veut pour preuve que la clause litigieuse ne vise pas simplement l'oubli ou le manque de volonté de tenir une assemblée générale (cas de figure abondamment traité par la doctrine), mais qu'elle reflète une autre situation, soit la volonté expresse des parties de maintenir les administrateurs en place en cas d'échec d'une nouvelle élection. Le recourant, pour autant qu'on comprenne bien son argumentation, ne fait pas de distinction selon que l'assemblée générale a (cf. supra consid. 2.6), ou non (cf. supra consid. 2.5), pu se prononcer sur l'élection des membres du conseil d'administration. Or, en l'espèce, seul le premier cas de figure doit être examiné et c'est en partant de cette prémisse que la validité de la clause litigieuse doit être tranchée. Cela étant, le recourant joue sur les mots lorsqu'il précise que la clause litigieuse n'est pas une clause tacite de réélection, mais que les administrateurs restent simplement en place pour une année supplémentaire. Si la disposition statutaire était interprétée comme le BGE 140 III 349 S. 355 veut le recourant, elle aurait pour effet de reconduire automatiquement le mandat des administrateurs, et donc de restreindre le droit inaliénable de l'assemblée générale de nommer les membres du conseil d'administration consacré à l' art. 698 al. 2 ch. 2 CO , ce qui n'est pas admissible. 2.8 En conséquence, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral en considérant que l'impossibilité pour l'assemblée générale de procéder à l'élection (ou à la réélection) du conseil d'administration, faute du nombre de voix nécessaires, constitue un blocage (pat) au sens de la jurisprudence et que l' art. 731b al. 1 CO impose donc au juge de prendre des mesures. Il n'y a pas lieu d'examiner si la clause statutaire viole également l' art. 710 CO .
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6cfaee33-4c3d-4a06-bc06-462be152e02b
Urteilskopf 137 IV 326 47. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt (Beschwerde in Strafsachen) 6B_385/2011 vom 23. September 2011
Regeste Art. 37 Abs. 1 SVG , Art. 12 Abs. 2 VRV , Art. 181 StGB ; Nötigung durch andere Beschränkung der Handlungsfreiheit, Konkurrenz zu SVG-Delikten. Begriff des Schikanestopps (E. 3.3.3). Ein Schikanestopp bis zum Stillstand überschreitet das üblicherweise geduldete Mass unabhängig vom zeitlichen Aspekt ebenso eindeutig, wie es bei der Ausübung von Gewalt oder dem Androhen ernstlicher Nachteile der Fall ist. Die durch die schikanöse Vollbremsung geschaffene Zwangssituation ist für den nachfolgenden Verkehrsteilnehmer von einer solchen Intensität, dass sie dessen Handlungsfreiheit einschränkt (E. 3.4). Zwischen Art. 90 SVG und Art. 181 StGB besteht echte Konkurrenz (E. 3.5 und 3.6).
Sachverhalt ab Seite 326 BGE 137 IV 326 S. 326 X. fuhr am 19. November 2005 mit seinem Personenwagen auf der Hauptstrasse in Y. (BL). Er musste bremsen, weil A. mit seinem BGE 137 IV 326 S. 327 Fahrzeug vor ihm auf die Fahrbahn eingebogen war. Um diesem eine Lektion zu erteilen, überholte ihn X. und bremste sein Fahrzeug auf der Höhe eines Verzweigungsgebiets ohne verkehrsbedingten Grund und abrupt bis zum Stillstand ab. Dadurch rief er eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer hervor und zwang A. zu einem unvermittelten Anhalten. Erst nachdem X. die Verzweigung mehrere Sekunden blockiert und dadurch die Aufmerksamkeit eines Unbeteiligten erweckt hatte, setzte er seine Fahrt fort. Nach wenigen Metern hielt er abermals abrupt an, wodurch er erneut eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer hervorrief. Diesmal konnte A. sein Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig bis zum Stillstand abbremsen. Es kam zur Kollision. Die kantonalen Instanzen sprachen X. für diesen Sachverhalt der mehrfachen Nötigung sowie der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Der Beschwerdeführer wendet sich gegen seine Verurteilung wegen mehrfacher Nötigung. Er macht geltend, die ihm zur Last gelegten lediglich kurzen Beeinträchtigungen der Willensbetätigung im Strassenverkehr würden den objektiven Tatbestand der Nötigung nicht erfüllen. Das Unrecht dieses Verhaltens (unbegründetes brüskes Bremsen) sei mit der Verurteilung nach Art. 90 Ziff. 2 SVG abgegolten. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die unangefochten gebliebene Qualifikation dieses Verhaltens als grobe Verkehrsregelverletzung. 3.2 Unter Hinweis auf die erstinstanzlichen Ausführungen erwägt die Vorinstanz, durch das mehrfache Abbremsen habe der Beschwerdeführer A. keine andere Möglichkeit gelassen, als ebenfalls zum Stillstand zu kommen. Damit habe er dessen Handlungsfreiheit eingeschränkt und ihn zu einem Handeln bestimmt, das dieser sonst nicht vorgenommen hätte. Der Beschwerdeführer habe nicht aufgrund der Verkehrssituation, sondern aus rein schikanösen Motiven gehandelt und damit überdies in grober Weise die Verkehrsregeln verletzt. Die Rechtswidrigkeit der Nötigung sei gegeben. Während Art. 181 StGB die freie Willensbildung und -betätigung schütze, BGE 137 IV 326 S. 328 bezwecke das Strassenverkehrsgesetz den Schutz der Verkehrsteilnehmer. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgüter habe sich der Beschwerdeführer zudem der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln strafbar gemacht. 3.3 3.3.1 Wegen Nötigung nach Art. 181 StGB wird bestraft, wer jemanden durch Gewalt, Androhung ernstlicher Nachteile oder durch andere Beschränkung seiner Handlungsfreiheit nötigt, etwas zu tun, zu unterlassen oder zu dulden. Die Tatbestandsvariante der "anderen Beschränkung der Handlungsfreiheit" ist restriktiv auszulegen. Dieses Zwangsmittel muss, um tatbestandsmässig zu sein, das üblicherweise geduldete Mass an Beeinflussung in ähnlicher Weise eindeutig überschreiten, wie es für die ausdrücklich genannten Nötigungsmittel der Gewalt und der Androhung ernstlicher Nachteile gilt ( BGE 134 IV 216 E. 4.1 mit Hinweisen). Es muss ihnen in seiner Intensität bzw. Wirkung ähnlich sein ( BGE 119 IV 301 E. 2a mit Hinweis). Als Nötigung gilt z.B. die Verhinderung eines öffentlichen Vortrags durch organisiertes und mit Megafon unterstütztes "Niederschreien", ebenso die Bildung eines "Menschenteppichs" und die Sabotage einer Bahnschranke, die je den Strassenverkehr behinderten, sowie die Blockierung des Haupteingangs eines Verwaltungsgebäudes oder die Blockade des Autobahnverkehrs während eineinhalb Stunden (Zusammenfassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung in BGE 134 IV 216 E. 4.2 und BGE 129 IV 6 E. 2.2 f.). Unrechtmässig ist eine Nötigung, wenn das Mittel oder der Zweck unerlaubt ist, wenn das Mittel zum erstrebten Zweck nicht im richtigen Verhältnis steht oder wenn die Verknüpfung zwischen einem an sich zulässigen Mittel und einem erlaubten Zweck rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig ist ( BGE 134 IV 216 E. 4.1 mit Hinweisen). 3.3.2 Das Bundesgericht hat sich bislang nicht dazu geäussert, ob Beeinträchtigungen der freien Willensbetätigung im Strassenverkehr, namentlich bei Schikanestopps oder dem nicht verkehrsbedingten Ausbremsen nachfolgender Fahrzeuge, rechtlich als Nötigung zu qualifizieren sind. Obwohl diese Verhaltensweisen wiederholt Gegenstand kantonaler Entscheide waren, die bis an das Bundesgericht gelangten, musste es aus prozessualen Gründen weder zur rechtlichen Qualifikation dieser Fahrmanöver als Nötigung noch zur Frage des Konkurrenzverhältnisses zu SVG-Delikten Stellung nehmen (z.B. BGE 137 IV 326 S. 329 BGE 132 I 127 ; Urteile 6P.238/2006 vom 15. März 2007; 1P.326/2006 vom 5. September 2006; 6S.127/2007 vom 6. Juli 2007; 6S.43/2001 vom 19. Juni 2001; 6P.51/2001 vom 25. Juni 2001; 6S.563/1995 vom 24. November 1995; 1P.365/1995 vom 7. November 1995). Im Urteil 6B_560/2009 vom 10. September 2009 konnte das Bundesgericht die aufgeworfene Frage, ob der Tatbestand der Nötigung bei (kurzfristigen) Beeinträchtigungen im Strassenverkehr in echter Konkurrenz zur Verletzung der Verkehrsregeln erfüllt ist, offenlassen (Bemerkungen dazu in: FIOLKA/WEISSENBERGER, Rechtmässige Nötigung trotz rechtswidriger Nötigungsmittel-, forumpoenale 04/2010 S. 237 ff.). 3.3.3 Gemäss Art. 34 Abs. 4 SVG hat der Lenker gegenüber allen Strassenbenützern einen ausreichenden Abstand zu wahren, namentlich beim Hintereinanderfahren. Er muss auch bei überraschendem Bremsen des voranfahrenden Fahrzeugs rechtzeitig anhalten können (Art. 12 Abs. 1 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962, VRV; SR 741.11). Das überraschende Bremsen schliesst ein brüskes Bremsen mit ein ( BGE 131 IV 133 E. 3.1). Für die Einhaltung des angemessenen Abstandes hat im Regelfall der Fahrer des hinteren Fahrzeugs zu sorgen ( BGE 115 IV 248 E. 3a; BGE 81 IV 47 E. 3a und 302 E. 1; Urteil 6B_451/2010 vom 13. September 2010 E. 3.4 mit Hinweisen). Nach Art. 37 Abs. 1 SVG hat jedoch der Lenker, der anhalten will, nach Möglichkeit auf die nachfolgenden Fahrzeuge Rücksicht zu nehmen. Dieser Artikel erfasst nach seinem Wortlaut nur das freiwillige und voraussehbare Halten. An der Freiwilligkeit und möglichen Rücksichtnahme gebricht es, wenn ein Fahrzeuglenker wegen äusserer Umstände, bspw. verkehrsbedingt durch einen anderen Verkehrsteilnehmer, wegen eines plötzlich auf der Fahrbahn auftauchenden Hindernisses, wie ein Wirbeltier ( BGE 115 IV 248 E. 4b und 5b S. 253 mit Hinweis und S. 254), durch Verkehrsregelung (HANS GIGER, SVG - Strassenverkehrsgesetz, Kommentar, 7. Aufl. 2008, N. 1 zu Art. 37 SVG ) oder aus fahrzeugtechnischen Gründen sofort bremsen muss. Brüskes Bremsen und Halten sind nur gestattet, wenn kein Fahrzeug folgt und im Notfall ( Art. 12 Abs. 2 VRV ). In BGE 117 IV 504 mit dem Regestentitel " Art. 12 Abs. 2 VRV ; brüskes Bremsen (Schikanestop)" erwog das Bundesgericht, nebst dem grundlos scharfen oder einigermassen kräftigen Bremsen aus Böswilligkeit mit dem Zweck, den nachfolgenden Lenker zu erschrecken oder gar eine Auffahrkollision zu provozieren ( BGE 99 IV 100 ), bremse auch brüsk, wer - wenn ein BGE 137 IV 326 S. 330 anderes Fahrzeug folge - auf Autobahnen sein Fahrzeug durch Bremsen mehr als nur unwesentlich verzögere (entgegen der Darstellung von PHILIPPE WEISSENBERGER, in: Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz, 2011, Rz. 59 zu Art. 34 SVG sowie Rz. 4 zu Art. 37 SVG qualifizierte das Bundesgericht im Urteil 6B_886/2009 vom 11. März 2010 das blosse Antippen des Bremspedals ohne Verzögerung der Geschwindigkeit nicht als brüskes Bremsen. Es hielt der Vorinstanz vielmehr vor, im Rahmen der Kostenauferlegung einer eingestellten Strafuntersuchung aufgrund der gegebenen Umstände keine rechtfertigende Notwehr des Beschwerdeführers geprüft zu haben). Ein Notfall im Sinne von Art. 12 Abs. 2 VRV liegt immer vor, wenn wegen eines plötzlich auftauchenden Hindernisses aus Sicherheitsgründen sofort gebremst werden muss. Erforderlich ist kein zwingender Grund, da lediglich das unnötige plötzliche Anhalten untersagt ist. Die Frage, ob das unvermittelte Bremsen unnötigerweise erfolgte, kann nicht generell, sondern nur im konkreten Fall unter Würdigung der Umstände entschieden werden ( BGE 115 IV 248 E. 4c S. 253 f. mit Hinweis). Festzuhalten ist, dass ein Schikanestopp, d.h. ein brüskes Anhalten oder Bremsen ohne einen Notfall mit dem Zweck der Schikane, wie dem Erteilen einer Lektion oder des Erziehens eines anderen Verkehrsteilnehmers, nicht zulässig ist. Eine schikanöse Vollbremsung auf der Autobahn kann eine Gefährdung des Lebens nach Art. 129 StGB darstellen (Urteil 6S.563/1995 vom 24. November 1995; RENÉ SCHAFFHAUSER, Grundriss des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, Bd. I, 2. Aufl. 2002, N. 700 S. 317). 3.4 Nach den vorinstanzlichen Feststellungen bremste der Beschwerdeführer in Y. mitten auf der Fahrbahn auf der Höhe der Verzweigung H./K. sein Fahrzeug unvermittelt und ohne verkehrsbedingten Grund bis zum Stillstand ab. Um eine Kollision zu vermeiden, musste A., der Lenker des nachfolgenden Personenwagens, eine Vollbremsung vornehmen. Nur wenige Meter nachdem der Beschwerdeführer seine Fahrt fortgesetzt hatte, nahm er erneut einen solchen Schikanestopp bis zum Stillstand vor, wodurch es zur Kollision mit dem Fahrzeug von A. kam. Unabhängig vom zeitlichen Aspekt haben die Manöver des Beschwerdeführers das üblicherweise geduldete Mass ebenso eindeutig überschritten, wie es bei der Ausübung von Gewalt oder dem Androhen eines ernstlichen Nachteils der Fall ist. Die durch die schikanösen Vollbremsungen ausgelösten Zwangsituationen waren von einer solchen Intensität, dass sie die freie Willensbetätigung von A. einschränkten. Ein solcher Schikanestopp bis BGE 137 IV 326 S. 331 zum Stillstand ist geeignet, selbst bei geringer Geschwindigkeit, bei einem durchschnittlichen Fahrzeuglenker Angst vor einem Strassenverkehrsunfall mit allfälligen Verletzungs- und Schadensfolgen hervorzurufen. Um eine Kollision zu vermeiden, war A. gezwungen, sein Fahrzeug abrupt und bis zum Stillstand abzubremsen. Damit zwang ihn der Beschwerdeführer zwei Mal zum Anhalten und beeinträchtigte dadurch seine Handlungsfreiheit (so auch BUSSY/RUSCONI, Code suisse de la circulation routière, commentaire, 3. Aufl. 1996, N. 1.3.3 zu Art. 37 SVG S. 410; siehe die Beispiele bei CHRISTIAN FAVRE UND ANDERE, Code pénal annoté, 3. Aufl. 2007, N. 1.17. zu Art. 181 StGB S. 498 mit Hinweisen; der in der SJZ 63/1967 S. 221 f., publizierte Entscheid verneinte eine Nötigung, weil für den nachfolgenden Fahrzeuglenker kein Zwang zum Anhalten bestanden hatte, etwas undifferenzierter erwähnt in: TRECHSEL/FINGERHUTH, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2008, N. 7 zu Art. 181 StGB ; für eine zurückhaltende Anwendung von Art. 181 StGB in Strassenverkehrssachen: MARTINO IMPERATORI, Das Unrecht der Nötigung, 1987, S. 66 f. mit Hinweisen). Die Nötigungsmittel, d.h. die brüsken, nicht verkehrsbedingten Vollbremsungen des Beschwerdeführers, waren unrechtmässig ( Art. 37 Abs. 1 SVG und Art. 12 Abs. 2 VRV ), ebenso der damit verfolgte Zweck, A. eine Lektion zu erteilen. Die Nötigungen waren tatbestandsmässig und rechtswidrig. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob die erforderliche Intensität für die Bejahung einer Nötigung im Falle eines schikanösen Ausbremsens, ohne dass es zum Stillstand der involvierten Fahrzeuge kommt, ebenso gegeben wäre. 3.5 3.5.1 Ein Teil der Lehre vertritt die Auffassung, dass zwischen der Nötigung und der Verletzung von Verkehrsbestimmungen in der Regel unechte Konkurrenz besteht, wenn ein Verkehrsteilnehmer durch seine Fahrweise einen anderen Strassenbenützer zu einem bestimmten Verhalten nötigt. Zur Begründung wird angeführt, er sei nur wegen der Verletzung der einschlägigen Verkehrsregel(n) zu bestrafen, da diese insbesondere der Vermeidung von Beschränkungen anderer Verkehrsteilnehmer dienen (ANDREAS DONATSCH, Strafrecht III, 9. Aufl. 2008, S. 414 f. mit Hinweis auf das dem BGE 111 IV 167 zugrunde liegende Urteil des Berner Obergerichts; BERNARD CORBOZ, Les infractions en droit suisse, Bd. I, 3. Aufl. 2010, N. 48 zu Art. 181 StGB ). Oder es wird begründet, eine Verletzung der Verkehrsregeln werde durch die Nötigung konsumiert, wenn sie BGE 137 IV 326 S. 332 durch eine Behinderung des Strassenverkehrs und der damit einhergehenden Gefährdung realisiert werde (CHRISTIAN FAVRE UND ANDERE, a.a.O., N. 1.14. zu Art. 181 StGB mit Hinweisen). 3.5.2 Andere Autoren hingegen betonen, dass Art. 90 SVG und Art. 181 StGB im Verhältnis echter Konkurrenz zueinander stehen können, da diese Bestimmungen unterschiedliche Rechtsgüter schützen (YVAN JEANNERET, Les dispositions pénales de la Loi sur la circulation routière, 2007, N. 104 zu Art. 90 SVG ; BUSSY/RUSCONI, a.a.O., N. 6.3 e) zu Art. 90 SVG ; PHILIPPE WEISSENBERGER, a.a.O., Rz. 36 zu Art. 90 SVG ). 3.6 Vorliegend ist der zweiten Auffassung beizupflichten. Das SVG sieht keine besonderen Regeln bezüglich einer allfälligen Konkurrenz ihrer Bestimmungen mit anderen Straftatbeständen - ausser in Art. 90 Ziff. 3 SVG - vor. Darüber ist folglich nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden. Es ist zu prüfen, ob der Unrechtsgehalt der zu beurteilenden Handlung durch die Bestrafung bereits nach einer der zusammentreffenden Bestimmungen abgegolten wird oder nicht ( BGE 91 IV 30 E. 2). Geschütztes Rechtsgut von Art. 181 StGB ist die Handlungsfreiheit bzw. die Freiheit der Willensbildung und -betätigung des Einzelnen ( BGE 129 IV 6 E. 2.1 mit Hinweisen). Geschützt ist auch die Freiheit, den Willen der automobilen Fortbewegung zu betätigen ( BGE 134 IV 216 E. 4.4.3 mit Hinweis). Beim vorliegend massgeblichen Art. 90 Ziff. 2 SVG handelt es sich zwar um ein abstraktes Gefährdungsdelikt, indessen schützt er nicht das gleiche Rechtsgut wie die Nötigung (zum Verhältnis zwischen Verletzungs- und Gefährdungsdelikten am Beispiel von Urkunden- und Vermögensdelikten BGE 129 IV 53 E. 3.5 f.). Mit den Verkehrsregeln soll insbesondere die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Strassen gewährleistet werden. Der Beschwerdeführer hat mit seinen Bremsmanövern zum einen die Handlungsfreiheit von A. verletzt, zum anderen abstrakt weitere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Sein Verhalten betrifft sowohl unterschiedliche Rechtsgüter als auch verschiedene Rechtsgutträger. Demgemäss verletzt die Vorinstanz kein Bundesrecht, wenn sie ihn der mehrfachen Nötigung sowie der mehrfachen groben Verletzung der Verkehrsregeln schuldig spricht, mithin echte Idealkonkurrenz annimmt.
null
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6cfeca4e-1aaf-4e7e-92f1-5b2f5f1da330
Urteilskopf 90 I 195 30. Auszug aus dem Urteil vom 19. Juni 1964 i.S. Spycher und Rohrer gegen Staatsrat des Kantons Freiburg.
Regeste Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung. BG vom 16. März 1955. 1. Notwendigkeit von Schutzvorkehren, wenn der Hauseigentümer Heizöl in der Nähe eines der Versorgung der Bevölkerung dienenden Grundwasserstromes lagert (Erw. 3). 2. Wahl der Sicherheitsmassnahmen; Tragweite einer von der kantonalen Behörde im Verfahren vor Bundesgericht abgegebenen Erklärung (Erw. 4). 3. Vorbehalt künftiger Massnahmen, die den Gewässerschutz besser gewährleisten würden (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 195 BGE 90 I 195 S. 195 Aus dem Tatbestand: A.- Die Beschwerdeführer Hansruedi Spycher und Otto Rohrer erstellten im Jahre 1960 in Oberflamatt (Gemeinde Wünnewil) ein Hochhaus, in welchem eine Ölfeuerung eingerichtet wurde. Die zur Heizungsanlage gehörenden beiden Heizölbehälter wurden trotz Einsprache des Gemeinderates von Wünnewil am 12. April 1960 in den Boden versenkt. BGE 90 I 195 S. 196 In der Folge machte die Gesundheitsdirektion des Kantons Freiburg die Beschwerdeführer darauf aufmerksam, dass die Ölbehälter in der Nähe von Grundwasserflächen lägen, die der Versorgung der örtlichen Bevölkerung mit Trinkwasser dienten. Sie teilte den Beschwerdeführern mit, dass gemäss Anordnung der kantonalen Gewässerschutzkommission die Behälter ausgehoben und in dichte Betonschalen verlegt werden müssten. Am 3. Juli 1961 verfügte der Oberamtmann des Sensebezirkes in Anwendung des BG über den Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung vom 16. März 1955 (GSchG, AS 1956 S. 1533), dass die Beschwerdeführer dieser Anordnung nachzukommen hätten. Auf Beschwerde Spychers und Rohrers hin bestätigte der Staatsrat des Kantons Freiburg diese Verfügung mit Entscheid vom 29. Dezember 1961. B.- Gegen diesen Entscheid erheben Spycher und Rohrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragen, er sei aufzuheben; eventuell sei die Angelegenheit zur Abklärung des Tatbestandes an die kantonale Behörde zurückzuweisen. Zur Begründung wird geltend gemacht, es treffe nicht zu, dass das in den zwei Behältern gespeicherte Öl einen Grundwasserstrom gefährden könnte. Die Behälter befänden sich nicht "auf dem Grundwasser". Sie seien von einer mächtigen Kiesschicht umgeben, so dass die Erdsäure ihnen nichts anhaben könne. Zudem sei ihre Wandung besonders dick. Alle anderen Ölbehälter in der Gegend seien weniger gut versenkt. In zahlreichen Fällen seien keine Sicherungsmassnahmen verlangt worden. Übrigens seien die Beschwerdeführer bereit, elektrische Warngeräte einzubauen. Diese Massnahme biete mehr Sicherheit und sei auch weniger kostspielig als die Verlegung der Behälter in Betonwannen. C.- Der Staatsrat des Kantons Freiburg und das Eidg. Departement des Innern beantragen Abweisung der Beschwerde. BGE 90 I 195 S. 197 D.- Im Verfahren vor Bundesgericht sind Professor R. F. Rutsch und Ingenieur H. Steiner, beide in Bern, beauftragt worden, ein geologisch-technisches Gutachten zu erstatten. Eine Delegation des Gerichts hat mit ihnen am 4. Oktober 1962 einen Augenschein vorgenommen. Dem Bericht der Experten vom 15. Januar 1964 ist zu entnehmen: a) Die Tankanlagen der Beschwerdeführer befinden sich wahrscheinlich über dem im Gebiet von Flamatt durchfliessenden bedeutenden Grundwasserstrom, auf jeden Fall in dessen Nähe. Dieses Grundwasservorkommen dient der Versorgung von Flamatt mit Trink- und Brauchwasser. Es besteht die Gefahr, dass das dort gefasste Wasser durch Öl verunreinigt wird, das aus den Tankanlagen der Beschwerdeführer in den Boden versickert. b) Dieser Gefahr kann begegnet werden - entweder durch Verlegung der Tanks in Eisenbeton-Wannen - oder durch Auskleidung der Tanks mit Kunststoff-Folien, kombiniert mit der Installation von Leckwarngeräten, Überfüllsicherungen und Beobachtungsrohren. Die Experten empfehlen im vorliegenden Fall dieses zweite Verfahren, in Erwägung, dass es sich bewährt hat und die abzusichernden Behälter bereits seit Jahren im Boden versenkt sind. c) Das erste Sicherungsverfahren würde mutmasslich Fr. 53'000.--, das zweite Fr. 24'000.-- kosten. E.- a) Die Beschwerdeführer haben keine Bemerkungen zum Gutachten eingereicht. b) Das Eidg. Departement des Innern hält die von den Gerichtsexperten vorgeschlagenen Schutzvorrichtungen nicht für genügend zuverlässig; es betrachtet den Einbau einer Betonwanne oder -schale als bessere Sicherung. Die Gerichtsexperten erachten die Einwendungen des Departements für unbegründet; sie weisen darauf hin, dass in den Betonkonstruktionen Risse entstehen können. c) Der Staatsrat des Kantons Freiburg hat in einer Eingabe BGE 90 I 195 S. 198 vom 25. Mai 1964 am Antrag auf Abweisung der Beschwerde grundsätzlich festgehalten (Ziff. 1). Er hat beigefügt, dass er angesichts des Befundes der Experten auf der Durchführung der angeordneten Sicherheitsmassnahme nicht bestehe, sondern sich mit einer anderen Lösung, z.B. mit der von den Experten befürworteten, einverstanden erklären könne (Ziff. 2). Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Das eidg. Gewässerschutzgesetz verpflichtet in Art 2 Abs. 1 die zu seinem Vollzug zuständigen Behörden, gegen die Verunreinigung der ober- und unterirdischen Gewässer diejenigen Massnahmen zu ergreifen, die notwendig sind zum Schutze der Gesundheit von Mensch und Tier, zur Verwendung von Grund- und Quellwasser als Trink- und Brauchwasser usw.; insbesondere haben die Behörden nach Art. 4 Abs. 4 dafür zu sorgen, dass für die Lagerung von Öl in Tanks die zum Schutz von Gewässern nötigen baulichen und technischen Vorrichtungen erstellt werden ( BGE 84 I 155 Erw. 2; BGE 86 I 195 Erw. 5). Im vorliegenden Fall sind solche Schutzvorkehren unumgänglich; denn aus dem vom Gericht eingeholten Gutachten ergibt sich zweifelsfrei, dass die Ölbehälter, welche die Beschwerdeführer im Boden versenkt haben, in der Nähe eines der Versorgung der Bevölkerung mit Trink- und Brauchwasser dienenden bedeutenden Grundwasserstromes - wenn nicht sogar direkt darüber - liegen und dass der gegenwärtige Zustand dieser Behälter die Gefahr einer Verunreinigung des für die genannten Zwecke verwendeten Grundwassers durch ausfliessendes Öl in sich birgt. Allerdings sind andere Ölbehälter in der Gegend, namentlich solche des Bundes, noch nicht mit den erforderlichen Schutzvorrichtungen versehen. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass im Falle der Beschwerdeführer BGE 90 I 195 S. 199 von Schutzvorkehren abgesehen werden darf. Vielmehr werden auch in jenen anderen Fällen so bald wie möglich die notwendigen Massnahmen angeordnet und durchgeführt werden müssen. Auf die Höhe der Kosten der zu treffenden Massnahmen ist nicht Rücksicht zu nehmen, wo es, wie hier, um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers geht ( Art. 2 Abs. 3 GSchG ; BGE 84 I 155 ff., Erw. 2 und 3; BGE 86 I 195 ff., Erw. 5 und 7 a). 4. Der Oberamtmann des Sensebezirkes hat verfügt, dass die Beschwerdeführer die Ölbehälter gemäss Anordnung der kantonalen Gewässerschutzkommission in dichte Betonschalen zu verlegen haben. Der Staatsrat hat diese Verfügung im angefochtenen Entscheide bestätigt. Die Gerichtsexperten haben zwei Lösungen ins Auge gefasst, einerseits die Verlegung der Tanks in Betonwannen und anderseits die Auskleidung der Tanks mit Kunststoff-Folien, kombiniert mit der Installation von Leckwarngeräten, Überfüllsicherungen und Beobachtungsrohren. Sie haben die zweite Lösung empfohlen. Das Eidg. Departement des Innern teilt diese Auffassung nicht; es erachtet den Einbau von Betonwannen oder -schalen als die bessere Sicherung. Indessen hat der Staatsrat schliesslich die Erklärung abgegeben, dass er an Stelle einer Betonkonstruktion auch die von den Gerichtsexperten befürwortete - weniger kostspielige - Lösung (Auskleidung mit Plastik usw.) annehmen könne (Eingabe von 25. Mai 1964, Ziff. 2). Er überlässt damit die Wahl zwischen den beiden in Betracht fallenden Lösungen den Beschwerdeführern. In diesem Sinne hat er den angefochtenen Entscheid abgeschwächt und das in der Antwortschrift gestellte, auf Abweisung der Beschwerde schlechthin lautende Rechtsbegehren eingeschränkt. Das Gericht, das nicht über die Rechtsbegehren der Parteien hinausgehen darf ( Art. 109 Abs. 1 OG ), hat sich an diese Einschränkung zu halten. Es behaftet den Staatsrat bei der erwähnten Erklärung BGE 90 I 195 S. 200 und gibt den Beschwerdeführern Kenntnis von ihr. In diesem Sinne ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. 5. Das eidg. Gewässerschutzgesetz verpflichtet die vollziehenden Behörden allgemein, im einzelnen Fall das zum Schutz der Gewässer gegen Verunreinigung Erforderliche anzuordnen. Die Behörden müssen sowohl künftige Verunreinigungen verhindern als auch bestehende Missstände beseitigen (Art. 2 ff., inbesondere Art. 3 Abs. 3, Art. 4 Abs. 3, Art. 6 GSchG ). Dabei haben sie den technischen Möglichkeiten Rechnung zu tragen; anderseits haben sie insoweit, als es sich um die Sicherstellung gesunden Trink- und Brauchwassers handelt, keine Rücksicht auf die durch die Massnahmen entstehende wirtschaftliche und finanzielle Belastung zu nehmen ( Art. 2 Abs. 3 GSchG ). Aus dieser gesetzlichen Ordnung ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass die (im erwähnten Sinne eingeschränkte) Entscheidung des Staatsrates nicht unabänderlich ist, sondern von der kantonalen Behörde jederzeit und ohne Rücksicht auf die den Beschwerdeführern (oder ihren Rechtsnachfolgern) entstehenden Kosten durch andere, wirksamere Anordnungen zum Schutze des für die öffentliche Wasserversorgung verwendeten Grundwassers ersetzt werden kann, wenn sich dies auf Grund neuer tatsächlicher Feststellungen und nach dem Stande der Technik als möglich und notwendig erweist. Solchen neuen Anordnungen könnte nicht die Rechtskraft der früheren Entscheidung entgegenhalten werden, und sie würden auch - wie die frühere Entscheidung - keine Entschädigungspflicht des Gemeinwesens begründen.
public_law
nan
de
1,964
CH_BGE
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CH
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6d03ec26-c48e-4c82-8143-4b12c957c247
Urteilskopf 122 III 176 34. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 8. März 1996 i.S. X. Corporation gegen Q. (Berufung)
Regeste Aktienrechtliche Verantwortlichkeit; Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung; Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden der Gesellschaftsgläubiger. 1. Zulässige Methode der Ausscheidung der Vermögenswerte beim Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung (E. 5b). 2. Auslegung des Nachlassvertrags im Hinblick auf die Frage, ob auch die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden (E. 5c-e). 3. Die Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden der Gesellschaftsgläubiger ist nicht danach vorzunehmen, in welcher Vermögensmasse der Schaden unmittelbar eintritt bzw. ob die haftungsbegründenden Handlungen zu einer Beeinträchtigung des Vermögens der Gesellschaft geführt haben. Massgebliches Kriterium ist vielmehr die Rechtsgrundlage der jeweiligen Schadenersatzpflicht. Exemplifikation dieses Grundsatzes (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 177 BGE 122 III 176 S. 177 A.- Q. war in den Jahren 1978 bis 1982 Mitglied der Kontrollstelle der Z. AG. Am 25. April 1983 bestätigte das Kantonsgericht Schwyz der Z. AG einen Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung. Die Z. AG überliess darin den Gläubigern einen Teil ihres Vermögens zur Liquidation und Verteilung nach den Vorschriften über den Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, bot die Schaffung eines Genussscheinkapitals an und erklärte sich mit einer Herabsetzung ihres Grundkapitals einverstanden. Die Liquidation der den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte sollte in der Weise erfolgen, dass diese formell auf die ebenfalls zur Liquidationsmasse gehörende V. AG übertragen und deren Aktien treuhänderisch der Liquidatorin übereignet wurden. Alsdann sollte die V. AG nach Änderung ihres Zwecks und ihrer Firma in "V.-Abwicklungsgesellschaft" gegenüber Dritten als Veräussererin auftreten, intern jedoch für Rechnung aller beteiligten Gläubiger handeln. Der Erlös war unter Beachtung der Bestimmungen über die Rangordnung und die Rangklassen der Gläubiger gemäss SchKG zu verteilen. Die Genussscheine waren vorerst auf den Namen der Abwicklungsgesellschaft auszustellen und nach Verwertung aller anderen überlassenen Aktiven unter die Gläubiger zu verteilen. Schliesslich war die Abwicklungsgesellschaft aufzulösen und zu liquidieren. Die Z. AG setzte ihr Grundkapital gemäss den BGE 122 III 176 S. 178 Bestimmungen des Nachlassvertrags herab und führte ihre Geschäfte mit den verbliebenen Mitteln fort, wobei ihrer Firma nie der Zusatz "in Nachlassliquidation" beigefügt wurde. Gegenstand der Vermögensabtretung sollen auch die Verantwortlichkeitsansprüche aus Aktienrecht gegenüber den seinerzeitigen Mitgliedern des Verwaltungsrates und der seinerzeitigen Kontrollstelle gebildet haben. Die Liquidatorin trat diese Ansprüche am 20. August 1985 an die X. Corporation, welche mit einer Forderung von mehr als 13 Millionen Franken in der 5. Klasse kolloziert war, sowie an eine weitere Gläubigerin ab. B.- Am 18. Dezember 1987 klagte die X. Corporation beim Bezirksgericht Zürich gegen Q. auf Zahlung eines Betrags von Fr. 500'000.-- aus aktienrechtlicher Verantwortlichkeit, welchen sie in der Replik auf Fr. 1'000'000.-- nebst Zins erhöhte. Das Bezirksgericht Zürich stellte mit Vorentscheid vom 17. August 1990 fest, dass die Klägerin zur Geltendmachung der aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche im Klagebetrag von Fr. 1'000'000.-- aktivlegitimiert sei und diese Ansprüche nicht verjährt seien. Auf Berufung des Beklagten wies das Obergericht des Kantons Zürich am 18. Juni 1991 die Klage mangels Aktivlegitimation insoweit ab, als sie sich auf Abtretungen im Sinne von Art. 260/316 l SchKG oder Art. 756 Abs. 2 aOR stützte. Dagegen stellte es fest, die Klägerin sei insoweit aktivlegitimiert, aktienrechtliche Verantwortlichkeitsansprüche im Betrag von Fr. 1'000'000.-- geltend zu machen, als sie einen direkten Gläubigerschaden behaupte. Eine Nichtigkeitsbeschwerde der Klägerin wies das Kassationsgericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 27. Dezember 1991 ab, soweit es darauf eintrat. Auf die Berufung der Klägerin gegen das Teilurteil des Obergerichts trat das Bundesgericht mit Urteil vom 18. August 1992 nicht ein. Mit Urteil vom 15. März 1993 wies darauf das Bezirksgericht Zürich die Klage ab. Auf Berufung der Klägerin hob das Obergericht des Kantons Zürich am 14. Juni 1994 dieses Urteil insoweit auf, als damit die auf Abtretungen im Sinne von Art. 260/316 l SchKG oder Art. 756 Abs. 2 aOR gestützten Ansprüche erneut abgewiesen wurden; hinsichtlich des direkten Gläubigerschadens bestätigte das Obergericht die Abweisung der Klage. C.- Gegen die Urteile des Obergerichts des Kantons Zürich vom 18. Juni 1991 und 14. Juni 1994 hat die Klägerin Berufung eingereicht, die vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen wird. BGE 122 III 176 S. 179 Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Das Obergericht hat im Urteil vom 18. Juni 1991 hinsichtlich der Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden der Gläubiger, welche auf Abtretungen im Sinne von Art. 260/316 l SchKG oder Art. 756 Abs. 2 aOR gestützt werden, die Aktivlegitimation der Klägerin verneint, da diese Ansprüche nicht zu den Vermögenswerten gehörten, welche im Nachlassvertrag den Gläubigern zur Liquidation überlassen worden seien. In der Berufung beanstandet die Klägerin, diese Auffassung verstosse in mehrfacher Hinsicht gegen Bundesrecht. a) Vorerst macht die Klägerin geltend, bei einem Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gehörten die Verantwortlichkeitsansprüche zwingend zu den den Gläubigern überlassenen Vermögenswerten und könnten nicht von der Abtretung ausgeschlossen werden. Diese Auffassung wird tatsächlich in einem Teil der Lehre vertreten (so ERWIN GERSBACH, Der Nachlassvertrag ausser Konkurs nach dem Schweizerischen Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen und seinen Ausführungserlassen, Diss. Zürich 1937, S. 125; SCHODER, Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, ZBJV 88/1952, S. 418; PETER LUDWIG, Der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung, Diss. Bern 1970, S. 70; HANS HURTER, Der Nachlassvertrag mit Gesellschaftsgründung, Diss. Bern 1988, S. 125). Die genannten Autoren leiten, soweit sie sich nicht mit einem Verweis auf die früheren Lehrmeinungen begnügen, den zwingenden Charakter aus Art. 260 SchKG ab. Dieser Bestimmung unterstehen indessen nur jene Ansprüche, welche überhaupt zur Konkursmasse bzw. Liquidationsmasse gehören; über den materiellen Bestand der Masse sagt die Bestimmung hingegen nichts aus. Verzichten die zuständigen Organe darauf, einen Anspruch zur Masse zu ziehen, so ist damit Art. 316 l SchKG über die Abtretung von Ansprüchen an die Gläubiger ausgeschlossen ( BGE 80 III 41 E. 1b S. 51). Nicht zu entscheiden ist hier die Frage, ob es angesichts der ausdrücklichen Erwähnung der Anfechtungs- und Verantwortlichkeitsansprüche in Art. 316 l SchKG zulässig wäre, bei einem Nachlassvertrag mit Abtretung des gesamten übrigen Vermögens allein diese Ansprüche von der Überlassung an die Gläubiger auszuklammern. Auch Art. 756 und 758 aOR vermögen nicht eine zwingende Überlassung der Verantwortlichkeitsansprüche an die Gläubiger beim Nachlassvertrag mit bloss teilweiser Vermögensabtretung zu begründen. Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichts ( BGE 117 II 432 ff.) BGE 122 III 176 S. 180 regeln diese Bestimmungen vielmehr die Ablösung des bis zur Konkurseröffnung bestehenden Anspruchs aus dem Recht der Gesellschaft durch den Anspruch der Gläubigergesamtheit. Ebensowenig vermag für die Begründung eines zwingenden Charakters zu genügen, dass eine Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche häufig unterbleiben würde, wenn sie im Rahmen eines Nachlassvertrags mit teilweiser Vermögensabtretung bei der weiterexistierenden Gesellschaft verblieben (so HURTER, a.a.O., S. 124 f.). Wollen die Gläubiger dies verhindern, so können sie ihre Zustimmung zum Nachlassvertrag davon abhängig machen, dass ihnen auch diese Ansprüche überlassen werden. Entgegen den Ausführungen in der Berufung hat das Bundesgericht bisher nie eine solche zwingende Überlassung der Verantwortlichkeitsansprüche an die Gläubiger bejaht. Die angeführten BGE 86 II 171 ff. und BGE 93 II 22 ff. äussern sich dazu nicht. Bejaht wurde dort lediglich die Anwendbarkeit von Art. 756 aOR beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung ( BGE 86 II 185 E. 3a, BGE 93 II 24 E. 2), wobei jeweils ein Nachlassvertrag mit umfassender Vermögensabtretung vorlag. Gegen die Auffassung der Klägerin spricht im übrigen die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichts, wonach auch beim Nachlassvertrag mit Abtretung aller Vermögenswerte die Liquidationsorgane nur bei besonderer Bevollmächtigung durch den Nachlassvertrag zur Anhebung der Verantwortlichkeitsklage gegen die Gesellschaftsorgane befugt waren ( BGE 48 III 71 , BGE 60 III 99 ). Mit der Praxisänderung in BGE 64 III 19 E. 2 S. 20 ff. hat das Bundesgericht dann den Grundsatz statuiert, dass beim Nachlassvertrag mit Abtretung aller Vermögenswerte das abgetretene Vermögen ohne gegenteilige Abrede auch die der Gesellschaft zustehenden Verantwortlichkeitsansprüche umfasst, selbst wenn diese im Inventar nicht aufgeführt sind (ebenso BGE 67 II 171 ; FORSTMOSER, Die aktienrechtliche Verantwortlichkeit, 2 Auflage, S. 55 Rz. 77). Der Vorbehalt gegenteiliger Abrede schliesst es aus, die Überlassung der Verantwortlichkeitsansprüche an die Gläubiger als zwingend zu betrachten. Auch die Revision des SchKG vom 28. September 1949, mit welcher der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung gesetzlich geregelt wurde, hat diesbezüglich keine Änderung gebracht. In einem nicht veröffentlichten Entscheid des Bundesgerichts vom 15. Juli 1994 (i.S. Ponti AG Bauunternehmung) wurde schliesslich nur festgehalten, die in Art. 316 l SchKG ausdrücklich genannten Verantwortlichkeitsansprüche müssten den Gläubigern zwingend zur Abtretung angeboten werden, wenn diese nicht im Rahmen eines BGE 122 III 176 S. 181 Teilliquidationsvergleichs von vornherein von der Abtretung ausgeschlossen seien oder die zuständigen Organe auf die Admassierung dieser Ansprüche verzichteten (E. 3c). Der Übergang der Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden an die Liquidationsmasse, welche dann mit der Abtretung gemäss Art. 260/316 l SchKG der Klägerin die Aktivlegitimation verschafft hätte, lässt sich also nicht auf diesem Weg herleiten. b) Das Obergericht hat den Übergang der Ansprüche auf die Liquidationsmasse mit der Begründung verneint, dass Art. 316b Abs. 3 SchKG im Nachlassvertrag eine genaue Ausscheidung verlange, wenn nicht das gesamte Vermögen des Schuldners den Gläubigern zur Liquidation überlassen werde. Die Rechtssicherheit gebiete, dass die den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte einzeln aufgeführt würden, womit alle nicht aufgeführten Vermögenswerte bei der Gesellschaft verblieben. Die Klägerin wendet dagegen ein, dass mit dieser Auslegung Art. 316b Abs. 3 SchKG eine zu weitreichende Bedeutung zugemessen werde. Die verlangte klare Ausscheidung sei auch gegeben, wenn die eine Vermögensmasse mit einer Generalklausel ("ihr gesamtes Vermögen mit Ausnahme von ...") umschrieben und die andere Vermögensmasse durch eine limitative Aufzählung dieser Ausnahmen bestimmt werde. Nach den Grundsätzen der Logik kann eine vollständige und lückenlose Aufteilung eines Vermögens in zwei Teilkomplexe nur derart vorgenommen werden, dass die dem einen Teilkomplex zugehörenden Vermögenswerte limitativ aufgezählt werden, während der andere Teilkomplex als Gesamtheit des Vermögens abzüglich diese ausgeklammerten Vermögenswerte umschrieben wird. Andernfalls bleibt die Zuordnung jener Vermögenswerte offen, welche bei der Ausscheidung übersehen oder vergessen wurden oder damals gar nicht bekannt waren. Die Methode der Generalklausel mit Ausnahmen gewährleistet also gerade eine genaue Ausscheidung. Ob die eine oder die andere Vermögensmasse mit der Generalklausel umschrieben wird, ist logisch unerheblich. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber in Art. 316b Abs. 3 SchKG beim Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung die Ausscheidung nur mittels limitativer Aufzählung der den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte zulassen wollte, finden sich weder im Wortlaut des Gesetzes noch in den Gesetzesmaterialien. Art. 306 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG gebietet zwar der Nachlassbehörde bei allen Typen des Nachlassvertrags, beim Bestätigungsentscheid das Verhältnis der angebotenen Summe zu den Hilfsmitteln des Schuldners zu würdigen. Dieser Abwägung kommt beim BGE 122 III 176 S. 182 Nachlassvertrag mit nur teilweiser Vermögensabtretung ähnlich wie beim Prozentvergleich eine besondere Bedeutung zu. Sie verlangt, dass die beiden Vermögensmassen gewichtet werden können, was das Vorliegen näherer Angaben über die Hauptbestandteile beider Vermögensmassen voraussetzt. Dass zum Zweck der genauen Ausscheidung die Aufzählung der den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte aber limitativ sein müsse, lässt sich daraus nicht ableiten. Im Interesse der Gläubiger liegt im Gegenteil, dass die Generalklausel zugunsten der ihnen überlassenen Vermögensmasse gilt, womit sie dann auch auf jene Vermögenswerte greifen können, welche aus irgendeinem Grund weder in der einen noch in der anderen Kategorie ausdrücklich aufgeführt sind. Dies ist gerade im Hinblick auf die Verantwortlichkeitsansprüche von Bedeutung. Folgte man der Auffassung des Obergerichts, so könnten die verantwortlichen Organe eine Überlassung dieser Ansprüche an die Gläubiger bereits dadurch verhindern, dass sie in keiner Aufzählung ausdrücklich aufgeführt werden, was wohl nur von wenigen Gläubigern bemerkt würde. Dazu kommt, dass eine vollständige Aufzählung aller den Gläubigern überlassenen Vermögenswerte beim Nachlassvertrag mit nur teilweiser Vermögensabtretung viel grösseren praktischen Schwierigkeiten begegnet als die Aufzählung der davon ausgeklammerten Vermögenswerte; die Verwendung genereller Umschreibungen bestimmter Kategorien von Vermögenswerten liesse sich dabei ebenfalls nicht vermeiden. Unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist es schliesslich gleichgültig, ob die Generalklausel zugunsten der den Gläubigern überlassenen Vermögensmasse oder zugunsten der der Gesellschaft verbleibenden Vermögensmasse lautet, denn in beiden Fällen ergibt sich eine abschliessende genaue Ausscheidung. Auch in der Literatur wird nur eine genaue Ausscheidung der beiden Vermögensmassen verlangt ohne Beschränkung hinsichtlich der dafür verwendeten Methode (FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, 3. Aufl., Bd. II, § 77, Rz. 15; SCHODER, a.a.O., S. 413). Nach der Rechtsprechung sind strenge Anforderungen an die verlangte genaue Ausscheidung zu stellen. So wurde im bereits zitierten BGE vom 15. Juli 1994 die Verweigerung der Bestätigung eines Nachlassvertrags, bei welchem die von der Überlassung an die Gläubiger ausgenommenen Vermögenswerte unklar umschrieben waren, als nicht willkürlich bezeichnet (E. 3a). Dass die den Gläubigern überlassenen und nicht etwa die davon ausgeklammerten Vermögenswerte einzeln aufzuzählen wären, stand damals BGE 122 III 176 S. 183 nicht zur Diskussion. Die Bestimmung von Art. 316b Abs. 3 SchKG lehnt sich im übrigen an Art. 316b Abs. 1 Ziff. 1 SchKG an, wo die genaue Ordnung eines den Gläubigern allfällig vorbehaltenen Nachforderungsrechts verlangt wird. In einem Bundesgerichtsentscheid vom 5. September 1994 (i.S. Leclerc & Cie; teilweise abgedruckt in SJ 1995, S. 221 ff.) wurde hinsichtlich der Genauigkeit der Regelung als genügend betrachtet, dass der Inhalt des Nachforderungsrechts bestimmbar sei, ohne dass der Betrag bereits ziffernmässig festgelegt werden müsste (E. 5a). Zu bedenken ist im übrigen, dass sich Art. 316b SchKG an die Nachlassbehörde wendet, welche beim Entscheid über die Bestätigung des ihr unterbreiteten Nachlassvertrags zu prüfen hat, ob dieser den gesetzlich verlangten Inhalt aufweist. Für einen gerichtlich bestätigten Nachlassvertrag aus Art. 316b Abs. 3 SchKG eine nicht widerlegbare Auslegungsregel ableiten zu wollen, würde deshalb auch der Funktion dieser Gesetzesbestimmung widersprechen. Aus diesen Gründen lässt sich die Zugehörigkeit der aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden zu der den Gläubigern überlassenen Liquidationsmasse entgegen der Auffassung des Obergerichts nicht schon deswegen verneinen, weil sie in der entsprechenden Aufzählung nicht ausdrücklich aufgeführt sind. c) Die Zugehörigkeit zur einen oder anderen Vermögensmasse muss deshalb durch Auslegung des Nachlassvertrags ermittelt werden. Bei der Auslegung eines Nachlassvertrags stehen die objektiven Elemente wie Wortlaut, Sinnzusammenhang und Entstehungsgeschichte im Vordergrund. Von Bedeutung ist auch, wie die Nachlassbehörde eine Vertragsbestimmung verstanden hat, da sie zu prüfen hat, ob der unterbreitete Nachlassvertrag den gesetzlichen Anforderungen entspricht, und bei Mängeln die Bestätigung verweigert, den Nachlassvertrag zur Anpassung zurückweist oder eine ungenügende Regelung selbst ergänzt ( Art. 316b Abs. 2 SchKG ). Von untergeordneter Bedeutung ist demgegenüber der subjektive Wille der Beteiligten. Auch bei privatrechtlichen Verträgen ist dieser im übrigen nur massgeblich, wenn auf dieser Ebene eine Übereinstimmung besteht; andernfalls erfolgt eine Objektivierung durch die Auslegung nach dem Vertrauensprinzip (vgl. BGE 118 II 365 ff.). Beim gerichtlichen Nachlassvertrag handelt es sich dagegen nicht um einen privatrechtlichen Vertrag, sondern um eine dem öffentlichen Recht angehörige Form der Zwangsvollstreckung, deren Anwendbarkeit BGE 122 III 176 S. 184 allerdings von der Zustimmung einer Gläubigermehrheit abhängt (vgl. BGE 103 III 60 mit Hinweisen, 105 III 95, 107 III 109). Insoweit besteht eine strukturelle Verwandtschaft mit den normativen Bestimmungen eines Gesamtarbeitsvertrags, insbesondere im Falle seiner Allgemeinverbindlicherklärung, bei deren Auslegung ebenfalls die objektiven Elemente im Vordergrund stehen (vgl. dazu SCHÖNENBERGER/VISCHER, Zürcher Kommentar, N. 110 zu Art. 356 OR und N. 144 zu Art. 356b OR ). Das Obergericht hat deshalb zu Recht davon abgesehen, den subjektiven Willen der Gläubiger zu ermitteln. d) Das Urteil des Obergerichts vom 18. Juni 1991 enthält zwar verschiedene Hinweise im Hinblick auf die Auslegung des am 25. April 1983 gerichtlich bestätigten Nachlassvertrags der Z. AG. Nicht abschliessend festgestellt wurde indessen, welches im strittigen Punkt der auf dem Weg der Auslegung ermittelte Inhalt des Nachlassvertrags ist. Das Obergericht hat vielmehr in unzutreffender Anwendung von Art. 316b Abs. 3 SchKG darauf abgestellt, dass das Fehlen einer ausdrücklichen Erwähnung der Verantwortlichkeitsansprüche unter den den Gläubigern überlassenen Vermögenswerten eine Zugehörigkeit zu diesen ausschliesse. Es stellt sich deshalb die Frage, ob die Streitsache in diesem Punkt an die Vorinstanz zurückzuweisen ist oder ob das Bundesgericht die Auslegung selbst vornehmen kann. Ausschlaggebend ist in diesem Zusammenhang, dass die wesentlichen objektiven Elemente im Urteil des Obergerichts vom 18. Juni 1991 festgehalten sind. Insbesondere sind dort genaue Angaben über die verschiedenen Phasen beim Zustandekommen des Nachlassvertrags aufgeführt. Der Wortlaut des Vertrags ist in seinen massgeblichen Punkten sinngemäss zusammengefasst und lässt sich vom Bundesgericht auf dem Weg der Ergänzung des Sachverhalts ( Art. 64 Abs. 2 OG ) selbst feststellen. In ihren Rechtsschriften berufen sich die Parteien allerdings ergänzend auf zahlreiche weitere Umstände, über welche sich im Urteil vom 18. Juni 1991 nichts findet. Eine Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung in diesen Punkten kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein. Dazu kommt, dass aufgrund der Vorbringen der Parteien nicht ersichtlich ist, inwieweit die Tatsachenbehauptungen schon im kantonalen Verfahren vorgebracht und ob sie bestritten wurden. Eine Rückweisung der Streitsache zur Ergänzung des Sachverhalts in diesen Punkten durch den kantonalen Richter erübrigt sich indessen, da sich im folgenden zeigen wird, dass diese Tatsachenbehauptungen das Ergebnis der Auslegung nicht zu beeinflussen vermögen. BGE 122 III 176 S. 185 e) aa) Bei der Auslegung des Nachlassvertrags der Z. AG ist von dessen Aufbau und Wortlaut auszugehen. Die massgebliche Ziff. 2 im Abschnitt A. "Überlassung von Aktiven" lautet wie folgt: "Die Firma Z. AG überlässt entschädigungslos ihr gesamtes Vermögen den Gläubigern mit Ausnahme der folgenden Aktiven:" [Es folgt eine Liste der ausgeklammerten Aktiven, welche vorwiegend Beteiligungen umfasst, im Statuswert von Fr. 21'384'200.--.] "Im Einzelnen werden folgende Positionen den Gläubigern überlassen:" [Es folgt eine längere Liste von Aktiven verschiedener Art im Statuswert von total Fr. 86'739'600.--.] "Vom Total der in Höhe von sFr. 86'739'600.-- den Gläubigern überlassenen Aktiven sind solche im Schätzwert von sFr. 45'835'100.-- mit Pfandrechten/ Verrechnungen belastet. Es wird Gewähr für den Bestand der überlassenen Aktiven, jedoch nicht für deren Einbringlichkeit übernommen. Die in der Zeit vom 15. September 1982 bis zur gerichtlichen Bestätigung des Nachlassvertrages realisierten Einnahmen sind abzüglich Kosten und Cash-Reserve den Gläubigern zur Verfügung zu stellen." In Abs. 1 ist somit das Prinzip verankert, dass das gesamte Vermögen mit Ausnahme bestimmter Positionen den Gläubigern überlassen wird. Die zugehörige Aufzählung der ausgeklammerten Aktiven hat damit eindeutig limitativen Charakter. Würden weitere Bestimmungen fehlen, so bestände kein Zweifel, dass die Verantwortlichkeitsansprüche ebenfalls den Gläubigern überlassen wurden, da sie nicht unter den Ausnahmen figurieren. In Abs. 2 findet sich dann aber auch noch eine Aufzählung der den Gläubigern überlassenen Positionen, worunter die Verantwortlichkeitsansprüche wiederum nicht figurieren. Soll die getroffene Regelung widerspruchsfrei sein, so hat diese Aufzählung im Unterschied zu jener in Abs. 1 nur exemplifikativen Charakter. Im Text wird dies mit den Worten "im Einzelnen" angedeutet, womit auf das in Abs. 1 erwähnte gesamte Vermögen Bezug genommen wird. Ein limitativer Charakter der Aufzählung in Abs. 2 kann auch nicht aus der einleitenden Ziff. 1 abgeleitet werden, wo im Sinne eines Überblicks über das Konzept des Nachlassvertrags erwähnt wird, die Gesellschaft anerbiete ihren Gläubigern unter anderem "die Überlassung bestimmter Aktiven zur Liquidation und Verteilung". Die in Ziff. 2 Abs. 4 statuierte Gewähr für den Bestand der überlassenen Aktiven konnte allerdings von der Z. AG für die Verantwortlichkeitsansprüche nicht übernommen werden; eine solche Gewähr musste jedoch nicht notwendigerweise mit der Überlassung an die Gläubiger verbunden werden. Das grösste Gewicht kommt somit im Rahmen des BGE 122 III 176 S. 186 Wortlautes dem in Ziff. 2 Abs. 1 statuierten Grundsatz der Überlassung des gesamten Vermögens mit einzeln aufgezählten Ausnahmen zu. bb) Der Text des Nachlassvertrags hat vom ersten Entwurf bis zur gerichtlichen Genehmigung verschiedene Veränderungen erfahren. Im Entwurf, welcher den Gläubigern mit Zirkular vom 28. Januar 1983 zugestellt wurde, waren in Ziff. 4 lediglich die an die Abwicklungsgesellschaft zu übertragenden Aktiven aufgeführt; eine Aufzählung der bei der Z. AG verbleibenden Vermögenswerte fehlte. Die Erwähnung des Grundsatzes, dass alle Aktiven unter Vorbehalt ganz präziser Ausnahmen an die Gläubiger bzw. an die Abwicklungsgesellschaft übergehen sollten, geht zurück auf die Intervention eines Gläubigers anlässlich der Gläubigerversammlung vom 11. Februar 1983. Die Sachwalterin und die Vertreter der Z. AG erklärten sich damit einverstanden, wobei dies nach ihrer Meinung lediglich eine Frage der Redaktion war und materiell nichts änderte. Die Sachwalterin hielt fest, dass die übertragenen Aktiven aber trotzdem namentlich aufzuführen seien, damit bei der Vornahme der Abtretung keine Zweifel aufkommen sollten. Die so bereinigte Fassung des Nachlassvertrags bildete dann Gegenstand der Zustimmungserklärungen der Gläubiger. Im folgenden verweigerte das Kantonsgericht Schwyz mit Beschluss vom 15. März 1983 die Bestätigung des Nachlassvertrags und wies ihn zur Änderung im Sinne der Erwägungen zurück. Es beanstandete, dass die Unterstellung unter die Regeln des Prozentvergleichs vorgesehen war, obwohl materiell ein Liquidationsvergleich gemäss Art. 316a ff. SchKG vorlag. In der neuen Fassung vom 30. März 1983 wurde dann bezüglich der Liquidation der den Gläubigern überlassenen Aktiven auf die Vorschriften von Art. 316a ff. SchKG verwiesen; die ursprüngliche Ziff. 4 wurde unverändert (abgesehen von einer hier nicht relevanten Abweichung) als Ziff. 2 gemäss dem unter vorstehender E. 5e/aa wiedergebenen Text übernommen. Für diese bereinigte Fassung wurden die Zustimmungserklärungen der Gläubiger eingeholt, worauf das Kantonsgericht Schwyz den Nachlassvertrag am 25. April 1983 bestätigte. Die anlässlich der Gläubigerversammlung vorgenommene Anpassung belegt, dass die Beteiligten (Gläubiger, Sachwalterin und Schuldnerin) davon ausgingen, dass die Ausscheidung der beiden Vermögensmassen nach dem Prinzip der Generalklausel zugunsten der Liquidationsmasse geschehen sollte. Gegenüber dem Entwurf vom 28. Januar 1983 bedeutete dies nach dessen Wortlaut materiell eine Änderung, welcher die Vertreter der Sachwalterin und der BGE 122 III 176 S. 187 Schuldnerin aber ausdrücklich zustimmten. Dass sie anlässlich der Gläubigerversammlung diese Änderung nur als Frage der Redaktion darstellten, hat keinen Einfluss darauf, wie die neu gewählte Formulierung auszulegen ist. cc) Das Obergericht erwähnt in seinem Urteil vom 18. Juni 1991, es sei bereits im Entscheid des Kantonsgerichts Schwyz vom 15. März 1983 davon ausgegangen worden, dass die auf die Abwicklungsgesellschaft zu übertragenden Vermögenswerte einzeln enumeriert seien und die restlichen Vermögensteile bei der Nachlassschuldnerin verblieben. Der entsprechende Passus findet sich indessen im Abschnitt über die Würdigung des Verhältnisses der angebotenen Summe zu den Aktiven der Nachlassschuldnerin im Sinne von Art. 306 Abs. 2 Ziff. 1 SchKG . Er stellt somit lediglich eine sprachlich etwas ungenaue Zusammenfassung der einschlägigen Vertragsbestimmungen dar; eine Aussage zu der erst Jahre später aufgetretenen Auslegungsfrage, welcher Vermögensmasse die nicht ausdrücklich aufgeführten Vermögenswerte zugewiesen sind, wollte der Nachlassrichter damit nicht machen. Ohne Aussagekraft ist in diesem Zusammenhang der weitere Hinweis des Obergerichts, kein Gläubiger habe dieser Bemerkung des Kantonsgerichts widersprochen. Dazu hatten sie gar keinen Anlass, da der Rückweisungsbeschluss nur der Nachlassschuldnerin, dem Sachwalter und dem Sachwalter des Firmengründers zugestellt wurde. dd) Die für den Nachlassvertrag mit Überlassung aller Vermögenswerte geltende Vermutung, dass ohne gegenteilige Abrede auch die Verantwortlichkeitsansprüche den Gläubigern überlassen sind (vgl. vorne E. 5a), kann nicht ohne weiteres auf den Nachlassvertrag mit bloss teilweiser Vermögensabtretung übertragen werden. Haben die Gläubiger indessen Abstriche an ihren Forderungen zu machen, so haben sie höchstens aufgrund besonderer Umstände (z.B. Weiterführung der gegenseitigen Geschäftsbeziehungen oder besondere Schwierigkeiten der Verwertung) Anlass, auf einzelne vorhandene Aktiven definitiv und vollständig zu verzichten. Bei der Z. AG stand die Überlassung bestimmter Aktiven an die Nachlassschuldnerin in engem sachlichen Zusammenhang zur neu geschaffenen Beteiligung der Gläubiger an der Z. AG über die Ausgabe von Genussscheinen. Dem Genussscheinkapital von 30 Millionen Franken wurde eine Vorzugsdividende von 5% und ein Anspruch auf den Liquidationsanteil vor den Aktionären gewährt, während das Aktienkapital von bisher 7 Millionen Franken entschädigungslos auf 5 Millionen Franken herabgesetzt wurde. An BGE 122 III 176 S. 188 den in Ziff. 2 Abs. 2 des Nachlassvertrags aufgeführten Vermögenswerten, welche der Z. AG belassen wurden, partizipierten die Gläubiger somit indirekt weiterhin mit Vorzugsrechten. Da mit den Genussscheinen keine Mitwirkungsrechte verbunden waren, hätten sie indessen nicht für die Durchsetzung der Verantwortlichkeitsansprüche sorgen können, wenn diese bei der Gesellschaft verblieben wären. Ein Anlass für die Gläubiger, auf die direkte oder indirekte Heranziehung dieser Ansprüche zu ihrer Befriedigung zu verzichten, ist aber nicht ersichtlich. ee) Alle diese Umstände bestätigen, dass die nicht ausdrücklich aufgeführten Verantwortlichkeitsansprüche nach dem Wortlaut des einleitenden Satzes von Ziff. 2 Abs. 1 ("überträgt ihr gesamtes Vermögen mit Ausnahme der folgenden Aktiven") ebenfalls den Gläubigern zur Liquidation überlassen wurden. Eine nähere Abklärung der weiteren Umstände, welche von der Klägerin in der Berufungsschrift zur Stützung dieser Auslegung ohne entsprechende Anhaltspunkte im angefochtenen Urteil angeführt werden, erübrigt sich damit. Die Beklagte macht anderseits keine weiteren Umstände geltend, welche gegen dieses Auslegungsergebnis sprechen könnten. In Abweichung von der Auffassung des Obergerichts ergibt sich damit aufgrund der Auslegung des Nachlassvertrags der Z. AG, dass die aktienrechtlichen Verantwortlichkeitsansprüche gegenüber den Organen aus dem mittelbaren Schaden der Gläubiger ebenfalls zum Vermögenskomplex gehören, welcher diesen zur Liquidation überlassen wurde. Ziff. 1 des Urteils des Obergerichts vom 18. Juni 1991 ist somit aufzuheben und die Streitsache zur Beurteilung der geltend gemachten Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 64 Abs. 1 OG ). f) Das Obergericht hat die Frage aufgeworfen, ob im Falle einer Überlassung der Verantwortlichkeitsansprüche an die Gläubiger die Abtretung dieser Rechte an die Klägerin durch die Liquidatorin gemäss Art. 260 SchKG genügen würde oder ob diese nicht namens der V. AG hätte erfolgen müssen. Dazu ist vorerst festzuhalten, dass der Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung nach seiner gesetzlichen Ausgestaltung keine zivilrechtliche Abtretung beinhaltet. Die überlassenen Vermögenswerte werden nicht auf einen neuen Rechtsträger überführt, sondern den Gläubigern bzw. den bestellten Liquidationsorganen wird gemäss Art. 316a Abs. 1 SchKG das ausschliessliche Verfügungsrecht über die zivilrechtlich im Eigentum der Nachlassschuldnerin verbleibenden Vermögenswerte eingeräumt. Dies gilt auch beim BGE 122 III 176 S. 189 Nachlassvertrag mit teilweiser Vermögensabtretung; die in Art. 316b Abs. 3 SchKG geforderte genaue Ausscheidung verlangt nicht zwingend eine Überführung auf einen anderen Rechtsträger. Im Nachlassvertrag der Z. AG haben die Gläubiger indessen mit der Nachlassschuldnerin die formelle Übertragung der überlassenen Vermögenswerte auf die "V.-Abwicklungsgesellschaft" vereinbart, wobei die Mitglieder des Gläubigerausschusses den Verwaltungsrat der Abwicklungsgesellschaft bildeten, während die Geschäftsführung der Liquidatorin übertragen wurde. Der bestellten Nachlassliquidatorin stand aber ohnehin von Gesetzes wegen das Verfügungsrecht über die zur Liquidationsmasse gehörenden Vermögenswerte zu, und zwar ohne Rücksicht darauf, wer gerade formeller Rechtsträger war. Dass die V. AG in der Abtretungserklärung gemäss Art. 260 SchKG nicht als damalige formelle Rechtsträgerin der Verantwortlichkeitsansprüche genannt wurde, ist somit ohne rechtlichen Belang. Die Abtretung gemäss Art. 260 SchKG beinhaltet im übrigen wiederum keine zivilrechtliche Abtretung im Sinne von Art. 164 ff. OR , sondern überträgt dem Abtretungsgläubiger lediglich das Prozessführungsrecht mit dem Anspruch auf Vorausbefriedigung aus dem erzielten Erlös ( BGE 116 III 96 E. 4a S. 101, 113 III 135 E. 3a S. 137 mit Hinweisen). Auch unter diesem Gesichtspunkt sind somit die zivilrechtlichen Regeln für das Handeln in fremdem Namen nicht anwendbar. 7. Gegenüber dem Urteil vom 14. Juni 1994 beanstandet die Klägerin, das Obergericht habe den von ihr ebenfalls geltend gemachten unmittelbaren Gläubigerschaden zu Unrecht als mittelbaren Schaden qualifiziert. Der unmittelbare Schaden wird von ihr daraus abgeleitet, dass sie nicht Gläubigerin geworden wäre oder auf einwandfreien Sicherheiten bestanden hätte, wenn die Kontrollstelle ihre Berichte rechtzeitig und pflichtgemäss erstellt hätte; dieser unmittelbare Schaden soll den Ausfall auf ihrer kollozierten Forderung umfassen. a) Entgegen der Auffassung des Obergerichts hat das Bundesgericht in BGE 117 II 432 ff. die Unterscheidung zwischen mittelbarem und unmittelbarem Schaden der Gläubiger nicht aufgegeben. Aufgegeben wurde einzig die Doppelnatur der Klage eines Gläubigers, bei welcher die frühere Rechtsprechung zwischen einem Anspruch aus dem Schaden der Gesellschaft und einem solchen aus dem mittelbaren Schaden des Gläubigers unterschieden hatte. Nach der neuen Rechtsprechung wird hingegen der Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft mit der Konkurseröffnung abgelöst durch den Anspruch BGE 122 III 176 S. 190 der Gläubigergesamtheit. Betragsmässig sind die beiden Ansprüche deckungsgleich. Sie stimmen auch hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen überein, unterscheiden sich aber hinsichtlich der Einreden, die ihnen entgegengehalten werden können. Der einzelne Gläubiger, welcher aufgrund einer Abtretung gemäss Art. 260 SchKG klagt, macht einzig diesen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit geltend und klagt nicht etwa zusätzlich aus einem individuellen Recht ( BGE 117 II 438 ff.). Vorbehalten bleiben hingegen auch hier die Ansprüche aus unmittelbarem Schaden, welchen jeder betroffene Gläubiger selbständig aus eigenem Recht unabhängig vom Vorgehen der Konkursorgane und auch bereits vor einer Konkurseröffnung geltend machen kann ( BGE 106 II 232 E. 2b S. 234 f. und 257 E. 2 S. 260 f.). Die Neukonzeption des Anspruchs der Gläubigergesamtheit legt es indessen nahe, auch die Grenzziehung zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Gläubigerschaden in ihrem Licht zu überprüfen und nötigenfalls zu präzisieren. b) Leitet sich der Schaden eines Gläubigers bloss aus dem Schaden der Gesellschaft ab, indem er infolge der Vermögenseinbusse der Gesellschaft für seine Forderungen nicht gedeckt ist, so liegt ein mittelbarer Schaden vor. Ein unmittelbarer (direkter, individueller) Schaden wurde nach bisheriger Rechtsprechung und Lehre demgegenüber angenommen, wenn der Gläubiger unabhängig von einer Schädigung der Gesellschaft durch das pflichtwidrige Verhalten der haftbaren Person in seiner vermögensrechtlichen Stellung beeinträchtigt wurde ( BGE 110 II 391 E. 1 S. 393 mit Hinweisen; FORSTMOSER, a.a.O., S. 80 Rz. 188; BÜRGI/NORDMANN, Zürcher Kommentar, N. 43 zu Art. 753/754 aOR; MAYA SCHIESS, Das Wesen aktienrechtlicher Verantwortlichkeitsansprüche aus mittelbarem Schaden und deren Geltendmachung im Gesellschaftskonkurs, Diss. Zürich 1978, S. 25 f.). Massgebliches Kriterium ist somit nach dieser Auffassung, in welcher Vermögensmasse der Schaden unmittelbar eintritt bzw. ob die haftungsbegründenden Handlungen zu einer Beeinträchtigung des Vermögens der Gesellschaft geführt haben. Wie das Beispiel des Gläubigers zeigt, der nach eingetretener Überschuldung der Gesellschaft mit dieser noch Austauschverträge abschliesst, ist dieses Kriterium indessen problematisch (so auch HIRSCH, in: SZW 1995, S. 313). Aus einem solchen Vertrag erwächst dem Gläubiger nämlich nur ein Schaden, wenn die Erfüllung seiner Forderung wegen der Überschuldung der Gesellschaft ausbleibt. Sodann hängt das Ausmass seines Schadens ebenfalls vom Vermögensstand der Gesellschaft ab. Auch bei einem solchen Schaden des BGE 122 III 176 S. 191 Gläubigers besteht somit ein Bezug zum Vermögen der Gesellschaft. Zudem erscheint es als wenig sachgerecht, Schadenersatzansprüche, die einer unterschiedlichen rechtlichen Regelung unterstehen, nach dem Kriterium zu unterscheiden, welche Vermögensmasse direkt betroffen ist. Abzustellen ist vielmehr auf die Rechtsgrundlage der jeweiligen Schadenersatzpflicht. Im Umstand, dass sich zwei Ansprüche auf verschiedene Haftungsnormen stützen, ist der Grund für ihre unterschiedliche rechtliche Ordnung zu sehen. In diesem Sinne ist massgebend, dass die Art. 754 ff. aOR das Verhalten der Organe erfassen, mit welchem Pflichten gegenüber der Gesellschaft verletzt werden (vgl. BGE 110 II 391 E. 2 S. 394). Unmittelbar geschädigt und damit auch anspruchsberechtigt ist dabei die Gesellschaft, welche diese Ansprüche auch ausser Konkurs geltend machen kann. Die Gesellschaftsgläubiger sind davon nur mittelbar betroffen, falls sie deswegen bei einem Konkurs der Gesellschaft einen Ausfall auf ihren Forderungen erleiden. Diesem Umstand trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass mit der Konkurseröffnung der Anspruch aus dem Recht der Gesellschaft im dargelegten Sinne (vgl. vorne E. 7a) abgelöst wird durch einen einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit (Art. 756 und 758 aOR). Aufgrund dieses Unterscheidungskriteriums ergibt sich, dass ein unmittelbarer Schaden eines Gläubigers demgegenüber dort vorliegt, wo das Verhalten eines Organs Pflichten verletzt, welche diesem gegenüber dem betreffenden Gläubiger persönlich obliegen. In aller Regel ist dies ein widerrechtliches Verhalten im Sinne von Art. 41 OR , allenfalls ein Tatbestand der culpa in contrahendo. Der Hinweis auf den deliktischen Charakter der Haftung für unmittelbaren Gläubigerschaden findet sich denn auch in den Entscheiden des Bundesgerichts (so BGE 106 II 257 E. 2 S. 262; vgl. auch BGE 110 II 391 E. 2b S. 395). Eine Abgrenzung nach der Art der verletzten Pflichten lag sodann dort zugrunde, wo das Vorliegen von unmittelbarem Schaden davon abhängig gemacht wurde, dass Gläubigerschutzbestimmungen verletzt worden waren (so BGE 110 II 391 E. 2b S. 395). Auch in der Lehre zum neuen Aktienrecht wird zum Teil die Auffassung vertreten, der Anspruch aus unmittelbarem Gläubigerschaden sei als Anwendungsfall der Haftung gemäss Art. 41 OR aufzufassen, wobei zudem Art. 754 OR als kumulative Haftungsgrundlage angeführt wird (so STOFFEL, in: Die Verantwortlichkeit des Verwaltungsrates/La responsabilité des administrateurs, S. 26; BÖCKLI, Das neue Aktienrecht, 2. Auflage, S. 1088 f. Rz. 2003; vgl. auch GUHL/KUMMER/DRUEY, Das Schweizerische BGE 122 III 176 S. 192 Obligationenrecht, 8. Auflage, S. 707). Die Verschiedenheit des unmittelbar betroffenen Vermögens im Sinne der bisherigen Rechtsprechung ist dabei unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens einer entsprechenden Schutznorm von Bedeutung. Diese selbständige Haftungsgrundlage in Art. 41 OR führt dazu, dass beim unmittelbaren Gläubigerschaden Art. 756 und Art. 758 aOR für die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches nicht anwendbar sind, das heisst, dass der geschädigte Gläubiger seinen Schadenersatzanspruch individuell, auch ausser Konkurs und im Falle des Konkurses unabhängig vom Vorgehen der Konkursorgane selbständig geltend machen kann. Ob hinsichtlich Solidarität, Verjährung und Gerichtsstand trotzdem die speziellen Bestimmungen von Art. 759-761 aOR anwendbar sind (so STOFFEL, a.a.O., S. 26; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, Schweizerisches Aktienrecht, S. 421 Rz. 16), kann hier offenbleiben. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Lehre ist eine Schadenszufügung im Sinne von Art. 41 OR widerrechtlich, wenn sie gegen eine allgemeine gesetzliche Pflicht verstösst, indem entweder ein absolutes Recht des Geschädigten beeinträchtigt (Erfolgsunrecht) oder eine reine Vermögensschädigung durch Verstoss gegen eine Norm bewirkt wird, die nach ihrem Zweck vor derartigen Schäden schützen soll ( BGE 119 II 127 E. 3 S. 128 f. mit Hinweisen). Eine solche Verletzung einer Schutznorm liegt vor, wenn ein für die Gesellschaft handelndes Organ einen Dritten beim Vertragsabschluss täuscht. Klassisches Beispiel des unmittelbaren Gläubigerschadens ist deshalb der Fall, wo ein Gesellschaftsorgan einen Dritten durch falsche Auskünfte über die finanzielle Lage der Gesellschaft zur Kreditgewährung an die Gesellschaft veranlasst ( BGE 106 II 257 E. 2 S. 261; FORSTMOSER, a.a.O., S. 81 Rz. 197; FORSTMOSER/MEIER-HAYOZ/NOBEL, a.a.O., S. 421 Rz. 14). Inwieweit das blosse Verschweigen eine Haftung begründet, hängt davon ab, ob nach den Grundsätzen des Vertragsrechts eine Aufklärungspflicht besteht. Voraussetzung der Haftung eines Gesellschaftsorgans ist somit immer ein bestimmtes Verhalten (Handlung oder Unterlassung) in der direkten Beziehung zum Geschädigten (so schon BGE 106 II 260 unten). Ebenfalls unmittelbarer Gläubigerschaden liegt vor, wenn das Verhalten des Organs gegen Bestimmungen verstösst, welche ausschliesslich dem Schutz der Gläubiger dienen. So hat das Bundesgericht in einem nicht veröffentlichten Entscheid vom 1. November 1995 (i.S. Consent Treuhand AG gegen Bosshard) einen solchen Anspruch in Betracht gezogen, falls bei der BGE 122 III 176 S. 193 Liquidation der Gesellschaft Auszahlungen an die Aktionäre erfolgen, bevor alle Gläubiger befriedigt sind oder die Erfüllung der betreffenden Verbindlichkeiten sichergestellt ist (Art. 744 Abs. 2 und Art. 745 aOR; für weitere Beispiele vgl. SCHIESS, a.a.O., S. 28). c) Zu prüfen bleibt die Einordnung jener Fälle, wo Bestimmungen verletzt werden, welche sowohl den Interessen der Gesellschaft als auch dem Schutz der Gläubiger dienen. Zu diesen Vorschriften gehören die Bilanzvorschriften und die Bestimmungen über das Verhalten bei eingetretener Überschuldung der Gesellschaft (Art. 725 aOR) mit den damit in Zusammenhang stehenden Pflichten der Kontrollstelle gemäss Art. 728 und 729 aOR. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundesgerichts zeigt ein uneinheitliches Bild. In einem Entscheid vom 10. März 1986 (i.S. Müller gegen Schwägli Décolletages SA, nicht publiziert) hat das Bundesgericht den Gläubigerschutzcharakter von Art. 725 aOR bejaht (E. 3b); als unmittelbarer Gläubigerschaden qualifiziert wurde der Ausfall eines Gläubigers, der nach eingetretener Überschuldung der Gesellschaft noch unbezahlt gebliebene Lieferungen an die Gesellschaft getätigt hatte. In einem Entscheid vom 27. Februar 1987 (i.S. Benz gegen Beerli, nicht veröffentlicht) wurde hingegen die Ableitung eines unmittelbaren Gläubigerschadens aus Art. 725 aOR abgelehnt, wobei allerdings auch eine Verletzung dieser Bestimmung verneint wurde (E. 1b). In einem Entscheid vom 28. Januar 1993 (i.S. Sanitas Troesch AG gegen Fidinvest SA, auszugsweise abgedruckt in: RVJ/ZWR 1994, S. 184 ff.; besprochen von HIRSCH, a.a.O., S. 312 ff.) wurde dagegen wiederum unter Bezugnahme auf den erwähnten Entscheid vom 10. März 1986 der Gläubigerschutzcharakter von Art. 725 aOR bejaht. Auf den Ausgang des Verfahrens hatte dies allerdings keinen Einfluss, da das Vorliegen einer Pflichtverletzung der Kontrollstelle verneint wurde. Werden Bestimmungen verletzt, welche sowohl den Interessen der Gesellschaft wie auch dem Schutz der Gläubiger dienen, so entsteht aus der Pflichtverletzung zunächst ein auf Art. 754 aOR gestützter Schadenersatzanspruch der Gesellschaft, der dann mit der Konkurseröffnung abgelöst wird durch den einheitlichen Anspruch der Gläubigergesamtheit aus mittelbarem Schaden. Würde gleichzeitig wegen des ebenfalls gegebenen Gläubigerschutzcharakters ein selbständiger Anspruch einzelner Gläubiger bejaht, so würden damit aus Art. 41 OR konkurrierende Schadenersatzansprüche begründet. Letztere hätten zwar einen anderen Inhalt (negatives Interesse des einzelnen Gläubigers), welcher aber ebenfalls einen Bezug zur Vermögenssituation der Gesellschaft hat (vgl. vorne E. 7b). BGE 122 III 176 S. 194 Bei Vorliegen solcher konkurrierender Ansprüche müsste deshalb geregelt werden, welchen Einfluss die Tilgung des einen auf den Fortbestand des andern hat (vgl. HIRSCH, a.a.O., S. 314). Die Bejahung eines Anspruchs aus unmittelbarem Gläubigerschaden würde auch zu einer faktischen Privilegierung dieser Kategorie von Gläubigern vor den andern führen. Da die Verantwortlichkeitsansprüche meistens bestritten sind, können die Konkursorgane über deren Geltendmachung oder Abtretung an einzelne Gläubiger erst nach der zweiten Gläubigerversammlung, das heisst erst nach Vorliegen des Kollokationsplanes entscheiden. Die Gläubiger mit unmittelbarem Schaden könnten demgegenüber ihre Schadenersatzansprüche bereits nach der Konkurseröffnung gegenüber den verantwortlichen Organen selbständig geltend machen, sobald das Ausmass ihres Ausfalls abschätzbar ist. Ein solcher Wettlauf um Befriedigung aus der Verantwortlichkeit der Organe und der bei diesen vorhandenen Vermögenssubstanz würde jedoch dem Sinn von Art. 756 und 758 aOR widersprechen, mit welchen Bestimmungen der Gesetzgeber gerade eine einheitliche Geltendmachung der Verantwortlichkeitsansprüche anstrebte ( BGE 86 III 154 E. 3 S. 161; vgl. auch die Bedenken von HIRSCH, a.a.O., S. 314). Aufgrund dieser unannehmbaren praktischen Konsequenzen muss beim Verstoss gegen Bestimmungen, welche sowohl den Interessen der Gesellschaft als auch dem Schutz der Gläubiger dienen, ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung der einheitliche Anspruch der Gläubigergesamtheit aus mittelbarem Schaden konkurrierende Ansprüche aus unmittelbarem Gläubigerschaden, welche auf dieselbe Handlung oder Unterlassung gestützt werden, ausschliessen. Solche unmittelbare Schadenersatzansprüche entstehen dann nur, wenn gleichzeitig noch weitere Bestimmungen verletzt werden, die allein dem Schutz des betreffenden Dritten dienen, oder allenfalls ein Tatbestand der culpa in contrahendo vorliegt, welcher eine persönliche Haftung des Handelnden begründet. Ersteres ist zum Beispiel der Fall, wenn Dritte von einem Gesellschaftsorgan mit unwahren Angaben über die finanzielle Situation der Gesellschaft oder in Verletzung einer vorvertraglichen Aufklärungspflicht darüber zu einem Vertragsabschluss bei bereits bestehender Überschuldung veranlasst werden (vgl. vorne E. 7b). In gleicher Weise werden bei der Verletzung von gesetzlichen Bilanzierungsvorschriften Ansprüche aus unmittelbarem Gläubigerschaden gegen das handelnde Gesellschaftsorgan begründet, sobald diese vorschriftswidrigen Bilanzen von ihm gegenüber BGE 122 III 176 S. 195 einem Kreditgeber verwendet werden (vgl. BGE 110 II 391 E. 2b S. 395). In quantitativer Hinsicht ist im übrigen zu beachten, dass auch solche konkurrierenden Ansprüche des Gläubigers aus unmittelbarer Schädigung auf den Ersatz des Gesamtschadens des Gläubigers beschränkt sind. d) Die Klägerin leitet ihren behaupteten Anspruch aus unmittelbarem Gläubigerschaden daraus ab, dass die Kontrollstelle im Zusammenhang mit den Jahresrechnungen 1979 und 1980 die ihr obliegenden Pflichten verletzt haben soll. Ein direktes Handeln der Kontrollstelle ihr gegenüber wird nicht behauptet. Es wird auch nicht dargetan, für die Kontrollstelle hätten Anzeichen bestanden, dass die ihr vorgeworfenen Versäumnisse in der Erstattung von Berichten dazu ausgenützt würden, Dritte zu Vertragsabschlüssen auf falscher Geschäftsgrundlage zu veranlassen, welche Anzeichen sie pflichtwidrig ausser acht gelassen habe. Damit erschöpft sich das beanstandete Verhalten in einer Verletzung von Bestimmungen, welche nebst dem Schutz der Gläubiger auch den Interessen der Gesellschaft dient. Obschon die Klägerin behauptet, sie wäre bei gesetzeskonformem Verhalten des Beklagten nie Gläubigerin der Z. AG geworden oder hätte auf einwandfreien Sicherheiten bestanden, macht sie damit nur einen mittelbaren Gläubigerschaden geltend. Das Obergericht hat deshalb im Urteil vom 14. Juni 1994 zu Recht das Vorliegen eines selbständigen Anspruchs aus unmittelbarem Gläubigerschaden verneint.
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6d06730b-8028-4882-9162-9a5595263efb
Urteilskopf 137 II 49 7. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. Aktiengesellschaft gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_749/2010 vom 4. Februar 2011
Regeste Art. 22 lit. l StG ; Begriff der Kreditversicherung; versicherter Gegenstand und versicherte Risiken. Die vorliegend betroffenen Policen versichern Forderungen der Versicherungsnehmer gegenüber deren Kunden. Abgedeckt wird das Delkredere-Risiko. Eine solche Versicherung fällt unter den Begriff der Kreditversicherung im Sinne von Art. 22 lit. l StG und die entsprechenden Prämienzahlungen sind deshalb von der Stempelabgabe ausgenommen. Nicht massgeblich ist demgegenüber, welcher Art das versicherte Delkredere-Risiko ist bzw. aus welchen Gründen die versicherte Forderung nicht bezahlt wird. Auch Fabrikationsrisiken und politische Risiken können durch eine solche Versicherung abgedeckt werden (E. 2-6).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 137 II 49 S. 50 A. Die X. Aktiengesellschaft, Hamburg, Zweigniederlassung Zürich, bezweckt laut Handelsregister-Eintrag u.a. die Versicherung von Krediten bzw. Forderungen. Mit Verfügung vom 7. Juli 2006 und Einspracheentscheid vom 11. Dezember 2006 erkannte die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV), die Gesellschaft schulde auf den Prämienerträgen der Jahre 1999-2003 eine zusätzliche Stempelabgabe von Fr. 67'766.90. B. Hiergegen beschwerte sich die Gesellschaft beim Bundesverwaltungsgericht. Dieses wies die Beschwerde mit Entscheid vom 26. August 2010 ab. C. Mit Eingabe vom 29. September 2010 führt die X. Aktiengesellschaft Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem Antrag, die vorinstanzlichen Entscheide seien aufzuheben. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gut. (Auszug) Aus den Erwägungen: Erwägungen 2. Gegenstand der Stempelabgabe auf Versicherungsprämien sind die Prämienzahlungen für Versicherungen, die zum inländischen Bestand eines der Aufsicht des Bundes unterstellten oder eines inländischen öffentlich-rechtlichen Versicherers gehören (Art. 21 lit. a des Bundesgesetzes vom 27. Juni 1973 über die Stempelabgaben [StG; SR 641.10]). Die Abgabe beträgt 5 % der Barprämie ( Art. 24 Abs. 1 StG ). Von der Abgabe ausgenommen sind indes u.a. die Prämienzahlungen für die Feuer-, Diebstahl-, Glas-, Wasserschaden-, Kredit-, Maschinen- und Schmuckversicherung, sofern der Abgabepflichtige nachweist, dass sich die versicherte Sache im Ausland befindet ( Art. 22 lit. l StG ). Im Streit steht vorliegend die Frage, ob die von der Beschwerdeführerin angebotenen Versicherungen für politisches Risiko und BGE 137 II 49 S. 51 Fabrikationsrisiko als "Kreditversicherung" im Sinne von Art. 22 lit. l StG ("assurance du crédit", "assicurazione per il credito") zu betrachten sind. Die Beschwerdeführerin rügt in diesem Zusammenhang eine falsche bzw. unvollständige Feststellung des Sachverhalts (E. 3 hiernach) sowie eine falsche Anwendung des Bundesrechts (E. 4-6 hiernach). 3. Es trifft zu, dass der angefochtene Entscheid keine genaue Feststellung enthält, was Gegenstand der streitigen Versicherungspolice bzw. der auf den entsprechenden Prämien erhobenen Steuerforderung ist. Der Sachverhalt ist insoweit unvollständig festgestellt. Das Bundesgericht kann ihn indessen aufgrund der Akten vervollständigen ( Art. 105 Abs. 2 BGG ): Nach übereinstimmender Darstellung der Parteien handelt es sich um die Prämien für sechs individuelle Versicherungspolicen. Gemäss diesen Policen versichert die Beschwerdeführerin als Versicherer dem Versicherungsnehmer den Ausfall an Forderungen aus dem Verkauf von Investitionsgütern und/oder Werklieferungen gemäss den besonderen und allgemeinen Bedingungen der Investitionsgüterkreditversicherung. Gemäss den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) besteht der Versicherungsschutz ab Lieferung und es besteht u.a. kein Versicherungsschutz für Ausfälle an Forderungen gegen öffentlich-rechtliche Abnehmer sowie Ausfälle aufgrund von Krieg, kriegerischen Ereignissen, inneren Unruhen, Aufruhr, Revolution, Beschlagnahme, Beeinträchtigung des Waren- und Zahlungsverkehrs durch Behörden oder staatliche Institutionen. In vier der Policen wird in Abweichung von den AVB in bestimmten ausländischen Staaten auch das politische Risiko versichert. Dieses wird näher umschrieben: Es besteht in dem betreffenden Land Versicherungsschutz auch für Ausfälle an versicherten Forderungen, die infolge politischer Umstände uneinbringlich sind, oder für Ausfälle an versicherten Forderungen gegen öffentlich-rechtliche Abnehmer, wenn die Forderungen infolge politischer oder wirtschaftlicher Umstände uneinbringlich sind. In den zwei anderen Policen werden auch "Fabrikationskosten" versichert. Dabei besteht Versicherungsschutz für Fabrikationskosten des Versicherungsnehmers, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags ab Aufnahme der Fabrikation bis zu deren Fertigstellung entstanden sind. Fabrikationskosten sind diejenigen BGE 137 II 49 S. 52 Aufwendungen und Gemeinkosten, die nach den Grundsätzen ordnungsgemässer Kostenrechnung ohne Berücksichtigung eines entgangenen Gewinns den herzustellenden Investitionsgütern nachweislich zuzurechnen und zur vertragsgemässen Erfüllung erforderlich sind. Dies beinhaltet insbesondere auch rechtlich begründete Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers aus Lieferungen Dritter, soweit sie zur Erfüllung des Vertrags erforderlich sind. 4. Die hier betroffenen Policen bezwecken unbestrittenermassen die Abdeckung des Delkredere-Risikos: Der Lieferant, welcher vor der Bezahlung liefern muss, räumt damit dem Kunden automatisch einen Kredit ein und läuft Gefahr, dass der Kaufpreis oder Werklohn nicht bezahlt wird. Dieses Risiko soll versichert werden (BEAT EUGEN AUER, Die Warenkreditversicherung in der Schweiz, Diss. Zürich 1956, S. 71; MARKUS PFISTERER, Die rechtliche Natur der Export-Kreditversicherung, Diss. Bern 1938, S. 35). Eine solche Versicherung kann grundsätzlich eine Kreditversicherung im Sinne von Art. 22 lit. l StG darstellen (JAUSSI/GEHRIGER, in: Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Bd. II/3: Bundesgesetz über die Stempelabgaben, Zweifel/Athanas/Bauer-Balmelli [Hrsg.], 2006 [nachfolgend: Kommentar], N. 67 zu Art. 22 StG ). Zu prüfen bleibt aber, gegen welche Art von Delkredere-Risiken die Kreditversicherung bestehen kann, bzw. welche Ereignisse hiervon unter dem Gesichtspunkt von Art. 22 lit. l StG abgedeckt werden können. Die Vorinstanz hat diesbezüglich erwogen, bei den von Art. 22 lit. l StG statuierten Ausnahmen von der Stempelabgabe sei der Versicherungsgegenstand stets eine Sache, d.h. ein einzelnes, aus dem Vermögen herausgegriffenes Objekt, nicht aber das Vermögen als solches. Dies habe zur Folge, dass der Begriff der Kreditversicherung gemäss der Praxis der ESTV einzig die Abdeckung der wirtschaftlichen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bzw. Kunden des Versicherungsnehmers umfasse. Demgegenüber qualifiziere die ESTV die Abdeckung der Zahlungsunfähigkeit als Folge politischer Risiken zu Recht als nicht von der Abgabe ausgenommene Vermögensversicherung, zumal diese Risiken nicht Gegenstand der klassischen Kreditversicherung sein könnten, sondern gegebenenfalls durch die Exportrisikogarantie des Bundes übernommen würden. Aus diesem Grund seien die betreffenden Prämienerträge aufzuteilen in einen Anteil, der auf die von der Stempelabgabe ausgenommene Kreditversicherung als Sachversicherung falle und den anderen Anteil, welcher der Finanzierung der Versicherung der politischen Risiken diene und BGE 137 II 49 S. 53 mithin eine Vermögensversicherung darstelle, die nicht von Art. 22 lit. l StG erfasst werde. Weiter führt die Vorinstanz aus, dass die in Art. 22 lit. l StG statuierte Ausnahme von der Stempelabgabe verlange, dass die Versicherungsobjekte im Ausland lägen. Dementsprechend greife die Ausnahme betreffend die Fabrikationsrisiken nicht, da sich das Anknüpfungsobjekt, d.h. die noch fertig zu stellende Ware, nicht im Ausland befinde. Im Folgenden ist die Rechtslage betreffend die Versicherung für die politischen Risiken (E. 5) und betreffend die Fabrikationsrisiken (E. 6) zu erörtern. 5. 5.1 Die Auffassung von ESTV und Vorinstanz, wonach die Kreditversicherung gegen wirtschaftliche Risiken eine unter Art. 22 lit. l StG fallende Sachversicherung, diejenige gegen politische Risiken hingegen eine nicht unter die Ausnahmebestimmung fallende Vermögensversicherung sei, überzeugt nicht: Gegenstand des Versicherungsschutzes ist in beiden Fällen die Uneinbringlichkeit der Forderung, welche als die (unkörperliche) versicherte Sache betrachtet wird (AUER, a.a.O., S. 54, 60; JAUSSI/GEHRIGER, Handbuch des Versicherungsstempels, 2006 [nachfolgend: Handbuch], S. 73 f.; MORITZ KUHN, Privatversicherungsrecht, 3. Aufl. 2010, S. 142; ROBERT PATRY, Rapport suisse, in: Travaux de l'Association Henri Capitant, Les garanties de financement, 1996, S. 671 ff. insb. 676; RÜDISÜHLI, in: Oberson/Hinny [Hrsg.], StG, Kommentar Stempelabgaben, 2006, N. 35 zu Art. 22 StG ). Die Natur dieses versicherten Gegenstandes unterscheidet sich nicht danach, ob die Forderung aus wirtschaftlichen oder aus politischen Gründen unbezahlt bleibt; auch wenn sie aus politischen Gründen nicht bezahlt wird, ist es doch die gleiche kreditierte Forderung. Die von Vorinstanz und ESTV vorgenommene Differenzierung bezieht sich in Wirklichkeit nicht auf den Gegenstand der Versicherung, sondern vielmehr auf die Art der versicherten Gefahr, welcher der versicherte Gegenstand ausgesetzt ist. Die Unterscheidung von Sach- und Vermögensversicherung erweist sich in diesem Zusammenhang als nicht zielführend. Vielmehr ist nach den gewöhnlichen Auslegungsregeln zu prüfen, ob der gesetzliche Begriff der Kreditversicherung danach differenziert, aus welchen Gründen die kreditierte Forderung nicht bezahlt wird. 5.2 Historisch deckten die privaten Kreditversicherungen nur Forderungsausfälle, die auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners BGE 137 II 49 S. 54 zurückzuführen waren, sei es indem sie ausdrücklich nur diese als versicherte Gefahr bezeichneten, sei es dass die politischen Risiken ausdrücklich ausgeschlossen wurden (vgl. Art. 33 des Bundesgesetzes vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag [Versicherungsvertragsgesetz, VVG; SR 221.229.1] ; AUER, a.a.O., S. 76, 80 ff., 89; PIERRE MAURER, Le risque d'insolvabilité dans le domaine de l'asurance-crédit, 1950, S. 163). Begrifflich umfasst aber die Kreditgefahr alle Ereignisse - einschliesslich solcher politischer Art -, die dazu führen, dass die kreditierte Forderung nicht bezahlt wird (AUER, a.a.O., S. 81; WERNER SCHNEDELBACH, Das Recht der Kreditversicherung, Leipzig 1929, S. 59). Es besteht daher grundsätzlich auch ein Bedürfnis der Lieferanten, sich gegen das politisch bedingte Ausfallrisiko abzusichern. Die Beschränkung auf das Risiko der Zahlungsunwilligkeit oder der wirtschaftlich motivierten Zahlungsunfähigkeit ist kein begriffsnotwendiges Kennzeichen der Kreditversicherung, sondern vielmehr auf die schlechte Kalkulierbarkeit und daher fehlende Marktfähigkeit der politischen Risiken zurückzuführen; dies ist denn auch der Grund, weshalb diese Risiken in der Vergangenheit nicht von der privaten Versicherungswirtschaft, sondern von der staatlichen Exportrisikoversicherung gedeckt wurden. Wenn infolge von Veränderungen auf dem Versicherungsmarkt in neuerer Zeit auch diese Risiken von der privaten Versicherungswirtschaft abgedeckt werden können (vgl. BOEMLE UND ANDERE, Geld-, Bank- und Finanzmarkt-Lexikon der Schweiz, 2002, S. 695), so besteht kein Grund, diese Versicherung nicht ebenfalls als Kreditversicherung zu qualifizieren. Auch versicherungsaufsichtsrechtlich fällt die Kreditversicherung gegen politische Risiken unter den Begriff der Kreditversicherung im Sinne von Anhang 1 Ziff. B14 der Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung, AVO; SR 961.011). Es verhält sich diesbezüglich anders als bei einer "Political Risk Insurance", bei welcher nicht bestimmte Kreditforderungen, sondern generell das Vermögen gegen politisch motivierte Schädigungen wie Enteignungen, selektive Behinderungen usw. versichert ist und die demzufolge nicht unter die Ausnahme von Art. 22 lit. l StG fällt (Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission vom 16. Juli 2003, in: VPB 2004 Nr. 17 S. 190). 5.3 Weder aus dem Wortlaut von Art. 22 lit. l StG noch aus den Materialien ergeben sich Hinweise, dass von dieser Bestimmung einzig die Kreditversicherung gegen Zahlungsunfähigkeit erfasst BGE 137 II 49 S. 55 werden soll, nicht aber diejenige gegen politische Risiken. Der blosse Umstand, dass eine solche Versicherung im Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes noch nicht angeboten wurde, ist kein Grund, sie von seinem Geltungsbereich auszuschliessen, wenn sie später doch offeriert wird. Zwar hat die ESTV in ihrer bisherigen Praxis tatsächlich nur die Versicherung gegen wirtschaftlich bedingte Zahlungsunfähigkeit als Kreditversicherung betrachtet, was in der Literatur Zustimmung findet oder kommentarlos wiedergegeben wird (GEHRIGER/JAUSSI, Der Versicherungsstempel: Überblick, Fallstricke und Stolpersteine, StR 59/2004 S. 258 ff., 276; JAUSSI/GEHRIGER, Kommentar, a.a.O., N. 67 f. zu Art. 22 StG ; JAUSSI/GEHRIGER, Handbuch, a.a.O., S. 75; RÜDISÜHLI, a.a.O., N. 35 zu Art. 22 StG ; BAUER-BALMELLI/HOCHREUTENER/KÜPFER, in: Die Praxis der Bundessteuern, II. Teil: Stempelabgaben und Verrechnungssteuer, Bd. II, Stand: 2008, Rz. 5 zu Art. 22 lit. l StG ). Begründet wird diese Einschränkung allerdings nicht. In der Beschwerdevernehmlassung bringt die ESTV nun vor, der Lieferant könne persönlich überprüfen, ob der Abnehmer fähig und bereit sei, die ausstehenden Verbindlichkeiten zu erfüllen; demgegenüber könne einem Kreditgeber nicht zugemutet werden, die politischen Umstände in einem fremden Staat, die eine Erfüllung der Forderung behindern könnten, zu überprüfen. Diese Überlegung überzeugt nicht: Jeder vernünftige Lieferant wird die Risiken, die mit seiner Lieferung verbunden sind, umfassend überprüfen und dabei sowohl die persönliche bzw. wirtschaftliche Kreditwürdigkeit seines Kunden berücksichtigen als auch äussere Umstände, die diesen an der Erfüllung seiner Verbindlichkeit hindern könnten. Er wird seinen Entscheid über die Kreditgewährung nicht nur aufgrund der ersteren, sondern auch der letzteren Faktoren treffen. Dass die politischen Umstände allenfalls schwieriger abzuschätzen sein mögen als die individuelle Zahlungsfähigkeit, ändert nichts daran, dass ein Kredit gewährt wird und ein Bedarf nach Versicherungsdeckung bestehen kann. Es besteht kein Grund, um einer solchen Versicherung - so sie besteht - die Qualifikation als Kreditversicherung abzusprechen. 5.4 Zum gleichen Ergebnis führt auch die ratio legis von Art. 22 lit. l StG , welche darin besteht, die Konkurrenzfähigkeit der schweizerischen Versicherungsunternehmen durch Befreiung der im Ausland befindlichen Sachen vom Versicherungsstempel zu wahren (Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972 zu einem neuen Bundesgesetz über die Stempelabgaben [BBl 1972 II 1278 ff., 1306 f.]). Dieses Bestreben betrifft gleichermassen die Deckung der politischen BGE 137 II 49 S. 56 wie der Zahlungsfähigkeitsrisiken. Schliesslich ist daran zu erinnern, dass auch die Prämien der Exportrisikogarantie, welche herkömmlicherweise die politischen Risiken abdeckt, nicht der Stempelabgabe unterstehen ( Art. 30 des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 2005 über die Schweizerische Exportrisikoversicherung [Exportrisikoversicherungsgesetz, SERVG; SR 946.10] ); es besteht auch unter Wettbewerbs- und Gleichbehandlungsaspekten kein Grund, eine privat angebotene Kreditversicherung für politische Risiken anders zu behandeln. 5.5 Als unbehelflich erscheint dagegen der von der ESTV vorgebrachte Einwand, dass die versicherten Geldforderungen im Inland zu begleichende Bringschulden darstellten und deshalb die Voraussetzungen von Art. 22 lit. l StG von vornherein nicht erfüllt seien: Bei dieser Argumentation käme nicht nur bei der Versicherung der politischen Risiken, sondern auch bei der Versicherung der Zahlungsunfähigkeit die Ausnahme von Art. 22 lit. l StG praktisch nie zum Tragen, da die versicherte Forderung regelmässig im Inland zu bezahlen ist ( Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR ). Die gesetzlich vorgesehene Ausnahme der Kreditversicherung von der Stempelabgabe bliebe damit toter Buchstabe, was nicht der Sinn des Gesetzes sein kann. Sodann liesse eine solche Auslegung unberücksichtigt, dass die Parteien vertraglich auch eine Wahl des anwendbaren Rechts vornehmen können und eine so für anwendbar erklärte ausländische Rechtsordnung die Geldforderungen als Holschulden ausgestalten mag. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass auch die ESTV selber in ihrer Wegleitung für die Stempelabgabe auf Versicherungsprämien (Ausgabe 2001) bei der Kreditversicherung nicht auf den Erfüllungsort der Forderung abstellt, sondern darauf, ob der Schuldner der versicherten Forderung Inländer ist (Ziff. 36 der Wegleitung; vgl. Art. 4 Abs. 1 StG ). 5.6 Aufgrund der obenstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die hier zu beurteilenden Versicherungspolicen, welche politische Risiken absichern, Kreditversicherungen im Sinne von Art. 22 lit. l StG und damit von der Stempelabgabe ausgenommen sind. 6. 6.1 In Bezug auf die Versicherung der Fabrikationsrisiken argumentiert das Bundesverwaltungsgericht, die fertig zu stellende Ware befinde sich im Inland, weshalb die Voraussetzungen von Art. 22 lit. l StG nicht erfüllt seien. Dies ist jedoch schon deshalb unrichtig, weil BGE 137 II 49 S. 57 nicht die zu liefernde Ware, sondern vielmehr die Kaufpreis- oder Werklohnforderung Gegenstand der Versicherung bildet (vgl. E. 5.1 hiervor), wobei massgebend ist, ob der Schuldner dieser Forderung im Ausland ist (vgl. E. 5.5 hiervor). Nichts anderes gilt, soweit die im Streit stehenden Policen auch die Fabrikationsrisiken versichern und die Versicherungsdeckung - in Abweichung von den AVB - auch auf Fabrikationskosten erstrecken, die während der Laufzeit des Versicherungsvertrags (ab Aufnahme der Fabrikation bis zu deren Fertigstellung) entstanden sind: Auch diesbezüglich kann für den Fabrikanten ein Delkredere-Risiko entstehen, wenn sein Abnehmer bereits vor der Lieferung zahlungsunfähig wird und demzufolge absehbar ist, dass er die bestellte Ware nicht wird bezahlen können. Dem Lieferanten kann daraus ein Schaden entstehen, sei es weil er vertraglich trotzdem zur Fertigstellung und Lieferung der Sache verpflichtet ist, sei es dass er zwar vom Vertrag zurücktreten, aber die hergestellte Ware nicht oder nur mit Verlust anderweitig verkaufen kann (AUER, a.a.O., S. 72 ff.; MAURER, a.a.O., S. 25 ff.). So oder anders ist der versicherte Gegenstand die ausfallende Forderung gegenüber dem Kunden und die entsprechende Versicherung bleibt eine Kreditversicherung (vgl. MAURER, a.a.O., S. 123 ff.). 6.2 Die ESTV führt sodann ins Feld, dass die Fabrikationskosten gemäss den Vertragsbedingungen auch rechtlich begründete Verbindlichkeiten des Versicherungsnehmers aus Lieferungen Dritter umfassen würden, soweit diese zur Erfüllung des Vertrags erforderlich seien. Hieraus folgert die Beschwerdegegnerin, dass es sich nicht um eine Sach-, sondern eine Vermögensversicherung handle, weil diese Verbindlichkeiten gegenüber Dritten die Passiven des Versicherungsnehmers vermehrten. Dies überzeugt jedoch ebenfalls nicht: Auch in diesem Fall bleibt gemäss der Versicherungspolice die ausfallende Forderung gegenüber dem Kunden der versicherte Gegenstand. Dass der von der Versicherung gedeckte Schaden des Versicherungsnehmers auch entstehen kann, weil dieser seinerseits seine Lieferanten bezahlen muss, ist bei jeder Kreditversicherung der Fall und ändert nichts an der rechtlichen Qualifikation. 6.3 Es erhellt somit, dass auch die Deckung der Fabrikationsrisiken im Rahmen der vorliegenden Versicherungspolicen unter die von der Stempelabgabe befreite Kreditversicherung i.S. von Art. 22 lit. l StG fällt.
public_law
nan
de
2,011
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d0afd32-6b26-4639-8820-fdc8ff163a3c
Urteilskopf 98 II 184 28. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Oktober 1972 i.S. Zollikofer gegen Bötschi.
Regeste Verjährung. Art. 127 und 128 Abs. 3 OR (Fassung bis Ende 1971). Die Honorarforderung des Architekten verjährt mit Ablauf von 10 Jahren seit Eintritt der Fälligkeit (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 184 BGE 98 II 184 S. 184 A.- Dr. jur. Pierre Zollikofer beauftragte am 26. April 1962 den Architekten-Techniker HTL Albert Bötschi, Pläne und BGE 98 II 184 S. 185 Kostenvoranschlag zu einem Einfamilienhaus zu erstellen und die zur Ausführung des Baues gehörenden Architektenarbeiten zu besorgen. Am 2. April 1963 widerrief er den Auftrag, worauf Bötschi ihm am 25. April 1963 Rechnung stellte und ihm am 13. Juli 1963 einen Zahlungsbefehl zustellen liess. Zollikofer erhob Rechtsvorschlag, machte Bötschi am 22. August 1963 jedoch einen Vergleichsvorschlag. Bötschi lehnte diesen am 3. September 1963 ab. Vom 6. Januar 1964 an stand Zollikofer mit dem Vater Bötschis, der als Bauunternehmer am Einfamilienhaus gearbeitet hatte, im Prozess um dessen Werklohnforderung. Am 25. November 1967 starb Vater Bötschi. Der Prozess wurde von seiner Ehefrau, seiner Tochter und seinem Sohne weitergeführt und am 22. Oktober 1968 durch einen Vergleich beendet. Am 18. Dezember 1969 machte Bötschi jun. seine Forderung aus dem Architektenauftrag von Fr. 10'736.15 nebst Zins zum Gegenstand eines Sühnebegehrens, und am 27. August 1970 klagte er sie beim Bezirksgericht Bülach ein. B.- Das Bezirksgericht hiess die Verjährungseinrede des Beklagten gut und erachtete subsidiär das lange Zuwarten des Klägers als rechtsmissbräuchlich. Es wies daher die Klage ab. Das Obergericht des Kantons Zürich hob dieses Urteil auf Berufung des Klägers am 18. April 1972 auf und wies die Akten zur materiellen Beurteilung der Klage an das Bezirksgericht zurück. Es hält die Forderung nicht für verjährt und auch die Einrede des Rechtsmissbrauchs nicht für begründet. C.- Der Beklagte hat die Berufung erklärt. Er beantragt, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, sie eventuell abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. (Prozessuales). 2. Alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas anderes bestimmt, verjähren mit Ablauf von zehn Jahren, die mit der Fälligkeit der Forderung beginnen ( Art. 127, 130 Abs. 1 OR ). Diese Frist war nicht abgelaufen, als der Kläger sie am 18. Dezember 1969 durch das Begehren um Vorladung des Beklagten zum amtlichen Sühneversuch unterbrach ( Art. 135 Ziff. 2 OR ). Die Forderung des Klägers ist nur verjährt, wenn BGE 98 II 184 S. 186 sie zu den in Art. 128 Ziff. 3 OR genannten gehört, die der fünfjährigen Verjährungsfrist unterstehen. 3. Bis Ende 1971 galt Art. 128 Ziff. 3 OR für Forderungen "aus Handwerksarbeit, Kleinverkauf von Waren, ärztlicher Besorgung, Berufsarbeit von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren, Arbeit von Angestellten, Dienstboten, Taglöhnern und Arbeitern". a) Diese Aufzählung enthält nicht bloss Beispiele, wie der Beklagte glaubt, sondern ist erschöpfend (ROSSEL, Manuel de droit fédéral des obligations 191; BECKER, Art. 128 N. 2). Stellt man auf ihren Wortlaut ab, so werden die Honorarforderungen selbständigerwerbender Architekten, die Baupläne entwerfen, Kostenvoranschläge für Bauten erstellen und die Bauleitung besorgen, von ihr nicht erfasst. Sie gehören nicht zu den Forderungen aus Handwerksarbeit. Selbst wenn dieser Begriff weit ausgelegt werden müsste, fiele die Tätigkeit des Architekten nicht darunter. Sie ist wie die Verrichtungen der Ärzte, Anwälte und Notare, die Art. 128 Ziff. 3 der Handwerksarbeit gegenüberstellt, intellektueller Natur. Selbständigerwerbende Architekten haben auch nicht die Stellung von Angestellten, Dienstboten, Taglöhnern und Arbeitern. Ihre Forderungen unterstehen daher der fünfjährigen Verjährung nur dann, wenn Art. 128 Ziff. 3 OR auf sie sinngemäss anzuwenden ist. b) In der bis Ende 1971 gültig gewesenen Fassung unterschied Art. 128 Ziff. 3 OR sich von Art. 147 Ziff. 3 a OR nur durch die Verwendung der Begriffe "Angestellte" und "Arbeiter", an deren Stelle früher "Bureauangestellte" und "Fabrikarbeiter" stand. Art. 147 a OR wollte der kurzen Verjährungsfrist - Art. 154 des Entwurfes bemass sie auf zwei Jahre - ausschliesslich Forderungen unterstellen, die das miteinander gemeinsam haben, "dass sie auf zweiseitigen Verträgen (Tauschverträge im weiteren Sinne des Wortes) beruhen, bei welchen die Verkehrssitte eine rasche Abwicklung mit sich bringt und weder die Ausstellung von Vertragsurkunden noch die längere Aufbewahrung von Quittungen üblich ist" (Botschaft des Bundesrates zum Entwurf, BBl 1880 I 194). Die Botschaft fügte bei, dieser Verjährung liege die Erwägung zugrunde, dass aus längerem Zuwarten des Gläubigers mit gerichtlichen Schritten gefolgert werden könne, er sei der Verkehrssitte entsprechend befriedigt worden. Der Bundesrat war der Auffassung, wenn der Gläubiger zehn BGE 98 II 184 S. 187 Jahre zuwarten dürfte, könnte der Schuldner leicht in die Lage kommen, "begründete Einreden (der Simulation, des Dolus, des Verzichtes, namentlich aber der Befriedigung des Gläubigers) nicht mehr gehörig beweisen zu können" (a.a.O. S. 194 und 195). Dieser Grundgedanke, der bei der Revision des Obligationenrechts keine Änderung erfuhr, trifft auf die Honorarforderung selbständigerwerbender Architekten nicht zu. Aufträge an Architekten werden in der Regel nicht wie Bestellungen an Handwerker, Kleinverkäufe von Waren, ärztliche Besorgungen, Berufsarbeiten von Anwälten, Rechtsagenten, Prokuratoren und Notaren ohne Ausstellung eines schriftlichen Vertrages, rasch und ohne längere Aufbewahrung von Quittungen abgewickelt, so dass der Auftraggeber gewöhnlich in Verlegenheit wäre, die ihm obliegenden Beweise, namentlich den Beweis der Zahlung zu erbringen, wenn er erst nach Ablauf von fünf Jahren seit der Fälligkeit der Honorarforderung belangt würde. Der Vertrag mit dem Architekten wird gewöhnlich schriftlich ausgefertigt. Seine Abwicklung erfordert meistens längere Zeit. Fehler in der Erfüllung der Architektenarbeit zeigen sich oft erst verhältnismässig lange nach der Fertigstellung des Bauwerkes. Das Architektenhonorar ist in der Regel bedeutend. Der Auftraggeber leistet Teilzahlungen, erhält Quittungen, bewahrt sie auf und ist sich der Tragweite des Geschäftes genügend bewusst, dass er sich die ihm obliegenden Beweise für mehr als fünf Jahre zu sichern pflegt. Unter dem Gesichtspunkt des Grundgedankens des Gesetzes besteht daher kein Anlass, Art. 128 Ziff. 3 auf Honorarforderungen selbständigerwerbender Architekten analog anzuwenden. Gewiss werden oft auch die Werkverträge mit Bauhandwerkern in ähnlicher Weise abgewickelt wie das Rechtsverhältnis mit dem Architekten und mag es daher verwundern, dass die erwähnte Bestimmung zwar die Forderungen aus Handwerksarbeit, aber nicht auch die Honorarforderung des Architekten erwähnt. Das ist jedoch kein Grund, auch diese schon in fünf Jahren verjähren zu lassen. Eher wäre zu erwägen, ob nicht der Begriff der Handwerksarbeit so eng auszulegen sei, dass Art. 128 Ziff. 3 die Werklohnforderung des Unternehmers gegen den Besteller eines unbeweglichen Bauwerkes nie erfasst, sondern nur die Forderungen von Handwerkern für die Herstellung beweglicher Sachen und für andere Verrichtungen, deren BGE 98 II 184 S. 188 Ergebnis die Rechtsprechung (vgl. BGE 93 II 242 ff.) nicht als "unbewegliches Bauwerk" im Sinne des Art. 371 Abs. 2 OR betrachtet. Wie dem auch sei, lässt sich jedenfalls die analoge Anwendung von Art. 128 Ziff. 3 OR auf die Forderungen von Architekten nicht mit der vom Bezirksgericht und von GAUTSCHI, Art. 371 N. 18 c, vertretenen Auffassung begründen, es rechtfertige sich nicht, den Starken im Vergleich zum wirtschaftlich Schwachen zu privilegieren. Abgesehen davon, dass es auch "starke" Bauhandwerker und "schwache" Architekten gibt, geht es hier nicht um einen Interessenausgleich zwischen einer stärkeren und einer schwächeren Vertragspartei. Der Umstand, dass Bauhandwerker die Einrede der Verjährung schon nach fünf Jahren gewärtigen müssen, rechtfertigt es nicht, die Architekten gleich zu behandeln und damit diese einer für sie ungünstigen Regelung zu unterwerfen, nur weil das Gesetz sie für jene getroffen hat. Das hat mit Gründen der Billigkeit, wie der Beklagte, GAUTSCHI und das Bezirksgericht sie anrufen, nichts zu tun. Die Frage der Billigkeit kann sich nur zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger stellen, nicht im Verhältnis zwischen den Gläubigern der einen und denen einer anderen Kategorie, die ja miteinander in keinem Rechtsverhältnis stehen. Ob es sich rechtfertigt, das Privileg, das Art. 128 Ziff. 3 OR gewissen Schuldnern gewährt, auf andere auszudehnen, ist nach rein sachlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, wie sie dem Gesetz zugrunde liegen. Die Überlegungen, die den Gesetzgeber bei der Aufstellung von Art. 147 Ziff. 3 a OR und Art. 128 Ziff. 3 OR geleitet haben, treffen auf Forderungen für Architektenarbeit, wie dargetan, in der Regel nicht zu. Der Geltungsbereich von Art. 128 Ziff. 3 OR kann auch nicht mit der vom Bezirksgericht und von GAUTSCHI, Art. 371 N. 18 b, angeführten Begründung ausgedehnt werden, bei der Revision des Art. 147 a OR habe die Tendenz bestanden, die Fälle kurzfristiger Verjährung zu erweitern. Diese Tendenz bestand nur für Forderungen unselbständig Erwerbender, indem die Begriffe "Bureauangestellte" und "Fabrikarbeiter" durch die weiteren Begriffe "Angestellte" und "Arbeiter" ersetzt wurden. Sie wurde bei der Revision von Art. 128 Ziff. 3 durch Art. 1 der Schluss- und Übergangsbestimmungen des Bundesgesetzes vom 25. Juni 1971 über den Arbeitsvertrag fortgesetzt, indem nun alle Forderungen "aus dem Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern" in fünf Jahren verjähren. Es ist nicht Aufgabe des BGE 98 II 184 S. 189 Richters, die Liste der aufgezählten Forderungen ohne sachlichen Grund noch mehr zu erweitern. Es liegt nicht eine Lücke, d.h. eine ungewollt unvollständige Regelung vor, die den Richter, wie der Beklagte geltend macht, zur "Rechtsfortbildung" berechtigen würde. Wenn das Bezirksgericht, wiederum GAUTSCHI Art. 371 N. 18 c folgend, sodann anführt, nach mehr als fünf Jahren könne die richtige Erfüllung der Arbeitsobligation, von der der Vergütungsanspruch abhängt, kaum mehr geprüft werden, verkennt es, dass der Beweis richtiger Erfüllung dem Architekten obliegt und daher dieser, nicht der Auftraggeber, benachteiligt wird, wenn der Beweis wegen Zeitablaufs misslingt. Es besteht daher kein Anlass, wegen des erwähnten allfälligen Beweisnotstandes die Honorarforderung schon mit fünf Jahren verjähren zu lassen und damit auch den sorgfältigen Architekten zu treffen, der den Beweis richtiger Erfüllung erbringen könnte. Wie schon gesagt, treten übrigens die Mängel eines Bauwerkes oft nicht sofort auf und kann daher erst nach längerer Zeit gesagt werden, ob der Architekt seine Aufgabe richtig erfüllt hat oder nicht. Dem Auftraggeber kann es recht sein, wenn der Architekt ihn nicht auf Zahlung des Honorars belangt, solange ungewiss ist, ob gegen ihn Ansprüche aus Mängeln des Werkes bestehen. Damit ist auch dem Argument des Bezirksgerichtes der Boden entzogen, die Honorarforderung des Architekten müsse wie gemäss Art. 371 Abs. 2 OR der Anspruch des Bestellers wegen Mängel des unbeweglichen Bauwerkes in fünf Jahren seit der Abnahme des Werkes verjähren; der Architekt solle die Gewährleistungsansprüche des Auftraggebers nicht dadurch ausschalten können, dass er seine Forderung erst nach Ablauf dieser Frist geltend mache. Lässt der Architekt fünf Jahre verstreichen, so kann der Auftraggeber die Ansprüche gegen ihn wegen Mängel des Werkes stets noch durch Einrede geltend machen ( Art. 120 Abs. 3 OR ). Setzt der Architekt seine Forderung vor Ablauf von fünf Jahren durch, so ist es dem Auftraggeber dagegen nicht mehr möglich, die erst nachher entstehenden Ansprüche aus Mängeln des Werkes mit ihr zu verrechnen; er muss sie selbständig einklagen. Sein Interesse geht also gerade dahin, dass der Architekt mit der Einforderung des Honorars länger als fünf Jahre zuwarte. Ein Nachteil kann dem Auftraggeber daraus selbst dann nicht entstehen, wenn seine Ansprüche die BGE 98 II 184 S. 190 Honorarforderung des Architekten übersteigen, denn den Mehrbetrag kann er auf alle Fälle nicht verrechnen, gleichgültig, ob der Architekt ihn vor oder erst nach Ablauf von fünf Jahren belange. Es ist nicht zu ersehen, wie der Architekt die Möglichkeit haben könnte, durch Zuwarten mit der Einforderung seines Honorars einen Anspruch des Auftraggebers auszuschalten. Der Beklagte entnimmt dem Art. 371 Abs. 2 OR , Unternehmer und Architekt seien gleich zu behandeln. Er will diesen Gedanken in der Verjährungsfrage des Art. 128 Ziff. 3 analog anwenden. Durch die einheitliche Verjährungsfrist für Ansprüche aus Mängeln des Werkes wollte man jedoch nur vermeiden, dass der Architekt in einem Zeitpunkt belangt werde, in dem die Forderung gegen den Unternehmer schon verjährt ist und der Architekt daher nicht mehr auf diesen zurückgreifen könnte (StenBull StR 1910 S. 228; vgl. Entwurf 1909 Art. 1416 und Bericht des Bundesrates dazu vom 1. Juni 1909 S. 28). Dieser gesetzgeberische Gedanke lässt sich nicht sinngemäss auf die Verjährung der Ansprüche des Unternehmers und des Architekten übertragen. Der Besteller kann seine Einreden gegen beide jederzeit geltend machen und wird nicht benachteiligt, wenn er mit der Forderung des einen nur während fünf, mit jener des andern dagegen während zehn Jahren zu rechnen hat. Die Angleichung der beiden Fristen liefe auf eine Gleichbehandlung ohne sachlichen Grund hinaus. Die Gleichstellung der Architekten und der Unternehmer hinsichtlich der Verjährung ihrer Forderungen wäre übrigens nur dann durchwegs möglich, wenn alle Unternehmer Art. 128 Ziff. 3 OR unterstellt würden. Das ist nicht angängig, denn nicht jeder Unternehmer im Sinne der Art. 363 ff. OR verrichtet "Handwerksarbeit" im Sinne von Art. 128 Ziff. 3. Die analoge Anwendung dieser Bestimmung auf die nicht handwerklich arbeitenden Unternehmer widerspräche nicht nur ihrem Grundgedanken, sondern auch dem Umstande, dass Art. 128 Ziff. 3 im Verhältnis zu Art. 127 OR eine Ausnahmebestimmung ist. Dieser Umstand verbietet auch, wenigstens die Forderungen der Architekten und der in Art. 371 Abs. 2 mitgenannten Ingenieure gleich zu behandeln wie die in Art. 128 Ziff. 3 aufgezählten. Als der Gesetzgeber diese Bestimmung erliess, wusste er, dass die Ärzte, Anwälte und Notare nicht die einzigen intellektuell arbeitenden Selbständigerwerbenden sind. Hätte er alle Forderungen aus intellektueller selbständiger Arbeit oder zum BGE 98 II 184 S. 191 mindesten jene der Architekten und Ingenieure erfassen wollen, so hätte er Art. 128 Ziff. 3 anders abgefasst. Das Bundesgericht hat es denn auch schon mit Urteil vom 21. März 1921 i.S. Maget und Hoirie Béchert c. Regamey abgelehnt, diese Bestimmung auf die Honorarforderung des Architekten anzuwenden (JdT 1936 I 388, in der amtlichen Sammlung nicht veröffentlicht). Die vorherrschende Lehre ist gleicher Meinung (BECKER Art. 128 N. 10; OSER/SCHÖNENBERGER Art. 128 N. 7; VON TUHR/SIEGWART 2 658 Anm. 42; FICK/MORLOT Art. 128 Anm. 26; RENNEFAHRT Art. 128 Anm. 3; FUNK Art. 128 Anm. 3; CAPITAINE, Des courtes prescriptions 64; vgl. auch VON BÜREN, OR S. 425). Nur GAUTSCHI, Art. 371 N. 18 a-c, steht nicht auf diesem Boden. GUHL, OR 5. Auflage 247, den das Bezirksgericht ebenfalls anruft, kann GAUTSCHI, a.a.O. nicht gleichgestellt werden, sowenig wie GUHL/MERZ/KUMMER, OR 6. Auflage 280. Indem diese Autoren "Honorarforderungen aus Auftragsverhältnissen, z.B. bei den freien Berufsarten (Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker, Anwälte, Notare usw.)" unter den in fünf Jahren verjährenden Forderungen erwähnen, gehen sie nicht über den Text von Art. 128 Ziff. 3 hinaus. Sie sagen nicht, die Honorarforderung jedes Beauftragten, besonders auch des Architekten und des Ingenieurs, unterstehe dieser Bestimmung. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich vom 18. April 1972 bestätigt.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d0c9cb7-95bf-44d9-a0ea-a2bfa9af3e60
Urteilskopf 100 Ib 368 66. Arrêt du 3 mai 1974 dans la cause Perren contre Conseil d'Etat du canton du Valais.
Regeste Eröffnung eines Kinotheaters. Wiedererwägungsgesuch. Art. 18 und 20 BG über das Filmwesen, Art. 4 BV . 1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist zulässig, wenn die Anwendung des Bundesrechts durch Entscheidungsgründe, die sich auf kantonales Verfahrensrecht stützen, praktisch verhindert wird (Erw. 1). 2. Wiedererwägungsgesuch: Fälle, in denen eine Behörde sich damit befassen muss (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 368 BGE 100 Ib 368 S. 368 Résumé des faits: A.- Le 18 février 1971, Bruno Perren a demandé au Département de la justice, de la police et de la santé publique du canton du Valais l'autorisation d'ouvrir, au premier soussol d'un immeuble en construction à la Bahnhofstrasse de Zermatt, un petit cinéma de cent places assises, dans lequel il se proposait de projeter en public, deux fois par semaine environ, des films de petit format (16 mm et occasionnellement 8 mm). Appelé à donner un préavis, le Groupement des cinémas du Valais, membre de l'Association cinématographique suisse romande, s'est opposé à la demande. BGE 100 Ib 368 S. 369 Le Chef du Département cantonal a rejeté la demande le 22 octobre 1971. Après avoir émis, au sujet de l'emplacement de la salle, des réserves fondées sur les prescriptions cantonales de police, la décision constate que Zermatt dispose d'une salle de cinéma de 400 places, entièrement rénovée et équipée d'appareils ultramodernes pour projeter des films de 35 et de 16 mm, ainsi que d'une seconde salle qui présente des films documentaires trois fois par semaine, été comme hiver; qu'en conséquence l'ouverture d'une troisième salle porterait atteinte aux intérêts des exploitations existantes et provoquerait une compétition de mauvais aloi, qui conduirait à un abaissement du niveau des films. B.- Après deux demandes de nouvel examen sur lesquelles le Chef du Département a refusé d'entrer en matière, Perren a présenté le 29 août 1972 une quatrième requête, plus complète, où il faisait valoir, en substance: la fréquence des projections dans la salle en question serait en définitive plus grande qu'on ne l'a dit jusqu'ici, de sorte qu'il s'agirait d'une nouvelle demande; le Groupement des cinémas du Valais ne serait plus guère défavorable à l'ouverture de ce cinéma, tandis que la commune de Zermatt s'y intéresse; les prescriptions cantonales de police, selon lesquelles un cinéma doit être en général installé au rez-de-chaussée, ne sont pas absolues et ne concernent que la police du feu; un autre cinéma de Zermatt est situé au sous-sol, de sorte que le maintien du refus constituerait une inégalité de traitement. Il relevait également certaines inexactitudes de fait retenues par le Département. Considérant que le requérant n'alléguait aucun fait nouveau déterminant, qu'en particulier l'autorisation d'ouvrir un cinéma vaut toujours pour un nombre illimité de représentations, qu'on se trouvait donc en présence d'une demande de nouvel examen.(Wiedererwägungsgesuch) qui concernait le même objet et ne s'appuyait sur rien de décisif, le Chef du Département a rejeté la requête le 20 décembre 1972. Saisi d'un recours de Perren, le Conseil d'Etat l'a déclaré irrecevable, ajoutant que s'il avait été recevable, il aurait dû être rejeté. C.- Agissant par la voie du recours de droit administratif, Bruno Perren requiert le Tribunal fédéral d'annuler la décision du Conseil d'Etat et d'octroyer l'autorisation requise, subsidiairement de renvoyer la cause à l'autorité cantonale. BGE 100 Ib 368 S. 370 Le Conseil d'Etat conclut principalement à l'irrecevabilité du recours, subsidiairement à son rejet. Le Département fédéral de l'intérieur, sans prendre de conclusions expresses, déclare souhaiter un arrêt sur le fond. Erwägungen Considérant en droit: 1. L'ouverture d'un nouveau cinéma est soumise à autorisation par l'art. 18 de la loi fédérale sur le cinéma du 28 septembre 1962 (en abrégé: la loi fédérale). L'autorisation est accordée par l'autorité désignée par le canton; les décisions de l'autorité cantonale de dernière instance peuvent faire l'objet d'un recours de droit administratif au Tribunal fédéral (art. 20 de la loi fédérale). Si, en l'espèce, le Conseil d'Etat s'est fondé non pas sur le droit fédéral, mais sur le droit cantonal de procédure pour refuser d'entrer en matière sur le fond du recours dont il était saisi, cela n'empêche cependant pas que le recours de droit administratif soit recevable. Une telle voie de recours est en effet ouverte, selon la jurisprudence, lorsque le droit cantonal a été appliqué en lieu et place du droit fédéral applicable (RO 96 I 689 consid. 1a) ou lorsque l'application de ce dernier droit est pratiquement empêchée pour des motifs de procédure tirés du droit cantonal (RO 98 Ib 336). Dans ce dernier cas, la Chambre de droit administratif examine non pas librement, mais uniquement sous l'angle restreint de l'arbitraire, l'interprétation et l'application du droit légal cantonal, comme le ferait la Chambre de droit public saisie d'un recours pour arbitraire dans l'application du droit cantonal (RO 98 Ib 336). 2. Estimant que la requête du 28 août 1972 adressée au Département avait le même contenu que les précédentes et devait de ce fait être considérée comme une demande de nouvel examen, le Conseil d'Etat a déclaré que le recours était irrecevable, car une telle requête ne donne pas à son auteur le droit d'obtenir une décision sur le fond, de sorte que la décision qui refuse de statuer sur le fond ne fait pas courir un nouveau délai de recours au Conseil d'Etat. Le recourant ne conteste pas directement qu'il se soit agi d'une demande de nouvel examen et que le Conseil d'Etat ait pu en déduire l'irrecevabilité du recours au fond. Mais il soutient qu'une requête tendant à obtenir une autorisation peut BGE 100 Ib 368 S. 371 être renouvelée en tout temps et il critique la disposition de l'art. 5 al. 2 du décret cantonal d'exécution - du 17 mai 1963 - de la loi fédérale sur le cinéma du 28 septembre 1962, disposition selon laquelle "en cas de refus de l'autorisation, la requête ne peut être renouvelée avant le délai de trois ans". Il estime que cette disposition viole l'art. 4 Cst. et qu'elle est apte à créer des inégalités entre divers concurrents. Mais le Conseil d'Etat ne s'est pas fondé sur cette disposition pour refuser d'entrer en matière sur le fond du recours. Il s'est au contraire fondé sur l'art. 18 de l'arrêté cantonal du 11 octobre 1966 "concernant la procédure administrative pardevant le Conseil d'Etat et ses départements" (en abrégé: APA) et sur la déduction qu'en a tirée la doctrine, à savoir que les décisions qui refusent d'entrer en matière sur une demande de nouvel examen ne font pas courir un nouveau délai de recours (VON WERRA, Handkommentar zum Walliser Verwaltungsverfahren, p. 106). Or le recourant ne discute pas ni ne conteste expressément cette argumentation; il se contente d'y opposer l'allégation selon laquelle une demande d'autorisation peut être renouvelée en tout temps. C'est donc essentiellement ce point qu'il s'agit d'examiner ici. 3. Les demandes de nouvel examen ne sauraient servir à remettre continuellement en question des décisions administratives, ni surtout à éluder les dispositions légales sur les délais de recours. Aussi les autorités administratives ne sontelles obligées de s'en saisir et de statuer sur le fond que lorsque certaines conditions sont remplies. a) Dans les cas où une telle obligation n'est pas prévue par la législation ou ne découle pas d'une pratique administrative constante, ce sont les principes déduits de l'art. 4 Cst. qui s'appliquent (RO 67 I 73). Ceux-ci l'emportent d'ailleurs sur les règles cantonales qui contestent l'existence de l'obligation en question ou lui donnent une portée moins étendue que celle qui dérive de l'art. 4 Cst. Selon la jurisprudence et la doctrine relative à cette disposition, une autorité n'est tenue de se saisir d'une demande de nouvel examen que si les circonstances se sont modifiées dans une mesure notable depuis la première décision, ou si le requérant invoque des faits et des moyens de preuve importants qu'il ne connaissait pas lors de la première décision, ou dont il ne pouvait pas se prévaloir ou n'avait pas BGE 100 Ib 368 S. 372 de raison de se prévaloir à cette époque (RO 67 I 72 s., 70 I 68, 78 I 201 et les arrêts cités; JAAC 1966/67 No 19, p. 41 et la jurisprudence citée; GRISEL, Droit administratif suisse, p. 462; IMBODEN, Schweiz. Verwaltungsrechtsprechung, 3e éd. No 324 III p. 179 s.). Il est vrai que, selon certains arrêts du Tribunal fédéral, une demande de nouvel examen serait toujours recevable lorsqu'elle vise une décision de refus (RO 56 I 478, 60 I 52 et 256 consid. 2). Si une telle opinion peut éventuellement se justifier dans certains cas, en raison de la nature même de la matière visée ou en vertu d'une disposition légale expresse ou d'une pratique administrative dans un secteur déterminé, on ne saurait en revanche lui donner la portée générale qui semble ressortir des arrêts précités. En effet, s'il y a demande de nouvel examen, c'est qu'il y a eu refus - au moins partiel - de la première demande, de sorte que si l'on voulait appliquer de façon générale la jurisprudence citée ci-dessus, on en viendrait pratiquement à vider de son contenu, au profit de l'exception, la règle jurisprudentielle qui précise les cas dans lesquels une autorité est tenue de se saisir d'une telle demande; de même les prescriptions sur les délais de recours en matière administrative seraient rendues inopérantes dans de nombreux cas. b) L'autorité saisie d'une demande de nouvel examen doit tout d'abord contrôler si les conditions requises pour l'obliger à statuer sont remplies. Si tel est le cas, elle doit entrer en matière sur le fond, au besoin compléter l'instruction, et rendre une nouvelle décision au fond contre laquelle sont normalement ouvertes les voies de droit habituelles. Mais si elle estime que les conditions requises ne sont pas remplies, alors même que le requérant prétendrait le contraire, elle peut refuser d'examiner le fond de la requête, sans que sa décision fasse courir un nouveau délai de recours sur le fond; le requérant peut simplement recourir en alléguant que l'autorité inférieure a nié à tort l'existence des conditions requises. Quant aux demandes dans lesquelles le requérant n'allègue même pas l'existence des conditions qui obligeraient l'autorité à statuer sur le fond, celle-ci peut se contenter de les déclarer irrecevables, et le recours éventuel contre une telle décision serait lui-même irrecevable. Enfin si, sans y être obligée, l'autorité examine le fond d'une demande de nouvel examen et rend une BGE 100 Ib 368 S. 373 nouvelle décision au fond, les voies de recours habituelles sont également ouvertes contre cette nouvelle décision. 4. Dans sa demande du 29 août 1972 adressée au Département, le recourant prétendait qu'il s'agissait d'une nouvelle requête, parce que son contenu différait "de par son étendue de celui qui avait provoqué votre refus"; la différence aurait consisté en ceci que la présentation de films documentaires s'étalerait tout au long de l'année selon les besoins touristiques et culturels de la station. Or, comme l'ont relevé aussi bien le Département que le Conseil d'Etat dans leurs décisions respectives, l'autorisation d'ouvrir un cinéma ne comporte pas de limitations quant aux dates de projection et au nombre de représentations. C'est donc sans arbitraire que les autorités en cause pouvaient admettre qu'elles étaient en présence, non pas d'une demande différente des précédentes, mais bien d'une demande de nouvel examen concernant le même objet: il s'agissait toujours de la même salle de spectacle, avec le même nombre de places, équipée pour projeter en public des films de 16 mm et occasionnellement de 8 mm. A part cela, le recourant ne prétendait pas que les circonstances avaient changé de manière notable depuis la première décision; tout au plus précisait-il que "le préavis du Groupement des cinémas du canton du Valais n'est aujourd'hui guère défavorable à l'ouverture de ce cinéma", que "les autorités communales s'y sont intéressées" et parlait-il des "besoins toujours accrus de la station de Zermatt qui me poussent à élargir ainsi le contenu de ma demande", sans d'ailleurs appuyer ses allégations par des offres de preuve. Pour le surplus, il se permettait, disait-il, de "réfuter les divers motifs qui étayaient la décision du 22 octobre 1971", sans prétendre avoir été dans l'impossibilité de faire valoir à l'époque des faits et moyens de preuve dans un recours dirigé contre cette dernière décision. C'est donc sans arbitraire que le Département pouvait considérer que la demande de nouvel examen du 29 août 1972 ne l'obligeait pas à statuer à n ouveau sur le fond et qu'il a refusé d'y donner suite. Partant, c'est également sans arbitraire que le Conseil d'Etat, estimant que le Département avait eu raison de procéder comme il l'avait fait, a implicitement rejeté le recours sur ce point et refusé d'entrer en matière sur le fond. BGE 100 Ib 368 S. 374 Il est vrai que le Conseil d'Etat, au lieu de déclarer simplement qu'il n'entrait pas en matière sur le recours, aurait dû préciser que ce dernier devait être rejeté quant au seul point sur lequel il pouvait porter, c'est-à-dire sur le point de savoir si c'était à tort ou à raison que le Département avait considéré comme non remplies les conditions qui l'auraient obligé à statuer sur le fond; puis, après avoir rejeté le recours sur ce point, le Conseil d'Etat pouvait déclarer qu'en conséquence il n'entrait pas en matière sur le fond. Mais c'est bien le sens que l'on peut déduire de la décision attaquée. D'ailleurs, le recourant ne subit aucun préjudice d'une formulation du dispositif qui aurait pu être plus précise et plus nuancée. 5. En déclarant qu'il n'avait pas à entrer en matière sur le fond du recours, le Conseil d'Etat a relevé néanmoins que, s'il avait pu le faire, il aurait dû rejeter le recours, d'une part pour des motifs tirés du droit cantonal des constructions (dont on n'a pas à s'occuper ici), d'autre part pour des motifs tirés du droit fédéral. Comme le requérant peut, après le délai de trois ans dès le rejet de la première demande, présenter une nouvelle demande en vertu de l'art. 5 al. 2 du décret cantonal d'exécution de la loi fédérale, les autorités valaisannes auront vraisemblablement à se prononcer à nouveau sur l'application du droit fédéral. On relèvera sur ce point qu'on ne voit pas comment la projection de films de 16 mm ou 8 mm, deux à trois fois par semaine dans une petite salle de cent places, va concurrencer les autres cinémas de Zermatt de manière telle que la qualité des films en sera sérieusement affectée et que les intérêts généraux de la culture et de l'Etat en subiront des conséquences fâcheuses. N'utilisant que des projecteurs de 16 mm, voire de 8 mm, le recourant ne disposera que d'un répertoire restreint, composé essentiellement de films documentaires d'une part, de vieux films de fiction d'autre part. Ce fait ne saurait justifier les craintes retenues par les autorités valaisannes à la base de leurs décisions de refus. Il est d'ailleurs loisible à l'autorité compétente de limiter l'autorisation quant au genre de films que l'exploitant pourra projeter (cf. BIRCHMEIER, Kommentar zum Eidgenössischen Filmgesetz, p. 111 al. 2). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,974
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6d1379e7-b8b3-42d1-8df2-8cbf4b03d677
Urteilskopf 120 II 312 60. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 11 mai 1994 dans la cause British American Tobacco Company Ltd contre Fabriques de Tabac Réunies S.A. (recours en réforme)
Regeste Art. 67 OG , 1 und 26 PatG; Nichtigkeit eines Patentes. Problem der Zulässigkeit der Berufung unter dem Gesichtspunkt ihrer Begründung (E. 2). Art. 67 OG verleiht dem Bundesgericht keine unbeschränkte Prüfungsbefugnis in Patentstreitigkeiten; diese Bestimmung gibt ihm lediglich die Möglichkeit, Feststellungen zu technischen Verhältnissen zu überprüfen, wenn diese ergänzt oder berichtigt werden müssen (E. 3). Begriff und Voraussetzungen der Kombinationserfindung. Anforderungen, die erfüllt sein müssen, damit eine solche Erfindung patentfähig ist (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 313 BGE 120 II 312 S. 313 A.- British American Tobacco Company Ltd, de siège social à Londres, bénéficie d'un brevet d'invention suisse - délivré le 15 avril 1988, avec droit de priorité depuis le 24 mai 1985. Ce brevet a pour objet une cigarette d'un diamètre inférieur à celui des modèles traditionnels; malgré qu'elle contienne moins de tabac, la cigarette brevetée permettrait au consommateur de tirer autant de bouffées que les cigarettes ordinaires, car elle se consumerait plus lentement lorsque le fumeur ne tire aucune bouffée. Complétée par huit revendications subordonnées, la revendication principale du brevet est libellée comme suit: "Cigarette comprenant une tige de tabac, laquelle présente une charge de tabac et une enveloppe en papier, caractérisée en ce que la circonférence de ladite tige est comprise entre 10 et 19 mm, en ce que la vitesse de combustion libre de la tige est comprise entre 25 et 50 mg min-1 et en ce que la densité de remplissage de ladite charge de tabac est comprise entre 150 et 350 mg/cm3.". B.- Sur requête de la société Fabriques de Tabac Réunies S.A., la Cour de justice du canton de Genève a, par arrêt du 24 septembre 1993, constaté la nullité du brevet accordé et ordonné la radiation de celui-ci. C.- Agissant par la voie du recours en réforme au Tribunal fédéral, British American Tobacco Company Ltd a conclu à l'annulation de l'arrêt attaqué, ainsi qu'à la constatation de la validité du brevet litigieux. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours dans la mesure où il était recevable et a confirmé l'arrêt déféré. Erwägungen Extrait des considérants: 2. La Cour de justice estime que le brevet litigieux est nul pour différentes raisons. Alors qu'elle semble laisser ouverte en définitive la question de l'existence d'une invention de combinaison et celle de la nouveauté de ladite invention, elle nie qu'il y ait eu activité créatrice suffisante pour justifier l'octroi d'un brevet; de plus, selon elle, le procédé n'est pas exposé, dans le fascicule du brevet, de façon telle qu'un homme du métier puisse la réaliser et la fabriquer de manière répétitive. Dans son écriture de recours, la défenderesse examine les notions d'invention de combinaison, de nouveauté, d'activité créatrice et de réalisation de l'invention, mais laisse de côté la question de l'application répétée du procédé présenté. La demanderesse considère ainsi BGE 120 II 312 S. 314 que la partie adverse admet implicitement le bien-fondé de ce motif de nullité et elle conclut, pour cette raison notamment, au rejet du recours. Le fait que la défenderesse n'a pas contesté ce point de la motivation ne signifie nullement qu'elle admet la solution de la cour cantonale. Par contre, on peut se demander si, en raison de cette omission, le recours interjeté est recevable, puisque, selon la jurisprudence, toutes les motivations indépendantes à l'appui d'une décision doivent être attaquées sous peine d'irrecevabilité du recours en réforme ( ATF 117 II 432 consid. 2a et les arrêts cités). Si, au moyen du procédé proposé, la possibilité d'atteindre le même résultat de manière certaine et, donc, de façon répétée n'est pas établie avec un haut degré de vraisemblance, la relation causale entre l'emploi des forces naturelles et le résultat souhaité ne peut être mise en évidence, car elle dépend du hasard; partant, l'inventeur n'arrive en définitive pas à exprimer ce procédé de manière claire et il n'est pas habilité à le révéler. Ainsi, une invention de nature technique est brevetable uniquement si son auteur maîtrise la question de la causalité et si celle-ci n'est pas le fruit du hasard. La question s'est surtout posée en relation avec l'octroi de brevets en matière d'horticulture et d'élevage d'animaux; dans ces domaines, les aléas de la génétique exercent une influence sensible sur les résultats obtenus (BGHZ 52, 74, 84 s., "Rote Taube"; A. TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3ème éd., T. I, p. 151 s.; BENKARD/BRUCHHAUSEN, Kurz-Kommentar, 9ème éd., Munich 1993, n. 72 ad § 1 DPatG). Selon les explications de la défenderesse relatives au caractère réalisable de l'invention, l'aboutissement de ses recherches repose exclusivement sur des paramètres ayant une efficacité constante à l'intérieur de marges de tolérance données et qu'elle estime avoir exposés de manière satisfaisante, à l'attention des spécialistes, dans le fascicule du brevet. Ainsi, elle soutient d'une certaine manière que le procédé développé est susceptible d'être appliqué de manière répétitive. De la sorte, son recours satisfait, pour le moins, aux exigences de motivation de l' art. 55 al. 1 let . c OJ. 3. a) En vertu de l' art. 67 ch. 2 al. 2 OJ , les parties peuvent invoquer des faits et des moyens nouveaux se rapportant à des questions techniques, si elles n'ont pu les faire valoir devant la juridiction cantonale ou si elles n'avaient aucune raison de le faire. La jurisprudence interprète strictement ces conditions, au motif que cette disposition n'est pas destinée à faciliter la tâche des plaideurs qui n'ont pas fait preuve de toute la diligence requise dans l'instance cantonale. BGE 120 II 312 S. 315 La défenderesse ne prétend pas avoir été dans l'impossibilité de requérir des témoignages relatifs à des questions d'ordre technique devant la juridiction cantonale ou de n'avoir eu aucune raison de le faire. De plus, selon ses propres explications, elle a renoncé à demander que l'expertise administrée soit complétée. Partant, il n'y a pas lieu d'entrer en matière sur la requête en complément de preuves contenue dans le recours en réforme (POUDRET, COJ II, n. 6.2 ad art. 67 OJ ). b) Reste à analyser s'il existe un motif d'examiner d'office les faits d'ordre technique et d'ordonner à cet effet d'éventuelles mesures probatoires sur la base de l' art. 67 ch. 1 OJ . Selon cette disposition, le Tribunal fédéral a la possibilité, sur requête ou d'office, de reconsidérer les constatations de nature technique faites par la juridiction cantonale et d'administrer de nouvelles preuves. Il ne fait usage de cette possibilité qu'avec réserve car ladite règle légale n'a pas pour but de transformer les recours en réforme, en matière de brevets, en appel pur et simple. En effet, il n'est pas obligé de revoir systématiquement les faits de nature technique. Cette disposition doit simplement lui permettre d'obtenir des éclaircissements dans les cas où le traitement juridique de la cause l'exige parce qu'il éprouve des doutes quant à l'exactitude ou à la pertinence de certaines constatations du juge du fond relatives à des questions de nature technique ou parce qu'il lui est nécessaire de disposer d'informations supplémentaires pour maîtriser un état de fait d'ordre technique. Toutefois, si les pièces du dossier permettent de comprendre tous les faits présentés et si les constatations des juges précédents se révèlent exhaustives et évidentes pour la résolution des questions juridiques pertinentes, le Tribunal fédéral se doit d'appliquer, également dans les causes en matière de brevets, la prescription générale de l' art. 63 al. 2 OJ . En d'autres termes, le Tribunal fédéral considère que l' art. 67 ch. 1 OJ ne lui confère pas un plein pouvoir d'examen dans ce type de litiges; cette disposition lui attribue seulement la faculté de réexaminer les faits de nature technique déterminés par la cour cantonale lorsque ceux-ci méritent d'être complétés ou rectifiés (sur l'ensemble de la question, cf. WALTER, Die Tatsachenüberprüfung durch das Bundesgericht im Patentprozess, in RSPI 1993, p. 1/9 ss, 20 s.). Il y a lieu de s'en tenir à cette jurisprudence malgré les critiques dont elle fait depuis longtemps l'objet (cf. DAVID, Der Rechtsschutz im Immaterialgüterrecht, in Schweizerisches Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht, T. I/2, p. 204 s.). BGE 120 II 312 S. 316 La Cour civile a mandaté trois experts pour élucider les questions de nature technique. Ceux-ci ont déposé un rapport commun, comportant un exposé des faits clair, complet et dénué de contradictions, établi sur la base des questions des parties. Le contenu de ce rapport - sur lequel se fonde l'arrêt attaqué - permet d'apporter une réponse à toutes les questions juridiques qui se posent en l'espèce. Il comporte certes des opinions divergentes; celles-ci s'expliquent toutefois en raison des notions juridiques indéterminées employées: par exemple, les notions d'évidence et d'homme du métier de compétence moyenne; le juge est seul habilité à en déterminer la portée juridique ( ATF 118 Ia 144 consid. 1a p. 146). Partant, il n'existe aucun motif de revoir les constatations de nature technique contenues dans l'arrêt entrepris. 4. a) La défenderesse estime que la découverte pour laquelle elle réclame la protection du brevet constitue une invention de combinaison, distincte de la simple juxtaposition. Depuis de nombreuses années, la jurisprudence a relativisé la distinction - déjà ancienne - opérée entre la combinaison, fusion fonctionnelle d'éléments distinctifs connus, et la juxtaposition (cf. ATF 69 II 180 consid. 4), par l'abandon de la théorie dite de la somme ("Summentheorie"; ATF 69 II 421 consid. I/2). L'invention de combinaison - qui, selon le Tribunal fédéral, ne constitue pas une catégorie spéciale d'invention ( ATF 82 II 238 consid. 3d) - se singularise, dans la conception actuelle, en raison de sa situation particulière sous l'angle du critère de l'évidence; en effet, l'activité inventive se caractérise alors par la conjonction de plusieurs éléments qui, pris isolément, ne constituent pas nécessairement une invention (TROLLER, op.cit., p. 186 ss). Sont protégées la réunion inédite des différents éléments et l'affectation technique, c'est-à-dire fonctionnelle, de ces éléments dans la combinaison finale et leur utilisation à cette fin (BENKARD/BRUCHHAUSEN, n. 78 ad § 1 DPatG). Lorsque les éléments combinés sont connus, l'activité inventive consiste en leur amalgame. Celui-ci doit comporter une nouveauté et contribuer au progrès de la technique. On ne peut parler d'innovation si l'homme du métier moyennement compétent arrive à réaliser cet amalgame sur la base de ses seules connaissances (BENKARD/BRUCHHAUSEN, n. 34 s. ad § 4 DPatG): en pareil cas, la combinaison ne constitue pas une chose nouvelle; les techniciens ont la possibilité d'appliquer le procédé librement et l'octroi d'un brevet ne se justifie pas. Dans le cas contraire, l'invention est susceptible de protection. Par conséquent, le critère de l'évidence constitue également, dans le domaine de l'invention par combinaison, une BGE 120 II 312 S. 317 caractéristique de l'activité créatrice, sans que les moyens combinés soient nécessairement modifiés dans leur fonction ou que l'amalgame produise un effet de synergie (cf. CHAVANNE/BURST, Droit de la propriété industrielle, 4ème éd., Paris 1993, p. 88, no 105). b) Le domaine des inventions brevetables s'étend au-delà de la zone qui se situe entre l'état connu de la technique et les connaissances et facultés de développement de l'homme du métier normalement compétent dans sa spécialité. Pour mériter la protection d'un brevet, la solution proposée doit témoigner d'un effort créatif: un développement ordinaire à la portée de tout homme du métier moyennement formé ne suffit pas ( ATF 114 II 82 consid. 2a, ATF 102 II 370 consid. 1 p. 372; ATF in RSPI 1989, p. 255 consid. 3 et 1990, p. 133 consid. 2b). Ces exigences relatives à l'activité inventive, exprimée dans la loi au moyen du concept de la non-évidence ( art. 1 al. 2 LBI ), correspondent en principe, si l'on se fonde sur la jurisprudence, avec celles qui étaient rattachées sous l'ancien droit à la notion de niveau d'invention (ATF in RSPI 1993, p. 144 consid. 2a et 1990, p. 133 consid. 2b; cf., également, RITSCHER/RITSCHER, Der fiktive Fachmann als Massstab des Nichtnaheliegens, in Kernprobleme des Patentrechts, p. 263/265). L'expression allemande "naheliegend" (cf. art. 1 al. 2 LBI ) exprime d'ailleurs de manière plus claire que les termes français ("évident"), italien ("evidente") ou que le terme anglais "obvious" [cf. art. 56 de la Convention du 5 octobre 1973 sur la délivrance de brevets européens (CBE); RS 0.232.142.2] ce que l'on entend par invention non comprise dans l'état de la technique (cf. SINGER/SINGER, Taschenkommentare zum gewerblichen Rechtsschutz, n. 4 ad art. 56 CBE ; PAGENBERG, Münchner Gemeinschaftskommentar, n. 53 et 72 ad art. 56 CBE ). Ainsi, une découverte est brevetable seulement si l'homme de l'art ne peut la réaliser par des expérimentations simples dans le domaine de recherche de la branche considérée; le fait qu'elle n'est pas patente ou qu'elle ne "saute pas aux yeux" ne suffit pas à cet égard (PAGENBERG, n. 53 ad art. 56 CBE ). La notion d'évidence permet de délimiter la zone qui s'étend entre l'état - déjà connu - de la technique et le domaine de l'innovation. Cette zone appartient encore à la technique; on la détermine par référence à la connaissance et au savoir-faire de l'homme du métier normalement compétent dans le domaine concerné. Ce personnage fictif est doté de facultés logiques et non pas d'intuition ou de capacité associative (RITSCHER/RITSCHER, op.cit., p. 272 et 275). Comme les Directives BGE 120 II 312 S. 318 européennes le précisent (C-IV, 9.3; cf. SINGER/SINGER, n. 4 ad art. 56 CBE ), l'amélioration est "évidente" si elle découle manifestement ou logiquement de l'état de la technique et ne dépasse pas l'évolution technologique ordinaire (MATHÉLY, Le droit européen des brevets d'invention, Paris 1978, p. 126 in initio); ne doit pas être prise comme critère, à cet égard, l'ingéniosité particulière d'un homme de l'art particulièrement compétent. En matière d'inventions de combinaison pour lesquelles tous les moyens ou plusieurs d'entre eux sont connus, l'évidence résulte de ce que la technique inspire logiquement à l'homme du métier l'idée de les assembler (PAGENBERG, n. 76 ad art. 56 CBE ; MATHÉLY, op.cit., p. 132). Il faut donc examiner si l'état de la technique a suggéré la combinaison de tous les éléments, compte tenu de leur fonction au sein de l'ensemble, ou a fourni des informations à cet égard (BENKARD/BRUCHHAUSEN, n. 33 ad § 4 DPatG). Si tous les moyens combinés sont connus, la question de l'activité inventive doit être examinée avec une attention toute particulière. Une activité peut être taxée d'inventive lorsque les éléments réunis réalisent un résultat d'ensemble inédit et fournit à la technique une application nouvelle. Elle doit être niée si l'homme du métier est en mesure de découvrir la combinaison grâce à une simple mise en oeuvre de ses compétences (BENKARD/BRUCHHAUSEN, n. 34 ad § 4 DPatG). Il ne se justifie pas, en matière de combinaisons nouvelles - domaine actuellement le plus important des inventions examinées - d'exiger, à côté de la question des capacités déductives de l'homme du métier, la réalisation de conditions différentes de celles prises en compte pour les autres types d'invention: ces exigences ne doivent être ni plus élevées, comme le prévoit le droit américain (PAGENBERG, n. 135 ad art. 56 CBE , spécialement la note 311), ni moins strictes, dans ce sens que seules les combinaisons non patentes constitueraient le résultat d'une activité inventive - dans la mesure du moins où la notion de caractère patent diffère de la notion d'évidence (PAGENBERG, n. 135 s. ad art. 56 CBE ). c) La défenderesse réclame la protection d'un brevet pour sa cigarette, résultat de la combinaison des trois éléments que sont le diamètre, la densité de remplissage et la vitesse de combustion libre. Elle ne critique pas les constatations de fait de l'instance cantonale selon lesquelles ces trois éléments, pris séparément, et la combinaison des deux premiers étaient déjà connus au moment du dépôt de la demande de brevet. Elle est toutefois d'avis que leurs effets combinés n'étaient nullement évidents pour l'homme du métier, compte tenu des chiffres de référence proposés. BGE 120 II 312 S. 319 Dans leur rapport, les experts ont constaté que le diamètre et la densité de remplissage de la cigarette, mentionnés dans le fascicule du brevet, ne présentaient pas un aspect de nouveauté puisque le fabricant de la cigarette TEN CENT avait déjà combiné ces deux moyens dans les mêmes proportions. Par contre, ils n'ont pas été capables de déterminer si cette cigarette - qui n'est plus fabriquée actuellement - présentait une vitesse de combustion libre semblable à celle figurant dans le fascicule du brevet, à savoir une vitesse oscillant entre 25 et 50 mg min-1. Selon les explications convaincantes des experts, cette vitesse de combustion dépend essentiellement du diamètre et de la densité de remplissage de la cigarette, mais également de la qualité du papier - en particulier de sa porosité - et du tabac - notamment de sa composition et de sa teneur en humidité; la vitesse de combustion est ainsi dépendante de paramètres qu'il n'est plus possible de déterminer, en raison de l'ancienneté des échantillons de cigarettes TEN CENT en main des experts. Selon les conclusions pertinentes de ceux-ci, l'homme du métier, en 1985, savait que, pour rester allumée, la cigarette doit se consumer à raison de 5 à 6 mm min-1, lorsque le fumeur ne tire pas de bouffée. Grâce à l'article de Resnik, il connaissait également la relation mathématique existant entre cette vitesse de combustion linéaire et la vitesse de combustion libre, exprimée en mg min-1. En conclusion, les experts estiment qu'à la date de priorité du brevet l'homme de l'art maîtrisait la combinaison proposée, même si, en raison de l'état de la technique, la solution préconisée ne s'imposait pas à lui "de façon certaine" ou d'une "manière particulièrement évidente". La Cour de justice se rallie à cet avis et considère ainsi, sur un plan juridique, que la combinaison décrite dans le fascicule du brevet ne constitue pas le résultat d'une activité inventive. La conception des juges cantonaux est conforme au droit fédéral. Si, à l'époque déterminante, l'homme du métier connaissait, d'une part, les éléments de l'ensemble que sont le diamètre et la densité de remplissage et, d'autre part, la vitesse de combustion libre minimale pour éviter que la cigarette ne s'éteigne en l'absence de tirage de bouffée, la constitution de l'amalgame dans un but d'exploitation commerciale devait lui apparaître évidente. La défenderesse objecte, dans ce contexte, que le calcul de la vitesse de combustion nécessaire, effectué dans l'article de Resnik, concernait une cigarette de dimension ordinaire; il lui échappe toutefois que les experts ont précisé dans leur rapport qu'en l'état de la technique, l'homme du métier aurait pu, par extrapolation, déterminer ce BGE 120 II 312 S. 320 paramètre pour une cigarette de plus petite dimension. De plus, ils ont spécifié que si l'homme de l'art n'était pas en mesure de chiffrer, sur la base de l'article de Resnik, quelle était la vitesse de combustion libre d'une cigarette de la dimension proposée, il ne pouvait ignorer que celle-ci devait être inférieure à 60 mg min-1. Ainsi, il ressort de ces constatations que l'homme du métier pouvait logiquement aboutir à la combinaison, objet du brevet, sans effort inventif particulier. Les réserves émises par les deux experts étrangers selon lesquelles la combinaison ne résultait pas de façon certaine ou de manière particulièrement évidente de l'état de la technique ne sont pas déterminantes au regard du droit suisse, car ces restrictions se réfèrent au caractère patent de la combinaison et non à la notion d'évidence (cf., supra, consid. 4b in fine). En définitive, l'examen technique de la solution brevetée a permis de conclure, de manière convaincante, au caractère évident de la combinaison proposée. Les indices d'une activité inventive mentionnés par la défenderesse ne permettent pas de faire échec au résultat de cet examen. Certes, il n'est nullement contestable que le succès commercial, la victoire sur un préjugé ou des tentatives antérieures infructueuses des spécialistes d'atteindre un résultat équivalent constituent de tels indices (TROLLER, op.cit., p. 172 ss; CHAVANNE/BURST, op.cit., p. 57 ss, no 57). Toutefois, ceux-ci doivent également être examinés en rapport avec l'état connu de la technique au moment de la demande de brevet. En l'espèce, il y a ainsi lieu de comparer l'activité inventive alléguée par la défenderesse avec celle liée à la fabrication de la cigarette TEN CENT. Or, il ne ressort ni des constatations souveraines de la cour cantonale, ni des explications de la défenderesse que la cigarette, objet du brevet litigieux, présente des avantages en comparaison de la cigarette prise comme étalon. Ainsi, dans la mesure d'ailleurs où elles sont admissibles au regard des dispositions des articles 55 al. l let. c, 67 chif. 2 2ème phrase et 63 al. 2 1ère phrase OJ, les allégations contenues dans le recours en réforme ne permettent pas, sur la base de l'expérience générale de la vie, de conclure à l'admission du recours.
public_law
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1,994
CH_BGE
CH_BGE_004
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Federation
6d152ead-1a54-4581-88c2-c28edd362d3a
Urteilskopf 80 I 355 57. Arrêt du 26 novembre 1954 dans la cause Administration fédérale des contributions contre Commission vaudoise de recours en matière d'impôt et B.
Regeste Art. 2 lit. b MStG . Die Untauglichkeit zufolge eines Unfalls auf dem Heimwege aus dem Militärdienst am Entlassungstag gilt nicht als Steuerbefreiungsgrund, wenn sich der Unfall anlässlich eines Umweges ereignete.
Sachverhalt ab Seite 356 BGE 80 I 355 S. 356 A.- B., né en 1923, a été déclaré apte au service en 1941 et a servi, en 1943, dans une école de recrues. Il a ensuite fait diverses périodes de service actif, puis il a suivi deux cours de répétition, l'un en 1947 et l'autre en 1948. Pendant ce dernier cours, il s'est annoncé au médecin de troupe pour une contusion au genou gauche, le 3 septembre; mais cet accident ne l'a pas empêché de continuer à faire son service. Le 11 septembre, après avoir été licencié à Fribourg, au lieu de regagner directement son domicile, il voulut se rendre à Châtel-St-Denis sur sa motocyclette privée, pour un motif personnel. En cours de route, il fut victime d'un accident de la circulation: Déporté sur la partie gauche de la chaussée dans un tournant, il entra en collision avec une automobile qui venait en sens inverse. Il subit une distorsion du genou gauche avec épanchement et diverses ecchymoses à la cuisse et à la jambe gauche, qui nécessitèrent une hospitalisation de quinze jours. A sa sortie de l'hôpital, il était guéri. Depuis lors, B. a suivi encore deux cours de répétition, en 1949 et en 1950. Pendant cette dernière période, il s'est annoncé deux fois à la visite sanitaire; la première fois, le 24 août, le médecin de troupe diagnostiqua une légère arthrose du genou gauche avec un peu de tendinite, la seconde fois, le 7 septembre, des douleurs chroniques dans le genou gauche avec une légère hydrarthrose. Le médecin demanda alors une radiographie en signalant de plus que, lors de chaque marche, le malade ressentait des douleurs violentes dans les deux genoux. La radiographie fut faite le 8 septembre 1950, avant le licenciement. Elle révéla une "ombre de Stieda" sur le côté médian du genou droit et en outre un "tuberculum très grossier" BGE 80 I 355 S. 357 au genou gauche. Le 24 septembre suivant, B. se fit annoncer à l'Assurance militaire fédérale pour un rhumatisme du quadriceps gauche. Il fut déclaré guéri le 16 octobre. Le 18 août 1952, il entra au service pour un cours de répétition, mais il fut dispensé le même jour déjà. Le médecin de troupe nota: "A citer devant CVS avec radiographies pour 250/56 b IAS hanche gauche" (arthronose déformante). En 1953, entré au service, le 4 mai, il fut dispensé comme l'année précédente, avec une remarque identique. Le 5 août suivant, il comparut devant une CVS. Sur le vu d'un rapport de la visite sanitaire d'entrée, qui mentionnait: "arthrose iliaque bilatérale d'origine" et d'un certificat du Dr Graf, à Lausanne, portant le même diagnostic, la CVS prononça l'exemption absolue en vertu des ch. 250/56 b IAS (prémentionné) et 29 a (rhumatisme articulaire chronique). Enfin, le 21 avril 1954, B. s'est à nouveau fait annoncer à l'Assurance militaire fédérale. Son médecin traitant, après avoir pris l'avis d'un chirurgien, diagnostiqua une arthrite déformante des deux hanches, surtout marquée à gauche, et posa la question d'un rapport de causalité éventuel entre l'accident survenu en 1948 et l'état actuel du patient. Il exprima enfin l'avis que seule une expertise permettrait de trancher cette question. B.- Astreint au paiement de la taxe d'exemption, B. a demandé à en être exonéré de par l'art. 2 litt. b LTM. Le 26 janvier 1954, la Commission vaudoise de recours en matière d'impôt a admis la demande d'exonération, en bref par les motifs suivants: B. a été réformé pour une arthrose déformante du genou gauche et un rhumatisme de la cuisse gauche. Etant donné qu'il ne souffre d'aucune douleur dans d'autre régions de l'organisme, cette double affection est certainement la conséquence lointaine de l'accident survenu au service, le 11 septembre 1948. C.- Contre cette décision, l'Administration fédérale BGE 80 I 355 S. 358 des contributions a formé, en temps utile, un recours de droit administratif. Dans son recours et sa réplique, elle argumente en bref comme il suit: L'arthronose iliaque déformante pour laquelle B. a été réformé est une affection d'origine organique. Elle n'a été ni provoquée ni aggravée par les accidents survenus au service. La contusion au genou gauche, annoncée au médecin de troupe, le 3 septembre 1948, était sans aucune gravité et n'a pas nécessité de soins spéciaux. On doit en revanche admettre qu'il y a probablement tout au moins un lieu de causalité entre l'accident survenu en 1948 et les premiers symptômes d'arthrose constatés en 1950. Mais cet accident est survenu alors que B., au lieu de rentrer directement chez lui après le licenciement de la troupe, avait pris un chemin détourné, ce qui constituait une violation de ses devoirs de service. De plus, il a gravement violé les règles de la circulation, de sorte que, même si l'on se refuse à admettre que l'affection qui a entraîné la réforme est une maladie constitutionnelle, on doit néanmoins refuser l'exonération requise de par l'art. 2 litt. b LTM, car, étant donné les fautes commises par B., on ne saurait admettre l'existence du lien de causalité qu'exige la loi. Ce n'est pas le service qui est cause de l'accident, ce sont les fautes commises. D.- La Commission vaudoise de recours en matière d'impôt conclut au rejet du recours. Elle allègue en résumé: Il est incontestable que B. a commis une faute. Mais, étant donné qu'en cas d'accident survenu au service il y a très souvent faute de la victime, il faudrait fréquemment aussi apprécier la gravité de la faute pour décider de l'exonération de la taxe si l'on admettait que la faute peut exclure le rapport de causalité. Cela aurait des conséquences graves et n'est pas désirable du point de vue de la jurisprudence. E.- B. conclut, lui aussi, au rejet du recours. BGE 80 I 355 S. 359 Erwägungen Considérant en droit: 1. L'art. 2 litt. b LTM exonère de la taxe d'exemption le militaire qui est devenu inapte au service par suite de ce service. Cette disposition légale exige donc qu'il y ait, entre le service militaire et l'inaptitude, une relation de causalité adéquate. Les actes dommageables qui entraînent finalement l'inaptitude, en particulier ceux qui provoquent un accident, devront, par conséquent, apparaître comme des actes de la vie militaire. 2. Dans la présente espèce, B. allègue qu'il y a, entre l'accident de motocyclette du 11 septembre 1948 et la maladie, cause de son inaptitude, un lien de causalité qui justifie l'application de l'art. 2 litt. b LTM. Pour qu'un tel lien puisse exister, il faudrait, selon les règles rappelées plus haut, que la course à motocyclette pendant laquelle le recourant a fait une chute puisse être considérée comme un acte de la vie militaire. En principe, le service militaire comprend le jour de l'entrée au service et celui du retour; il en va ainsi du point de vue disciplinaire et pénal (art. 24 III du règlement de service qui était en vigueur en 1948), de même pour le paiement de la solde (art. 11 al. 2 de l'AF du 30 mars 1949 concernant l'administration de l'armée suisse) et pour le port de l'uniforme (art. 126 du règlement de service). Rentrent généralement au nombre des actes de la vie militaire tous les actes accomplis pendant la période ainsi fixée. Sans doute les actes de cette catégorie ne sont-ils pas tous spécifiquement militaires ou absolument commandés par des nécessités militaires. Ainsi, par exemple, les actes licites que le militaire accomplit pendant ses loisirs pour se délasser et se distraire seront, bien qu'ils n'aient rien de spécifique, considérés comme des actes militaires, parce qu'il est normal, utile, voire même nécessaire pour la bonne marche du service, que de tels actes soient accomplis. Il n'en va pas de même du trajet que fait un militaire BGE 80 I 355 S. 360 après le licenciement pour rentrer chez lui par une voie détournée. Sans doute, le jour du licenciement compte-t-il au nombre des jours de service. Mais l'art. 155 du règlement de service précise qu'après le licenciement, le militaire doit rentrer chez lui par la voie la plus courte; s'il entend faire un détour, il doit en demander l'autorisation à son commandant d'unité. Quelle que soit du reste la pratique suivie et même s'il est d'usage que les supérieurs hiérarchiques n'exigent pas strictement que leurs subordonnés se munissent d'une autorisation pour les détours qui leur permettent encore de regagner leur domicile le jour même, il n'en reste pas moins que de tels détours sont en eux-mêmes et dès le principe en dehors de la vie militaire; ils ne peuvent être pour elle d'aucune utilité et le militaire, sauf mission de service exceptionnelle, ne les fait que pour des raisons strictement personnelles. On ne peut donc les assimiler aux actes de service comme on le fera, par exemple, pour les actes accomplis pendant les loisirs. Il suit de là qu'avec ou sans autorisation de son supérieur, dès lors qu'il se détournait de la voie la plus courte, B. n'accomplissait plus un acte militaire en rentrant chez lui après le licenciement. L'accident dont il a été victime ne peut être considéré comme un accident militaire et, supposé qu'il ait entraîné ou seulement aggravé une maladie ou une infirmité qui entraîne l'inaptitude, on ne pourrait dire, de ce fait, que l'inaptitude soit une conséquence du service. 3. En revanche, il faut présumer que la contusion du genou gauche que B. a annoncée au médecin de troupe, le 3 septembre 1948, était due à un acte de la vie militaire. Mais, contrairement à ce qu'affirme le recourant, rien ne permet d'admettre qu'il se soit agi là d'une contusion violente. Le médecin l'a manifestement jugée légère et elle n'a eu aucune suite puisqu'elle n'a entraîné aucune interruption de service, n'a pas nécessité de ménagements spéciaux et que l'homme ne s'est pas annoncé à la visite sanitaire de sortie. BGE 80 I 355 S. 361 On ne saurait donc admettre qu'elle ait pu provoquer, ni même aggraver l'arthronose déformante et le rhumatisme chronique qui ont justifié la réforme de B. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet le recours, annule la décision attaquée et constate que B. n'a pas droit à l'exonération de la taxe d'exemption en vertu de l'art. 2 litt. b LTM.
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Urteilskopf 119 Ib 166 20. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Februar 1993 i.S. Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM) gegen SRG und UBI (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 4 Konzession SRG; kritischer Fernsehbeitrag über den Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis (VPM). 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts und der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (E. 2). 2. Zusammenfassung der konzessionsrechtlichen Anforderungen an einen Fernsehbeitrag (E. 3a). Konzessionsrechtliche Beurteilung der Mitwirkungsverweigerung des Betroffenen (E. 3b). 3. Auch wenn der Beitrag über den VPM anders und in einzelnen Punkten besser hätte gestaltet werden können, rechtfertigt sich ein Eingreifen des Bundesgerichts nicht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 119 Ib 166 S. 167 Im Rahmen der Sendung "Fragmente" strahlte das Fernsehen DRS am 11. April 1991 einen kritischen Beitrag über den "Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis" (im weiteren: VPM) aus. Weil sich dieser geweigert hatte, an der Sendung mitzuwirken, sah sich die Redaktion für ihren Beitrag "bei anderen Informanten" um. Verschiedene Personen erhielten dabei Gelegenheit, sich über ihre mit dem VPM gemachten (negativen) Erfahrungen vor der Kamera zu äussern. In einem längeren Abschnitt rollte der Beitrag die Vereinsgeschichte auf und informierte - wiederum kritisch - über Leben und Wirken von Friedrich Liebling, dessen Lehren der Vereinsphilosophie des VPM zugrunde liegen. Eugen Sorg, ehemaliges Mitglied der "Zürcher Schule" und Verfasser eines kritischen Buches über den VPM, erläuterte die Vereinsstrukturen, wobei er Annemarie Buchholz-Kaiser als "unbestrittene Leiterin" und "verehrte Führerin" bezeichnete. Man sei entweder für oder gegen sie, "etwas zwischendurch" gebe es nicht; wenn man gegen sie sei, so "ist man draussen". Unter Hinweis darauf, dass die Redaktion VPM-Vertreter in einem Studiogespräch gerne mit den verschiedenen Vorwürfen konfrontiert hätte, dies jedoch nicht möglich sei, weil der Verein die Sendung "boykottiere", leitete der Moderator eine Sequenz über Probleme bei den Dreharbeiten und über den schwierigen Umgang des VPM mit den Medien ein. Das Vereinsporträt schloss mit einem Gespräch mit dem langjährigen Direktor der Psychiatrischen Poliklinik der Universität Zürich, Professor Kind, und einem Zitat eines ehemaligen Gründungsmitglieds, wonach der VPM insgesamt "die Qualität einer totalitären weltlichen Organisation" erlange und "am ehesten mit dem Stalinismus zu vergleichen" sei, wofür "insbesondere auch die Säuberungen und Schauprozesse im Innern" sprechen würden. Diese BGE 119 Ib 166 S. 168 glichen ihren russischen Vorbildern zum Teil bis ins Detail; "allein die Exekution am Ende" fehle. Der VPM beanstandete den "Fragmente"-Beitrag bei der Unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, welche die Beschwerde am 6. Dezember 1991 mit der Begründung abwies, die Reportage habe die Vielfalt der Ansichten angemessen und sachgerecht zum Ausdruck gebracht. Wenn durch die Weigerung des VPM, an der Sendung mitzuwirken, sein Standpunkt weniger deutlich zum Ausdruck gekommen sei als jener seiner Kritiker, so habe er sich dies selber zuzuschreiben. Es liege in der Natur der Sache, dass bei einer Mitwirkungsverweigerung die zur Ausstrahlung gelangende Sendung die Vielfalt der Ansichten nicht ebenso authentisch zum Ausdruck bringen könne, wie dies sonst der Fall wäre. Der VPM reichte gegen den Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Er macht geltend, der beanstandete Beitrag habe "in völlig unkritischer und unreflektierter Weise unhaltbare und wahrheitswidrige Tatsachenbehauptungen selbst aufgestellt und solche einer Reihe von erklärten Gegnern des Beschwerdeführers verbreitet, wichtige Informationen unterschlagen, stossende Äusserungen Dritter verbreitet, versucht, die Zuschauer zu täuschen und sich dabei (in) einer Weise in hängige Gerichtsverfahren eingemischt, die im Ergebnis eine unzulässige Vorverurteilung bedeutete". Das Gebot der Darstellung der Vielfalt der Ansichten wie die journalistische Sorgfaltspflicht seien wiederholt verletzt worden. Der Autor der Sendung sei voreingenommen gewesen, habe die Sendung unsorgfältig vorbereitet und die darzustellenden Sachverhalte ungenügend recherchiert. Der Beitrag habe Tatsachendarstellungen und subjektive Meinungsäusserungen in unzulässiger Weise vermischt und missbräuchlich beschaffte Informationen und anonyme Quellen verwendet. Die II. öffentlichrechtliche Abteilung hat die beanstandete Sendung am 2. Februar 1993 visioniert. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 2. a) aa) Dem Bundesgericht stellen sich bei der Prüfung von Fernsehsendungen die gleichen Rechtsfragen wie der Unabhängigen Beschwerdeinstanz, nämlich, ob eine oder mehrere beanstandete BGE 119 Ib 166 S. 169 Sendungen Programmbestimmungen der Konzession verletzt haben (Art. 21 des inzwischen aufgehobenen Bundesbeschlusses vom 7. Oktober 1983 über die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen, BB UBI; AS 1984, 153) oder ob "Programmbestimmungen" des Radio- und Fernsehgesetzes, "seiner Ausführungsvorschriften oder der Konzession" verletzt worden sind (Art. 65 Abs. 1 des seit dem 1. April 1992 geltenden Bundesgesetzes vom 21. Juni 1991 über Radio und Fernsehen, RTVG; SR 784.40). Verfahrensgegenstand bildet damit nach altem wie nach neuem Recht ausschliesslich die Einhaltung rundfunkrechtlicher Programmbestimmungen. Für angebliche Verletzungen anderer Normen (z.B. Strafrecht, Persönlichkeitsverletzungen etc.) bleiben die ordentlichen Gerichte und entsprechenden Verwaltungsbehörden zuständig. Die Programmaufsicht dient lediglich dem Schutz der unverfälschten Willens- und Meinungsbildung der Öffentlichkeit (vgl. BGE 114 Ib 205 f. E. 2; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 20. Dezember 1991 i.S. Verband Schweizerischer Fabrikanten, Lieferanten und Agenten von Sportartikeln u. Mitb., E. 4b; BBl 1987 III 708; Amtl.Bull. 1989 N 1676, Voten David und Zölch; 1677, Voten von Berichterstatterin Uchtenhagen und Bundesrat Ogi; Amtl.Bull. 1990 S 615, Antrag Rhinow). Soweit der Beschwerdeführer Verletzungen privater Interessen rügt - etwa die rechtswidrige Aufnahme von Gebäuden und Personen -, ist seine Eingabe nicht weiter zu prüfen; zur Geltendmachung solcher Beeinträchtigungen steht der ordentliche Rechtsweg offen. bb) Bundesgericht wie Unabhängige Beschwerdeinstanz haben zu beachten, dass Art. 55bis Abs. 3 BV - im Rahmen der in Abs. 2 aufgestellten Erfordernisse - die Autonomie in der Gestaltung der Programme garantiert. Bei der Grenzziehung zwischen dem, was im Rahmen dieser Gestaltungsfreiheit noch erlaubt ist und was gegen die Konzession verstösst, kann sich für die Unabhängige Beschwerdeinstanz ein eigenständiger Beurteilungsspielraum ergeben, dem das Bundesgericht Rechnung trägt ( BGE 116 Ib 40 E. 2a). b) Den Sachverhalt, der einem Entscheid der Unabhängigen Beschwerdeinstanz zugrunde liegt, prüfte das Bundesgericht bisher, soweit dies nötig war, von Amtes wegen und ohne Einschränkung (vgl. Art. 105 Abs. 1 OG ); entsprechende Rügen nach Art. 104 lit. b OG waren zulässig ( BGE 116 Ib 40 E. 2b). Mit dem Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes hat der Gesetzgeber diese Möglichkeit insofern eingeschränkt, als er das Bundesgericht neu an die Feststellung des Sachverhaltes durch die Unabhängige Beschwerdeinstanz BGE 119 Ib 166 S. 170 als "richterliche Behörde" bindet, soweit dieser nicht offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen ermittelt worden ist (vgl. Art. 75 Ziff. 4 RTVG und Art. 105 Abs. 2 OG in seiner Fassung vom 4. Oktober 1991; Amtl.Bull. 1989 N 1672, Votum des französischsprachigen Berichterstatters Frey). Im vorliegenden Fall wurde die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Inkrafttreten des Radio- und Fernsehgesetzes eingereicht, der angefochtene Entscheid erging aber vor dem 1. April 1992 und betraf eine Sendung, die noch unter altem Recht ausgestrahlt worden war, weshalb die neue Regelung keine Anwendung findet: Der Beschwerdeführer kann uneingeschränkt eine falsche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes rügen (vgl. Art. 104 lit. b OG in Verbindung mit Art. 105 aOG). 3. a) Nach Art. 4 der Konzession vom 5. Oktober 1987 für die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (Konzession SRG; BBl 1987 III 813) sind Ereignisse sachgerecht darzustellen, wobei die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck zu bringen ist. Ansichten müssen als solche erkennbar sein; für Berichterstattung und Kommentare gelten die anerkannten Regeln der journalistischen Berufsausübung (Abs. 2). Das Gebot der Objektivität verlangt, dass sich der Hörer oder Zuschauer durch die in einer Sendung vermittelten Fakten und Meinungen ein möglichst zuverlässiges Bild über den Sachverhalt machen kann und damit in die Lage versetzt wird, sich eine eigene Meinung zu bilden ( BGE 116 Ib 44 E. 5a, unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 23. Juni 1989 i.S. Einwohnergemeinde Zug, E. 2). Das Prinzip der Wahrhaftigkeit verpflichtet den Veranstalter, Fakten objektiv wiederzugeben; bei umstrittenen Sachaussagen ist der Zuschauer so zu informieren, dass er sich selber ein Bild machen kann ( BGE 114 Ib 207 E. 3c). Den konzessionsrechtlichen Beurteilungsmassstab stellt, weil ein Verstoss gegen die Programmanforderungen immer eine objektive Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflicht voraussetzt ( BGE 116 Ib 46 E. 6; BERNARD CORBOZ, Le contrôle populaire des émissions de la radio et de la télévision, in: Mélanges Robert Patry, Lausanne 1988, S. 290), die bei der Vorbereitung und Darstellung des Gegenstandes gebotene Sorgfalt dar ( BGE 114 Ib 208 E. 3c). Die Anforderungen an diese sind nicht allgemein, sondern im Einzelfall mit Blick auf die Umstände sowie den Charakter und die Eigenheit des Sendegefässes zu ermitteln. Wo nicht der Journalist selber Fachmann und Hauptauskunftsquelle ist, sondern Sendungsteilnehmer, gebietet die Sorgfaltspflicht insbesondere eine umsichtige Vorbereitung der BGE 119 Ib 166 S. 171 Sendung (z.B. genügende Vorarbeiten technischer, personeller und konzeptioneller Art; wenn nötig rechtzeitige und ernsthafte Einladung, in zumutbarem Rahmen Gegenposition zu vertreten) und, sofern notwendig, ausgleichende oder richtigstellende Intervention während der Ausstrahlung ( BGE 116 Ib 46 E. 6). b) Die Pflicht, seriös und fair zu recherchieren, hindert den Journalisten nicht daran, sich eine eigene Meinung zu bilden, welche seine Abklärungen beeinflusst, wenn dies dem Publikum ersichtlich ist (vgl. BGE 114 Ib 208 E. 3d; unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 11. Oktober 1990 i.S. Société de la Loterie de la Suisse romande, E. 6). Das Erfordernis der Ausgewogenheit und Sachgerechtigkeit geht nicht so weit, dass eine Berichterstattung vom Willen und der Bereitschaft einer Partei abhängen würde, an einer Sendung teilzunehmen oder Informationen zur Verfügung zu stellen. Im Rahmen ihrer Programmautonomie ist die SRG frei, Gegenstand und Inhalt der Sendungen zu bestimmen (vgl. Art. 55bis Abs. 2 und 3 BV ). Dritte haben keinen Anspruch darauf, dass Beiträge nach ihren Wünschen gestaltet werden (vgl. Art. 5 der Konzession SRG). Konzessionsrechtliche Richtlinie bildet allein das öffentliche Interesse, dass Ereignisse sachgerecht dargestellt werden und die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck kommt. Wird über eine Person oder Organisation berichtet, die ihre Mitwirkung verweigert oder sich der Ausstrahlung widersetzt, ist das Publikum über ihre Gründe angemessen zu informieren; die mit der Mitwirkungsverweigerung naturgemäss verbundene Schwierigkeit, über die Vielfalt der Ansichten ebenso authentisch zu berichten, wie dies möglich wäre, würde der Betroffene mitwirken, ist bei der konzessionsrechtlichen Beurteilung zu berücksichtigen. Die Sorgfaltspflicht gebietet dem Journalisten grundsätzlich jedoch auch in diesem Fall, Meinungsäusserungen Dritter, die auf erkennbar falschen oder unbewiesenen Sachverhaltsdarstellungen beruhen oder in einer dem Thema unangemessenen Art und Weise zum Ausdruck gebracht werden, klarzustellen oder zu korrigieren. Sie verpflichtet ihn dagegen nicht, eine Auffassung zu verteidigen und zu vertreten, welche die direkt betroffene Partei selber nicht bereit war, ihm zu dokumentieren oder zuhanden der Öffentlichkeit darzulegen; es genügt, wenn in einem solchen Fall deutlich wird, dass und inwiefern die Aussage umstritten ist. 4. a) Die Sendung "Fragmente" ist ein "Magazin für ethische Zeitfragen", in dessen Rahmen anspruchsvolle Themen magazinartig behandelt werden. Dass in diesem Sendegefäss über den für Schlagzeilen sorgenden Verein zur Förderung der Psychologischen BGE 119 Ib 166 S. 172 Menschenkenntnis berichtet wurde, ist konzessionsrechtlich nicht zu beanstanden. An einem (auch kritischen) Porträt bestand ein um so grösseres Interesse, als der Beschwerdeführer die Auseinandersetzungen mit seinen Kritikern in Inseratenkampagnen selber an die Öffentlichkeit getragen hatte. b) Der Beschwerdeführer verweigerte der "Fragmente"-Redaktion sowohl bei der Vorbereitung wie der Sendung selber weitgehend seine Unterstützung, wobei er diesen Schritt mit den hängigen Gerichtsverfahren und der angeblichen Befangenheit des verantwortlichzeichnenden Redaktors begründete. Im beanstandeten Beitrag ging es jedoch in erster Linie nicht um Belange, die unmittelbar Gegenstand gerichtlicher Verfahren bildeten (vgl. hierzu BGE 116 Ia 14 ff.), sondern um eine Darstellung des VPM als solchen. Dieser hätte deshalb - eventuell unter Ausklammerung bestimmter Themen oder unter Hinweis auf die angestrengte richterliche Prüfung gewisser Fragen - seine Position ohne weiteres, wie es ihm angeboten worden war, zum Ausdruck bringen können. Der Vorwurf, der verantwortliche Redaktor sei befangen gewesen, stösst insofern ins Leere, als in einer Sequenz mit anschliessendem Studiogespräch über die Schwierigkeiten bei der Vorbereitung der Sendung ausführlich berichtet wurde. Der betroffene Journalist erläuterte dabei, weshalb ihn der VPM für befangen hält und an der Sendung nicht teilnehmen wollte; dem Zuschauer stand es gestützt hierauf frei, den Beitrag im Lichte dieser Informationen zu würdigen. Wenn der betreffende Redaktor sich im Vorfeld der VPM-Tagung vom 19./20. November 1990 mit einem Brief an einen ausländischen Referenten, in dem er sprachlich zweideutig auf die nicht unumstrittene Rolle des VPM in Zürich hinwies, auch nicht gerade geschickt verhalten hat - was dem Beschwerdeführer zuzugestehen ist -, kann aufgrund der Sendung doch nicht gesagt werden, der verantwortliche Journalist sei mit einer vorgefassten Meinung an das Thema herangegangen, die sich in konzessionswidriger Weise in seinem Beitrag niedergeschlagen hätte. d) Die Auswahl der Personen, die Gelegenheit erhielten, über ihre Erfahrungen mit dem VPM zu berichten, beschränkte sich - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht auf "erklärte Gegner", etwa nur Mitglieder der Organisation "Psychostroika": In der Sendung kamen zwei Beamte (Jürg Treichler von der Städtischen Suchtpräventionsstelle und Jean-Pierre Hoby von der Kulturpflege der Stadt Zürich), ein Schulvorsteher (Peter Vonlanthen, Geschäftsleiter des KV Zürich), der Autor eines Buches über den VPM (Eugen BGE 119 Ib 166 S. 173 Sorg) und der langjährige Direktor der Psychiatrischen Poliklinik der Universität Zürich zum Wort. Diese Teilnehmer wurden jeweils sachgerecht vorgestellt; sie äusserten sich zum Thema zwar kritisch, aber nicht in einer Art und Weise, die eine besondere Intervention des Redaktors geboten hätte. Die Aussagen von Eugen Sorg, gegen dessen Buch der VPM offenbar vorgegangen ist, beschränkten sich darauf, die Vereinsstrukturen aus seiner Warte darzustellen und darauf hinzuweisen, dass "eine eigentliche Spaltung besteht zwischen dem Selbstanspruch und der Realität von dieser Organisation. Also der wissenschaftliche Anspruch auf der einen Seite und die fast groteske Unsachlichkeit im Umgang mit Sachproblemen, mit Text und vor allem auch mit Leuten. Das heisst mit Andersdenkenden oder mit Kritikern." Irgendwelche weitergehenden Äusserungen, die Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gebildet hätten, tat er nicht; seine Aussage wurde zudem insofern relativiert, als Professor Kind auf die Frage, was er über Eugen Sorgs Buch denke, erklärte, dass es "auch einige polemische Äusserungen enthalte". Im Zusammenhang mit den Entlassungen beim Kaufmännischen Verein Zürich warf der Journalist die Frage auf, ob es nicht "absolut unverhältnismässig" sei, Lehrer zu entlassen, nur weil sie in der Drogenpolitik eine von der Schulleitung abweichende Meinung verträten. Dass der VPM zu den am Ende des Beitrags zitierten Vorwürfen eines ehemaligen Gründungsmitglieds schliesslich nicht in seinem Sinn Stellung nehmen konnte, hat er seiner Mitwirkungsverweigerung zuzuschreiben; dem Zuschauer wurde mit der gewählten Darstellung - unter konzessionsrechtlichen Gesichtspunkten - hinreichend deutlich gemacht, dass der VPM diesen Vorwurf anders sehen würde. Dem Beschwerdeführer ist insofern recht zu geben, als es der Meinungsbildung hätte dienen können, auch positive Erfahrungen mit dem VPM in den Beitrag aufzunehmen, zumal verschiedene Personen bereit waren, sich in diesem Sinn vor der Kamera zu äussern. Wenn die SRG hierauf verzichtet hat und mit Blick auf die konkreten Vorwürfe nur leitende Mitglieder des Vereins zu Wort kommen lassen wollte, hielt sie sich indessen noch im Rahmen ihrer Programmautonomie. e) In Gesamtwürdigung der Sendung (vgl. BGE 114 Ib 207 E. 3a) kann, ohne dass auf weitere Punkte der unnötig weitschweifigen Beschwerdeschrift noch einzugehen wäre, festgestellt werden, dass der "Fragmente"-Beitrag über den Beschwerdeführer unter Umständen anders und in einzelnen Punkten durchaus auch besser hätte gestaltet BGE 119 Ib 166 S. 174 werden können. Die Erfordernisse der Sachgerechtigkeit und Ausgewogenheit als Kriterien der Objektivität dürfen aber nicht derart streng gehandhabt werden, dass Freiheit und Spontaneität der Programmgestalter verlorengehen. Die in Art. 55bis Abs. 3 BV garantierte Autonomie der Medienschaffenden ist zu wahren; der ihnen bei der Programmgestaltung zustehende Spielraum verbietet es, bereits einzugreifen, wenn eine Sendung allenfalls nicht in jeder Hinsicht voll zu befriedigen vermag (vgl. bereits zitiertes Urteil i.S. Einwohnergemeinde Zug, E. 4).
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6d188d46-1a3f-4a8d-a210-0817211af5d7
Urteilskopf 125 V 256 40. Auszug aus dem Urteil vom 26. Mai 1999 i.S. IV-Stelle des Kantons Zürich gegen A. und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 42 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 IVG ; Art. 35 Abs. 1 und Art. 37 IVV : Massgebender Hilflosigkeitsgrad. Bei Veränderungen der Hilflosigkeit während der einjährigen Wartezeit ist unter Beizug der Entschädigungsansätze in Art. 37 IVV der durchschnittliche Hilflosigkeitsgrad zu ermitteln, welcher für die Berechnung der Hilflosenentschädigung bei Beginn des Anspruches massgebend ist.
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 125 V 256 S. 257 A.- Der 1931 geborene X wurde am 9. Mai 1995 zum Bezug einer Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung angemeldet. Gestützt auf einen Bericht des Abklärungsdienstes der IV-Stelle des Kantons Zürich vom 26. Juni 1995 erliess diese am 25. August 1995 zwei Verfügungen, mit welchen sie A., der Ehefrau des am 23. Juli 1995 verstorbenen X, ab 1. März bis 31. Mai 1995 eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit leichten Grades und für die Monate Juni und Juli 1995 eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit schweren Grades zusprach. B.- Gegen die Verfügung vom 25. August 1995, mit welcher für die Monate März bis Mai 1995 eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit leichten Grades gewährt wurde, erhob A. Beschwerde mit dem Antrag auf Zusprechung einer Entschädigung für schwere Hilflosigkeit ab 1. März 1995. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde hob das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich den angefochtenen Verwaltungsakt auf und stellte fest, für die Monate März bis Mai 1995 bestehe Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit mittleren Grades (Entscheid vom 11. September 1998). C.- Die IV-Stelle führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren um Aufhebung des kantonalen Entscheides. A. äussert sich zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde, ohne einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Beschwerdeführerin und die Vorinstanz stimmen zu Recht darin überein, dass die einjährige Wartezeit im März 1994 begann und der am 23. Juli 1995 verstorbene Ehemann der Beschwerdegegnerin ab März 1994 in leichtem Grade und ab Juni 1994 in schwerem Grade hilflos war. Streitig ist einzig die Frage, ob der Versicherte in der Zeit von März bis Mai 1995 Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit leichten oder aber mittleren Grades hatte, nachdem die Beschwerdegegnerin gegen den vorinstanzlichen Entscheid, mit dem ihrem Begehren nur teilweise entsprochen worden ist, selber nicht Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben hat. Zu prüfen ist, ob und gegebenenfalls wie die Verschlimmerung der Hilflosigkeit während der Wartezeit berücksichtigt werden kann. BGE 125 V 256 S. 258 b) Die Vorinstanz ist zur Auffassung gelangt, es sei nicht einzusehen, weshalb bei einer Invalidenrente allfällige Verschlechterungen der Arbeitsfähigkeit während des Wartejahres einen Einfluss auf die Höhe der Rente bei Beginn des Anspruchs haben könnten, die Hilflosenentschädigung sich bei Beginn des Anspruchs jedoch danach bemessen sollte, in welchem Ausmass ein Versicherter am Anfang des Wartejahres hilflos sei, und eine allfällige Verschlimmerung seiner Hilflosigkeit erst drei Monate nach Ablauf des Wartejahres berücksichtigt werden könnte. Bei einer allfälligen Verschlimmerung der Hilflosigkeit während des Wartejahres sei deshalb in Anknüpfung an die Entschädigungsansätze für die drei Hilflosigkeitsgrade in Art. 37 IVV ein Durchschnittswert während der Wartezeit zu berechnen. Im konkreten Fall ergebe sich bei drei Monaten leichter und neun Monaten schwerer Hilflosigkeit während der Wartezeit eine durchschnittliche Hilflosigkeit von 65% (3 x 20% plus 9 x 80% = 780% : 12 = 65%). Demnach bestehe nach Ablauf der Wartezeit bereits Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung für eine Hilflosigkeit mittleren Grades. Demgegenüber vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, die Höhe der zu gewährenden Hilflosenentschädigung sei nach dem Ausmass der während der Wartezeit bestehenden Hilflosigkeit und nach Massgabe der nach zurückgelegter Wartezeit verbleibenden Hilflosigkeit zu bestimmen. Vorliegend habe ab März 1994 zunächst nur leichte Hilflosigkeit bestanden. Bei Ablauf der Wartezeit im März 1995 habe die schwere Hilflosigkeit erst neun Monate angedauert, weshalb eine Erhöhung der Hilflosenentschädigung - in Anwendung von Art. 88a Abs. 2 IVV - erst drei Monate nach Anspruchsbeginn, somit auf den 1. Juni 1995, erfolgen könne. Eine Durchschnittsberechnung der Hilflosigkeit in Prozenten während der Wartezeit analog zu den Renten sei bei der Hilflosenentschädigung nicht vorgesehen. Die Vorinstanz vermische mit ihrer prozentualen Durchschnittsrechnung die Prüfung der Anspruchsberechtigung mit der Berechnung der Leistung. Ferner beziehe sich die analoge Anwendung von Art. 29 IVG nur auf die Auslegung des Begriffs der "dauernden" Hilflosigkeit und biete keinen Anlass für eine Durchschnittsberechnung. 3. a) Der Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung entsteht am ersten Tag des Monats, in dem sämtliche Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind ( Art. 35 Abs. 1 IVV ). Als hilflos gilt nur, wer dauernd der Hilfe Dritter oder der persönlichen Überwachung ( Art. 42 Abs. 2 IVG ) bzw. der Dienstleistungen Dritter ( Art. 36 Abs. 3 lit. d IVV ) bedarf. Dieses Erfordernis ist nach BGE 125 V 256 S. 259 ständiger Rechtsprechung und Verwaltungspraxis erfüllt, wenn der die Hilflosigkeit begründende Zustand weitgehend stabilisiert und im Wesentlichen irreversibel ist, wenn also analoge Verhältnisse wie bei Art. 29 Abs. 1 lit. a IVG gegeben sind (Variante 1). Ferner ist das Erfordernis der Dauer als erfüllt zu betrachten, wenn die Hilflosigkeit während eines Jahres ( Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG ) ohne wesentlichen Unterbruch bestanden hat und voraussichtlich weiterhin andauern wird (Variante 2). Im Fall der Variante 1 entsteht der Anspruch auf Hilflosenentschädigung im Zeitpunkt, in dem die leistungsbegründende Hilflosigkeit als bleibend vorausgesehen werden kann ( Art. 29 IVV ), und im Fall der Variante 2 nach Ablauf eines Jahres, sofern weiterhin mit einer Hilflosigkeit der vorausgesetzten Art zu rechnen ist (vgl. BGE 111 V 227 Erw. 3a; ZAK 1986 S. 487 Erw. 2b, 1983 S. 334 Erw. 3). Die Regeln über die Entstehung des Rentenanspruches ( Art. 29 Abs. 1 IVG ) finden somit sinngemäss Anwendung ( BGE 105 V 67 Erw. 2 mit Hinweisen). Ändert sich in der Folge der Grad der Hilflosigkeit in erheblicher Weise, so finden die Art. 86 bis 88bis IVV ("E. Die Revision der Rente und der Hilflosenentschädigung") Anwendung ( Art. 35 Abs. 3 Satz 1 IVV ). Keine Revision liegt vor, wenn bei der erstmaligen Zusprechung einer Hilflosenentschädigung für verschiedene Zeitabschnitte unterschiedliche Entschädigungen zufolge unterschiedlicher Grade der Hilflosigkeit zugesprochen werden; vielmehr handelt es sich diesfalls um eine erstmalige, rückwirkende, abgestufte Zusprechung der Hilflosenentschädigung. Trotzdem kommt in solchen Fällen Art. 88a IVV zur Anwendung, nicht hingegen Art. 88bis IVV ; diese hinsichtlich der erstmaligen, rückwirkenden, abgestuften Zusprechung unterschiedlicher Invalidenrenten begründete Rechtsprechung ( BGE 121 V 275 Erw. 6b/dd, BGE 109 V 126 f. Erw. 4a) ist auch auf den vergleichbaren Fall der erstmaligen, rückwirkenden, abgestuften Zusprechung einer Hilflosenentschädigung anzuwenden. Gemäss Art. 88a Abs. 2 Satz 1 IVV ist bei einer Verschlimmerung der Hilflosigkeit die anspruchsbeeinflussende Änderung zu berücksichtigen, sobald sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat. b) Nach Auffassung der IV-Stelle soll eine während der Wartezeit eingetretene Veränderung der Verhältnisse nicht in der Weise Beachtung finden, dass sie sich bereits auf das Ausmass des Anspruchs auf Hilflosenentschädigung ab dem Zeitpunkt des Ablaufs der Wartezeit auswirkt. Im Hinblick auf die vorliegend seit Juni 1994 bestehende schwere BGE 125 V 256 S. 260 Hilflosigkeit habe im März 1995 demnach die schwere Hilflosigkeit lediglich neun Monate angedauert, weshalb die Erhöhung der Hilflosenentschädigung nach Massgabe von Art. 88a Abs. 2 IVV erst drei Monate nach Entstehen des Anspruchs, d.h. per 1. Juni 1995 erfolgen könne. Soweit die Beschwerdeführerin sich damit auf den Standpunkt stellt, die erhöhte Hilflosigkeit müsse in jedem Fall zunächst zwölf Monate bestanden haben, bevor sie sich anspruchsändernd auswirke, kann ihr nicht gefolgt werden. Dies stünde im Widerspruch zum von der Beschwerdeführerin ausdrücklich angeführten Art. 88a IVV und liefe im Übrigen auf eine Betrachtungsweise hinaus, wie sie der Revision von Renten der Invalidenversicherung nach Art. 41 IVG vor Inkrafttreten des Art. 88a IVV am 1. Januar 1977 zu Grunde gelegen hat (vgl. BGE 121 V 272 Erw. 6a in fine mit Hinweisen; vgl. auch ZAK 1990 S. 135, wonach die Wartezeit von einem Jahr sich nur auf die erstmalige Entstehung des Hilflosenentschädigungsanspruchs bezieht). Falls die IV-Stelle mit ihrem Einwand zum Ausdruck bringen möchte, eine Verschlimmerung der Hilflosigkeit während der Wartezeit sei nur nach den Revisionsregeln gemäss Art. 86 ff. IVV und erst nach Entstehung des Anspruches zu berücksichtigen, so ist ihr bezüglich der Massgeblichkeit der Revisionsbestimmungen für Sachverhalte der vorliegenden Art teilweise beizupflichten. Richtig ist dabei, dass sich die Art. 86 bis 88bis IVV auf die Revision einer laufenden Hilflosenentschädigung ( BGE 109 V 127 Erw. 4a) beziehen und nur Anwendung finden, wenn sich der Grad der Hilflosigkeit "in der Folge" (vgl. Art. 35 Abs. 3 Satz 1 IVV ), somit tatsächlich nach Entstehung des Hilflosenentschädigungsanspruchs in erheblicher Weise ändert (zum durch ständige Rechtsprechung erweiterten Anwendungsbereich von Art. 88a IVV vgl. Erw. 3a hievor). Damit ist jedoch, entgegen der Ansicht der IV-Stelle, nicht ausgeschlossen, dass Veränderungen des Hilflosigkeitsgrades während der Wartezeit bei der Zusprechung einer Hilflosenentschädigung berücksichtigt werden können. c) Wie die Beschwerdeführerin zutreffend feststellt, bezieht sich die analoge Anwendung von Art. 29 Abs. 1 IVG im Bereich der Hilflosenentschädigung auf die gesetzlich geforderte Dauerhaftigkeit der Hilflosigkeit. Dass die Rechtsprechung im Hinblick darauf bei Hilflosigkeitsfällen der Variante 2 eine einjährige Wartezeit eingeführt hat, spricht jedoch nicht für, sondern gegen die Auffassung der IV-Stelle, wonach Veränderungen der Hilflosigkeit während der Wartezeit unbeachtlich seien. Diese Wartezeit ist im Rentenbereich zu berücksichtigen, weil die Variante 2 BGE 125 V 256 S. 261 - im Gegensatz zur Variante 1 ( BGE 111 V 23 Erw. 3b) - von sich wandelnden Verhältnissen ausgeht. Beträgt im Rentenfall die Arbeitsunfähigkeit zu Beginn der Wartezeit beispielsweise 30%, steigt diese nach drei Monaten auf 50% und nach weiteren drei Monaten auf 100% an, ergibt sich rückblickend für die einjährige Wartezeit eine durchschnittliche Arbeitsunfähigkeit von mindestens zwei Dritteln. Bei einer Erwerbsunfähigkeit von entsprechend hohem Ausmass steht dem Versicherten in diesem Fall nach Ablauf der Wartezeit bereits eine ganze Rente zu (vgl. BGE 121 V 272 Erw. 6), obwohl die anfänglich bestehende Arbeitsunfähigkeit - vorausgesetzt, sie hätte während der ganzen Wartezeit unverändert weiter bestanden - nicht einmal für eine Viertelsrente ausreichen würde. Entsprechend haben sich die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit. b IVG nicht nur im Renten-, sondern ebenso im Hilflosigkeitsbereich niederzuschlagen. Richtig ist folglich der Standpunkt der Vorinstanz, wonach auch im Hilflosigkeitsfall Veränderungen während der Wartezeit schon auf den Zeitpunkt des Ablaufs derselben zu beachten sind. Daran vermag nichts zu ändern, dass im Rentenfall während der Wartezeit die Arbeitsunfähigkeit und danach die Erwerbsunfähigkeit relevant ist, bei der Hilflosenentschädigung jedoch sowohl während der Wartezeit als auch später allein die Hilflosigkeit zur Diskussion steht. Gerade weil es in letzterem Fall während beider Phasen um den Begriff der Hilflosigkeit geht, ist nicht einzusehen, weshalb sich Veränderungen des Hilflosigkeitsgrades während der Wartezeit nicht auch auf den Anspruch im Zeitpunkt dessen Beginns auswirken sollten. Das kantonale Gericht hat somit vorliegend der Verschlimmerung der Hilflosigkeit des Verstorbenen während der Wartezeit zu Recht Rechnung getragen. 4. Um im Rentenbereich die durchschnittliche prozentuale Arbeitsfähigkeit während der Wartezeit ermitteln zu können, ist die Verwaltung (und im Beschwerdefall der Richter) auf Unterlagen angewiesen, die der Arzt und gegebenenfalls auch andere Fachleute zur Verfügung zu stellen haben. Aufgabe des Arztes ist es, den Gesundheitszustand zu beurteilen und dazu Stellung zu nehmen, in welchem Umfang und bezüglich welcher Tätigkeiten der Versicherte arbeitsunfähig ist ( BGE 115 V 134 Erw. 2, BGE 114 V 314 Erw. 3c, BGE 105 V 158 f. Erw. 1). Demgegenüber wird der Grad der Hilflosigkeit nicht in Prozenten, sondern nach Massgabe der drei Stufen "leicht", "mittelschwer" und "schwer" ausgedrückt ( Art. 36 IVV ). Nach Art. 37 IVV beträgt die monatliche BGE 125 V 256 S. 262 Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit schweren Grades 80%, bei Hilflosigkeit mittleren Grades 50% und bei Hilflosigkeit leichten Grades 20% des Mindestbetrages der einfachen Altersrente gemäss Art. 34 Abs. 2 AHVG . Der Rückgriff der Vorinstanz auf diese Entschädigungsansätze zur Ermittlung des durchschnittlichen Hilflosigkeitsgrades während der Wartezeit erweist sich bei dieser Ausgangslage als begründet. Eine Vermischung der Anspruchsberechtigung mit der Leistungsberechnung findet dadurch, entgegen dem in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vorgebrachten Einwand, nicht statt, da die Entschädigungsansätze des Art. 37 IVV vorliegend lediglich zur Ermittlung eines durchschnittlichen Hilflosigkeitsgrades bei sich während der Wartezeit verändernden Verhältnissen herangezogen werden. Der angefochtene Entscheid, mit welchem - nach Massgabe einer im Durchschnitt mittleren Hilflosigkeit während der Wartezeit - vom 1. März bis zum 31. Mai 1995 eine Hilflosenentschädigung bei Hilflosigkeit mittleren Grades zugesprochen wird, ist daher zu bestätigen.
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1,999
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6d1b38a6-180e-44a5-b23b-47b4801588a0
Urteilskopf 138 IV 120 17. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis gegen X. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_684/2011 vom 30. April 2012
Regeste Art. 49 Abs. 1 und 2 StGB ; Präzisierung des Begriffs der Gleichartigkeit der Strafen; Vollzug bei kumulativ verhängten Strafen. Eine Erhöhung der Zusatzstrafe im Falle einer (teilweisen) retrospektiven Konkurrenz ( Art. 49 Abs. 2 StGB ) ist in Anwendung von Art. 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Die Bildung einer Gesamtstrafe ist nur bei gleichartigen Strafen möglich, während ungleichartige Strafen kumulativ zu verhängen sind ( BGE 137 IV 57 ). Mehrere gleichartige Strafen liegen vor, wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällt (konkrete Methode). Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen vorsehen, genügt nicht (E. 5). Bei der Frage, ob die kumulierten Strafen bedingt oder unbedingt auszusprechen sind, ist nicht auf die aus Freiheits- und Geldstrafe zusammengesetzte Gesamtsanktion (wie bei gleichartig asperierten Strafen) abzustellen. Vielmehr sind die einzelnen Strafen je für sich zu betrachten (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 121 BGE 138 IV 120 S. 121 A. Das Kantonsgericht Wallis sprach X. mit Urteil vom 7. September 2011 in zweiter Instanz der mehrfachen qualifizierten Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz, des mehrfachen Diebstahls, des mehrfachen Hausfriedensbruchs, der mehrfachen versuchten Nötigung und des Fahrens in fahrunfähigem Zustand mit einer qualifizierten Blutalkoholkonzentration schuldig. Von den Vorwürfen des mehrfachen Konsums von Betäubungsmitteln und der Sachbeschädigung sprach es ihn frei. Es verurteilte ihn unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 22 Tagen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten als Zusatzstrafe zu der mit Urteil des Amtsgerichts Bergen auf Rügen in Deutschland vom 20. Mai 2008 ausgefällten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren. Weiter verhängte es eine bedingt vollziehbare Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 50.- und eine Busse von Fr. 1'000.-. Die beschlagnahmten Betäubungsmittel und Vermögenswerte zog es ein. B. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Wallis erhebt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, die Ziffern 3 und 6 des Dispositivs des Urteils des Kantonsgerichts Wallis (Strafmass und Kostenverteilung) seien aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren seien X. aufzuerlegen. Das Kantonsgericht Wallis verzichtet auf eine Vernehmlassung. X. beantragt mit Vernehmlassung vom 12. Januar 2012 die Abweisung der Beschwerde und die Bestätigung des Urteils des Kantonsgerichts Wallis. Zudem ersucht er um unentgeltliche Verbeiständung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Der Beschwerdegegner wurde vom Amtsgericht Bergen auf Rügen in Deutschland mit Urteil vom 20. Mai 2008 wegen Einfuhr von BGE 138 IV 120 S. 122 unerlaubten Betäubungsmitteln (2,5 kg Marihuana) zu einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, unter Einbeziehung einer durch das Amtsgericht Potsdam mit Urteil vom 20. Juli 2004 ausgesprochenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten. Die vorliegend zu beurteilenden qualifizierten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und der mehrfache Diebstahl beging der Beschwerdegegner vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Bergen auf Rügen. Der mehrfache Hausfriedensbruch und die mehrfache versuchte Nötigung erfolgten teils vor und teils nach besagtem Urteil. Das Strassenverkehrsdelikt verübte der Beschwerdegegner nach dem Urteil. (...) 5. 5.1 Die Beschwerdeführerin bringt vor, die Vorinstanz nehme die Strafzumessung methodisch falsch vor und verletze dadurch Art. 49 StGB . Statt für die Straftaten vor und nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Bergen auf Rügen eine Gesamtstrafe auszufällen, bilde sie zwei eigenständige Strafen und kumuliere diese. 5.2 Die Methodik der vorinstanzlichen Strafzumessung ist mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung nicht zu beanstanden. Eine allfällige Erhöhung der Zusatzstrafe von vorliegend sechs Monaten für die nach der früheren Verurteilung begangenen Taten wäre in Anwendung der Strafzumessungsregel nach Art. 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen. Die Bildung einer Gesamtstrafe im Sinne dieser Bestimmung ist indes nur bei gleichartigen Strafen möglich. Ungleichartige Strafen sind kumulativ zu verhängen, da das Asperationsprinzip nur greift, wenn mehrere gleichartige Strafen ausgesprochen werden ( BGE 137 IV 57 E. 4.3.1). Das Gericht kann somit auf eine Gesamtfreiheitsstrafe nur erkennen, wenn es im konkreten Fall für jede einzelne Tat eine Freiheitsstrafe ausfällen würde ( BGE 137 IV 249 E. 3.4.2). Das alte Recht hielt in aArt. 68 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ausdrücklich fest, dass für die Gesamtstrafenbildung die konkret verwirkte Strafe massgeblich ist ("Hat jemand [...] mehrere Freiheitsstrafen verwirkt "; vgl. auch BGE 75 IV 2 E. 1). Die Praxis zu aArt. 68 StGB ist weiterhin massgebend. Demgemäss sind im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB "die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt", wenn das Gericht im konkreten Fall für jeden einzelnen Normverstoss gleichartige Strafen ausfällte. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen androhen, genügt nicht (vgl. dazu BGE 138 IV 120 S. 123 auch GÜNTER STRATENWERTH, Gesamtstrafenbildung nach neuem Recht, forumpoenale 6/2008 S. 356 ff.; derselbe , Erneut zur Gesamtstrafenbildung, forumpoenale 6/2011 S. 349 f.; JÜRG-BEAT ACKERMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 2. Aufl. 2007, N. 36 zu Art. 49 StGB ; a.M. CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, Die Sanktionsfolgenbestimmung und der Anwendungsbereich des Asperationsprinzips bei der Konkurrenz [ Art. 49 Abs. 1 StGB ], in: Festschrift für Hans Wiprächtiger, 2011, S. 45 ff.; MARKUS HUG, in: StGB, Schweizerisches Strafgesetzbuch [...], 18. Aufl. 2010, N. 5 zu Art. 49 StGB ; ANNETTE DOLGE, Geldstrafen als Ersatz für kurze Freiheitsstrafen - Top oder Flop, ZStrR 128/2010 S. 77; KATHRIN GIOVANNONE-HOFMANN, Bemerkungen zu BGE 137 IV 57 , forumpoenale 1/2012 S. 3 ff.). Für die qualifizierte Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz gemäss Art. 19 Ziff. 2 BetmG (SR 812.121) als schwerste Straftat ist vorliegend zwingend eine Freiheitsstrafe auszusprechen. Für die Delikte, die der Beschwerdegegner nach der Verurteilung durch das Amtsgericht Bergen auf Rügen begangen hat, sind je alternativ Freiheitsstrafe oder Geldstrafe möglich ( Art. 91 Abs. 1 SVG [SR 741.01], Art. 181 und 186 StGB ). Es ist nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz für diese Straftaten eine Geldstrafe verhängt. Das Prinzip der Verhältnismässigkeit gebietet, dass bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall jene gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft ( BGE 134 IV 97 E. 4.2.2). Die Beschwerde ist in diesem Punkt ebenfalls abzuweisen. 6. Die Vorinstanz erklärt die Zusatzstrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe als vollziehbar. Auf den Vollzug der Geldstrafe verzichtet sie, was nicht zu beanstanden ist. Hinsichtlich der Vollzugsfrage ist bei kumulierten ungleichartigen Strafen nicht auf die aus Freiheits- und Geldstrafe zusammengesetzte Gesamtsanktion (wie bei gleichartigen asperierten Strafen) abzustellen, sondern die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe sind je für sich zu betrachten (Urteil 6B_165/2011 vom 19. Juli 2011 E. 2.3.4).
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6d1c7f49-4d14-4b50-9244-d2e0f4ae421a
Urteilskopf 121 II 138 23. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. März 1995 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen Kanton Basel-Stadt (Verwaltungsrechtliche Klage)
Regeste Art. 67 UVG ; Steuerfreiheit der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) für kantonale Abgaben (Mehrwertabgabe nach § 8a des basel-städtischen Hochbautengesetzes). Die Steuerbefreiung der SUVA ist in Art. 67 UVG spezialgesetzlich geregelt (vgl. Art. 10 GarG ; E. 2). Rechtsnatur der raumplanerischen Mehrwertabgabe (Übersicht über Rechtsprechung und Literatur; E. 3). Die SUVA ist von der in § 8a des basel-städtischen Hochbautengesetzes vorgesehenen Mehrwertabgabe befreit (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 121 II 138 S. 139 Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ist Eigentümerin der Liegenschaft St. Jakobs-Strasse 24/Gartenstrasse 51 in Basel, in der die Büros der SUVA-Zweigniederlassung Basel sowie Wohnungen untergebracht sind. Am 12. Juli 1991 bewilligte das Bauinspektorat Basel-Stadt der SUVA einen Um- und Neubau des Gebäudes, durch den die Büroräumlichkeiten vergrössert sowie zusätzlicher Wohnraum und eine Autoeinstellhalle geschaffen werden sollten; es setzte eine Baubewilligungsgebühr von Fr. 20'200.-- fest. Bestandteil der Bewilligung bildete unter anderem eine Verfügung vom 2. Juli 1991 des Vorstehers des Baudepartements, mit der dieser für das Bauvorhaben einerseits gewisse Ausnahmebewilligungen erteilte und anderseits die Erhebung einer Mehrwertabgabe gemäss Art. 8a des Hochbautengesetzes vom 11. Mai 1939 (HBG) des Kantons Basel-Stadt vorbehielt. Der Vorsteher des Baudepartements entschied am 3. August 1992: "1. Gestützt auf Art. 8a HBG wird für die gemäss Baubegehren vom 27.9.1990 ausnahmsweise zugelassene Freiflächenüberbauung auf der Liegenschaft St. Jakobs-Strasse 24/Gartenstrasse 51 eine Mehrwertabgabe von 40% von Fr. 718'429.-- = Fr. 287'372.-- erhoben. Das Bauinspektorat wird angewiesen, diese Verfügung der Bauherrschaft zu eröffnen. ... Die Abgabe wird sofort fällig. 2. (Rechtsmittelbelehrung)." Die SUVA hat am 8. Februar 1993 beim Bundesgericht verwaltungsrechtliche Klage eingereicht mit dem Begehren, es sei festzustellen, dass sie im Zusammenhang mit der Baubewilligung für das Gebäude St. Jakobs-Strasse 24 in Basel von der Leistung einer Mehrwertabgabe aufgrund von Art. 67 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung (UVG) befreit sei. Das Bundesgericht heisst die Klage gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Eidgenossenschaft sowie ihre Anstalten, Betriebe und unselbständigen Stiftungen sind von jeder Besteuerung durch die Kantone und BGE 121 II 138 S. 140 Gemeinden befreit; ausgenommen sind Liegenschaften, die nicht unmittelbar öffentlichen Zwecken dienen (Art. 10 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. März 1934 über die politischen und polizeilichen Garantien zugunsten der Eidgenossenschaft [Garantiegesetz, GarG; SR 170.21] in der revidierten Fassung vom 5. Mai 1977). Die SUVA könnte als Anstalt des Bundes (vgl. Art. 61 Abs. 1 UVG ) an sich unter diese Regelung fallen. Massgebend ist jedoch die spezielle Vorschrift des Art. 67 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung (SR 832.20) , der unter der Überschrift "Steuerfreiheit" bestimmt: 1) Die SUVA ist steuerfrei ausser für Grundeigentum, das nicht unmittelbar ihrem Betrieb oder der Anlage von technischen Reserven dient. 2) Die Urkunden, die unmittelbar für den Betrieb der SUVA ausgestellt werden, sind von öffentlichen Abgaben und Gebühren befreit. Dem Grundsatz nach besagen die heutigen Regelungen in Art. 67 Abs. 1 UVG und Art. 10 Abs. 1 GarG dasselbe. Durch die Revision des Garantiegesetzes im Jahre 1977 wurde die allgemeine Steuerbefreiungsnorm - sowohl zwecks Vereinfachung der Rechtslage wie auch um den Bund finanziell zu entlasten - an die bestehenden spezialgesetzlichen Regelungen für die selbständigen Anstalten und Betriebe angeglichen und die bisherige (unklare) Beschränkung der Steuerfreiheit auf direkte Steuern fallengelassen (vgl. Botschaft vom 9. Februar 1977 über Massnahmen zum Ausgleich des Bundeshaushaltes, BBl 1977 I 803f.; BGE 111 Ib 6 E. 4b S. 8 f.; ASA 59 S. 209. Spezialgesetzliche Bestimmungen: Art. 67 UVG ; Art. 31 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Krankenversicherung [SR 832.10]; Art. 53 und Art. 31 des Bundesgesetzes vom 13. Juni 1911 über die Kranken- und Unfallversicherung [KUVG]. Zur Entstehungsgeschichte und zur Bedeutung der Regelungen im früheren KUVG: PAUL STADLIN, Die Befreiung des Bundes von der kantonalen Steuerhoheit, Diss. Zürich 1943, S. 190 ff.). Insofern kann die Praxis zu Art. 10 Abs. 1 GarG für die Auslegung von Art. 67 Abs. 1 UVG herangezogen werden (zur Problematik der früheren Fassung von Art. 10 Abs. 1 GarG sowie zur heutigen Auslegung dieser Bestimmung: BGE 111 Ib 7 ff.); auf die Tragweite der unterschiedlichen Umschreibungen der steuerbefreiten Liegenschaften braucht hier nicht weiter eingegangen zu werden. Mit dem Erlass des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung stellte der Gesetzgeber klar, dass auch das der Anlage technischer Reserven dienende Grundeigentum von der Besteuerung ausgenommen BGE 121 II 138 S. 141 sein soll (Botschaft vom 18. August 1976 zum UVG, BBl 1976 III 209 f.). b) Nach Art. 67 Abs. 1 UVG ist die SUVA für das unmittelbar ihrem Betrieb oder der Anlage von technischen Reserven dienende Grundeigentum "steuerfrei". Dieser Regelung liegt der Gedanke zugrunde, dass die gegenseitige Besteuerung verschiedener Hoheitsträger kein taugliches Mittel zur Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs darstellt (vgl. BGE 111 Ib 6 E. 4b S. 8 f.; BBl 1977 I 803; zur grundsätzlichen Problematik vgl. STADLIN, a.a.O., S. 33-60). Dass die hier in Frage stehende Liegenschaft der SUVA teils unmittelbar dem Betrieb der Anstalt, teils zur Anlage technischer Reserven dient, wird vom Beklagten nicht bestritten; jedenfalls bringt er nichts vor, was dieser funktionellen Einstufung des Grundstücks entgegenstünde. Wieweit die kantonale Steuerhoheit über nicht unmittelbar dem Anstaltsbetrieb oder der Anlage technischer Reserven dienende Grundstücke reicht, kann damit dahingestellt bleiben (vgl. dazu BGE BGE 111 Ib 6 E. 4 S. 7 ff. sowie das unveröffentlichte Urteil vom 10. Oktober 1986 i.S. SBB gegen Einwohnergemeinde Hasliberg). Der Streit beschränkt sich auf die Frage, ob es sich bei der auf dem Grundstück der SUVA erhobenen kantonalen Mehrwertabgabe um eine "Steuer" (im Sinne von Art. 67 UVG ) handelt. 3. a) Art. 67 Abs. 1 UVG verbietet lediglich die Erhebung kantonaler Steuern; Kausalabgaben wie Gebühren und Vorzugslasten fallen nicht unter dieses Verbot ( BGE 118 Ib 54 E. 2b S. 57, mit Hinweisen). Als Beispiele solcher auch gegenüber Betriebsgrundstücken der SUVA zulässiger Kausalabgaben nennt die Botschaft zum Unfallversicherungsgesetz "zweckgebundene Abgaben wie Beiträge an Abwässerreinigung, Kehrichtabfuhr usw." (BBl 1976 III 209f.). Die Kausalabgaben unterscheiden sich von den Steuern dadurch, dass sie nicht "voraussetzungslos" geschuldet sind, sondern das Entgelt für bestimmte staatliche Gegenleistungen (Gebühren) oder besondere Vorteile (Vorzugslasten, Beiträge) darstellen und grundsätzlich dem Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip unterstehen (ULRICH HAEFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, 2.A., Zürich 1993, Rzn. 2041 ff. und 2072; ALDO ZAUGG, Steuer, Gebühr und Vorzugslast, in: ZBl 74/1973 S. 222). Während die Kausalabgaben auf einer spezifischen Beziehung zum Gemeinwesen beruhen (besonderer Vorteil, besondere Leistung) und darin ihren Verpflichtungsgrund und ihre Begrenzung finden, sind die Steuern voraussetzungslos geschuldet als Beitrag einer der Gebietshoheit unterworfenen Person an die Aufwendungen des Gemeinwesens BGE 121 II 138 S. 142 ( BGE 99 Ib 225 E. 4a S. 230). b) Die in Art. 8a des basel-städtischen Hochbautengesetzes vorgesehene "Mehrwertabgabe" bezweckt eine Abschöpfung der Mehrwerte, die durch staatliche Planungsmassnahmen verursacht werden (d.h. nicht auch der Mehrwerte, die auf Infrastrukturmassnahmen zurückgehen). Ein solcher Planungsmehrwert kann entstehen durch die erstmalige Zoneneinteilung, die Änderung der Zoneneinteilung, Ausnahmebewilligungen, die Änderung von speziellen Bauvorschriften und die Erhöhung der Ausnützungsziffer (vgl. Art. 8a Ziff. 1 HBG). Die Abgabe ist geschuldet, sofern und soweit von der Möglichkeit der Mehrausnützung Gebrauch gemacht wird, und sie wird bei Baubeginn fällig. Diese Regelung dient damit - im Sinne des den Kantonen in Art. 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung (RPG; SR 700) erteilten Rechtssetzungsauftrags - dem Ausgleich planerischer Vor- und Nachteile durch Abschöpfung von Planungsmehrwerten (vgl. Botschaft vom 27. Februar 1978 zum RPG, BBl 1978 I 1016; FERDINAND ZUPPINGER, Die fiskalische Belastung planerischer Mehrwerte, in: ZBl 80/1979 S. 442 ff., 455). Eine direkte rechtliche Verknüpfung mit den nach Art. 8b des HBG bei materieller Enteignung zu leistenden Minderwertentschädigungen besteht allerdings nicht. Die Mehrwertabgabe wird unabhängig von der Höhe der aus Art. 8b HBG folgenden Ausgaben erhoben; sie ist auch nicht zweckgebunden, sondern fliesst in den allgemeinen Staatshaushalt. c) Die Klägerin beansprucht Steuerfreiheit in bezug auf eine "Mehrwertabgabe" gemäss Art. 8a HBG. Da eine solche Abgabe nicht voraussetzungslos geschuldet ist, sondern an bestimmte dem Pflichtigen zufallende planerische Vorteile anknüpft, wird ihr der Charakter einer Steuer abgesprochen ( BGE 105 Ia 134 E. 5b S. 145 f.; ZUPPINGER, a.a.O., ZBl 80/1979 S. 439 f.; ZUPPINGER, Möglichkeiten der Mehrwertabschöpfung im Rahmen der Raumplanung, in: ZBl 75/1974 S. 203; ZAUGG, a.a.O., ZBl 74/1973 S. 225; ALFRED KUTTLER/ALDO ZAUGG, Rechtliche Grundfragen der Planungswertabschöpfung, in: Wirtschaft und Recht 24/1972 S. 256 f.; JEAN-FRANÇOIS AUBERT/RICCARDO L. JAGMETTI, Ergänzungsgutachten zur Frage der Verfassungsmässigkeit des (bereinigten) Entwurfes vom 27. Oktober 1971 für ein Bundesgesetz über die Raumplanung, in: Wirtschaft und Recht 24/1972 S. 53). Die Abgabe erscheint anderseits auch nicht als Vorzugslast oder Beitrag, da sie nicht der Finanzierung einer konkreten vorteilsbegründenden Planungsmassnahme dient und nicht nach dem für diese Vorkehr erforderlichen BGE 121 II 138 S. 143 Kostenaufwand bemessen wird (KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 257; ZUPPINGER, a.a.O., ZBl 80/1979 S. 440); sie untersteht demzufolge nicht dem Kostendeckungsprinzip. Der Grundeigentümer hat unter Umständen wesentlich mehr zu leisten, als das Gemeinwesen für die vorteilsbegründende Planung und deren Verwirklichung aufgewendet hat. Die an den planerischen Sondervorteil anknüpfende Mehrwertabgabe ist nicht auf Deckung der konkreten Planungskosten, sondern allgemein auf den Ausgleich planerischer Vor- und Nachteile ausgerichtet; sie bildet gewissermassen ein Korrelat zur Minderwertentschädigung bei materieller Enteignung und dient weniger einem fiskalischen Zweck als vielmehr dem Gedanken der Rechtsgleichheit und Gerechtigkeit ( BGE 105 Ia 134 E. 4a S. 144, mit Hinweisen). Vom Gegenstand her weist die Mehrwertabgabe Berührungspunkte zur Grundstückgewinnsteuer auf, deren Erhebung den Kantonen nach Art. 10 GarG verwehrt ist ( BGE 111 Ib 6 E. 4 S. 7 f., mit Hinweis). Diese erfasst die Mehrwerte bei einer Handänderung, während die Mehrwertabgabe schon bei der Überbauung des eigenen Grundstücks Platz greift (vgl. unten E. 4b); anderseits unterliegt der Grundstückgewinnsteuer der gesamte (d.h. auch der allein konjunkturell bedingte) Wertzuwachs eines Grundstücks, der Mehrwertabgabe - als Kausalabgabe - dagegen nur der aus einer bestimmten staatlichen Planungsmassnahme resultierende Wertzuwachs (vgl. ZUPPINGER, a.a.O., ZBl 80/1979 S. 438 ff.). Nach bisheriger Terminologie mitunter als "Gemengsteuer" eingestuft (KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 257; ZUPPINGER, a.a.O., ZBl 75/1974 S. 203), wird die Mehrwertabgabe heute als eine neue Kategorie öffentlicher Abgaben aufgefasst und zum Teil als "kostenunabhängige Kausalabgabe" bezeichnet (so KUTTLER/ZAUGG a.a.O., S. 257; ZAUGG, a.a.O., ZBl 74/1973 S. 225; vgl. auch AUBERT/JAGMETTI, a.a.O., S. 54 f.; ZUPPINGER, a.a.O., ZBl 75/1974 S. 203; BGE 105 Ia 134 E. 5b S. 145 f.). 4. a) Gegen die Anwendbarkeit des Besteuerungsverbots von Art. 67 Abs. 1 UVG (und von Art. 10 Abs. 1 GarG ) spricht, dass die fragliche Abgabe nicht, wie dies für Steuern begriffsgemäss der Fall ist, voraussetzungslos geschuldet ist, sondern einen dem Grundstück zukommenden besonderen (Planungs-)Vorteil abgelten soll; es handelt sich insofern um eine Kausalabgabe. Anderseits unterscheidet sie sich wesentlich von den Kausalabgaben im herkömmlichen Sinn (Gebühren, Vorzugslasten; vgl. oben E. 3a und dort angegebene Literatur): Der auszugleichende wirtschaftliche BGE 121 II 138 S. 144 Vorteil steht in keinem direkten Zusammenhang mit bestimmten konkreten Aufwendungen des Gemeinwesens und geniesst daher nicht den Schutz des Kostendeckungsprinzips; die "besondere Leistung" des Staates erschöpft sich im Erteilen der Baubewilligung, wofür jeweils eine zusätzliche Gebühr erhoben wird. Dies vermag die grundsätzliche sachliche Berechtigung der Mehrwertabgabe zwar nicht in Frage zu stellen. Doch kann es nicht Sinn und Zweck der bundesrechtlichen Steuerbefreiungsnormen sein, den Bund und seine Anstalten für ihre öffentlichen Zwecken dienenden Grundstücke in ein solches raumplanungsrechtlich motiviertes Ausgleichssystem einzubeziehen und durch entsprechende kostenunabhängige Abgaben zu belasten. Kausalabgaben sind vom Besteuerungsverbot ausgenommen, weil sie Entgelt für vom Kanton (oder den Gemeinden) erbrachte oder zu erbringende Gegenleistungen sind; wo der Bund wie ein Privater von kantonalen oder kommunalen Einrichtungen oder Dienstleistungen profitiert, soll er auch entsprechend bezahlen (STADLIN, a.a.O., S. 52 f.). Nur zur Deckung oder Abgeltung solcher tatsächlicher, konkreter Aufwendungen zugunsten der Bundeszwecken dienenden Grundstücke soll der Kanton Abgaben erheben dürfen; das zeigt auch die in der Botschaft zum Unfallversicherungsgesetz enthaltene beispielhafte Aufzählung zulässiger Abgaben (vgl. oben E. 3a; zur Bedeutung des abzugeltenden Kostenaufwands als Abgrenzungskriterium vgl. auch BGE 118 Ib 54 E. 2b S. 57, mit Hinweisen; ASA 59 S. 212 E. 4b). Für Abgaben, denen der Bezug zu bestimmten Kostenaufwendungen des Standortkantons (oder der Standortgemeinde) fehlt, besteht dagegen kein Raum. b) Für die Unterwerfung der fraglichen Mehrwertabgabe unter das Besteuerungsverbot spricht auch ihre Behandlung beziehungsweise Erfassung im Zusammenhang mit der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer, sowohl nach basel-städtischem Recht als auch nach dem Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14): Die Mehrwertabgabe nach Art. 8a HBG kann bei der Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer als Aufwand vom ermittelten massgebenden Wert abgezogen werden (vgl. BGE 105 Ia 134 E. 3b S. 142). Mit ihr wird folglich ein Planungsmehrwert, der bei einer allfälligen Handänderung ohnehin als Grundstückgewinn steuerpflichtig gewesen wäre, vorweg abgeschöpft. Sie wird schon "auf den Zeitpunkt des Baubeginns" fällig (Art. 8a Ziff. 4 HBG) und tritt insofern an die Stelle der Grundstückgewinnsteuer (vgl. MARC-OLIVIER BUFFAT, Les taxes liées à la BGE 121 II 138 S. 145 propriété foncière, en particulier dans le canton de Vaud, Diss. Lausanne 1989, S. 17). Auch das Bundesgesetz über die Steuerharmonisierung bezieht den Planungsmehrwert in die Grundstückgewinnsteuer ein: Gemäss Art. 12 Abs. 2 lit. e StHG sind den Veräusserungen eines Grundstücks gleichgestellt: "Die ohne Veräusserung erzielten Planungsmehrwerte im Sinne des Bundesgesetzes vom 22. Juni 1979 über die Raumplanung, sofern das kantonale Recht diesen Tatbestand der Grundstückgewinnsteuer unterstellt". Nach dieser Regelung schafft die Planungsmassnahme als solche den Mehrwert, den der Kanton gegebenenfalls schon im Zeitpunkt der Zoneneinteilung oder der Erteilung der Bau- oder Ausnahmebewilligung abschöpfen kann. c) Die Befreiung des Bundes und seiner Aufgabenträger von der Mehrwertabgabe liegt namentlich dort auf der Hand, wo Standort, Art und Grösse des betreffenden Bauprojekts durch die ihm von Bundesrechts wegen zukommende öffentliche Funktion vorgegeben sind und die kantonale Nutzungsplanung ihrerseits darauf abgestimmt werden muss (z.B. bei Verkehrsanlagen; vgl. BGE 118 Ib 54 ff.). Hier greifen allerdings vielfach bereits besondere bundesrechtliche Projektgenehmigungs- und Bewilligungsverfahren Platz, so dass die kantonale Bau- und Planungshoheit und damit verbundene Mehrwertabgaben schon deshalb nicht oder nur beschränkt zum Zuge kommen könnten. Die Erhebung von Mehrwertabgaben ist jedoch nach dem Gesagten auch bei allen sonstigen steuerbefreiten Grundstücken ausgeschlossen, die mangels entsprechender Sondervorschriften der kantonalen Baurechts- und Nutzungsordnung an sich vollumfänglich unterworfen sind. Die geltenden Steuerbefreiungsnormen sehen keine entsprechende Differenzierung vor; massgebend ist allein, ob das Grundstück im Sinne der betreffenden Vorschriften einem unmittelbaren öffentlichen Bundeszweck dient. Für die lediglich als technische Kapital-Reserven dienenden Grundstücke der SUVA wäre eine gegenteilige Regelung sachlich zwar denkbar, doch wird diese Kategorie von Grundstücken in Art. 67 Abs. 1 UVG den eigentlichen Verwaltungsgebäuden der SUVA explizit gleichgestellt, um die Anstalt auch in dieser Hinsicht vor finanziellen Belastungen zu bewahren. d) Eine Aufteilung der Abgabe, wie sie in der Praxis für gewisse Gemengsteuern stattfindet, indem lediglich für den über die Kostendeckung beziehungsweise den Wert der staatlichen Gegenleistung hinausgehenden Abgabenbetrag eine Steuerbefreiung gewährt wird (vgl. unveröffentlichtes Urteil vom 13. April 1994 i.S. Schweizerische Grütli gegen Tessin BGE 121 II 138 S. 146 betreffend Grundbuchabgaben), fällt vorliegend ausser Betracht. Für den eigentlichen Verwaltungsaufwand bezahlte die Klägerin eine Baubewilligungsgebühr von Fr. 20'200.--. Die zusätzlich erhobene Mehrwertabgabe dient ausschliesslich der Abgeltung eines Vorteils, für den dem Kanton Basel-Stadt keine konkreten, einer bestimmten Planungsmassnahme zurechenbaren Kosten entstanden sind, weshalb die Klägerin die vollumfängliche Befreiung von dieser Abgabe verlangen kann.
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Urteilskopf 133 II 249 22. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Ehepaar Y. und Gemeinderat Ebikon sowie Verwaltungsgericht des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_3/2007 vom 20. Juni 2007
Regeste Art. 82 lit. a und Art. 89 Abs. 1 i.V.m. Art. 42, 95-97, 105 f. BGG; Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten; Baubewilligung; Nachbarbeschwerde; Sachurteilsvoraussetzungen (Beschwerdegründe, Legitimation, Beschwerdebegründung). Pflicht des Nachbarn eines Bauprojekts, seine Beschwerdebefugnis darzulegen (E. 1.1). Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts; Übersicht über die möglichen Beschwerdegründe (E. 1.2). Legitimation des Nachbarn zur Anfechtung eines Bauprojekts mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (E. 1.3.1); Auswirkungen auf die Zulässigkeit von Beschwerdegründen (E. 1.3.2). Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts und grundsätzliche Beschränkung auf die Beurteilung der vorgebrachten Rügen (E. 1.4.1). Anforderungen an Verfassungs- und Sachverhaltsrügen (E. 1.4.2 und 1.4.3).
Sachverhalt ab Seite 250 BGE 133 II 249 S. 250 Der Gemeinderat Ebikon bewilligte am 30. September 2004 den Bau eines Mehrfamilienhauses auf der Parzelle Nr. 1310, GB Ebikon. In der Folge veräusserte der Grundeigentümer die Parzelle an die Eheleute Y. Am 3. November 2005 genehmigte der Gemeinderat das Gesuch des Ehepaars um Vornahme nachträglicher Projektänderungen; gleichzeitig wies er die dagegen gerichtete Einsprache des Nachbarn X. ab. X. beschwerte sich beim Verwaltungsgericht des Kantons Luzern über die Abweisung seiner Einsprache. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 10. Januar 2007 ab, soweit es darauf eintrat. Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts erhebt X. beim Bundesgericht Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Am 1. Januar 2007 ist das Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG; SR 173.110) in Kraft getreten. Der angefochtene Entscheid erging nach dem 1. Januar 2007. Gemäss Art. 132 Abs. 1 BGG ist hier deshalb das Bundesgerichtsgesetz anwendbar. BGE 133 II 249 S. 251 1.1 Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit von Amtes wegen ( Art. 29 Abs. 1 BGG ). Es untersucht deshalb grundsätzlich von Amtes wegen, ob und inwiefern auf eine Beschwerde eingetreten werden kann. Immerhin ist die Beschwerde gemäss Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 BGG hinreichend zu begründen. Liegt - wie hier - eine baurechtliche Nachbarbeschwerde vor, so hat die Begründungspflicht auch eine besondere Bedeutung für die Beschwerdebefugnis. Der Beschwerdeführer hat darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen gegeben sind. Soweit diese nicht ohne Weiteres ersichtlich sind, ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, anhand der Akten oder weiterer, noch beizuziehender Unterlagen nachzuforschen, ob und inwiefern der als Beschwerdeführer auftretende Private zur Beschwerde zuzulassen ist. Vorliegend erfolgt in der Beschwerdeschrift eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Sachurteilsvoraussetzungen. 1.2 Gestützt auf Art. 82 lit. a BGG beurteilt das Bundesgericht Beschwerden gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts. Dieses Rechtsmittel steht auch auf dem Gebiet des Raumplanungs- und Baurechts zur Verfügung. Das Bundesgerichtsgesetz enthält dazu keinen Ausschlussgrund. Gemäss Art. 34 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG; SR 700) in der Fassung nach Ziff. 64 des Anhangs zum Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesverwaltungsgericht (VGG; SR 173.32; vgl. AS 2006 S. 2261) gelten für die Rechtsmittel an die Bundesbehörden die allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege. An der Zulässigkeit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ändert nichts, wenn - wie hier - lediglich die Bundesverfassungsmässigkeit der Handhabung von kantonalem bzw. kommunalem Baurecht im Streit liegt. 1.2.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Bezüglich der Überprüfung und Anwendung von kantonalem Recht sind in Art. 95 BGG gewisse Teilbereiche aufgeführt, so kantonale verfassungsmässige Rechte (lit. c), kantonale Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung sowie über Volkswahlen und -abstimmungen (lit. d) und interkantonales Recht (lit. e). Ausserhalb des Anwendungsbereichs von Art. 95 lit. c bis lit. e BGG bleibt die Kognition des Bundesgerichts bezüglich des kantonalen und kommunalen Rechts unter dem Bundesgerichtsgesetz im Vergleich zum früheren Recht unverändert. Diesbezüglich bildet die Verletzung kantonaler bzw. kommunaler BGE 133 II 249 S. 252 Bestimmungen nur dann einen zulässigen Beschwerdegrund, wenn eine derartige Rechtsverletzung einen Verstoss gegen Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG - so das Raumplanungs- und Umweltschutzrecht des Bundes usw., ferner auf Verfassungsstufe beispielsweise das Willkürverbot ( Art. 9 BV ) - oder gegen Völkerrecht im Sinne von Art. 95 lit. b BGG zur Folge hat (vgl. die Botschaft vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 S. 4202 ff., 4335). 1.2.2 In Ergänzung zu den Rügen, die sich auf Art. 95 f. BGG stützen, sind unter den engen Voraussetzungen von Art. 97 Abs. 1 BGG auch Vorbringen gegen die Sachverhaltsfeststellung zulässig. Ein solcher Einwand kann nach der letztgenannten Bestimmung nur erhoben werden, wenn die Feststellung des Sachverhalts durch die Vorinstanz offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (vgl. die Botschaft, BBl 2001 S. 4338). 1.3 In Art. 89 Abs. 1 BGG sind mit Blick auf die Legitimation zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kumulativ drei Anforderungen verankert. Der Beschwerdeführer muss vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder dazu keine Möglichkeit erhalten haben (lit. a). Er muss durch den angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt sein (lit. b) und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung haben (lit. c). 1.3.1 Die Kriterien von Art. 89 Abs. 1 BGG grenzen die Beschwerdelegitimation von Nachbarn gegen unzulässige Popularbeschwerden ab. Verlangt ist neben der formellen Beschwer ( Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG ), dass der Beschwerdeführer über eine spezifische Beziehungsnähe zur Streitsache verfügt ( Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG ) und einen praktischen Nutzen aus der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids zieht ( Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ). Die Nähe der Beziehung zum Streitgegenstand muss bei Bauprojekten insbesondere in räumlicher Hinsicht gegeben sein. Ein schutzwürdiges Interesse liegt vor, wenn die tatsächliche oder rechtliche Situation des Beschwerdeführers durch den Ausgang des Verfahrens beeinflusst werden kann (vgl. die Botschaft, BBl 2001 S. 4236). Die Voraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 lit. b und lit. c BGG hängen BGE 133 II 249 S. 253 eng zusammen; insgesamt kann insoweit an die Grundsätze, die zur Legitimationspraxis bei der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 103 lit. a des früheren Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über die Organisation der Bundesrechtspflege (OG; BS 3 S. 531) entwickelt worden sind (vgl. BGE 120 Ib 48 E. 2a S. 51 f., BGE 120 Ib 379 E. 4b S. 386 f.), angeknüpft werden. 1.3.2 Bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist nicht erforderlich, dass das angeblich willkürlich angewendete kantonale oder kommunale Gesetzesrecht dem Beschwerdeführer einen Rechtsanspruch bzw. ein rechtlich geschütztes Interesse vermittelt. In diesem Punkt unterscheiden sich die hier zulässigen Beschwerdegründe von denjenigen bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (vgl. zur Zulässigkeit der Willkürrüge beim letztgenannten Rechtsmittel, BGE 133 I 185 E. 6.1 und 6.3 S. 197 ff.). Aus dem Legitimationskriterium des schutzwürdigen Interesses gemäss Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG (vgl. E. 1.3.1, hiervor) ist jedoch abzuleiten, dass der Beschwerdeführer nur die Überprüfung des Bauvorhabens im Lichte jener Rechtssätze verlangen kann, die sich rechtlich oder tatsächlich auf seine Stellung auswirken. Dieses Erfordernis trifft beispielsweise nicht zu bei Normen über die innere Ausgestaltung der Baute auf dem Nachbargrundstück, die keinerlei Auswirkungen auf die Situation des Beschwerdeführers haben (vgl. das Votum von Bundesrat Blocher in der ständerätlichen Beratung vom 8. März 2005, AB 2005 S 135 f.). Beschwerdegründe Privater, mit denen ein bloss allgemeines öffentliches Interesse an der richtigen Anwendung des Rechts verfolgt wird, ohne dass dem Beschwerdeführer im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht, sind bei der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten unzulässig. In jedem Fall kann aber der Beschwerdeführer - wie bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde (vgl. BGE 133 I 185 E. 6.2 S. 198 ff.) - die Verletzung von Parteirechten rügen, deren Missachtung auf eine formelle Rechtsverweigerung hinausläuft. 1.3.3 Vorliegend hat der Beschwerdeführer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen ( Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG ). Er ist als Eigentümer der an das Baugrundstück angrenzenden Parzelle Nr. 2647, GB Ebikon, durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ( Art. 89 Abs. 1 lit. b BGG ). Der Beschwerdeführer bringt Gehörsrügen vor; dazu ist er ohne Weiteres befugt. In der Sache wendet er sich gegen die Höhe der geplanten Baute und den Umfang der baulichen Ausnutzung auf dem Nachbargrundstück. Insofern macht er BGE 133 II 249 S. 254 eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts und eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebots, verbunden mit einer Sachverhaltsrüge, geltend. Der mit diesen Vorbringen beanstandete Umfang der baulichen Ausnutzung beim fraglichen Bauprojekt wirkt sich in erheblichem Masse auf die Nutzung der Liegenschaft des Beschwerdeführers aus. Insofern betrifft der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer in schutzwürdigen eigenen Interessen ( Art. 89 Abs. 1 lit. c BGG ). Dieser ist somit zur Beschwerde befugt. 1.4 Das Eintreten auf zulässige Beschwerdegründe hängt weiter vom Erfüllen der Anforderungen an die Begründung der einzelnen Rügen ab. 1.4.1 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an ( Art. 106 Abs. 1 BGG ). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden. 1.4.2 Eine qualifizierte Rügepflicht gilt hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht. Das Bundesgericht prüft eine solche Rüge nur insofern, als sie in der Beschwerde präzise vorgebracht und begründet worden ist ( Art. 106 Abs. 2 BGG ). Im Anwendungsbereich dieser Bestimmung ist die Praxis zum Rügeprinzip gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG (vgl. dazu BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261 f.; BGE 129 I 113 E. 2.1 S. 120) weiterzuführen (vgl. die Botschaft, BBl 2001 S. 4344). 1.4.3 Nach Art. 105 BGG legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Abs. 1). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Abs. 2). Die Voraussetzungen für eine Sachverhaltsrüge nach Art. 97 Abs. 1 BGE 133 II 249 S. 255 BGG und für eine Berichtigung des Sachverhalts von Amtes wegen nach Art. 105 Abs. 2 BGG stimmen im Wesentlichen überein. Soweit es um die Frage geht, ob der Sachverhalt willkürlich oder unter verfassungswidriger Verletzung einer kantonalen Verfahrensregel ermittelt worden ist, sind strenge Anforderungen an die Begründungspflicht der Beschwerde gerechtfertigt. Entsprechende Beanstandungen sind vergleichbar mit den in Art. 106 Abs. 2 BGG genannten Rügen (vgl. dazu E. 1.4.2, hiervor). Demzufolge genügt es nicht, einen von den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz abweichenden Sachverhalt zu behaupten. Vielmehr ist in der Beschwerdeschrift nach den erwähnten gesetzlichen Erfordernissen darzulegen, inwiefern diese Feststellungen willkürlich bzw. unter Verletzung einer verfahrensrechtlichen Verfassungsvorschrift zustande gekommen sind. Andernfalls können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Vorbehalten bleiben offensichtliche Sachverhaltsmängel im Sinne von Art. 105 Abs. 2 BGG , die dem Richter geradezu in die Augen springen. 1.4.4 Im vorliegenden Fall stehen mehrere Verfassungsrügen und eine Sachverhaltsrüge zur Diskussion. Es wird, soweit erforderlich, im entsprechenden Sachzusammenhang darzulegen sein, inwiefern die Anforderungen an die Rügepflicht hier nicht eingehalten sind. 1.5 Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde grundsätzlich einzutreten.
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Urteilskopf 85 I 128 21. Arrêt de la Ire Cour civile du 28 avril 1959 dans la cause Borgeaud et consorts contre Département du commerce et de l'industrie du canton de Genève.
Regeste Firmabezeichnung. 1. Legitimation der Gründer einer Aktiengesellschaft zur Beschwerde gegen einen Entscheid der kantonalen Behörde auf Verweigerung der Eintragung der gewählten Firma (Erw. 1). 2. Unzulässige Reklame im Sinne von Art. 44 Abs. 1 HRV? (Erw. 2). 3. Nationale, territoriale und regionale Bezeichnungen. a) Wann ist die Bewilligung des eidg. Amtes für das Handelsregister erforderlich? (Erw. 3 a). b) Überprüfungsbefugnis des eidg. Amtes für das Handelsregister und des Bundesgerichtes (Erw. 3 b). c) Massgebende Gesichtspunkte für die Entscheidung über die Zulässigkeit einer solchen Bezeichnung (Erw. 3 c).
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 85 I 128 S. 129 A.- Le 12 mars 1958, Georges Borgeaud, Maurice Bourgeois, Tibor Rosenbaum, Louis-Jules Perrin, Jean-Pierre Laplanche et Julien Lescaze ont fondé la société anonyme Air-Genève SA Les statuts disposaient notamment que le but de la société était l'exploitation d'une entreprise de transports et travaux aériens, l'entretien d'avions, la vente, la fabrication, l'échange de pièces de rechange et d'accessoires, la formation de pilotes et de mécaniciens, l'importation, la location et la vente d'avions, ainsi que toute activité se rapportant directement ou indirectement au but social. Meyrin (canton de Genève) était désigné comme siège de la société et le capital social était fixé à 50 000 fr. Le préposé au registre du commerce de Genève a refusé d'inscrire la raison sociale "Air-Genève SA". A son avis, elle était de nature à induire le public en erreur sur le caractère de l'exploitation, car, dans les milieux de l'aviation, la combinaison du mot "Air" avec le nom d'un Etat ou d'une contrée désigne généralement des entreprises officielles ou semi-officielles. Là-dessus, les fondateurs ont décidé de modifier la raison et d'appeler la société "Airgenève SA". Le préposé au registre du commerce a, le 11 avril 1958, refusé l'inscription de cette raison pour les motifs déjà exposés dans sa décision précédente. Les fondateurs de la société ont recouru au Département BGE 85 I 128 S. 130 du commerce et de l'industrie du canton de Genève, autorité de surveillance du registre du commerce. Ils concluaient à ce qu'il annulât la décision du préposé et ordonnât à celui-ci d'inscrire la raison sociale "Airgenève SA". Le Département genevois du commerce et de l'industrie a rejeté le recours par décision du 23 juin 1958. Il a considéré, en bref, que le mot "Airgenève" n'était pas un terme de fantaisie; que les tiers risquaient de croire qu'il désignait une société à laquelle l'Etat ou la ville de Genève participait comme actionnaire ou de quelque autre manière; que la raison sociale litigieuse était donc de nature à induire le public en erreur et que, partant, elle violait l'art. 38 al. 1 ORC; qu'en outre, elle attribuait à la société une importance que celle-ci n'avait pas en réalité et qu'elle constituait ainsi une réclame prohibée (art. 44 al. 1 ORC). B.- Contre cette décision, l'avocat Julien Lescaze forme un recours de droit administratif au Tribunal fédéral "pour 'Airgenève, en formation, soit pour elle Messieurs Georges Borgeaud, Maurice Bourgeois, Tibor Rosenbaum, Louis-J. Perrin, J. P. Laplanche". Il conclut à ce que la décision attaquée soit annulée et que le Tribunal fédéral, statuant à nouveau, dise "que la recourante peut faire inscrire auprès du Registre du Commerce de Genève la raison sociale 'Airgenève SA'" et "que le Registre du Commerce de Genève doit procéder à l'inscription de cette raison sociale". Le Département du commerce et de l'industrie du canton de Genève propose que le recours soit déclaré irrecevable et, subsidiairement, qu'il soit rejeté. Le Département fédéral de justice et police conclut également au rejet du recours. Il produit une lettre du 1er octobre 1958 dans laquelle l'Office fédéral de l'air s'oppose à l'inscription de la dénomination "Airgenève" et renvoie pour le reste à son exposé du 6 juin 1957, relatif à l'inscription d'une société en nom collectif Air-Genève, Borgeaud & Cie, qui avait été fondée en 1956 par Borgeaud, Bourgeois, Laplanche et Parisod (cf. RO 84 I 83). BGE 85 I 128 S. 131 Erwägungen Considérant en droit: 1. Pour justifier ses conclusions tendantes à ce que le recours soit déclaré irrecevable, le Département genevois expose que les personnes désignées au début du mémoire de recours interviennent soit comme mandataires soit comme organes d'"Airgenève en formation"; que, faute d'inscription au registre du commerce, cette société n'a pas encore la personnalité juridique (art. 643 al. 1 CO); que, dès lors, Borgeaud, Bourgeois, Rosenbaum, Perrin, Laplanche et Lescaze interviennent au nom d'une personne inexistante. Il est exact qu'Airgenève SA n'existe pas encore, puisqu'elle n'est point inscrite au registre du commerce. D'autre part, si les fondateurs forment entre eux une société simple (cf. SIEGWART, Obligationenrecht, ad art.645, rem. 14), celle-ci ne peut ester en justice et ne saurait donc interjeter un recours de droit administratif (RO 71 I 184 consid. 1). On peut considérer, cependant, que le recours émane des fondateurs eux-mêmes (RO 71 I 184 consid. 1). Or ceux-ci ont, en la forme, qualité pour recourir, attendu qu'ils ont déjà été admis comme parties dans l'instance cantonale (cf. art. 103 al. 1 OJ; RO 84 I 85 consid. 1, et les arrêts cités). En outre, c'est à eux qu'il incombe de procéder aux actes qu'exige la constitution de la société anonyme. Ils ont donc également, quant au fond, qualité pour requérir l'inscription de la raison sociale qu'ils ont choisie et pour recourir contre le refus des autorités administratives. 2. Selon l'autorité cantonale, la désignation "Airgenève" confère à la société une importance qu'elle n'a pas en réalité et constitue ainsi une réclame prohibée par l'art. 44 al. 1 ORC. Le principe de la véracité des inscriptions au registre du commerce (art. 944 CO et 38 ORC) interdit d'inclure dans une raison de commerce des éléments qui ne sont pas BGE 85 I 128 S. 132 destinés à individualiser l'entreprise. C'est pourquoi des adjonctions ne se rapportant qu'à sa réputation ou à son importance ne sont pas admises. Aussi bien l'art. 44 al. 1 ORC proscrit-il expressément les désignations qui servent uniquement de réclame (cf. RO 69 I 123, 79 I 176). En l'espèce, la raison sociale litigieuse se compose de deux éléments, "Air" et "Genève". Le premier indique de façon exacte le genre de la société. Celle-ci, en effet, a pour but l'exploitation d'une entreprise de transports aériens et diverses tâches qui sont en rapport étroit avec de tels transports. Quant à l'adjonction "Genève", elle désigne le canton où la société a son siège et où elle exerce ordinairement son activité. Dès lors, les éléments de la raison sociale tendent à individualiser l'entreprise et aucun d'eux ne sert exclusivement de réclame. L'autorité cantonale a donc considéré à tort que la dénomination "Airgenève" violait l'art. 44 al. 1 ORC. 3. a) Aux termes des art. 45 et 46 ORC, édictés par le Conseil fédéral sur la base de l'art. 944 al. 2 CO, les raisons de commerce des entreprises individuelles, des sociétés commerciales et des sociétés coopératives ne peuvent comprendre des désignations nationales, territoriales ou régionales qu'avec l'agrément de l'Office fédéral du registre du commerce. Celui-ci ne doit admettre de telles désignations que si des circonstances spéciales le justifient. Seule, l'indication du siège en la forme substantive n'est subordonnée à aucune autorisation (art. 46 al. 3 ORC). Cette réglementation pourrait être éludée facilement si les désignations visées n'étaient soumises à autorisation qu'au cas où elles constitueraient, à elles seules, un des mots de la raison de commerce. Pour que le but poursuivi par le législateur puisse être atteint, il faut qu'elles tombent également sous le coup des art. 45 et 46 ORC lorsqu'elles ne forment pas, dans la raison, un mot indépendant mais sont unies à d'autres termes pour composer un seul mot avec eux. Aussi bien le texte allemand de l'art. 944 al. 2 CO parle-t-il de façon générale de la "formation" BGE 85 I 128 S. 133 (Bildung) des raisons de commerce; de même, l'art. 46 al. 1 ORC vise toute "adjonction" territoriale ou régionale. En l'espèce, les recourants maintiennent, contrairement à l'opinion de l'autorité cantonale, que "Airgenève" est une désignation de fantaisie. Cette affirmation est trop absolue. Sans doute, l'union dans un même mot de "air" et "Genève" est arbitraire et relève de la fantaisie. Mais les termes génériques qui composent la raison sociale "Airgenève" ne disparaissent pas. Tant à la lecture qu'à l'audition, on se rend compte que cette désignation est constituée de deux mots de la langue française, savoir "air" et "Genève". En particulier, le second élément de la raison sociale fait immédiatement penser à la ville et au canton de Genève. Par conséquent, la raison litigieuse comprend une désignation nationale et territoriale selon les art. 45 et 46 ORC. Elle ne peut donc être inscrite qu'avec l'agrément de l'Office fédéral du registre du commerce, sauf si la désignation en cause indique seulement, en la forme substantive, le siège de la société. Cette dernière condition n'est pas remplie. Certes, le nom de Genève est repris dans la raison litigieuse en la forme substantive et sans modification orthographique. Mais, uni à un autre nom pour former un nouveau terme, il ne peut plus être considéré comme l'indication du siège. Au surplus, les recourants ne pourraient de toute façon invoquer l'art. 46 al. 3 ORC que si la raison désignait la commune où la société a son siège d'après les statuts. Or ce n'est pas le cas: le siège d'Airgenève SA est Meyrin et non Genève. Dans ces conditions, la raison sociale litigieuse est soumise à l'agrément prévu par les art. 45 et 46 ORC. b) ... L'Office fédéral du registre du commerce a refusé d'autoriser l'inscription de la raison Airgenève SA Il a pris cette décision après avoir consulté, conformément aux art. 45 et 46 ORC, l'organisme compétent d'après les circonstances, savoir l'Office fédéral de l'air. Lorsqu'il juge si, en vertu des art. 45 et 46 ORC, des BGE 85 I 128 S. 134 circonstances spéciales justifient l'emploi de désignations nationales, territoriales ou régionales dans une raison de commerce, l'Office fédéral du registre du commerce dispose d'un large pouvoir d'appréciation (cf. HIS, Obligationenrecht, ad art. 944, rem. 135). Saisi sur recours en sa qualité de tribunal administratif suprême, le Tribunal fédéral ne peut substitue son appréciation à celle de l'autorité administrative. En vertu de l'art. 104 al. 1 OJ, le recours de droit administratif n'est recevable que pour violation du droit fédéral. Le Tribunal fédéral doit donc se borner à vérifier si l'autorité administrative a bien appliqué le droit fédéral, notamment dans le choix des critères déterminants, et si elle n'a pas excédé les limites de son pouvoir discrétionnaire (cf. RO 78 I 470 consid. 2, 79 I 309, 81 I 384; FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8e éd., p. 257 et suiv.). c) Pour refuser l'inscription de la raison Airgenève, on ne saurait considérer que les désignations nationales, territoriales ou régionales doivent être réservées à la Confédération, aux cantons ou à d'autres organismes de droit public. Lorsque les circonstances le justifient, de telles désignations peuvent également être employées dans les raisons de commerce d'entreprises privées (cf. RO 72 I 360, 82 I 45). C'est également le cas des raisons sociales d'entreprises de transports aériens. On ne peut donc réserver à des organismes officiels ou semi-officiels les raisons composées du mot "Air" et d'une désignation nationale, territoriale ou régionale. En l'espèce, il faut toutefois considérer que le canton de Genève a un grand aérodrome intercontinental, connu dans le monde entier sous le nom d'Aéroport de Genève ou de Genève-Cointrin. Dans ces conditions, les autorités administratives pouvaient, sans dépasser les bornes de leur pouvoir d'appréciation, considérer qu'une raison sociale telle qu'"Airgenève" devait être réservée à une entreprise publique ou privée dont l'importance fût proportionnée à celle de l'aérodrome dont elle reprenait le nom dans sa BGE 85 I 128 S. 135 raison. Elles pouvaient donc exiger qu'il s'agît d'une entreprise ayant une large base financière, offrant des garanties particulières en raison de la personnalité de ses organes et déployant une activité aérienne intense. Or, à ce sujet, l'Office fédéral de l'air a exposé ce qui suit dans son rapport du 6 juin 1957, qui, d'après sa lettre du 1er octobre 1958, s'applique également à la société anonyme en formation: "21. Il est posé en fait que la société en nom collectif 'Air-Genève', Borgeaud & Cie à Genève, est constituée par Georges Borgeaud et trois associés. D'après l'autorisation du 1er février 1957 de l'Office fédéral de l'air, la société est autorisée à effectuer des transports occasionnels de personnes et de biens, ainsi que des vols d'excursion au moyen d'avions jusqu'au poids en vol de 2000 kg. A cet effet, la société exploite un avion HB-XAM qui est la propriété de Georges Borgeaud ou un avion HB-OOF qui n'appartient à aucun membre de la société. Les avions en question ne disposent que de deux places de passagers. Georges Borgeaud, qui dirige l'entreprise, est photographe de profession et ne possède que la licence restreinte de pilote professionnel qui l'autorise à effectuer des vols commerciaux non réguliers à l'intérieur de la Suisse sur des avions d'un poids de 2000 kg. au plus. ..... C'est assez dire qu'il s'agit en l'espèce d'une exploitation de caractère extrêmement modeste qui repose tout entière sur l'utilisation d'un seul avion de faible puissance dont la capacité est réduite au transport de deux passagers seulement." D'autre part, la société anonyme n'a qu'un capital social de 50 000 fr. En considérant, dans ces conditions, que cette société ne pouvait s'appeler "Airgenève SA", l'autorité administrative est restée dans les limites de son pouvoir discrétionnaire. Les recourants relèvent, il est vrai, qu'un capital social de 50 000 fr. est suffisant en vertu de l'art. 621 CO. Cela importe peu. Ce qui est décisif, ce n'est pas le minimum général prescrit par la loi, car l'autorité compétente pouvait considérer à juste titre l'importance que la société doit avoir dans le cas concret pour mériter la désignation "Airgenève". 4. Ainsi, le recours doit être rejeté sans qu'il soit nécessaire de juger si la raison sociale litigieuse risque BGE 85 I 128 S. 136 d'induire le public en erreur et si elle doit être refusée également pour ce motif (art. 944 al. 1 CO et art. 38 al. 1 ORC). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
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nan
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1,959
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6d27aa31-25b6-48fa-9af8-076f906d024d
Urteilskopf 93 II 387 51. Urteil der I. Zivilabteilung vom 25. November 1967 i.S. Rimensberger gegen Erben des Ernst Kuhn.
Regeste Art. 48 Abs. 1 OG . Ein Entscheid, der im Hinblick auf die Liquidation einer einfachen Gesellschaft die Versilberung von Grundstücken anordnet, ist ein berufungsfähiger Endentscheid (Erw. 2). Die gesetzliche Liquidationsordnung der einfachen Gesellschaft geht den sachenrechtlichen Bestimmungen über die Aufhebung des Gesamteigentums vor (Erw. 3 und 4). Öffentliche Versteigerung von Grundstücken, die im Eigentum der einfachen Gesellschaft stehen. Richterliches Ermessen? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 387 BGE 93 II 387 S. 387 A.- Die Eheleute Ernst und Frieda Kuhn-Römer, Dübendorf, kauften am 17. Februar 1962 zusammen mit Walter Rimensberger die Liegenschaft "Landhus" in Rehetobel, Parzelle Nr. 412. Diese Liegenschaft umfasst ein Wohnhaus mit Wirtschaft, angebautem Stall, Hofraum, Garten und Wiese im BGE 93 II 387 S. 388 Halte von 1,44 ha 86 m2. Im Kaufvertrag wurde darauf hingewiesen, dass die Käufer eine einfache Gesellschaft im Sinne von Art. 530 ff. OR bildeten. An den Kaufpreis von Fr. 226'000.-- bezahlten die Eheleute Kuhn Fr. 136'000.-- und Rimensberger Fr. 10'000.--. Die Differenz von Fr. 80'000.-- wurde von den Gesellschaftern mittels eines grundpfändlich sichergestellten Darlehens getilgt. Am 15. März 1962 kauften die Eheleute Kuhn ein weiteres benachbartes Grundstück (Parzelle Nr. 413) im Halte von 127.86 a zum Preise von Fr. 93'000.-- auf den Namen der einfachen Gesellschaft. Im Mai und November 1962 veräusserten die Gesellschafter kleinere Landstücke. Da sie sich über die Verteilung und Verwendung des Erlöses nicht einigen konnten, hinterlegten sie diesen auf der Gemeindekanzlei Rehetobel. Die Gesellschafter unterliessen es, eine Regelung über die Führung der Wirtschaft und die Verteilung des Risikos zu treffen. Sie suchten zunächst einen Pächter für die Wirtschaft, konnten aber niemanden finden. Am 3. April 1962 übernahmen die Eheleute Kuhn die Wirtschaft selbst, teilweise unter Mithilfe von Frau Rimensberger und des Sohnes Max Kuhn. Bereits am 4. Juni 1962 wurde die Auflösung der einfachen Gesellschaft geplant; dabei wirkten auf beiden Seiten Rechtsberater mit. Am 18. Juni 1963 kündigten die Eheleute Kuhn dem Mitgesellschafter Rimensberger die einfache Gesellschaft auf den 31. Januar 1964. Rimensberger stellte am 24. Juli 1963 beim Einzelrichter des Bezirkes Uster ein Begehren um Rechnungsstellung, wurde aber damit am 20. August 1963 abgewiesen. B.- Am 3. Juni 1964 reichten die Eheleute Kuhn beim Bezirksgericht Vorderland folgende Klage ein: "a) Es sei das Gesamteigentum der Parteien an den Liegenschaften Grundbuchparzelle 412, Wohnhaus mit Wirtschaft, Stall, Garten, Wiese etc. im Ausmass von 1 ha 44 a 86 m2 in Midegg, Rehetobel und an der Grundbuchparzelle 413, Wiese, Wald etc. im Ausmass von 127.86 a in Midegg, Rehetobel aufzuheben; die durch Kündigung aufgelöste einfache Gesellschaft der Parteien sei gerichtlich zu liquidieren bzw. die Durchführung der Liquidation und Ernennung eines Liquidators gerichtlich anzuordnen und die Abrechnung und finanzielle Auseinandersetzung zwischen den Parteien gerichtlich zu beurteilen. b) Es sei der Beklagte zu verpflichten, den Klägern seinen aus der Liquidation sich ergebenden Anteil am Verlustsaldo zu bezahlen..." BGE 93 II 387 S. 389 Das Bezirksgericht Vorderland hat am 7. Juli 1965 die Klage geschützt und die "Gerichtsleitung" beauftragt, einen Liquidator zu bestellen. Auf Appellation des Beklagten hin hat das Obergericht von Appenzell A.Rh. am 28. März 1966 das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur Behandlung und Beurteilung aller Klagebegehren an das Bezirksgericht Vorderland zurückgewiesen. Der Kläger Ernst Kuhn ist am 23. Oktober 1965 gestorben. An seine Stelle sind die gesetzlichen Erben in den Prozess eingetreten. Das Bezirksgericht Vorderland hat am 5. Dezember 1966 für die Durchführung der Liquidation verschiedene "Richtlinien" erlassen. Auf Appellation des Beklagten hin fällte das Obergericht am 27. Juni 1967 folgenden Entscheid: "1. Es wird die öffentliche Versteigerung der beiden Parzellen Rehetobel Nr. 412 und 413 angeordnet. 2. Als Liquidator wird bestimmt: Hans Bösch, Konkursbeamter, Heiden, mit Ablehnungsfrist von 10 Tagen. 3. Es wird eine gerichtliche Kommission im Sinne von Art. 128 ZPO bestellt, die in Zusammenarbeit mit dem Liquidator die Versteigerungsbedingungen festsetzt und nach Durchführung der Versteigerung die endgültige Abrechnung veranlasst. 4. Die Kläger haben bis spätestens zum Tag der Versteigerung eine Betriebsabrechnung vorzulegen. 5. Die Parteien werden zu gegebener Zeit aufgefordert, je zu 1/3 den erforderlichen Kostenvorschuss für die öffentliche Versteigerung zu leisten. Im übrigen bleiben die Kosten bei der Hauptsache." C.- Der Beklagte hat gegen den Entscheid des Obergerichts die Berufung an das Bundesgericht erklärt. Er beantragt, den angefochtenen Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen mit der Auflage, die Realteilung der im Gesamteigentum der Parteien stehenden Liegenschaften anzuordnen. Für den Fall, dass das Bundesgericht auf die Berufung nicht eintreten sollte, beantragt der Beklagte, "den angefochtenen Entscheid insoweit aufzuheben, als er den sofortigen Vollzug des Entscheides anordnet, und es sei das Obergericht Appenzell A.Rh. anzuweisen, die Veräusserung der Parzellen Nr. 412 und 413 Midegg-Rehetobel bis zur Rechtskraft des den Prozess gesamthaft erledigenden Urteils aufzuschieben". BGE 93 II 387 S. 390 Die Kläger beantragen, die Berufung abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beklagte macht geltend, es stehe ihm ein gesetzlicher Anspruch auf körperliche Teilung der im Eigentum der einfachen Gesellschaft der Parteien stehenden Parzellen Nr. 412 und 413 in Rehetobel zu. Die Vorinstanz habe daher durch Anordnung der öffentlichen Versteigerung Art. 651 Abs. 2 ZGB verletzt. 2. Der Beklagte räumt ein, dass der angefochtene Entscheid nicht alle Streitfragen des Prozesses erledigt. Trotzdem liege ein Endentscheid nach Art. 48 Abs. 1 OG vor, denn im vorliegenden Berufungsverfahren werde die Frage nach Art der Teilung des gemeinschaftlichen Eigentums an den streitigen Parzellen endgültig entschieden. Die vorliegende Berufung sei daher die letzte Möglichkeit, sich gegen den bevorstehenden Rechtsverlust zur Wehr zu setzen. Endentscheid im Sinne der zitierten Bestimmung ist jeder Entscheid, durch den entweder über den materiellen Anspruch geurteilt oder dessen Beurteilung aus einem Grunde abgelehnt wird, der endgültig verbietet, dass der gleiche Anspruch zwischen den gleichen Parteien nochmals geltend gemacht werde (vgl. BGE 72 II 57 , BGE 74 II 178 , BGE 77 II 281 , BGE 78 II 297 , BGE 84 II 229 und 398, BGE 86 II 123 ). Der behauptete Anspruch des Beklagten leitet sich aus dem Gesellschaftsverhältnis der Parteien ab und ist daher materiell-rechtlicher Natur. Bei Durchführung der im angefochtenen Urteil getroffenen Anordnungen würde die vom Beklagten beanspruchte Realteilung der beiden Parzellen ausgeschlossen und könnte nicht mehr geltend gemacht werden. Auf die Berufung ist daher einzutreten. 3. Der Beklagte bestreitet im Berufungsverfahren nicht mehr, dass die einfache Gesellschaft der Parteien aufgelöst ist. Dagegen erhebt er, wie dargetan, Anspruch auf körperliche Teilung der erwähnten Parzellen in Rehetobel. Obwohl diese Vermögensobjekte noch im Gesamteigentum der Parteien stünden, seien nach Art. 654 Abs. 2 ZGB für dessen Aufhebung die Vorschriften über das Miteigentum massgebend. Art. 651 Abs. 2 ZGB sehe vor, dass bei Uneinigkeit der Miteigentümer über die Art der Aufhebung des Miteigentums die Sache körperlich geteilt oder, wenn dies ohne wesentliche Verminderung BGE 93 II 387 S. 391 ihres Wertes nicht möglich sei, öffentlich oder unter den Miteigentümern versteigert werde. Damit stehe fest, dass grundsätzlich eine Realteilung durchzuführen sei und nur dann eine Versteigerung angeordnet werden dürfe, wenn sonst eine "wesentliche Wertverminderung" der Sache eintrete. Im vorliegenden Fall habe die Vorinstanz diesen Begriff unrichtig ausgelegt und daher Art. 651 Abs. 2 ZGB verletzt. Mit dieser Betrachtungsweise übersieht der Beklagte, dass der Rechtsstreit der Parteien sich nicht in der Aufhebung des Gesamteigentums an den streitigen Parzellen erschöpft, sondern die gesamte Liquidation der Gesellschaft zum Gegenstand hat. Die Aufhebung des Gesamteigentums ist somit nicht Selbstzweck. Die Liquidation der einfachen Gesellschaft richtet sich grundsätzlich nach den Art. 548-550 OR . Bei der Kollektivgesellschaft ist die Liquidation nicht wesentlich verschieden, sondern bloss ausführlicher geregelt. Die in Art. 582-590 OR vorgesehene Ordnung kann daher auf die einfache Gesellschaft von ähnlichem Bestand sinngemäss angewendet werden (vgl. SIEGWART, N. 24 zu Art. 548-550 OR ). Im vorliegenden Fall verfolgten die Parteien nach den Vorbringen des Beklagten mit der einfachen Gesellschaft den Zweck, die erworbenen Grundstücke parzellenweise zu überbauen und nachher zu verkaufen oder Teilstücke unüberbaut weiter zu veräussern. Der von den Parteien vorgesehene Zweck stimmt daher mit dem in Art. 552 OR für die Kollektivgesellschaft vorgesehenen Zweck (Betrieb eines nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes) weitgehend überein. Demnach steht nichts entgegen, die Liquidationsordnung der Kollektivgesellschaft analog anzuwenden. 4. Da die Parteien über die Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses weder ursprünglich noch nachträglich eine Vereinbarung getroffen haben, ist der vom Beklagten geltend gemachte Anspruch auf körperliche Teilung der streitigen Parzellen nach der gesetzlichen Liquidationsordnung der einfachen Gesellschaft zu beurteilen (vgl. Erw. 3 hievor). Die Liquidation der einfachen Gesellschaft wird vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Liquidation beherrscht. Sie umfasst alle liquidationsbedürftigen Verhältnisse (vgl. SIEGWART, N. 4 zu Art. 548-550 OR ). Dabei entspricht es dem Gesamthandprinzip, dass der Gesellschafter keinen Anspruch auf Naturalteilung hat, sondern nur auf Wert- oder Reinvermögensteilung, BGE 93 II 387 S. 392 mithin auf einen seinem Anteil entsprechenden Betrag in Geld (vgl. WIELAND, Handelsrecht I, S. 647, SIEGWART, a.a.O.). Das Begehren des Beklagten ist daher unzulässig. Da eine abweichende Vereinbarung der Parteien nicht vorliegt, sind die streitigen Vermögenswerte nach Art. 549 OR zur Tilgung der gemeinschaftlichen Schulden, zur Ersetzung der Auslagen und Verwendungen und zur Rückerstattung der von den Parteien verwendeten Vermögensbeiträge zu verwenden. Dabei sind die fraglichen Aktiven, soweit es die Auseinandersetzung erfordert, in analoger Anwendung von Art. 585 Abs. 1 OR zu versilbern. Die Versilberung kann aber auch Platz greifen, wenn dadurch die Teilung unter den Gesellschaftern erleichtert wird (vgl. SIEGWART, N. 26 zu Art. 548-550 und 9 ff. zu Art. 585 OR ). Die sich aus der gesellschaftsrechtlichen Liquidationsordnung ergebenden Rechtsfolgen werden nicht etwa durch die Vorschriften des Sachenrechts über die Aufhebung von Mit- und Gesamteigentum vereitelt. Die Aufhebung des Gesamteigentums erfolgt nach Art. 654 Abs. 2 ZGB nur dort nach den Vorschriften über das Miteigentum, "wo es nicht anders bestimmt ist". Nach dem Gesagten wird die Aufhebung von Gesamteigentum in der gesetzlichen Liquidationsordnung der einfachen Gesellschaft abweichend geregelt. Eine besondere Ordnung ist dort schon deshalb unerlässlich, weil die im Sachenrecht vorgesehene Realteilung bei Uneinigkeit der Gesellschafter die Durchführung der Liquidation häufig erschweren, wenn nicht gar verunmöglichen würde. 5. Die vom Obergericht getroffene Anordnung - öffentliche Versteigerung der streitigen Parzellen - wäre nur dann bundesrechtswidrig, wenn sie auf einer Verletzung des in der gesetzlichen Liquidationsordnung eingeräumten richterlichen Ermessens beruhte. Dass die Vorinstanz den vom Beklagten erhobenen Anspruch unter dem Gesichtspunkt von Art. 651 Abs. 2 ZGB prüfte, schadet weiter nichts. Ob sie dabei vom richtigen Rechtsbegriff der "wesentlichen Wertverminderung" ausging, ist schon deshalb unerheblich, weil dem Beklagten ein Anspruch auf körperliche Teilung der Parzellen überhaupt nicht zusteht. Entscheidend ist dagegen die verbindliche Feststellung im angefochtenen Urteil, dass die körperliche Teilung "komplizierte, umstrittene Bewertungs- und Zuweisungsfragen" aufwerfen BGE 93 II 387 S. 393 würde. Unter diesen Umständen durfte die Vorinstanz - ohne das ihr zustehende Ermessen zu verletzen - die öffentliche Versteigerung der Parzellen anordnen. Diese Massnahme ist umso mehr zu vertreten, als damit die Auseinandersetzung der Gesellschafter erheblich erleichtert werden kann. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts von Appenzell A.Rh. vom 27. Juni 1967 bestätigt.
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nan
de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d2cf503-4c91-4110-b5c7-8942a65f185b
Urteilskopf 81 III 73 21. Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. Mai 1955 i.S. F. gegen B.
Regeste Streitwertangabe im Berufungsverfahren ( Art. 55 Abs. 1 lit. a OG ). Streitwert im Prozess über ein Pfandrecht bei unbestrittener Forderung (Erw. 1), - insbesondere in einem Kollokationsstreit nach Art. 250 SchKG (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 73 BGE 81 III 73 S. 73 A.- Im Konkurs des L. in Kreuzlingen meldete dessen Schwiegermutter, Frau B., eine restliche Darlehensforderung von Fr. 8200.-- mit Faustpfandrecht gemäss Vertrag vom 24. September 1950 an. Anderseits enthielt die von der Ehefrau des Schuldners angemeldete Frauengutsforderung von insgesamt Fr. 17'500.-- einen Posten von Fr. 8500.-- mit der Grundangabe: "Erhalten von Mutter B. im Jahre 1937 und an L. gegeben". Da sich beide Forderungen auf die Beihilfen der Frau B. bezogen, konnten nicht beide nebeneinander berücksichtigt werden. Die Konkursverwaltung hielt vorerst dafür, es handle sich um Einbringen der Ehefrau. Sie kollozierte deren Frauengutsforderung im ganzen Betrage von Fr. 17'500.--, je zur BGE 81 III 73 S. 74 Hälfte in 4. und 5. Klasse, wies dagegen die Eingabe der Frau B. ab. B.- Diese erhob gegen die Masse Klage auf Kollokation gemäss ihrer Eingabe, während die Kollokation der Frau L. unangefochten blieb. Für den Fall, dass zwischen der Masse und Frau B. ein Vergleich zustande komme, erklärte sich indessen Frau L. bereit, auf den erwähnten Teilbetrag von Fr. 8500. -, und zwar auf je Fr. 4250.-- in 4. und 5. Klasse, zu verzichten. Hierauf schloss die Masse mit Frau B. am 17. April 1952 folgenden Vergleich: "1. An Stelle der von Frau B. s. Zt. angemeldeten faustpfandgesicherten Forderung von Fr. 8200.-- werden Fr. 6500.-- und deren vorzugsweise Begleichung aus den für die ursprüngliche Forderung angemeldeten Pfandgegenständen anerkannt. 2. Die Verzichtserklärung von Frau Rosa L.-B. ist Bestandteil dieses Vergleichs. Danach verzichtet sie bei Zustandekommen des Vergleiches auf Fr. 4250.-- ihrer in 4. Klasse und Fr. 4250.-- ihrer in 5. Klasse kollozierten Ansprüche..." Demgemäss wurden die Kollokationen der Frau B. (mit Hinweis auf den Vergleich) und der Frau L. (mit Hinweis auf den Verzicht) geändert. C.- Ein in 5. Klasse kollozierter Gläubiger F. focht die neue Kollokation der Frau B. an, indem er das ihr zuerkannte Pfandrecht als anfechtbar und ungültig bezeichnete. Die Beklagte erklärte im Laufe des Prozesses, das Pfandrecht nur für einen Forderungsbetrag von Fr. 4250.-- in Anspruch nehmen zu wollen. Diesem Erfolg der Klage entsprechend, erhielt der Kläger durch Urteil des Obergerichts vom 16. September 1954 "vom Erlös der Pfandgegenstände einen Anteil, der Fr. 4250.-- übersteigt. jedoch Fr. 6500.-- nicht überschreitet", zugesprochen. Das weitergehende Klagebegehren wurde auch vom Obergericht abgewiesen. D.- Mit vorliegender Berufung hält der Kläger an seinem Klagebegehren in vollem Umfange fest. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Mit der Angabe "Streitwert: Fr. 6500.--" bezieht sich der Berufungskläger auf den Forderungsbetrag, für BGE 81 III 73 S. 75 den der Beklagten im abgeänderten Kollokationsplan ein Pfandrecht zuerkannt wurde. Diese Angabe trifft auf alle Fälle für das bundesgerichtliche Verfahren nicht mehr zu, da die Beklagte ihre Pfandansprache schon in kantonaler Instanz ermässigt, nämlich das Pfandrecht nur noch für einen Forderungsbetrag von Fr. 4250.-- in Anspruch genommen und das Obergericht demgemäss dem Kläger einen allfälligen Mehrerlös der Pfänder zugesprochen hat. Aber auch wenn man die Streitwertangabe dahin berichtigt, dass der Betrag von Fr. 6500.-- durch denjenigen von Fr. 4250.-- ersetzt wird, erweist sie sich als ungenügend. Streitig ist nicht die Forderung (gegen die der Kläger nichts eingewendet hat, und die er als der Beklagten zustehend auch vor Bundesgericht anerkennt; Seite 4 der Berufungsschrift), sondern einzig das Pfandrecht. Dessen Wert ist nun aber von vornherein nicht nur durch den Betrag der Forderung, für die das Pfand haften soll, sondern auch durch den Wert der Pfandgegenstände begrenzt. Dass dieser Wert jenen Betrag erreiche, ist nicht ohne weiteres anzunehmen. Im Streit um ein Pfandrecht muss sich die von Art. 55 Abs. 1 lit. a OG verlangte Streitwertangabe daher grundsätzlich auf zwei Zahlen stützen: den pfandgesicherten Forderungsbetrag und den Wert der Pfänder. Die Angabe jenes Betrages genügt nur, wenn die streitigen Pfänder dafür offensichtlich volle Deckung bieten. Im vorliegenden Falle ist aber der wahre Wert der Pfänder nicht offenkundig. Es handelt sich um Mobilien, die im Klage- und im Berufungsbegehren wie auch in der angefochtenen Kollokationsverfügung gar nicht genannt sind. In den Akten nach allfälligen Wertangaben zu forschen, namentlich das Konkursinventar an Hand des Pfandvertrages nachzuprüfen und die Summe der dort für die Pfandsachen eingesetzten Schätzungswerte zu ermitteln, ist nicht Sache des Bundesgerichtes. Vielmehr hat der Berufungskläger den Wert des Streitgegenstandes anzugeben, was hier nicht in sachentsprechender Weise geschehen ist. 2. Auf die Berufung kann somit mangels genügender BGE 81 III 73 S. 76 Streitwertangabe nicht eingetreten werden ( BGE 71 II 252 ). Die einfach auf den Forderungsbetrag, für den die Pfänder in Anspruch genommen werden, anspielende Angabe des Berufungsklägers erweist sich noch um so mehr als mangelhaft, wenn man die Natur des Kollokationsprozesses in Betracht zieht. Wie der Kollokationsplan selbst, so hat auch ein auf dessen Änderung lautendes Urteil im Sinne von Art. 250 SchKG nur Wirkung für das Konkursverfahren. Es handelt sich lediglich um die Bereinigung der Passivmasse im Hinblick auf die Verteilung der Konkursaktiven. Beim Kollokationsstreit über ein Pfandrecht wurde bisher freilich der (den zu sichernden Forderungsbetrag nicht erreichende) Wert der Pfänder als Streitwert betrachtet (FAVRE, Cours de droit des poursuites, 303; BGE 29 II 761 = Sep.-Aug. 6 S. 356; BGE 48 II 412 ). Indessen kann daran nicht festgehalten werden, nachdem die Rechtsprechung dazu übergegangen ist, bei Bemessung des Streitwertes einer Kollokationsklage jene beschränkte Rechtskraftwirkung des Kollokationsurteils zu berücksichtigen. In der Tat hat, wenn sich die Kollokationsklage auf den gültigen Bestand einer Forderung bezieht, als Streitwert nicht mehr wie nach der frühern Betrachtungsweise der streitige Forderungsbetrag, sondern die dafür zu erwartende Konkursdividende zu gelten ( BGE 65 III 28 ff.; BGE 65 II 43 ). Das hat zur Folge, dass in solchen Fällen eine nur den streitigen Forderungsbetrag nennende Streitwertangabe ungenügend ist, da auch die darauf vermutlich entfallende Konkursdividende und damit der Betrag des wahren Streitinteresses genannt werden muss ( BGE 79 III 172 ). Demgemäss ist beim Kollokationsstreit über ein Pfandrecht zu beachten, dass bei dessen Wegfall die als solche unbestrittene Forderung immerhin in 5. (oder allenfalls sogar in einer privilegierten) Klasse am Konkursergebnis teilnimmt. Nur die Differenz macht das Streitinteresse des Pfandansprechers aus, und nur sie ("der Betrag, um welchen der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird") kann, wenn BGE 81 III 73 S. 77 sich der Pfandansprecher in der Beklagtenrolle befindet, nach Art. 250 Abs. 3 SchKG zur Befriedigung des Klägers dienen. Sie macht also den mit der Klage höchstens erzielbaren Prozessgewinn aus, der übrigens mit einem allfällig überschüssigen Betrag, nach Deckung von Forderung und Prozesskosten des Klägers, in die allgemeine Konkursmasse fällt ( BGE 57 III 154 ; JAEGER, N. 10 und 11 zu Art. 250 SchKG ; BLUMENSTEIN, Handbuch S. 789/90; FREY, Der Prozessgewinn, in Bl. für Schuldbetreibung und Konkurs 11 S. 39/40). Nun schweigt sich die vorliegende Streitwertangabe nicht nur über den Wert der Pfänder, sondern auch über die mutmassliche Konkursdividende für die Forderungen der 5. Klasse und damit über ein weiteres Element zur Berechnung des wahren Streitwertes aus. Auch das angefochtene Urteil enthält darüber keine Feststellungen, die der Berufung stillschweigend zugrunde gelegt sein könnten. Somit vermag die Angabe des Berufungsklägers nicht darzutun, dass das massgebende Streitinteresse den für die Berufung an das Bundesgericht erforderlichen Betrag von Fr. 4000.-- erreicht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6d2eafef-f73b-4aff-a26d-277372c5e5f4
Urteilskopf 86 IV 194 49. Auszug aus dem Entscheid der Anklagekammer vom 1. September 1960 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Y.
Regeste Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB , Art. 263 BStP . 1. Der gesetzliche Gerichtsstand bildet die Regel, von der nur ausnahmsweise abgegangen werden darf; Ausnahme verneint (Erw. 1 und 2). 2. Kostenpflicht des Kantons, der das Bundesgericht missbräuchlich anruft (Erw. 3).
Erwägungen ab Seite 194 BGE 86 IV 194 S. 194 Die Anklagekammer zieht in Erwägung: 1. Da die in Frage stehenden Delikte mit der gleichen Strafe bedroht sind und die Untersuchung zuerst im Kanton X. angehoben wurde, sind nach der Vorschrift des Art. 350 Ziff. 1 Abs. 2 StGB die Behörden dieses Kantons zuständig. Das wird auch von der Gesuchstellerin nicht bestritten. Zur Entscheidung steht daher bloss, ob sich aus Zweckmässigkeitsgründen ( Art. 263 BStP ) eine andere Lösung in dem Sinne aufdränge, dass der Gerichtsstand im Kanton Y. festzulegen sei. Die Frage ist zu verneinen. 2. Der gesetzliche Gerichtsstand bildet die Regel, von der nur ausnahmsweise abgegangen werden darf. Die Tatsache, dass von dreizehn Diebstählen nebst einem BGE 86 IV 194 S. 195 Betruge acht im Kanton Y. verübt wurden, rechtfertigt sowenig eine von der gesetzlichen Norm abweichende Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit wie der Umstand, dass die Schadenssumme bei den in Y. verübten Straftaten höher ist als der Deliktsbetrag bei dem im Kanton X. begangenen Diebstahl. Diese rein arithmetische Gegenüberstellung genügt, wie das Bundesgericht schon wiederholt entschieden hat, nicht zur Begründung des Schwergewichtes der verbrecherischen Tätigkeit in einem bestimmten Kanton. Andere Umstände (vgl. Schweiz. Juristische Kartothek, Karte 899, C III; BGE 83 IV 119 f., BGE 85 IV 205 ff., BGE 86 IV 63 ff. und dort angeführte Entscheidungen) werden aber weder von der Gesuchstellerin geltend gemacht noch durch die Akten belegt. 3. Art. 156 Abs. 2 OG bestimmt, dass den Kantonen, die das Bundesgericht in ihrem amtlichen Wirkungskreis und ohne dass es sich um ihr Vermögensinteresse handelt, in Anspruch nehmen, in der Regel keine Gerichtskosten auferlegt werden. Nach der Rechtsprechung rechtfertigt sich eine Ausnahme von dieser Regel dann, wenn eine kantonale Behörde das Bundesgericht missbräuchlich anruft. Das ist im vorliegenden Falle geschehen. Denn bei Anwendung der durch die Anklagekammer aufgestellten Grundsätze hätte die Staatsanwaltschaft des Kantons X. erkennen können, dass ihr Gesuch aussichtslos ist. Die Kosten des Verfahrens sind daher dem Kanton X. aufzuerlegen.
null
nan
de
1,960
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6d2fb77b-e810-4378-a29c-deff03a1d501
Urteilskopf 117 II 536 98. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 3. Dezember 1991 i.S. R. gegen M. und I. (Berufung)
Regeste Art. 738 f. ZGB; Inhalt der Dienstbarkeit bei veränderten Bedürfnissen. Mit dem Umbau eines Ökonomiegebäudes in ein Zweifamilien-Wohnhaus mit den dazugehörenden Garagen fallen die ursprünglichen Bedürfnisse des herrschenden Grundstückes dahin. Das nach einem Landwirtschaftsbetrieb mit Wohnhaus bemessene Fuss- und Fahrwegrecht braucht den neuen Bedürfnissen, die durch die Benützung der Garagen entstehen, nicht dienstbar gemacht zu werden.
Sachverhalt ab Seite 536 BGE 117 II 536 S. 536 R. möchte ein landwirtschaftliches Ökonomiegebäude in ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen und drei Garagen für Personenwagen umbauen. Die Zufahrt zu diesen Garagen führt über die mit einem Fuss- und Fahrwegrecht belasteten Grundstücke von M. und I. Diese erhoben gegen das im Amtsblatt ausgeschriebene Bauvorhaben privatrechtliche Einsprache. Während der erstinstanzliche Richter die Baueinsprache abwies, verbot der zweitinstanzliche Richter die Ausführung des Bauvorhabens. Dieser Entscheid wurde vom Bundesgericht, welches die bei ihm erhobene Berufung des R. abwies, geschützt. BGE 117 II 536 S. 537 Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Streitig sind Inhalt und Umfang einer seit 1880 bestehenden, 1967 im bereinigten eidgenössischen Grundbuch eingetragenen Servitut. Die Einsprecher und Berufungsbeklagten befürchten eine Mehrbelastung der Parzelle, wenn dem Berufungskläger gestattet würde, mit dem Umbau des bisherigen landwirtschaftlichen Ökonomiegebäudes ausser zwei Wohnungen noch drei Garagen zu erstellen. Der Bezirksrichter hat die nach einem solchen Umbau zu erwartende intensivere Nutzung als mit der Dienstbarkeit vereinbar betrachtet, wenngleich "die obere Grenze dessen, was ihnen (den Einsprechern) gemäss Art. 739 ZGB zugemutet werden kann, erreicht ist". Nach der gegenteiligen Auffassung des Obergerichts lässt sich das Fuss- und Fahrwegrecht - unter Beachtung auch des Zwecks, wozu diese Dienstbarkeit im Jahr 1880 begründet ist - nicht so verstehen, dass die Einsprecher als Eigentümer der belasteten Grundstücke die stärkere Belastung, welche der Einbau dreier Garagen nach sich zöge, zu dulden hätten; denn die belasteten Grundstücke würden nicht mehr der ursprünglich landwirtschaftlichen Nutzung des berechtigten Grundstücks dienen. 4. Die aus einer Dienstbarkeit sich ergebenden Rechte und Pflichten sind in erster Linie aufgrund des Eintrags im Grundbuch zu ermitteln ( Art. 738 Abs. 1 ZGB ). Im Rahmen dieses Eintrags ist sodann auf den Erwerbsgrund und allenfalls auf die Art abzustellen, wie die Dienstbarkeit während längerer Zeit unangefochten und in gutem Glauben ausgeübt worden ist ( Art. 738 Abs. 2 ZGB ). Nach der ständigen Praxis des Bundesgerichts ist schliesslich auch nach Sinn und Zweck der Dienstbarkeit zu fragen, und es sind die Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks zu berücksichtigen ( BGE 113 II 508 E. 2, BGE 115 II 436 E. 2b, je mit Hinweisen). a) Massgebend ist im vorliegenden Fall somit vorab der am 3. Januar 1967 bereinigte Grundbucheintrag, nachdem der ursprüngliche Eintrag offenbar - entgegen dem neuen Vorbringen des Berufungsklägers - im kantonalen Verfahren nicht beigebracht werden konnte. Er lautet, soweit für die Beurteilung der Streitsache von Bedeutung, wie folgt: "Der jeweilige Eigentümer von GB Nr. 230 hat das Fahr- und Fusswegrecht über den Weg, welcher auf den Grundstücken GB Nr. 232 und 233, der gemeinsamen Grenze dieser Grundstücke entlang, angelegt ist, als BGE 117 II 536 S. 538 Verbindung mit der Dorfstrasse GB Nr. 250. Der Weg darf weder verstellt noch verengt werden." Dieser Wortlaut ist bezüglich seines Inhalts klar: Es besteht ein sogenanntes ungemessenes, das heisst: weder räumlich noch funktionell begrenztes, Fuss- und Fahrwegrecht derart, dass der unmittelbare Zugang und die unmittelbare Zufahrt von der Dorfstrasse zum berechtigten Grundstück des Berufungsklägers gewährleistet werden. Dem Grundbucheintrag lässt sich somit - aufgrund des Wortlautes - nicht ohne weiteres eine Einschränkung in der Richtung entnehmen, dass das Fahrwegrecht nur gerade der ursprünglich landwirtschaftlichen Nutzung des Ökonomiegebäudes diene, wie das Obergericht anzunehmen scheint und was vom Berufungskläger in Frage gestellt wird. Auf dem herrschenden Grundstück befand sich nämlich seit jeher und befindet sich auch heute noch das landwirtschaftliche Wohnhaus, so dass davon auszugehen ist, dass das Fahr- und Fusswegrecht dem Zugang und der Zufahrt sowohl zur Arbeits- als auch zur Wohnstätte der bäuerlichen Familie zu dienen hat. b) Ungemessene Dienstbarkeiten bedürfen nun aber, selbst bei an sich klarem Wortlaut, der Auslegung, wenn ihr Umfang ( Art. 737 ZGB ) streitig ist. Dazu kommt es - wie hier - immer dann, wenn infolge veränderter Verhältnisse eine stärkere Beanspruchung des belasteten Grundstücks befürchtet wird; denn die Dienstbarkeit darf nur im Rahmen des ursprünglichen Zweckes, wozu sie begründet worden ist, ausgeübt werden ( BGE 100 II 116 E. 3b mit Hinweisen). Eine Änderung der Ausübung wird dem Eigentümer des belasteten Grundstücks dabei wohl zugemutet ( BGE 64 II 414 E. 2). Doch hat er grundsätzlich eine Mehrbelastung nur zu tragen, wenn diese auf eine objektive Veränderung der Verhältnisse, wie etwa die Entwicklung der Technik, zurückgeht und nicht auf willentlicher Änderung der bisherigen Zweckbestimmung beruht; auch darf die zweckentsprechende Benützung des belasteten Grundstücks durch die Ausübung der Dienstbarkeit nicht behindert oder wesentlich mehr als bisher eingeschränkt werden ( BGE 91 II 342 f. E. 4b mit Hinweisen). c) Nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid diente das Fuss- und Fahrwegrecht bis 1960 für Milch- und Futtertransporte mit Fuhrwerken und später mit Traktoren. Ferner diente es für den Viehtrieb (10-15 Stück Vieh) und als Zufahrt zum Wohnhaus und zum Ökonomiegebäude. Allerdings wurde der Landwirtschaftsbetrieb, nachdem schon vorher die Viehhaltung aufgegeben BGE 117 II 536 S. 539 worden war, ab 1970 immer mehr reduziert. Bis 1982 wurde noch Rebbau betrieben, aber seither ist das Ökonomiegebäude nur noch als Einstellraum für landwirtschaftliche Geräte und Maschinen, für Holz und für den Personenwagen des Berufungsklägers benützt worden. Würde die Baueinsprache abgewiesen, so würden in Zukunft höchstens drei Privatautos zu den im umgebauten Ökonomiegebäude erstellten Garagen fahren. Der Einwand des Berufungsklägers, verglichen mit früher könne von einer Mehrbenützung der Liegenschaft, die zu einer reinen Wohnliegenschaft würde, keine Rede sein, ist daher nicht ganz von der Hand zu weisen. Ginge es allein um die soziale Entwicklung, die dazu geführt hat, dass sich in traditionellen Bauerndörfern der Wohnbau breitgemacht hat und die Landwirtschaft ausgesiedelt worden ist, und um den technischen Fortschritt, der anstelle von Pferd und Wagen den Traktor und das Personenfahrzeug gebracht hat, so liesse sich daher der angefochtene Entscheid kaum halten. Es ist in diesem Zusammenhang auch nicht zu übersehen, dass die Belastung schon seit 1978 oder zumindest seit 1982 gering ist (Fahrten des Berufungsklägers mit seinem Personenwagen oder Motorrad, wenige Holztransporte im Jahr, Transport der dem Rebbau dienenden Maschinen). d) Entscheidend ist nun aber die Feststellung der Vorinstanz, dass der Berufungskläger den vollständigen Umbau des Ökonomiegebäudes in ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen und drei Garagen plane; damit falle der zuvor landwirtschaftliche Zweck des Ökonomiegebäudes vollständig dahin. Die Servitut würde dem jeweiligen Eigentümer für die Erzielung von Mietzinsen oder von Eigenmietwerten dienen, aber nicht mehr für die Gewinnung landwirtschaftlicher Produkte. Gestützt auf die Dienstbarkeit könnten drei verschiedene Mieter ohne jede Einschränkung ihre persönlichen Verkehrsbedürfnisse befriedigen. Die Vorinstanz hat sodann in rechtlicher Hinsicht ausgeführt, dass selbst ein uneingeschränktes Fahrwegrecht nicht auf die Wegbenützung im Zusammenhang mit der Errichtung von nicht der Landwirtschaft dienenden Garagen auf dem berechtigten Grundstück erstreckt werden könnte. Andernfalls würde die Dienstbarkeit einen Umfang annehmen, an den bei der Errichtung, in Anbetracht des damaligen landwirtschaftlichen Charakters des herrschenden Grundstücks, vernünftigerweise nicht habe gedacht werden können. Der Bau von Garagen habe im Jahr 1880 nicht vorausgesehen werden können, und daher habe diese Nutzungsart BGE 117 II 536 S. 540 im Wortlaut des Wegrechts auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen werden müssen (vgl. BGE 87 II 87 ff. E. 3c, d: Umwandlung einer ehemaligen Werkstatt in zwei Garagen, für deren Zu- und Wegfahrt ebenfalls ein "ungehindertes und unbeschränktes Fuss- und Fahrwegrecht" beansprucht wurde). 5. Die Schlussfolgerung des Obergerichts, dass mit dem Umbau des Ökonomiegebäudes in ein (Zweifamilien-)Wohnhaus mit den dazugehörenden Garagen die ursprünglichen Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks - vor allem die Zufahrt zum Zentrum eines landwirtschaftlichen Betriebes - dahinfielen und dass neuen Bedürfnissen - hier der Benützung der Garagen - das Fuss- und Fahrwegrecht nicht dienstbar gemacht werden dürfe, steht in Einklang mit Rechtsprechung und Lehre ( BGE 87 II 88 f., BGE 91 II 342 f. E. 4b, BGE 100 II 118 , BGE 107 II 335 , BGE 114 II 429 E. 2c, BGE 115 II 436 ff.; Kommentar LIVER, N 24 ff. zu Art. 737 ZGB , N 14, 16, 40, 76 zu Art. 738 ZGB , N 2 ff., 12 ff., 15 zu Art. 739 ZGB ). Daran vermögen die Einwände des Berufungsklägers, soweit auf sie nicht bereits in den vorstehenden Ausführungen eingegangen worden ist, nichts zu ändern: a) Mit den Verweisen im angefochtenen Entscheid auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung wollte die Vorinstanz klarerweise die Grundsätze unterstreichen, die massgebend sind für die Bestimmung von Inhalt und Umfang einer nicht ausschliesslich altrechtlichen, sondern 1967 im Bereinigungsverfahren in das eidgenössische Grundbuch aufgenommenen Dienstbarkeit. Zur Bestimmung der Identität dieser Dienstbarkeit ist nun aber auf den ursprünglichen Zweck zurückzugreifen, der sich hier, wo der Dienstbarkeitsvertrag nicht mehr aufzufinden war, vor allem aus der Art der jahrzehntelangen Nutzung und aus den Bedürfnissen des herrschenden Grundstücks ermitteln liess. Das auf einer Gewerbeservitut beruhende Beispiel, das der Berufungskläger zur Untermauerung seines Standpunktes anführt, geht daher an der Sache vorbei. Der Zweck des hier streitigen Fuss- und Fahrwegrechtes bleibt im übrigen nach wie vor aktuell, was denn auch von keiner Seite bezweifelt worden ist. b) Der Berufungskläger verkennt mit seinem auf Art. 739 ZGB gestützten Argument, sogar das Gesetz sehe eine Änderung der Bedürfnisse des herrschenden Grundstücks vor, dass er selber eine solche Änderung der Bedürfnisse mit seinem Bauvorhaben anstrebt. Das müssen die Eigentümer der belasteten Grundstücke - mit oder ohne Mehrbelastung, die im vorliegenden Fall tatsächlich BGE 117 II 536 S. 541 in Zweifel gezogen werden kann (Durchfahrt von drei Personenwagen gegenüber Fahrten mit Traktoren sowie Vieh- und anderen Transporten) - nicht hinnehmen. Der Absicht des Berufungsklägers, die 1880 und noch 1967 geltende Art der Bewirtschaftung des herrschenden Grundstücks zu ändern, steht die Dienstbarkeit entgegen (siehe dazu nebst den vorstehenden Zitaten den Kommentar LIVER, N 26 zu Art. 739 ZGB , e contrario). Darauf, ob der nach dem Bau von drei Garagen zu erwartende Verkehr das Mass der Belastung übersteige, welches die dienenden Grundstücke bei landwirtschaftlicher Nutzung im Jahr 1880 (bzw. im Jahr 1967) zu dulden hatten, kommt es deshalb nicht entscheidend an.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d37fac6-5504-4851-ab18-3862986a1531
Urteilskopf 97 I 14 4. Urteil vom 27. Januar 1971 i.S. X. gegen Stadt Zürich und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich.
Regeste Kantonale Handänderungs- und Grundstückgewinnsteuer. Willkür. Wenn die Witwe und die Kinder eines Bauunternehmers zur Fortführung des Geschäftsbetriebs eine Kommanditgesellschaft mit der Witwe als unbeschränkt haftender Teilhaberin und den Kindern als Kommanditären gegründet haben, so kann ohne Willkür angenommen werden, dass dadurch die Erbengemeinschaft aufgelöst worden sei und dass daher die später mit der Liquidation der Kommanditgesellschaft erfolgte Übertragung der Liegenschaften auf die einzelnen Erben keine handänderungs- und grundstückgewinnsteuerfreie "Handänderung infolge Erbteilung" im Sinne von § 161 Abs. 3 und 180 lit. a zürch. StG darstelle (Erw. 1). Ist die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer deshalb unzulässig, weil es sich dabei um eine Realteilung handelt, bei der kein Gewinn im Sinne von § 161 StG realisiert wird? Rechtsnatur der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 15 BGE 97 I 14 S. 15 A.- Die sechs Erben von Baumeister W. X. in Zürich, verstorben am 15. Januar 1944, errichteten durch Gesellschaftsvertrag vom 4. Dezember 1944 "hinsichtlich der ihnen angefallenen Erbschaft" auf 1. Januar 1944 die Kommanditgesellschaft X. & Co. mit der Witwe Anna X. als unbeschränkt haftender, geschäftsführender Gesellschafterin, die einen allfälligen Betriebsverlust allein zu tragen hatte, und den fünf Kinder als Kommanditären mit Einlagen von je Fr. 50'000.--. Die Gesellschaft bezweckte "die unveränderte Fortführung mit sämtlichen Aktiven und Passiven des von W. X. sel. betriebenen Baugeschäftes, den Besitz und die Verwaltung der dem Verstorbenen grundbuchlich zugestandenen Liegenschaften und andern Vermögenswerte, sowie deren im Interesse des Ganzen liegende eventuelle Realisierung". Laut Handänderungsanzeige wurden die Nachlassgrundstücke der Kommanditgesellschaft am 23. Februar 1945 grundbuchlich zugefertigt. Am 31. Oktober 1945 schlossen die Erben mit Wirkung ab 1. Januar 1944 auf Grundlage des Gesellschaftsvertrages einen "Erbteilungsvertrag". Danach anerkannte die Witwe Anna X. als testamentarische Universalerbin den Pflichtteil der Kinder von 9/16. Ohne den Frauengutsanspruch, jedoch mit Einbezug ihres Vorschlagsdrittels wurde für die Witwe ein Anteil am Gesamtvermögen von 62,1% und für die Kinder ein solcher von 37,9% (je 7,58%) errechnet, mit welchen Anteilen die sechs Erben an Kapital und Ertrag der Kommanditgesellschaft X. & Co. partizipieren sollten. Dabei wurde festgehalten, dass die Erben mit ihrer Kapitalbeteiligung eine Gesamtheit bildeten, aus der sie, ohne ihre Anteile an Dritte veräussern oder abtreten zu dürfen, nur gegen vorherige halbjährliche schriftliche Kündigung auf Ende eines Geschäftsjahres austreten konnten. Am 19. Dezember 1967 unterzeichneten die sechs Erben und Gesellschafter der Kommanditgesellschaft X. & Co. ein Protokoll über "die Teilung des Nachlasses des Herrn W. X. sel. ..., was gleichzeitig die Liquidation der Kommanditgesellschaft X. & Co., Zürich, der Trägerin dieses Nachlasses, zur BGE 97 I 14 S. 16 Folge hat". Beschlossen wurde die "Auflösung der fortgesetzten Erbengemeinschaft und Erbteilung durch Liquidation der Firma X. & Co., Zürich. Die Auflösung erfolgt durch Realteilung." Dafür war ein am gleichen Tag unterzeichneter Teilungsplan massgebend, nach dem die Aktiven rückwirkend auf den 1. Januar 1966 übertragen werden sollten. Ausgenommen blieben einige Liegenschaften als "Rückstellungen" zur Sicherung allfälliger Forderungen von Dritten. Gestützt auf das Protokoll und den Teilungsplan vom 19. Dezember 1967 liessen die Beteiligten am 22. Dezember 1967 einen "Auseinandersetzungsvertrag" öffentlich beurkunden und durch Anmeldung zur Grundbucheintragung vollziehen. Von der Auseinandersetzung mitbetroffen war eine Liegenschaft in Zürich-Albisrieden, welche die Kommanditgesellschaft X. & Co. am 25. März 1947 erworben hatte und die nunmehr dem bisherigen Gesellschafter B. X. zu Alleineigentum übertragen wurde. Die Kommission für die Grundsteuern der Stadt Zürich erblickte darin eine steuerbare Handänderung und auferlegte den Veräusserern, der Witwe Anna X. und den vier Geschwistern des B. X. unter Solidarhaftung eine Grundstückgewinnsteuer von Fr. 11'670.-- und eine Handänderungssteuer von Fr. 3'736.--. Die als steuerpflichtig erklärten Veräusserer verlangten mit einem an die Finanzdirektion des Kantons Zürich gerichteten Rekurs die Aufhebung der Steuerveranlagung mit der Begründung, eine Erbteilung mit Übergang der Nachlassgrundstücke vom Gesamt- in das Alleineigentum der Erben habe nicht schon 1944/45, sondern erst 1967 stattgefunden. Dementsprechend liege eine Handänderung infolge Erbteilung vor, die gemäss § 161 Abs. 3 lit. b des Zürcher Steuergesetzes (StG) für die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer ausser Betracht falle und nach § 180 lit. c StG von der Handänderungssteuer ausgenommen sei. Eventuell müsse eine steuerlich privilegierte Realteilung im Sinne der §§ 161 Abs. 3 lit. d und 180 lit. d StG angenommen werden. Die Finanzdirektion wies den Rekurs am 28. Oktober 1969 ab, ebenso das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich eine hiegegen erhobene Beschwerde. C.- Gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichtes haben die als steuerpflichtig erklärten Veräusserer gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde erhoben mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben. Die Begründung der BGE 97 I 14 S. 17 Beschwerde ergibt sich, soweit erforderlich, aus den folgenden Erwägungen. D.- Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und das Steueramt der Stadt Zürich beantragen Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach § 161 StG wird von Gewinnen, die sich bei Handänderungen an Grundstücken ergeben, eine Grundstückgewinnsteuer erhoben; nach Abs. 3 der gleichen Vorschrift fallen für diese Steuer u.a. Handänderungen infolge Erbteilung ausser Betracht. Nach § 180 lit. c StG sind von der in § 178 vorgesehenen Handänderungssteuer u.a. Handänderungen infolge Erbteilung befreit. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, die Übertragung der Liegenschaft aus dem Gesamteigentum der Kommanditgesellschaft X. & Co. in das Alleineigentum des Kommanditärs B. X. sei keine Handänderung infolge Erbteilung, was die Beschwerdeführer als willkürlich bezeichnen. Die Erwägung des Verwaltungsgerichts, dass dort, wo das Steuerrecht zivilrechtliche Begriffe wie jenen der Erbteilung verwende, diese Begriffe grundsätzlich im Sinne des Zivilrechts zu verstehen und auszulegen seien, ist indes nicht unhaltbar, sondern entspricht allgemeiner Auffassung (BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 2. A., S. 22). Unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten aber lässt sich mit sachlichen Gründen die Ansicht vertreten, die fragliche Handänderung vom 22. Dezember 1967 sei nicht infolge Erbteilung erfolgt. Die Auflösung der Erbengemeinschaft kann u.a. durch Begründung einer andern Gemeinschaftsform geschehen. Die Objekte des Nachlasses bleiben in solchem Fall ganz oder teilweise beisammen, aber die Erben unterstehen den Regeln einer andern Gemeinschaft. So kann an die Stelle einer Erbengemeinschaft eine Kommanditgesellschaft treten (TUOR-PICENONI N 7 zu Art. 602 ZGB ). Das ist hier geschehen, und dadurch ist, wie ohne jede Willkür angenommen werden kann, 1944 die Erbengemeinschaft aufgelöst worden. Sie blieb nicht neben der Kommanditgesellschaft bestehen, wie die Beschwerdeführer meinen. Dass die Beteiligten auch in der neuen Gemeinschaft Gesamteigentümer des Vermögens waren, was bei der Überführung in eine andere Gemeinschaftsform nicht immer der Fall ist (Gründung einer Aktiengesellschaft), steht der Annahme nicht entgegen, mit dem BGE 97 I 14 S. 18 Abschluss des Gesellschaftsvertrages sei die Erbengemeinschaft aufgelöst worden. Die Liquidation der durch den Gesellschaftsvertrag geschaffenen neuen Gemeinschaft hatte nach den Regeln über die Kommanditgesellschaft zu erfolgen und nicht nach erbrechtlichen Teilungsregeln, wobei insbesondere der jederzeitige Teilungsanspruch nach Art. 604 ZGB dahinfiel (TUOR/PICENONI N 7 a zu Art. 602 ZGB ). Daraus kann mit haltbaren Gründen abgeleitet werden, die Auseinandersetzung, welche zu der hier fraglichen Handänderung Anlass gab, sei eine Liquidation der Kommanditgesellschaft, nicht eine Erbteilung gewesen. Die Beschwerdeführer verweisen auf Art. 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach der Zweck der Gesellschaft darin bestand, das von W. X. sel. betriebene Geschäft mit Aktiven und Passiven unverändert fortzuführen sowie die Liegenschaften und andern Vermögenswerte, die dem Verstorbenen gehört hatten, in Besitz zu halten und zu verwalten. Sie sind der Ansicht, deutlicher hätte der Wille zur Fortsetzung der Erbengemeinschaft nicht formuliert werden können. Sie übersehen indessen, dass nicht die unveränderte Fortsetzung der Erbengemeinschaft, sondern des Baugeschäftes vereinbart wurde. Ein gewisser Widerspruch liegt auch darin, dass sie einerseits die Bezeichnung des Vertrages vom 31. Oktober 1945 als "Erbteilungsvertrag" als irrtümlich und damit unerheblich bezeichnen, anderseits aber besonderes Gewicht darauf legen, dass das von ihnen unterzeichnete Protokoll vom 19. Dezember 1967 von der "Teilung des Nachlasses des W. X. sel." und von der "Auflösung der fortgesetzten Erbengemeinschaft und Erbteilung durch Liquidation der Firma X. & Co., Zürich" spricht. Eine dieser Formulierungen ist sicher unzutreffend. Welche Ausdrucksweise die Parteien 1945 und 1967 gewählt haben, ist aber überhaupt nicht ausschlaggebend. Massgebend ist, dass 1944 mit der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses die Erbengemeinschaft aufgelöst worden war und bei dieser Sachlage das Verwaltungsgericht sehr wohl annehmen durfte, die hier fragliche Handänderung sei infolge Liquidation der Kommanditgesellschaft, nicht infolge Erbteilung erfolgt. Die Beschwerdeführer sind der Ansicht, es widerspreche dem Sinn des Gesetzes, beruhe auf formaljuristischen Überlegungen und stehe in klarem Gegensatz zur Lebenswirklichkeit, dass das Verwaltungsgericht die Auflösung der Erbengemeinschaft nur deshalb auf das Jahr 1944 zurückbezogen habe, weil die Erben, BGE 97 I 14 S. 19 gerade um die Fortsetzung der Erbengemeinschaft zu sichern, diese mit einer Kommanditgesellschaft verknüpft hätten. Das Verwaltungsgericht hat indes mit vertretbaren Gründen dargetan, dass ab 1944 nicht bloss rein formal eine neue Gemeinschaft an die Stelle der Erbengemeinschaft trat, sondern auch in praktischer und wirtschaftlicher Hinsicht das Gemeinschaftsverhältnis sich geändert hatte. An die Stelle der vollen solidarischen Schuldenhaftung der Erben trat einerseits die volle Haftung der geschäftsführenden Gesellschafterin, anderseits die auf die Kommandite beschränkte Haftung der übrigen Gesellschafter; das Beteiligungsverhältnis zwischen Witwe und Kindern des Erblassers wurde verschoben, da auch der Vorschlagsanteil der Witwe in die Kommanditgesellschaft eingebracht wurde; statt dass die Erben nach Art. 604 ZBG jederzeit die Teilung des Nachlasses verlangen durften, konnten sie nurmehr auf Ende eines Geschäftsjahres mit vorausgehender halbjährlicher Kündigung aus der Gemeinschaft, d.h. der Kommanditgesellschaft, austreten; für den Austrittsfall waren Abfindungsregeln vereinbart, die mit den Erbteilungsregeln nicht übereinstimmten. Dieser Aufzählung hätte das Verwaltungsgericht beifügen können, dass die Frage, wer für die Gemeinschaft handeln kann, bei der Erbengemeinschaft und der Kommanditgesellschaft durchaus verschieden geregelt ist. Bei dieser Sachlage kann nicht gesagt werden, es sei mit dem Sinn des Gesetzes schlechthin unvereinbar und völlig wirklichkeitsfremd, wenn das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des Falles auf den zivilrechtlichen Begriff der Erbteilung abstellte, den es nach dem Gesagten nicht willkürlich ausgelegt hat. 2. Was die Beschwerdeführer im weitern vorbringen, richtet sich nicht gegen die Erhebung der Handänderungssteuer, sondern nur gegen jene der Grundstückgewinnsteuer. a) Nach § 161 Abs. 1 StG wird, wie ausgeführt, die Grundstückgewinnsteuer erhoben auf Gewinnen, die sich bei Handänderungen an Grundstücken (und Anteilen von solchen) ergeben. Nach Abs. 3 der gleichen Vorschrift fallen für die Erhebung dieser Steuer u.a. ausser Betracht Handänderungen infolge von Umwandlung von Personengesellschaften ohne wertmässige Änderungen der Anteilsrechte der Beteiligten. Das Verwaltungsgericht nahm an, die Beschwerdeführer könnten sich nicht auf diese Vorschrift berufen, da in ihrem Fall nicht eine Personengesellschaft umgewandelt worden sei. Die Beschwerdeführer BGE 97 I 14 S. 20 bezeichnen das nicht als willkürlich, machen aber geltend, es sei unhaltbar, eine Grundstückgewinnsteuer zu erheben, da diese Steuer von den Gewinnen erhoben werde, die sich bei Handänderungen an Grundstücken ergeben. Sie hätten gar keinen Gewinn erzielt, da für alle Kommanditäre ungefähr gleich grosse Lose im Werte von etwa Fr. 11'500,000 bis Fr. 11'750,000 - zur Hauptsache aus Liegenschaften - gebildet worden seien; mit der Teilung sei ein Erbvorbezug verbunden worden. Es habe nur eine Umwandlung der rechtlichen Form der Eigentumsanteile der "Erben" stattgefunden, aber keine Umwandlung der Wertform, so dass die Voraussetzung eines realisierten Grundstückgewinnes im Sinne des § 161 Abs. 1 StG nicht erfüllt sei. Im Steuerrecht wird die Ansicht vertreten, ein Gewinn sei bloss dann erzielt, wenn die Wertvermehrung eines Objekts äusserlich in Erscheinung tritt, wenn sich eine Umwandlung der Wertform, beispielsweise in einen Veräusserungserlös, vollzieht. Das Bundesgericht hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem eine Liegenschaft neun Erben zu gesamter Hand gehörte und bei der Teilung je 1/9 derselben den einzelnen Erben zu Alleineigentum übertragen wurde. Es bezeichnete es als unhaltbar, in einem solchen Fall einen realisierten Kapitalgewinn anzunehmen, da keine Umwandlung der Wertform, sondern lediglich der rechtlichen Form der Eigentumsanteile der Erben stattgefunden habe, ohne dass die Wertvermehrung irgendwie äusserlich in Erscheinung getreten wäre ( BGE 81 I 336 mit Hinweis auf frühere Entscheide). Eine Handänderung, die keine Umwandlung der Wertform, sondern nur der rechtlichen Form der Eigentumsanteile zur Folge hat und damit nach der genannten Rechtsauffassung nicht zur Realisierung eines Gewinnes führt, kann von vorneherein nur dann gegeben sein, wenn der Veräusserer ihm bereits zustehendes Eigentum an Liegenschaften in anderer Eigentumsform erwirbt. Die Beschwerdeführer anerkennen mit Recht, dass ein Gewinn realisiert wird, wenn beispielsweise von zwei Erben der eine die Wertschriften, der andere die Liegenschaften übernimmt; jener "veräussert" seinen Anteil an der Liegenschaft gegen Wertschriften, erhält also eine Sache in anderer Wertform (vgl. GUHL, Die Spezialbesteuerung der Grundstückgewinne in der Schweiz, Diss. Zürich 1953, S. 123/124). Wie es sich damit im hier zu beurteilenden Fall verhält, ergibt sich aus dem angefochtenen BGE 97 I 14 S. 21 Entscheid nicht mit genügender Deutlichkeit. Die Beschwerdeführer erklären, es seien für alle Nachkommen bzw. Kommanditäre gleich grosse Lose, zur Hauptsache aus Liegenschaften, gebildet worden. Zu den Gesellschaftern gehörten aber nicht nur die Kommanditäre, sondern auch die Komplementärin. Aus dem Teilungsplan ist nicht ersichtlich, wie es sich mit der Liquidation des Postens "Baugeschäft (zu Buchwerten)" verhält. Es erhellt ferner aus dem Plan, dass auch Wertschriften übertragen wurden. Ob tatsächlich eine Handänderung ohne Umwandlung der Wertform stattgefunden hat, mit andern Worten praktisch nur die Umwandlung von Gesamteigentum in Alleineigentum an den Liegenschaften erfolgte, wäre deshalb durch die kantonalen Behörden erst noch zu prüfen, sofern sich die Auslegung des Gesetzes durch das Verwaltungsgericht als unhaltbar erweisen sollte. b) Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass eine sog. Realteilung, d.h. eine Umwandlung von einer rechtlichen Form des Grundeigentums in eine andere, nur in den in § 161 Abs. 3 StG ausdrücklich genannten Fällen, so bei der Aufhebung der ehelichen Gütergemeinschaft und bei der Erbteilung, nicht aber z.B. bei der Liquidation einer Kommanditgesellschaft steuerlich privilegiert sei. Im Jahre 1959 hat die Oberrekurskommission des Kantons Zürich, die damals in Steuersachen die Funktion des jetzigen Verwaltungsgerichtes ausübte, erklärt, die Realteilung falle für die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer ausser Betracht (RB ORK 1959 Nr. 66). Nach der Revision des Steuergesetzes von 1962 hat das Verwaltungsgericht entschieden, bei Realteilung des Grundvermögens bei einer einfachen Gesellschaft sei ein Steueraufschub nicht zulässig (RB VG 1968 Nr. 27). Was für die Auflösung einer einfachen Gesellschaft gilt, muss nach der Systematik des Gesetzes auch für jene einer Kommanditgesellschaft gelten, weshalb das Verwaltungsgericht entsprechend seiner 1968 eingeleiteten Rechtsprechung im vorliegenden Fall die Steuerpflicht der Beschwerdeführer bejahte. Es geht somit, anders als die Oberrekurskommission im Jahre 1959, davon aus, die Steuerpflicht bestehe auch dann, wenn bei Liquidation einer Kommanditgesellschaft bloss das Gesamteigentum an den Liegenschaften anteilsmässig in das Alleineigentum der Gesellschafter übergeführt wird. Der genannte grundsätzliche Entscheid aus dem Jahre 1968, auf den sich das Verwaltungsgericht im angefochtenen Entscheid beruft, BGE 97 I 14 S. 22 ist einlässlich und sorgfältig begründet. Es wird darauf hingewiesen, dass der Steueraufschub nicht nur mit Vorteilen, sondern auch mit Nachteilen verbunden ist, da der Erwerber im Falle des Steueraufschubes die nicht näher feststellbare latente Steuerlast des Veräusserers übernimmt, für die er im Falle der Weiterveräusserung steuerpflichtig wird. Es darf deshalb nicht einseitig bloss auf die Steuerbefreiung des Veräusserers gesehen werden, sondern es ist auch zu erwägen, ob es dem Erwerber zuzumuten ist, im Falle der Weiterveräusserung einen Gewinn zu versteuern, dessen Berechnung auf den Erwerb des Rechtsvorgängers zurückgeht. Das Verwaltungsgericht nahm an, der Steueraufschub mit dem für den Erwerber verbundenen Nachteil dürfe nur da stattfinden, wo es nach dem (ausgelegten) Gesetz vorgesehen sei. Bei der Revision des StG von 1962 habe sich der Gesetzgeber die Frage vorlegen müssen, welche Gemeinschaftsverhältnisse unter Zubilligung des Steueraufschubes aufgelöst werden könnten, und die Frage sei bejaht worden für die Aufhebung der ehelichen Gütergemeinschaft und der Erbengemeinschaft, nicht dagegen für die Auflösung der übrigen Gesamthandverhältnisse und des Miteigentums. Diese Auslegung des Gesetzes lässt sich mit sachlichen Gründen vertreten. Es wäre wenig sinnvoll, wenn der Gesetzgeber in § 161 Abs. 3 die Handänderungen aufzählen würde, welche für die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer ausser Betracht fallen, daneben aber unter besonderen Voraussetzungen (Realteilung) auch bei Auflösung von im Gesetz nicht genannten andern Gemeinschaftsverhältnissen die Erhebung der Grundstückgewinnsteuer entfiele. Es ist deshalb die Annahme nicht willkürlich, in § 161 Abs. 3 StG seien die Gemeinschaften abschliessend genannt, bei deren Auflösung keine Steuer erhoben wird, und es lässt sich mit Grund erwägen, wenn bei der Gesetzesrevision von 1962 die Realteilung allgemein von der Steuer hätte ausgenommen werden wollen, hätte das im Gesetz zum Ausdruck gebracht werden müssen. Es bleibt freilich dabei, dass im Sinne der genannten bundesgerichtlichen Rechtsprechung bei der sog. Realteilung kein Gewinn realisiert wird. Der kantonale Gesetzgeber ist aber in der Ausgestaltung einer Steuer grundsätzlich frei. Er darf dabei auch Gründe der Zweckmässigkeit berücksichtigen und braucht seine Ordnung nicht konsequent nach rein systematischen Gesichtspunkten auszurichten. So wurde beispielsweise im Kanton Zürich bis zur Revision des Gesetzes BGE 97 I 14 S. 23 von 1962 eine Grundstückgewinnsteuer auch bei Schenkung erhoben, obschon sich kaum sagen lässt, der Schenker, welcher die Steuer zu entrichten hat, habe einen Gewinn realisiert (FREY, Die Steuerlast auf dem Grundbesitz, 1959, S. 168/69). Es wurde damals zur Begründung ausgeführt, die Grundstückgewinnsteuer sei als "Ausgleichsabgabe vom Mehrwert" grundsätzlich bei jeder Handänderung zu erheben, sofern das Gesetz nicht ausdrücklich Ausnahmen statuiere (Komm. REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER N 114 zu § 161 StG ; vgl. auch RB ORK 1955 Nr. 103). Nach dem jetzt geltenden Gesetz ist es "eindeutig geklärt", dass auch der Grundstücktausch die Grundstückgewinnsteuerpflicht auslöst, obschon sich mit Grund die Ansicht vertreten lässt, der Tausch bewirke keine Gewinnrealisierung (GUHL, a.a.O., S. 86/87; vgl. dazu BGE 92 I 100 ). In diesem Sinne nimmt die zürcherische Grundstückgewinnsteuer - zumindest beim Tausch - den Charakter einer reinen Mehrwertsteuer an (Komm. REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER N 29 zu § 161 StG ). Es wird sogar die Auffassung vertreten, die zürcherische Grundstückgewinnsteuer sei in gewissem Sinn eine Wertzuwachssteuer, die Besteuerung des Wertzuwachses als solchen sei freilich die Ausnahme, die des Gewinns die Regel (SCHUBIGER, Das zürch. Grundstückgewinn- und Handänderungssteuerrecht, Diss. Zürich 1942, S. 60; vgl. dazu auch ZUPPINGER, Die zürch. Grundstückgewinn- und Handänderungssteuer, 1956, S. 17). Auch in andern Kantonen wird offenbar bei der Grundstückgewinnsteuer bisweilen die Besteuerung an den Mehrwert angeknüpft, auch wenn bei der Handänderung kein eigentlicher Gewinn realisiert wird (ROCHAT, L'imposition de la plus-value immobilière en Suisse, Diss. Lausanne 1953, S. 55). Bei einer solchen Ordnung des zürcherischen Steuergesetzes, nach welcher die hier fragliche Steuer nicht konsequent als Gewinnsteuer ausgestaltet ist, lässt sich jedenfalls noch ohne Willkür die Ansicht vertreten, der Gesetzgeber habe in Abwägung der Interessen des Veräusserers und des Erwerbers die Realteilung nur bei Auflösung der in § 161 Abs. 3 ausdrücklich erwähnten Gemeinschaften als Grund des Steueraufschubes gelten lassen wollen, obschon auch in den andern Fällen der Realteilung von einer eigentlichen Gewinnrealisierung nicht gesprochen werden kann. Es ist zu berücksichtigen, dass sich die bundesgerichtliche Rechtsprechung, auf welche sich die Beschwerdeführer berufen und mit der sich das BGE 97 I 14 S. 24 Verwaltungsgericht in seinem grundsätzlichen Entscheid von 1968 (RB VG 1968 Nr. 27) auseinandergesetzt hat, auf den Kapitalgewinn als Bestandteil des Einkommens bezieht, also die spezifische Einkommenssteuer betrifft ( BGE 81 I 336 , BGE 79 I 12 , BGE 78 I 421 ). Was im Rahmen einer spezifischen Einkommenssteuer vor Art. 4 BV nicht mehr angeht, kann im Rahmen einer als Sondersteuer ausgestalteten Grundstückgewinnsteuer, die nach dem massgebenden kantonalen Gesetz wenigstens teilweise als Mehrwertsteuer ausgestaltet ist, noch zulässig sein. Es ist nicht zu verkennen, dass sich für die von den Beschwerdeführern als richtig erachtete Gesetzesauslegung Argumente anführen lassen, die keineswegs von vornherein haltlos sind. Das Bundesgericht könnte aber bloss eingreifen, wenn der angefochtene Entscheid eine Norm oder einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz offensichtlich schwer verletzen würde, sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht vertreten liesse oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderliefe ( BGE 93 I 6 /7). An einem derartigen krassen Mangel leidet der Entscheid des Verwaltungsgerichts nach dem Gesagten nicht, weshalb die Beschwerde abzuweisen ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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6d3c9904-a7d2-4bbc-baf7-642b005fc169
Urteilskopf 139 II 303 21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS, Referendumskomitee Stopp fremde Steuervögte), Schwander und Keller gegen Schweizerische Bundeskanzlei (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_606/2012 / 1C_608/2012 vom 5. Juni 2013
Regeste Art. 141 Abs. 1 BV , Art. 59a, 62 BPR ; Fristenlauf für das fakultative Referendum, Stimmrechtsbescheinigung. Die Referendumsfrist von 100 Tagen beginnt mit der Veröffentlichung des Erlasses im Bundesblatt. Es besteht keine verbindliche Regel, dass Referendumsfristen immer erst elf Tage nach dem Beschluss der eidgenössischen Räte beginnen. Die amtliche Publikation im ersten möglichen Zeitpunkt, vier Tage nach der Beschlussfassung, ist angesichts der Dringlichkeit der Vorlage nicht zu beanstanden (E. 5.2). Das Referendum muss mit der nötigen Anzahl Unterschriften samt Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Referendumsfrist bei der Bundeskanzlei eintreffen (E. 7.2). Die Verantwortung für die rechtzeitige Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen obliegt den Urhebern des Referendums. Diese müssen bei ihrer Planung berücksichtigen, dass Ablaufstörungen im Bescheinigungsverfahren vorkommen können (E. 7.5). Bei Einreichung zur Beglaubigung einer grossen Zahl von Unterschriften am 97. Tag der Referendumsfrist besteht keine Gewähr, dass die Unterschriften noch vor Ablauf der Referendumsfrist zurückgegeben werden können. Die Bundeskanzlei hat die verspätet eingereichten Unterschriften zu Recht als ungültig bezeichnet (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 304 BGE 139 II 303 S. 304 A. Die vom Bundesrat mit Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Österreich ausgehandelten Staatsverträge über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt wurden im Bundesblatt 2012 5039 ff., 5157 ff. und 5335 ff. veröffentlicht. Die Bundesversammlung erliess am 15. Juni 2012 entsprechende Bundesbeschlüsse über die Genehmigung der Abkommen. Die Abkommen unterstanden dem fakultativen Referendum. Die Referendumsfrist von 100 Tagen ( Art. 141 Abs. 1 BV ) lief für diese Bundesbeschlüsse am 27. September 2012 ab (BBl 2012 5823, 5825, 5827). B. Am 27. September 2012 reichten das Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte", die Junge SVP Schweiz, ein BGE 139 II 303 S. 305 Referendumskomitee Steuerabkommen und die Lega dei Ticinesi gegen das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich bei der Bundeskanzlei um 16.30 Uhr nach eigenen Angaben folgende Unterschriftenzahlen ein: 1. das Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte", die Junge SVP Schweiz und das Referendumskomitee Steuerabkommen gemeinsam: a) 41 647 Unterschriften b) ein ungeöffnetes Postpaket mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer Unterschriften und c) einen weiteren Karton mit einer nicht bekannten Anzahl weiterer Unterschriften; 2. die Lega dei Ticinesi 5014 Unterschriften. (...) Nach Ablauf der Referendumsfrist reichte das Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte" am Montagnachmittag, 1. Oktober 2012, um 17.00 Uhr ein Paket mit laut eigenen Angaben 2888 verspätet eingegangenen Unterschriften nach. C. Die Bundeskanzlei kontrollierte die Unterschriften vom Donnerstagabend, 27. September bis und mit Montag, 1. Oktober 2012. Die Kontrolle ergab für das Referendum über den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich 47'363 gültige und 191 ungültige Unterschriften. (...) D. Mit Verfügung vom 30. Oktober 2012 hielt die Schweizerische Bundeskanzlei fest, dass das Referendum gegen den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich nicht zustande gekommen sei, da die notwendigen 50'000 Unterschriften innert der Sammelfrist von 100 Tagen nicht eingereicht worden seien (BBl 2012 8575). E. Der Verein Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS, Referendumskomitee "Stopp fremde Steuervögte") und dessen Präsident Nationalrat Pirmin Schwander haben am 28. November 2012 beim Bundesgericht eine Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten gegen die Verfügung der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 eingereicht. Sie beantragen, es sei festzustellen, dass das Referendum gegen den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und dem Vereinigten Königreich und des Protokolls zur Änderung dieses Abkommens zustande gekommen sei. (...) (...) I. Das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und BGE 139 II 303 S. 306 Nordirland über die Zusammenarbeit im Steuerbereich trat am 1. Januar 2013 durch Notenaustausch in Kraft (AS 2013 135). J. Das Bundesgericht hat die Angelegenheit am 5. Juni 2013 öffentlich beraten (Art. 58 f. BGG) und die Beschwerde abgewiesen. Gegenstand des vorliegenden Urteils ist der Entscheid der Bundeskanzlei vom 30. Oktober 2012 über das Nicht-Zustandekommen des Referendums betreffend den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. 5.1 Die Beschwerdeführer machen zunächst geltend, die Bundeskanzlei habe die Bundesbeschlüsse vom 15. Juni 2012 über die Staatsverträge betreffend die Steuerabkommen im Hinblick auf den Lauf der Referendumsfrist nicht gleich behandelt wie die am selben Tag beschlossene Revision des Raumplanungsgesetzes. Die Bundesbeschlüsse über die Steuerabkommen seien im Bundesblatt vom 19. Juni 2012 (BBl 2012 5823, 5825, 5827), die Änderungen des Raumplanungsgesetzes hingegen erst am 26. Juni 2012 (BBl 2012 5987) publiziert worden. Dies habe dazu geführt, dass dem Referendumskomitee gegen die Änderungen des Raumplanungsgesetzes ohne objektiven Grund 7 Tage mehr zur Verfügung standen, um das Referendum zu organisieren. Wäre für die Referenden gegen die Staatsverträge dieselbe Vorbereitungszeit gewährt worden, so wären diese nach Auffassung der Beschwerdeführer zustande gekommen. 5.2 Das Bundesgericht hat sich mit der Frage des Beginns der Referendumsfrist bereits im Urteil 1C_609/2012 vom 14. Dezember 2012 E. 4 betreffend den Staatsvertrag mit Österreich befasst. Danach besteht keine verbindliche Regel, wonach Referendumsfristen immer erst zehn Tage nach der Beschlussfassung durch die Eidgenössischen Räte angesetzt würden. Hingegen bestimmt Art. 1 Abs. 4 lit. b der Organisationsverordnung für die Bundeskanzlei vom 29. Oktober 2008 (OV-BK; SR 172.210.10) , dass die Rechtstexte und die übrigen nach der Publikationsgesetzgebung zu veröffentlichenden Texte so schnell wie möglich und in der gebotenen Qualität veröffentlicht werden. Die Bundeskanzlei verfügt bei der Bestimmung des Zeitpunkts der Publikation über ein gewisses Ermessen. Es ist hier zu prüfen, ob dieses pflichtgemäss ausgeübt wurde, das heisst ob sachliche Gründe für die Wahl eines im Vergleich BGE 139 II 303 S. 307 zur Revision des RPG (SR 700) früheren Publikationszeitpunkts bestanden. Für die Publikation der Steuerabkommen war eine gewisse Dringlichkeit gegeben, um über die Notwendigkeit einer Volksabstimmung möglichst rasch Klarheit zu erlangen. Nach den Ausführungen der Bundeskanzlei musste die Unterschriftensammlung so angesetzt werden, dass die Referendumsabstimmung im November 2012 hätte durchgeführt werden können und das Inkrafttreten des Staatsvertrags auf den 1. Januar 2013 möglich gewesen wäre. Das Abkommen bestimmt in Art. 43 (BBl 2012 5188) zum Inkrafttreten: "Jeder Vertragsstaat notifiziert dem anderen Vertragsstaat auf diplomatischem Weg, dass die innerstaatlichen gesetzlichen Erfordernisse für das Inkrafttreten dieses Abkommens erfüllt sind. Das Abkommen tritt am 1. Januar des dem Eingang der späteren dieser Notifikationen folgenden Kalenderjahres in Kraft." Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich nicht, dass die Parteien des Staatsvertrags verbindlich ein Inkrafttreten auf den 1. Januar 2013 vereinbart hätten. Indessen ist zu beachten, dass die im Anhang I zum Abkommen enthaltenen Formeln zur Berechnungsmethode für die Einmalzahlung nach Art. 9 Abs. 2 des Abkommens auf eine Übergangsfrist von zwei Jahren ausgerichtet sind, welche am 31. Dezember 2010 (K 8) beginnt und am 31. Dezember 2012 (K 10) endet. Daraus folgt, dass eine spätere Inkraftsetzung des Staatsvertrags eine Vertragsänderung vorausgesetzt hätte. Vor diesem Hintergrund behandelten die Eidgenössischen Räte die Genehmigung der Abkommen im beschleunigten Verfahren nach Art. 85 Abs. 2 des Parlamentsgesetzes (SR 171.10). Unter den beschriebenen Umständen ist nicht zu beanstanden, dass die Bundeskanzlei den Bundesbeschluss über die Abkommen im ersten möglichen Zeitpunkt im Bundesblatt veröffentlichte. Die mögliche Volksabstimmung war wegen der Dringlichkeit auf den 25. November 2012 vorgesehen und es musste genügend Zeit für deren Vorbereitung eingeplant werden. Es lagen damit im Unterschied zur Änderung des Raumplanungsgesetzes namhafte Gründe vor, die Referendumsvorlage sehr rasch zu publizieren. Die Bundeskanzlei machte das Publikationsdatum des 19. Juni 2012 am 15. Juni 2012 vorweg mit einer Medienmitteilung bekannt, was den interessierten Kreisen erlaubte, die Organisation des Referendums darauf auszurichten. Im Übrigen wird das Bundesblatt auch über das Internet verbreitet, was allfällige Nachteile wegen postalischen oder BGE 139 II 303 S. 308 anderen Verzögerungen bei der Zustellung mindert. Schliesslich handelt es sich beim gewählten beschleunigten Vorgehen nicht um einen Einzelfall, wie der Hinweis der Bundeskanzlei auf den Fristenlauf beim Zinsbesteuerungsgesetz belegt (Bundesbeschluss vom 17. Dezember 2004 über die Genehmigung und die Umsetzung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und der EG über die Zinsbesteuerung, publ. im Bundesblatt vom 21. Dezember 2004; s. BBl 2004 7185). 5.3 Das Vorgehen der Bundeskanzlei bei der Ansetzung der Referendumsfrist war somit durch sachliche Gründe gerechtfertigt und beruht nicht auf einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung der Urheber des Referendums gegen die Staatsverträge. 6. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das Zustandekommen von Referenden und Volksinitiativen hänge vermehrt von willkürlichen Faktoren ab, welche die federführenden Referendumskomitees nicht beeinflussen könnten. Damit hätten es Dritte in der Hand, über Zustandekommen oder Scheitern solcher Vorstösse zu entscheiden. Die Beschwerdeführer stützen ihre Ausführungen auf folgende Sachverhalte und Behauptungen (angefochtener Entscheid lit. L, in BBl 2012 8578 ff.): Unter Berücksichtigung der am 1. Oktober 2012 nachgereichten und von der Bundeskanzlei als verspätet bezeichneten Unterschriften habe das Referendum zum Abgeltungssteuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich total 50'172 gültige Unterschriften auf sich vereinigt, für die das Stimmrecht während der gesetzlichen Sammelfrist bescheinigt worden sei. 148 Gemeinden hätten bescheinigte Unterschriften am 24.-26. September per B-Post ans Referendumskomitee zurückgesandt; diese Sendungen seien dem Komitee am 28. und 29. September sowie am 1. Oktober 2012 zugekommen. Eine Rücksendung per A-Post oder ein Hinweis der Amtsstelle ans Referendumskomitee, die Unterschriften seien abholbereit, hätte das Referendum zustande kommen lassen. Die Staatskanzlei Genf habe mit Pressemitteilung vom 5. Oktober 2012 selber eingeräumt, 4200 rücksendebereit bescheinigte Unterschriften für die drei parallel laufenden Referenden versehentlich als B-Post frankiert zu haben. Pro Referendum seien so um die 1400 Unterschriften verspätet zum Referendumskomitee zurückgekommen. 198 Gemeinden hätten die Stimmrechtsbescheinigung während der Sammelfrist ausgestellt, aber erst nach dem 27. September 2012 retourniert, und die Post BGE 139 II 303 S. 309 habe dem Referendumskomitee Briefe von weiteren sechs Gemeinden, obwohl für A-Post frankiert, erst nach dem 27. September 2012 zugestellt. Für das Referendum gegen das Steuerabkommen mit dem Vereinigten Königreich seien am 27. September 2012 noch 4722 Unterschriften bei den Gemeinden gewesen, welche bei ihnen am 19., 24. und 25. September 2012 mindestens per A-Post eingegangen seien. Ein Grossteil davon sei rechtzeitig erledigt und retourniert worden; vom verbleibenden Teil seien manche am 1. Oktober 2012 der Bundeskanzlei nachgereicht worden, der Rest (pro Referendum 2000-3000 Unterschriften) sei noch später ans Referendumskomitee gelangt. Die mit der Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen betraute Organisation habe gegenüber den Gemeinden in Begleitbriefen auf die Dringlichkeit jeweils doppelt aufmerksam gemacht. Eine Stadt habe dem Referendumskomitee eine Gesamtbescheinigung am 2. Oktober 2012 retourniert, welche bereits am 23. Juli 2012 ausgestellt worden sei. Möglicherweise habe die vorgezogene Publikation der drei Abkommen im Vergleich mit dem Referendum gegen das Raumplanungsgesetz zu Fehlschlüssen über die Dringlichkeit der Stimmrechtsbescheinigungen geführt. Diese Vorgänge hätten insgesamt bewirkt, dass der politische Wille von über 50'000 stimmberechtigten Unterzeichnenden nicht verfassungsgemäss respektiert worden sei. 7. 7.1 Die politischen Rechte sind in Art. 34 BV unter dem Kapitel der Grundrechte gewährleistet. Sie umfassen unter anderem das Recht, ein Referendum zu ergreifen. Die Ausübung des Referendumsrechts auf Bundesebene ist in Art. 140 f. BV und im Bundesgesetz vom 17. Dezember 1976 über die politischen Rechte (BPR; SR 161.1) geregelt. 7.2 Die Bundesverfassung bindet die Volksabstimmung über Vorlagen des fakultativen Referendums an die Voraussetzung, dass innert 100 Tagen 50'000 Stimmberechtigte ein entsprechendes Begehren unterzeichnet haben ( Art. 141 Abs. 1 BV ). Nach Art. 59a BPR muss das Referendum mit der nötigen Anzahl Unterschriften samt Stimmrechtsbescheinigung innerhalb der Referendumsfrist bei der Bundeskanzlei eintreffen. Unterschriften auf Referendumslisten, die nach Ablauf der Referendumsfrist eingereicht worden sind, sind ungültig ( Art. 66 Abs. 2 lit. c BPR ). Für die Einreichung von Volksinitiativen gelten dieselben Grundsätze (vgl. BGE 131 II 449 E. 3.2 S. 453 f.). BGE 139 II 303 S. 310 Mit Art. 59a BPR hat der Gesetzgeber präzisiert, dass die bescheinigten Unterschriften am letzten Tag der Referendumsfrist bei der Bundeskanzlei eintreffen müssen. In der Botschaft vom 1. September 1993 zu einer Teiländerung des BPR (BBl 1993 III 491) wird ausgeführt: "Künftig wird das Datum des Poststempels [....] nicht mehr genügen. Im weiteren hat eine solche Regelung den Vorteil, dass Unklarheiten (verlorene Postsendungen, falscher Poststempel - wie beim NEAT-Referendum ebenfalls entdeckt) beseitigt werden. Die Referendumskomitees werden in ihren Rechten nicht geschmälert, weil die Referendumsfrist im Gegenzug um zehn auf 100 Tage verlängert wird." Die genannten Regeln beruhen auf der Annahme, dass die zur Stimmrechtsbescheinigung zuständigen Behörden die Unterschriften rechtzeitig vor Ablauf der Referendumsfrist erhalten und die Amtsstellen die beglaubigten Unterschriftenlisten den Absendern unverzüglich zurückgeben ( Art. 62 Abs. 1 und 2 BPR ). 7.3 Gestützt auf die Art. 59a und 66 Abs. 2 lit. c BPR hat die Bundeskanzlei sämtliche 2823 Unterschriften, die bei ihr nach dem 27. September 2012 zum Referendum gegen den Staatsvertrag mit dem Vereinigten Königreich eingereicht wurden, entgegengenommen und für ungültig erklärt. Von diesen Unterschriften waren 8 ungenügend bescheinigt, 4 nicht handschriftlich und 2 mehrfach unterzeichnet. 2809 Unterschriften werden in Tabelle 2 zum angefochtenen Entscheid als verbleibende ungültige Unterschriften ausgewiesen, da sie erst am 1. Oktober 2012 verspätet bei der Bundeskanzlei eingereicht worden seien. Nach Auffassung der Beschwerdeführer ist das Referendum mit 50'172 Unterschriften zustande gekommen, wenn die strittigen 2809 Unterschriften zu den von der Bundeskanzlei als gültig anerkannten 47'363 Unterschriften, hinzugezählt werden. Sie berufen sich auf den Umstand, dass sie die strittigen 2809 Unterschriften am letzten Tag der Referendumsfrist (27. September 2012) bei der Bundeskanzlei hätten einreichen können, wenn ihnen die beglaubigten Listen von den zuständigen Stellen unverzüglich zurückgegeben worden wären. Die Bundeskanzlei hält dieser Argumentation entgegen, das Gesetz erlaube ihr nicht, die verspätet eingereichten Unterschriften für gültig zu erklären, da dies auf eine Verlängerung der verfassungsmässigen Referendumsfrist hinausliefe. 7.4 Die Stimmrechtsbescheinigung wird in Art. 62 BPR näher geregelt. Nach dessen Abs. 1 sind die Unterschriftenlisten rechtzeitig BGE 139 II 303 S. 311 (suffisamment tôt, tempestivamente) vor Ablauf der Referendumsfrist der Amtsstelle zuzustellen, die nach kantonalem Recht für die Stimmrechtsbescheinigung zuständig ist. Die Amtsstelle bescheinigt, dass die Unterzeichner in der auf der Unterschriftenliste bezeichneten Gemeinde in eidgenössischen Angelegenheiten stimmberechtigt sind, und sie gibt die Listen unverzüglich (sans retard, senza indugio) den Absendern zurück ( Art. 62 Abs. 2 BPR ). Mit der Bundeskanzlei ist davon auszugehen, dass der Bundesgesetzgeber die Ausstellung der Stimmrechtsbescheinigungen bewusst keiner genauen Frist unterworfen hat. Mit der Formulierung, die bescheinigten Unterschriftenlisten seien unverzüglich den Absendern zurückzugeben ( Art. 62 Abs. 2 BPR ), wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Menge und die Dringlichkeit anfallender Stimmrechtsbescheinigungen je nach Amtsstelle stark variieren kann. Ein langjähriger Erfahrungswert besagt nach den Angaben der Bundeskanzlei, dass eine geübte Person pro Tag ca. 300 bis höchstens 350 Stimmrechtsbescheinigungen ausstellen kann (vgl. AB 1975 N 1502). Daher hat der Gesetzgeber auch angeordnet, dass die "Unterschriftenlisten rechtzeitig vor Ablauf der Referendumsfrist der Amtsstelle" zuzustellen sind ( Art. 62 Abs. 1 BPR ). Mit dem Ausdruck suffisamment tôt in der französischen Fassung des Gesetzestexts wird noch verstärkt auf die Verantwortung der Urheber des Referendums für die rechtzeitige Zustellung der Unterschriften zur Stimmrechtsbescheinigung hingewiesen. Bereits in der Botschaft zum Bundesgesetz über die politischen Rechte von 1975 führte der Bundesrat aus, die Unterschriften dürften nicht zu knapp vor Ablauf der Fristen zur Bescheinigung eingereicht werden, es sei auf die Leistungsfähigkeit der lokalen Behörden innerhalb der verfügbaren Zeit Rücksicht zu nehmen, und die Unterschriften seien mit Vorteil zeitlich gestaffelt, in Teilsendungen, einzureichen (BBl 1975 I 1345 f.). Diese Grundsätze werden auch im Leitfaden der Bundeskanzlei für Urheberinnen und Urheber eines Referendums betont. Mit der Revision des BPR im Jahre 1996 hat die Obliegenheit der rechtzeitigen Einreichung der Unterschriften zur Beglaubigung noch an Bedeutung gewonnen, da mit dieser Gesetzesänderung die Möglichkeit der nachträglichen Behebung von Bescheinigungsmängeln abgeschafft und gleichzeitig die Referendumsfrist von 90 auf 100 Tage verlängert wurde (Art. 59 in AS 1997 754 im Vergleich zu aArt. 59 in AS 1978 700; dazu BBl 1993 III 490). Mit der Verlängerung der Referendumsfrist sollte den Urhebern von Referenden mehr Spielraum BGE 139 II 303 S. 312 verschafft werden, um die Stimmrechtsbescheinigungen rechtzeitig vor Fristablauf einholen zu können. Beim Erfordernis der rechtzeitigen Einholung der Stimmrechtsbescheinigung ist nach dem Gesagten neben dem Zeitpunkt des Ablaufs der Referendumsfrist auch die Anzahl der zur Bescheinigung eingereichten Unterschriften zu beachten. 7.5 Die in Art. 62 Abs. 1 und 2 BPR enthaltene Regelung überträgt den Urhebern eines Referendums die Verantwortung für die rechtzeitige Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen und verpflichtet die dazu zuständigen Stellen zur unverzüglichen Rückgabe der bescheinigten Unterschriften an die Absender. Oberstes Ziel ist dabei, möglichst alle eingereichten Unterschriften zu beglaubigen und den Absendern zeitgerecht zurückzugeben, damit die beglaubigten Unterschriften bei der Bundeskanzlei vor Ablauf der Referendumsfrist eingereicht werden können. Die Wahrnehmung der verschiedenen Aufgaben bedarf einer angemessenen Organisation und Planung. Sie kann - wie der vorliegende Fall deutlich zeigt - für die Beteiligten unter Umständen eine grosse Herausforderung darstellen. Probleme bei der Stimmrechtsbescheinigung sind anhand der jeweiligen konkreten Situation zu beurteilen. Hilfreiche Anhaltspunkte und Handlungsanweisungen zur Entschärfung zahlreicher Probleme finden sich im Sinne von Empfehlungen im Leitfaden der Bundeskanzlei für Urheberinnen und Urheber eines Referendums. Die Bundeskanzlei begleitet zudem die Referendumswilligen und die zuständigen Stellen während der Unterschriftensammlung und dem Bescheinigungsverfahren (Angebot von Unterschriftenlisten [ Art. 60a BPR ; Art. 18 VPR , SR 161.11], Vermittlung bei Problemen mit den Gemeinden [vgl. BGE 131 II 449 E. 3.4.2 S. 455], Abgabemöglichkeit bei der Bundeskanzlei am letzten Tag der Referendumsfrist bis Mitternacht etc.). Die Übertragung der Verantwortung für die Unterschriften an die Urheber eines Referendums auch während des Prozesses der Stimmrechtsbescheinigung entspricht dem klaren Willen des Gesetzgebers bei der Änderung des BPR im Jahre 1996 (vgl. Botschaft des Bundesrats vom 1. September 1993 zu einer Teiländerung des BPR, BBl 1993 III 491). Dabei war ihm bewusst, dass im Rahmen des Bescheinigungsverfahrens Ablaufstörungen (wie etwa verlorene Postsendungen oder falsche Poststempel) nicht immer zu vermeiden sind. Um die Rechte der Referendumskomitees nicht zu schmälern, wurde die Referendumsfrist mit dieser Gesetzesänderung um zehn BGE 139 II 303 S. 313 Tage auf 100 Tage verlängert. Daraus folgt, dass die Urheber eines Referendums mit möglichen Ablaufstörungen, die sich im allgemein üblichen Rahmen bewegen, zu rechnen haben. Die Organisation der Unterschriftenbescheinigung und die Planung der Abgabe der Unterschriften bei der Bundeskanzlei ist darauf auszurichten. Anders könnte es sich verhalten, wenn ausserordentliche Ereignisse wie etwa Streiks, Naturkatastrophen oder unlautere Verzögerungen der Amtsstellen bei der Ausstellung der Stimmrechtsbescheinigungen zu einer namhaften Verzögerung der Rückgabe der Unterschriften an die Urheber von Referenden führen sollten. 8. Im Hinblick auf die vorliegende Angelegenheit ergibt sich aufgrund der Angaben der Bundeskanzlei, dass die von den Beschwerdeführern geltend gemachten Verzögerungen für die drei Referenden insgesamt 4722 Unterschriften betreffen, die den Gemeinden laut Aussage des Referendumskomitees am 19., 24. und 25. September 2012, also innerhalb der letzten acht Tage vor Ablauf der Referendumsfrist zur Erteilung der Stimmrechtsbescheinigung zugesandt worden waren. Damit stellt sich insbesonFdere die Frage nach der rechtzeitigen Einholung der Stimmrechtsbescheinigungen ( Art. 62 Abs. 1 BPR ). 8.1 Im Folgenden ist insbesondere auf die Unterschriftenbeglaubigung im Kanton Genf einzugehen. Allein für diesen Kanton gehen die Beschwerdeführer in Bezug auf das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich von rund 1400 Unterschriften aus, die wegen verspäteter Ankunft beim Referendumskomitee von der Bundeskanzlei nicht mehr berücksichtigt worden seien. Nach der Zählung der Bundeskanzlei stammen für das Referendum gegen das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich 1232 nicht berücksichtigte Unterschriften aus dem Kanton Genf. 8.2 Nach den unbestrittenen Angaben des Staatsrats des Kantons Genf trafen bei der kantonalen Beglaubigungsstelle erst am 97. Tag der 100-tägigen Sammelfrist 3847 Unterschriften für das Referendum gegen die drei Staatsverträge zur Beglaubigung ein. Dabei handelte es sich um fast die Hälfte (48,7 %) aller in Genf für diese Referenden zur Stimmrechtsbescheinigung vorgewiesenen Unterschriften. Die Genfer Behörden ergriffen nach Erhalt der Unterschriften sofort besondere Massnahmen, indem ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Vornahme der Bescheinigungen in einem Sondereinsatz am 24. und 25. September 2012 von 7 Uhr bis 22 Uhr BGE 139 II 303 S. 314 arbeiteten. Schliesslich standen am 99. Tag der Referendumsfrist, d.h. am 26. September um 15.15 Uhr, die beglaubigten Unterschriften in Genf zur Rückgabe bereit. Mangels anderer präziser Instruktionen seitens der Urheber des Referendums wurden die beglaubigten Unterschriften per Post zurückgeschickt, wobei die Sendung versehentlich mit B-Post versandt wurde. 8.3 Mit der Zustellung zur Stimmrechtsbescheinigung von 3847 Unterschriften am 97. Tag der Referendumsfrist haben die Urheber des Referendums in Genf die Obliegenheit gemäss Art. 62 Abs. 1 BPR zur rechtzeitigen Einreichung der Unterschriften nicht erfüllt. Es handelt sich dabei um eine derart grosse Anzahl Unterschriften, dass es den zuständigen Behörden nur mit einem Sondereinsatz möglich war, die gesetzliche Vorgabe zu erfüllen, wonach die Listen unverzüglich zurückzugeben sind ( Art. 62 Abs. 2 BPR ). Vor dem Hintergrund der Versäumnisse der Urheber des Referendums fällt der Umstand, dass die Rücksendung versehentlich mit B-Post erfolgte, nicht entscheidend ins Gewicht. Es handelt sich dabei um eine Fehldisposition, die sich im Sinne der Ausführungen in E. 7.5 hiervor im allgemein üblichen Rahmen bewegt und von den Urhebern des Referendums hätte eingeplant werden müssen. Hätten die Referendumskomitees die Unterschriften entsprechend den Empfehlungen der Bundeskanzlei zeitlich gestaffelt in kleineren Teilsendungen rechtzeitig (suffisamment tôt) eingereicht, so hätten ein Sondereinsatz der Genfer Beglaubigungsstelle und die nachteiligen Folgen einer versehentlichen Frankatur mit B-Post vermieden werden können. Im Übrigen bestand beim Vorgehen der Urheber des Referendums auch keine Gewähr, dass die bescheinigten Unterschriften selbst bei einer Zustellung mit A-Post noch zeitgerecht beim Referendumskomitee eintreffen würden. Angesichts des von den Urhebern des Referendums geschaffenen zeitlichen Drucks wäre gestützt auf Art. 62 Abs. 1 BPR zu erwarten gewesen, dass sie sich mit der zuständigen Behörde über die Rückgabe der Unterschriften konkret verständigen. Entsprechende Bemühungen, die Unterschriften rechtzeitig vor Ablauf der Referendumsfrist zurückzuerhalten, haben die Referendumskomitees nicht unternommen. 8.4 Die Urheber des Referendums haben somit selbst zu vertreten, dass die Bundeskanzlei die verspätet bei ihr eingetroffenen Unterschriften aus dem Kanton Genf nicht mehr berücksichtigen konnte. Die Bundeskanzlei hat die erst am 1. Oktober 2012 bei ihr eingereichten Unterschriften aus dem Kanton Genf zu Recht als ungültig BGE 139 II 303 S. 315 bezeichnet. Somit ist das Referendum gegen das Abkommen mit dem Vereinigten Königreich offensichtlich nicht zustande gekommen. Die den Urhebern des Referendums von Amtsstellen anderer Kantone und Gemeinden mit B-Post zugestellten beglaubigten Unterschriften vermögen daran nichts zu ändern. Deshalb erübrigen sich diesbezüglich weitere Abklärungen. Auch die weiteren Ausführungen der Parteien führen zu keinem anderen Ergebnis, ohne dass auf die Vorbringen im Einzelnen einzugehen wäre. Schliesslich ist auch nicht weiter zu prüfen, wie bei einer Gutheissung der Beschwerden die Durchführung des Referendums hätte gestaltet werden können, nachdem der Staatsvertrag am 1. Januar 2013 in Kraft getreten ist.
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6d3effb1-e69f-4573-aa78-989199a0b9f2
Urteilskopf 84 II 403 53. Urteil der II. Zivilabteilung vom 7. Juli 1958 i.S. Eheleute Sch.
Regeste Parteivertretung vor Bundesgericht ( Art. 29 OG ) in Zivilprozessen aus Kantonen, welche die Ausübung der Advokatur von einer behördlichen Bewilligung abhängig machen. Unterzeichnung der Berufungsschrift durch einen das Anwaltspatent nicht besitzenden Substituten eines patentierten Anwalts. Jedenfalls dann, wenn der Substitut nicht einmal die Bewilligung besass,vor den kantonalen Gerichten unter der Verantwortung des substituierenden Anwalts als Parteivertreter in Zivilprozessen aufzutreten, ist dem substituierenden Anwalt nicht Frist zur Mitunterzeichnung der Berufungsschrift anzusetzen, sondern die Berufung ohne weiteres als unwirksam zu erklären. Kostenpflicht des Substituten, der die Berufungsschrift unbefugterweise unterzeichnet hat.
Sachverhalt ab Seite 404 BGE 84 II 403 S. 404 Mit Urteil vom 29. Mai 1958 (zugestellt am 2. Juni 1958) hat die I. Zivilkammer des Obergerichtes des Kantons Zürich die Scheidungsklage von Frau Sch., die im kantonalen Appellationsverfahren durch Rechtsanwalt Dr. X vertreten war, abgewiesen. Am 21. Juni 1958 hat das Büro Dr. X in einem an das Obergericht adressierten Umschlag eine auf Geschäftspapier von Dr. X geschriebene und mit dessen Stempel sowie mit einer unleserlichen Unterschrift versehene Eingabe zur Post gegeben, in der gegen dieses Urteil namens der Klägerin die Berufung an das Bundesgericht erklärt wurde. Auf der Rückseite des Schreibens vom 1. Juli 1958, mit dem das Obergericht diese Eingabe dem Bundesgericht übermittelte, findet sich die vom obergerichtlichen Referenten angebrachte Bemerkung: BGE 84 II 403 S. 405 "Die Berufungsschrift ist von Dr. Y unterzeichnet. Herr Ra. Dr. X hat, da er selber im Spital ist, das Gesuch gestellt, dem Dr. Y die venia advocandi zu erteilen. Dieses wurde abgewiesen. Ein Gesuch, dem Dr. Y das Anwaltspatent wieder zu erteilen, ist zur Zeit vor dem Plenum des Obergerichts Zürich pendent." Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 29 Abs. 2 OG können in Zivil- und Strafsachen nur patentierte Anwälte sowie die Rechtslehrer an schweizerischen Hochschulen als Parteivertreter vor Bundesgericht auftreten. Vorbehalten bleiben nach dem zweiten Satze dieser Bestimmung die Fälle aus Kantonen, in welchen der Anwaltsberuf ohne behördliche Bewilligung ausgeübt werden darf. Der soeben erwähnte Vorbehalt (mit dem BGE 82 II 108 Erw. 2 sich befasst) greift hier nicht Platz, weil Zürich nicht zu den Kantonen gehört, in denen der Anwaltsberuf ohne behördliche Bewilligung ausgeübt werden darf ( BGE 78 II 117 , BGE 79 II 104 ff.). In der vorliegenden Zivilsache als Parteivertreter vor Bundesgericht aufzutreten (worunter nicht etwa nur das persönliche Erscheinen vor Bundesgericht, sondern die Parteivertretung im allgemeinen, also namentlich auch die Unterzeichnung einer für das Bundesgericht bestimmten Rechtsschrift zu verstehen ist, vgl. BGE 78 II 117 Erw. 1), wäre also Dr. Y nur befugt gewesen, wenn er zur Zeit seiner Vertretungshandlung eine der im ersten Satze von Art. 29 Abs. 2 OG genannten Eigenschaften besessen hätte. Dies war nicht der Fall. Insbesondere besass er damals das Anwaltspatent nicht. Die Berufung ist also von einer hiezu nicht berechtigten Person erklärt worden und erweist sich deshalb als unwirksam. In BGE 82 II 108 Erw. 2 hat das Bundesgericht freilich entschieden, wenn man den im zweiten Satz von Art. 29 Abs. 2 OG ausgesprochenen Vorbehalt für die Fälle aus Kantonen mit freier Advokatur dahin auslege, dass in solchen Fällen immerhin nur die selbständigen (patentierten oder nicht patentierten) Anwälte, nicht auch die nach dem Anwaltsrecht des Berufsdomizils von ihnen substituierten BGE 84 II 403 S. 406 und unter ihrer Verantwortung handelnden Anwaltskandidaten zum Auftreten vor Bundesgericht befugt seien, so sei doch im Falle, dass die Partei einen zur Berufsausübung voll berechtigten patentierten Anwalt bevollmächtigt hatte, eine vom Substituten eingereichte Berufung nicht als schlechthin ungültig zu betrachten, sondern rechtfertige es sich, dem substituierenden Anwalt eine Nachfrist zur Mitunterzeichnung einzuräumen. Ob sich dieser Grundsatz auch auf Fälle aus Kantonen übertragen liesse, die wie Zürich die Ausübung der Advokatur von einer behördlichen Bewilligung abhängig machen, kann im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben. Auch wenn man diese Frage bejahen wollte, käme hier nämlich die Einräumung einer solchen Nachfrist nicht in Frage, sondern wäre die Berufung mit einem unheilbaren Mangel behaftet, weil Dr. Y, als er die Berufungsschrift unterzeichnete, auch die sog. "venia advocandi" nicht besass, m.a.W. weil Dr. X die von ihm nachgesuchte obergerichtliche Bewilligung, Dr. Y unter seiner eigenen Verantwortlichkeit Zivil- und Strafprozesse führen zu lassen (§ 5 des zürch. Anwaltsgesetzes vom 3. Juli 1938), nicht erhalten hatte, so dass Dr. Y (der übrigens bis heute keine Substitutionsvollmacht vorgelegt hat) nicht einmal vor den zürcherischen Gerichten als Parteivertreter in einem Zivilprozess hätte auftreten können. Kann auf die Berufung aus diesen Gründen nicht eingetreten werden, so bleibt der Klägerin nur die Möglichkeit offen, beim Zutreffen der Voraussetzungen von Art. 35 OG Wiederherstellung gegen die Folgen der Versäumung der Berufungsfrist zu verlangen. 2. Die Kosten des vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahrens können nicht der Klägerin auferlegt werden; denn sie hat sich an einen patentierten Anwalt gewandt und kann offenbar nichts dafür, dass die Berufung von einem hiezu nicht befugten Substituten erklärt wurde. Dagegen ist der Unterzeichner der Berufungsschrift für diese Kosten haftbar zu machen. Der Fall, dass eine zur Parteivertretung BGE 84 II 403 S. 407 vor Bundesgericht nicht befugte Person die Berufung erklärt, darf in dieser Hinsicht dem in BGE 46 II 412 Erw. 2 behandelten Falle gleichgestellt werden, dass eine zur Parteivertretung befugte Person dies ohne Vollmacht der betreffenden Partei tut. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1. Auf die Berufung wird nicht eingetreten. 2. Die bundesgerichtlichen Kosten werden dem Unterzeichner der Berufungsschrift auferlegt.
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nan
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1,958
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6d4c23df-f234-4c1c-811d-7af722547edf
Urteilskopf 139 II 316 22. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause Coopérative des producteurs de fromages d'alpages "L'Etivaz" contre X. (recours en matière civile) 4A_449/2012 du 23 mai 2013
Regeste Art. 4 Abs. 2, Art. 7 Abs. 1 und 2 lit. a KG ; Behinderung des Wettbewerbs; Produkt mit geschützter Ursprungsbezeichnung. Abgrenzung des massgebenden Marktes, wenn ein konkurrierender Hersteller behauptet, in der Benutzung der Ursprungsbezeichnung behindert zu sein (E. 5.4 und 5.5). Marktbeherrschende Position, die sich aus Exklusivrechten an einer zur Herstellung unerlässlichen Anlage ergibt (E. 6). Ungerechtfertigte Weigerung, Zugang zur Anlage zu gewähren (E. 7 und 8).
Sachverhalt ab Seite 316 BGE 139 II 316 S. 316 Dès 1999, la Coopérative des producteurs de fromages d'alpage "L'Etivaz" a obtenu l'inscription de l'appellation d'origine protégée (AOP) ou contrôlée (AOC) "L'Etivaz" au registre des appellations d'origine et des indications géographiques institué par la législation fédérale sur l'agriculture. Elle exploite une cave d'affinage sise à L'Etivaz, dans la commune de Château-d'Oex; sa cave est BGE 139 II 316 S. 317 actuellement la seule à produire des fromages commercialisables sous cette appellation. L'alpage de Témeley-Aï se trouve à l'intérieur de la zone de production définie par le cahier des charges de l'appellation protégée "L'Etivaz". Jusqu'en 2004, son ancien locataire ou fermier W. a produit du fromage sous cette appellation; il était membre de la Coopérative et, pour l'affinage, il livrait sa production à la cave d'icelle. Après son décès, la collectivité propriétaire n'est pas parvenue à lui trouver un successeur habitant la région. Depuis avril 2005, l'alpage est pris à bail et exploité, durant la saison d'estivage, par X., agriculteur à (...) , localité qui est éloignée des Préalpes vaudoises. X. produit lui aussi du fromage à Témeley-Aï. Il utilise une cave d'affinage à Château-d'Oex. Parce que la capacité de cette installation est inférieure à trois mille pièces, elle ne satisfait pas au cahier des charges de l'appellation "L'Etivaz" et X. ne peut donc pas commercialiser sa production sous cette appellation. Egalement dès avril 2005, dans le but d'accéder à la cave de la Coopérative et, par là, à l'appellation protégée, X. a plusieurs fois demandé son admission en qualité de sociétaire. La Coopérative a refusé; elle lui opposait sa volonté de conserver une capacité d'affinage résiduelle pour le cas où un jeune agriculteur de la région désirerait adhérer et livrer sa production. Au cours des années 2005 et 2006, la Coopérative a rejeté quatre demandes d'adhésion présentées par d'autres producteurs, au motif que les candidats n'avaient pas leur exploitation principale dans la zone de production ou qu'ils ne retiraient pas leur revenu principal de l'agriculture de montagne. Dans la commune de Rossinière, soit à l'intérieur de la zone d'affinage définie par le cahier des charges, il existe une autre cave qui répondrait aux exigences de l'appellation "L'Etivaz", notamment à raison d'une capacité supérieure à trois mille pièces. Son propriétaire n'use pas de l'appellation protégée. Parce qu'il ne veut pas concurrencer la Coopérative, il refuse aussi d'accueillir la production de X. et de lui permettre d'accéder ainsi à l'appellation protégée. X. a ouvert action contre la Coopérative devant le Tribunal cantonal du canton de Vaud; il réclamait notamment son admission en qualité de sociétaire. Le juge instructeur a fait établir une expertise et il a pris l'avis de la Commission fédérale de la concurrence. BGE 139 II 316 S. 318 Le 31 août 2011, la Cour civile du Tribunal cantonal a condamné la défenderesse à admettre le demandeur en qualité de sociétaire et à lui payer 26'704 fr.10 en capital, à titre de dommages-intérêts. Sur recours de la défenderesse, le Tribunal fédéral a réduit le montant des dommages-intérêts; pour le surplus, il a confirmé le jugement. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. Les pratiques visées à l' art. 7 al. 1 LCart (RS 251) ne sont interdites par cette disposition qu'aux entreprises occupant une position dominante. D'après la définition consacrée par l' art. 4 al. 2 LCart , il y a position dominante lorsqu'une entreprise est à même, en matière d'offre ou de demande, de se comporter de manière essentiellement indépendante par rapport aux autres participants au marché - concurrents, fournisseurs ou acheteurs. 5. L'aptitude d'une entreprise à se comporter de manière essentiellement indépendante s'apprécie par rapport au marché matériellement et géographiquement déterminant ( ATF 129 II 497 consid. 6.3.1 p. 536; ATF 139 I 72 consid. 9 p. 92 ss); il est donc nécessaire de délimiter ce marché. 5.1 Une délimitation excessivement étroite peut entraîner une surestimation du pouvoir de l'entreprise visée; une délimitation indûment étendue peut au contraire aboutir à une sous-estimation (CLERC/KËLLEZI, in Commentaire romand, Droit de la concurrence: loi sur les cartels, 2 e éd. 2013, n° 64 ad art. 4 al. 2 LCart ; MARTENET/HEINEMANN, Droit de la concurrence, 2012, p. 102; opinion divergente: ADRIAN RAASS, Die Marktabgrenzung: bestenfalls überflüssig, schlimmstenfalls irreführend, sic! 2011 p. 405). Conformément à la pratique de la Commission fédérale de la concurrence, les définitions du marché consacrées par l'ordonnance du 17 juin 1996 sur le contrôle des concentrations d'entreprises (OCCE; RS 251.4) sont applicables par analogie (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n os 69 et 98 ad art. 4 al. 2 LCart ; REINERT/BLOCH, in Commentaire bâlois, Kartellgesetz, 2010, n os 105 et 219 ad art. 4 al. 2 LCart ). Le marché matériellement déterminant, ou marché des produits, comprend ainsi tous les produits ou services que les partenaires potentiels de l'échange considèrent comme substituables en raison de leurs caractéristiques et de l'usage auquel ils sont destinés (art. 11 al. 3 let. a OCCE). Au besoin, une étude économétrique (étude de BGE 139 II 316 S. 319 "l'élasticité croisée des prix") détermine les produits que les partenaires potentiels tiennent pour substituables à un produit déterminé: on recherche si une augmentation du prix de ce produit entraîne un déplacement de la demande vers d'autres produits; dans l'affirmative, ces derniers sont inclus dans le marché déterminant (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n os 78 ss ad art. 4 al. 2 LCart ; REINERT/BLOCH, op. cit., n os 114 et 115 ad art. 4 al. 2 LCart ). Le degré de substituabilité doit être apprécié en fonction de caractéristiques non seulement objectives (propriétés, usage et prix du produit), mais aussi subjectives (préférences des consommateurs). Sous ce dernier aspect, il faut tenir compte de la manière dont le consommateur ou le partenaire commercial perçoit effectivement et subjectivement le produit en cause, plutôt que de la manière dont ce produit devrait objectivement être perçu par un consommateur raisonnable; notamment dans le domaine des produits de marque, des produits techniquement et économiquement substituables peuvent n'être pas considérés comme tels par les consommateurs (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n os 73 et 74 ad art. 4 al. 2 LCart ; REINERT/BLOCH, op. cit., n° 113 ad art. 4 al. 2 LCart ). Une position dominante peut exister aussi sur un très petit marché; éventuellement, le marché déterminant est un sous-marché délimité à l'intérieur d'un marché plus large, s'il existe une demande spécifique des partenaires commerciaux ou des consommateurs pour le produit ou le service concerné (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n° 87 ad art. 4 al. 2 LCart ). Le marché géographique comprend le territoire sur lequel les partenaires potentiels de l'échange sont engagés du côté de l'offre ou de la demande pour les produits ou services qui composent le marché matériellement déterminant (art. 11 al. 3 let. b OCCE). Il s'agit essentiellement du territoire à l'intérieur duquel la victime d'une entreprise qui abuserait de sa position dominante peut se tourner vers d'autres fournisseur ou cocontractants (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n os 97 et 98 ad art. 4 al. 2 LCart ); il est tenu compte, en particulier, des possibilités et des coûts de transport ou de déplacement (MARTENET/HEINEMANN, op. cit., p. 103). La Cour civile s'est référée à ces critères et la défenderesse n'en conteste ni la validité ni la pertinence. 5.2 Selon le demandeur, le marché déterminant est celui du fromage commercialisé sous l'appellation protégée "L'Etivaz". BGE 139 II 316 S. 320 Dans son avis qu'elle a entre-temps publié (DPC 2011 p. 302), la Commission de la concurrence a énuméré divers types de fromages, soit ceux "frais", "à pâte dure", "à pâte mi-dure", "à pâte molle" ou "fondus", et diverses étapes dans le cycle de la production, soit "la production", "l'affinage", "le conditionnement" ou "la distribution". Affirmant sans autres développements que "le fromage 'L'Etivaz' est substituable du point de vue du consommateur avec n'importe quel autre fromage à pâte dure", elle a rejeté l'opinion du demandeur. Elle a retenu comme déterminant le marché national suisse de l'affinage des fromages à pâte dure, toutefois sans exclure que des délimitations plus précises du produit concerné et de l'étendue géographique soient éventuellement préférables. En définitive, selon la Commission, la délimitation exacte du marché peut demeurer indécise car la pratique de la défenderesse n'est de toute manière pas abusive. La Cour civile a retenu, elle, que le marché déterminant est celui du fromage commercialisable sous l'appellation protégée "L'Etivaz". Elle a motivé son appréciation dans les termes ci-après: Il est établi que, comme pour les autres fromages bénéficiant d'une AOC, la production du fromage L'Etivaz AOC doit respecter des exigences strictes, définies dans son cahier des charges. Ces procédés de fabrication, soumis au contrôle d'un organisme de certification, sont le gage d'une qualité supérieure; ils permettent de commercialiser les fromages à un meilleur prix. D'un point de vue objectif, les fromages à pâte dure bénéficiant d'une AOC ne sont donc pas substituables avec n'importe quel autre fromage à pâte dure, produit sans respecter de telles exigences. L'analyse subjective conduit à une délimitation encore plus précise du marché. En effet, le consommateur est généralement attaché à une ou des sortes de fromage, dont il connaît et recherche la saveur particulière ou les propriétés culinaires spécifiques. Il ne se contentera ainsi pas d'un quelconque fromage à pâte dure bénéficiant d'une AOC mais s'orientera exclusivement vers la sorte de fromage à laquelle il est habitué et qu'il souhaite spécifiquement consommer. Autrement dit, l'amateur de fromage cherche, selon les cas, à acheter du Gruyère ou de l'Emmental ou encore de l'Etivaz. On ne peut concevoir qu'on lui vende, indifféremment, n'importe quel fromage à pâte dure, ou que l'un de ces fromages soit librement substituable à l'autre. A cela s'ajoute que l'AOC évoque pour le consommateur une consommation responsable, respectueuse des traditions et mettant en valeur les produits du terroir. Par conséquent, du point de vue du consommateur, les différentes sortes de fromage à pâte dure protégées par une AOC ne sont pas substituables. 5.3 Invoquant l' art. 9 Cst. , la défenderesse fait grief à la Cour civile de s'être écartée arbitrairement de l'avis exprimé par la Commission de la concurrence. Il est cependant constant - et la défenderesse le BGE 139 II 316 S. 321 reconnaît - que l'avis de la Commission ne lie pas le juge de la cause (arrêt 4A_101/2008 du 4 août 2008 consid. 3.1, in RtiD 2009 I p. 705); celui-ci doit en revanche discuter l'avis (JACOB/GIGER, in Commentaire bâlois, Kartellgesetz, 2010, n° 28 ad art. 15 LCart ) et motiver une appréciation divergente (JEAN-MARC REYMOND, in Commentaire romand, Droit de la concurrence: loi sur les cartels, 2 e éd. 2013, n° 99 ad art. 15 LCart ; MARTENET/HEINEMANN, op. cit., p. 202). Ces exigences sont en l'espèce satisfaites. Pour le surplus, élucider le marché déterminant au regard de l' art. 4 al. 2 LCart est une question juridique que le Tribunal fédéral examine librement, sur la base des faits constatés par la juridiction cantonale; le moyen tiré de l' art. 9 Cst. est donc dépourvu de portée indépendante. D'après l'argumentation présentée, la délimitation du marché adoptée par la Cour civile ne repose pas sur des constatations de fait suffisantes. En particulier, il n'est pas établi que la commercialisation sous une appellation protégée permette effectivement d'obtenir un "meilleur prix", comme la Cour l'a retenu, ni qu'une semblable commercialisation assure effectivement un revenu net plus important aux producteurs. La Cour a en outre méconnu, prétendument, que l'alpage de Témeley-Aï se trouve aussi dans la zone de production de l'appellation protégée "Gruyère" et que le demandeur pourrait donc commercialiser sa production sous cette appellation-ci. La délimitation critiquée suppose que le prix final de "L'Etivaz" soit supérieur à celui du "Gruyère", or ce fait n'est pas établi. Seule une étude de l'élasticité croisée des prix de ces deux appellations, étude qui n'a pas été exécutée, permettrait d'exclure que le "Gruyère" soit substituable à "L'Etivaz". Du raisonnement de la Cour, il résulte que chaque appellation protégée engendre un marché indépendant, ce que la défenderesse estime contraire à la réalité. Enfin, la Cour confond indûment le marché du produit final et celui d'un service nécessaire à sa fabrication, en l'occurrence l'affinage. 5.4 A teneur de l'art. 7 al. 1 de la loi fédérale du 29 avril 1998 sur l'agriculture (LAgr; RS 910.1), la Confédération fixe les conditions-cadre de la production et de l'écoulement des produits agricoles de sorte que la production soit assurée de manière durable et peu coûteuse et que l'agriculture tire de la vente des produits des recettes aussi élevées que possible. Les art. 8 à 12 LAgr tendent à assurer la qualité des produits et la promotion des ventes; les art. 14 à 16b règlent spécialement la désignation des produits agricoles. L' art. 16 LAgr institue l'appellation d'origine protégée; il charge le Conseil BGE 139 II 316 S. 322 fédéral d'établir un registre de ces appellations ( art. 16 al. 1 LAgr ) et de réglementer les conditions de l'enregistrement, en particulier les exigences du cahier des charges propre à chaque appellation ( art. 16 al. 2 let. b LAgr ), les procédures d'enregistrement et d'opposition ( art. 16 al. 2 let . c LAgr), et le contrôle de la production ( art. 16 al. 2 let . d LAgr). L'appellation d'origine protégée est régie en détail par l'ordonnance du 28 mai 1997 concernant la protection des appellations d'origine et des indications géographiques des produits agricoles et des produits agricoles transformés (ordonnance sur les AOP et les IPG; RS 910. 12; ci-après: OAOP). La reconnaissance et l'enregistrement d'une appellation, y compris l'approbation du cahier des charges, incombent à l'Office fédéral de l'agriculture; elles sont soumises à une procédure complexe (art. 5 à 12 OAOP) qui doit être suivie aussi lors d'une éventuelle modification du cahier des charges (art. 14 al. 1 OAOP; ATF 137 II 152 ). Selon l' art. 16 al. 6 LAgr , celui qui veut user d'une appellation dans la désignation et la commercialisation de ses propres produits doit conformer sa production à toutes les exigences du cahier des charges; il doit en outre la soumettre au contrôle de l'organisme de certification compétent, accrédité par l'Office fédéral (art. 18 et 19 al. 1 OAOP). Un rapport de droit public s'établit entre l'organisme de certification et le producteur ( ATF 138 II 134 consid. 4.6 p. 157). Selon l' art. 16 al. 7 let. a et b LAgr , une appellation enregistrée est protégée contre toute utilisation commerciale qui en exploite le renom pour d'autres produits (let. a), ou, en général, contre toute usurpation, contrefaçon ou imitation (let. b). Sur le plan international, la Confédération soutient les organisations concernées dans la défense des appellations d'origine suisses ( art. 16b LAgr ). Par l'effet de la protection légale, l'appellation d'origine protégée est un signe susceptible d'acquérir, dans le public, une identité et une réputation particulières, propres à stimuler l'écoulement du produit qu'elle revêt et, par là, à influencer les rapports de force entre concurrents (MEISSER/ASCHMANN, Herkunftsangaben und andere geographische Bezeichnungen, in SIWR vol. III/2, 2005, p. 170; JÜRG SIMON, Neueste Entwicklungen bei den Ursprungsbezeichnungen, in Neueste Entwicklungen im europäischen und internationalen Immaterialgüterrecht, 2002, p. 160; LORENZ HIRT, Der Schutz schweizerischer Herkunftsangaben, 2003, p. 2 et 3; JOSEF SKÁLA, Trademark or appellation of origin, in Gastronomie, alimentation et droit, 2003, Alberto Aronovitz [éd.], p. 441 ss). BGE 139 II 316 S. 323 5.5 La protection légale est indépendante de la performance commerciale plus ou moins importante des produits revêtus de l'appellation concernée, de l'influence correspondante de cette appellation sur les rapports de force entre concurrents et du profit que les producteurs en retirent. Le droit de faire usage d'une appellation d'origine, selon l' art. 16 al. 6 LAgr ( ATF 134 II 272 consid. 2.1 p. 278), est lui aussi indépendant de la performance de l'appellation et de son influence sur les rapports de force entre concurrents. A un producteur désireux de faire usage d'une appellation d'origine et de se soumettre au cahier des charges, on ne saurait opposer que l'appellation ne lui apportera, le cas échéant, aucun avantage sur le plan de la concurrence. Il appartient au contraire à chacun d'apprécier librement s'il a ou n'a pas intérêt à exercer la concurrence avec l'appellation concernée et avec les contraintes qui s'y rattachent. Dans la présente affaire, le demandeur attaque une pratique de la défenderesse qui l'empêche d'accéder à l'appellation "L'Etivaz" pour la commercialisation de sa production. Dans la délimitation du marché matériellement déterminant, il s'impose de prendre en considération la nature de l'appellation d'origine protégée, soit un instrument de la lutte économique entre concurrents, créé, géré et soutenu par la Confédération dans le but de stimuler l'écoulement de produits agricoles. Là où un concurrent se prétend illicitement empêché d'accéder à une appellation, le marché déterminant est nécessairement restreint à celui, réel ou supposé, de l'appellation en cause. Le demandeur a le droit d'exercer la concurrence avec l'appellation "L'Etivaz" s'il croit y avoir un intérêt et que, pour sa production, il se conforme au cahier des charges; dans ce contexte juridique spécifique, il n'a pas besoin de prouver l'existence effective d'un marché de cette appellation qui soit distinct du marché des produits standards et de celui de l'appellation "Gruyère". La défenderesse ne peut donc pas utilement faire valoir, à supposer que le fait soit avéré, que ce marché distinct n'existe pas parce que l'appellation "L'Etivaz" est dépourvue de valeur intrinsèque ou n'a pas de valeur supérieure à celle de l'appellation "Gruyère". Ainsi, les données économiques auxquelles la défenderesse fait allusion sont dépourvues de pertinence et il n'était pas nécessaire de les recueillir; en conséquence, cette partie n'est pas fondée à se plaindre de lacunes dans les constatations de fait. 6. D'après la définition légale déjà mentionnée (consid. 4 ci-dessus), la position dominante suppose l'aptitude d'une entreprise à se BGE 139 II 316 S. 324 comporter, sur le marché déterminant, de manière essentiellement indépendante des autres participants. 6.1 Une entreprise occupe une position dominante, parmi d'autres hypothèses, lorsqu'elle détient la totalité du marché déterminant et qu'elle n'est exposée à aucune concurrence parce que des circonstances de fait ou de droit rendent improbable l'irruption d'une autre entreprise sur ce marché. La position dominante peut être occupée par plusieurs entreprises agissant de concert. Conformément à la théorie de l'"essential facility" désormais consacrée aussi en droit suisse, la position dominante peut résulter de ce que l'entreprise dispose de droits exclusifs sur une installation, une infrastructure ou un équipement indispensable et qu'il n'existe pas de substitut réel ni potentiel ( ATF 129 II 497 consid. 6.5.1 p. 538; CLERC/KËLLEZI, op. cit., n os 179, 184 et 185 ad art. 4 al. 2 LCart ; MARTENET/HEINEMANN, op. cit., p. 103 et 104). La Cour civile s'est également référée à ces critères et ils ne sont pas non plus contestés par la défenderesse. Selon l'art. 2 al. 2 du cahier des charges de l'appellation protégée "L'Etivaz", l'affinage doit s'accomplir dans l'ancien district du Pays-d'Enhaut, dit zone d'affinage, comprenant les communes de Rossinière, Château-d'Oex et Rougemont. Selon l'art. 13 du cahier des charges, "l'affinage se fait exclusivement dans des caves d'une capacité de trois mille pièces ou plus". Cette règle a notamment pour effet de réduire les possibilités de concurrence sur le marché ici déterminant. Une règle quantitative de ce genre, à moins qu'elle ne soit nécessaire aux caractéristiques du produit ou typique de sa méthode de production spécifique (cf. art. 7 al. 1 let . c et d OAOP), peut receler une entrave à la concurrence (SIMONE WALTHER, AOC und Kartellrecht, 2010, p. 31 et 33/34). Le cahier des charges a cependant été approuvé par l'Office fédéral de l'agriculture lors de l'enregistrement de l'appellation d'origine protégée; la demande d'enregistrement a alors été publiée (art. 9 OAOP) et toute personne justifiant d'un intérêt digne de protection a pu faire opposition et provoquer une décision sur opposition (art. 10 et 11 OAOP). En tant que la protection juridique des concurrents de la demanderesse a été assurée lors de cette procédure administrative, un contrôle du cahier des charges au regard du droit de la concurrence ne saurait intervenir dans la présente contestation. L'action entreprise par le demandeur ne tend d'ailleurs pas à l'annulation de l'art. 13 du cahier des charges. BGE 139 II 316 S. 325 Selon les constatations de la Cour, il existe deux caves situées dans la zone d'affinage et satisfaisant aux exigences de cette dernière disposition. L'une de ces caves est celle de la défenderesse; le propriétaire de l'autre cave, précisément pour ne pas concurrencer la défenderesse, s'abstient de pratiquer cette activité. A bon droit, la Cour retient que la défenderesse occupe une position dominante sur le marché déterminant. 6.2 Il est aussi constaté qu'une augmentation de la capacité de la cave actuellement utilisée par le demandeur, augmentation qui rendrait cette cave conforme aux exigences du cahier des charges, pourrait être envisagée moyennement un investissement d'environ 5'000 francs. La décision attaquée indique cependant aussi que pour diverses raisons, cette solution - il s'agit semble-t-il d'un aménagement différent des locaux existants, dont le volume demeurerait inchangé - est présentée comme inadéquate par l'expert judiciaire. La défenderesse affirme donc à tort, pour contester sa position dominante, que le demandeur pourrait pratiquer lui-même l'affinage de "L'Etivaz" moyennant un investissement modeste de 5'000 francs. Dans son avis, la Commission de la concurrence a admis qu'un agrandissement de la cave, également étudié par l'expert judiciaire et évalué par lui à 100'000 fr., "serait probablement trop onéreux pour le demandeur seul mais paraîtrait réalisable s'il se groupait avec d'autres producteurs [...] qui se sont vu refuser l'accès à la cave de la coopérative". La Cour civile n'a cependant pas constaté que d'autres producteurs fabriquant de "L'Etivaz" soient réellement et concrètement disposés à s'associer au demandeur pour la création d'une nouvelle cave collective; elle a au contraire tenu cette hypothèse pour "purement théorique". Il n'y a donc pas lieu de s'y attarder. 7. Selon l' art. 7 al. 2 let. a LCart ., le refus d'entretenir des relations commerciales, en particulier le refus d'acheter ou de livrer des marchandises, s'inscrit dans les pratiques éventuellement abusives visées par l' art. 7 al. 1 LCart . L'entreprise en position dominante se comporte de manière abusive lorsqu'elle dispose seule des équipements ou installations indispensables à la fourniture d'une prestation, qu'il n'existe pas de concurrence sur le marché de cette prestation, que l'entreprise refuse sans raison objective de mettre l'infrastructure aussi à la disposition d'un concurrent potentiel et que celui-ci n'a aucune solution de remplacement ( ATF 129 II 497 consid. 6.5.1 p. 538 et 6.5.3 p. 640). L'abus BGE 139 II 316 S. 326 peut se situer sur un marché voisin ou situé en amont de celui visé par le concurrent potentiel. Le refus peut porter sur un service indispensable à ce concurrent ou sur la mise à disposition d'une infrastructure qui lui est indispensable (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n° 72 ad art. 7 al. 2 LCart ; AMSTUTZ/CARRON, in Commentaire bâlois, Kartellgesetz, 2010, n os 123 et 147 ad art. 7 LCart ). En l'espèce, la défenderesse refuse d'admettre le demandeur à titre de sociétaire et de recevoir sa production pour l'affinage. Ce refus empêche le demandeur de commercialiser cette même production sous l'appellation protégée "L'Etivaz". Etant la seule entreprise à pratiquer l'affinage, la défenderesse est également la seule à pouvoir commercialiser du fromage sous ladite appellation. Son refus semble porter davantage sur un service consistant dans l'affinage en cave conformément au cahier des charges, plutôt que sur la mise à disposition d'une cave où le demandeur pourrait lui-même exécuter ou faire exécuter l'affinage; cette distinction n'a cependant pas d'importance. On a par ailleurs vu que le demandeur n'a aucune possibilité d'affiner lui-même sa production, ni dans sa cave actuelle ni dans une autre, ni de la faire affiner par une entreprise tierce. La défenderesse soutient qu'indépendamment du refus critiqué, le demandeur est empêché d'accéder au marché qu'il convoite parce que sa production n'est de toute manière pas conforme au cahier des charges. Elle conteste ainsi le rapport de causalité entre son refus d'entrer en relations avec lui et l'empêchement d'exercer la concurrence. Elle mentionne un passage de la décision attaquée d'où il ressort que selon l'organisme de certification compétent, le fromage produit en 2006 par le demandeur était déficient au regard de plusieurs clauses du cahier des charges, et celui produit en 2007 n'était déficient qu'au regard de l'art. 13 relatif à la capacité de la cave. L'assertion de la défenderesse semble donc vraie pour 2006. Il apparaît cependant aussi que le demandeur a pu améliorer sa production dès l'année suivante 2007, et les juges du fait n'ont en tous cas pas constaté que ce producteur, indépendamment de la capacité de sa cave, soit durablement hors d'état de respecter le cahier des charges. Le refus de la défenderesse a donc bien pour effet d'entraîner une restriction de la concurrence. 8. Un refus d'entrer en relations commerciales n'est pas abusif, et il échappe ainsi à la censure de l' art. 7 al. 1 LCart , s'il répond à une justification objective. L'entreprise en position dominante n'est BGE 139 II 316 S. 327 notamment pas tenue de fournir ses services ou de donner accès à ses installations lorsque leur capacité est insuffisante et que, par suite, elle ne pourrait plus satisfaire entièrement les besoins de sa propre clientèle ( ATF 129 II 497 consid. 6.5.4 p. 540). Dans cette hypothèse, l'entreprise n'a aucune obligation d'accroître la capacité de ses installations (CLERC/KËLLEZI, op. cit., n° 56 ad art. 7 al. 2 LCart ). La défenderesse a d'abord opposé au demandeur qu'elle entend conserver une capacité d'affinage résiduelle pour le cas où un jeune agriculteur de la région désirerait adhérer et livrer sa production; dans le procès, elle soutient que sa cave est entièrement utilisée. La Cour civile rejette cette justification; elle motive son appréciation comme suit: S'il ressort de l'instruction que la cave de la défenderesse est pleine, d'autres éléments du dossier démontrent clairement que la décision de refus [...] n'a pas été dictée par des impératifs liés à la capacité de cette cave. On relève ainsi que le précédent locataire de l'alpage Témeley-Aï, qui produisait des quantités de lait équivalentes à celles du demandeur, était membre de la défenderesse et entreposait par conséquent sa production dans sa cave, que la production globale des membres de la défenderesse n'a cessé d'augmenter entre 2005 et 2009, la cave ayant été réaménagée en conséquence en 2005 et 2007, et, enfin, que la défenderesse prétend vouloir soutenir les jeunes agriculteurs dont l'exploitation principale se trouve dans la région, auxquels elle réserve de toute évidence de la place dans sa cave. De plus, on constate que chaque nouvel adhérent se voit fixer par contrat un quota de fromage. Il apparaît ainsi que la défenderesse augmente sa production et admet de nouveaux membres, tout en répartissant entre eux la capacité de sa cave. Il est par conséquent établi que la défenderesse aurait en réalité la possibilité d'accueillir la production du demandeur, le cas échéant en limitant la quantité de fromage admise, respectivement en procédant à une équitable répartition entre ses membres. L'existence d'une capacité résiduelle de la cave est un point de fait sur lequel le Tribunal fédéral n'exerce que le contrôle restreint prévu par les art. 97 al. 1 et 105 al. 2 LTF. Les déductions opérées ou à opérer sur la base d'indices relèvent aussi de la constatation des faits ( ATF 117 II 256 consid. 2b p. 258; ATF 136 III 486 consid. 5 p. 489; ATF 128 III 390 consid. 4.3.3 in fine p. 398). La défenderesse se plaint de contradictions dans l'appréciation des premiers juges et elle en conteste le résultat. Elle ne met toutefois pas en doute les faits pris en considération. En particulier, il est constant que la cave a reçu la production de Témeley-Aï jusqu'en 2004, soit immédiatement avant le décès de W. et l'arrivée du demandeur. Selon les juges, la défenderesse "réserve de la place" aux BGE 139 II 316 S. 328 jeunes agriculteurs dont l'exploitation principale se trouve dans la région, or cette affirmation n'est pas démentie dans l'argumentation soumise au Tribunal fédéral. Il est certes contradictoire de retenir simultanément que "la cave est pleine" et que cette installation "peut accueillir la production du demandeur"; néanmoins, au regard de l'ensemble des éléments mis en évidence dans la décision attaquée, il n'apparaît pas que cette dernière constatation - qui est essentielle - soit manifestement contraire à la situation effective. Elle résiste donc à la critique développée à l'appui du recours. Il est sans importance qu'une appréciation différente des éléments disponibles, plus favorable à la défenderesse, soit peut-être aussi défendable (cf. ATF 138 I 305 consid. 4.3 p. 319; ATF 137 I 1 consid. 2.4 p. 5) La Cour civile ne retient pas que la défenderesse doive entreprendre des travaux d'agrandissement ou de réaménagement de sa cave pour accueillir la production du demandeur. Cette partie-là discute donc inutilement les possibilités de transformation envisagées par l'expert judiciaire et mentionnées dans la décision attaquée. Faute de répondre à une justification objective, le refus d'entrer en relations avec le demandeur se révèle abusif, et partant illicite aux termes de l' art. 7 al. 1 LCart .
public_law
nan
fr
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Federation
6d501b0b-b15f-46c2-b731-f86a259d094d
Urteilskopf 113 II 37 8. Sentenza 20 gennaio 1987 della I Corte civile nella causa Federazione Svizzera Lavoratori Metallurgici e Orologiai contro società anonima X. e società anonima Y. (ricorso per riforma)
Regeste Gesamtarbeitsvertrag: Beitritt einer Minderheitsgewerkschaft (Art. 356 Abs. 4 und 356b Abs. 1 OR). Die an einem Gesamtarbeitsvertrag beteiligten Parteien können sich nicht auf die Vertragsfreiheit berufen, um eine die Arbeitnehmer ausreichend vertretende Minderheitsgewerkschaft ohne berechtigtes Interesse daran zu hindern, dem Vertrag beizutreten.
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 113 II 37 S. 37 A.- Il 1o aprile 1981 è stato concluso tra le società anonime X. e Y. da un lato, l'Organizzazione Cristiano Sociale Ticinese e BGE 113 II 37 S. 38 i Sindacati Indipendenti Ticinesi dall'altro, un contratto collettivo di lavoro. La Federazione Svizzera Lavoratori Metallurgici e Orologiai (FLMO) ha chiesto il 21 novembre 1984 di intervenire nelle trattative per il rinnovo del contratto e di poter sottoscrivere il futuro accordo. L'Organizzazione Cristiano Sociale Ticinese e i Sindacati Indipendenti Ticinesi hanno acconsentito. Le due società hanno respinto invece la proposta. Il contratto collettivo è stato rinnovato nel 1984. B.- La FLMO si è rivolta il 9 aprile 1985 all'Ufficio di conciliazione del Cantone Ticino, istituito in virtù della legge federale sul lavoro nelle fabbriche (RS 821.41), e l'11 aprile ha convenuto le due ditte davanti al Pretore della giurisdizione di Locarno-Campagna. Il 30 gennaio 1986 l'Ufficio di conciliazione ha chiuso la procedura e constatato che le due imprese rifiutavano di transigere affermando di garantire già agli associati della FLMO una situazione identica a quella dei lavoratori aderenti ai sindacati firmatari del contratto collettivo. Da parte sua il Pretore, con pronunzia del 18 febbraio 1986, ha respinto l'azione evocando il testo dell' art. 356b cpv. 1 CO e la libertà contrattuale delle due ditte, che non potevano essere obbligate a stringere un accordo con la FLMO per il solo fatto di applicare il contratto collettivo all'insieme dei dipendenti. La II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino ha confermato il giudizio di primo grado il 4 giugno 1986. C.- Insorta al Tribunale federale con un ricorso per riforma, la FLMO propone che la sentenza di appello sia annullata e che le sia riconosciuto il diritto di aderire al noto contratto collettivo. Le società anonime X. e Y. hanno concluso per il rigetto di ogni censura. Erwägungen Considerando in diritto: 2. Le cause civili relative a diritti di carattere non pecuniario sono deferibili al Tribunale federale con ricorso per riforma giusta l' art. 44 OG . V'è da domandarsi se una vertenza concernente la partecipazione di un sindacato minoritario a un contratto collettivo (l'eventuale partecipazione del sindacato alle trattative di rinnovo è ormai senza oggetto), implicando la tutela della personalità del sindacato stesso e dei suoi membri ( art. 28 CC ), non sia già per questa circostanza priva di carattere pecuniario (cfr. DTF 110 II 413 consid. 1, DTF 102 II 307 consid. 1, 165 consid. 1 con rinvii). Ora, anche volendo scorgere nella BGE 113 II 37 S. 39 controversia un semplice dissidio sull'accertamento di una pretesa, la qualificazione giuridica non muta. Intanto il sindacato fa valere un suo proprio diritto di firma, di per sé non pecuniario. Inoltre, pur ammettendo ch'esso persegua con tale mezzo vantaggi materiali per gli affiliati (sulla nozione dell' art. 44 OG : DTF 108 II 77 ), ciò non basta a ravvisare la difesa di interessi pecuniari. Secondo giurisprudenza infatti un'associazione professionale, quantunque protegga interessi finanziari dei suoi membri, non ha un fine economico ed è compatibile con l' art. 60 cpv. 1 CC se non esercita personalmente un commercio ( DTF 90 II 333 ). Detta soluzione appare ancor più giustificata nel caso in esame, ove gli aderenti al sindacato non ritraggono alcun beneficio economico da un'eventuale vittoria in lite, fruendo già oggi di condizioni salariali e lavorative pari a quelle degli operai iscritti a uno dei sindacati partecipanti al contratto. 3. Un processo sulla validità o la portata di un diritto indivisibile dev'essere rivolto contro l'intera comunità contrattuale; le parti, in altri termini, vanno tutte convenute in giudizio, a meno che figurino tra gli attori ( DTF 89 II 429 , DTF 97 II 205 consid. 3). La ricorrente ha promosso la causa attuale solo contro le due ditte imprenditrici poiché i sindacati firmatari avevano dichiarato formalmente di non opporsi alla pretesa. Ciò è senza dubbio corretto (v. DTF 100 II 441 consid. 1 con richiami). È inutile chiarire quindi se, nel caso in cui i sindacati firmatari si fossero opposti, l'attrice avrebbe potuto chiedere ugualmente l'adesione al contratto o solo la stipulazione di un contratto identico con le due società interessate. 4. Nessuna disposizione espressa conferisce a un sindacato il diritto di firmare un contratto collettivo di lavoro al quale non è parte. L' art. 356 cpv. 4 CO stabilisce unicamente che se più associazioni di datori di lavoro o, dall'altra parte, più associazioni di lavoratori sono vincolate al contratto collettivo per averlo conchiuso o per avervi, con l'assenso delle parti, aderito ulteriormente, esse stanno fra loro in un rapporto di diritti e obblighi uguali. L' art. 356b cpv. 1 CO dispone che singoli datori di lavoro o singoli lavoratori al servizio di un datore di lavoro vincolato possono, con l'assenso delle parti, sottoscrivere il contratto collettivo e divenire datori di lavoro o lavoratori vincolati, ma non limita l'autonomia della volontà e non specifica se sia possibile superare l'opposizione di un firmatario. La legge federale concernente BGE 113 II 37 S. 40 il conferimento del carattere obbligatorio generale al contratto collettivo di lavoro, del 28 settembre 1956 (RS 221.215.311), concede alle associazioni di datori di lavoro o di lavoratori che dimostrano un interesse legittimo e offrono garanzie sufficienti per l'osservanza del contratto collettivo la facoltà di aderire al medesimo con diritti e obblighi uguali rispetto alle associazioni contraenti (art. 2 n. 6); tale legge però si applica solo ai contratti collettivi cui l'autorità ha attribuito carattere obbligatorio generale giusta l' art. 34ter cpv. 2 Cost. , premessa che in concreto fa difetto. La ricorrente sostiene che il giudizio cantonale discrimina un sindacato minoritario, comporta una pressione indebita sugli aderenti e un attentato alla loro libertà di associazione indebolendo l'immagine del sindacato ai loro stessi occhi. È necessario esaminare pertanto se il diritto positivo, segnatamente la buona fede ( art. 2 CC ) e la protezione della personalità ( art. 28 CC ; cfr. DTF 107 Ia 280 consid. 3a) cui la ricorrente accenna, permettano di imporre ai firmatari di un contratto collettivo l'obbligo di accettare l'ingresso di un'altra associazione nella comunità contrattuale. a) La sentenza di principio DTF 74 II 158 , emanata il 25 maggio 1948, ha confermato il rigetto dell'azione con cui un sindacato estraneo a un contratto collettivo di lavoro intendeva far dichiarare nulle le adesioni individuali dei propri membri siccome contrarie alla legge, ai buoni costumi e alla tutela della personalità. Il Tribunale federale ha precisato allora che nessuno può essere tenuto a stipulare un contratto collettivo di lavoro né pretendere di esser parte a negoziazioni preliminari; la libertà contrattuale autorizza a scegliere se, con chi e come accordarsi tanto da una parte quanto dall'altra, senza distinzione tra sindacati di maggioranza o di minoranza (consid. 3a e 3b). Simile libertà ha invero i propri limiti negli scopi intrinseci del contratto collettivo. Il datore di lavoro o l'organizzazione padronale che dovesse rifiutare, senza motivo ragionevole, di discutere con un sindacato la possibilità di siglare un contratto collettivo nel palese intento di compromettere la situazione dei lavoratori e di procurarsi un vantaggio commetterebbe un atto illecito e contrario ai buoni costumi. Estremi del genere non si verificavano nel caso precipuo (consid. 3c e 3d). La successiva sentenza DTF 75 II 305 , del 13 settembre 1949, riguardava l'azione congiunta di un lavoratore appartenente a un BGE 113 II 37 S. 41 sindacato non firmatario e del sindacato medesimo, che avversavano i contributi riscossi sullo stipendio sia degli operai estranei al contratto sia dei membri delle associazioni aderenti. Il Tribunale federale ha accolto in parte il ricorso per riforma degli attori e ridotto l'ammontare del prelievo gravante la manodopera non affiliata al contratto. Ha rilevato, in tale circostanza, che l'eventualità di far dichiarare il contratto collettivo di obbligo generale non preclude ai firmatari altri mezzi (pressione sui dissidenti per indurli a sottoscrivere il contratto) in vista di ottenere lo stesso risultato (consid. 5). Il cosiddetto obbligo di fedeltà, ovvero l'obbligo assunto dai datori d'impiego e dagli operai nel senso di stipulare contratti di lavoro soltanto con operai e datori d'impiego che riconoscono il contratto collettivo, è legittimo, così come legittimi sono il boicottaggio economico e - di massima - i contributi imposti ai non affiliati (consid. 6, 7 e 8). Un'associazione professionale inoltre non può rivendicare il diritto di concludere o di negoziare contratti collettivi, salvo che il rifiuto a lei opposto sia destituito di ragioni valide e tenda a indebolire la parte economicamente già meno forte eludendo la funzione protettrice del contratto collettivo; né il principio dell'uguaglianza davanti alla legge impediva, come postulato morale e giuridico, che nel caso in rassegna gli organi esecutivi del contratto fossero costituiti da esponenti dell'unico sindacato firmatario, essendo questo disponibile ad accordare un diritto di partecipazione agli altri sindacati non appena gli stessi avessero raggiunto una congrua entità numerica, le minoranze importanti avendo diritto in ogni modo di essere rappresentate (consid. 9). Il messaggio del 29 gennaio 1954 che illustra il disegno di legge federale concernente il conferimento del carattere obbligatorio generale al contratto collettivo di lavoro (FF edizione francese o tedesca 1954 I 125) menziona le difficoltà di elaborare un criterio comune per distinguere con chiarezza dove l'adesione dei dissidenti al contratto collettivo sia sollecitata da spinte economiche e dove invece sia l'esito di manovre illecite. Il Consiglio federale ha preferito lasciare il compito al giudice aggiungendo che ci si sarebbe potuti aspettare, in seguito a una modifica della giurisprudenza sul boicottaggio, una nuova prassi dei tribunali ove i metodi usati dalle varie associazioni presentassero analogie con un sistema del genere (pag. 140). Data la materia "ancora troppo fluida" il Consiglio federale ha rinunciato a sancire l'illiceità di clausole, accordi o misure vietanti a chi firma un contratto collettivo BGE 113 II 37 S. 42 la stipulazione di intese con terzi, sottolineando che a tutte le associazioni dev'essere garantita la libertà contrattuale, ovvero la possibilità di definire, attraverso convenzioni collettive, norme applicabili ai datori di lavoro e ai lavoratori vincolati. Certo, non sarebbe compatibile con l'idea fondamentale del contratto collettivo che un'associazione si valesse della propria forza per sottrarre lo stesso diritto ad altre associazioni (pag. 141). Se non che, pur dichiarando invalide le clausole, gli accordi e le misure che inibirebbero la libertà contrattuale, i risultati sarebbero dubbi ove non si prevedesse anche il diritto di aderire a un contratto esistente e, come corollario, l'obbligo di trattare. Un'ipotesi siffatta non entrava però in linea di conto e nemmeno era auspicata da una preponderanza di sindacati minoritari. La giurisprudenza in materia di boicottaggio ha conosciuto da quell'epoca un'evoluzione notevole. In DTF 82 II 299 consid. 3 il Tribunale federale ha confermato che, sebbene lecito, il boicottaggio diviene inaccettabile quando il suo scopo o i mezzi cui fa capo sono illegali o contrari ai buoni costumi oppure si crei una sproporzione manifesta tra l'utile ridondante all'autore e il pregiudizio arrecato alla vittima; un boicottaggio simile lederebbe i buoni costumi e la personalità del danneggiato. In DTF 86 II 374 consid. 4, con un cambiamento di prassi, il boicottaggio è stato definito illegittimo per principio siccome contrario al diritto della personalità nel libero esercizio di un'occupazione economica; un'eccezione si giustifica solo ove, mediante il boicottaggio, si difendano interessi legittimi e prevalenti che non possono essere salvaguardati in altro modo. Entrambe le sentenze ripetono, comunque sia, che l'obbligo di accogliere il boicottato nell'ambito della relativa organizzazione può costituire un mezzo per porre fine all'illecito ( DTF 90 II 344 consid. 6c). Il 20 dicembre 1962 è stata varata la legge federale su i cartelli e le organizzazioni analoghe (RS 251), che in caso di ostacoli indebiti alla concorrenza permette al giudice di ordinare, su domanda dell'attore, lo svincolo dagli obblighi imposti dal cartello e, se necessario, l'ammissione nel cartello o nell'associazione con i relativi diritti e obblighi (art. 6 cpv. 2). La legge nondimeno è inapplicabile a contratti, decisioni e provvedimenti che concernono rapporti di lavoro (art. 1 seconda frase). b) Le relazioni tra i firmatari di un contratto collettivo di lavoro e gli estranei, il nesso che esiste cioè tra la libertà BGE 113 II 37 S. 43 contrattuale delle parti e il diritto del terzo al rispetto della propria personalità (la tutela della personalità dei contraenti finisce ove comincia quella del terzo), è evocata in dottrina a proposito soprattutto della pressione che è lecito esercitare sui dissidenti per farli aderire alla normativa contrattuale (TSCHUDI, Gesamtarbeitsvertrag und Aussenseiter, in: Wirtschaft und Recht 5/1953 pag. 37 segg.; LUSSER, Untersuchungen zum Gesamtarbeitsvertragsrecht, tesi, Berna 1957, pag. 43 segg.; BERENSTEIN, Exclusivité syndicale et champ d'application des conventions collectives en Suisse, in: Revue internationale du travail 85/1962 pag. 111 segg.; RENTSCH, Über den Geltungsbereich des Gesamtarbeitsvertrages unter besonderer Berücksichtigung des Berufsverbandsprinzips und des Industrieverbandsprinzips, tesi, Zurigo 1974, pag. 72 segg.; BOIS, Le champ d'application des conventions collectives de travail, in: Statica e dinamica del diritto nella giurisprudenza del Tribunale federale svizzero, Raccolta offerta al Tribunale federale dalle Facoltà giuridiche svizzere in occasione del suo centenario, Basilea 1975, pag. 443 segg.; HAUSHEER, Die Allgemeinverbindlicherklärung von Kollektivverträgen als gesetzgeberisches Gestaltungsmittel, in: RDS 1976 II 324 segg.; KURT MEIER, Privatrechtlicher Schutz gegen Koalitionszwang, in: EKONOMI/REHBINDER, Gegenwartsprobleme der Koalitionsfreiheit, Berna 1979, pag. 87 segg.). Per quanto riguarda la questione, invece, di chi rimane escluso dal contratto, VISCHER osserva che il rifiuto abusivo di accogliere lavoratori o sindacati nel quadro di un contratto collettivo non può essere protetto e, richiamando la parità di trattamento e la libertà di associazione (attributi del diritto alla personalità) spettanti a lavoratori e sindacati, sostiene - in estrema sintesi - che un'organizzazione minoritaria, rappresentativa e leale dovrebbe essere abilitata, su sua richiesta, a firmare un contratto collettivo esistente; tenuto conto altresì del ruolo che il contratto collettivo è chiamato a svolgere nell'organizzazione del lavoro, il principio della libertà contrattuale non può reputarsi assoluto e una soluzione analoga all'obbligo di contrattare come mezzo per reprimere un boicottaggio consentirebbe di evitare offese ai diritti personali (Zur Stellung der Mehrheits- und Minderheitsgewerkschaft im Gesamtarbeitsvertragsrecht, in: Festgabe zum Schweizerischen Juristentag, Basilea 1963, pag. 287 segg.; Zum Gesamtarbeitsvertrag in der schweizerischen Wirtschaftsordnung, in: Freiheit und Verantwortung, Festschrift für Arthur Meier-Hayoz, Berna BGE 113 II 37 S. 44 1982, pag. 395 segg.; Der Arbeitsvertrag, in: Schweizerisches Privatrecht, vol. VII/1, pag. 470; Zürcher Kommentar, III edizione, note 33 e 59 ad art. 356, nota 18 ad art. 356a, nota 27 ad art. 356b e note 1 segg. ad art. 356c CO ). L'opinione appena riassunta trova riscontro, con sfumature diverse, in altri autori (DEN OTTER, Kollektives Arbeitsrecht, in: KUHN, Aktuelles Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis, parte 17 capitolo 9; HUG, Ausgewählte Abhandlungen zum Arbeits- und Wirtschaftsrecht, vol. II, Berna 1978, pag. 332 segg.; KREIS, Der Anschluss eines Aussenseiters an den Gesamtarbeitsvertrag, tesi, Berna 1973, pag. 108 segg. e - tuttavia - pag. 172); di orientamento affine è la regolamentazione francese, che dà per principio a ogni sindacato rappresentativo un diritto di adesione susseguente (RIVERO/SAVATIER, Droit du travail, Vendôme 1984, pag. 346). Ma vi sono anche opere di dottrina che, riferendosi a DTF 74 II 158 e DTF 75 II 305 come pure - più o meno implicitamente - agli art. 19 e 356 cpv. 4 CO , negano a un'organizzazione non firmataria la facoltà di sottoscrivere un contratto collettivo senza l'accordo delle parti (REHBINDER, Schweizerisches Arbeitsrecht, VIII edizione, pag. 156 infra; GUHL/MERZ/KUMMER, Das schweizerische Obligationenrecht, VII edizione, pag. 402; WILD, Die Entwicklung des Gesamtarbeitsvertragsrechts, tesi, Berna 1985, pag. 177; SCHWEINGRUBER/BIGLER, Kommentar zum Gesamtarbeitsvertrag, III edizione, pag. 52 seg.; riservato: LUSSER, op.cit., pag. 77 infra e 124 segg.). c) Non vi è dubbio che gli art. 356 cpv. 4 e 356b cpv. 1 CO favoriscano il contratto collettivo di lavoro come mezzo idoneo a tutelare la parte economicamente più debole, a garantire un trattamento unitario dei lavoratori, a prevenire conflitti sociali e a disciplinare le condizioni d'impiego con norme relativamente duttili (VISCHER in: Zürcher Kommentar, note 15 segg. ad art. 356 CO ). Questo indirizzo è confermato dall' art. 356b cpv. 3 CO e dalla nota legge federale concernente il conferimento del carattere obbligatorio generale al contratto collettivo di lavoro; del resto il contratto collettivo influisce spesso sui contratti individuali sebbene i medesimi non gli siano giuridicamente sottoposti (nel caso in esame tutti i lavoratori delle due aziende fruiscono di condizioni salariali e lavorative identiche). La legge promuove perciò - oltre alla partecipazione di singoli lavoratori - l'adesione dei sindacati ai contratti collettivi e non permette disparità di trattamento fra un sindacato e l'altro ( art. 356 cpv. 4 BGE 113 II 37 S. 45 CO ). V'è da appurare se il consenso delle parti cui si riferisce l' art. 356b cpv. 1 CO sia imprescindibile. Il testo dell' art. 356b cpv. 1 CO riprende quello del vecchio art. 322bis cpv. 1 CO , introdotto appunto dalla legge federale concernente il conferimento del carattere obbligatorio generale al contratto collettivo di lavoro (RU 1956 pag. 1665). Si è visto che il Consiglio federale ha rinunciato in tale circostanza a proporre diritti di adesione o obblighi di trattativa riservando le eventualità in cui associazioni padronali o sindacati si fossero serviti di metodi analoghi al boicottaggio. Che la libertà contrattuale delle parti dovesse prevalere anche sugli scopi del contratto collettivo non è stato affermato nemmeno durante i dibattiti parlamentari (Boll.Sten. 1955 CS 194 e 1956 CN 228 segg.). Ne discende, in ossequio a DTF 74 II 163 consid. 3c e 75 II 326 consid. 9a, che il rifiuto di far aderire un sindacato a un contratto esistente non può sospingersi nell'abuso né violare i diritti della personalità. È in entrambe le sentenze citate il Tribunale federale ha avuto modo di spiegare che un rifiuto privo di ragioni valide, destinato a indebolire la posizione dei dipendenti, non può essere protetto poiché vanifica gli scopi del contratto collettivo. Sarebbe incompatibile con l'idea basilare di tale istituto, per di più, che un'associazione professionale potesse far ricorso alla propria forza per impedire a un'altra associazione di sottoscrivere un contratto collettivo. Nel messaggio del 29 gennaio 1954 il Consiglio federale, pur non essendo stato in grado di formulare rimedi, era giunto a una conclusione identica. Il principio secondo cui l'autonomia della volontà ( art. 19 CO ) non abilita le parti a sovvertire gli scopi del contratto collettivo, sicché il richiamo alla libertà contrattuale può raffigurare un abuso ( art. 2 CC ) ove manchi di interesse legittimo o persegua - anche senza mire dolose ( DTF 109 II 22 ) - interessi contrari agli obiettivi della legge ( DTF 94 I 667 consid. 4), va confermato. Esso salvaguardia la personalità del lavoratore ( art. 28 CC ), segnatamente il diritto al libero esercizio di un'occupazione economica ( DTF 86 II 376 consid. 4c e 4d; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Zurigo 1984, pag. 71 n. 493 segg.) e alla libera scelta di un organismo sindacale (cfr. DTF 111 II 253 consid. 4b; REHBINDER, op.cit., pag. 254). Inoltre esso protegge la personalità dell'ente sindacale come corporazione di diritto privato (cfr. DTF 75 II 326 consid. 9), che di fronte all'ostracismo gratuito di un firmatario potrebbe vedersi minacciato nella sua stessa esistenza per l'impossibilità BGE 113 II 37 S. 46 di assolvere compiutamente la propria funzione (v. KREIS, op.cit., pag. 171). È vero che anche i firmatari hanno il diritto personale di trattare con chi vogliono e di impegnarsi con chi credono, ma ciò non li autorizza a ledere chicchessia. I loro diritti si estinguono ove cominciano quelli della persona esclusa. Al giudice incombe di ponderare gli opposti interessi e di accertare se le giustificazioni addotte dai firmatari siano preponderanti; ove occorra, egli reprimerà l'abuso ammettendo il terzo nella comunità contrattuale (cfr. DTF 86 II 377 consid. 4d). Il caso in rassegna attiene all'adesione di un sindacato minoritario, non di singoli lavoratori. È superfluo domandarsi quindi se lavoratori isolati cui sia impedito di partecipare a un contratto collettivo giusta l' art. 356b cpv. 1 CO possano invocare l'abuso di diritto come limite all'autonomia della volontà. Pacifico è che l'organizzazione minoritaria dev'essere sufficientemente rappresentativa, comprendere cioè un numero tale di affiliati da legittimare un'adesione sindacale contro la volontà delle parti (cfr. DTF 75 II 328 consid. 9b). Al riguardo non è necessario far uso di rigide proporzioni numeriche. È indispensabile tuttavia che il sindacato sia portavoce di una minoranza importante, se non nell'azienda almeno sul piano cantonale o federale; compete al giudice valutare simile requisito in base alle particolarità della fattispecie (art. 2 n. 6 per analogia della legge federale concernente il conferimento del carattere obbligatorio generale al contratto collettivo di lavoro; SCHWEINGRUBER/BIGLER, op.cit., pag. 111 seg.). Riservate circostanze speciali, la soluzione descritta non pregiudica i legittimi interessi delle parti. Nulla osta, infatti, a che i lavoratori siano più largamente rappresentati nell'ambito del contratto collettivo; i sindacati maggioritari, le associazioni padronali e i datori di lavoro, a loro volta, non possono pretendere di confinare un sindicato di minoranza senza giusti motivi. Poco importa che l'adesione di un sindacato minoritario possa essere supplita, negli effetti, dalla decisione con cui l'autorità estende il campo di applicazione di un contratto collettivo in virtù della legge federale concernente il conferimento del carattere obbligatorio generale (art. 1). Intanto l'autorità agisce solo su istanza di tutte le parti firmatarie (art. 8 cpv. 1). In secondo luogo la facoltà di ottenere una dichiarazione di carattere obbligatorio del contratto non esclude che determinati litigi tra partner sociali possano BGE 113 II 37 S. 47 risolversi già in base al diritto privato ( DTF 75 II 310 consid. 5, DTF 111 II 361 consid. 2b; HAUSHEER, op.cit., pag. 330 seg.). 5. La ricorrente fa valere che non sussiste la minima ragione per vietarle l'ingresso nella comunità contrattuale. Anzi, già oggi le ditte convenute trattengono dai salari destinati ai membri del sindacato in causa le quote professionali che l' art. 24 del contratto collettivo prevede a carico dei lavoratori iscritti alle organizzazioni firmatarie; non solo: tali importi sono riversati regolarmente al sindacato come se il medesimo fosse parte al contratto, ciò che dimostra - a parere dell'attrice - il puro formalismo del rifiuto a lei opposto. Le due società ribadiscono che la ricorrente è sempre stata trattata alla stessa stregua degli altri sindacati, che il contratto colletivo garantisce a qualsiasi associazione di categoria il diritto di rappresentare i propri aderenti presso la direzione aziendale (art. 2 n. 1) e che la Commissione di fabbrica ( art. 3 del contratto) non ha mai discriminato i membri di organismi non firmatari. Tali argomenti non giustificano un diniego di adesione. Che le convenute applichino unilateralmente il contratto collettivo all'insieme del personale, anche non sindacato, non basta per attribuire all'associazione in discorso qualità di parte firmataria e nemmeno per assicurare agli affiliati i vantaggi sgorganti dal contratto stesso. Lo statuto giuridico rimane diverso tanto per l'una quanto per gli altri. Ma pure dal lato pratico la posizione del sindacato estraneo al contratto comporta incovenienti non trascurabili, poiché esso è esulato da riunioni e assemblee di fabbrica così come dai colloqui tra la Commissione di fabbrica e la direzione aziendale (art. 6.5 del regolamento aziendale o "Regolamento per la Commissione di fabbrica"). Ciò restringe notevolmente il suo raggio d'intervento e influisce sulla libera scelta dei lavoratori che desiderano associarsi a un sindacato capace di tutelare con efficacia i loro interessi. Le convenute obiettano che, comunque sia, l'attrice non riunisce nemmeno il 10% dei dipendenti e non può quindi definirsi rappresentativa. Si evince dagli atti che al 31 dicembre 1984 le maestranze delle due ditte (114 dipendenti) erano così suddivise: 44 aderenti all'Organizzazione Cristiano Sociale Ticinese (OCST), 38 ai Sindacati Indipendenti Ticinesi (SIT), 8 all'attrice, 2 al Sindacato Edilizia e Legno (SEL) e 1 alla Federazione Svizzera dei Lavoratori del Commercio, dei Trasporti e dell'Alimentazione (FCTA); 21 operai non erano affiliati ad alcun sindacato. Ora, quand'anche non si volesse giudicare rappresentativo un BGE 113 II 37 S. 48 sindacato comprendente il 7% circa dei lavoratori, è innegabile che la Federazione Svizzera Lavoratori Metallurgici e Orologiai (FLMO) ha, sul piano nazionale, importanza evidente. Nel 1984 essa contava 121'777 effettivi (4663 nel Cantone Ticino) su un totale di 451'154 membri dell'Unione Sindacale Svizzera (28'337 nel Cantone Ticino). Nel 1985 le proporzioni erano pressoché invariate: 118'314 effettivi (4666 nel Ticino) su 443'584 membri dell'Unione Sindacale Svizzera (29'303 nel Ticino). Premesse queste cifre, desumibili dall'Annuario statistico della Svizzera 1986 (pag. 365) e dall'Annuario statistico del Cantone Ticino 1986 (pag. 265 e 266), non può sicuramente negarsi alla ricorrente la qualifica di organismo sufficientemente rappresentativo. Rimane da verificare se le convenute abbiano un interesse degno di salvaguardia a difesa della loro opposizione. Nulla risulta in proposito. Le due ditte non rimproverano alcunché alla ricorrente: non affermano - né tanto meno dimostrano - che essa si sia mai rivelata un interlocutore scorretto o querelante, che abbia tenuto un contegno inconciliabile con quanto ci si deve attendere da un firmatario, che abbia dato adito a univoci sospetti di inaffidabilità, che abbia osteggiato le trattative per il rinnovo o reso difficile l'intesa con gli altri partner sociali. Al contrario: in una lettera del 28 novembre 1984 esse hanno confermato di non avere il minimo appunto da muovere all'attrice. La ricorrente da parte sua si è sempre dichiarata disposta ad assumere tutti gli obblighi derivanti dal contratto. Il rifiuto delle due ditte mancando di qualsiasi argomento a sostegno, la richiesta di adesione proposta dal sindacato appare legittima, ciò che comporta la riforma della sentenza cantonale. Dispositiv Per questi motivi il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto e, in riforma della sentenza impugnata, è accertato il diritto spettante alla Federazione Svizzera Lavoratori Metallurgici e Orologiai di aderire al contratto collettivo di lavoro aziendale stipulato il 1o aprile 1981 dalle società anonime X. e Y. con l'Organizzazione Cristiano Sociale Ticinese e i Sindacati Indipendenti Ticinesi.
public_law
nan
it
1,987
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d5127ad-4b1c-4f13-80d7-018bab1aaa42
Urteilskopf 107 II 277 42. Urteil der I. Zivilabteilung vom 12. Mai 1981 i.S. Schweiz. Verband der Lebensmittel-Detaillisten (Veledes) und Mitbeteiligte gegen Denner AG (Berufung)
Regeste Aktionsverkäufe von Lebensmitteln ( Art. 1 Abs. 1 und 2 UWG , Art. 4 Abs. 1 KG ). 1. Aktionsveranstaltungen und Preisunterbietungen allgemein sind an sich nicht unlauter im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UWG (E. 1). 2. Für die Beurteilung der Lauterkeit einer Wettbewerbshandlung ist unerheblich, ob sie von einem marktmächtigen oder einem schwächeren Unternehmen ausgeht (E. 2). 3. Der Aktionspreis ist solange kein Unlauterkeitskriterium, als nicht zum Grundtatbestand mit Treu und Glauben unvereinbare Besonderheiten hinzutreten (E. 3). 4. Kein Verstoss gegen Art. 1 Abs. 2 lit. a und b UWG , da mit den durchgeführten Aktionen weder über die eigene Leistungsfähigkeit getäuscht noch die Leistungen der Konkurrenten herabgesetzt wurden (E. 4). 5. Abgrenzung der Schutzbereiche von UWG und KG (E. 5). 6. Art. 4 Abs. 1 KG . Zum Begriff der Vorkehr (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 279 BGE 107 II 277 S. 279 Die Denner AG mit Sitz in Zürich vertreibt über zahlreiche Filialen in der ganzen Schweiz Waren verschiedenster Art, darunter Lebensmittel, Spirituosen und Tabakprodukte. Sie gehört zu den sogenannten Discount-Geschäften. Für ihre Verkaufsmethode ist kennzeichnend, dass sie seit einigen Jahren in der Regel wöchentlich Aktionen ankündigt, das heisst damit wirbt, gewisse Artikel würden zu besonders tiefen Preisen verkauft. Der Schweizerische Verband der Lebensmittel-Detaillisten (Veledes), der Schweizerische Detaillistenverband und die Fédération romande des détaillants sind Vereine im Sinne von Art. 60 ZGB , die laut ihren Statuten die Wahrung der Interessen der selbständigen Detaillisten bezwecken. Zusammen mit fünf Inhabern von Lebensmittel-Detailgeschäften, Othmar Bigger, Frédéric Frey, Hans Holenweg, Bernard Ketterer und Max Meyer klagten sie im Dezember 1977 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Denner AG mit den Anträgen: "1. Es sei festzustellen, dass die Beklagte unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. a und b UWG betreibt (betrieb), indem sie Lebensmittel unter einem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preise verkauft (verkaufte) beispielsweise: a) indem sie an verschiedenen Orten der Schweiz jeweils von Ende September an für kurze Zeit Obstsaft ("Süssmost") unter Einstands- und Ankaufspreis verkauft (verkaufte), nämlich den Liter im Herbst 1975 zu Fr. -.30, im Herbst 1976 zu Fr. -.40 und im Herbst 1977 zu Fr. -.50; b) indem sie zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten der Schweiz Milchprodukte unter Einstandspreis und Ankaufspreis verkauft (verkaufte); so... c) als sie am 12. Oktober 1976 und am folgenden Tag im "Blick" und in anderen Zeitungen, ferner am 13. Oktober 1976 abends am Deutsch-schweizerischen Fernsehen "eine Million Tafeln Schokolade", darunter an erster Stelle Frigor-Tafeln, zu Fr. -.80, d.h. unter Einstands- und Ankaufspreis, ausrief, wobei verschiedene ihrer Filialen bereits am Tage nach der Fernsehsendung nicht mehr in der Lage waren, Frigor-Schokolade zu Fr. -.80 anzubieten; d) indem sie am 14. Dezember 1976 in zahlreichen Zeitungen, darunter in der Zürichsee-Zeitung, für die Tage vom 14.-18. Dezember 1976 einen Sonderrabatt von Fr. 1.50 u.a. auf schweizerischen Zigaretten (sog. "Stangen") ankündigte, wobei sie unter Einstands- und Ankaufspreis anbot und verkaufte; e) indem sie zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten der Schweiz alkoholische Getränke erster Marken unter Einstands- und Ankaufspreis verkaufte; so... 2. Es sei festzustellen, dass die Beklagte unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 1 sowie Abs. 2 lit. a und b UWG betreibt (betrieb), indem sie seit einiger Zeit ihren Zeitungsinseraten und Fernsehspots den Schlagsatz "DENNER immer am billigsten" einfügt. BGE 107 II 277 S. 280 3. Es sei festzustellen, dass die Beklagte auf dem in Ziff. 1 und 2 umschriebenen Wege die Mitglieder der Kläger Nr. 1, 2 und 3, darunter die Kläger Nr. 4 bis 8 im Sinne von Art. 4 KG in unzulässiger Weise im Wettbewerb behindert (behinderte); 4. Es sei der Beklagten zu verbieten, die in den vorn stehenden Ziffern umschriebene widerrechtliche Verkaufspraxis fortzusetzen bzw. zu wiederholen." Das Handelsgericht schützte mit Urteil vom 10. Dezember 1979 das unter Ziffer 2 aufgeführte Klagebegehren und wies im übrigen die Klage ab. Die Kläger legten Berufung an das Bundesgericht ein. Sie halten an ihren vom Handelsgericht verworfenen Begehren fest und beantragen, sie gutzuheissen oder die Sache zur Durchführung des Beweisverfahrens und zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Handelsgericht geht davon aus, dem Handeltreibenden stehe es grundsätzlich frei, wie er seine Preise gestalten wolle. Unerlaubt sei die Konkurrenzierung durch Preisunterbietung nur dann, wenn mit deren Durchführung zugleich unredliche, insbesondere täuschende Mittel angewendet würden. Es stützt sich dabei auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung ( BGE 52 II 381 ; BGE 57 II 339 , 490; BGE 71 II 233 ; BGE 85 II 450 ), von der abzuweichen kein Anlass bestehe, da sie der freiheitlichen schweizerischen Wirtschaftsordnung entspreche. Es weist im weitern darauf hin, dass bei Änderung der Ausverkaufsordnung durch den Bundesratsbeschluss vom 15. März 1971 (AS 1971 S. 305; SR 241.1) die Sonderverkäufe von Lebensmitteln (Nahrungs- und Genussmitteln) sowie von allen Artikeln des täglichen Verbrauchs, die der Reinigung und Körperpflege dienen, von der Bewilligungspflicht ausgenommen wurden und damit der Weg für das sogenannte Aktionenwesen hinsichtlich dieser Waren freigegeben worden sei. Die Kläger vertreten demgegenüber die Meinung, daraus dürfe aber nicht abgeleitet werden, das sei ein Grund mehr dafür, das Aktionenwesen als solches nicht als unlauter im Sinn von Art. 1 Abs. 1 UWG zu werten, denn der Bundesratsbeschluss sei ergangen, weil sich gezeigt habe, dass es den Kantonen nicht mehr gelungen sei, die Verordnung gleichmässig durchzusetzen. Aus welchen Gründen die Ausverkaufsordnung geändert wurde, ist in diesem Zusammenhang indes unerheblich. Das Handelsgericht unterstellt sodann auch nicht, im von der Bewilligungspflicht BGE 107 II 277 S. 281 ausgenommenen Bereich solle jede Preisschleuderei und jede Unterbietung zulässig sein. Entscheidend ist, was die Rechtsprechung und mit ihr das Handelsgericht denn auch vorbehalten, dass als gegen das UWG verstossend der Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder andere gegen Treu und Glauben verstossende Mittel zu werten ist ( Art. 1 Abs. 1 UWG ). Die Bedeutung dieser Generalklausel des Gesetzes braucht nicht eigens belegt zu werden, sie ist nach Wortlaut und Sinn hinreichend klar. Wenn dem Bundesgericht gelegentlich vorgehalten wurde, es mache davon allzu zögernden Gebrauch, so hat es ihre umfassende Geltung in jüngsten Entscheidungen zur anschleichenden und vergleichenden Werbung unmissverständlich herausgestellt ( BGE 104 II 333 f., BGE 102 II 294 f.). 2. Nach Auffassung der Kläger verkennt das Handelsgericht sodann, dass eine Wettbewerbshandlung unbedenklich sein kann, solange sie von einem kleinen, schwachen Wettbewerber vorgenommen wird, dass aber ein wesentlich strengerer Massstab an die Lauterkeit wettbewerblichen Verhaltens zu legen sei, sobald es von einem marktmächtigen Unternehmen ausgeht, das seine Mittel in einem Ausmass und mit einer Wirkung einsetzen könne, die andere Wettbewerber zum Nachzug zwängen. Unter solchen Umständen seien Lockvogelaktionen unlauter. Die Kläger verweisen dazu auf in der Literatur geäusserte Meinungen (BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 11. Aufl., Einleitung N. 91; VISCHER, Preisunterbietung als unlauterer Wettbewerb, Gutachten an den Verband Schweiz. Tabakhändler; SCHLUEP, Lockvogelpreise und Lockvogelmarken im schweizerischen Recht, in Prix et marques d'appel en droit comparé, S. 83; VON BÜREN, Aktuelle Fragen aus Wettbewerbs- und Markenrecht, SJZ 66/1970 S. 146; ROLF PETER JETZER, Lockvogelwerbung, Diss. Zürich 1979, S. 237) und auf zwei Urteile des deutschen Bundesgerichtshofs (Wirtschaft und Wettbewerb, 1977 S. 417 und 526). Zunächst ist die Verschiedenheit hervorzuheben, die zwischen der kurzfristigen sowie den Gegenstand variierenden und der dauernden, auf bestimmte Artikel beschränkten Preisunterbietung besteht. Zumeist auf diese sind die herangezogenen Meinungsäusserungen ausgerichtet, während jene, sei es direkt oder dem Sinne nach, kaum abgehandelt wird. Solche Aktionen lassen sich aber nicht als Lockvogelwerbung bezeichnen, wenn davon auszugehen ist, dass sie begriffsgemäss beim Käufer den Eindruck erwecken BGE 107 II 277 S. 282 soll, auch die übrigen Artikel des angebotenen Sortiments seien in entsprechender Weise kalkuliert (vgl. JETZER, a.a.O., S. 91). Aktionsangebote sind in aller Regel und für jedermann erkennbar Sonderangebote, nicht Beispielsangebote, um die so unterscheidende Formulierung von Schluep aufzunehmen (a.a.O., S. 77). Damit soll freilich eine gewisse Lockfunktion auch der Aktionswerbung nicht verneint werden. Aber so eignet sie jeglicher Werbeveranstaltung und ist sie an sich nicht unlauter. Die von VISCHER und VON BÜREN vertretene Auffassung, dass die Wettbewerbshandlung des mächtigeren Unternehmens strenger als die des schwächeren zu werten sei, findet im UWG keine Stütze. Die Lauterkeit oder Unlauterkeit einer Wettbewerbshandlung bewertet sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben, wie er im Wettbewerbsrecht verstanden wird, nicht danach, von wem die Handlung ausgeht. Marktmacht ist nicht über darauf bezogene Verschärfung des Lauterkeitsschutzes nach UWG, sondern vom Freiheitsschutz nach Kartellgesetz her anzugehen (vgl. SCHLUEP, a.a.O., S. 81). Sie kann in ihren Auswirkungen allenfalls unter kartellrechtlich massgebenden Gesichtspunkten als missbräuchlich ausgenutzt erscheinen. Das gilt namentlich auch für die von den Klägern behaupteten Folgen derartiger Aktionen wie Zugs- oder Nachahmungszwang. Dagegen geht es nicht an, aus solchen Wirkungen, mögen sie für den Mitbewerber unangenehm sein und wären sie sogar volkswirtschaftlich nachteilig, kurzerhand auf Unlauterkeit der Werbemittel zu schliessen. Was SCHLUEP betrifft, weist er darauf hin, dass das schweizerische Recht weder die Preisunterbietung im allgemeinen noch den Tatbestand des Lockvogelangebots im besonderen ausdrücklich ordnet. Er geht im weitern davon aus, dass unerwünschte Folgen der Lockvogelpolitik grundsätzlich mit Spezialgesetzen bekämpft werden müssen (a.a.O., S. 82). Immerhin seien de lege lata zwei lauterkeitsrechtliche Ansätze anzudeuten. Zum einen könnte die Preisunterbietung dann von der Generalklausel des UWG erfasst werden, wenn sie als getarnte Werbung erscheine, das heisst über den Charakter der Werbeveranstaltung als solcher getäuscht werde. Zum andern dürfe man aus Gründen der Lauterkeit fordern, dass Waren, die durch Spezialgeschäfte vertrieben werden, nicht als Zugaben verschenkt oder zu Werbezwecken verschleudert werden, und zwar mit dem Ziel, die Mitbewerber vom Markt zu verdrängen (S. 83). Weder das eine noch das andere trifft jedoch auf die streitigen Aktionen zu. Im übrigen vermögen diese Ansätze BGE 107 II 277 S. 283 nicht zu überzeugen. Der zweite wäre lediglich kartellrechtlich von Bedeutung, da er die Freiheit und nicht die Lauterkeit des Wettbewerbs berührt. Die beiden Urteile des deutschen Bundesgerichtshofs sind schon in Ansehung der unterliegenden Sachverhalte wenig geeignet, den von den Klägern vertretenen Standpunkt zu festigen; das eine vom 3. Dezember 1976 betraf eine Schaufenstermiete, das zweite vom 17. Dezember 1976 die Forderung einer preisunabhängigen Geldleistung als Vorbedingung für die Aufnahme der Ware in das Sortiment. Bezüglich der vom Bundesgerichtshof hervorgehobenen Nachahmungsgefahr sei auf schon Gesagtes verwiesen. Hinsichtlich der Gefahr einer Ausschaltung des Leistungswettbewerbs ist SCHLUEP beizustimmen, der die Ansicht vertritt, dass das Leistungsprinzip zur Abgrenzung erlaubter von verbotenen Wettbewerbshandlungen untauglich ist (Über Kritik im wirtschaftlichen Wettbewerb, in Homo Creator, Festgabe für Alois Troller, S. 249). Die Kläger berufen sich darauf, das Bundesgericht habe schon vor längerer Zeit festgehalten, dass eine - sonst zulässige - Preisunterbietung unlauter sein könne, wenn sie die Erhaltung gesunder Verhältnisse in einem Gewerbezweig und die Existenz zahlreicher Detailgeschäfte in Frage stelle ( BGE 86 II 113 ). Auch jenes Urteil hatte jedoch besondere und vom vorliegenden Sachverhalt wesentlich abweichende tatbeständliche Voraussetzungen, auf welche die von den Klägern herausgegriffene Bemerkung ausgerichtet ist. Die Verhinderung der erwähnten Entwicklungen ist zudem ein kartellrechtliches Anliegen. Nur insoweit könnte in BGE 98 II 379 , einem Fall, der ausschliesslich die Anwendung des Kartellgesetzes betraf und auf den sich die Kläger ebenfalls abstützen wollen, eine Bestätigung der im früheren Urteil geäusserten Bemerkung erblickt werden. 3. In den Rechtsbegehren ist vom Ankaufs- und Einstandspreis sowie von einem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis die Rede. Die Kläger nehmen aber nicht den Standpunkt ein, es liege grundsätzlich beim Ankaufs- oder Einstandspreis eine rechtlich entscheidende Grenze, sondern sie sprechen von diesen Preisen in Anlehnung an die von Schluep und Vischer verwendete Terminologie. Vischer äussert sich an der verzeichneten Stelle seines Gutachtens lediglich begriffsbezogen. Die Ansicht SCHLUEPS, vertreten in Rahmen eines lauterkeitsrechtlichen Ansatzes de lege lata, es sei das Angebot unter dem Einstandspreis, wirtschaftliche Ausnahmesituationen vorbehalten, als verkappte Wertwerbung zu BGE 107 II 277 S. 284 betrachten trifft, wie schon erwähnt, für die hier zu beurteilenden Aktionen nicht zu. Unter einem betriebswirtschaftlich gerechtfertigten Preis verstehen die Kläger einen Preis, der dem Händler erlaubt, aus dem Verkauf des betreffenden Artikels direkten finanziellen Gewinn zu ziehen, und der notwendigerweise über dem Einstandspreis liegt, weil er Abschreibungen, Neuinvestitionen, Risikoprämien und einen angemessenen Geschäftsgewinn zu ermöglichen hat. Nun ist schon darauf hingewiesen worden, dass an sich niemand rechtlich verpflichtet ist, zu solchem Preise zu verkaufen. Ausserdem ist er nicht eine ein für allemal bestimmbare Grösse. Er müsste in jedem einzelnen Fall, für jeden beteiligten Händler nach individuellen wirtschaftlichen und betrieblichen Gegebenheiten, für jede Warengattung, jede Sortimentseinheit, jeden Artikel gesondert immer wieder neu ermittelt werden, was Fragen und Problemen riefe, die schon ihrer Vielzahl und Verzweigtheit wegen binnen vernünftiger Frist gar nicht zu klären und die grossenteils der Zuständigkeit des Zivilrichters überhaupt entzogen wären. Es liegt auf der Hand, dass der betriebswirtschaftlich gerechtfertigte Preis kein justiziables Kriterium für die Beurteilung der Lauterkeit oder Unlauterkeit von Wettbewerbshandlungen im Preisbereich bilden kann. Richtungweisend muss, zumal in Hinsicht auf kurzfristige Aktionen für wechselnde Waren, die bisherige Rechtsprechung bleiben, der zufolge Preissenkungen, selbst wenn sie zu Verlustpreisen führen, unstatthaft erst dann werden, wenn zum Grundtatbestand mit Treu und Glauben unvereinbare und damit Unlauterkeit schaffende Besonderheiten treten ( BGE 85 II 450 f.). 4. a) Die Kläger beharren auf dem vom Handelsgericht verworfenen Standpunkt, die Beklagte verstosse gegen Art. 1 Abs. 2 lit. a und b UWG , weil sie durch ihre Aktionen über ihre Leistungsfähigkeit täusche und zugleich die Leistungen der Konkurrenten herabsetze. Dem Handelsgericht ist indes beizustimmen, dass den Verkaufsaktionen der Beklagten als solchen nichts Täuschendes anhaftet. Von der offenen Bezeichnung her und nach der Art ihrer Durchführung sind sie nicht geeignet, den Kunden die ihnen mit der Berufung unterstellten Gedankengänge zu suggerieren. Zudem dürften ihnen andere Überlegungen von vornherein näher liegen. Ein Vergleich der Preise der Beklagten mit denen anderer Wettbewerber wird ihnen durch das Vorgehen der Beklagten nämlich nicht verunmöglicht (vgl. Veröffentlichungen der Schweizerischen Kartellkommission, 1980 S. 291). Da Verkaufsaktionen BGE 107 II 277 S. 285 nicht eine Eigenheit der Beklagten sind, sondern im Lebensmittel-Detailhandel allgemein nachgerade zum Alltäglichen gehören, wird damit für den Kunden auch nicht der Eindruck eines irreführenden oder unwahren Systemvergleichs erweckt. b) Nach Auffassung der Kläger schaden die Aktionen der Beklagten, bei denen bekannte Markenartikel angeboten werden, dem Ruf dieser Marken. Entgegen der Ansicht des Handelsgerichts seien sie legitimiert, sich dagegen zur Wehr zu setzen, da mit den Markeninhabern auch sie ein Interesse an der Aufrechterhaltung des guten Rufs der Marken hätten. Voraussetzung der von den Klägern behaupteten Verletzung von Art. 2 Abs. 1 UWG wäre indessen, dass der Einbezug von Markenartikeln in die Aktionen unlauteren Wettbewerb darstellen würde. Das verneint die Vorinstanz mit Recht, denn es ist nicht einzusehen, inwiefern Aktionen mit bekannten Markenartikeln täuschend oder herabsetzend sein sollen. Die Kläger vermögen dies denn auch nicht aufzuzeigen. Der Umstand allein, dass sich die Beklagte für ihre Aktionswerbung der Zugkraft bekannter Markenartikel bedient, ist kein wider Treu und Glauben verstossender Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs. c) Irreführend wäre allenfalls das unterpreisige Angebot einer Ware, die nicht oder nicht in ausreichendem Vorrat zur Verfügung steht (SCHLUEP, Lockvogelpreise und Lockvogelmarken, S. 76/77). Das trifft auf die von den Klägern beanstandete Schokoladeaktion der Beklagten jedoch nicht zu. SCHLUEP weist darauf hin, es sei offen, unter welchen Voraussetzungen der Vorrat als ausreichend qualifiziert werden dürfe; in der Schweiz pflegten die Anbieter in Zweifelsfällen den Vorrat bekannt zu geben. Gerade dies hat die Beklagte getan. Sie kündigte im Werbetext den Verkauf einer Million Schokoladetafeln neun verschiedener Sorten an. Damit war die Beschränkung der Aktion auf eine ziffernmässig begrenzte Warenmenge von Anfang an klargestellt. Angesichts der bekannten Vielzahl von Filialen der Beklagten, auf welche die genannte Menge sich verteilte, mochten leer ausgehende Kunden sich zwar ärgern, konnten sich aber nicht getäuscht fühlen, wenn die beliebteste Sorte "Frigor" zwei Tage nach dem Erscheinen der ersten Anzeige und einen Tag nach dem Ausruf im Fernsehen bei einigen Verkaufsstellen zum Aktionspreis nicht mehr erhältlich war. Gemäss verbindlicher Feststellung des Handelsgerichts fehlen im übrigen Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte ganz allgemein für ihrer Aktionen nur unzureichende Mengen der betreffenden Artikel bereithielt. BGE 107 II 277 S. 286 5. Die Berufung setzt voraus, dass UWG und Kartellgesetz zusammen einen umfassenden Wettbewerbsschutz gewähren wollen. Das ist richtig, ändert aber nichts daran, dass das UWG den Lauterkeitsbereich, das KG den Freiheitsbereich beschlägt, und rechtfertigt keineswegs, die beiden Bereiche im Dienste der Einheit der Rechtsordnung zu vermengen, wie es die Kläger anhand der Anschauung VISCHERS gegenüber jener KUMMERS (Anwendungsbereich und Schutzgut der privatrechtlichen Rechtssätze gegen unlautern und gegen freiheitsbeschränkenden Wettbewerb, S. 117 ff., 124) befürworten. Soweit diese Frage für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist, verdient die Auffassung KUMMERS den Vorzug. Sie hält die beiden Schutzbereiche auseinander, ohne zwischen ihnen einen schutzfreien Raum zu belassen, mindert also gesamthaft nicht den Wettbewerbsschutz und führt auch nicht zu widersprüchlichen Ergebnissen in der Anwendung von UWG und KG. Es mag freilich Wettbewerbshandlungen geben, die sowohl vom UWG wie vom KG erfasst werden, aber je unter gesetzesspezifischen Gesichtspunkten und nicht deswegen, weil was nach UWG als unzulässig erscheint, es eo ipso auch nach KG wäre und umgekehrt. Trifft nur das eine oder andere zu, so liegt das im Wesen der Sache und stellt keinen Widerspruch dar. Es kann nicht Lauterkeitsschutz anstelle von Freiheitsschutz oder Freiheitsschutz anstelle von Lauterkeitsschutz geboten werden, wo es für diesen oder jenen an den gesetzlichen Bedingungen gebricht. 6. Die Kläger betrachten die Beklagte als kartellähnliche Organisation im Sinne von Art. 3 KG . Das verneint die Vorinstanz mit der Begründung, aus dem von den Klägern behaupteten Marktanteil der Beklagten könne nicht geschlossen werden, sie verfüge über eine kartellrechtlich relevante Nachfragemacht. Diese Frage kann offen bleiben, denn das Handelsgericht nimmt mit Recht an, Kartellrecht komme nicht zur Anwendung, weil die beanstandeten Wettbewerbshandlungen der Beklagten weder als erheblich behindernde Vorkehren noch als "gegen bestimmte Wettbewerber gerichtete Preisunterbietungen" zu werten seien ( Art. 4 Abs. 1 KG ). Soweit es um die angebliche Nachfragemacht der Beklagten und deren behaupteten Missbrauch gehe, könne allenfalls eine Vorkehr im vertikalen Bereich, das heisst im Verhältnis zwischen Nachfrager und Anbieter gegeben sein. Insofern sei sie nicht gegen die Kläger gerichtet, die davon nur mittelbar betroffen würden. Eine Vorkehr im horizontalen Bereich, im Verhältnis zwischen ihnen und der Beklagten, liege damit nicht vor. BGE 107 II 277 S. 287 Zudem seien gemäss Art. 4 KG nur Vorkehren unzulässig, die sich gezielt gegen Dritte richten, um sie im Wettbewerb erheblich zu behindern. Die Beklagte kämpfe ganz allgemein um eine Verbesserung ihrer Stellung am Markt, was naturgemäss auf Kosten der Konkurrenz gehen müsse. Nach Auffassung des Handelsgerichts ist der Umstand, dass die Kläger davon besonders betroffen werden, eine Folge der im Lebensmittelhandel eingetretenen Veränderung der Vertriebsform und der damit verbundenen Konzentration auf wenige grosse Verteilorganisationen. Diese nach geltendem Recht zulässige Entwicklung könne nicht durch entsprechende Auslegung des Kartellgesetzes aufgehalten oder gar rückgängig gemacht werden, zumindest nicht auf dem Weg über einen Zivilprozess. Mit den Einwänden, welche die Kläger demgegenüber vorbringen, lässt sich nicht aufzeigen, dass die Vorinstanz von einer gegen Bundesrecht verstossenden Auffassung ausgeht. Dafür untauglich ist namentlich der Hinweis auf die Botschaft des Bundesrats zum Entwurf des Kartellgesetzes (BBl 1961 II 553). Zwar wurde der Wortlaut "behindert werden sollen" in Art. 4 Abs. 1 KG gewählt, um neben der tatsächlichen auch die mögliche Behinderung einzubeziehen, nicht aber um das Erfordernis ihrer Zielgerichtetheit aufzuheben. In der Botschaft wird im Rahmen der allgemeinen Bemerkungen zu Art. 4 ausgeführt (S. 579): "Die Bestimmung über Wettbewerbsbehinderung richtet sich nur gegen die gezielte Behinderung Dritter, nicht aber gegen jeglichen Machteinsatz." In den besonderen Bemerkungen finden sich folgende nähere Erläuterungen (S. 580): "Unter Wettbewerbsbehinderung darf nicht jedes Verhalten verstanden werden, das einen Konkurrenten benachteiligt. Der Entwurf erwähnt ausdrücklich, dass die Behinderung erheblich sein muss. ...Vor allem aber betrifft er nur Vorkehren, die eigens darauf gerichtet sind, jemanden in der Ausübung des Wettbewerbes zu behindern und dadurch den Wettbewerb zu beeinträchtigen (Diskriminierung). Darauf weist besonders das Wort "sollen" hin, aber auch schon das Wort "Vorkehren" ...Eine subjektive Absicht ist nicht erfordert; es genügt, dass der Sache nach der Boykott auf jenes Ziel ausgerichtet ist (objektives Ziel der Vorkehr)." Daraus geht hervor und die Entstehungsgeschichte des Art. 4 KG erhärtet (vgl. SCHÜRMANN, Textausgabe des Kartellgesetzes mit Erläuterungen, S. 62 f., 65/66, 69/70, 71), dass der Vorkehr ein Diskriminierungszweck oder doch eine erkennbare Diskriminierungstendenz eignen muss. Die Bestimmung von Art. 4 KG fusst sowohl auf wettbewerbspolitischen wie persönlichkeitsrechtlichen BGE 107 II 277 S. 288 Überlegungen. Ausgangspunkte bildeten die Empfehlungen der Preisbildungskommission und die aus Art. 27 und 28 ZGB in Verbindung mit den Art. 19 und 20 OR entwickelte Rechtsprechung zum Boykott; dieser verstanden als organisierte Meidung eines Gewerbetreibenden, um ihn zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen oder für ein bestimmtes Verhalten zu massregeln. Der Tatbestand wurde im Verlaufe der Arbeiten der Expertenkommission allgemeiner gefasst und auf die gezielte Preisunterbietung ausgedehnt. Auch sie aber fällt unter den Oberbegriff der "Vorkehr", der zum Ausdruck bringt, dass die Zielgerichtetheit ausschlaggebende Voraussetzung ist. Der Boykottgedanke blieb grundlegend; damit deckt sich, dass im Gesetz nicht von Preisunterbietungen schlechthin, sondern von gegen bestimmte Wettbewerber gerichteten Preisunterbietungen die Rede ist. Das gilt für Kartelle, sinngemäss aber auch für kartellähnliche Organisationen ( Art. 4 Abs. 2 KG ). Darum ist entgegen der Berufung nicht entscheidend, ob die Vorkehr einen engeren oder weiteren Kreis von Wettbewerbern trifft, sondern, ob ihr ein Diskriminierungscharakter zukommt, was für die zum Gegenstand des Prozesses gemachten Preisunterbietungen der Beklagten mit dem Handelsgericht zu verneinen ist. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des Kantons Zürich vom 10. Dezember 1979 bestätigt.
public_law
nan
de
1,981
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d55379a-2d2c-4cdb-8546-6503ff0ab889
Urteilskopf 115 IV 221 48. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 14 avril 1989, dans la cause W. contre Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste 1. Art. 21 Abs. 1 und 221 StGB ; versuchte vorsätzliche Brandstiftung. Wer in der Absicht, eine Feuersbrunst zu verursachen, ein Feuer entfacht, macht sich der versuchten vorsätzlichen Brandstiftung schuldig, unbekümmert darum, ob das entstandene Feuer eine eigentliche Feuersbrunst darstellt oder nicht (E. 1). 2. Art. 10, 11 und 43 StGB ; Vorsatz und deliktischer Wille. Auch der vollständig Zurechnungsunfähige kann willentlich handeln (E. 1). 3. Art. 43 StGB ; Massnahmen an geistig Abnormen. Die Anordnung, Änderung und Aufhebung einer der in Art. 43 StGB vorgesehenen Massnahmen steht ausschliesslich dem Strafrichter zu. Dieser darf seinen Entscheid deshalb weder in bezug auf die Aufhebung noch hinsichtlich der Weiterführung der Massnahme dem Arzt überlassen. Dagegen schliessen die Massnahmen gemäss Art. 43 StGB keineswegs andere Massnahmen aus, die von zivilen Behörden angeordnet werden (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 222 BGE 115 IV 221 S. 222 Le 9 avril 1988, W. a allumé, au moyen de journaux dont il s'était muni, deux foyers dans un pavillon faisant office de salle d'attente situé à la rue du Bugnon, à Lausanne. En cours d'enquête, il a été l'objet d'une expertise psychiatrique dont le rapport, daté du 24 mai 1988, fait ressortir qu'il souffre de schizophrénie évolutive à forme paranoïde, avec phases délirantes, que cette maladie mentale l'a entièrement privé de ses facultés d'appréciation et de détermination au moment où il a agi, et que son irresponsabilité totale est ainsi établie avec certitude. En conséquence, par décision du 5 septembre 1988 (date de la séance du tribunal), le Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal du canton de Vaud a admis que W. n'était pas punissable ( art. 10 CP ), qu'il convenait dès lors de mettre fin à l'action pénale, et que, par ailleurs, il n'y avait pas lieu d'envisager l'internement ( art. 43 ch. 1er al. 2 CP ). Il a donc prononcé un non-lieu en faveur de l'accusé, ordonné la poursuite du traitement psychiatrique BGE 115 IV 221 S. 223 ambulatoire commencé et réservé l'hospitalisation sur décision du médecin. Erwägungen Considérant en droit: 1. Bien que le recourant n'ait pas été condamné, il possède la qualité pour déposer un pourvoi en nullité, dès lors que lui sont imputes dans la décision attaquée des faits constitutifs de tentative d'incendie (cf. ATF 96 IV 66 ). Il soutient que les conditions posées par la jurisprudence pour que l'on puisse admettre l'existence d'un incendie au sens des art. 221 ou 222 CP , ne sont pas remplies. Selon lui, les vieux papiers qu'il a allumés n'ont jamais constitué un foyer ayant la dimension d'un sinistre important dès lors qu'il a toujours été en mesure de les éteindre. Il existerait par ailleurs un doute sur le point de savoir si en réalité il entendait mettre le feu aux locaux ou aux journaux seulement. Il convient de relever d'emblée, à ce sujet, que, même si l'autorité cantonale a admis que le recourant avait allumé deux foyers dans le pavillon en cause, elle a constaté qu'il avait agi avec le dessein de provoquer un incendie, et qu'il aurait dû être renvoyé comme accusé de la tentative d'incendie intentionnelle pour laquelle il a bénéficié d'un non-lieu. Le dessein, de même que le contenu de la volonté et des pensées de l'auteur relevant de l'établissement des faits ( ATF 100 IV 221 , ATF 101 IV 50 , ATF 102 IV 105 , ATF 105 IV 214 ), c'est en vain que le recourant tente de revenir sur ce point dans le cadre d'un pourvoi en nullité (art. 273 al. 1 lit. b et 277bis al. 1 PPF). Or si le recourant avait l'intention de causer un incendie, peu importe que le feu de journaux allumés ait eu ou non le caractère d'un incendie et que le recourant ait eu la possibilité de l'éteindre. Le premier moyen ne peut ainsi qu'être rejeté. Par ailleurs il n'y a pas de contradiction à admettre qu'une personne a eu le dessein de provoquer un incendie alors qu'elle a agi en état d'irresponsabilité totale, l'absence de volonté délictuelle n'impliquant nullement l'absence de volonté tout court. L'argumentation du recourant sur ce point méconnaît d'ailleurs le système de la répression des infractions en application du Code pénal. Lorsque l'autorité pénale est saisie, elle ne commence pas par examiner l'état mental de l'inculpé (qui souvent n'est pas encore connu), mais bien plutôt par rechercher si les éléments objectifs constitutifs d'une infraction sont réunis. Ensuite, il convient de rattacher ces éléments à une personne physique puis, BGE 115 IV 221 S. 224 mais seulement alors, il s'agit de déterminer si cette personne est responsable pénalement en tout ou partie et, dans l'affirmative, quelle est l'étendue de sa volonté délictuelle. Selon l'hypothèse, le juge fera abstraction de toute peine ( art. 10 CP ), atténuera librement celle-ci ( art. 11 CP ) ou en suspendra l'exécution ( art. 43 ch. 2 et 44 ch. 1 CP ) en ordonnant les mesures nécessaires en application des art. 43 et 44 CP . Le délinquant au sens de l' art. 43 CP est donc en principe celui auquel sont imputables les éléments constitutifs (Tatbestand) d'une infraction réprimée par le code pénal (la version allemande du code pénal utilise d'ailleurs le terme d'auteur (Täter), ce qui est décisif). Au surplus, on constate que si le législateur, contrairement à ce qu'il a fait à l' art. 11 CP , n'a pas utilisé le mot de délinquant à l' art. 10 CP , il n'a pas non plus qualifié l'acte de celui qui se prévaut de cette disposition de licite, mais qu'il s'est limité au contraire à déclarer cet auteur non punissable, ce qui laisse subsister l'infraction. Enfin, il faut relever que la relation des art. 10 CP (où ne se trouve pas le terme de "délinquant") et 11 CP (où ce mot figure) avec les art. 43 et 44 CP est identique. C'est donc en vain que le recourant critique l'application qui lui a été faite de l' art. 43 CP . 2. Le recourant fait enfin grief à l'autorité cantonale d'avoir ordonné la poursuite du traitement psychiatrique entrepris sous la forme ambulatoire et réservé l'hospitalisation sur décision du médecin. Il s'en prend à cette dernière réserve en faisant valoir que l' art. 43 CP ne permet au juge que d'ordonner selon les cas un traitement ambulatoire, une hospitalisation ou un internement et qu'une délégation à une autorité non judiciaire est inconcevable. Sur ce dernier point, l'argumentation du recourant est pertinente. En effet, il découle du texte même de l' art. 43 ch. 1 CP que les mesures et dispositions prises en vertu de ce texte incombent au juge pénal et à lui seul ( ATF 108 IV 86 consid. 3c). L'autorité cantonale devait donc ordonner l'une des mesures de l' art. 43 CP , qu'elle restera seule habilitée à modifier ou à lever par la suite, mais elle ne pouvait en aucun cas déléguer cette compétence à quelque médecin que ce soit, ainsi que le laisse entendre le chiffre II du dispositif entrepris, qui doit en conséquence être annulé. Cela dit, le prononcé de l'autorité pénale ne soustrait nullement le recourant à l'emprise de la justice civile qui demeure compétente pour prendre toute mesure utile, même d'internement, dans le cadre des art. 397a ss CC .
null
nan
fr
1,989
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6d61d72d-72f7-4eff-b6e4-04ac3b9d51c2
Urteilskopf 121 V 125 21. Auszug aus dem Urteil vom 15. Februar 1995 i.S. Allianz Continentale, Allgemeine Versicherungs AG gegen S. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 15 Abs. 3 lit. c UVG , Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV , Art. 90 ff. ZGB . Der Begriff "mitarbeitende Familienglieder", wie er u.a. in Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV verwendet wird, umfasst nur die Mitglieder der Familie im familienrechtlichen Sinn des ZGB. Das Verlöbnis - als quasifamiliäres Rechtsverhältnis - oder das Konkubinat begründet keine Mitgliedschaft in der Familie.
Sachverhalt ab Seite 125 BGE 121 V 125 S. 125 A.- S. (geboren 1966) arbeitete bis Ende Februar 1989, damals noch ledig, als Bäckerin/Konditorin. Am 1. April 1989 trat sie eine Stelle als Schaustellerin im Betrieb von E., ihrer späteren Schwiegermutter, an. Über diese Arbeitgeberin war sie bei der Allianz Continentale, Allgemeine Versicherungs AG (nachfolgend: Continentale), obligatorisch gegen Betriebs- und Nichtbetriebsunfälle versichert. Am 18. April 1989 verunfallte S. beim Standaufbau, als eine rund 600 kg schwere Holzkiste von einem Gabelstapler kippte. Dabei zog sie sich ein Kontusionstrauma des linken Beines zu. Im BGE 121 V 125 S. 126 August 1989 heiratete sie den Sohn ihrer Arbeitgeberin. Die Continentale zog zur Ermittlung des versicherten Taggeldes die AHV-Lohnabrechnung der Arbeitgeberfirma für das Jahr 1989 bei, worin für S. für die Zeit vom 1. April bis 31. Dezember ein Bruttolohn von Fr. 9'240.-- ausgewiesen war. Diesen Verdienst rechnete die Continentale auf ein ganzes Jahr um (Fr. 12'320.--) und setzte das Taggeld auf Fr. 27.-- fest (= Fr. 12'320.-- : 365 x 80%), was sie der Versicherten mit Verfügung vom 3. Februar 1992 eröffnete. Diese Verfügung wurde mit Einspracheentscheid vom 11. März 1992 bestätigt. B.- S. liess Beschwerde erheben und die Festsetzung des Taggeldes ausgehend von einem jährlichen Einkommen in der Höhe von Fr. 34'768.20, eventualiter vom orts- und berufsüblichen Lohn einer Schaustellerin beantragen. Subeventuell forderte sie die Ausrichtung eines auf einem angemessenen Durchschnittslohn basierenden Taggeldes gemäss Art. 23 Abs. 3 UVV . Das angerufene Versicherungsgericht des Kantons Aargau qualifizierte die Versicherte als "mitarbeitendes Familienglied" im Sinne von Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV und hiess die Beschwerde deshalb in dem Sinne gut, dass der Einspracheentscheid aufgehoben und die Sache an die Continentale zurückgewiesen wurde, damit diese, nach Ermittlung des orts- und berufsüblichen Lohnes als Schaustellerin, über den Taggeldanspruch neu verfüge (Entscheid vom 23. November 1992). C.- Gegen diesen Entscheid erhebt die Continentale Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt dessen Aufhebung und die Wiederherstellung der Verfügung bzw. des Einspracheentscheides. S. beantragt in ihrer Vernehmlassung die unentgeltliche Verbeiständung im Verfahren vor dem Eidg. Versicherungsgericht sowie die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherung schliesst in seiner Stellungnahme sinngemäss mit dem Begehren auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. ... c) Das Gesetz ist in erster Linie nach seinem Wortlaut auszulegen. Ist der Text nicht ganz klar und sind verschiedene Auslegungen möglich, so muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung aller Auslegungselemente, namentlich des Zwecks, des Sinnes und der dem Text zugrunde liegenden Wertung. Wichtig ist ebenfalls der Sinn, der einer Norm BGE 121 V 125 S. 127 im Kontext zukommt. Vom klaren, d.h. eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut darf nur ausnahmsweise abgewichen werden, u.a. dann nämlich, wenn triftige Gründe dafür vorliegen, dass der Wortlaut nicht den wahren Sinn der Bestimmung wiedergibt. Solche Gründe können sich aus der Entstehungsgeschichte der Bestimmung, aus ihrem Grund und Zweck oder aus dem Zusammenhang mit andern Vorschriften ergeben ( BGE 119 Ia 248 Erw. 7a, BGE 119 II 151 Erw. 3b, 355 Erw. 5, BGE 119 V 126 Erw. 4, 204 Erw. 5c, 274 Erw. 3a, 429 Erw. 5a, BGE 118 Ib 191 Erw. 5a, 452 Erw. 3c, 555 Erw. 4d, BGE 118 II 342 Erw. 3e, je mit Hinweisen; IMBODEN/RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Nr. 21 B IV). aa) Die Verordnung spricht von mitarbeitenden "Familiengliedern", "les membres de la famille" de l'employeur travaillant dans l'entreprise und "i familiari" del datore di lavoro collaboranti nell'azienda. Bei der Frage, welcher Gehalt diesen Begriffen zukommt, ist der Grundsatz zu beachten, dass das Familienrecht (und mithin seine Regelung über das Verlöbnis [ Art. 90-95 ZGB ]) eine Ordnung darstellt, die von der Sozialversicherung vorausgesetzt wird und dieser daher grundsätzlich vorgeht. Dabei entspricht es konstanter Rechtsprechung, dass der Gesetzgeber, wenn er im Sozialversicherungsrecht Regelungen mit Anknüpfung an familienrechtliche Sachverhalte (beispielsweise an der Ehe, der Verwandtschaft oder der Vormundschaft) trifft, von ihrer Bedeutung her, vorbehältlich gegenteiliger Anordnung, diejenigen Institute - und nur diese - im Blickfeld hat, die das Familienrecht kennt ( BGE 119 V 429 Erw. 5b und 430 Erw. 6, BGE 117 V 292 Erw. 3c, BGE 112 V 102 Erw. 2b, BGE 102 V 37 mit Hinweisen). bb) Anknüpfungen an familienrechtliche Begriffe kommen im Sozialversicherungsrecht ausserordentlich häufig vor (vgl. hiezu RIEMER, Berührungspunkte zwischen Sozialversicherungs- und Privatrecht, insbesondere die Bedeutung des Privatrechts bei der Auslegung des Sozialversicherungsrechtes durch das EVG, in Sozialversicherungsrecht im Wandel, Festschrift 75 Jahre EVG, Bern 1992, S. 147 ff.). Der Begriff "Familienglied" findet sich in Erlassen nahezu aller Sparten der Sozialversicherung (vgl. z.B. Art. 3 Abs. 2 lit. d AHVG , Art. 5 Abs. 3 AHVG , Art. 14 AHVV [diese Bestimmungen sind über die Verweisnorm in Art. 2 IVG teilweise auch in der Invalidenversicherung gültig], Art. 9 ELV , Art. 1 Abs. 1 lit. e BVV2, Art. 4 Abs. 1 UVG , Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV , Art. 1 Abs. 2 FLG , Art. 3 Abs. 1 FLV , Art. 2 Abs. 2 lit. b AVIG ). Die französische BGE 121 V 125 S. 128 Fassung dieser Gesetzesartikel spricht einheitlich von "membres de la famille", in ihrer italienischen Fassung findet sich neben dem Begriff "familiari" auch jener der "membri della famiglia". Im Krankenversicherungsrecht werden Ausdrücke wie "Familienangehörige", "des familles" und "appartenendo alla famiglia" verwendet (vgl. z.B. Art. 6bis Abs. 3 KUVG , Art. 7 Abs. 1 lit. c KUVG ). Wen der Begriff konkret anspricht, lässt sich den Bestimmungen nicht entnehmen; vereinzelt (etwa in Art. 1 Abs. 2 lit. a und b FLG ) werden - eigentlich zur Familie gehörende - Personen(gruppen) davon ausgenommen. cc) Das Eidg. Versicherungsgericht hat dem erwähnten (Erw. 2c/aa) Grundsatz, wonach das Familienrecht für das Sozialversicherungsrecht Voraussetzung ist und diesem daher - vorbehältlich anderer Regelung - grundsätzlich vorgeht, in seiner Rechtsprechung stets Rechnung getragen ( BGE 119 V 491 Erw. 4, BGE 118 V 32 Erw. 4b, BGE 116 V 237 Erw. 4a, BGE 115 V 13 Erw. 3a, BGE 115 V 320 Erw. 1b). Hievon abzuweichen besteht vorliegendenfalls kein Anlass. Der Begriff "Familie" kann familienrechtlich enger oder weiter verstanden werden, beispielsweise im Sinne einer Kleinfamilie (bestehend aus Ehefrau, Ehemann und ihren Kindern im gemeinsamen Haushalt) oder, ganz anders, im Sinne der Sippe (bestehend aus einer eine Vielzahl solcher Kleinfamilien umfassenden Gruppe von Menschen mit gemeinsamer Abstammung [Verwandtschaft, Schwägerschaft]). Das ZGB regelt die Familie über das ihre Grundlage bildende Element der Ehe und das diese erweiternde Element der Verwandtschaft, welche sich insbesondere im Hinzutreten von gemeinsamen Kindern (allenfalls Adoptions- und Pflegekindern) in den Haushalt der Ehegatten verwirklicht (TUOR/SCHNYDER, Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 10. Aufl., Zürich 1986, S. 141; MAHON, Kommentar BV, Art. 34quinquies, N. 35 ff.; LÜCHINGER, Begriff und Bedeutung der Familie im schweizerischen Recht, Diss. Zürich 1987, S. 3). Die eheähnliche Lebensgemeinschaft, das Konkubinat, ist im ZGB nicht geregelt. Sie wird, sofern aus ihr Kinder hervorgegangen sind, einzig über das Kindesverhältnis familienrechtlich erfasst. Das Kindesverhältnis aber ist, wegen der fehlenden Ehe der Eltern, kein gemeinschaftliches (LÜCHINGER, a.a.O., S. 13). Indessen findet sich das Verlöbnis im ZGB geregelt. Nach schweizerischer Rechtsauffassung stellt es einen familienrechtlichen Konsensualvertrag dar, welcher allerdings keinen einklagbaren Anspruch auf Erfüllung, also auf den Abschluss der Ehe einräumt, immerhin aber einen "rapport quasi familial" begründet BGE 121 V 125 S. 129 (TUOR/SCHNYDER, a.a.O., S. 143 ff., DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 3. Aufl., Bern 1985, S. 33 f.). Abgesehen von gewissen prozessrechtlichen Folgen (z.B. Ausschliessungsgrund [Art. 22 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 OG ], Zeugnisverweigerungsgrund [ Art. 75 BStP ], Amtshandlungsverbot [ Art. 10 Abs. 1 Ziff. 1 SchKG ]) entfaltet das Verlöbnis rechtsverbindliche Wirkungen - nach unumstrittener Auffassung und nur unter bestimmten Voraussetzungen - lediglich für den Fall, dass es gebrochen wird. Es zielt zwar auf den Eheschluss ab, stellt aber insbesondere keine Ehe dar und kann für sich allein nicht als Familie bezeichnet werden (LÜCHINGER, a.a.O., S. 14). dd) Seitens des Familienrechts ist nach dem Gesagten für den Begriff "Familie" der formelle Eheschluss qualitativ entscheidend, sei es, um sie selbst zu begründen, sei es, um verwandtschaftlich rechtsverbindliche Beziehungen zu ihr zu knüpfen. Mit diesem familienrechtlichen Gehalt ist der Familienbegriff für das Sozialversicherungsrecht vorausgesetzt und für dieses - immer vorbehältlich anderslautender Regelung - verbindlich. Findet im Sozialversicherungsrecht, wie eben beispielsweise im Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV ein dem Familienrecht entstammender Begriff ("Familienglieder", "les membres de la famille", "i familiari") Verwendung, kann bei dessen Auslegung der familienrechtliche Gehalt nicht unberücksichtigt bleiben. Deshalb geht es nicht an, eine mit einem Familienglied verlobte oder in eheähnlicher Gemeinschaft lebende Person sozialversicherungsrechtlich als der Familie zugehörig zu betrachten, wenn dies in der anzuwendenden Regelung nicht ausdrücklich vorgesehen ist. Der Auslegung zugänglich sind somit lediglich Fragen, welche den mit dem Begriff "Familienglieder", "les membres de la famille" bzw. "i familiari" abgedeckten Verwandtschafts- oder Verschwägerungsgrad betreffen, oder ob er beispielsweise auch Pflegekinder umfasst oder nicht. Eine solche Frage stellt sich indessen im vorliegenden Fall nicht. Da die Versicherte im Zeitpunkt des Versicherungsfalls weder als Konkubinatspartnerin noch als Verlobte ein Familienglied der Versicherungsnehmerin war, verbietet sich eine Anwendung von Art. 22 Abs. 2 lit. c UVV . Dies führt zur entsprechenden Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
null
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de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6d6435e1-a9f0-48c9-9948-7dafceafa57e
Urteilskopf 105 III 35 8. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 31. Januar 1979 i.S. H. (Rekurs)
Regeste Art. 18 und 19 SchKG . Legitimation eines Betreibungsbeamten zum Rekurs, der nach seinem Übertritt in den Ruhestand eine Amtshandlung vollzogen hat, die von der kantonalen Aufsichtsbehörde für ungültig erklärt worden ist?
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 105 III 35 S. 35 Im Konkursverfahren über die Firma S. ersuchte das Konkursamt D. das Konkursamt B. um Rechtshilfe. Die Gläubigerin V., die mit einer pfandgesicherten Forderung von Fr. 246'367.15 plus Fr. 12'010.40 Zins im Konkurs kolloziert ist, ist Inhaberin eines Inhaberschuldbriefs über Fr. 340'000.-, für den als Grundpfand u.a. auch die Parzelle Nr. 493 in S. haftet. Das Konkursamt B. beauftragte das Betreibungsamt N. mit der freihändigen Verwertung dieser Aktiven. Der Betreibungsbeamte H. verkaufte die Parzelle Nr. 493 am 14. September 1978 für Fr. 100'000.-, ohne vorher die Gläubiger und insbesondere die Grundpfandgläubigerin darüber zu orientieren und ihnen Gelegenheit für höhere Angebote zu geben. Als die Gläubigerin V. nachträglich, am 12. Oktober 1978, vom Verkauf Kenntnis erhielt, erhob sie bei der kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde mit dem Antrag, den Freihandverkauf der Liegenschaft Parzelle Nr. 493 als ungültig zu erklären. Die kantonale Aufsichtsbehörde hiess die Beschwerde mit Entscheid vom 29. November 1978 gut und erklärte den am 14. September 1978 abgeschlossenen Freihandverkauf der Liegenschaft Parzelle Nr. 493 als ungültig. Sie hatte festgestellt, dass der Betreibungsbeamte H. am 31. August 1978 in den Ruhestand getreten war und somit den Freihandverkauf der fraglichen Liegenschaft, der am 14. September 1978 öffentlich beurkundet und am 29. September 1978 im Grundbuch eingetragen BGE 105 III 35 S. 36 wurde, als Privatperson getätigt hatte, weshalb das Kaufgeschäft ungültig war. a.Betreibungsbeamter H. führt gegen diesen Entscheid Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt, den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 29. November 1978 aufzuheben und den Freihandverkauf der Liegenschaft Parzelle Nr. 493 als rechtsgültig anzuerkennen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer tritt auf den Rekurs nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Vorinstanz bestreitet die Rekurslegitimation des Betreibungsbeamten. Die Weiterziehung des Entscheids einer Aufsichtsbehörde nach Art. 18 und 19 SchKG steht im allgemeinen nur einem davon in seinen Rechten Betroffenen zu, also je nach dem Inhalte der Entscheidung dem Beschwerdeführer oder einem Beschwerdegegner. Dem Betreibungsamt ist grundsätzlich die Weiterziehung versagt, es wäre denn, der Entscheid greife in die eigenen materiellen oder persönlichen Interessen des Betreibungsbeamten oder des durch ihn vertretenen Kantons ein ( BGE 79 III 147 ). Sodann hat das Bundesgericht verschiedentlich die Rekurslegitimation eines Konkursbeamten bejaht, wenn er Interessen der Masse und damit der Gesamtheit der Gläubiger oder - als Organ des Kantons - fiskalische Interessen geltend machte ( BGE 102 III 163 E. 1, BGE 97 III 96 E. 1, BGE 96 III 107 E. 1, BGE 86 III 127 E. 2 und BGE 85 III 91 E. 1). In BGE 97 III 96 E. 1 hat das Bundesgericht Zweifel daran geäussert, ob der Konkursbeamte, der die Erhebung von Verantwortlichkeitsansprüchen gegen ihn vermeiden möchte, auch persönlich zum Rekurs legitimiert sei; denn es sei nicht Aufgabe des Beschwerde- und Rekursverfahrens, die Rechtslage im Hinblick auf allfällige Ansprüche dieser Art klarzustellen. Doch konnte diese Frage in jenem Entscheid offen gelassen werden. Hingegen hat es das Bundesgericht in andern Füllen stets abgelehnt, auf Rekurse einzutreten, die nicht einem praktischen Zweck des Vollstreckungsverfahrens dienten, sondern auf die blosse Feststellung pflichtwidrigen Handelns eines Betreibungs- und Konkursbeamten gerichtet waren, um eine BGE 105 III 35 S. 37 Grundlage für Schadenersatz- und Verantwortlichkeitsansprüche zu schaffen ( BGE 99 III 60 E. 2, 97 III 38 E. 2 und 91 III 46 E. 7 mit Hinweisen). 2. Wie den Ausführungen in der vorliegenden Rekursschrift zu entnehmen ist, will der Rekurrent mit seinem Begehren auf rechtsgültige Anerkennung des Freihandverkaufs vor allem verhindern, dass gegen ihn wegen der Ungültigerklärung dieses Verkaufs Schadenersatzforderungen und Verantwortlichkeitsansprüche geltend gemacht werden. Er ficht den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde somit nur an, weil er für ihn diese indirekten negativen Folgen zeitigen kann; hingegen wird er vom Entscheid nicht unmittelbar in seinen rechtlich geschützten Interessen betroffen. Er beruft sich im Grunde genommen auf die Interessen eines Dritten, nämlich des Käufers der Liegenschaft, um sein Begehren zu begründen. Der Käufer wird durch den fraglichen Entscheid unmittelbar betroffen und hätte selber die Möglichkeit gehabt, gegen ihn Rekurs zu erheben. Dem Rekurrenten dagegen, der mit seiner Beschwerde kein anderes Ziel verfolgt, als sich gegen allfällige Verantwortlichkeitsansprüche abzusichern, muss die Rekurslegitimation in Übereinstimmung mit der oben angeführten Rechtsprechung versagt werden. Das Beschwerde- und Rekursverfahren soll nicht für derartige Zwecke missbraucht werden können. Es ist vielmehr Sache des ordentlichen Richters, über solche Ansprüche zu befinden. Die Aufsichtsbehörden dürfen seinem Entscheid nicht vorgreifen. Auf den Rekurs kann daher nicht eingetreten werden.
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1,979
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CH_BGE_005
CH
Federation
6d66c367-2555-45b7-8589-fb64b14936f9
Urteilskopf 115 II 309 57. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Juli 1989 i.S. X. geborene Y. gegen X. (Berufung)
Regeste Abänderung des Scheidungsurteils; Anpassung einer Scheidungsrente nach Massgabe der seit der Scheidung eingetretenen Teuerung ( Art. 153 ZGB ). 1. Soweit eine Scheidungsrente Unterhalts- oder Unterhaltsersatzcharakter hat, kann sie nachträglich in dem Masse der eingetretenen Teuerung angepasst werden, als das Einkommen des Unterhaltspflichtigen mit der Teuerung Schritt gehalten hat (E. 1 und 2a). 2. Wo das ordentliche Einkommen sich auf die AHV-Rente beschränkt, der Unterhaltspflichtige jedoch über Vermögen verfügt, ist auch diesem Rechnung zu tragen; dabei verstösst es grundsätzlich nicht gegen Bundesrecht, hauptsächlich bei Immobilien einen durchschnittlichen Kapitalzins zu ermitteln, vorausgesetzt, dass kein übersetzter Zinssatz gewählt wird (E. 3a und 3b); die nachträgliche teuerungsbedingte Anpassung der Rente darf in einem solchen Fall nicht dazu führen, dass der Pflichtige genötigt wird, das von ihm bewohnte Haus zu veräussern (E. 3c). 3. Dem Abänderungsrichter ist es verwehrt, die Anpassung der Rente von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Berechtigten oder von anderen Umständen abhängig zu machen, die der Scheidungsrichter bei der Festsetzung einer Rente zu berücksichtigen hätte (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 311 BGE 115 II 309 S. 311 Die Ehe von A. und B. X.-Y. wurde durch Urteil des Bezirksgerichts N. vom 24. und 27. Juni 1966 geschieden. A. X. wurde verpflichtet, der geschiedenen Ehefrau eine Rente von zunächst Fr. 700.-- monatlich zu zahlen. Ferner wurde festgelegt, dass die Rente sich mit seiner Entlastung von der Unterhaltspflicht gegenüber den drei Kindern stufenweise erhöhe. Seit der Volljährigkeit des jüngsten Kindes, d.h. seit 1. April 1973, betrug sie Fr. 1'000.-- im Monat. Mit Eingabe vom 24. November 1987 erhob B. X. geborene Y. beim Bezirksgericht N. gegen A. X. Klage auf Abänderung des Scheidungsurteils. Mit ihrem in der bezirksgerichtlichen Verhandlung ergänzten Rechtsbegehren verlangte sie, die ihr zugesprochene Rente sei dem aktuellen Stand der Teuerung anzupassen, d.h. neu auf Fr. 1'950.-- im Monat festzusetzen, und es sei für die Zukunft eine Indexierung vorzusehen. Das Bezirksgericht hiess die Klage am 20. Mai 1988 gut und änderte das Scheidungsurteil dahin ab, dass der Beklagte mit Wirkung ab 1. Dezember 1987 eine monatliche und monatlich vorauszahlbare Rente nach Art. 151 ZGB von Fr. 1'950.-- zu zahlen habe und dass der Rentenbetrag für die Zukunft indexgebunden sei. In teilweiser Gutheissung einer Berufung des Beklagten setzte das Kantonsgericht die Rente auf Fr. 1'500.-- im Monat fest; daneben formulierte es die Indexklausel neu. Gegen das kantonsgerichtliche Urteil haben sowohl die Klägerin als auch der Beklagte Berufung erhoben. Die Klägerin beantragt, der Beklagte sei zu verpflichten, ihr eine Rente im indexierten Betrag von monatlich Fr. 1'950.-- zu bezahlen. Der Beklagte stellt seinerseits den Antrag, die Klage sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils vollumfänglich abzuweisen. Beide Parteien schliessen auf Abweisung der Berufung der Gegenpartei. Die vom Beklagten gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid erhobene staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV hat die erkennende Abteilung am 6. Juni 1989 abgewiesen, soweit sie darauf eintrat. BGE 115 II 309 S. 312 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Wie das Kantonsgericht zutreffend festhält, ist nach der in BGE 100 II 245 ff. begründeten Rechtsprechung die Indexierung einer Unterhalts- oder Unterhaltsersatzrente im Sinne von Art. 152 bzw. 151 ZGB auch gegen den Willen des Rentenverpflichteten zulässig, wenn die bestimmte Aussicht besteht, dass dessen Einkommen der Teuerung laufend angeglichen wird ( BGE 100 II 253 ). In BGE 105 II 171 E. 3b hat das Bundesgericht sodann entschieden, dass diese Rechtsprechung sinngemäss ebenso für eine nachträglich anbegehrte Anpassung der Rente an die Teuerung gelten müsse; auch in diesem Fall werde keine nach Art. 153 Abs. 2 ZGB verpönte nachträgliche materielle Erhöhung der Rente vorgenommen, sondern diese lediglich wertmässig, im Vergleich zur Kaufkraft, auf derselben Höhe gehalten. Voraussetzung ist auch hier, dass sich das Einkommen des Pflichtigen seit der Scheidung der Teuerung angepasst hat... 2. a) Dass die Rente, die der Klägerin vom erstinstanzlichen Scheidungsrichter ausdrücklich sowohl gestützt auf Art. 151 als auch gestützt auf Art. 152 ZGB zuerkannt, vom Kantonsgericht ... im Urteil vom 27. April 1967 wie auch vom Bundesgericht im Urteil vom 18. Dezember 1967 jedoch als Unterhaltsbeitrag gemäss Art. 151 ZGB bezeichnet wurde, vorwiegend dem Unterhaltsersatz dienen sollte, ist nicht mehr streitig. Das Kantonsgericht stellt fest, dass die Rente nur zu einem kleinen Teil als Ersatz für verlorene Anwartschaften gedacht gewesen sei. Zu prüfen ist dagegen, ob das Einkommen des Beklagten sich seit der Scheidung der Teuerung angepasst habe. Sollte dies nur beschränkt der Fall gewesen sein, wäre die Klage entgegen der Auffassung des Beklagten nicht einfach abzuweisen, sondern eben nur teilweise gutzuheissen. b) Das Kantonsgericht hat zur strittigen Frage festgehalten, dass das vom Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung erzielte Einkommen bei Berücksichtigung der Teuerung Ende 1987 dem Betrag von Fr. 73'165.90 entsprochen hätte. Sodann weist die Vorinstanz darauf hin, dass der 1915 geborene Beklagte als AHV-Rentner gemäss den Steuerunterlagen praktisch kein Einkommen erziele, jedoch über erhebliches Vermögen verfüge; es liege ein atypischer Fall vor, bei dem neben dem Renteneinkommen auch der Vermögensertrag des Pflichtigen in die Beurteilung miteinzubeziehen sei. Dabei gehe es nicht an, einfach auf den in den Steuerunterlagen BGE 115 II 309 S. 313 ausgewiesenen Ertrag abzustellen, sondern es sei von einem durchschnittlichen, bei gewöhnlicher Vermögensanlage erzielbaren Betrag, mit andern Worten von dem auszugehen, was der Beklagte bei produktiver Verwendung des Vermögens normalerweise erzielen könnte. Das Kantonsgericht hat ausdrücklich festgehalten, dass diese Berechnungsart nicht ein doloses Verhalten des Pflichtigen voraussetze. Für die Ermittlung des Einkommens aus Vermögen hat es einen durchschnittlichen Zinssatz von 4,5% als angemessen betrachtet; ein solcher sei auch heute, ohne spekulieren zu müssen, erzielbar. Für Darlehen, die der Beklagte den beiden Kindern ... zu Vorzugszinsen gewährt hat, ging das Kantonsgericht allerdings von den effektiven Zinserträgen aus, welche die Klägerin an Schranken ausdrücklich anerkannt habe. Ausserdem setzte die Vorinstanz bezüglich der vom Beklagten bewohnten Liegenschaft, die einen Steuerwert von Fr. 218'000.-- aufweise und mit Fr. 100'000.-- hypothekarisch belastet sei, den Eigenmietwert von Fr. 11'200.-- ein; von einer Verzinsung des Nettobetrags (von Fr. 118'000.--) zu 4,5% sei in diesem Fall abzusehen. c) Den gesamten Vermögensertrag des Beklagten bezifferte das Kantonsgericht auf Fr. 55'528.--, was zusammen mit der derzeitigen AHV-Rente von Fr. 18'000.-- ein massgebliches Jahreseinkommen von Fr. 73'528.-- ergebe. Diese Summe liegt über dem Betrag von Fr. 73'165.90, den es durch eine Aufwertung nach Massgabe der Teuerung als Einkommen des Beklagten im Zeitpunkt der Scheidung ermittelt hat. Dennoch hat die Vorinstanz die Rente nicht in dem von der Klägerin verlangten Umfang angepasst; statt der geforderten Fr. 1'950.-- im Monat, sprach sie der Klägerin lediglich Fr. 1'500.-- zu. Sie hat dafürgehalten, dass aus Gründen der Billigkeit auch die wirtschaftliche Lage der Klägerin und weitere Umstände einzubeziehen seien, so vor allem die seit der Scheidung verstrichene Zeit, die Tatsache, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Beibehaltung des gleichen Lebensstandards wie in der Ehe habe, und dass sie aus der Sicht ihres Alters nach der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht mehr ohne weiteres mit einer Dauerrente hätte rechnen können. Ferner hat die Vorinstanz berücksichtigt, dass die in Frage stehende Rente nicht ausschliesslich Unterhaltsersatz darstellt und dass andererseits der Beklagte sein erhöhtes Einkommen nicht mehr aus aktiver Arbeit erziele, sondern dass sich dieses hauptsächlich aus dem Vermögensertrag ergebe. All diese Umstände lassen nach Auffassung des Kantonsgerichts im vorliegenden - atypischen - Fall BGE 115 II 309 S. 314 eine gewisse Zurückhaltung bei der Festsetzung des neuen Rentenbetrags als angebracht erscheinen. 3. a) Mit seiner Berufung verlangt der Beklagte in grundsätzlicher Hinsicht, dass bei der Ermittlung seines Vermögensertrags nicht von hypothetischen, sondern von den tatsächlichen Einkünften ausgegangen werde; auf ein hypothetisches Einkommen dürfe bei der nachträglichen Indexierung einer Rente nur dann abgestellt werden, wenn es der Pflichtige absichtlich unterlasse, einen angemessenen Vermögensertrag zu erzielen; davon könne vorliegend keine Rede sein. Abgesehen davon, entspreche sein tatsächlich erzielter Vermögensertrag einer durchaus produktiven Verwendung des Vermögens. Im Rahmen einer Klage auf nachträgliche Indexierung der Scheidungsrente könnten nicht andere Massstäbe angelegt werden als diejenigen, die beim Scheidungsprozess Anwendung gefunden hätten, würde doch andernfalls der Grundsatz verletzt, dass die nachträgliche Indexierung nur bei vollem Teuerungsausgleich verfügt werden dürfe. Im Zeitpunkt der Urteilsfällung habe sein Einkommen nur Fr. 48'989.-- (bzw. gemäss der vom Beklagten persönlich eingereichten Eingabe vom 2. März 1989 Fr. 49'957.--) betragen. Damit sei die Voraussetzung für eine Anpassung nicht gegeben. b) Es liegt hier in der Tat insofern ein besonderer Fall vor, als das ordentliche Einkommen des Beklagten sich auf die AHV-Rente beschränkt, der Beklagte jedoch über ein gewisses Vermögen verfügt. Bezüglich der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des rentenpflichtigen Beklagten ist bei dieser Sachlage einzig von Belang, ob und in welchem Masse sie mit der seit der Scheidung eingetretenen Teuerung Schritt gehalten habe. Dazu bedarf es keiner exakten Ermittlung der Einnahmen, und es kann auch nicht darum gehen, abzuklären, ob und wie der Beklagte grössere Einkünfte erzielen könnte. Dass sein Vermögen in die Beurteilung der Abänderungsklage einzubeziehen ist, anerkennt auch der Beklagte selbst. Hingegen beanstandet er das Vorgehen der Vorinstanz, die - abgesehen von zwei Abweichungen bezüglich des Wohnhauses, wo sie auf den Eigenmietwert abgestellt hat, und der den beiden Kindern gewährten Darlehen - den Vermögensertrag in der Weise ermittelt hat, dass sie von einer einheitlichen Verzinsung zu 4,5% ausging. Eine Verletzung von Bundesrecht liegt darin nicht. Das Vermögen des Beklagten besteht zu einem nicht unbedeutenden Teil aus Immobilien (Wohnhaus ..., Ferienhaus ... und Wald ...), deren Ertrag zu BGE 115 II 309 S. 315 bestimmen angesichts ihrer Verschiedenartigkeit nicht einfach ist. Die vom Kantonsgericht gewählte Methode - Ermittlung eines durchschnittlichen Kapitalzinses - erscheint für einen Fall der vorliegenden Art grundsätzlich als angemessen, sofern dieser Rechnung kein übersetzter Zinssatz zugrunde gelegt wird. Die hier eingesetzten 4,5% mögen sich zwar an der oberen Grenze bewegen, doch ist andererseits darauf hinzuweisen, dass die Vorinstanz nicht vom effektiven Wert der Liegenschaften ausgegangen ist, sondern vom viel tieferen Steuerwert. Dem Einwand des Beklagten, das Kantonsgericht hätte den Zins für die auf dem Wohnhaus lastende Hypothek (den der Beklagte ebenfalls mit 4,5% angibt) in Abzug bringen müssen, ist entgegenzuhalten, dass die Vorinstanz die Schuldenlast von Anfang an abgezogen und den Ertrag nur auf dem Netto-Vermögen errechnet hat. Zudem ist für das Wohnhaus ohnehin der Eigenmietwert eingesetzt worden. Was der Beklagte mit Bezug auf das bewegliche Vermögen - in tatsächlicher Hinsicht - vorbringt (Auslagen für den Sohn C.; keine einheitliche Wahl des massgeblichen Zeitpunkts bei der Ermittlung des Vermögensstandes), findet im angefochtenen Entscheid keine Stütze und kann hier deshalb nicht gehört werden. Unbegründet ist von vornherein die Rüge betreffend den Zeitpunkt, den das Kantonsgericht für die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten grundsätzlich als massgeblich erachtet hat. Dem Abstellen auf die Lage bei Einleitung der Klage steht jedenfalls von Bundesrechts wegen nichts entgegen (dazu BÜHLER/SPÜHLER, N. 79 zu Art. 153 ZGB ; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zusatzband zur 3. Auflage, S. 91); die vorinstanzliche Lösung ist im übrigen durchaus sachgerecht. c) Wo die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen - wie hier - zu einem bedeutenden Teil auf dem Vermögen beruht, darf die nachträgliche teuerungsbedingte Anpassung der Rente nicht dazu führen, dass der Verpflichtete genötigt wird, die Liegenschaft zu veräussern, die er selbst bewohnt. In Anbetracht der Zusammensetzung des Vermögens ist dies beim Beklagten nicht der Fall. 4. a) Wie bereits erwähnt, hat die Vorinstanz die Rente nicht in dem von der Klägerin verlangten Mass erhöht. Unter Berufung auf BGE 105 II 171 E. c führt sie aus, dass auch die nachträgliche Indexierung sich nach Recht und Billigkeit zu richten habe; es seien deshalb sowohl die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin BGE 115 II 309 S. 316 wie auch weitere Umstände in die Beurteilung miteinzubeziehen. An der erwähnten Stelle hat das Bundesgericht wohl festgehalten, die (nachträgliche) Indexierung entspreche - auch - einem Gebot der Billigkeit. Indessen hat es in diesem Zusammenhang einzig darauf hingewiesen, dass die Kaufkraft der der geschiedenen Ehefrau zugesprochenen Rente seit der Scheidung auf ungefähr die Hälfte gesunken sei, während das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten sich beinahe verdoppelt habe. Dass im Rahmen einer Rentenanpassung zur ausschliesslichen Erhaltung der Kaufkraft, auch etwa die wirtschaftlichen Verhältnisse der Rentenberechtigten (neu) zu würdigen oder noch andere Umstände in die Beurteilung einzubeziehen wären, hat das Bundesgericht dagegen nicht gesagt. Es ginge denn in der Tat nicht an, dass der Abänderungsrichter in einem Fall der vorliegenden Art den Rentenanspruch dem Grundsatze nach neu überprüfen würde. Wegen Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse auf seiten des Berechtigten kann eine auf Art. 151 ZGB beruhende Unterhaltsrente im übrigen ohnehin nicht herabgesetzt werden (vgl. BGE 110 II 114 f. E. b mit Hinweisen). Entgegen der Ansicht des Kantonsgerichts ist nach dem Gesagten insbesondere auch ohne Belang, dass eine geschiedene Frau nicht Anspruch auf Beibehaltung des ehelichen Lebensstandards habe, dass nach der heutigen Praxis eine Frau, die im Zeitpunkt der Scheidung 45 Jahre alt ist, nicht ohne weiteres Anspruch auf eine zeitlich unbegrenzte Rente habe und dass seit der Scheidung der Ehe der Parteien 20 Jahre verstrichen sind. b) Einziger Grund, die der Klägerin vom Scheidungsrichter zugesprochene Rente nicht in vollem Masse der eingetretenen Teuerung anzupassen, ist der Umstand, dass mit ihr zu einem - kleineren - Teil Anwartschaften abgegolten werden sollen. Dieser Tatsache hat die Klägerin bereits in ihrem Klagebegehren Rechnung getragen, indem sie statt der Erhöhung der Rente auf Fr. 2'203.80 (wie eine volle Anpassung sie nach den vorinstanzlichen Feststellungen ergeben würde) eine Heraufsetzung auf lediglich Fr. 1'950.-- im Monat verlangt hat. Dass und inwiefern mit diesem Abzug dem Umstand nicht ausreichend Rechnung getragen worden wäre, dass die Rente zum Teil als Anwartschaftsersatz gedacht war, und dass eine in diesem Punkt vollumfängliche Gutheissung der Klage Bundesrecht verletzen sollte, macht der Beklagte nicht geltend. Hingegen hat die Vorinstanz insofern gegen Bundesrecht verstossen, als sie die oben angeführten sachfremden BGE 115 II 309 S. 317 Kriterien in die Beurteilung miteinbezogen hat. Die Klägerin hat somit Anspruch auf die Anpassung der Rente in dem von ihr beantragten Umfang. Ihre Berufung ist demnach gutzuheissen.
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6d7056fe-d5a0-4eb3-b1a5-53fefbaad708
Urteilskopf 94 III 46 10. Entscheid vom 29. Februar 1968 i.S. Frédéric.
Regeste Rekurs an das Bundesgericht. Voraussetzungen, unter denen vor Bundesgericht neue Tatsachen vorgebracht werden können ( Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG ). Wirkungen eines in Frankreich eröffneten Konkurses auf dem Gebiete der Schweiz (Art. 6 Abs. 2 des Gerichtsstandsvertrags zwischen der Schweiz und Frankreich vom 15. Juni 1869). Grundsatz der Einheit und Allgemeinheit des Konkurses. Bevor das französische Konkurserkenntnis in der Schweiz vollziehbar erklärt ist, kann zwar die französische Konkursverwaltung, nicht aber der Gemeinschuldner selbst die Aufhebung von Massnahmen verlangen, die eine Sondervollstreckung in der Schweiz bezwecken.
Sachverhalt ab Seite 47 BGE 94 III 46 S. 47 Am 1. Dezember 1967 eröffnete das Handelsgericht von La Rochelle über den französischen Staatsangehörigen Robert Frédéric den Konkurs. Am 12. Januar 1968 erwirkte Edmond J. Hirschler, Lausanne, beim Gerichtspräsidenten IV von Bern gegen Frédéric für eine schliesslich auf 173 000 Schweizerfranken bezifferte Forderung einen Arrestbefehl, der als Arrestgegenstände die Guthaben und Vermögenswerte des Schuldners bei der Schweiz. Bankgesellschaft in Bern, insbesondere das Konto Nr. 200 150, nannte. Das Betreibungsamt Bern vollzog diesen Befehl am gleichen Tage. Die Beschwerde, mit welcher der Schuldner die Aufhebung des - nach seiner Auffassung gegen den Gerichtsstandsvertrag mit Frankreich verstossenden - Arrestvollzugs verlangte, wurde von der kantonalen Aufsichtsbehörde am 13. Februar 1968 abgewiesen, weil das Konkurserkenntnis in der Schweiz noch nicht als vollziehbar erklärt worden sei. Diesen Entscheid hat der Schuldner an das Bundesgericht weitergezogen. Er hält an seinem Beschwerdeantrag fest. In einer (noch innert der Rekursfrist eingereichten) Nachtragseingabe bringt er vor, der Anwalt der französischen Konkursverwalter habe mit Eingabe an den Appellationshof des Kantons Bern vom 12. Februar 1968 die Vollziehbarerklärung des französischen Konkurserkenntnisses verlangt. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 1. ... ( Art. 79 Abs. 1 Satz 1 OG ). 2. Nach Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG kann neue Tatsachen im Rekursverfahren vor Bundesgericht nicht vorbringen, wer dazu im kantonalen Verfahren Gelegenheit hatte. Aus dieser Vorschrift glaubt der Rekurrent ableiten zu können, er dürfe die ihm erst am 20. Februar 1968 bekannt gewordene Tatsache, dass die Konkursverwalter am 12. Februar 1968 um die Vollziehbarerklärung des Konkurserkenntnisses nachsuchten, vor Bundesgericht vorbringen. BGE 94 III 46 S. 48 Aus Art. 79 Abs. 1 Satz 2 OG darf jedoch nicht der Umkehrschluss gezogen werden, dass vor Bundesgericht jede beliebige neue Tatsache, die im kantonalen Verfahren aus irgendeinem Grunde nicht geltend gemacht werden konnte, vorgebracht werden dürfe. Vielmehr dürfen vor Bundesgericht nur solche Tatsachen neu vorgebracht werden, die bei Erlass des angefochtenen Entscheides bereits bestanden ( BGE 83 III 114 ) und daher von der kantonalen Aufsichtsbehörde hätten berücksichtigt werden können, aber im kantonalen Verfahren deshalb nicht geltend gemacht wurden, weil die an ihrer Anrufung interessierte Partei in diesem Verfahren nicht angehört wurde oder die betreffenden Tatsachen damals ohne ihr Verschulden noch nicht kannte oder noch keinen Anlass hatte, sie vorzubringen ( BGE 83 III 114 , BGE 84 III 78 , BGE 87 III 5 ). Die Nichtbeachtung einer Tatsache, welche die kantonale Aufsichtsbehörde aus zeitlichen Gründen nicht berücksichtigen konnte, vermag die Rüge, ihr Entscheid sei im Sinne von Art. 19 SchKG gesetzwidrig, nicht zu begründen. Das Gesuch um Vollziehbarerklärung des Konkurserkenntnisses ging erst am 13. Februar 1968 beim Appellationshof des Kantons Bern ein. Es konnte also von der kantonalen Aufsichtsbehörde bei ihrer Entscheidung schon aus zeitlichen Gründen kaum mehr berücksichtigt werden. Auf jeden Fall aber ändert die am 12. Februar 1968 erfolgte Einreichung des Gesuchs um Vollziehbarerklärung nichts daran, dass im Zeitpunkt, da die kantonale Aufsichtsbehörde den angefochtenen Entscheid fällte, die Vollzugsbewilligung noch nicht erteilt war. 3. Wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, wirkt sich ein im Ausland eröffneter Konkurs in der Schweiz nur aus, wenn und soweit ein Staatsvertrag das vorsieht ( BGE 32 I 778 Erw. 4, BGE 35 I 812 Erw. 1, BGE 54 III 28 ). Der Gerichtsstandsvertrag zwischen der Schweiz und Frankreich vom 15. Juni 1869 bestimmt in Art. 6 Abs. 2, nachdem ein solches Urteil, d.h. ein in einem der beiden Vertragsstaaten ergangenes Konkurserkenntnis, gemäss Art. 16 des Vertrags auch für das andere Land vollziehbar erklärt worden sei, habe der Vertreter der Masse die Befugnis, durch Vorlegung des Urteils die Ausdehnung des Konkurses auf das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Gemeinschuldners im andern Lande zu verlangen. Diese Bestimmung stellt für die Beziehungen zwischen der Schweiz und Frankreich den Grundsatz der Einheit und Allgemeinheit des Konkurses auf ( BGE 30 I 87 , BGE 35 I 592 Erw. 2, BGE 46 I 164 , BGE 49 I 460 , BGE 94 III 46 S. 49 BGE 54 I 46 , BGE 54 III 177 ), was u.a. bedeutet, dass die gesonderte Vollstreckung in Vermögenswerte, die in der Schweiz liegen, nicht zulässig ist, wenn über den Schuldner in Frankreich der Konkurs eröffnet wurde. Der Umstand, dass gemäss Art. 6 Abs. 2 des Gerichtsstandsvertrages die Konkursverwaltung die Einbeziehung des im andern Lande liegenden Vermögens in den Konkurs erst verlangen kann, nachdem das Konkurserkenntnis in diesem Lande gemäss Art. 16 als vollziehbar erklärt worden ist, hindert die Konkursverwaltung nicht, gegen Vollstreckungsmassnahmen in diesem Lande schon vor Erteilung der Vollzugsbewilligung Einspruch zu erheben. Würde ihr diese Befugnis verweigert, so könnte der von Art. 6 Abs. 2 des Gerichtsstandsvertrags verfolgte Zweck, im Interesse einer gemeinschaftlichen Befriedigung aller Gläubiger die Allgemeinheit des Konkurses zu gewährleisten (vgl. BGE 35 I 592 /93), durch das Vorgehen einzelner Gläubiger unter Umständen vereitelt werden. Der Gemeinschuldner selbst kann dagegen im andern Lande das dort noch nicht vollziehbar erklärte Konkurserkenntnis nicht anrufen, um einer dort eingeleiteten Sondervollstreckung entgegenzutreten; denn der Grundsatz der Einheit und Allgemeinheit des Konkurses wurde nicht in seinem Interesse aufgestellt, sondern im Interesse der Gläubiger, das zu wahren allein die Konkursverwaltung berufen ist (vgl. zu alledem den Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts vom 25. Juni 1927 i.S. Spring, abgedruckt in Semaine judiciaire 1928 S. 49 ff., zusammengefasst und besprochen von R. SECRETAN in JdT 1928, Droit fédéral, S. 2 ff.). Der vorliegende Rekurs ist daher unbegründet. Sobald das französische Konkurserkenntnis in der Schweiz als vollziehbar erklärt ist, fällt der hier erwirkte Arrest dahin und fallen die arrestierten Gegenstände in die Konkursmasse ( Art. 206, 199 SchKG ). Bis dahin steht der Sondervollstreckung in Vermögenswerte des Gemeinschuldners in der Schweiz nichts im Wege, es sei denn, die Konkursverwaltung verlange die Aufhebung dieser Massnahmen. Hieran hat sie im allgemeinen kein Interesse, solange die Sondervollstreckung nicht zur Verwertung und zur Verteilung des Erlöses, sondern nur zu einer Beschlagnahme der davon betroffenen Vermögenswerte führt.
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Urteilskopf 96 II 4 2. Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. März 1970 i.S. Pattavina gegen Novak
Regeste Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen; anwendbares Recht. Zeitlicher Geltungsbereich des Haager Abkommens vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht. Mehr als ein Jahr nach der Geburt des Kindes eingeleitete Klage eines österreichischen Kindes, das vor dem Inkrafttreten des Abkommens vom 24. Oktober 1956 für die Schweiz, d.h. vor dem 17. Januar 1965 geboren wurde und seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit der Geburt in Osterreich hat, gegen einen seit der Zeugung des Kindes in der Schweiz wohnhaften Italiener. Die Unterhaltsansprüche für die Zeit vor dem 17. Januar 1965 beurteilen sich gemäss den damals geltenden innerstaatlichen schweizerischen Kollisionsregeln ( BGE 84 II 602 ff.) nach schweizerischem Recht und sind wegen Versäumung der Klagefrist von Art. 308 ZGB verwirkt. Die Ansprüche für die Folgezeit richten sich dagegen nach dem gemäss Haager Abkommen anwendbaren österreichischen Recht, das die Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen nicht befristet.
Sachverhalt ab Seite 5 BGE 96 II 4 S. 5 A.- Die ledige Österreicherin Novak, die vom 4. Dezember 1960 bis 27. November 1961 in der Schweiz gearbeitet hatte, gebar am 8. Februar 1962 in Österreich einen Knaben. Dieser lebt seit der Geburt in Österreich. Als seinen Vater bezeichnete die Mutter den Italiener Pattavina, der seit 1959 in der Schweiz wohnt (und seit Ende Dezember 1961 verheiratet ist). Sie behauptet, Pattavina habe ihr nach Ostern 1961 wiederholt beigewohnt, letztmals am 22. Mai 1961. B.- Vom Vormund des Kindes am 12. August 1967 zur Vertretung des Kindes bevollmächtigt, leitete der Jugendsekretär des Bezirks Meilen gegen Pattavina am 20. Oktober 1967 beim Friedensrichteramt der Gemeinde, wo Pattavina wohnt, und am 3. November 1967 beim Bezirksgericht Meilen Klage ein mit dem Begehren, der Beklagte sei als ausserehelicher Vater des Kindes zu erklären und zu verpflichten, für das Kind von dessen Geburt bis zu dessen zurückgelegtem 18. Altersjahr monatliche Unterhaltsbeiträge von Fr. 80.-, zuzüglich gesetzliche oder vertragliche Kinderzulagen, zu bezahlen. Er machte geltend, gemäss dem Haager Abkommen vom 24. Oktober 1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht, das für Österreich am 1. Januar 1962 und für die Schweiz am 17. Januar 1965 in Kraft trat, sei die Klage nach österreichischem Recht zu beurteilen, das die Vaterschaftsklage nicht befriste. Der Beklagte bestritt die Anwendbarkeit des österreichischen Rechts, weil das Haager Abkommen vom 24. Oktober 1956 nicht zurückwirke und weil die beim Inkrafttreten dieses Abkommens für die Schweiz bereits unbenützt abgelaufene Klagefrist des Art. 308 ZGB zudem um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellt worden sei. Ferner behauptete er, es verstosse gegen die ebenfalls um der öffentlichen Ordnung willen aufgestellte Vorschrift von Art. 2 ZGB , dass die vorliegende Klage erst mehr als 5 1/2 Jahre nach der Geburt des Kindes erhoben wurde. Im übrigen bestritt er die Klage auch materiell. BGE 96 II 4 S. 6 Das Bezirksgericht hielt dafür, das auf Vaterschaftsklagen anwendbare Recht bestimme sich nach den zur Zeit der Empfängnis geltenden Regeln des internationalen Privatrechts; nach diesen Regeln sei im vorliegenden Falle das schweizerische Recht massgebend; nach schweizerischem Recht ( Art. 308 ZGB ) sei das Klagerecht verwirkt. Deshalb wies es die Klage mit Urteil vom 7. März 1968 ab. Das Obergericht des Kantons Zürich, an das der Kläger appellierte, wies die Sache am 11. Juni 1968 zu neuer Beurteilung im Sinne der Erwägungen an das Bezirksgericht zurück. Es führte in den Erwägungen aus, der Unterhaltsanspruch des ausserehelichen Kindes sei ein "dauerschuldrechtliches Verhältnis", so dass nach dem Inkrafttreten des Haager Abkommens vom 24. Oktober 1956 nicht nur die Höhe, sondern auch der Bestand des Anspruchs nach dem von diesem Abkommen als massgebend bezeichneten Rechte zu beurteilen sei. Für die Zeit bis zum Inkrafttreten des Abkommens (17. Januar 1965) sei die Klage gemäss dem nach der damaligen Gerichtspraxis anwendbaren schweizerischen Rechte verwirkt. Für die Folgezeit dagegen gelte nach dem Abkommen nur noch das österreichische Recht, das die Vaterschaftsklage nicht befriste. Das Fehlen einer solchen Befristung verstosse nicht - zumal nicht offensichtlich im Sinne von Art. 4 des Abkommens - gegen die schweizerische öffentliche Ordnung. C.- Gegen das Urteil des Obergerichts hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit dem Antrag auf Abweisung der Klage. Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene Urteil. Erwägungen Erwägungen: 1., 2. - ... (Zulässigkeit der Berufung nach Art. 50 OG ; Streitwert). 3. a) In seinem Urteil vom 7. November 1958 i.S. Harder gegen Reinprecht ( BGE 84 II 602 ff.) hat das Bundesgericht erklärt, Vaterschaftsklagen auf Vermögensleistungen, die bei einem nach Art. 312 ZGB örtlich zuständigen schweizerischen Gericht erhoben werden, seien in jedem Falle nach schweizerischem Recht zu beurteilen. Nach diesem Grundsatz wäre im vorliegenden Falle das schweizerische Recht anzuwenden; denn die Klage wurde bei einem schweizerischen Gericht angebracht, BGE 96 II 4 S. 7 das als das Gericht des Wohnsitzes des Beklagten zur Zeit der Klageeinleitung gemäss Art. 312 ZGB örtlich zuständig ist. Nach Art. 308 ZGB ist die Klage vor Ablauf eines Jahres seit der Geburt des Kindes anzuheben. Diese Frist ist eine Verwirkungsfrist. Der Kläger behauptet mit Recht nicht, er habe auf die Gewährung einer Nachfrist nach Art. 139 OR Anspruch (vgl. hiezu BGE 93 II 369 ff.) oder die Berufung des Beklagten auf den Ablauf der Frist sei rechtsmissbräuchlich (vgl. BGE 83 II 98 ). Als der im Februar 1962 geborene Kläger im Herbst 1967 die vorliegende Klage einleitete, hatte er also sein Klagerecht nach schweizerischem Recht schon längst verwirkt. b) Das Haager Abkommen vom 24. Oktober 1956, das für die Schweiz am 17. Januar 1965 in Kraft trat und seither in der Schweiz wie ein Bundesgesetz wirkt (vgl. BGE 88 I 90 /91, BGE 94 I 672 E. 2; vgl. auch Art. 43 Abs. 1 OG ), sieht in Art. 1 Abs. 1 vor, das Recht des Staates, in welchem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, bestimme ob, in welchem Ausmass und von wem das Kind Unterhalt verlangen kann. Dieses Recht bestimmt nach Art. 1 Abs. 3 des Abkommens auch, wer die Unterhaltsklage erheben kann und welche Fristen für die Klageerhebung gelten. Der Kläger ist ein Kind im Sinne des Abkommens (vgl. Art. 1 Abs. 4) und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt unstreitig seit der Geburt in Österreich. Wenn das Abkommen auch für Fälle gilt, in welchen das Kind geboren wurde, bevor das Abkommen für den Staat, dessen Behörden angerufen werden, in Kraft trat, beurteilt sich also gemäss Art. 1 des Abkommens nach österreichischem Recht, ob die vorliegende Klage rechtzeitig erhoben wurde sowie ob und in welchem Ausmass dem Kläger gegenüber dem Beklagten Unterhaltsansprüche zustehen. Das österreichische Recht kennt keine Frist für die Erhebung der Vaterschaftsklage (vgl. KLANG, Kommentar zum ABGB, 2. A., 1. Band 2. Halbband 1962, Anm. III 1 a.E. zu § 163, S. 149, mit Fussnote 59, wo auf Art. 308 ZGB als auf eine zur österreichischen Regelung im Gegensatz stehende Vorschrift hingewiesen wird). Art. 2 des Abkommens erlaubt allerdings jedem Vertragsstaat, abweichend von Art. 1 sein eigenes Recht für anwendbar zu erklären, "a. wenn der Unterhaltsanspruch vor einer Behörde dieses Staates erhoben wird, b. wenn die Person, von welcher der Unterhalt verlangt wird, und das Kind die Staatsangehörigkeit dieses Staates besitzen und c. wenn die Person, von welcher BGE 96 II 4 S. 8 der Unterhalt verlangt wird, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staate hat" (vgl. die amtliche Übersetzung des französischen Originaltextes in AS 1964 S. 1279). Die Schweiz hat eine solche Erklärung abgegeben (vgl. AS 1964 S. 1278). Dieser Vorbehalt greift jedoch im vorliegenden Falle nicht ein; denn von den drei Voraussetzungen des Art. 2, die kumulativ gelten (BBl 1964 I 504, BGE 94 II 231 E. 7), ist die zweite (schweizerische Staatsangehörigkeit der auf Unterhalt belangten Person und des Kindes) nicht erfüllt. So wenig wie auf Grund von Art. 2 lässt sich die Anwendung des nach Art. 1 massgebenden österreichischen Rechts auf Grund von Art. 3-6 des Abkommens ablehnen. Insbesondere kann nicht die Rede davon sein, dass die Anwendung des österreichischen Rechts im Sinne von Art. 4 des Abkommens mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung offensichtlich unvereinbar sei, weil es die Vaterschaftsklage nicht befristet. Das Bundesgericht hat längst entschieden, dass die Klagefrist des Art. 308 ZGB nicht zur schweizerischen öffentlichen Ordnung gehört ( BGE 41 II 424 , BGE 45 II 505 , BGE 51 I 105 , BGE 69 II 347 ), und das Schrifttum stimmt dieser Rechtsprechung zu (EGGER N. 3, HEGNAUER N. 35 zu Art. 308 ZGB , mit Hinweisen; LALIVE, ZSR 1965 II 741/42). Verträgt sich die Anwendung des österreichischen Rechts, das keine dem Art. 308 ZGB entsprechende Vorschrift kennt, mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung, so kann in der blossen Tatsache, dass ein in Österreich lebendes Kind mit der Klage mehrere Jahre zuwartet, entgegen der Auffassung des Beklagten nicht ein offenbarer Rechtsmissbrauch erblickt werden, der nach Art. 2 ZGB , welcher zur schweizerischen öffentlichen Ordnung gehört ( BGE 79 II 405 E. 5 mit Hinweisen), keinen Rechtsschutz finden könnte; dies um so weniger, als Mehrverkehr und unzüchtiger Lebenswandel der Mutter, deren Nachweis durch die Verzögerung der Klage erschwert wird, nach österreichischem Recht (das sich auch in diesem Punkte mit der schweizerischen öffentlichen Ordnung verträgt; BGE 53 II 94 E. 3, BGE 77 II 117 E. 3; HEGNAUER N. 218 zu Art. 314/315 ZGB) einer Vaterschaftsklage nicht entgegengehalten werden können (KLANG a.a.O. Anm. III 3 b S. 161). - Erst recht lässt sich die Anwendung des nach Art. 1 des Abkommens massgebenden ausländischen Rechts in der Schweiz nicht mit der Begründung ablehnen, es bedeute eine stossende Rechtsungleichheit, BGE 96 II 4 S. 9 wenn ein ausländischer Kläger nach Jahren noch klagen könne, während ein schweizerischer Kläger an die Jahresfrist des Art. 308 ZGB gebunden sei. Beim Beitritt zum Abkommen vom 24. Oktober 1956 musste in Kauf genommen werden, dass auf in der Schweiz erhobene Vaterschaftsklagen fortan je nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes verschiedene Rechtsordnungen zur Anwendung kommen können (vgl. BBl 1964 I 506/07). Dass die Parteien einem Vertragsstaate angehören, ist nach dem Wortlaut des Abkommens für dessen Anwendung nicht erforderlich. Auf die Staatsangehörigkeit der Parteien nimmt das Abkommen nur im bereits besprochenen Art. 2 Bezug. Ob die Zugehörigkeit der Parteien zu einem Vertragsstaate gleichwohl eine Voraussetzung für die Anwendung des Abkommens sei, ist umstritten (vgl. MÜLLER-FREIENFELS, Zum räumlichpersönlichen Geltungsbereich Haager IPR Übereinkommen ..., in Festschrift für Hans G. Ficker, 1967, S. 289 ff., wo dieses Erfordernis nach eingehender Auseinandersetzung mit den verschiedenen Auffassungen verworfen wird, S. 334; gleicher Auffassung SCHEUCHER, Das Haager Unterhaltstatutabkommen, in Zeitschrift für Rechtsvergleichung, herausgegeben vom Institut für Rechtsvergleichung der Universität Wien und von der Österreichischen Gesellschaft für Rechtsvergleichung, 1963, S. 82 ff., bes. S. 83/84). Diese Frage braucht indes im vorliegenden Falle nicht näher geprüft zu werden; denn das Abkommen gilt seit dem 1. Januar 1962 sowohl für Österreich, das Heimatland des Klägers, als auch für Italien, das Heimatland des Beklagten. c) Der Entscheid darüber, ob die vorliegende Vaterschaftsklage als rechtzeitig erhoben einlässlich zu beurteilen oder wegen Verwirkung des Klagerechts abzuweisen ist, hängt also davon ab, ob das Abkommen vom 24. Oktober 1956 auch für Fälle gilt, in denen das Kind geboren wurde, bevor das Abkommen im Staate, dessen Behörden angerufen werden, in Kraft stand, oder ob in solchen Fällen die innerstaatlichen Kollisionsregeln des betreffenden Staates massgebend bleiben. Dabei handelt es sich um eine Frage des zeitlichen Geltungsbereichs der im Abkommen aufgestellten Kollisionsnormen. 4. Das Abkommen tritt nach seinem Art. 8 am 60. Tage nach Hinterlegung der vierten Ratifikationsurkunde und für jeden Unterzeichnerstaat, der später ratifiziert, am 60. Tage BGE 96 II 4 S. 10 nach Hinterlegung seiner Ratifikationsurkunde in Kraft. Das bedeutet zunächst, dass das Abkommen in einem bestimmten Staat vor Ablauf der genannten Frist innerstaatlich keine Wirkungen entfaltet. Positiv lässt sich aus dem Inkrafttreten des Abkommens für einen bestimmten Staat soviel ableiten, dass es von den Behörden dieses Staates auf jeden Fall dann anzuwenden ist, wenn sich alle Elemente des Tatbestandes, aus dem die Unterhaltsverpflichtung hervorgehen soll, für die das anwendbare Recht zu bestimmen ist, erst nach dem Inkrafttreten des Abkommens für den betreffenden Staat verwirklicht haben. Art. 8 des Abkommens sagt hingegen nichts darüber, ob und wieweit es nach seinem Inkrafttreten für Fälle gilt, in denen sich einzelne Tatbestandselemente vor seinem Inkrafttreten verwirklicht haben. Eine Antwort auf diese Frage ergibt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz, die in diesem Punkte SCHEUCHER (a.a. O. S. 84) folgt, auch nicht ohne weiteres aus Art. 1 Abs. 2 des Abkommens, wonach dann, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechselt, vom Zeitpunkt dieses Wechsels an das Recht des Staates anwendbar ist, in welchem das Kind seinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das hier aufgestellte Prinzip des "wandelbaren Statuts" schliesst nicht in sich, dass das Abkommen auch für Fälle gilt, in denen wesentliche Tatbestandselemente aus der Zeit vor seinem Inkrafttreten stammen. Ebensowenig beantworten andere Bestimmungen des Abkommens die Frage seiner Anwendbarkeit auf solche Fälle, und es liegen auch keine sonstigen Erklärungen der Vertragsstaaten vor, aus denen sich eine Einigung über diesen Punkt ergäbe. Lässt sich der zeitliche Geltungsbereich eines derartigen Abkommens weder diesem selbst noch andern übereinstimmenden Erklärungen der Vertragsstaaten entnehmen, so bleibt der Behörde, die über seine Anwendbarkeit zu entscheiden hat, nichts anderes übrig, als die einschlägigen Regeln des innerstaatlichen Rechts des eigenen Staates heranzuziehen. Da der Bundesbeschluss vom 1. Oktober 1964 betr. die Genehmigung der internationalen Haager Übereinkommen über die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern (AS 1964 S. 1277) nicht sagt, welche Fälle diese Übereinkommen nach ihrem Inkrafttreten für die Schweiz in zeitlicher Hinsicht erfassen sollen, und da das schweizerische Recht auch sonst keine besondern Bestimmungen darüber enthält, wie bei einer Änderung BGE 96 II 4 S. 11 der Kollisionsnormen des eigenen internationalen Privatrechts der Geltungsbereich der neuen Normen von jenem der alten abzugrenzen ist, muss auf die allgemeinen Grundsätze des schweizerischen intertemporalen Rechts zurückgegriffen werden (vgl. SCHNITZER, Handbuch des IPR, 4. A., Band I, 1957, S. 196; NIEDERER, Einführung in die allgemeinen Lehren des IPR, 3. A. 1961, S. 356 f.). Bei deren Anwendung ist jedoch die besondere Natur der Normen, deren zeitlicher Geltungsbereich zu bestimmen ist, im Auge zu behalten. Da das Abkommen die Stellung des Kindes verbessern will, ist im Zweifel darüber, ob es einen bestimmten Fall erfasse, eher zugunsten seiner Anwendung zu entscheiden. Ferner sind im Interesse einer möglichst einheitlichen Praxis in den verschiedenen Vertragsstaaten auch die im Ausland gefundenen Lösungen zu beachten. 5. Wo im schweizerischen Zivilrecht besondere Übergangsbestimmungen fehlen, sind nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich die im Schlusstitel des ZGB aufgestellten Regeln über die Anwendung des bisherigen und des neuen Rechts massgebend ( BGE 94 II 245 mit Hinweisen). Art. 1 SchlT stellt nach seinem Randtitel die Regel der Nichtrückwirkung auf. Die rechtlichen Wirkungen von Tatsachen, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetreten sind, beurteilen sich gemäss Art. 1 Abs. 1 SchlT auch nachher nach den Bestimmungen des frühern Rechts, die zur Zeit des Eintritts dieser Tatsachen galten. Die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eingetretenen Tatsachen werden dagegen gemäss Art. 1 Abs. 3 SchlT, soweit das Gesetz eine Ausnahme nicht vorgesehen hat, nach dem neuen Rechte beurteilt. Die Art. 2 und 3 SchlT, die unter dem Randtitel "Rückwirkung" stehen, sehen zwei Ausnahmen von der Regel der Nichtrückwirkung vor: nach Art. 2 Abs. 1 sind die Bestimmungen des neuen Gesetzes, die um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellt sind, mit dessen Inkrafttreten auf alle Tatsachen anzuwenden, soweit das Gesetz eine Ausnahme nicht vorgesehen hat, und nach Art. 3 sind Rechtsverhältnisse, deren Inhalt unabhängig vom Willen der Beteiligten durch das Gesetz umschrieben wird, nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes nach diesem zu beurteilen, auch wenn sie vorher begründet worden sind. Die Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger, über deren Bestand und Umfang die Parteien streiten, BGE 96 II 4 S. 12 wird mit der Behauptung begründet, der Kläger sei ein aussereheliches Kind des Beklagten. Der Streit geht also um das Vorhandensein und die vermögensrechtlichen Wirkungen dieser Abstammung. Stammt der 1962 geborene Kläger wirklich vom Beklagten ab, so ist diese Tatsache eingetreten, bevor das Haager Abkommen vom 24. Oktober 1956 am 17. Januar 1965 für die Schweiz in Kraft trat. Gemäss der Grundregel des Art. 1 SchlT sind ihre rechtlichen Wirkungen also nach dem vor diesem Zeitpunkt geltenden Rechte zu beurteilen, d.h. es sind grundsätzlich die damals massgebend gewesenen, auf das schweizerische Recht verweisenden Kollisionsregeln anzuwenden. Art. 2 SchlT kann hieran nichts ändern; denn bei aller Anerkennung des vom Abkommen verfolgten Bestrebens, die Stellung des Kindes durch eine Vereinheitlichung der Kollisionsnormen der Vertragsstaaten zu verbessern, kann doch nicht gesagt werden, die Kollisionsregeln des Abkommens hätten geradezu den Rang von Vorschriften, die um der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit willen aufgestellt wurden. Dagegen folgt aus Art. 3 SchlT, dass die Frage, nach welchem Recht die behauptete Unterhaltsverpflichtung des Beklagten gegenüber dem Kläger zu beurteilen ist, für die Zeit nach dem 17. Januar 1965 von den Kollisionsregeln des Abkommens beherrscht wird, nach denen das österreichische Recht als das am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Kindes geltende Recht anwendbar ist. Die Unterhaltsverpflichtung, über welche die Parteien streiten, ist nämlich ein Rechtsverhältnis, das sich von Gesetzes wegen unmittelbar aus der behaupteten Abstammung, einer von ihrem Eintritt an dauernd bestehenden Tatsache, ergibt. Bei Rechtsverhältnissen, welche die unmittelbar aus dem Gesetz sich ergebende Folge eines solchen Zustandes, eines sog. Dauertatbestandes sind, bestimmt sich vom Inkrafttreten des neuen Gesetzes an nicht nur der Inhalt, sondern auch der Bestand nach neuem Recht (vgl. MUTZNER N. 2, 3 zu Art. 3 SchlT; BGE 39 II 20 ff. und 681). Betrifft die Änderung der Rechtsordnung nicht das materielle Recht, sondern die Kollisionsregeln, die sagen, nach welchen Sachnormen Bestand und Inhalt des Rechtsverhältnisses zu beurteilen sind, so sind vom Inkrafttreten der neuen Regeln an diese massgebend. Art. 13 SchlT lässt auf die mit Art. 3 SchlT im Einklang stehende Regel von Absatz 1, das aussereheliche Kindesverhältnis stehe, sobald das ZGB in Kraft getreten sei, unter BGE 96 II 4 S. 13 dem neuen Rechte, in Absatz 2 freilich die Bestimmung folgen: "Ist ein aussereheliches Kind vor diesem Zeitpunkt geboren, so können die Mutter und das Kind gegenüber dem Vater nur diejenigen familienrechtlichen Ansprüche geltend machen, die nach dem bisherigen Rechte gegeben waren." Damit wurden die unmittelbar auf Gesetz beruhenden Rechtsfolgen einer vor dem Inkrafttreten des ZGB (1. Januar 1912) entstandenen ausserehelichen Vaterschaft, obwohl diese ein Dauertatbestand ist, auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des ZGB, das gemäss Art. 3 SchlT von da an massgebend gewesen wäre, der Herrschaft des neuen Rechts entzogen und entsprechend der Grundregel des Art. 1 SchlT dem frühern Recht unterstellt, unter dessen Geltung das Abstammungsverhältnis mit der Geburt des Kindes entstanden war (vgl. MUTZNER N. 8 zu Art. 3, N. 1, 32 und 34 zu Art. 13 SchlT; BGE 39 II 410 ). Den Art. 13 Abs. 2 SchlT beim Entscheid darüber anzuwenden, ob die Unterhaltsverpflichtung eines ausserehelichen Vaters gegenüber einem vor Inkrafttreten des Abkommens vom 24. Oktober 1956 geborenen Kinde nach diesem Zeitpunkte von der gemäss diesem Abkommen oder von der gemäss dem innerstaatlichen schweizerischen Kollisionsrecht anwendbaren Rechtsordnung beherrscht sei, ist jedoch entgegen der Auffassung, die das Obergericht des Kantons Aargau in einem Urteil vom 30. Juni 1967 vertreten hat (SJZ 1970 S. 43 Nr. 15), nicht am Platze. Art. 13 Abs. 2 SchlT ist eine zeitbedingte Sondervorschrift, die auf die starken Unterschiede zwischen den frühern kantonalen Vorschriften über die aussereheliche Vaterschaft Rücksicht nahm (vgl. MUTZNER N. 1 zu Art. 13 SchlT) und bei deren Erlass wohl auch die überholte Vorstellung mitwirkte, die Unterhaltspflicht des ausserehelichen Vaters beruhe weniger auf dem Dauertatbestand der Abstammung als auf einer Art unerlaubter Handlung (vgl. BROGGINI, Intertemporales Privatrecht, in Schweiz. Privatrecht I, 1969, S. 472; zur Entwicklung der Anschauungen über die Grundlagen der gewöhnlichen Vaterschaftsklage vgl. EGGER N. 5 zu Art. 307 ZGB ). Die sinngemässe Anwendung der allgemeinen Regeln des schweizerischen Übergangsrechts führt also zu der bereits von der Vorinstanz gefundenen Lösung, dass die vorliegende Klage, soweit damit Unterhaltsansprüche für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Abkommens vom 24. Oktober 1956 (17. Januar 1965) geltend gemacht werden, nach schweizerischem Recht zu beurteilen BGE 96 II 4 S. 14 und folglich wegen Verwirkung des Klagerechts abzuweisen ist, dass dagegen die für die Zeit nach dem 17. Januar 1965 gestellten Ansprüche dem österreichischen Recht unterliegen, das die Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen nicht befristet. Das bedeutet nicht, dass verwirkte Ansprüche wieder aufleben. Soweit die aus der behaupteten Vaterschaft sich ergebenden Unterhaltsansprüche des Klägers dem schweizerischen Recht unterstehen, sind und bleiben sie verwirkt. Nach dem österreichischen Recht, das in der Schweiz vom 17. Januar 1965 an für die Beurteilung der streitigen Ansprüche massgebend ist, hat der Kläger diese Ansprüche nie verwirkt. - Von den Fällen, in denen die unter der Herrschaft des früher massgebend gewesenen Rechts eingetretene Verjährung oder Verwirkung ein abgeschlossenes Verhältnis, eine endgültige Lage schafft, die auch unter der Herrschaft des später massgebend gewordenen Rechts anerkannt werden muss (vgl. hiezu MUTZNER, N. 3 zu Art. 49 SchlT; STAUFFER, N. 77 zu Art. 1 der Schluss- und Übergangsbestimmungen zu den am 18. Dezember 1936 revidierten Titeln 24-34 des OR; BROGGINI a.a.O. S. 506 Ziff. 5), unterscheidet sich der heute zu beurteilende Fall dadurch, dass die hier streitigen Ansprüche auf einem Tatbestand (dem Abstammungsverhältnis) beruhen, der das Inkrafttreten des neuen Rechts überdauert. 6. Die Auffassung, dass das Abkommen vom 24. Oktober 1956 von seinem Inkrafttreten an wenigstens hinsichtlich der für die Folgezeit geltend gemachten Ansprüche auch dann gilt, wenn das Kind vorher geboren wurde, wird auch in andern Vertragsstaaten vertreten (vgl. für Österreich: SCHEUCHER a.a.O. S. 84 sowie die im Anschluss an diesen Aufsatz veröffentlichten Urteile österreichischer Gerichte, S. 106, 112, 118 und 120; für Frankreich, wo das Abkommen am 1. Juli 1963 in Kraft trat: DROZ in Revue critique de droit international privé 1967 S. 144 ff., bes. 146 f., sowie ein Urteil der Cour d'appel de Dijon vom 7. Juni 1967, Journal du droit international 1969 S. 87 ff., besprochen von PONSARD, ebenda S. 90 ff.; für die Niederlande, wo das Abkommen am 14. Dezember 1962 in Kraft trat: Urteile der Gerichtshöfe von Leeuwarden und von Arnhem vom 23. Januar 1964 bzw. 31. Januar 1967, Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 1965 S. 737 bzw. Fundheft für Zivilrecht 1968 S. 178, linke Spalte). Soweit im Ausland die Möglichkeit in Betracht gezogen BGE 96 II 4 S. 15 wird, das Abkommen nach seinem Inkrafttreten auch auf die Unterhaltsansprüche für die frühere Zeit anzuwenden, d.h. das anwendbare Recht auch hinsichtlich dieser Ansprüche gemäss dem Abkommen zu bestimmen (vgl. PONSARD, der auf S. 92 eine zu diesem Ergebnis führende Lösung anzudeuten, sie aber auf S. 93 schliesslich abzulehnen scheint), können die im Ausland entwickelten Auffassungen in der Schweiz im Hinblick auf die hier geltende, in diesem Punkte durch Art. 3 SchlT nicht durchbrochene Regel der Nichtrückwirkung grundsätzlich nicht übernommen werden. Ob vom Grundsatze, dass sich das anwendbare Recht hinsichtlich der Unterhaltsansprüche für die Zeit vor dem 17. Januar 1965 in der Schweiz nicht nach dem Abkommen vom 24. Oktober 1956, sondern nach dem innerstaatlichen schweizerischen Kollisionsrecht bestimmt, allenfalls dann eine Ausnahme im Sinne der Rückwirkung des Abkommens zu machen sei, wenn der Fall vor dem Inkrafttreten des Abkommens für die Schweiz zur schweizerischen Rechtsordnung überhaupt keine Beziehung hatte (vgl. hiezu RAAPE, IPR, 5. A. 1961, S. 13 f. Fussnote 17, und RABEL, The conflict oflaws, 4. Band 1958, S. 514 Ziff. 1), kann dahingestellt bleiben; denn im vorliegenden Falle wohnte der Beklagte während der ganzen Zeit von der Zeugung und der Geburt des Kindes bis zum 17. Januar 1965 (und darüber hinaus bis heute) in der Schweiz.
public_law
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6d7135fb-6088-4667-99ba-75183942f5fb
Urteilskopf 82 IV 116 25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 27. Juni 1956 i.S. Bundesanwaltschaft gegen Wandfluh.
Regeste Art. 48 der Vollziehungsverordnung zum BG betr. die Bekämpfung von Tierseuchen schreibt das Einholen des nach Art. 40 dieser VV zutreffenden Gesundheitsscheines vor.
Sachverhalt ab Seite 116 BGE 82 IV 116 S. 116 A.- Oskar Wandfluh, Metzger in Beringen, kaufte am 1. November 1955 in Herblingen zwei Stierkälber, die er am 8. November 1955 abholte und gleichentags per Bahn einem Viehhändler in Kandergrund sandte. Die Tiere waren von einem "Gesundheits-Schein für blosse Ortsveränderung von Haustieren ohne Handänderung" (Formular C im Sinne des Art. 40 Ziff. 3 VV zum BG betr. die Bekämpfung von Tierseuchen, abgekürzt: VOTSG) begleitet, BGE 82 IV 116 S. 117 den der Viehinspektor von Beringen auf Veranlassung des Wandfluh am 8. November 1955 ausgestellt hatte. B.- Am 30. Dezember 1955 büsste die Polizeidirektion des Kantons Schaffhausen Wandfluh wegen Übertretung der §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 der Interkantonalen Übereinkunft über den Viehhandel und wegen Widerhandlung gegen Art. 48 VOTSG mit Fr. 250.--. Sie warf ihm vor, ohne Bewilligung den Viehhandel ausgeübt und für die beiden Tiere einen Gesundheitsschein nach Formular C eingeholt zu haben, obwohl für die Ortsveränderung von Rindvieh zufolge Verkaufs das Formular A vorgeschrieben sei. C.- Der Bezirksrichter Schaffhausen, als Rekursinstanz, sprach am 8. März 1956 Wandfluh nur der Übertretung des Viehhandelskonkordates schuldig, weil weder aus dem Tierseuchengesetz noch aus der VOTSG abgeleitet werden könne, dass die Verwendung eines auf einem unrichtigen Formular ausgestellten Gesundheitsscheines strafbar sei. D.- Die Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, das Urteil sei aufzuheben und die Sache an den Bezirksrichter zurückzuweisen, damit er den Angeschuldigten auch wegen Übertretung des Art. 48 VOTSG verurteile und dementsprechend die Busse erhöhe. E.- Wandfluh hat innert der ihm gesetzten Frist keine Gegenbemerkungen zur Nichtigkeitsbeschwerde eingereicht. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. ... (Prozessuales). 2. Die VV zum Tierseuchengesetz kennt verschiedene Arten von Gesundheitsscheinen, so (Art. 40) das Formular C für blosse Ortsveränderung vorübergehender oder bleibender Art von Haustieren, ohne Handänderung, und das Formular A für Tiere des Pferde- und Rindergeschlechts, die zum Schlachten und Ausstellen, vor allem aber wegen BGE 82 IV 116 S. 118 Verkaufs in einen anderen (schweizerischen) Inspektionskreis verbracht werden. Nach den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz liess der Beschwerdegegner zwei Stierkälber von Schaffhausen nach Kandergrund transportieren, weil er sie dorthin verkauft hatte. Für eine solche Ortsveränderung zufolge Handänderung ist nach dem Gesagten das Formular A vorgesehen. Der Beschwerdegegner bezog jedoch ein Formular C, weil er als Grund der Ortsveränderung wahrheitswidrig "Verstellung" (statt Verkauf) angab. Darin erblickt die Vorinstanz keine Übertretung des Art. 48 VOTSG, weil diese Bestimmung dem Halter, der ein Tier in einen anderen Inspektionskreis verbringen (lassen) will, lediglich vorschreibe, "einen" (und nicht den nach Art. 40 VOTSG zutreffenden) Gesundheitsschein einzuholen; die Verwendung des unrichtigen Formulars könne umsoweniger Strafe nach sich ziehen, als gemäss Art. 39 VOTSG alle Gesundheitsscheine dem gleichen Zwecke dienten, nämlich zur Feststellung der Tatsache, dass ein Tier weder an einer Seuche erkrankt, noch einer solchen Erkrankung verdächtig ist. Diese Argumentation geht fehl. Sie entspricht zwar dem Wortlaut des Art. 48 VOTSG, verkennt aber den wahren Sinn der Vorschrift. Um diesen zu ermitteln, kann die Bestimmung nicht für sich allein, sondern nur im Zusammenhang mit den übrigen Vorschriften der VOTSG (Art. 39-58) über die Gesundheitsscheine betrachtet werden. Dabei darf nicht übersehen werden, dass in Art. 40 VOTSG die verschiedenen Arten von Ortsveränderungen streng voneinander abgegrenzt werden und für jede Art ein besonderes Formular eingeführt wird, und dass für die verschiedenen Formulare in wesentlichen Punkten abweichende Vorschriften aufgestellt werden, so z.B. hinsichtlich der Geltungsdauer (Art. 53), der Verwendungsmöglichkeit als Kollektivschein (Art. 40 Ziff. 1-3), der BGE 82 IV 116 S. 119 Gebühren (Art. 43). Diese eingehende Regelung wäre sinnlos, wenn in Art. 48 VOTSG, der unmittelbar an diese Vorschriften anschliesst, dem Tierhalter dann doch freie Hand gelassen würde, ohne Rücksicht auf den Zweck der beabsichtigten Ortsveränderung, den Schein ausstellen zu lassen, der ihm am besten passt (z.B. wegen der Verwendungsmöglichkeit als Kollektivschein, der längeren Geltungsdauer, der geringeren Gebühr oder - wie hier - wegen der Möglichkeit, einen unerlaubten Viehhandel zu tarnen). Das kann trotz der scheinbar zweideutigen Formulierung des Art. 48 VOTSG nicht die Absicht des Gesetzgebers gewesen sein. Freilich sind nach Art. 46 Abs. 1 Satz 2 VOTSG für die Richtigkeit der ausgestellten Scheine, also für das Ausstellen des richtigen Formulars, die Viehinspektoren verantwortlich. Dadurch wird die Verantwortlickkeit der Viehhalter für das Erschleichen eines falschen Gesundheitsscheines jedoch keineswegs ausgeschlossen; vielmehr bestätigt jene Regel indirekt bloss, was durch die unbestimmte Formulierung ("ein" Gesundheitsschein) in Art. 48 VOTSG zum Ausdruck gebracht werden will, nämlich dass der Gesetzgeber als selbstverständlich voraussetzt, den Viehhalter treffe nicht in erster Linie die Pflicht, den Typus des Formulars zu bezeichnen, sondern dem Viehinspektor wahrheitsgetreu diejenigen Angaben zu machen, die ihm ermöglichen, die richtige Wahl des Formulars zu treffen. Nur diese Auslegung lässt sich übrigens mit Art. 46 Abs. 1 Satz 1 VOTSG in Einklang bringen. Würde den Viehhalter nicht die Pflicht treffen, gegenüber dem Viehinspektor den für die Bestimmung des Formulars massgebenden Sachverhalt wahrheitsgetreu zu schildern, so wäre jene Bestimmung illusorisch; denn was würde es nützen, die Viehinspektoren zu verpflichten, die Formulare vollständig und wahrheitsgetreu auszufüllen, wenn ihnen die Viehhalter ungestraft falsche Angaben machen dürften? BGE 82 IV 116 S. 120 Auch der Umstand, dass gemäss Art. 39 VOTSG jeder Gesundheitsschein in gleicher Weise feststellt, ein Tier sei weder an einer Seuche erkrankt, noch einer solchen Erkrankung verdächtig, berechtigt den Viehhalter nicht, den Viehinspektor durch falsche Angaben zur Aushändidung eines anderen als des nach Art. 40 VOTSG für den konkreten Fall zutreffenden Gesundheitsscheines zu veranlassen. Die Gesundheitsscheine dienen nicht nur dem erwähnten Zwecke, sondern der Bekämpfung von Tierseuchen überhaupt. Unter diesem Gesichtspunkt ist es nicht bedeutungslos, ob bei Ortsveränderung eines Tieres zufolge Verkaufs ein Formular A oder C ausgestellt wird. Im Formular A muss die Adresse des Käufers angegeben werden. Das Formular C (für Ortsveränderung ohne Handänderung) enthält natürlich keine entsprechende Rubrik. Wird nun z.B. ein Tier zufolge Verkaufs von einem Inspektionskreis in einen anderen verbracht, kurz bevor im ersten Kreis eine Seuche ausbricht, so ist es dem Viehinspektor des ersten Kreises auf Grund der bei ihm liegenden Kopie des richtigen Gesundheitsscheines (Formular A) ohne irgendwelche Umtriebe möglich, den genauen Standort des verkauften Tieres festzustellen und dementsprechend ohne Verzug über dieses während der Inkubationszeit weggebrachte Tier die Sperre zu verhängen. Steht dem Viehinspektor jedoch nur eine Kopie des (fälschlicherweise verwendeten) Formulars C zur Verfügung, so fehlen ihm die Angaben, die für ein sofortiges Einschreiten unerlässlich sind, weil er dann nur die Gemeinde kennt, in die das Tier (vorerst) verbracht worden ist. 3. Wandfluh hat durch die falsche Angabe, die beiden Stierkälber würden nach Kandergrund "verstellt", den Viehinspektor veranlasst, statt zweier Gesundheitsscheine A ein Formular C auszustellen. Nach dem Gesagten hat er sich dadurch über das Gebot des Art. 48 VOTSG hinweggesetzt und ist er nach Art. 269 VOTSG dafür strafbar. BGE 82 IV 116 S. 121 Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der angefochtene Entscheid aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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6d74ea7c-0a4d-4576-a179-8ebbe5d0acdb
Urteilskopf 115 III 24 6. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 28. August 1989 i.S. Merkli (Rekurs)
Regeste Löschung des Eintrags einer nichtigen Betreibung im Betreibungsregister. 1. Wird eine Betreibung nichtig erklärt, so ist deren Eintrag im Betreibungsregister nicht seinerseits nichtig; der Betriebene hat die Löschung demnach ausdrücklich zu verlangen, und das Eingreifen der Aufsichtsbehörden von Amtes wegen ist ausgeschlossen (Erw. 1). 2. Die Löschung einer nichtig erklärten Betreibung besteht darin, dass der Registereintrag mit dem Vermerk versehen wird, die Betreibung sei durch Entscheid der Aufsichtsbehörde vom fraglichen Datum nichtig erklärt worden; die so gekennzeichnete Betreibung darf dann in Registerauszügen nicht mehr erwähnt werden (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 25 BGE 115 III 24 S. 25 In Gutheissung von vier Beschwerden Ruedi Merklis erklärte das Bezirksgericht Meilen (II. Abteilung) als untere Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen am 23. Februar 1989 die vier vom Interswiss-Immobilienfonds, vom Swissimmobil Serie D-Immobilienfonds vom Swissimmobil 61-Immobilienfonds und vom Swissimmobil Neue Serie-Immobilienfonds gegen ihn eingeleiteten Betreibungen des Betreibungsamtes Zollikon als nichtig. Dem Antrag von Ruedi Merkli, die Betreibungen seien im Betreibungsregister zu löschen, gab das Bezirksgericht nicht statt. Gegen den Entscheid vom 23. Februar 1989 rekurrierten die vier Immobilienfonds an das Obergericht (II. Zivilkammer) des Kantons Zürich. Die obere kantonale Aufsichtsbehörde wies den Rekurs am 17. Juli 1989 ab. Ruedi Merkli hatte in der Vernehmlassung zum Rekurs das Begehren um Löschung der Registereinträge erneuert. Auf diesen Antrag trat das Obergericht nicht ein mit der Begründung, er hätte mit einem selbständigen Rekurs gestellt werden müssen. Mit Eingabe vom 24. Juli 1989 hat Ruedi Merkli gegen den obergerichtlichen Entscheid Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erhoben mit dem Antrag: "Es seien die sich auf die Betreibungen Nr. 887-890 des Betreibungsamtes Zollikon beziehenden Einträge in den Betreibungsregistern zu löschen. a) indem der Registereintrag umfassend, d.h. auch amtsintern beseitigt wird; b) eventuell indem der Eintrag im Register mit einem Vermerk versehen wird, mit der Folge, dass Dritten keine Kenntnis von den Betreibungen gegeben werden darf." Rekursantworten sind keine eingeholt worden. BGE 115 III 24 S. 26 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. ... Dass das Nichteintreten der Vorinstanz auf das in der Vernehmlassung zum Rekurs der Immobilienfonds gestellte Löschungsbegehren eine bundesrechtliche Vorschrift verletze, vermag der Rekurrent nicht darzutun. Es trifft nach der Rechtsprechung sodann zwar zu, dass die kantonalen Aufsichtsbehörden (wie auch die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts) bei Nichtigkeit jederzeit von Amtes wegen einzugreifen haben. Nichtig ist eine Verfügung jedoch nur dann, wenn sie gegen eine Vorschrift verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse eines unbestimmten Kreises Dritter aufgestellt und daher schlechthin zwingend ist ( BGE 111 III 61 Erw. 3; BGE 109 III 105 Erw. 1 mit Hinweisen). Das trifft hier nicht zu: Ein Interesse an der angestrebten Löschung ist einzig für den Rekurrenten ersichtlich. Dass der Eintrag sich auf eine nichtig erklärte Betreibung bezieht, ist unerheblich. Anders als etwa beim Grundbuch, beim Handelsregister oder beim Eigentumsvorbehaltsregister geben die Einträge im Betreibungsregister nicht über den Bestand eines materiellen Rechts Auskunft, und sie haben auch keine rechtlichen Wirkungen gegenüber Dritten (dazu SUTER/VON DER MÜHLL, Die Löschung von Betreibungen im Betreibungsregister unter besonderer Berücksichtigung der Praxis beim Betreibungsamt Basel-Stadt, in: BlSchK 52/1988, S. 214). Zwischen Registereintrag und Betreibung besteht kein Zusammenhang, der im Falle einer Nichtigerklärung der Betreibung die Löschung des Eintrags als absolut zwingende Folge erscheinen liesse. Aus dem Gesagten erhellt, dass die Vorinstanz auch nicht etwa von Amtes wegen auf das Löschungsbegehren des Rekurrenten hätte eintreten müssen. Der Rekurs ist somit unbegründet. 2. Auf das Löschungsbegehren von Amtes wegen einzutreten, ist nach dem Ausgeführten auch der erkennenden Kammer verwehrt. Da der Rekurrent jederzeit ein neues Begehren stellen kann, rechtfertigt es sich, hier die Frage der Löschung dennoch zu erörtern: a) Das Reglement über die im Betreibungs- und Konkursverfahren zu verwendenden Formulare und Register und die Rechnungsführung (Verordnung Nr. 1 des Bundesrates zum SchKG; SR 281.31) enthält in Art. 30 eine Bestimmung über das Betreibungsbuch. Darin wird festgelegt, was einzutragen ist und in welcher BGE 115 III 24 S. 27 Form. Zur Frage der Löschung des Eintrags einer Betreibung äussert sich die Verordnung nicht; geregelt ist hingegen, was bei einer Erledigung der Betreibung zu vermerken sei (Art. 30 am Ende). b) Während die erkennende Kammer in dem vom Rekurrenten angeführten Urteil vom 11. Juli 1989 ( BGE 115 III 15 E. c) - entsprechend dem Antrag des damaligen Rekurrenten - erkannt hat, dass die angefochtenen Zahlungsbefehle aufgehoben würden und das Betreibungsamt angewiesen werde, die sich auf die betreffenden Betreibungen beziehenden Einträge im Betreibungsregister zu löschen, hatte sie in BGE 95 III 1 ff. entschieden, die von den Betriebenen gestellten Löschungsbegehren seien zu Recht abgewiesen worden. Im älteren Entscheid war es um den Eintrag einer Betreibung gegangen, die bei einem örtlich nicht zuständigen Amt (der Betriebene war zuvor vom fraglichen Kreis der Stadt Zürich in einen anderen umgezogen) eingeleitet worden war (wobei der Gläubiger von der Einleitung einer neuen Betreibung abgesehen hatte). Der hier in Frage stehende Sachverhalt (der sich genau mit dem im Entscheid vom 11. Juli 1989 beurteilten deckt) unterscheidet sich davon wesentlich, betrifft doch der Eintrag, dessen Löschung beantragt wird, eine nichtige Betreibung. Es ginge zumindest in einem solchen Fall nicht an, dem Betriebenen die Löschung zu verweigern, während beim Erlöschen der Betreibung beispielsweise wegen Abstellung durch den Gläubiger oder Verjährung ein entsprechender Vermerk im Register angebracht würde (Art. 30 der Verordnung Nr. 1 des Bundesrates zum SchKG). Ob für den dort beurteilten Sachverhalt an der in BGE 95 III 1 ff. geäusserten Betrachtungsweise festzuhalten wäre, mag hier dahingestellt bleiben. SUTER/VONDERMÜHLL (a.a.O. S. 216) halten den Ausführungen in BGE 95 III 5 (Erw. 1 am Ende) mit Recht entgegen, das Löschungsinteresse des Betriebenen gebiete nicht, dass der Eintrag schlechtweg zum Verschwinden gebracht wird; es genügt in der Tat, den Eintrag beispielsweise mit dem Vermerk zu versehen, die Betreibung sei durch Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom betreffenden Datum nichtig erklärt worden. Die auf diese Weise gekennzeichnete Betreibung darf dann in Registerauszügen nicht mehr erwähnt werden.
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1,989
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CH_BGE_005
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6d77c64f-1461-457d-9e21-079a46971bd2
Urteilskopf 112 Ia 221 36. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. September 1986 i.S. Rudolf Bautz gegen Kantonsrat Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Finanzreferendum; Börsenneubau mit Wohn-, Büro- und Ladentrakt. 1. Legitimation zur Stimmrechtsbeschwerde (E. 1a). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann geltend gemacht werden, eine Vorlage enthalte zu Unrecht nicht alle Ausgaben für ein Projekt, selbst wenn der beantragte Kredit für sich allein bereits dem Referendum untersteht (E. 1b). Auch die Stimmrechtsbeschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur (E. 1c). 2. Kognition des Bundesgerichts bei Stimmrechtsbeschwerden (E. 2). 3. Zweck und Gegenstand des Finanzreferendums; Begriff der "Ausgabe" und der "Anlage" (E. 2a). Die Finanzierung des Wohn-, Büro- und Ladentrakts des Börsenneubaus durch die Beamtenversicherungskasse des Kantons Zürich stellt eine Anlage im Sinne der Rechtsprechung dar (E. 2a). 4. Es liegt im pflichtgemässen Ermessen des Kantons, wie er die für seine Verwaltung erforderlichen Räume beschafft (E. 2b/aa). Begriff der "Einheit der Materie" im Rahmen des Finanzreferendums (E. 2b/bb). Der Kanton Zürich war nicht verpflichtet, den Stimmberechtigten zusammen mit dem Kreditbeschluss für die Mitfinanzierung des Börsentrakts die künftigen Mietkosten für Büroräumlichkeiten im anderen Teil des Börsengebäudes zur Genehmigung vorzulegen (E. 2b/bb). 5. Ausgaben zur Deckung des vom Staat benötigten Raumbedarfs sind "neu" im Sinne der Rechtsprechung. Der Abschluss von Mietverträgen ist grundsätzlich referendumspflichtig, wenn die betragsmässigen Grenzen erreicht werden. Bedeutung einer abweichenden kantonalen Praxis (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 223 BGE 112 Ia 221 S. 223 Der Kantonsrat Zürich hiess am 1. November 1982 eine Teilrevision des kantonalen Gesamtplanes gut, wonach die dem Kanton Zürich gehörende Liegenschaft zwischen dem Bahnhof Selnau und dem städtischen Hallenbad für Zwecke der Börse sowie der öffentlichen Verwaltung und der Justiz reserviert ist. Für diesen Standort wurde in der Folge ein neues Börsengebäude mit Geschäfts-, Büro- und Wohntrakt projektiert, dessen Erstellungskosten mit Fr. 112'843'000.-- veranschlagt sind. Von diesem Betrag entfallen auf den Börsentrakt Fr. 41'638'000.--, der Rest auf die übrigen Gebäudeteile. Diese werden durch die kantonale Beamtenversicherungskasse finanziert, wogegen die Kosten für die Börsenlokalität vom Kanton Zürich (Fr. 24'316'000.--) und dem Effektenbörsenverein Zürich (Fr. 17'322'000.--) getragen werden. Am 4. März 1985 beschloss der Kantonsrat Zürich zu diesem Zweck einen Objektkredit in entsprechender Höhe und unterstellte den Beschluss der Volksabstimmung. Dieser wurde im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 19. April 1985 veröffentlicht. Der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile des von der Beamtenversicherungskasse finanzierten Gebäudetraktes für Verwaltungs- und Justizzwecke zu mieten. Rudolf Bautz führt mit Eingabe vom 13. März 1985 staatsrechtliche Beschwerde und stellt den Antrag, der Beschluss des Kantonsrats sei insofern aufzuheben resp. abzuändern, als er nur die Fr. 24'316'000.-- Kostenanteil, die auf den Neubau der Börse entfallen, der Volksabstimmung unterstelle; dem Volk sei der gesamte, auf den Kanton entfallende Kostenanteil von Fr. 95'521'000.-- zur Bewilligung vorzulegen. Er rügt eine Verletzung des Stimmrechts ( Art. 85 lit. a OG ), des Prinzips der Gewaltenteilung und des Willkürverbots ( Art. 4 BV ). Am 9. Juni 1985 nahmen die Stimmbürger des Kantons Zürich die Kreditvorlage an. BGE 112 Ia 221 S. 224 Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintreten kann. Erwägungen Erwägungen: 1. Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition ( BGE 106 Ia 152 E. 1): a) Bei der vorliegenden staatsrechtlichen Beschwerde handelt es sich einmal um eine solche betreffend das politische Stimmrecht der Bürger im Sinne von Art. 85 lit. a OG . Der Beschwerdeführer ist als stimmberechtigter Einwohner des Kantons Zürich zu einer solchen Beschwerde legitimiert ( BGE 111 Ia 116 E. 1a mit Hinweisen). b) Die Stimmrechtsbeschwerde auf dem Gebiete des Finanzreferendums ist im allgemeinen darauf gerichtet, einen bestimmten Ausgabenbeschluss dem obligatorischen oder fakultativen Referendum zu unterstellen (vgl. BGE 99 Ia 201 E. 2 mit Hinweisen). Daraus schliesst der Regierungsrat des Kantons Zürich, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, da der Objektkredit in jedem Fall dem obligatorischen Referendum unterstehe, unabhängig davon, ob er sich nur auf die kantonalen Kosten für den Börsentrakt oder für das Gesamtgebäude beziehe. Sei im Rahmen des obligatorischen Referendums aber ausschliesslich die Kreditsumme streitig, könne auf eine Stimmrechtsbeschwerde nur eingetreten werden, wenn durch die reduzierte Vorlage eine Irreführung der Stimmberechtigten beabsichtigt sei, was nicht zutreffe, denn die Gesamtaufwendungen von rund Fr. 112'843'000.-- seien in der Abstimmungszeitung mit aller Offenheit dargelegt worden. Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Der Standpunkt des Beschwerdeführers geht dahin, dass nicht ein Kredit von Fr. 24'316'000.--, sondern ein solcher von Fr. 95'521'000.-- hätte eingeholt werden müssen. Hierin liegt ein wesentlicher Unterschied, der sich auch im Abstimmungsergebnis auswirken kann (Urteil des Bundesgerichts vom 2. Oktober 1985 i.S. W. und Mitbeteiligte c. Kanton Bern, E. 1b, veröffentlicht im ZBl 1986/87, S. 118). Mit der Stimmrechtsbeschwerde kann daher geltend gemacht werden, eine Kreditvorlage sei unvollständig, auch wenn die Ausgabe in jedem Fall dem Referendum untersteht. Beispielsweise steht die Rüge offen, eine Gesamtvorlage sei quantitativ unrichtig in gebundene und neue Ausgaben aufgeschlüsselt worden (vgl. BGE 112 Ia 221 S. 225 BGE 111 Ia 36 E. 4 und 5) oder die Einheit der Materie werde dadurch verletzt, dass ein einziger, unteilbarer Gegenstand dem Referendum unzulässigerweise in Etappen unterstellt werde ( BGE 105 Ia 89 E. 7c). c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur, d.h. es kann mit ihr nur die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, nicht aber der Erlass positiver Anordnungen durch das Bundesgericht verlangt werden. Eine Ausnahme ist nur dann gerechtfertigt, wenn der verfassungsmässige Zustand nicht bereits mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides herzustellen ist ( BGE 111 Ia 123 E. 1b, 47 E. 1c; je mit Hinweisen). Dies gilt auch für die Stimmrechtsbeschwerde ( BGE 107 Ia 219 E. 1b mit Hinweis). Wird die Beschwerde gutgeheissen und damit der angefochtene Kreditbeschluss des Kantonsrates aufgehoben, so ist die vom Regierungsrat und Kantonsrat des Kantons Zürich vorgesehene Finanzierung des Bauvorhabens unter Berücksichtigung der bundesgerichtlichen Erwägungen neu zu ordnen. Positiver Anordnungen bedarf es zur Wiederherstellung des verfassungsmässigen Zustandes nicht. Soweit die Beschwerde demnach mehr verlangt als die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ist auf sie nicht einzutreten. d) Der Beschwerdeführer erblickt eine Willkür darin, dass vorgesehen ist, Teile des zu erstellenden Gebäudes zu Verwaltungs- und Justizzwecken zu mieten anstatt zu Lasten des Verwaltungsvermögens zu erstellen. Sinngemäss rügt er zudem eine willkürliche Anwendung verschiedener Vorschriften des Gesetzes über den Finanzhaushalt des Kantons (Finanzhaushaltgesetz) vom 2. September 1979. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, das gerügte Vorgehen verletze seine Rechte als Stimmbürger, ist er durch die Stimmrechtsbeschwerde nach Art. 85 lit. a OG hinreichend geschützt. Der Willkürbeschwerde kommt daneben keine selbständige Bedeutung zu. Soweit Rechtsverletzungen ausserhalb des Stimmrechts gerügt werden, ist der Beschwerdeführer nicht zu hören, da offensichtlich andere, ihm persönlich zustehende, rechtlich geschützte Interessen nicht betroffen sind. Namentlich dienen die Normen des Finanzhaushaltgesetzes keinen solchen Individualinteressen. Auf die Willkürbeschwerde ist daher nicht einzutreten (vgl. BGE 110 Ia 75 E. 2a mit Hinweisen; WALTER KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Bern 1984, S. 235). BGE 112 Ia 221 S. 226 e) Im übrigen ist die Stimmrechtsbeschwerde mit Einschluss der Rüge einer Verletzung des Gewaltenteilungsprinzips frist- und formgerecht eingereicht worden. Unter den genannten Einschränkungen kann das Bundesgericht darauf eintreten. 2. Mit der Stimmrechtsbeschwerde gemäss Art. 85 lit. a OG kann gerügt werden, ein kantonaler Erlass oder Kredit sei zu Unrecht der Volksabstimmung entzogen worden. Bei Beschwerden dieser Art prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. Die Auslegung anderer kantonaler Normen sowie die Feststellung des Sachverhaltes durch die kantonalen Behörden wird dagegen nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür geprüft. In ausgesprochenen Zweifelsfällen schliesst sich jedoch das Bundesgericht der von der obersten kantonalen Behörde vertretenen Auffassung an, sofern es sich dabei um das Parlament oder das Volk handelt ( BGE 111 Ia 117 E. 2a, 202 E. 2; vgl. auch BGE 111 Ia 197 E. 4a, 194 E. 2a; je mit Hinweisen). a) Der Beschwerdeführer rügt zunächst, der Beitrag der Beamtenversicherungskasse von Fr. 71'205'000.-- an die Baukosten sei unzulässigerweise als Anlage qualifiziert und damit der Volksabstimmung entzogen worden. Auch dieser Betrag stelle vielmehr eine Ausgabe dar und müsse deshalb zusammen mit dem Anteil des Kantons von Fr. 24'316'000.-- als Gesamtkredit von Fr. 95'521'000.-- dem obligatorischen Referendum unterstellt werden. Der verfassungspolitische Zweck des Finanzreferendums besteht darin, dem Bürger bei Beschlüssen über erhebliche Ausgaben, die ihn als Steuerzahler mittelbar treffen, ein Mitspracherecht zu sichern ( BGE 97 I 824 E. 4). Gegenstand des Referendums sind mithin Aufwendungen des Gemeinwesens, die geeignet sind, die steuerliche Belastung zu beeinflussen. Ausgehend von diesem Gedanken und von der klassischen Einteilung staatlicher Vermögenswerte in Finanzvermögen (Sachen, die dem Gemeinwesen durch ihren Kapital- oder Ertragswert dienen) und Verwaltungsvermögen (Sachen, die dem Gemeinwesen durch ihren Gebrauchswert dienen), haben Lehre und Rechtsprechung das Begriffspaar der "Anlage" und der "Ausgabe" entwickelt. Eine Anlage ist dabei gegeben, wenn einer staatlichen Aufwendung ein frei realisierbarer BGE 112 Ia 221 S. 227 Wert gegenübersteht, wenn also das erzielte Resultat nicht von Rechts wegen zu einer Verwendung bestimmt ist, welche, wie diejenige zu Verwaltungszwecken, seine wirtschaftliche Veräusserung ausschliesst ( BGE 93 I 319 E. 5a mit Hinweisen). Solche Anlagen, die mit der Absicht getätigt werden, vorhandenes eigenes Vermögen in eine bestimmte wirtschaftliche Form zu bringen zum Zwecke der Werterhaltung und zur Sicherung eines angemessenen Ertrages, unterliegen dem Finanzreferendum von vornherein nicht. Aufwendungen des Gemeinwesens dagegen, welche nicht den typischen Zweck einer Vermögensanlage verfolgen, denen insbesondere die Realisierbarkeit abgeht, gelten als Ausgaben (vgl. dazu BGE 99 Ia 201 E. 2a; BGE 97 I 823 E. 3; BGE 93 I 319 E. 5a; je mit Hinweisen). Nur sie sind - je nach der kantonalen Kompetenzordnung - dem Finanzreferendum zu unterstellen, sofern sie als "neu" und nicht als "gebunden" zu qualifizieren sind. Diesem Begriff der "Ausgabe" entspricht im wesentlichen das Recht des Kantons Zürich, welches in § 16 Abs. 2 des Finanzhaushaltgesetzes bestimmt, als Ausgabe gelte die Verwendung von Finanzvermögen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dabei ist nicht von Bedeutung, dass der Begriff des "Finanzvermögens" hier möglicherweise weiter gefasst wird als in Lehre und Rechtsprechung. Entscheidend ist die Bezeichnung der "Ausgabe" als Aufwendung zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, womit ausgeschlossen wird, dass der damit möglicherweise erzielte Gegenwert wirtschaftlich frei realisierbar ist. Die Absicht der Beamtenversicherungskasse, den Wohn-, Büro- und Ladentrakt des neuen Börsengebäudes mit einem Aufwand von Fr. 71'205'000.-- zu erstellen und weiter zu vermieten, stellt klarerweise eine Anlage im Sinne der Rechtsprechung dar. Die Versicherungskasse legt das ihr von den Versicherten und den Arbeitgebern anvertraute Vermögen in einer Liegenschaft an, um eine angemessene Rendite zu erzielen und die künftigen Rentenansprüche zu sichern. Sie ist zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages nicht auf die unmittelbare Nutzung der von ihr finanzierten Gebäudeteile angewiesen. Die Investition stellt für sie eine reine Kapitalanlage dar. Dabei ist für den vorliegenden Entscheid unerheblich, wie die Raumgestaltung aussieht und wie die Eigentumsverhältnisse geordnet sind. Selbst wenn dadurch die optimale wirtschaftliche Nutzung beeinträchtigt bzw. eine freie Verkäuflichkeit nicht gewährleistet wäre, würde dies an der freien Realisierbarkeit im vorgenannten Sinn nichts ändern. BGE 112 Ia 221 S. 228 Der Beschwerdeführer bringt indessen vor, der angefochtene Beschluss verletze den Grundsatz der finanzrechtlichen Sacheinheit. Zufolge der Absicht des Kantons Zürich, sich mit Verwaltungs- und Justizabteilungen im Gebäudeteil der Beamtenversicherungskasse einzumieten, qualifiziere sich das ganze Börsengebäude als Verwaltungsvermögen. Da es sich um einen Neubau handle, hätten die gesamten Investitionen abzüglich des vom Effektenbörsenverein Zürich getragenen Anteils als neue Ausgabe zu gelten, welche im vollen Umfang dem Finanzreferendum unterlägen. Dieser Einwand ist näher zu prüfen. b) Es ist unbestritten, dass der Kanton Zürich beabsichtigt, Teile des neu zu erstellenden Gebäudes für Verwaltungs- und Justizzwecke zu mieten. Dazu ist ein Mietverhältnis mit der Beamtenversicherungskasse vorgesehen. Da die Investition der Versicherungskasse als reine Kapitalanlage nicht dem Finanzreferendum unterliegt (E. 2a), ist einzig zu prüfen, ob der Kanton Zürich berechtigt ist, den Raumbedarf für die Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben mietweise zu decken, und ob der Grundsatz der finanzrechtlichen Sacheinheit dadurch verletzt wurde, dass die künftigen Mietaufwendungen für die Büros im Börsengebäude im Rahmen des Kreditbeschlusses unberücksichtigt blieben. aa) Mit dem Entscheid, eine staatliche Verwaltung aufzubauen oder zu verlegen, ist noch nicht gesagt, auf welche Weise die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Räumlichkeiten zu beschaffen seien. In der Regel stellt das Gemeinwesen die erforderlichen Räume durch den Bau eigener Gebäude bereit. Möglich ist aber auch, die benötigten Räumlichkeiten durch Einmietung in Gebäude Dritter zu besorgen. Welche dieser beiden Alternativen der Kanton wählt, liegt grundsätzlich in seinem pflichtgemässen Ermessen. Das Bundesrecht verpflichtet ihn nicht, den für die Verwaltung benötigten Raumbedarf primär durch eigene Gebäude sicherzustellen und zum Mittel des Mietvertrages nur zu greifen, wenn die rechtlichen oder tatsächlichen Möglichkeiten eines Eigenbaus nicht bestehen. Ebensowenig lässt sich eine solche zwingende Stufenordnung dem vom Beschwerdeführer angerufenen kantonalen Recht entnehmen. Insbesondere begründet die Tatsache, dass das fragliche Gebiet nach Massgabe des kantonalen Gesamtplanes für öffentliche Bauten vorgesehen ist, keine Verpflichtung des Staates, die zonenkonformen Anlagen auch selbst zu erstellen. Der Gesamtplan des zürcherischen Rechts ist ein Richtplan (§§ 28 f. des Gesetzes BGE 112 Ia 221 S. 229 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht vom 7. September 1975, PBG). Als bloss behördenverbindliche Raumplanungsmassnahme ordnet er in den Grundzügen die Nutzung des Bodens sowie die Besiedlung im Kanton und enthält soweit weitere Feststellungen, als es die Erfüllung der dem Staat zugewiesenen Aufgaben und die Wahrung der staatlichen Interessen erfordert ( § 28 Abs. 1 und 3 PBG ). Er sagt somit nur etwas aus über die möglichen Nutzungsarten, nicht jedoch über die einzelnen Nutzungsträger. Aus dem Gesamtplan vermag daher der Beschwerdeführer für den vorliegenden Fall nichts zu seinen Gunsten abzuleiten. bb) Zu prüfen ist weiter, ob der Kanton das Stimmrecht dadurch verletzt hat, dass er die Aufwendungen für die baulichen Investitionen und für künftige Miete der Büros nicht in einer einheitlichen Vorlage den Stimmbürgern unterbreitete: Aus der Tatsache allein, dass ein und dasselbe Bauvorhaben verschiedene Investitionen bedingt, ergibt sich noch nicht zwingend, alle diese Aufwendungen seien auch referendumspflichtig. So ist es beispielsweise durchaus zulässig, sowohl neue wie gebundene Ausgaben in ein und dasselbe Vorhaben zu investieren, wobei aber lediglich die neuen für ein allfälliges Finanzreferendum von Bedeutung sind ( BGE 111 Ia 39 E. 5; Urteil des Bundesgerichts vom 7. Januar 1986 i.S. Th. c. Kanton Bern, veröffentlicht in BVR 1986, S. 49 ff.). Das Bundesrecht enthält den Grundsatz der Einheit der Materie. Für das Finanzreferendum folgt daraus, dass sich die dem Bürger gestellte Frage nicht auf mehrere Gegenstände beziehen darf, es sei denn, dass mehrere Ausgaben sich gegenseitig bedingen oder aber einem gemeinsamen Zweck dienen, der zwischen ihnen eine enge sachliche Verbindung schafft. Auf der andern Seite darf ein Gegenstand, der ein Ganzes bildet, nicht künstlich in Teilstücke aufgeteilt werden, welche je einzeln dem Referendum nicht unterstehen mit dem Ziel, den Gegenstand dem Referendum zu entziehen ( BGE 105 Ia 89 E. 7c; BGE 104 Ia 427 E. 5a; je mit Hinweisen). Sind die einen Ausgaben ohne die anderen nicht denkbar, so muss sich das bei der Kreditgenehmigung einzuschlagende Verfahren nach den Gesamtaufwendungen richten ( BGE 110 Ia 188 E. 4; ZBl 65/1964, S. 492 ff.). Dieser Grundsatz erfordert, dass beispielsweise bei der Errichtung eines Verwaltungsgebäudes Land- und Gebäudekosten zusammenzuzählen ( BGE 111 Ia 201 ff.) oder bei zwangsläufig voneinander abhängigen, einmaligen und wiederkehrenden BGE 112 Ia 221 S. 230 Investitionen beide zusammen dem Referendum zu unterstellen sind ( BGE 110 Ia 182 ff.). Dagegen bestehen gegen eine Aufteilung grosser Bauvorhaben keine rechtlichen Bedenken, wenn die Zuständigkeit dadurch nicht verschoben wird und wenn die Ausführung der einzelnen Teile für sich allein gesehen einen vernünftigen Sinn ergibt, so dass die Freiheit der Stimmbürger, sich für oder gegen die späteren Etappen auszusprechen, durch den ersten Entscheid nicht aufgehoben wird ( BGE 104 Ia 428 E. 5a). Beispielsweise wird im Strassenbau eine ungeteilte Vorlage verlangt, wenn die einzelnen Strassenstücke weitgehend nutzlos wären, sofern die Gesamtanlage nicht fertiggestellt würde. Dagegen sind getrennte Vorlagen zuzulassen, wenn die einzelnen Etappen in sich geschlossene, selbständig sinnvolle und nutzbare Anlagen darstellen ( BGE 105 Ia 89 E. 7c mit Hinweisen). Bezogen auf den konkreten Fall führen diese Grundsätze zu folgenden Schlüssen: Der Börsen- und der Bürotrakt des projektierten Neubaus stellen wohl eine bauliche, nicht aber eine funktionelle Einheit dar. Die bauliche Einheit allein führt aber nicht dazu, dass alle dafür notwendigen Aufwendungen zusammen dem Referendum unterstellt werden müssen. Funktionell sind der Börsen- und der Bürotrakt vollständig unabhängig, dienen insbesondere ganz verschiedenen Zwecken. Die Errichtung der Börse ist nicht davon abhängig, dass die in den oberen Stockwerken vorgesehenen Büroräumlichkeiten der kantonalen Verwaltung und Justiz zur Verfügung gestellt werden. Der Kanton Zürich ist auch nicht verpflichtet, gleichzeitig mit der Errichtung einer neuen Börse zusätzliche Büroräumlichkeiten für eine börsenunabhängige Verwaltung zu bauen. Es ist deshalb zulässig, die Baufinanzierung und die Mietzinsaufwendungen getrennt zu beschliessen. Bereits die Investition für den Börsentrakt allein unterliegt dem obligatorischen Finanzreferendum. Dieses wird daher durch die Aufspaltung der Vorlage nicht umgangen; die Zuständigkeit wird nicht verschoben. Die mietweise Übernahme der zu erstellenden Büroräumlichkeiten durch den Kanton Zürich ist zwar beabsichtigt, steht im Detail aber noch nicht fest. Auch der Beschwerdeführer macht nicht geltend, die Vertragsbedingungen, insbesondere der Mietpreis, seien bereits ausgehandelt. Er selbst weist darauf hin, dass dessen Bemessung von den Baukosten abhängen wird. BGE 112 Ia 221 S. 231 Der Kanton Zürich war somit nicht verpflichtet, die künftigen Mietkosten bereits heute dem Stimmbürger zusammen mit dem Kreditbeschluss über Fr. 24'316'000.-- zur Genehmigung vorzulegen. Offenbleiben kann die Frage, ob eine andere Betrachtungsweise angebracht wäre, wenn durch die an sich zulässige Aufteilung der Vorlage die Stimmbürger über das Gesamtprojekt irregeführt werden sollten. Davon kann jedenfalls im vorliegenden Fall keine Rede sein, weist die Abstimmungszeitung vom 6. März 1985 doch ausdrücklich auf den Gesamtaufwand, die Finanzierungsabsichten und die vorgesehene Miete der Büroräumlichkeiten der Beamtenversicherungskasse durch den Kanton Zürich hin. Dem Stimmbürger war damit ohne weiteres erkennbar, dass die zu erwartenden Gesamtinvestitionen sich nicht in der Beteiligung des Kantons an den Baukosten erschöpfen würden. c) Der Beschwerdeführer macht jedoch weiter geltend, die Referendumsbestimmungen würden vorliegend auch deshalb umgangen, weil nach feststehender zürcherischer Praxis, welche er selbst in Frage stellt, der Abschluss von Mietverträgen nicht referendumspflichtig sei. Der Bürger könne somit nie zur Art und Weise Stellung nehmen, wie der Kanton die Raumbedürfnisse für seine Verwaltung decke. Wie der Regierungsrat stützt sich auch der Beschwerdeführer dabei auf eine Abhandlung von Z. GIACOMETTI (Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden zum Abschluss von langfristigen Mietverträgen für Verwaltungszwecke, ZBl 59/1958, S. 97 ff.). In der Tat hat Giacometti in der zitierten Abhandlung die Ansicht vertreten, Ausgaben, die für das Unterbringen des staatlichen Personals notwendig seien, müssten als gebunden betrachtet werden. Lehre und Praxis haben ihm allerdings die Zustimmung versagt ( BGE 95 I 538 E. 4 mit Hinweisen auf die Literatur). Für das Bundesgericht besteht keine Veranlassung, von der in BGE 95 I 531 ff. vertretenen Auffassung abzuweichen. Neue und gebundene Ausgaben unterscheiden sich nach der Bestimmtheit ihrer demokratischen Grundlagen. Dabei kann auch dann, wenn die Frage, "ob" eine mit Ausgaben verbundene Aufgabe zu erfüllen sei, weitgehend durch den Grunderlass präjudiziert ist, das "wie" wichtig genug sein, um die Mitsprache des Volkes zu rechtfertigen. Immer dann, wenn der entscheidenden Behörde in bezug auf den Umfang der Ausgabe, den Zeitpunkt ihrer Vornahme oder andere Modalitäten eine verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit BGE 112 Ia 221 S. 232 zusteht, ist eine neue Ausgabe anzunehmen ( BGE 108 Ia 238 E. 3b mit Hinweisen). Die Entscheidung, ob der Staat selber durch Eigenbauten für die Deckung seines Raumbedarfs sorgen oder sich mit blosser Miete begnügen soll, ist von grundlegender Tragweite. Die Stimmbürger haben dadurch, dass sie mit der Einrichtung einer kantonalen Verwaltung einverstanden waren, zu diesem Entscheid nicht Stellung nehmen können. Er ist somit nicht schon durch den Grunderlass gedeckt und darf dem Stimmbürger nicht entzogen werden. Die entsprechenden Ausgaben gelten daher als neu und unterliegen nach Massgabe der verfassungsmässigen Grenzen dem Finanzreferendum ( BGE 95 I 539 E. 4). Der Regierungsrat des Kantons Zürich stellt in seiner Vernehmlassung fest, nach ausdrücklicher Auffassung des Kantonsrates und des Regierungsrates falle der Abschluss von Mietverträgen für gesetzlich festgelegte Verwaltungszwecke, auch wenn sie langfristig von finanziell erheblicher Bedeutung seien, in die Zuständigkeit des Regierungsrates als vollziehende Behörde im Sinne der Art. 37 und 40 der Kantonsverfassung. Eine solche, von der dargelegten Auffassung der neuen und gebundenen Ausgaben abweichende Auslegung wäre beachtlich ( BGE 95 I 539 E. 4 mit Hinweisen), indessen ist allein mit dieser Aussage nicht überzeugend nachgewiesen, dass die zürcherische Verfassungspraxis Mietaufwendungen generell als gebundene Ausgaben behandelt. In bezug auf die vorgesehene mietweise Befriedigung der Raumbedürfnisse für Verwaltung und Justiz im Börsenneubau ist schon heute festzustellen, dass die Aufwendungen für die Lokalmiete ebenfalls dem Finanzreferendum unterstehen werden, sofern die verfassungsmässigen Grenzen erreicht werden und sofern der Kanton nicht eine eigene, von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abweichende und erhebliche Praxis für die Behandlung dieser Ausgaben als gebundene nachweist. d) Der Beschwerdeführer rügt auch eine Verletzung des Prinzips der Gewaltenteilung, weil ein wesentlicher Teil der Anlagekosten des neuen Gebäudes zu Unrecht nicht dem obligatorischen Referendum unterstellt, sondern durch den Regierungsrat zu Lasten der Beamtenversicherungskasse beschlossen worden sei. Wie die Erwägung 2a zeigt, deckt sich dieser Einwand mit der in der Stimmrechtsbeschwerde erhobenen Rüge, die Kreditsumme sei zu niedrig angesetzt worden. Es kommt ihm im vorliegenden Beschwerdeverfahren somit keine selbständige Bedeutung zu.
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6d788cad-2082-4615-93bc-fcd7cffe595c
Urteilskopf 121 III 149 32. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Juni 1995 i.S. Y. U. gegen U. (Berufung)
Regeste Art. 142 Abs. 1 ZGB ; Scheidung einer Scheinehe. Eine Scheinehe liegt vor, wenn die Ehegatten von allem Anfang an keine eheliche Lebensgemeinschaft führen wollen, sondern die Ehe dazu benützen, um ein zweckfremdes Ziel, namentlich die Umgehung ausländerrechtlicher Vorschriften, zu erreichen. Der allgemeine Scheidungsgrund der tiefen Zerrüttung gemäss Art. 142 Abs. 1 ZGB kann nicht angerufen werden, um eine Scheinehe aufzulösen.
Erwägungen ab Seite 149 BGE 121 III 149 S. 149 Aus den Erwägungen: 2. Das Obergericht des Kantons Zürich hat die von der Klägerin gestützt auf Art. 142 ZGB erhobene Scheidungsklage im wesentlichen mit der BGE 121 III 149 S. 150 Begründung abgewiesen, bei der Ehe handle es sich um eine Scheinehe, die nur gestützt auf die Art. 137-139 sowie 141 ZGB , nicht aber gemäss Art. 140 und 142 ZGB geschieden werden könne. Die Klägerin hält diesen Entscheid für bundesrechtswidrig. Das Obergericht sei zwar zutreffend davon ausgegangen, dass es sich vorliegend um eine Scheinehe handle, doch sei die Auffassung der Vorinstanz verfehlt, eine solche Ehe sei nur noch gestützt auf absolute Scheidungsgründe, nicht jedoch auf den allgemeinen Scheidungsgrund der tiefen Zerrüttung gemäss Art. 142 ZGB scheidbar. a) Von einer Scheinehe ist dann die Rede, wenn die Ehegatten von allem Anfang an keine eheliche Lebensgemeinschaft führen wollen, sondern das Institut der Ehe dazu benützen, ein zweckfremdes Ziel zu erreichen. Eine Scheinehe liegt etwa bei einer Ausländerrechtsehe vor, mit der die Ehegatten bezwecken, einem Ehepartner mit Wohnsitz im Ausland aufgrund des Eheschlusses mit einem in der Schweiz wohnhaften Ausländer zu einer Aufenthaltsbewilligung gemäss Art. 17 Abs. 2 ANAG (SR 142.20) zu verhelfen (KOTTUSCH, Scheinehen aus fremdenpolizeilicher Sicht, ZBl. 1983, S. 430 f.; KELLER, Die zweckwidrige Verwendung von Rechtsinstituten des Familienrechts, Diss. Zürich 1986, S. 61; HINDERLING/STECK, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 4. Auflage, Zürich 1995, S. 7 Fn. 13; DESCHENAUX/TERCIER, Le mariage et le divorce, 3. Auflage, 1985, N. 267). Das Obergericht des Kantons Zürich hat gestützt auf die Ausführungen der Klägerin für das Bundesgericht verbindlich festgestellt ( Art. 63 Abs. 2 OG ), dass die vorliegende Ehe nur eingegangen worden sei, damit der Beklagte in der Schweiz bleiben könne. Die Ehe wurde von der Vorinstanz daher zutreffend als Scheinehe qualifiziert. b) Eine Scheinehe ist eine gültige Ehe mit allen gesetzlich vorgesehenen Rechtswirkungen ( BGE 97 II 7 E. 3; DESCHENAUX/TERCIER, a.a.O., N. 268). Wie jede Ehe kann daher grundsätzlich auch eine Scheinehe geschieden werden. Die Klägerin beruft sich bei ihrer Scheidungsklage auf den Scheidungsgrund der tiefen und unheilbaren Zerrüttung. Gemäss Art. 142 Abs. 1 ZGB kann jeder Ehegatte auf Scheidung klagen, wenn eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses eingetreten ist, dass den Ehegatten die Fortsetzung der ehelichen Gemeinschaft nicht zugemutet werden darf. Nach dem Gesetzeswortlaut ist der Tatbestand dieser Bestimmung nur darauf ausgerichtet, die Auflösung der Ehe zu ermöglichen, wenn im Verlauf ihrer Dauer eine tiefe Zerrüttung eingetreten ist. Noch deutlicher bringt dies der französische Gesetzestext zum Ausdruck, wonach eine Scheidung gemäss BGE 121 III 149 S. 151 Art. 142 Abs. 1 ZGB auszusprechen ist, "lorsque le lien conjugal est si profondément atteint que la vie commune est devenue insupportable". Daraus wird in der Rechtsprechung und Literatur abgeleitet, dass der allgemeine Scheidungsgrund gemäss Art. 142 ZGB zur Auflösung einer Scheinehe nicht angerufen werden kann ( BGE 70 II 1 ; SJ 67, 1944, S. 93 ff. = SJZ 41, 1945, S. 105; ZR 43, 1944, Nr. 116; BÜHLER/SPÜHLER, N. 40 zu Einleitung und N. 9 zu Art. 140; EGGER, N. 3 a.E. zu Art. 123 ZGB ). Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Der klare Gesetzeswortlaut, der an den "Eintritt der Zerrüttung" anknüpft, verbietet eine Scheidung einer Ehe gestützt auf den allgemeinen Scheidungsgrund von Art. 142 Abs. 1 ZGB , wenn die Ehe als Scheinehe von Anfang an gar nie von einem gemeinsamen Ehewillen der Ehegatten getragen war. Wo gar nie ein Wille zu einer ehelichen Lebensgemeinschaft vorhanden war, kann logischerweise auch keine Zerrüttung der ehelichen Verhältnisse eintreten. Die Argumente, welche die Klägerin gegen dieses Gesetzesverständnis vorbringt, sind nicht stichhaltig. Einerseits macht die Klägerin geltend, das Gesetz weise eine echte Lücke auf, wenn der allgemeine Scheidungsgrund gemäss Art. 142 ZGB nicht angerufen werden könne. Entgegen ihrer Auffassung erweist sich das Gesetz in diesem Bereich indessen keineswegs als unvollständig und ergänzungsbedürftig. Sie übersieht nämlich, dass die Scheinehe, die sie angeblich nur unter dem Druck ihres Vaters eingegangen war, im Vergleich zu einer wirklich gewollten Ehe durchaus unter erleichterten Voraussetzungen hätte aufgelöst werden können, wenn dies durch Anfechtung gemäss Art. 123 ff. ZGB rechtzeitig geltend gemacht worden wäre. Anderseits kann der Klägerin auch insofern nicht gefolgt werden, als sie auf Lehrmeinungen hinweist, die eine Scheidung einer Scheinehe gestützt auf Art. 142 ZGB befürworten. Tatsächlich wird in der Literatur lediglich die Auffassung vertreten, dass bei Scheinehen die Ehegatten nicht unter Berufung darauf, dass ihr Scheidungsbegehren rechtsmissbräuchlich sei, gegen ihren Willen in einer inhaltslosen Ehe festgehalten werden sollen (HINDERLING/STECK, a.a.O., S. 15; MERZ, Berner Kommentar, N. 292 ff. zu Art. 2 ZGB ). Das Obergericht des Kantons Zürich hat die Scheidungsklage indessen nicht wegen Rechtsmissbrauchs der Klägerin abgewiesen, sondern weil die Tatbestandsvoraussetzungen des angerufenen allgemeinen Scheidungsgrundes nicht erfüllt sind. c) Unter diesen Umständen ist daran festzuhalten, dass eine Scheinehe angesichts des Gesetzeswortlautes nicht nach Art. 142 ZGB geschieden werden BGE 121 III 149 S. 152 kann. Ob die weiteren Rügen, welche die Klägerin im Zusammenhang mit der von ihr behaupteten Zerrüttung erhebt, zutreffend sind, kann dahingestellt bleiben. Weil der Scheidungsgrund der tiefen und unheilbaren Zerrüttung nicht angerufen werden kann, ist diese Frage gar nicht zu prüfen. Die Berufung erweist sich deshalb als unbegründet und ist daher abzuweisen.
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Urteilskopf 120 Ia 220 33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. November 1994 i.S. Scientology Kirche Zürich sowie A. und Mitbeteiligte gegen K. und Mitbeteiligte, Bezirksanwaltschaft und Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 88 OG ; Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Parteirechten. Der Einzelne ist legitimiert, mit staatsrechtlicher Beschwerde zu rügen, er sei in einem kantonalen Strafverfahren zu Unrecht nicht als Geschädigter zugelassen worden (E. 2a). Art. 4 BV ; Art. 261 StGB ; Begriff des Geschädigten im zürcherischen Strafverfahren. Es ist willkürlich, in einem Strafverfahren wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit ( Art. 261 StGB ) den in seinen religiösen Überzeugungen Verletzten nicht als Geschädigten gemäss §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 der Zürcher Strafprozessordnung anzuerkennen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 120 Ia 220 S. 220 Ende 1992 erschien im X. Verlag in Zürich das Buch "XY". Dieses von mehreren Autoren verfasste Werk ist als Informationsschrift über Gruppierungen mit totalitärer Tendenz gedacht. Es entstand im Auftrag und mit Unterstützung der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich. Im Januar und Februar 1993 reichten A. und zehn weitere Privatpersonen, die Scientology Kirche Zürich sowie die Eidgenössisch-Demokratische Union des BGE 120 Ia 220 S. 221 Kantons Zürich bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich eine Strafanzeige gegen Regierungsrat P., K., den Chef der Abteilung Volksschule bei der Erziehungsdirektion, sowie gegen drei Autoren und den Illustrator des Buchs ein. Sie machten geltend, die Publikation des Buchs "XY" erfülle den Straftatbestand der Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit ( Art. 261 StGB ). Die Bezirksanwaltschaft Zürich verfügte am 8. Juli 1993, dass die Strafuntersuchung wegen Verletzung von Art. 261 StGB gegen Regierungsrat P. nicht anhand genommen und diejenige gegen die übrigen Beschuldigten definitiv eingestellt werde. Da die Bezirksanwaltschaft davon ausging, dass den Anzeigeerstattern keine Geschädigtenstellung zukomme, teilte sie ihnen die definitive Einstellung des Verfahrens lediglich brieflich mit und verzichtete auf die Zustellung einer formellen Verfügung mit Rechtsmittelbelehrung. Darauf haben A. und die zehn Miterstatter der Strafanzeige sowie die Scientology Kirche Zürich mit Rekurs bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, es sei ihnen eine begründete Einstellungsverfügung mit Rechtsmittelbelehrung zuzustellen. Die Staatsanwaltschaft wies die Rekurse am 7. Oktober 1993 ab. A. und die zehn Miterstatter der Strafanzeige einerseits sowie die Scientology Kirche Zürich andererseits haben gegen die Rekursentscheide der Staatsanwaltschaft vom 7. Oktober 1993 je eine staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht. Sie beantragen übereinstimmend, es seien die angefochtenen Entscheide aufzuheben, und es sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, ihnen die begründete Einstellungsverfügung zuzustellen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden gut, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die angefochtenen Rekursentscheide bestätigen die Auffassung der Bezirksanwaltschaft, nach der die Beschwerdeführer im Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buches "XY" nicht als Geschädigte gelten. Demzufolge stehe ihnen in diesem Verfahren weder ein Recht auf Akteneinsicht noch auf Mitteilung des Entscheids noch auf Ergreifung eines Rechtsmittels gegen die Nichtanhandnahme- bzw. Einstellungsverfügung zu. a) Nach Art. 88 OG steht das Recht zur Erhebung einer staatsrechtlichen Beschwerde Bürgern (Privaten) und Korporationen bezüglich solcher BGE 120 Ia 220 S. 222 Rechtsverletzungen zu, die sie durch allgemein verbindliche oder sie persönlich treffende Erlasse oder Verfügungen erlitten haben. Soweit - wie vorliegend - Art. 8 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Hilfe an Opfer von Straftaten vom 4. Oktober 1991 (OHG; SR 312.5) keine Anwendung findet, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts der durch eine angeblich strafbare Handlung Geschädigte zwar grundsätzlich nicht legitimiert, gegen die Nichteröffnung oder Einstellung eines Strafverfahrens oder gegen ein freisprechendes Urteil staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, weil er an der Verfolgung und Bestrafung des Täters nur ein tatsächliches oder mittelbares, nicht aber ein rechtlich geschütztes, eigenes und unmittelbares Interesse im Sinne von Art. 88 OG hat. Dagegen kann ein Beschwerdeführer trotz fehlender Legitimation in der Sache selbst die Verletzung solcher Rechte rügen, die ihm das kantonale Recht wegen seiner Stellung als am Strafverfahren beteiligte Partei einräumt und deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung bewirkt ( BGE 119 Ia 4 E. 1 S. 5; BGE 108 Ia 97 E. 1 S. 99; BGE 104 Ia 156 E. 2a S. 156 f.). Das nach Art. 88 OG erforderliche rechtlich geschützte Interesse ergibt sich diesfalls nicht aus der Berechtigung in der Sache, sondern aus der Berechtigung, am Verfahren teilzunehmen. Der Geschädigte ist daher befugt geltend zu machen, er habe keine Akteneinsicht erhalten, er sei nicht angehört worden, er habe keine Gelegenheit erhalten, Beweisanträge zu stellen oder auf sein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden. Darüber hinaus ist ein Privater aber auch zur Rüge befugt, er sei im kantonalen Verfahren zu Unrecht nicht als Geschädigter anerkannt und deshalb von den einem solchen zustehenden Rechten ausgeschlossen worden ( BGE 119 Ia 4 E. 1 S. 5). Die Beschwerdeführer kritisieren, dass sie im Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Erscheinen des Buchs "XY" nicht als Geschädigte zugelassen wurden und sie deshalb die Einstellungsverfügung vom 8. Juli 1993 nicht zugestellt erhielten. Nach ihrer Auffassung verletzen die angefochtenen Entscheide die ihnen gemäss §§ 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 des Gesetzes betreffend den Strafprozess vom 4. Mai 1919 (Strafprozessordnung; StPO) zustehenden Parteirechte und bewirken dadurch eine unzulässige formelle Rechtsverweigerung. Nach der angeführten Rechtsprechung sind die Beschwerdeführer legitimiert, diese Rügen mit staatsrechtlicher Beschwerde vorzubringen. b) Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die staatsrechtlichen Beschwerden einzutreten. Einzig soweit die BGE 120 Ia 220 S. 223 Beschwerdeführer mehr verlangen als die Aufhebung der angefochtenen Entscheide, kann auf ihre Beschwerden nicht eingetreten werden, da die staatsrechtliche Beschwerde, von hier nicht zutreffenden Ausnahmen abgesehen, lediglich kassatorischer Natur ist ( BGE 118 Ia 167 E. 1f S. 173; BGE 116 Ia 94 E. 1 S. 95; BGE 114 Ia 209 E. 1b S. 212). 3. Die Beschwerdeführer werfen der Staatsanwaltschaft vor, sie verneine in unhaltbarer Weise die ihnen nach kantonalem Recht zustehende Geschädigtenstellung, weil sie zu Unrecht allein den öffentlichen Frieden als durch Art. 261 StGB geschütztes Rechtsgut ansehe. a) Der Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör wird zunächst durch die kantonalen Verfahrensvorschriften umschrieben, deren Auslegung und Anwendung das Bundesgericht unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft. Unabhängig davon greifen die unmittelbar aus Art. 4 BV folgenden Verfahrensregeln zur Sicherung des rechtlichen Gehörs Platz, die dem Bürger in allen Streitsachen ein bestimmtes Mindestmass an Verteidigungsrechten gewährleisten. Ob der unmittelbar aus Art. 4 BV folgende Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt ist, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 119 Ia 136 E. 2c S. 138; BGE 118 Ia 17 E. 1b S. 18; BGE 117 Ia 5 E. 1a S. 7). b) Im zürcherischen Strafverfahren gelten nach § 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO diejenigen Personen als Geschädigte, denen durch die fragliche Straftat unmittelbar ein Schaden zugefügt wurde oder zu erwachsen drohte. In Übereinstimmung mit der Regelung in anderen Kantonen ist als Geschädigter anzusehen, wer Träger des durch die Strafdrohung geschützten Rechtsguts ist, gegen das sich die Straftat ihrem Begriff nach richtet (vgl. BGE 119 Ia 342 E. 2 S. 344; BGE 118 Ia 14 E. 2b S. 16; BGE 117 Ia 135 E. 2a S. 137). Bei Delikten, die primär allgemeine Interessen schützen, werden nur diejenigen als Geschädigte betrachtet, deren private Interessen dadurch unmittelbar mitbeeinträchtigt werden, weil diese Beeinträchtigung die unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist ( BGE 119 Ia 342 E. 2 S. 344; BGE 117 Ia 135 E. 2a S. 137; ZR 74/1975 Nr. 47; NIKLAUS SCHMID, Strafprozessrecht, 2. Aufl. 1993, N. 508). Die Abgrenzung des Geschädigtenbegriffs fällt vor allem bei den zuletzt genannten Straftaten, die vorab dem Schutz allgemeiner Interessen dienen, nicht immer leicht. Die Rechtsprechung hat bisher beispielsweise die Geschädigtenstellung des Verfahrensbeteiligten bejaht, der durch ein falsches Zeugnis nach Art. 307 StGB einen Nachteil erleidet bzw. dem ein solcher droht (ZR 63/1964 Nr. 42), ferner diejenige des Privaten, der BGE 120 Ia 220 S. 224 durch eine Verletzung des Amtsgeheimnisses gemäss Art. 320 StGB in seiner Privatsphäre tangiert wird (ZR 89/1990 Nr. 53) oder diejenige des durch eine Ruhestörung nach § 9 des zürcherischen Gesetzes über das kantonale Strafrecht und den Vollzug von Strafen und Massnahmen vom 30. Juni 1974 Belästigten ( BGE 118 Ia 14 E. 2b S. 16). Dagegen werden im schweizerischen Recht Eigentümer, die bei Ausschreitungen Schaden erleiden, in einem Strafverfahren allein wegen Landfriedensbruchs ( Art. 260 StGB ) nicht als Geschädigte angesehen, weil dieser Tatbestand einzig die öffentliche Friedensordnung schützt, während Art. 145 Abs. 1bis StGB dem Schutz des Privatvermögens bei Gewalttätigkeiten aus Anlass einer öffentlichen Zusammenrottung dient ( BGE 117 Ia 135 E. 2b S. 138 f.). Die im vorliegenden Fall umstrittene Frage, ob der in seinen religiösen Überzeugungen Verletzte in einem Strafverfahren wegen Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit ( Art. 261 StGB ) als Geschädigter zu betrachten sei, ist in der Rechtsprechung soweit ersichtlich noch nie entschieden worden. c) Die Staatsanwaltschaft nimmt gestützt auf die systematische Stellung des Tatbestands der Störung der Glaubens- und Kultusfreiheit im Strafgesetzbuch und die neuere Rechtsprechung des Bundesgerichts an, dass das geschützte Rechtsgut von Art. 261 StGB allein der öffentliche Friede sei. Diese Strafbestimmung verbiete nicht bereits alle Äusserungen, die das religiöse Empfinden des Durchschnittsbürgers verletzten, sondern nur jene, die eine Störung des Religionsfriedens herbeiführten. Der Private könne sich zwar durch strafbare Handlungen gemäss Art. 261 StGB verletzt fühlen, doch handle es sich dabei lediglich um eine mittelbare Beeinträchtigung. Eine Geschädigtenstellung könne er daher in einem Strafverfahren betreffend Art. 261 StGB nicht beanspruchen. Diese Auffassung beruht auf einer unzutreffenden Interpretation der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung und ist auch im Ergebnis nicht haltbar. Nach Art. 261 Abs. 1 StGB macht sich strafbar, wer öffentlich und in gemeiner Weise die Überzeugung anderer in Glaubenssachen, insbesondere den Glauben an Gott, beschimpft oder verspottet oder Gegenstände religiöser Verehrung verunehrt. In einem Entscheid aus dem Jahre 1960 erklärte das Bundesgericht, das geschützte Rechtsgut dieser Bestimmung sei die Glaubensfreiheit, genauer die Achtung vor dem Mitmenschen und seiner Überzeugung in religiösen Dingen und damit gleichzeitig auch der religiöse Friede ( BGE 86 IV 19 E. 3 S. 23). Diese BGE 120 Ia 220 S. 225 Umschreibung des Rechtsguts von Art. 261 StGB ist in der Literatur auf Zustimmung gestossen (vgl. ROBERT HAUSER/JÖRG REHBERG, Strafrecht IV, 1989, S. 197; GÜNTER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil II, 3. Aufl. 1984, S. 207; STEFAN TRECHSEL, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 1989, Art. 261 N. 1). Sie wird auch in dem von der Staatsanwaltschaft angeführten neueren Urteil des Bundesgerichts betreffend den Film "Y" von Q. nicht in Frage gestellt. Der Schutz des öffentlichen Friedens erfährt hier zwar eine stärkere Hervorhebung, ohne aber den durch Art. 261 StGB geschützten Anspruch des Einzelnen auf Achtung seiner religiösen Überzeugung aufzuheben. Das Bundesgericht erklärt in diesem Entscheid, in der heutigen pluralistischen Gesellschaft erscheine es angezeigt, die Strafbarkeit von Meinungsäusserungen gemäss Art. 261 StGB auf jene Fälle zu beschränken, in denen der Täter vorsätzlich den öffentlichen Frieden gefährde, die notwendige Toleranz vermissen lasse und andere in ihren Grundrechten beeinträchtige (Urteil vom 13. März 1986 in ZR 85/1986 Nr. 44 E. 4b). Die in diesem Urteil vorgenommene Präzisierung der Rechtsprechung besagt, dass nur jene Missachtung der religiösen Überzeugungen von anderen strafbar sein soll, die so schwerwiegend ist, dass sie zugleich den öffentlichen Frieden stört. Diese Auslegung trägt dem Grundrecht der Religionsfreiheit ( Art. 49 und 50 BV ; Art. 9 EMRK ) Rechnung, indem sie die religiöse Auseinandersetzung nicht weitergehend einschränkt, als dies im Interesse des Gemeinschaftslebens erforderlich ist (vgl. PETER KARLEN, Das Grundrecht der Religionsfreiheit in der Schweiz, Diss. Zürich 1988, S. 415). Wenn die Staatsanwaltschaft aus der verstärkten Betonung des Bezugs der individuellen religiösen Überzeugungen zum öffentlichen Religionsfrieden schliesst, das geschützte Rechtsgut von Art. 261 StGB sei überhaupt nur noch der öffentliche Friede, so verkennt sie den Zweck dieses Straftatbestands. Dieser will die Verletzung religiöser Überzeugungen des Einzelnen unter Strafe stellen, allerdings nur jene, die so schwerwiegend ist, dass dadurch zugleich der öffentliche Friede gefährdet wird. Die Störung des Religionsfriedens erscheint also bei Art. 261 StGB immer als Folge einer gleichzeitigen Beeinträchtigung religiöser Überzeugungen des Einzelnen. Hierin liegt der Unterschied zum bereits erwähnten Tatbestand des Landfriedensbruchs nach Art. 260 StGB . Bei diesem umfasst die tatbestandsmässige Handlung neben der Bedrohung für den öffentlichen Frieden nicht auch die Beeinträchtigung eines individuellen Rechtsguts - BGE 120 Ia 220 S. 226 die vorausgesetzten Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder Sachen sind lediglich objektive Strafbarkeitsbedingung (TRECHSEL, a.a.O., Art. 260 N. 4) -, und die allenfalls gleichzeitig beeinträchtigte körperliche Integrität und das Privateigentum sind durch besondere Strafbestimmungen ( Art. 122 ff., 145 Abs. 1bis StGB ) eigens geschützt (vgl. BGE 117 Ia 135 E. 2b S. 138 f.). Entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft sind somit neben dem öffentlichen Frieden ebenfalls die religiösen Überzeugungen des Einzelnen geschütztes Rechtsgut von Art. 261 StGB . Ob diese Bestimmung im übrigen angesichts ihrer systematischen Einordnung im Strafgesetzbuch bei den Delikten gegen den öffentlichen Frieden als primär allgemeine und nur nebenbei auch individuelle Interessen schützende Norm anzusehen ist oder als solche, die dem Schutz allgemeiner und individueller Rechtsgüter gleichermassen dient, ist im vorliegenden Zusammenhang unerheblich. Auch wenn man das erstere annimmt, lässt sich nach der dargestellten, im Kanton Zürich befolgten Praxis den durch eine Straftat nach Art. 261 StGB Betroffenen die Geschädigtenstellung nicht absprechen. Die Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung erscheint als unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung, welche ja gerade darin besteht, dass ihre religiösen Überzeugungen beschimpft oder verspottet bzw. Gegenstände ihrer religiösen Verehrung verunehrt werden. Es ist daher willkürlich, wenn die Staatsanwaltschaft die durch eine strafbare Handlung nach Art. 261 StGB in ihrem religiösen Glauben Verletzten lediglich als mittelbar geschädigt betrachtet und daher in einem diesbezüglichen Strafverfahren nicht als Geschädigte im Sinne von § § 40 und 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO zulassen will. d) Trotz der unhaltbaren Begründung kann von der Aufhebung der angefochtenen Rekursentscheide abgesehen werden, wenn sich ihr Ergebnis mit einer substituierten Begründung ohne weiteres rechtfertigen lässt ( BGE 112 Ia 129 E. 3c S. 135). Es fragt sich somit, ob die Geschädigtenstellung der Beschwerdeführer aus anderen als den von der Staatsanwaltschaft angeführten Gründen zu verneinen ist. Nach den voranstehenden Erwägungen sind die Beschwerdeführer dann als Geschädigte zu betrachten, wenn das Buch "XY" sie in ihren religiösen Überzeugungen zu verletzen geeignet ist, weil darin ihre Glaubensansichten in einem ungünstigen Licht dargestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich der Schutz von Art. 261 StGB nicht nur auf den Glauben des Individuums, sondern - in Entsprechung mit dem verfassungsrechtlichen BGE 120 Ia 220 S. 227 Schutz von Art. 49 und 50 BV (vgl. BGE 118 Ia 46 E. 3b S. 52; BGE 116 Ia 252 E. 5a S. 257; BGE 97 I 116 E. 3a S. 120) - auch auf kollektive religiöse Überzeugungen und damit auf die Kirchen und Religionsgemeinschaften erstreckt. Inwieweit im Lichte dieser Kriterien die Geschädigtenstellung der Beschwerdeführer zu bejahen ist, kann aufgrund der vorliegenden Akten nicht abschliessend beurteilt werden. Mit Bezug auf einzelne Beschwerdeführer ist nicht ohne weiteres ersichtlich, ob das Buch kritische Äusserungen zu ihrem Glauben enthält, mit Bezug auf andere ist offen, ob die verletzten Interessen überhaupt religiöser Natur sind. Eine Substituierung der Begründung kommt unter diesen Umständen nicht in Frage.
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Urteilskopf 108 II 81 14. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 10. Mai 1982 i.S. V. gegen R. (Berufung)
Regeste Ehescheidung, Unterhaltsrente (Art. 151/152 ZGB). Zusprechung einer Rente gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB als Ersatz für den entgangenen Unterhaltsanspruch der Ehefrau gegenüber dem Ehemann. Verhältnis zur Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB . Wird durch die Ausrichtung einer Entschädigungsrente im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB die grosse Bedürftigkeit des ansprechenden Ehegatten behoben, so kann eine Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB nicht zugesprochen werden.
Erwägungen ab Seite 81 BGE 108 II 81 S. 81 Aus den Erwägungen: 3. Zu den Vermögensrechten, die durch die Scheidung beeinträchtigt werden und für die der schuldige Ehegatte dem schuldlosen nach Art. 151 Abs. 1 ZGB eine angemessene Entschädigung zu entrichten hat, gehört insbesondere der sich aus Art. 160 Abs. 2 ZGB ergebende Unterhaltsanspruch der Ehefrau gegenüber dem Ehemann ( BGE 105 III 54 , BGE 98 II 165 , BGE 95 II 597 , BGE 90 II 72 E. 4). Dabei hat sich die Ehefrau anrechnen zu lassen, was sie infolge der BGE 108 II 81 S. 82 durch die Scheidung erfolgten Befreiung von den Pflichten aus Ehe und Haushalt durch eigene Erwerbstätigkeit verdienen kann. Dieser Grundsatz ist immerhin nicht schematisch zu handhaben; es ist zu berücksichtigen, dass eine Ehefrau, selbst wenn sie schon während der Ehe einem Beruf nachging, normalerweise damit rechnen kann, ihre Berufstätigkeit mit zunehmendem Alter einzuschränken oder ganz aufzugeben, und dass der Verdienst einer älteren Frau mit fehlender Berufsausbildung in Zeiten wirtschaftlicher Rezession erfahrungsgemäss unsicherer ist als derjenige eines Mannes ( BGE 99 II 357 /358; BGE 95 II 598 ; BÜHLER/SPÜHLER, N. 42 zu Art. 151 ZGB ). Im übrigen ist für die Bemessung der Entschädigung die Verschuldenslage, das Alter der Ehegatten, die Dauer der Ehe sowie der Gesundheitszustand und die Ausbildung des berechtigten Ehegatten massgebend ( BGE 99 II 357 , BGE 98 II 165 /166). Nach den Feststellungen der kantonalen Gerichte erzielt der Beklagte einen Verdienst von monatlich Fr. 2'900.-- netto zuzüglich 13. Monatslohn. Die beiden ihm zugeteilten Söhne werden ihn nur noch während kurzer Zeit belasten, da sie bereits in der Lehre sind und ihren Lebensunterhalt bald selbst verdienen werden. Nach der allgemeinen Regel (vgl. BGE 90 II 75 ) steht der Klägerin bei den gegebenen Einkommens- und Familienverhältnissen grundsätzlich rund ein Drittel des ehemännlichen Einkommens zu. Dass die Klägerin gegenwärtig rund Fr. 800.-- pro Monat verdient, braucht sie sich nach dem Gesagten nicht voll anrechnen zu lassen. Bei Fortdauer der Ehe wäre sie angesichts der Einkommensverhältnisse des Beklagten kaum gezwungen gewesen, einer schlecht bezahlten und unsicheren Aushilfsbeschäftigung nachzugehen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die beruflichen Aussichten der heute 48jährigen Klägerin, die nach den Akten kaum Deutsch versteht und die über keinerlei Berufsausbildung verfügt, sich mit zunehmendem Alter eher verschlechtern werden. Zieht man ferner die lange Dauer der Ehe in Betracht, so wäre eine Entschädigungsrente in der Höhe von Fr. 500.-- trotz des Mitverschuldens der Klägerin keineswegs übersetzt gewesen. Die Vorinstanz hat die aufgrund von Art. 151 Abs. 1 ZGB geschuldete Rente nur auf Fr. 200.-- pro Monat bemessen, ohne konkret darzulegen, wie sie auf diesen Betrag gekommen ist. Anderseits hat sie der Klägerin zusätzlich eine Bedürftigkeitsrente in der Höhe von Fr. 300.-- zugesprochen. Diese kumulative Anwendung von Art. 151 und 152 ZGB erweckt Bedenken. Grundsätzlich ist der Rentenanspruch aus Art. 152 ZGB gegenüber demjenigen BGE 108 II 81 S. 83 aus Art. 151 ZGB subsidiär. Die Zusprechung einer Bedürftigkeitsrente im Sinne von Art. 152 ZGB ist daher ausgeschlossen, wenn die grosse Bedürftigkeit des ansprechenden Ehegatten durch die Ausrichtung einer Entschädigungsrente im Sinne von Art. 151 Abs. 1 ZGB behoben werden kann ( BGE 105 III 54 , BGE 90 II 74 /75; BÜHLER/SPÜHLER, N. 6 zu Art. 152 ZGB ). So verhält es sich hier. Die Rente hätte daher im Gesamtbetrag von Fr. 500.-- pro Monat auf Art. 151 Abs. 1 ZGB gestützt werden müssen, da Art. 152 ZGB auch nach Auffassung der Vorinstanz die Zusprechung eines höheren Betrages nicht erlaubt. Nachdem die Klägerin keine Berufung erhoben hat, muss es jedoch diesbezüglich beim angefochtenen Urteil sein Bewenden haben.
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Urteilskopf 114 II 239 41. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Oktober 1988 i.S. D. und St. gegen Stockwerkeigentümergemeinschaft S. (Berufung)
Regeste Partei- und Prozessfähigkeit sowie Aktivlegitimation der Stockwerkeigentümergemeinschaft im Prozess über Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln an gemeinschaftlichen Bauteilen ( Art. 712l Abs. 2 ZGB ). Stellungnahme zur Kritik an BGE 111 II 458 Nr. 88 und Bestätigung dieser Rechtsprechung.
Sachverhalt ab Seite 239 BGE 114 II 239 S. 239 A.- Hans-Rudolf D. und Hans St., die sich zu einer einfachen Gesellschaft zusammengeschlossen hatten, erstellten im Jahre 1973 in Möhlin zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 22 Wohnungen und einer Autoeinstellhalle. Anschliessend verkauften sie die in Stockwerkeigentum aufgeteilten Gebäude, wobei in den Kaufverträgen festgehalten wurde, die Verkäufer leisteten Garantie gemäss SIA, ausgenommen Schwund-, Setz- und Konstruktionsrisse. In den folgenden Jahren rügten die Käufer der Eigentumswohnungen verschiedene Mängel insbesondere an gemeinschaftlichen Bauteilen, über deren Behebung sie sich mit den Verkäufern teilweise nicht einigen konnten. B.- Im April 1983 erhob die Stockwerkeigentümergemeinschaft S. beim Bezirksgericht Rheinfelden Klage gegen D. und St. Die Klägerin machte vor allem Ansprüche auf Ersatz des Minderwertes geltend und verlangte die Zahlung von rund Fr. 409'000.-- nebst Zins. Das Bezirksgericht hiess die Klage mit Urteil vom 23. April 1986 für Fr. 252'799.60 nebst Zins gut. Auf Appellation der Beklagten und Anschlussappellation der Klägerin hob das Obergericht des Kantons Aargau am 30. Oktober 1987 das Urteil des Bezirksgerichts auf und verpflichtete die Beklagten zur Zahlung von Fr. 302'705.45 nebst 5% Zins auf BGE 114 II 239 S. 240 Fr. 296'949.85 ab 9. September 1980 und auf Fr. 5'755.60 ab 11. Dezember 1978. C.- Die Beklagten haben gegen das Urteil des Obergerichts Berufung und staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingelegt. Mit der vorliegenden Berufung stellen sie die Anträge, dieses Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten sei, eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Auffassung der Klägerin ist auf die Berufung nicht einzutreten, weil deren Begründung weitgehend mit derjenigen der staatsrechtlichen Beschwerde übereinstimme. Sie verweist auf BGE 113 IV 45 und fordert, diese Praxis des Kassationshofs sei auch von den Zivilabteilungen für Zivilprozesse zu bestätigen. Dazu besteht im vorliegenden Fall jedoch kein Anlass, denn soweit die Streitsache im Berufungsverfahren zu beurteilen ist, genügen die mit der Hauptbegründung der Berufung erhobenen Rügen den Anforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. c OG und werden auch nicht Mit Einwänden vermengt, die mit der staatsrechtlichen Beschwerde vorgebracht werden müssen. Auf die Berufung kann deshalb eingetreten werden. b) Gemäss Art. 57 Abs. 5 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde in der Regel vor der Berufung zu beurteilen. Eine Ausnahme rechtfertigt sich indes dann, wenn die Berufung unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens gutgeheissen werden kann ( BGE 112 II 340 E. 1, BGE 100 II 10 E. 1 mit Hinweisen). Ein solcher Fall liegt hier vor, da über die vom Obergericht bejahte, mit der Berufung aber bestrittene Aktivlegitimation der Klägerin entschieden werden kann, ohne dass dabei auf mit der Beschwerde angefochtene Feststellungen der Vorinstanz abgestellt werden müsste. 2. Das Obergericht hält die Prozessfähigkeit und Aktivlegitimation der Klägerin im Widerspruch zu BGE 111 II 460 E. 3, aber in Übereinstimmung mit einem Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen (SJZ 80 (1984) S. 166 f.) für gegeben. Die Frage, ob die Gewährleistungsansprüche wegen Mängeln gemeinschaftlicher Bauteile von Gesetzes wegen auf die Stockwerkeigentümergemeinschaft BGE 114 II 239 S. 241 übergingen, sei vom Bundesgericht im zitierten Urteil unter einem rein obligationenrechtlichen Gesichtspunkt geprüft worden, obschon die sachenrechtliche Betrachtungsweise näher liege. Das Bundesgericht habe auch keinen gangbaren Weg für den Fall aufgezeigt, dass Gewährleistungsklagen einzelner Miteigentümer auf Nachbesserung mit solchen auf Minderung oder Ersatz des Mängelfolgeschadens kollidierten. Zudem bestehe die Gefahr widersprüchlicher Urteile selbst dann, wenn von den einzelnen Stockwerkeigentümern nur Ansprüche auf Minderung oder Ersatz von Mängelfolgeschäden geltend gemacht würden. Nach Ansicht der Beklagten fehlt der Klägerin die Aktivlegitimation. Sie machen mit der Berufung geltend, die gegenteilige Annahme der Vorinstanz verletze Bundesrecht, insbesondere Art. 712l ZGB . Die Klägerin ihrerseits betrachtet sich als zur Erhebung der Klage legitimiert. Sie schliesst sich der Begründung der Vorinstanz an und behauptet zudem, aus dem im Grundbuch angemerkten Reglement über die Verwaltung ergebe sich, dass die einzelnen Stockwerkeigentümer ihre Gewährleistungsansprüche an die Gemeinschaft abgetreten hätten. Auch aus zwei Beschlüssen der Eigentümerversammlung lasse sich eine Abtretung der Ansprüche ableiten. Schliesslich hätten die Beklagten mehrmals gegenüber der Klägerin versprochen, die gerügten Mängel zu beheben, womit sie nach BGE 106 II 20 E. 6 deren Aktivlegitimation anerkannt hätten. 3. Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist aufgrund gesetzlicher Vorschrift vermögensfähig ( Art. 712l Abs. 1 ZGB ) sowie im Rahmen ihrer vermögensrechtlichen Zuständigkeit partei- und prozessfähig und damit in bestimmtem Umfange auch handlungsfähig ( Art. 712l Abs. 2 ZGB ). Diese Selbständigkeit kommt ihr indessen einzig als Verwaltungsgemeinschaft, nicht etwa auch als Eigentumsgemeinschaft zu (LIVER, Das Miteigentum als Grundlage des Stockwerkeigentums, FS Marxer, Separatdruck S. 50 ff.; DERSELBE, SPR, Bd. V/1, S. 106 ff.; STEINAUER, Les droits réels, Bd. I, S. 338 Rz. 1303; WEBER, Zur Prozessfähigkeit der Stockwerkeigentümergemeinschaft, SJZ 75 (1979) S. 117 ff.; FRIEDRICH, Hat sich das Stockwerkeigentum bewährt?, ZBGR 67 (1986) S. 76 f.). Zu den Verwaltungsaufgaben der Gemeinschaft zählen unter anderem Unterhalt, Reparatur und Erneuerung der gemeinschaftlichen Bauteile (Art. 712h Abs. 2 Ziff. 1 sowie Art. 712g Abs. 1 i.V. mit Art. 647 ff. ZGB ). Dies schliesst die Befugnis mit ein, Mängel BGE 114 II 239 S. 242 an diesen Bauteilen zu beheben oder beheben zu lassen ( BGE 106 II 20 E. 5 und 6; LIVER, ZBJV 121 (1985) S. 140 und 123 (1987) S. 145). Aus welchem Rechtstitel solche Massnahmen angeordnet und durchgesetzt werden, ist dabei für die Rechtszuständigkeit grundsätzlich bedeutungslos. Die Gemeinschaft kann insbesondere auch befugt sein, kauf- oder werkvertragliche Gewährleistungsansprüche gegen Verkäufer und Unternehmer durchzusetzen ( BGE 111 II 460 E. 3a). Von dieser möglichen ist die tatsächliche Rechtszuständigkeit im Einzelfall abzugrenzen. Es stellt sich mit andern Worten die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinschaft Trägerin solcher Gewährleistungsansprüche ist. Dies führt zur Frage nach ihrer Aktivlegitimation, der Zuständigkeit am eingeklagten Anspruch als materiellrechtliche Voraussetzung für dessen Durchsetzbarkeit ( BGE 108 II 217 E. 1). 4. a) Keiner weiteren Erörterung bedarf, dass die Gemeinschaft legitimiert ist, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen, die ihr aufgrund eigener, d.h. im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit abgeschlossener Werk- oder Kaufverträge zustehen. Gleiches - gilt für Vertragsansprüche, welche ihr ans direkter Verpflichtung eines an sich dem einzelnen Eigentümer verantwortlichen Unternehmers erwachsen, und zwar unbesehen darum, ob diese Ansprüche rechtlich als selbständige, vom Vertrag mit dem einzelnen Eigentümer losgelöste Obligationen (so BGE 106 II 20 ff.) oder als diesem entfliessende Gewährleistungsschulden betrachtet werden (so LIVER, ZBJV 121 (1985) S. 140 f. und 123 (1987) S. 145). Soweit die Gewährleistungsansprüche abtretbar sind, gibt die Verwaltungskompetenz der Gemeinschaft auch die Möglichkeit, sie von den einzelnen Stockwerkeigentümern durch Zession zu erwerben, soweit sie auf Mängeln an gemeinschaftlichen Bauteilen gründen ( BGE 109 II 426 E. 1e und f). Voraussetzung eines solchen Rechtserwerbs ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Abtretung durch privatautonomes Verfügungsgeschäft erfolgt; eine Legalzession wird nach geltendem Recht abgelehnt ( BGE 111 II 461 E. 3b). b) Die Rechtsprechung der kantonalen Gerichte ist uneinheitlich. Im Ergebnis übereinstimmend mit BGE 111 II 460 E. 3 wird die Rechtslage von der III. Zivilkammer des Zürcher Obergerichts (ZR 77 (1978) Nr. 116) und vom Kantonsgericht Neuenburg (RJN 1982 S. 29 ff.) beurteilt. In die gleiche Richtung wie der bereits zitierte Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen und das hier angefochtene Urteil gehen dagegen Entscheide des Thurgauer BGE 114 II 239 S. 243 Obergerichts (Vorentscheid zu BGE 106 II 11 , in RBOG 1980 Nr. 8) und des Kantonsgerichts Graubünden (PKG 1978 Nr. 1), welche die Aktivlegitimation der Gemeinschaft ohne weiteres bejahen, wenn diese in der personellen Zusammensetzung mit den Trägern der einzelvertraglichen Gewährleistungsansprüche identisch ist. Zum gleichen Ergebnis führt die in einem obiter dictum geäusserte Auffassung des Kantonsgerichts Wallis, welches die Zuständigkeit der Gemeinschaft damit begründet, dass diese bei Säumnis der Gewährspflichtigen vorerst die Nachbesserungskosten vorzuschiessen habe, weshalb sie in die Lage zu versetzen sei, sich am materiellen Schuldner schadlos zu halten (RVJ 21 (1987) S. 327 E. 8c). c) In der Literatur ist die Frage ebenfalls umstritten. So vertritt GAUCH, BGE 111 II 458 ff. zustimmend, eine ausschliesslich schuldrechtliche Auffassung (BR 1987, S. 70, Anmerkung zu Nr. 85). Die Frage des Mangels wie diejenige der daraus fliessenden Ansprüche beantwortet er einzig nach Massgabe der einzelnen Verträge der Stockwerkeigentümer, diejenige nach dem Rechtsübergang auf die Gemeinschaft nach Massgabe der Abtretbarkeit der Ansprüche und des Vorliegens rechtsgültiger Verfügungsgeschäfte. Eine Legalzession wird von diesem Autor sowohl für den Bereich des Kauf- wie des Werkvertrages abgelehnt. In dogmatisch gleichem Sinne argumentieren REY (Baumängel bei Stockwerkeigentum, recht 1984, S. 64 ff.), ZOBL (BR 1985, S. 18, Anmerkung zu Nr. 14) und FRIEDRICH (a.a.O., S. 77). Einer ausgesprochen sachenrechtlichen Auffassung sucht GROSSEN (La qualité pour exercer l'action en garantie en raison des défauts de la chose vendue ou de l'ouvrage sous le régime français et sous le régime suisse de la copropriété par étages, in: Mélanges Guy Flattet, S. 275 ff.) das Wort zu reden, indem er - in Anlehnung an die französische Lehre und Rechtsprechung - die Frage stellt, ob die Gewährleistungsansprüche, insbesondere der Nachbesserungsanspruch, nicht derart eng mit dem Sacheigentum verknüpft seien, dass sie mit diesem gleichsam verschmelzen und an die jeweiligen Eigentümer übergehen (S. 286). Daraus leitet er im wesentlichen die Aktivlegitimation der Gemeinschaft ab, die er allerdings nicht als ausschliessliche, sondern als mit derjenigen der einzelnen Stockwerkeigentümer konkurrierende versteht (S. 285). Ebenfalls die dingliche Komponente stellt WEBER in den Vordergrund, der eine unechte Lücke des Sachenrechts annimmt und eine Legalzession befürwortet (SJZ 75 (1979) S. 124). Allerdings kommt er mit BGE 114 II 239 S. 244 der Differenzierung zwischen unteilbaren und teilbaren sowie abtretbaren und nicht abtretbaren Gewährleistungsrechten zu einem für die verschiedenen Ansprüche unterschiedlichen Ergebnis (Gewährleistungsansprüche beim Stockwerkeigentum, BR 1985, S. 67 ff.). Sachenrechtlich argumentiert schliesslich auch LIVER, der zusätzlich das körperschaftliche Element berücksichtigt und die Durchsetzung von Nachbesserungsansprüchen unter den Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft stellt, sich zum Schicksal der übrigen Gewährleistungsansprüche dagegen nicht abschliessend äussert (ZBJV 123 (1987) S. 147 f.). STEINAUER bejaht unter Hinweis auf Lehre und Rechtsprechung die Aktivlegitimation der Gemeinschaft ebenfalls, nimmt zur Frage des Rechtstitels dagegen nicht Stellung (a.a.O., S. 339 Rz. 1303 a). 5. Trotz dieser vielfältig abweichenden Meinungen ist aus den folgenden Gründen an der Rechtsprechung gemäss BGE 111 II 548 ff. festzuhalten. a) Abgesehen von der Streitfrage, ob beim Stückkauf die Gewährleistungsklage eine besondere Form der Erfüllungsklage darstellt oder auf einem erfüllungsunabhängigen Garantieanspruch gründet (vgl. dazu GIGER, N. 16 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 197-210 OR ), haben die mit ihr verfolgten Ansprüche in jedem Fall eine vertragliche Grundlage. Denn die Leistung einer mangelhaften Sache ist bei vorausgesetzter oder zugesicherter Mängelfreiheit nie Erfüllung des Kaufvertrages. Gewährleistungsansprüche sind damit stets Vertragsansprüche, und zwar sowohl dem Bestand wie dem Inhalte nach. aa) Sachgewährleistungsansprüche erwachsen aus Mängeln der Kaufsache oder des Werkes. Mangelhaft ist der Leistungsgegenstand, wenn er vom Vertrag abweicht, wenn ihm eine zugesicherte oder nach dem Vertrauensprinzip vorausgesetzte und voraussetzbare Eigenschaft fehlt (GIGER, N. 52 zu Art. 197 OR ; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 264 f. Rz. 915 ff.; DERSELBE, BR 1987, S. 70, Anmerkung zu Nr. 85, Ziff. 3). Mithin beurteilt sich ausschliesslich nach Massgabe des konkreten Vertragsinhaltes, ob ein Mangel vorliegt oder nicht. Dabei versteht sich von selbst, dass die einzelnen Veräusserungsverträge über verschiedene Stockwerkeinheiten eines Gebäudes inhaltlich unterschiedlich gestaltet sein können, derselbe Sachverhalt somit im einen Vertrag als Mangel erscheint, im andern dagegen nicht. Bei Mangelhaftigkeit des Leistungsgegenstandes gibt das Gesetz dem Käufer Anspruch auf Wandelung, Minderung oder Schadenersatz BGE 114 II 239 S. 245 ( Art. 205 und 208 OR ), dem Besteller überdies auf Nachbesserung ( Art. 368 OR ). Diese Ordnung ist aber weitgehend dispositiver Natur; sie kann im Rahmen der Rechtsordnung vertraglich erweitert, aufgehoben oder beschränkt werden ( BGE 109 II 215 ; GIGER, N. 4 ff. zu Art. 199 OR ; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 474 ff. Rz. 1798 ff.). Welche Ansprüche dem Erwerber zustehen, beurteilt sich damit wiederum nach Massgabe seines Vertrages. Auch hier sind unterschiedliche Regelungen in den einzelnen Verträgen über das Stockwerkeigentum an einem Gebäude durchaus möglich. bb) Die Mängelrechte können durch Selbstverschulden des Erwerbers ( Art. 369 OR ) sowie durch Verletzung der Prüfungs- und Rügepflicht ( Art. 201, 367 und 370 OR ) untergehen oder zufolge Verjährung ( Art. 210, 219 Abs. 3 und 371 OR ) zu blossen Naturalobligationen werden. Auch diese negativen Anspruchsvoraussetzungen beurteilen sich nach den einzelnen Verträgen; der Rechtsverlust kann im einen Fall eingetreten sein, im andern dagegen nicht. Die Gewährleistungsordnung ist daher bei Veräusserung von Stockwerkeigentum nicht zwingend einheitlich, sondern geprägt durch die mögliche Vielfalt der Vertragsabsprachen und Vertragsabwicklungen. b) Der Gewährleistungsanspruch beruht wie jede Forderung aus dem vertraglichen Schuldverhältnis auf einer Sonderbeziehung zwischen bestimmten Personen, berechtigt einzig den Gläubiger und verpflichtet nur den Schuldner. Er erscheint damit als typischer Fall des relativen Rechts. An dieser Relativität ändert auch die Sachbezogenheit des Anspruchs nichts. Die das dingliche Recht charakterisierende unmittelbare und absolut wirkende Sachherrschaft lässt die vertragliche Natur der auf dem Erwerbsgeschäft gründenden Ansprüche aus Sachgewährleistung unberührt. Die in verschiedener Hinsicht ebenfalls dingliche Rechtsstellung der Stockwerkeigentümergemeinschaft vermag daher für sich allein deren Zuständigkeit an Vertragsansprüchen ihrer Mitglieder nicht zu begründen. Dies umso weniger, als wie vorne dargelegt -- die Stockwerkeigentümergemeinschaft eine reine Verwaltungsgemeinschaft ist und die eigentumsrechtliche Stellung des einzelnen Stockwerkeigentümers nicht antastet. Vertragliche Rechte und Pflichten können durch Universalsukzession oder Einzelrechtsnachfolge (Forderungsabtretung oder Schuldübernahme) auf Dritte übergehen. Die Abtretung einer Forderung hat dabei in der von Art. 165 OR vorgeschriebenen Form zu erfolgen, es sei denn, der Übergang geschehe kraft Gesetzes BGE 114 II 239 S. 246 oder durch richterliches Urteil ( Art. 166 OR ). Die Annahme einer Legalzession an die Gemeinschaft hat das Bundesgericht für die Gewährleistungsansprüche der Stockwerkeigentümer in BGE 111 II 461 E. 3b unter Verneinung der von einem Teil der Lehre und Rechtsprechung bejahten Möglichkeit einer Lückenfüllung abgelehnt. An dieser Praxis ist uneingeschränkt festzuhalten. Obschon der Gewährleistungsanspruch bei Mängeln an gemeinschaftlichen Anlagen die Besonderheit aufweist, dass einer Mehrzahl individueller Forderungen immer nur ein Gewährleistungsobjekt, nämlich das in Stockwerkeigentum aufgeteilte Gebäude gegenübersteht (WEBER, BR 1985, S. 68), und auch Praktikabilitätsgründe für eine darauf bezogene Rechtszuständigkeit der Gemeinschaft sprechen, vermögen diese Umstände dennoch keinen hinreichenden Grund abzugeben, um auf dem Wege der Rechtsprechung eine im Gesetz nicht enthaltene Subrogationsordnung zu schaffen. Die gesetzesübersteigende richterliche Rechtsfortbildung hat von vornherein ihre Grenzen dort, wo eine Antwort im Rahmen der geltenden Rechtsordnung mit spezifisch rechtlichen Erwägungen allein nicht gefunden werden kann, insbesondere daher dort, wo es vorwiegend um Fragen der Zweckmässigkeit geht (LARENZ, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 5. Aufl., S. 410). Die Rechtsprechung contra legem, welche nach Art. 1 ZGB von der richterlichen Lückenfüllung grundsätzlich ausgenommen ist ( BGE 107 Ib 106 E. 6b; MEIER-HAYOZ, Der Richter als Gesetzgeber, S. 124 ff.), kommt einzig über Art. 2 Abs. 2 ZGB und nur dann in Frage, wenn das Auslegungsergebnis zu einer krassen Ungerechtigkeit führt und ein darauf abgestütztes Verhalten als offenbarer Rechtsmissbrauch erscheint (MEIER-HAYOZ, N. 295 ff. zu Art. 1 ZGB ; DERSELBE, Der Richter als Gesetzgeber, in FS Guldener, S. 195 ff.; DESCHENAUX, SPR, Bd. II, S. 99 f.; GYGI, Vom Anfang und vom Ende der Rechtsfindung, recht 1983, S. 80 f.). Darüber hinaus gibt es keine allgemeine Möglichkeit der Berichtigung unbefriedigender Gebotsinhalte (MEIER-HAYOZ, N. 88 und 302 zu Art. 1 ZGB ; GYGI, a.a.O., S. 80 mit Hinweisen in Fn. 75); die Strategie der Rechtssetzung hat der Richter dem Gesetzgeber zu überlassen (MEIER-HAYOZ, Strategische und taktische Aspekte der Fortbildung des Rechts, JZ 1981, S. 417 ff., S. 423). c) Die Ablehnung einer Legalzession führt entgegen den in der Lehre und Rechtsprechung teilweise vorgebrachten Bedenken bei keinem der verschiedenen Gewährleistungsansprüche zu unhaltbaren Ergebnissen. BGE 114 II 239 S. 247 aa) Die Wandelungs- und die Minderungsrechte sind als Gestaltungsrechte nicht abtretbar; es können einzig die Forderungen auf ganze oder teilweise Rückerstattung der geleisteten Vergütung zediert werden (GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 470 f. Rz. 1781 f. mit Hinweisen). Der Durchsetzung dieser Forderungen durch die einzelnen Stockwerkeigentümer stehen aber keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen. Ein einheitliches Vorgehen mit bloss einer klägerischen Prozesspartei mag im allgemeinen wohl ökonomischer sein; doch vermag dies allein eine Gesetzeskorrektur über Art. 2 Abs. 2 ZGB nicht zu rechtfertigen. Eine notwendige Streitgenossenschaft der einzelnen Stockwerkeigentümer, deren Aktivitäten durch renitente Miteigentümer blockiert werden könnte, besteht nicht; die Durchsetzung der einzelnen Ansprüche in formeller Streitgenossenschaft oder durch die Gemeinschaft als rechtsgeschäftliche Zessionarin ist ohne weiteres möglich und regelmässig ohne besondere Schwierigkeiten auch realisierbar. Dabei ist wiederum zu beachten, dass einzelne Stockwerkeigentümer mit ihrer Weigerung zum gemeinsamen Vorgehen die Rechte der andern nicht zu schmälern vermögen. bb) Der werkvertragliche Nachbesserungsanspruch ist nach Lehre und Rechtsprechung abtretbar ( BGE 109 II 423 ff.; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 471 Rz. 1783; DERSELBE, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85, Ziff. 9). Dies gilt unbesehen darum, ob er realiter oder in Form der Kosten einer Ersatzvornahme geltend gemacht wird (dazu BGE 107 II 55 E. 3). Eine Besonderheit für Mängel an gemeinschaftlichen Anlagen eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Gebäudes ergibt sich daraus, dass dieser Nachbesserungsanspruch unteilbar ist und grundsätzlich jeder Erwerber - vorbehältlich einer vertraglichen Beschränkung seiner Ansprüche oder deren Verwirkung oder Verjährung - Anspruch auf Nachbesserung der gemeinschaftlichen Anlagen hat (WEBER, BR 1985, S. 69). Zu beachten ist indessen, dass nach richtiger Auffassung der Anspruch auf unentgeltliche Verbesserung des Werkes wiederum quotenbezogen ist, was zur Folge hat, dass die eine Nachbesserung verlangenden Stockwerkeigentümer im externen Verhältnis die Kosten ausserhalb ihrer Quotenanteile zu übernehmen haben und es eine Frage der internen Auseinandersetzung ist, ob sie diese Kosten auf die übrigen Miteigentümer - z.B. nach Art. 647 ff. ZGB überwälzen können (in diesem Sinne GAUCH, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85, Ziff. 8). Gleiches gilt für die Gemeinschaft. Verlangt sie - gestützt auf BGE 114 II 239 S. 248 einen Mehrheitsbeschluss der Stockwerkeigentümer gemäss Art. 647c i.V. mit Art. 712g ZGB - die Nachbesserung, hat sie insoweit die Kosten zu tragen oder vorzuschiessen, als sie sich nicht auf zedierte, quotenmässig zu ermittelnde Gewährleistungsansprüche zu berufen vermag. Soweit keine Zessionen stattgefunden haben oder nicht haben stattfinden können, hat sie die Stockwerkeigentümer auf dem Wege der Beitragsforderung nach Art. 712h ZGB zu belasten, wobei sie im Genusse der Sicherheiten nach Art. 712i und k ZGB steht. Auf diesem Wege lassen sich auch Kollisionen der verschiedenen Mängelrechte vermeiden. Die Vertragsnatur der Ansprüche bleibt gewahrt, das Wahlrecht des einzelnen Käufers oder Bestellers wird nicht beeinträchtigt. So kann ein Stockwerkeigentümer beispielsweise auf Minderung beharren, obgleich andere die Nachbesserung verlangen; die Auseinandersetzung verlagert sich auf den internen Kostenverteiler. Dies wiederum führt zum Ergebnis, dass auch im Bereiche der Nachbesserung weder ein gemeinsames Vorgehen noch eine Legalzession notwendig sind. cc) Ob die Gemeinschaft überhaupt fähig wäre, Ansprüche der einzelnen Eigentümer auf Ersatz von Mängelfolgeschäden zessionsweise zu erwerben, was angesichts des blossen Verwaltungszweckes zum mindesten nicht auf der Hand liegt (zweifelnd auch GAUCH, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85, Ziff. 9), kann offenbleiben, da auch insoweit keine Gründe ersichtlich sind, welche eine Legalzession der in sich geschlossenen, selbständigen und gegenseitig unabhängigen Ansprüche als notwendig erscheinen lassen. d) Weiter ist zu beachten, dass eine Legalzession sich für einzelne Stockwerkeigentümer auch nachteilig auswirken könnte. Einerseits würde der Käufer oder Besteller seines Wahlrechtes unter den verschiedenen Gewährleistungsansprüchen beraubt, anderseits verlöre er die Möglichkeit der Verrechnung gegenüber einer Preis- oder Werklohnforderung des Veräusserers (dazu ZOBL, BR 1985, S. 18, Anmerkung zu Nr. 14). Diese Nachteile belegen insbesondere, dass es sich nicht rechtfertigt, in die gesetzliche Ordnung mit einer korrigierenden Massnahme einzugreifen, welche möglicherweise im Einzelfall zu einem sachgerechten Ergebnis führen kann, in einem anders gelagerten Fall dagegen als der bestehenden Ordnung unterlegen erscheint (MEIER-HAYOZ, JZ 1981, S. 421 f.). Die Interessenlage ist keineswegs so einheitlich, wie sie von den Befürwortern einer Legalzession dargestellt wird. BGE 114 II 239 S. 249 e) Auch die Legalzession setzt sodann den Bestand einer übergangsfähigen Forderung voraus. Stehen einzelnen Stockwerkeigentümern zufolge Freizeichnung, anderweitiger Beschränkung der Gewährleistung oder Rechtsverlusts keine Ansprüche zu, kann die Gemeinschaft solche von diesen Miteigentümern auch nicht erwerben. Das Problem der unteilbaren Leistung wird deshalb auch durch diese Auffassung nicht gelöst. f) Dass bei gesondertem Vorgehen der einzelnen Eigentümer die Gefahr widersprüchlicher Urteile besteht, ist nicht zu verkennen, aber genau so hinzunehmen wie in allen andern Fällen selbständiger Verfolgung inhaltlich ganz oder weitgehend identischer Ansprüche. Ihr kann im übrigen durch eine sachgerechte Handhabung des im kantonalen Prozessrecht verbreiteten Instituts der Verfahrenseinstellung begegnet werden. 6. Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz ist demnach eine Aktivlegitimation der Klägerin aus gesetzlichem Rechtserwerb zu verneinen, was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt. Da die Klägerin eventualiter geltend macht, Gewährleistungsansprüche zessionsweise durch Reglement oder Versammlungsbeschluss erworben und direkte Sanierungszusagen der Beklagten erhalten zu haben, die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aber nicht ausreichen, diese Rechtsfragen zu beantworten, muss die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen werden ( Art. 64 Abs. 1 OG ). Die Vorinstanz wird sich, prozesskonforme Vorbringen vorbehalten, damit noch auseinanderzusetzen haben.
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Urteilskopf 104 Ia 179 30. Estratto della sentenza della Corte di cassazione penale del 30 giugno 1978 nella causa X. c. Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino
Regeste Revisionsverfahren in Stafsachen; Verhältnis zur EMRK; persönliches Auftreten des verurteilten Gefangenen vor Gericht nach Tessiner Strafprozessrecht. 1. Die Regelung des Revisionsverfahrens wird von der EMRK nicht erfasst. 2. Die Bestimmung des Tessiner Strafverfahrens, wonach der verurteilte Gefangene im Revisionsverfahren vor dem kantonalen Kassations- und Revisionsgericht in Strafsachen nicht persönlich erscheinen darf ( Art. 245 StPO in Verbindung mit Art. 233 Abs. 3 StPO ), verletzt Art. 4 BV in den Fällen, wo das Gericht Beweise aufnimmt, die für den Erfolg des Revisionsgesuchs erheblich sind.
Erwägungen ab Seite 180 BGE 104 Ia 179 S. 180 Dai considerandi: 3. Nella misura in cui il ricorrente invoca nel fascicolo II pag. 49a segg. del gravame una violazione dell' art. 6 CEDU , per non aver potuto presenziare personalmente, ma soltanto attraverso il suo difensore, all'interrogatorio dei testi Brunning, Gardner e Littlewood, la sua censura è infondata. Secondo costante giurisprudenza della Commissione europea dei diritti dell'uomo, il diritto ad ottenere la revisione del processo non costituisce parte integrante del processo penale, di guisa che la procedura di revisione, ove sia prevista dagli Stati aderenti alla Convenzione, non soggiace, per quanto concerne la sua disciplina, alla CEDU (Annuaire de la Commission européenne des droits de l'homme, vol. 5, pag. 101; vol. 7, pagg. 305/307; vol. 12, pag. 289). Deve, per converso, riconoscersi che nell'assunzione delle prove testimoniali a cui egli non ha potuto presenziare personalmente è ravvisabile una violazione dell' art. 4 Cost. L' art. 245 del codice di procedura penale ticinese (CPP) stabilisce che alla procedura in materia di revisione si applicano per analogia le disposizioni degli art. 232 segg. dello stesso codice. Ai sensi dell' art. 233 cpv. 2 CPP , l'accusato può, se è a piede libero, comparire personalmente avanti alla Corte di cassazione e di revisione penale (CCRP). L' art. 233 cpv. 3 CPP dispone, invece, che "l'accusato in istato d'arresto non si fa comparire". Quest'ultima disposizione può trovare una spiegazione nella particolare natura della procedura di cassazione (nella cui disciplina figurano gli art. 232 segg. CPP), dato che la CCRP ha colà una cognizione limitata e non le incombe di assumere prove o di valutarle liberamente. Anche in tale sede, tuttavia, la distinzione tra accusato a piede libero ed accusato BGE 104 Ia 179 S. 181 in stato d'arresto non trova una plausibile giustificazione ed appare assai problematica. Certo è comunque che l'applicazione analogica dell' art. 233 cpv. 3 CPP nella procedura relativa alla domanda di revisione è incompatibile con l' art. 4 Cost. laddove la CCRP assume, quale istanza di revisione, prove concernenti fatti nuovi o nuove prove concernenti fatti già addotti, e in particolare quando, come nella fattispecie, interroga testi e ne valuta liberamente le deposizioni. In questi casi il richiedente ha il diritto di prendere parte nella procedura di revisione all'assunzione delle prove. Trattasi in detta procedura non di veri e propri diritti di difesa, quali quelli spettanti all'imputato nel quadro del procedimento penale. Nella procedura di revisione il richiedente non è infatti più imputato. Nondimeno la giurisprudenza relativa all' art. 4 Cost. non limita il diritto d'essere sentito al processo penale in senso stretto, bensì lo estende in modo generale ai procedimenti in materia penale ( DTF 101 Ia 296 ). Non sarebbe d'altronde comprensibile che si volesse negare nella procedura di revisione quanto riconosciuto nel processo penale, allorquando la giurisprudenza ha riconosciuto lo stesso diritto nell'ambito della procedura civile, nella quale s'è in presenza non di diritti di difesa in senso proprio, bensì in generale di diritti di parte. Tali diritti esistono e vanno garantiti anche nella procedura di revisione in materia penale.
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Urteilskopf 82 I 258 37. Urteil vom 14. Dezember 1956 i.S. Michel und Luginbühl gegen eidg. Volkswirtschaftsdepartement.
Regeste Betriebsbewilligungen: Voraussetzungen für die Eröffnung einer Uhrensteinfabrik. Fall zweier Bewerber, die geltend machen, dass ihre Fähigkeiten sich ergänzen.
Sachverhalt ab Seite 258 BGE 82 I 258 S. 258 A.- Franz Michel, geboren 1914, betätigte sich, nachdem er den Coiffeurberuf erlernt und ausgeübt hatte, von 1943 an als Tourneur von Uhrensteinen, zunächst bei der Watch Stones A.-G. in Thun und seit 1951 in der Uhrensteinfabrik Bula und Gasser G.m.b.H. in Thun. Emil Luginbühl, geboren 1921, trat 1937 bei der Watch Stones A.-G. ein, wo er das Creusage lernte und anschliessend bis 1946 als Vorarbeiter beschäftigt wurde. Er war dann während einiger Monate Vertreter einer Bürstenfabrik. Seit November 1946 arbeitet er als Atelierchef in der Uhrensteinfabrik Bula und Gasser G.m.b.H. Sein Dienstvertrag bestimmt: "Bei Abwesenheit des Geschäftsführers soll die Arbeit folgendermassen eingeteilt werden: BGE 82 I 258 S. 259 a) Herr Luginbühl übernimmt die Verantwortung betreffend der Creusages-, Posages- und Visitagesarbeiten. b) Herr Gasser übernimmt die Verantwortung für die übrigen Arbeiten, die mit dem Betrieb und mit dem Büro im Zusammenhang stehen." Am 10. Februar 1956 stellten Michel und Luginbühl das Gesuch, es sei ihnen gemeinsam die Eröffnung einer Uhrensteinfabrik mit 14 Arbeitskräften zu bewilligen. B.- Mit Entscheid vom 19. Juni 1956 hat das eidg. Volkswirtschaftsdepartement die erbetene Bewilligung verweigert. Es führt aus, auf Grund von Art. 4 Abs. 1 lit. a UB könnte die Bewilligung nur erteilt werden, wenn jeder Gesuchsteller in seiner Person die dort umschriebenen Voraussetzungen voll erfüllte, was nicht zutreffe. Beide Gesuchsteller seien nicht über alle in der Uhrensteinfabrikation vorkommenden Arbeitsgänge gründlich orientiert, noch hätten sie in dieser Branche eine kaufmännische Tätigkeit ausgeübt. Besondere Umstände, welche eine Bewilligung nach Art. 4 Abs. 2 lit. a UB rechtfertigen würden, seien nicht ersichtlich. Angesichts der einseitigen Ausbildung und Praxis der Gesuchsteller sei zweifelhaft, ob der geplante Betrieb lebensfähig wäre. C.- Michel und Luginbühl führen Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Departements sei aufzuheben und die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen. Sie machen geltend, für eine Bewilligung nach Art. 4 Abs. 1 lit a UB müsse genügen, dass sie zusammen die dort festgelegten Voraussetzungen erfüllten. Sie kennten alle Arbeitsgänge, welche die Uhrensteinfabriken üblicherweise selbst besorgten. Das Perçage gehöre nicht zur eigentlichen Uhrensteinfabrikation, sondern sei ein eigener Fabrikationszweig. Das Grandissage hätten die Beschwerdeführer zwar nicht selbst ausgeübt, doch verständen sie - namentlich Luginbühl - diese Arbeit vorzubereiten und zu beurteilen. Übrigens werde das Grandissage häufig an Dritte vergeben. Im Tournage sei Michel spezialisiert. Das Verifiage werde allgemein an Dritte vergeben, ebenso das Olivage. Das Creusage, BGE 82 I 258 S. 260 Amorçage, Polissage, Posage und Visitage kenne Luginbühl gründlich; habe er doch auf diesen Gebieten als Chef gearbeitet. Man könne nicht verlangen, dass die Gesuchsteller sämtliche Arbeitsgänge schon selber ausgeführt haben. Es genüge, dass sie gemeinsam die für die Leitung, Organisation und Beurteilung der Arbeit nötigen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse besässen, was sie durch ihre bisherige Tätigkeit als Fabrikationschefs der Bula und Gasser G.m.b.H. bewiesen hätten. Sie verfügten auch über die notwendigen kaufmännischen Kenntnisse. Es sei zu beachten, dass die Uhrensteinfabriken ausschliesslich inländische Kunden beliefern. Die Beschwerdeführer, insbesondere Luginbühl, seien in der Lage, die Produktivität der eingesetzten Arbeiter abzuschätzen und die Preise zu berechnen. Sie absolvierten einen Buchhaltungskurs. Auf jeden Fall müsste die Bewilligung auf Grund von Art. 4 Abs. 2 lit. a UB erteilt werden. D.- Das eidg. Volkswirtschaftsdepartement beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Erteilung einer Bewilligung auf Grund von Art. 4 Abs. 1 lit. a UB setzt voraus, dass der Gesuchsteller in der in Frage stehenden Branche eine ausreichende technische und kaufmännische Tätigkeit ausgeübt hat und die notwendigen Kenntnisse für die Leitung des zu eröffnenden Betriebes besitzt. Die Beschwerdeführer wollen eine Uhrensteinfabrik eröffnen, einen Betrieb, der nach ihrer eigenen Darstellung normalerweise das Grandissage, Tournage, Verifiage, Creusage, Amorçage, Polissage, Posage, Olivage und Visitage umfasst. Sie sind jedoch weder einzeln noch gemeinsam mit allen diesen Partien in technischer Beziehung gründlich vertraut. Michel beherrscht nur das Tournage. Luginbühl hat das Creusage gelernt und sich auf diesem Gebiete als Vorarbeiter oder Atelierchef betätigt; wenn er ferner im Posage und Visitage, wofür er in der Firma Bula BGE 82 I 258 S. 261 und Gasser G.m.b.H. nach dem Dienstvertrag in Abwesenheit des Geschäftsführers ebenfalls die Verantwortung getragen hat, und ebenso, wie die Beschwerde behauptet, im Grandissage, Amorçage und Polissage genügende Kenntnisse und Erfahrungen besitzt, so hat er doch auf jeden Fall im Verifiage und Olivage keine Praxis. Wer ein kleines Unternehmen, wie es die Beschwerdeführer zu betreiben gedenken, eröffnen will, muss aber alle Arbeitsgänge, die bei der betreffenden Fabrikation normalerweise vorkommen, genau kennen, da er selbst imstande sein muss, alle seine Arbeiter zu beaufsichtigen, die Qualität und die Ergiebigkeit ihrer Arbeit zu beurteilen und sämtliche Gestehungskosten zu berechnen. Wenn in der Uhrensteinfabrikation gewisse Partien an Unterakkordanten vergeben werden, so muss doch der Fabrikant, der seiner Kundschaft die fertigen Steine liefert, in der Lage sein, den Wert der Arbeit, die er durch Dritte ausführen lässt, einzuschätzen. Dazu kommt, dass die Konjunktur sich ändern und er infolgedessen gezwungen sein kann, alle zu seiner Fabrikation gehörenden Partien im eigenen Betriebe auszuführen. Die Beschwerdeführer besitzen daher auch gemeinsam nicht alle technischen Kenntnisse und Erfahrungen, über die verfügen muss, wer eine Uhrensteinfabrik mit Aussicht auf Erfolg in guten wie in schlechten Zeiten leiten will. Michel erfüllt offensichtlich auch die kaufmännischen Anforderungen nicht. Luginbühl kann sich in dieser Beziehung nur auf die Erfahrungen berufen, die er als Vorarbeiter oder Atelierchef erworben hat. Diese Erfahrungen genügen aber schon deshalb nicht, weil sie nicht die ganze Uhrensteinfabrikation umfassen. Abgesehen hievon dürften sie auch deswegen kaum ausreichen, weil die kaufmännische Leitung einer Uhrensteinfabrik schwieriger ist als diejenige von Unternehmungen, die in der Regel nur einen sehr beschränkten Kundenkreis haben, wie etwa eines Terminageateliers (vgl. BGE 79 I 108 ) oder eines Betriebes, der sich nur mit einer Partie der Uhrensteinfabrikation befasst. BGE 82 I 258 S. 262 Besitzen mithin die Beschwerdeführer weder einzeln noch zusammen die technische und kaufmännische Qualifikation, die Voraussetzung einer Bewilligung nach Art. 4 Abs. 1 lit. a UB wäre, so kann hier offen gelassen werden, ob eine solche Bewilligung überhaupt zulässig sei, wenn die verschiedenen Anforderungen an die Fähigkeit zur Leitung des zu eröffnenden Betriebes nicht in der Person eines einzigen Gesuchstellers, sondern nur in der Verbindung von zwei oder mehr solchen erfüllt sind. 2. Art. 4 Abs. 2 UB ermöglicht die Erteilung einer Bewilligung auch in Fällen, wo nicht alle Voraussetzungen von Abs. 1 hit. a gegeben sind. Auch unter dem Gesichtspunkte von Abs. 2 muss jedoch Gewähr für den guten Gang des zu eröffnenden Unternehmens bestehen. Daran fehlt es hier nach dem in Erw. 1 Ausgeführten, auch wenn berücksichtigt wird, dass die Fähigkeiten der beiden Beschwerdeführer sich in einem gewissen Umfange ergänzen, und angenommen werden kann, dass die geplante Verbindung dauerhaft wäre. Der angefochtene Enscheid hält auch vor Art. 4 Abs. 2 UB stand. Besondere Umstände, welche eine abweichende Lösung rechtfertigen würden, sind nicht nachgewiesen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 80 I 184 30. Urteil vom 3. März 1954 i.S. Kanton Thurgau gegen Kanton St. Gallen.
Regeste Der Steuerwohnsitz des unselbständig erwerbstätigen Minderjährigen befindet sich, sofern nicht intensivere persönliche oder familiäre Beziehungen zu einem andern Ort bestehen, am Arbeitsort (Anderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 185 BGE 80 I 184 S. 185 A.- Der 1935 geborene Fritz Indermauer, dessen Eltern in Berneck (Kanton St. Gallen) wohnen, ist als Landarbeiter in Aadorf (Kanton Thurgau) in Stellung. Das Gemeindesteueramt Berneck nahm ihm gegenüber die Steuerhoheit des Kantons St. Gallen und der Gemeinde Berneck in Anspruch und teilte dem Gemeindesteueramt Aadorf mit Brief vom 6. Dezember 1952 mit, dass Indermauer gestützt auf das Urteil des Bundesgerichtes vom 20. Dezember 1950 i.S. Schüpbach ( BGE 76 I 302 ) am Wohnort der Eltern in Berneck besteuert werde. Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen bestätigte diesen Standpunkt. B.- Mit staatsrechtlicher Klage vom 14. Juli 1953 beantragt der Kanton Thurgau, das Bundesgericht wolle feststellen, dass Fritz Indermauer in Aadorf steuerpflichtig sei. Zur Begründung wird im wesentlichen ausgeführt: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts im Falle Schüpbach befinde sich der Steuerwohnsitz des unselbständig erwerbenden Minderjährigen am Wohnort des Inhabers der elterlichen Gewalt. Der Kläger beantrage, diese Praxis zu überprüfen und für die unmündigen Kinder, welche selbständig oder unselbständig erwerbstätig seien und sich ausserhalb des Wohnsitzes des Gewaltinhabers befänden, ein selbständiges Steuerdomizil anzuerkennen. Denn wirtschaftlich könne zwischen selbständig und unselbständig erwerbenden Kindern mit Bezug auf ihre Selbständigkeit oder Unselbständigkeit gegenüber dem Inhaber der elterlichen Gewalt ein massgeblicher Unterschied nicht anerkannt werden. Die Erfahrung zeige, dass in unselbständiger Stellung tätige Kinder gegenüber den Eltern oft unabhängiger seien als selbständig erwerbende. Dazu kämen Schwierigkeiten in der Veranlagung und im Bezug BGE 80 I 184 S. 186 der Steuern. Da die Behörden des Wohnortes am ehesten in der Lage seien, sich die notwendigen Unterlagen für die Veranlagung zu beschaffen und die Verhältnisse des Pflichtigen zu beurteilen, könne die Veranlagung am Arbeitsort im allgemeinen besser vorgenommen werden. Etwas anderes gelte nur bei stärkeren persönlichen oder familiären Beziehungen zu einem andern Ort. Die Annahme des Urteils Schüpbach, dass das unmündige Kind zum Elternhaus- derartige Beziehungen habe, erweise sich als unzutreffend. Die Eltern seien oft nicht einmal in der Lage, über den Aufenthaltsort und die Arbeitsstelle des Kindes Auskunft zu geben, geschweige denn einen Beitrag an die für dieses bezahlten Steuern zu erhalten. Die praktische Durchsetzung des Urteils ergäbe daher erhebliche Schwierigkeiten. Den Inhaber der elterlichen Gewalt zu verpflichten, für das auswärts weilende Kind eine richtige Steuererklärung abzugeben, lege ihm eine Last auf, der er oft nicht gerecht zu werden vermöge. Auch für die Steuerverwaltungen selbst entstünden erhebliche Schwierigkeiten. Bei allen in die Gemeinde zuziehenden Personen müsse abgeklärt werden, ob es sich um minderjährige Kinder handle und in welcher Stellung sie tätig seien. Die Behörden des Arbeitsortes müssten Kontrollen führen, die es ermöglichten, die Pflichtigen vom Zeitpunkt der Volljährigkeit ab am Arbeitsort zu besteuern, die Behörden des Wohnortes Kontrollen über die sich auswärts aufhaltenden minderjährigen Kinder und darüber, ob das Kind selbständig oder unselbständig erwerbstätig sei. Diese Komplikationen hätten zur Folge, dass ein grosser Teil der auswärts sich aufhaltenden minderjährigen Kinder überhaupt nicht besteuert würden. Es sollte deshalb anerkannt werden, dass das unselbständig erwerbstätige Kind, das sich nicht am Wohnsitz des Gewaltinhabers aufhalte und das nicht regelmässig das Wochenende in der Familie verbringe, am Arbeitsort steuerpflichtig sei. Da Indermauer über das Wochenende nicht nach Berneck zurückkehre, sei er in Aadorf steuerpflichtig zu erklären. BGE 80 I 184 S. 187 C.- Die Steuerverwaltung des Kantons St. Gallen beantragt namens des Regierungsrates die Abweisung der Beschwerde, erklärt indes, sie könne sich der Auffassung nicht verschliessen, dass der Standpunkt des Kantons Thurgau viel für sich habe und dass an sich ein Zurückkommen auf das Urteil i.S. Schüpbach vom Standpunkt der Steuerpflichtigen wie der Kantone zu begrüssen wäre. D.- Das Bundesgericht hat bei sämtlichen Kantonen eine Umfrage durchgeführt, auf die sich alle mit Ausnahme der Kantone Schwyz, Nidwalden und Glarus geäussert haben, die Kantone Zürich, Obwalden, Aargau, Waadt und Wallis im Sinne der Beibehaltung der bisherigen Praxis, die übrigen im Sinne des Zurückkommens darauf und der Anerkennung des Steuerwohnsitzes des Arbeitsortes für Minderjährige in unselbständiger Stellung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Streitigkeiten unter Kantonen darüber, welchem von ihnen die Steuerhoheit mit Bezug auf einen Steuerpflichtigen zusteht, gehören als Kompetenzkonflikte zu den staatsrechtlichen Anständen im Sinne von Art. 83 lit. b OG . Der Anstand der Parteien darüber, welcher von ihnen die Steuerhoheit über Fritz Indermauer zukomme, ist ein derartiger Konflikt. 2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts bestimmt sich der Steuerwohnsitz der natürlichen Person für den Regelfall nach dem zivilrechtlichen Wohnsitz, d.h. danach, wo sich der Pflichtige mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält ( Art. 23 ZGB ). Dieser zivilrechtliche Wohnsitz wird für bestimmte Personen vom Gesetz selbst festgelegt. So gilt der Wohnsitz des Ehemannes auch als Wohnsitz der Ehefrau und der unter seiner Gewalt stehenden Kinder, der Wohnsitz der Vormundschaftsbehörde als der Wohnsitz der unter Vormundschaft stehenden Person (Art. 25 ebenda). Die Ehefrau kann jedoch einen selbständigen Wohnsitz haben (Art. 25 Abs. 2). Unmündige Kinder, die ausserhalb des elterlichen BGE 80 I 184 S. 188 Wohnsitzes berufstätig sind, haben nach der Rechtsprechung ( BGE 45 II 245 ) den Wohnsitz am Geschäftsort. Diese Praxis hat das Bundesgericht später dahin präzisiert, dass nur das in selbständiger Stellung erwerbstätige Kind einen vom elterlichen getrennten Wohnsitz besitze, während das in unselbständiger Stellung erwerbstätige den Wohnsitz des Gewaltinhabers teile ( BGE 67 II 82 ). Bei der Bestimmung des Steuerwohnsitzes dieser Personen mit gesetzlichem Wohnsitz hat freilich das Bundesgericht in Einzelfällen nicht auf die zivilrechtliche Ordnung abgestellt. So hat es die Regel des Art. 24 Abs. 1 ZGB , wonach der einmal begründete Wohnsitz einer Person bis zum Erwerb eines neuen Wohnsitzes bestehen bleibe, als für das interkantonale Steuerrecht nicht anwendbar bezeichnet ( BGE 52 I 23 , BGE 53 I 279 , BGE 59 I 213 , BGE 67 I 103 , BGE 77 I 25 Erw. 2 und die dortigen Zitate), dies deshalb, weil die Gründe, die für das fiktive Weiterbestehen des früheren Wohnsitzes in zivilrechtlicher Beziehung sprechen, für die steuerrechtlichen Domizilwirkungen nicht gelten, das Steuerrecht auf den tatsächlichen Mittelpunkt der persönlichen Beziehungen abstellt. Weitere Ausnahmen bestehen, wenn eine vom Wohnsitz des Familienhauptes getrennte, auf die Dauer berechnete Familienniederlassung besteht ( BGE 40 I 227 , BGE 47 I 66 , BGE 57 I 415 Erw. 2), sodann bei Saisonangestellten. Das Urteil i.S. Schüpbach stellt für die Bestimmung des steuerrechtlichen Wohnsitzes unselbständig erwerbender minderjähriger Personen auf die zivilrechtliche Ordnung ab, indem es den zivilrechtlichen Wohnsitz des Kindes auch für die Besteuerung als massgeblich bezeichnet. Die mit der Klage beantragte Änderung würde also den Anwendungsbereich der vorhandenen Ausnahmen um eine vermehren und für die steuerrechtliche Entscheidung dem wirklichen vor dem gesetzlichen Wohnsitz den Vorzug geben. Systematisch gesehen kann die bisherige Ordnung den Vorzug der Klarheit und bessern Übersichtlichkeit für sich in Anspruch nehmen. Sie hält sich an den zivilrechtlichen BGE 80 I 184 S. 189 Wohnsitz, auf den das Steuerrecht im allgemeinen abstellt. Doch ist nicht zu verkennen, dass die Anerkennung des tatsächlichen dauernden Aufenthaltes für die Besteuerung die unselbständig erwerbenden Minderjährigen den volljährigen Pflichtigen gleichstellen würde, die, sofern sie nicht stärkere Beziehungen zum Familienort behalten, am Aufenthalts- oder Arbeitsort steuerpflichtig sind ( BGE 68 I 139 , BGE 69 I 77 , BGE 77 I 118 , BGE 78 I 315 ). Insoweit kann gesagt werden, die Praxis Schüpbach führe zu Unterscheidungen, die nicht ohne weiteres zu überzeugen vermöchten. Sie hat z.B. auch zur Folge, dass von zwei zur selben Familie gehörenden, am gleichen Ort erwerbstätigen Kindern das volljährig gewordene am Arbeitsort steuerpflichtig ist, das minderjährige dagegen am gesetzlichen Wohnsitz, und dass der Steuerwohnsitz des minderjährigen Kindes, das wenige Monate vor Erreichung der Volljährigkeit auswärts eine Stelle annimmt, nicht schon mit dieser Übersiedlung, sondern erst auf den Augenblick des Eintrittes der Volljährigkeit auf den Arbeitsort übergeht. Würde auf diesen abgestellt, d.h. der Steuerort sich immer danach bestimmen, wenn der Arbeitsort auch für den volljährigen Pflichtigen zum Steuerwohnsitz wird, weil keine intensiveren Beziehungen zum Familienort bestehen, so würde damit der unselbständig erwerbende Minderjährige nicht bloss dem selbständig erwerbenden Kind gleichgestellt, sondern auch dem Regelfall des unselbständig erwerbstätigen Pflichtigen überhaupt unterstellt. 3. Wenn zu entscheiden ist, ob für den Steuerwohnsitz des unselbständig erwerbstätigen Minderjährigen abgewichen werden soll von der zivilrechtlichen Ordnung des Wohnsitzes, also dem tatsächlichen vor dem gesetzlichen Wohnsitz der Vorzug gegeben werden soll, so kann dabei die Ordnung der Besteuerung dieser Personen in den kantonalen Steuergesetzen und dürfen ausserdem auch die praktischen Schwierigkeiten nicht ausseracht gelassen werden, die sich aus der Zugrundelegung der einen oder andern Lösung ergeben können. BGE 80 I 184 S. 190 In den kantonalen Steuergesetzen werden die Minderjährigen für die Einkommensbesteuerung entweder als gesonderte Steuersubjekte behandelt, oder ihr Erwerb wird, allenfalls unter Anwendung der Progression, demjenigen des Gewaltinhabers zugerechnet; letzteres insbesondere, wenn das minderjährige Kind im gemeinsamen Haushalt mit den Eltern wohnt, ersteres, wo dies nicht der Fall ist. Die in den Äusserungen der kantonalen Finanzdirektoren zum Ausdruck kommenden Meinungsverschiedenheiten scheinen darin ihren Grund zu haben, dass in der grossen Mehrheit der Kantone der unselbständig erwerbende Minderjährige als ein vom Inhaber der elterlichen Gewalt unabhängiges Steuersubjekt behandelt wird. Tatsächlich ruft die Besteuerung am Wohnsitz des Gewaltinhabers in diesem Falle gewissen Schwierigkeiten praktischer Art; denn der Inhaber der elterlichen Gewalt erscheint hier als am Steuerverfahren unbeteiligter Dritter. Der Minderjährige wird, statt an seinem tatsächlichen Aufenthaltsort und demjenigen des Arbeitgebers besteuert zu werden, an einem davon verschiedenen Ort besteuert, mit dem er keine Beziehungen tatsächlicher Art besitzt. Ist dagegen die Besteuerung des Minderjährigen ein Teil der Veranlagung des Gewaltinhabers, der seinerseits für die Entrichtung der Steuer auch verantwortlich wird, als Steuersubstitut des Kindes behandelt ist, so erscheint die Besteuerung am Wohnsitz des Gewaltinhabers als natürlich. Darauf weist insbesondere der Kanton Aargau hin, weil sein Steuergesetz in § 17 die gemeinsame Besteuerung erwerbstätiger Kinder mit dem Haushaltungsvorstand bis zu ihrer Volljährigkeit vorschreibe. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass danach (Abs. 3) das unter der elterlichen Gewalt stehende Kind, das nicht in häuslicher Gemeinschaft mit den Eltern lebt, für das Einkommen aus seiner Erwerbstätigkeit getrennt zu veranlagen ist und dass z.B. der analog lautende Art. 14 Abs. 2 des Wehrsteuerbeschlusses dahin ausgelegt wird, dass zwar der Gewaltinhaber das minderjährige Kind im Veranlagungsverfahren BGE 80 I 184 S. 191 vertritt, aber selbst weder als Steuerpflichtiger noch als für die Bezahlung der Steuer verantwortlich betrachtet wird. Keinesfalls würde die Substitution oder die Haftung des Gewaltinhabers aus der Rechtsprechung i.S. Schüpbach abgeleitet werden können. Denn die Regeln, die das Bundesgericht in Doppelbesteuerungsfällen aufstellt, setzen lediglich die Grenzen der kantonalen Steuerhoheit fest, und sie beanspruchen Geltung nur insoweit, als dies zur Durchsetzung des Doppelbesteuerungsverbotes notwendig ist. Sie stehen dagegen einer Ordnung nicht entgegen, wonach der minderjährige Erwerbstätige bezüglich der Besteuerung für den Arbeitserwerb als selbständiges Steuersubjekt betrachtet wird. Indes darf nicht ausser acht bleiben, dass die überwiegende Mehrheit der kantonalen Steuergesetze davon ausgeht, das unselbständig erwerbstätige Kind sei eigenes Steuersubjekt, und dass in diesem Falle die Besteuerung auf praktische Schwierigkeiten stösst, die einer sachlich richtigen Besteuerung im Wege stehen oder sie doch erschweren. Diese Unzukömmlichkeiten bestehen nach den Erklärungen der Finanzdirektoren darin, dass der Wohnsitzkanton des Gewaltinhabers oft nicht einmal davon in Kenntnis gesetzt wird, dass ein Minderjähriger zum Zwecke des Unterhaltserwerbs in einen andern Kanton gezogen ist, dass der neue Aufenthaltskanton des Kindes oft sogar den Eltern nicht bekannt ist, oder dass es ihnen doch Schwierigkeiten verursachen kann, vom Minderjährigen die für die Steuerveranlagung erforderlichen Unterlagen zu erhalten, dass das Meldewesen unter den Kantonen zuverlässige Auskünfte darüber nicht gewährleistet und die Änderung der Steuerhoheit auf den Zeitpunkt des Eintrittes der Volljährigkeit weitere Schwierigkeiten schafft. Übrigens muss darauf hingewiesen werden, dass die Besteuerung dieser Personen am Tätigkeitsort auch denjenigen Kantonen möglich ist, welche, wie es beim Kanton Aargau zutrifft, den Inhaber der elterlichen BGE 80 I 184 S. 192 Gewalt als Steuersubstituten behandeln. Es ist ihnen nämlich unbenommen, diese Personen selbst zu veranlagen. Verhält es sich aber so, dass die grosse Mehrzahl der Kantone, wenn sie ihr Steuersystem beibehalten wollen, unbestreitbare praktische Unzukömmlichkeiten in Kauf nehmen müssten, wenn sie auf den gesetzlichen Wohnsitz des Minderjährigen abzustellen gezwungen wären, dass sie also an der Besteuerung am Aufenthaltsort ein erhebliches Interesse haben, während die wenigen andern Kantone, die auf Grund ihrer Gesetzgebung am Steuerort des gesetzlichen Wohnsitzes festzuhalten wünschen, erheblichen Schwierigkeiten nicht begegnen, so rechtfertigt es sich, die mit dem Urteil Schüpbach eingeleitete Rechtsprechung zugunsten derjenigen aufzugeben, welche die Steuerpflicht des unselbständig erwerbenden Minderjährigen am Ort des tatsächlichen Aufenthaltes fixiert. Die Einwendungen, die gegen diese Lösung der Frage aus dem Gesichtspunkt einer möglichst gerechten Verteilung der Steuerhoheit der Kantone erhoben werden, fallen dabei schon deshalb nicht entscheidend ins Gewicht, weil es bei den Steuererträgen aus den Einkünften Minderjähriger nicht um grössere Beträge geht, allfällig sich ergebende Differenzen zugunsten oder zu Ungunsten einzelner Kantone von durchaus untergeordneter Bedeutung wären. Viel gewichtiger ist demgegenüber, wie ausgeführt, die Forderung, dass die Regeln, die der Abgrenzung der Steuerhoheit und der Vermeidung von Doppelbesteuerung dienen sollen, bei ihrer Anwendung keine übermässigen Schwierigkeiten zur Folge haben sollen. Ihre Berücksichtigung rechtfertigt es aber, für die Besteuerung des Kindes in unselbständiger Stellung nicht auf den gesetzlichen Wohnsitz, sondern den tatsächlichen Aufenthalt abzustellen. Auch die übrigen Einwendungen gegen die Massgeblichkeit des tatsächlichen Aufenthaltes für die Anknüpfung der Steuerhoheit vermögen nicht zu überzeugen. Die Notwendigkeit, im Einzelfall prüfen zu müssen, ob der Aufenthalt des Pflichtigen nach den Grundsätzen, die BGE 80 I 184 S. 193 bei der Bestimmung des zivilrechtlichen Wohnsitzes gelten, auf eine gewisse Dauer angelegt sei, der Pflichtige insbesondere nicht regelmässig über das Wochenende zur Familie zurückkehre, kein blosser Saisonaufenthalt in Frage stehe oder der Aufenthalt nicht einem blossen Sonderzweck diene, besteht auch mit Bezug auf die übrigen Steuerpflichtigen. Dass damit das Erwerbseinkommen einer besondern Ordnung unterstellt wird, für die Besteuerung des Vermögens und der Einkünfte daraus etwas anderes gilt, entspricht der bisherigen Regelung der meisten kantonalen Steuergesetze wie derjenigen des Wehrsteuerbeschlusses (Art. 14 Abs. 3). Auch darauf, dass der Betreibungsort, der sich für den Minderjährigen aus Art. 47 Abs. 3 SchKG ergibt, mit dem Steuerwohnsitz nicht übereinstimmt, kann nichts Entscheidendes ankommen. Es besteht kein zwingender Grund, die beiden Orte miteinander zusammenfallen zu lassen. Dass der Pflichtige an einem vom Steuerort verschiedenen Betreibungsort belangt werden muss, kommt auch sonst, insbesondere beim Wechsel des Wohnsitzes vor. Dass schliesslich eine bevormundete Person mit Bezug auf den Steuerwohnsitz anders behandelt wird als der unselbständig erwerbende Minderjährige, lässt sich ebenfalls rechtfertigen. Ist nämlich das Mündel zur Ausübung eines Berufes oder Gewerbes befugt ( Art. 412 ZGB ) und hält es sich infolgedessen tatsächlich in einem andern Kanton als demjenigen des Sitzes der Vormundschaftsbehörde auf, so geht die Vormundschaft nach der Vorschrift von Art. 377 ZGB an den neuen Wohnsitz über. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Klage wird gutgeheissen und demnach Fritz Indermauer in Aadorf steuerpflichtig erklärt.
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Urteilskopf 86 II 235 38. Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Juni 1960 i. S. Baumgartner gegen Siegenthaler.
Regeste Notwegrecht ( Art. 694 ZGB ). Entstehung. Benützung des Weges vor Eintragung des gemäss Entscheid der zuständigen Behörde einzuräumenden Notwegrechts. Inhalt des gesetzlichen Anspruchs auf einen Notweg. Wahl zwischen mehrern Wegen, die dem Kläger einen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse vermitteln; Vorrang der Interessen des Beklagten. Kann der Kläger auf einen Weg verwiesen werden, der nicht unmittelbar über das Land des Beklagten zur öffentlichen Strasse führt, sondern auch noch das Land eines Dritten beansprucht, dem gegenüber der Kläger kein Wegrecht besitzt, der aber gezwungen ist, dem Kläger den Durchgang zu gestatten, damit dieser ihm Gegenrecht gewährt? Neuregelung des Notwegrechts im Fall einer Veränderung der Verhältnisse.
Sachverhalt ab Seite 236 BGE 86 II 235 S. 236 A.- In der Gemeinde Trub liegen nördlich des Fankhausgrabens, dem eine Gemeindestrasse folgt, nebeneinander die landwirtschaftlichen Heimwesen Vorderst-, Vorder- und Ober-Fankhaus (Nrn. 541, 542 und 543). Die erste dieser Liegenschaften gehört Hans Baumgartner, die zweite Frau Rosette Wüthrich, die dritte Hans Siegenthaler. Baumgartner besitzt ausser dem Heimwesen Vorderst-Fankhaus noch die nordöstlich von Ober-Fankhaus gelegene Liegenschaft Weidli (Nr. 544), die von VorderstFankhaus durch die Liegenschaften Vorder- und OberFankhaus getrennt ist. Zur Liegenschaft Weidli führt keine öffentliche Strasse. Sie kann von der erwähnten Gemeindestrasse aus entweder über den sog. Karr- oder über den sog. Mattenweg erreicht werden. Der Karrweg führt zunächst über das Land der Frau Wüthrich an deren Haus vorbei längs der Grenze zwischen Vorderund Ober-Fankhaus nach Norden und durchquert dann in nordöstlicher Richtung die nach Süden abfallende Liegenschaft Ober-Fankhaus, wogegen der ungefähr parallel zum ersten Stück des Karrwegs am Hause Siegenthalers vorbei verlaufende Mattenweg in seiner ganzen Länge BGE 86 II 235 S. 237 über das Land Siegenthalers (Ober-Fankhaus) führt. Weder am einen noch am andern Wege besitzt Baumgartner ein im Grundbuch eingetragenes Wegrecht. B.- Infolge von nachbarlichen Streitigkeiten leitete Siegenthaler gegen Baumgartner am 31. Januar 1956 Klage ein mit den Begehren: "1. Es sei dem Beklagten richterlich zu untersagen, den über das Grundstück Trub Grundbuch Nr. 543 am Hause des Klägers vorbeiführenden sogenannten Mattenweg zu befahren oder sonstwie zu benützen, unter Androhung der gesetzlichen Straffolgen im Falle der Widerhandlung. 2. Es sei dem Beklagten zu verbieten, den über das Grundstück Nr. 543 beim Hause der Familie Wüthrich vorbeiführenden Karrweg zu befahren oder sonstwie zu benützen, soweit er über die Parzelle Nr. 543 des Klägers führt, unter Androhung der gesetzlichen Straffolgen im Widerhandlungsfalle. 3. Eventuell: Es seien die Modalitäten eines Notwegrechtes bezüglich des unter Ziff. 2 hievor erwähnten Karrwegs, sowie die vom Beklagten dem Kläger hiefür zu bezahlende Entschädigung gerichtlich festzusetzen." Baumgartner schloss auf Abweisung der Klagebegehren Ziff. 1 und 2 und verlangte widerklageweise: "Der Widerbeklagte sei schuldig und zu verurteilen, zulasten seiner Parzelle Nr. 543 und zugunsten der Parzelle Nr. 544 des Widerklägers ein Notfahrwegrecht einzuräumen und im Grundbuch eintragen zu lassen. Die vom Widerkläger zu bezahlende Entschädigung sei gerichtlich festzusetzen." Der Gerichtspräsident von Signau schützte mit Urteil vom 13. November 1957 das Klagebegehren 2 (Verbot der Benützung des Karrwegs), wies dagegen die Klagebegehren 1 und 3 ab und verurteilte Siegenthaler in Gutheissung der Widerklage, Baumgartner auf dem Mattenweg gegen eine Entschädigung von Fr. 1200.-- einen Notweg einzuräumen. C.- Siegenthaler zog dieses Urteil an den Appellationshof des Kantons Bern weiter mit dem Antrag, es seien sämtliche Klagebegehren zu schützen und die Widerklage abzuweisen. An der Hauptverhandlung vor dem Appellationshof gab er ausserdem die Erklärung ab, er räume Baumgartner den Notweg über den Karrweg unentgeltlich ein. BGE 86 II 235 S. 238 Der Appellationshof (I. Zivilkammer) hat am 9. Juli 1958 erkannt: "1. Auf die Appellation bezüglich des Klagebegehrens Ziff. 2 wird nicht eingetreten. 2. Klagebegehren Ziff. 1 wird zugesprochen, und es wird demgemäss dem Beklagten untersagt, den über das Grundstück Trub Grundbuch Nr. 543 am Hause des Klägers vorbeiführenden Mattenweg zu befahren oder sonstwie zu benützen. Eine Widerhandlung gegen dieses Verbot wird gemäss Art. 403 ZPO , auf Antrag der Gegenpartei, bestraft mit Busse bis Fr. 5000.--, womit Haft oder in schweren Fällen Gefängnis bis zu einem Jahr verbunden werden kann. 3. Die Widerklage wird in dem Sinne zugesprochen, dass der Widerbeklagte verurteilt wird, zu Lasten seiner Parzelle Trub Grundbuch Nr. 543 und zu Gunsten der Parzelle Trub Grundbuch Nr. 544 auf dem sog. Karrweg einen Notweg, und zwar als Fuss- und Fahrweg, einzuräumen, der im Grundbuch einzutragen ist." D.- Gegen dieses Urteil hat Baumgartner die Berufung an das Bundesgericht erklärt mit den Anträgen, das Klagebegehren 1 auf Verbot der Benützung des Mattenwegs sei abzuweisen und die Widerklage in dem Sinne zu schützen, dass Siegenthaler verurteilt werde, ihm gegen eine gerichtlich festzusetzende Entschädigung auf diesem Wege ein Notwegrecht (Fuss- und Fahrwegrecht) einzuräumen und dieses im Grundbuch eintragen zu lassen; eventuell sei in diesem Punkte das Urteil des Gerichtspräsidenten von Signau (der ihm das verlangte Notwegrecht gegen eine Entschädigung von Fr. 1200.-- zugesprochen hatte) zu bestätigen. Siegenthaler schliesst auf Abweisung der Berufung. Die kantonale Nichtigkeitsklage gegen das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes und die staatsrechtlichen Beschwerden, mit denen Baumgartner dieses Urteil und den Plenarentscheid des Appellationshofs über die Nichtigkeitsklage wegen Verletzung von Art. 4 BV anfocht, sind erfolglos geblieben. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. ... 2. In materieller Hinsicht ist klar, dass das von der Vorinstanz gutgeheissene Klagebegehren 1 auf Verbot der BGE 86 II 235 S. 239 Benützung des Mattenwegs abgewiesen werden müsste, wenn Siegenthaler gemäss dem Widerklagebegehren verurteilt würde, Baumgartner ein Notwegrecht über diesen Weg einzuräumen. Das Notwegrecht (das nicht zu den unmittelbar durch das Gesetz begründeten Wegrechten im Sinne von Art. 696 ZGB gehört) entsteht zwar grundsätzlich erst mit der Eintragung im Grundbuch. (Ob es allenfalls auch schon vor der Grundbucheintragung durch Richterspruch entstehen könne, obwohl Art. 694 ZGB im Gegensatz zu Art. 731 ZGB nicht auf Art. 656 Abs. 2 und 665 Abs. 2 ZGB hinweist, kann hier dahingestellt bleiben, weil mit der Widerklage nur die Verurteilung Siegenthalers zur Gewährung eines Notwegrechts, nicht unmittelbar dessen gerichtliche Zusprechung verlangt wird; vgl. zu dieser - umstrittenen - Frage LEEMANN, 2. Aufl., N. 41 zu Art. 694 ZGB , HAAB N. 20/21 und 40 zu Art. 694 - 696 ZGB , sowie LIVER N. 33 zu Art. 731 ZGB ; zur Frage der gerichtlichen Zusprechung dinglicher Rechte vgl. ferner BGE 78 I 446 Erw. 3 und BGE 85 II 486 Erw. 5). Ein Grundeigentümer, der gemäss Entscheid der zuständigen Behörde zur Eintragung eines Notwegrechtes Hand bieten muss, hat jedoch wenigstens solange, als der obsiegende Kläger die Leistung der von ihm geschuldeten Entschädigung nicht ungebührlich verzögert, kein schutzwürdiges Interesse daran, dass dem Kläger die Benützung des in Frage stehenden Weges bis zur Eintragung des Wegrechts im Grundbuch verboten werde. Deshalb hat im vorliegenden Falle der erstinstanzliche Richter, der - im Gegensatz zur Vorinstanz - den Mattenweg als Notweg bestimmte, von seinem Standpunkt aus mit Recht nur die Benützung des Karrwegs verboten. 3. Aus Ziffer 9 der Berufungsbegründung ist nun freilich zu schliessen, dass Baumgartner das Verbot bezüglich des Mattenwegs nicht bloss für den Fall der Gewährung eines Notwegrechts über diesen Weg, sondern auch für den Fall der Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids über sein Widerklagebegehren aufgehoben wissen BGE 86 II 235 S. 240 möchte. Zur Begründung hiefür macht er geltend, dass ihm, falls dieses Verbot neben dem bereits in Rechtskraft erwachsenen Verbot der Benützung des Karrwegs bestehen bliebe, bis zur Eintragung des ihm von der Vorinstanz zugebilligten Notwegrechts über diesen Weg überhaupt kein Recht zustünde, das Grundstück Siegenthalers zu betreten. Daran würde aber die blosse Aufhebung des Verbots bezüglich des Mattenwegs nichts ändern. Zudem ist dieses Verbot materiell gerechtfertigt, wenn Baumgartner nur auf ein Wegrecht am Karrweg Anspruch erheben kann. Anderseits wird das Verbot der Benützung des Karrwegs trotz formeller Rechtskraft im Falle der Bestätigung des angefochtenen Urteils ohne weiteres hinfällig. Siegenthaler wäre der Rechtsschutz zu versagen, wenn er Baumgartner unter Berufung auf dieses Verbot verwehren wollte, den Karrweg vor der Eintragung des Notwegrechts im Grundbuch zu benützen. Indessen macht Siegenthaler dem Berufungskläger die Benützung des Karrwegs (den er ihm unentgeltlich als Notweg zur Verfügung stellen will) gar nicht mehr streitig. Damit hat er für den Fall der Bestätigung des angefochtenen Urteils implicite auf das bezügliche Verbot verzichtet. 4. Nach Art. 694 Abs. 1 ZGB hat Anspruch auf einen Notweg, wer von seinem Grundstück aus keinen genügenden Weg auf die öffentliche Strasse hat. Daraus folgt, dass der Anspruch nur auf Einräumung eines "genügenden" Weges zur öffentlichen Strasse geht. Bei der Wahl zwischen mehrern Wegen, die nach Lage und Beschaffenheit geeignet sind, dem Berechtigten einen genügenden Zugang zur öffentlichen Strasse zu vermitteln, ist also nicht in erster Linie darauf zu achten, welcher dieser Wege für den Berechtigten der günstigste sei, sondern darauf, welche Lösung dem Belasteten am wenigsten schade. Dass von mehrern geeigneten Wegen der bequemste als Notweg bezeichnet werde, kann der Berechtigte nur verlangen, wenn dem keine schutzwürdigen Interessen des Belasteten entgegenstehen. Nichts anderes kann gemeint sein, wenn BGE 86 II 235 S. 241 Art. 694 Abs. 3 ZGB vorschreibt, bei der Festlegung des Notwegs sei auf die beidseitigen Interessen Rücksicht zu nehmen. Entsprechend der Natur und dem Zwecke der Einrichtung des Notwegs muss sich eben der Belastete eine Beschränkung seines Eigentums nur insoweit gefallen lassen, als dies erforderlich ist, um die "Not" des Berechtigten zu beheben. Wo dies auf verschiedene Weise geschehen kann, muss daher vor allem massgebend sein, welcher Wegverlauf die Interessen des Belasteten am wenigsten beeinträchtigt. Nur wenn es vom Gesichtspunkt der berechtigten Interessen des Belasteten aus gleichgültig ist, welche Lösung gewählt werde, dürfen die Interessen des Berechtigten den Ausschlag geben. Im vorliegenden Fall ist nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz der Karrweg für Baumgartner zwar weniger günstig als der Mattenweg, aber "nicht etwa ungeeignet." Vielmehr vermag er den Bedürfnissen Baumgartners "durchaus zu dienen." Die seine Benützung erschwerenden Unebenheiten und Engpässe können, wie die Vorinstanz weiter feststellt, mit geringen Kosten behoben werden. Der Mattenweg beansprucht das Grundstück Siegenthalers auf eine längere Strecke als der Karrweg (420 statt 260 m) und führt über besseres Land. Die Benützung des Karrwegs, über den bereits Frau Wüthrich ein Wegrecht besitzt, verursacht Siegenthaler keinen Nachteil. Würde Baumgartner dagegen die Benützung des Mattenwegs gestattet, so wäre Siegenthaler in der Freiheit der Bewirtschaftung seines Landes eingeschränkt und bestünde die Gefahr, dass dieser Weg namentlich bei schlechtem Wetter in seinem obern Teil beschädigt würde. Zudem führt der Mattenweg unmittelbar am Gehöft Siegenthalers vorbei, mit dem Baumgartner im Streite lebt, wogegen der Karrweg mehr als 200 m von diesem Haus entfernt bleibt. Angesichts dieser Umstände entspricht es durchaus dem dargelegten Sinne von Art. 694 ZGB , dass die Vorinstanz Baumgartner auf den Karrweg verwiesen hat. BGE 86 II 235 S. 242 5. Baumgartner will freilich die Annahme der Vorinstanz, dass der Karrweg für ihn brauchbar sei, nicht gelten lassen. Was er gegen diese Annahme einwendet, ist jedoch zur Hauptsache eine Kritik an den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, die das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht hören kann. Anders verhält es sich nur mit seinem Hinweis darauf, dass er, um vom Grundstück Nr. 544 aus die öffentliche Strasse zu erreichen, im Falle der Verweisung auf den Karrweg ausser dem Grundstück Siegenthalers (Ober-Fankhaus) auch noch das Grundstück der Frau Wüthrich (Vorder-Fankhaus) queren müsse, wozu er kein Recht habe. Er macht geltend, es sei damit zu rechnen, dass Frau Wüthrich von ihm eine Entschädigung verlangen oder ihm Schwierigkeiten machen werde. Indessen hat die Vorinstanz festgestellt, Frau Wüthrich sei (um ihre Liegenschaft "Wassergraben" zu erreichen) ihrerseits darauf angewiesen, über das Baumgartner gehörende Grundstück Nr. 544 zu gehen, wozu sie ebenfalls kein Recht habe; daher sei sie gezwungen, Baumgartner über ihr Land fahren zu lassen. Auf diese durch keinerlei Recht gewährleistete Möglichkeit der Benützung des Grundstücks von Frau Wüthrich dürfte bei der Festsetzung des Notwegs dann keine Rücksicht genommen werden, wenn die einmal erfolgte Festsetzung unabänderlich wäre oder angenommen werden müsste, der Weg über das Land der Frau Wüthrich stehe Baumgartner nur vorübergehend offen. Weder das eine noch das andere ist jedoch der Fall. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sach- und Interessenlage, die Frau Wüthrich zur Gewährung des Durchgangs zwingt, sich in absehbarer Zeit ändern könnte. Sollte dies aber dennoch einmal geschehen, so könnte Baumgartner (oder sein Rechtsnachfolger) ein neues Verfahren einleiten, in welchem auf Grund der neuen Lage zu entscheiden wäre, ob dem Eigentümer des Grundstücks Nr. 544 auch ein Notwegrecht über das Grundstück von Frau Wüthrich zu gewähren oder Siegenthaler (bzw. dessen Rechtsnachfolger) zu verpflichten BGE 86 II 235 S. 243 sei, ihm einen unmittelbar auf die öffentliche Strasse führenden Weg zu öffnen. Dass Frau Wüthrich und ihr Pächter sich den wünschbaren Verbesserungen des Karrwegs auf ihrem Lande widersetzen, wie Baumgartner schliesslich noch behauptet, lässt sich den zum Beleg hiefür angerufenen Aktenstellen nicht entnehmen. Es ergibt sich daraus nur, dass diese Personen den Weg nicht selbst verbessern wollen. Damit ist aber nicht gesagt, dass sie Baumgartner daran hindern würden, es auf eigene Kosten zu tun. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil der I. Zivilkammer des Appellationshofes des Kantons Bern vom 9. Juli 1958 bestätigt.
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