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Urteilskopf 107 II 105 15. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 4. Juni 1981 i.S. S. gegen B. (Berufung)
Regeste Art. 392 Ziff. 2 ZGB . Beistandschaft bei widersprechenden Interessen des Mündels und des Vormunds. 1. Ein Beistand ist bereits bei einer abstrakten Gefährdung der Interessen des Mündels zu bestellen. Eine solche liegt vor, wenn zwischen dem Vertragspartner und dem Vormund eine so nahe persönliche Beziehung besteht, dass angenommen werden muss, die Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners könnte das Handeln des Vormunds beeinflussen (E. 4). 2. Besteht eine Interessenkollision im Sinne von Art. 392 Ziff. 2 ZGB , so entfällt die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters; dieser kann das Mündel nicht mehr gültig vertreten (E. 5). 3. Kann der gute Glaube des Vertragspartners die fehlende Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters ersetzen? Frage offen gelassen (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 106 BGE 107 II 105 S. 106 A.- Die am 22. September 1965 geborene Sabine B. verlor im Jahre 1972 durch Unglücksfälle beide Eltern und lebt seither bei ihren Grosseltern in Basel. Die Vormundschaftsbehörde Münchenstein ernannte am 18. August 1972 A. zum Vormund des Mädchens. Dieses hatte von seinen Eltern unter anderem eine Ferienhausliegenschaft in Kandersteg geerbt. Mit Schreiben vom 8. Oktober 1975 stellte der Vormund bei der Vormundschaftsbehörde Münchenstein den Antrag, es sei die grundsätzliche Zustimmung zum freihändigen Verkauf dieser Liegenschaft zu erteilen; S., welche das Ferienhaus für zehn Jahre gemietet habe, wäre bereit, die Liegenschaft zu einem annehmbaren Preis zu kaufen. Zur Begründung machte er geltend, es werde sehr wahrscheinlich einmal Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung und der Heizung des Ferienhauses geben; dessen Kontrolle sei für ihn wegen der grossen örtlichen Entfernung überdies stark erschwert. Die erforderlichen Instandstellungskosten seien sehr hoch, und das Mündel selber habe keine Beziehung zur Liegenschaft. Die Vormundschaftsbehörde stimmte einem Verkauf am 14. Oktober 1975 grundsätzlich zu, verlangte aber eine Schätzung der Liegenschaft BGE 107 II 105 S. 107 durch einen neutralen Fachmann im Berner Oberland. Der Vormund beauftragte in der Folge auf Empfehlung der Vormundschaftsbehörde Architekt K. in Kandersteg mit der Schätzung. Dieser schätzte den Verkehrswert auf ca. Fr. 70'000.--. Am 29. November 1975 teilte der Vormund der Vormundschaftsbehörde mit, die Mieterin des Ferienhauses habe sich bereit erklärt, die Liegenschaft zum Preise von Fr. 80'000.-- zu kaufen; dieses Angebot erscheine als günstig. Mit Beschluss vom 9. Dezember 1975 stimmte die Vormundschaftsbehörde dem freihändigen Verkauf zu diesem Preis zu und ermächtigte zudem den Vormund, bis zu höchstens 60% des Kaufpreises auf der Liegenschaft einen Inhaberschuldbrief im 1. Rang zugunsten des Mündels errichten zu lassen. Am 31. Dezember 1975 erteilte das Bezirksstatthalteramt Arlesheim als vormundschaftliche Aufsichtsbehörde die Zustimmung zum Freihandverkauf der Liegenschaft. Am 23. Februar 1976 wurde der Kaufvertrag zwischen dem Vormund als Vertreter von B. und S. öffentlich beurkundet. Vom Kaufpreis von Fr. 80'000.-- waren Fr. 30'000.-- innert drei Wochen nach Vertragsunterzeichnung in bar zu bezahlen; für den von der Käuferin geschuldeten Restbetrag von Fr. 50'000.-- wurde auf der Liegenschaft ein Inhaberschuldbrief errichtet. Die Vormundschaftsbehörde prüfte den Kaufvertrag und genehmigte ihn am 24. Februar 1976. Gestützt auf diesen Vertrag wurde die Käuferin als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. B.- Am 11. Mai 1977 wurde die Vormundschaft über B. von der Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt übernommen, die Amtsvormund Dr. Sumpf zum neuen Vormund ernannte. Dieser ersuchte die Vormundschaftsbehörde in der Folge um Zustimmung zur gerichtlichen Anfechtung des Verkaufs der Ferienhausliegenschaft. Er vertrat die Auffassung, der frühere Vormund von B. sei nicht befugt gewesen, das Ferienhaus an S. zu verkaufen, da es sich bei dieser um seine Stieftochter handle, die im gleichen Haus wohne wie er. Die Vormundschaftsbehörde Basel-Stadt erteilte die Genehmigung zur Prozessführung. Im Namen von B. erhob der Vormund hierauf beim Zivilgericht des Kantons Basel-Stadt eine Klage gegen S., und zwar mit folgenden Rechtsbegehren: "1. Es sei festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Kaufvertrag vom 23. Februar 1976 betreffend das Grundstück Nr. 1115 im Grundbuch von Kandersteg, enthaltend das Ferienhaus Nr. 30B sowie Umschwung im Halte von 1,75 Aren, nichtig, eventuell für die Klägerin unverbindlich ist. BGE 107 II 105 S. 108 2. Es sei demgemäss das Grundbuchamt Frutigen anzuweisen, die Klägerin als alleinige Eigentümerin der vorerwähnten Liegenschaft im Grundbuch einzutragen. Gleichzeitig sei das Grundbuchamt Frutigen anzuweisen, das im Grundbuch eingetragene Grundpfandrecht im I. Rang zu löschen. 3. Es sei die Klägerin bei ihrer Bereitschaft zu behaften, der Beklagten die geleistete Barzahlung von Fr. 30'000.-- zurückzuerstatten sowie den Inhaberschuldbrief über Fr. 50'000.-- dem Grundbuchamt Frutigen zwecks Vernichtung zur Verfügung zu stellen." Die Beklagte widersetzte sich dieser Klage. Mit Urteil vom 26. Februar 1980 hiess das Zivilgericht die Klage gut. Es erklärt den am 23. Februar 1976 zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag als ungültig und behaftete die Klägerin bei ihrer Bereitschaft, der Beklagten die geleistete Zahlung von Fr. 30'000.-- zurückzuerstatten sowie dem Grundbuchamt Frutigen den Inhaberschuldbrief über Fr. 50'000.-- zwecks Vernichtung zur Verfügung zu stellen. Es wies sodann das Grundbuchamt Frutigen an, gegen Nachweis der Zahlung von Fr. 30'000.-- sowie gegen Überlassung des zur Vernichtung bestimmten Inhaberschuldbriefs den Eintrag der Beklagten als Eigentümerin der Ferienhausliegenschaft und das darauf haftende Grundpfandrecht im Grundbuch zu löschen und die Klägerin als Alleineigentümerin der Liegenschaft einzutragen. Eine Appellation der Beklagten gegen dieses Urteil wurde vom Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt am 5. Dezember 1980 abgewiesen. C.- Gegen das appellationsgerichtliche Urteil hat die Beklagte sowohl Berufung als auch staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht erhoben. Auf die staatsrechtliche Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil vom heutigen Tag nicht ein. In der Berufung stellt die Beklagte den Antrag, die Klage sei abzuweisen; eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Klägerin beantragt, auf die Berufung sei nicht einzutreten; eventuell sei diese vollumfänglich abzuweisen. Das Bundesgericht weist die Berufung ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden die Fragen, ob der frühere Vormund der Klägerin diese beim Abschluss des Kaufvertrages über die Ferienhausliegenschaft in Kandersteg gültig vertreten konnte und - wenn dies nicht der Fall war - ob BGE 107 II 105 S. 109 der Mangel der Vertretungsmacht des Vormundes durch die behördliche Genehmigung des Geschäfts oder durch den guten Glauben der Käuferin geheilt wurde. Sind diese Fragen zu verneinen, wurde die Klägerin durch den in ihrem Namen abgeschlossenen Vertrag nicht verpflichtet. Ein Kaufvertrag ist in diesem Fall nicht gültig zustande gekommen, und die Eintragung der Beklagten als Eigentümerin der streitigen Liegenschaft im Grundbuch entbehrt eines Rechtsgrundes. Wie die kantonalen Instanzen zutreffend angenommen haben, geht es somit rechtlich nicht darum zu prüfen, ob der zwischen den Parteien abgeschlossene Kaufvertrag an einem Nichtigkeitsgrund leide, sondern ob er einseitig unverbindlich sei. 4. Nach Art. 392 Ziff. 2 ZGB ist zur Vertretung einer unmündigen oder entmündigten Person ein Beistand zu ernennen, wenn der gesetzliche Vertreter in einer Angelegenheit Interessen hat, die denen des Vertretenen widersprechen. Die kantonalen Instanzen haben die Anwendbarkeit dieser Bestimmung im vorliegenden Fall bejaht. Sie sind davon ausgegangen, es komme nicht darauf an, ob eine konkrete Gefährdung der Interessen des Vertretenen nachgewiesen sei. Für das Vorliegen einer Interessenkollision, die zur Ernennung eines Beistandes führen müsse, genüge vielmehr die blosse Möglichkeit, dass der gesetzliche Vertreter die Interessen des Vertretenen nicht ausreichend wahrnehme. Da die Beklagte die Stieftochter des früheren Vormunds der Klägerin sei und mit diesem in Hausgemeinschaft lebe, habe eine solche Möglichkeit einer Gefährdung der Mündelinteressen bestanden und hätte deshalb für den Verkauf des Ferienhauses ein Beistand ernannt werden müssen. In der Berufung wird mit Recht nicht bestritten, dass Art. 392 Ziff. 2 ZGB bereits dann Anwendung finden muss, wenn es nach den Umständen als möglich erscheint, dass ein gesetzlicher Vertreter in einen Interessenkonflikt geraten könnte, wenn er sein Mündel in einer bestimmten Angelegenheit vertreten müsste. Der Schutz einer unmündigen oder entmündigten Person ist in der Tat nur dann gewährleistet, wenn eine abstrakte Gefährdung ihrer Interessen genügt, damit ihr ein ausserordentlicher Vertreter bestellt werden muss. Dass Art. 392 Ziff. 2 ZGB schon dann anwendbar ist, wenn die blosse Möglichkeit einer Interessengefährdung besteht, wird denn auch in der einschlägigen Literatur allgemein bejaht (EGGER,N. 26 zu Art. 392 ZGB ; Tuor/Schnyder, das schweiz. ZGB, 9. Aufl., Nachdruck 1979, S. 337; DESCHENAUX/STEINAUER, BGE 107 II 105 S. 110 Personnes physiques et tutelle, S. 216, Ziff. 1.1.2; LECOULTRE, La curatelle de représentation, ZVW 19/1964, S. 7). In der Berufung wird jedoch bestritten, dass im vorliegenden Fall eine abstrakte Gefährdung der Mündelinteressen vorhanden gewesen sei. Es wird zwar eingeräumt, eine Interessenkollision sei in der Regel zu vermuten, wenn der Vormund mit einer ihm nahestehenden Person einen Vertrag abschliesse, der das Mündelvermögen betreffe. Hier sei aber alles unternommen worden, um eine Gefährdung der Interessen der Klägerin von vornherein auszuschliessen. So habe zumindest der Ressortchef der Vormundschaftsbehörde Münchenstein, Adolf Muheim, schon lange vor Abschluss des Kaufvertrages vom Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Vormund und der Beklagten Kenntnis erhalten. Durch Beauftragung eines neutralen Fachmannes mit der Schätzung der Liegenschaft habe die Vormundschaftsbehörde dafür gesorgt, dass die Mündelinteressen durch den Verkauf des Ferienhauses nicht gefährdet würden. Angesichts der Tatsache, dass der von der Beklagten offerierte Kaufpreis von Fr. 80'000.-- um 12,5% höher gewesen sei als der Schätzungswert von Fr. 70'000.--, habe die Vormundschaftsbehörde mit Sicherheit annehmen können, dass es unter Berücksichtigung des baulichen Zustandes der Liegenschaft, der auf die Sommermonate beschränkten Bewohnbarkeit sowie des langjährigen Mietvertrages bei einer öffentlichen Versteigerung nicht möglich gewesen wäre, einen höheren Preis zu erzielen. Auch werde weder von der Gegenpartei noch von den kantonalen Instanzen geltend gemacht, ein Vertretungsbeistand hätte die Interessen des Mündels besser wahrzunehmen vermocht. Diese Argumentation läuft darauf hinaus, dass das mit der Klage angefochtene Rechtsgeschäft zu keiner konkreten Gefahr einer Benachteiligung der Klägerin geführt habe, weshalb die Ernennung eines Beistandes überflüssig gewesen sei. Damit wird das Wesen der Interessenkollision als abstrakter Gefährdung der Mündelinteressen verkannt. Eine Interessenkollision ist regelmässig bereits dann vorhanden, wenn zwischen dem Dritten und dem gesetzlichen Vertreter eine so nahe persönliche Beziehung besteht, dass angenommen werden muss, die Rücksichtnahme auf die Interessen des Dritten könnte das Handeln des Vertreters allenfalls beeinflussen. Ist dies der Fall, so muss eine Vertretungsbeistandschaft ganz unabhängig davon errichtet werden, ob die persönlichen Qualitäten des gesetzlichen Vertreters, die Kenntnisse der Vormundschaftsbehörde oder die Bedingungen des abzuschliessenden BGE 107 II 105 S. 111 Geschäfts volle Gewähr für eine bestmögliche Wahrung der Mündelinteressen zu bieten scheinen. Nur eine entsprechend weite Auslegung von Art. 392 Ziff. 2 ZGB lässt den unmündigen und entmündigten Personen einen ausreichenden Schutz zuteil werden. Es ist allerdings nicht zu verkennen, dass die Sicherheit des Rechtsverkehrs darunter leiden kann. So steht nicht ein für allemal fest, wie nahe das Verhältnis des gesetzlichen Vertreters zum Dritten sein muss, damit eine Interessenskollision im Sinne von Art. 392 Ziff. 2 ZGB zu bejahen ist. Das deutsche Recht hat diese Unsicherheit beseitigt, indem es ausdrücklich geregelt hat, welchen Personen gegenüber der Vormund das Mündel nicht gültig vertreten kann. § 1795 Ziff. 1 BGB schliesst die Vertretungsmacht des Vormunds aus für Rechtsgeschäfte zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschliesslich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehe. Das ZGB überlässt es demgegenüber der Praxis, die nötigen Kriterien zu bestimmen. Diese Art der Regelung ermöglicht es, dem Schutzbedürfnis der Vertretenen entsprechend den Verhältnissen des Einzelfalles in stärkerem Masse Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall ist in Übereinstimmung mit den kantonalen Instanzen anzunehmen, dass die Beziehung zwischen dem früheren Vormund der Klägerin und der Beklagten als dessen Stieftochter und Hausgenossin nahe genug war, um die Gefahr einer Interessenkollision zu schaffen. Eine solche Gefahr bestand nicht nur hinsichtlich der Höhe des Kaufpreises, dessen Angemessenheit sich vom Standpunkt der Verkäuferin und von jenem der Käuferin aus nicht gleich beurteilte. Die grössere Gefahr lag vielmehr darin, dass der Vormund versucht sein konnte, beim Entscheid darüber, ob das Ferienhaus überhaupt verkauft werden solle, nicht nur auf die Interessen seines Mündels, sondern auch auf jene seiner Stieftochter als potentieller Käuferin abzustellen. Aber auch in der Frage, ob einem Freihandverkauf oder einer öffentlichen Versteigerung der Vorzug zu geben sei, fehlte dem Vormund die nötige Unbefangenheit, nachdem er wusste, dass sich seine Stieftochter ernsthaft für den Erwerb des Ferienhauses interessierte. Alle diese Überlegungen zeigen, dass die Interessen des Mündels und jene des Vormundes als Stiefvater und Hausgenosse der Käuferin nicht in jeder Hinsicht übereinstimmten, sondern sich zum Teil widersprachen. Die kantonalen Instanzen haben daher Art. 392 Ziff. 2 ZGB BGE 107 II 105 S. 112 richtig angewendet, wenn sie das Vorhandensein einer Interessenkollision im Sinne dieser Bestimmung bejaht haben. 5. Nach dem angefochtenen Entscheid hatte die Unterlassung der Ernennung eines Vertretungsbeistands zur Folge, dass der frühere Vormund die Klägerin beim Verkauf der Ferienhausliegenschaft nicht gültig verpflichten konnte, da ihm, ähnlich wie einem vollmachtlosen Vertreter, die erforderliche Vertretungsmacht gefehlt habe. In der Berufung wird zu Recht anerkannt, dass die Ernennung eines Vertretungsbeistands zu einer entsprechenden Beschränkung der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters führt und dass der gesetzliche Vertreter das Mündel nach der Beistandsbestellung nicht mehr gültig verpflichten kann. Hingegen wird bestritten, dass dies auch dann gelte, wenn die Ernennung eines Beistands trotz Vorhandensein eines Interessenkonflikts unterbleibe. Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Vormund müsse für das Mündel weiterhin gültig handeln können, solange die Vormundschaftsbehörde es unterlasse, einen Vertretungsbeistand zu ernennen. Es müsse vermieden werden, dass ein Mündel unter Umständen von niemandem mehr rechtsgültig vertreten werden könne, wie dies der Fall wäre, wenn die hiefür zuständige Vormundschaftsbehörde es trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen unterlasse, einen Beistand zu bestellen. Die Sanktion für die Unterlassung der Anordnung einer Vertretungsbeistandschaft könne vernünftigerweise nur in Verantwortlichkeitsansprüchen gegenüber dem Vormund oder der Vormundschaftsbehörde bestehen, nicht aber in der nachträglichen Aufhebung von Rechtsgeschäften mangels Vertretungsmacht des Vormunds. Damit verkennt die Beklagte indessen die Tragweite von Art. 392 Ziff. 2 ZGB . Die Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters entfällt, sobald ein Interessenkonflikt im Sinne dieser Bestimmung eintritt, und nicht erst mit der Bestellung eines Beistandes. Der Grund für die gesetzlich vorgesehene Beschränkung der Vertretungsmacht liegt darin, dass der gesetzliche Vertreter infolge des Gegensatzes zwischen seinen eigenen Interessen und jenen des Mündels ausserstande ist, dieses in einer bestimmten Angelegenheit bestmöglich zu vertreten. Oft sind nur der gesetzliche Vertreter und allenfalls der Dritte, mit dem im Namen des Mündels ein Rechtsgeschäft abgeschlossen werden soll, in der Lage, das Vorhandensein eines solchen Interessenkonflikts zu erkennen. In diesen Fällen ist es der zuständigen Vormundschaftsbehörde erst auf Hinweis einer dieser Personen möglich, dem Mündel einen BGE 107 II 105 S. 113 Beistand zu bestellen. Art. 392 Ziff. 2 ZGB kann somit die dieser Bestimmung zugedachte Schutzfunktion nur dann wirklich erfüllen, wenn nicht erst die Beistandsbestellung, sondern bereits das Vorliegen eines Interessenkonflikts dazu führt, dass der gesetzliche Vertreter das Mündel nicht mehr gültig vertreten kann. Ein trotzdem abgeschlossenes Geschäft muss daher für das Mündel unverbindlich sein. Abgesehen von der konkreten Angelegenheit, in welcher der Interessenkonflikt besteht, bleibt der gesetzliche Vertreter jedoch befugt und verpflichtet, für das Mündel zu handeln. Die in der Berufung hervorgehobene Gefahr der Vertreterlosigkeit, falls die Ernennung eines Beistands unterbleibt, besteht nur in dem sachlich in der Regel eng begrenzten Rahmen, in welchem sich der Interessenkonflikt auswirkt. Dort muss sie aber in Kauf genommen werden, wenn der Abschluss von Rechtsgeschäften, die nicht im Interesse des Mündels liegen, wirksam verhindert werden soll. Eine andere Frage ist, wie es sich mit der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters verhält, wenn die zuständige Vormundschaftsbehörde es trotz Vorhandenseins eines Interessenkonflikts im Sinne von Art. 392 Ziff. 2 ZGB ausdrücklich ablehnt, einen Vertretungsbeistand zu ernennen, und dieser Entscheid in Rechtskraft erwächst. Das kann indessen dahingestellt bleiben, da dieser Fall hier nicht vorliegt. Die Vormundschaftsbehörde Münchenstein hat keinen Entscheid über die Frage der Beistandsbestellung getroffen. In der Genehmigung des vom früheren Vormund der Klägerin abgeschlossenen Kaufvertrags kann nicht die Ablehnung einer Beistandsbestellung erblickt werden, selbst wenn ein einzelnes Mitglied dieser Behörde über das enge persönliche Verhältnis des Vormunds zur Beklagten unterrichtet war. Auch die vormundschaftlichen Aufsichtsbehörden haben über die Beistandsbestellung nicht entschieden. Unter diesen Umständen war es auf jeden Fall zulässig, im Rahmen des vorliegenden Prozesses frei zu prüfen, ob der frühere Vormund der Klägerin die ihm zustehende Vertretungsmacht überschritten habe, indem er mit der Beklagten einen Kaufvertrag über das Ferienhaus seines Mündels abschloss. Ob die Vormundschaftsbehörde im Rahmen von Art. 392 ZGB die Interessen des Mündels auch selber wahrnehmen und aus diesem Grund von der Ernennung eines Vertretungsbeistands absehen könne (so EUGEN HUBER, Erläuterungen zum Vorentwurf des ZGB, 2. Aufl., Bd. I, S. 300 und 308; vgl. auch BGE 86 II 211 , BGE 69 I 221 ; einschränkend demgegenüber HEGNAUER, N. 49 zu BGE 107 II 105 S. 114 Art. 282 ZGB ; EGGER, N. 14 zu Art. 392 ZGB ; LECOULTRE, a.a.O., S. 16 f.), kann ebenfalls offen bleiben, da die Vormundschaftsbehörde und die vormundschaftliche Aufsichtsbehörde die Klägerin beim Abschluss des Kaufvertrags über das Ferienhaus nicht selber vertreten, sondern sich darauf beschränkt haben, dem vom früheren Vormund im Namen des Mündels abgeschlossenen Vertrag die erforderliche Zustimmung zu erteilen. Dadurch konnte selbstverständlich weder die fehlende Vertretungsmacht des Vormunds geheilt, noch das rechtliche unwirksame Vertretungsverhältnis durch ein gültiges ersetzt werden. 6. Die kantonalen Instanzen haben angenommen, der gute Glaube des Dritten, der mit dem gesetzlichen Vertreter einer unmündigen oder entmündigten Person einen Vertrag abschliesse, vermöge die fehlende Vertretungsmacht zu ersetzen, wenn nach den äusseren Umständen auf das Vorhandensein der Vertretungsmacht habe vertraut werden dürfen. Diese Voraussetzung sei indessen im vorliegenden Fall nicht erfüllt, weil es für die Beklagte als Stieftochter des damaligen Vormunds erkennbar gewesen sei, dass dieser sich beim Verkauf des Ferienhauses seines Mündels in einer Interessenkollision befunden habe. Wenn die Beklagte allerdings die vormundschaftlichen Behörden ohne Erfolg selber auf die mit dem Vormund bestehende Verwandtschaft aufmerksam gemacht hätte, könnte ihr allenfalls der gute Glaube zugebilligt werden. Da sie dies indessen nicht getan habe, müsse sie als bösgläubig gelten. In der Berufung wird demgegenüber eingewendet, die Beklagte habe sich im sicheren Bewusstsein befunden, dass die Vormundschaftsbehörde bei der Genehmigung des Kaufvertrages über ihr Verwandtschaftsverhältnis zum Vormund im Bilde gewesen sei, denn sie habe gewusst, dass der Vormund den Ressortchef der Vormundschaftsbehörde Münchenstein seinerzeit darüber unterichtet habe. Sie habe somit in guten Treuen annehmen dürfen, dass auch die übrigen Mitglieder der Vormundschaftsbehörde davon Kenntnis erhalten, das Verwandtschaftsverhältnis jedoch nicht als Hindernis für die Genehmigung des Vertrages betrachtet hätten. Von ihr verlangen zu wollen, sie hätte noch speziell abklären müssen, ob die Vormundschaftsbehörde als Ganzes über das Verwandtschaftsverhältnis orientiert gewesen sei, gehe zu weit. Im übrigen sei sie davon ausgegangen, dass die Vormundschaftsbehörde eine neutrale Schätzung des Kaufobjekts angeordnet habe, um in Anbetracht der Verwandtschaft zwischen dem BGE 107 II 105 S. 115 Vormund und der Käuferin den Gefahren einer allfälligen Interessenkollision zum vornherein zu begegnen. Auch gehe es nicht an, ihr den guten Glauben abzusprechen, ohne ihren damaligen Vormund und sie selber hiezu einzuvernehmen. Durch die Abweisung der entsprechenden Beweisanträge sei nicht nur die Vermutung des Art. 3 Abs. 1 ZGB , sondern auch die allgemeine Beweisregel des Art. 8 ZGB verletzt worden. a) Zunächst stellt sich die Frage, ob der gute Glaube im Rahmen der gesetzlichen Vertretung überhaupt die Wirkung haben kann, die fehlende Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters zu ersetzen und den Vertragspartner eines Unmündigen oder Entmündigten dadurch vor den Folgen eines solchen Rechtsmangels zu schützen, wie dies im angefochtenen Entscheid und in der Berufung angenommen wird. Bei der Prüfung dieser Frage ist zu beachten, dass die Verhältnisse bei der gesetzlichen Vertretung nicht gleich gelagert sind wie bei der gewillkürten. Bei dieser kann, wie sich aus dem Gesetz ausdrücklich ergibt, das Fehlen der Vollmacht des Vertreters in der Tat unter Umständen durch den guten Glauben des Dritten geheilt werden. Dies ist der Fall, wenn der Dritte aufgrund des Verhaltens des Vertretenen, wie insbesondere der Kundgabe der Vollmacht nach aussen, annehmen durfte, der Vertreter sei zum Abschluss eines Rechtsgeschäftes bevollmächtigt. Man pflegt in diesem Zusammenhang von externer Vollmacht oder von Anscheinsvollmacht zu sprechen. Bei der gesetzlichen Vertretung hingegen vermag das Verhalten des Vertretenen die fehlende Vertretungsmacht des Vertreters nicht zu ersetzen, weil es sich beim Vertretenen um eine handlungsunfähige Person handelt, deren Willenskundgebung, vom Spezialtatbestand des Art. 411 Abs. 2 ZGB abgesehen, keine Rechtswirkung zu erzeugen vermag. Es kann sich deshalb nur fragen, ob der gute Glaube eines Dritten, der ohne Zutun des Vertretenen darauf vertraut hat, dass der gesetzliche Vertreter über die nötige Vertretungsmacht verfüge, zulasten des Mündels geschützt werden soll. Massgebend für die Beurteilung des guten Glaubens wäre neben dem eigenen Wissen des Dritten das Verhalten des gesetzlichen Vertreters oder allenfalls der Vormundschaftsbehörde, sofern daraus auf das Vorhandensein der Vertretungsmacht geschlossen werden konnte. Die Anerkennung eines solchen Gutglaubensschutzes bei der gesetzlichen Stellvertretung ist nicht unbedenklich. Sie kann sich jedenfalls nicht direkt auf eine Gesetzesvorschrift stützen. Die analoge Anwendung der Bestimmungen über die gewillkürte BGE 107 II 105 S. 116 Stellvertretung, insbesondere der Art. 33 Abs. 3 und 34 Abs. 3 OR, fällt hier, wie bereits dargelegt, ausser Betracht, weil nicht das Verhalten des Vertretenen massgebend ist. Anderseits gibt es, wie sich dem Wortlaut von Art. 3 Abs. 1 ZGB entnehmen lässt, grundsätzlich keinen umfassenden Gutglaubensschutz (JÄGGI, N. 69 zu Art. 3 ZGB ). So schützt zum Beispiel das Gesetz den guten Glauben in die Handlungsfähigkeit des Vertragspartners nicht ( BGE 89 II 389 /390, mit Hinweisen). Dazu kommt, dass die gesetzliche Vertretung ihren Ursprung in der besonderen Schutzbedürftigkeit des Vertretenen hat. Dieser Umstand legt es ebenfalls nahe, dem guten Glauben des Dritten nur mit grosser Zurückhaltung eine heilende Wirkung zuzuerkennen, da diese Rechtsfolge auf Kosten des Schützlings geht. Trotz dieser Bedenken haben Rechtsprechung und Lehre das Interesse der Verkehrssicherheit über jenes des Schutzes der Unmündigen und Entmündigten gestellt. Es wird allgemein angenommen, dass der Dritte, der das Fehlen der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters trotz der erforderlichen Aufmerksamkeit nicht zu erkennen vermag, in seinem Vertrauen auf die Gültigkeit des Rechtsgeschäfts zu schützen sei (vgl. BGE 45 II 118 ff. und ebenso BGE 65 II 114 unten; EGGER, N. 28 und 39 zu Art. 392 ZGB ; KAUFMANN, N. 25 a zu Art. 392 ZGB ; LECOULTRE, a.a.O., S. 9; HEGNAUER, N. 38-42 zu alt Art. 282 ZGB und die dort erwähnten Autoren). Für die Bejahung des Schutzes des guten Glaubens des Dritten spricht, dass es unter Umständen ausserordentlich schwierig sein kann, im Falle von Art. 392 Ziff. 2 ZGB das Vorliegen eines Interessenkonflikts zu erkennen. In BGE 45 II 122 wurde ferner darauf hingewiesen, dass es sogar im Interesse des Vertretenen liegen kann, wenn sich der gutgläubige Dritte auf das Vorhandensein der Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters verlassen darf, da andernfalls der Abschluss von Rechtsgeschäften im Namen handlungsunfähiger Personen in der Praxis auf grosse Widerstände stossen würde. Dem Schutzbedürfnis der gesetzlich vertretenen Person kann dadurch Rechnung getragen werden, dass an die Sorgfaltspflicht des sich auf seinen guten Glauben berufenden Dritten hohe Anforderungen gestellt werden (HEGNAUER, N. 40-42 zu alt Art. 282 ZGB ). b) Im vorliegenden Fall braucht indessen zur Frage, ob der gute Glaube des Vertragsgegners die fehlende Vetretungsmacht des gesetzlichen Vertreters zu heilen vermöge, nicht abschliessend Stellung genommen zu werden, da die Beklagte ohnehin nicht als gutgläubig gelten kann. Aufgrund ihres nahen Verhältnisse zu A. BGE 107 II 105 S. 117 vermochte sie nämlich ohne weiteres zu erkennen, dass dieser als damaliger Vormund der Klägerin beim Verkauf des Ferienhauses versucht sein könnte, die Interessen seines Mündels zugunsten ihrer eigenen Interessen nicht in bestmöglicher Weise wahrzunehmen. Sie bestreitet denn auch mit Recht nicht, gewusst zu haben, dass ein objektiver Interessenkonflikt bestand. Dann musste ihr aber ganz unabhängig davon, ob ihr die gesetzliche Regelung des Art. 392 Ziff. 2 ZGB bekannt war, auch klar sein, dass der Vormund nicht befugt sein konnte, sein Mündel ihr gegenüber rechtswirksam zu vertreten. Unter diesen Umständen konnte die Beklagte im Sinne von Art. 3 Abs. 2 ZGB zum vornherein nicht gutgläubig sein, so dass sie die sich aus Abs. 1 dieser Bestimmung ergebende Vermutung des guten Glaubens nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Auf die heilende Wirkung des guten Glaubens kann sich nur derjenige berufen, der den Rechtsmangel nicht gekannt hat. Entgegen der im angefochtenen Entscheid vertretenen Auffassung kann es auch nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Beklagte selber Schritte unternommen habe, um die Vormundschaftsbehörde auf ihr Verwandtschaftsverhältnis zum Vormund aufmerksam zu machen. Dadurch hätte der Rechtsmangel der fehlenden Vertretungsmacht noch nicht beseitigt werden können. Unter dem Gesichtspunkt des guten Glaubens hätte höchstens bedeutsam sein können, wenn die Beklagte bei der Vormundschaftsbehörde um die Ernennung eines Beistandes für die Klägerin nachgesucht hätte und ein solches Gesuch abgelehnt worden wäre; dies war aber unbestrittenermassen nicht der Fall. Da die Vormundschaftsbehörde die fehlende Vertretungsmacht des Vormunds nur durch einen Beschluss über eine Beistandsbestellung hätte beheben können, konnte es der Beklagten im Verhältnis zur Klägerin auch nicht helfen, dass sie aus der behördlichen Genehmigung des Kaufvertrags auf dessen Gültigkeit schloss. Die Genehmigung eines von einem Vormund ohne Vertretungsmacht abgeschlossenen Rechtsgeschäfts vermag, wie bereits in anderem Zusammenhang erwähnt, den betreffenden Rechtsmangel nicht zu heilen. Wenn aber die Genehmigung eines solchen Rechtsgeschäfts durch die Vormundschaftsbehörde diese Wirkung nicht hat, so kann auch das Vertrauen auf diese Genehmigung eine solche Wirkung nicht entfalten. Das angefochtene Urteil verstösst aber selbst dann nicht gegen Bundesrecht, wenn ihm darin gefolgt werden wollte, der gute BGE 107 II 105 S. 118 Glaube der Beklagten wäre zu bejahen gewesen, falls diese die vormundschaftlichen Behörden selber ausdrücklich auf das Verwandtschaftsverhältnis zum Vormund aufmerksam gemacht hätte. Der in der Berufung erhobene Einwand, eine solche Aufklärung habe hier mit Rücksicht auf die der Beklagten bekannte Unterrichtung des Ressortchefs der Vormundschaftsbehörde durch den Vormund unterbleiben können, geht fehl. Wenn schon von einem derart weitgehenden Gutglaubensschutz ausgegangen werden will, muss mit Rücksicht auf die Mündelinteressen daran festgehalten werden, dass der Dritte, der die Interessenkollision und damit die fehlende Vertretungsmacht des gesetzlichen Vertreters kennt, alles in seiner Macht liegende zu unternehmen hat, um die für die Beistandsbestellung zuständige Behörde über die Verhältnisse aufzuklären. Er kann sich, wie die kantonalen Instanzen zutreffend angenommen haben, nicht einfach darauf verlassen, die Aufklärung der Vormundschaftsbehörde sei bereits in ausreichendem Umfang durch eine andere Person erfolgt. c) Geht man davon aus, so erweist sich auch die in der Berufung erhobene Rüge der Verletzung von Art. 8 ZGB als unbegründet. Der von der Rechtsprechung aus dieser Bestimmung abgeleitete Anspruch auf Beweisführung setzt voraus, dass die beantragten Beweise erheblich sind. Was der frühere Vormund der Klägerin dem Ressortchef der Vormundschaftsbehörde Münchenstein über sein Verhältnis zur Beklagten im einzelnen mitteilte und inwieweit er seine Stieftochter darüber auf dem Laufenden hielt, ist für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens nicht von Bedeutung. Die Beklagte macht ja selber nicht geltend, eigene Schritte zur Ernennung eines Beistands oder wenigstens zu einer umfassenden Orientierung der Vormundschaftsbehörde unternommen zu haben. Aus diesem Grund konnte sowohl von einer entsprechenden Zeugenbefragung als auch von der persönlichen Befragung der Beklagten Umgang genommen werden, soweit eine solche im kantonalen Verfahren überhaupt in zulässiger Weise beantragt worden sein sollte. Die kantonalen Instanzen haben den Beweisführungsanspruch der Beklagten somit nicht verletzt, indem sie die in der Berufung erwähnten Abklärungen nicht vornahmen. 7. ob der angefochtene Verkauf der Ferienhausliegenschaft im übrigen den Anforderungen entsprach, die nach Art. 404 ZGB an ein solches Geschäft zu stellen sind, ist für das Verhältnis zwischen den Parteien rechtlich nicht von Bedeutung und kann BGE 107 II 105 S. 119 deshalb offen bleiben. Der Vertrag ist für die Klägerin so oder so unverbindlich.
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de
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CH
Federation
6aa7dae6-514a-4c7e-b540-52e6480fd724
Urteilskopf 119 Ia 88 14. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 24 février 1993 dans la cause La Genevoise, compagnie d'assurances sur la vie, contre Conseil d'Etat du canton de Vaud (recours de droit public)
Regeste Art. 6 Ziff. 1 EMRK , Art. 4 und 22ter BV ; Art. 33 RPG ; Unterschutzstellung eines Kino- und Theatersaales. 1. Art. 86 OG ; Zulässigkeit neuer Rügen (E. 1). 2. Tragweite des Begriffs "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ; Zusammenfassung der Rechtsprechung (E. 3). 3. Der Entscheid, mit welchem der Regierungsrat des Kantons Waadt in Anwendung von Art. 52 des kantonalen Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz einen Kino- und Theatersaal mitsamt Nebenräumen und Foyer unter Schutz stellt, betrifft im vorliegenden Fall zivilrechtliche Ansprüche im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK (E. 4). 4. Die Beschwerdeführerin, welche den Sachverhalt und die Begründetheit der Unterschutzstellung bestreitet, hatte keine Möglichkeit, die Streitsache einem unabhängigen und unparteiischen Gericht im Sinn von Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorzulegen (E. 5). 5. Das kantonale Verfahren genügt ausserdem den Anforderungen von Art. 33 RPG nicht (E. 6). Wirkungen der Gutheissung der Beschwerde (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 89 BGE 119 Ia 88 S. 89 La Genevoise, compagnie d'assurances sur la vie, est propriétaire de la parcelle no 549 du Registre foncier de Lausanne, sur laquelle s'élève le bâtiment Bel-Air Métropole (ci-après: le Métropole). Ce bâtiment, construit de 1929 à 1931, est une maison-tour, dont la conception s'inspirait de celle des grands immeubles urbains aux fonctions multiples, édifiés dans les métropoles américaines dès la fin du XIXe siècle selon les principes architecturaux de l'école de Chicago. Dans la partie inférieure de la tour avait été aménagée à l'origine une salle de spectacle de mille six cents places avec une fosse d'orchestre pour la sonorisation des films muets qui y étaient alors projetés. Cette salle - connue sous le nom de "Cinéma-théâtre Métropole" - a accueilli par la suite notamment des spectacles de variétés et des concerts. En 1985, la Genevoise l'a remise à bail à la société Métrociné S.A. Le 13 novembre 1989, la Genevoise et Métrociné S.A. ont déposé auprès de la Direction des travaux de la Commune de Lausanne un projet de réaménagement du Métropole prévoyant notamment la suppression de la salle du cinéma-théâtre Métropole et son réaménagement en un "complexe multi-salles, comprenant quatre salles de cinéma distinctes d'une capacité totale de mille deux cent vingt-cinq places". Le 23 mars 1990, le Département des travaux publics, de l'aménagement et des transports du canton de Vaud (ci-après: le Département) a décidé de s'opposer au projet en lui appliquant l'art. 47 de la loi cantonale du 10 décembre 1969 sur la protection de la nature, des monuments et des sites (LPNMS), en vertu duquel il appartient à cette autorité de prendre les mesures nécessaires à la sauvegarde des monuments historiques protégés lorsqu'un danger imminent les menace. Il soulignait que le projet litigieux impliquait "la destruction de la salle de spectacle et de l'essentiel de son foyer", qui présenteraient selon lui un intérêt historique et artistique indéniable. Le 8 juin 1990, le Conseil d'Etat a prolongé de six mois cette mesure conservatoire, conformément à l'art. 48 LPNMS. BGE 119 Ia 88 S. 90 Se fondant sur les art. 24 et 25 LPNMS, le Département a mis à l'enquête publique du 17 décembre 1990 au 25 janvier 1991 un projet d'arrêté de classement concernant la sauvegarde du Métropole. Selon ce projet, la mesure de classement devait s'étendre à la salle du cinéma-théâtre, à ses annexes, au foyer du théâtre, aux circulations au niveau de la rue des Terreaux, aux façades et à l'entrée de l'immeuble; ces éléments devaient être pris dans leur ensemble. Le 24 janvier 1991, la Genevoise et Métrociné S.A. se sont opposées au projet d'arrêté de classement. Par "avis motivé" du 8 juillet 1991, le Département a proposé au Conseil d'Etat de lever l'opposition en partie, et de ne classer que la salle de cinéma-théâtre, son foyer et leurs espaces annexes. La Genevoise et Métrociné S.A. ont formé auprès du Conseil d'Etat une requête tendant au réexamen de leur opposition. Le 21 août 1992, le Conseil d'Etat a rejeté la requête. Il a pris le même jour un arrêté classant la salle de cinéma-théâtre, ses annexes et son foyer et inscrivant le Métropole dans son ensemble à l'inventaire des monuments non classés mais protégés. Cet arrêté a été publié dans la Feuille des Avis Officiels du canton de Vaud du 11 septembre 1992. Agissant par la voie du recours de droit public, la Genevoise demande au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêté pris par le Conseil d'Etat du canton de Vaud le 21 août 1992 ainsi que la décision du même jour par laquelle cette autorité a rejeté sa requête. Elle se plaint d'une violation des art. 6 par. 1 CEDH , 4, 22ter et 31 Cst. Le Conseil d'Etat conclut au rejet du recours. Le Tribunal fédéral a admis le recours dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 1. La recourante soulève pour la première fois dans le recours de droit public le grief tiré de la violation de l' art. 6 par. 1 CEDH . a) La novelle du 4 octobre 1991 modifiant la loi d'organisation judiciaire a généralisé l'exigence de l'épuisement des instances pour tous les recours, sous réserve d'une seule exception qui n'entre pas en ligne de compte en l'espèce ( art. 86 OJ ). La jurisprudence admet cependant la recevabilité de moyens de droit nouveaux lorsque l'autorité cantonale de dernière instance disposait d'un pouvoir d'examen libre et devait appliquer le droit d'office. Cette exception BGE 119 Ia 88 S. 91 vaut pour tous les griefs qui ne se confondent pas avec l'arbitraire, et notamment pour celui tiré de la violation du droit à un procès équitable, à la condition que le comportement du recourant ne soit pas contraire à la règle de la bonne foi, en vertu de laquelle celui qui ne soulève pas devant l'autorité de dernière instance cantonale un grief lié à la conduite de la procédure ne peut plus en principe le soulever devant le Tribunal fédéral; une solution contraire favoriserait les manoeuvres dilatoires ( ATF 117 Ia 495 consid. 2a, 525/526 consid. 3a, ATF 116 Ia 439 /440 consid. 4b et les arrêts cités). b) Le Conseil d'Etat a statué en instance cantonale unique sur la requête de la recourante dirigée contre l'arrêté de classement, en application des art. 26 LPNMS et 73 al. 2 à 4 de la loi vaudoise sur l'aménagement du territoire et les constructions, du 4 décembre 1985 - LATC, auxquels renvoie l'art. 5 du règlement d'application de la LPNMS, du 22 mars 1989 - RPNMS. Le Conseil d'Etat disposait d'une pleine cognition (art. 36 et 59 de la loi vaudoise sur la juridiction et la procédure administratives, du 18 décembre 1989, LJPA) et n'était pas limité par les moyens invoqués par les parties. Le recours est formé essentiellement pour une violation de l' art. 6 par. 1 CEDH , grief qui, tel qu'il a été invoqué dans le recours, ne se confond pas avec celui d'arbitraire (cf. ATF 115 Ia 185 consid. 2). Les conditions d'une dérogation à la règle de l'épuisement des instances cantonales selon l' art. 86 OJ sont donc remplies en l'espèce. On ne saurait par ailleurs imposer à l'administré agissant devant le Conseil d'Etat qu'il se plaigne d'emblée de l'impossibilité dans laquelle il va se trouver de déférer sa décision à une autorité judiciaire, si elle lui est défavorable; cette question ne se pose à lui, le cas échéant, qu'au moment de la notification de la décision. Le grief nouveau de nature formelle soulevé par la recourante est donc recevable. 3. Sous l'angle de l' art. 6 par. 1 CEDH , la recourante soutient que la décision attaquée devrait pouvoir être déférée à une juridiction ordinaire jouissant d'une cognition illimitée en fait et en droit. a) L' art. 6 par. 1 CEDH donne à toute personne le droit à ce que sa cause soit entendue équitablement, publiquement et dans un délai raisonnable, par un tribunal indépendant et impartial, établi par la loi, qui décidera, soit des contestations sur ses droits et obligations de caractère civil, soit du bien-fondé de toute accusation en matière pénale dirigée contre elle. Cette disposition est applicable sans réserve en Suisse, le Tribunal fédéral ayant constaté l'invalidité de la nouvelle déclaration interprétative qu'en a donnée le Conseil fédéral BGE 119 Ia 88 S. 92 le 16 mai 1988 ( ATF 118 Ia 478 consid. 5 à 7), dont le canton de Vaud avait au demeurant renoncé à se prévaloir ( ATF 117 Ia 527 consid. 3b, ATF 115 Ia 71 ). b) Dans sa jurisprudence, désormais bien établie, le Tribunal fédéral interprète la notion de "droits et obligations de caractère civil" visée à l' art. 6 par. 1 CEDH aussi largement que le font la Cour et la Commission européennes des droits de l'homme. Cette disposition conventionnelle ne concerne donc pas seulement les contestations de droit privé au sens étroit, c'est-à-dire celles qui surgissent entre des particuliers, ou entre un particulier et l'Etat agissant au même titre qu'une personne privée, mais aussi les actes administratifs adoptés par une autorité dans l'exercice de la puissance publique pour autant que cet acte a un effet déterminant sur des droits et obligations de caractère privé ( ATF 117 Ia 527 /528 consid. 3c/aa, 115 Ia 68; ACEDH Ringeisen, du 16 juillet 1971, Série A/vol. 13 par. 94, König, du 28 juin 1978, Série A/vol. 27, par. 90 et 94, Benthem, du 23 octobre 1985, Série A/vol. 97 par. 32 et Skärby, du 28 juin 1990, Série A/no 180-B par. 27; cf. aussi OLIVIER DUGRIP, L'applicabilité de l' art. 6 par. 1 CEDH aux juridictions administratives, RUDH 1991 p. 342 ss). Sont ainsi des contestations "sur des droits et obligations de caractère civil" les procédures d'expropriation fédérale et cantonales ( ATF 118 Ia 227 consid. 1c, 331 ss; 115 Ia 69 consid. 2c; cf. aussi ATF 112 Ib 177 /178 consid. 3a, ATF 111 Ib 232 /233), l'exercice par l'Etat d'un droit de préemption légal ( ATF 114 Ia 19 ), la décision de réaliser un remaniement parcellaire et d'en délimiter le périmètre ( ATF 118 Ia 355 /356 consid. 2a, ATF 117 Ia 378 ), le refus d'autoriser une construction sur une parcelle située dans la zone à bâtir ( ATF 117 Ia 522 ) ou l'adoption d'un plan d'affectation spécial qui désigne les surfaces nécessaires à l'aménagement d'un stand de tir et dont l'approbation confère à l'autorité compétente le droit d'exproprier les parcelles concernées ( ATF 114 Ia 427 consid. 4c). Selon la jurisprudence de la Cour européenne des droits de l'homme, entrent dans la catégorie des contestations portant sur des droits et obligations de caractère civil les différends, relatifs à l'octroi d'un permis d'exproprier ou à la constatation de l'utilité publique d'une mesure expropriative (ACEDH Sporrong et Lönnroth du 23 septembre 1982, Série A/vol. 52, par. 79-83, Zimmermann et Steiner du 13 juillet 1983, Série A/vol. 66 par. 22 et Bodèn du 27 octobre 1987, Série A/vol. 125-B, par. 29 et 32), ainsi qu'à l'octroi ou au refus d'une autorisation d'acquérir un immeuble, ordonnés par exemple à titre conservatoire pour les besoins d'une procédure de remaniement BGE 119 Ia 88 S. 93 parcellaire (ACEDH Ringeisen, cité, Sramek du 22 octobre 1984, Série A/vol. 84 par. 34, Erkner et Hofauer du 23 avril 1987, Série A/vol. 117 par. 62, Hakansson et Sturesson du 21 février 1990, Série A/vol. 171-A par. 60/61), au refus d'une autorisation exceptionnelle de construire et à l'interdiction de construire pour une période relativement longue ou à la prolongation d'une telle interdiction (ACEDH Allan Jacobsson du 25 octobre 1989, Série A/vol. 163 par. 73 et Skärby, cité, par. 29), de même qu'à la modification, par une autorité administrative, d'un plan de zones dont l'effet est de restreindre le droit de bâtir ou le droit d'exploitation dont sont titulaires les propriétaires des biens-fonds pris dans le périmètre de ce plan (ACEDH Mats Jacobsson du 28 juin 1990, Série A/vol. 180-A par. 33 et 34). Les droits à bâtir, tel celui de construire une maison d'habitation sur son bien-fonds classé dans la zone à bâtir, ou la révocation d'un permis d'exploiter une gravière sur son terrain revêtent en effet, en principe, un caractère civil (ACEDH Fredin, du 18 février 1991, Série A/vol. 192, par. 63). Il importe peu que les restrictions en cause soient générales, qu'elles relèvent du droit public ou qu'elles représentent un élément nécessaire de l'aménagement urbain (ACEDH cités Allan Jacobsson, Skärby et Mats Jacobsson). Enfin, le classement par une autorité administrative d'un site pittoresque pour des motifs d'intérêt général porte atteinte aux droits du propriétaire qui doit être en mesure d'attaquer cette décision devant un tribunal répondant aux exigences de l' art. 6 par. 1 CEDH (ACEDH de Geouffre de la Pradelle du 16 décembre 1992, Série A/vol. 253-B, par. 34). 4. a) La LPNMS a notamment pour but, "dans l'intérêt de la communauté ou de la science", de protéger et de conserver les monuments de la préhistoire, de l'histoire, de l'art ou de l'architecture ( art. 1 let . c LPNMS). Dans la mesure où ils présentent un intérêt archéologique, historique, artistique, scientifique ou éducatif, ces monuments bénéficient d'une protection générale (art. 46 al. 1 LPNMS), dont la portée est faible, car les objets protégés ne sont pas définis avec précision (PHILIPPE GARDAZ, La protection du patrimoine bâti en droit vaudois, RDAF 48/1992 p. 1 ss, 6). La protection spéciale des monuments historiques est garantie, le cas échéant, par l'inscription à l'inventaire (art. 49 ss LPNMS) ou par le classement (art. 52 ss LPNMS). Le classement intervient par la voie d'un arrêté de classement, assorti au besoin d'un plan de classement (art. 52 al. 2 LPNMS). Cet arrêté définit l'objet classé, le cas échéant ses abords et l'intérêt qu'il présente, ainsi que les mesures de protection déjà prises et les mesures de conservation ou de restauration BGE 119 Ia 88 S. 94 nécessaires (art. 53 LPNMS). Selon les art. 22 à 28 de la loi, applicables par analogie en vertu de l'art. 54 LPNMS, aucune atteinte ne peut être portée à un objet classé sans autorisation préalable du Département (art. 23 LPNMS). L'arrêté de classement est soumis à une enquête publique (art. 24 et 25 LPNMS). Le Conseil d'Etat statue sur les oppositions (art. 26 LPNMS), selon la procédure fixée par l'art. 73 al. 2 à 4 LATC, applicable par analogie en vertu de l'art. 5 RPNMS. Le monument classé doit être entretenu par son propriétaire (art. 55 et 29 al. 1 LPNMS). Au besoin, le Département peut lui fixer un délai pour procéder à des travaux d'entretien nécessaires, voire effectuer ces travaux aux frais du propriétaire, si celui-ci ne se plie pas aux injonctions de l'autorité (art. 29 al. 2 et 3 LPNMS). Lorsque le propriétaire d'un objet classé lui a porté atteinte sans autorisation en violation de l'art. 23 LPNMS, il est tenu de le rétablir dans son état antérieur; le Département peut faire effectuer les travaux nécessaires aux frais du propriétaire récalcitrant (art. 30 LPNMS). L'Etat peut participer aux frais d'entretien et de restauration des monuments classés (art. 56 et 57 LPNMS), par le biais d'un "Fonds cantonal des monuments historiques" (art. 60 et 61 LPNMS). L'Etat peut procéder par voie contractuelle ou par voie d'expropriation à l'acquisition d'un monument historique ou d'une antiquité (art. 64 LPNMS). L'Etat a également un droit de préemption légal sur les monuments historiques et les antiquités classés (art. 65 LPNMS). b) Selon l'art. 2 de l'arrêté du 21 août 1992, la mesure de classement vise la salle de cinéma-théâtre et ses annexes, ainsi que le foyer du théâtre, ces éléments étant "pris dans leur ensemble"; aucune atteinte ne peut leur être portée qui en altère le caractère; toute intervention sur les parties classées du Métropole est soumise à une autorisation préalable du Département, conformément à l'art. 4 de l'arrêté. Celui-ci exclut de manière définitive la réalisation du projet de la recourante et de sa locataire Métrociné S.A., portant sur la démolition de la salle de cinéma-théâtre et la construction à sa place de quatre salles de dimensions plus petites. Cette conséquence sourd, avec évidence, si l'on se réfère à l'origine de la procédure de classement qui se situe dans l'opposition faite par le Département à la transformation projetée par la recourante et Métrociné S.A., opposition assortie des mesures conservatoires qui, adoptées en vertu de l'art. 47 LPNMS, étaient le préalable à la mesure critiquée. Eu égard à son effet concret, cumulé avec les obligations découlant des art. 29 et 30 LPNMS, en relation avec l'art. 55 de la même loi, l'arrêté de classement présente un caractère quasi expropriatif pour la recourante. BGE 119 Ia 88 S. 95 Sur le vu de la jurisprudence qui vient d'être rappelée (consid. 3 ci-dessus), la mesure litigieuse a porté atteinte aux droits de caractère civil de la recourante qui, partant, doit pouvoir la soumettre à un tribunal indépendant et impartial au sens de l' art. 6 par. 1 CEDH . 5. Il reste à examiner si cette exigence a été respectée en l'espèce. a) La décision attaquée émane non d'un tribunal mais d'un gouvernement cantonal statuant en instance unique et qui n'a pas la qualité d'une juridiction indépendante et impartiale ( ATF 117 Ia 385 /386 consid. 5c, ATF 115 Ia 69 consid. 2c, 187). b) A teneur de l'art. 4 LJPA, le Tribunal administratif connaît en dernière instance cantonale de tous les recours contre les décisions administratives cantonales et communales lorsque aucune autre autorité n'est expressément désignée pour en connaître (al. 1). Le recours au Tribunal administratif est cependant exclu contre les décisions du Grand Conseil, du Conseil d'Etat, du Tribunal cantonal ou des commissions de recours spéciales, ou lorsque la loi précise que l'autorité statue définitivement (al. 2). En matière de permis de bâtir, les compétences juridictionnelles du Conseil d'Etat et de la Commission cantonale de recours ont été supprimées par une modification de la LATC du 18 décembre 1989, parallèlement à l'adoption de la LJPA (cf. Recueil annuel de la législation vaudoise 186/1989 p. 596 ss). Cette nouvelle a abrogé notamment l' art. 9 let . d LATC, relatif à la compétence du Conseil d'Etat, et les art. 20 ss LATC, régissant la Commission cantonale de recours. Depuis l'entrée en vigueur, le 1er juillet 1991 (RALV 188/1991 p. 162) de la LJPA et des modifications de la LATC, le Tribunal administratif est l'autorité de recours pour toutes les décisions relatives aux autorisations de construire. En revanche, le Conseil d'Etat a conservé la compétence de statuer définitivement sur les oppositions formées contre un arrêté de classement selon l'art. 26 LPNMS. Au regard de l'art. 4 al. 2 LJPA, le Tribunal administratif ne peut procéder au contrôle préjudiciel de l'arrêté de classement dans le cadre de l'examen d'un recours dirigé, par hypothèse, contre le refus d'un permis de bâtir portant sur la démolition de la salle de cinéma-théâtre du Métropole. c) De même, la procédure du recours de droit public pour violation des droits constitutionnels des citoyens au sens des art. 84 ss OJ ne suffit pas pour réparer les défauts de la procédure cantonale. aa) Le contrôle judiciaire exigé par l' art. 6 par. 1 CEDH n'a pas à porter sur l'opportunité de la mesure critiquée. Il faut en revanche que ce contrôle soit libre sur toutes les questions décisives de fait et BGE 119 Ia 88 S. 96 de droit. Tel n'est pas le cas lorsque sont en cause des questions de fait que le Tribunal fédéral ne revoit que sous l'angle restreint de l'arbitraire ( ATF 117 Ia 502 /503 consid. 2e, 115 Ia 187, 191, 410 consid. 3b/bb; arrêt du 3 avril 1992, S. et consorts, reproduit in: ZBl 94/1993 p. 39 ss; cf. ACEDH du 29 avril 1988, Belilos, Série A/vol. 132 par. 68 à 73). bb) Saisi d'un recours de droit public pour violation de l' art. 22ter Cst. , le Tribunal fédéral examine sous l'angle restreint de l' art. 4 Cst. si l'exigence d'une base légale suffisante est respectée dans tous les cas où la restriction contestée n'est pas particulièrement grave; si tel est le cas, comme en l'espèce ( ATF 118 Ia 387 consid. 4a), il revoit en revanche cette question avec une cognition pleine. Il examine en outre toujours librement - mais non sans réserves - si cette restriction répond à un intérêt public et respecte le principe de la proportionnalité ( ATF 117 Ia 419 consid. 4b). Les réserves qu'il s'impose ont trait aux circonstances techniques et locales que les autorités cantonales sont censées mieux connaître ou aux questions de pure appréciation. Il fait preuve d'une retenue particulière dans le domaine de la protection des monuments, car il appartient en premier lieu aux autorités cantonales de désigner les monuments dignes de protection ( ATF 115 Ia 30 consid. 4a, 372 consid. 3, 386 consid. 3, ATF 118 Ia 388 consid. 4b). cc) La recourante critique l'état de fait qui fournit la base de la décision attaquée. Elle reproche au Conseil d'Etat d'avoir omis de tenir compte des transformations qui auraient modifié le bâtiment, de sorte que celui-ci n'aurait aucune valeur architecturale justifiant la mesure de classement. A cet égard, elle met en doute l'objectivité et l'exactitude de l'expertise sur laquelle les autorités cantonales se sont appuyées pour conclure à la nécessité de procéder au classement de la salle du Métropole. Le litige porte donc essentiellement sur des questions de fait, comme cela est corroboré par la teneur de la décision attaquée où le Conseil d'Etat reproche à la recourante et à Métrociné S.A. de ne pas avoir fait valoir un autre point de vue d'expert sur les questions de fait en jeu; elle a écarté "pour les mêmes raisons" les griefs relatifs à l'âge du bâtiment. Le Tribunal fédéral n'examinant dès lors que de manière restreinte le grief tiré de l' art. 22ter Cst. , le recours formé auprès de lui ne pallie pas les carences de la procédure cantonale au regard de l' art. 6 par. 1 CEDH . Le grief tiré de la violation de cette norme conventionnelle est donc bien fondé et le recours doit être admis dans la mesure où il est recevable. BGE 119 Ia 88 S. 97 6. Cette solution s'impose aussi au regard de l' art. 33 LAT . a) L'autorité compétente peut édicter des mesures de protection des monuments dans le cadre d'un plan d'affectation (cf. art. 17 al. 1 let . c LAT; art. 47 let. b LATC; GARDAZ, op.cit., p. 9 ss); elle peut aussi, comme en l'espèce, prendre dans ce but des décisions concrètes. Dans un cas comme dans l'autre, la procédure cantonale doit respecter les exigences minimales de l' art. 33 LAT en matière de protection juridique ( ATF 116 Ia 47 consid. 4c/cb; ATF 118 Ia 386 cité, consid. 3). En vertu de cette disposition, les mesures fondées sur la LAT et sur des dispositions cantonales et fédérales d'exécution doivent être mises à l'enquête publique et le droit cantonal doit aménager contre elles au moins une voie de recours auprès d'une autorité ayant un libre pouvoir d'examen et à laquelle puissent s'adresser tous ceux qui ont la qualité pour agir par la voie d'un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Selon la jurisprudence, les exigences du droit fédéral sont satisfaites par l'institution en faveur des intéressés d'une simple voie d'opposition auprès de l'autorité qui approuve le plan litigieux ( ATF 116 Ia 45 consid. 4b, 440 consid. 4b, ATF 114 Ia 119 consid. 4c/ca, 235-237 consid. 2b, 247/248 consid. 2a et b, ATF 114 Ib 88 , ATF 112 Ib 169 , ATF 109 Ib 123 consid. 5b, ATF 109 Ia 2 et arrêts cités); cette autorité doit toutefois être indépendante de celle qui a établi le plan et avoir la compétence de réexaminer l'opportunité des mesures contestées ( ATF 114 Ia 247 /248 consid. 2a et b, ATF 114 Ib 88 , ATF 109 Ia 2 , ATF 109 Ib 124 /125 consid. 5b et c). b) En l'espèce, le Département a mis à l'enquête publique, conformément aux art. 24 et 35 LPNMS, un projet d'arrêté portant sur le classement de diverses parties du Métropole. La recourante et Métrociné S.A. ont formé une opposition, dont le Département a partiellement tenu compte, dans son "avis motivé" du 8 juillet 1991, en proposant au Conseil d'Etat de limiter la mesure de classement à la salle de cinéma-théâtre et au foyer. Les opposantes ont requis le Conseil d'Etat de réexaminer la décision du Département. Le 21 août 1992, le Conseil d'Etat, statuant sur la base des art. 26 LPNMS et 73 al. 2 à 4 LATC, a rejeté cette requête et adopté simultanément l'arrêté de classement, conformément à l'art. 52 LPNMS. La recourante n'a donc pas été en mesure de soumettre ses arguments à une autorité de recours indépendante, en violation de l' art. 33 LAT . La situation est ici différente de celle de l' ATF 108 Ib 479 ss où le Grand Conseil genevois avait statué sur les oppositions en même temps qu'il approuvait un plan d'affectation, à l'issue d'une procédure comportant une inspection des lieux et une audition des opposants par une commission BGE 119 Ia 88 S. 98 parlementaire. Outre le fait que cette jurisprudence, visant l'adoption d'un plan d'affectation par une autorité législative, n'est pas applicable au cas de l'adoption d'une mesure concrète de classement par une autorité administrative, il convient de souligner que la recourante n'a pas eu l'occasion de faire valoir ses objections dans une procédure contradictoire incluant une vision locale, ni de s'adresser à une autorité juridictionnelle disposant d'un plein pouvoir d'examen, comme l'exige l' art. 33 LAT . 7. En conclusion, le propriétaire touché par une mesure de classement au sens de la LPNMS doit pouvoir porter ce litige devant un tribunal indépendant et impartial ayant une cognition illimitée, sous réserve des questions d'opportunité. Il doit pouvoir aussi, en vertu de l' art. 33 LAT , contester la mesure de classement devant une autorité de recours compétente pour connaître de l'ensemble de l'affaire, y compris des questions d'opportunité qu'elle soulève. Pour satisfaire à toutes ces exigences, il incombe au législateur cantonal d'adapter la LPNMS. L' art. 6 par. 1 CEDH étant directement applicable ( ATF 118 Ia 227 consid. 1c; cf. consid. 2d non publié de l' ATF 118 Ia 331 ss et la note de YVO HANGARTNER, in: PJA 2/1993 p. 79-81), le canton de Vaud est invité à mettre à la disposition de la recourante une autorité judiciaire au sens de l' art. 6 par. 1 CEDH , pour connaître d'un recours contre la décision attaquée. Sous l'angle de l' art. 33 LAT , rien ne s'oppose au maintien de la voie de la requête au Conseil d'Etat contre le projet d'arrêté de classement mis à l'enquête par le Département, pourvu que le requérant puisse porter ce litige, le cas échéant, devant un tribunal indépendant disposant d'un pouvoir d'examen libre en fait et en droit.
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nan
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1,993
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Federation
6aae02bc-df3d-41d2-8d8f-392692ad0ff0
Urteilskopf 123 I 152 15. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. März 1997 i.S. G. und Mitbeteiligte gegen Kantonsrat des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Ungültigerklärung der Solothurner Volksinitiative "Für eine gleichberechtigte Vertretung der Frauen und Männer in den kantonalen Behörden - Initiative 2001". Verhältnis von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV zu Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV . Das Diskriminierungsverbot bildet eine relative Schranke des Egalisierungsgebotes und schliesst unverhältnismässige Ungleichbehandlungen der Geschlechter aus (E. 3a und 3b). Erfordernis der Interessenabwägung bei der Prüfung der Zulässigkeit positiver Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter (E. 3b-3d). Auswirkungen der hier in Frage stehenden Initiative, mit der verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine dem Bevölkerungsanteil entsprechende Vertretung der Frauen in Parlament, Regierung und Gerichten verlangt wird (E. 4). Überprüfung dieser Massnahme aufgrund der Kriterien des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit (E. 5-7). Die vorgeschlagene Quotenregelung stellt einen unverhältnismässigen Eingriff in das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV dar (E. 7). Soweit sie vom Volk gewählte Behörden betrifft, verstösst sie gegen das durch das Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete allgemeine und gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden (E. 8).
Sachverhalt ab Seite 153 BGE 123 I 152 S. 153 Am 7. Juni 1995 wurde bei der Staatskanzlei des Kantons Solothurn eine von 3274 Stimmberechtigten unterzeichnete Volksinitiative "Für eine gleichberechtigte Vertretung der Frauen und Männer in den kantonalen Behörden - Initiative 2001" (im folgenden abgekürzt: Initiative 2001) eingereicht. Die Initianten stellten im Sinne einer Anregung das Begehren, die betreffenden Gesetzesbestimmungen seien wie folgt zu ändern: "Im Kantonsrat und im Regierungsrat sind Frauen und Männer entsprechend ihrem kantonalen Bevölkerungsanteil vertreten. In den kantonalen juristischen Behörden sind Frauen und Männer entsprechend dem Bevölkerungsanteil des Wahlkreises vertreten. BGE 123 I 152 S. 154 Diese Regel gilt erstmals für die seit der Annahme der Initiative stattfindenden Regierungs- und Kantonsratswahlen. Für die Wieder- bzw. Bestätigungswahlen von Mitgliedern der Gerichtsbehörden, die vor der Annahme der Initiative in die Gerichtsbehörden gewählt worden sind, ist die Regel der anteilsmässigen Vertretung der Geschlechter nicht anwendbar". Zur Begründung führten sie aus, die Frauen machten mehr als die Hälfte der Solothurner Bevölkerung aus. In den politischen und juristischen Behörden seien sie hingegen nach wie vor krass untervertreten. Wichtige politische Entscheide der kantonalen Behörden würden deshalb vor allem aus dem Blickwinkel der Männer getroffen. Die andere Lebensrealität der Frauen werde höchstens am Rande mitberücksichtigt. Eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern sei vorderhand nur durch Quoten erreichbar. Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragte dem Kantonsrat mit Botschaft vom 23. Oktober 1995, die Initiative für ungültig zu erklären. Er hielt in der Zusammenfassung fest, die von den Initianten verlangte Quotenregelung wäre in ihren Auswirkungen kompliziert, wenig transparent und schwer verständlich. Das Gleichbehandlungsgebot würde zu stark zurückgedrängt und die Grundsätze des Wahlrechts, nämlich Freiheit, Gleichheit und Allgemeinheit der Wahlen, würden übermässig beschnitten. Die hier in Frage stehende Quotenregelung sei kein verhältnismässiges Mittel zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit. Sie kollidiere sowohl mit Art. 4 Abs. 1 und 2 BV als auch mit Art. 74 BV . Die Initiative verstosse offensichtlich gegen Bundesrecht. Eine verhältnismässige Ausgestaltung der Quotenregelung sei aufgrund der Bestimmtheit des Initiativbegehrens ausgeschlossen. Es bestehe daher keine andere Möglichkeit, als die Initiative als offensichtlich rechtswidrig zu bezeichnen. In der Sitzung vom 13. Februar 1996 stimmte der Kantonsrat dem Antrag des Regierungsrats mit 75 gegen 49 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) zu und erklärte die Initiative für ungültig. Gegen diesen Beschluss des Solothurner Kantonsrates reichten G. und 8 Mitbeteiligte gestützt auf Art. 85 lit. a OG beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. BGE 123 I 152 S. 155 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Über die Gültigkeit einer Initiative entscheidet der Kantonsrat. Er erklärt eine Volksinitiative für ungültig, wenn sie den Formvorschriften widerspricht, offensichtlich rechtswidrig oder undurchführbar ist (Art. 31 der Verfassung des Kantons Solothurn, KV). Der Kantonsrat erklärte die hier in Frage stehende Initiative für ungültig, weil sie offensichtlich Bundesrecht verletze. Die Beschwerdeführerinnen halten diesen Entscheid für falsch. b) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht nur die Auslegung von Bundesrecht und kantonalem Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler Vorschriften, welche den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts normieren oder mit diesem in engem Zusammenhang stehen. Die Anwendung anderer kantonaler Vorschriften und die Feststellung des Sachverhalts prüft es nur unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots ( BGE 121 I 334 E. 2b mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist umstritten, ob die Initiative 2001 mit dem Bundesrecht vereinbar sei. Diese Frage prüft das Bundesgericht frei ( BGE 121 I 334 E. 2b). c) Für die Beurteilung der Rechtmässigkeit einer Initiative ist deren Text nach den anerkannten Interpretationsprinzipien zu prüfen. Grundsätzlich ist vom Wortlaut der Initiative auszugehen und nicht auf den subjektiven Willen der Initianten abzustellen. Die beigefügte Begründung des Volksbegehrens und Meinungsäusserungen der Initianten dürfen allerdings mitberücksichtigt werden. Es ist von verschiedenen Auslegungsmöglichkeiten jene zu wählen, welche einerseits dem Sinn und Zweck der Initiative am besten entspricht und zu einem vernünftigen Ergebnis führt und anderseits im Sinne der verfassungskonformen Auslegung mit dem Recht von Bund und Kanton vereinbar erscheint. Dabei ist der Spielraum grösser, wenn eine in der Form der allgemeinen Anregung gehaltene Initiative zu beurteilen ist. Kann der Initiative in diesem Rahmen ein Sinn beigemessen werden, der sie nicht klarerweise als unzulässig erscheinen lässt, ist sie als gültig zu erklären und der Volksabstimmung zu unterstellen ( BGE 121 I 334 E. 2c; BGE 119 Ia 154 E. 2b; BGE 111 Ia 292 E. 2). d) In Anwendung dieser Grundsätze ist die hier in Frage stehende Initiative unter dem Gesichtspunkt von Art. 4 Abs. 2 BV und unter jenem der politischen Rechte zu prüfen. 3. a) Gemäss Art. 4 Abs. 2 BV sind Mann und Frau gleichberechtigt (Satz 1). Das Gesetz sorgt für ihre Gleichstellung, vor allem BGE 123 I 152 S. 156 in Familie, Ausbildung und Arbeit (Satz 2). Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit (Satz 3). Mit der Vorschrift von Art. 4 Abs. 2 BV hat der Verfassungsgeber den in Art. 4 Abs. 1 BV enthaltenen allgemeinen Gleichheitssatz gewissermassen selbst konkretisiert und autoritativ festgestellt, dass die Zugehörigkeit zum einen oder andern Geschlecht grundsätzlich keinen rechtserheblichen Aspekt darstellt. Mann und Frau haben somit für die ganze Rechtsordnung im wesentlichen als gleich zu gelten ( BGE 116 V 198 E. II/2a/bb S. 208 mit Hinweis auf ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 79). Seit dem Inkrafttreten des Art. 4 Abs. 2 BV am 14. Juni 1981 ist es dem kantonalen und dem eidgenössischen Gesetzgeber grundsätzlich verwehrt, Normen zu erlassen, die Mann und Frau ungleich behandeln. Die Verfassungsbestimmung schliesst die Geschlechtszugehörigkeit als taugliches Kriterium für rechtliche Differenzierungen aus. Eine unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau ist nur noch zulässig, wenn auf dem Geschlecht beruhende biologische oder funktionelle Unterschiede eine Gleichbehandlung schlechthin ausschliessen ( BGE 120 V 312 E. 2a; BGE 117 Ia 262 E. 2a, 270 E. 2a; BGE 117 V 318 E. 2a; BGE 116 V 198 E. II/2a/bb S. 208; BGE 108 Ia 22 E. 5a). Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV beauftragt den Gesetzgeber, die Gleichstellung von Mann und Frau zu verwirklichen. Besonders hervorgehoben sind die Bereiche Familie, Ausbildung und Arbeit, doch verpflichtet die Verfassung den Gesetzgeber zur Beseitigung geschlechtsspezifischer Ungleichbehandlung in allen Rechtsgebieten und Lebensbereichen (JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, 2. Aufl., Bern 1991, S. 231; HAEFLIGER, a.a.O., S. 92). Der Gesetzgeber ist gehalten, überall dort Rechtsnormen zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit zu erlassen, wo die richterliche Korrektur einer Anordnung, die im Widerspruch zu Art. 4 Abs. 2 BV steht, unzulässig ist oder nicht ausreicht, um das in dieser Bestimmung verankerte Ziel zu realisieren ( BGE 117 Ia 262 E. 2b). Das Bundesgericht hat in zwei Urteilen vom 28. September 1990 ( BGE 116 Ib 270 E. 7a, 284 E. 7a) ausgeführt, die Vorschrift von Art. 4 Abs. 2 BV gewährleiste in Satz 1 ein verfassungsmässiges Recht, das mit bestimmten Ausnahmen eine rechtliche Differenzierung nach dem Geschlecht verbiete und unmittelbar anwendbar sei; Satz 2 enthalte einen Gesetzgebungsauftrag, der tatsächliche Gleichstellung in der sozialen Wirklichkeit schaffen solle. Es wies in diesen Urteilen darauf hin, das Diskriminierungsverbot BGE 123 I 152 S. 157 als formalrechtliche Gleichstellung einerseits und das Egalisierungsgebot als Auftrag, materielle Chancengleichheit zu schaffen, anderseits, stünden dabei in einem gewissen Widerspruch und müssten zum Ausgleich gebracht werden. b) Nach der Initiative 2001 soll den in den politischen und juristischen Behörden des Kantons Solothurn untervertretenen Frauen von Gesetzes wegen eine ihrem Bevölkerungsanteil entsprechende Zahl von Sitzen in Parlament, Regierung und Gerichten garantiert sein. Bei einer solchen Regelung, welche die Frauen im Hinblick auf das Egalisierungsgebot privilegiert, jedoch vom Diskriminierungsverbot abweicht, treten der erste und der zweite Satz von Art. 4 Abs. 2 BV miteinander in Widerstreit. Der Konflikt zwischen den beiden Verfassungsregeln ist - wie in der Rechtslehre gesagt wird - durch eine Abwägung der Interessen zu lösen (BEATRICE WEBER-DÜRLER, Aktuelle Aspekte der Gleichberechtigung von Mann und Frau, ZBJV 128/1992, S. 369; GEORG MÜLLER, Quotenregelungen - Rechtssetzung im Spannungsfeld von Gleichheit und Verhältnismässigkeit, ZBl 91/1990, S. 310; ANDREAS AUER, Les mesures positives et l'art. 4 al. 2 Cst., AJP 1993, S. 1347; YVO HANGARTNER, Grundzüge des schweizerischen Staatsrechts, Band II, Zürich 1982, S. 190; ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 3. Aufl., Zürich 1993, Rz. 1561b, S. 488 f.). Die Beschwerdeführerinnen machen geltend, Massnahmen, welche die tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter zum Ziel hätten, seien mit Art. 4 Abs. 2 BV "grundsätzlich vereinbar". Sie schliessen daraus, dass die diesem Zweck dienenden positiven Massnahmen, welche die Initiative 2001 verlange, "grundsätzlich verfassungsmässig" seien und nicht geprüft werden müsse, ob sie dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprächen, da sich der Staat nicht auf diesen Grundsatz berufen könne. Diese Betrachtung ist einseitig und die Folgerung unzutreffend. Die mit der Initiative verlangte positive Gleichstellungsmassnahme steht, wie erwähnt, im Widerspruch zum Gebot der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV . Da sich aus der Verfassung kein Vorrang für das eine oder andere Interesse herleiten lässt und das "Prinzip praktischer Konkordanz" gebietet, dass keines der entgegenstehenden Interessen völlig zu Lasten des anderen verwirklicht wird, ist, wenn eine Frauenförderungsmassnahme vom Diskriminierungsverbot abweicht, jeweils abzuwägen zwischen dem Interesse an der Schaffung der Voraussetzungen faktischer Gleichheit und demjenigen an der Gleichbehandlung der Geschlechter (GEORG BGE 123 I 152 S. 158 MÜLLER, Kommentar zur BV, Art. 4, Rz. 137c; derselbe, Quotenregelungen, a.a.O., S. 310). Bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit ist zu untersuchen, ob die unterschiedliche Behandlung von Mann und Frau für die Erfüllung des Auftrags zur Herstellung der tatsächlichen Gleichstellung im konkreten Fall geeignet und erforderlich ist, und die vorgeschlagene Massnahme ist mit dem Zweck der faktischen Gleichstellung zu vergleichen. Das Zweck-Mittel-Verhältnis verlangt eine Abwägung zwischen dem Ziel der Gleichstellung und der Wirkung der mit der Massnahme verbundenen Eingriffe in die Grundrechtsstellung Dritter. Je schwerer diese Einwirkungen sind, desto grösser muss im entsprechenden Sachbereich das Interesse an der Herbeiführung der Gleichstellung der Geschlechter sein (GEORG MÜLLER, Kommentar zur BV, Art. 4, Rz. 137c; derselbe, Quotenregelungen, a.a.O.,S. 312 ff.; KATHARINA SIMONE ARIOLI, Frauenförderungsmassnahmen im Erwerbsleben, Diss. Zürich 1992, S. 236 ff.; MARIANNE SCHWANDER CLAUS, Verfassungsmässigkeit von Frauenquoten, Diss. Bern 1995, S. 80 ff.). Zum Verhältnis von Satz 1 zu Satz 2 des Art. 4 Abs. 2 BV ist festzuhalten, dass diese Vorschrift positive Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter, insbesondere Frauenförderungsmassnahmen, und damit unter Umständen eine Abweichung vom Diskriminierungsverbot zulässt, sofern diese in einem vernünftigen Verhältnis zum Regelungsziel steht. Im Bereich der Gleichstellung der Geschlechter bildet das Diskriminierungsverbot demnach bloss eine relative Schranke des Egalisierungsgebots: Es schliesst "unverhältnismässige" Ungleichbehandlungen der Geschlechter aus (vgl. GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 310). c) Gleiches ergibt sich aus Art. 25 lit. c des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte vom 16. Dezember 1966 (SR 0.103.2; abgekürzt UNO-Pakt II; für die Schweiz in Kraft seit 18. September 1992). Danach hat jeder Staatsbürger das Recht, ohne Unterschied nach den in Art. 2 des Pakts genannten Merkmalen und ohne unangemessene Einschränkungen "unter allgemeinen Gesichtspunkten der Gleichheit zu öffentlichen Ämtern seines Landes Zugang zu haben" ("d'accéder, dans des conditions générales d'égalité, aux fonctions publiques de son pays"). Positive Diskriminierung zur beschleunigten Herbeiführung einer de facto-Gleichberechtigung von traditionell besonders benachteiligten Gruppen der Bevölkerung wie z.B. Frauen gilt, solange diese Massnahmen angemessen und vorübergehend sind, nicht als Diskriminierung im Sinn von Art. 2 UNO-Pakt II (MANFRED NOWAK, UNO- BGE 123 I 152 S. 159 Pakt über bürgerliche und politische Rechte und Fakultativprotokoll: CCPR-Kommentar, Kehl, Strassburg, Arlington 1989, Rz. 35 zu Art. 25 UNO-Pakt II , S. 484). Die grundsätzliche Zulässigkeit von angemessenen positiven Massnahmen zugunsten der Frauen folgt auch aus Art. 2 lit. a in fine und b, Art. 4 Abs. 1 und Art. 7 lit. a und b des UNO-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979, das von der Schweiz am 4. Oktober 1996 genehmigt wurde (BBl 1996 IV, S. 860) und dessen Inkrafttreten unmittelbar bevorsteht (vgl. in diesem Zusammenhang Art. 18 lit. b des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge, SR 0.111). d) Am Erfordernis der Interessenabwägung, die bei der Prüfung der Zulässigkeit geschlechtsspezifischer Förderungsmassnahmen vorzunehmen ist, hat das am 1. Juli 1996 in Kraft getretene Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Gleichstellung von Frau und Mann (Gleichstellungsgesetz, GlG; SR 151) nichts geändert. Art. 3 GlG , der das Diskriminierungsverbot umschreibt, legt in Abs. 3 fest, dass angemessene Massnahmen zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung keine Diskriminierung darstellen. In der parlamentarischen Debatte führte Bundesrat Arnold Koller aus, der in Art. 3 Abs. 3 GlG enthaltene Vorbehalt zugunsten von Frauenförderungsmassnahmen beziehe sich auf privatrechtliche Arbeitsverhältnisse; er bilde "im öffentlichen Bereich keine Rechtsgrundlage" für Gleichstellungsprogramme oder Förderungsmassnahmen, vor allem sei er "keinerlei Basis für die Einführung irgendwelcher Quoten im öffentlich-rechtlichen Bereich" (Amtl.Bull. SR 1994, S. 821; gleicher Meinung IVO SCHWANDER/RENÉ SCHAFFHAUSER, Das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann, St. Gallen 1996, S. 26). Ob der erwähnte Vorbehalt tatsächlich nur für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse gilt, braucht hier nicht abschliessend geprüft zu werden. Selbst wenn man annähme, er komme auch im öffentlichrechtlichen Bereich zur Anwendung, würde das an den oben dargelegten Kriterien für die Überprüfung der Zulässigkeit einer Frauenförderungsmassnahme nichts ändern. Art. 3 Abs. 3 GlG spricht von "angemessenen Massnahmen" zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung, womit zum Ausdruck gebracht wird, dass Förderungsmassnahmen nur dann keine (unzulässige) Diskriminierung im Sinne dieser Vorschrift darstellen, wenn sie verhältnismässig sind. Es ist im folgenden zu prüfen, ob der Solothurner Kantonsrat mit Recht zum Schluss gelangte, die mit der Initiative 2001 verlangte BGE 123 I 152 S. 160 Quotenregelung sei kein verhältnismässiges Mittel zur Verwirklichung der Geschlechtergleichheit. 4. a) Die in Form einer Anregung eingereichte Initiative 2001 verlangt eine dem kantonalen Bevölkerungsanteil entsprechende Vertretung von Frauen und Männern im Kantons- und Regierungsrat sowie eine dem Bevölkerungsanteil des Wahlkreises entsprechende Vertretung von Frauen und Männern in den kantonalen juristischen Behörden. Nach den Angaben in der Botschaft des Regierungsrates machen - gemäss Erhebung per 31. Dezember 1994 - die Frauen 50,74%, die Männer 49,26% der kantonalen Bevölkerung aus. Es ist zu vermuten, dass der Bevölkerungsanteil der Frauen und Männer auch in den Wahlkreisen (z.B. für die Amtsgerichte) ungefähr diesem prozentualen Verhältnis entsprechen dürfte. Nach dem Initiativbegehren müssten somit im Kanton Solothurn die Frauen mit einem Anteil bzw. einer Quote von 50,74% in Parlament, Regierung und juristischen Behörden vertreten sein. b) Bevor im einzelnen auf die Auswirkungen der verlangten Massnahme einzugehen ist, sind verschiedene, im Zusammenhang mit Quotenregelungen verwendete Begriffe zu klären. In der Literatur wird unterschieden zwischen strikten, starren Quoten einerseits und flexiblen, leistungsbezogenen Quoten anderseits (CLAUDIA KAUFMANN, Les quotas valent mieux que leur réputation, in L'égalité entre hommes et femmes, Lausanne 1988, S. 274 f.; ERNST BENDA, Notwendigkeit und Möglichkeit positiver Aktionen zugunsten von Frauen im öffentlichen Dienst, Rechtsgutachten erstattet im Auftrag der Senatskanzlei - Leitstelle Gleichstellung der Frau - der Freien und Hansestadt Hamburg, Freiburg i. Br. 1986, S. 43 f.; HEIDE M. PFARR, Quoten und Grundgesetz, Baden-Baden 1988, S. 203 f.; ARIOLI, a.a.O., S. 146 ff.; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 14). Bei den strikten, starren Quoten wird - unabhängig von der Qualifikation der Bewerber für eine Arbeitsstelle oder eine Position - eine fixe Quote für Frauen und Männer festgelegt und mithin ein bestimmter Anteil der Stellen oder Positionen für das eine oder andere Geschlecht reserviert (ARIOLI, a.a.O., S. 147; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 14). Bei den flexiblen, leistungsbezogenen Quoten entscheidet zunächst unter mehreren Bewerbern die bessere Qualifikation. Nur wenn bei mehreren Bewerbern eine gleiche Qualifikation vorliegt, werden Frauen so lange bevorzugt eingestellt oder befördert, bis ihr Anteil dem festgelegten Prozentsatz entspricht (BENDA, a.a.O., S. 44). Als Beispiel einer leistungsbezogenen Quote sind die vom Bundesrat am 18. Dezember 1991 erlassenen Weisungen über die BGE 123 I 152 S. 161 Verbesserung der Vertretung und der beruflichen Stellung des weiblichen Personals in der allgemeinen Bundesverwaltung zu nennen. Ziffer 31 der Weisungen verlangt, dass die Wahlbehörde bei der Besetzung von Stellen Frauen bei gleichwertiger Qualifikation wie männliche Bewerber so lange vorrangig zu berücksichtigen hat, bis innerhalb einer grösseren Verwaltungseinheit (z.B. Bundesamt, Abteilung) ein paritätisches Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten besteht (BBl 1992 II, S. 604 f.). Ferner sind flexible Quoten auch als Zielvorstellungen möglich. Die über Einstellung oder Beförderung entscheidende Stelle kann die Einzelentscheidung nach den allgemeinen Kriterien treffen; sie ist aber gehalten, innerhalb eines mehr oder weniger präzise festgelegten Zeitraums den Frauenanteil entsprechend der Zielvorstellung zu verstärken (BENDA, a.a.O., S. 44). c) Mit der Initiative 2001 wird eine starre Quotenregelung verlangt, indem für Parlament, Regierung und Gerichte eine fixe Quote für Frauen und Männer festgelegt und somit eine bestimmte Anzahl von Sitzen in diesen Gremien für das eine oder andere Geschlecht gemäss dem jeweiligen Bevölkerungsanteil reserviert wird. aa) Wie ausgeführt, müssten nach dem Begehren der Initianten die Frauen im Kanton Solothurn mit einem Anteil bzw. einer Quote von 50,74% im Parlament und in der Regierung vertreten sein. Der Kantonsrat zählt 144, der Regierungsrat 5 Mitglieder (Art. 66 und Art. 77 Abs. 2 KV). Im Zeitpunkt des angefochtenen Entscheids (13. Februar 1996) setzte sich der Kantonsrat aus 95 Männern und 49 Frauen, der Regierungsrat aus 4 Männern und einer Frau zusammen. Aufgrund der Quotenregelung müssten die Frauen im Kantonsrat mit 73 und im Regierungsrat mit 3 Mitgliedern vertreten sein. Dies hätte zur Folge, dass bei Erneuerungswahlen des Kantonsrates Frauen mit tieferem Stimmenergebnis vor Männern mit höherer Stimmenzahl als gewählt erklärt werden müssten, bis die festgelegte Quote erfüllt wäre. Sodann könnten bei Ersatzwahlen in den Regierungsrat nur noch Frauen gewählt werden, bis der Anteil von 3 Sitzen erreicht wäre. bb) Was die "kantonalen juristischen Behörden" anbelangt, so ergibt sich aus der Begründung der Initiative, dass damit die "kantonalen Gerichtsbehörden" gemeint sind. Nach der Auffassung des Regierungsrates sind darunter folgende Gerichte bzw. Kommissionen zu verstehen: Obergericht, Kriminalgericht, Kassationsgericht, Verwaltungsgericht, Versicherungsgericht, Steuergericht, Schätzungskommission, Finanzausgleichs-Rekurskommission, Schiedsgericht BGE 123 I 152 S. 162 in der Kranken- und Unfallversicherung, landwirtschaftliche Schätzungskommission, Rekursschätzungskommission der Gebäudeversicherung, Rekurskommission für Investitionskredite und Betriebshilfe in der Landwirtschaft, Spezialgericht für Viehversicherungssachen. Es ist mit dem Regierungsrat davon auszugehen, dass nach dem Sinn der Initiative auch die Amtsgerichte, die Jugendgerichte und die Arbeitsgerichte, die zwar genau genommen nicht kantonale Gerichte, sondern Gerichte der Amtei sind, zu den "kantonalen Gerichtsbehörden" zu zählen sind. Gemäss Initiativbegehren müssten in allen diesen Gerichten bzw. Kommissionen die Frauen zu 50,74% bzw. entsprechend dem Bevölkerungsanteil in den einzelnen Wahlkreisen vertreten sein. Das Obergericht besteht aus 9, das Kriminalgericht aus 5, das Kassationsgericht aus 5, das Verwaltungsgericht aus 5, das Versicherungsgericht aus 3, das Steuergericht aus 7, die Schätzungskommission aus 3 und die Finanzausgleichs-Rekurskommission aus 5 Mitgliedern (§§ 23, 35, 44, 47, 53, 55, 58 und 59bis des Solothurner Gesetzes über die Gerichtsorganisation). Gegenwärtig setzt sich das Obergericht aus 8 Männern und einer Frau, das Kriminalgericht aus 3 Männern und 2 Frauen, das Kassationsgericht aus 4 Männern und einer Frau zusammen. Im Verwaltungsgericht, im Versicherungsgericht, im Steuergericht, in der Schätzungskommission, in der Finanzausgleichs-Rekurskommission, in der Rekursschätzungskommission der Gebäudeversicherung und in der Rekurskommission für Investitionskredite und Betriebshilfe in der Landwirtschaft sind die Frauen nicht vertreten. Diese Angaben zeigen, dass auch hier die von den Initianten verlangte Massnahme eine erhebliche Sitzverschiebung zugunsten der Frauen zur Folge hätte. In der Initiative wird darauf hingewiesen, die Regel der anteilsmässigen Vertretung der Geschlechter sei auf die Wieder- bzw. Bestätigungswahl jener Mitglieder der Gerichte, die vor der Annahme der Initiative gewählt worden seien, nicht anwendbar. Bei Ersatz- und Neuwahlen hingegen beziehe sich die Regel auf das betreffende Justizorgan in seiner Gesamtheit. Wie erwähnt, setzt sich das Obergericht zur Zeit aus 8 Männern und einer Frau zusammen. Nach der verlangten Regelung müssten die Frauen im Obergericht mit 5 Mitgliedern vertreten sein. Bei den nächsten vier Ersatzwahlen müsste somit für jeden ausscheidenden Oberrichter jeweils eine Frau gewählt werden, um die Quote zu erfüllen. Bei den Amtsgerichten sieht das Geschlechterverhältnis anders aus als bei den oben erwähnten Behörden. Der Regierungsrat BGE 123 I 152 S. 163 führte in der Botschaft aus, zur Zeit seien im Kanton 12 Amtsrichterinnen und 8 Amtsrichter tätig. Wenn man die Suppleantinnen und Suppleanten hinzuzähle, seien die Frauen mit 21 Sitzen gegenüber 19 Sitzen der Männer ebenfalls in der Mehrzahl. Eine gleichmässige Vertretung der Geschlechter (je zwei Amtsrichtersitze und zwei Suppleantenstellen) sei nur in der Amtei Bucheggberg-Wasseramt gelungen. In zwei Amteien stünden 6 Frauen 2 Männern gegenüber, in einer Amtei sei es umgekehrt. Die kantonale Behörde hielt fest, auch wenn die Frauen in der Mehrzahl seien, müsste die Quotenregelung bei Ersatz- und Neuwahlen Anwendung finden. Es müsste bei jeder Ersatzwahl geprüft werden, ob aufgrund der bestehenden Verteilung im Amtsgericht ein Mann oder eine Frau zu wählen sei. Praktisch würde dies eine Sperre für die Kandidatur des anderen Geschlechts bedeuten. cc) Eine Regelung, die dem einen Geschlecht eine bestimmte Quote an Sitzen in Parlament, Regierung und Gerichten garantiert, führt unmittelbar zu einer entsprechenden Diskriminierung des andern Geschlechts (vgl. GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 314; Weber-Dürler, a.a.O., S. 368; SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 158). Die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung hätte nach dem Gesagten einen Eingriff in das Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV zur Folge. Es ist aufgrund der oben (E. 3b-d) dargelegten Kriterien zu prüfen, ob der Eingriff mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit vereinbar ist. 5. a) Die kantonale Behörde prüfte die Frage, ob die mit der Initiative verlangte Massnahme zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau geeignet sei. Sie führte aus, Quoten zielten darauf ab, den zahlenmässigen Anteil der Frauen zu erhöhen, so dass zwischen den Geschlechtern ein Gleichgewicht bestehe. Wenn das Ziel erreicht sei, werde die Quotenregelung unnötig und verliere ihre Rechtfertigung. Eine solche Regelung könne daher nur Übergangscharakter haben. Als Instrument stelle sie grundsätzlich eine geeignete Massnahme dar, um eine Untervertretung der Frauen aufzuheben. Der Regierungsrat betonte jedoch, bei der Realisierung faktischer Gleichheit der Geschlechter könne das Ziel nur Chancenverbesserung sein, denn Art. 4 Abs. 2 BV gebiete die Egalisierung der Voraussetzungen für die Ausübung der Rechte, nicht Gleichheit der sozialen Position. Die Initiative 2001 wolle eine "soziale Gleichheit" herbeiführen, welches Anliegen über jenes der Chancenverbesserung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV hinausgehe. BGE 123 I 152 S. 164 b) Das Bundesgericht hat, wie ausgeführt, erklärt, Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthalte einen Auftrag an den Gesetzgeber, tatsächliche Gleichstellung der Geschlechter in der sozialen Wirklichkeit bzw. materielle Chancengleichheit zu schaffen ( BGE 116 Ib 270 E. 7a, 284 E. 7a). Auch in der Rechtslehre wird das Egalisierungsgebot in diesem Sinne verstanden (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 317; HÄFELIN/HALLER, a.a.O., Rz. 1561b, S. 488; Yvo Hangartner, Gleicher Zugang von Männern und Frauen zu öffentlichen Ämtern, AJP 1995, S. 1557 f.; derselbe, Umstrittene Frauenförderung: Chancengleichheit oder Quotengleichheit?, ZBJV 132/1996, S. 357 f.; ASTRID EPINEY/NORA REFAEIL, Chancengleichheit: ein teilbarer Begriff?, AJP 1996, S. 186; BEATRICE WEBER-DÜRLER, Chancengleichheit und Rechtsgleichheit, Festschrift für ULRICH HÄFELIN, Zürich 1989, S. 220 ff.). Bei der Chancengleichheit geht es nach den Worten von JÖRG PAUL MÜLLER darum, die tatsächlichen Voraussetzungen auszugleichen, unter denen von den rechtlich garantierten Freiheiten Gebrauch gemacht werden könne. Nicht tatsächliche Gleichheit der Menschen in ihrem Denken, Tun, Unterlassen, Erscheinen und Besitzen könne und dürfe Ziel des Rechts sein, sondern Angleichung der Chancen, insbesondere von den grundrechtlichen Freiheiten Gebrauch zu machen (Soziale Grundrechte in der Verfassung?, 2. Aufl., Basel und Frankfurt am Main 1981, S. 223 f.). Der Autor weist darauf hin, der Begriff der Chancengleichheit habe auch einen begrenzenden Gehalt: Recht schlechthin, auch "soziales" Recht könne nicht mehr als "Chancen sinnvoller Lebensverwirklichung bereitstellen". Sinnerfüllung menschlichen Lebens bleibe dem Recht entzogen. Wo es diesen Anspruch erhebe, mache es den Menschen zum Objekt seiner Zielsetzungen (JÖRG PAUL MÜLLER, Soziale Grundrechte, a.a.O., S. 224 f.). In ähnlichem Sinn äussert sich Georg Müller zum Begriff der Chancengleichheit. Er hält fest, im Grunde würde man, wenn es um die "soziale" im Gegensatz zur "rechtlichen" Gleichheit gehe, besser von "Chancenverbesserung" sprechen: Der Staat solle die wirtschaftlichen und sozialen Hindernisse für die Entfaltung des einzelnen abbauen, die Wahrnehmung von Bildungs-, Berufs- und anderen Lebenschancen erleichtern. Er könne und dürfe aber nicht versuchen, die Individuen in der sozialen Wirklichkeit gleichzustellen, namentlich ihre ökonomischen Situationen völlig anzugleichen. Ein Staat, der solche Ergebnisgleichheit anstrebe, werde zum Zu- und Umverteiler von Rechten und Gütern, der Freiheit nicht ermögliche, sondern verdränge (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 317). BGE 123 I 152 S. 165 Diesen Überlegungen ist zuzustimmen. Es geht bei dem in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltenen Gebot, tatsächliche Gleichstellung bzw. Chancengleichheit von Mann und Frau in der sozialen Wirklichkeit zu schaffen, um die rechtliche und faktische Möglichkeit eines jeden, seine Stellung in der Gesellschaft ohne den Einfluss geschlechtsspezifischer Hemmnisse zu gestalten. Die angestrebte Gleichheit ist eine Gleichheit der Chancen und nicht des Resultats. Die Chancengleichheit zielt ausschliesslich auf die Gleichheit der Startbedingungen ab, wobei sie im Zusammenhang mit der Frauenfrage nicht eine Angleichung der Startbedingungen "in jeder Hinsicht" herbeiführen, sondern lediglich die Geschlechtszugehörigkeit als einen für die gesellschaftliche Stellung des einzelnen bestimmenden Faktor ausschalten soll (vgl. ULRICH MAIDOWSKI, Umgekehrte Diskriminierung, Berlin 1989, S. 38; allgemein zum Begriff der umgekehrten Diskriminierung, insbesondere nach europäischem Gemeinschaftsrecht und deutschem Verfassungsrecht vgl. Astrid Epiney, Umgekehrte Diskriminierungen, Köln 1995). Quotenregelungen, welche eine paritätische Vertretung der Geschlechter vorschreiben oder anstreben, zielen auf Ergebnisgleichheit ab und gehen über das Ziel der Chancengleichheit hinaus (WEBER-DÜRLER, Aktuelle Aspekte, a.a.O., S. 370; GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 317 f.). Es ist mit den Solothurner Behörden davon auszugehen, dass die hier in Frage stehende Massnahme klar über das Ziel des in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltenen Egalisierungsgebotes hinausgeht. Sie will eine dem Bevölkerungsanteil von Männern und Frauen entsprechende Verteilung der Kantons- und Regierungsratsmandate sowie der Richterstellen herbeiführen und zielt daher offensichtlich auf Ergebnisgleichheit ab. Der Sinn des Egalisierungsgebots besteht aber nicht darin, dass alles und jedes, was in der Gesellschaft geschieht, zu gleichen Anteilen von Männern und Frauen realisiert werden soll. Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV bietet keine Handhabe für eine paritätische Verteilung der politischen Mandate und Richterstellen zwischen Männern und Frauen (in diesem Sinne HANGARTNER, Gleicher Zugang von Männern und Frauen zu öffentlichen Ämtern, a.a.O., S. 1556 f.; derselbe, Umstrittene Frauenförderung, a.a.O., S. 357). In diesem Zusammenhang ist ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in Luxemburg zu erwähnen, in welchem es ebenfalls um die Frage der Zulässigkeit einer Quotenregelung ging. Der EuGH erklärte am 17. Oktober 1995 eine Regelung, die im deutschen Bundesland Bremen über BGE 123 I 152 S. 166 Beförderungen im öffentlichen Dienst getroffen worden war, als mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar (Urteil des EuGH vom 17.10.1995 in der Rs. C-450/93, Kalanke, Slg. 1995, S. I-3051 ff. = EuGRZ 1995, S. 546 ff.). Die beanstandete nationale Regelung sah vor, dass bei gleicher Qualifikation eine Bewerberin einem Bewerber vorgezogen werde, solange im betreffenden Verwaltungsbereich nicht mindestens zur Hälfte Frauen vertreten seien. Der Gerichtshof hatte zu prüfen, ob diese Regelung mit Art. 2 der Richtlinie 76/207 des Rats der Europäischen Gemeinschaften vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (im folgenden abgekürzt: Richtlinie) vereinbar sei. Art. 2 der Richtlinie statuiert den Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (Abs. 1), steht aber Massnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleichheiten, nicht entgegen (Abs. 4). Der Gerichtshof stellte fest, eine nationale Regelung, wonach bei gleicher Qualifikation von Bewerbern verschiedenen Geschlechts den Frauen in Bereichen, in denen sie untervertreten seien, bei einer Beförderung automatisch der Vorrang eingeräumt werde, diskriminiere die Männer aufgrund des Geschlechts (Ziff. 16 des Urteils). Nach Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie seien zwar Massnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen zulässig (Ziff. 17). Eine Regelung, die den Frauen bei Ernennungen oder Beförderungen absolut und unbedingt den Vorrang einräume, gehe jedoch über eine Förderung der Chancengleichheit hinaus und überschreite damit die Grenzen der in Art. 2 Abs. 4 der Richtlinie vorgesehenen Ausnahme (Ziff. 22). Ausserdem setze eine solche Regelung insofern, als sie darauf abziele, dass auf allen Funktionsebenen einer Dienststelle ebensoviel Frauen wie Männer vertreten seien, an die Stelle der Förderung der Chancengleichheit das Ergebnis, zu dem allein die Verwirklichung einer solchen Chancengleichheit führen könnte (Ziff. 23). Der EuGH gelangte daher zum Schluss, die betreffende nationale Regelung sei mit Art. 2 Abs. 1 und 4 der Richtlinie nicht vereinbar. Das Urteil des EuGH im Fall Kalanke ist bindend für alle Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft. Die Schweiz ist nicht Mitglied dieser Gemeinschaft. Es besteht indes kein Anlass, den Entscheid für die Schweiz als unbeachtlich anzusehen. Sowohl die Europäische Gemeinschaft als auch die Schweiz anerkennen die BGE 123 I 152 S. 167 Gleichberechtigung von Mann und Frau, und beide Rechtsgemeinschaften sehen Massnahmen zur Beseitigung von Chancenungleichheiten zwischen Angehörigen der beiden Geschlechter vor (HANGARTNER, Umstrittene Frauenförderung, a.a.O., S. 359; vgl. auch EPINEY/REFAEIL, a.a.O., S. 186). Nach der Auffassung des EuGH ist selbst eine leistungsbezogene Quotenregelung unzulässig, wenn sie unter gewissen Voraussetzungen den Frauen bei Ernennungen oder Beförderungen automatisch den Vorrang einräumt und damit über eine Förderung der Chancengleichheit hinausgeht. Ferner wird in der Rechtslehre mit Grund betont, Zweifel an der Eignung von Quotenregelungen zur Realisierung der faktischen Gleichstellung der Geschlechter seien auch deshalb angebracht, weil die Untervertretung der Frauen in oberen und leitenden Positionen nicht in erster Linie ein rechtliches Problem sei, sondern vor allem auf soziale und gesellschaftliche Ursachen zurückzuführen sei. Der Erlass positiver Massnahmen könne daher nur ein "essai précaire et incertain" zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau sein (AUER, a.a.O., S. 1347). Aus all diesen Gründen kann nicht gesagt werden, die hier in Frage stehende Quotenregelung sei ein geeignetes Mittel zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau. 6. Der Regierungsrat hat die Frage, ob die Quotenregelung zur Verwirklichung der faktischen Gleichstellung der Geschlechter erforderlich sei, verneint, da dieses Ziel auch durch andere, mildere Massnahmen erreicht werden könne. Er führte aus, der Schlüssel zur wesentlichen Verbesserung der Vertretung der Frauen in den politischen und juristischen Gremien liege bei den Parteien. Sie hätten den Frauen ausreichend Profilierungsmöglichkeiten zu bieten. Erfolg verspreche sodann die privilegierte Behandlung der Frauen bei der Listengestaltung (Zuweisung sog. Spitzenplätze auf den Listen). Das Stimmrecht der Wähler werde durch solche Massnahmen nicht tangiert, da es den Stimmberechtigten immer noch freistehe, wen sie wählen oder nicht wählen wollten. Die Listenplazierung könne ferner mit Massnahmen wie der Unterstützung bei öffentlichen Auftritten im Wahlkampf und besonderen Aufrufen zur Wahl der Kandidatinnen begleitet werden. Um die Frauenpräsenz in den politischen Gremien zu erhöhen, könnten auch Verbesserungen im Bereich Aus- und Weiterbildung, Förderung der Teilzeitarbeit, Erleichterung des Wiedereinstiegs in den Beruf, Bereitstellen von Einrichtungen wie Kinderkrippen und Tagesschulen angestrebt werden. Von allen diesen Massnahmen greife keine so einschneidend BGE 123 I 152 S. 168 in die Grundrechtspositionen ein wie eine Quotenregelung. Im weiteren hielt die kantonale Behörde fest, bei den letzten Kantonsratswahlen vom März 1993 hätten die Frauen ihre Positionen wesentlich verbessern können. Die Zahl der im Kantonsrat vertretenen Frauen sei von 22 auf 50 angestiegen. Dieser Anteil entspreche 34,7%, was zu jenem Zeitpunkt der grösste von Frauen je erreichte Anteil in den Parlamenten der Schweiz gewesen sei. Auch seien die Frauen bei der letzten Kantonsratswahl beinahe doppelt so erfolgreich gewesen wie die Männer. Der Erfolg der Frauen setze sich somit kontinuierlich fort. In Anbetracht dieser Entwicklung und in Berücksichtigung der Prognose für die Zukunft lasse sich die hier in Frage stehende Massnahme nicht rechtfertigen. Das in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltene Egalisierungsgebot ist, wie dargelegt, als Auftrag zur Verwirklichung der Chancengleichheit zu verstehen. Chance bedeutet die Möglichkeit, von den Freiheitsrechten, den Wahlrechten und den Verfahrensrechten effektiv Gebrauch machen zu können (WEBER-DÜRLER, Chancengleichheit, a.a.O., S. 221). Die Frauen haben - ebenso wie die Männer - die Möglichkeit, für ein politisches Mandat oder eine Richterstelle zu kandidieren. Es steht ihnen sodann frei, als Stimmberechtigte bei Wahlen ins Parlament oder in die Regierung ausschliesslich Frauen zu wählen. In der Beratung des Kantonsrates über die Gültigkeit der Initiative führte der Sprecher der Justizkommission aus, die Frauen hätten es mit ihrer Stimmkraft bereits nach dem heute geltenden Wahlgesetz in der Hand, bei der Ämterbesetzung sogar Mehrheiten zu erlangen. Es gebe absolut keine gesetzlichen Hindernisse, die dazu den Weg versperren würden. Der Regierungsrat wies ferner darauf hin, bei der Prüfung der Notwendigkeit der Massnahme stelle sich auch die Frage, in welchem Zeitraum die Geschlechterparität herzustellen sei. Er vertrat die Ansicht, es könne auf harte rechtliche Massnahmen, wie es Quotenregelungen seien, verzichtet werden, da in den nächsten Jahren eine langsame Annäherung der Sitzzahlen der Geschlechter im Parlament zu erwarten sei. Dieser Argumentation kommt einiges Gewicht zu. Den Angaben in der Botschaft des Regierungsrates ist zu entnehmen, dass der Frauenanteil im Solothurner Kantonsrat im Jahre 1973, nach Einführung des Frauenstimmrechts, 4,1% betrug; 1985 stieg er auf 9,3% (14 Mandate), 1989 auf 11% (16 Mandate) und 1993 auf 34,7% (50 Mandate). Die Frauen konnten mithin bei den Kantonsratswahlen 1993 ihre Zahl an Sitzen mehr als verdreifachen. Zu Beginn der 90er Jahre haben sich demnach die Wahlchancen der BGE 123 I 152 S. 169 Frauen im Kanton Solothurn - wie auch in der Schweiz im allgemeinen - erheblich verbessert. Die Gleichberechtigung gibt den Frauen die Chance, von ihren Rechten in gleicher Weise Gebrauch zu machen, wie es die Männer tun (BERNHARD KEMPEN, Gleichberechtigung und Gleichstellung, Zeitschrift für Rechtspolitik 1989, S. 369; im gleichen Sinne GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 318, und YVO HANGARTNER, Geschlechtergleichheit und Frauenquoten in der öffentlichen Verwaltung, AJP 1992, S. 837 f.). Die kantonale Behörde hat zu Recht erwogen, die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung sei nicht erforderlich. 7. Selbst wenn angenommen würde, diese Regelung sei zur Realisierung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter geeignet und erforderlich, wäre sie gleichwohl unzulässig, da die Verhältnismässigkeit im engeren Sinn offensichtlich fehlt. a) Auch eine geeignete und notwendige Massnahme kann unverhältnismässig sein, wenn der mit ihr verbundene Eingriff im Vergleich zur Bedeutung des angestrebten Ziels unangemessen schwer wiegt, mithin keine vernünftige Zweck-Mittel-Relation vorliegt. Dieser Aspekt wird auch als Frage der Zumutbarkeit bezeichnet (JÖRG PAUL MÜLLER, Kommentar zur BV, Einleitung zu den Grundrechten, Rz. 149; ULRICH ZIMMERLI, Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit im öffentlichen Recht, ZSR 97/1978 II, S. 17). Das Gebot der Verhältnismässigkeit im engeren Sinne zwingt zur Prüfung, ob eine Massnahme ausser Verhältnis zu den mit ihr verbundenen Nachteilen steht, d.h., ob ein Missverhältnis zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Wert des realisierbaren Erfolgs besteht und deswegen auf den Eingriff zu verzichten ist (ZIMMERLI, a.a.O., S. 16). b) Wie ausgeführt, geht die hier in Frage stehende Quotenregelung weit über das Ziel der in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV garantierten Chancengleichheit hinaus, indem sie Ergebnisgleichheit herbeiführen will. Schon aus diesem Grund stellt sie offensichtlich kein verhältnismässiges Mittel zur Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter dar. Es wurde bereits erwähnt, dass der EuGH im Fall Kalanke selbst eine leistungsbezogene Quotenregelung als unzulässig erachtete, weil sie über eine Förderung der Chancengleichheit hinausging (E. 5b). Die von den Initianten vorgeschlagene Massnahme sieht für Parlament, Regierung und Gerichte eine mehr als paritätische Vertretung der Frauen verbindlich und ohne Berücksichtigung von Qualifikationen vor. In der Literatur wird ausgeführt, eine Massnahme, BGE 123 I 152 S. 170 nach welcher Frauen bei der Besetzung von Stellen in einer bestimmten Verwaltungsabteilung so lange vorrangig berücksichtigt würden, bis ein paritätisches Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Beschäftigten bestehe, sei mit dem Gleichbehandlungsgebot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV unvereinbar (AUER, a.a.O., S. 1345). Sodann wird die Meinung vertreten, starre, relativ hohe Quoten, die keine genügende Berücksichtigung der Qualifikationen der Bewerber erlaubten, würden sich "praktisch immer als unverhältnismässig erweisen", weil Männer in grösserer Zahl und über längere Zeit trotz besserer Eignung von einer beruflichen Tätigkeit ausgeschlossen würden und der Arbeitgeber gezwungen werde, weniger qualifiziertes Personal zu beschäftigen (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 316). Selbst Autorinnen, welche Quotenregelungen grundsätzlich befürworten, erklären, starre Quoten ohne jegliche Bezugnahme auf bestimmte Zulassungsvoraussetzungen seien nicht zumutbar (ARIOLI, a.a.O., S. 241); sie würden gegen das Leistungsprinzip verstossen, weil die Auswahl nicht nach Eignung erfolgen könne und damit allenfalls ungeeignete Bewerberinnen eingestellt werden müssten (ARIOLI, a.a.O., S. 246). Je höher die fachlichen Anforderungen für ein politisches Fachgremium seien, desto unverhältnismässiger sei ein Quotenmodell ohne Qualifikationsbezug; folglich sei ein solches Modell zur Bestellung von politischen Gremien, bei denen fachliche Qualifikationen im Vordergrund stünden, verfassungswidrig (SCHWANDER CLAUS, a.a.O., S. 164 f.). Auch in Deutschland, wo die Zulässigkeit von Frauenquoten verfassungsrechtlich und politisch heftig umstritten ist, vertritt z.B. Ernst Benda im zitierten Rechtsgutachten betreffend Notwendigkeit und Möglichkeit positiver Aktionen zugunsten von Frauen im öffentlichen Dienst die Auffassung, unzulässig sei jede starre Quote, die für Frauen einen festen Anteil an den Positionen ohne Rücksicht auf die individuelle Qualifikation vorschreibe; Quoten müssten immer leistungsbezogen sein (a.a.O., S. 223). Ferner wird in dem von Michael Sachs herausgegebenen Kommentar zum Deutschen Grundgesetz (GG) ausgeführt, nur um sog. leistungsabhängige Quoten könne "überhaupt verfassungsrechtlich ernsthaft gestritten werden", und zwar deshalb, weil berufliche Chancengleichheit stets Gleichheit nach dem Massstab gleicher beruflicher Qualifikation bedeuten müsse (Osterloh, in Sachs, Grundgesetz-Kommentar, München 1996, Rz. 287 zu Art. 3 GG). Die hier in Frage stehende Quotenregelung, welche verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine dem Bevölkerungsanteil BGE 123 I 152 S. 171 (50,74%) entsprechende Vertretung der Frauen in Parlament, Regierung und Gerichten verlangt, betrifft die höchsten politischen Ämter und die obersten Richterstellen des Kantons. Geht es um die Besetzung solcher bedeutender Ämter und Positionen, so muss im Hinblick auf das optimale Funktionieren der betreffenden Gremien die Qualifikation der sich für das Amt bewerbenden Person beachtet werden. Das Geschlecht darf nicht das entscheidende Kriterium bilden, weshalb grundsätzlich jede Quotenregelung in diesem Bereich unzulässig sein dürfte. In diesem Sinne wird in der Rechtslehre ausgeführt, Quotenregelungen wären allenfalls bei solchen staatlichen Entscheidungsgremien zu erwägen, die nicht primär nach fachlichen Qualifikationen zu bestellen seien, wie z.B. bei Laiengerichten, Aufsichtsorganen, Schulkommissionen usw. (JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, a.a.O., S. 232). Die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung würde, wie dargelegt, zu erheblichen Sitzverschiebungen zugunsten der Frauen und zu Lasten der Männer führen. Sie hätte zur Folge, dass für die Männer der Zugang zum Amt eines Regierungsrates oder eines Oberrichters unter Umständen auf Jahre hinaus versperrt wäre. Es ist mit den kantonalen Behörden davon auszugehen, dass diese Auswirkungen nicht mehr als zumutbare Nachteile bezeichnet werden können, welche im Interesse der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter in Kauf zu nehmen sind. Die von den Initianten vorgeschlagene Massnahme stellt daher einen unverhältnismässigen Eingriff in das Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV dar. 8. Soweit die Regelung vom Volk gewählte Behörden, d.h. im vorliegenden Fall Kantonsrat, Regierungsrat und Amtsgerichte (Art. 27 Ziff. 2 u. 3 KV), betrifft, kollidiert sie mit den politischen Rechten beider Geschlechter. Die kantonale Instanz erklärte, die Quotenregelung würde die Wahlrechtsgleichheit und den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahlen beeinträchtigen; Art. 4 Abs. 1 und Art. 74 BV wären verletzt. Die Beschwerdeführerinnen wenden mit Grund ein, die Berufung auf Art. 74 BV sei verfehlt, denn diese Vorschrift befasst sich nach herrschender Meinung nicht mit dem Stimmrecht in den Kantonen und Gemeinden. Der Grundsatz des allgemeinen und gleichen Stimm- und Wahlrechts wird für eidgenössische Wahlen und Abstimmungen in Art. 74 Abs. 1 BV ausdrücklich festgehalten. Für Abstimmungen und Wahlen in den Kantonen und Gemeinden folgt er - trotz des in Art. 74 Abs. 4 BV BGE 123 I 152 S. 172 statuierten Vorbehalts des kantonalen Rechts - aus dem ungeschriebenen Verfassungsrecht des Bundes sowie aus dem Gebot der Rechtsgleichheit gemäss Art. 4 Abs. 1 BV ( BGE 121 I 138 E. 3; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der schweizerischen Bundesverfassung, a.a.O., S. 215 u. 377; HAEFLIGER, a.a.O., S. 19; PIERRE TSCHANNEN, Stimmrecht und politische Verständigung, Basel und Frankfurt am Main 1995, S. 45, Rz. 70; TOMAS POLEDNA, Wahlrechtsgrundsätze und kantonale Parlamentswahlen, Diss. Zürich 1988, S. 23 ff.). Aus dem Stimmrecht wird der Anspruch darauf abgeleitet, dass jeder Stimmbürger, der die als verfassungskonform anerkannten Voraussetzungen erfüllt, mit gleichen Chancen an einer Wahl soll teilnehmen können, sei es als Wähler oder als Kandidat ( BGE 113 Ia 291 E. 3a). Dieses Recht wird auch durch die Wahlfreiheit geschützt, die zunächst als Auswahlfreiheit zu verstehen ist, d.h. übermässige Beschränkungen des Vorschlagsrechts oder des Rechts zur Kandidatur untersagt (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 311; POLEDNA, a.a.O., S. 236). Die Quotenregelung hätte zur Folge, dass ein Mann bzw. eine Frau für ein zur Wahl ausgeschriebenes politisches Mandat oder für eine Richterstelle unter Umständen gar nicht kandidieren könnte oder dass er bzw. sie als nicht gewählt erklärt würde, falls die Quote des betreffenden Geschlechts bereits erfüllt wäre. Die gleichmässige Zulassung aller zu den Wahlen wäre nicht mehr gewährleistet, und das passive Wahlrecht würde eingeschränkt. Das aktive Wahlrecht sodann schliesst ein, dass jeder Wähler die Freiheit und Auswahl unter den Kandidaten haben muss und selbst muss bestimmen können, durch wen er sich vertreten lassen will. Die durch die Initiative vorzunehmende Regelung würde dieses Recht einschränken. Das Abstellen auf das Geschlecht würde zu einer Beschränkung der Auswahlfreiheit führen, wenn die Wähler nicht mehr die Person ihrer Wahl bestimmen könnten, sondern wenn, wie z.B. bei einer Ersatzwahl in den Regierungsrat, das Kriterium des Geschlechts vorgegeben wäre. Ferner hätten die Stimmen jener Stimmbürger, welche Frauen wählen, eine erheblich höhere Stimmkraft bzw. einen grösseren Erfolgswert, wenn Frauen ungeachtet einer niedrigeren Stimmenzahl solange vor Männern als gewählt erklärt würden, bis sie entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil vertreten sind. Dadurch wären die bei Wahlen geltenden Prinzipien der Stimmkraft- und der Erfolgswertgleichheit verletzt (vgl. POLEDNA, a.a.O., S. 27 ff.). Die Quotenregelung würde somit das durch das Verfassungsrecht des Bundes und im übrigen auch durch Art. 25 BGE 123 I 152 S. 173 lit. b UNO-Pakt II gewährleistete allgemeine und gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden, einschränken. Das allgemeine und gleiche Stimm- und Wahlrecht gilt grundsätzlich absolut (POLEDNA, a.a.O., S. 24 ff.; HAEFLIGER, a.a.O., S. 57). Einschränkungen sind nur zulässig, soweit sie notwendig sind, um ein Wahlsystem zu verwirklichen (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 315). Als Beispiele sind Wahlkreiseinteilungen oder Mandatszuteilungen im Hinblick auf die Funktionen eines Organs in einem bestimmten politischen System zu nennen, wie etwa die Vertretung der Kantone im Ständerat ( Art. 80 BV ) oder die Mindestvertretungsgarantie im Nationalrat ( Art. 72 Abs. 2 BV ). Das Abstellen auf das Geschlecht der zu Wählenden ist keine solche systembedingte Abweichung. Sodann räumt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete Stimm- und Wahlrecht dem Bürger allgemein den Anspruch darauf ein, dass kein Abstimmungs- oder Wahlergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt ( BGE 121 I 138 E. 3; BGE 119 Ia 271 E. 3a; BGE 118 Ia 259 E. 3, je mit Hinweisen). Wenn die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung eingeführt würde, so wäre im Ergebnis unausweichlich, dass in bestimmten staatlichen Behörden zwingend Frauen und Männer entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil Einsitz haben. Dieses Ergebnis wäre die Folge davon, dass die vorgeschlagene Quotenregelung das menschliche Geschlecht zum determinierenden Kriterium erhebt. Das ist indes sowohl bezüglich des aktiven wie auch hinsichtlich des passiven Wahlrechts grundsätzlich ein unzulässiges Kriterium, denn es kann nicht mehr gesagt werden, eine Wahl, die durch eine geschlechtsbezogene Quotenregelung bestimmt wird, bringe den "freien Willen der Stimmbürger zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck". Die durch eine derartige Quotenregelung bewirkten Ungleichheiten des aktiven und passiven Wahlrechts und Einschränkungen der Wahlfreiheit können, wie in der Literatur mit Recht gesagt wird, durch verfassungsrechtlich gebotene Verbesserung des Geschlechterproporzes im politischen Bereich nicht gerechtfertigt werden (GEORG MÜLLER, Quotenregelungen, a.a.O., S. 315). In diesem Zusammenhang sind auch zwei Entscheide ausländischer Instanzen von Interesse, welche allerdings die Ausgestaltung der Wahllisten betreffen. Das französische Parlament verabschiedete im Jahre 1982 Bestimmungen zum Wahlgesetz, nach denen bei den Gemeinderatswahlen in Gemeinden mit über 3'500 Einwohnern BGE 123 I 152 S. 174 auf einer Wahlliste nicht mehr als 75% Kandidierende eines Geschlechts aufgeführt werden durften. Der französische Verfassungsrat erachtete diese Regelung, die den Zugang von Frauen zu politischen Gremien fördern wollte, als unzulässige Einschränkung des in der Verfassung gewährleisteten allgemeinen Stimm- und Wahlrechts (Urteil vom 18. November 1982, publ. in Recueil des décisions du Conseil constitutionnel, 1982, S. 66 ff.). Auch in Italien waren, um den Zugang von Frauen zu politischen Gremien zu fördern, gesetzliche Regelungen getroffen worden, nach denen in Gemeinden mit einer bestimmten Einwohnerzahl auf den Wahllisten für die Gemeinderatswahlen nicht mehr als zwei Drittel Kandidierende eines Geschlechts aufgeführt werden durften. Das italienische Verfassungsgericht erklärte diese Regelungen als verfassungswidrig. Es vertrat die Ansicht, es sei mit dem in der Verfassung enthaltenen Gleichheitssatz unvereinbar, die Möglichkeit zur Wahl und Kandidatur für ein öffentliches Amt von der Zugehörigkeit zum einen oder anderen Geschlecht abhängig zu machen (Urteil der Corte Costituzionale vom 12. September 1995, publ. in: Il Foro italiano, 1995, S. 3386 ff.). Bei der mit der Initiative 2001 vorgeschlagenen Quotenregelung würde die Geschlechtszugehörigkeit zu einem zentralen Kriterium bei der Wahl von Mitgliedern des Parlaments, der Regierung und der Amtsgerichte. Das Ziel einer an wirklicher Chancengleichheit orientierten Politik muss es aber gerade sein, dass die Geschlechtszugehörigkeit als relevantes Kriterium bei einer Wahl keine Rolle mehr spielt. Im übrigen würde die Quotenregelung bei Wahlen, wie gesagt, zu unhaltbaren Situationen führen, da unter Umständen eine Kandidatin oder ein Kandidat als gewählt erklärt werden müsste, obwohl ein Konkurrent oder eine Konkurrentin des anderen Geschlechts mehr Stimmen erhalten hat. 9. Zusammenfassend ergibt sich folgendes: Die mit der Initiative 2001 verlangte Quotenregelung privilegiert die Frauen im Hinblick auf das in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV enthaltene Egalisierungsgebot, weicht aber vom Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV ab. Dieses bildet eine relative Schranke des Egalisierungsgebotes und schliesst unverhältnismässige Ungleichbehandlungen der Geschlechter aus. Ob eine positive Massnahme zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter mit Art. 4 Abs. 2 BV vereinbar ist, muss im konkreten Fall aufgrund einer Interessenabwägung beurteilt werden. Die hier in Frage stehende Massnahme, mit der verbindlich und ohne Qualifikationsbezug eine BGE 123 I 152 S. 175 dem Bevölkerungsanteil entsprechende Vertretung der Frauen in Parlament, Regierung und Gerichten verlangt wird, geht weit über das Ziel der in Art. 4 Abs. 2 Satz 2 BV garantierten Chancengleichheit hinaus, indem sie Ergebnisgleichheit herbeiführen will. Die Quotenregelung stellt daher einen unverhältnismässigen Eingriff in das Diskriminierungsverbot nach Art. 4 Abs. 2 Satz 1 BV dar. Soweit die Regelung vom Volk gewählte Behörden betrifft, verletzt sie das durch das Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete allgemeine und gleiche Recht, zu wählen und gewählt zu werden, da die Anknüpfung an das menschliche Geschlecht grundsätzlich ein unzulässiges Kriterium darstellt. Die Initiative 2001 verstösst offensichtlich gegen Bundesrecht. Sie lässt keinen Spielraum für verfassungskonforme Auslegung offen. Da an der inhaltlichen Unzulässigkeit der Initiative keine Zweifel bestehen, durfte sie der Kantonsrat als ungültig erklären, ohne dadurch die politischen Rechte der Beschwerdeführerinnen zu verletzen. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet und ist abzuweisen.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6aae8aa1-4333-4c20-9d71-0395b0249ad6
Urteilskopf 123 I 193 17. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18. April 1997 i.S. I. gegen Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte im Kanton Luzern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 und 31 BV ; Grundsatz der Unabhängigkeit des Anwalts. Bedeutung und Tragweite der Unabhängigkeit des Anwalts (Zusammenfassung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung; E. 4a-c). Es verstösst nicht gegen Art. 31 BV , wenn die kantonale Aufsichtsbehörde einem Anwalt die Berufsausübung wegen Verletzung des Unabhängigkeitsgrundsatzes insoweit untersagt, als dieser, obwohl er gleichzeitig leitender Angestellter einer Rechtsschutzversicherung ist, die bei seiner Arbeitgeberin versicherten Klienten im Bereich des Anwaltsmonopols vertritt (E. 4d-f).
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 123 I 193 S. 193 Fürsprecher I. ist leitender Angestellter des Rechtsdienstes bei der "Y." Rechtsschutzversicherung in Bern. Er besitzt das Fürsprecherpatent des Kantons Bern und hat die Zulassungsbewilligung für den Kanton BGE 123 I 193 S. 194 Luzern. Auf Anzeige hin führte die Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte im Kanton Luzern ein Disziplinarverfahren gegen Fürsprecher I. durch, weil er im Bereich des Anwaltsmonopols Parteien vertrete, die bei der "Y." rechtsschutzversichert seien. Namentlich wurde auf ein Strafverfahren wegen Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsgesetzgebung hingewiesen. Zur Frage seiner anwaltlichen Unabhängigkeit nahm I. hierbei wie folgt Stellung: Neben seiner eigentlichen Tätigkeit als Leiter des Rechtsdienstes der "Y." Rechtsschutzversicherungsgesellschaft in Bern führe er Mandate im eigenen Namen und auf eigene Verantwortung. Sämtliche Parteientschädigungen würden der Versicherungsgesellschaft abgeliefert; er selber werde von seiner Arbeitgeberin pauschal entschädigt. Zwischen ihm und der "Y." Rechtsschutzversicherungsgesellschaft bestehe eine Vereinbarung "über die Unabhängigkeit der angestellten Anwälte der Y.-Rechtsschutz bei der Ausübung von persönlichen Mandaten" mit folgendem Wortlaut: "1. Im Rahmen von persönlichen Mandaten ist der Anwalt unabhängig. Die Standesregeln gehen den arbeitsvertraglichen Bestimmungen vor. 2. Der Anwalt entscheidet selbst über die Annahme oder Niederlegung von Mandaten. 3. Der Versicherungsnehmer ist berechtigt, einen freiberuflichen Anwalt zu mandatieren. 4. Die Y.-Rechtsschutz respektiert das Berufsgeheimnis des Anwalts, soweit ihn der Mandant nicht davon entbindet. 5. Die Y.-Rechtsschutz verpflichtet alle Angestellten zur Wahrung des Berufsgeheimnisses des Anwalts. 6. Der Anwalt handelt unter seinem eigenen Namen. Zur Schaffung klarer Verhältnisse weist er auf das Arbeitsverhältnis mit der Y.-Rechtsschutz hin. 7. Die Y.-Rechtsschutz verzichtet auf Werbung mit dem Anwaltstitel von Mitarbeitern." Die Aufsichtsbehörde stellte in ihrem Entscheid fest, Fürsprecher I. habe durch Führung des Anwaltsmandats im vorerwähnten Strafverfahren gegen das standesrechtliche Gebot der Unabhängigkeit verstossen; sie verzichtete jedoch auf die Ausfällung einer Disziplinarstrafe, weil davon ausgegangen werden könne, dass I. nach Kenntnisnahme ihres Entscheides in vergleichbaren Fällen eine anwaltliche Tätigkeit im Kanton Luzern inskünftig unterlassen werde. Die von I. hiergegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde weist das Bundesgericht ab BGE 123 I 193 S. 195 Erwägungen aus folgender Erwägung: 4. a) Der Grundsatz der Unabhängigkeit des Anwalts ist von herausragender Bedeutung (für eine umfassende Darstellung: FELIX WOLFFERS, Der Rechtsanwalt in der Schweiz, Zürich 1986, S. 53-60; Verein Zürcherischer Rechtsanwälte, Handbuch über die Berufspflichten des Rechtsanwaltes im Kanton Zürich, Zürich 1988, S. 189-191; JÖRG PAUL MÜLLER, Funktion des Rechtsanwaltes im Rechtsstaat - Mittel und Grenzen der Staatsaufsicht, Bern 1985, S. 12/13). Daraus ergeben sich Pflichten des Anwalts, aber auch Rechte (beispielsweise das Berufsgeheimnis), die ausschliesslich einem unabhängigen Anwalt eingeräumt werden können. Der Grundsatz der Unabhängigkeit ist als Berufspflicht des Anwalts weltweit anerkannt (vgl. zum folgenden ausführlich: ALBERT-LOUIS DUPONT-WILLEMIN, Le secret professionnel et l'indépendance de l'avocat, Bulletin des Schweizerischen Anwaltsverbands (SAV) Nr. 101, 1986, S. 9 ff., insbesondere S. 12 ff.). Er ist nicht nur in den Standesregeln internationaler Berufsorganisationen verankert (beispielsweise: International Code of Ethics der "International Bar Association"; Principes fondamentaux de la profession d'avocat der Union internationale des avocats; Standesregeln der Rechtsanwälte der Europäischen Gemeinschaft), sondern findet sich auch in zahlreichen nationalen Rechtsordnungen. Allerdings ist das Erfordernis der Unabhängigkeit in den verschiedenen Ländern in sehr unterschiedlicher Weise ausgestaltet. In den romanischen Ländern, deren Gesetzgebung sich aus dem französischen Recht herleitet, ist dem Anwalt jedwede Erwerbstätigkeit ausserhalb seines Berufes verboten, allenfalls abgesehen von eng begrenzten und abschliessend aufgezählten Ausnahmen (vgl. den Code Judiciaire Belge [Art. 437] und das Règlement interne du Barreau de Paris de décembre 1983 [Art. 55], nach welchen der Anwaltsberuf in der Regel mit einer besoldeten Tätigkeit unvereinbar ist). Nach den meisten angelsächsischen Gesetzgebungen ist der Anwalt demgegenüber in weitem Mass zur Ausübung zusätzlicher beruflicher Tätigkeiten befugt, wobei lediglich einige eng begrenzte Ausnahmen gemacht werden. Es gibt sodann Länder, welche, wiewohl dem romanischen Rechtskreis zugehörig, Nebentätigkeiten des Anwalts weitgehend zulassen (vgl. Art. 27 des "Statuto general de la Abogacia española"). Das Recht der Bundesrepublik Deutschland steht zwischen angelsächsischer und französischer Lösung, indem insbesondere ein Angestelltenverhältnis zu einem privatrechtlich organisierten Unternehmen BGE 123 I 193 S. 196 nicht Ausschlussgrund ist, dabei aber gewisse Kautelen zu beachten sind (JESSNITZER/BLUMBERG, Bundesrechtsanwaltsordnung, 7. Aufl., Köln/Berlin/Bonn/München 1995, Rz. 16 ff. zu § 7 sowie Kommentar zu § 46). In der Schweiz bestimmen die Richtlinien des Schweizerischen Anwaltsverbandes für die Pflichten-Codices der kantonalen Anwaltsverbände, dass "der Anwalt seinen Beruf in voller Unabhängigkeit" ausübt (Ziff. 1) und dass er nie verschiedenen Personen dient, deren Interessen sich widersprechen. Die Kantone haben die Frage in unterschiedlicher Weise geregelt. Einige erwähnen den Grundsatz der Unabhängigkeit des Anwalts in den Anwaltsgesetzen nicht ausdrücklich und beschränken sich darauf, die Frage unter dem Gesichtspunkt der Interessenkollision zu behandeln (DOMINIQUE DREYER, L'avocat dans la société actuelle, ZSR 115/1996 II S. 414 unten). Demgegenüber statuieren andere Kantone in ihren gesetzlichen Regelungen das Prinzip der Unabhängigkeit des Anwalts und verbieten diesem, der französischen Tradition folgend, jede entlöhnte Nebentätigkeit, ausser derjenigen bei einem Anwalt oder Notar. Erwähnt seien die Art. 10 und 11 des Genfer Gesetzes über den Anwaltsberuf (Loi du 14 mars 1985 sur la profession d'avocat), die Art. 3, 4 und 6 des jurassischen Gesetzes über den Anwaltsberuf (Loi du 9 novembre 1978 sur la profession d'avocat), die Art. 17 und 18 des Walliser Gesetzes vom 29. Januar 1989 über den Anwaltsberuf und den gerichtlichen und administrativen Rechtsbeistand, Art. 18 des Freiburger Gesetzes vom 10. Mai 1977 über den Anwaltsberuf, Art. 9 des Berner Gesetzes vom 6. Februar 1984 über die Fürsprecher sowie Art. 3 Abs. 1 lit. b des Tessiner Gesetzes über die Advokatur (Legge del 15 marzo 1983 sull'avvocatura). Die Auffassung, wonach das Erfordernis der Unabhängigkeit des Anwalts mit einer entlöhnten Tätigkeit unvereinbar sei, wird neben einem Teil der Lehre (EDMOND MARTIN-ACHARD, La discipline des professions libérales, ZSR 70/1951 S. 155a; PIERRE CHRISTE, Rôle et fonction de l'avocat dans la protection des droits, ZSR 107/1988 II S. 464; DREYER, a.a.O., S. 415, DUPONT-WILLEMIN, Le secret professionnel et l'indépendance de l'avocat, S. 14, S. 26/27) auch von verschiedenen kantonalen Aufsichtsbehörden geteilt (dazu und zum folgenden: FELLMANN/SIDLER, Standesregeln des Luzerner Anwaltsverbandes, Bern 1996, S. 9 ff.). Neben derjenigen des Kantons Luzern, welche der Auffassung ist, dass es aufgrund des für den Arbeitsvertrag begriffswesentlichen Abhängigkeitsverhältnisses, das den Arbeitnehmer der Weisungsgewalt des Arbeitgebers unterstellt, an der für einen Anwalt erforderlichen Unabhängigkeit fehlt (LGVE BGE 123 I 193 S. 197 1985 I Nr. 33), hat auch das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft Rechtsanwälten, die bei Treuhandgesellschaften und Rechtsschutzversicherungen angestellt sind, die Zulassung zur berufsmässigen Vertretung mit der Begründung verweigert, ihre Unabhängigkeit sei wegen der Weisungsgebundenheit und möglicher Interessenkollisionen nicht gewährleistet (BJM 1993, S. 334 ff.). Demgegenüber nehmen die Aufsichtsbehörden anderer Kantone an, dem Anwalt sei es erlaubt, neben der Advokatur eine entlöhnte Tätigkeit auszuüben. Das gilt für den Kanton Thurgau, dessen Rekurskommission entschieden hat, ein bei einer Treuhandgesellschaft angestellter Anwalt sei befugt, Dritte vor den Gerichten zu vertreten (Rechenschaftsbericht des Obergerichts des Kantons Thurgau, 1982, Nr. 10), oder für den Kanton St. Gallen, wo das Kantonsgericht es als zulässig ansieht, dass ein bei einer Treuhandfirma angestellter Anwalt Mandate für die Klientschaft des Arbeitgebers übernimmt, da die Gewähr für eine unabhängige Berufsausübung von der Sache her auch in einem solchen Fall nicht ausgeschlossen erscheine (Entscheid vom 27. Februar 1984, zitiert bei WOLFFERS, a.a.O., S. 59). Schliesslich ist die Praxis der Zürcher Aufsichtsbehörde zu erwähnen, welche es ebenfalls zulässt, dass der angestellte Anwalt Klienten seines Arbeitgebers vor Gericht vertritt, dies aber von einer speziellen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses abhängig macht (vgl. hierzu: ZR 79/1980 Nr. 126). b) Das Bundesgericht hatte im unveröffentlichten Urteil vom 17. Oktober 1980 i.S. J. zu prüfen, ob das Unabhängigkeitsgebot bei einem Anwalt gewahrt ist, der von einer Gewerkschaft angestellt ist und im Rahmen dieser Tätigkeit die rechtliche Beratung und Vertretung der Gewerkschaftsmitglieder ausübt. Das Bundesgericht hat den Fall, der Begründung des angefochtenen Entscheides entsprechend, unter dem Aspekt beurteilt, ob die finanzielle Unabhängigkeit des Anwalts gegenüber seinen Klienten gewahrt bleibt, was im Hinblick darauf bejaht wurde, dass die Entschädigung durch die Gewerkschaft und nicht durch die vertretenen Klienten erfolgte. Im Urteil vom 22. Oktober 1987 i.S. C. ( BGE 113 Ia 279 ) hatte sich das Bundesgericht zum Fall eines Berner Anwalts auszusprechen, der gegen eine Pauschalentschädigung für eine soziale Institution, welche Bedürftigen unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung im Prozess gewährte, tätig war und dabei namentlich die Aufgabe hatte, das Alimenteninkasso zu besorgen. Das Bundesgericht hat das Unabhängigkeitsgebot gemäss Art. 9 des bernischen Fürsprechergesetzes entgegen der Auffassung der kantonalen Anwaltskammer BGE 123 I 193 S. 198 nicht als verletzt erachtet, da sich der Anwalt nach dem massgeblichen Arbeitsvertrag die Art und Weise der Durchführung der Mandate ausdrücklich vorbehielt und er diesbezüglich keinerlei Weisungen unterlag (vgl. hierzu auch die Kritik in der Literatur: DUPONT-WILLEMIN, Salariat et indépendance de l'avocat, SVA Nr. 115/1988 S. 9 ff.; MICHAEL PFEIFER, Der Rechtsanwalt in der heutigen Gesellschaft, ZSR 115/1996 II S. 335 ff.). Im Urteil vom 18. Oktober 1985 i.S. S. (RDAF 1986 S. 157 ff.) hatte sich das Bundesgericht in einem Verfahren der abstrakten Normenkontrolle auf Beschwerde eines Musiklehrers und Studenten der Rechtswissenschaft hin mit der Regelung des Kantons Genf zu befassen, welche dem Rechtsanwalt jede überwiegende Erwerbsarbeit neben derjenigen als Anwalt verbot. Hierbei wurde erkannt, dass die vom Gesetzgeber verfolgte Zielsetzung (Sicherung der Qualität der Dienstleistung, Unabhängigkeit des Anwalts) zwar im öffentlichen Interesse liegt, der Eingriff in die Handels- und Gewerbefreiheit aber nicht verhältnismässig sei, da in den meisten Fällen eine zweite Erwerbstätigkeit neben derjenigen des Anwalts die Qualität der erbrachten Leistungen und die Unabhängigkeit des Anwalts nicht tangiere. Es handle sich letztlich um eine unzulässige wirtschafts- und standespolitische Massnahme zugunsten der Anwälte, die ein volles Pensum haben, zulasten derjenigen, die freiwillig oder gezwungenermassen die Anwaltstätigkeit nur in einem Teilpensum ausüben. In einem neuesten Urteil vom 12. Dezember 1996 i.S. G. hiess das Bundesgericht die Beschwerde eines Anwalts, der im Hauptberuf als Leiter der Schadensabteilung einer Versicherung tätig war, gegen einen die Zulassung zum Anwaltsberuf abweisenden Entscheid teilweise gut, soweit lediglich beabsichtigt war, unabhängig vom Arbeitsverhältnis gewisse Mandate zu führen. Das Bundesgericht hielt aber fest, dass ein Verbot der anwaltlichen Vertretung des eigenen Arbeitgebers bzw. der Ausübung von Mandaten unter dessen Einfluss mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar sei, da insoweit die erforderliche Unabhängigkeit des Anwalts nicht gegeben wäre (vgl. S. 22/23 des erwähnten Urteils). c) Die Aufsichtsbehörde über die Rechtsanwälte im Kanton Luzern ist in ihrem Entscheid zum Schluss gekommen, dem Beschwerdeführer fehle als Leiter des Rechtsdienstes einer Rechtsschutzversicherung die erforderliche Unabhängigkeit, um als unselbständiger Anwalt im Monopolbereich aufzutreten. Hieran ändere auch die diesbezüglich mit der Arbeitgeberin getroffene Vereinbarung nichts. In seiner Funktion habe der Beschwerdeführer BGE 123 I 193 S. 199 sich vorerst mit der Erteilung des vom Versicherungsnehmer erstrebten Rechtsschutzes zu befassen. Dabei handle es sich um einen Entscheid des Rechtsschutzversicherers in eigener Sache, gehe es doch darum zu prüfen, ob aufgrund des Versicherungsvertrags eine Leistungspflicht bestehe oder nicht. Der Beschwerdeführer sei insoweit im Interesse der Arbeitgeberfirma tätig. Wenn Rechtsschutz gewährt werde, übernehme er die Interessenwahrung des Versicherten. Diese Doppelfunktion schliesse die gebotene Unabhängigkeit in der Berufsausübung aus. Der Beschwerdeführer habe, indem er die Rechtsschutzversicherte L. im Strafverfahren gegen W. vertrat, die Berufs- und Standespflichten im Sinne von § 12 Abs. 1 des luzernischen Anwaltsgesetzes verletzt. d) Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, es sei willkürlich, dass die Aufsichtsbehörde - trotz der detailliert formulierten Unabhängigkeitsvereinbarung zwischen ihm und der Arbeitgeberin - seine freie Willensentscheidung im Rahmen der Mandatsübernahme für Klienten der Y. Rechtsschutz in Frage gestellt sehe. Diese Annahme stehe in Widerspruch zur bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die eine Verletzung des Unabhängigkeitsgebotes sowohl bei einem Gewerkschaftsanwalt, der die gerichtliche Vertretung von Gewerkschaftsmitgliedern übernommen habe, als auch im Falle des von einer sozialen Institution angestellten Rechtsanwaltes, welche Bedürftigen die unentgeltliche Prozessführung gewährte, verneint habe (vgl. BGE 113 Ia 279 und zitiertes Urteil i.S. J.). Dass die Aufsichtsbehörde der vorliegenden Unabhängigkeitsvereinbarung einen anderen Stellenwert beimesse als bei einer gemeinnützigen Organisation, erweise sich als unhaltbar. Auch sei willkürlich, dem Beschwerdeführer zu unterstellen, dass er sich, indem er die Prozesschancen von Rechtsschutzklienten gegebenenfalls im Rahmen der Interessenvertretung anders einschätzen werde, zum "Diener zweier Herren" mache. Kein Anwalt, auch der wirtschaftlich selbständige nicht, sei davor gefeit, einmal gefasste Meinungen überdenken zu müssen. e) Wie indessen die Aufsichtsbehörde zutreffend festgestellt hat, nimmt der Beschwerdeführer als Leiter des Rechtsdienstes einer Rechtsschutzversicherung und in der gleichen Sache tätiger Rechtsanwalt eine Doppelfunktion wahr. Daraus braucht nicht in jedem Fall eine Interessenkollision zu resultieren. Doch ist die Möglichkeit einer Gefährdung der Unabhängigkeit und der eigenverantwortlichen Berufsausübung als Anwalt augenscheinlich. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, wie sie in den Urteilen i.S. S. BGE 123 I 193 S. 200 und i.S. G. zum Ausdruck kommt, dem Anwalt ein lohnabhängiger Zweitberuf verfassungsrechtlich gestattet. Im konkreten Fall liegen nun aber mögliche Pflichtverletzungen weit näher, da sich der Beschwerdeführer auch in der Arbeitnehmerfunktion mit der gleichen Angelegenheit wie als Anwalt zu befassen hat. Die Gefährdung der Unabhängigkeit ist insofern konkreter, als dies in den Urteilen i.S. J. und BGE 113 Ia 279 der Fall war, wo sich die Funktion des angestellten Anwalts auf die Beratung und Vertretung der Klienten (Verbandsmitglieder bzw. Bedürftige) beschränkte und keine Eigeninteressen des Arbeitgebers im Spiel waren. Anders verhält es sich hier, wo die Interessen der Rechtsschutzversicherung und ihrer Versicherungsnehmer, welche der Beschwerdeführer einerseits als Angestellter dieser - leistungspflichtigen - Rechtsschutzversicherung betreut und andrerseits als Anwalt zu vertreten hat, sich völlig widersprechen können, steht doch dem wirtschaftlichen Interesse der Rechtsschutzversicherung, den finanziellen Aufwand der gerichtlichen Vertretung in Grenzen zu halten, das Interesse des Kunden gegenüber, für die erbrachten Prämienleistungen optimalen Rechtsschutz zu erhalten. Gestützt auf die erwähnte Generalklausel legte die Aufsichtsbehörde Grenzen und Tragweite des Unabhängigkeitsgebotes damit im vorliegenden Fall nicht extensiv aus; ihre Interpretation erweist sich demnach als verfassungskonform und beruht, indem sie dem Unabhängigkeitsgrundsatz als zentraler Berufspflicht des Rechtsanwaltes erhebliche Bedeutung beimisst, auch auf einer zulässigen Interessenabwägung (vgl. hierzu auch BGE 98 Ia 596 E. 1; WOLFFERS, a.a.O., S. 115). Die beanstandete Regelung verstösst somit nicht gegen Art. 31 BV . f) Der Beschwerdeführer macht im weiteren geltend, es sei willkürlich, ihm zu unterstellen, dass er im Unterschied zu einem freiberuflichen Anwalt zur treuen Interessenwahrung seines Klienten nicht in der Lage sei. Auch der freiberufliche Anwalt eines rechtsschutzversicherten Klienten müsse gemäss Usanz vor der Klageeinleitung oder der Einlegung eines Rechtsmittels die Versicherung um eine Kostengutsprache angehen. Lehne die Versicherung wegen Aussichtslosigkeit eine weitere Verfahrensfinanzierung ab, stehe dem Klienten gemäss Art. 9 der Verordnung über die Rechtsschutzversicherung vom 18. November 1992 (im folgenden auch: Verordnung; SR 961.22) jederzeit die Möglichkeit offen, seine Prozessaussichten unabhängig beurteilen zu lassen. Der Beschwerdeführer verkennt indessen, dass die genannte Verordnungsbestimmung nicht das Verhältnis zwischen dem BGE 123 I 193 S. 201 Anwalt und seinem Mandanten betrifft, sondern lediglich dem Rechtsschutzversicherten ermöglicht, seine Interessen gegenüber der Versicherung zu wahren. Dass gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. b der Verordnung der Versicherte im Falle einer Interessenkollision seinen Anwalt selber bestimmen darf und von der Versicherung ausdrücklich auf dieses Recht hinzuweisen ist (vgl. auch Ziff. B2 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Y.-Rechtsschutz, Ausgabe 07.93), vermag den Interessengegensatz zwischen der Versicherungseinrichtung und dem Versicherten nicht zu beseitigen und damit die Unabhängigkeit des Rechtsschutzanwaltes bei der Mandatsausübung für Rechtsschutzversicherte nicht zu gewährleisten. Aus diesen Verordnungsbestimmungen kann der Beschwerdeführer deshalb nichts zu seinen Gunsten ableiten.
public_law
nan
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1,997
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6ab14e92-89c2-46b0-954c-92fdb3057d84
Urteilskopf 89 I 27 5. Arrêt du 23 janvier 1963 dans la cause Bullet et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Vaud.
Regeste Handels- und Gewerbefreiheit. Rechtsgleichheit. Ladenschluss. Allgemein verbindlicher Erlass. Art. 4 und 31 BV , 84 OG 1. Der Beschluss eines Berufsverbandes über die Schliessung gewisser Ladengeschäfte stellt nach seiner Genehmigung durch die kantonale Behörde einen allgemein verbindlichen Erlassdar, der mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden kann (Erw. 1). 2. Polizeiliche Massnahmen im Sinne von Art. 31 Abs. 2 BV dürfen den Grundsatz der Verhältnismässigkeit nicht verletzen und müssen die unmittelbar miteinander konkurrierenden Gewerbegenossen gleich behandeln. Diesen Grundsätzen entspricht eine Massnahme, welche - die Schliessung der Apotheken an einem halben Werktag pro Woche anordnet, um dem Personal die gesetzlich vorgeschriebene Freizeit zu verschaffen, auch wenn für die Drogerien keine entsprechende Anordnung getroffen wird; - die Festsetzung des Schliessungshalbtags und seine Verlegung von einer polizeilichen Bewilligung abhängig macht; - jede Warenlieferung während des Schliessungshalbtages verbietet (Erw. 2-4). 3. Der Grundsatz der Rechtsgleichheit ist nicht verletzt, wenn die wöchentliche Schliessung an einem halben Werktag den Apotheken vorgeschrieben wird, gegenüber anderen freien Berufen aber keine entsprechenden Massnahmen getroffen werden.
Sachverhalt ab Seite 28 BGE 89 I 27 S. 28 A.- Les art. 8 à 14 de la loi vaudoise du 20 décembre 1944 sur le travail (LT) limitent à un certain nombre d'heures par semaine - variable d'ailleurs suivant les professions - la durée du travail du personnel dans l'industrie, le commerce, les arts et métiers et les professions libérales. L' art. 15 LT dispose: "A la demande d'une organisation professionnelle ou d'une autorité communale, le Département de l'agriculture, de l'industrie et du commerce peut approuver les conventions réglant les jours BGE 89 I 27 S. 29 et demi-jours de fermeture des magasins admises par les deux tiers des professionnels de la même branche; ces ententes peuvent intervenir par communes, par régions ou pour tout le canton. Le département peut soumettre son approbation à certaines conditions fixées par l'arrêté d'application. L'approbation donne force de loi à ces conventions pour l'ensemble des professionnels de la même branche sur le territoire considéré." B.- En mars 1961, l'Association des pharmaciens lausannois, qui compte soixante membres - il y a à Lausanne 67 pharmacies -, décida, à titre d'essai, de fermer les officines une demi-journée par semaine, le lundi matin ou le jeudi après-midi. Une cinquantaine de pharmaciens choisirent le jeudi après-midi, huit le lundi matin. En septembre 1961, l'association, se fondant sur l' art. 15 LT , sollicita le Département vaudois de l'agriculture, de l'industrie et du commerce de sanctionner la convention intervenue. Le 14 novembre 1961, le département, accueillant cette requête, approuva, avec effets dès et y compris le 27 novembre 1961, la réglementation suivante: "1.- Les pharmacies exploitées sur le territoire de la commune de Lausanne sont fermées une demi-journée par semaine - lundi matin ou jeudi après-midi - sauf pendant les semaines où elles sont de service. 2.- En raison de cette approbation, cette réglementation est obligatoire pour tous les pharmaciens exploitant ou dirigeant une pharmacie à Lausanne, qu'ils soient membres ou non de l'Association des pharmaciens lausannois et qu'ils aient admis ou non la fermeture prévue. 3.- En cas de vente, remise, location, transformation ou réouverture d'une pharmacie, la demi-journée de fermeture hebdomadaire admise antérieurement doit être maintenue. Une modification (fermeture le lundi matin au lieu du jeudi après-midi ou vice versa ne peut intervenir que pour des raisons majeures ou d'intérêt général et avec l'accord de la Direction de police, laquelle peut préalablement consulter l'organisation professionnelle intéressée. 4.- Lors de l'ouverture d'une nouvelle pharmacie, le titulaire devra choisir son demi-jour de fermeture hebdomadaire d'entente avec l'Association des pharmaciens lausannois, sous réserve de l'approbation de la Direction de police. 5.- Aucune livraison ne peut être faite pendant la demi-journée de fermeture hebdomadaire. 6.- L'application de la présente réglementation est suspendue, chaque année: a) du 11 au 31 décembre; b) durant les semaines comprenant un jour férié autre que le dimanche. BGE 89 I 27 S. 30 7.- Demeurent réservées les dispositions spéciales et temporaires pouvant être prises en cas d'épidémie. 8.- Dispositions pénales: En cas d'infraction à la présente réglementation, l'article 52 de la loi du 20 décembre 1944 sur le travail est applicable." C.- Pierre Bullet, Charles Dégallier, Pierre Grumbach, Edouard Schmidt et Pierre Golaz, tous pharmaciens à Lausanne, recoururent contre cette décision au Conseil d'Etat du canton de Vaud. Le 4 juin 1962, celui-ci rejeta le recours et confirma la décision attaquée. D.- Agissant par la voie du recours de droit public, Pierre Bullet et consorts requièrent le Tribunal fédéral d'annuler l'arrêté du Conseil. d'Etat. Ils soutiennent que la réglementation adoptée par l'autorité cantonale viole les art. 4 et 31 Cst. Le Conseil d'Etat et l'Association des pharmaciens lausannois concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. La décision du Conseil d'Etat, qui a été rendue avec plein pouvoir et remplace donc celle du département (RO 88 I 3), a donné force de loi ( art. 15 al. 2 LT ) à la convention proposée par l'Association des pharmaciens lausannois. Cette convention a cessé dès lors d'être un acte de droit privé. Elle est devenue un arrêté de portée générale émanant des organes de l'Etat et susceptible de recours de droit public conjointement avec l'arrêté qui l'a approuvée. 2. L' art. 31 Cst. , qui garantit la liberté du commerce et de l'industrie, réserve en son second alinéa les prescriptions cantonales sur l'exercice du commerce et de l'industrie. Ces prescriptions, qui ne sauraient en principe porter atteinte à la liberté du commerce et de l'industrie, ne peuvent être que des règles de police destinées à sauvegarder l'ordre, la tranquillité, la sécurité, la santé et la moralité publics, ainsi que la bonne foi commerciale. Elles doivent être proportionnées au but visé et traiter de manière égale tous ceux qui exercent une même profession. BGE 89 I 27 S. 31 Sinon, elles violent l' art. 31 Cst. (RO 87 I 447/448, consid. 6 a et b; 87 I 453 ; 86 I 274 ). Selon une jurisprudence constante, fondée sur ces règles générales, les prescriptions du droit cantonal limitant la durée du travail constituent des mesures de police destinées à protéger la santé publique et sont dès lors conformes en principe à l' art. 31 Cst. (RO 73 I 99, 70 I 3). Il en va de même des dispositions qui, pour assurer au personnel le repos garanti par la loi, ordonnent la fermeture des magasins un jour ouvrable (RO 86 I 274/275). Cependant, en tant que mesure de police, cette fermeture doit respecter le principe de proportionnalité et, par conséquent, être nécessaire pour que les employés puissent jouir en fait du repos qui leur est garanti. Avant de l'ordonner, l'autorité cantonale s'assurera donc qu'elle est justifiée par la situation de la branche économique en cause, en particulier que les exploitants ne disposent pas du nombre d'employés nécessaire pour pouvoir accorder à chacun d'eux les congés prescrits, tout en maintenant la charge de travail des autres dans les limites légales et en assurant la bonne marche de l'entreprise. Lorsque le droit cantonal exige que la fermeture soit approuvée préalablement par une certaine majorité de professionnels de la branche, cet avis, émanant des intéressés, est un indice pour les pouvoirs publics que les conditions précitées sont remplies. La décision de fermeture sera conforme non seulement au principe de proportionnalité, mais aussi à celui de l'égalité devant la loi. C'est pourquoi le Tribunal fédéral admet que la fermeture peut être ordonnée à toutes les entreprises d'une même branche, y compris celles qui n'ont pas d'employé ou qui en ont au contraire suffisamment pour pouvoir leur accorder les loisirs prescrits à tour de rôle et sans cesser l'exploitation; en effet, dit-il, à défaut d'un tel régime, des personnes qui exercent une même profession et sont des concurrents se trouveraient placées dans des conditions différentes et, partant, victimes d'une inégalité de traitement (RO 86 I 274/275). BGE 89 I 27 S. 32 Le Tribunal fédéral ne considère comme des concurrents au sens de cette jurisprudence que les concurrents directs, c'est-à-dire ceux qui appartiennent à la même catégorie d'entreprises ou à la même branche économique. Toutefois, il n'entend pas fixer lui-même le cadre de chaque branche économique. Il estime que cette tâche appartient en premier lieu aux cantons et qu'il ne doit corriger leur décision sur ce point qu'en cas d'arbitraire ou d'erreur manifeste; sous cet angle restreint, il a jugé que les cantons pouvaient par exemple définir comme des branches économiques distinctes les auberges d'une part, les hôtels de l'autre, les magasins d'épicerie et de denrées coloniales par rapport aux autres magasins d'alimentation, les cabarets-dancings au regard des dancings proprement dits ou les cinémas comparés aux autres entreprises de spectacle (RO 87 I 448/449). 3. Selon les recourants, la réglementation attaquée a été dictée par les convenances des pharmaciens eux-mêmes et non par le souci d'assurer au personnel le repos prescrit par la loi. Elle ne constituerait dès lors pas une mesure de police compatible avec l' art. 31 Cst. Certes, en procédure cantonale, l'association intimée a déclaré notamment que, "si la grande majorité des pharmaciens a désiré ce demi-jour de libre, c'est justement pour que le pharmacien puisse vaquer à des occupations personnelles hors de son officine sans avoir à laisser sa pharmacie aux mains de personnel non diplômé". Toutefois, il n'est pas certain que cette affirmation soit conforme à l'avis de la majorité des pharmaciens. En tout cas, aucun d'eux ne s'est exprimé dans ce sens à l'assemblée générale du 19 novembre 1960 au cours de laquelle leur association a délibéré de la fermeture des officines en cours de semaine. D'ailleurs, les recourants ne prétendent pas que la plupart des pharmaciens disposent constamment du nombre d'employés nécessaire pour pouvoir accorder à chacun d'eux les congés prescrits par la loi sans exiger des autres un travail excessif. Ils ne critiquent pas non BGE 89 I 27 S. 33 plus l'opinion émise sur ce point par le Conseil d'Etat. Or ce dernier constate que les pharmaciens manquent actuellement de personnel spécialisé. Il observe également que la mesure envisagée correspond à un besoin réel. Il ajoute enfin que la fermeture obligatoire procurera un avantage au personnel et concourra au bien de ce dernier. Dans ces conditions, la décision attaquée, destinée à assurer aux employés la jouissance du repos qui leur est garanti, est, dans son principe, proportionnée à ce but et peut être considérée en elle-même comme une mesure de police conforme à l' art. 31 Cst. Les recourants soutiennent, il est vrai, que, par certaines de ses clauses, la réglementation adoptée viole l' art. 31 Cst. , en particulier le principe de proportionnalité des mesures de police. Ainsi en va-t-il tout d'abord, selon eux, du chiffre 3. Cette disposition vise le cas du pharmacien qui reprend un magasin d'un autre pharmacien ou qui désire simplement changer le jour auquel, jusqu'alors, son commerce était fermé. Les recourants font valoir que la réglementation adoptée sur ce point (maintien de la journée de fermeture sauf raisons majeures ou d'intérêt général et accord de la direction de police) est excessive. Il en va de même, à leur avis, du chiffre 4, selon lequel "lors de l'ouverture d'une nouvelle pharmacie, le titulaire devra choisir son demi-jour de fermeture hebdomadaire d'entente avec l'Association des pharmaciens lausannois, sous réserve de l'approbation de la Direction de police". Toutefois, leur argumentation n'est pas convaincante. En effet, la police, au sens large du terme, est chargée de défendre l'intérêt public, notamment en protégeant la santé et l'hygiène de la population. Elle surveille en particulier les pharmacies, qui rentrent précisément dans la catégorie des professions destinées à sauvegarder la santé des personnes. A cet égard, elle peut prendre des mesures pour que les médicaments nécessaires soient mis en tout temps à la disposition des malades, qui en auraient un besoin urgent. Elle est en droit notamment de veiller, BGE 89 I 27 S. 34 dans ce but, à ce que, même durant la demi-journée de fermeture obligatoire, un nombre suffisant de pharmacies demeurent ouvertes. Il est légitime dès lors d'exiger du pharmacien, qui entend fixer le jour de fermeture d'une nouvelle officine ou changer celui d'une officine déjà existante, qu'il obtienne au préalable l'agrément de la police. Comme l'association professionnelle connaît particulièrement bien les conditions de la branche, il est normal aussi qu'elle soit consultée. Ces mesures permettent d'éviter qu'il n'y ait plus assez de pharmacies ouvertes pour satisfaire aux besoins urgents du public. Les recourants ne sauraient dès lors se plaindre sur ce point d'une violation de l' art. 31 Cst. , spécialement du principe de proportionnalité. En particulier, ils ne sont pas fondés à faire valoir que l'autorité cantonale a posé des exigences excessives en subordonnant la modification du jour de fermeture à des "raisons majeures ou d'intérêt général". L'expression "raisons majeures" peut en effet être comprise ici dans le sens de motifs importants. Ainsi interprétée, la condition formulée n'est pas excessive. Les recourants critiquent enfin le chiffre 5 de la réglementation sanctionnée par le Conseil d'Etat et d'après lequel "aucune livraison ne peut être faite pendant la demi-journée de fermeture hebdomadaire". Toutefois, cette règle est une conséquence normale de la prescription qui libère le personnel de son travail pendant la demijournée en cause. Dans cette mesure, elle est justifiée par l'intérêt public et ne va pas au-delà du but visé, qui est la sauvegarde de la santé des employés. Il est vrai qu'à cet intérêt public, les recourants en opposent un autre, celui de la santé de la population, notamment des malades qui, ayant remis leur ordonnance à la pharmacie peu de temps avant la fermeture, ne pourraient recevoir le remède à temps que s'il leur était livré pendant la demi-journéc de fermeture. Sur ce point toutefois, les recourants ne font pas valoir leur intérêt personnel. Ils se préoccupent de savoir quel est l'intérêt public prédominant. Cette BGE 89 I 27 S. 35 question est du ressort exclusif des organes de l'Etat. Elle ne peut faire l'objet d'un recours de droit public. 4. Les recourants reprochent au Conseil d'Etat d'avoir créé une inégalité de traitement entre des concurrents et d'avoir ainsi violé les art. 4 et 31 Cst. En effet, disent-ils, les pharmaciens vendent divers articles que l'on trouve aussi chez d'autres commerçants et plus spécialement chez les droguistes; or ces derniers ne sont pas obligés de fermer leur magasin une demi-journée dans la semaine. Toutefois, l'activité essentielle du pharmacien consiste à préparer des ordonnances et à fournir au public la plupart des médicaments. Cette activité prépondérante, et que seul il peut exercer, le distingue des autres professions. C'est par elle qu'il constitue sa clientèle. S'il vend également des articles qu'on trouve ailleurs, c'est le plus souvent à des clients venus acheter des produits qui ne peuvent être acquis que chez lui. Aussi bien, ces dernières ventes conservent un caractère purement accessoire. Etant donné cette situation de fait, le Conseil d'Etat pouvait considérer, sans commettre d'erreur manifeste ni tomber dans l'arbitraire, que les pharmaciens forment une branche économique distincte et ne sont donc pas les concurrents directs des droguistes et autres commerçants. Il était dès lors en droit de prescrire aux premiers de fermer leur magasin une demi-journée dans la semaine sans l'ordonner aux seconds. Ce faisant, il n'a violé ni l'art. 31, ni l' art. 4 Cst. 5. Enfin, les recourants se plaignent d'une inégalité de traitement consistant en ce que l'obligation qui leur est imposée de fermer leur exploitation une demi-journée dans la semaine n'est pas appliquée aux autres professions libérales. Si les pharmaciens exercent certainement une profession libérale, ils ne sont pas en concurrence directe avec les autres professions libérales. Par rapport à ces dernières, l'égalité de traitement leur est donc garantie uniquement BGE 89 I 27 S. 36 par l' art. 4 Cst. Selon la jurisprudence'un arrêté de portée générale créant une inégalité de traitement violel' art. 4 Cst. , soit lorsqu'il établit entre divers cas des distinctions juridiques qu'aucun fait important ne justifie, soit lorsqu'il soumet à un régime identique des situations présentant entre elles des différences sérieuses et de nature à rendre nécessaire un traitement différentiel (RO 80 I 234; cf. aussi RO 86 I 279 et 88 I 79). Sur plusieurs points, les pharmaciens se trouvent dans une situation différente de celle des autres professions libérales. Tout d'abord, plus de deux tiers d'entre eux ont approuvé la réglementation intervenue, manifestant sans doute ainsi qu'elle correspondait aux conditions propres de leur profession. En revanche, les autres professions libérales n'ont pas connu de fait semblable, d'où l'on peut conclure qu'elles n'éprouvent pas le besoin d'être soumises au régime appliqué aux pharmaciens. De plus et surtout, ces derniers, comme la plupart des négociants, vendent des produits dans un local ouvert au public. En revanche, les médecins, les dentistes, les avocats, les notaires, les ingénieurs ou les architectes ne tiennent pas boutique ouverte et ont, avec leurs clients, des rapports qui n'ont pas la même nature. Ces différences sont importantes. Elles permettaient au Conseil d'Etat, tout en respectant l' art. 4 Cst. , de régler la fermeture des pharmacies, sans en faire de même à l'égard des autres professions libérales. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Rejette le recours en tant qu'il est recevable.
public_law
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1,963
CH_BGE
CH_BGE_001
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6ab21772-1a20-43f8-af97-e3ba5a57a9ee
Urteilskopf 105 V 127 30. Urteil vom 27. Juni 1979 i.S. Ausgleichskasse der Schuhindustrie gegen S. und Obergericht des Kantons Aargau
Regeste Art. 23 Abs. 3 AHVG und Art. 34 Abs. 1 IVG . - Keine Kumulation einer Witwenrente mit einer Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes (Erw. 1). - Die Witwe, welche einen IV-Renten-Bezüger heiratet, hat Anspruch auf die Witwenrente bis Ende des Monats, in welchem sie sich wiederverheiratet (Erw. 3 und 4).
Sachverhalt ab Seite 127 BGE 105 V 127 S. 127 A.- Max S. erhält seit dem 1. Juli 1967 eine ganze Invalidenrente. Am 26. Mai 1978 heiratete er die Witwe Gertrud V., die seit dem 1. August 1975 eine Witwenrente (von zuletzt Fr. 748.-- pro Monat) bezog. Mit Verfügung vom 16. Juni 1978 sprach die Ausgleichskasse des Kantons Aargau Max S. rückwirkend ab 1. Mai 1978 eine Zusatzrente für seine Ehefrau von Fr. 239.-- monatlich zu. Die Ausgleichskasse Schuhindustrie ihrerseits teilte Gertrud S. mit, ihr Anspruch auf die Witwenrente sei auf den 30. April 1978 erloschen, weil ihr Ehemann ab dem 1. Mai 1978 eine Zusatzrente für sie erhalte. Sie habe daher die ihr für den Monat Mai 1978 noch ausgerichtete Witwenrente im Betrage von Fr. 748.-- zurückzuerstatten (Verfügung vom 14. Juni 1978). B.- Max S. erhob für sich und seine Ehefrau Beschwerde gegen beide Verfügungen, indem er sinngemäss geltend machte, für den Monat Mai 1978 habe die höhere Witwenrente der Ehefrau der niedrigeren Zusatzrente zu seiner Invalidenrente vorzugehen. Aus diesem Grunde sei die Rückforderungsverfügung BGE 105 V 127 S. 128 der Ausgleichskasse Schuhindustrie aufzuheben und es sei die Zusatzrente erst ab 1. Juni 1978 auszurichten. Es sei daher festzustellen, dass er die für den Monat Mai bereits erhaltene Zusatzrente in der Höhe von Fr. 239.-- zurückzuerstatten habe. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess mit Entscheiden vom 16. Oktober 1978 beide Beschwerden gut. C.- Die Ausgleichskasse Schuhindustrie führt gegen beide Entscheide Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, ihre Verfügung vom 14. Juni 1978 und diejenige der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 16. Juni 1978 seien wiederherzustellen. Die zur Stellungnahme eingeladene Ausgleichskasse des Kantons Aargau beantragt, ihre Verfügung vom 16. Juni 1978 sei wiederherzustellen. Das Bundesamt für Sozialversicherung stellt den Antrag auf Gutheissung beider Verwaltungsgerichtsbeschwerden. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Streitig ist, ob der Anspruch von Gertrud S. auf eine Witwenrente für den Monat Mai 1978, in welchem sie den invaliden Max S. geheiratet hatte, noch bestand oder ob gegebenenfalls mit ihrer Verheiratung dieser Anspruch durch denjenigen ihres Ehemannes auf eine Zusatzrente zur Invalidenrente abgelöst wurde. Das Problem resultiert daraus, dass der Anspruch auf eine Witwenrente gemäss Art. 23 Abs. 3 AHVG mit der Wiederverheiratung erlischt, d.h. gemäss Rz 130 der Wegleitung über die Renten (RWL) mit Ablauf des Monats, in welchem eine Witwe wieder heiratet, während der Anspruch auf eine Zusatzrente zu einer Invalidenrente - analog zu Art. 29 Abs. 1 IVG - am ersten Tag des Monats der Verheiratung entsteht (Rz 264 RWL). Die Vorinstanz kam zum Schluss, dass nicht gleichzeitig für die gleiche Person beide Renten ausgerichtet werden könnten. Wie das Eidg. Versicherungsgericht in EVGE 1968 S. 108 festgestellt hat, ist die Kumulation von Renten gemäss AHVG und IVG überall dort ausgeschlossen, wo das Gesetz das Zusammentreffen solcher Leistungen ausdrücklich regelt (z.B. Art. 30 und 43 Abs. 1 IVG , Art. 28bis AHVG ). Das Eidg. Versicherungsgericht nahm daher an, es entspreche dem Sinn des Gesetzes, auch die Kumulation zweier für die gleiche Person ausgerichteter BGE 105 V 127 S. 129 Zusatzrenten (der IV und der AHV) zu untersagen. In Analogie dazu besteht auch für die gleiche Person nicht gleichzeitig ein Anspruch auf eine Witwenrente und eine Zusatzrente zu einer Invalidenrente. Dies wird denn auch von keiner Partei bestritten. 2. a) Nach dem Gesagten hat die Gutheissung des einen Anspruches automatisch die Verneinung des andern Anspruches zur Folge, so dass diese beiden Fragen in einem unlösbaren inneren Zusammenhang stehen. Aus diesem Grunde ist die Ausgleichskasse Schuhindustrie als berechtigt anzusehen, nicht nur gegen den Entscheid der Vorinstanz betreffend ihre Verfügung vom 14. Juni 1978 Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu führen, sondern auch gegen den Entscheid der Vorinstanz betreffend die Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Aargau vom 16. Juni 1978. Im übrigen schliesst sich die zur Stellungnahme eingeladene Ausgleichskasse des Kantons Aargau der Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Ausgleichskasse Schuhindustrie an und beantragt ebenfalls die Wiederherstellung ihrer Verfügung vom 16. Juni 1978. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerden der Ausgleichskasse Schuhindustrie ist somit einzutreten. b) Da die beiden Verwaltungsgerichtsbeschwerden Tatbestände gleicher Art betreffen und dieselben Sachfragen stellen, rechtfertigt es sich, sie zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen ( BGE 94 I 185 Erw. 1, BGE 92 I 430 Erw. 1). 3. Weil die Kumulation einer Witwenrente und einer Zusatzrente zu einer Invalidenrente für die gleiche Person ausgeschlossen ist, bleibt zu prüfen, welche der beiden Renten auszurichten ist. Das Gesetz gibt auf diese Frage, wie die Vorinstanz mit Recht feststellt, keine Antwort. Nach Art. 24bis AHVG und Art. 43 Abs. 1 IVG besteht zwar für Witwen und Waisen grundsätzlich die Priorität der Invalidenrenten vor den AHV-Renten. Bei diesen Bestimmungen geht es um das Zusammentreffen des Anspruches auf die Witwen-/Waisenrente mit einer Invalidenrente derselben Person. Vorliegend stellt sich jedoch die Frage, ob einer Witwe im Monat der Wiederverheiratung noch die Witwenrente zusteht oder ob an Stelle dieser Rente die im Monat der Heirat entstehende Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes zu treten hat. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass in der AHV der Anspruch auf eine Rente BGE 105 V 127 S. 130 in der Regel am ersten Tag des dem Erreichen einer Altersgrenze (z.B. Art. 21 Abs. 2 AHVG ) oder dem Eintritt eines andern Ereignisses (z.B. Verwitwung: Art. 23 Abs. 3 AHVG ) folgenden Monats beginne, während bei der Invalidenversicherung die Rente bereits für den Monat voll ausgerichtet werde, in dem der Anspruch entstehe (z.B. Art. 29 Abs. 1 IVG ). Damit wird indessen die hier entscheidende Frage, ob im Heiratsmonat der Witwenrente oder der Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes die Priorität zukommt, weder direkt noch indirekt beantwortet. Da das Gesetz diese sich unvermeidlicherweise stellende Rechtsfrage nicht beantwortet, liegt eine echte Lücke vor, die der Richter auszufüllen hat ( BGE 99 V 21 mit Hinweisen). Das Bundesamt für Sozialversicherung will die Gesetzeslücke wie folgt schliessen: "Hätte im vorliegenden Fall die Witwe bei ihrer Wiederverheiratung das 62. Altersjahr bereits vollendet gehabt und demzufolge eine einfache Altersrente bezogen, so wäre diese mit dem Ablauf des Monates, welcher demjenigen der Entstehung des Anspruches auf die Ehepaar-Invalidenrente vorangeht, erloschen (Rz 32 RWL), während dem Ehemann bereits für den Monat der Heirat die Ehepaar-Invalidenrente ausgerichtet worden wäre (Rz 251 RWL). Ebenfalls auf Ende des Monats vor der Eheschliessung wäre auch eine allfällige Invalidenrente der Versicherten erloschen (Rz 246 RWL). Unseres Erachtens ist diese Regelung sinngemäss auch auf den vorliegenden, in den Weisungen bisher nicht vorgesehenen Fall anzuwenden. Damit ergäbe sich einheitlich, dass die einfache Invalidenrente und die Witwenrente von Frauen, die sich mit dem Bezüger einer Invalidenrente verheiraten, mit Abschluss des Monats erlöschen, welcher demjenigen der Eheschliessung vorangeht." Das Bundesamt für Sozialversicherung spricht sich somit für die Priorität der niedrigeren Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes vor der höheren Witwenrente aus. Dieser Lösung ist jedoch nicht zuzustimmen, denn damit würde eine Witwe, die einen invaliden Mann heiratet, schlechter gestellt, als wenn sie einen gesunden Mann oder einen Altersrentner heiratet, was nicht befriedigen kann. Bei Heirat mit einem gesunden Mann oder einem Altersrentner würde nämlich der Anspruch auf die Witwenrente erst am Ende des Heiratsmonates untergehen ( Art. 23 Abs. 3, Art. 22 Abs. 3 AHVG ). Die Gesetzeslücke ist BGE 105 V 127 S. 131 demnach in der Weise zu füllen, dass bei Heirat einer Witwe mit einem Invaliden der Anspruch auf die Witwenrente erst am Ende des Heiratsmonats untergeht und der Anspruch auf die Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes erst am ersten Tag des auf die Heirat folgenden Monats beginnt. 4. Im vorliegenden Fall hat daher für den Monat Mai 1978 (Heiratsmonat) die höhere Witwenrente der niedrigeren Zusatzrente zur Invalidenrente des Ehemannes vorzugehen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden der Ausgleichskasse Schuhindustrie erweisen sich daher als unbegründet. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerden werden abgewiesen.
null
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6ab269a0-9243-41bc-867b-a64675acc96f
Urteilskopf 83 II 375 51. Arrêt de la IIe Cour civile du 19 septembre 1957 dans la cause Perrin contre Vitra SA
Regeste Verantwortlichkeit des Grundeigentümers. Art. 679 ZGB . 1. Art. 679 ZGB schützt nicht nur den Eigentümer eines Nachbargrundstücks, sondern auch jedermann, der dieses Grundstück kraft eines beschränkten dinglichen oder eines persönlichen Rechtes besitzt, namentlich einen Mieter oder Pächter (Erw. 1). 2. Soweit die Voraussetzungen des Art. 679 ZGB zutreffen, haftet der Eigentümer für einen Schaden, der durch die Art der Ausführung von Bauarbeiten durch den von ihm beauftragten Unternehmer entsteht (Erw. 2). 3. Der für bauliche Arbeiten an einem Grundstück benützte öffentliche Boden ist, soweit er zu deren Ausführung dient, als Teil des Baugrundstückes zu betrachten (Erw. 2). 4. Die zur Ausführung solcher Arbeiten technisch notwendigen Werkplatzanlagen können Ursache einer Schädigung der Nachbarn sein, und ihre Aufstellung kann sich als Überschreitung des Eigentumsrechtes erweisen (Erw. 3). 5. Die sich aus baulichen Vorrichtungen auf einem Grundstück für die Nachbarn ergebenden Unzukömmlichkeiten dürfen gewisse Grenzen nicht überschreiten, die der Richter unter Berücksichtigung der gesamten Umstände und Abwägung der beidseitigen Interessen zu bestimmen hat (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 377 BGE 83 II 375 S. 377 A.- Marcel Righi est propriétaire d'un immeuble situé à la place de la Fusterie, à Genève. Il loue un magasin à Oscar Perrin, qui exploite un commerce de tabac, cigares et cigarettes. Le bâtiment contigu appartient à la société immobilière Vitra SA Une allée publique reliant la place de la Fusterie au passage Malbuisson est aménagée au rez-de-chaussée de l'immeuble de cette société. En été 1953, Vitra SA a fait procéder à la réfection de son bâtiment. L'entrepreneur de Garini, qu'elle avait chargé de cette transformation, obtint du Département des travaux publics du canton de Genève, le 14 juillet 1953, l'autorisation d'occuper le domaine public pendant les réparations. Au début d'août 1953, il dressa contre la façade de l'immeuble de Vitra SA un échafaudage qui reposait sur le trottoir et se trouvait en partie devant l'entrée du passage allant de la Fusterie à Malbuisson. Il installa également contre le bâtiment appartenant à Righi, au-dessus du magasin de Perrin, un auvent de planches destiné à en protéger la marquise et à empêcher les chutes de matériaux sur les piétons. Cet auvent cachait l'enseigne du commerce de Perrin et rendait impossible l'usage de la tente. Un chantier fut ouvert sur le bord du trottoir et la chaussée devant l'échafaudage et jusque devant le magasin de Perrin. Une bétonnière et un élévateur y étaient installés. Une paroi de planches, haute de 2 m au début des travaux et ramené à 1 m 40 à la fin de septembre, fut posée en travers du trottoir devant l'entrée de l'allée publique et jusque devant le magasin de Perrin; elle avait pour but de clore le chantier de ce côté et de protéger les piétons qui passaient de l'allée publique au trottoir devant le magasin de Perrin, ou vice versa. Les échafaudages et barrières furent enlevés le 10 ou le 11 mars 1954. BGE 83 II 375 S. 378 Le 20 août 1953, Perrin se plaignit auprès de Vitra SA de ce que la palissade placée devant son magasin le cachait presque entièrement. Prétendant que son chiffre d'affaires avait beaucoup baissé, il réclama une indemnité de 50 fr. par jour. Il revint à la charge le 5 septembre 1953, mais n'obtint aucune réponse. De son côté, Righi protesta, par lettres des 4 et 21 septembre 1953, contre la façon dont les échafaudages et les barrières avaient été établis et contre la lenteur des travaux. Par exploit déposé le 21 septembre 1953, Perrin a ouvert action contre Vitra SA et conclu à ce qu'elle fût condamnée à lui payer 8000 fr. avec intérêt à 5% dès le 15 août 1953 et une indemnité judiciaire de 800 fr. Il a allégué que l'échafaudage avait été appuyé sans droit contre le bâtiment de Righi, qu'il constituait un écran et une barricade interdisant pratiquement l'entrée de son magasin, que la paroi de planches donnait l'impression aux passants que l'allée reliant Malbuisson à la Fusterie était fermée, et qu'enfin les travaux auraient pu être exécutés plus rapidement. Il aurait préféré, disait-il en outre, que sa marquise et ses vitrines courussent le risque d'être brisées, plutôt qu'elles fussent protégées d'une façon qui cachait la vue de son commerce. Il a produit des décomptes pour démontrer que son chiffre d'affaires aurait été, pendant les mois d'août 1953 à février 1954, de 23 400 fr. inférieur à celui de la période correspondante de l'année précédente. Il a indiqué que sa marge de bénéfice était de 30%. Il a invoqué les art. 679, 684, 685, 928 CC, 41, 55, 58 et 59 CO. La défenderesse a conclu à libération. Elle a contesté toute faute et tout excès dans l'exercice de ses droits, et fait valoir que le trouble subi par Perrin était insignifiant. Elle a soutenu que les art. 679 et 928 CC n'étaient pas applicables, en particulier parce que les échafaudages étaient établis sur le domaine public et non sur son immeuble. Par jugement du 2 juin 1955, le Tribunal de première mstance de Genève a rejeté l'action de Perrin. Il a considéré BGE 83 II 375 S. 379 que l'art. 679 CC s'appliquait en l'espèce, mais n'a pas admis que Vitra SA aurait excédé son droit de propriété. B.- Saisie d'un appel formé par Perrin, la Ire Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a confirmé ce jugement, le 29 mars 1957. Elle a estimé que Vitra possédait la qualité pour défendre et que l'art. 679 CC était applicable. Elle a chargé des experts d'examiner si, eu égard aux travaux effectués, les échafaudages, les palissades, l'auvent et le chantier étaient nécessaires et si ces installations auraient pu être conçues différemment de façon à causer moins de gêne aux voisins et notamment à Perrin, de comparer, le cas échéant, les inconvénients réellement subis par le demandeur à ceux que lui auraient occasionnés des installations mieux comprises, et de dire si les travaux avaient été inutilement traînés en longueur. Vu le rapport des experts et leurs explications orales lors de leur comparution personnelle, elle a estimé que la prétention de Perrin n'était pas fondée. C.- Contre cet arrêt, Perrin a recouru en réforme au Tribunal fédéral, concluant principalement à l'allocation de 8000 fr. avec intérêt à 5% dès le 15.août 1953 et d'une indemnité de 800 fr. à titre de participation aux honoraires de son avocat, et subsidiairement au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour qu'elle fixe le montant des dommages-intérêts et fasse administrer les preuves offertes devant elle. L'intimée conclut au rejet du recours et à la confirmation de la décision attaquée. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon la jurisprudence (RO 59 II 136/137, 73 II 154, 75 II 120, 79 I 204), les droits découlant de l'art. 679 CC n'appartiennent pas au seul propriétaire d'un fonds voisin mais à quiconque est atteint ou menacé d'un dommage parce qu'un propriétaire excède son droit. Celui qui a la possession d'un immeuble en vertu d'un droit réel limité ou d'un droit personnel, en particulier un locataire BGE 83 II 375 S. 380 ou un fermier, peut revendiquer la protection accordée à la propriété foncière par l'art. 679 CC (RO 59 II 136/137, 75 II 120). En l'espèce, le recourant, qui est locataire d'un magasin dans le bâtiment appartenant à Righi et qui prétend avoir subi un dommage du fait que Vitra SA aurait excédé son droit de propriété, a dès lors la qualité pour agir selon l'art. 679 CC. 2. Le propriétaire foncier a qualité pour défendre à une action fondée sur l'art. 679 CC non seulement lorsqu'il cause lui-même le dommage, mais également quand celuici est le fait d'une autre personne qui utilise directement l'immeuble et qui y est autorisée, en vertu soit du droit privé soit du droit public. Le Tribunal fédéral a jugé que le propriétaire peut être recherché selon l'art. 679 CC pour le fait de son locataire ou de son fermier (RO 44 II 36) et que la corporation publique qui est propriétaire d'un égout peut être actionnée à raison du dommage causé par les eaux usées des entreprises reliées, avec son autorisation, à sa canalisation (RO 75 II 121, 76 II 132/133). Dans le sens de cette jurisprudence, on doit admettre de même que le propriétaire répond du dommage provoqué par la façon dont l'entrepreneur, chargé de la réfection d'un bâtiment, exécute les travaux, en tant que les conditions prévues par l'art. 679 CC sont réunies. L'entrepreneur est, en ce cas, autorisé à utiliser directement l'immeuble et, dans la mesure où l'usage qu'il en fait constitue un excès dommageable, l'action de l'art. 679 CC peut être exercée contre le propriétaire, sans préjudice des droits que le lésé peut faire valoir contre l'entrepreneur lui-même en vertu de l'art. 928 CC ou de l'art. 41 CO. L'intimée conteste avoir la qualité pour défendre parce que seules les installations du chantier établies sur la voie publique peuvent être la cause du dommage dont se plaint le recourant. A son avis, l'action fondée sur l'art. 679 CC ne peut dès lors être dirigée que contre le propriétaire de cette voie publique, à savoir le canton de Genève. La Cour cantonale a rejeté avec raison cette argumentation. Elle a considéré à juste titre que, si les échafaudages, le chantier, BGE 83 II 375 S. 381 la paroi de planches et l'auvent ne se trouvaient pas à proprement parler sur le fonds de Vitra SA et reposaient sur la voie publique ou la dominaient, ils étaient cependant "établis en fonction directe des travaux" qui étaient effectués au bâtiment de l'intimée et qui ne pouvaient être exécutés sans emprunter le domaine public. Ainsi qu'elle le relève, ces installations étaient rattachées au fonds de Vitra SA Lorsqu'une voie publique est utilisée pour des travaux faits à l'immeuble, en vertu d'une autorisation officielle accordée par l'autorité compétente à l'entrepreneur qui en est chargé, elle doit être considérée, en tant qu'elle sert à leur exécution, comme faisant partie de cet immeuble. Il en est ainsi du trottoir et de la route sur lesquels se trouvaient les installations établies pour la réfection du bâtiment de Vitra SA Dans le même sens, le Tribunal fédéral a jugé (RO 59 II 176, 79 II 78) que pour déterminer, du point de vue de l'art. 58 CO, l'étendue d'un ouvrage, c'est-à-dire les choses et installations qu'il comprend, il faut en considérer la destination, et a admis qu'un ouvrage peut comprendre des parties qui sont la propriété de tiers. En l'espèce, l'intimée peut dès lors être recherchée en vertu de l'art. 679 CC, dans la mesure où elle a excédé son droit de propriété, alors même que les installations qui ont causé le dommage reposaient sur le domaine public. 3. Les experts désignés par l'autorité cantonale ont notamment admis que, eu égard aux travaux effectués à l'immeuble de la défenderesse, les échafaudages, la palissade et l'auvent étaient nécessaires, mais que celui-ci "aurait pu être établi au-dessus de la marquise, ce qui aurait évité de poser le panneau vertical cachant l'enseigne du magasin". Ils ont déclaré en outre que la durée des travaux n'était pas exagérée. La Cour de justice genevoise a estimé que, d'après le rapport et les explications des experts, seule la façon dont l'auvent avait été placé pouvait être retenue à la charge de Vitra SA, et considéré que le "fait que l'inscription Laurens était plus ou moins cachée" ne pouvait avoir causé un dommage à BGE 83 II 375 S. 382 Perrin. Elle a cependant perdu de vue que les installations d'un chantier peuvent être la source d'un dommage pour les voisins et que leur établissement peut constituer un excès du droit de propriété, même si elles sont techniquement nécessaires pour exécuter des travaux à un bâtiment. Il s'agit là d'une question de droit que le juge doit examiner en tenant compte de l'ensemble des circonstances. En l'espèce, il est constant que l'entrepreneur a porté atteinte aux droits du propriétaire voisin et du recourant en installant contre l'immeuble de Righi un auvent qui était fixé sur la marquise de béton, masquait l'enseigne du magasin et rendait impossible l'usage de la tente. L'intimée répond de cette violation des droits des voisins, car elle a été commise par l'entrepreneur qui utilisait directement son fonds avec son autorisation. La Cour cantonale déclare qu'elle ignore si c'est à la demande de Perrin que l'auvent a été placé de cette façon pour assurer de l'ombre à sa vitrine, vu que les perches de l'échafaudage l'empêchaient de se servir de la tente. Les pièces du dossier ne permettent cependant nullement d'admettre même l'éventualité d'un accord de Perrin à ce sujet. Il en ressort au contraire que le recourant a formulé des réclamations auprès de l'architecte Braillard, chargé de la conduite des travaux effectués par Vitra SA, et qu'au cours de l'échange de correspondance qui a suivi, il a continué à protester contre la manière dont les installations avaient été faites. On se trouve dès lors, sur ce point, en présence d'une inadvertance manifeste qui doit être rectifiée d'office conformément à l'art. 63 al. 2 OJ. L'auvent, qui masquait l'enseigne "Laurens" et qui, selon les constatations des experts reprises par la Cour cantonale, aurait pu être placé autrement de façon à la laisser visible, n'est pas la seule installation qui était de nature à nuire au commerce du recourant. Durant près de huit mois un chantier, comprenant notamment une bétonnière et un élévateur, une paroi de planches hautes tout d'abord de 2 m puis de 1 m 40 et des barrières furent BGE 83 II 375 S. 383 établis jusque devant le magasin de Perrin, qui était ainsi caché. En portant de la sorte atteinte aux droits du demandeur, Vitra SA a incontestablement excédé son droit de propriété, alors même que ces installations pouvaient être exigées du point de vue technique par les travaux effectués. Certes, comme l'admet avec raison l'autorité cantonale, il y a des inconvénients résultant des constructions entreprises sur un fonds qui doivent être supportés par les voisins (cf. en ce sens KOLB, Die Haftung des Grundeigenümers, Revue de droit suisse 1952, p. 145 a). Toutefois, ces inconvénients ne sauraient dépasser certaines limites qu'il appartient au juge de tracer en tenant compte, dans chaque cas, de l'ensemble des circonstances et en mettant en balance les intérêts en présence (cf., en ce qui concerne l'art. 684 CC, RO 79 I 205/206; pour le domaine d'application des art. 685 et 686 CC, HAAB, note 16 p. 455). En l'espèce, on doit admettre que l'atteinte portée aux intérêts de Perrin, dont le commerce a été pendant de longs mois caché et entouré d'installations qui en détournaient le public, dépasse manifestement ce qu'il peut être tenu de supporter. Il s'ensuit que Vitra SA a l'obligation de réparer le dommage causé au recourant dans la mesure où, par les travaux exécutés à son immeuble, elle a outrepassé les limites des inconvénients qu'elle pouvait faire subir d'une manière licite à ses voisms. 4. Estimant que la responsabilité de Vitra SA n'était pas engagée, la Cour cantonale ne s'est pas prononcée sur la question du dommage. La cause doit dès lors lui être renvoyée pour qu'elle statue sur ce point en faisant application en particulier de l'art. 42 al. 2 CO. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral prononce: Le recours est admis, l'arrêt attaqué est annulé et l'affaire est renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle statue à nouveau dans le sens des considérants.
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nan
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1,957
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6ab3d571-ce21-42f6-bc64-40b2de9069d5
Urteilskopf 80 IV 214 45. Urteil des Kassationshofes vom 12. November 1954 i.S. Schneeberger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB . Welche im Auslande begangenen Handlungen sind Verbrechen oder Vergehen im Sinne dieser Bestimmung? (Erw. 1-3). Art. 6 Ziff. 1 StGB . Schliesst diese Vorschrift die Anwendung des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 i. i. StGB aus, wenn das im Auslande begangene Verbrechen oder Vergehen nach schweizerischem Recht kein Auslieferungsdelikt ist? (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 215 BGE 80 IV 214 S. 215 A.- René Schneeberger wurde am 29. Juni 1953 vom Statthalteramt Luzern-Land wegen Betruges ( Art. 148 StGB ), Zechprellerei ( Art. 150 StGB ), Fälschung von Ausweisen ( Art. 252 StGB ) und Falscheintragung in die Gästekontrolle (§ 16 luzern. EG zum StGB) zu zwei Monaten Gefängnis und Fr. 50.- Busse verurteilt. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde bedingt aufgeschoben und die Probezeit auf drei Jahre bestimmt. B.- Am 19. Februar 1954 bestrafte das Amtsgericht Rotenburg (Deutschland) Schneeberger wegen Grenzübertritts ohne gültigen Reisepass, begangen anfangs Februar 1954, mit zehn Tagen Gefängnis. Mit Verfügung vom 25. August 1954 ordnete deshalb das Statthalteramt Luzern-Land den Vollzug der am 29. Juni 1953 verhängten Gefängnisstrafe an. Zur Begründung wird ausgeführt, Schneeberger sei für die während der Probezeit begangene Tat mit Gefängnis bestraft worden. Damit seien die Voraussetzungen des Art. 41 Ziff. 3 StGB für den Widerruf des bedingten Strafvollzuges erfüllt. Von einem besonders leichten Fall im Sinne des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB könne nach der Rechtsprechung des Kassationshofes bei der neuen Tat schon wegen der dafür verhängten Gefängnisstrafe nicht die Rede sein. C.- Gegen diese Verfügung hat Schneeberger die Nichtigkeitsbeschwerde ergriffen, mit dem Antrage, es sei vom Widerruf des bedingten Strafvollzuges abzusehen. D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Ob Schneeberger am 19. Februar 1954 mit Recht des Grenzübertritts ohne gültigen Reisepass schuldig erklärt worden ist, ist im Verfahren nach Art. 41 Ziff. 3 BGE 80 IV 214 S. 216 StGB auf Widerruf des bedingten Strafvollzuges nicht zu prüfen. Der Widerrufsrichter muss sich an das darüber ergangene rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts Rotenburg (Deutschland) vom 19. Februar 1954 halten ( BGE 74 IV 17 Erw. 3). 2. Schneeberger hat die neue Straftat, wie die Vorinstanz für den Kassationshof des Bundesgerichts verbindlich ( Art. 277 bis Abs. 1 BStP ) feststellt, im Februar 1954, also während der ihm durch die Strafverfügung des Statthalteramtes Luzern-Land am 29. Juni 1953 bestimmten Probezeit und zwar vorsätzlich begangen. Nach Art. 41 Ziff. 3 StGB musste daher der Vollzug der bedingt aufgeschobenen Strafe angeordnet werden, sofern die neue Tat ein Verbrechen oder Vergehen im Sinne der angeführten Vorschrift ist und der Vorbehalt des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 2 StGB nicht zutrifft. Für die neue Tat, die er in Deutschland begangen hat, ist Schneeberger vom Amtsgericht Rotenburg in Anwendung deutschen Rechts zu zehn Tagen Gefängnis verurteilt worden. Nach dem Recht des ausländischen Begehungsortes ist der ihm zur Last gelegte Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass also ein Vergehen (§ 1 Abs. 2 des Strafgesetzbuches für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871). Nach schweizerischem Recht ist diese Tat bloss eine Übertretung (Art. 1 und 13 des BRB vom 10. April 1946 über Einreise und Anmeldung der Ausländer; Art. 23 letzter Absatz des BG vom 26. März 1931 über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer; Art. 101 und 333 StGB ). 3. Das angefochtene Urteil beruht auf der Annahme, in diesem Falle sei unter dem Gesichtspunkte des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 i. i. StGB massgebend, dass die neue Straftat nach dem Recht des ausländischen Begehungsortes ein Verbrechen oder Vergehen bzw. dort mit Zuchthaus oder Gefängnis bedroht ist. Diese Auslegung geht fehl. Sie würde in vielen Fällen überhaupt zu keiner Lösung führen, nämlich dann, wenn das Recht des ausländischen Begehungsortes die strafbaren Handlungen nicht in Verbrechen oder BGE 80 IV 214 S. 217 Vergehen einerseits und Übertretungen andererseits einteilt und auch nicht eine dem Strafensystem des StGB entsprechende dreifache Abstufung der Freiheitsstrafen, sondern beispielsweise die Einheitsstrafe kennt. In anderen Fällen hätte sie zur Folge, dass eine bestimmte Tat eines unter Bewährungsprobe stehenden Verurteilten nur dann zum Widerruf des bedingten Strafvollzuges führen müsste, wenn sie nicht in der Schweiz, sondern in einem bestimmten ausländischen Staate begangen worden ist, weil sie nur in diesem ein Verbrechen oder Vergehen ist, in anderen Staaten, vor allem in der Schweiz dagegen überhaupt nicht oder nur als Übertretung bestraft wird. Sinngemäss können unter den "Verbrechen oder Vergehen" des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB nur solche strafbare Handlungen verstanden werden, die nach schweizerischem Strafrecht Verbrechen oder Vergehen sind (THORMANN-OVERBECK, Kommentar, Art. 41 N. 16). Nur bei dieser Auslegung hängt, wie es der kriminalpolitischen Bedeutung dieser Vorschrift entspricht, der Widerruf des bedingten Strafvollzuges wegen vorsätzlicher Begehung eines Verbrechens oder Vergehens nicht davon ab, ob die neue Tat im In- oder Auslande begangen wurde. 4. Wie dargelegt, ist die Tat, die Schneeberger vorsätzlich begangen hat, als er unter Bewährungsprobe stand, nach schweizerischem Recht kein Verbrechen oder Vergehen, sondern eine Übertretung. Sie zieht daher den Widerruf des bedingten Strafvollzuges nicht zwingend, sondern nur dann nach sich, wenn Schneeberger durch sie das auf ihn gesetzte Vertrauen enttäuscht hat (vgl. BGE 72 IV 147 ff.). Ob das der Fall ist, hat die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nicht geprüft. Sie hat es deshalb nachzuholen. 5. Man kann sich fragen, ob nicht schon Art. 6 StGB verbieten würde, wegen der neuen Verurteilung den bedingten Strafvollzug ohne weiteres zu widerrufen. Widerhandlungen gegen fremdenpolizeiliche Vorschriften gehören nicht zu den Auslieferungsdelikten. Gemäss Art. 6 Ziff. 1 BGE 80 IV 214 S. 218 StGB ist Schneeberger daher wegen der in Deutschland begangenen Tat (Grenzübertritt ohne gültigen Reisepass) dem schweizerischen Strafgesetzbuch nicht unterworfen. Ist aber die Tat in der Schweiz überhaupt nicht als strafbare Handlung verfolgbar, so scheint sie auch nicht als Verbrechen oder Vergehen im Sinn des Art. 41 Ziff. 3 Abs. 1 StGB in Betracht zu kommen und nur dann zum Widerruf des bedingten Strafvollzuges führen zu können, wenn der Täter durch sie das auf ihn gesetzte Vertrauen getäuscht hat. Diese Frage braucht hier nicht entschieden zu werden, da die angefochtene Entscheidung aus den in Erw. 2-4 angeführten Gründen ohnehin aufgehoben werden muss. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, die Verfügung des Statthalteramtes Luzern-Land vom 25. August 1954 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
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de
1,954
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CH_BGE_006
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Federation
6abbb313-588c-400b-932c-cdb67eda7199
Urteilskopf 80 II 294 49. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1954 i.S. E. gegen J.
Regeste Vaterschaftsklage. 1. Beweis der Beiwohnung durch die Aussagen der Mutter im Parteiverhör gemäss Art. 273 ff. der bernischen ZPO ( Art. 8 und 314 Abs. 1 ZGB ). 2. Feststellungen über den Reifegrad des Kindes, welche die durch den Geschlechtsverkehr der Mutter mit einem Dritten begründeten Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten ( Art. 314 Abs. 2 ZGB ) zu zerstreuen vermögen.
Sachverhalt ab Seite 294 BGE 80 II 294 S. 294 Margaretha J., geb. 1934, gab als Vater des von ihr am 21. Juni 1952 geborenen Mädchens zunächst S. an, dem sie sich am 4./5. November 1951 hingegeben hatte. Darauf hingewiesen, dass eine Konzeption an diesem Zeitpunkt sehr unwahrscheinlich sei, gab sie nach vielem Zureden an, sie habe am Freitag vor dem Neuenburger Winzerfest, BGE 80 II 294 S. 295 d.h. am 28. September 1951, mit E. bei einem Autoausflug Geschlechtsverkehr gehabt. Am 6. März 1953 reichten Mutter und Kind gegen E. Vaterschaftsklage auf Vermögensleistungen ein. Der Beklagte bestritt, der Mutter beigewohnt zu haben, und erhob überdies die Einreden des Mehrverkehrs und des unzüchtigen Lebenswandels. Das Amtsgericht wies die Klage ab. Der Appellationshof des Kantons Bern hat sie dagegen mit Urteil vom 2. Februar 1954 gutgeheissen. Den Beweis der Beiwohnung erblickte er in den nach seiner Ansicht glaubwürdigen Aussagen der Mutter im Parteiverhör und bei einem Augenschein am Ort, wo der Geschlechtsverkehr mit dem Beklagten stattgefunden haben soll, im Zusammenhang mit den als Indizien gewürdigten Tatsachen, dass die Mutter im Frauenspital die Autonummer des Beklagten habe angeben können und dass eine Zeugin um die kritische Zeit die Mutter in einen dunklen Citroënwagen, wie der Beklagte einen besitzt, habe einsteigen sehen. Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte ohne Erfolg Abweisung der Klage. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Die Feststellung der Vorinstanz, dass der Beklagte der Mutter in der kritischen Zeit beigewohnt habe, betrifft tatsächliche Verhältnisse und ist daher gemäss Art. 63 Abs. 2 OG für das Bundesgericht als Berufungsinstanz verbindlich, es wäre denn, dass sie unter Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen ist. Der Beklagte macht in dieser Hinsicht geltend, die Vorinstanz habe eine bestrittene Parteibehauptung als wahr betrachtet, obwohl keinerlei Indizien dafür vorhanden seien und die Mutter keine Beweisaussage nach Art. 279 der bernischen ZPO abgelegt habe; damit habe die Vorinstanz Art. 8 ZGB verletzt. Nach dieser Bestimmung ist es in der Tat unzulässig, dass der Richter auf eine bestrittene Parteibehauptung abstellt, ohne dafür einen Beweis BGE 80 II 294 S. 296 zu verlangen ( BGE 43 II 559 , BGE 71 II 127 ; der zuletzt genannte Entscheid wird im hier interessierenden Punkte durchBGE 78 II 97nicht in Frage gestellt). Eine solche Bundesrechtsverletzung fällt jedoch der Vorinstanz nicht zur Last. Die Feststellung, dass der Beklagte der Mutter beigewohnt habe, stützt sich nicht einfach auf eine bestrittene Behauptung der Klägerinnen, sondern ihre Grundlage bilden die Aussagen der Mutter im Parteiverhör in Verbindung mit gewissen aus Zeugenaussagen geschöpften Indizien. Das Parteiverhör ist nach bernischem Prozessrecht ( Art. 212 Ziff. 5 und Art. 273 ff. ZPO ) ein Beweismittel, auch wenn wie im vorliegenden Falle nicht zum Verhör unter Strafdrohung (Beweisaussage, Art. 279 ZPO ) geschritten wird. Der Richter würdigt den Beweiswert der Aussagen der Parteien nach freiem Ermessen ( Art. 281 ZPO ). Er ist darnach nicht gehindert, die im Parteiverhör gemachten Aussagen einer Partei als Beweis für die von ihr selber nachzuweisenden Tatsachen gelten zu lassen (was einzelne andere kantonale Prozessrechte, z.B. das zürcherische, ausschliessen; vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 308). Soweit sich die streitige Feststellung auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör stützt, ist sie also mit Hilfe eines vom bernischen Prozessrecht zugelassenen Beweismittels getroffen worden. (Hätte übrigens die Vorinstanz damit, dass sie das Parteiverhör als Beweismittel wertete, gegen das kantonale Prozessrecht verstossen, so hätte dies nicht mit der Berufung, sondern höchstens mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV gerügt werden können.) Welche Beweismittel zulässig sind, entscheidet sich grundsätzlich nach kantonalem Prozessrecht. Dem kantonalen Gesetzgeber steht es aber immerhin nicht frei, für Streitsachen, die nach Bundeszivilrecht zu beurteilen sind, beliebige Erkenntnisquellen zu Beweismitteln zu erklären. Vielmehr sind als solche nur Auskunftsmittel anzuerkennen, die ihrer Natur nach gemäss der Lebenserfahrung geeignet sein können, einen Beweis im Sinne von Art. 8 BGE 80 II 294 S. 297 ZGB zu schaffen. Dies trifft für alle Auskunftsmittel zu, auf die der Richter vernünftigerweise die Überzeugung von der Wahrheit eines behaupteten Sachverhalts gründen kann. Diese Voraussetzung ist beim Parteiverhör im Sinne von Art. 273 ff. der bernischen ZPO erfüllt. Zwar folgt die Eignung einer im Parteiverhör gemachten Aussage, dem Richter als Beweis zu dienen, entgegenBGE 46 II 348nicht daraus, dass Art. 42 ZPO für "absichtliche Verdrehung der Wahrheit" und "mutwilliges Leugnen" Ordnungsstrafen androht. Diese Bestimmung gilt nicht nur für wissentlich falsche Aussagen im Parteiverhör, sondern auch für Verdrehungen der Wahrheit und mutwilliges Leugnen in den Prozessschriften und Parteivorträgen, die als Beweismittel nicht in Frage kommen, und wendet sich nicht nur an die Parteien, sondern auch an ihre Anwälte. Was eine im Parteiverhör gemachte Aussage über eine blosse Parteibehauptung hinaushebt und dem Richter erlaubt, sich unter Umständen davon überzeugen zu lassen, ist auch nicht allein die Tatsache, dass dem Parteiverhör die Ermahnung vorausgeht, die gestellten Fragen nach bestem Wissen und Gewissen und der Wahrheit gemäss zu beantworten ( Art. 274 ZPO ). Entscheidend ist vielmehr, dass eine geschickte Befragung durch den Richter erfahrungsgemäss ein gutes Mittel ist, die Wahrheit zu erforschen, weil der Befragte, der lügt, leicht in Verlegenheit kommt und sich in Widersprüche verwickelt, wenn er (zumal in Konfrontation mit der Gegenpartei) eindringlich verhört wird und auf unerwartete Fragen Antwort geben muss, vor allem aber, weil der Richter, der die Befragung durchführt, dabei einen persönlichen Eindruck empfängt, der ihm gestatten kann, Wahrheit und Lüge zu unterscheiden (vgl. LEUCH N. 1 zu Art. 273). Aus diesem Grunde ist nicht nur die Beweisaussage unter (krimineller) Straffolge im Sinne von Art. 279 ZPO , sondern auch die Aussage im einfachen Parteiverhör gemäss Art. 273 ff. ZPO als tauglich anzuerkennen, einen Beweis im Sinne von Art. 8 ZGB zu schaffen. Dies um so eher, als das Parteiverhör BGE 80 II 294 S. 298 heute auch im Bundeszivilprozess, wo es im wesentlichen gleich ausgestaltet ist wie im bernischen Prozessrecht, ein Beweismittel darstellt ( Art. 62 ff. BZP ). Es bedeutet also keinen Verstoss gegen Bundesrecht, dass die Vorinstanz auf die Aussagen der Mutter im Parteiverhör abgestellt hat. Ob Tatsachen, wie sie die Vorinstanz im Zusammenhang mit der Würdigung der Aussagen im Parteiverhör als Indizien gewertet hat, für sich allein genommen als Indizien für eine Beiwohnung in Frage kommen, d.h. ob Tatsachen jener Art nach der Lebenserfahrung für sich allein geeignet sein können, den Schluss auf einen solchen Vorgang zu rechtfertigen, kann dahingestellt bleiben; denn auf jeden Fall konnten derartige Tatsachen zusammen mit dem Parteiverhör als Beweis hiefür in Betracht fallen. Auch in diesem Punkte kann somit von einer Verletzung des Art. 8 ZGB nicht die Rede sein. Von der Frage, ob ein Auskunftsmittel oder ein Sachverhalt seiner Natur nach tauglich sei, als Beweismittel bzw. als Indiz zu dienen, ist die Frage zu unterscheiden, welche Beweiskraft ihm im konkreten Falle zukommt. Bei Beurteilung dieser zweiten Frage spielt Art. 8 ZGB keine Rolle. Einen andern Satz des Bundesrechts, der durch die vorinstanzliche Beweiswürdigung verletzt sein könnte, vermag der Beklagte selber nicht zu nennen. Den Vorwurf der Willkür, den er in diesem Zusammenhang erhebt, kann das Bundesgericht im Berufungsverfahren nicht hören. Muss demnach die Feststellung der Vorinstanz, dass der Beklagte der Mutter in der kritischen Zeit beigewohnt habe, als richtig hingenommen werden, so ist gemäss Art. 314 Abs. 1 ZGB seine Vaterschaft zu vermuten. 2. Der Geschlechtsverkehr mit S. vom 4./5. November 1951, der ebenfalls in die vom 26. August bis 24. Dezember 1951 laufende kritische Zeit fällt, begründet erhebliche Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten im Sinne von Art. 314 Abs. 2 und beseitigt somit die Vermutung gemäss Art. 314 Abs. 1 ZGB , wenn nicht bewiesen wird, dass eine BGE 80 II 294 S. 299 Zeugung des Kindes durch S. unmöglich oder doch äusserst unwahrscheinlich, praktisch ausgeschlossen ist ( BGE 77 II 32 und dortige Zitate, BGE 78 II 108 ). Die Vorinstanz nimmt an, dieser Beweis sei durch den Bericht geleistet, den Dr. A., Oberarzt des Kant. Frauenspitals Bern, am 28. Juni 1952 dem kantonalen Jugendamt Neuenburg über den Reifegrad des Kindes und die Wahrscheinlichkeit einer Zeugung am 4./5. November 1951 abgegeben hat und der zum Schlusse gelangt, dass der 4. November mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht als Konzeptionstermin in Frage komme, weil ein Geschlechtsverkehr an diesem Tage nach LABHARDT nur 0,49% Chance gehabt habe, zur Konzeption zu führen (gegenüber 41,9% für den 28. September 1951). Gegen die Annahme der Vorinstanz, der Bericht Dr. A. erlaube den Schluss, dass trotz dem Verkehr mit S. keine erheblichen Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten bestehen, wendet dieser vergeblich ein, jener Bericht sei ein reines Privatgutachten, das er nie anerkannt habe. Das Bundesrecht verbietet dem kantonalen Richter nicht, sich von einem fachmännischen Privatgutachten überzeugen zu lassen. Im übrigen stellt der streitige Bericht wenn auch kein gerichtliches Gutachten, so doch ein Gutachten dar, das ein beamteter Arzt einer Behörde abgegeben hat, und zudem hat sein Verfasser ihn vor Gericht als Zeuge bestätigt. Der Beklagte kann auch daraus nichts zu seinen Gunsten ableiten, dass Dr. A. in seinem Bericht erklärte, wenn man der nicht vollständigen Ausbildung der Reifezeichen mehr Bedeutung beimessen wolle, als er es bei der Berechnung getan hat, die ihn zum erwähnten Ergebnis führte, würde sich der Ausgangspunkt der Berechnung um höchstens 5-7 Tage verschieben und käme man für den 4. November 1951 zu einer Wahrscheinlichkeit von 1,39%. Die Vorinstanz konnte sich ohne Bundesrechtsverletzung an die Schlussfolgerung des Gutachtens halten, die die Möglichkeit einer solchen Verschiebung nicht berücksichtigt. Dies BGE 80 II 294 S. 300 um so eher, als es nicht angängig sein dürfte, bei Bestimmung der prozentualen Wahrscheinlichkeit nach den LABHARDT'schen Tabellen andere Reifezeichen als die von Labhardt allein berücksichtigte Länge des Kindes bei der Geburt in Betracht zu ziehen. Mit dem Hinweis auf die von der Vorinstanz übernommene Schlussfolgerung des Gutachtens erledigt sich auch der Einwand, dass der Experte einen Zusammenhang zwischen dem Selbstmordversuch der Mutter vom 6. Juni 1952 mit anschliessender Wiederbelebung einerseits und der 15 Tage später erfolgten Geburt anderseits nicht schlechtweg ausschliesse, sondern nur als wenig wahrscheinlich bezeichne. Auffallen mag dagegen, dass der Experte, wie aus den im Gutachten angegebenen Zahlen hervorgeht, nicht die verbesserte 2. Ausgabe der LABHARDT'schen Tabellen (von 1944), sondern die 1. Ausgabe (von 1927) benutzt hat. Nach der 2. Ausgabe stellt sich jedoch die Wahrscheinlichkeit der Zeugung in der Dekade, in welcher der 4. November 1951 liegt, nicht wesentlich höher als nach der 1. Ausgabe (0,58 statt 0,49%). Der dem Experten unterlaufene Fehlgriff ist daher belanglos. Betrachtet der kantonale Richter die Vaterschaft des Dritten bei einer Dekadenwahrscheinlichkeit von nur 0,49 oder 0,58% in Übereinstimmung mit dem Experten als äusserst unwahrscheinlich, so kann darin kein Verstoss gegen Bundesrecht gefunden werden. InBGE 78 II 107ff. wurde allerdings bei ähnlichen Verhältnissen anders entschieden. Ob bei einer solchen Dekadenwahrscheinlichkeit mit einer Zeugung durch den betreffenden Mann noch ernstlich zu rechnen sei, ist jedoch in weitem Masse eine Tatfrage, die das Bundesgericht nicht überprüfen kann. Wenn die Sachverständigen aussergewöhnlich kurze Tragzeiten, die nach den Tabellen eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 1% für sich haben, als praktisch ausgeschlossen betrachten, wie Dr. A. und der Experte im FalleBGE 78 II 107ff. es getan haben, so dürfte dabei die Erwägung mitspielen, BGE 80 II 294 S. 301 dass die Unsicherheitsfaktoren, die die Zuverlässigkeit statistischer Arbeiten auf diesem Gebiet beeinträchtigen (vgl. hiezuBGE 78 II 108/09), sich im Bereiche der selten zu beobachtenden Grenzfälle besonders stark auswirken, insbesondere dass die Statistik gerade hier durch bewusst oder unbewusst falsche Angaben der untersuchten Frauen verfälscht sein kann, und zwar in dem Sinne, dass die Zahl und damit die Wahrscheinlichkeit solcher Grenzfälle darin zu hoch veranschlagt sind (vgl. PODLESCHKA, Das geburtshilfliche Gutachten im Vaterschaftsprozess, Stuttgart 1954, S. 92 ff., 94; in die gleiche Richtung weist übrigens schonBGE 77 II 35lit. a). Lässt es sich auf eine derartige Erwägung zurückführen, dass das Gutachten eine Tragzeit, wie sie bei Zeugung des Kindes durch S. gegeben wäre, als praktisch ausgeschlossen betrachtet, obwohl LABHARDT für immerhin 135 unter 24 734 Kindern annahm, die Empfängnis sei in der hier in Frage stehenden IV. Dekade nach der mittleren erfolgt (Tabelle 6), so kann dem Gutachten und dem ihm folgenden Urteil nicht entgegengehalten werden, sie begnügten sich mit einem Grade der Unwahrscheinlichkeit, der den aus Art 314 ZGB sich ergebenden hohen Anforderungen nicht entspreche. Vielmehr muss als erwiesen gelten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Zeugung durch S. so gering ist, dass der Umgang mit diesem Manne keine erheblichen Zweifel über die Vaterschaft des Beklagten zu begründen vermag. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob in einem Falle, wo die Vaterschaft des Dritten sich nur mit einer aussergewöhnlich kurzen Tragzeit erklären liesse, während die von der Beiwohnung des Beklagten aus berechnete Schwangerschaftsdauer im normalen Rahmen liegt, die Zeugung durch den Dritten auch mit der Begründung als praktisch ausgeschlossen betrachtet werden dürfte, dass eine Tragzeit, die schon dann als sehr wenig wahrscheinlich erscheint, wenn keine andere als die am Anfang dieser Zeitspanne liegende Beiwohnung bekannt ist, erst recht unwahrscheinlich sei, wenn ein BGE 80 II 294 S. 302 anderer Geschlechtsverkehr nachgewiesen ist, von dem aus gerechnet sich eine der Norm näher liegende Tragzeit ergibt. (Im vorliegenden Falle beträgt die Dekadenwahrscheinlichkeit für die Zeugung durch den Beklagten nach LABHARDT 1944 je nachdem, von welchem der von der Mutter genannten Daten man ausgeht, 5,65 bis 40%). An der Schlussfolgerung, dass der Umgang mit S. nicht zur Anwendung von Art. 314 Abs. 2 ZGB führen kann, vermag der Umstand nichts zu ändern, dass die Mutter zunächst diesen Mann als Vater bezeichnet hat. InBGE 78 II 111wurde allerdings ein entsprechendes Verhalten der Mutter zugunsten des Beklagten berücksichtigt. Im vorliegenden Falle lässt sich jedoch aus der Tatsache, dass die Mutter zuerst einen andern Mann angab, für die Beurteilung der Frage, ob dessen Beiwohnung als Ursache der Schwangerschaft in Betracht komme, überhaupt nichts ableiten, weil die Angabe der Mutter, dass S. der Vater sei, nicht etwa auf irgendwelchen Wahrnehmungen über den Beginn der Schwangerschaft, sondern einfach auf dem Wunsche beruhte, S. für eine Heirat zu gewinnen.
public_law
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1,954
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Urteilskopf 103 IV 63 17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. März 1977 i.S. B. gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft
Regeste Art. 64bis Abs. 2 BV ; Art. 343, Art. 365, Art. 371 StGB ; Art. 247 Abs. 2 BStP ; Art. 82 VStrV. Der in diesen Bestimmungen für das gerichtliche Verfahren ausgesprochene Vorbehalt des kantonalen Rechts bedeutet nicht, dass dieses dadurch zu Bundesrecht wird.
Erwägungen ab Seite 63 BGE 103 IV 63 S. 63 Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 82 des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht (VStrR) gelten, soweit die Art. 73-81 VStrR nichts anderes bestimmen, für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten die Vorschriften des kantonalen Rechts. Der Beschwerdeführer leitet daraus ab, das kantonale Prozessrecht werde bei Anwendung in diesem Verfahren zu Bundesrecht, dessen Verletzung mit Nichtigkeitsbeschwerde gerügt werden dürfe. Gemäss Art. 64bis Abs. 2 BV verbleibt das gerichtliche Verfahren im Gebiete des Strafrechts (ebenso wie gemäss Art. 64 Abs. 3 BV im Gebiete des Zivilrechts) den Kantonen. Es ist ihnen auch beim Erlass des Bundesgesetzes über die Bundesstrafrechtspflege, des schweizerischen Strafgesetzbuches und des Bundesgesetzes über das Verwaltungsstrafrecht ausdrücklich belassen worden ( Art. 247 Abs. 2 BStP , Art. 343, BGE 103 IV 63 S. 64 365, 371 StGB , Art. 82 VStrR ). Der Bund darf jedoch insoweit Verfahrensvorschriften erlassen, als es zur richtigen Anwendung des eidgenössischen materiellen Rechts nötig ist ( BGE 78 IV 139 ). Die eidgenössische Regelung reicht indessen nicht weiter, als dies aus der Fassung und dem vernünftigen Zweck der bundesgesetzlich getroffenen Anordnungen unzweifelhaft hervorgeht; im Zweifel ist zugunsten der Herrschaft des kantonalen Rechts zu entscheiden ( BGE 56 II 322 , BGE 69 II 122 ). Soweit Art. 82 VStrR für das Verfahren vor den kantonalen Gerichten die Vorschriften des kantonalen Rechts anwendbar erklärt, liegt darin unzweifelhaft nichts weiter als die Bestätigung des entsprechenden verfassungsrechtlichen Grundsatzes. Der Versuch des Beschwerdeführers, diesen Vorbehalt des kantonalen Rechts in dessen Erhebung zu Bundesrecht umzudeuten, hätte übrigens die absurde Folge, dass das Bundesrecht, begrifflich ein in der ganzen Schweiz einheitliches Recht, im Verwaltungsstrafverfahren von Kanton zu Kanton verschieden wäre.
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Urteilskopf 108 V 220 48. Extrait de l'arrêt du 20 décembre 1982 dans la cause Matthey contre Caisse cantonale vaudoise de compensation et Tribunal des assurances du canton de Vaud
Regeste Art. 28 Abs. 1 IVG . Invalidenrente im Härtefall: die geschäftsüblichen Abschreibungen stellen zur Erzielung des Einkommens notwendige Gewinnungskosten im Sinne des Art. 3 Abs. 4 lit. a ELG dar.
Sachverhalt ab Seite 220 BGE 108 V 220 S. 220 A.- Eugène Matthey, né en 1946, a été victime d'un accident qui a entraîné une cécité bilatérale dès 1954. A partir de 1972, il s'est occupé de l'exploitation d'appareils à jeux et de "juke-boxes". Depuis cette époque, il a été reconnu invalide au taux de 35%. Le 3 juin 1980, l'assuré a requis l'octroi d'une demi-rente de l'assurance-invalidité pour cas pénible. Par décision du 30 janvier 1981, la Caisse cantonale vaudoise de compensation a rejeté sa demande, motif pris qu'il ne remplissait pas les conditions du cas pénible, puisque son revenu déterminant s'élevait à 20'813 fr. et dépassait ainsi la limite de 17'600 fr. applicable en l'espèce (couple avec un enfant). B.- Eugène Matthey a recouru contre cet acte administratif et conclut à l'octroi d'une demi-rente de l'assurance-invalidité pour cas pénible dès le 1er juin 1980. Par jugement du 16 juin 1981, le Tribunal des assurances du canton de Vaud a rejeté le recours. Il a retenu que les amortissements sur les appareils à jeux et "juke-boxes" ne pouvaient venir en déduction du revenu dans la mesure où ils ne sauraient être assimilés à des frais nécessaires à l'obtention de celui-ci. C.- Eugène Matthey interjette recours de droit administratif. D'après son calcul, le revenu déterminant est inférieur à la limite de 17'600 fr. applicable à sa situation présente. Il conclut à l'octroi d'une demi-rente de l'assurance-invalidité. La Caisse cantonale vaudoise de compensation conclut au rejet du recours, ce que propose également l'Office fédéral des assurances sociales. BGE 108 V 220 S. 221 Erwägungen Extrait des considérants: 2. En vertu d'une jurisprudence bien établie, il y a cas pénible, au sens de l'art. 28 al. 1 LAI, lorsque l'assuré, qui présente une invalidité d'un tiers au moins, mais inférieure à la moitié, n'atteint pas, bien qu'utilisant au mieux sa capacité de gain résiduelle, les limites de revenu fixées à l'art. 2 LPC. Pour le calcul du revenu, on applique par analogie les règles de la LPC, notamment les art. 3 et 4, étant précisé que la rente pour cas pénible entrant éventuellement en considération n'est pas prise en compte comme élément de revenu (ATFA 1969 p. 168 et p. 233, RCC 1973 p. 355 consid. 4a). Les limites de revenu applicables aux personnes seules et aux couples sont augmentées du montant correspondant à la limite de revenu applicable aux orphelins, s'il y a des enfants donnant droit à une rente complémentaire de l'AVS/AI (art. 2 al. 3 LPC). Sont déterminants, en règle générale, pour le calcul de la prestation complémentaire, le revenu obtenu au cours de l'année civile précédente et l'état de la fortune le 1er janvier de l'année pour laquelle la prestation est servie (art. 23 al. 1 OPC). 3. a) En l'occurrence, le litige est limité à une des composantes du revenu déterminant, soit à la part des ressources de l'assuré provenant de l'exercice d'une activité lucrative (art. 3 al. 1 let. a LPC). Plus précisément encore, ce qui est en cause, ce sont les frais nécessaires à l'obtention du revenu, et qui sont déduits en vertu de l'art. 3 al. 4 let. a LPC. b) Les frais d'acquisition du revenu dont fait état l'art. 3 al. 4 let. a LPC sont les dépenses liées directement à la réalisation du revenu brut ou à la conservation de la source de revenu. Il s'agit des dépenses entraînées par l'acquisition du revenu et qui sont inhérentes à l'exercice d'une profession. On ne considère pas comme frais d'acquisition du revenu les dépenses qui n'ont pas de rapport avec l'obtention d'un gain ou qui n'ont, avec celle-ci, qu'un rapport indirect. On n'exige cependant pas la preuve qu'une dépense - pour être considérée comme frais d'obtention du revenu - soit vraiment nécessaire dans le cas particulier; il suffit qu'elle ait un rapport avec la réalisation du revenu (RCC 1980 p. 127 consid. 3a et la doctrine citée). c) Il s'agit en l'espèce d'amortissements opérés sur les appareils à jeux et "juke-boxes" dont le recourant est propriétaire. Les amortissements constituent des charges de l'entreprise qui BGE 108 V 220 S. 222 ont pour effet de diminuer le bénéfice de celle-ci. A cet égard, on ne saurait voir une analogie entre les amortissements de dettes hypothécaires, qui ne modifient en rien la valeur intrinsèque de l'immeuble - et dont le Tribunal fédéral des assurances a admis qu'ils ne pouvaient être imputés sur le revenu (RCC 1968 p. 221 consid. 1) - et les amortissements commerciaux qui, eux, correspondent à une réduction effective de valeur. A ce titre, on doit les considérer comme des frais d'obtention du revenu au sens de la loi. Toute autre solution serait choquante. En effet, on pénaliserait ainsi l'assuré qui est propriétaire de son "outil de travail" par rapport à celui qui, tout en exerçant la même activité, l'a pris en location, car on admettrait que ce dernier puisse, à titre de frais d'obtention du revenu, imputer le montant de la location sur le gain réalisé. Certes, la déduction de tels amortissements doit-elle se tenir dans les limites des usages commerciaux et l'on ne saurait sans autre examen admettre en l'occurrence les chiffres figurant dans les comptes du recourant. Sur ce point, une instruction complémentaire s'impose. Il y a dès lors lieu de renvoyer la cause à l'administration pour qu'elle procède aux investigations nécessaires et rende une nouvelle décision.
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Urteilskopf 95 IV 162 41. Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1969 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen Brunner.
Regeste Art. 112 StGB . Mord. 1. Mit Überlegung oder Vorbedacht kann der Täter selbst dann töten, wenn er das Verbrechen nicht bis in alle Einzelheiten durchdacht hat (Erw. 1). 2. Überlegungen und Umstände, welche die Gesinnung des Täters als besonders verwerflich erscheinen lassen (Erw. 2). 3. Abwegige Charakteranlagen des Täters, wie Geltungssucht und Neigung zu Affektstauungen, schliessen seine besonders verwerfliche Gesinnung und Gefährlichkeit nicht aus (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 163 BGE 95 IV 162 S. 163 A.- Der 1941 geborene Gerard Brunner heiratete im Herbst 1965 die etwa zwei Jahre ältere Ursulina Bolliger. Brunner arbeitete als technischer Angestellter in einer Maschinenfabrik. Seine Frau war Verkäuferin von Beruf, den sie auch nach der Heirat ausübte. Am Abend des 4. April 1968 hätte Brunner seine Frau mit einem Personenwagen "Opel-Kadett", den er dafür mietete, von Schaffhausen nach Basel führen sollen. In Möhlin bog er zwischen 21 und 21.30 Uhr von der Hauptstrasse ab, angeblich weil seine Frau einen Kaffee trinken wollte; er fuhr jedoch an mehreren Gasthäusern vorbei und lenkte das Fahrzeug in der regnerischen Nacht durch eine Seitenstrasse und über Feldwege wieder gegen die Durchgangsstrasse. Etwa 70 m vor der Strasse hielt er in einer Wiese an. Auf Wunsch der Frau kam es im Wagen zum Geschlechtsverkehr, bei dem sie aber nicht befriedigt worden sei; sie soll ihm deswegen Vorwürfe gemacht und nach gegenseitigen Beschimpfungen eineohrfeige gegeben haben. Brunner ordnete hierauf seine Kleider und begab sich unter einem Vorwand zum Kofferraum. Er entnahm ihm den Wagenheber und schlug damit seiner Frau, als sie rückwärts aus dem Wagen stieg, heftig von hinten auf den Kopf. Frau Brunner sank sogleich zusammen. Als sie sich, auf Knie und Hände stützend, wieder erheben wollte, schlug er erneut auf sie ein. Frau Brunner fiel daraufhin seitwärts zu Boden und blieb regungslos liegen. Nachdem er ihr in dieser Lage einen weiteren Schlag auf den Hinterkopf versetzt und den Wagenheber versorgt BGE 95 IV 162 S. 164 hatte, steuerte er das Fahrzeug zuerst rückwärts und dann vorwärts, wobei er über den Hals seiner Frau fuhr. Alsdann legte er ihre Reise- und Handtasche neben sie, nahm ihren Geldbeutel mit Fr. 250.-- zu sich und führte den Wagen nach Schaffhausen zurück. Frau Brunner wurde am folgenden Tag am Tatort tot aufgefunden. Sie muss unmittelbar, nachdem sie vom Wagen überfahren wurde, an den dadurch verursachten inneren Verletzungen gestorben sein. B.- Das Geschworenengericht des Kantons Aargau erklärte Brunner am 16. April 1969 der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111 StGB schuldig und verurteilte ihn zu zehn Jahren Zuchthaus, auf die es ihm 377 Tage Untersuchungshaft anrechnete; zudem stellte es ihn für fünf Jahre in der bürgerlichen Ehrenfähigkeit ein. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt gegen dieses Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, es aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten wegen Mordes an die Vorinstanz zurückzuweisen. D.- Brunner beantragt, die Nichtigkeitsbeschwerde abzuweisen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Mord ( Art. 112 StGB ) unterscheidet sich von der vorsätzlichen Tötung ( Art. 111 StGB ) dadurch, dass der Täter unter Umständen oder mit einer Überlegung tötet, die seine besonders verwerfliche Gesinnung oder seine Gefährlichkeit offenbaren. Mit Überlegung oder Vorbedacht handelt, wer sich in Gedanken mit einem Verbrechen beschäftigt und sich von den dabei angestellten Erwägungen leiten lässt, wenn er es ausführt ( BGE 70 IV 7 ; Komm. LOGOZ, Art. 112 N. 2 a). Dass der Täter sich schon vorher darüber klar sei, unter welchen Umständen, mit welchen Mitteln und wo er die Tat ausführen werde, ist nicht erforderlich; er kann selbst dann mit Überlegung oder Vorbedacht töten, wenn er das Verbrechen nicht bis in alle Einzelheiten durchdacht hat. Die Überlegung allein macht eine vorsätzliche Tötung freilich noch nicht zum Mord; entscheidend ist vielmehr, dass sie die Gesinnung des Täters als besonders verwerflich oder ihn selber als besonders gefährlich erscheinen lässt ( BGE 80 IV 238 ). Auf BGE 95 IV 162 S. 165 eine solche Gesinnung oder Gefährlichkeit des Täters kann aber auch aus den Umständen, unter denen er tötet, geschlossen werden. Als Umstände in diesem Sinne fallen zudem nicht bloss äussere Momente, wie die Wahl eines besonders verwerflichen Mittels, die Art der Ausführung, die Beziehung zum Opfer, oder das Verhalten des Täters unmittelbar vor und nach der Tat, sondern auch seine Beweggründe in Betracht ( BGE 80 IV 240 Erw. 3, BGE 82 IV 8 ). Selbst Vorgänge aus dem Vorleben oder dem Verfahren dürfen mitberücksichtigt werden, wenn sie Schlüsse auf die Persönlichkeit des Täters zulassen oder die Grundhaltung aufzeigen, aus der heraus er das Verbrechen begangen hat ( BGE 87 IV 115 Erw. c). 2. Nach dem angefochtenen Urteil stand Brunner schon längere Zeit in einem Konfliktsverhältnis zu seiner Frau und beschäftigte sich seit einigen Wochen stark damit, sich ihrer zu entledigen. Drei Wochen vor der Tat erkundigte er sich bei ihrer Vorgesetzten, was er beim Ableben seiner Frau bekommen würde und ob sie auch auf Reisen versichert sei. Am 17. März 1968 verlangte er von einer 21jährigen Bekannten heimlich Schlaftabletten, die sie angeblich nicht vertrug, weil sie sehr stark seien. Er ersuchte die Bekannte eindringlich, keinem Menschen etwas zu sagen, auch ihrer Mutter nicht. Zahlreiche Angaben, die der Angeklagte über den Anlass der Fahrt, die Wagenmiete und den Halt am Tatort machte, erwiesen sich als falsch oder unglaubwürdig. Das Geschworenengericht ist deshalb überzeugt, dass Brunner die Tat, wenn auch nicht in den Einzelheiten geplant, so doch in der Weise vorbedacht hat, die sich mit der Reise nach Basel bietende Gelegenheit zur Beseitigung seiner Frau womöglich zu nutzen. Ob diese Feststellungen auf eine besonders verwerfliche Gesinnung des Angeklagten schliessen liessen, kann dahingestellt bleiben; der Schluss drängt sich jedenfalls dann auf, wenn sie zusammen mit dem, was sonst noch über sein Verhalten vor und nach der Tat sowie über die Ausführung des Verbrechens feststeht, gewürdigt werden. a) Das gilt vorweg von den äusseren Tatumständen und den Beweggründen des Angeklagten. Um sein Vorhaben zu verschleiern, gab Brunner der Frau vor, den Kofferraum kontrollieren zu müssen, kehrte aber sogleich mit dem Wagenheber zurück, wartete bei der Wagentüre, bis seine Frau ausstieg, und streckte sie dann unbekümmert um ihren Versuch, sich wieder BGE 95 IV 162 S. 166 zu erheben und dem Tode zu entgehen, mit mehreren Schlägen zu Boden; ja selbst dann schlug er nochmals zu. Solche Grausamkeit und Heimtücke können nur rohester und gemeiner Gesinnung entspringen. Einen hohen Grad von Gefühlskälte verrät ferner, dass er das Opfer, mit dem er kurz vorher noch geschlechtlich verkehrte, nicht nur brutal und hinterrücks niedergeschlagen, sondern hierauf noch mit Wissen und Willen überfahren hat, um den verbrecherischen Erfolg sicherzustellen. Wie die Vorinstanz feststellt, fuhr er mit dem Wagen gerade so weit rückwärts, als notwendig war, um ihn dann vorwärts über die am Boden liegende Frau lenken zu können. Dazu kommt, dass er aus Gründen gehandelt hat, die bei näherer Betrachtung als nichtig, ja als egoistisch erscheinen. Dass er von seiner Frau nach dem Geschlechtsverkehr eine Ohrfeige erhielt, wie das Geschworenengericht zu seinen Gunsten annimmt, hilft über die aussergewöhnliche Niedertracht und Gemeinheit, von der das Verbrechen des Angeklagten zeugt, nicht hinweg. Sein Vorgehen zeigt, dass er die Tat trotzdem mit Überlegung ausgeführt hat. Er hat auf die Tätlichkeit seiner Frau nicht spontan reagiert, die Ohrfeige in seinen vielen Briefen an Verwandte und Bekannte denn auch nie als Ursache der Tat ausgegeben. Auf den Zwischenfall hin ordnete er vielmehr zunächst seine Kleider und begab sich unter einem Vorwand zum Kofferraum. Er liess die dadurch vom Streit abgelenkte Frau sodann aussteigen, um, wie er selber sagte, das Auto mit dem Wagenheber nicht zu beschädigen. Er hat den Tatort auch nicht fluchtartig verlassen. Nachdem er seine Frau mit dem Wagen überfahren hatte, hielt er gegenteils nochmals an, nahm ihr Geld zu sich, veränderte ihre Lage und liess die offene Reisetasche sowie das Handtäschchen bei ihr zurück. Dadurch erweckte er den Eindruck, seine Frau sei das Opfer eines Raubmordes geworden. Unter solchen Umständen lässt sich die besonders verwerfliche Gesinnung des Täters so wenig verneinen wie in dem in BGE 82 IV 6 veröffentlichten Falle, den das Geschworenengericht übrigens zu Recht mit dem vorliegenden vergleicht. b) Die besondere Verwerflichkeit der Gesinnung, wie sie sich aus den Begleitumständen der Tat ergibt, wird durch das weitere Verhalten des Angeklagten bestätigt. Weder gestand er die Tat so ein, wie sie sich abgespielt hatte, noch zeigte er Reue und Einsicht. Er versuchte das Verbrechen vielmehr als das eines anderen zu tarnen, verwischte die Spuren und bestritt, was ihm BGE 95 IV 162 S. 167 nicht nachgewiesen werden konnte. Er versuchte ferner seine Reaktion auf den Zwischenfall als die einzig mögliche hinzustellen, das Verbrechen zu beschönigen und seine Frau herunterzumachen, wo er nur konnte, obschon er ihr nichts Ernsthaftes vorzuwerfen hatte; insbesondere war sie im Ankauf von Kleidern nicht verschwenderisch, sondern eher bescheiden. Sie war ihm zudem treu und sprach nur gut über ihn. Die besonders verwerfliche Gesinnung des Angeklagten wird ausserdem bestätigt durch sein Verhalten gegenüber seinem ausserehelichen Kinde und dessen Mutter, mit der er vorübergehend verlobt war. Wider besseres Wissen behauptete er vor zwei gerichtlichen Instanzen und wollte darüber sogar einen Eid ablegen, dass er mit der Mutter seines Kindes nie geschlechtlich verkehrt habe. Um einer bereits eingegangenen Alimentationsverpflichtung zu entgehen, verleumdete er sie auch sonst in haltloser Weise. Die Vorinstanz schloss daraus mit Recht auf eine aussergewöhnliche Bereitschaft des Angeklagten, seine Ziele nötigenfalls rücksichtslos und mit allen Mitteln zu verfolgen. c) Dass die Tatumstände und die Überlegungen des Angeklagten auch auf dessen besondere Gefährlichkeit schliessen lassen, wird von der Beschwerdeführerin nicht behauptet und kann offen bleiben, da nach Art. 112 StGB die besonders verwerfliche Gesinnung als alternatives Tatbestandsmerkmal genügt ( BGE 82 IV 10 Erw. 2). Immerhin ist zu bemerken, dass ein solcher Schluss angesichts der abscheulichen Tat und der Beweggründe des Angeklagten zumindest sehr nahe läge. 3. Nach dem psychiatrischen Gutachten, dem die Vorinstanz gefolgt ist, handelt es sich beim Angeklagten um einen weichen, charakterschwachen und geltungssüchtigen Mann, der zu Affektstauungen neigt. Das Konfliktsverhältnis, in dem Brunner zu seiner selbstbewussten und erfolgreichen Frau stand, ist laut Gutachten darauf zurückzuführen, dass er ihr hörig wurde und ihn das zu quälen begann; seine Scheu vor einem offenen Gespräch, seine Feigheit und sein Gefühl, ihr unterlegen zu sein, seien einer natürlichen Anpassung aber im Wege gestanden. Da er alles in sich aufstaute und sich stets im Rechte glaubte, seien ihm Scheuklappen erwachsen mit der Wirkung, dass er nichts mehr an eigenen Fehlern gesehen, sondern sie auf seine Frau übertragen habe, die er selbst über die scheussliche Tat hinaus für alles verantwortlich mache. Diese abwegigen Charakteranlagen des Angeklagten schliessen BGE 95 IV 162 S. 168 seine besonders verwerfliche Gesinnung nicht aus. Die Erfahrung lehrt im Gegenteil, dass gerade Schwächlinge, geltungssüchtige oder feige Naturen unter Umständen zu den gemeinsten und gefährlichsten Verbrechern werden können. Auch im vorliegenden Fall ist die Tat vor allem auf abnorme Eigenschaften und die dadurch begünstigte Affektstauung des Angeklagten gegenüber seiner Frau zurückzuführen; da er dazu neigt, Konflikte brutal und kurzschlüssig zu erledigen, bedurfte es nur noch eines äusseren Anlasses, um die Tat auszulösen. Die Ohrfeige war nach der Feststellung der Vorinstanz denn auch nicht Ursache des aufgestauten Affektes, sondern bloss Anlass zu dessen Entladung. Dass Art. 112 StGB nur auf gemütskalte, sozialer Bindungen unfähige Täter Anwendung finde, wie das Geschworenengericht anzunehmen scheint, trifft nicht zu; der Anwendungsbereich der Bestimmung würde dadurch zu sehr eingeschränkt. Eine solche Einschränkung ist hier übrigens umsoweniger gerechtfertigt, als die Vorinstanz den Angeklagten mit dem Psychiater für voll zurechnungsfähig und seine ethische Gesinnung wegen der Neigung zu brutalen und rücksichtslosen Lösungen für stark beeinträchtigt hält. Das Geschworenengericht hat Brunner daher des Mordes schuldig zu sprechen und nach Art. 112 StGB zu bestrafen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten wegen Mordes an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 117 V 408 55. Auszug aus dem Urteil vom 24. September 1991 i.S. B. gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Versicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 4 BV , Art. 105 Abs. 1 UVG . Im Einspracheverfahren gemäss Art. 105 Abs. 1 UVG besteht ein unmittelbar aus Art. 4 BV fliessender Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung. Dabei gelten sinngemäss die in BGE 114 V 228 für das Anhörungsverfahren in der Invalidenversicherung als massgebend bezeichneten sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen.
Erwägungen ab Seite 408 BGE 117 V 408 S. 408 Aus den Erwägungen: 5. Streitig ist schliesslich, ob der Beschwerdeführer für das Einspracheverfahren Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung hat. a) In dem in BGE 114 V 228 veröffentlichten Urteil B. vom 29. Dezember 1988 hat das Eidg. Versicherungsgericht gestützt auf Art. 4 BV unter engen sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen einen Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im nichtstreitigen Verwaltungsverfahren der Invalidenversicherung anerkannt, weil auch in diesem Verfahren heikle Rechts- oder Abklärungsfragen oder schwierige Verfahrenssituationen denkbar sind, die es erfordern können, dass der unbemittelte Versicherte gegenüber der Verwaltung durch einen Anwalt verbeiständet ist. Dabei ist es allerdings mit den sachlichen Voraussetzungen (Bedürftigkeit, fehlende Aussichtslosigkeit, erhebliche Tragweite der Sache, Schwierigkeit der aufgeworfenen Fragen, mangelnde Rechtskenntnisse des Versicherten) strengzunehmen. Ein strenger Massstab ist insbesondere an die Notwendigkeit der Verbeiständung zu legen. Eine anwaltliche Verbeiständung drängt sich nur in Ausnahmefällen auf, in denen ein Rechtsanwalt beigezogen wird, weil schwierige rechtliche oder tatsächliche Fragen dies als BGE 117 V 408 S. 409 notwendig erscheinen lassen und eine Verbeiständung durch Verbandsvertreter, Fürsorger oder andere Fach- und Vertrauensleute sozialer Institutionen nicht in Betracht fällt. Zusätzlich zu diesen engen sachlichen Voraussetzungen muss auch in zeitlicher Hinsicht eine Limitierung eines aus Art. 4 BV abzuleitenden Anspruches auf unentgeltliche Verbeiständung erfolgen. Bei Eingang des Leistungsgesuches bzw. bei Beginn des Abklärungsverfahrens ist in der Regel noch völlig ungewiss, welche Leistungen überhaupt in Betracht fallen. Es können somit in diesem Verfahrensstadium regelmässig noch keine Prozess- bzw. Verfahrensaussichten festgestellt werden. Zeitliche Grenze für den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung hat daher der Erlass des Vorbescheides nach Art. 73bis IVV zu bilden. In diesem Anhörungsverfahren, das unter Umständen schon Elemente eines streitigen Verfahrens aufweist, kann es unter den erwähnten sachlichen Voraussetzungen verfassungsrechtlich geboten sein, dem Leistungsansprecher die unentgeltliche Verbeiständung zu bewilligen. Damit ist dem Versicherten auf der Stufe des nichtstreitigen Verwaltungsverfahrens und im Stadium des unmittelbar bevorstehenden Verfügungserlasses der verfassungsrechtliche Minimalanspruch auf unentgeltliche Verbeiständung gewahrt ( BGE 114 V 235 Erw. 5b). b) Bisher nicht zu entscheiden hatte das Eidg. Versicherungsgericht die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Einspracheverfahren gemäss Art. 105 Abs. 1 UVG besteht. Es sind indessen keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, welche einer analogen Anwendung der nach BGE 114 V 228 für das nichtstreitige Verwaltungsverfahren der Invalidenversicherung geltenden Praxis entgegenstehen würden. Im Gegensatz zum Anhörungsverfahren nach Art. 73bis IVV , welches vor Erlass einer formellen Verfügung erfolgt, schliesst das Einspracheverfahren nach Art. 105 UVG an den Erlass einer Verfügung an und endet mit dem Einspracheentscheid. Das Einspracheverfahren gehört zwar nicht zur streitigen Verwaltungsrechtspflege im eigentlichen Sinne (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 33); die Einsprache bildet jedoch ein dem Verwaltungsjustizverfahren vorgeschaltetes Rechtsmittel (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 610). Weist schon das Anhörungsverfahren der Invalidenversicherung Elemente eines streitigen Verfahrens auf, falls der Versicherte Einwendungen vorbringt oder vorbringen lässt, gilt dies in noch vermehrtem Masse für das Einspracheverfahren in der BGE 117 V 408 S. 410 Unfallversicherung. Umso mehr rechtfertigt es sich, einen Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung auch im Einspracheverfahren nach Art. 105 Abs. 1 UVG anzuerkennen. Dabei sind grundsätzlich die gleichen Einschränkungen zu beachten, wie sie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 114 V 228 mit Bezug auf den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung im Anhörungsverfahren der Invalidenversicherung als massgebend bezeichnet hat. Dementsprechend haben die dort genannten sachlichen Einschränkungen, insbesondere der strenge Massstab beim Kriterium der Notwendigkeit der anwaltlichen Verbeiständung, auch im Einspracheverfahren der Unfallversicherung zu gelten. Die zeitlichen Schranken für den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung sind dann eingehalten, wenn der Anspruch frühestens ab Beginn des Einspracheverfahrens geltend gemacht wird. Einer Übertragung der Rechtsprechung gemäss BGE 114 V 228 auf das Einspracheverfahren gemäss Art. 105 Abs. 1 UVG steht nicht entgegen, dass Art. 130 Abs. 2 Satz 2 UVV einen Anspruch auf Parteientschädigung im Einspracheverfahren ausschliesst. Wie das Eidg. Versicherungsgericht mit Urteil vom heutigen Tag in Sachen G. ( BGE 117 V 401 ) diesbezüglich festgestellt hat, handelt es sich beim Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung und demjenigen auf Parteientschädigung bei Obsiegen um zwei verschiedene Rechtsinstitute, deren unterschiedliche Behandlung verfassungsrechtlich vertretbar ist. Das Verfassungsrecht gewährleistet nur, dass nötigenfalls auch der Unbemittelte zur Wahrnehmung seiner Interessen die Dienste eines Rechtsverständigen in Anspruch nehmen kann. Eine im Lichte von Art. 4 BV zu beanstandende Ungleichbehandlung entsteht nicht, wenn dem im Prozess Obsiegenden, der die Voraussetzungen für die unentgeltliche Verbeiständung nicht erfüllt, ein Anspruch auf Ersatz der Parteikosten verweigert wird. Dabei hat das Gericht offengelassen, ob nicht ein Vorbehalt mit Bezug auf den Entschädigungsanspruch desjenigen Rechtsuchenden anzubringen ist, welcher die Voraussetzungen für die unentgeltliche Verbeiständung erfüllt, im Prozess jedoch obsiegt. Umso weniger besteht ein Grund, dem im Einspracheverfahren nicht obsiegenden bedürftigen Versicherten den Anspruch auf unentgeltliche Verbeiständung abzusprechen.
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Urteilskopf 91 III 66 14. Entscheid vom 25. Oktober 1965 i.S. Transag AG & Zimmerli.
Regeste Stellt die Ausstellung eines Checks Barzahlung im Sinne von Art. 136 SchKG und Art. 46 VZG dar?
Sachverhalt ab Seite 66 BGE 91 III 66 S. 66 A.- In den Grundpfandbetreibungen Nrn. 2793 und 2794 des Betreibungsamtes Laufenburg stellte die Gläubigerin, die Aargauische Hypotheken- und Handelsbank, am 6. Februar BGE 91 III 66 S. 67 1965 das Verwertungsbegehren. Die gepfändete Liegenschaft Hotel Solbad Laufenburg, die der Schuldnerin Transag AG gehörte und einen amtlichen Schatzungswert von Fr. 300'000.-- aufwies, kam am 23. März im Hotel Adler in Laufenburg zur Versteigerung. Die Steigerungsbedingungen sahen folgenden Zahlungsmodus vor: 7. Der Ersteigerer hat auf Abrechnung am Zuschlagspreis bar zu bezahlen: a) die nach Ausweis des Lastenverzeichnisses fälligen durch vertragliches oder gesetzliches Pfandrecht gesicherten Kapitalforderungen und die fälligen Kapitalzinse mit Einschluss der Verzugszinse und Betreibungskosten; b) die Verwaltungskosten, soweit sie nicht aus den eingegangenen Erträgnissen Deckung finden; c) den allfälligen, den Gesamtbetrag der grundversicherten Forderungen übersteigenden Mehrerlös. 8. Ohne Abrechnung am Zuschlagspreis hat der Ersteigerer zu übernehmen bzw. bar zu bezahlen: a) die Verwertungskosten, sowie die Kosten der Eigentumsübertragung ... 10. Die Barzahlungen nach Ziff. 7 und 8 hievor sind wie folgt zu leisten: a) der volle Zuschlagspreis; die Grundpfandforderung im 6. Rang mit. Fr. 27'000.-- kann auf Rechnung des Kaufpreises überbunden werden. b) für die Verwertungskosten, sowie die Kosten der Eigentumsübertragung ist ein Depot von Fr. 3'000.-- Nachschusspflicht vorbehalten, zu leisten." An der Steigerung bot die Einwohnergemeinde Laufenburg mit Fr. 170'000.-- den höchsten Preis für die Liegenschaft. Der Vertreter der Gemeinde legte einen Ausweis der Aargauischen Hypotheken- und Handelsbank ein, aus dem sich ergab, dass die Bank die Gemeinde als Schuldnerin der Hypotheken bis zum Betrage von Fr. 277'458.40 anerkannte. Im weitern übergab der Gemeindevertreter der Gantbehörde einen Bankcheck im Betrage von Fr. 12'712.30 als Anzahlung an die Kaufsumme (Fr. 9712.30) und als Depot für die Kosten der Verwertung und Eigentumsübertragung (Fr. 3000.--). Hierauf erfolgte der Zuschlag. Beim Verwertungsergebnis von Fr. 170'000.-- kam Ernst Zimmerli mit seiner grundpfandversicherten Kapitalforderung voll zu Verlust. BGE 91 III 66 S. 68 B.- Die Transag AG und Ernst Zimmerli beschwerten sich beim Präsidenten des Bezirksgerichts Laufenburg als unterer kantonaler Aufsichtsbehörde und verlangten, der Zuschlag sei aufzuheben und eine neue Steigerung anzusetzen. Die Beschwerde wurde mit Urteil vom 7. März 1965 abgewiesen. Auch vor der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichtes des Kantons Aargau drangen die Beschwerdeführer nicht durch. C.- Gegen den abweisenden Entscheid des Obergerichtes vom 17. September 1965 haben die Transag AG und Ernst Zimmerli Rekurs beim Bundesgericht eingereicht. Sie wiederholen die bei den kantonalen Aufsichtsbehörden gestellten Begehren. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Die Rekurrenten bringen in erster Linie vor, die Ersteigerin habe die in den Steigerungsbedingungen geforderte Barzahlung nicht erbracht. a) Der grösste Teil der zu bezahlenden Pfandforderungen ist von der Ersteigerin auf andere Weise als durch Barzahlung getilgt worden. Sie hat der Gantbehörde eine Erklärung der Gläubigerin vorgelegt, aus der hervorgeht, dass diese die Einwohnergemeinde Laufenburg als neue Schuldnerin anerkennt und ihr gegenüber die Grundpfandtitel im 1. bis 5. Rang stehen lässt. Diese Zahlungsart wird dem Ersteigerer eines Grundstückes neben der Barzahlung durch Art. 47 Abs. 1 VZG ausdrücklich eingeräumt. Das Vorgehen der Gantbehörde ist deshalb nicht zu beanstanden. Zu Recht halten die Rekurrenten in diesem Punkte ihre noch vor den kantonalen Aufsichtsbehörden erhobenen Einwände nicht mehr aufrecht. b) Von der Ausnahmeregelung des Art. 47 Abs. 1 VZG nicht erfasst werden die Betreibungskosten der Pfandgläubiger. Für diese Kosten ist nach dem Wortlaut der Steigerungsbedingungen und gemäss Art. 46 Abs. 1 VZG Barzahlung zu leisten. Die Ausstellung eines Checks über Fr. 12'712.30, der u.a. zur Tilgung der Betreibungskosten diente, ist im vorliegenden Fall als Barzahlung im Sinne von Art. 136 SchKG und Art. 46 Abs. 1 VZG zu betrachten. Dabei fällt ins Gewicht, dass der Check auf die am Platze Laufenburg domizilierte Aargauische Hypotheken- und Handelsbank gezogen war, über dessen Deckung durch BGE 91 III 66 S. 69 Guthaben oder Kredit das Betreibungsamt sich sofort orientieren konnte und der Check - nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz - noch am Steigerungstag eingelöst worden ist (vgl. hiezu JAEGER N. 2 zu Art. 136 SchKG ). c) Nach dem Gesagten ist auch die für die Kosten der Verwertung und der Eigentumsübertragung in den Steigerungsbedingungen geforderte Hinterlage von Fr. 3000.-- ordnungsgemäss erbracht worden. Dieser Betrag war in der Checkzahlung von Fr. 12'712.30 eingeschlossen.
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Urteilskopf 111 Ia 44 11. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. April 1985 i.S. X. gegen Kanton Solothurn und Kantonale Rekurskommission Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 46 Abs. 2 BV ; doppelbesteuerungsrechtliche Abgrenzung zwischen Kapitalgewinn- und Mehrwertbesteuerung auf beweglichem Privatvermögen. 1. Keine Prüfung von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht angefochtene konkurrierende Steuerveranlagung eines andern Kantons das Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung verletzt (E. 1b). 2. Der Wohnsitzkanton ist zur Besteuerung der Veräusserungsgewinne auf beweglichem Privatvermögen zuständig (Bestätigung der Rechtsprechung, E. 3a). Er ist doppelbesteuerungsrechtlich nicht gehalten, der Gewinnermittlung einen Einstandswert zugrunde zu legen, der in einem anderen Kanton anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert realisierten Mehrwertes für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde (E. 3b und c).
Sachverhalt ab Seite 44 BGE 111 Ia 44 S. 44 Im Jahre 1972 verstarb der Ehemann der im Kanton Basel-Stadt wohnhaften Frau Y. Der Kanton Basel-Stadt besteuerte die durch die Nachlassinventur in Erscheinung tretenden Mehrwerte gemäss § 55 Abs. 1 lit. a seines Gesetzes über die direkten Steuern in der BGE 111 Ia 44 S. 45 damals geltenden Fassung. Bestandteil der Nachlassinventur bildeten unter anderem Aktien und Genussscheine der Hoffmann-La Roche & Co. AG. Am 15. August 1973 schenkte Frau Y. ihrem Sohn X. 30 dieser Aktien und 30 dieser Genussscheine. Der zwischen dem Erbanfall und der Schenkung entstandene Kapitalverlust auf diesen Wertpapieren konnte im Kanton Basel-Stadt steuerlich mangels anderweitiger Kapitalgewinne von Frau Y. in den Jahren 1973 und 1974 nicht verrechnet werden. X. veräusserte im Jahre 1980 vier Aktien und zwei Genussscheine der Hoffmann-La Roche & Co. AG. Der Kanton Solothurn, in dem X. Wohnsitz hat, bezog in die Veranlagung zu den Staats- und Gemeindesteuern 1981 einen bei der Veräusserung der Wertpapiere realisierten Kapitalgewinn ein. Dabei wurde der Kapitalgewinnberechnung als Einstandspreis der Wertpapiere deren - im vorliegenden Fall extrem tiefer - Wert vor 25 Jahren zugrunde gelegt. X. führt staatsrechtliche Beschwerde, mit der er unter anderem beantragt: "1. ... 2. Es sei festzustellen, dass der Kanton Solothurn nicht berechtigt sei, den Wertzuwachs auf den vom Beschwerdeführer am 5.2.1980 verkauften Aktien und Genussscheinen Hoffmann-La Roche & Co. AG der solothurnischen Kapitalgewinnsteuer zu unterwerfen, soweit dieser Wertzuwachs bereits bei der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers im Kanton Basel-Stadt der baselstädtischen Kapitalgewinnbesteuerung unterlag, und es sei demgemäss festzustellen, dass die massgebenden Anlagekosten i.S. von § 37 Abs. 1 des solothurnischen Steuergesetzes für die erwähnten Aktien Fr. ... und für die Genussscheine Fr. ... pro Titel betragen (Wert der Titel bei der Schenkung per 15.8.1973). 3. ..." Der Beschwerdeführer macht eine Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV sowie hinsichtlich der ihm von der Kantonalen Rekurskommission auferlegten Gerichtsgebühr Willkür geltend. Das Bundesgericht weist die Beschwerde in der Hauptsache ab und tritt auf die Rüge gegen die Gerichtsgebühr nicht ein aus den folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV ist spätestens im Anschluss an die Geltendmachung des zweiten der einander ausschliessenden Steueransprüche BGE 111 Ia 44 S. 46 zu erheben, wobei der kantonale Instanzenzug nicht ausgeschöpft zu werden braucht, aber gegenüber dem angefochtenen Entscheid die dreissigtägige Beschwerdefrist eingehalten werden muss ( Art. 86 Abs. 2 und Art. 89 Abs. 3 OG ; BGE 104 Ia 257 E. 1; ASA 52, 171 E. 1, mit weiteren Nachweisen). Durchläuft der Steuerpflichtige den kantonalen Instanzenzug ganz oder teilweise, so hat sich die Doppelbesteuerungsbeschwerde gegen den Entscheid derjenigen kantonalen Instanz zu richten, die sich zuletzt mit der Sache befasst hat ( BGE 83 I 95 /96 E. 2; LOCHER, Doppelbesteuerungsrecht, § 12, III B, 2 Nr. 20). Die vorliegende Beschwerde ist somit zulässig, soweit sie sich gegen das Urteil der Kantonalen Rekurskommission Solothurn vom 23. Januar 1984 richtet und soweit eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes geltend gemacht wird. Anders verhält es sich dagegen mit der vom Beschwerdeführer gegen die Kostenauflage erhobenen Willkürrüge. Eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV ist nur gegen letztinstanzliche Entscheide zulässig ( Art. 87 OG ). Im solothurnischen Steuerjustizverfahren bildet auch die besondere Revision nach § 121bis des Steuergesetzes (StG) einen Bestandteil des Instanzenzuges im Sinne von Art. 87 OG (vgl. dazu einlässlich BGE 110 Ia 136 ff.). Auf die Willkürrüge kann daher nicht eingetreten werden. Dem Beschwerdeführer ist es anheimgestellt, allenfalls binnen 10 Tagen seit Zustellung des vorliegenden Urteils ein Gesuch um Restitution der Frist für die Einlegung der besonderen Revision bei der Kantonalen Rekurskommission zu stellen ( BGE 110 Ia 139 /140 E. 5). b) Das Bundesgericht prüft in Doppelbesteuerungssachen nach seiner früheren und in neueren Urteilen wieder aufgenommenen Rechtsprechung nicht von Amtes wegen, ob die vom Beschwerdeführer nicht angefochtene konkurrierende Veranlagung das Verbot der Doppelbesteuerung verletzt ( BGE 93 I 241 E. 1; LOCHER, a.a.O., § 12, III A, 1 Nr. 22; nicht publiziertes Urteil vom 14. September 1984 i.S. Oe./Kanton Solothurn). Da der Beschwerdeführer keinen Antrag gegen eine Steuerveranlagung des Kantons Basel-Stadt stellt, ist nur zu prüfen, ob der Kanton Solothurn mit der angefochtenen Besteuerung des Kapitalgewinnes Art. 46 Abs. 2 BV verletzt hat. c) Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich kassatorischer Natur ( BGE 108 Ia 199 E. 1, 288, je mit Nachweisen). Eine Ausnahme macht das Bundesgericht bei den Fällen, in denen die BGE 111 Ia 44 S. 47 verfassungsmässige Ordnung nicht schon mit der Aufhebung des angefochtenen Entscheides wiederhergestellt werden kann ( BGE 107 Ia 257 E. 1, mit Hinweisen). Dies ist bei Beschwerden wegen Verletzung von Art. 46 Abs. 2 BV der Fall, wenn sich das Bundesgericht nicht auf die Aufhebung einer oder mehrerer kantonaler Steuerveranlagungen beschränken kann, sondern den betroffenen Kantonen allenfalls verbindliche Weisungen hinsichtlich der verfassungskonformen Steuerausscheidung zu erteilen hat (vgl. z. B. BGE 85 I 17 ; BGE 81 I 219 ). In diesem Sinne ist der Antrag 2 in der staatsrechtlichen Beschwerde insofern zulässig, als die Feststellung verlangt wird, der Kanton Solothurn dürfe den Wertzuwachs auf den verkauften Wertpapieren nicht besteuern, soweit dieser bereits der baselstädtischen Kapitalgewinnbesteuerung unterlag. 2. Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG prüft das Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerden nur ausdrücklich erhobene Rügen (vgl. dazu BGE 110 Ia 3 /4 E. 2a). Der Beschwerdeführer macht hinsichtlich der angefochtenen Steuerveranlagung nur eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes, nicht jedoch eine willkürliche und damit gegen Art. 4 BV verstossende Anwendung des kantonalen Rechts geltend. Auf eine solche Rüge wäre im übrigen mangels Ausschöpfung des Instanzenzuges (vgl. oben E. 1a) nicht einzutreten. Das Bundesgericht hat daher nicht zu prüfen, ob die solothurnischen Steuer- und Steuerjustizbehörden das kantonale Steuerrecht dadurch willkürlich angewandt haben, dass sie bei der Ermittlung der Anlagekosten auf den relativ niedrigen Wert der Aktien und Genussscheine vor 25 Jahren, und nicht auf den bedeutend höheren Erwerbspreis (der Rechtsvorgänger) abgestellt haben ( § 37 Abs. 1 und 2 StG ). 3. Eine gegen Art. 46 Abs. 2 BV verstossende Doppelbesteuerung liegt vor, wenn ein Steuerpflichtiger von zwei oder mehreren Kantonen für das nämliche Steuerobjekt und für die gleiche Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit überschreitet und eine Steuer erhebt, zu deren Erhebung ein anderer Kanton zuständig wäre (virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem hat das Bundesgericht aus Art. 46 Abs. 2 BV abgeleitet, ein Kanton dürfe einen Steuerpflichtigen nicht deshalb stärker belasten, weil er nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit unterstehe, sondern zufolge seiner territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton steuerpflichtig sei ( BGE 107 Ia 42 E. 1a; ASA 52, 171/2 E. 2a). Der BGE 111 Ia 44 S. 48 Beschwerdeführer macht geltend, er bzw. seine Rechtsvorgängerin sei für den Wertzuwachs auf den im Jahre 1980 veräusserten Wertpapieren schon vom Kanton Basel-Stadt zur Kapitalgewinnsteuer herangezogen worden und es liege daher eine unzulässige aktuelle Doppelbesteuerung vor, wenn der Kanton Solothurn auf dem nämlichen Wertzuwachs neuerdings eine Kapitalgewinnsteuer erhebe. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtes unterliegen Veräusserungsgewinne auf beweglichem Privatvermögen der Steuerhoheit desjenigen Kantons, in dem der Veräusserer im Zeitpunkt der Realisierung sein Hauptsteuerdomizil hat ( BGE 78 I 421 ff.; ASA 39, 180 E. 2; 28, 182/3 E. 3; LOCHER, a.a.O., § 6, I D; HÖHN, Interkantonales Steuerrecht, S. 204). Steuerobjekt ist dabei nicht ein Wertzuwachs auf dem veräusserten Gegenstand des Privatvermögens, sondern der im eingegangenen Erlös in Erscheinung tretende Gewinn, auch wenn dieser regelmässig auf einer latenten Wertsteigerung beruhen mag ( BGE 78 I 421 /2 E. 1; ASA 28, 182/3 E. 3). Das Bundesgericht hat es aus diesem Grund abgelehnt, die interkantonale Steuerhoheit etwa in dem Sinne abzugrenzen, dass ein im Veräusserungserlös in Erscheinung tretender Gewinn vom Domizilkanton nur insoweit erfasst werden dürfe, als die Wertsteigerung seit dem Zuzug des Steuerpflichtigen in den Kanton eingetreten ist ( BGE 78 I 417 ff.). Daran ist festzuhalten. Denn im Unterschied zum Geschäftsvermögen werden die Wertveränderungen im Privatvermögen steuerlich nicht buchmässig und periodisch erfasst. Diejenigen Kantone, welche Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen der - allgemeinen oder einer besonderen - Einkommenssteuer unterwerfen (vgl. dazu ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, Steuerharmonisierung, S. 95 ff.), machen die Besteuerung vielmehr von einem Realisierungstatbestand abhängig (DORMOND, L'imposition des gains en capital sur la fortune mobilière privée, Diss. Lausanne 1974, S. 66 ff.; CHRISTEN, Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen im basellandschaftlichen und baselstädtischen Steuerrecht, Diss. Basel 1983, S. 12 f.; zum Begriff der Realisierung vgl. OESCH, Die steuerliche Behandlung der Wertzuwachsgewinne auf dem beweglichen Privatvermögen, Diss. Bern 1975, S. 108 f.). Sind aber blosse Wertveränderungen auf beweglichem Privatvermögen einkommenssteuerrechtlich unbeachtlich, solange keine Realisierung stattfindet, so erscheint es folgerichtig, dass der Wohnsitzkanton im Zeitpunkt der Realisierung einen allfälligen Gewinn vollumfänglich besteuern kann. BGE 111 Ia 44 S. 49 Diese bundesgerichtliche Kollisionsnorm erscheint im übrigen nicht nur folgerichtig, sondern vermeidet auch stossende Ergebnisse im Einzelfall. Wollte man einem Kanton nicht gestatten, bei der Bemessung des unter seiner Steuerhoheit realisierten Kapitalgewinnes auf einen Einstandspreis abzustellen, den der Steuerpflichtige oder sein Rechtsvorgänger vor dem Zuzug bezahlt hat, so bliebe dem den Kapitalgewinn besteuernden Kanton wohl nichts anderes übrig, als auf den Wert im Zeitpunkt des Zuzuges abzustellen. Diesem Wert haftet aber etwas Willkürliches an. Liegt er unter dem Wert zum Zeitpunkt des Erwerbes, so hätte der Steuerpflichtige bei der Veräusserung des Vermögensgegenstandes einen höheren Kapitalgewinn zu versteuern, als er effektiv erzielt hat, während er den nur rechnerisch entstandenen Verlust, der in der Differenz zwischen dem Einstandswert und dem Wert im Zeitpunkt des Kantonswechsels besteht, im Wegzugskanton steuerlich nicht in Anrechnung bringen könnte. Solche Ergebnisse lassen sich nur bei Wertveränderungen auf Geschäftsvermögen dank der kaufmännischen Buchführung vermeiden. b) Von den Steuersystemen, die als Steuerobjekt den im Zeitpunkt einer entgeltlichen Veräusserung (und damit einer Realisierung im Sinne von OESCH, a.a.O., S. 108 f.) erzielten Kapitalgewinn umschreiben, sind diejenigen Steuergesetze zu unterscheiden, die (auch) den auf beweglichem Privatvermögen angewachsenen Mehrwert besteuern, ohne dass es einer entgeltlichen Veräusserung bedarf. Es sind dies beispielsweise die - in der Zwischenzeit durch eine Revision des Steuergesetzes wieder weggefallene - baselstädtische Steuer auf dem Mehrwert, der sich in der Nachlassinventur niederschlägt (§ 55 Abs. 1 lit. a des baselstädtischen Steuergesetzes in der bis zur Revision vom 30. September 1976 geltenden Fassung; BGE 89 I 364 ; GRÜNINGER/STUDER, Kommentar zum Basler Steuergesetz, S. 344; ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH, a.a.O., S. 99), und die sanktgallische Beteiligungsgewinnsteuer im Zeitpunkt des Wegzuges aus dem Kanton (Art. 35 Abs. 1 lit. b und Abs. 2, Art. 36 Abs. 2 des sanktgallischen Steuergesetzes; vgl. dazu auch DAVID, Die sanktgallische Beteiligungsgewinnsteuer, Diss. Zürich 1974, S. 219 ff.). Bei der sogenannten Mehrwertbesteuerung handelt es sich juristisch um ein anderes Steuerobjekt als bei der auf eine Realisierung abstellenden Kapitalgewinnbesteuerung (HÖHN, Die Besteuerung der privaten Gewinne (Kapitalgewinnbesteuerung), Diss. Zürich 1955, S. 253). In der Literatur wird indessen das Bedürfnis nach interkantonalen Kollisionsregeln für Fälle BGE 111 Ia 44 S. 50 wie den vorliegenden bejaht, da die Steuerobjekte wirtschaftlich identisch seien (HÖHN, a.a.O., S. 253 ff.; DORMOND, a.a.O., S. 154 f.; CHRISTEN, a.a.O., S. 176 f.). In der Tat können sich bei der Bemessung der Kapitalgewinne bzw. Mehrwerte zeitliche Überschneidungen ergeben, die nach einer kollisionsrechtlichen Abgrenzung der Steuerhoheiten rufen würden. Allerdings vermag keine der denkbaren und in der Literatur diskutierten Kollisionsregeln vollständig zu befriedigen und zu einer sowohl theoretisch als auch praktisch akzeptablen Lösung zu führen (vgl. dazu eingehend HÖHN, a.a.O., S. 253 ff.). Insbesondere die vom Beschwerdeführer vorgeschlagene Abgrenzungsnorm (befürwortet etwa von DORMOND, a.a.O., S. 155 Fn. 14), die zu einer Aufteilung der Steuerhoheit zwischen denjenigen Kantonen, die (auch) nicht realisierte Mehrwerte auf beweglichem Privatvermögen besteuern, und solchen, die nur effektiv realisierte Kapitalgewinne der Besteuerung unterwerfen, führen würde, brächte etliche Unzukömmlichkeiten mit sich (vgl. dazu HÖHN, a.a.O., S. 254 f.). Eine solche Kollisionsregel, die unter dem Gesichtspunkt der aktuellen Doppelbesteuerung allenfalls einleuchten könnte, erscheint unter demjenigen der virtuellen Doppelbesteuerung problematisch. Sie müsste bei konsequenter Anwendung eben doch dazu führen, dass sich sämtliche Kantone, die Gewinne auf dem beweglichen Privatvermögen besteuern, auf die Erfassung derjenigen Gewinne zu beschränken hätten, welche auf dem Mehrwert beruhen, der ausschliesslich unter ihrer Steuerhoheit entstanden ist. Damit wäre, nur weil vereinzelte Kantone wie früher Basel-Stadt oder heute noch St. Gallen in gewissen Fällen einen nicht geldwert realisierten Mehrwert besteuern, die bisherige bundesgerichtliche Kollisionsnorm (vgl. oben E. 3a), die sich als folgerichtig, einfach und praktikabel erwiesen hat, nicht mehr haltbar. HÖHN (a.a.O., S. 254 f.) neigt denn auch dazu, der Gewinnbesteuerung absoluten Vorrang einzuräumen, was im Falle eines Doppelbesteuerungskonfliktes die Besteuerung eines nicht realisierten Mehrwertes vollständig ausschliessen würde (ähnlich CHRISTEN, a.a.O., S. 177, sowie DAVID, a.a.O., S. 228). Im vorliegenden Fall würde indessen eine derartige Kollisionsregel nicht zur Gutheissung der Beschwerde führen, da kein Antrag gegen eine Steuerveranlagung des Kantons Basel-Stadt gerichtet wurde (vgl. dazu vorne E. 1b). c) Unter diesen Umständen besteht kein Anlass, dem Kanton Solothurn eine Verletzung des Doppelbesteuerungsverbotes vorzuwerfen. BGE 111 Ia 44 S. 51 Als Kanton, in dem der Beschwerdeführer zur Zeit der Veräusserung der fraglichen Wertpapiere seinen Wohnsitz und damit sein Hauptsteuerdomizil hatte, war Solothurn grundsätzlich zur Besteuerung des Kapitalgewinnes auf beweglichem Privatvermögen zuständig (vgl. oben E. 3a). Doppelbesteuerungsrechtlich war der Kanton Solothurn nicht gehalten, der Gewinnermittlung einen Einstandswert der Aktien und Genussscheine zugrunde zu legen, der in einem anderen Kanton anlässlich der Besteuerung eines nicht geldwert realisierten Mehrwertes für die Mehrwertermittlung herangezogen wurde oder für eine allfällige Verlustverrechnung hätte herangezogen werden können. Die Besteuerung nicht geldwert realisierter Mehrwerte bildet heute in der Schweiz - abgesehen von der hier nicht interessierenden Überführung von Geschäfts- in Privatvermögen - eine Ausnahme, so dass es sich im jetzigen Zeitpunkt nicht rechtfertigt, zulasten derjenigen Kantone, die nur realisierte Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen besteuern, eine Kollisionsregel aufzustellen. Ob anders zu entscheiden wäre, wenn die Kantone vermehrt nicht realisierte Mehrwerte besteuern würden (was an sich denkbar wäre; vgl. dazu Art. 13 Abs. 3 des Entwurfes eines Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden, BBl 1983 III 294), kann zur Zeit offenbleiben.
public_law
nan
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1,985
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6ad330fc-0e96-4584-8c3c-3325442dfd62
Urteilskopf 119 Ia 411 47. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Oktober 1993 i.S. S. gegen Gemeinderat Nesslau und Regierungsrat des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche und Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 6 Ziff. 1 EMRK , Art. 4 und 22ter BV ; gerichtliche Überprüfung einer Zonenplanänderung, die von einer Gemeindeexekutive erlassen und von einer Kantonsregierung genehmigt worden ist. 1. Zulässigkeit der Planungsmassnahme; Zuweisung von Grundstücksteilen in die Grünzone, Nichteinzonung in die Bauzone (E. 2). Interessenabwägung (E. 3). 2. Der Kognitionsbeschränkung des Bundesgerichts hinsichtlich der Sachverhaltsüberprüfung kommt vorliegend keine Bedeutung zu, da die für die Beurteilung der fraglichen Planungsmassnahme erheblichen Tatsachen nicht bestritten sind. Die richterliche Zurückhaltung bei der Beurteilung des Planungsermessens widerspricht Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht; sie steht der nach dieser Bestimmung verlangten und durch das Bundesgericht denn auch vorgenommenen umfassenden Rechtsanwendungskontrolle nicht entgegen. Sodann ist im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren ebenfalls dem Öffentlichkeitsgrundsatz angemessen Nachachtung verschafft worden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 412 BGE 119 Ia 411 S. 412 A.- S. ist Eigentümer des im Zentrum von Nesslau liegenden Grundstücks Nr. 98 (Hürnlihügel). Die Parzelle umfasst mit Ausnahme des östlichen und südöstlichen Teils des Hürnlibüchels dessen gesamtes Gebiet. Auf dem Grundstück im Halte von rund 40 000 m2 befinden sich das S. gehörende Wohnhaus, ein Schopf sowie ein weiteres Gebäude. Im übrigen ist das Gelände unüberbaut und wird landwirtschaftlich als Weide und Mähwiese genutzt. Nach dem Zonenplan der Gemeinde Nesslau vom 2. April 1974 war für diese Parzelle folgende Zonenordnung vorgesehen: Im Zentrum des Grundstücks lag zusammenhängend eine Grünzone. Diese wurde einerseits aus landschaftsschützerischen Gründen zur Freihaltung der Hürnlihügelkuppe und anderseits zur Erhaltung des Ski- und Schlittelübungsgeländes für kleinere Kinder ausgeschieden. Die Grünzone deckte die Kuppel des Hürnlibüchels ab und dehnte sich gegen Nordwesten hin bis hinunter zur Quartierstrasse am Fusse der Anhöhe aus. In Richtung Süden und Südosten reichte sie bis etwa auf die halbe Höhe des Hügels hinab. Hangabwärts schloss eine Wohnzone für zweigeschossige Bauten an. Im nördlichen Abschnitt der Parzelle befanden sich - von Osten nach Westen betrachtet - eine Wohnzone für zweigeschossige Bauten, eine Wohnzone für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie ein Teil übriges Gemeindegebiet. Der westliche Abschnitt der Parzelle Nr. 98 lag in einer Wohnzone für Ein- und Zweifamilienhäuser. BGE 119 Ia 411 S. 413 Am 26. Oktober 1988 beschloss der Gemeinderat Nesslau den neuen Zonenplan, eine Schutzverordnung sowie das neue Baureglement. Diese Unterlagen lagen vom 14. Dezember 1988 bis am 12. Januar 1989 öffentlich auf. Im neuen Zonenplan wurde die Zonenordnung für das Gebiet Hürnlihügel wie folgt geändert: Die zentrale Grünzone wurde im südlichen und nördlichen Kuppenbereich zurückgenommen und dafür am nordwestlichen Abhang beim Ski- und Schlittelgelände geringfügig erweitert. Die Wohnzone für zweigeschossige Bauten an der südlichen Flanke wurde in die Wohnzone für Ein- und Zweifamilienhäuser umgeteilt. Diese wurde zulasten der Grünzone auf rund drei Viertel der Höhe des Hügels hangaufwärts ausgedehnt. Der nördliche Teil des Grundstücks wurde bis auf einen - in der Wohnzone für Ein- und Zweifamilienhäuser verbleibenden - Geländestreifen von einer Bautiefe entlang der Lutenwilerstrasse ganz der Wohnzone für zweigeschossige Bauten zugeteilt. Ebenso wurde der westliche Hang des Hügels von der Wohnzone für Ein- und Zweifamilienhäuser in die Wohnzone für zweigeschossige Bauten umgeteilt. Gegen diese Neueinteilung erhob S. Einsprache, welche vom Gemeinderat am 11. April 1989 zur Hauptsache abgewiesen wurde. Zonenplan, Schutzverordnung und Baureglement wurden vom 26. April bis am 25. Mai 1989 dem fakultativen Referendum unterstellt. Die Volksabstimmung wurde nicht verlangt. Am 31. Mai 1989 gab der Gemeinderat S. von der stillschweigenden Zustimmung der Bürgerschaft Kenntnis und eröffnete ihm eine Rekursfrist von 14 Tagen. Gegen diesen Entscheid erhob S. Rekurs beim Regierungsrat des Kantons St. Gallen und beantragte (soweit hier wesentlich), der Beschluss des Gemeinderates vom 11. April 1989 betreffend den Zonenplan Nesslau sei aufzuheben; das ganze Grundstück Nr. 98 - also auch die der Grünzone zugewiesene Fläche - sei in die Bauzone einzuteilen. Sodann verlangte S. verschiedene weitere Zonierungsänderungen in bezug auf seine Parzelle. Am 8. Januar 1991 wies der Regierungsrat des Kantons St. Gallen den Rekurs ab, soweit dieser im Hinblick auf den erfolgten Teilrückzug noch zu behandeln war. B.- Mit Eingabe vom 15. Februar 1991 erhob S. "staatsrechtliche und/oder Verwaltungsgerichtsbeschwerde" insbesondere wegen Verletzung von Art. 4 und 22ter BV sowie wegen Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Er beantragte (soweit hier wesentlich), der BGE 119 Ia 411 S. 414 Beschluss des Regierungsrates vom 8. Januar 1991 sei aufzuheben. Sodann sei insbesondere festzustellen: "a) dass es an einem genügenden öffentlichen Interesse für eine Grünzone auf dem Grundstück Nr. 98 und insbesondere für die Strassenvariante des Planungsamtes fehle, die Gemeinde also nicht befugt sei, das Grundstück durch Einteilung in die Grünzone (mit Ausnahme der Hürnlikuppe) zu enteignen, b) dass das Interesse des Beschwerdeführers am Eigentum des Grundstücks Nr. 98 (mit Ausnahme der Hürnlikuppe) grösser sei als dasjenige der Gemeinde, das Grundstück zu enteignen." Mit Vernehmlassung vom 7. Mai 1991 beantragte das Baudepartement des Kantons St. Gallen in Vertretung des Regierungsrates, auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde sei nicht einzutreten, eventuell sei sie abzuweisen. Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde sei bis zur Genehmigung des neuen Zonenplanes der Gemeinde Nesslau zu sistieren, und die staatsrechtliche Beschwerde sei alsdann abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei; eventuell sei auf diese Beschwerde nicht einzutreten. Mit Präsidialverfügung vom 28. Juni 1991 wurde das bundesgerichtliche Verfahren bis zu der durch das Baudepartement vorzunehmenden Genehmigung des neuen Zonenplanes der Gemeinde Nesslau ausgesetzt. Mit Verfügung vom 20. Oktober 1992 genehmigte das Baudepartement den neuen Zonenplan und das neue Baureglement der Gemeinde Nesslau unter Vorbehalten, welche für das vorliegende Verfahren nicht erheblich sind. Am 30. Oktober 1992 wurde das bundesgerichtliche Verfahren wiederaufgenommen. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels äusserten sich der Beschwerdeführer und das Baudepartement erneut zur Sache, wobei sie an ihren bereits ausführlich dargelegten Rechtsstandpunkten festhielten. Die Gemeinde Nesslau verzichtete darauf, sich vernehmen zu lassen. Am 13. Oktober 1993 ist eine öffentliche Parteiverhandlung durchgeführt worden. Mit ihren Parteivorträgen haben sowohl der Beschwerdeführer als auch die Regierungs- und Gemeindevertreter ihre bisherigen Begehren und deren Begründung bestätigt. Das Bundesgericht tritt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht ein und weist die staatsrechtliche Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. BGE 119 Ia 411 S. 415 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Prüfung der Eintretensvoraussetzungen. Streitgegenstand bildet nur die zonenrechtliche Behandlung der Parzelle Nr. 98 des Beschwerdeführers. Diesbezüglich steht nach Art. 34 Abs. 3 RPG einzig die staatsrechtliche Beschwerde an das Bundesgericht offen. Ob diese Planungsmassnahme eine materielle Enteignung bewirkt, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Zur Beurteilung dieser Frage sieht das Gesetz vom 6. Juni 1972 über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht des Kantons St. Gallen [BauG] in Art. 125 ein besonderes Verfahren vor, in welchem als letzte kantonale Instanz das Verwaltungsgericht vorgesehen ist. Aus diesen Gründen ist auf die vorliegende Beschwerde nicht einzutreten, soweit sie als Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht worden ist.) 2. a) Die im vorliegenden Fall umstrittenen Planungsmassnahmen sind mit der Genehmigung durch das Baudepartement des Kantons St. Gallen am 20. Oktober 1992 in Kraft getreten. Sie ersetzen diejenigen Planungsmassnahmen, welche im früheren, vom Baudepartement am 2. April 1974 genehmigten Zonenplan der Gemeinde Nesslau vom 27. Februar 1973 festgesetzt worden waren. Mit dem am 20. Oktober 1992 in Kraft getretenen neuen Zonenplan hat die Gemeinde Nesslau erstmals eine dem eidgenössischen Recht entsprechende Nutzungsordnung geschaffen. Soweit dabei Teile der Parzelle Nr. 98 nicht einer Bauzone zugeschieden worden sind, wurde dabei eine Nichteinzonung in die Bauzone vorgenommen ( BGE 118 Ia 151 E. 3b, BGE 118 Ib 38 E. 2c, BGE 117 Ia 434 E. 3b, mit Hinweisen). Diese Feststellung schliesst freilich nicht aus, dass bei der Schaffung des Nutzungsplanes auch die für ein Grundstück früher geltende Rechtsgrundlage mitberücksichtigt wird. b) Die Zuweisung von Teilen des Grundstücks Nr. 98 zur Grünzone G begrenzt die Baumöglichkeiten des Grundeigentümers. Eine solche Nichteinzonung in die Bauzone ist nur zulässig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage beruht, im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig ist ( Art. 22ter Abs. 2 BV ; s. BGE 116 Ia 181 E. 3c, BGE 115 Ia 350 E. 3a sowie 384 E. 3, mit Hinweisen). Die Frage der gesetzlichen Grundlage ist im vorliegenden Verfahren nicht umstritten. Nach Art. 22quater BV stellt der Bund Grundsätze für eine der zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des Landes dienende Raumplanung auf. Der in dieser Bestimmung enthaltene Verfassungsauftrag zur Schaffung der Raumplanung ist BGE 119 Ia 411 S. 416 der Gewährleistung des Eigentums grundsätzlich gleichgestellt ( BGE 105 Ia 330 E. 3c). Im Rahmen des raumplanerischen Auftrags kommt der Begrenzung der Bautätigkeit auf dafür vorgesehene Gebiete unter Verhinderung der Zersiedlung des Landes sowie unter Wahrung schützenswerter Orts- und Landschaftsbilder eine vorrangige Bedeutung zu. Das Bundesgesetz über die Raumplanung schreibt in Art. 3 Abs. 2 lit. b und d vor, die Landschaft sei zu schonen; Siedlungen, Bauten und Anlagen sollen sich in die Landschaft einordnen, und naturnahe Landschaften und Erholungsräume sollen erhalten bleiben. Gemäss Art. 3 Abs. 3 RPG sind Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung zu gestalten und in ihrer Ausdehnung zu begrenzen; sodann sollen sie viele Grünflächen und Bäume enthalten ( Art. 3 Abs. 3 lit. e RPG ). Für die öffentlichen oder im öffentlichen Interesse liegenden Bauten und Anlagen sind sachgerechte Standorte zu bestimmen ( Art. 3 Abs. 4 RPG ). Nach Art. 15 RPG sollen Bauzonen Land umfassen, das sich für die Überbauung eignet und weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt oder erschlossen wird. Die Prüfung, ob eine Nichtzuweisung eines Grundstücks in die Bauzone auf einem überwiegenden öffentlichen Interesse beruht, hat sich an den genannten Kriterien des Raumplanungsgesetzes zu orientieren. Daneben sind aber auch die raumplanerischen Vorgaben des kantonalen Rechts sowie alle weiteren im konkreten Fall massgebenden Interessen bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen ( BGE 117 Ia 436 ff., 497 E. 2e, mit Hinweisen). Aufgrund einer umfassenden Interessenabwägung bestimmt sich, ob im Einzelfall ein überwiegendes öffentliches Interesse vorliegt, das eine Nichtzuweisung eines Grundstücks in eine Bauzone rechtfertigt. c) Das Bundesgericht prüft grundsätzlich frei, inwieweit ein öffentliches Interesse für eine Planungsmassnahme gegeben ist. Es auferlegt sich jedoch Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken können als das Bundesgericht. Zurückhaltung ist namentlich bei der Überprüfung des Verlaufs von Zonengrenzen geboten, da das Bundesgericht nicht oberste Planungsinstanz ist und den Beurteilungsspielraum, der den kantonalen und kommunalen Behörden bei der Planung zukommt, zu beachten hat (vgl. Art. 2 Abs. 3 RPG ; s. die soeben zitierte Rechtsprechung, vorstehende lit. b). Hinsichtlich der Überprüfung des Sachverhalts steht dem Bundesgericht im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren grundsätzlich BGE 119 Ia 411 S. 417 nur eine Willkürkognition zu ( BGE 115 Ia 384 E. 3; s. in diesem Zusammenhang im übrigen nachf. E. 5). Im vorliegenden Fall bringt der Beschwerdeführer eine Vielzahl von Sachverhaltsrügen vor. Dabei handelt es sich zum Teil um die Interessenabwägung betreffende Fragen. Die von ihm geltend gemachten wirklichen Sachverhaltsrügen sind für die Interessenabwägung und damit für den vom Bundesgericht zu treffenden Entscheid im wesentlichen unerheblich. Im übrigen sind sie ... offensichtlich unbegründet. 3. (Interessenabwägung.) ... Wie der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid zutreffend darlegt, sprechen verschiedene Gesichtspunkte für die im vorliegenden Verfahren umstrittene Festsetzung der Grünzone im Bereich von Parzelle Nr. 98. Neben dem Anliegen des Sports sind auch Gesichtspunkte des Landschafts- und Ortsbildschutzes von Bedeutung. Die vom Regierungsrat vorgenommene Interessenabwägung bei der Ausscheidung dieser Grünzone ist nicht zu beanstanden. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Er will die Grünzonenfestsetzung insbesondere mit dem Argument korrigieren, sie verunmögliche eine zweckmässige Erschliessung des im Gebiet Hürnlihügel liegenden Baulandes. Dabei ist er lediglich befugt, sich für die Erschliessung seines eigenen Landes zu wehren. Einzuräumen ist, dass die Erschliessungsvariante des kantonalen Planungsamtes für das auf Parzelle Nr. 98 ausgeschiedene Bauzonenland nicht geradezu ideal ist. Der Regierungsrat ist aber der Auffassung, dieses Bauzonenland sei weder strassenmässig noch zweckmässig erschliessbar. Er nimmt dabei auf einem kleineren Stück eine Steigung von 13,5% in Kauf, wobei er eine gewisse Reduktion derselben im Rahmen der definitiven Strassenplanung für möglich hält. Käme man nun mit dem Beschwerdeführer zum Schluss, die vom Planungsamt ausgearbeitete Erschliessungsvariante sei unzweckmässig, so hätte dies nicht zwingend zur Folge, dass weiteres Grünzonenland der Bauzone zugewiesen werden müsste. Vielmehr wäre diesfalls angesichts des grossen öffentlichen Interesses an der Ausscheidung von Grünzonenland auf Parzelle Nr. 98 zu prüfen, ob nicht das auf solche Weise nur unzweckmässig erschliessbare Land ebenfalls aus der Bauzone entlassen und einer Nichtbauzone - d.h. ebenfalls der Grünzone - zugewiesen werden müsste. Eine solche Lösung läge aber zweifellos nicht im Interesse des Beschwerdeführers. Das kantonale Baudepartement stand somit bei der Genehmigung der Ortsplanungsrevision der Gemeinde Nesslau vor der Frage, ob es die von der Gemeinde in bezug auf das Grundstück Nr. 98 vorgesehene Einzonung BGE 119 Ia 411 S. 418 in die Bauzone trotz den nicht idealen Erschliessungsverhältnissen akzeptieren wolle oder ob es die Gemeinde anhalten solle, hinsichtlich der Parzelle weitere Nichteinzonungen vorzunehmen, um den Erschliessungsschwierigkeiten auf diesem Wege Rechnung zu tragen. Zugunsten des Beschwerdeführers hat es dann die von der Gemeinde vorgenommenen Baulandzuweisungen genehmigt in der Meinung, diese seien - wie im angefochtenen Regierungsratsentscheid dargelegt wird - im Lichte der Erschliessungsvariante des Planungsamtes noch haltbar. Wird die Sach- und Rechtslage so betrachtet, so ist der angefochtene Entscheid des Regierungsrates nicht zu beanstanden. Dieser hat zu Recht nur geprüft, ob sich das der Bauzone zugeschiedene Land der Parzelle Nr. 98 auf vernünftige und zweckmässige Weise strassenmässig erschliessen lässt. Er hat dabei nicht gesagt, die vom Planungsamt skizzierte strassenmässige Erschliessungsvariante müsse später realisiert werden, sondern nur zum Ausdruck gebracht, diese Variante zeige auf, dass eine solche Erschliessung dieses Baulandes ohne Durchquerung des von der Grünzone geschützten Ski- und Schlittelgeländes möglich sei. Mehr musste der Regierungsrat im Rahmen der hier zu beurteilenden Zonierungsfrage nicht prüfen. (Auch die weiteren vom Beschwerdeführer erhobenen Einwände, mit denen er in bezug auf nicht der Grünzone, sondern der Bauzone zugewiesene Teile seiner Parzelle die Gewährung einer höheren Ausnützungsmöglichkeit verlangt, sind unbegründet. Die durch den Regierungsrat vorgenommene Zonierung ist insgesamt als im öffentlichen Interesse liegend zu bezeichnen und bedeutet keinen unverhältnismässigen Eingriff in das Eigentum des Beschwerdeführers; sie ist daher im Lichte von Art. 22ter BV nicht zu beanstanden.) 4. (Die vom Beschwerdeführer als Sachverhaltsrügen bezeichneten Einwände stellen in Wirklichkeit gar keine solchen Rügen dar, sondern kommen vielmehr in erster Linie einer Kritik an der durch den Regierungsrat vorgenommenen Interessenabwägung gleich. Wie erwähnt, ist diese Interessenabwägung verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Soweit die Vorwürfe nebenbei als Kritik an den Sachverhaltsfeststellungen aufgefasst werden können, ist diese Kritik offensichtlich unbegründet; die davon erfassten Sachverhaltsfeststellungen des Regierungsrates können nicht nur als willkürfrei, sondern ohne weiteres als zutreffend bezeichnet werden. Auch insoweit kann daher von einer Verfassungsrechtsverletzung nicht die Rede sein.) BGE 119 Ia 411 S. 419 5. Der Beschwerdeführer bringt schliesslich vor, der angefochtene Regierungsratsbeschluss verstosse gegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Im vorliegenden Fall gehe es insbesondere um die Frage, ob die Einzonung eines Teils der Parzelle Nr. 98 in die Grünzone zulässig sei oder nicht. Dabei handle es sich um die Frage, ob eine materielle Enteignung zulässig sei. Diese Frage werde im Rahmen der formellen Enteignung und auch im Rahmen des Entschädigungsverfahrens nicht mehr geprüft. Sie sei daher im Rahmen der Überprüfung des Zonenplanes zu entscheiden. Dabei handle es sich zweifellos um eine Streitigkeit gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK . Da er - der Beschwerdeführer - durch eine materielle Enteignung betroffen werde, habe er einen Anspruch darauf, dass sein Rekurs von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht beurteilt werde. Der Beschwerdeführer begründet seine Rüge, der angefochtene Entscheid verletze Art. 6 Ziff. 1 EMRK , ausschliesslich damit, der Einbezug der Parzelle Nr. 98 in die Grünzone betreffe enteignungsrechtlich relevante zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen im Sinne dieser Vorschrift. Bei der Zuweisung von Teilen des Grundstücks Nr. 98 in die Grünzone geht es, wie bereits dargelegt, um eine Massnahme der Zonenplanung. Damit wird der öffentlichen Hand entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kein Enteignungsrecht eingeräumt. Ob die Massnahme eine materielle Enteignung bewirkt, ist nicht im vorliegenden, sondern allenfalls in einem späteren, vom Beschwerdeführer separat einzuleitenden Verfahren zu beurteilen, in dem das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen als letzte kantonale Instanz angerufen werden kann (Art. 125 BauG). Nach der Praxis des Bundesgerichts ist es bei der Überprüfung von Zonenplänen möglich, dass ungeachtet der Frage, ob eine "Streitigkeit über zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK vorliegt, das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung von Art. 22ter BV der geforderten Rechtsanwendungskontrolle genügt ( BGE 117 Ia 497 E. 2c-e, mit Hinweisen; s. auch BGE vom 11. November 1992 betr. Gemeinde Maur, in ZBl 94/1993 S. 475 ff. E. 5). Auch hier ist offenzulassen, ob es um "zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen" geht; vorliegend genügt jedenfalls das staatsrechtliche Beschwerdeverfahren den Anforderungen von Art. 6 Ziff. 1 EMRK . In tatsächlicher Hinsicht ist festzustellen, dass der rechtserhebliche Sachverhalt hinsichtlich der umstrittenen Ausscheidung der Grünzone nicht in entscheidrelevanter Weise umstritten ist. Der Beschränkung der Kognition des Bundesgerichts BGE 119 Ia 411 S. 420 hinsichtlich der Überprüfung von Sachverhaltsfragen allein auf das Willkürverbot ( Art. 4 BV ) hin kommt deshalb keine Bedeutung zu. Die in Frage stehenden Rechtsgrundlagen für diese Zonierungsmassnahme sind unbestrittenermassen genügend, was sich auch bei einer freien Prüfung dieser Frage ergibt. Ob die öffentlichen die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegen, ist wie die Frage der Verhältnismässigkeit des Eigentumseingriffs ebenfalls ohne Kognitionsbeschränkung frei geprüft worden. Hieraus folgt, dass die für den Ausgang des Verfahrens massgebenden Sachverhalts- und Rechtsfragen im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) von einem Gericht umfassend geprüft worden sind (s. betreffend Sachverhaltsfragen das Urteil Belilos des EGMR vom 29. April 1988, Ziff. 71 und 72, Série A vol. 132 = EuGRZ 1989 S. 21 [S. 31 f.]; betreffend Rechtskontrolle Urteil Oerlemans vom 27. November 1991, Ziff. 53 und 56, Série A vol. 219, Urteil Mats Jacobsson vom 28. Juni 1990, Ziff. 32 und 34, Série A vol. 180-A = RUDH 1990 S. 434 [S. 436], Urteil Skärby vom 28. Juni 1990, Ziff. 28 und 29, Série A vol. 180-B = RUDH 1990 S. 437 [S. 440], und Urteil Allan Jacobsson vom 25. Oktober 1989, Ziff. 69 und 73, Série A vol. 163 = RUDH 1989 S. 166 [S. 168]). Aus den zitierten Urteilen ergibt sich weiter, dass die richterliche Zurückhaltung bei der Beurteilung des den Behörden zustehenden Planungsermessens der EMRK nicht widerspricht; sie steht der verlangten umfassenden Rechtsanwendungskontrolle nicht entgegen ( BGE 117 Ia 497 E. 2e, s. auch BGE 119 Ia 88 E. 5, mit weiteren Hinweisen, sowie das schon erwähnte Urteil vom 11. November 1992 in ZBl 94/1993 S. 475 ff.; EBERHARD SCHMIDT-ASSMANN, Verfahrensgarantien im Bereich des öffentlichen Rechts mit Blick auf Art. 6 Abs. 1 EMRK , in: Schriften des österreichischen Instituts für Menschenrechte, Band 1, 1989, S. 89 ff., S. 106 f.). Ob das Baudepartement und der Regierungsrat ihren Beurteilungs- und Ermessensspielraum pflichtgemäss ausgeübt haben oder ob Ermessensmissbrauch bzw. -überschreitung vorliegen, ist Rechtsfrage und ist vom Verfassungsrichter vorstehend ohne Kognitionsbeschränkung geprüft worden. Beizufügen ist im übrigen, dass das vorliegende bundesgerichtliche Urteil von der interessierten Öffentlichkeit bei der Bundesgerichtskanzlei eingesehen und im Bedarfsfall als Kopie verlangt werden kann, so dass - nachdem am 13. Oktober 1993 bereits eine öffentliche Parteiverhandlung stattgefunden hat (oben B) - auch dem ebenfalls in Art. 6 Ziff. 1 EMRK verankerten Öffentlichkeitsgrundsatz BGE 119 Ia 411 S. 421 angemessen Nachachtung verschafft worden ist (s. aus der EGMR-Rechtsprechung insb. Urteil Sutter vom 22. Februar 1984, Ziff. 34, Série A vol. 74 = EuGRZ 1985 S. 232 = VPB 48/1984 Nr. 83, und Urteil Axen vom 8. Dezember 1983, Ziff. 30 f., Série A vol. 72 = EuGRZ 1985 S. 228; in diesem Zusammenhang ARTHUR HAEFLIGER, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993, S. 159; VELU/ERGEC, La Convention européenne des droits de l'homme, Bruxelles 1990, N. 504 und N. 506 S. 434 f.; MIEHSLER/VOGLER, Internationaler Kommentar zur EMRK, N. 340 zu Art. 6).
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6ad6c4e7-c5f6-4932-997b-3e8b7189c9d7
Urteilskopf 112 III 31 10. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 17. Januar 1986 i.S. M. (Rekurs)
Regeste Spezialanzeige betreffend Doppelaufruf ( Art. 142 SchKG , Art. 129 VZG ); Anfechtung der Steigerungsbedingungen. Sind der Kollokationsplan und das mit ihm verbundene Lastenverzeichnis in Rechtskraft erwachsen, so muss sich die Konkursverwaltung - insbesondere hinsichtlich der darin festgehaltenen Rangordnung - daran halten. Die Rangordnung kann nicht mehr dadurch in Frage gestellt werden, dass die Steigerungsbedingungen mit dem darin vorgesehenen Doppelaufruf, den ein kollozierter Gläubiger verlangt hat, angefochten werden.
Sachverhalt ab Seite 31 BGE 112 III 31 S. 31 A.- Am 7. Februar 1985 ist über die Sauvage AG in Meiringen der Konkurs eröffnet worden. Hauptsächliches Aktivum der Konkursmasse bildet eine Liegenschaft, in welcher ein Hotel geführt wird. Durch Vertrag vom 16. November 1983 war dieses Hotel von der Sauvage AG für die Zeit vom 1. Dezember 1983 bis 30. November 1986 an M. verpachtet worden. Überdies war dem Pächter mit dem genannten Vertrag ein bis 1. Dezember 1986 befristetes Vorkaufsrecht auf die Liegenschaft eingeräumt worden. Sowohl der Pachtvertrag wie das Vorkaufsrecht sind unter dem Datum des 18. November 1983 im Grundbuch von Meiringen vorgemerkt. Als Bestandteil des Kollokationsplanes legte das Konkursamt Oberhasli im Konkurs der Sauvage AG am 22. Mai 1985 das Lastenverzeichnis auf. Dabei diente ihm als Grundlage ein vom Grundbuchamt Oberhasli am 12. März 1985 erstellter Auszug aus BGE 112 III 31 S. 32 dem Grundbuch, welcher die folgenden Eigentümerschuldbriefe zugunsten der Kantonalbank von Bern anführt: im IV. Rang Fr. 150'000.-- (errichtet am 5. Juni 1967), im V. Rang Fr. 100'000.-- (5. Juni 1967), im VII. Rang Fr. 150'000.-- (16. Oktober 1974) sowie Fr. 200'000.-- (16. Oktober 1974), im VIII. Rang Fr. 185'000.-- (14. Februar 1978), im X. Rang Fr. 115'000.-- (17. Februar 1978) sowie Fr. 150'000.-- (17. Februar 1978), im XI. Rang Fr. 200'000.-- (27. Juni 1979), im XII. Rang Fr. 100'000.-- (16. Februar 1984). Das Lastenverzeichnis ist in Rechtskraft erwachsen, ohne angefochten worden zu sein. Die Gesamtforderung der Kantonalbank von Bern gegen die Sauvage AG per 30. Oktober 1985 - auf welches Datum die Versteigerung vorgesehen war - wird im Lastenverzeichnis mit Fr. 1'435'215.40 angegeben. Gemäss Ziff. 4, 6 und 8 des Lastenverzeichnisses ist diese Forderung bis auf einen Restbetrag von Fr. 77'590.15 durch die genannten Eigentümerschuldbriefe im IV. bis X. Rang sichergestellt, diese Restforderung gemäss Ziff. 10 des Lastenverzeichnisses durch den Eigentümerschuldbrief von Fr. 200'000.-- im XI. Rang. Der am 16. Februar 1984 errichtete Eigentümerschuldbrief von Fr. 100'000.-- im XII. Rang wird deshalb nur noch pro memoria aufgeführt. B.- Am 6. September 1985 stellte das Konkursamt Oberhasli den Grundpfandgläubigern - so auch der Kantonalbank von Bern - das Lastenverzeichnis zu. In einer Verfügung hiezu schrieb das Konkursamt: "In Anwendung von Art. 142 SchKG und Art. 104 VZG wird Ihnen hiermit eine Frist von 10 Tagen angesetzt, während welcher der Doppelaufruf ohne den am 18. November 1983 im Grundbuch vorgemerkten, Ihren Pfandrechten nachgehenden Mietvertrag verlangt werden kann." Nachdem die Kantonalbank von Bern mit Eingabe vom 12. September 1985 an das Konkursamt Oberhasli den Doppelaufruf verlangt hatte, vermerkte dieses im Protokoll der Grundstücksteigerung, dass der erste Aufruf mit und der zweite Aufruf ohne den am 18. November 1983 abgeschlossenen Vertrag zu erfolgen habe. Die Steigerungsbedingungen wurden vom 7. bis 16. Oktober 1985 aufgelegt. Mit Eingabe vom 11. Oktober 1985 wandte sich M. an die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern. Er verlangte die Aufhebung der Verfügung des Konkursamtes Oberhasli vom 6. September 1985 betreffend die Steigerungsbedingungen und die Anweisung der Aufsichtsbehörde BGE 112 III 31 S. 33 an das Konkursamt, die Liegenschaftssteigerung ohne Doppelaufruf vorzunehmen. Die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern wies die Beschwerde am 14. November 1985 ab. C.- Gegen diesen Entscheid hat M. innert Frist Rekurs bei der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts erhoben, welcher er beantragt: "In Abänderung des Entscheides der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern vom 14. November 1985 sei die Verfügung des Konkursamtes Oberhasli vom 6. September 1985 betreffend die Steigerungsbedingungen der öffentlichen Versteigerung der Liegenschaft [Hotel du Sauvage] Grundbuchblatt Nr. 1608 Meiringen aufzuheben und das Konkursamt Oberhasli anzuweisen, die Liegenschaftssteigerung ohne Doppelaufruf gemäss Art. 142 SchKG vorzunehmen." Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Rekurrent wirft dem Konkursamt Oberhasli vor, es habe der Kantonalbank von Bern am 6. September 1985 zu Unrecht Frist angesetzt, um den Doppelaufruf zu verlangen. Gemäss Art. 142 SchKG könnten nur Grundpfandgläubiger den Doppelaufruf verlangen. Der Kantonalbank von Bern sei dieses Recht versagt, weil sie nicht als Grundpfandgläubigerin betrachtet werden könne, sondern ihre Forderungen lediglich "durch Hingabe von Eigentümerschuldbriefen als Faustpfänder gesichert" gewesen seien. Bis zur Eröffnung des Konkurses über die Sauvage AG sei deshalb die Kantonalbank von Bern Faustpfandgläubigerin geblieben. 3. Vorweg ist festzuhalten, dass für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsstreits Art. 142 SchKG in Verbindung mit Art. 122 ff. VZG zur Anwendung gelangen. Das Konkursamt Oberhasli und mit ihm die kantonale Aufsichtsbehörde haben zu Unrecht Art. 104 VZG angerufen, der bei der Verwertung im Pfandverwertungsverfahren zum Zuge kommt; die entsprechende Bestimmung für die Verwertung im Konkursverfahren ist Art. 129 VZG . Gemäss Art. 129 VZG ist in den Spezialanzeigen an die Pfandgläubiger nach Art. 257 SchKG denjenigen Gläubigern, denen nach dem Lastenverzeichnis im Sinne von Art. 125 VZG ein anderes beschränktes dingliches Recht (Dienstbarkeit, Grundlast, Vorkaufsrecht usw.) im Range nachgeht, gleichzeitig anzuzeigen, dass sie binnen zehn Tagen beim Konkursamt schriftlich den doppelten Aufruf des Grundstückes im Sinne von Art. 142 SchKG BGE 112 III 31 S. 34 verlangen können. Das Konkursamt muss also zur Feststellung der Adressaten, welchen Frist zum Verlangen des Doppelaufrufs anzusetzen ist, auf das Lastenverzeichnis abstellen. Dieses bildet einen Bestandteil des Kollokationsplanes ( Art. 125 Abs. 2 VZG ), weshalb Ansprachen und die diesbezüglichen Verfügungen der Konkursverwaltung nach Massgabe von Art. 58 KOV aufzunehmen sind (AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Auflage 1983, § 46 N. 20 ff.). Das Lastenverzeichnis kann mit der Kollokationsklage im Sinne des Art. 250 SchKG angefochten werden; vorbehalten bleibt Art. 127 VZG , wonach die Kurrentgläubiger zur Anfechtung des Lastenverzeichnisses nicht berechtigt sind, soweit es sich nur um die Frage des Vorranges eines Pfandgläubigers vor dem andern handelt. Grundsätzlich darf erst zur Verwertung geschritten werden, nachdem allfällige Kollokationsprozesse rechtskräftig erledigt sind ( Art. 128 VZG ). Sind aber der Kollokationsplan und das mit ihm verbundene Lastenverzeichnis in Rechtskraft erwachsen, so muss sich die Konkursverwaltung - insbesondere hinsichtlich der darin festgehaltenen Rangordnung - daran halten. 4. a) Im vorliegenden Fall hat das Konkursamt Oberhasli die Empfänger seiner Verfügung vom 6. September 1985 entsprechend dem in Kraft getretenen Lastenverzeichnis bestimmt. Da dort die Kantonalbank von Bern mit den zwischen dem 5. Juni 1967 und dem 27. Juni 1979 errichteten Eigentümerpfandbriefen nach Massgabe von Art. 126 VZG kolloziert ist (vgl. auch Art. 35 Abs. 2 VZG ), war dies für das Konkursamt massgebend. Es war verpflichtet, der Kantonalbank von Bern Anzeige gemäss Art. 129 VZG dahingehend zu machen, dass sie den von Art. 142 SchKG vorgesehenen Doppelaufruf verlangen könne. Vergeblich macht daher der Rekurrent geltend, die Kantonalbank von Bern sei lediglich Faustpfandgläubigerin an den sich in ihrem Gewahrsam befindenden Eigentümerschuldbriefen. Entscheidend ist einzig, dass die Kantonalbank von Bern im Lastenverzeichnis vorrangig gegenüber dem Rekurrenten, dessen dingliches Recht am 18. November 1983 im Grundbuch von Meiringen vorgemerkt wurde, kolloziert ist. Diese Tatsache genügte, um das Konkursamt Oberhasli zur Anzeige gemäss Art. 129 VZG zu veranlassen. Infolgedessen kommt auch der Behauptung des Rekurrenten keine Bedeutung zu, die Kantonalbank von Bern habe (stillschweigend) dem zwischen der Sauvage AG und dem Rekurrenten geschlossenen BGE 112 III 31 S. 35 Vertrag zugestimmt und damit auch hingenommen, dass das damit verbundene dingliche Recht ihren eigenen Rechten im Rang vorgehe. Diese vom Rekurrenten behauptete Rangordnung geht aus dem Lastenverzeichnis nicht hervor; das Konkursamt aber konnte - wie ausgeführt - seiner Verfügung nur die Angaben zugrunde legen, welche dem rechtskräftigen Lastenverzeichnis zu entnehmen waren. Der Rekurrent kann auch nicht geltend machen, erst seine Kenntnis vom Doppelaufruf in den Steigerungsbedingungen habe ihn veranlasst, die Kollokation in Frage zu stellen. Es ist bekannt, dass die Rangordnung bei der Pfandverwertung und insbesondere im Hinblick auf den Doppelaufruf gemäss Art. 142 SchKG ihre eigentliche praktische Bedeutung erlangt (vgl. TUOR/SCHNYDER, ZGB, 9. Auflage 1975 (Nachdruck 1979), S. 641). b) Dem bleibt beizufügen, dass selbst wenn erstellt wäre, dass die Kantonalbank von Bern dem Abschluss des Vertrages vom 16. November 1983 wie auch dessen Vormerkung im Grundbuch zugestimmt hat, damit noch keineswegs gesagt ist, dass sie sich auch mit dem Nachgang ihrer eigenen dinglichen Rechte einverstanden erklärt hat. Das tatsächliche Vorbringen, dass die Kantonalbank von Bern in ihrer Eigenschaft als Aktionärin der Sauvage AG Kenntnis vom Vertragsschluss zwischen dem Rekurrenten und der Sauvage AG sowie von der Vormerkung im Grundbuch gehabt habe, ist deshalb unbeachtlich; die diesbezüglich angebotenen Beweise brauchen nicht abgenommen zu werden. 5. Nach dem Gesagten hat das Konkursamt Oberhasli der Kantonalbank von Bern zu Recht die Spezialanzeige gemäss Art. 129 VZG zukommen lassen. Hierauf hat die Kantonalbank von Bern - was unbestritten ist - innert der Frist von zehn Tagen den Doppelaufruf verlangt. Es verstösst somit nicht gegen Bundesrecht, wenn das Konkursamt schliesslich den Doppelaufruf in den Steigerungsbedingungen vorgesehen hat. Der Rekurs ist abzuweisen.
null
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6ad85b80-a774-4977-9a1b-e2855e385283
Urteilskopf 111 IV 171 43. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 31 mai 1985 dans la cause R c. Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 5 BAV . Begriffe des Fahrrades und des Kinderrades. Das Kinderrad unterscheidet sich vom Fahrrad dadurch, dass es für Kinder in Vorschulalter gebaut ist und nur ein geringes Gefahrenpotential aufweist.
Erwägungen ab Seite 172 BGE 111 IV 171 S. 172 Extrait des considérants: 3. La LCR ne donne aucune définition des cycles. L'art. 5 OCE (RS 741.41) définit toutefois cette notion. D'après cette disposition, les cycles sont des véhicules ayant au moins deux roues, entraînés au moyen de dispositifs mécaniques actionnés par la force des personnes transportées. Selon Strebel, le cycle est "das motorlose Landfahrzeug mit Pedalantrieb" (J. STREBEL, Kommentar zum MFG, Zurich 1934, vol. 1 p. 105 No 59 ad art. 1er). Cette description n'englobe pas seulement les cycles pour adultes, mais aussi ceux des enfants en âge préscolaire. Cependant, les vélos d'enfants ne créent en général que des dangers minimes, en raison de leur grandeur, de leur poids le plus souvent réduit et de leur vitesse relativement limitée de par leur construction et les conditions de leur utilisation (JAGUSCH/HENTSCHL, Strassenverkehrsrecht, 27e éd., Munich 1983, p. 505 n. 6 ad par. 24 StVO); aussi le législateur les a-t-il en principe soustraits (comme les trottinettes, etc.) aux règles de la circulation routière, selon l'art. 5 al. 1, 2e phrase OCE, mais en a interdit - sous le titre jeux sur la route, art. 50 al. 1 OCR - l'utilisation sur la chaussée, sauf sur les routes à faible circulation (dans les quartiers d'habitation par exemple). 4. Pour savoir si l'on est en présence d'un véhicule à pédales dépourvu de moteur, au sens précité, soumis aux règles de la circulation, ou d'un vélo d'enfants auquel en principe ces règles ne s'appliquent pas, il convient - on l'a vu - d'examiner la conception du véhicule: s'il a été construit pour supporter le poids d'un enfant en âge préscolaire et qu'il ne permette qu'une vitesse très réduite, comme un tricycle ou comme un petit vélo dont la transmission à chaîne n'a pas ou peu d'effet multiplicateur sur le développement, il appartient à la seconde catégorie: de façon générale, en effet, seuls les véhicules de cette sorte permettent une utilisation sans grand danger sur les routes à faible circulation. Tous les cycles de dimensions plus grandes, destinés aux enfants d'un âge supérieur, sont soumis aux dispositions de la loi et de ses ordonnances (voir STREBEL, loc.cit.), car, de par leur poids notamment et leur transmission à chaîne qui permet une accélération et une vitesse plus élevées, souvent par l'utilisation de la différence de diamètre des roues dentées, ils présentent un danger potentiel beaucoup plus considérable. BGE 111 IV 171 S. 173 5. Le rapport d'expertise, émanant du Service vaudois des automobiles, indique que le véhicule en cause pesait 25 kg, avait une longueur de 1,50 m, une largeur de 0,67 m, une hauteur de 0,96 m au guidon, de 0,76 m à la selle et des roues de 41 cm environ de diamètre à la jante. Compte tenu de ces dimensions et de ce poids, on ne saurait admettre qu'il s'agit d'un vélo d'enfants au sens des art. 50 al. 1 OCR et 5 al. 1 OCE, même si le rapport de police du 9 juin 1984 l'a qualifié de jouet. Dès lors, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en admettant que le véhicule à deux roues utilisé par le recourant était un cycle au sens de l'art. 1er LCR, cycle dont l'utilisation sur la voie publique était soumise aux règles de la circulation ainsi qu'à celles de l'OCE.
null
nan
fr
1,985
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6ade3bfd-4b67-464c-bae5-b15f22b0a423
Urteilskopf 121 I 49 6. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Januar 1995 i.S. X. u. Mitb. gegen Regierungsrat und Obergericht des Kantons Schaffhausen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 Abs. 1 BV ; gleicher Lohn für gleiche Arbeit (Schaffhauser Primarlehrer). Verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines Lohnsystems für Primarschullehrer, das Gemeindezulagen von maximal 20 Prozent zu den Ansätzen des kantonalen Besoldungsdekrets ermöglicht (E. 3). Pflicht zur Vornahme einer analytischen Arbeitsplatzbewertung? (E. 4b); objektive Gründe, die eine ungleiche Besoldung von Primarlehrern einerseits und Orientierungsschullehrern andererseits zu rechtfertigen vermögen (E. 4c).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 121 I 49 S. 50 Am 28. März 1991 beantragten verschiedene Primarlehrer dem Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, er möge feststellen, dass sie besoldungsmässig den in der Stadt Schaffhausen tätigen Primarlehrern gleichzustellen und den dort tätigen Orientierungsschullehrern gleichen Dienstalters bis auf einen Mehrverdienst von maximal 10 Prozent anzunähern seien. Gegen den Nichteintretensentscheid des Regierungsrats gelangten die Gesuchsteller an das Obergericht des Kantons Schaffhausen, das ihre Verwaltungsgerichtsbeschwerde am 18. Februar 1994 abwies. Es begründete seinen Entscheid damit, dass die unterschiedliche Besoldung der Primarlehrer auf einer eigenständigen Besoldungskompetenz der verschiedenen Gemeinden beruhe (§ 79 Abs. 4 des Schaffhauser Schulgesetzes vom 27. April 1981; SchulG) und deshalb Art. 4 BV nicht verletze. Die kantonal ungleiche Einstufung von Orientierungsschul- und Primarlehrern halte wegen der objektiven Unterschiede im jeweiligen Anforderungs- und Tätigkeitsprofil vor dem Bundesverfassungsrecht stand. Die betroffenen Primarlehrer haben gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde eingereicht, die das Bundesgericht abweist, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. a) Für den Fall, dass die Auslegung des einschlägigen Schulrechts durch das Obergericht nicht willkürlich sei, machen die Beschwerdeführer geltend, Art. 79 Abs. 4 SchulG, der Gemeindezulagen von maximal 20 Prozent auf den Ansätzen des kantonalen Besoldungsdekrets zulässt, verstosse als solcher gegen Art. 4 Abs. 1 BV . Sie verlangen eine vorfrageweise Überprüfung dieser kantonalen Bestimmung auf ihre Bundesverfassungsmässigkeit, was im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde an sich zulässig ist. Eine allfällig in diesem Rahmen festgestellte Verfassungswidrigkeit führte indessen nicht zur Aufhebung der beanstandeten Norm, sondern hätte lediglich zur Folge, dass diese auf die Beschwerdeführer nicht angewandt werden dürfte ( BGE 117 Ia 97 E. 1 S. 99 mit Hinweis). Da auch die Beschwerdeführer, die nicht in Schaffhausen unterrichten, von ihren Unterrichtsgemeinden gewisse Zulagen erhalten, erscheint zweifelhaft, ob sie ein rechtlich geschütztes Interesse an einer inzidenten Kontrolle von Art. 79 Abs. 4 SchulG haben; die Frage kann aber offenbleiben, weil ihre Vorbringen in der Sache selber unbegründet sind. BGE 121 I 49 S. 51 b) Der kantonale Gesetzgeber hat im Bereich der Lehrerbesoldung den schaffhausischen Gemeinden eine eigenständige Entscheidungsbefugnis eingeräumt, die es ihnen erlaubt, bei der Besoldung den örtlichen Besonderheiten und der Situation auf dem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen. Die Bundesverfassung schliesst ein solches System nicht aus; im Rahmen des dem kantonalen Gesetzgeber in Organisations- und Besoldungsfragen zustehenden weiten Gestaltungsspielraums stützt es sich auf ernsthafte sachliche Gründe und ist nicht zum vornherein sinn- oder zwecklos. Es trifft keine rechtlichen Unterscheidungen, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich wäre. Die Frage, ob für eine rechtliche Unterscheidung ein vernünftiger Grund auszumachen ist, kann zu verschiedenen Zeiten je nach den herrschenden Anschauungen und Zeitverhältnissen zwar unterschiedlich beantwortet werden (vgl. BGE 118 IV 192 E. 2e S. 195). Wenn der Kanton Schaffhausen entgegen den Tendenzen in anderen Kantonen indessen keine einheitliche Besoldungsregelung eingeführt hat und bei einem System geblieben ist, das sich so oder ähnlich bis in die jüngste Zeit auch noch in verschiedenen anderen Kantonen gefunden hat (vgl. HERBERT PLOTKE, Schweizerisches Schulrecht, Bern 1979, S. 411 ff.), verstösst dies weder gegen das Willkürverbot noch gegen das Gleichbehandlungsgebot. Wie das Obergericht zu Recht festhält, ist die Frage der Zweckmässigkeit von Art. 79 Abs. 4 SchulG rechtspolitischer Natur; es liegt am Gesetzgeber, die ihm besoldungspolitisch richtig erscheinende verfassungsmässige Lösung zu wählen. c) Durfte das Obergericht willkürfrei davon ausgehen, dass den einzelnen Gemeinden im Rahmen von 20 Prozent der Ansätze des kantonalen Besoldungsdekrets dienstrechtliche Eigenständigkeit zukommt, geht der Einwand der rechtsungleichen Anwendung der kantonalen Besoldungsbestimmungen zum vornherein fehl. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann von einer rechtsungleichen Behandlung grundsätzlich nur dann die Rede sein, wenn die gleiche Behörde gleichartige Fälle unterschiedlich behandelt (vgl. BGE 104 Ia 156 E. 2b S. 158; GEORG MÜLLER, in Kommentar BV, Art. 4, Rz. 39 mit Hinweisen, ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985, S. 71 f.). Die Beschwerdeführer werden im Rahmen des kantonalen Besoldungsdekrets unbestrittenermassen gleich behandelt wie ihre Kollegen, die in der Stadt Schaffhausen unterrichten (Lohnklasse 14); die besoldungsmässigen Abweichungen ergeben sich aus einer unterschiedlichen Ausschöpfung der BGE 121 I 49 S. 52 kommunalen Besoldungskompetenzen. Dass einzelne Beschwerdeführer gegenüber Kollegen in der gleichen Gemeinde rechtsungleich besoldet würden, wird nicht behauptet. 4. a) Die Beschwerdeführer machen auch geltend, sie seien im Vergleich zu den ebenfalls in der Lohnklasse 14 eingestuften kantonalen Beamten (Handwerker-Techniker, Revierförster, Polizeigefreite oder Gefängnisaufseher mit besonderen Aufgaben) angesichts ihrer beruflichen Anforderungen, Leistungen und Qualifikationen zu tief besoldet; sie seien eigentlich der Lohnklasse 19 zuzuteilen (technischer Sachbearbeiter, Ressortleiter, Analytiker-Programmierer, Berufsberater, Polizei-Feldweibel, Oberpflegepersonal, Lehrer für Spitalberufe sowie Berufsschullehrer der Kategorie C). Sie würden überdies im Vergleich zu den Orientierungsschullehrern der Stadt Schaffhausen lohnmässig unverhältnismässig schlechtergestellt. Diese verdienten im Vergleich zu ihnen im Besoldungsmaximum bis zu 43,04 (X.), 42,66 (W.), 36,13 (Y.) und 18,36 Prozent (Z.) mehr. Das Obergericht habe zu Unrecht auf eine in diesem Zusammenhang beantragte analytische Arbeitsplatzbewertung verzichtet und damit ihren Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er sich aus Art. 4 BV ergebe, verletzt. b) Die Argumentation der Beschwerdeführer beruht auf der Annahme, dass die Primarlehrer wie die anderen in Lohnklasse 14 eingestuften Beamten ausschliesslich durch den Kanton zu besolden sind; sie trägt der selbständigen kommunalen Lohnkompetenz, welche die kantonale Besoldungseinstufung ergänzt, nicht Rechnung und orientiert sich nur an der besonders günstigen Besoldungsordnung der Stadt Schaffhausen. Wenn es das Obergericht ablehnte, die Besoldung der Beschwerdeführer mit jener von anderen in der gleichen Lohnklasse beziehungsweise zwei Lohnklassen höher eingestuften Bediensteten zu vergleichen, hält dies vor Art. 4 BV stand: Für diese ergibt sich die Besoldung ausschliesslich aus dem kantonalen Besoldungsdekret selber, und ihre Tätigkeit unterscheidet sich zudem in objektiven Punkten wesentlich von jener der Primarlehrer. Das Obergericht durfte in diesem Zusammenhang von der Einholung eines arbeitswissenschaftlichen Gutachtens absehen: Das Bundesgericht stellt bei glaubhaft gemachten versteckten Lohndiskriminierungen im Rahmen von Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV zwar strenge Anforderungen an die richterliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts (vgl. BGE 117 Ia 262 ff. [Basler Kindergärtnerinnen], BGE 118 Ia 35 ff. [Solothurner Berufsberaterin]); die Beschwerdeführer rügten die bestehenden Lohnunterschiede aber nicht in BGE 121 I 49 S. 53 diesem Zusammenhang, weshalb ihre Berufung auf die entsprechende Praxis zum vornherein fehlgeht. Entgegen ihrer Auffassung ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 BV grundsätzlich keine Pflicht, bei jeder Lohnstreitigkeit das ganze kantonale Besoldungssystem einer analytischen Arbeitsplatzbewertung zu unterziehen. Eine solche ist allenfalls dann anzuordnen, wenn sich dem Richter tatsächliche Fragen stellen, die wegen der Komplexität des Besoldungssystems nicht ohne spezifisches Fachwissen beurteilt werden können, was vorliegend nicht der Fall war (vgl. zu Art. 4 Abs. 2 Satz 3 BV : BGE 117 Ia 262 E. 4c S. 269). c) Nach Art. 4 Abs. 1 BV ist im öffentlichen Dienstverhältnis gleiche Arbeit grundsätzlich gleich zu entlöhnen ( BGE 117 Ia 270 E. 2b S. 273, BGE 105 Ia 120 ff., BGE 103 Ia 517 ff.). Beruht jedoch die ungleiche Besoldung auf objektiven Gründen wie Alter, Dienstalter, familiäre Belastungen, Qualifikationsgrad, Risiken, Art und Dauer der Ausbildung, Arbeitszeit oder Aufgabenbereich usw., verstösst sie nicht gegen Art. 4 Abs. 1 BV . Bei der Lehrerbesoldung stellen solch objektive Kriterien etwa die zur Unterrichtstätigkeit erforderliche Ausbildung, die Schulart, die Stundenzahl, die Klassengrösse und die mit der Tätigkeit verbundene Verantwortung dar (PLOTKE, a.a.O., S. 403 ff.; vgl. auch BGE 117 Ia 270 E. 4 S. 276 f.). Die Orientierungsschullehrer unterrichten gegenüber den Primarlehrern unbestrittenermassen an einer höheren Schulstufe, und ihre Ausbildung dauert in der Regel auch zwei Jahre länger. Wenn das Obergericht gestützt hierauf und in Berücksichtigung, dass der in der Orientierungsschule zu vermittelnde Stoff etwas komplexer ist und vom Orientierungsschullehrer oft auch grössere Schwierigkeiten in disziplinarischer Hinsicht zu meistern sind, davon ausging, die Arbeit der Primarlehrer sei jener der Orientierungsschullehrer nicht gleichwertig, hält dies vor Art. 4 Abs. 1 BV stand. Hieran ändern die Hinweise der Beschwerdeführer auf andere Kantone nichts, wo die Besoldungsdifferenzen zwischen Primar- und Orientierungsschullehrern geringer sein sollen. Kann von einem Verstoss gegen das Gleichheitsgebot keine Rede sein, wenn in verschiedenen Kantonen dieselbe Rechtsfrage bei gleichem Sachverhalt unterschiedlich beantwortet wird (vgl. BGE BGE 104 Ia 156 E. 2b S. 158 mit Hinweisen), so muss dies um so mehr gelten, wenn Besoldungsfragen - politisch und systembedingt - kantonal anders gelöst werden. Dem kantonalen Gesetzgeber kommt bei der Ausgestaltung des Besoldungssystems mit Blick auf die damit verbundenen Wertungsfragen ein erheblicher Gestaltungsspielraum BGE 121 I 49 S. 54 zu (vgl. unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 10. Dezember 1993 i.S. E.B., E. 3c u. 5a/aa). Wenn die Differenz zwischen der Grundbesoldung der Primarlehrer und jener der Orientierungsschullehrer im Kanton Schaffhausen mit 21,72 Prozent auch etwas mehr als 10 Prozent über dem gesamtschweizerischen Durchschnitt liegt, ist dies bundesverfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass in Einzelfällen die Differenz krasser ausfallen kann, ist auf die unterschiedliche Zulagenpraxis der verschiedenen Gemeinden in ihrem Besoldungsbereich zurückzuführen und nicht auf das kantonale Besoldungsdekret und die dortige Einstufung der Orientierungsschullehrer.
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Urteilskopf 108 II 188 39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. September 1982 i.S. M. gegen A. (Berufung)
Regeste Subrogation ( Art. 110 Ziff. 1 OR ). Wird eine Schuld durch ein Drittpfand gesichert und bleiben die Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner und Verpfänder unklar, so steht dem Pfandbesteller bei Verwertung des Pfandes durch den Gläubiger - analog Art. 110 Ziff. 1 OR - ein Anspruch aus Subrogation zu.
Sachverhalt ab Seite 188 BGE 108 II 188 S. 188 A.- Am 23. Oktober 1973 stellte der Schweizerische Bankverein (SBV) Herrn M. einen Konto-Korrentkredit von Fr. 17'000.-- zur Verfügung. Zur Sicherstellung gewährte Frau S. dem SBV ein Faustpfand an Kassenobligationen im Werte von Fr. 20'000.--. Am 10. März 1975 erhöhte der SBV im Einverständnis der Pfandbestellerin den Kredit auf Fr. 19'000.--. BGE 108 II 188 S. 189 Am 17. Mai 1979 starb Frau S. Die Alleinerbinnen, ihre Töchter E. und C. A., nahmen die Erbschaft an. Da M. seinen Verpflichtungen dem SBV gegenüber nicht nachkam, verwertete die Bank das von der verstorbenen Frau S. bestellte Pfand und wurde dadurch vollumfänglich gedeckt. B.- Die Schwestern A. verlangten von M. erfolglos Zahlung des Restbetrages, den er ihnen nach Verrechnung einer Gegenforderung noch schulde, nachdem sie an seiner Stelle durch die Pfandverwertung den SBV befriedigt hatten. Am 1. Juli 1981 hiess das Kantonsgericht Nidwalden eine entsprechende Klage der Schwestern A. gut und verpflichtete den Beklagten M., den Klägerinnen Fr. 9'199.65 nebst Zins zu bezahlen. Auf Appellation des Beklagten hin bestätigte das Obergericht (Zivilabteilung) des Kantons Nidwalden am 1. April 1982 dieses Urteil vollumfänglich. C.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte, das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Berufung und Bestätigung des vorinstanzlichen Urteils. Erwägungen Das Bundesgericht weist die Berufung ab aus folgenden Erwägungen: 1. a) Der Beklagte macht geltend, das Urteil des Obergerichts verletze Art. 110 Ziff. 1 OR . Er führt aus, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon aus, nach der Verwertung des Faustpfandes durch die Bank seien deren Rechte als Gläubigerin von Gesetzes wegen auf die Pfandgeberin bzw. ihre Erbinnen übergegangen. Der Beklagte ist der Ansicht, eine solche Subrogation liege nur dann vor, wenn der Dritte die fremde Schuld bezahle, um die Verwertung seines Pfandes durch den Gläubiger zu verhindern; vorliegend sei aber das Pfand nicht gemäss Art. 110 Ziff. 1 OR eingelöst, sondern verwertet worden. b) Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Zu Recht bestätigt das Obergericht die Erwägung des Kantonsgerichtes, eine Subrogation sei unabhängig davon zu bejahen, ob die Pfandeigentümerin von sich aus das Pfand einlöse, um die fremde Schuld zu tilgen, oder ob die Bank als Gläubigerin dieses gestützt auf den Pfandbestellungsvertrag verwerte. Der SBV gewährte dem Beklagten einen Kredit, den er jedoch BGE 108 II 188 S. 190 von der Stellung eines Drittpfandes abhängig machte. Dadurch entstand ein Dreiecksverhältnis zwischen dem SBV als Pfandgläubiger, dem Beklagten als Schuldner und Frau S. bzw. den Klägerinnen als Verpfänderinnen. Im Gesetz findet sich keine Bestimmung, welche diesen Sachverhalt - insbesondere die Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Verpfänder - regelt. Die Sicherung der fremden Schuld durch den Dritten, den Pfandeigentümer, beruht auf einem zwischen diesem und dem Schuldner bestehenden Grundverhältnis. Befriedigt der Dritte den Gläubiger, wird im allgemeinen nach diesem Innenverhältnis beurteilt, ob und inwieweit der Drittpfandbesteller Ansprüche gegen den Schuldner geltend machen kann. Lehre und Rechtsprechung gehen davon aus, dass im Zweifel - sollten sich die Rückgriffsrechte aus dem Innenverhältnis nicht eindeutig ergeben - die Forderung des Gläubigers kraft Subrogation in gleicher Weise auf den Dritten übergeht, wie wenn er gemäss Art. 110 Ziff. 1 OR seine Pfandsache eingelöst hätte (OFTINGER/BÄR, Zürcher Kommentar, Bd. IV.2.c., N. 391 zu Art. 884 ZGB , ZOBL, Berner Kommentar, Bd. IV.2.5.1., N. 293 und 989 zu Art. 884 ZGB mit Hinweisen, SIMONIUS, Probleme des Drittpfandes, SJZ 1979, S. 373 mit Hinweisen in N. 37; vgl. BGE 95 III 55 ). c) Der Beklagte hat nicht behauptet, die Forderung der Klägerinnen entfalle, weil die Interzession ihrer verstorbenen Mutter Schenkungscharakter gehabt hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Frau S. auf jeden Regress gegenüber dem Beklagten verzichtet hätte (vgl. ZOBL, a.a.O., N. 991 zu Art. 884 ZGB ). Bleiben die Rechtsbeziehungen zwischen Beklagtem und Klägerinnen aber unklar, muss diesen - analog Art. 110 Ziff. 1 OR - ein Anspruch aus Subrogation grundsätzlich zugesprochen werden.
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Urteilskopf 105 Ib 406 60. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. September 1979 i.S. Bank X. gegen Eidg. Bankenkommission (verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 6 BankG ; Aufstellung und Veröffentlichung der Jahresrechnung. Ausweispflicht für einen Zuschuss à fonds perdu des Alleinaktionärs einer Bank. 1. Aufsichtsbefugnisse der Eidg. Bankenkommission ( Art. 23ter BankG , Art. 6 BankG ; E. 2 u. 8). 2. Gliederung der Jahresrechnung ( Art. 6 BankG , Art. 23-25 BankV ; E. 3). 3. Wann liegt ein in der Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisender Debitorenverlust (E. 4a), wann ein zu verbuchender Ertrag (E. 4b) vor? 4. Unzulässigkeit der Kompensation wirtschaftlich sich entsprechender Aufwand- und Ertragspositionen (E. 5). 5. Verhältnis zwischen Geschäftsbericht und Jahresrechnung (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 407 BGE 105 Ib 406 S. 407 Die Bank X. ist eine Aktiengesellschaft, Alleinaktionär ist M. Im ersten Halbjahr 1977 wurde beim Engagement S. der Bank, welches die sog. N.-Gruppe betraf, ein bedeutendes Verlustrisiko festgestellt. Damit zur Deckung des Rückstellungsbedarfs nicht Reserven herangezogen werden mussten, leistete M. gegenüber der Bank eine Ausfallgarantie im Umfang von maximal zu erwartenden Verlusten von Fr. 27,5 Mio., fällig mit dem Nachweis der effektiven Höhe des Verlusts. Bei dieser Sachlage empfahl die Eidg. Bankenkommission (EBK) der Bank X., diese Ausfallgarantie in der Gewinn- und Verlustrechnung 1977 unter der Rubrik "Verschiedenes" offen auszuweisen und im Geschäftsbericht 1977 zu kommentieren; ferner empfahl sie der Bank, die Jahresrechnung 1977 erst nach Genehmigung durch die EBK zu veröffentlichen (Schreiben vom 23. Dezember 1977). Die Bank X. lehnte beides ab. Sie hielt dafür, für die Verbuchung bestehe keine gesetzliche Vorschrift und die Genehmigung gehe über die Befugnisse der EBK hinaus. Aufgrund der Weigerung der Bank erliess die EBK am 23. Februar 1978 eine Verfügung. Darin wurde die Bank X. verpflichtet, in der Jahresrechnung 1977 die notwendige Abschreibung auf der Position S. durch entsprechende Belastung des Aufwandkontos "Verluste, Abschreibungen und Rückstellungen" vorzunehmen (Ziff. 1) Ferner musste sie die Ausfallgarantie des M. in der Jahresrechnung 1977 im Ertragskonto "Verschiedenes" verbuchen (Ziff. 2). Schliesslich durften die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung nicht veröffentlicht werden, bevor die EBK ihre Genehmigung erteilt hatte (Ziff. 3). Die Bank X. erhebt gegen diese Verfügung Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, die Verfügung der EBK vom 23. Februar 1978 sei aufzuheben. Eventuell seien die Ziff. 1 und 2. der angefochtenen Verfügung erst für die Gewinn- und Verlustrechnung desjenigen Jahres zu befolgen, in dem die Höhe des Verlusts und die Höhe der Zahlung des M. als Garant bekannt seien. BGE 105 Ib 406 S. 408 Die EBK beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Dieser wurde aufschiebende Wirkung beigelegt. Gestützt darauf veröffentlichte die Bank X. die Jahresrechnung 1977 ohne die verlangten Auflagen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. c) Mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung und Missbrauch des Ermessens, sowie die unrichtige oder unvollständig Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts geltend gemacht werden ( Art. 104 lit. a und b OG ), nicht aber die Unangemessenheit der angefochtenen Verfügung ( Art. 104 lit. c OG ). Ob die Voraussetzungen für ein Einschreiten der EBK gegen eine Bank gegeben sind, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüft. Dabei muss es sich aber Zurückhaltung auferlegen bei der Beurteilung von ausgesprochenen Fachfragen, zu deren Beantwortung die EBK zufolge ihrer Zusammensetzung aus Sachverständigen besser imstande ist als das Bundesgericht. Insofern ist der EBK ein gewisser Beurteilungsspielraum in der Beurteilung des Einzelfalls zuzugestehen ( BGE 103 Ib 354 E. 5b). Welche Massnahme im Einzelfall angezeigt ist, stellt dagegen eine Ermessensfrage dar. Hier kommt der EBK als fachkundiger Behörde ein weiterer Spielraum des Ermessens bei der Auswahl der Massnahmen zu ( BGE 103 Ib 354 E. 5c). 2. Die EBK ist nicht mit der direkten Kontrolle der Banken betraut, sondern nur mit der Oberaufsicht (vgl. Botschaft über die Revision des Bankengesetzes vom 13. Mai 1970, BBl 1970 I/2 S. 1156). Sie hat die Jahresrechnungen der Banken nicht selbst nachzuprüfen; vielmehr ist dies Aufgabe der anerkannten Revisionsstellen. Diese müssen indessen die EBK von Verletzungen gesetzlicher Vorschriften, Mängeln oder anderen Missständen benachrichtigen (Art. 21 Abs. 3 BG über die Banken und Sparkassen vom 8. November 1934; SR 952.0, BankG). Erhält die EBK von Gesetzesverletzungen oder sonstigen Missständen Kenntnis, so erlässt sie die zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands und zur Beseitigung der Missstände notwendigen Verfügungen ( Art. 23ter BankG ). Wird sie BGE 105 Ib 406 S. 409 demnach von der Verletzung der gemäss Art. 6 Abs. 1 und 2 BankG geltenden Bilanzierungsvorschriften oder von anderen Missständen unterrichtet, so ist sie aufgrund von Art. 23ter Abs. 1 BankG verpflichtet einzugreifen, um den ordnungsgemässen Zustand herzustellen und die Missstände zu beseitigen. 3. a) Nach Art. 6 Abs. 1 BankG , haben die Banken Jahresrechnungen, umfassend eine Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung, aufzustellen. Die Bilanz ist nach den Vorschriften des Obligationenrechts über die Aktiengesellschaften und nach den Bestimmungen des BankG zu erstellen (Abs. 2). Die Jahresrechnungen sind zu veröffentlichen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Abs. 4). Die Gliederung der Jahresrechnungen ist gemäss Abs. 5 in der Vollziehungsverordnung festzusetzen; diese hat auch zu bestimmen, in welcher Form und binnen welchen Fristen sie zu veröffentlichen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sind. In diesem Sinn umschreiben die Art. 23-25 der Verordnung zum BankG vom 17. Mai 1972 (SR 952.02; BankV) die Gliederung der Jahresrechnung. Art. 23 und 24 BankV beziehen sich auf die Bilanz; Art. 25 BankV betrifft die Gewinn- und Verlustrechnung. Der BankV ist zudem im Anhang II eine "Wegleitung zu dem Bilanzierungsvorschriften der Art. 23-25 der Verordnung" beigegeben. Darin wird unter lit. A die Gliederung der Bilanzen beschrieben, unter lit. B die Aufteilung der Gewinn- und Verlustrechnung; lit. C enthält allgemeine Weisungen. b) In der Gewinn- und Verlustrechnung 1977 wird die Bank X. Verluste, Abschreibungen und Rückstellungen von Fr. 4,2 Mio. und einen Reingewinn von Fr. 7,1 Mio. ausweisen. Im Vergleich zum Vorjahr haben sich damit die ausgewiesenen Verluste, Abschreibungen und Rückstellungen um Fr. 1,3 Mio. verringert und der ausgewiesene Reingewinn übertrifft das Vorjahresergebnis um 9,4% (Fr. 7,1 Mio. 1977; Fr. 6,4 Mio. 1976). Ohne die Ausfallgarantie des M. hätte die Beschwerdeführerin im Jahr 1977 einen Verlust hinnehmen müssen, der bei fast vollständiger Abschreibung des Engagements S. rund Fr. 20 Mio. betragen hätte. Nach der von ihr vorgesehenen Gewinn- und Verlustrechnung sollen weder der Verlust auf dem Engagement S. als Aufwand, noch der Zuschuss (Ausfallgarantie) des M. als Ertrag ausgewiesen werden. Die EBK ist demgegenüber der Auffassung, dass der Verlust auf der Aufwandseite BGE 105 Ib 406 S. 410 unter der Rubrik "Verluste, Abschreibungen und Rückstellungen" als "Debitorenverlust" (lit. B Ziff. 2.7 Anhang II zur BankV) offen ausgewiesen werden muss und die Ausfallgarantie auf der Ertragsseite, mangels einer andern Rubrik, unter "Verschiedenes" (lit. B Ziff. 1.7 Anhang II zur BankV) zu verbuchen ist. 4. a) Es fragt sich zunächst, ob von einem Debitorenverlust auszugehen ist, da der endgültige Verlust auf dem Engagement S. am Bilanzstichtag (31. Dezember 1977) zahlenmässig noch nicht feststand. Weder das BankG noch das Aktienrecht regeln die Bewertung von Forderungen. Es ist deshalb auf den allgemeinen Grundsatz von Art. 960 Abs. 2 OR zurückzugreifen, wonach alle Aktiven höchstens nach dem Wert einzusetzen sind, der ihnen im Zeitpunkt zukommt, auf den Bilanz errichtet wird (Bodmer/Kleiner/Lutz, Kommentar zum BankG N. 12 zu Art. 6 BankG ). Der Wert einer Forderung vermindert sich nicht erst mit dem Vorliegen eines Verlustscheins. Vielmehr tritt die Wertverminderung ein, sobald ernsthafte Zweifel bestehen, dass die Forderung ohne Verlust realisiert werden kann. Dieser Wert kann in der Regel nur durch eine Schätzung ermittelt werden (Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 15 zu Art. 6 BankG ). Bereits Ende Dezember 1977 war bekannt, dass auf den Engagement S. ein bedeutender Verlust entstanden war, da im Dezember 1977 über die Nachlassverträge der N. Holding AG sowie der N. Finanz- und Verwaltungs AG verhandelt wurde und die N. & Co. in Konkurs gehen sollte. Angesichts der zu erwartenden geringen Nachlassdividenden bzw. der sich gegenüberstehenden hohen Passiven und geringen freien Aktiven der N. & Co. war praktisch mit einem völligen Verlust auf dem Engagement S. zu rechnen. Obwohl der endgültige betragsmässige Ausfall noch nicht feststand, konnte der am Bilanzstichtag bestehende Verlust in diesem Zeitpunkt durchaus geschätzt werden. Es bestand demnach in der Tat am Bilanzstichtag ein Verlust, der nach dem Gesagten grundsätzlich in der Jahresrechnung verbucht werden musste. In Frage kommt dafür nur die von der EBK genannte Rubrik. b) Entsprechend fragt sich, ob aus der Ausfallgarantie des M. ein Ertrag bejaht werden kann, der auszuweisen ist. Zwar kann eine AG die Aktionäre nicht zwingen, zusätzliche Leistungen BGE 105 Ib 406 S. 411 zur Deckung eines Verlusts der Gesellschaft zu erbringen ( Art. 680 Abs. 1 OR ). Solche zusätzlichen Leistungen können indessen freiwillig erbracht oder vertraglich versprochen werden. Der Vertrag oder ein ähnliches Dokument, das die Ausfallgarantie des M. näher belegen könnte, liegt nicht in den Akten; es bestehen indessen keine Anhaltspunkte dafür, dass die in keiner Weise bestrittene Garantie nicht abgegeben wurde. Ebensowenig ist die Zahlungswilligkeit und -fähigkeit des M. bestritten. Er ist angesichts seiner finanziellen Verhältnisse auch offensichtlich in der Lage, die beträchtliche Forderung zu erfüllen. Unter diesen Umständen darf angenommen werden, dass die Zahlung im Ausmass des von der Bank X. tatsächlich erlittenen Verlusts stattfinden wird, sobald die endgültig Höhe des Verlusts betragsmässig feststeht. Entsprechend dem nachweisbaren Debitorenverlust auf dem Engagement S. stand demnach am Bilanzstichtag der Bank X. in derselben Höhe eine feste Forderung zu. Diese kann somit ebenfalls grundsätzlich in der Gewinn- und Verlustrechnung 1977 auf der Ertragsseite aktiviert werden. Da es sich nicht um einen Ertrag aus dem Betrieb oder der Geschäftstätigkeit der Bank handelt, steht hiefür mangels einer andern Rubrik nur die Rubrik 1.7 "Verschiedenes" zur Verfügung. 5. Die Beschwerdeführerin stellt sich indessen auf den Standpunkt, die beiden Positionen müssten in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht ausgewiesen werden, weil der erwähnte Verlust durch die Ausfallgarantie des M. gedeckt sei und deshalb die Bank wirtschaftlich keinen selber zu tragenden Verlust erlitten habe. a) Im Unterschied zu den ausschliesslich den allgemeinen Buchführungsvorschriften und dem Aktienrecht unterstellten Unternehmungen sind die Banken (mit Ausnahme der Privatbanquiers, die sich nicht öffentlich zur Aufnahme fremder Gelder empfehlen) verpflichtet, die Jahresrechnung und gegebenenfalls die Zwischenbilanzen zu veröffentlichen. Damit soll zunächst das Bankenpublikum, d.h. die Aktionäre sowie die Gläubiger und die Kreditnehmer, in den Stand versetzt werden, sich ein Bild von der Vermögens- und Ertragslage des Instituts zu machen, dem sie ihr Geld anvertrauen. Sie sollen in die Lage versetzt werden, sich ein selbständiges Urteil über das Geschäftsgebaren und die Sicherheit der Bank zu bilden. Grosse Bedeutung haben die Publikationen sodann für die Orientierung BGE 105 Ib 406 S. 412 der Öffentlichkeit schlechthin (Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 33 zu Art. 6 BankG ). Daher will das BankG mittels detaillierter Gliederungsvorschriften einen vertieften Einblick in die finanziellen Verhältnisse einer Bank und deren Entwicklung gewährleisten (Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 3 zu Art. 6 BankG ). b) Ist aus der Jahresrechnung nicht ersichtlich, dass der ausgewiesene Abschluss nur dank besonderen Zuschüssen an die Bank erreicht wurde, so lässt sich dies mit dem Sinn der bankenrechtlichen Gliederungsvorschriften nicht vereinbaren. Denn nur wenn solche Zuschüsse und die entsprechenden Verluste ausgewiesen werden, kann sich das Publikum ein Bild über die wirtschaftliche Ertragslage und die Sicherheit der Bank machen. Der aufmerksame Leser kann so zumindest feststellen, ob das publizierte Ergebnis wesentlich durch die Sammelposition "Verschiedenes" auf der Ertragsseite beeinflusst ist. Schlüge sich die Sanierung einer Bank durch ihren Alleinaktionär nur dann sichtbar im Jahresabschluss nieder, wenn der Weg der Kapitalherabsetzung und anschliessenden Wiederaufstockung beschritten wird, würden die bankenrechtlichen Bilanzierungs- und Gliederungsvorschriften in dieser Beziehung ihrem Zweck nicht gerecht. In der Lehre wird sogar die Auffassung vertreten, dass bereits die allgemeinen Grundsätze der Bilanzwahrheit und -klarheit nach Art. 959 OR eine Kompensation von Ertrags- und Aufwandposten sowie Verschiebungen innerhalb der beiden Erfolgsreihen ausschliessen können (z.B. Bourquin, Le principe de sincérité du bilan, S. 406; Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 76 zu Art. 6 BankG ; vgl. auch Blumer/Graf, Kaufmännische Bilanz und Steuerbilanz, 6. A., 1977, S. 76). Wie es sich damit verhält, braucht hier indessen nicht abschliessend geprüft zu werden, da jedenfalls für Banken eine solche Kompensation aufgrund der besonderen bankenrechtlichen Vorschriften verneint werden muss. 7. a) Die Beschwerdeführerin hält schliesslich dafür, es genüge, wenn sie die Ausfallgarantie bzw. den Verlust im Geschäftsbericht erwähne. Dem Geschäftsbericht kommt gegenüber der Jahresrechnung eine ergänzende Funktion zu ( Art. 724 OR ; BÜRGI, Zürcher Kommentar, Die Aktiengesellschaft, N. 2 zu Art. 724 OR ). Es sollen darin die Positionen der Bilanz und der Erfolgsrechnung erläutert werden. Angesichts der strengen BGE 105 Ib 406 S. 413 bankenrechtlichen Vorschriften für eine minimale Gliederung der Jahresrechnung kann eine wesentliche Aussage in der Jahresrechnung einer Bank nicht dadurch ersetzt werden, dass sie im Geschäftsbericht erwähnt wird. Der blosse Hinweis im Geschäftsbericht des Jahres 1977 genügt daher im vorliegenden Fall nicht. b) Die Beschwerdeführerin wendet in diesem Zusammenhang in der Replik noch ein, die Verbuchung der Ausfallgarantie unter "Verschiedenes" sei nicht aussagekräftig, da daraus nicht hervorgehe, woher der Zuschuss komme. Entscheidend ist indessen, wie die EBK in der Duplik zu Recht hervorhebt, dass ohne Ausweis des erlittenen Debitorenverlusts auf der Aufwandseite und dessen Abdeckung unter der Ertragsposition "Verschiedenes" die Gewinn- und Verlustrechnung überhaupt nicht aussagekräftig ist. Dass hingegen der Leser, wenn die Ertragsposition "Verschiedenes" nicht weiter unterteilt wird, auf eine ergänzende Berichterstattung im Geschäftsbericht angewiesen ist, bedeutet nicht, dass die Information überhaupt fehlt. Vielmehr kann ein kundiger Leser aus den beiden auch nicht weiter unterteilten Saldi zumindest ablesen, dass die Bank offenbar einen hohen Verlust erlitten hat und dieser mit ausserordentlichen Erträgen abgedeckt werden musste. Im übrigen kann die Bank von sich aus von der Möglichkeit einer weiteren Unterteilung gemäss lit. C Anhang II zu BankV Gebrauch machen und so die Jahresrechnung aussagekräftiger gestalten. 8. a) Aus dem Gesagten folgt, dass die Bank X. verpflichtet war, in der Jahresrechnung 1977 die beiden Positionen offen auszuweisen. Angesichts der Weigerung der Bank, die entsprechenden Verbuchungen vorzunehmen, und der Bedeutung der in Frage stehenden Vorschriften konnte die EBK gestützt auf ihre Aufsichtsbefugnisse auch ohne weiteres den Ausweis verbindlich anordnen, wie sie es in Ziff. 1 und 2 der angefochtenen Verfügung tat. Die Beschwerde ist somit in dieser Beziehung unbegründet. b) Es fragt sich noch, ob die EBK auch die Befugnis hatte, die Veröffentlichung der Jahresrechnung von ihrer vorgängigen Genehmigung abhängig zu machen (Ziff. 3 der angefochtenen Verfügung). Gemäss Art. 23bis und 23ter BankG kommt der EBK bei der Auswahl der Massnahmen zur Herstellung des ordnungsgemässen Zustands ein weiter Spielraum des Ermessens zu (vgl. vorne E. 1c). Mit der erwähnten Genehmigung ist BGE 105 Ib 406 S. 414 nicht eine Kontrolle der unmittelbaren Geschäftstätigkeit der Bank verbunden; auch übt die EBK damit nicht die Funktion der Revisionsstelle aus. Vielmehr erlaubt ihr die vorgängige Einsicht in die zur Publikation bestimmte Jahresrechnung lediglich, die betreffende Bank nochmals auf eine allfällige Gesetzwidrigkeit aufmerksam zu machen und ihr zu ermöglichen, eine Korrektur anzubringen, die sonst unter Umständen in Form einer nachträglichen, korrigierten Veröffentlichung erfolgen muss (vgl. Bodmer/Kleiner/Lutz, a.a.O., N. 11 zu Art. 23ter BankG ). Es versteht sich sodann, dass die EBK in der Ausübung dieser präventiven Kontrolle an das Amtsgeheimnis gebunden ist. Bei dieser Sachlage kann nicht angenommen werden, die Anordnung halte sich nicht im Rahmen des der EBK zustehenden Ermessensspielraums. c) Die Beschwerde ist demnach vollumfänglich abzuweisen. Es fragt sich, welche Folgen dies für die Beschwerdeführerin hat, nachdem die Jahresrechnung 1977 ohne die erwähnten Auflagen publiziert wurde. Es ist an sich nicht ausgeschlossen, dass ein Verstoss gegen die Bilanzierungs- und Gliederungsvorschriften im Hinblick auf die Interessen des Bankenpublikums als so schwerwiegend angesehen werden muss, dass eine nachträgliche Publikation einer korrigierten Jahresrechnung zum Schutz der Gläubiger und des Publikums unerlässlich ist. Die Interessenlage im vorliegenden Fall erfordert dies indessen nicht. Im Geschäftsbericht 1977 führte die Bank X. aus: "So muss neben anderen Banken auch die Bank X. als Folge des Zusammenbruchs des N.-Konzerns mit einem Verlust in der Grössenordnung von 26 Mio. Franken rechnen. Um die Bank davon zu entheben, zur Ausfalldeckung stille Reserven flüssig zu machen, hat M. als Alleinaktionär gegenüber der Bank eine Ausfallgarantie übernommen." Auch durch Pressemeldungen und -kommentare war dieser Stand der Dinge einem breiten Publikum zur Kenntnis gekommen. Eine nachträgliche Veröffentlichung einer korrigierten Jahresrechnung 1977 wäre unter diesen Umständen eine unverhältnismässige Massnahme. Hingegen dürfte es sich rechtfertigen, die Bank X. zu verpflichten, im Geschäftsbericht des folgenden Jahres auf die Korrektur in angemessener Weise hinzuweisen. Indes liegt in diesem Zeitpunkt auch bereits der Geschäftsbericht des Jahres 1978 vor. Unter Würdigung der gesamten Umstände kann der Beschwerdeführerin nicht mehr zugemutet werden, auch noch in einem BGE 105 Ib 406 S. 415 späteren Geschäftsbericht auf jene Verbuchungen zurückzukommen und einen entsprechenden korrigierenden Hinweis noch nachzutragen. Die Sache muss deshalb mit diesem Urteil ihr Bewenden haben.
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nan
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Federation
6ae5d406-b157-41fc-9393-ed2b88fbc951
Urteilskopf 112 V 106 18. Urteil vom 26. März 1986 i.S. Schweizerische Gewerbekrankenkasse gegen Stadt Zürich und Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Art. 97 und 128 OG , Art. 5 VwVG : Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. - Ob eine anfechtbare Verfügung vorliegt, ist von Amtes wegen zu prüfen (Erw. 1). - Wann beruht eine Verfügung auf dem Bundes(sozialversicherungs)recht? (Präzisierung der Rechtsprechung; Erw. 2.) Art. 2 KUVG : Vom Kanton obligatorisch erklärte Krankenversicherung. Eine Verfügung betreffend Beiträge der Stadt Zürich an die Krankenkassen als Durchführungsorgane der obligatorischen Krankenversicherung und betreffend die Festsetzung der Mitgliederprämien beruht nicht auf Bundesrecht, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde unzulässig ist (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 107 BGE 112 V 106 S. 107 A.- Die vom Bund anerkannte Schweizerische Gewerbekrankenkasse (nachfolgend: GKK) beteiligt sich an der Durchführung der in der Stadt Zürich obligatorischen Krankenpflegeversicherung. Als sogenannte Vertragskrankenkasse erhält sie von der Stadt einerseits Prämienbeiträge an die Krankenpflegeversicherung jedes obligatorisch versicherten Mitgliedes und anderseits Sonderbeiträge zur Abgeltung der zusätzlichen Lasten, welche sich aus der Durchführung des Obligatoriums ergeben. Die GKK vertritt den Standpunkt, dass seit der Änderung der entsprechenden Rechtsgrundlagen durch die Stadt Zürich im Jahre 1976 deren Beiträge zu tief seien und dass die Mehrkosten, welche die obligatorisch Versicherten im Vergleich zu den freiwillig Versicherten verursachten, nicht ausgeglichen würden. Mit Eingabe vom 12. August 1980 an den Vorstand des Gesundheits- und Wirtschaftsamtes der Stadt Zürich beantragte die GKK deshalb die Erhöhung ihrer Einnahmen in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung je Mitglied auf Fr. 1'300.-- ab 1981 in der Weise, dass sie von den obligatorisch Versicherten höhere Prämien verlangen dürfe und/oder von der Stadt Zürich höhere Prämien- und Sonderbeiträge erhalte, dies verbunden mit der Übernahme der in den Jahren 1976 bis 1980 aufgelaufenen Fehlbeträge; für den Fall der Abweisung des rückwirkenden Ausgleichsbegehrens beantragte die GKK die Erhöhung der jährlichen Einnahmen je versicherungspflichtiges Mitglied mit Wirkung ab 1981 auf Fr. 1'650.--. Am 31. März 1981 lehnte der Vorstand des Gesundheits- und Wirtschaftsamtes diese Anträge ab, soweit er darauf eintrat. Die hiegegen erhobene Einsprache wies der Stadtrat von Zürich am 10. Februar 1982 ab, welchen Beschluss der Bezirksrat Zürich auf Rekurs hin, soweit er darauf eintrat, bestätigte (Beschluss vom 7. April 1983). B.- Die GKK reichte hiegegen Rekurs an den Regierungsrat des Kantons Zürich ein. Dieser gelangte zur Auffassung, dass die Festsetzung der Prämien und die Ausrichtung der städtischen Beiträge in Übereinstimmung mit den massgeblichen Normen des stadtzürcherischen Rechts erfolgt seien. Auch würden die angewendeten Bestimmungen des Gemeinderechts weder Art. 4 BV noch das Krankenversicherungsrecht des Bundes verletzen. Der Regierungsrat wies die Beschwerde ab und stellte fest, dass die GKK keinen Anspruch auf städtische Beiträge habe, die über die sich aus dem kommunalen Recht ergebenden hinausgehen (Beschluss vom 18. Januar 1984). BGE 112 V 106 S. 108 C.- Die GKK führt gegen den regierungsrätlichen Beschluss Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt die Erhöhung der Jahreseinnahmen je versicherungspflichtiges Mitglied auf Fr. 1'300.-- (unter Übernahme der aufgelaufenen Defizite der Jahre 1976 bis 1980 aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung durch die Stadt Zürich) oder eine Erhöhung der Jahreseinnahmen auf Fr. 2'000.-- ohne eine solche rückwirkende Übernahme der Defizite; eventualiter wird die Aufhebung des vorinstanzlichen Beschlusses und die Rückweisung der Sache an den Regierungsrat zur Neubeurteilung beantragt. Während der Stadtrat von Zürich auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV), es sei mangels Zuständigkeit des Eidg. Versicherungsgerichts auf die Beschwerde nicht einzutreten. Im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels halten die GKK und das BSV an ihren Anträgen fest, während der Stadtrat von Zürich nunmehr ebenfalls Nichteintreten beantragt. D.- Die GKK leitete gegen den regierungsrätlichen Beschluss vom 18. Januar 1984 auch ein staatsrechtliches Beschwerdeverfahren ein, welches das Bundesgericht sistierte. Das Bundesgericht und das Eidg. Versicherungsgericht führten über die Eintretensvoraussetzungen bezüglich der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einen Meinungsaustausch durch. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg. Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97 und 98 lit. b-h OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG . Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (und im übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss vom 18. Januar 1984, in welchem der Regierungsrat die Leistungsbegehren abgewiesen und festgestellt hat, dass die GKK keinen Anspruch auf städtische Beiträge hat, "die über die sich aus der Verordnung der Stadt Zürich über die obligatorische BGE 112 V 106 S. 109 Krankenpflegeversicherung ergebenden hinausgehen". Ob es sich bei diesem vorinstanzlichen Beschluss um einen Anfechtungsgegenstand handelt, der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht herangetragen werden kann, ist als Eintretensvoraussetzung von Amtes wegen zu prüfen ( BGE 111 V 151 Erw. 1a, 110 Ia 68 Erw. 1, je mit Hinweisen, 110 Ib 257 Erw. 1 mit Hinweis). 2. a) Gemäss Art. 1 Abs. 1 KUVG fördert der Bund nach Massgabe dieses Gesetzes die Krankenversicherung durch Gewährung von Beiträgen an Krankenkassen. Alle Krankenkassen, die den Anforderungen des Gesetzes genügen, haben Anspruch auf Bundesbeiträge; soweit das Gesetz keine entgegenstehenden Vorschriften enthält, richten sich die Krankenkassen nach ihrem Gutfinden ein ( Art. 1 Abs. 2 KUVG ). Während das Bundesrecht bezüglich der Bundesbeiträge (Art. 22 ff. Vo I zum KUVG [SR 832.190]) und der Prämienfestsetzung ( Art. 6bis KUVG , Art. 16-22 Vo V zum KUVG [SR 832.121]) eingehende Vorschriften enthält, trifft dies für kantonale und kommunale Beiträge an die Krankenkassen nicht zu. Das KUVG verpflichtet weder Kantone noch Gemeinden zu Beiträgen an die Krankenversicherung (LÜÖND, Die obligatorische Krankenversicherung nach kantonalem Recht, in: SZS 1979 S. 49; STEINMANN, Die Stellung der Kantone in der Krankenversicherung unter besonderer Berücksichtigung des Obligatoriums, Diss. Zürich 1973, S. 82). Die Krankenversicherung ist, wie sich aus Art. 2 KUVG ergibt, von Bundesrechts wegen keine obligatorische Versicherung. Die Kantone sind jedoch ermächtigt, die Krankenversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsklassen obligatorisch zu erklären ( Art. 2 Abs. 1 lit. a KUVG ). Der Kanton Zürich hat diese Kompetenz zur Einführung des Obligatoriums an die Gemeinden delegiert, wobei diese die Versicherungspflicht nur unter Beachtung bestimmter Einkommensgrenzen einführen dürfen (§§ 1-3 des zürcherischen Einführungsgesetzes zur Bundesgesetzgebung über die Kranken- und Unfallversicherung vom 3. Oktober 1965; EG ZH/KUVG). Gestützt hierauf hat der Gemeinderat der Stadt Zürich die Verordnung über die obligatorische Krankenpflegeversicherung vom 30. November 1966 mit Änderungen vom 30. Juni 1976 (KVO) erlassen. Diese Verordnung regelt insbesondere die Versicherungspflicht und deren Erfüllung (Art. 1 bis 9 KVO), die Durchführung der obligatorischen Versicherung durch zugelassene Vertragskrankenkassen (Art. 10 ff. KVO) sowie die im Rahmen BGE 112 V 106 S. 110 der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (Art. 26 Abs. 2 KVO) zu erbringenden Mindestleistungen (Art. 27 ff. KVO). Gegenstand dieses kommunalen Erlasses sind sodann die Beiträge der Stadt an die Vertragskrankenkassen (Art. 23 KVO) und die Festsetzung der Mitgliederprämien, welche "nach einem vom Stadtrat im Einvernehmen mit den Vertragskrankenkassen festgelegten Verfahren" erfolgt, "das den Kosten- und Risikoausgleich innerhalb der obligatorisch und freiwillig versicherten Mitgliedschaft sicherstellt" (Art. 34 Abs. 2 KVO). b) Zum Rechtsweg macht die Beschwerdeführerin geltend, der angefochtene regierungsrätliche Beschluss bilde einen letztinstanzlichen kantonalen Entscheid, der zwar "in Anwendung von kantonalem Recht, insbesondere von Recht der Stadtgemeinde Zürich, ergangen" sei, jedoch "die Regelung des Krankenpflegeversicherungs-Obligatoriums ( Art. 2 KUVG )" betreffe. Nach der bundesgerichtlichen Praxis würden die von den Kantonen im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 KUVG erlassenen Normen kantonales Recht bilden. Wenn aber die Rüge erhoben werde, dass die Vorinstanz fälschlicherweise nur kantonales Recht angewendet habe, ohne auch den bundesrechtlichen Vorschriften Rechnung zu tragen, sei die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. Nach der neuesten, auf dem Gebiet des Forstpolizeirechtes ergangenen Praxis des Bundesgerichts gelte dies indessen nicht, wenn das dem Kanton vorbehaltene Recht selbständige Bedeutung habe, so dass in solchen Fällen nur die staatsrechtliche Beschwerde offenstehe. Die vorliegende Sache betreffe jedoch das Sozialversicherungsrecht, eine "ursprüngliche Domäne des Bundes", und überdies werde gerügt, dass der angefochtene Beschluss Bundesrecht, einschliesslich Verfassungsrecht, missachte; "daher" sei "aufgrund der doch sehr klaren Stellungnahmen der früheren Praxis" die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Eidg. Versicherungsgericht gegeben. c) Das Eidg. Versicherungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung die von den Kantonen im Rahmen ihrer Gesetzgebungskompetenz gemäss Art. 2 Abs. 1 KUVG erlassenen Bestimmungen als kantonales Recht betrachtet, dies ungeachtet der nach Art. 2 Abs. 3 KUVG erforderlichen Genehmigung solcher kantonalen oder kommunalen Normen durch den Bundesrat ( BGE 98 V 163 f., BGE 102 V 130 Erw. 1, 110 V 324 Erw. 1b; RSKV 1981 Nr. 451 S. 125 Erw. 2a). Demzufolge ist das Eidg. Versicherungsgericht auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden nicht eingetreten, wenn der BGE 112 V 106 S. 111 angefochtene Entscheid gestützt auf kantonales Recht erging und der Beschwerdeführer lediglich dessen unrichtige Anwendung rügte ( BGE 102 V 129 betreffend die Anwendung der Bestimmungen des Kantons Waadt über die für die kantonalrechtliche Versicherungspflicht massgeblichen Einkommensgrenzen). Eingetreten ist das Eidg. Versicherungsgericht anderseits auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide, die zwar wohl im Rahmen einer vom betreffenden Kanton obligatorisch erklärten Krankenversicherung ergingen, jedoch Gegenstände betrafen, welche durch das Krankenversicherungsrecht des Bundes geregelt sind. Wo also etwa die Entstehung und Rechtsnatur des Krankenversicherungsverhältnisses ( BGE 101 V 131 Erw. 1b), der Umfang der von der Kasse gemäss KUVG und ihren Statuten geschuldeten Versicherungsleistungen (RKUV 1984 Nr. K 568 S. 43) oder der Freizügigkeitsanspruch nach KUVG (unveröffentlichtes Urteil Gemeindekrankenkasse Mels vom 22. Oktober 1984) Gegenstand der angefochtenen Verfügung waren, hat das Eidg. Versicherungsgericht die Sache jeweils materiell geprüft. Seit jeher hat das Eidg. Versicherungsgericht sodann - in Übereinstimmung mit der Praxis des Bundesgerichts ( BGE 109 Ib 143 Erw. 1, BGE 107 Ib 173 , je mit Hinweisen) und der Lehre (GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 90 f.; KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, S. 269) - das Eintreten auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide bejaht, die sich zu Unrecht auf kantonales statt auf Bundesrecht stützten ( BGE 98 V 164 , BGE 101 V 131 Erw. 1b, 110 V 56 und 324 f.) bzw. wo in der ausschliesslichen Anwendung kantonaler Bestimmungen eine Verletzung von Vorschriften des Bundessozialversicherungsrechts lag ( BGE 110 V 325 oben). In anderen Urteilen schliesslich machte das Eidg. Versicherungsgericht die Eintretensfrage davon abhängig, ob der Beschwerdeführer eine Verletzung von Bundessozialversicherungsrecht rügte oder ob die Akten Anhaltspunkte für eine solche Bundesrechtsverletzung aufwiesen ( BGE 102 V 131 Erw. 1 in fine; RSKV 1981 Nr. 451 S. 126 und 1982 Nr. 512 S. 261 Erw. 2). Ausserhalb des Bereichs von Art. 2 Abs. 1 KUVG tritt das Eidg. Versicherungsgericht ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide nicht ein, die auf kantonalem (Verfahrens-)Recht beruhen. Dies trifft beispielsweise für kantonalrechtliche Entschädigungsbemessungen in Sozialversicherungszweigen zu, wo das Bundesrecht für das kantonale Beschwerdeverfahren keinen Anspruch auf Parteientschädigung BGE 112 V 106 S. 112 gewährleistet ( BGE 98 V 121 betreffend die Krankenversicherung [ Art. 30bis Abs. 3 KUVG ]; BGE 98 V 123 betreffend das bis Ende 1983 in Kraft gewesene Unfallversicherungsrecht [Art. 120 f. KUVG], vgl. nunmehr Art. 108 Abs. 1 lit. g UVG ; unveröffentlichtes Urteil Bärtschi vom 7. November 1978 betreffend das bis Ende 1983 gültig gewesene Arbeitslosenversicherungsrecht [ Art. 54 AlVG ], ebenso Art. 103 AVIG und, bezüglich der beruflichen Vorsorge, Art. 73 BVG ). Nichteintreten gilt auch bezüglich anderer rein kantonalrechtlicher Verfahrensfragen, z.B. für Ordnungsbussen, die anlässlich eines kantonalen Beschwerdeverfahrens ausgesprochen werden (unveröffentlichte Urteile Conti vom 9. April 1985 und Wernli vom 20. Juli 1984). Wo das Bundessozialversicherungsrecht hingegen einen Parteientschädigungsanspruch für das kantonale Beschwerdeverfahren einräumt ( Art. 56 Abs. 1 lit. e MVG und Art. 85 Abs. 2 lit. f AHVG , der auch in der Invalidenversicherung, der Erwerbsersatzordnung sowie bei den Ergänzungsleistungen und den Familienzulagen in der Landwirtschaft gilt), kann die Entschädigungsbemessung mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden; doch prüft das Eidg. Versicherungsgericht die Höhe einer Partei- oder Armenrechtsentschädigung nur daraufhin, ob die Anwendung des hierfür massgeblichen kantonalen Rechts zu einer Verletzung von Bundesrecht ( Art. 104 lit. a OG ) geführt hat, wobei in diesem Bereich als Beschwerdegrund praktisch nur das Willkürverbot des Art. 4 Abs. 1 BV in Betracht fällt ( BGE 111 V 48 Erw. 3 und 54 Erw. 4c, BGE 110 V 58 , 136 Erw. 6 und 362 Erw. 1b; ZAK 1986 S. 130 Erw. 1c; zur Überprüfung kantonalrechtlicher Revisionsfristen vgl. BGE 110 V 393 ). Der Verwaltungsgerichtsbeschwerde offen stehen ferner auf kantonalem Prozessrecht beruhende Nichteintretensentscheide, wenn durch sie die Anwendung des materiellen Bundesverwaltungsrechts verunmöglicht wird ( BGE 102 V 125 Erw. 1b, BGE 101 V 221 Erw. 1, BGE 99 V 56 Erw. 1 und 184 Erw. 1). Schliesslich ist nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Anwendung kantonalen Rechts möglich, wenn ein enger Sachzusammenhang mit einer im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu prüfenden Frage des Bundesverwaltungsrechts besteht, wobei sich auch hier die Prüfung des kantonalen Rechts praktisch auf eine Willkürkontrolle beschränkt (ZAK 1984 S. 173 Erw. 1a betreffend kantonalrechtlich festgelegte Verwaltungskostenbeiträge in der AHV; unveröffentlichtes Urteil Schmidt vom 4. März 1985 betreffend die Ordnungsbussenverfügung einer Ausgleichskasse). BGE 112 V 106 S. 113 d) Deutlicher als es die bisherige Rechtsprechung zum Ausdruck bringt, ist für die richtige Behandlung der Eintretensfrage das Erfordernis einer anfechtbaren Verfügung von dem mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde zu rügenden Beschwerdegrund der Bundesrechtsverletzung zu unterscheiden. Der Umstand allein, dass ein Entscheid Bundesrecht verletzt, öffnet nicht den Weg zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Voraussetzung für deren Zulässigkeit ist stets und zunächst, dass ein Entscheid angefochten wird, der sich auf öffentliches Recht des Bundes stützt ( Art. 5 Abs. 1 VwVG ). PFISTER (Staatsrechtliche und Verwaltungsgerichts-Beschwerde; Abgrenzungsschwierigkeiten, in: ZBJV 121 1985 S. 533 ff.) hat darauf hingewiesen, dass die Wahl des Rechtsweges vielfach dann verfehlt wird, wenn man sich verleiten lässt, wie bei der Berufung ( Art. 43 OG ) auf die zu erhebenden bzw. erhobenen Rügen zu achten; es kommt nach seinen Worten nur auf die Grundlage der Verfügung an, ob sie dem Recht des Bundes oder des Kantons angehört (a.a.O., S. 549 und S. 565). Unter Verfügungsgrundlage versteht PFISTER "die Norm, welche die Verfügung unmittelbar trägt, oder die Norm, die durch die Verfügung verwirklicht wird und aus der die Verfügung ihren Bestand und ihre Verbindlichkeit ableitet"; die Verfügungsgrundlage ist "die Norm, die eine Behörde anweist, die Verfügung zu treffen", sie bestimmt "dass und was die zuständige Behörde anordnen soll" (a.a.O., S. 550). Da die Behörde beim Erlass einer Verfügung nicht nur deren Grundlage im eben erwähnten Sinn, sondern "oft weitere Rechtsnormen zu beachten und anzuwenden" hat, unterscheidet PFISTER zwischen den die Verfügungsgrundlage bildenden "Basisnormen" und den für den Inhalt einer Verfügung ebenfalls massgeblichen weiteren "Bestimmungsnormen". Für die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist einzig ausschlaggebend, dass die Basisnormen, welche die Verfügungsgrundlage ausmachen, dem Bundesrecht angehören (a.a.O., S. 550 unten). Für die Annahme einer kantonalrechtlichen Verfügungsgrundlage ist u.a. erforderlich, dass dem kantonalen Recht im betreffenden Sachgebiet gegenüber den bundesrechtlichen Vorschriften selbständige Bedeutung zukommt (a.a.O., S. 560). Wenn eine solche, durch kantonalrechtliche Basisnormen gebildete Verfügungsgrundlage besteht und die Behörde allfälligen Bestimmungsnormen der Bundesverfassung oder des einfachen Bundesrechts nicht gebührend Rechnung trägt, so steht gegen einen solchen Entscheid nicht die Verwaltungsgerichtsbeschwerde, sondern die staatsrechtliche Beschwerde wegen BGE 112 V 106 S. 114 Verletzung verfassungsmässiger Rechte, insbesondere des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 der Übergangsbestimmungen der BV) offen ( Art. 84 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 OG ; PFISTER, a.a.O., S. 538 f. und S. 562 f.). Dieser Konzeption schliesst sich das Eidg. Versicherungsgericht grundsätzlich an. Sie führt im Bereich des Art. 2 Abs. 1 KUVG dazu, dass weiterhin auf Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Entscheide einzutreten ist, die zwar im Rahmen der kantonal obligatorisch erklärten Krankenversicherung ergehen, die aber bundesrechtlich geregelte Fragen (Versicherungsleistungen, Freizügigkeit, Franchisen- und Selbstbehaltsregelungen usw.) betreffen. Wo anderseits über Gegenstände verfügt wird, die durch das soziale Krankenversicherungsrecht des Bundes nicht normiert sind, fehlt es dem angefochtenen Entscheid an einer bundesrechtlichen Grundlage, so dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde entfällt. Dass bei einem solchen, auf kantonalen Basisnormen beruhenden Entscheid unter Umständen auch Regeln und Grundsätze des Bundesrechts, sei es der Bundesverfassung, sei es des KUVG oder seiner Ausführungsverordnungen, als Bestimmungsnormen beachtet werden müssen und dass deren Verletzung gerügt wird, ändert am Fehlen einer bundesrechtlichen Verfügungsgrundlage nach dem Gesagten nichts. 3. a) Im vorliegenden Fall hat das Bundesgericht im Meinungsaustauschverfahren die Auffassung vertreten, die angefochtene Verfügung betreffend die Höhe der städtischen Subventionen und die Prämienlimite lasse sich nur auf das Gemeinderecht, nicht aber auf das Bundesrecht stützen, weil dieses weder die städtische Subvention noch die Prämienlimite regle. Dabei handle es sich um in Anwendung von Art. 2 Abs. 1 KUVG erlassenes kantonales bzw. kommunales Recht, gegen dessen Anwendung im Einzelfall die Verwaltungsgerichtsbeschwerde grundsätzlich nicht gegeben sei. Dies schliesse nicht aus, dass trotz Fehlens einer bundesrechtlichen Verfügungsgrundlage die allein auf städtischem Recht beruhende Verfügung (und allenfalls die KVO selbst) Bundesrecht verletze; eine solche Verletzung sei mit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 der Übergangsbestimmungen der BV) zu rügen. b) Das Eidg. Versicherungsgericht schliesst sich der Auffassung des Bundesgerichts an. Der angefochtene Entscheid beruht in der Tat auf der KVO, insbesondere auf deren Art. 23 und 34 betreffend BGE 112 V 106 S. 115 die städtischen Prämien- und Sonderbeiträge sowie die Festsetzung der Mitgliederprämien. Diesen kommunalen Basisnormen über die Ausgestaltung des Obligatoriums kommt gegenüber den Bestimmungen des Krankenversicherungsrechtes des Bundes nach dem in Erw. 2 Gesagten selbständige Bedeutung zu. An der kommunalrechtlichen Grundlage der angefochtenen Entscheidung ändern die von der Beschwerdeführerin erhobenen Rügen der Verletzung von Bundes(sozialversicherungs)recht nichts. Ob und inwieweit die angerufenen bundesrechtlichen Normen und Grundsätze (insbesondere über die Prämiengestaltung; vgl. Erw. 2a) als Bestimmungsnormen für den Inhalt des angefochtenen Beschlusses massgeblich sind bzw. zu einer inhaltlich anderen Verfügung der kantonalen Behörden hätten führen müssen, kann nach dem Gesagten nicht Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens sein. Es bleibt der Beurteilung der ebenfalls eingereichten staatsrechtlichen Beschwerde vorbehalten, zu prüfen, ob und inwieweit die erhobenen Rügen unter dem Gesichtswinkel der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (hier des sozialen Krankenversicherungsrechts gemäss dem KUVG und seinen Verordnungen) zulässig und begründet sind. 4. (Kostenpunkt.) Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
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de
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CH_BGE
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Urteilskopf 90 II 359 42. Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. November 1964 i.S. A. und Th. Zanoni gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Beistandschaft. Berufung an das Bundesgericht. 1. Zulässigkeit der Berufung an das Bundesgericht nach Art. 44 lit. c OG auch gegen einen die Entmündigung oder die Anordnung einer Beistandschaft oder die Aufhebung einer dieser Massnahmen ablehnenden Entscheid (Erw. 1). 2. Tritt der Inhaber der elterlichen Gewalt gemeinsam mit den Kindern in einem Rechtsstreite als Kläger oder Beklagter auf, so besteht nicht ohne weiteres Grund zur Ernennung eines Beistandes nach Art. 392 Ziff. 2 ZGB . Wohl aber dann, wenn seine Interessen mit denen der Kinder nicht parallel laufen, was unter Umständen auch beim Abschluss eines Vergleiches zutrifft. Prüfung der Interessenlage in einem Anfechtungsprozess nach Art. 285 ff. SchKG (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 360 BGE 90 II 359 S. 360 A.- Alois Schwegler verkaufte am 9. April 1958 seiner Ehefrau Claire geb. Zanoni und seinen minderjährigen Kindern Alois und Thomas seine in Luzern gelegenen Grundstücke zu je einem Drittel Miteigentum. Der Kaufpreis war gleich den auf den einzelnen Grundstücken lastenden Grundpfandschulden bzw. dem Betrag der Katasterschätzung. Im Jahre 1960 schied das Bezirksgericht Zürich die Ehe Schwegler-Zanoni und wies die beiden Kinder der Mutter zu. Es genehmigte die Vereinbarung der Parteien über die Nebenfolgen. Danach verpflichtete sich Schwegler zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von je Fr. 250.-- an die beiden Kinder bis je zum vollendeten 20. Altersjahr. Die Reinerträgnisse aus den erwähnten Liegenschaften sind an diese Unterhaltsbeiträge anzurechnen. Ausserdem anerkannte Schwegler die Pflicht zur Leistung monatlicher Zahlungen im Sinne von Art. 151 und 152 ZGB ohne zahlenmässige Bestimmung; es wurde erklärt, durch die Übereignung jener Liegenschaften, an denen die Ehefrau einen Miteigentumsanteil von einem Drittel hatte, seien BGE 90 II 359 S. 361 jene Leistungen abgegolten und das eingebrachte Gut, Ersatzansprüche und Vorschlag ausgeglichen. B.- Steuerbetreibungen gegen Alois Schwegler führten zur Ausstellung von Verlustscheinen. Gestützt hierauf erhoben die steuerfordernden Gemeinwesen gegen Frau Zanoni und die beiden Söhne am 18. Juli 1963 beim Amtsgericht Luzern-Stadt eine Anfechtungsklage im Sinne der Art. 285 ff. SchKG mit den Begehren, die Kaufverträge betreffend die erwähnten Liegenschaften seien als anfechtbar bzw. als nichtig zu erklären, und es seien die Grundstücke, eventuell deren Gegenwert bis zur vollen Deckung der Forderungen der Kläger "in den Pfandnexus der Betreibungen..." einzubeziehen; eventuell hätten die Beklagten mit solidarischer Verpflichtung den entsprechenden Betrag zu zahlen. C.- Am 17. Dezember 1963 wurde in Steuerbetreibungen gegen Alois Schwegler eine neue Pfändung vollzogen, die wiederum ungenügende Deckung ergab. An diese Pfändung schlossen sich Frau Zanoni und Kinder gemäss Art. 111 Abs. 3 SchKG mit verschiedenen Forderungen an für den Fall, dass die gegen sie in Luzern angehobene Anfechtungsklage gutgeheissen würde. Frau Zanoni macht in diesem Verfahren für sich Unterhalts- und güterrechtliche Ansprüche und für die beiden Söhne die gemäss Scheidungsvereinbarung festgesetzten Unterhaltsleistungen von monatlich je Fr. 250.-- auf ihre gesamte Laufdauer im Betrage von Fr. 36'000.-- für Alois und Fr. 45'000.-- für Thomas nebst 5% Zins je seit Verfall geltend. D.- Am 27. Januar 1964 stellten die durch ihre Mutter vertretenen Söhne Alois und Thomas Zanoni beim Stadtrat von Luzern das Gesuch, es sei ihnen in der Anschlusspfändung gegen den Vater Alois Schwegler und in dem gegen sie von Staat und Gemeinden angehobenen Anfechtungsprozess ein Beistand zu ernennen. Sie beriefen sich auf Art. 392 Ziff. 2 ZGB und machten geltend, es bestehe zwischen der Inhaberin der elterlichen Gewalt und ihnen BGE 90 II 359 S. 362 eine Interessenkollision, so dass sie in den zwei Verfahren einer besondern Vertretung durch einen Beistand bedürften. E.- Der Regierungsstatthalter des Amtes Luzern hat das Gesuch abgewiesen, ebenso durch Entscheid vom 13. Juli 1964 der Regierungsrat des Kantons Luzern den von den Gesuchstellern eingereichten Rekurs. F. - Mit vorliegender Berufung halten die Gesuchsteller am Begehren um Beistandsernennung fest. Der Antrag des Regierungsrates geht auf Abweisung der Berufung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 44 ist die Berufung zulässig... "in folgenden Fällen:... c) Entmündigung und Anordnung einer Beistandschaft (Art. 369-372, 392-395 ZGB) sowie Aufhebung dieser Verfügungen". Das will nicht besagen, der Berufung unterliege nur ein diese Massnahmen oder deren Aufhebung (gemäss einem dahingehenden Gesuch) aussprechender Entscheid. Vielmehr ist, wie die Berufungskläger in zutreffender Weise geltend machen, gleichermassen ein das Gesuch abweisender Entscheid anfechtbar, wie bereits unter der Herrschaft des alten OG (zu dessen Art. 86 Ziff. 3) ausgesprochen worden ist ( BGE 50 II 97 für die Ablehnung einer Entmündigung, BGE 59 I 159 ausserdem für die Ablehnung einer Beistandschaft). So ist auch Art. 44 lit. c des geltenden OG auszulegen (vgl. BIRCHMEIER, N. 10, b zu Art. 44 OG ). 2. In der Sache selbst sind die beiden Verfahren ins Auge zu fassen, in denen nach Ansicht der Berufungskläger eine die Beistandsernennung rechtfertigende Interessenkollision besteht: a) Betreibungsverfahren gegen den Vater Alois Schwegler. In dieser Betreibung haben die Gesuchsteller und deren Mutter den Pfändungsanschluss erklärt für familienrechtliche Forderungen, die ihnen gegen den Schuldner zustehen BGE 90 II 359 S. 363 würden, wenn sie im Anfechtungsprozess unterliegen sollten. Zur Wahrung der Klagefrist hat der Vertreter der Gesuchsteller und ihrer Mutter Klage um Anschluss an die Pfändung erhoben für den Fall, dass letzteres geschehen sollte. Angesichts der Abhängigkeit dieser Klage vom Ausgang des Anfechtungsprozesses hat der zuständige Einzelrichter das Verfahren sistiert bis zur rechtskräftigen Erledigung der Anfechtungsklage. Bezüglich des Pfändungsanschlusses ist somit einstweilen nichts vorzukehren und wird je nach dem Ausgang des Anfechtungsprozesses auch in Zukunft nie etwas zu unternehmen sein. Somit erweist sich das Gesuch in dieser Hinsicht jedenfalls als verfrüht. Es wäre sinnlos, einen Beistand zu ernennen in einer Angelegenheit, von der man nicht einmal weiss, ob sie überhaupt jemals in einer praktisch bedeutsamen Weise in Gang kommen wird. Schon deshalb ist der angefochtene Entscheid in diesem Punkte zu bestätigen, so dass sich die Prüfung der vom Regierungsrat verneinten Frage erübrigt, ob gegebenenfalls eine Interessenkollision bestehen wird. b) Anfechtungsprozess. In diesem Prozesse haben die Gesuchsteller und ihre Mutter dasselbe Interesse, die Abweisung der Klage zu erwirken, also den Zugriff auf die ihnen im Jahre 1958 vom Schuldner übertragenen Grundstücke abzuwehren. Indessen soll nach Ansicht der Gesuchsteller bei Gutheissung der Anfechtungsklage ein Konflikt zwischen ihren Interessen und denjenigen ihrer Mutter entstehen, weil im Anfechtungsprozesse sie sowohl wie auch ihre Mutter für den Fall eines solchen Prozessausganges einredeweise die nämlichen Ansprüche aus Elternrecht bzw. Ehescheidungs- und Ehegüterrecht geltend gemacht hätten, die anderseits den Gegenstand ihres Pfändungsanschlusses bilden. Mit Bezug auf diese Forderungen bestehe somit in beiden Verfahren die gleiche Interessenkollision. Dieser Betrachtungsweise ist nicht beizustimmen. Im Anfechtungsprozesse kann über die in Frage stehenden, für den Fall der Gutheissung der Anfechtungsklage geltend BGE 90 II 359 S. 364 gemachten Forderungen nicht entschieden werden. Eine Einrede im wahren Sinn des Wortes lässt sich aus den bei Gutheissung der Anfechtungsklage wieder auflebenden Forderungen der Anfechtungsbeklagten unmöglich herleiten. Es kann sich bloss um die Geltendmachung eines Vorbehaltes handeln, wie er nach Art. 291 Abs. 2 SchKG ohnehin gilt: des Vorbehaltes der ausserhalb des Anfechtungsprozesses erfolgenden Beurteilung der in Frage stehenden Forderungen und der Berücksichtigung des darauf entfallenden Anteils am Erlös der Verwertung der Grundstücke gestützt auf Anschlusspfändung. Freilich kann unter Umständen im Anfechtungsprozesse die eventuell wieder auflebende Forderung zur Verrechnung gebracht werden (so im Konkurse, wenn sie bereits rechtskräftig kolloziert ist, vgl. das Kreisschreiben Nr. 10 des Bundesgerichts vom 9. Juli 1915, BGE 41 III 240 ff.; fernerBGE 79 III 31ff. und BGE 83 III 43 ff.; jedoch nicht, wenn die Kollokationsverfügung noch nachgeholt werden muss, vgl. BGE 89 III 21 ff. Erw. 5). Ob unter Umständen auch bei einer Anfechtung ausserhalb des Konkursverfahrens der auf die eventuell wieder auflebende Forderung entfallende Verwertungsanteil im Urteil über die Anfechtungsklage zur Verrechnung gebracht werden könne, ist hier nicht näher zu prüfen. Im vorliegenden Falle fehlt es an der ersten Voraussetzung dafür: Gegenstand der Anfechtung und demgemäss auch der bei Gutheissung der Klage Platz greifenden Rückgewähr ist die Veräusserung von Grundstücken, die, wie nicht bestritten ist, noch im Eigentum der Anfechtungsbeklagten, also der heutigen Gesuchsteller und ihrer Mutter, stehen. Bei dieser Sachlage fällt das auf Ersatzleistung gehende Eventualbegehren der Anfechtungsklage ausser Betracht, und daher ist eine Verrechnungseinrede von vornherein ausgeschlossen. Im Falle der Gutheissung der Anfechtungsklage bleibt den Beklagten aber das Recht gewahrt, sich der Pfändung der Grundstücke mit ihren Forderungen anzuschliessen und, soweit diese anerkannt werden oder sich in einem Pfändungsanschlussprozess als BGE 90 II 359 S. 365 begründet erweisen, zu gegebener Zeit am Erlöse teilzunehmen (vgl. BGE 67 III 174 ). Endlich nehmen die Gesuchsteller den Standpunkt ein, es sollte ihnen, wenn nicht aus andern Gründen, so doch im Hinblick auf einen allfälligen Vergleichsabschluss im Anfechtungsprozess ein Beistand als besonderer Vertreter beigegeben werden. Es ist jedoch nicht die Rede von bereits angebahnten oder bevorstehenden Vergleichsverhandlungen. Das Gesuch um Beistandsernennung ist also auch in dieser Hinsicht verfrüht. Sollte es zu Vergleichsverhandlungen im Anfechtungsprozesse kommen und dabei auch über die in Frage stehenden Forderungen der Gesuchsteller eine Einigung angestrebt werden, so wäre dann allerdings zu prüfen, ob die Gesuchsteller zur Wahrung ihrer Interessen (insbesondere zur Sicherung der ihnen im Scheidungsprozesse zuerkannten Unterhaltsbeiträge) eines behördlich zu ernennenden Beistandes bedürfen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und der Entscheid des Regierungsrates des Kantons Luzern vom 13. Juli 1964 bestätigt.
public_law
nan
de
1,964
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6ae7be03-19ec-412c-b530-bbfc877e58f2
Urteilskopf 113 II 414 73. Arrêt de la Ire Cour civile du 6 octobre 1987 dans la cause A. S.A. contre dame L. (recours en réforme)
Regeste Art. 320 Abs. 2 OR ; Mitarbeit des Ehegatten im Beruf oder Gewerbe des andern. Wenn wegen besonderen Umständen der Einsatz des Ehegatten, der beruflich mit seinem Ehepartner zusammenarbeitet, nicht in genügendem Masse durch eine erhöhte Lebenshaltung sowie durch Ansprüche bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung und durch Erbanwartschaft abgegolten wird, muss die Mitarbeit entlöhnt werden, soweit sie die eheliche Beistandspflicht übersteigt (E. 2b). Anwendung dieses Grundsatzes auf die Mitarbeit der Ehefrau in der vom Gatten geleiteten Aktiengesellschaft (E. 2c, bb). Bestimmung der Entschädigung nach dem Wert der geleisteten Arbeit und den mit der Beschäftigung verbundenen Vorteilen (E. 2d).
Erwägungen ab Seite 415 BGE 113 II 414 S. 415 Extrait des considérants: 2. a) Au sujet de l'activité de la demanderesse, l'arrêt attaqué constate ce qui suit: "Au printemps, elle accompagnait son époux lors de ses voyages d'affaires à l'étranger. Elle participait notamment aux exportations et aux achats de marchandises pour le compte de la société A. S.A. Durant la saison automne-hiver, soit de septembre à février, elle travaillait au magasin. Elle faisait des travaux de secrétariat, s'occupait de l'étiquetage et de la vente des marchandises et créait même parfois des modèles. Elle remplaçait en outre son époux lorsqu'il partait seul en voyage d'affaires." La demanderesse ne prétend pas qu'un contrat de travail ait été conclu expressément pour cette activité. Aux termes de l' art. 320 al. 2 CO , le contrat individuel de travail est toutefois réputé conclu lorsque l'employeur accepte pour un temps donné l'exécution d'un travail qui, d'après les circonstances, ne doit être fourni que contre un salaire. Lorsque ces conditions sont remplies, les rapports des parties sont donc soumis aux règles du contrat de travail, en particulier à celles qui déterminent le droit au salaire. La présomption - absolue - de l' art. 320 al. 2 CO s'applique BGE 113 II 414 S. 416 notamment lorsque, au regard de toutes les circonstances, le salaire apparaît comme un motif essentiel - même si ce n'est pas le seul - du travail fourni (VISCHER, Schweizeriches Privatrecht VII/I p. 326). b) L'application de la présomption de l' art. 320 al. 2 CO au cas où l'un des époux collabore à l'activité professionnelle de son conjoint est controversée. aa) La jurisprudence du Tribunal fédéral reconnaît à l'époux collaborant à l'entreprise de sa femme, en cas de dissolution du mariage, un droit à une indemnité fondée sur l' art. 320 al. 2 CO , s'il ne peut rien prétendre lors de la liquidation du régime matrimonial du fait que l'entreprise était un bien réservé ( ATF 66 II 233 ). Le tribunal fédéral refuse en revanche à l'épouse un droit au salaire lorsque la collaboration à l'activité professionnelle du mari apparaît comme une contribution aux charges de l'union conjugale ( ATF 82 II 96 , ATF 74 II 208 ), même si cette activité va au-delà du devoir d'assistance de la femme selon l' art. 161 al. 2 CC ( ATF 82 II 96 ). Il considère en effet que celle-ci trouve une compensation suffisante de ses efforts dans l'aisance accrue dont elle jouit, ainsi que dans ses droits en matière successorale et de liquidation du régime matrimonial; il relève au surplus qu'il n'est pas souhaitable de commercialiser le mariage en accordant une rémunération supplémentaire en pareil cas (cf. aussi ATF 97 IV 24 , ATF 87 II 166 s., ATF 79 II 168 s.). La jurisprudence consacre toutefois des exceptions à ce principe. Le Tribunal fédéral a ainsi reconnu un droit au salaire à une épouse dont l'activité profitait pour une moitié au moins à son beau-père, qui n'avait pas bénéficié d'une aisance accrue, et dont la contrepartie du travail fourni résidait principalement, sinon exclusivement dans l'expectative que représentaient les droits successoraux du mari ( ATF 95 II 129 s. consid. 3). Dans un arrêt du 10 novembre 1983 (publié in SJ 106/1984 p. 432 ss), il a également admis ce droit, en cas de divorce, lorsque l'indemnité allouée à l'épouse sur la base de l' art. 151 CC ne compensait pas entièrement la valeur du travail supplémentaire - par rapport au travail normal - consacré par elle à l'entreprise de son mari et qu'il serait inéquitable que ce dernier conservât pour lui seul l'essentiel du produit du travail de sa femme. La jurisprudence cantonale suit en général celle du Tribunal fédéral. Même en cas d'activité substantielle de l'épouse, sa BGE 113 II 414 S. 417 collaboration est considérée comme rentrant dans le cadre de ses obligations conjugales et ne justifiant dès lors en principe pas une rétribution spéciale (RDAF 43/1987 p. 66, 69; SJ 73/1951, p. 438, 60/1938 p. 379; RSJ 53/1957 p. 186; RJB 78/1942 p. 427, 61/1925 p. 335, 50/1914 p. 134, 136). bb) Parmi les anciens commentateurs du droit du mariage, EGGER propose de conférer un droit au salaire à l'épouse collaborant à l'entreprise de son mari, dans la mesure où elle n'est pas déchargée du travail ménager pour une part correspondante (n. 13 ad art. 161 CC ). LEMP n'admet en revanche un tel droit que dans la mesure où la femme n'est pas tenue à cette collaboration pour assurer la prospérité de l'union conjugale; même dans ce cas, l'existence d'un contrat de travail ne doit être admise qu'exceptionnellement (n. 51 ss ad art. 161 CC ). Quant à la doctrine ne matière de contrat de travail, certains auteurs considèrent que l' art. 320 al. 2 CO n'est en principe pas applicable entre époux, que l'octroi d'une rémunération à l'épouse suppose qu'un contrat ait été expressément conclu, hypothèse qui peut en tout cas être réalisée lorsque la collaboration de la femme excède le cadre du devoir d'assistance (GUHL/MERZ/HUMMER, 7e éd. p. 408; BRÜHWILER, n. 6 ad art. 320 CO ; SCHWEINGRUBER, n. 9 ad art. 320 CO ; PFLEGHART, RSJ 21/2 p. 77 ss, 93 ss). Les commentateurs plus récents reconnaissent en revanche plus largement le droit de l'épouse à un salaire, fondé sur l' art. 320 al. 2 CO , notamment en cas de double charge de travail, au ménage et dans l'entreprise du mari (WEGMANN, RSJ 62/1966, p. 299 ss), ou, de manière plus générale, lorsque la collaboration de l'épouse excède les limites de ce qu'impose le devoir d'assistance (VISCHER, op.cit., p. 326 ss; STAEHELIN, n. 24 ad art. 320 CO ; REHBINDER, n. 19 ad art. 320 CO ; HASENBÖHLER, Lohn für Ehegatten - Mitarbeit? in Festschrift für FRANK VISCHER, p. 387 ss, spéc. p. 392 s.; HAUSHEER, Arbeitsleistungen in Beruf und Gewerbe unter Ehegatten de lege lata e ferenda, in Festschrift für FRANK VISCHER, p. 399 ss, 405 s.). L'application de la présomption légale dépend aussi d'un examen a posteriori, notamment lorsque au début de l'exécution du travail la conclusion d'un contrat ne peut être présumée, mais qu'au moment de la fin des relations, plus particulièrement en cas de divorce, une appréciation équitable de l'ensemble des circonstances impose l'application de notions contractuelles (VISCHER, op.cit., p. 328 n. 9, avec références à des avis divergents). BGE 113 II 414 S. 418 cc) L'arrêt précité rendu le 10 novembre 1983 par le Tribunal fédéral (SJ 106/1984 p. 432 ss) tend à atténuer la jurisprudence consistant à refuser en principe tout droit au salaire à la femme qui collabore à l'activité professionnelle de son mari. Cette évolution, que manifestait déjà l'arrêt ATF 95 II 129 , doit être confirmée. Lorsqu'en raison de circonstances particulières, les efforts d'un époux n'apparaissent pas suffisamment compensés, eu égard à son niveau de vie ainsi qu'à ses droits en cas de liquidation du régime matrimonial et à ses espérances successorales, l'équité commande que sa collaboration à l'activité professionnelle de son conjoint soit rétribuée dans la mesure où elle excède les limites de son devoir d'assistance. Dans cette hypothèse, les considérations fondées sur les avantages découlant de l'élévation du niveau de vie, ainsi que du droit de la famille et des successions, opposées par la jurisprudence traditionnelle aux prétentions de salaire d'un époux, ne justifient en tout cas pas le refus de toute rémunération. Elles peuvent en revanche intervenir dans la fixation du montant accordé à ce titre. Au demeurant, l'argument tiré des droits existant en cas de liquidation du régime matrimonial et des espérances successorales ne peut être invoqué lorsque les époux vivent sous le régime de la séparation des biens ou que l'union conjugale prend fin par le divorce (VISCHER, op.cit., p. 327; HASENBÖHLER, op.cit., p. 393; HAUSHEER, op.cit. p. 404 s.). Si les conditions d'un droit au salaire sont remplies, il y a lieu d'en arrêter le montant selon les règles de l'équité et l'ensemble des circonstances, en tenant compte en particulier des autres avantages dont bénéficie l'épouse du fait de l'activité en cause. c) aa) De par sa nature, l'activité déployée par la demanderesse tombe manifestement sous le coup de la présomption de l' art. 320 al. 2 CO . bb) Cette activité s'est exercée non pas directement pour le mari, mais pour la société A. S.A. Selon la jurisprudence, l'activité déployée par l'épouse en faveur d'une société dont son conjoint est l'actionnaire unique est assimilée à celle qui est exercée pour le conjoint lui-même (SJ 106/1984 p. 439). Il en va de même, en principe pour l'activité déployée en faveur d'une société de personnes dont le mari est l'un des associés ( ATF 95 II 126 ss). Il ressort des constatations de l'arrêt attaqué que le mari de la demanderesse détenait la moitié du capital-actions de la défenderesse à l'époque de son mariage, le 4 mai 1972, qu'il a cédé BGE 113 II 414 S. 419 ses actions le 25 novembre 1972, qu'il a acquis une nouvelle participation de 45% le 11 juillet 1977 et qu'il est devenu seul actionnaire de la société à fin 1978-début 1979. Durant la période où il n'était plus actionnaire ni administrateur, il a toutefois continué à s'occuper de l'entreprise, notamment de ses deux magasins, de la même manière qu'auparavant. La cession momentanée de ses actions, en raison de graves difficultés financières, n'a donc rien changé à la situation de fait. Il n'est par ailleurs pas contesté que la collaboration de la demanderesse ait été due à son union avec L. Dans ces conditions, il y a lieu d'assimiler l'activité exercée par la demanderesse pour la défenderesse à une collaboration à l'activité professionnelle de son mari, et cela pour toute la période en cause. cc) Selon les constatations de l'arrêt attaqué, la demanderesse travaillait à mi-temps pour la défenderesse. La cour cantonale en déduit avec raison que cette activité excédait les limites de ce que lui imposait son devoir d'assistance. Certes, l' art. 161 al. 2 CC postule une aide occasionnelle, non rémunérée de l'épouse à l'entreprise de son mari, notamment durant les périodes de pointe (cf. RSJ 53/1957 p. 186). Mais l'activité en cause ici sort de ce cadre, de par son ampleur et sa régularité, comme c'était le cas dans l'affaire jugée le 10 novembre 1983 (cf. SJ 106/1984 p. 434 s.). dd) Les époux L. vivent sous le régime de la séparation des biens, ce qui exclut une participation de la demanderesse au bénéfice dû à son travail. Comme ils sont en instance de divorce, une compensation de l'activité litigieuse par des espérances successorales paraît également hors de considération. Quant à l'élévation du niveau de vie dont la demanderesse a bénéficié du fait de son travail, on en tiendra compte dans la fixation du montant du salaire. Contrairement à ce qui soutient la défenderesse, le droit de la demanderesse à une rétribution pour son travail ne saurait être remis en cause par une éventuelle faute de sa part, ayant contribué à la rupture de l'union conjugale. Ce droit, tout comme ceux qui découlent de la liquidation du régime matrimonial en cas de divorce, est indépendant des fautes respectives des conjoints. La notion d'équité, qui intervient dans l'application de l' art. 320 al. 2 CO et qu'invoque la défenderesse, concerne le rapport entre le travail fourni par l'épouse, d'une part, les avantages dont elle bénéficie d'autre part. BGE 113 II 414 S. 420 d) Quant à la quotité du salaire dû à la demanderesse selon l' art. 320 al. 2 CO , les constatations de la cour cantonale relatives à l'importance de la collaboration de l'épouse, à sa durée et à sa valeur lient la juridiction de réforme ( art. 63 OJ ; SJ 106/1984 p. 440 consid. 5). On retiendra donc que la demanderesse a travaillé à 50% pour la défenderesse, depuis son mariage et jusqu'à fin 1982, et que ce travail correspondait à un salaire mensuel objectif de 1'000 fr. Appliquant les principes rappelés plus haut, la cour cantonale a réduit ce salaire d'un quart, en déclarant "reprendre la réduction de 25%" adoptée dans l'arrêt du 10 novembre 1983 (SJ 106/1984 p. 440). La défenderesse tient cette réduction pour insuffisante; selon elle, il faudrait opérer au minimum la réduction d'un tiers appliquée dans l'arrêt précité. La demanderesse s'oppose à toute réduction en faisant notamment valoir les engagements qu'elle a pris, à concurrence de 350'000 fr., en faveur de son mari ou de sociétés qu'il animait. La détermination de la valeur des avantages procurés à l'épouse par l'élévation du niveau de vie due à son travail relève en principe de l'appréciation des preuves. La réduction opérée dans l'arrêt cité par la cour cantonale est effectivement d'un tiers, et non pas d'un quart. Mais la référence à cet arrêt ne constitue pas pour autant une inadvertance manifeste qui devrait être rectifiée. Tout en se fondant sur cet arrêt, la cour cantonale a en effet fixé la réduction de 25% en fonction des faits concrets qu'elle avait constatés. Elle a ainsi procédé à une appréciation des preuves qui lie le Tribunal fédéral. Au demeurant, les critères juridiques qu'elle a appliqués, en tenant compte des avantages liés à l'activité de la demanderesse, à l'exclusion de toute attente fondée sur le droit de la famille ou le droit successoral, ne consacrent aucune violation du droit fédéral. IL n'y a notamment pas lieu de s'arrêter ici aux engagements financiers pris par la demanderesse en faveur de son mari, lesquels sortent totalement du cadre du devoir d'assistance prévu par l' art. 161 al. 2 CC . La rétribution mensuelle de 750 fr. retenue par l'arrêt attaqué doit donc être confirmée.
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6aeb92c8-af4f-44ff-a539-044d0345460d
Urteilskopf 134 III 218 38. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre Mercedes-Benz Suisse SA et Daimler AG (recours en matière civile) 4A_432/2007 du 8 février 2008
Regeste Örtliche Zuständigkeit; mit Verbrauchern abgeschlossene Verträge ( Art. 13 ff. LugÜ ); Garantie des Herstellers. Die Garantie des Herstellers führt nicht zum Entstehen gegenseitiger Verpflichtungen zwischen dem Hersteller und irgendeinem Erwerber des Fahrzeuges. Sie begründet daher keinen Dienstleistungsvertrag im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3 LugÜ , wonach der Verbraucher gemäss Art. 14 Abs. 1 LugÜ an seinem Wohnort Klage einreichen könnte (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 219 BGE 134 III 218 S. 219 A. Le 8 décembre 2004, A. SA, à Genève, a vendu à X. une voiture de marque Mercedes-Benz, modèle CL 600, mise en circulation le 10 novembre 2003 et dont le compteur affichait un peu plus de 20'000 kilomètres. Le prix a été fixé à 191'300 fr. Le contrat excluait toute garantie de la part du vendeur. Un "carnet de maintenance avec MobiloLife Mercedes-Benz", délivré par DaimlerChrysler AG, à Stuttgart (Allemagne), accompagnait le véhicule d'occasion; le service "MobiloLife" offre notamment une assistance en cas de panne ou de problème de démarrage, le remorquage jusqu'à l'atelier Mercedes-Benz le plus proche et une voiture de remplacement pendant une durée de réparation de cinq jours au maximum. Par ailleurs, la voiture était garantie, sous l'appellation Mercedes-Swiss- Integral MSI, jusqu'à 100'000 kilomètres ou durant trois ans par DaimlerChrysler Schweiz AG, à Schlieren, importateur pour la Suisse des véhicules de marque Mercedes-Benz. Assez rapidement, X. s'est plaint de défauts, en particulier de vibrations, auprès du concessionnaire Mercedes-Benz, à Genève. En juillet 2005, il s'est adressé au service après-vente de DaimlerChrysler Schweiz AG qui, après avoir testé la voiture, a contesté tout problème technique. B. Le 9 juin 2006, X. a introduit devant le Tribunal de première instance du canton de Genève, lieu de son domicile, une action en garantie contre DaimlerChrysler Schweiz AG et contre DaimlerChrysler AG, ainsi qu'une action en paiement dirigée uniquement contre la première citée. D'une part, ses conclusions tendaient à ce que les défenderesses soient condamnées à réparer les défauts du véhicule, plus précisément le problème de vibration, le bruit d'air du côté conducteur et le défaut de la pompe de direction ou, pour le cas où les défauts ne seraient pas réparables, à ce qu'elles soient condamnées à lui livrer un véhicule de remplacement du même modèle ou, en cas d'impossibilité, d'un modèle équivalent. D'autre part, le demandeur concluait à ce que DaimlerChrysler Schweiz AG soit condamnée à lui verser les sommes de 736 fr. et de 6'548 fr. 25 à titre de dommages-intérêts, ainsi qu'à procéder à un nettoyage complet du véhicule et à réparer les jantes. DaimlerChrysler Schweiz AG et DaimlerChrysler AG ont soulevé une exception d'incompétence à raison du lieu. Par jugement du 21 décembre 2006, le tribunal a fait droit à l'exception et déclaré la demande irrecevable. BGE 134 III 218 S. 220 Statuant le 14 septembre 2007 sur appel de X., la Chambre civile de la Cour de justice du canton de Genève a confirmé le jugement de première instance. C. X. interjette un recours en matière civile. Il conclut à l'annulation de l'arrêt cantonal et à ce que les tribunaux genevois soient déclarés "compétents pour recevoir la demande en paiement dirigée (...) contre DaimlerChrysler Schweiz AG et DaimlerChrysler AG". Le 19 octobre 2007, DaimlerChrysler AG a changé sa raison sociale en Daimler AG. Le 21 décembre 2007, DaimlerChrysler Schweiz AG a changé la sienne en Mercedes-Benz Suisse SA. Mercedes-Benz Suisse SA (l'intimée 1) et Daimler AG (l'intimée 2) proposent le rejet du recours. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. Le recourant se plaint d'une violation de la Convention de Lugano du 16 septembre 1988 concernant la compétence judiciaire et l'exécution des décisions en matière civile et commerciale (Convention de Lugano ou CL; RS 0.275.11). Il fait valoir que les tribunaux genevois sont compétents pour connaître de son action contre l'intimée 2 sur la base de l' art. 14 al. 1 CL en liaison avec l' art. 13 al. 1 ch. 3 CL , qu'il interprète à la lumière de la jurisprudence rendue à propos de l' art. 5 ch. 1 CL . 3.1 La Convention de Lugano est entrée en vigueur le 1 er janvier 1992 pour la Suisse et le 1 er mars 1995 pour l'Allemagne. Aux termes de l' art. 2 al. 1 CL , les personnes domiciliées ou ayant leur siège sur le territoire d'un Etat contractant sont en principe attraites devant les juridictions de cet Etat. Il y a toutefois des exceptions à la règle. La section 2 de la Convention de Lugano (art. 5 ss) prévoit des compétences spéciales. Dans certains cas, le défendeur domicilié sur le territoire d'un Etat contractant peut être attrait dans un autre Etat contractant; c'est notamment le cas en matière contractuelle ( art. 5 ch. 1 CL ). La section 4 de la Convention de Lugano (art. 13 ss) règle la compétence en matière de contrats conclus par les consommateurs. Le contrat conclu par un consommateur est celui passé par une BGE 134 III 218 S. 221 personne pour un usage pouvant être considéré comme étranger à son activité professionnelle ( art. 13 al. 1 CL ). Lorsqu'un litige survient en rapport avec l'un des contrats énumérés à l'art. 13 al. 1 ch. 1, 2 ou 3 CL, la compétence est déterminée par la section 4, sans préjudice des art. 4 et 5 ch. 5 CL , ce qui donne en particulier au consommateur la possibilité d'ouvrir action devant les tribunaux de l'Etat contractant sur le territoire duquel il est domicilié ( art. 14 al. 1 CL ). L'un des contrats concernés est celui ayant pour objet une fourniture de services ou d'objets mobiliers corporels si sa conclusion a été précédée dans l'Etat du domicile du consommateur d'une proposition spécialement faite ou d'une publicité et que le consommateur a accompli dans cet Etat les actes nécessaires à la conclusion du contrat (art. 13 al. 1 ch. 3 let. a et b CL). 3.2 En l'espèce, la Chambre civile a constaté que cinq contrats étaient en jeu, passés respectivement entre le fabricant et l'importateur suisse de la voiture, entre l'importateur et le vendeur initial du véhicule, entre ce vendeur et le premier acheteur, entre ce dernier et A. SA, enfin entre le recourant et A. SA, qui a vendu le véhicule d'occasion sans cession de garantie et dont il n'est pas allégué qu'elle est une agence Mercedes-Benz. Pour la cour cantonale, il n'y a ainsi pas de lien contractuel direct entre le recourant et l'intimée 2, mais une "chaîne" de contrats, qui ne donne pas lieu à l'application des art. 13 ss CL . Le recourant objecte pour l'essentiel que la garantie d'usine ou garantie-clients donnée par l'intimée 2, par laquelle elle s'oblige à réparer les véhicules défectueux, est un contrat sui generis unilatéral, passé avec tout acquéreur d'un véhicule fabriqué par elle. En communiquant la garantie rattachée à la voiture, l'intimée 2 se serait librement engagée, à l'égard de tout acquéreur, à respecter les obligations découlant de ladite garantie. Le recourant en déduit qu'il s'agit d'un litige en matière de contrat au sens de l' art. 13 CL . 3.3 Afin de garantir une jurisprudence cohérente, l'art. 1 du Protocole n o 2 sur l'interprétation uniforme de la Convention de Lugano (RS 0.275.11) prévoit que les tribunaux de chaque Etat contractant tiennent compte des principes définis par toute décision pertinente rendue par les tribunaux des autres Etats contractants concernant des dispositions de la convention. En raison de l'étroite parenté existant entre la Convention de Lugano et la Convention de Bruxelles du 27 septembre 1968, l'art. 2 du Protocole n° 2 institue par BGE 134 III 218 S. 222 ailleurs un système d'échange d'informations portant également sur les décisions rendues par la Cour de justice des Communautés européennes (CJCE) en application de la Convention de Bruxelles. Du reste, dans une déclaration des représentants des Gouvernements de l'Association Européenne de Libre-Echange (AELE) signataires de la Convention de Lugano, ces Etats ont considéré approprié que leurs tribunaux, en interprétant la Convention de Lugano, tiennent compte des principes contenus dans la jurisprudence de la CJCE et des tribunaux des Etats membres des Communautés européennes relative à la Convention de Bruxelles ( ATF 131 III 398 consid. 4; ATF 129 III 626 consid. 5.2.1 p. 631; ATF 124 III 382 consid. 6c p. 394/395; cf. KATHRIN KLETT, Die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Lugano-Übereinkommen, in La Convenzione di Lugano nella pratica forense e nel suo divenire, Bâle 2004, p. 160). 3.4 La réglementation des art. 13 ss CL est exclusive pour les litiges se rapportant aux contrats conclus par les consommateurs. En particulier, les art. 2 et 5 CL ne s'appliquent pas, à l'exception des dispositions auxquelles il est renvoyé expressément (JAN KROPHOLLER, Europäisches Zivilprozessrecht, 8 e éd., Francfort 2005, n. 1 ad remarques préliminaires ad art. 8; GEIMER/SCHÜTZE, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2 e éd., Munich 2004, n. 3 ad art. 15; HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 3 e éd., Paris 2002, n. 264, p. 214). En l'espèce, il n'est pas contesté que le recourant est un consommateur au sens de l' art. 13 CL . 3.5 L' art. 13 CL comprend la formule "en matière de contrat". Pour sa part, l' art. 5 ch. 1 CL contient les termes "en matière contractuelle". Selon la jurisprudence de la CJCE, ces notions doivent être interprétées de façon autonome, en se référant principalement au système et aux objectifs de la convention, en vue d'assurer l'application uniforme de celle-ci dans tous les Etats contractants (arrêt du 20 janvier 2005, Petra Engler contre Janus Versand GmbH , C-27/02, Rec. 2005, p. I-481, point 33 et les arrêts cités; cf. également ATF 122 III 298 consid. 3a). La "matière contractuelle" réservée par l' art. 5 ch. 1 CL suppose un engagement librement assumé d'une partie envers une autre, même s'il n'y a pas conclusion d'un contrat (arrêt Engler précité, points 45 et 50); elle est interprétée de manière large (même arrêt, point 48; YVES DONZALLAZ, La Convention de Lugano, vol. III, n. 4420 ss, 4531). En revanche, l'action de nature contractuelle au sens de l' art. 13 CL s'interprète de manière BGE 134 III 218 S. 223 restrictive afin de limiter les procès au for du demandeur ( forum actoris ; art. 14 CL ), qui constitue une exception au principe général du for du défendeur posé à l' art. 2 al. 1 CL ; selon les termes mêmes de la CJCE, "les règles de compétence spécifiques prévues aux articles 13 à 15 [CL] doivent donner lieu à une interprétation stricte, qui ne saurait aller au-delà des hypothèses expressément envisagées par ladite convention" (arrêt Engler précité, points 42 et 43 et les arrêts cités; cf. également ATF 133 III 295 consid. 7.2 p. 300; KROPHOLLER, op. cit., n. 3 ad art. 15 et n. 6 ad art. 5; GEIMER/ SCHÜTZE, op. cit., n. 5 ad art. 15). Contrairement à ce que le recourant soutient, la notion de contrat au sens de l' art. 13 CL ne coïncide pas avec celle de "matière contractuelle" de l' art. 5 ch. 1 CL . Selon la jurisprudence de la CJCE, l' art. 13 al. 1 ch. 3 CL invoqué par le recourant s'applique aux conditions suivantes: le demandeur doit avoir qualité de consommateur final privé, non engagé dans des activités commerciales ou professionnelles; un contrat a été conclu entre ce consommateur et le vendeur professionnel, qui a pour objet une fourniture d'objets mobiliers corporels ou de services; ce contrat a donné naissance à des obligations réciproques et interdépendantes entre les deux parties; les deux conditions spécifiques énumérées à l'art. 13 al. 1 ch. 3 let. a et b CL sont remplies (arrêt Engler précité, point 34). 3.6 En l'espèce, il n'y a pas eu conclusion d'un contrat de vente entre le recourant et l'intimée 2. Le seul contrat qui peut être envisagé entre ces deux parties est un contrat sui generis par lequel le fabricant se serait engagé envers tout acquéreur de la voiture de marque Mercedes-Benz à réparer le véhicule gratuitement à certaines conditions; l'acheteur aurait accepté cette offre tacitement ( art. 6 CO ), dès lors qu'elle ne présentait que des avantages pour lui. Un tel contrat de garantie serait unilatéral puisqu'une seule partie s'oblige, l'autre partie se bornant à accepter (ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2 e éd., p. 160). Il n'en découlerait donc manifestement pas des obligations réciproques et interdépendantes. Faute d'engagements synallagmatiques des deux parties, un tel acte juridique ne constitue pas, en tout état de cause, un contrat au sens de l' art. 13 al. 1 ch. 3 CL , tel que défini par la jurisprudence de la CJCE. Comme la cour cantonale l'a admis à bon droit, le recourant ne peut invoquer les art. 13 ss CL pour ouvrir action contre l'intimée 2, dont le siège social est en Allemagne, devant les tribunaux de son domicile en Suisse.
null
nan
fr
2,008
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6aef0522-888a-4d34-9aa6-f20f7268c637
Urteilskopf 81 I 202 33. Urteil vom 6. Juli 1955 i.S. Ackermann und Konsorten gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Kantonale Abstimmungen. 1. Staatsrechtliche Beschwerde: Kann auch noch im Anschluss an die Volksabstimmung Beschwerde geführt werden, wenn die vorgebrachte Rüge schon durch Anfechtung der Abstimmungsanordnung hätte geltend gemacht werden können? Frage in casu verneint. 2. Gesetzesinitiative, Feststellung des Abstimmungsergebnisses im Falle, wo die Stimmberechtigten sich gleichzeitig über ein in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes gestelltes Volksbegehren und einen Gegenentwurf des Grossen Rates auszusprechen haben: Zulässigkeit einer Bestimmung, wonach die Nichtbeantwortung einer der beiden Fragen als Verwerfung des betreffenden Entwurfes gilt.
Sachverhalt ab Seite 203 BGE 81 I 202 S. 203 A.- Das luzernische Gesetz vom 29. Januar 1908 betreffend die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes durch das Volk enthält unter anderm Vorschriften über die Volksabstimmung im Falle, wo die Stimmberechtigten sich gleichzeitig über ein in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes gestelltes Volksbegehren (Initiative) und einen Gegenentwurf des Grossen Rates auszusprechen haben. Es bestimmt hierüber: § 13. Im Falle der Aufstellung eines besonderen Gesetzesentwurfes durch den Grossen Rat werden dem Volke auf dem gleichen Stimmzettel die zwei Fragen zur Abstimmung vorgelegt: Wollt Ihr den Entwurf der Initianten annehmen? Wollt Ihr den Entwurf des Grossen Rates annehmen? § 14. Als angenommen gilt derjenige Entwurf, welcher die absolute Mehrheit der gültig stimmenden Bürger auf sich vereinigt hat. BGE 81 I 202 S. 204 Hat keiner der beiden Entwürfe die absolute Mehrheit der gültig Stimmenden erhalten, so sind beide Entwürfe verworfen. § 15. Stimmzettel, welche beide Fragen verneinen, sind als gültig, solche, welche beide Fragen bejahen oder unbeantwortet lassen, sind als ungültig zu erklären. Die Nichtbeantwortung einer der beiden Fragen gilt als Verwerfung des betreffenden Entwurfes. B.- Ein in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes gestelltes Volksbegehren schlug eine Änderung des luzernischen Steuergesetzes vom 27. Mai 1946 vor, durch die gewisse Steuererleichterungen gewährt werden sollten. Der Grosse Rat stellte einen Gegenentwurf auf. Der Regierungsrat setzte am 28. Februar 1955 die Volksabstimmung auf den 27. März 1955 fest und veröffentlichte diese Anordnung, in der § 15 des Gesetzes betreffend die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes durch das Volk wiedergegeben war, im kantonalen Amtsblatt vom 5. März. Durch Beschluss vom 31. März 1955, der im Amtsblatt vom 2. April veröffentlicht wurde, stellte der Regierungsrat fest, dass in der Abstimmung vom 27. März weder das Volksbegehren (mit 13'624 Ja gegenüber 19'667 Nein) noch der Gegenentwurf des Grossen Rates (mit 16'291 Ja gegenüber 17'000 Nein) die absolute Mehrheit (16'646) der gültig Stimmenden erreicht habe, so dass beide Vorlagen verworfen seien. C.- Am 21. April 1955 haben Dr. Ackermann, Fürsprech in Luzern, und drei Mitunterzeichner staatsrechtliche Beschwerde erhoben, als deren Gegenstand "die Art der Durchführung der fraglichen Volksabstimmung (vom 27. März 1955), insbesondere die Ermittlung und offizielle Bekanntgabe des Abstimmungsresultates im Luzerner Kantonsblatt vom 2. April" bezeichnet wird. Es wird beantragt: 1. . Der zweite Satz von § 15 des luzernischen Gesetzes vom 29. Januar 1908 betr. die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes durch das Volk sei als verfassungswidrig zu erklären und aufzuheben. 2. Die auf Grund dieser Bestimmung erfolgte Auszählung des Resultates der Volksabstimmung vom 27. März 1955 über die BGE 81 I 202 S. 205 Abänderung des luzernischen Steuergesetzes sei als verfassungswidrig zu erklären und zu kassieren. 3. Die Volksabstimmung über den Gegenentwurf des Grossen Rates vom 1. Februar 1955 zum Volksbegehren auf Abänderung des luzernischen Steuergesetzes sei zu kassieren und der Regierungsrat einzuladen, über diesen Gegenentwurf eine nochmalige Volksabstimmung zu veranstalten. 4. Eventuell: Das Ergebnis der Volksabstimmung vom 27. März 1955 sei vom Regierungsrat in der Weise neu zu ermitteln, dass nur die effektiv für die beiden Gegenstände abgegebenen Neinstimmen berücksichtigt und die auf Grund der sub Ziffer 1 angefochtenen Gesetzesbestimmungen von den Urnenbureaus (hinzugezählten Neinstimmen?) eliminiert werden." Die Beschwerdeführer machen geltend, die beanstandete Gesetzesbestimmung - die bei der Ermittlung des Ergebnisses der in Frage stehenden Abstimmung tatsächlich angewendet worden sei, was daraus hervorgehe, dass für beide Entwürfe gleich viel Stimmen (Ja und Nein zusammengerechnet) gezählt worden seien - lasse sich durch keinerlei haltbare Gründe rechtfertigen. Sie sei nicht vereinbar mit der demokratischen Staatsform, die der Kanton Luzern sich gegeben habe (§ 30 KV). Eine entsprechende Vorschrift bestehe in diesem Kanton für die Verfassungsinitiative. Es sei zweifelhaft, ob die Bundesversammlung eine von der kantonalen Behörde auf Grund dieser Bestimmung als zugestandegekommen erklärte Verfassungsänderung genehmigen würde. Weder das Bundesrecht noch andere kantonale Rechtsordnungen kennten eine solche Vorschrift. Vor 1925 sei die luzernische Staatsverfassung (§§ 39 und 40) dahin ausgelegt worden, dass sie vorschreibe, ein der Referendumsabstimmung unterstellter Erlass sei nur dann verworfen, wenn die Mehrheit der (gültig oder ungültig) Stimmenden sich in diesem Sinne ausgesprochen habe. Ein Entscheid des Bundesgerichtes von 1923 habe diese Auslegung durchgehen lassen. Im Jahre 1925 sei jedoch die Kantonsverfassung revidiert worden; ihr neuer § 42 bestimme, dass bei allen kantonalen Volksabstimmungen für die Berechnung der absoluten Mehrheit der Stimmenden nur die gültigen Stimmzettel in Betracht fallen. Aus dieser Regel folge, dass bei einer Alternativabstimmung BGE 81 I 202 S. 206 derjenige, der hinsichtlich des einen Abstimmungsgegenstandes sich der Stimme enthalte, nicht als Stimmender und noch weniger als Neinsager gezählt werden dürfe. Die beanstandete Gesetzesbestimmung sei also durch den neuen § 42 KV aufgehoben worden. Immerhin bestehe im vorliegenden Fall kein Grund, über die Initiative nochmals abstimmen zu lassen; denn sie sei mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden. Dagegen müsse die Abstimmung über den Gegenentwurf des Grosses Rates wiederholt werden. Eine blosse Neufeststellung des Resultates unter Weglassung der nach Massgabe der angefochtenen Besetzesbestimmung "konstruierten" Neinstimmen wäre keine befriedigende Lösung. Eine solche Berichtigung wäre schon deshalb schwierig, weil in manchen Abstimmungsbüros auf Stimmzettel, in denen eine der beiden Fragen nicht beantwortet war, einfach von Amtes wegen ein Nein geschrieben worden sei. Zudem seien bei der an sich schon nicht ohne weiteres verständlichen Alternativabstimmung viele Bürger durch die in Frage stehende Bestimmung verwirrt worden; das Abstimmungsergebnis sei so in irreparabler Weise beeinflusst worden. D.- Der Regierungsrat beantragt die Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Antrag der Beschwerdeführer auf Aufhebung der beanstandeten Gesetzesbestimmung ist nicht zulässig; die Frist zur staatsrechtlichen Beschwerde gegen den in Frage stehenden allgemein verbindlichen Erlass selbst ist längst abgelaufen. In Betracht kommt nur noch die Aufhebung einer Verfügung oder Entscheidung, durch die jene angeblich verfassungswidrige Bestimmung angewendet worden ist ( BGE 68 I 27 ). 2. Die Beschwerdeführer fechten den Beschluss an, mit dem der Begierungsrat festgestellt hat, das Ergebnis der Volksabstimmung vom 27. März 1955 sei, dass beide BGE 81 I 202 S. 207 Vorlagen verworfen seien. Sie bestreiten so die Gültigkeit einer kantonalen Abstimmung. Als stimmberechtigte Einwohner des Kantons Luzern sind sie zu einer solchen Beschwerde legitimiert. Über die Gültigkeit einer kantonalen Abstimmung hat nach luzernischem Recht in letzter Instanz der Regierungsrat zu entscheiden. Nach § 39 des kantonalen Gesetzes vom 31. Dezember 1918 über Wahlen und Abstimmungen befindet er über Einsprüche, mit denen geltend gemacht wird, bei einer Abstimmungsverhandlung seien Rechtsverletzungen vorgekommen, die auf das Ergebnis der Abstimmung von Einfluss waren. Gegen seinen Entscheid ist ein Rekurs an den Grossen Rat nicht zulässig (vgl. die in BGE 49 I 319 /20 wiedergegebene Auffassung des Grossen Rates). Immerhin kann man sich fragen, ob die Beschwerdeführer, statt gegen den Beschluss vom 31. März 1955, mit dem der Regierungsrat von Amtes wegen das Ergebnis der Volksabstimmung festgestellt hat, staatsrechtliche Beschwerde zu erheben, nicht zunächst, gemäss § 38 Abs. 2 des Gesetzes über Wahlen und Abstimmungen, innerhalb der Frist von 10 Tagen vom Abstimmungstage (27. März 1955) an Einspruch beim Regierungsrat hätten einlegen sollen, um ihn zu veranlassen, sich über die Rüge der Verfassungswidrigkeit des 2. Satzes des § 15 des Gesetzes betreffend die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes durch das Volk auszusprechen. Die Frage kann indessen offen gelassen werden, da auf die Beschwerde aus einem anderen Grunde nicht eingetreten werden kann. 3. Der Regierungsrat hatte in seiner Abstimmungsanordnung vom 28. Februar 1955 ausdrücklich, unter Hinweis auf § 15 des Gesetzes betreffend die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes durch das Volk, vorgeschrieben: "Die Nichtbeantwortung nur einer der beiden Fragen gilt als Verwerfung der betreffenden Abstimmungsvorlage." Wenn die Beschwerdeführer glaubten, BGE 81 I 202 S. 208 jene Gesetzesbestimmung, deren Anwendung bei der Volksabstimmung vom 27. März 1955 damit angeordnet war, sei verfassungswidrig, so hatten sie die Möglichkeit, gegen den im kantonalen Amtsblatt vom 5. März 1955 veröffentlichten Beschluss vom 28. Februar 1955 zu rekurrieren. Sie konnten die bezügliche Rüge nicht mehr erheben, nachdem einmal die Abstimmung stattgefunden hatte. In der Tat ergibt sich das aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtes. In BGE 74 I 22 wird ausgeführt: "Es wäre stossend, wenn ein Stimmberechtigter, der sich durch die Formulierung der Abstimmungsfrage oder andere, der Abstimmung vorausgehende und sie betreffende Anordnungen in seinem Stimmrecht verletzt fühlt, mit der Geltendmachung des Mangels bis nach der Volksabstimmung zuwarten könnte; vielmehr erscheint es geboten, sofort gegen diese Anordnung Beschwerde zu führen, damit der Mangel womöglich noch vor der Abstimmung behoben werden kann und diese nicht wiederholt zu werden braucht (vgl. BGE 69 I 16 , wo aus ähnlichen Erwägungen entschieden wurde, der Entscheid über die Zusammensetzung des Gerichtes - Abweisung eines Rekusationsbegehrens - müsse direkt und könne nicht mehr mit dem Endurteil über die Sache angefochten werden)." Diese Rechtsprechung wurde bestätigt in den nicht veröffentlichten Urteilen vom 27. Januar 1949 i.S. Weber und vom 17. März 1954 i.S. Gmür. Bereits in BGE 49 I 328 (zitiert in BGE 74 I 22 ) hatte das Bundesgericht festgestellt, dass die Rüge, es seien entgegen dem Gesetz den Stimmberechtigten keine Stimmcouverts zur Verfügung gestellt worden, durch Anfechtung der Abstimmungsanordnung, worin der Regierungsrat diese Abweichung von der gesetzlichen Regelung vorgesehen hatte, und nicht erst nach Durchführung der Volksabstimmung hätte geltend gemacht werden sollen. Es besteht kein Grund, anders zu entscheiden, wenn eine Vorschrift der Abstimmungsanordnung zwar dem Gesetz nicht zuwiderläuft, BGE 81 I 202 S. 209 aber sich auf eine gesetzliche Bestimmung gründet, die als verfassungswidrig beanstandet wird. Eine andere Lösung käme allenfalls in Frage, wenn die Beschwerde lediglich die Art und Weise der Auszählung der Stimmen und der Feststellung des Abstimmungsergebnisses beträfe, so dass im Falle der Gutheissung einfach eine neue Auszählung vorzunehmen wäre. Die Beschwerdeführer sind aber der Meinung, dass mindestens die Abstimmung über eine der beiden Vorlagen zu kassieren und neu durchzuführen sei, und sie behaupten, dass die von ihnen angefochtene Vorschrift manchen Stimmenden nicht erlaubt habe, ihren Willen genau zum Ausdruck zu bringen. Unter diesen Umständen hätten die Beschwerdeführer, um die Verwirkung des Anfechtungsrechts zu vermeiden, mit der Geltendmachung ihrer Einwendungen nicht bis nach der Volksabstimmung zuwarten, sondern schon die Abstimmungsanordnung anfechten sollen. Eine staatsrechtliche Beschwerde gegen die Anordnung vom 28. Februar 1955 wäre binnen 30 Tagen von der Veröffentlichung im Amtsblatt vom 5. März an einzureichen gewesen. Auf die vorliegende am 21. April gegen den Beschluss des Regierungsrates vom 31. März 1955 erhobene Beschwerde kann nicht eingetreten werden. 4. Übrigens müsste die Beschwerde, wenn sie zulässig wäre, offensichtlich als unbegründet abgewiesen werden. Wenn das Volk gleichzeitig über ein in der Form des ausgearbeiteten Entwurfes gestelltes Volksbegehren und einen Gegenentwurf des Grossen Rates abzustimmen hat, so hat es sich über zweierlei auszusprechen. Einerseits hat es zu bekunden, ob es den Status quo aufrechterhalten oder aber ändern will; anderseits, im zweiten Fall, hat es zwischen den beiden Entwürfen zu wählen, d.h. zum Ausdruck zu bringen, dass es den einen Entwurf annimmt und den andern verwirft. In einem System, wie es in § 15 des luzernischen Gesetzes betreffend die unmittelbare Ausübung des Gesetzgebungsrechtes BGE 81 I 202 S. 210 durch das Volk vorgesehen ist, wird die der Gesamtheit der Stimmenden aufgetragene Wahl schon jedem Stimmenden einzeln auferlegt. Nach den meisten andern gesetzlichen Ordnungen dagegen kann der einzelne Stimmende sich zugleich für beide Vorlagen aussprechen oder auch die eine annehmen, ohne die andere zu verwerfen; das Gesamtergebnis erlaubt dann, gewissen unbestimmten Einzelstimmen Rechnung zu tragen. Allerdings kann es bei diesem System vorkommen, dass beide Projekte die absolute Mehrheit erreichen; in diesem Falle wird normalerweise dasjenige durchdringen, welches die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Beide Systeme sind mit sachlichen Gründen vertretbar und mit den Grundsätzen der Demokratie im Einklang. Da die Gesamtheit der Stimmenden die Wahl zwischen zwei Vorlagen treffen muss, ist es gewiss nicht sachwidrig, von jedem einzelnen Stimmenden zu verlangen, dass er sich in bestimmter Weise im einen oder andern Sinne ausspreche. Auch in gewöhnlichen Abstimmungen, die einen einzigen Entwurf zum Gegenstand haben, und bei Beamtenwahlen, besonders solchen, die einen einzigen Posten betreffen, muss der Stimmende, der will, dass seine Stimme berücksichtigt werde, zwischen der einen und der andern Möglichkeit wählen; er kann nicht gültig sich in unbestimmter Weise äussern. Um die Revision der Verfassung oder die Verwerfung eines Gesetzesentwurfes durch das Volk zu erschweren, wurde hie und da angenommen, dass zur Ermittlung des für die Annahme der Verfassungsrevision oder für die Verwerfung der Gesetzesvorlage erforderlichen absoluten Mehrs der Stimmenden die leeren oder ungültigen Stimmzettel mitzuzählen seien. Man könnte die Zulässigkeit solcher Lösungen - die mitunter bejaht worden ist (nicht veröffentlichtes Urteil vom 22. Juni 1923 i.S. Hübscher c. Luzern; BURCKHARDT, Komm. der BV, 2. Aufl., S. 823, anders 3. Aufl., S. 820) - wohl bezweifeln. Aber § 15 des in Frage stehenden luzernischen Gesetzes BGE 81 I 202 S. 211 beruht nicht auf Erwägungen, wie sie jenen Ordnungen zugrunde liegen. Er stellt den Entwurf der Initianten und den Gegenentwurf des Grossen Rates auf die gleiche Stufe. Er will nicht eine bestimmte Lösung begünstigen, sondern den Stimmenden, der eine Änderung des Status quo wünscht, zur Wahl zwischen den in Betracht kommenden Lösungen veranlassen. Die Beschwerdeführer nennen keine Verfassungsbestimmung, welche das System der beanstandeten Gesetzesvorschrift ausschlösse. Zu Unrecht berufen sie sich auf den neuen § 42 KV, lautend: "Bei allen kantonalen Volksabstimmungen fallen für die Berechnung der absoluten Mehrheit der Stimmenden nur die gültigen Stimmzettel in Betracht. Im übrigen wird das Abstimmungsverfahren durch das Gesetz näher geregelt." Diese Bestimmung stellt einen Grundsatz auf und behält der Gesetzgebung vor, dessen Anwendung im einzelnen zu ordnen. Wo es um Abstimmungen geht, die alternativ zwei Gesetzesentwürfe betreffen, rechtfertigt sich eine besondere Regelung. Der Stimmzettel, mit welchem ein Stimmender sich über einen der Entwürfe mit Ja oder Nein ausgesprochen und die den anderen Entwurf beschlagende Frage unbeantwortet gelassen hat, wird als gültig betrachtet und ist daher bei der Ermittlung der Mehrheit in Rechnung zu stellen. Der im Gesetz niedergelegten Regel, dass der Stimmende, der die Änderung des Status quo will, zwischen den beiden Projekten wählen muss, entspricht es aber, wenn bestimmt wird, dass die Stellungnahme zu einem der Entwürfe notwendig diejenige zum andern in sich schliesst, und wie die Haltung eines Stimmenden auszulegen ist, der es unterlässt, sich zu diesem andern Entwurf in bestimmter Weise auszusprechen. Es ist unter dem Gesichtspunkte des § 42 KV zulässig, die derart durch Interpretation ermittelte Stimme als gültig mitzuzählen. Es ist möglich, dass im Falle, wo gleichzeitig über einen Entwurf und einen Gegenentwurf abgestimmt wird, BGE 81 I 202 S. 212 ein doppelt negatives Ergebnis nicht genau dem Willen der Stimmenden entspricht. Manche unter ihnen, die den einen Entwurf angenommen und den andern verworfen haben, hätten vielleicht dem Status quo das Projekt, gegen das sie sich ausgesprochen haben, doch vorgezogen. Diese Unzukömmlichkeit ist indessen nicht eine Besonderheit des Luzerner Systems. Sie kann überall vorkommen, wo zwei sich ausschliessende Projekte gleichzeitig der Volksabstimmung unterbreitet werden. Ist es der Wille des Volkes, den Status quo, bei dem es nach der Verwerfung beider Entwürfe bleiben würde, zu ändern, so kann ein neues Projekt aufgestellt werden, sei es von der Behörde, sei es aus der Mitte des Volkes auf dem Wege der Initiative. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
public_law
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6aef55c9-074a-489b-aa02-fe6ef69c69bf
Urteilskopf 119 Ib 1 1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 5. Februar 1993 i.S. R. und S. gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 9 Abs. 1 lit. d und Abs. 3 lit. b, Art. 10 Abs. 1 lit. d und Abs. 2 sowie Art. 11 Abs. 3 ANAG und Art. 16 Abs. 3 ANAV ; Heimschaffung/Ausweisung wegen Bedürftigkeit. 1. Begriff und Voraussetzungen einer Heimschaffung. Die Heimschaffung muss jedenfalls dann die gleichen Voraussetzungen wie eine Ausweisung erfüllen, d.h. namentlich unter denselben Gesichtspunkten verhältnismässig sein, wenn sie ohne Zustimmung des Heimatstaates erfolgt; eine Besonderheit gilt nur im Blick auf die mit einer Ausweisung verbundene und bei der Heimschaffung fehlende Fernhaltewirkung (E. 2). 2. Voraussetzung des erheblichen und fortgesetzten Bezugs von Unterstützungsleistungen (E. 3). 3. Bedeutung einer Anwesenheitsdauer von über 20 Jahren in der Schweiz (E. 4). 4. Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse (E. 5). 5. Verhältnismässigkeitsprüfung im Rahmen einer Gesamtbeurteilung (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 119 Ib 1 S. 2 Der türkische Staatsangehörige R., geboren 1931 in der Türkei, reiste 1967 in die Schweiz ein und lebt seither im Kanton Basel-Landschaft. 1969 zogen seine Ehefrau S., geboren 1930, und 1970 seine vier Töchter (geboren 1956, 1957, 1962 und 1963) in die Schweiz nach. 1971 kam der Sohn H. zur Welt. Bis 1980 arbeitete R. an verschiedenen Stellen. 1977 erhielten die Ehegatten R. und S. die Niederlassungsbewilligung; die Kinder verfügen heute alle über selbständige Anwesenheitsbewilligungen. 1980 erlitt R. einen Verkehrsunfall und verletzte sich dabei an den Beinen, was mehrere Operationen und bleibende Beschwerden mit sich brachte. Während längerer Zeit war er arbeitsunfähig; 1982 verlor er schliesslich die Stelle. Bis 1984 bezog er abwechslungsweise SUVA-Taggelder und Arbeitslosen-Taggelder oder -entschädigungen. Von Dezember 1984 bis September 1985 arbeitete er wieder. Anschliessend bezog er erneut Arbeitslosenentschädigungen. Ab 1985 wurden er und seine Familie von der Fürsorgebehörde der Gemeinde X. unterstützt. Auf schriftlichen Antrag der Fürsorgebehörde X. vom 16. Februar 1988 drohte die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft R. am 26. Februar 1989 die Ausweisung aus der Schweiz (Heimschaffung) an und verband damit die Auflage, innert der nächsten drei Monaten eine Arbeitsstelle nachweisen zu müssen. Auf Nachfrage ergab sich, dass R. im April 1989 eine Stelle bei einer Reinigungsgesellschaft mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit BGE 119 Ib 1 S. 3 von rund 15 Wochenstunden bei einem Stundenlohn von Fr. 12.50 angetreten hatte. Die Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft erachtete dies als ungenügend und wies R. und S. mit Verfügung vom 3. November 1989 wegen Fürsorgeabhängigkeit im Sinne einer Heimschaffung aus der Schweiz aus. Dagegen erhoben R. und S. am 17. November 1989 Beschwerde an den Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft. Mit Verfügung der SUVA vom 12. Dezember 1989 erhielt R. eine monatliche SUVA-Rente von 20% ab dem 1. Januar 1990. Mit Verfügung der Ausgleichskasse des Kantons Bern vom 17. Januar 1991 wurde den Ehegatten R. und S. ausserdem eine IV-Rente ab dem 1. Mai 1990 bei einem Invaliditätsgrad von 44% zugesprochen. Damit stand ihnen eine Viertelsrente zu. Am 18. April 1991 erkannte ihnen die Ausgleichskasse eine halbe IV-Rente als ausserordentliche Härtefallrente zu. Im Januar 1991 erreichte R. die Auszahlung von Pensionsgeldern aus der Kasse eines früheren Arbeitgebers. Daraufhin stellte die Fürsorgebehörde X. die Zahlung von Unterstützungsleistungen ab April 1991 ein. Mit Entscheid vom 24. September 1991 wies der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft die Beschwerde der Eheleute R. und S. gegen die Heimschaffungsverfügung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion Basel-Landschaft ab. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 26. Oktober 1991 an das Bundesgericht beantragen R. und S. die Aufhebung des regierungsrätlichen Entscheides. In seiner Vernehmlassung vom 10. Dezember 1991 schliesst der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft auf Abweisung der Beschwerde. Mit Schreiben vom 10. Januar 1992 verzichtet das Bundesamt für Ausländerfragen auf einen Antrag. Mit Verfügung vom 6. Februar 1992 erteilte der Präsident der II. öffentlichrechtlichen Abteilung der Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Nach einer vorübergehenden Sistierung des bundesgerichtlichen Verfahrens ordnete er ferner am 21. April 1992 einen zweiten Schriftenwechsel an. In Replik vom 15. Mai 1992 und Duplik vom 16. Juni 1992 halten die Parteien im wesentlichen an ihren Standpunkten fest. Das Bundesamt für Ausländerfragen verzichtete am 24. Juni 1992 erneut auf einen Antrag. BGE 119 Ib 1 S. 4 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Nach Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG kann der Ausländer aus der Schweiz ausgewiesen werden, wenn er oder eine Person, für die er zu sorgen hat, der öffentlichen Wohltätigkeit fortgesetzt und in erheblichem Masse zur Last fällt. Die Ausweisung wegen Bedürftigkeit setzt voraus, dass dem Ausgewiesenen die Heimkehr in seinen Heimatstaat möglich und zumutbar ist ( Art. 10 Abs. 2 ANAG ). Mit der am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle vom 23. März 1990 (AS 1991 1043) wurde Art. 11 Abs. 2 ANAG , wonach in der Regel auch der Ehegatte in die Ausweisung einzubeziehen war (vgl. AS 1949 223), aufgehoben. Seither müssen die Voraussetzungen einer Ausweisung auch auf Seiten des Ehegatten erfüllt sein, wenn dieser mitausgewiesen werden soll. Gemäss Art. 11 Abs. 3 ANAG soll die Ausweisung nur verfügt werden, wenn sie nach den gesamten Umständen verhältnismässig ist. Dabei sind namentlich folgende Kriterien zu beachten: die Schwere des Verschuldens, die Dauer der Anwesenheit des Ausländers in der Schweiz sowie die ihm und seiner Familie drohenden Nachteile ( Art. 16 Abs. 3 ANAV ). Auch bei der Ausweisung nach Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG sollen unnötige Härten vermieden werden; in diesen Fällen kann auch blosse Heimschaffung verfügt werden (Art. 11 Abs. 3 zweiter und dritter Satz ANAG). b) Heimschaffung bedeutet die Überführung des fürsorgebedürftigen Ausländers von der Fürsorge des Gaststaates in diejenige des Heimatstaates. Wie die Ausweisung führt sie zum Erlöschen bestehender Aufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen (Art. 9 Abs. 1 lit. d sowie Abs. 3 lit. b ANAG). Im Unterschied zur Ausweisung ist sie jedoch nur eine Entfernungsmassnahme, das heisst sie ist nicht mit einer Einreisesperre verbunden. Der Heimgeschaffte kann in die Schweiz zurückkehren, wenn der Heimschaffungsgrund weggefallen ist, insbesondere wenn er nicht mehr bedürftig ist (BBl 1929 I 919; DANIEL THÜRER, Die Rechtsstellung des Ausländers in der Schweiz, in: JOCHEN Abr. FROWEIN/TORSTEN STEIN [Hrsg.], Die Rechtsstellung von Ausländern nach staatlichem Recht und Völkerrecht, Berlin etc. 1987, S. 1384; PETER SULGER BÜEL, Vollzug von Fernhalte- und Entfernungsmassnahmen gegenüber Fremden nach dem Recht des Bundes und des Kantons Zürich, Bern etc. 1984, S. 93; WERNER THOMET, Das Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger, Bern 1979, S. 119, Rz. 207 und 209). BGE 119 Ib 1 S. 5 Grundsätzlich ist für eine Heimschaffung erforderlich, dass der Heimatstaat der Überführung und Übernahme der künftigen Fürsorge zustimmt und mit ihm - auf diplomatischem Weg - Ort und Zeit der Übernahme des Bedürftigen vereinbart werden (THÜRER, a.a.O., S. 1384; SULGER BÜEL, a.a.O., S. 94; THOMET, a.a.O., S. 120, Rz. 211). Im vorliegenden Fall wurde eine solche Einwilligung nicht eingeholt. Nach Ansicht der Vorinstanz gilt die Voraussetzung dann nicht, wenn der Ausländer nur in der Schweiz, nicht jedoch in seinem Heimatlande fürsorgeabhängig ist; da dieses keine finanziellen Belastungen träfen, müsse es der Heimschaffung auch nicht zustimmen. Weil die Massnahme mangels Fernhaltewirkung milder sei als eine eigentliche Ausweisung, müsse dieses Vorgehen aus Verhältnismässigkeitsgründen zulässig sein. Zwar ist umstritten, ob die Beschwerdeführer in der Türkei nach einer allfälligen Rückkehr tatsächlich nicht fürsorgeabhängig würden (vgl. E. 5c). Wie es sich damit genau verhält, kann aber offenbleiben. c) Einerseits kann der betroffene Ausländer bei der Heimschaffung im Unterschied zur Ausweisung das Land, in das er sich begibt, nicht selbst wählen (vgl. THOMET, a.a.O., S. 119, Rz. 207). Anderseits ist diese Wahlmöglichkeit heutzutage ohnehin sehr eingeschränkt, da kaum je ein Drittstaat zur Aufnahme eines anderswo Ausgewiesenen mehr bereit ist. Hingegen hat der Heimgeschaffte im Unterschied zum Ausgewiesenen angesichts der Zustimmung zur Fürsorgeübernahme eine gewisse Garantie dafür, dass ihn sein Heimatstaat unterstützen wird. Fehlt diese Einwilligung, ist eine Heimschaffung somit im Ergebnis weitgehend vergleichbar mit einer Ausweisung ohne Fernhaltewirkung. Sie darf sich daher allerdings auch hinsichtlich der Voraussetzungen nur insoweit von der Ausweisung unterscheiden, als sich dies gemessen am Fehlen der Fernhaltewirkung rechtfertigt. Namentlich darf sie nur angeordnet werden, wenn der Ausländer der öffentlichen Wohltätigkeit fortgesetzt und in erheblichem Masse zur Last fällt ( Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG ); ferner muss ihm die Heimkehr in den Heimatstaat möglich und zumutbar sein, und schliesslich hat sich die Heimschaffung als im Sinne von Art. 11 Abs. 3 ANAG in Verbindung mit Art. 16 Abs. 3 ANAV verhältnismässig zu erweisen. Eine Besonderheit ergibt sich nur insofern, als im Gegensatz zu einer eigentlichen Ausweisung eine Heimschaffung zulässig ist, wenn sich gerade und ausschliesslich die mit einer Ausweisung verbundene Fernhaltewirkung als unnötige Härte erweist (Art. 11 Abs. 3 letzter Satz ANAG). BGE 119 Ib 1 S. 6 3. a) Die Fürsorgebehörde X. hat die Beschwerdeführer vom 4. Quartal 1985 bis April 1991 mit insgesamt über Fr. 80'000.-- unterstützt. Die Fürsorgeleistungen kamen beiden Ehegatten zugute, weshalb nicht bloss ein - heute nicht mehr zulässiger - Einbezug der Ehefrau in die gegen den Ehemann gerichtete Massnahme vorliegt. Diesem Zusammenhang wurde im übrigen bereits in den Entscheiden der Vorinstanzen, namentlich in der Verfügung der Justiz-, Polizei- und Militärdirektion vom 3. November 1989, Rechnung getragen, obwohl in den damaligen Zeitpunkten die alte Regelung des Art. 11 Abs. 2 ANAG noch galt; der Vorwurf der Beschwerdeführer, die eigenständige Rechtsposition der Ehefrau habe als solche keine Beachtung gefunden, ist insoweit unbegründet. b) Angesichts des geleisteten Gesamtbetrages erweist sich der Umfang der Unterstützungsleistungen als im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG erheblich. Da die Beschwerdeführer seit April 1991 keine Gelder der öffentlichen Fürsorge mehr erhalten, fragt sich allerdings, ob die Fürsorgeabhängigkeit auch im Sinne des Gesetzes fortgesetzt ist. Soweit damit eine minimale Zeitdauer verlangt wird, ist dieses Erfordernis angesichts der mehr als fünf Jahre gewährten Unterstützung erfüllt. Unklar ist hingegen, ob fortgesetzt auch bedeutet, dass die Fürsorgeabhängigkeit künftig weiterdauern müsse. Einerseits kann es nicht allein darauf ankommen, ob im Zeitpunkt des Beschwerdeentscheides Unterstützungsleistungen bezogen werden, da sonst eine Heimschaffung mit dem vorübergehenden Verzicht auf Fürsorgeleistungen immer verhindert werden könnte. Andererseits geht es bei der Entfernung eines Ausländers wegen Bedürftigkeit in erster Linie darum, eine zusätzliche und damit künftige Belastung der öffentlichen Wohlfahrt zu vermeiden. Ob dies der Fall sein wird, ist allerdings kaum je mit Sicherheit feststellbar. Es muss daher auf die wahrscheinliche finanzielle Entwicklung beim Ausländer abgestellt werden. Dabei ist von den aktuellen Verhältnissen im Zeitpunkt des zu fällenden, d.h. im vorliegenden Zusammenhang des bundesgerichtlichen, Entscheides auszugehen (vgl. BGE 114 Ib 4 E. b). c) Aus den Akten ergibt sich, dass die Beschwerdeführer seit dem 1. Mai 1992 eine monatliche Ehepaar-Invalidenrente im Betrag von Fr. 1'350.-- beziehen. Hinzu kommt die SUVA-Rente des Ehemannes von momentan Fr. 415.--. Aus seinem Arbeitserwerb fliessen monatlich weitere rund Fr. 1'400.--. Die Ehefrau scheint seit dem 14. Dezember 1991 über keine Anstellung mehr zu verfügen; sie hat zudem im Mai 1992 das Pensionsalter erreicht. Die Beschwerdeführer BGE 119 Ib 1 S. 7 verfügen somit momentan über ein monatliches Einkommen von rund Fr. 3'100.--. Darüber hinaus erhalten sie von ihrem jüngsten Sohn seit dem Abschluss seiner Lehre, d.h. seit August 1990, weitere Fr. 500.-- pro Monat. Der Sohn scheint auch bereit zu sein, diese Unterstützung weiterhin zu gewähren. Zwar handelt es sich dabei nicht um ein gesichertes Einkommen der Beschwerdeführer selbst; da aber einerseits dem Sohn - wie im übrigen auch den vier Töchtern - eine gesetzliche Unterstützungspflicht obliegt (vgl. Art. 328 ZGB ) und anderseits keine konkreten Gründe dafür bestehen, dass er seine Unterstützung einstellen wird, darf dies mitberücksichtigt werden. Bei einer monatlichen Mietzinsbelastung von unter Fr. 1'000.-- muss angesichts dieses Einkommens nicht damit gerechnet werden, dass die Beschwerdeführer innert absehbarer Frist wieder öffentliche Fürsorgeleistungen beziehen werden. Allerdings ist unklar, wie sich die finanziellen Verhältnisse darstellen werden, wenn dereinst auch der Ehemann das Pensionsalter erreicht haben wird; der - aus unbekannten, von den Beschwerdeführern nicht näher erhellten Gründen erwirkte - vorzeitige Bezug von Pensionskassengeldern im Betrag von rund Fr. 17'000.--, die angeblich grösstenteils zur Deckung privater Schulden verwendet wurden, könnte sich dannzumal nachteilig auswirken. Die - allenfalls unberechtigte - Verminderung der Altersvorsorge für sich erfüllt jedoch die Voraussetzung der Fürsorgeabhängigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG nicht ( BGE 112 Ib 4 E. b). Es erübrigt sich daher, dazu weitere Untersuchungen durchzuführen, wie der Regierungsrat, der dies im übrigen auch schon selbst hätte tun können, beantragt. d) Somit war der Tatbestand von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG wohl im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verfügung gegeben. Schon für denjenigen des angefochtenen Entscheids sowie erst recht für den heutigen Zeitpunkt erscheint dies allerdings als fraglich, kann jedoch dahingestellt bleiben, da der Umstand, dass auf absehbare Zeit nicht mit einer Unterstützungsbedürftigkeit zu rechnen ist, zumindest in die Interessenabwägung einzubeziehen ist und sich dort die verfügte Heimschaffung so oder so als unverhältnismässig erweist. 4. a) Die Beschwerdeführer leben seit nunmehr über 25 (Ehemann) beziehungsweise 23 (Ehefrau) Jahren in der Schweiz. Im Zeitpunkt, als das eigentliche Heimschaffungsverfahren eingeleitet wurde, betrug die Anwesenheitsdauer auch bereits 22 beziehungsweise 20 Jahre. Angesichts dieser langen Anwesenheit ziehen die BGE 119 Ib 1 S. 8 Beschwerdeführer generell in Zweifel, ob eine Ausweisung oder Heimschaffung wegen Bedürftigkeit überhaupt noch verhältnismässig sein kann. b) Art. 55 des in der Volksabstimmung gescheiterten Ausländergesetzes vom 19. Juni 1981 sah vor, dass die Heimschaffung eines Ausländers nur noch dann zulässig gewesen wäre, wenn dieser noch nicht zehn Jahre lang in der Schweiz wohnte (BBl 1981 II 584). Der Bundesrat führte in seiner Botschaft vom 19. Juni 1978 (BBl 1978 II 169) zu Art. 57 (dem späteren Art. 55) aus, dass nach einem Aufenthalt von zehn Jahren eine Heimschaffung aufgrund der aufgebauten engen Beziehungen des Ausländers zur Schweiz als zu harte Massnahme erscheine (BBl 1978 II 227). Der Nationalrat hatte sich in einer ersten Fassung sogar für eine Reduktion dieser Frist auf fünf Jahre entschieden (Amtl.Bull. 1980 N. 1163), schloss sich im Differenzbereinigungsverfahren jedoch dem Ständerat und damit dem bundesrätlichen Entwurf an (Amtl.Bull. 1981 N. 508 ff.). Der Literatur lässt sich ferner entnehmen, dass zum Beispiel im Kanton Zürich die Praxis verfolgt wird, Ausländer, die seit zehn Jahren Wohnsitz im Kanton haben oder die Niederlassungsbewilligung besitzen, grundsätzlich nicht wegen Bedürftigkeit heimzuschaffen (SULGER BÜEL, a.a.O., S. 94). c) Zwar vermögen weder das abgelehnte Ausländergesetz noch eine Praxis in einem andern Kanton Rechtswirkungen für den Kanton Basel-Landschaft zu entfalten. Die Regel, die darin übereinstimmend zum Ausdruck gelangt, zeigt aber, dass bei einer über zehnjährigen Anwesenheit in der Schweiz gewichtige Interessen gegen eine Ausweisung oder Heimschaffung wegen Bedürftigkeit in die Abwägung einzubeziehen sind. Erst recht muss dies demnach gelten, wenn ein Ausländer mehr als 20 Jahre in der Schweiz gelebt hat. 5. a) Die Beschwerdeführer haben sich, bevor der Ehemann den Unfall erlitt, also während mehr als zehn Jahren Anwesenheit in der Schweiz, klaglos verhalten. Beim Unfall handelte es sich um einen Verkehrsunfall, an dem R. zumindest nicht unschuldig war, wurde er dafür doch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Die ausgefällte Strafe gilt allerdings inzwischen als im Strafregister gelöscht. Der Unfall bewirkte nicht nur gesundheitlich nachteilige Folgen; R. hatte seither auch Schwierigkeiten bei der Ausübung einer Arbeit. Die Vorinstanzen werfen ihm vor, er sei überhaupt arbeitsscheu und nütze die sozialen Einrichtungen aus. Tatsächlich war eine erste Anstellung von Dezember 1984 bis September 1985 nicht von langer Dauer. Danach scheint es mit der Androhung der Ausweisung BGE 119 Ib 1 S. 9 eines externen Anstosses bedurft zu haben, damit er wieder eine Arbeit suchte und die Stelle bei der Reinigungsgesellschaft antrat. Die Beschwerdeführer vermögen allerdings mit ärztlichen Zeugnissen zu belegen, dass R. eine ganztägige Tätigkeit als Hilfsarbeiter, bei der er ausschliesslich gehen und stehen muss, aus gesundheitlichen Gründen nicht zumutbar ist; dies wäre nur bei einer Arbeit, bei der er wenigstens zeitweise sitzen könnte, der Fall. Dass je eine Möglichkeit zum Antritt einer solchen Arbeitsstelle bestanden hat, ist nicht ersichtlich. Ferner sprechen die ärztlichen Befunde dafür, dass die Schwierigkeiten, die sich bei der Arbeitstätigkeit offenbar wiederholt ergaben, regelmässig auf den Gesundheitszustand zurückgeführt werden können. Aus ärztlicher Sicht kann R. höchstens vorgeworfen werden, er könne bei entsprechender Einlegung von Pausen die Reinigungsarbeit länger als nur drei Stunden am Tag ausführen; ob dafür auch die Gelegenheit bestand, ist unbekannt. Im übrigen hat S. jedenfalls von 1984 bis 1991 Heimarbeit geleistet und damit zum Einkommen der Ehegatten beigetragen. Dass sie im Dezember 1991 entlassen wurde, war, wie sich ihrem Arbeitszeugnis entnehmen lässt, in der Schliessung des Betriebs, für den sie arbeitete, und nicht in ihren Leistungen oder ihrem Verhalten begründet. b) Vorwerfen lassen müssen sich die Beschwerdeführer allerdings ihr Verhalten gegenüber der Fürsorgebehörde. Es blieb unbestritten, dass sie nicht immer kooperativ waren. Namentlich haben sie mehrmals massgebliche Umstände, die zu einer Einschränkung oder Reduktion der Fürsorgebeiträge führen mussten, verschwiegen. Damit haben sie sich nicht nur unkorrekt verhalten, sondern auch selbst den Verdacht erweckt, die öffentliche Fürsorge in der Schweiz über Gebühr ausnützen zu wollen. c) Nicht gänzlich klar ist, in was für finanzielle Verhältnisse die Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr in die Türkei gerieten. Dass sie über ein regelmässiges Arbeitseinkommen verfügen würden, kann kaum angenommen werden. Was die Sozialversicherungsgelder aus der Schweiz betrifft, hätten sie nur noch Anspruch auf die SUVA-Rente (von momentan Fr. 415.--). Die IV-Rente entfiele hingegen, da ihnen nicht mindestens eine halbe ordentliche Rente zusteht (Art. 10 Abs. 2 und 11 des Abkommens vom 1. Mai 1969 zwischen der Schweiz und der Republik Türkei über soziale Sicherheit, AS 1971 1771 f., SR 0.831.109.763.1). Es erscheint kaum als zulässig, mit der Vorinstanz allein aufgrund des Umstandes, dass in der Türkei ein Mindestlohn gilt, der mit rund BGE 119 Ib 1 S. 10 Fr. 350.-- (je nach Wechselkurs) einen geringeren Betrag ausmacht als die SUVA-Rente, zu schliessen, die dortigen Lebenshaltungskosten seien auch nicht höher. Eine von den Beschwerdeführern eingereichte Zusammenstellung einer Beratungsstelle für Leute aus der Türkei kommt für den Ort, aus dem die Beschwerdeführer stammen, auf minimale Lebenshaltungskosten von rund Fr. 900.-- pro Monat. Auch wenn diese Zahl nicht als gesichert gelten kann, zeigt sie doch, dass die Argumentation der Vorinstanz zu einfach ist und sich eine nähere Abklärung aufgedrängt hätte. Anderseits müssen sich die Beschwerdeführer gleichermassen wie bei der Berechnung ihrer verfügbaren Mittel in der Schweiz die Unterstützung durch ihren Sohn anrechnen lassen, stände einer regelmässigen Überweisung dieses Geldes in die Türkei doch nichts im Wege. Zusammen mit der SUVA-Rente ergäbe sich ziemlich genau der fragliche Betrag von Fr. 900.--. Wie sich die finanzielle Situation der Beschwerdeführer bei einer allfälligen Rückkehr in die Türkei genau darstellen würde, kann aber offenbleiben. Jedenfalls kann davon ausgegangen werden, dass sie auch dort nur in bescheidenen Verhältnissen leben könnten. d) Die Beschwerdeführer sind im Alter von 36 (Ehemann) beziehungsweise 39 (Ehefrau) Jahren in die Schweiz eingereist. Ihre Kinder sind grösstenteils hier aufgewachsen und leben auch heute noch alle in der Schweiz. Angesichts dieser familiären Einbettung in der Schweiz und der langen Anwesenheit kann nicht allein aufgrund allfälliger Sprachschwierigkeiten auf mangelnde Integration geschlossen werden, wie dies die Vorinstanz tut; es bedürfte dafür eindringlicherer anderer Belege. Eine Heimschaffung in die Türkei schlösse zwar die finanzielle Unterstützung durch die Kinder, namentlich den jüngsten Sohn, nicht aus. Hingegen erscheint die Aufrechterhaltung der direkten familiären Beziehungen aufgrund der finanziellen Verhältnisse der Beteiligten unabhängig davon, dass mangels Fernhaltemassnahme eine Wiedereinreise zwecks Besuchs der Familienangehörigen möglich bliebe, als gefährdet. Auch dies ist - und zwar unabhängig davon, ob sich die Beschwerdeführer auf Art. 8 EMRK berufen können oder nicht - im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigen (vgl. Art. 16 Abs. 3 ANAV ). 6. a) Bei der Gesamtbeurteilung des vorliegenden Falles fällt die langjährige Anwesenheit der Beschwerdeführer in der Schweiz stark ins Gewicht. Zusammen mit dem Umstand, dass sie der öffentlichen Fürsorge seit April 1991 nicht mehr zur Last gefallen sind, BGE 119 Ib 1 S. 11 und unter Berücksichtigung ihrer übrigen persönlichen und familiären Verhältnisse ergibt sich, dass eine Heimschaffung trotz des nicht immer korrekten Verhaltens der Beschwerdeführer gegenüber der Fürsorgebehörde unzumutbar und unverhältnismässig ist. Dies gilt auch dann, wenn angenommen wird, dass sie dank der dem Ehemann zustehenden SUVA-Rente und der finanziellen Unterstützung durch den jüngsten Sohn in der Türkei leben könnten, ohne unter das Existenzminimum zu fallen beziehungsweise die dortige Fürsorge beanspruchen zu müssen. Diese Interessenabwägung beruht auf den heutigen Umständen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sie, sollte sich die Frage einer Ausweisung oder Heimschaffung wegen erneuter Fürsorgeabhängigkeit künftig wieder einmal stellen, anders ausfiele; dies gälte insbesondere dann, wenn die Kinder ihren Eltern keine genügende Unterstützung mehr gewährten, obwohl dies ihnen zumutbar wäre. Wenn schon die Familienbeziehungen für den Verbleib in der Schweiz in Anschlag gebracht werden, haben die Familienangehörigen das ihnen Zumutbare zu leisten, um die Fürsorgebedürftigkeit der Eltern zu vermeiden. b) Ist die verfügte Heimschaffung bereits aufgrund schweizerischen Gesetzesrechts unzulässig, kann offenbleiben, ob sich die Beschwerdeführer auf Art. 8 EMRK berufen können und ob dieses Grundrecht verletzt ist.
public_law
nan
de
1,993
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6af14571-de1d-47cc-aca9-b65674470b52
Urteilskopf 123 II 153 20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 8. April 1997 i.S. K., N. T. AG und N. gegen Obergericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Rechtshilfe in Strafsachen. Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG). Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR). Italienische Strafprozessordnung vom 22. September 1988 (CPPit.). Zulässigkeit der gegen eine Zwischenverfügung erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Frage offen gelassen, ob aufgrund der neuen Art. 80e, 80g und 110a IRSG auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten ist (E. 1). Legitimation. In Rechtshilfesachen ist der nur wirtschaftlich an einer juristischen Person Berechtigte ausnahmsweise zur Beschwerdeführung legitimiert, wenn die juristische Person aufgelöst worden ist und deshalb nicht mehr handlungsfähig ist (Präzisierung der Rechtsprechung; E. 2). Verweigerung der Rechtshilfe wegen angeblicher Überschreitung der Fristen des italienischen Strafprozessrechts? Die Rechtshilfe darf gemäss Art. 2 lit. b EUeR wegen eines Verstosses gegen das ausländische Strafprozessrecht nur dann verweigert werden, wenn mit dem Verstoss gegen das ausländische Strafprozessrecht zugleich eine Minimalgarantie der EMRK verletzt wird. Die Überschreitung einer Frist der italienischen Strafprozessordnung verstösst nur dann gegen die EMRK, wenn sie einer Verletzung des strafprozessualen Beschleunigungsgebotes nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK gleichkommt. Gemäss Art. 430 Ziff. 1 CPPit. sind rechtshilfeweise Erhebungen auch nach dem Erlass des Dekrets auf Einleitung des Hauptverfahrens zulässig (E. 5). Interessenabwägung zwischen dem Schutz des Bankgeheimnisses und der Rechtshilfeleistung. Wenn die übrigen Voraussetzungen der Rechtshilfe, besonders aber die Anforderungen an die Einhaltung der Menschenrechte im ausländischen Strafverfahren erfüllt sind, rechtfertigt es sich kaum je, allein zum Schutz des schweizerischen Bankgeheimnisses die Rechtshilfe zu verweigern (E. 7).
Sachverhalt ab Seite 155 BGE 123 II 153 S. 155 Die italienischen Strafverfolgungsbehörden führen ein umfangreiches Strafverfahren im Zusammenhang mit einer Schmiergeldaffäre beim Bau des neuen Spitals in Meran. Die Staatsanwaltschaft Bozen richtete am 24. Dezember 1994 ein Rechtshilfeersuchen an die Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich (BAK IV), welche dem Gesuch mit Verfügung vom 6. Januar 1995 entsprach und die Bank Y. in Zürich verpflichtete, über ein bestimmtes Konto Auskunft zu erteilen und Unterlagen herauszugeben. Am 31. Juli 1996 stellte die Staatsanwaltschaft Bozen in der gleichen Sache ein weiteres Rechtshilfeersuchen. Die BAK IV entsprach dem Rechtshilfeersuchen und verpflichtete verschiedene Banken und Firmen, darunter die Bank Y. und die X. Treuhand AG, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen herauszugeben. K. erhob gegen diese Verfügung Rekurs, welcher vom Obergericht mit Beschluss vom 16. Januar 1997 abgewiesen wurde, soweit es darauf eintrat. Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 6. Februar 1997 stellte K. im wesentlichen den Antrag, der Beschluss des Obergerichts sowie die Verfügung der Bezirksanwaltschaft seien aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Am 1. Februar 1997 trat die Änderung vom 4. Oktober 1996 des Bundesgesetzes vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG; SR 351.1; AS 1997 113) in Kraft. Seit demselben Tag steht auch die Änderung vom 9. Dezember 1996 der Verordnung des Bundesrates vom 24. Februar BGE 123 II 153 S. 156 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV; SR 351.11) in Kraft. Gemäss dem neuen Art. 110a IRSG gelten die Änderungen des Gesetzes auch für alle Verfahren, die beim Inkrafttreten der Änderung hängig, aber noch nicht abgeschlossen sind. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist nach Art. 80e und 80g nur noch gegen die Schlussverfügung zulässig, es sei denn, die vorangehende Zwischenverfügung habe einen unmittelbaren und nicht wieder gutzumachenden Nachteil zur Folge. Im vorliegenden Fall, in welchem eine Zwischenverfügung im Sinne des geänderten Rechtshilfegesetzes angefochten wird, braucht indessen nicht geprüft zu werden, ob die Verwaltungsgerichtsbeschwerde in dieser Hinsicht zulässig ist, weil sie sich aus anderen Gründen als unzulässig oder unbegründet erweist. 2. a) Nach Art. 80h lit. b IRSG ist zur Beschwerdeführung berechtigt, wer persönlich und direkt von einer Rechtshilfemassnahme betroffen ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat. Art. 111 Abs. 1 IRSG ermächtigt den Bundesrat, Ausführungsbestimmungen zu erlassen. In Art. 9a lit. a IRSV regelte der Bundesrat Einzelheiten im Zusammenhang mit der Beschwerdelegitimation. Diese Bestimmung bezeichnet bei der Erhebung von Kontoinformationen namentlich den Kontoinhaber als persönlich und direkt betroffen im Sinne von Art. 80h IRSG . b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts - die auch nach Inkrafttreten der revidierten IRSG- und IRSV-Bestimmungen ihre Gültigkeit hat - ist im Bereich der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen eine natürliche oder juristische Person zu Rechtsmitteln legitimiert, wenn sie von der verlangten Rechtshilfemassnahme unmittelbar betroffen wird, ohne dass sie ein rechtlich geschütztes Interesse geltend machen müsste. Ein schutzwürdiges Interesse liegt indessen nicht schon dann vor, wenn jemand irgendeine Beziehung zum Streitobjekt zu haben behauptet. Vielmehr ist zur Bejahung der Legitimation erforderlich, dass der angefochtene Entscheid den Beschwerdeführer in stärkerem Masse berührt als die Allgemeinheit der Bürger, bzw. - mit anderen Worten - es ist eine vom einschlägigen Bundesrecht erfasste spezifische Beziehungsnähe vorausgesetzt ( BGE 118 Ib 442 E. 2b). Das Bundesgericht anerkennt deshalb die Legitimation jeder natürlichen oder juristischen Person, die von einer Rechtshilfemassnahme unmittelbar berührt wird, verneint dagegen die Beschwerdebefugnis von Personen, die nur mittelbar von der angefochtenen Verfügung betroffen sind ( BGE 122 II 130 BGE 123 II 153 S. 157 E. 2b, mit Hinweisen). Bei der Erhebung von Kontoinformationen wird der Inhaber des Kontos von der Rechtshilfemassnahme unmittelbar betroffen, weshalb ihn die Rechtsprechung als legitimiert betrachtet. Dasselbe gilt auch für die Person, gegen die unmittelbar eine Zwangsmassnahme angeordnet wurde. Weitere Personen gelten indessen nicht als legitimiert, vor allem nicht diejenigen Personen, die zwar in den Kontounterlagen erwähnt werden, aber nicht Inhaber des betroffenen Kontos sind (z.B. BGE 121 II 38 E. 1b; BGE 118 Ib 442 E. 2a; BGE 116 Ib 106 E. 2a). c) In der zitierten Rechtsprechung wurden allerdings Personen, die am Bankkonto nur wirtschaftlich berechtigt, aber nicht Inhaber des Kontos sind, nicht für jeden Fall und unter allen Umständen von der Legitimation zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen. Auch der neue Art. 9a IRSV lässt sich wegen der Verwendung des Wortes "namentlich" dahin auslegen, dass über die Aufzählung in lit. a bis c der Verordnungsbestimmung hinaus weitere Fälle denkbar sind, in denen bestimmte Personen zu Rechtsmitteln legitimiert sein könnten. Das Bundesgericht begründete den Ausschluss des bloss wirtschaftlich an einem Konto Berechtigten von der Rechtsmittellegitimation gelegentlich damit, wer eine juristische Person als Kontoinhaber vorschiebe, müsse die Nachteile dieses Vorgehens in Kauf nehmen; in diesem Falle könne sich die juristische Person anstelle der nur wirtschaftlich am Konto berechtigten natürlichen Person gegen die Rechtshilfemassnahmen wehren. Diese Begründung passt indessen nicht auf den Fall, in welchem die juristische Person, welche als Kontoinhaberin geführt wird, nicht mehr besteht und deshalb keine Rechtsmittel mehr ergreifen kann. Erscheint in den Kontounterlagen eine seit der Eröffnung des Kontos aufgelöste juristische Person als einzige Inhaberin des Kontos, wird der am Konto wirtschaftlich berechtigten Person nur dann ein genügender rechtlicher Schutz gegenüber Rechtshilfemassnahmen gewährt, wenn sie selbst zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde zugelassen wird. In diesem Sinn ist die Rechtsprechung des Bundesgerichts zu präzisieren. d) Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin 1 geltend, sie sei am Bankkonto, welches von den verlangten Rechtshilfemassnahmen betroffen wird, wirtschaftlich berechtigt, Inhaberin des Kontos sei aber eine seit der Eröffnung des Kontos aufgelöste Gesellschaft. Die kantonalen Behörden und das Bundesamt für Polizeiwesen bestreiten diesen Sachverhalt nicht. Es bestehen sodann keinerlei Anhaltspunkte, dass die Auflösung der Konto-Inhaberin BGE 123 II 153 S. 158 nur vorgeschoben oder rechtsmissbräuchlich wäre. Die Beschwerdeführerin 1 ist somit zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde legitimiert, weil sich sonst niemand gegen die Rechtshilfemassnahmen, welche die Beschwerdeführerin nicht rechtlich, wohl aber wirtschaftlich betreffen, wehren könnte. 5. a) In materiell-rechtlicher Beziehung rügen die Beschwerdeführer, das Strafverfahren in Italien verstosse gegen Bestimmungen der italienischen Strafprozessordnung vom 22. September 1988 (CPP). Gemäss Art. 407 Ziff. 2 lit. c CPP dürften die Vorerhebungen nicht mehr als zwei Jahre dauern, wenn auch im Ausland Akten erhoben werden müssen. Diese Frist sei im vorliegenden Fall überschritten worden, weshalb die Akten, welche allenfalls im Rechtshilfeverfahren erhoben würden, im italienischen Strafverfahren nicht mehr verwendet werden dürfen. Aus dem Rechtshilfeersuchen der italienischen Staatsanwaltschaft vom 31. Juli 1996 gehe ausserdem hervor, dass gegen die Beschuldigten bereits Anklage erhoben worden sei. Nach den Art. 416 Abs. 2 und Art. 417 Abs. 1 lit. c CPP dürfe die Staatsanwaltschaft keine neuen Beweismittel mehr erheben, wenn sie das Gesuch um Anklageerhebung bereits gestellt habe. Auch in dieser Hinsicht verstosse das Rechtshilfeverfahren gegen das ita-lienische Strafprozessrecht. Das italienische Strafverfahren leide somit an einem schweren Mangel, weshalb gemäss Art. 2 lit. a und d IRSG keine Rechtshilfe geleistet werden dürfe. b) Rechtshilfeersuchen sind in erster Linie nach den massgebenden internationalen Verträgen zu beurteilen, im vorliegenden Fall also nach dem Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EUeR, SR 0.351.1), dem sowohl Italien als auch die Schweiz beigetreten sind. Ergänzend ist das autonome Recht der Schweiz, also das IRSG und die dazugehörige Ausführungsverordnung vom 24. Februar 1982 (IRSV, SR 351.11), heranzuziehen (vgl. Art. 1 Abs. 1 IRSG ). Das gilt in erster Linie für Fragen des schweizerischen Verfahrens. Für die Frage, ob die Rechtshilfe zulässig sei, ist aber allein das Übereinkommen massgebend, es sei denn, das Landesrecht erlaube eine weitergehende Rechtshilfe. c) Nach Art. 2 lit. b EUeR kann die Rechtshilfe verweigert werden, wenn der ersuchte Staat der Ansicht ist, dass die Erledigung des Ersuchens geeignet ist, die Souveränität, die Sicherheit, die öffentliche Ordnung (ordre public) oder andere wesentliche Interessen seines Landes zu beeinträchtigen. Mit dieser Bestimmung soll vermieden BGE 123 II 153 S. 159 werden, dass ein Vertragsstaat durch Leistung von Rechtshilfe im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit die Durchführung solcher Strafverfahren unterstützt, in welchen den verfolgten Personen die ihnen in einem demokratischen Rechtsstaat zustehenden und insbesondere durch die EMRK umschriebenen Minimalgarantien nicht gewährt werden oder welche den internationalen ordre public verletzen ( BGE 115 Ib 87 mit weiteren Hinweisen). Verstösst das Strafverfahren im Ausland gegen das massgebliche ausländische Strafprozessrecht, so darf nur dann keine Rechtshilfe gewährt werden, wenn mit dem Verstoss gegen das ausländische Strafprozessrecht zugleich eine in der EMRK umschriebene Minimalgarantie verletzt wird. d) Die von den Beschwerdeführern angerufenen Bestimmungen der italienischen Strafprozessordnung dienen hauptsächlich der Beschleunigung des Verfahrens. Gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Angeklagte Anspruch darauf, dass über seine Sache innerhalb einer angemessenen Frist entschieden wird. Die EMRK legt indessen keine genau bestimmte und in sämtlichen Straffällen gültige Frist fest, innerhalb welcher Anklage erhoben und über die Sache entschieden werden muss. Daher bedeutet es für sich allein keinen Verstoss gegen das Beschleunigungsgebot nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK , wenn die Strafverfolgungsbehörden Fristen des nationalen Strafprozessrechts nicht einhalten. Im vorliegenden Fall behaupten die Beschwerdeführer nur, bestimmte Fristen des italienischen Strafprozessrechts seien überschritten worden. Sie nennen jedoch keinen Grund dafür, dass das Strafverfahren auch gegen Garantien der EMRK verstossen haben soll. Ihre Rüge einer Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention erweist sich als unbegründet. e) Im übrigen ergibt sich bei einer summarischen Prüfung, dass die italienischen Strafverfolgungsbehörden gar keine Fristen des italienischen Strafprozessrechts überschritten haben. Es trifft zwar zu, dass Erhebungen im Strafverfahren nach Art. 407 Ziff. 3 CPP nicht verwertet werden dürfen, wenn sie erst nach Ablauf der zweijährigen Frist gemäss Art. 407 Ziff. 2 CPP getroffen worden sind und die Staatsanwaltschaft es unterlassen hat, die Anklage oder den Antrag auf Archivierung innerhalb der vom Gesetz festgesetzten oder vom Gericht verlängerten Frist zu stellen. Wie die Beschwerdeführer aber selbst ausführen, wurde gegen die Angeschuldigten bereits Anklage erhoben. Nach Art. 430 Ziff. 1 CPP kann die Staatsanwaltschaft auch nach dem Erlass des Dekrets auf Einleitung des Hauptverfahrens in BGE 123 II 153 S. 160 Rücksicht auf die an das Gericht zu stellenden Anträge ergänzende Erhebungen vornehmen, mit Ausnahme solcher Handlungen, für welche die Beteiligung des Angeklagten oder seines Verteidigers vorgesehen ist. Die Staatsanwaltschaft ist somit berechtigt, Auskünfte und Unterlagen, die ihr im Rechtshilfeverfahren aus der Schweiz übermittelt worden sind, im italienischen Strafverfahren zu verwenden. Das gilt umso mehr, als die Ermittlungen in der Schweiz ohne die Beteiligung der Angeklagten oder ihrer Verteidiger durchgeführt werden können. 7. a) Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Bankgeheimnis gehöre zu den wesentlichen Staatsinteressen der Schweiz und damit zum schweizerischen ordre public. Gemäss BGE 115 Ib 68 dürfe die Rechtshilfe nicht gewährt werden, wenn sie zu einer eigentlichen Aushöhlung des schweizerischen Bankgeheimnisses führen würde. Das Rechtshilfegesuch der Staatsanwaltschaft Bozen sei im Zusammenhang mit der italienischen Schmiergeldaffäre eingereicht worden, welche Hunderte, wenn nicht Tausende von schweizerischen und ausländischen Bankkunden betreffe, die im Vertrauen auf den Schutz des schweizerischen Bankgeheimnisses in der Schweiz Bankkonten eröffnet hätten. Weil nicht bekannt sei, wozu die verlangten Auskünfte und Unterlagen dienen sollten, überwiege das Schweizerische Interesse am Schutz des Bankgeheimnisses das Interesse Italiens am Strafverfahren. b) Dem Bankgeheimnis kommt nicht der Rang eines geschriebenen oder ungeschriebenen verfassungsmässigen Rechtes zu, so dass es bei Kollision mit anderen Interessen stets den Vorrang beanspruchen könnte. Vielmehr handelt es sich um eine gesetzliche Norm, die gegebenenfalls gegenüber staatsvertraglichen Verpflichtungen der Schweiz zurückzutreten hat. Wesentliche Interessen der Schweiz sind dann nicht betroffen, wenn die Rechtshilfe nur dazu führt, eine Auskunft über die Bankbeziehungen einiger weniger in- oder ausländischer Kunden zu erteilen. Die Rechtshilfe kann aber verweigert werden, wenn es sich bei der vom ausländischen Staat verlangten Auskunft um eine solche handelt, deren Preisgabe das Bankgeheimnis geradezu aushöhlen oder der ganzen schweizerischen Wirtschaft Schaden zufügen würde ( BGE 115 Ib 68 E. 4b [S. 83], mit Hinweisen). c) Im vorliegenden Fall geht es nur darum, über die Bankbeziehungen einiger weniger Bankkunden Auskunft zu erteilen. Die Beschwerdeführer befürchten aber, dass potentielle in- und ausländische Bankkunden ihr Vertrauen auf das schweizerische Bankgeheimnis BGE 123 II 153 S. 161 verlieren könnten, wenn die Schweiz den italienischen Behörden in Korruptionsfällen Auskunft über Bankbeziehungen erteile. Indessen wird das Ansehen der Schweiz im Ausland weit mehr geschädigt, wenn sie ihre staatsvertraglichen Pflichten nicht erfüllt. Besonders betroffen wird das Ansehen der schweizerischen Banken, wenn Geldbeträge, die durch Straftaten erworben wurden, in der Schweiz angelegt werden können, ohne dass die ausländischen Behörden davon erfahren könnten. Wenn die übrigen Voraussetzungen der Rechtshilfe, besonders aber die Anforderungen an die Einhaltung der Menschenrechte im ausländischen Strafverfahren erfüllt sind, dürfte es sich kaum je rechtfertigen, allein zum Schutz des schweizerischen Bankgeheimnisses die Rechtshilfe zu verweigern. Daher gibt es keinen Grund, das Interesse der Schweiz an der Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses höher zu bewerten als das Interesse des ausländischen Staates, Korruptionsfälle aufzuklären und die schuldigen Personen zu bestrafen. Die Rüge der Beschwerdeführer erweist sich als unbegründet.
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Urteilskopf 97 III 105 22. Auszug aus dem Entscheid vom 2. Dezember 1971 i.S. B.
Regeste Art. 10 SchKG . In einer Betreibung des Kantons gegen Dritte haben kantonale Beamte nicht schon deshalb in den Ausstand zu treten, weil sie Angestellte des Betreibungsgläubigers sind. Eine Ausstandspflicht wäre höchstens dann anzunehmen, wenn der mit der Betreibung befasste Beamte in einem besonders engen Verhältnis zur staatlichen Stelle stünde, von der die Betreibung ausgeht.
Sachverhalt ab Seite 105 BGE 97 III 105 S. 105 Aus dem Tatbestand: In zwei Betreibungen des Staates Bern gelangte der Betreibungsschuldner mit einer Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde und stellte die Anträge, die Angestellten des Betreibungsamtes 2, Bern, und der andern bernischen Betreibungsämter hätten, da sie Angestellte des Betreibungsgläubigers seien ( Art. 10 Abs. 1 Ziff. 3 SchKG ), für die fraglichen Betrei bungshandlungen in den Ausstand zu treten. Die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen des Kantons Bern verneinte das Vorhandensein eines Ausstandsgrundes. Das Bundesgericht weist den vom Betreibungsschuldner er hobenen Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 1., 2. - ... 3. Der Rekurrent beruft sich auf Art. 10 Abs. 1 Ziffer 3 SchKG, wonach ein Beamter oder Angestellter "in Sachen einer BGE 97 III 105 S. 106 Person, deren ... Angestellter er ist", keine Amtshandlungen vornehmen darf. Der Rekurrent vertritt die Auffassung, in den fraglichen Betreibungen, in denen es um Kostenforderungen des Staates Bern ging, hätten weder die Beamten und Angestellten des Betreibungsamtes Bern noch die Mitglieder der kantonalen Aufsichtsbehörde handeln dürfen, da die einen wie die andern Angestellte des Kantons Bern, also des Betreibungsgläubigers, seien. Die in Art. 10 SchKG vorgesehene Ausstandspflicht gilt nach der in der Literatur herrschenden Meinung auch für Vertreter und Bevollmächtigte (und somit wohl auch für Angestellte) juristischer Personen des privaten und öffentlichen Rechts (JAEGER, Kommentar, N 8 zu Art. 10 SchKG ; FAVRE, Droit des poursuites, 2. Aufl., S. 39; BLUMENSTEIN, Handbuch, S. 51 N 23). Zu letzteren gehört an sich auch der Staat. Nun ist es aber völlig undenkbar, dass ein kantonaler Beamter schon dann in den Ausstand zu treten hätte, wenn es sich um die Betreibung irgendeiner Forderung des betreffenden Kantons handelt, mit deren Inkasso er sonst in keiner Weise etwas zu tun hat. Sonst könnten nämlich solche Betreibungen, wie die Vorinstanz zutreffend bemerkt, überhaupt nicht mehr ordnungsgemäss durchgeführt werden. Denn der Stellvertreter des Betreibungsbeamten, an den die Sache nach Art. 10 Abs. 2 SchKG im Falle des Ausstandes zu übermitteln wäre (bzw. der Ersatzmann, der für das Mitglied der kantonalen Aufsichtsbehörde einzuspringen hätte), befände sich in keiner andern Stellung als der ordentliche Beamte selber (FAVRE, S. 32/33 sub Ziffer 1 B; GAMSER, Die Organisation des Betreibungs- und Konkursamtes, Diss. Bern 1906, S. 42/43). Auch er müsste, wollte man der Auffassung des Rekurrenten folgen, in den Ausstand treten. Das kann aber vernünftigerweise nicht der Sinn des Gesetzes sein. Es würde übrigens auch niemandem einfallen, von einem Richter zu verlangen, er müsse in den Ausstand treten, wenn eine Forderung des Staatswesens im Streite liegt, in dessen Dienst er steht. Eine Ausstandspflicht im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Ziffer 3 SchKG wäre somit höchstens dann anzunehmen, wenn der mit der Betreibung befasste Beamte in einem besonders engen Verhältnis zu jener staatlichen Stelle stünde, von der die Betreibung ausging (was denkbar wäre im Falle eines nebenamtlichen Betreibungsbeamten, der hauptberuflich der Inkassostelle BGE 97 III 105 S. 107 vorsteht, die die Betreibung für den Staat einleitete; vgl. BLUMENSTEIN, a.a.O.). Ein solches ausserordentliches Verhältnis wird im vorliegenden Falle jedoch weder bezüglich der Beamten und Angestellten des Betreibungsamtes Bern noch bezüglich der Mitglieder der kantonalen Aufsichtsbehörde be hauptet. Der Rekurs ist daher unbegründet.
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Urteilskopf 88 II 60 10. Urteil der I. Zivilabteilung vom 20. Februar 1962 i.S. Opopharma A.-G. gegen P. Brugger & Co.
Regeste Revision. Unzulässigkeit eines nur gegen den Kostenspruch gerichteten Revisionsgesuches (Erw. 1). Begriff der neuen Tatsache im Sinne des Art. 137 lit. b OG . (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 60 BGE 88 II 60 S. 60 Das Bundesgericht hatte auf Berufung der Beklagten, P. Brugger & Co., ein Urteil des Handelsgerichts Zürich aufgehoben und die Sache zur Abnahme der von der Beklagten angetragenen Beweise an die Vorinstanz zurückgewiesen. Die rechtlichen und ausserrechtlichen Kosten des bundesgerichtlichen Verfahrens wurden der Klägerin Opopharma A.-G. auferlegt. Das Handelsgericht fällte nach Durchführung des ihm aufgetragenen Beweisverfahrens ein mit seinem ersten Entscheid übereinstimmendes Urteil. Hierauf reichte die Klägerin gegen das bundesgerichtliche Rückweisungsurteil ein Revisionsgesuch gemäss Art. 137 lit. b OG ein mit dem Antrag, der Kostenspruch dieses Urteils sei aufzuheben BGE 88 II 60 S. 61 und die rechtlichen und ausserrechtlichen Kosten des Rückweisungsverfahrens seien der Beklagten aufzuerlegen. Das Bundesgericht tritt auf das Revisionsgesuch nicht ein aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die Gesuchstellerin verlangt die Revision des Urteils vom 12. April 1960 nur in Bezug auf die darin getroffene Regelung der Kosten- und Entschädigungsfrage. a) Ein selbständiges, gegen die Kostenregelung allein gerichtetes Revisionsbegehren ist jedoch nach Sinn und Zweck des Instituts der Revision nicht zulässig. Dieses will die Möglichkeit schaffen, beim Vorliegen bestimmter, im Gesetz (Art. 136/37 OG) näher umschriebener Voraussetzungen einen rechtskräftig gewordenen Sachentscheid zu ändern. Dies trifft insbesondere auch zu für den im vorliegenden Fall angerufenen Revisionsgrund des Art. 137 lit. b OG , wonach die Revision zulässig ist, wenn der Gesuchsteller nachträglich neue erhebliche Tatsachen erfährt oder entscheidende Beweismittel auffindet, die er im früheren Verfahren nicht beibringen konnte. Dieser Revisionsgrund kann sich seinem Sinn nach nur auf den Sachentscheid beziehen; denn neue "Tatsachen" und "Beweismittel" sind Behelfe, die zu einer Abänderung des Sachentscheides dienen können, während die Kosten- und Entschädigungsbestimmungen durch sie nicht unmittelbar beeinflusst werden; diese richten sich vielmehr gemäss Art. 156 Abs. 1 und Art. 159 Abs. 2 OG grundsätzlich ohne weiteres nach dem im Sachentscheid zum Ausdruck kommenden Umstand (bzw. nach dem Masse) des Unterliegens oder Obsiegens der einen oder andern Partei. b) Die Revision der in einem Rückweisungsentscheid getroffenen Kosten- und Entschädigungsregelung erweist sich aber auch aus folgendem Grund als unzulässig. Nach Art. 156 Abs. 1 OG sind die Gerichtskosten in der Regel der vor Bundesgericht unterliegenden Partei aufzuerlegen, BGE 88 II 60 S. 62 und Art. 159 Abs. 2 OG sieht für die Parteikosten eine entsprechende Ordnung vor. Diese Vorschriften gelten auch für Rückweisungsentscheide, da das Gesetz für solche keinen Vorbehalt macht. Es unterscheidet sich in dieser Hinsicht von der im deutschen Recht durch § 538 ZPO getroffenen Ordnung, wonach die Kosten des Rückweisungsverfahrens erst im Schlussurteil der unteren Instanz nach Massgabe des materiellen Prozessausganges verlegt werden. Die abweichende Regelung des OG beruht auf der Auffassung, dass es sich beim bundesgerichtlichen Berufungsverfahren nicht um eine Fortsetzung des Prozesses vor der kantonalen Instanz, sondern um ein rechtlich selbständiges Verfahren handle, das unter dem Gesichtspunkt der Kosten für sich allein zu betrachten ist. Auch die in Art. 156 Abs. 1 OG gebrauchte Wendung, dass die Kosten "in der Regel" von der vor Bundesgericht unterliegenden Partei zu bezahlen sind, erlaubt nicht, im Rückweisungsentscheid die endgültige Verlegung der Kosten des Rückweisungsverfahrens vom materiellen Prozessausgang abhängig zu machen. Ein derartiger Vorbehalt ist nach Art. 156 Abs. 4 OG zulässig "in den Fällen des Art. 60 Abs. 1 lit. b", d.h. wenn der Entscheid der Vorinstanz auf Grund von Art. 51/52 OG wegen prozessualer Mängel aufgehoben und die Sache zu neuer Beurteilung an die kantonale Instanz zurückgewiesen wird. Behält das Gesetz aber bloss für diesen Sonderfall der Rückweisung die endgültige Verlegung der Kosten des Rückweisungsverfahrens dem Hauptentscheid vor, so muss daraus zwingend gefolgert werden, dass in allen andern Rückweisungsfällen ein solcher Vorbehalt nicht zulässig ist. Hätte die in Art. 156 Abs. 1 OG gebrauchte Wendung "in der Regel" einen andern Sinn, so hätte es des ausdrücklichen Vorbehalts in Abs. 4 für die gestützt auf Art. 60 Abs. 1 lit. b/ Art. 52 OG getroffenen Rückweisungsentscheide nicht bedurft, oder dann hätte der Gesetzgeber bestimmen müssen, dass gleich wie in diesem Fall eine Ausnahme von der Regel des Abs. 1 auch statthaft sei BGE 88 II 60 S. 63 bei Rückweisungen, die wegen unrichtiger Anwendung des materiellen Bundesrechts erfolgen. Da die Kostenverlegung des Rückweisungsentscheides nach den Vorschriften des Gesetzes als endgültig betrachtet werden muss, ist gemäss der Rechtsprechung ( BGE 84 II 652 Erw. 5) die kantonale Instanz, selbst wenn ihr zweites Urteil gleich ausfällt wie das aufgehobene erste, nicht befugt, der obsiegenden Partei wegen ihrer Belastung mit den Kosten des Rückweisungsverfahrens eine höhere Prozessentschädigung zuzusprechen und damit im Ergebnis den Kostenspruch des bundesgerichtlichen Rückweisungsentscheides aufzuheben. Lässt sich aber die endgültige Tragung der Kosten des Rückweisungsverfahrens weder durch einen Vorbehalt im Rückweisungsurteil, noch durch Erhöhung der Prozessentschädigung im neuen kantonalen Entscheid vom materiellen Ausgang des Prozesses abhängig machen, so kann der Umstand, dass das neue Urteil des Sachrichters wieder gleich ausgefallen ist wie das aufgehobene, auch nicht zu einer Revision des Rückweisungsentscheides in Bezug auf den Kostenspruch Anlass geben. Auf das vorliegende Revisionsgesuch kann somit wegen Unzulässigkeit nicht eingetreten werden. 2. Wollte man aber ein ausschliesslich gegen den Kostenspruch gerichtetes Revisionsgesuch grundsätzlich als zulässig ansehen, so könnte dem vorliegenden Gesuch gleichwohl kein Erfolg beschieden sein, weil der Tatbestand des Art. 137 lit. b OG nicht erfüllt wäre. a) Nach der Rechtsprechung ( BGE 86 II 199 ) sind unter "neuen Tatsachen" im Sinne des Art. 137 lit. b OG Umstände zu verstehen, die geeignet sind, den vom Richter angenommenen Sachverhalt zu verändern. Diese Bestimmung bezieht sich somit nur auf Tatsachen, die für den Entscheid des Bundesgerichtes als Teil des von ihm rechtlich zu beurteilenden Tatbestandes von Bedeutung waren. Im gleichen Sinn wird z.B. auch der sachlich mit Art. 137 lit. b OG übereinstimmende § 351 Ziff. 2 der zürch. ZPO BGE 88 II 60 S. 64 in Schrifttum und Rechtsprechung dahin ausgelegt, dass als Tatsachen Geschehnisse zu verstehen seien, welche sich auf die Sachdarstellung, den Prozessstoff beziehen (STRÄULI/HAUSER, Kommentar zur zürch. ZPO, § 351 N. 9). Eine Tatsache prozessualer Natur, die als solche nicht dem Tatbestand angehört, der zur Beurteilung stand, vermag deshalb keinen Revisionsgrund im Sinne des Art. 137 lit. b OG zu bilden. Um eine solche Tatsache lediglich prozessualer Natur aber handelt es sich bei dem Umstand, dass die kantonale Instanz einen zweiten Entscheid gefällt hat. b) Zudem fallen Tatsachen, die erst seit dem früheren Urteil eingetreten sind, gemäss ständiger Rechtsprechung nicht als Revisionsgründe in Betracht. Es muss sich vielmehr um Tatsachen handeln, die bei der Fällung des zu revidierenden Entscheides bereits hätten berücksichtigt werden können ( BGE 61 II 362 , BGE 73 II 124 , BGE 77 II 287 , BGE 86 II 386 ). Im vorliegenden Falle ist die "Tatsache" des zweiten Urteils des Handelsgerichts aber erst nach dem Urteil des Bundesgerichts eingetreten, dessen Revision verlangt wird, und scheidet somit als Tatsache im Sinne des Art. 137 lit. b OG aus.
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Urteilskopf 136 III 401 59. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_827/2009 vom 27. Mai 2010
Regeste Persönlichkeitsschutz; Recht am eigenen Bild; vertraglich vereinbarte Veröffentlichung von erotischen Fotos im Internet. Das Recht am eigenen Bild ist eine Unterart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ( Art. 28 Abs. 1 ZGB ). Stehen wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, so kann das Recht am eigenen Bild Gegenstand vertraglicher und unwiderruflicher Verpflichtungen sein; eine vereinbarte Rücktrittsentschädigung ist an sich verbindlich (E. 5.2). Rechtswirksame Einwilligung zur Veröffentlichung eigener erotischer Bilder im Internet vorliegend bejaht (E. 5.3). Der Vertrag über die Veröffentlichung eigener Bilder erotischen Inhalts im Internet verstösst weder gegen Art. 27 ZGB noch gegen Art. 20 OR (E. 5.4). Recht zum Rücktritt vom Vertrag ohne Bezahlung der vereinbarten Rücktrittsentschädigung im konkreten Fall verneint (E. 5.5 und 5.6).
Sachverhalt ab Seite 402 BGE 136 III 401 S. 402 A. A.a X. führt das Einzelunternehmen "X. Informatik" und betreibt unter dieser Firma u.a. einen Begleitservice (A.-Escort-Service) sowie die B.-Production, welche Filme und Fotos herstellt und vertreibt. A.b Am 23. Oktober 2006 schloss Y. mit X. einen Vermittlungsvertrag für den A.-Escort-Service, einen Model-Vertrag sowie einen Vertrag über die Produktion und den Vertrieb von Filmen und Fotos. Im Vermittlungsvertrag verpflichtete sich X. unter anderem, die diskrete Vermittlungsarbeit zwischen den Kunden und Y. zu übernehmen, für sie im Internet eine persönliche Homepage bzw. "Setcard" aufzuschalten und um die Werbung besorgt zu sein. Die Agentur verpflichtete sich ferner dazu, Y. Hilfe bei ihren Fotos anzubieten und von ihr gegen Vorauszahlung von Fr. 220.- resp. Fr. 200.- einen ganzen Satz digitaler Bilder zu schiessen, wobei das Fotoshooting bzw. die Filmerstellung kostenlos angeboten wurde, falls Y. ihrerseits die Dienstleistung "Erotikfilme" anbot. Y. erklärte sich unter anderem dazu bereit, Model-Dienste sowohl für Fotos als auch für Filme anzubieten. Betreffend die Veröffentlichung der Fotos im Internet gab sie folgendes Einverständnis ab: "Meine Bilder können im Original ins Internet, wenn man das Gesicht fast nicht erkennt". BGE 136 III 401 S. 403 Durch den Vermittlungs- und den Model-Vertrag übertrug Y. die Rechte am Bild bzw. Film für die Veröffentlichung und den Vertrieb der Foto- und/oder Filmaufnahmen unwiderruflich der Agentur und willigte überdies ein, dass im Falle einer Veröffentlichung keine Ansprüche, auch nicht gegen Dritte, geltend gemacht werden können. Ferner berechtigten diese Verträge die Agentur zu einer uneingeschränkten, zeitlich und örtlich unbegrenzten Nutzung, Speicherung und Verwertung der Bilder. Ein Rückkauf der Rechte war gegen Bezahlung einer Entschädigung möglich, deren Höhe sich nach den bereits erledigten Arbeiten und den bestehenden Film- und Fotoaufträgen richtete. Weiter vereinbarten die Parteien einen jederzeit möglichen Rücktritt, wobei sich Y. verpflichtete, der Agentur bei einem Rücktritt vor Ablauf von sechs Monaten eine Umtriebsentschädigung von Fr. 390.- für entgangenen Umsatz zu zahlen. A.c In der Folge wurde unter einem Pseudonym im Internet eine "Setcard" mit einer Bildgalerie von Y. aufgeschaltet. Über diese Homepage konnte auch ein Pornofilm, in welchem sie mitwirkte, bestellt werden. A.d Am 5. Januar 2007 vereinbarten die Parteien den "sofortigen Rücktritt bei A.-Escort resp. Studio". Y. verpflichtete sich zur Bezahlung einer "Rücktrittsgebühr" von Fr. 390.-. In der Rücktrittsbestätigung wurde sodann festgehalten, dass der Film weiterhin verkauft werde, aber keine Provisionszahlungen erfolgen würden, der Verkauf aber gegen Zahlung von Fr. 4'500.- gestoppt werden könne. B. B.a Y. erhob am 2. April 2008 beim Bezirksgericht Baden Klage gegen X. mit dem Begehren, es sei diesem unter Androhung der Straffolgen von Art. 292 StGB im Widerhandlungsfall gerichtlich zu verbieten, Fotos und DVDs, auf welchen sie abgelichtet sei, der Öffentlichkeit auf dem Internet (generell und insbesondere unter der Internetadresse x) zugänglich zu machen. Zuvor hatte die Gerichtspräsidentin 4 des Bezirksgerichtes Baden X. unter Androhung des polizeilichen Vollzugs und einer Bestrafung gemäss Art. 292 StGB vorsorglich verboten, Fotos und DVDs, auf welchen Y. abgelichtet sei, der Öffentlichkeit auf dem Internet zugänglich zu machen. B.b Die 2. Abteilung des Bezirksgerichts Baden hiess die Klage mit Urteil vom 26. Februar 2009 gut. Auf die am 23. März 2009 von BGE 136 III 401 S. 404 X. erhobene Appellation bestätigte das Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 1. Kammer, mit Urteil vom 27. Oktober 2009 das erstinstanzliche Urteil. C. Mit Beschwerde vom 8. Dezember 2009 beantragt X. (nachfolgend: Beschwerdeführer) dem Bundesgericht, es sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau vom 27. Oktober 2009 aufzuheben und die Klage von Y. (nachfolgend: Beschwerdegegnerin) abzuweisen. Nach öffentlicher Beratung heisst das Bundesgericht die Beschwerde gut und weist die Klage ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Der Beschwerdeführer erblickt darin, dass die Beschwerdegegnerin auf ihre Einwilligung zurückgekommen ist, ein rechtsmissbräuchliches Verhalten. Er wirft damit im Ergebnis die Frage auf, ob die Einwilligung der Beschwerdegegnerin in die Persönlichkeitsverletzung als Ausschlussgrund der Rechtswidrigkeit angenommen werden kann. 5.1 Die Bedeutsamkeit und allenfalls die Tragweite der Einwilligung der Beschwerdegegnerin als Ausschlussgrund der Rechtswidrigkeit bilden Rechtsfragen, welche in Anwendung des Grundsatzes iura novit curia frei zu prüfen sind. 5.2 5.2.1 Das sogenannte "Recht am eigenen Bild" ist eine Unterart des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Art. 28 ZGB (statt vieler ANDREAS MEILI, in: Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2006, N. 17 zu Art. 28 ZGB ). Grundsätzlich darf niemand ohne seine (vorgängige oder nachträgliche) Zustimmung abgebildet werden, sei es durch Zeichnung, Gemälde, Fotografie, Film oder ähnliche Verfahren ( BGE 127 III 481 E. 3 a/aa S. 492; MEILI, a.a.O., N. 19 zu Art. 28 ZGB ; MARC BÄCHLI, Das Recht am eigenen Bild, 2002, S. 89). Nach Auffassung verschiedener Autoren ist die Einwilligung kein Rechtfertigungsgrund, sondern schliesst schon den Tatbestand der Persönlichkeitsverletzung aus (vgl. etwa BÄCHLI, a.a.O., S. 86). Sie muss gültig sein, also ein Rechtsgut betreffen, über welches der Träger verfügungsberechtigt ist; ausnahmsweise kann sie auch stillschweigend erteilt bzw. angenommen werden. So willigt der Schauspieler, der sich für eine Mitwirkung in einem Film BGE 136 III 401 S. 405 verpflichtet, selbstredend auch in die Veröffentlichung des Films und in die Verwendung von Ausschnitten daraus zu Werbezwecken ein (BÄCHLI, a.a.O., S. 89 ff.). Zudem muss die Einwilligung rechtswirksam, insbesondere frei von Willensmängeln sein. Sodann ist sie sowohl hinsichtlich des zu veröffentlichenden Bildes als auch des Verwendungszwecks des Bildes genügend zu konkretisieren, sodass sie nicht für eine andere als die vorgesehene Verwendung eines bestimmten Bildes gilt (BÄCHLI, a.a.O., S. 87 und 90). 5.2.2 Die Einwilligung ist nach einem Teil der Lehre grundsätzlich jederzeit frei widerrufbar, wenn auch im Einzelfall Ausnahmen denkbar sind und der widerrufende Träger allenfalls schadenersatzpflichtig werden kann (MEILI, a.a.O., N. 48 zu Art. 28 ZGB ; PIERRE TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, 1984, S. 92 Rz. 640 f.; eingehend auch BÄCHLI, a.a.O., S. 92 f.; RAPHAËL HAAS, Die Einwilligung in eine Persönlichkeitsverletzung nach Art. 28 Abs. 2 ZGB , 2007, Rz. 559-566); dabei wird überwiegend eine analoge Anwendung von Art. 404 Abs. 2 OR angenommen (statt vieler: HAAS, a.a.O., Rz. 559 S. 190, mit weiteren Hinweisen in Fn. 1147). Eine abweichende Lehrmeinung hält dafür, Persönlichkeitsgüter, die nicht zum Kernbereich der menschlichen Existenz gehören, könnten Gegenstand von vertraglichen und unwiderruflichen Verpflichtungen sein (ANDREA BÜCHLER, Persönlichkeitsgüter als Vertragsgegenstand?, in: Festschrift für Heinz Rey, 2003, S. 166-195, insb. S. 187; REGINA AEBI-MÜLLER, Personenbezogene Informationen im System des zivilrechtlichen Persönlichkeitsschutzes, 2005, Rz. 220; implizit CHRISTIAN BRÜCKNER, Das Personenrecht des ZGB, 2000, Rz. 449; THOMAS GEISER, Die Persönlichkeitsverletzung insbesondere durch Kunstwerke, 1990, Nr. 9.25; HAAS, a.a.O., Rz. 802 und Fn. 1756). Namentlich der Name, die Stimme oder das Bild gehören nicht zum Kernbereich menschlicher Existenz (BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 449). Stehen bei der fraglichen Verpflichtung wirtschaftliche Interessen im Vordergrund, ist der letztgenannten Lehrmeinung der Vorrang zu geben. Angesichts der Bedeutung, welche die Vermarktung des eigenen Bildes, des Namens oder der Stimme in den letzten Jahrzehnten erreicht hat, ist es lebensfremd (BÜCHLER, a.a.O., S. 187), weiterhin die Einwilligung zur Abtretung der Rechte am eigenen Bild als einer rechtlich bindenden Verpflichtung nicht zugängliches Geschäft anzusehen, das jederzeit und frei widerrufbar sein soll. Dies gilt grundsätzlich nicht nur für bekannte Persönlichkeiten, die ihren Namen oder ihr Bild mit Lizenzverträgen für kommerzielle BGE 136 III 401 S. 406 Zwecke zur Verfügung stellen, sondern auch für diejenigen, die sich nur gelegentlich bzw. ein Mal im Leben öffentlich zur Schau stellen, namentlich auch für Teilnehmer an neuen Sendeformaten in der Art der "reality shows" (vgl. dazu AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 222). Es muss aber auch für Personen gelten, die sich wie hier an bescheideneren Produktionen beteiligen: Denn obwohl nur der Veranstalter beruflich handelt, sind derartige Produktionen professionell organisiert. Zudem verfolgen auch Gelegenheitsteilnehmer in aller Regel eigene wirtschaftliche Interessen (BÜCHLER, a.a.O., S. 187) in der Form von Werbung und/oder unmittelbarer Entschädigung. Mit der hier aufgezeigten Lösung wird sichergestellt, dass vertragliche Beziehungen der vorliegenden Art nicht im rechtsfreien Raum belassen werden. Dem liesse sich entgegenhalten, eine bindende vertragliche Verpflichtung mit Rücktrittsentschädigung und eine jederzeit widerrufbare Einwilligung, verbunden mit Schadenersatzpflicht gestützt auf Art. 404 Abs. 2 OR , laufe im Ergebnis auf dasselbe hinaus. Es bestehen jedoch gewichtige prozessuale Unterschiede: Einerseits ist ein gerichtliches Verfahren zur Feststellung des allfälligen Schadens mit einem viel grösseren Aufwand verbunden als die blosse Einklagung einer vertraglich vereinbarten Rücktrittsentschädigung; die Verbreitung derartiger Geschäfte vor allem dank Internet ruft geradezu nach möglichst einfachen Lösungen. Andererseits verlagert sich die Behauptungs- und Beweislast: Nicht mehr der angebliche Störer der Persönlichkeit des Ansprechers muss den zufolge Widerrufs der erteilten Einwilligung erlittenen Schaden als rechtsbegründende Tatsache behaupten und nachweisen; vielmehr obliegt dem Ansprecher, der sich von der eingegangenen Verpflichtung lösen will, ausserordentliche Gründe im Sinne rechtshemmender Tatsachen darzulegen und nachzuweisen, die ihn ausnahmsweise zum Rücktritt berechtigen und von der Entrichtung der vereinbarten Rücktrittsentschädigung (bzw. Konventionalstrafe) befreien. Diese Lösung scheint sachgerecht, zumal der Ansprecher auf seine ursprüngliche Abmachung zurückkommen will. 5.2.3 Es ist deshalb im Ergebnis von einer grundsätzlichen Zulässigkeit von vertraglichen Verpflichtungen auszugehen, durch welche das Recht am eigenen Bild veräussert wird. Daraus folgt, dass Vertragsklauseln, die eine Rücktrittsentschädigung vorsehen, nicht an sich unverbindlich sind. Allenfalls sind für ganz aussergewöhnliche Lebenslagen streng zu handhabende Einschränkungen dieses Prinzips vorstellbar (dazu AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 220 am Ende). BGE 136 III 401 S. 407 5.3 5.3.1 Vorliegend ist nicht strittig, dass die Beschwerdegegnerin ihre Einwilligung rechtswirksam, insbesondere irrtumsfrei abgegeben hat: Sie hat genau gewusst, zu was sie sich verpflichtete, und hat schriftlich darin eingewilligt. Gegenteiliges wird nicht behauptet. 5.3.2 Nicht bestritten ist weiter, dass die Einwilligung genügend konkretisiert war: Zu keinem Zeitpunkt hat die Beschwerdegegnerin vorgetragen, es seien Bilder ins Internet aufgeschaltet worden, zu denen sie keine Einwilligung gegeben habe, oder ihre Bilder seien zu einem nicht vereinbarten Zweck verwendet worden. 5.4 Die Einwilligung in eine Persönlichkeitsverletzung ist nur in den Grenzen von Art. 27 ZGB möglich (AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 216). Nach Art. 27 ZGB unzulässig sind sowohl übermässige Verpflichtungen als auch solche, die den höchstpersönlichen Kernbereich der Persönlichkeit betreffen. Die Prüfung erfolgt deshalb zweistufig: In einem ersten Schritt ist zu fragen, ob in den betroffenen Persönlichkeitsbereichen überhaupt von einer Disponibilität ausgegangen werden kann (AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 217). Im Kernbereich der Persönlichkeit, z.B. bei der körperlichen Bewegungsfreiheit, der physischen und psychischen Integrität, der Intimsphäre usw., aber auch bei gewissen Ausdrucksformen der Vereinsfreiheit (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, Das Personenrecht des Schweizerischen Zivilgesetzbuches, 2. Aufl. 2008, Rz. 11.14), besteht ein absoluter Bindungsausschluss, weshalb eine gültige vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen ist; es ist die vertragliche Bindung als solche abzulehnen, weil die Vertragsparteien bzw. eine von ihnen aufgrund subjektiver Elemente in dem infrage stehenden Bereich keiner vertraglichen Bindung unterworfen sein sollen (EUGEN BUCHER, Berner Kommentar, 3. Aufl. 1993, N. 162 zu Art. 27 ZGB ). Besteht demgegenüber die grundsätzliche Möglichkeit einer vertraglichen Verpflichtung, ist in einem zweiten Schritt das konkrete Rechtsgeschäft daraufhin zu überprüfen, ob die Bindung beispielsweise in zeitlicher Hinsicht übermässig ist (AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 217). Davon zu unterscheiden ist eine dritte Kategorie von nicht durchsetzbaren Verträgen, bei welchen die Verwerflichkeit (Sittenwidrigkeit) in deren Inhalt liegt, d.h. in dem tatsächlichen Verhalten, zu dem sich die Parteien vertraglich verpflichten. Einer rechtlichen Verbindlichkeit solcher Verträge stehen objektive Gesichtspunkte der Moral und der guten Sitten entgegen. Die Gültigkeit dieser BGE 136 III 401 S. 408 Verträge richtet sich nach Art. 20 OR (BUCHER, a.a.O.; AEBI-MÜLLER, a.a.O., Rz. 221; zur Abgrenzung zwischen den Tatbeständen des nichtigen Geschäftes im Sinn von Art. 20 OR und des übermässig bindenden gemäss Art. 27 Abs. 2 ZGB sowie zu den jeweiligen Rechtsfolgen: vgl. BGE 129 III 209 E. 2.2 S. 213 f.). 5.4.1 Das Obergericht stellt die Wirksamkeit der Einwilligung der Beschwerdegegnerin in Abrede, weil diese das von Art. 27 Abs. 2 ZGB verpönte Übermass einer rechtsgeschäftlichen Bindung verkörpere, weshalb diesbezüglich jegliche rechtliche, zukunftsgerichtete Bindung von vornherein ausgeschlossen sei. Die Bilder beträfen die Intimsphäre der Beschwerdegegnerin und somit den Kernbereich ihrer Persönlichkeit. Nach Ansicht der Vorinstanz war die Beschwerdegegnerin deshalb berechtigt, auf ihren Entscheid hinsichtlich der Bildrechte zurückzukommen und die Abtretungsbewilligung zu widerrufen. Während die erste Instanz eine anfängliche Nichtigkeit der vertraglichen Abmachung zwischen den Parteien betreffend die Veröffentlichung der fraglichen Bilder im Internet angenommen hatte, hat das Obergericht die Frage ausdrücklich offengelassen. Es hat berücksichtigt, dass der Beschwerdegegnerin bereits dadurch gedient sei, wenn ihr erlaubt werde, die eingegangene Verpflichtung für die Zukunft zu widerrufen; auf der anderen Seite habe der Beschwerdeführer keine Forderung aus dem Vermittlungsvertrag widerklageweise geltend gemacht. Aus diesen Gründen erübrige sich die Klärung der Frage, ob der Vertrag gegen die guten Sitten verstosse und folglich anfänglich nichtig sei. Weil aber die Einwilligung jederzeit und voraussetzungslos widerrufen werden könne, sei eine mit dem Widerruf vertraglich verabredete Entschädigung unzulässig. 5.4.2 Diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen: Daraus wird nicht ersichtlich, in welcher Hinsicht die mit dem Beschwerdeführer eingegangene Bindung übermässig wäre. Sodann ist daran zu erinnern, dass es vorliegend nicht um die Einwilligung der Beschwerdegegnerin in Handlungen geht, die allenfalls in die eigene Intimsphäre eingreifen würden, sondern lediglich um die Veröffentlichung von Bildern, welche derartige Handlungen wiedergeben. Dadurch wird der Kernbereich der Persönlichkeit der Beschwerdegegnerin nicht betroffen (dazu vorne E. 5.2.2; BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 449). Überhaupt erscheint fraglich, ob die Einwilligung in eine Veröffentlichung derartiger Bilder gegen Art. 27 ZGB verstösst. Auch kann im Lichte der heutigen Moralvorstellungen und der BGE 136 III 401 S. 409 Verbreitung pornografischen Materials im Internet nicht behauptet werden, ein solches Rechtsgeschäft verstosse an sich inhaltlich gegen Art. 20 OR und sei folglich nichtig (HAAS, a.a.O., Rz. 840; BRÜCKNER, a.a.O., Rz. 449). Ebenso wenig besticht das Argument des Obergerichts, der Beschwerdeführer habe keine Forderung aus dem Vermittlungsvertrag widerklageweise geltend gemacht. Dieses ist einerseits sachfremd, anderseits aber auch mit der hier unbestrittenermassen anwendbaren Dispositionsmaxime unvereinbar, die dem Träger eines Rechtsanspruches den Entscheid überlässt, ob bzw. wann er diesen Anspruch gerichtlich durchsetzen will. 5.5 Entscheidend ist vielmehr, ob sich die Beschwerdegegnerin rechtsgültig und beständig verpflichten konnte, ihre eigenen Bilder erotischen Inhaltes dem Beschwerdeführer zur Aufschaltung ins Internet zu überlassen oder ob sie hingegen ihre ursprüngliche Einwilligung ohne Weiteres und vor allem unentgeltlich widerrufen durfte. Wie bereits dargelegt (E. 5.2.2) können Persönlichkeitsgüter, die nicht zum Kernbereich der menschlichen Existenz gehören, Gegenstand von vertraglichen und unwiderruflichen Verpflichtungen sein. In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdegegnerin ihre Bildrechte entgeltlich abgetreten hat: Von ihr wurden unentgeltlich Bilder geschossen (vorne, Sachverhalt lit. A.b); auch war sie an dem aus dem Verkauf des Pornofilms und den Escort-Verabredungen erzielten Umsatz beteiligt; schliesslich waren die Bilder bzw. ihre Aufschaltung ins Internet eine unverzichtbare Voraussetzung für die von der Beschwerdegegnerin angebotenen Escort-Dienste. Die Beschwerdegegnerin hat also aus rein finanziellen Interessen gehandelt und hat auch genau gewusst, worauf sie sich einliess; sie hat auch frei entscheiden können, wie weit sie in der Offenbarung ihres eigenen Bildes gehen wollte, indem sie z.B. den Grad der Unkenntlichmachung ihres Gesichtes auf den Fotos wählen konnte und sich für einen Pornofilm zur Verfügung stellte. 5.6 Damit sind keine Umstände nachgewiesen worden bzw. ersichtlich, die es rechtfertigten, die Beschwerdegegnerin ausnahmsweise zum bedingungslosen Rücktritt zuzulassen und sie von der eingegangenen Verpflichtung zur Zahlung einer Rücktrittsentschädigung zu befreien. Auch hat die Beschwerdegegnerin zu keinem Zeitpunkt die Höhe der Entschädigung beanstandet. Zu Recht hat sich der Beschwerdeführer deshalb geweigert, die fraglichen Bilder BGE 136 III 401 S. 410 ohne Entschädigung aus dem Internet zu entfernen. Nicht strittig ist hingegen, dass er diese Bilder nach der Bezahlung der Rücktrittsentschädigung entfernt hätte. 5.7 Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerdegegnerin rechtsgültig ihre Bildrechte an den Beschwerdeführer abgetreten und keinen Grund behauptet bzw. bewiesen hat, der sie zu einem ausnahmsweise entschädigungslosen Rücktritt berechtigt. Unter diesen Umständen kann die Rüge unbeantwortet bleiben, die Beschwerdegegnerin habe auch noch rechtsmissbräuchlich gehandelt.
null
nan
de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6b043a6a-75f0-46aa-84f9-f3062987cb68
Urteilskopf 124 II 53 8. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Juli 1997 i.S. X. gegen Schweizerische Bundesbahnen (SBB) und Eidgenössische Personalrekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 69 Abs. 2 AO SBB, Art. 8 AngO , Art. 336c Abs. 1 lit. b OR ; Kündigungsschutz bei Krankheit und Unfall. Wenn das öffentliche Dienstrecht des Bundes keine Sperrfrist zur Auflösung des Anstellungsverhältnisses bei Krankheit und Unfall vorsieht, liegt hierin keine durch den Richter in Anlehnung an das Obligationenrecht zu füllende Lücke (E. 2). Die Kündigung wegen gesundheitlicher Nichteignung ist nicht missbräuchlich, auch wenn der Betroffene dadurch seinen Anspruch auf eine pensionskassenrechtliche Invalidenrente verlieren sollte (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 124 II 53 S. 54 Am 28. Februar 1996 löste die Hauptabteilung Betrieb II der Schweizerischen Bundesbahnen das Dienstverhältnis mit dem im Rangierdienst tätigen X. während einer krankheitsbedingten Abwesenheit auf den 31. Mai 1996 auf. Nach dem Bericht des Bahnärztlichen Dienstes vom 15. Februar 1996 könne X. wegen seiner Rückenbeschwerden und einer Hautallergie künftig weder im Rangier- noch im Wagenreinigungsdienst eingesetzt werden. Zwar sei er für weniger rückenbelastende Tätigkeiten weiterhin voll erwerbsfähig, doch bestehe keine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit. Die Generaldirektion SBB und die Eidgenössische Personalrekurskommission bestätigten diese Verfügung am 14. Mai bzw. 17. Dezember 1996. X. hat hiergegen Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht, welche das Bundesgericht abweist Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Nach Art. 69 Abs. 1 der Angestelltenordnung SBB vom 2. Juli 1993 (Reglement 102.1; AO SBB) kann die Wahlbehörde das Dienstverhältnis unter Einhaltung der Kündigungsfristen jederzeit aus triftigen Gründen auflösen oder umgestalten. Als solche Gründe gelten namentlich die gesundheitliche Nichteignung oder Untauglichkeit (lit. a), die Nichteignung hinsichtlich Leistung oder Verhalten (lit. b) sowie der Mangel an Arbeit (lit. c). Das Dienstverhältnis BGE 124 II 53 S. 55 kann nicht gekündigt werden, solange der Angestellte schweizerischen obligatorischen Militär-, Zivil- oder Zivilschutzdienst leistet ( Art. 69 Abs. 2 lit. a AO SBB) bzw. während einer Schwangerschaft und in den 16 Wochen nach der Niederkunft ( Art. 69 Abs. 2 lit. b AO SBB). Die während dieser Sperrfristen ausgesprochene Kündigung ist nichtig; erfolgte sie vorher, wird die Kündigungsfrist unterbrochen und erst nach Beendigung der Sperrfrist fortgesetzt (Art. 69 Abs. 2 al. 2 AO SBB). b) Für das privatrechtliche Arbeitsverhältnis sieht Art. 336c Abs. 1 lit. b OR vor, dass der Arbeitgeber nicht kündigen darf, während der Arbeitnehmer ohne eigenes Verschulden durch Krankheit oder durch Unfall ganz oder teilweise an der Arbeitsleistung verhindert ist, und zwar im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, ab dem zweiten bis und mit dem fünften während 90 Tagen und ab dem sechsten während 180 Tagen. Weder die Angestelltenordnung SBB noch die allgemeine Angestelltenordnung vom 10. November 1959 (AngO; SR 172.221.104) kennen eine entsprechende Vorschrift. Das Beamtengesetz (BtG; SR 172.221.10) und die Beamtenordnungen (BO 1/2/3; SR 172.221.101/2/3) enthalten ihrerseits keine Bestimmungen über die Beendigung des Dienstverhältnisses zur Unzeit, da das Beamtenverhältnis an sich auf Amtsdauer begründet und deshalb normalerweise nicht durch Kündigung beendet wird (vgl. aber VPB 59/1995 Nr. 2 S. 22 ff.). 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, das öffentliche Dienstrecht sei lückenhaft, soweit es für Angestellte keinen Kündigungsschutz bei Krankheit vorsehe. Die Gesetzeslücke sei analog der privatrechtlichen Regelung zu füllen. Die Vorinstanz ging davon aus, es handle sich dabei um ein qualifiziertes Schweigen, weshalb für eine richterliche Lückenfüllung kein Platz bleibe. Dieser Auffassung ist zuzustimmen: a) Die Sperrfrist bei Krankheit ist mit der Revision des Arbeitsvertragsrechts von 1971 im Obligationenrecht verankert worden (Art. 336e Abs. 1 lit. b aOR). Bis zu diesem Zeitpunkt bestanden Kündigungsbeschränkungen bei Krankheit und Unfall bereits im Geltungsbereich des Fabrikgesetzes (OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, Zürich 1936, N. 35 zu Art. 347 OR ). Die geltende Fassung des privatrechtlichen Kündigungsschutzes bei Krankheit und Unfall ( Art. 336c OR ) ist seit dem 1. Januar 1989 in Kraft (AS 1988 1474 ff.). Die hier massgebende Angestelltenordnung SBB stammt aus dem Jahre 1993. Sie ersetzte jene vom 20. Dezember 1968 (vgl. Art. 74 Angestelltenordnung SBB). Die Botschaft des BGE 124 II 53 S. 56 Bundesrats vom 25. Oktober 1967 zum Arbeitsvertragsrecht, die den Kündigungsschutz bei Krankheit und Unfall vorsah, war schon damals bekannt (BBl 1967 II 281 und 377 ff.). Es hätte somit sowohl 1968 wie 1993 Gelegenheit bestanden, den Kündigungsschutz bei Krankheit auch in der Angestelltenordnung SBB zu verankern, wenn dies gewollt gewesen wäre. Das gleiche gilt für die allgemeine Angestelltenordnung. Deren Art. 8, der ausschliesslich Sperrfristen während gewisser Dienstleistungen und während der Schwangerschaft vorsieht, wurde in der geltenden Fassung am 27. Dezember 1967 in die Verordnung eingefügt (AS 1968 132), das heisst kurz nach Verabschiedung der Botschaft zum Arbeitsvertragsrecht. Es ist nicht anzunehmen, die Problematik der Sperrfrist bei Krankheit sei dabei übersehen worden. Im übrigen hätte der Bundesrat seither wiederholt Gelegenheit gehabt, die Angestelltenordnung gegebenenfalls anzupassen. b) Auch sachlich lässt sich nicht sagen, die Regelung der Angestelltenordnung SBB sei unvollständig und weise eine vom Richter zu schliessende Lücke auf: aa) Der privatrechtliche Arbeitsvertrag kann an sich frei gekündigt werden ( Art. 335 OR ). Dieser Grundsatz wird einzig insofern eingeschränkt, als die Kündigung nicht missbräuchlich sein ( Art. 336 OR ) und nicht zur Unzeit erfolgen darf ( Art. 336c OR ). Das öffentliche Dienstverhältnis kann demgegenüber nur bei Vorliegen eines triftigen Grunds aufgelöst werden. Bereits insofern ist der öffentlichrechtliche Kündigungsschutz besser als der privatrechtliche. Sodann garantiert Art. 336c OR lediglich, dass dem Arbeitnehmer der Arbeitsplatz vorerst erhalten bleibt, nicht jedoch auch, dass er den Lohn erhält. Dieser ist im ersten Dienstjahr für drei Wochen geschuldet, nachher nur "für eine angemessene längere Zeit [...], je nach der Dauer des Arbeitsverhältnisses und den besonderen Umständen" ( Art. 324a Abs. 2 OR ). Im öffentlichen Dienstrecht gilt dagegen eine weitreichende Lohnfortzahlungspflicht: Nach Art. 56 AO SBB hat der Angestellte bis zur Wiederaufnahme des Dienstes oder bis zur Auflösung des Dienstverhältnisses Anspruch auf Besoldung. Erst wenn die Dienstaussetzung länger als ein Jahr gedauert hat, wird der Lohn des ständigen Angestellten um die Hälfte gekürzt. Selbst dann darf die Besoldung aber gewisse sozial- und pensionskassenrechtliche Leistungen nicht unterschreiten (vgl. auch Art. 62 AngO ). Das privatrechtliche Arbeitsverhältnis kann schliesslich nach Ablauf der Sperrfrist ohne weiteres gekündigt werden, auch wenn der Grund hierfür die Krankheit selber ist (STAEHELIN/VISCHER, BGE 124 II 53 S. 57 Zürcher Kommentar, N. 11 zu Art. 336c OR ; THOMAS GEISER, Kündigungsschutz bei Krankheit, in: AJP 1996 S. 556). Im öffentlichen Dienstverhältnis bildet diese für sich allein indessen keinen Kündigungsgrund. Erforderlich ist vielmehr eine generelle gesundheitliche Nichteignung oder Untauglichkeit für die bisher ausgeübte Tätigkeit ( Art. 69 Abs. 1 lit. a AO SBB). Solange die begründete Aussicht besteht, dass der Betroffene die Arbeit zu einem späteren Zeitpunkt wieder dauernd wird aufnehmen können, ist die Entlassung unzulässig und der Lohn weiter geschuldet. bb) Unter diesen Umständen beruht die Ungleichbehandlung der Krankheit im privaten und öffentlichen Dienstrecht auf sachlichen Gründen. Wohl wäre auch in diesem eine Regelung denkbar, die Sperrfristen und darauf abgestimmte Lohnfortzahlungsgarantien vorsieht (vgl. etwa Art. 3 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 2 lit. b der Verordnung vom 30. September 1996 über das Statut des Personals des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum; AS 1996 2772). Eine solche Lösung wurde aber gerade nicht gewählt; sie ist im übrigen auch verfassungsrechtlich nicht geboten: Es ist sachlich nicht unhaltbar, einen Angestellten zu entlassen, der aus gesundheitlichen Gründen für seine Tätigkeit nicht mehr geeignet ist und seine Beschäftigung auf Dauer nicht wieder wird aufnehmen oder fortsetzen können. Der Verordnungsgeber durfte bei der Ausgestaltung des Kündigungsschutzes darauf abstellen, ob die Arbeitsunfähigkeit nur vorübergehender Natur ist oder auf Dauer besteht. Im ersten Fall kann das Dienstverhältnis - wie dargelegt - an sich nicht aufgelöst werden und ist der Lohn weiter geschuldet, weshalb sich eine Sperrfrist erübrigt; im zweiten besteht eine medizinische Untauglichkeit, die eine Beendigung des Dienstverhältnisses nahelegt oder geradezu unumgänglich macht. Dass bei einer Krankheit, die ohne Einfluss auf die medizinische Eignung für die Tätigkeit des Betroffenen bleibt, unter Umständen während längerer Zeit der Lohn ausbezahlt werden müsste, ändert hieran nichts, wie das Bundesgericht in einem Tessiner Fall entschieden hat, dem eine ähnliche Regelung wie die vorliegende zugrunde lag (Urteil vom 19. August 1994 i.S. S., veröffentlicht in RDAT 1995 I Nr. 5 S. 9 ff.). Eine bestimmte Frist, vor deren Ablauf eine Auflösung des Dienstverhältnisses nicht zulässig wäre, obwohl die Arbeit auf Dauer nicht wieder aufgenommen werden kann, ist verfassungsrechtlich nicht geboten und darf vom Richter auch nicht lückenfüllend eingeführt werden. 3. Zu Unrecht wendet der Beschwerdeführer ein, er hätte nicht kurz vor Vollendung des fünften Dienstjahres entlassen werden dürfen, BGE 124 II 53 S. 58 da er damit der Invalidenpension verlustig gehe, die ihm aufgrund von Art. 38 der Statuten vom 18. August 1994 der Pensions- und Hilfskasse der Schweizerischen Bundesbahnen (SR 172.222.2) nach dieser Beschäftigungsdauer zugestanden hätte. Es braucht hier nicht geprüft zu werden, welche pensionskassenrechtlichen Ansprüche der Beschwerdeführer gehabt hätte, wenn das Dienstverhältnis tatsächlich erst nach dem 1. Juli 1996 aufgelöst worden wäre. Eine Kündigung ist nicht missbräuchlich, wenn ein triftiger Grund dafür besteht und das Dienstverhältnis deswegen unter Einhaltung der Kündigungsfristen aufgelöst wird. Die (unbestrittene) gesundheitliche Nichteignung des Beschwerdeführers stand nach verschiedenen Abklärungen am 15. Februar 1996 und damit vor Ablauf der fünf Jahre fest. Die Hauptabteilung Betrieb Kreis II musste unter diesen Umständen mit der Kündigung nicht zuwarten, bis der Beschwerdeführer allenfalls Anspruch auf eine Invalidenpension gehabt und sich sein Zustand noch verschlechtert hätte.
public_law
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6b051e65-0812-4be5-a6d8-a3c83092fcc6
Urteilskopf 112 Ib 277 46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16. Dezember 1986 i.S. Vital Steiner, Hugo Bircher und Walter Roshardt gegen Walter Inderbitzin, Gemeinderat Freienbach sowie Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 24 Abs. 2 RPG ; Vergrösserung. Die Möglichkeit, zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen nach Art. 24 Abs. 2 RPG in bescheidenem Umfang zu vergrössern, darf nur einmal benützt werden (E. 5). Art. 24 Abs. 1 RPG ; Ausnahmebewilligung für einen Altmaterialbetrieb. 1. Ein Altmateriallagerplatz erfordert keinen Standort ausserhalb der Bauzonen (E. 6a). 2. Allein aus dem Bestand einer ausnahmsweise bewilligten Baute oder Anlage lässt sich nach Treu und Glauben kein Anspruch auf Erteilung weiterer Ausnahmebewilligungen nach Art. 24 Abs. 1 RPG ableiten (E. 6b).
Sachverhalt ab Seite 278 BGE 112 Ib 277 S. 278 Walter Inderbitzin ist Eigentümer der Liegenschaft KTN 2111 im Tal, Pfäffikon SZ, auf dem Gebiet der Gemeinde Freienbach. Das Grundstück befindet sich ausserhalb der Bauzonen im übrigen Gemeindegebiet. Am 26. Juni 1978 erteilte der Regierungsrat des Kantons Schwyz dem Grundeigentümer unter verschiedenen Auflagen und Bedingungen die Bewilligung, auf dieser Parzelle einen Lagerplatz für Altmaterialien zu errichten. Am 1. September 1978 bewilligte auch der Gemeinderat Freienbach das Vorhaben. Beide Bewilligungen blieben unangefochten. Walter Inderbitzin beabsichtigt, seinen Altmaterialbetrieb durch den Bau einer Einstellhalle zu ergänzen. Der Regierungsrat des Kantons Schwyz bewilligte das Vorhaben mit Beschluss vom 18. Oktober 1983. Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies eine dagegen gerichtete Beschwerde mit Entscheid vom 10. April 1984 zur Hauptsache ab. Vital Steiner, Hugo Bircher und Walter Roshardt führen gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht. Dieses heisst die Beschwerde gut, soweit sie sich gegen den Bau der Einstellhalle richtet. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. Gestützt auf Art. 24 Abs. 2 RPG wurde dem Beschwerdegegner auch der Bau einer Einstellhalle mit einer Grundfläche von 132 m2 und Fassadenhöhen von 3,30 m und 4,30 m ausnahmsweise bewilligt. In dieser Halle sollen Mulden für Kleinschrott und geschlossene Chromstahlmulden für wassergefährdende Flüssigkeiten untergebracht werden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung darf die Möglichkeit, zonenwidrige Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen in bescheidenem Umfang zu vergrössern, nur einmal benützt werden (Urteil des Bundesgerichts vom 11. Mai 1982 i.S. Soller, veröffentlicht in Informationshefte BRP, 3/82, S. 28, und BR 4/82, S. 81; ZBl 84 1983, S. 462). Der heutige Lagerplatz des Beschwerdegegners gehörte früher einer Baufirma. Die am 26. Juni 1978 dem Beschwerdegegner erteilte Bewilligung zur Änderung des Lagerplatzes für Baumaterialien in einen Lagerplatz für Altmaterialien mit Kran und Kranbahn, einer kleinen Metallschere, sechs BGE 112 Ib 277 S. 279 Boxen und einem Muldenplatz für die Sortierung von Altmetall umfasst bereits eine erste teilweise Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG . Jene Bewilligung stützt sich zwar noch auf Art. 20 GSchG ; da aber Art. 24 RPG die frühere Ordnung von Art. 20 GSchG im wesentlichen übernommen hat, ist die schon im Jahre 1978 bewilligte Einrichtung eines Lagerplatzes für Altmaterialien auf dem früheren Lagerplatz einer Baufirma als teilweise Änderung im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG zu betrachten, die zusammen mit der ebenfalls nach Art. 24 Abs. 2 RPG zu bewilligenden Schrottschere mit zugehörigen Lärmschutzbauten die Bewilligung weiterer Änderungen dieser Art ausschliesst. Die Einstellhalle darf daher nur dann ausnahmsweise bewilligt werden, wenn die Voraussetzungen von Art. 24 Abs. 1 RPG erfüllt sind. 6. Wie erwähnt, setzt Art. 24 Abs. 1 RPG voraus, dass der Zweck der Baute oder Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b). Beide Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein ( BGE 110 Ib 265 E. 4; BGE 108 Ib 363 E. 4d, 366 E. 6). Nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist der Altmateriallagerplatz und damit auch die geplante Einstellhalle unter den gegebenen besonderen Umständen standortgebunden. Die Beschwerdeführer bestreiten das. Ihrer Ansicht nach mag es zwar durchaus zutreffen, dass die Einstellhalle für den Beschwerdegegner aus betrieblichen Gründen wünschbar ist. Doch kann das ihren Ausführungen gemäss kein objektiver, sachlicher Grund für eine Bejahung der Standortgebundenheit sein, da private Interessen persönlicher und finanzieller Art eine solche nicht zu begründen vermöchten. a) Ein Altmaterialbetrieb wie der vorliegend zu beurteilende erfordert offensichtlich keinen Standort ausserhalb der Bauzonen. Er gehört vielmehr in eine Industriezone. Dort wäre er im übrigen zonenkonform und könnte sich entsprechend den betrieblichen Bedürfnissen ausdehnen. Daran vermag auch der Einwand des Beschwerdegegners nichts zu ändern, wonach es bei seinem Lagerplatz um einen typischen Gewerbebetrieb gehe, der keinerlei industriellen Merkmale aufweise. Selbst wenn von einem gewerblichen Betrieb gesprochen werden könnte, würde das an der fehlenden Standortgebundenheit nichts ändern. Wie das Bundesamt für Raumplanung zutreffend darlegt, verfügt die Gemeinde Freienbach über Gewerbe- und Industriezonen. BGE 112 Ib 277 S. 280 Zudem kommen für die Entsorgung der Region March/Höfe auch Standorte ausserhalb der Gemeinde Freienbach in Frage. Wie das Bundesgericht in dem vom Verwaltungsgericht zitierten Urteil vom 14. Februar 1979 (ZBl 80/1979, S. 354) noch zu Art. 20 GSchG ausgeführt hat, vermag der Umstand, dass für ein Objekt aus irgendwelchen Gründen in der geeigneten Zone nicht ohne weiteres eine zweckmässige Parzelle gefunden werden kann, eine Ausnahmebewilligung für Bauten oder Anlagen ausserhalb der Bauzonen nicht zu rechtfertigen. Andernfalls würde die Ausnahmevorschrift gerade besonders grossen und immissionsträchtigen Industriebetrieben die Ansiedlung ausserhalb der Bauzonen ermöglichen. Hieran ist auch unter der Herrschaft des Bundesgesetzes über die Raumplanung festzuhalten; die Erwägung trifft ohne weiteres auf Art. 24 RPG zu. b) Im weitern widerspricht es keineswegs Treu und Glauben, dem Bauprojekt des Beschwerdegegners für die Einstellhalle heute die Ausnahmebewilligung nach Art. 24 Abs. 1 RPG zu verweigern, obwohl die Behörden den Altmateriallagerplatz im Jahre 1978 bewilligt hatten. Wie die Beschwerdeführer zutreffend ausführen, musste der Beschwerdegegner damals bei der Erteilung der Ausnahmebewilligung wissen, dass die Nutzungsordnung seinem Betrieb Grenzen setzt, und dass er im übrigen Gemeindegebiet nur in ganz geringem Umfang würde expandieren können.
public_law
nan
de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6b0b573f-870f-420c-9a7b-e932ee53e888
Urteilskopf 100 Ia 109 18. Arrêt du 22 avril 1974 dans la cause Benz contre Bureau de l'assistance judiciaire du canton de Vaud.
Regeste Art. 4 BV und 312 Abs. 1 ZGB, unentgeltliche Rechtspflege für Vaterschaftsprozess. Der erste Wohnsitz eines ausserehelichen Kindes liegt nicht in der Schweiz, wenn zur Zeit seiner Geburt die Mutter in der Schweizweder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte und wenn Mutter und Kind abgesehen vom Bürgerrecht keine Beziehung zu einem bestimmten Orte in der Schweiz haben; unerheblich ist, dass nach der Geburt von der Vormundschaftsbehörde des schweizerischen Heimatortes von Mutter und Kind ein Beistand ernannt worden ist (Erw. 7 d und e). Verweigerung der unentgeltlichen Rechtspflege in Anbetracht des Risikos, dass eine vor einem örtlich unzuständigen Richter angebrachte Vaterschaftsklage unzulässig ist, obschon die Unzuständigkeit nicht von Amtes wegen berücksichtigt wird (Erw. 7 f).
Sachverhalt ab Seite 110 BGE 100 Ia 109 S. 110 A.- Yvette Benz, originaire de Bienne et Lausanne, née le 19 mars 1942, a mis au monde le 18 septembre 1970 au New York Hospital à New York une fille prénommée Khalima Agar. La mère était alors domiciliée à New York. Le 19 septembre 1970, Amar Dahmouche, de nationalité algérienne, né ie 22 avril 1934, célibataire, fonctionnaire du Gouvernement algérien, a signé à New York par devant Irving Gold, notaire public de l'Etat de New York, un acte intitulé "Consent" (consentement, acquiescement), dans lequel il déclare qu'il est le père de l'enfant née le 18 septembre 1970 au New York Hospital de Benz Yvette, et qu'il consent à ce que l'enfant porte son nom et à ce que son nom soit inscrit sur l'acte de naissance comme étant celui du père de l'enfant. Ce "Consent" contient une attestation signée également le 19 septembre 1970 par le notaire Irving Gold, aux termes de laquelle "Amar Dahmouche, dûment assermenté, dépose et dit qu'il est la personne qui a signé cette déclaration; qu'il a lu ladite déclaration et en connaît le contenu; que ladite déclaration est conforme à la vérité, à l'exception des points mentionnés ici comme étant des suppositions basées sur une information ou BGE 100 Ia 109 S. 111 croyance qu'il considérait comme étant véridiques" (traduction). Le 4 mars 1971, la Justice de paix du cercle de Lausanne, autorité tutélaire, a désigné l'avocat Claude Pache, à Lausanne, comme curateur de l'enfant Khalima Agar Benz et l'a autorisé à ouvrir action en paternité. Par lettre du 18 mars 1971, le Consulat général de Suisse à New York a communiqué au curateur que dame Benz et son enfant Khalima Agar avaient quitté les Etats-Unis d'Amérique pour se rendre à Alger, où elles résidaient chez Amar Dahmouche et que, selon l'acte de naissance, celui-ci était le père de l'enfant. Le 27 avril 1971, l'Ambassade de Suisse en République algérienne a informé le curateur que "selon Mlle Benz, le père de l'enfant, chez qui elle habite en ce moment, n'aurait pas l'intention de la reconnaître et un mariage ne serait pas prévu". Aux termes d'une lettre du 9 août 1971 de l'Ambassade au curateur, dame Benz avait déclaré "que la reconnaissance de son enfant par M. Dahmouche était due au fait qu'il y était contraint par la loi des Etats-Unis mais qu'il n'aurait pas l'intention de le faire officiellement à Alger, comme cela a été demandé par l'inspecteur cantonal de l'état civil à Lausanne". Le 16 août 1971, le Département de la justice, de la police et des affaires militaires du canton de Vaud, Etat civil cantonal, a écrit au curateur que l'enfant avait été inscrite dans les registres des familles de Lausanne et Bienne comme illégitime de sa mère; la reconnaissance souscrite par Dahmouche à New York ne pouvait en effet être considérée comme une reconnaissance avec effets d'état civil qu'au moment où il serait prouvé que les autorités algériennes l'admettent comme telle; le Consul de la République algérienne à Genève avait été invité par lettre du 12 août 1971 à dire si l'Algérie reconnaissait la validité de la reconnaissance intervenue et, sinon, quelles conditions devraient encore être remplies pour aboutir à ce résultat. B.- Le 7 juin 1971, Khalima Agar Benz, agissant par son curateur, a demandé l'assistance judiciaire pour le procès en paternité (action pécuniaire) qu'elle entendait ouvrir contre Dahmouche. Le Bureau de l'assistance judiciaire du canton de Vaud a rejeté cette requête par décision du 3 septembre 1971 en considérant BGE 100 Ia 109 S. 112 que "le procès ne serait pas engagé par une personne raisonnable plaidant à ses propres frais". Il relève que si la reconnaissance du 19 septembre 1970 est admise par les autorités algériennes, "le procès est de toute manière sans objet"; que sinon, "on ne voit pas en quoi un jugement suisse condamnant M. Dahmouche à verser des aliments améliorera le dossier de l'enfant Benz lorsque son tuteur tentera d'exercer une pression morale sur les autorités algériennes pour les amener à engager officieusement leur employé Dahmouche à payer volontairement des prestations alimentaires". C.- Agissant par la voie du recours de droit public, Khalima Agar Benz requiert le Tribunal fédéral d'annuler la décision du 3 septembre 1971. Elle invoque une violation de l'art. 4 Cst. La recourante requiert l'assistance judiciaire au sens de l'art. 152 al. 1 et 2 OJ. Le Bureau intimé propose le rejet du recours. D.- Khalima Agar Benz a ouvert action en paternité contre Amar Dahmouche par requête de conciliation du 7 septembre 1971. Elle a conclu au paiement de pensions mensuelles de 200 fr. dès sa naissance et jusqu'à l'âge de 6 ans révolus, de 250 fr. depuis lors et jusqu'à 12 ans révolus, puis de 300 fr. jusqu'à 18 ans révolus, ces pensions étant payables en plus des allocations familiales. Le Juge de paix du cercle de Lausanne a décidé de ne pas citer les parties en audience de conciliation avant de connaître le sort du recours de droit public. E.- Par lettre du 28 septembre 1971, le Consul d'Algérie à Genève a informé le Département vaudois de la justice, de la police et des affaires militaires que la question posée le 12 août 1971 - la République algérienne admet-elle la validité de la reconnaissance par Dahmouche de l'enfant d'Yvette Benz? - "recueille une suite positive"; en effet, la reconnaissance d'un enfant né hors mariage est valable en droit algérien; une Fetwa (interprétation juridique ayant force de loi) admet expressément la reconnaissance avec effets d'état civil des enfants nés hors mariage par leur père algérien, et le Code algérien de la famille qui doit être promulgué incessamment va dans le même sens. A la suite de cette lettre, l'officier de l'état civil de Lausanne a inscrit dans le registre des familles, sur la fiche concernant Yvette Benz, l'"enfant naturelle Khalima Agar Dahmouche, reconnue par acte notarié à New York (USA) le 19 septembre BGE 100 Ia 109 S. 113 1970 par Dahmouche Amar, de nationalité algérienne". L'inscription précise que "l'enfant conserve la nationalité suisse (art. 8 ch. 1 LN)". Erwägungen Considérant en droit: 1. Le Bureau de l'assistance judiciaire du canton de Vaud statue comme autorité unique sur les demandes d'assistance judiciaire. Le présent recours est ainsi recevable du point de vue de l'épuisement des moyens de droit cantonal (arrêts non publiés Messori, du 1er juin 1965, consid. 1, et Pelet et Flocard, du 10 septembre 1965, consid. 1). 2. a) L'art. 4 Cst. confère un droit à l'assistance judiciaire à la partie qui est dans le besoin et se trouve impliquée dans un procès où ses conclusions ne sont pas dépourvues de chances de succès; il lui permet, à ces conditions, d'être dispensée de l'avance des frais ou de la fourniture de sûretés pour les frais et dépens et, si la défense de ses intérêts l'exige, d'obtenir la désignation d'un avocat d'office (RO 98 Ia 341 s. et les arrêts cités). Un procès est dépourvu de chances de succès lorsque les perspectives de le gagner sont notablement plus faibles que les risques de le perdre et qu'elles ne peuvent guère être considérées comme sérieuses, de sorte qu'une personne raisonnable et de condition aisée renoncerait à s'y engager en raison des frais qu'elle s'exposerait à devoir supporter (RO 69 I 160 consid. 2; arrêts précités Messori, consid. 3, et Pelet et Flocard, consid 2). Mais si les perspectives de gagner et les risques de perdre sont à peu près équivalents, ou même si celles-là paraissent un peu plus faibles que ceux-ci, le procès ne peut pas être considéré comme dépourvu de chances de succès (RO 98 Ia 342 et les arrêts cités). Le Tribunal fédéral examine librement cette question (ibidem). b) Saisi d'un recours de droit public pour violation de l'art. 4 Cst., le Tribunal fédéral ne prend pas en considération des allégations, preuves ou faits nouveaux, qui sont irrecevables (RO 97 I 308 consid. 4 b, 491 consid. 3); en particulier, il ne peut pas tenir compte de faits qui se sont produits après la décision attaquée (RO 82 I 250). Le mérite du présent recours doit dès lors être examiné sur la base de l'état de fait existant au moment où le Bureau intimé a rendu sa décision. 3. Lorsqu'une Suissesse ayant son domicile à l'étranger y met au monde un enfant illégitime, l'autorité tutélaire du canton BGE 100 Ia 109 S. 114 d'origine est compétente en vertu de l'art. 30 LRDC pour désigner un curateur à l'enfant selon l'art. 311 CC; elle peut y renoncer si l'autorité du domicile à l'étranger a pris d'elle-même les mesures nécessaires (HEGNAUER, n. 41 ad art. 311 CC et les références; cf. en particulier RO 86 II 327 ss., 87 II 133 ss.); peu importe que l'enfant ait, en plus de la nationalité suisse, une nationalité étrangère (cf. RO 86 II 329). En l'espèce, il ne ressort pas du dossier que l'autorité de l'Etat de New York, où dame Benz était domiciliée et où elle a accouché de sa fille Khalima Agar, ni l'autorité algérienne, après que la mère et l'enfant eurent quitté New York pour s'établir à Alger, aient pris des mesures tutélaires en faveur de l'enfant. L'autorité tutélaire de Lausanne a dès lors désigné régulièrement un curateur à la recourante, qui est originaire de cette commune. Les tribunaux n'ont d'ailleurs pas à examiner si l'autorité tutélaire qui a procédé à la désignation du curateur à l'enfant illégitime était compétente ratione loci; ils sont liés par cette décision, qui ne peut être rapportée que par les autorités de tutelle (RO 94 II 230). 4. La décision attaquée ne dit rien au sujet de l'indigence de la recourante. S'agissant d'une enfant qui n'a manifestement pas de ressources propres, le Bureau intimé a admis implicitement l'état d'indigence. 5. La République algérienne démocratique et populaire n'a pas adhéré à la Convention sur la loi applicable aux obligations alimentaires envers les enfants, conclue à La Haye le 24 octobre 1956, ni à la Convention concernant la reconnaissance et l'exécution des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants, conclue à La Haye le 15 avril 1958, conventions auxquelles la Suisse est partie et qui sont entrées en vigueur, pour elle, le 17 janvier 1965 (ROLF 1964 p. 1287, 1290). Si l'action en paternité tendante à des prestations pécuniaires en faveur de la recourante peut être intentée à un for en Suisse, elle est soumise au droit suisse, quand bien même le défendeur, Amar Dahmouche, est un étranger domicilié à l'étranger (RO 82 II 573 ss. consid. 3, 84 II 605 ss. consid. 3 et 4). 6. a) L'autorité cantonale n'a pas examiné si l'action en paternité que le curateur entendait introduire au nom de la recourante à Lausanne pouvait être portée à ce for. Elle considère d'abord que le procès serait sans objet si la reconnaissance signée par Amar Dahmouche se révélait valable. Cette question BGE 100 Ia 109 S. 115 n'a toutefois été résolue que par la lettre du 28 septembre 1971 du Consul d'Algérie à Genève. La validité selon le droit algérien de la reconnaissance était encore douteuse aussi bien le 3 septembre 1971, date de la décision attaquée, que le 18 septembre 1971, date à laquelle expirait le délai de péremption de l'action selon l'art. 308 CC. A cette époque, le procès n'était ni sans objet ni dépourvu de chances de succès, pour autant qu'un tribunal suisse fût compétent ratione loci pour en connaître. La recourante devait donc être mise en mesure de l'introduire en temps utile, et obtenir à cet effet le bénéfice de l'assistance judiciaire. b) L'autorité cantonale considère d'autre part que, si les autorités algériennes n'admettaient pas la validité de la reconnaissance signée par Amar Dahmouche, un jugement suisse condamnant celui-ci à verser des aliments n'améliorerait pas la situation de l'enfant, lorsque son tuteur tenterait d'amener ces autorités à engager officieusement le père à payer la pension fixée par le juge suisse, le droit algérien ne connaissant d'ailleurs pas la "petite action en paternité". Cet argument à l'appui du rejet de la demande d'assistance judiciaire n'est pas fondé. Le juge suisse compétent, d'après le droit suisse, pour statuer sur une action en paternité tendante à des prestations pécuniaires en faveur de l'enfant ouverte contre un étranger domicilié à l'étranger n'a pas à examiner si le jugement sera ou non susceptible d'exécution à l'étranger (RO 92 II 87 consid. 4 d). L'assistance judiciaire ne peut dès lors être refusée par le motif que le jugement ne pourrait pas être exécuté à l'étranger. 7. La recourante ne saurait prétendre à l'assistance judiciaire, si l'action en paternité pour laquelle elle l'a requise n'était pas susceptible d'être portée à un for en Suisse. a) Il n'existe aucune convention, ni multilatérale ni bilatérale, liant la Suisse et la République algérienne au sujet de la compétence judiciaire, de la reconnaissance et de l'exécution des décisions judiciaires, en particulier dans le domaine des obligations alimentaires envers les enfants. C'est dès lors le droit suisse qui est applicable pour déterminer si, en l'espèce, la recourante peut intenter contre Amar Dahmouche devant un juge suisse une action en paternité visant au paiement d'aliments (cf. RO 94 II 223 s. consid. 2, 3). b) Le for prévu par l'art. 313 CC n'entre pas en ligne de BGE 100 Ia 109 S. 116 compte, puisque Amar Dahmouche est de nationalité algérienne. c) Aux termes de l'art. 312 al. 1 CC, l'action en paternité est portée devant le juge du domicile que la partie demanderesse avait en Suisse au temps de la naissance, ou devant le juge du domicile du défendeur au temps de la demande. Lorsque les conditions de l'un et l'autre de ces deux fors sont réalisées, la partie demanderesse peut choisir librement l'un d'eux (HEGNAUER, n. 23 ad art. 312/313 CC). Amar Dahmouche n'est pas domicilié en Suisse; il ne l'était pas lorsque la recourante a sollicité le bénéfice de l'assistance judiciaire, ni lorsque l'autorité vaudoise a rejeté cette requête par décision du 3 septembre 1971, ni non plus lorsque l'action en paternité a été ouverte, le 7 septembre 1971. Dès lors, le for du domicile du défendeur au temps de la demande ne se trouve pas en Suisse. d) Quant au for du domicile que la partie demanderesse avait en Suisse au temps de la naissance, c'est d'après le droit suisse qu'il faut examiner si les conditions en sont remplies (RO 85 II 320 consid. 1, 89 II 114, 94 II 224 consid. 3 in fine). Le droit suisse considère comme domicile des enfants mineurs celui de leurs père et mère, dans la mesure où ils sont investis de la puissance paternelle (art. 25 al. 1 CC). Cette règle n'est donc applicable à l'enfant illégitime que dès le moment où il a été placé sous la puissance paternelle de sa mère ou de son père en vertu d'une décision de l'autorité tutélaire (art. 324 al. 3 et 325 al. 3 CC). Une telle décision n'a pas été prise à l'égard de la recourante. La puissance paternelle ne peut d'ailleurs être conférée à la mère ou au père que lorsqu'un jugement a été rendu dans l'action en paternité, qu'une convention alimentaire a été conclue avec le père, que celui-ci a reconnu l'enfant ou encore que le délai pour ouvrir action est expiré (HEGNAUER, n. 191 ad art. 324-327 CC). La décision de l'autorité tutélaire d'attribuer la puissance paternelle à la mère ou au père est ainsi postérieure à la naissance de l'enfant, en sorte qu'elle ne peut pas avoir d'incidence sur le domicile de l'enfant au temps de la naissance. Dans l'arrêt Salcher c. Weisseisen du 8 novembre 1968 (RO 94 II 220 ss.), le Tribunal fédéral a jugé que le premier domicile de l'enfant illégitime est au siège de l'autorité tutélaire qui lui a désigné un curateur en vertu de l'art. 311 CC (RO 94 BGE 100 Ia 109 S. 117 II 227 consid. 5). Mais dans l'arrêt Bilger c. Gaulis, du 8 novembre 1973 (RO 99 II 364 consid. 4), la IIe Cour civile a précisé comme il suit le sens et la portée du principe énoncé dans son arrêt Salcher c. Weisseisen, consid. 5: En fixant le premier domicile de l'enfant illégitime au siège de l'autorité tutélaire qui lui a nommé un curateur, le Tribunal fédéral n'a pas entendu édicter une règle générale destinée à affaiblir la portée de la notion de séjour effectif dans la détermination du domicile de l'enfant illégitime, et encore moins créer un domicile fictif pour y établir un for; en principe, en effet, lorsque la mère est domiciliée en Suisse, l'autorité tutélaire compétente pour désigner un curateur à l'enfant naturel est celle du domicile de la mère au moment de la naissance, le domicile de l'enfant correspondant alors à celui de la mère; si les circonstances de l'affaire Salcher c. Weisseisen justifiaient que l'on reconnût à l'enfant un domicile séparé de celui de sa mère, il n'en va pas de même lorsqu'au moment de la naissance, ni la mère ni l'enfant ne résidaient en Suisse, que la mère n'y avait pas non plus son domicile à cette époque et que, à part l'origine, la mère et l'enfant n'ont aucun lien avec un lieu déterminé en Suisse; dans ces conditions, la désignation, après la naissance, d'un curateur par l'autorité tutélaire du lieu d'origine en Suisse de la mère et de l'enfant ne saurait faire présumer que l'enfant était domicilié en Suisse à sa naissance; le for du domicile en Suisse de la partie demanderesse au temps de la naissance n'est dès lors pas donné pour l'action en paternité compétant à l'enfant. e) Au moment de la naissance de son enfant Khalima Agar, dame Benz était domiciliée à New York. C'est dans un hôpital de cette ville qu'elle a accouché. Elle a conservé son domicile à New York jusque dans les premiers mois de 1971. Sa fille était auprès d'elle. Vers mars 1971, dame Benz et son enfant ont quitté New York pour habiter à Alger chez Amar Dahmouche. Dame Benz a pris alors domicile à Alger, où sa fille résidait avec elle. Ainsi, au temps de la naissance et lors de la désignation d'un curateur par la Justice de paix de Lausanne, ni la mère ni l'enfant ne résidaient en Suisse, et la mère n'avait pas non plus son domicile en Suisse; à part l'origine, la mère et l'enfant n'avaient aucun lien avec un lieu déterminé en Suisse. Selon la jurisprudence de l'arrêt précité Bigler c. Gaulis, le domicile de la recourante au temps de la naissance ne se BGE 100 Ia 109 S. 118 trouvait pas en Suisse au siège de l'autorité tutélaire qui lui a désigné un curateur quelque cinq mois et demi plus tard, mais à l'étranger. Le juge du siège de cette autorité n'est dès lors pas compétent selon l'art. 312 al. 1 CC pour connaître de l'action en paternité contre Amar Dahmouche, visant au paiement d'aliments à la recourante. f) Il n'y a ainsi aucun for en Suisse, selon les art. 312 al. 1 et 313 CC, auquel la recourante pourrait intenter contre Amar Dahmouche une action en paternité tendante au versement d'une pension alimentaire. Il est vrai que les règles de for relatives à une telle action ne sont pas impératives de par le droit fédéral, puisque les parties peuvent disposer des droits qui leur compètent (HEGNAUER, n. 8 ad art. 312/313 CC). En procédure civile vaudoise, le déclinatoire n'est prononcé d'office, s'agissant de fors du droit fédéral, que si les dispositions qui les régissent sont impératives (art. 57 ch. 2 CPC vaud.; POUDRET ET WURZBURGER, Code de procédure civile vaudois, ad art. 57 ch. 2). Si Amar Dahmouche ne contestait pas la compétence ratione loci du juge de Lausanne et n'opposait pas le déclinatoire avant toute défense au fond et préalablement à toute exception de procédure (art. 58 CPC vaud.), ce juge serait compétent pour statuer sur l'action en paternité de la recourante (cf. CHRISTIAN FISCHER, Les conventions de prorogation de for inter- et intracantonales en droit fédéral et en procédure civile vaudoise, thèse Lausanne 1969, p. 35; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, p. 86 litt. e). Mais la perspective de la contestation de la compétence du juge de Lausanne par Amar Dahmouche et d'un jugement d'éconduction d'instance de la demanderesse (art. 61 al. 3 CPC vaud.), frais et dépens à sa charge (art. 92 CPC vaud.), l'emporte largement sur celle d'une acceptation du litige par le défendeur devant ce juge, qui deviendrait alors compétent. Les risques d'une irrecevabilité de l'action pour cause d'incompétence ratione loci, avec condamnation aux frais et dépens, sont considérablement plus grands que les chances de voir le défendeur ne pas opposer le déclinatoire, le juge admettre dès lors sa compétence et, au fond, accueillir la demande. Vu l'incompétence ratione loci du juge de Lausanne, une personne raisonnable et de condition aisée, plaidant à ses propres frais, renoncerait, en raison des frais qu'elle s'exposerait à devoir supporter, à intenter devant ce juge l'action en BGE 100 Ia 109 S. 119 paternité que le curateur de la recourante entendait introduire contre Amar Dahmouche. En rejetant la demande d'assistance judiciaire, l'autorité vaudoise n'a dès lors pas violé le droit à cette assistance qui découle de l'art. 4 Cst. 8. L'autorité tutélaire a désigné comme curateur de la recourante un avocat pratiquant, qui possède les connaissances juridiques nécessaires pour accomplir lui-même les actes liés à la défense des intérêts de l'enfant dans la procédure de recours de droit public au Tribunal fédéral. Il n'y a donc pas lieu à désignation d'un avocat d'office. La rémunération de l'avocat Pache pour le recours de droit public qu'il a formé au nom de l'enfant dont il est curateur rentre dans les frais de la curatelle (cf. RO 89 I 5; arrêt destiné à la publication Schelbert c. Obergericht Uri, consid. 2 b p. 6). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Rejette le recours.
public_law
nan
fr
1,974
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6b142ffd-925e-41f4-9f05-212927b0c2ed
Urteilskopf 121 II 317 50. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 12 juillet 1995 dans les causes Jeanneret et consorts contre Etat de Genève et Commission fédérale d'estimation du 1er arrondissement (recours de droit administratif)
Regeste Enteignung von Nachbarrechten; Lärmeinwirkungen eines Flughafens; materielle Enteignung - Art. 5 EntG , Art. 679, 684 ZGB , Art. 42 ff. LFG , Art. 42 ff. VIL . Anwendung der Regeln über die formelle Enteignung auf Immissionen, die sich aus dem Betrieb eines Flughafens ergeben. Voraussetzungen zur Geltendmachung nachbarrechtlicher Abwehr- und Entschädigungsansprüche gemäss Art. 679 und 684 ZGB (E. 4b-c). Ergeben sich die Lärmeinwirkungen aus dem Betrieb eines öffentlichen Werkes, kommt das Enteignungsrecht zum Zuge (E. 4d-e). Übersicht über die Rechtsprechung betreffend die vom Schienen- und Strassenverkehr ausgehenden Immissionen. Voraussetzungen der Unvorhersehbarkeit, der Schwere und der Spezialität des Schadens (E. 5a). Diese Voraussetzungen gelten grundsätzlich auch für Einwirkungen aus dem Flugverkehr (E. 5b). Den Anforderungen von Art. 8 EMRK kann in solchen Verfahren entsprochen werden (E. 5c). Voraussetzung der Unvorhersehbarkeit: Sie ist für jene Nachbarn eines nationalen Flughafens erfüllt, die ihre Grundstücke vor Ende des Jahres 1960 erworben haben (E. 6). Voraussetzung der Spezialität; Immissionsgrenzwerte der eidgenössischen Umweltschutzgesetzgebung als Kriterium (E. 8c/aa). Obschon für den Lärm von nationalen Flughäfen in der Lärmschutz-Verordnung noch keine Grenzwerte festgelegt worden sind, kann hier die Voraussetzung der Spezialität aufgrund des berechneten mittleren Lärmpegels "Leq" als erfüllt betrachtet werden (E. 8c/bb-cc). Bestimmungen der eidgenössischen Luftfahrtgesetzgebung betreffend die Lärmzonen A, B und C (E. 12a). Die Lärmzonenpläne regeln durch Bau- und Umbauverbote teilweise die Nutzung des Bodens; sie sind bei Änderung der Verhältnisse anzupassen (E. 12b). Voraussetzungen, unter denen die vorfrageweise Überprüfung dieser Pläne vorgenommen werden kann (E. 12c). Materielle Enteignung durch das Inkrafttreten des Lärmzonenplanes für den Flughafen Genf; massgebender Zeitpunkt zur Beurteilung der Tragweite der Einschränkungen (E. 12d/aa-bb). Da sich die Lärmzonen A und B aufgrund neuer Berechnungen als überdimensioniert erweisen, sind die hier umstrittenen Liegenschaften den Bestimmungen für die Lärmzone C zu unterstellen (E. 12d/cc-dd); die in der eidgenössischen Luftfahrtgesetzgebung für diese Zone vorgesehenen Beschränkungen begründen keine materielle Enteignung (Zusammenfassung, E. 13).
Sachverhalt ab Seite 319 BGE 121 II 317 S. 319 A.- En 1920, l'Office aérien fédéral a octroyé au canton de Genève une concession pour l'exploitation d'un aérodrome au lieu-dit "Cointrin"; la première piste en béton a été construite en 1937. Pendant la seconde guerre mondiale, le trafic aérien commercial international a très fortement diminué. Le 22 juin 1945, l'Assemblée fédérale a adopté l'arrêté fédéral concernant le développement des aérodromes civils (RO 1945 p. 867). Des subventions fédérales allouées sur cette base ont permis au canton de BGE 121 II 317 S. 320 Genève de réaliser des travaux d'extension de la piste et d'aménagement d'installations techniques. En 1948 déjà, les autorités fédérales ont permis l'exécution de la "troisième étape de développement" de l'aéroport de Genève-Cointrin (cf. FF 1948 II 1181 ss, RO 1948 p. 1205). Un nouveau projet d'agrandissement de l'aéroport a été présenté en 1957 (4e étape; cf. Message du Conseil fédéral in FF 1957 II 66) et, en 1959, la piste a été portée à la longueur de 3800 m (elle n'a pas été prolongée depuis lors). Le trafic sur l'aéroport de Genève a évolué de la manière suivante depuis la fin de la seconde guerre mondiale: Année Mouvements totaux Passagers 1946 15'030 71'518 1950 23'898 217'736 1955 27'154 445'136 1960 56'014 933'956 1965 79'326 1'473'182 A partir de l'été 1959, les compagnies aériennes ont mis en service des avions à réaction sur leurs lignes desservant l'aéroport de Genève-Cointrin. B.- La loi fédérale sur la navigation aérienne (LNA) a été adoptée le 21 décembre 1948; depuis la modification du 18 juin 1993, en vigueur à partir du 1er janvier 1995, cette loi est intitulée "loi fédérale sur l'aviation" (LA; RS 748.0, RO 1994 p. 3010). La loi sur la navigation aérienne a été modifiée le 17 décembre 1971, notamment pour permettre la délimitation de zones de bruit dans les environs des aéroports (cf. art. 42 LNA); cette novelle est entrée en vigueur le 1er janvier 1974 (RO 1973 p. 1738). Dans l'ordonnance sur la navigation aérienne, du 14 novembre 1973 (RS 748.01; ONA), le Conseil fédéral a distingué trois zones de bruit - les zones A, B et C -, en prévoyant pour chacune d'elles une utilisation "admissible", et il a chargé le Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie (DFTCE) d'édicter des prescriptions d'exécution. Ce département a dès lors adopté une ordonnance, intitulée actuellement "ordonnance concernant les zones de bruit des aéroports de Bâle-Mulhouse, Genève-Cointrin et Zurich" (RS 748.134.2; en vigueur depuis le 1er janvier 1974). Cette ordonnance prévoit que l'exposition au bruit est exprimée au moyen de "l'indice d'exposition au bruit NNI", et que les zones de bruit sont délimitées de la manière suivante: BGE 121 II 317 S. 321 zone A: 65 NNI et plus, zone B: de 55 NNI à la limite de la zone A, zone C: de 45 NNI à la limite de la zone B. Les "utilisations admissibles" dans les trois zones, selon l'art. 62 al. 1 ONA révisé le 5 mars 1984 (RO 1984 p. 318), sont les suivantes: Zone A - Agriculture - Entrepôts - Constructions et installations militaires - Bâtiments aéroportuaires Zone B - Utilisation selon la zone A - Constructions industrielles et artisanales - Bâtiments commerciaux et bureaux insonorisés - Logements de concierge insonorisés Zone C - Utilisation selon les zones A et B - Bâtiments commerciaux et bureaux - Bâtiments d'habitation insonorisés - Bâtiments scolaires insonorisés. Au surplus, en vertu de l'art. 62 al. 2 ONA, la construction ou l'agrandissement d'hôpitaux et de homes ne sont pas admis dans les zones de bruit. Depuis le 1er janvier 1995, les dispositions sur les zones de bruit figurent aux art. 40 ss de la nouvelle ordonnance, du 23 novembre 1994, sur l'infrastructure aéronautique (OSIA; cf. RO 1994 p. 3028, 3050). L' art. 42 OSIA a, sur ces points, le même contenu que l'ancien art. 62 ONA. L' art. 42 al. 3 LA chargeant l'exploitant de l'aéroport d'établir le plan des zones de bruit, le Conseil d'Etat de la République et canton de Genève (ci-après: le Conseil d'Etat) a élaboré un projet sur la base d'un rapport d'étude du 22 juillet 1977 émanant du Laboratoire fédéral d'essai des matériaux et de recherches (abréviation en langue allemande: EMPA), dont la section "acoustique et lutte contre le bruit" avait calculé les indices d'exposition au bruit NNI dans les environs de l'aéroport de Genève. Mis à l'enquête publique à partir du 15 janvier 1979, ce plan a suscité plusieurs oppositions, qui ont été traitées par le Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie. Plusieurs recours ont été BGE 121 II 317 S. 322 formés contre les décisions du département et le Conseil fédéral s'est prononcé, le 8 avril 1987, en modifiant légèrement le tracé de la limite extérieure de la zone C; pour le reste, il a considéré que l'évolution des circonstances, depuis l'établissement du plan - notamment l'augmentation du trafic et la mise en service d'avions moins bruyants - ne justifiait pas une modification générale des périmètres des zones A, B et C. A la suite de cette décision, le plan des zones de bruit a été publié le 2 septembre 1987 dans la feuille officielle du canton de Genève et il a acquis force obligatoire (cf. art. 43 al. 4 LA ). C.- Louis Jeanneret est propriétaire d'une parcelle sur le territoire de la commune de Bellevue, à environ 1,5 km de l'extrémité nord-est de la piste de l'aéroport de Genève. Jeanneret a acquis cette parcelle, sur laquelle se trouvait déjà une villa, le 27 avril 1966. En vertu de la loi cantonale d'application de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LALAT), ce terrain est classé dans la 5e zone, qui est une zone résidentielle destinée aux villas (art. 19 al. 3 LALAT). Selon le plan des zones de bruit de l'aéroport, cette parcelle est située dans la zone B. Le 18 décembre 1979, Jeanneret s'est adressé au Conseil d'Etat en réclamant une indemnité pour la dépréciation de sa propriété en raison du bruit du trafic aérien. Sa requête ayant été écartée par l'autorité cantonale et par le Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie, Jeanneret s'est pourvu devant le Tribunal fédéral, par la voie du recours de droit administratif. Le Tribunal fédéral a admis son recours par arrêt rendu le 3 octobre 1984 et il a dit qu'il incombait au département fédéral de conférer au canton de Genève le droit d'expropriation et de l'inviter à faire ouvrir, par le Président de la Commission fédérale d'estimation, une procédure d'expropriation destinée uniquement à statuer sur les prétentions à indemnité présentées par le recourant (ch. 2 du dispositif de l'arrêt, publié aux ATF 110 Ib 368 ss, p. 380). Une procédure a ensuite été ouverte devant la Commission fédérale d'estimation du 1er arrondissement (ci-après: la Commission fédérale). Jeanneret a conclu au paiement d'une indemnité globale, pour expropriation formelle des droits de voisinage et pour expropriation matérielle en relation avec les restrictions découlant du plan des zones de bruit. La Commission fédérale a rendu sa décision le 13 avril 1989; elle a rejeté les conclusions de Jeanneret. D.- D'autres propriétaires fonciers ont aussi, successivement, demandé l'ouverture de procédures devant la Commission fédérale, afin qu'il soit BGE 121 II 317 S. 323 statué sur leurs prétentions fondées sur l'expropriation formelle de leurs droits de voisinage et sur l'expropriation matérielle, après l'entrée en vigueur du plan des zones de bruit. Les biens-fonds concernés se trouvent sur le territoire de la commune de Vernier (au sud-ouest de la piste de l'aéroport de Genève, à environ 1 à 2 km de l'extrémité de celle-ci) ou sur celui de la commune de Bellevue (au nord-est de cette piste, également à environ 1 à 2 km de l'extrémité). Dans les causes consorts L., W., R., G., et hoirie P., les fonds litigieux ont une surface d'environ 1000 à 2000 m2 et ils sont déjà bâtis (villas familiales). Ils sont classés en 5e zone résidentielle (cf. art. 19 al. 3 LALAT), et au surplus, dans certains cas, en zone de développement (cf. art. 30 ss LALAT). Selon le plan des zones de bruit de l'aéroport, les parcelles des consorts L. et de W. sont comprises dans la zone C; les trois autres terrains se trouvent dans la zone B. Dans ses décisions, rendues entre le 21 septembre 1989 et le 14 juin 1993, la Commission fédérale a rejeté les demandes d'indemnité présentées par les propriétaires. Dans la cause hoirie H., le fonds litigieux a une surface de 4000 m2 environ et il s'y trouve plusieurs bâtiments (un chalet construit en 1934 et un garage-atelier construit en 1964, notamment). Ce terrain, compris dans la 5e zone résidentielle, a été classé en 1993 en zone de développement industriel et artisanal. Selon le plan des zones de bruit de l'aéroport, il est située dans la zone A. Dans sa décision, rendue le 2 juin 1992, la Commission fédérale a condamné l'Etat de Genève à verser aux membres de l'hoirie H. une indemnité pour expropriation formelle, pour expropriation matérielle ainsi que pour la réfection de la toiture du chalet, endommagée à diverses reprises à la suite du passage d'avions à basse altitude. Dans les causes consorts M., T. et consorts, ainsi que consorts F., il s'agit de terrains non bâtis ou peu bâtis (la propriété des consorts F., d'une surface de 2,5 ha, comporte une maison de maître et quelques annexes). Ils sont également classés en 5e zone résidentielle ou en zone de développement. Selon le plan des zones de bruit de l'aéroport, ces terrains sont situés dans les zones B ou C. Dans ses décisions rendues entre le 16 juin et le 12 novembre 1993, la Commission fédérale a rejeté les prétentions fondées sur l'expropriation formelle, mais elle a condamné l'Etat de Genève à verser aux propriétaires une indemnité pour expropriation matérielle (en relation avec l'inclusion d'une partie de ces terrains dans la zone de bruit B). BGE 121 II 317 S. 324 E.- Dans huit des dix causes précitées, les propriétaires concernés (les expropriés) ont formé un recours de droit administratif contre le prononcé de la Commission fédérale (causes Jeanneret, consorts L., W., R., G., hoirie P., consorts M., T. et consorts). L'Etat de Genève (l'expropriant) a également formé un recours de droit administratif contre le prononcé de la Commission fédérale dans la cause hoirie H., dans la cause consorts M., dans la cause T. et consorts, ainsi que dans la cause consorts F. Dans cette dernière cause, les consorts F. ont formé un recours de droit administratif joint. Dans leurs recours, les expropriés ont demandé au Tribunal fédéral d'annuler les prononcés de la Commission fédérale et de leur allouer des indemnités pour expropriation formelle des droits de voisinage et pour expropriation matérielle, lorsque les immeubles concernés étaient situés dans la zone de bruit B. Dans ses recours, l'Etat de Genève a fait valoir, en substance, que les prétentions des propriétaires n'étaient pas fondées. F.- Un rapport intitulé "Etude sur le bruit 90: Charges acoustiques réelles et perception subjective du bruit d'avion et de la circulation routière par la population résidant dans le voisinage des aéroports internationaux en Suisse" a été rédigé dans le cadre d'un programme du Fonds national suisse de la recherche scientifique. Après avoir eu connaissance d'un résumé de ce rapport, publié avant la version définitive, le Tribunal fédéral s'était fait transmettre les résultats de calculs des immissions de bruit dans les environs de l'aéroport de Genève, effectués à l'occasion de cette recherche par le Laboratoire fédéral d'essai des matériaux et de recherches (EMPA), sur la base du nombre de mouvements d'avions en 1989 et selon les indices d'exposition au bruit "NNI", d'une part, et "Leq" (niveau moyen énergétique), d'autre part. G.- Le Tribunal fédéral a joint toutes les causes précitées et a rendu un jugement partiel. Dans la cause Jeanneret, il a admis partiellement le recours, en ce sens qu'il a constaté, sur la base des nouveaux calculs, que l'indice d'exposition au bruit NNI pour la parcelle du recourant était supérieur à 45 NNI et inférieur à 55 NNI; pour le reste, il a rejeté le recours. Dans les autres causes, le Tribunal fédéral a admis partiellement les recours de droit administratif et il a dit que l'instruction devait se poursuivre, pour déterminer le montant des indemnités dues pour l'expropriation formelle des droits de voisinage, dans les cas où le droit à une indemnité a été reconnu dans son principe (causes consorts L., W., R., G.. hoirie H., hoirie P.), ou pour déterminer si et, le cas échéant, BGE 121 II 317 S. 325 dans quelle mesure une telle indemnité était due (causes consorts M., T. et consorts ainsi que consorts F.). Dans toutes ces causes, lorsque les parcelles litigieuses n'avaient pas déjà été classées en 1987 dans la zone de bruit C, le Tribunal fédéral a constaté que l'indice d'exposition au bruit était supérieur à 45 NNI et inférieur à 55 NNI. Erwägungen Extrait des considérants: II. Expropriation formelle des droits de voisinage 4. Dans leurs recours, tous les expropriés font valoir qu'ils ont droit à une indemnité pour expropriation des droits de voisinage. Or, dans ces causes, la Commission fédérale a considéré que les conditions à l'octroi d'une telle indemnité n'étaient pas réunies. Elle n'a alloué une indemnité à ce titre qu'aux consorts H., qui n'ont, quant à eux, pas formé de recours contre la décision de première instance. L'expropriant demande cependant l'annulation de celle-ci, en soutenant que les conditions à l'octroi d'une telle indemnité ne sont pas non plus remplies dans cette affaire. Il convient, en premier lieu, de se prononcer sur la question de principe de l'application des règles de l'expropriation formelle en cas d'immissions provenant de l'exploitation d'un aéroport. a) Aux termes de l' art. 50 LA , pour la construction et l'exploitation d'aérodromes publics ou pour l'aménagement d'installations de navigation aérienne, le département fédéral des transports, des communications et de l'énergie peut, conformément à la législation fédérale sur l'expropriation, exercer le droit d'expropriation ou le conférer à des tiers. En vertu de l' art. 5 LEx , les droits résultant des dispositions sur la propriété foncière en matière de rapports de voisinage peuvent faire l'objet de l'expropriation et être supprimés ou restreints temporairement ou définitivement. Cette norme se réfère notamment à l' art. 684 CC , qui a la teneur suivante: 1 "Le propriétaire est tenu, dans l'exercice de son droit, spécialement dans ses travaux d'exploitation industrielle, de s'abstenir de tout excès au détriment de la propriété du voisin. 2 Sont interdits en particulier les émissions de fumée ou de suie, les émanations incommodantes, les bruits, les trépidations qui ont un effet dommageable et qui excèdent les limites de la tolérance que se doivent les voisins eu égard à l'usage local, à la situation et à la nature des immeubles." Lorsque les émissions normales et inévitables provenant de l'exploitation d'une entreprise d'intérêt public ont pour effet de paralyser les droits de BGE 121 II 317 S. 326 défense des voisins, au sens de l' art. 684 CC , la situation qui en résulte équivaut, pour le propriétaire touché, à la constitution d'une servitude foncière ayant pour contenu l'obligation de tolérer les émissions excessives ( ATF 116 Ib 11 consid. 2b/aa, ATF 111 Ib 15 consid. 8, ATF 110 Ib 368 consid. 2c). L' art. 4 let. a LEx prévoit du reste expressément l'exercice du droit d'expropriation en relation avec l'exploitation d'une entreprise. Une telle procédure peut être introduite même si - comme en l'espèce - pour la construction de l'ouvrage, aucune procédure d'expropriation n'a été ouverte selon les art. 27 ss LEx (dépôt des plans, etc.; cf. ATF 110 Ib 368 consid. 1). En adoptant l' art. 5 LEx en 1930, le législateur fédéral a indiqué de façon expresse une possibilité que l'ancienne loi fédérale sur l'expropriation, du 1er mai 1850, offrait de façon implicite. La jurisprudence fédérale avait en effet d'emblée admis que les droits résultant des dispositions sur la propriété foncière en matière de rapports de voisinage pouvaient faire l'objet d'une expropriation, ceci même avant l'entrée en vigueur du code civil suisse en 1912 (cf. notamment ATF 36 I 623 consid. 2, ATF 18 p. 53 consid. 3 et les références à des arrêts plus anciens; cf. ATF 116 Ib 11 consid. 2a p. 16; cf. HEINZ HESS/HEINRICH WEIBEL, Das Enteignungsrecht des Bundes, vol. I, Berne 1986, n. 2 ad art. 5 LEx ). b) L' art. 684 al. 1 CC pose de façon générale les limites apportées à l'exercice de la propriété foncière et il interdit les immissions excessives. Sont des immissions les conséquences indirectes que l'exercice de la propriété sur un fonds peut avoir sur les fonds voisins; il peut s'agir d'effets physiques tels que des bruits (cf. PAUL-HENRI STEINAUER, Les droits réels, tome II, 2e éd. Berne 1994, p. 141/142 et la jurisprudence citée). Par fonds voisins, il faut entendre tous les fonds qui sont affectés par l'immission, même s'ils se trouvent à plusieurs kilomètres de son origine; il suffit que l'immission apparaisse comme une conséquence de l'utilisation ou de l'exploitation de l'immeuble concerné (cf. ATF 120 II 15 consid. 2a, ATF 119 II 411 consid. 4b, ATF 109 II 304 consid. 2; ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, n. 197 ad art. 684 CC ). La jurisprudence mentionne, à titre d'exemple, pour les immissions provoquées par un aérodrome, le bruit des avions à l'atterrissage et au décollage, même lorsque ces engins se trouvent au-delà des limites géographiques du fonds où se situe la piste (cf. ATF 120 II 15 consid. 2a p. 17). Les immissions ne sont prohibées par l' art. 684 CC que si elles sont excessives. Pour distinguer entre les immissions qui doivent être tolérées BGE 121 II 317 S. 327 et celles qui sont excessives, il faut se fonder sur des critères objectifs, en évaluant la situation comme une personne raisonnable et moyennement sensible, et en prenant en considération l'ensemble des circonstances du cas concret pour apprécier les différents intérêts en présence; il faut néanmoins, à cet égard, tenir compte du but de l' art. 684 CC , qui est d'assurer la protection des intérêts des seuls propriétaires concernés et non pas, en principe, de protéger d'autres intérêts ( ATF 119 II 411 consid. 4c et les arrêts cités; cf. MEIER-HAYOZ, op.cit., n. 90/91 ad art. 684 CC ). c) Aux termes de l' art. 679 CC , celui qui est atteint ou menacé d'un dommage parce qu'un propriétaire excède son droit, peut actionner ce propriétaire pour qu'il remette les choses en l'état ou prenne des mesures en vue d'écarter le danger, sans préjudice de tous dommages-intérêts. En 1965, le Tribunal fédéral a toutefois admis que le propriétaire qui construisait sur son fonds avait le droit de provoquer des nuisances, même excessives au sens de l' art. 679 CC - parce qu'elles dépassent les limites fixées par les règles ordinaires sur les rapports de voisinage ( art. 684 CC ) -, à la condition qu'il verse aux voisins lésés une indemnité équitable. Il faut cependant que l'immission paraisse inévitable; tel serait le cas si son interdiction était hors de proportion avec l'intérêt qu'en retireraient les voisins, et si les travaux de construction et les installations de chantier causaient à ceux-ci un dommage considérable ( ATF 91 II 100 consid. 2). Cette jurisprudence a été confirmée ensuite dans des arrêts non publiés (cf. arrêt du 16 octobre 1986 reproduit in SJ 1987 p. 145 ss, consid. 2 et les références) puis dans un arrêt rendu en 1988, publié aux ATF 114 II 230 . Dans ce dernier arrêt, le Tribunal fédéral mentionne l'analogie existant entre cette solution et l'expropriation proprement dite, en relevant que l'ordre juridique suisse connaît par ailleurs une sorte d'"expropriation de droit privé" dans certaines situations (cf. art. 674 al. 3 CC [empiétement], art. 691 CC [obligation de tolérer des conduites], art. 694 CC [passage nécessaire], art. 710 CC [fontaine nécessaire]). La solution ainsi consacrée par la jurisprudence, permettant l'indemnisation du propriétaire voisin en cas d'immissions excessives qu'il ne peut pas faire cesser, est au demeurant proche de celles du droit allemand (§ 906 II BGB - cf. MEIER-HAYOZ, op.cit., p. 177, "Rechtsvergleichung" ad art. 684 CC ) et du droit italien (art. 844 II CCit - cf. MEIER-HAYOZ, op.cit., p. 180/181). d) Le voisin ne peut pas exercer les actions du droit privé prévues à l' art. 679 CC si les immissions proviennent de l'utilisation, conforme à sa BGE 121 II 317 S. 328 destination, d'un ouvrage d'intérêt public pour la réalisation duquel la collectivité disposait du droit d'expropriation, et si la tâche publique ne peut pas être exécutée sans provoquer des immissions dans les environs (immissions inévitables ou ne pouvant être écartées sans frais excessifs). La prétention au versement d'une indemnité d'expropriation se substitue à ces actions et il appartient non plus au juge civil, mais au juge de l'expropriation de statuer sur l'existence du droit à l'indemnité et sur le montant de celle-ci ( ATF 119 Ib 334 consid. 3a, 348 consid. 4b, ATF 119 II 411 consid. 3c et les arrêts cités). Selon la jurisprudence que le Tribunal fédéral a développée à propos des nuisances de bruit provenant du trafic routier et ferroviaire, la collectivité publique - en sa qualité d'expropriant - n'est tenue d'indemniser un voisin que si le dommage qu'il subit est à la fois spécial, imprévisible et grave; c'est à ces seules conditions, cumulatives, que l'immission est excessive ( ATF 119 Ib 348 consid. 4b, ATF 118 Ib 205 consid. 8c, ATF 117 Ib 18 consid. 2b, ATF 116 Ib 21 consid. 3a et les arrêts cités). Ces principes ont été énoncés pour la première fois en 1968 (arrêt Werren, ATF 94 I 286 ); depuis lors, le Tribunal fédéral n'a jamais eu à examiner s'ils s'appliquaient également aux nuisances provoquées par le trafic aérien. Dans un arrêt rendu en 1969 ( ATF 95 I 490 ), les immissions d'autres entreprises ou installations publiques ont été évoquées (consid. 5, p. 493: "chemins de fer, stands de tir, aérodromes, etc."), mais on ne saurait déduire de cette énumération, en obiter dictum, que le Tribunal fédéral aurait considéré que les trois conditions précitées étaient aussi déterminantes à l'égard des nuisances résultant de l'exploitation d'un aéroport (cf. consid. 6, p. 494/495: il n'est en définitive question, dans cet arrêt, que des immissions du trafic sur une route nationale). Dans un arrêt rendu en 1980 ( ATF 106 Ib 241 ), le Tribunal fédéral a statué sur le recours de locataires d'appartements à proximité de l'aéroport de Zurich-Kloten qui demandaient une indemnité en raison des nuisances provoquées par le trafic aérien; il ne s'est cependant pas prononcé sur l'application éventuelle des conditions de la spécialité, de l'imprévisibilité et de la gravité dans ce domaine, car il a considéré que, dans le cas particulier, les locataires ne pouvaient de toute manière pas faire valoir une prétention à une indemnité ( ATF 106 Ib 241 consid. 4). La question avait par ailleurs déjà été évoquée, sans être non plus résolue, dans un arrêt non publié du 23 décembre 1970 (référendum financier contre un décret relatif à l'agrandissement de l'aéroport de Zurich, arrêt reproduit in ZBl 74/1973 p. 81, consid. 5). Enfin, dans l'arrêt rendu le 3 octobre 1984 BGE 121 II 317 S. 329 sur le premier recours de Louis Jeanneret, le Tribunal fédéral a indiqué qu'il n'était pas certain que la jurisprudence concernant les émissions provenant du trafic routier et ferroviaire puisse s'appliquer telle quelle, sans adaptation, aux émissions de bruit des aérodromes; il a laissé cette question indécise ( ATF 110 Ib 368 consid. 3b). Elle doit être résolue. e) La jurisprudence "Werren" n'est pas contraire à l' art. 69 al. 1 LEx , qui dispose que "si l'existence d'un droit faisant l'objet d'une demande d'indemnité est contestée", la procédure devant la commission fédérale d'estimation est suspendue, l'expropriant devant ouvrir action devant le juge ordinaire. En effet, lorsque le voisin d'un ouvrage public demande une indemnité en raison d'immissions excessives, l'existence des droits garantis par l' art. 684 CC n'est en principe pas contestée; la relation de causalité entre l'exploitation de l'ouvrage et les immissions, de même que le caractère inévitable de ces immissions, ne sont généralement pas non plus mis en doute (cf. HESS/WEIBEL, op.cit., n. 5 ad art. 69 LEx ; contra: FELIX SCHÖBI, Zur Unterscheidung von formeller und materieller Enteignung am Beispiel von Immissionsstreitigkeiten, in: recht 1985 p. 126 ss). Par ailleurs, l'entrée en vigueur, le 1er janvier 1985, de la loi fédérale sur la protection de l'environnement (LPE; RS 814.01) n'a pas supprimé la compétence du juge de l'expropriation pour statuer sur l'octroi d'une indemnité en raison des immissions excessives liées à l'exploitation d'un ouvrage public ( ATF 119 Ib 348 consid. 6c/aa). Le Tribunal fédéral est toujours tenu d'appliquer l' art. 5 LEx ( art. 113 al. 3 Cst. ). En outre, les législations fédérales sur l'expropriation et sur la protection de l'environnement n'ont pas les mêmes buts, même si elles convergent à certains égards (cf. ATF 119 Ib 348 consid. 6c/bb-cc; selon cet arrêt, le juge de l'expropriation peut allouer des prestations en nature qui correspondent aux mesures de protection exigées par le droit de l'environnement); seule l'application des dispositions sur l'expropriation des droits conférés aux voisins par les art. 679 et 684 CC permet aux propriétaires touchés d'obtenir la réparation de leur préjudice, le cas échéant (cf. ATF 120 Ib 76 consid. 5a; cf. arrêt non publié du 30 mai 1979, consid. 7, reproduit in: ZBl 81/1980 p. 354). Les critiques exprimées dans la doctrine, antérieures à l'arrêt publié aux ATF 119 Ib 348 (cf. KARL LUDWIG FAHRLÄNDER, Zur Abgeltung von Immissionen aus dem Betrieb öffentlicher Werke, unter Berücksichtigung des Bundesgesetzes über den Umweltschutz, thèse Berne 1985, p. 50; PAUL RICHLI, Die verwaltungsrechtliche Rechtsprechung des BGer 1984, RJB 122/1986 p. 423; BGE 121 II 317 S. 330 SCHÖBI, op.cit., p. 127), ne donnent pas lieu à une remise en question de la jurisprudence selon laquelle les droits découlant des art. 679 et 684 CC en matière de rapports de voisinage peuvent faire l'objet d'une expropriation. 5. Dans la première des décisions attaquées (cause Jeanneret), la Commission fédérale a considéré que les nuisances provoquées par le trafic aérien présentaient certaines particularités, par rapport au bruit du trafic routier ou ferroviaire, mais qu'il ne se justifiait pas de soumettre à des conditions distinctes l'indemnisation des voisins en application de l' art. 5 LEx . La Commission fédérale a confirmé sa jurisprudence dans ses décisions ultérieures, en précisant que les caractéristiques du bruit provenant des avions seraient prises en compte dans l'examen de la gravité ou de la spécialité du dommage (cf. notamment décision attaquée dans la cause W.). Dans ses recours, l'Etat de Genève ne critique pas les décisions attaquées à ce propos. Les expropriés recourants soutiennent en revanche, à titre principal, que les trois conditions jurisprudentielles (cf. supra, consid. 4d) ne seraient pas applicables à cet égard. a) Dans l'arrêt Werren ( ATF 94 I 286 ; cf. supra consid. 4d), le Tribunal fédéral a relevé que l'augmentation constante du nombre des véhicules à moteur exigeait l'ouverture de nouvelles voies et l'agrandissement des routes existantes; si les collectivités publiques étaient tenues de réparer tous les dommages qu'entraînent ces ouvrages indispensables, elles seraient dans la plupart des cas hors d'état de les entreprendre (consid. 8a, p. 300). C'est pourquoi aucune indemnité ne doit en principe être allouée, sous réserve du droit à la protection de la bonne foi ou de l'existence d'un dommage spécial, imprévisible et grave (consid. 8b p. 301). Selon cet arrêt, la condition de la spécialité se justifie d'elle-même: si le préjudice est normal, c'est qu'il est conforme à l'usage habituel et doit être toléré (consid. 9a p. 301). Le dommage doit au surplus atteindre une certaine gravité car, tant que le tort causé est bénin, il ne procède pas d'un excès qui engendre le droit à une indemnité (consid. 9c p. 302). En ce qui concerne la troisième condition - l'imprévisibilité -, le Tribunal fédéral s'est référé à une jurisprudence ancienne, selon laquelle le propriétaire d'une maison située à proximité d'une voie ferrée doit s'attendre à supporter plus de bruit que l'habitant d'un quartier tranquille de villas; il n'a aucun droit à une indemnité si l'agrandissement normal et prévisible des installations ferroviaires ou des routes entraîne une augmentation du bruit (consid. 9b p. 302). Dans un arrêt Buob, rendu en 1984 ( ATF 110 Ib 43 ), le Tribunal fédéral a justifié à BGE 121 II 317 S. 331 nouveau l'exigence de l'imprévisibilité du dommage. Il a rappelé que, selon l' art. 684 CC , le fait que les immissions proviennent d'une installation préexistante ne prive en principe pas le voisin des actions de l' art. 679 CC ; de ce point de vue cependant, il n'est pas contraire à l'égalité de traitement de prévoir un régime différent pour les voisins d'une route ou d'une voie ferrée, car la collectivité, en construisant un tel ouvrage et en le mettant en service, accomplit une tâche d'intérêt public prévue par la loi. La collectivité a ainsi le privilège de pouvoir apporter des modifications à l'"usage local" ou à la "situation et à la nature des immeubles" voisins (cf. art. 684 al. 2 in fine CC) et elle peut exiger de leurs propriétaires qu'ils tiennent compte de ces modifications, dès qu'elles se réalisent ou à partir du moment où elles sont prévisibles. Le droit de l'expropriation veut en effet que l'exproprié prenne toutes les mesures adéquates pour réduire ou supprimer son préjudice. Il n'est donc pas contraire à la ratio legis de l' art. 684 CC de refuser une indemnité au propriétaire qui a acquis un fonds en étant au courant de la réalisation prochaine d'une route ou d'une voie ferrée dans le voisinage ( ATF 110 Ib 43 consid. 4 p. 50; cf. aussi, à ce propos, ATF 117 Ib 15 consid. 2b in fine). b) Le bruit provenant du trafic aérien se distingue, à plusieurs égards, de celui provoqué par le trafic terrestre, routier ou ferroviaire. Les immissions du trafic terrestre sont perçues de part et d'autre des voies de circulation, sur toute leur longueur (quoique sur une largeur relativement restreinte); en revanche, les effets des nuisances du trafic aérien se concentrent sur les terrains proches des aérodromes. Tant que les avions sont à une certaine altitude, avant l'atterrissage ou après le décollage, leur bruit n'est pas incommodant. Par ailleurs, il est relativement facile de se protéger des nuisances engendrées par le trafic terrestre, en édifiant des parois latérales antibruit le long des voies, ou en concevant les bâtiments de façon à éloigner les locaux à usage sensible au bruit des sources d'immissions; en revanche, de telles mesures de construction ou d'aménagement sont en général sans effet à l'encontre de bruits provenant du ciel. Une autre particularité du bruit des avions peut être évoquée: il est sensiblement différent à l'atterrissage et au décollage (à l'approche, le bruit aérodynamique l'emporte sur le bruit des moteurs), alors qu'en principe, les caractéristiques des immissions du trafic terrestre ne dépendent pas du sens de circulation des véhicules (sauf sur les voies en pente). Enfin, tandis que l'origine des immissions du trafic routier et ferroviaire se situe toujours sur les terrains de la BGE 121 II 317 S. 332 collectivité, les nuisances des avions se produisent aussi lorsqu'ils survolent des fonds privés, après qu'ils se sont éloignés du périmètre de l'aéroport; or, en vertu de l' art. 667 al. 1 CC , le propriétaire a le droit d'être protégé contre les dommages que pourrait causer le survol de son fonds et son intérêt à jouir de l'espace aérien lui permet en principe - sous réserve des restrictions découlant notamment de la législation fédérale sur l'aviation - de se défendre contre les activités de tiers qui seraient préjudiciables à l'utilisation de son fonds (cf. ATF 104 II 86 consid. 1 et les arrêts cités; cf. STEINAUER, op.cit., p. 70). En dépit de ces différences, les immissions provenant du trafic, terrestre ou aérien, sont toujours liées à l'exploitation normale d'installations d'intérêt public. Si la jurisprudence a fait, quant à l'application des conditions de l'imprévisibilité, de la gravité et de la spécialité, une distinction entre les nuisances dues au trafic et celles provoquées par des travaux de construction (cf. ATF 117 Ib 15 consid. 2c), il ne se justifie pas de traiter différemment le trafic terrestre, d'une part, et le trafic aérien, d'autre part, car les motifs qui ont conduit le Tribunal fédéral à poser ces trois conditions (cf. supra, consid. 5a) valent également pour le trafic aérien. Aussi ces conditions lui sont-elles applicables. Par ailleurs, le fait que les immissions du trafic aérien se produisent dans de vastes secteurs à forte densité de population, aux environs des aéroports internationaux, ne commande pas une autre solution, car le nombre de personnes touchées par les immissions des routes et voies ferrées est aussi important, si l'on prend en considération l'ensemble du réseau national (cf. infra, consid. 8a-b). Enfin, une partie des fonds sur lesquels se produisent les immissions sont également survolés par les avions, mais cet élément est secondaire; le préjudice causé par le bruit n'est pas sensiblement différent, que la source des nuisances se trouve à la verticale du fonds concerné ou qu'elle se situe au-dessus des fonds voisins. Il n'est pas exclu que les risques supplémentaires liés à la situation d'un immeuble sous la trajectoire d'approche ou d'envol entraînent une certaine diminution de la valeur du fonds; cet élément pourrait éventuellement être pris en compte dans l'appréciation de la gravité du dommage. Cela étant, les trois conditions jurisprudentielles ne s'appliquent pas aux dommages sans rapport avec les immissions de bruit, notamment aux préjudices causés aux bâtiments survolés par le passage des avions à basse altitude (destruction de tuiles du toit par l'effet des turbulences ou par la chute de blocs de glace se détachant des fuselages, etc.). BGE 121 II 317 S. 333 c) Certains des expropriés recourants invoquent encore l'art. 8 de la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH; RS 0.101), en faisant valoir que cette disposition, qui garantit le droit au respect de la vie privée et familiale, ne serait respectée que si des mesures suffisantes de protection contre le bruit et de compensation des préjudices subis par les voisins étaient prises. En l'occurrence, il n'y a pas lieu de déterminer si l'exploitation de l'aéroport constitue, pour ces recourants, une ingérence d'une autorité publique dans l'exercice du droit conventionnel en question. De toute manière, l'existence de grands aéroports internationaux est nécessaire au bien-être économique du pays et l' art. 8 par. 2 CEDH réserve précisément les ingérences fondées sur ce motif. En outre l'application de l' art. 5 LEx est en principe à même d'assurer, dans chaque cas particulier, un "juste équilibre entre les intérêts concurrents de l'individu et de la société dans son ensemble" (cf. arrêt de la Cour européenne des droits de l'homme du 21 février 1990, affaire Powell et Rayner, série A vol. 172, § 41 ss). 6. La Commission fédérale a considéré qu'il fallait appliquer la condition de l'imprévisibilité dans chacun des cas, et que cette condition n'était pas remplie dans les causes Jeanneret, consorts L., W., R., G., hoirie P., et consorts M.. Elle a en revanche admis l'imprévisibilité du dommage dans les causes hoirie H. et T. et consorts, au regard de la date d'acquisition des fonds litigieux par les ascendants de leurs propriétaires actuels. Enfin, la Commission fédérale a laissé la question indécise dans la cause consorts Favre. a) Pour statuer sur le caractère prévisible du dommage, et partant de l'exploitation provoquant des immissions excessives, le juge de l'expropriation se fonde sur l'appréciation du "tiers neutre" ou du "citoyen moyen", au moment déterminant (par exemple au moment de l'acquisition de l'immeuble touché); c'est aussi sur cette base que le juge civil examine si les immissions doivent être tolérées par les voisins, selon l' art. 684 CC (cf. ATF 119 II 411 consid. 4c). Il ne s'agit pas, en effet, de se prononcer en fonction des prévisions des autorités voire des spécialistes de l'aviation, ou de l'appréciation des voisins de l'aéroport, généralement plus intéressés à l'évolution du trafic aérien que la moyenne de la population. En l'occurrence, le juge de l'expropriation n'est pas dans la même situation que lorsqu'il est chargé d'apprécier le rôle de phénomènes naturels complexes dans un rapport de causalité, la jurisprudence admettant alors qu'il ne suffit pas de se fonder sur l'avis du profane (cf. ATF 119 Ib 334 consid. 5b et les références). BGE 121 II 317 S. 334 b) En énonçant la condition de l'imprévisibilité dans l'arrêt Werren, en 1968 (cf. supra, consid. 5a), dans le domaine des immissions de bruit du trafic routier et ferroviaire, le Tribunal fédéral a - implicitement - tenu compte du fait que l'on rencontrait des véhicules à moteur sur les routes au moins depuis le début du siècle (le développement du trafic ferroviaire étant encore plus ancien) et que, depuis longtemps, nul ne pouvait prétendre ignorer les nuisances de ces genres de trafic terrestre. On ne saurait en dire autant des inconvénients - en particulier des immissions de bruit - résultant du trafic aérien lié à l'exploitation des aéroports. aa) Dans ses messages relatifs à l'arrêté fédéral concernant le développement des aérodromes civils et au projet de loi sur la navigation aérienne, qui ont été publiés peu avant la fin de la seconde guerre mondiale, le Conseil fédéral avait déjà prévu le développement du trafic aérien commercial - pour le transport des personnes et des marchandises - entre la Suisse et les capitales européennes ainsi qu'en direction des autres continents, et il s'était préoccupé en temps utile d'assurer la réalisation des infrastructures nécessaires (cf. notamment FF 1945 I 149ss, 330 ss); dans ces textes, il n'est cependant à aucun endroit fait mention des nuisances du trafic aérien pour les voisins des aéroports. Les immissions de bruit n'ont pas non plus été évoquées dans les messages du Conseil fédéral de 1948 et de 1957 concernant l'agrandissement de l'aéroport de Genève-Cointrin (cf. FF 1948 II 1181, 1957 II 66), aucun des investissements prévus alors ne se rapportant directement à la lutte contre le bruit (dans le second de ces messages, il est pourtant indiqué que les futurs avions à réaction DC-8 seraient "extrêmement" bruyants sur l'aire de trafic - FF 1957 II 75). Par ailleurs, dans son texte primitif du 21 décembre 1948, la loi fédérale sur la navigation aérienne (RO 1950 p. 491) - actuellement: loi sur l'aviation - prévoyait la création de zones de sécurité autour des aérodromes publics et elle permettait au Conseil fédéral d'arrêter des prescriptions pour empêcher la création d'obstacles au vol et pour supprimer de tels obstacles (art. 41 ss); cette loi ne comprenait en revanche aucune disposition sur la protection des tiers contre le bruit du trafic aérien et elle n'avait en particulier pas encore institué les zones de bruit. Il a fallu attendre la novelle du 17 décembre 1971 pour que la loi soit révisée sur ce point (cf. ATF 110 Ib 368 consid. 2a-b; cf. infra, consid. 12a). Avant l'entrée en vigueur de ces nouvelles dispositions, le 1er janvier 1974, le Tribunal fédéral n'avait eu à se prononcer qu'une seule fois sur ces questions: une procédure d'expropriation ayant été ouverte en vue de l'installation d'une antenne BGE 121 II 317 S. 335 sur le terrain d'un propriétaire voisin de l'aéroport de Zurich-Kloten (cf. art. 50 LA ), il a été jugé que ce propriétaire pouvait, dans la même procédure, faire valoir des prétentions à indemnité pour des immissions de bruit provenant du trafic aérien (arrêt non publié du 3 juin 1953, cité in ATF 110 Ib 368 consid. 2a). Le 28 septembre 1962, le Conseil fédéral a proposé à l'Assemblée fédérale de modifier certaines dispositions de la loi sur la navigation aérienne, en premier lieu pour régler la question des atterrissages hors des aérodromes; il a aussi proposé d'introduire dans la loi le principe selon lequel la lutte contre le bruit des avions rentrait, au même titre que les impératifs de la sécurité aérienne, dans les tâches générales des autorités chargées de la surveillance de l'aéronautique (cf. Message, FF 1962 II 713, 722). Les Chambres fédérales ont dès lors modifié les art. 12 et 15 LNA ("prescriptions de police") pour consacrer ce principe (novelle du 14 juin 1963, RO 1964 p. 317). Dans son message, le Conseil fédéral s'était référé aux travaux d'une commission fédérale d'experts en matière de lutte contre le bruit, constituée en 1957, et en particulier au rapport de la sous-commission chargée de se prononcer au sujet du bruit de la navigation aérienne, adopté le 1er juillet 1960 (l'ensemble des travaux de cette commission fédérale d'experts a fait l'objet d'un rapport de synthèse du 14 décembre 1962, intitulé "La lutte contre le bruit en Suisse" et publié par le Département fédéral de justice et police en 1963 - ci-après: rapport de 1963). Dans son rapport partiel, la sous-commission a noté l'apparition de plus en plus fréquente de conflits d'intérêts entre les besoins légitimes de l'aviation (économiques, militaires, touristiques, sociaux, etc.) et ceux des personnes subissant le bruit des avions, notamment parce que les nouveaux avions étaient toujours plus bruyants, que leur nombre s'accroissait constamment et que leur utilisation était de plus en plus intense (cf. rapport de 1963, p. 123). A cette époque, on espérait que la mise en service d'appareils à réaction n'augmenterait pas le niveau de bruit, par rapport à celui des avions équipés de moteurs à piston; la commission d'experts a cependant relevé d'emblée que ces espoirs pourraient bien être déçus (rapport de 1963, p. 130), l'intensité acoustique des avions à réaction étant en soi considérablement plus grande que celle des avions à hélices et le bruit causé lors de l'atterrissage étant ressenti bien plus fortement, en raison des hautes fréquences (cf. rapport de 1963, p. 134/135). La commission fédérale d'experts avait proposé de délimiter des zones inhabitées ou des zones industrielles dans les environs immédiats BGE 121 II 317 S. 336 des aéroports et de modifier la loi fédérale afin qu'il existe une base légale sur ce point (cf. rapport de 1963, p. 129/130). Cette proposition a été reprise quelques années plus tard par le Conseil fédéral, dans le projet de modification des art. 42 ss LNA présenté à l'Assemblée fédérale en 1971, en vue de l'adoption des zones de bruit (Message in FF 1971 I 287, 295 ss; cf. ATF 110 Ib 368 consid. 2b). Les nuisances provoquées par le trafic aérien aux environs de l'aéroport de Zurich-Kloten ont conduit, en 1956, les communes riveraines à se constituer en association, dans le but d'obtenir des mesures de protection contre le bruit (cf. ROBERT HENRI CHANSON, Schutz vor Lärm der Grossflughäfen Genf und Zürich nach schweizerischem Recht, thèse Zurich 1980, p. 10). Dès avril 1960, faisant oeuvre de pionnier dans ce domaine sur le plan international, le Conseil d'Etat du canton de Zurich a adopté des prescriptions d'exploitation visant à réduire le bruit du trafic aérien (cf. CHANSON, op.cit., p. 11; WERNER GULDIMANN, Lärmbekämpfung als Aufgabe des Luftrechts, in: Berner Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, p. 495). A Genève, une commission consultative pour ces questions a été nommée en 1966 et les habitants riverains des deux aéroports de Zurich et de Genève ont constitué des associations de défense de leurs intérêts en 1967 et 1969, respectivement. Puis, le 27 septembre 1970, la loi cantonale zurichoise sur le bruit du trafic aérien ("Fluglärmgesetz") a été adoptée en votation populaire (cf. CHANSON, op.cit., p. 12-13). Dans le canton de Genève, une loi du 21 avril 1972, concernant la délivrance d'autorisations de construire dans les zones riveraines de l'aéroport (cf. Recueil des lois cantonales 1972 p. 157), a permis au département cantonal des travaux publics de "surseoir à la délivrance de toute autorisation de construire dans la région affectée par les nuisances de l'aéroport jusqu'à l'entrée en vigueur du plan des zones de bruit" (art. 1er de la loi). bb) Comme cela a été exposé (supra, consid. 5), l'indemnisation des voisins est soumise en principe à des conditions identiques, que les immissions soient provoquées par le trafic terrestre ou aérien. Toutefois, une réserve s'impose quant à l'application dans le temps de la condition de l'imprévisibilité. On ne saurait raisonnablement exiger des particuliers qu'ils eussent d'emblée prévu le développement du trafic aérien et l'augmentation des nuisances, dès la construction des aéroports internationaux du pays, voire au moment de la réalisation des premières étapes d'agrandissement de ces installations. En effet, dans les années qui BGE 121 II 317 S. 337 ont suivi la reprise des activités aéronautiques commerciales à l'issue de la seconde guerre mondiale, les autorités elles-mêmes n'avaient pas prévu que le bruit provenant du trafic aérien serait tel que des mesures de protection devraient être prises dans les environs des aéroports. Il s'agit donc de déterminer, à partir de la fin de l'année 1945, la période à l'expiration de laquelle on pouvait, selon toute vraisemblance, attendre de chacun - et non seulement des personnes habitant dans le voisinage d'un aéroport - qu'il connaisse l'importance des nuisances provoquées par le trafic aérien. Il appartient au Tribunal fédéral de fixer la durée de ce laps de temps et d'établir sur ce point une règle. Le juge, faisant en quelque sorte acte de législateur (cf. art. 1er al. 2 CC ), doit en décider en prenant en considération aussi bien la garantie de la propriété privée ( art. 22ter Cst. ) que la nécessité de ne pas entraver la collectivité de manière disproportionnée dans l'exercice de ses tâches d'utilité publique (en l'occurrence: cf. art. 37ter Cst. ; cf. ATF 94 I 286 consid. 8a, cité supra, consid. 5a). Au regard de l'ensemble des circonstances, il se justifie de fixer à quinze ans cette durée, dès la fin de l'année 1945. En conséquence, il n'y a pas lieu de tenir compte de la condition de l'imprévisibilité, dans ce domaine, quand le dommage est survenu avant le 1er janvier 1961. c) En l'occurrence, la condition de l'imprévisibilité est donc opposable aux expropriés ayant acquis leur fonds à partir du 1er janvier 1961; pour ceux qui l'ont acquis avant cette date, il faut examiner uniquement si les autres conditions à l'octroi d'une indemnité sont réunies. Cela étant, dans les cas où les expropriés ont hérité un immeuble après le 1er janvier 1961 - ou lorsque le transfert s'est fait en vertu d'un avancement d'hoirie -, la date d'achat par le de cujus est déterminante ( ATF 119 Ib 348 consid. 5a, ATF 111 Ib 233 consid. 2a). aa) Les dates déterminantes dans les causes des consorts L. (1959), W. (1957), R. (1953), G. (1940), hoirie H. (1933), hoirie P. (1955), consorts M. (au plus tard 1915), T. et consorts (avant 1957) et consorts F. (1946) sont antérieures au 1er janvier 1961; la condition de l'imprévisibilité n'est donc en principe pas opposable à ces expropriés et il reste à examiner si les conditions de la spécialité et de la gravité sont remplies. Il se justifie toutefois de relever que, dans certaines de ces causes, les expropriés - ou leurs prédécesseurs - ont construit des bâtiments ou agrandi des locaux existants après le 1er janvier 1961 (il en va ainsi, notamment, dans les causes G. et hoirie H.). Il n'y a toutefois pas lieu de BGE 121 II 317 S. 338 se prononcer sur les conséquences de la réalisation de ces travaux, à une époque où les propriétaires connaissaient les immissions provoquées par l'exploitation de l'aéroport, pour l'appréciation du dommage éventuel; cette question peut rester indécise à ce stade. bb) En revanche, le dommage était prévisible dans la cause Jeanneret, le terrain litigieux ayant été acquis plus de cinq ans après le 1er janvier 1961. Ce propriétaire ne saurait se prévaloir d'avoir ignoré l'existence de l'aéroport et les effets de l'exploitation de celui-ci. D'ailleurs, dans une lettre du 15 septembre 1967 au conseiller d'Etat chargé du département cantonal du commerce, de l'industrie et des travaux, Jeanneret invoquait les nuisances du trafic aérien, en demandant que des mesures soient prises, mais il précisait aussi que lorsqu'il avait acheté sa villa, il croyait "sincèrement" pouvoir s'habituer au bruit des avions. Dès lors, les immissions étant non seulement prévisibles mais connues à la date de l'acquisition, sa prétention à une indemnité est mal fondée. Le recours de droit administratif formé par Jeanneret (E.40/1989), en tant qu'il conclut à l'annulation de la décision attaquée et au paiement d'une indemnité pour expropriation formelle des droits de voisinage, doit être rejeté. Il n'y a donc plus lieu d'examiner si, dans cette cause, les conditions de la gravité et de la spécialité étaient en revanche remplies. 7. (Résumé: Condition de la gravité: elle se rapporte au dommage provoqué par les immissions, entraînant une diminution de la valeur de l'immeuble; rappel de la jurisprudence [ ATF 119 Ib 348 consid. 5c, ATF 117 Ib 15 consid. 2b et les arrêts cités]. On doit admettre que cette condition est remplie en ce qui concerne les fonds déjà construits et occupés par des maisons d'habitation [immeubles des consorts L., de W., de R., de G., de l'hoirie P., et, sous certaines réserves, de l'hoirie H.]. Il ne s'agit pas, à ce stade, d'estimer la dévaluation de ces immeubles; il suffit de constater que les conditions d'habitation dans ces villas se sont dégradées de manière très significative. En ce qui concerne les autres biens-fonds, non bâtis ou très partiellement bâtis, le Tribunal fédéral ne pourra se prononcer sur la gravité du dommage qu'après de nouvelles mesures d'instruction.) 8. Selon la jurisprudence, la condition de la spécialité est remplie lorsque les immissions atteignent une intensité qui excède la limite de ce qui est usuel et tolérable. Il faut distinguer cette condition de celle de la gravité, qui se rapporte, elle, à l'importance du dommage provoqué par les immissions; suivant les caractéristiques de l'immeuble, des immissions BGE 121 II 317 S. 339 d'une intensité constante peuvent en effet entraîner un dommage plus ou moins important ( ATF 119 Ib 348 consid. 5b, ATF 117 Ib 15 consid. 2b et les arrêts cités). a) La Commission fédérale a considéré que la condition de la spécialité n'était remplie dans aucune des causes, à l'exception de la cause hoirie H. Selon les décisions attaquées, la région dans laquelle se trouvent les parcelles litigieuses est "particulièrement habitée", des quartiers entiers étant réservés au logement, et tous les voisins de l'aéroport subissent des nuisances "dans l'ensemble à tout le moins équivalentes" à celles que subissent les expropriés. La parcelle de l'hoirie H., en revanche, "constitue un cas qui n'est pas loin d'être unique" car, étant située à proximité directe de la piste et dans l'axe d'envol, elle est survolée à basse altitude par les avions et les bâtiments en ont été endommagés à plusieurs reprises (turbulences provoquant un déplacement des tuiles du toit). Les expropriés recourants soutiennent que le nombre de voisins touchés n'est pas déterminant à cet égard et ils font valoir que la condition de la spécialité est remplie dans tous les cas. Quant à l'expropriant, il ne critique pas sur ce point les décisions de la Commission fédérale. b) Le critère retenu par la Commission fédérale pour nier la spécialité de l'atteinte n'est pas pertinent. Même si le nombre des personnes habitant à proximité de l'aéroport est important, il n'en demeure pas moins qu'il ne représente qu'une petite proportion de l'ensemble des habitants du canton de Genève pouvant bénéficier de ces installations sans en subir les nuisances (la population totale des communes de Vernier et de Bellevue équivaut à moins du dixième de la population de l'agglomération genevoise). Cet aéroport est, au surplus, une infrastructure destinée non seulement aux utilisateurs habitant le canton de Genève, mais aussi à ceux du reste du pays, lequel ne dispose que de trois aéroports internationaux; en conséquence, la proportion de voisins touchés par les nuisances, par rapport au nombre des utilisateurs, est encore plus faible. Au reste, pour l'ensemble du réseau des routes nationales, le nombre de fonds riverains exposés, à cause des immissions de bruit, à un dommage spécial est peut-être supérieur en proportion; dans ces conditions, le rapport entre le nombre d'utilisateurs et le nombre de voisins touchés n'est pas décisif (cf. supra, consid. 5b). c) aa) Dans sa jurisprudence relative au trafic routier, le Tribunal fédéral s'est d'abord fondé, quant aux méthodes de mesure des immissions et quant aux seuils déterminants pour admettre leur spécialité, sur des rapports et propositions de commissions spéciales instituées par les BGE 121 II 317 S. 340 autorités fédérales - notamment sur le "rapport de 1963" (cf. supra, consid. 6b/aa) - ou sur des rapports d'experts qu'il avait lui-même désignés (cf. ATF ATF 119 Ib 348 consid. 5b/aa, ATF 110 Ib 340 ). Après l'entrée en vigueur de la loi fédérale sur la protection de l'environnement, le 1er janvier 1985, le Tribunal fédéral s'est fondé, à ce propos, sur les valeurs limites d'immissions édictées par le Conseil fédéral pour l'évaluation des atteintes nuisibles ou incommodantes (cf. art. 13 al. 1, art. 15 LPE ); en principe, lorsque ces valeurs limites sont dépassées, les immissions gênent les personnes touchées de manière sensible dans leur bien-être physique, psychique et social (cf. ATF 119 Ib 348 consid. 5b/bb). Pour le bruit du trafic routier, les valeurs limites d'immissions ont été arrêtées en 1986, à l'occasion de l'adoption de l'ordonnance sur la protection contre le bruit (OPB; RS 814.41). Ces valeurs sont déterminées sous forme du niveau d'évaluation "Lr" ( art. 38 al. 1 OPB et annexe 3 OPB); à proximité d'une route sur laquelle ne circulent que des véhicules à moteur, ce niveau d'évaluation Lr se calcule en fonction du "niveau moyen Leq,m, pondéré A, engendré par les véhicules à moteur, et de la correction de niveau K1" (annexe 3 OPB, ch. 3.31). Les valeurs de seuil sont plus ou moins élevées, selon le degré de sensibilité de la zone dans laquelle se trouve l'immeuble touché ( art. 43 OPB ). Ainsi, dans une zone où aucune entreprise gênante n'est autorisée - zones d'habitation ou réservées à des constructions publiques, notamment - le degré de sensibilité II est applicable et les valeurs limites d'immissions sont, pour le bruit du trafic routier, de 60 dB(A) le jour et de 50 dB(A) la nuit ( art. 43 al. 1 let. b OPB en relation avec l'annexe 3 OPB, ch. 2); en revanche, dans les zones où sont admises des entreprises moyennement gênantes, le degré de sensibilité III est applicable et ces valeurs limites d'immissions sont de 65 dB(A) le jour et de 55 dB(A) la nuit. Prenant acte de l'évolution dans ce domaine, le Tribunal fédéral a prescrit l'utilisation de la méthode du "niveau moyen énergétique Leq" pour mesurer l'intensité du bruit et il a considéré que la condition de la spécialité serait, en règle générale, remplie dans les cas où le calcul du niveau d'évaluation "Lr" révélerait un dépassement des valeurs limites d'immissions fixées dans l'annexe 3 OPB (cf. ATF 119 Ib 348 consid. 5b/ee). bb) Le Conseil fédéral n'a, en l'état, pas fixé de valeurs limites d'exposition au bruit des aéroports nationaux. Il l'a fait pour les aéroports régionaux et les champs d'aviation (annexe 5 OPB), sous forme du niveau d'évaluation "Lr" (soit la "somme du niveau Leq, pondéré A, et de la BGE 121 II 317 S. 341 correction de niveau K" ["Lr = Leq + K"]); les valeurs limites d'immissions, lorsque les degrés de sensibilité II ou III sont applicables, sont respectivement de 60 dB(A) et 65 dB(A) (cf. annexe 5 OPB, ch. 2.21 et 3.31). De façon générale du reste, l'ordonnance sur la protection contre le bruit prévoit que les immissions sont en principe déterminées sous la forme du niveau d'évaluation "Lr" ( art. 38 al. 1 OPB ), soit en fonction du niveau moyen "Leq", avec éventuellement un facteur de correction "K" pouvant dépendre du volume du trafic ou du nombre de mouvements. Les travaux préparatoires en vue de l'adoption d'une nouvelle annexe de l'ordonnance sur la protection contre le bruit consacrée au bruit des aéroports nationaux sont toutefois en cours (cf. Message du Conseil fédéral concernant la dernière modification de la loi sur la navigation aérienne, FF 1991 I 609). Dans ses observations adressées au Tribunal fédéral (au sujet des causes hoirie P., consorts M. ainsi que T. et consorts), le Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie a indiqué qu'une commission d'experts avait été nommée à cet effet; il résulte de documents produits par ce département - en particulier d'une lettre du 5 juin 1991 de l'Office fédéral de l'environnement, des forêts et du paysage - que cette commission envisage de proposer, dans ce domaine aussi, de se fonder sur le calcul du niveau moyen "Leq" (et non pas, par exemple, sur l'indice NNI; cf. infra, consid. 13). La section "acoustique et lutte contre le bruit" du Laboratoire fédéral d'essai des matériaux et de recherches (EMPA) a calculé, en "Leq", les immissions de bruit dans les environs de l'aéroport de Genève sur la base de la statistique des mouvements en 1989, en tenant compte des atterrissages et des décollages de six heures du matin à dix heures du soir; des courbes des niveaux de bruit ont été dessinées, en fonction de la topographie des lieux ("Linien gleicher Mittelungspegel Leq 16 h"; équidistance des courbes: 5 dB(A), entre 35 et 70 dB(A)). Dans sa lettre-rapport du 6 avril 1995 au Tribunal fédéral, le chef de cette section de l'EMPA a relevé que l'intensité des immissions était restée à peu près constante depuis 1989; certes, on a noté une certaine augmentation du trafic aérien, mais, dans le même temps, des avions plus silencieux ont été mis en service. Le Tribunal fédéral n'a aucun motif de s'écarter de ces calculs et constatations, qui émanent d'un organisme officiel hautement qualifié et spécialisé. cc) Sur la carte précitée, tous les biens-fonds litigieux se trouvent dans la bande délimitée par les courbes 65 dB(A) et 70 dB(A); le niveau moyen BGE 121 II 317 S. 342 "Leq" des immissions est donc, dans tous les cas, supérieur à 65 dB(A) durant la journée. Pour déterminer le niveau d'évaluation "Lr" conformément à l' art. 38 al. 1 OPB , il faut éventuellement corriger quelque peu le résultat calculé en "Leq"; on ne voit cependant pas pourquoi un facteur de correction "K" important devrait être appliqué en l'espèce, compte tenu du volume du trafic. A ceci s'ajoute le fait que des mouvements d'avion se produisent encore - à une cadence plus réduite certes - en dehors de la période diurne de seize heures prise en considération pour les calculs; les statistiques d'exploitation montrent en effet que des avions atterrissent ou décollent entre 22 h et 23 h, ainsi qu'un peu avant 6 h. En outre, il n'est pas exclu que les effets de l'augmentation du trafic, depuis 1989, ne soient pas entièrement compensés par les progrès techniques rendant les nouveaux avions plus silencieux. Quoi qu'il en soit, les biens-fonds litigieux sur lesquels des maisons d'habitation ont été édifiées se trouvent dans des quartiers à caractère résidentiel et la réglementation en vigueur, au moment de la construction, prévoyait une telle utilisation (cf. en particulier le régime de la 5e zone résidentielle du droit cantonal). Dans de telles zones, le degré de sensibilité II doit en principe être appliqué ( art. 43 al. 1 let. b OPB ) et les valeurs limites d'immissions sont généralement fixées à 60 dB(A) le jour, qu'il s'agisse du bruit du trafic routier (annexe 3 OPB), du bruit des chemins de fer (annexe 4 OPB) ou du bruit de l'industrie et des arts et métiers (annexe 6 OPB), notamment. Comme, dans ces villas (soit les bâtiments des consorts L., de W., de R., de dame G., de l'hoirie H. et de l'hoirie P.), le niveau moyen "Leq" est supérieur à 65 dB(A) - et que, comme cela vient d'être exposé, le niveau d'évaluation "Lr" ne devrait pas être sensiblement inférieur -, les immissions de bruit sont excessives, au sens de l' art. 684 CC . La condition de la spécialité est donc manifestement remplie en ce qui concerne ces biens-fonds et il n'est pas nécessaire, pour le présent jugement, de mesurer avec précision l'intensité du bruit dans chacun des bâtiments litigieux. Par ailleurs, il n'est pas exclu que la condition de la spécialité soit aussi remplie pour les fonds non bâtis; cette question peut cependant demeurer indécise, comme celle de la gravité (cf. supra consid. 7 in fine). Il n'y a en effet pas lieu, à ce stade et avant les mesures d'instruction qui seront encore ordonnées, de déterminer leur degré de sensibilité au bruit et le seuil à partir duquel l'intensité des immissions est excessive. BGE 121 II 317 S. 343 III. Expropriation matérielle 11. (Résumé: Dans certaines causes, la Commission fédérale a alloué une indemnité pour expropriation matérielle en raison de l'entrée en vigueur, le 2 septembre 1987, du plan des zones de bruit de l'aéroport [causes hoirie H., consorts M., T et consorts ainsi que consorts F.]; elle a considéré en substance que, par leurs effets conjoints, les restrictions découlant de la législation fédérale sur l'aviation et du plan d'affectation cantonal équivalaient à une expropriation. L'Etat de Genève conteste cette appréciation; quant aux expropriés recourants, ils soutiennent que le classement de leurs fonds dans la zone de bruit B justifie, dans tous les cas, l'octroi d'une indemnité pour expropriation matérielle.) 12. Aux termes de l' art. 44 al. 1 LA , "la restriction de la propriété foncière par le plan de zone donne droit à une indemnité si elle équivaut dans ses effets à une expropriation"; cette règle vise aussi bien les zones de sécurité que les zones de bruit. La loi se réfère à ce propos à la notion d'expropriation matérielle ( art. 22ter al. 3 Cst. ; cf. ATF 119 Ib 124 consid. 2 et les références). a) En ce qui concerne les zones de bruit, les restrictions de la propriété foncière ont leur fondement à l' art. 42 LA . Selon cette disposition, le Conseil fédéral peut prescrire, par voie d'ordonnance, que des bâtiments ne peuvent plus être utilisés ou élevés dans un rayon déterminé autour d'aérodromes publics que si leur genre de construction et leur destination sont compatibles avec les inconvénients causés par le bruit des aéronefs ( art. 42 al. 1 let. b LA ); des plans de zone, établis par l'exploitant de l'aéroport, doivent fixer l'étendue territoriale et la nature des restrictions apportées à la propriété ( art. 42 al. 3 LA ). Ces règles, qui poursuivent en premier lieu un but d'hygiène sociale - améliorer les conditions d'habitation dans le périmètre des aéroports -, ont été introduites dans la loi fédérale lors de la réforme de 1971, la novelle étant entrée en vigueur en 1974 (cf. Message du Conseil fédéral, FF 1971 I 287, 295; cf. ATF 110 Ib 368 consid. 2b). Sur la base de cette clause de délégation, le Conseil fédéral a adopté les art. 61 ss ONA (qui correspondent aux actuels art. 40 ss OSIA ), et il a chargé le Département fédéral des transports, des communications et de l'énergie d'édicter des prescriptions sur la manière de déterminer l'exposition au bruit - en tenant compte du développement prévisible des constructions et de l'exploitation de l'aéroport - et de fixer les valeurs limites du bruit pour délimiter les zones (art. 61 al. 2 et 3 ONA). Ce département fédéral a dès lors adopté l'ordonnance concernant les zones de bruit des aéroports de BGE 121 II 317 S. 344 Bâle-Mulhouse, Genève-Cointrin et Zurich (ci-après: O DFTCE; cf. supra, faits, let. B.). Il a choisi d'exprimer l'exposition au bruit selon une mesure employée à l'origine au Royaume-Uni, soit au moyen de l'indice "NNI" ("Noise and Number Index" ou "indice numérique de bruit"). Cet indice intègre deux facteurs: le taux moyen de bruit - ou plutôt "la valeur moyenne des maxima de niveau de bruit en PNdB" (unité du niveau de bruit perçu) - et le nombre des mouvements d'aéronefs ayant un niveau de bruit perçu supérieur à 80 PNdB, pendant une année, de 6 à 22 heures (cf. art. 1er à 4 O DFTCE). C'est en fonction de cet indice que les valeurs de seuil permettant de délimiter les trois zones A, B et C ont été fixées (art. 7 O DFTCE). Pour sa part, le Conseil fédéral a néanmoins énoncé certains principes quant à la délimitation des zones. Ainsi, en vertu de l' art. 43 OSIA - dont la teneur correspond à celle de l'ancien art. 63 ONA -, dans l'intérêt d'un aménagement local adéquat, les limites des différentes zones suivent des lignes de terrain appropriées (routes, cours d'eau, lisières de forêt, limites de champs); il y a toutefois lieu de ne pas s'écarter sensiblement des courbes de valeur de bruit telles qu'elles ont été calculées. Le Conseil fédéral a aussi défini les utilisations "admissibles" ou "autorisées" dans chacune des zones de bruit A, B et C (art. 41 al. 1 et 42 al. 1 et 2 OSIA, art. 61 al. 1 et 62 al. 1 et 2 ONA; cf. supra, faits, let. B.), et il a prévu que, dans les zones de bruit, les autorités compétentes en vertu du droit cantonal ne peuvent établir de nouvelles zones à bâtir réservées à la construction de bâtiments d'habitation ( art. 42 al. 3 OSIA , art. 62 al. 3 ONA). Cela étant, aux termes de l' art. 42 al. 5 OSIA - disposition correspondant à l'ancien art. 62 al. 5 ONA - tout bâtiment qui est situé dans une zone de bruit et qui a été construit avant la mise à l'enquête du plan de zone peut continuer à être utilisé de la même manière. Le Conseil fédéral a donc renoncé à la possibilité d'empêcher - comme le lui permettait l' art. 42 al. 1 let. b LA - l'utilisation des constructions dont la destination était devenue, en principe, incompatible avec les normes du plan (cf. ATF 110 Ib 368 consid. 2b p. 375). Dans sa décision prise le 8 avril 1987 sur les recours formés contre l'adoption du plan des zones de bruit (cf. supra, faits, let. B.), le Conseil fédéral s'est prononcé sur la clause de délégation législative de l'art. 61 al. 2 et 3 ONA et il a admis sa validité. En l'occurrence, ni les expropriés, ni l'expropriant ne remettent en cause les normes sur lesquelles la délimitation des zones de bruit est fondée, ni du reste les dispositions de l'ordonnance relatives aux utilisations admises dans ces BGE 121 II 317 S. 345 zones. Le Tribunal fédéral n'a aucun motif d'examiner d'office la constitutionnalité de ces règles générales et abstraites. b) Les plans des zones de bruit prévus par la législation fédérale sur l'aviation ne sont pas, en soi, des plans d'affectation fondés sur les art. 14 ss de la loi fédérale sur l'aménagement du territoire (LAT; RS 700). Ces plans règlent néanmoins, partiellement, le mode d'utilisation du sol (cf. art. 14 al. 1 LAT ), dans un but particulier. Toutefois, contrairement aux plans d'affectation des communes ou des cantons, les plans des zones de bruit se bornent à imposer ou concrétiser des interdictions de construire et de transformer, assorties de certaines exceptions; tout ce qui n'est pas expressément permis par les dispositions spéciales du droit fédéral est interdit (en effet, selon le texte de l' art. 42 al. 1 let. b LA , les prescriptions relatives aux zones de bruit ont uniquement pour objet de proscrire l'utilisation ou l'édification de certains bâtiments). Quand bien même le texte de l'ordonnance du Conseil fédéral parle d'"utilisation admissible" (titre de l'art. 62 ONA) ou d'"utilisation autorisée" (titre de l' art. 42 OSIA ; dans le texte allemand: "zulässige Nutzung") dans les zones de bruit, ces plans ne définissent pas de façon positive le statut du sol. Cela étant, pour que leur édification ou transformation soit autorisée, les bâtiments admissibles à titre exceptionnel selon le droit aérien doivent être conformes au plan d'affectation communal ou cantonal et aux autres normes du droit cantonal de l'aménagement du territoire; ce sont ces dernières règles qui définissent l'utilisation effectivement admissible du sol, compte tenu des exigences du droit fédéral, en particulier du droit aérien (cf. Hermann Roduner, Grundeigentumsbeschränkungen zugunsten von Flughäfen, thèse Zurich 1984, p. 80). Les dispositions du droit public fédéral prévoient du reste l'adoption de plans ou de mesures analogues aux zones de bruit dans d'autres domaines, notamment pour la protection des eaux souterraines (cf. art. 19 ss de la loi fédérale sur la protection des eaux - LEaux, RS 814.20; cf. ATF 121 II 39 consid. 2b/aa, ATF 120 Ib 287 consid. 3c/bb). Quand la loi fédérale sur l'aménagement du territoire est applicable, son art. 21 al. 2 dispose que les plans font l'objet des adaptations nécessaires lorsque les circonstances se sont sensiblement modifiées. Ce principe a une portée générale: une mesure de planification qui impose des restrictions aux particuliers et qui, à la suite de l'évolution des circonstances, n'est plus justifiée par un intérêt public prépondérant, n'est en principe pas compatible avec la garantie de la propriété BGE 121 II 317 S. 346 ( art. 22ter al. 1 Cst. ) et elle doit normalement être revue ( ATF 120 Ia 227 consid. 2c). Depuis l'entrée en vigueur de l'ordonnance sur l'infrastructure aéronautique (OSIA), les règles fédérales spéciales prévoient du reste expressément que, si la situation change considérablement, en particulier à la suite de modifications apportées à l'exploitation d'un aéroport ou grâce aux progrès techniques, le Département des transports, des communications et de l'énergie ordonne d'établir à nouveau les zones de bruit et fixe les délais d'exécution ( art. 40 al. 4 OSIA ). c) Un plan d'affectation - qu'il soit fondé sur les art. 14 ss LAT ou sur d'autres dispositions spéciales - est un instrument dont la nature juridique est particulière: il ne s'agit ni d'une règle générale et abstraite, ni d'une décision administrative (sur les controverses doctrinales à ce propos: cf. PIERRE MOOR, Droit administratif, vol. II, Berne 1991, p. 289 ss). Selon la jurisprudence - qui assimile à cet égard le plan à une décision -, le contrôle incident ou préjudiciel du plan d'affectation dans la procédure relative à un acte d'application est en principe exclu ( ATF 120 Ia 227 consid. 2c, ATF 116 Ia 207 consid. 3b et les arrêts cités). Un tel contrôle est pourtant admis, à titre exceptionnel, lorsque les circonstances ou les dispositions légales se sont modifiées, depuis l'adoption du plan, dans une mesure telle que l'intérêt public au maintien des restrictions imposées aux propriétaires concernés pourrait avoir disparu; cette précision jurisprudentielle correspond à l'obligation de réexamen des plans prévue notamment à l' art. 21 al. 2 LAT ( ATF 120 Ia 227 consid. 2c, ATF 106 Ia 383 consid. 3c; arrêt du 26 octobre 1983 reproduit in ZBl 87/1986 p. 501, consid. 2). d) Dans le présent jugement, il s'agit d'examiner si les restrictions découlant du plan des zones de bruit entré en vigueur le 2 septembre 1987 (cf. art. 43 al. 4 LA ) sont constitutives d'expropriation matérielle, à savoir si elles interdisent ou restreignent l'usage actuel des biens-fonds litigieux ou leur usage futur prévisible d'une manière particulièrement grave, de sorte que les lésés se trouveraient privés d'un attribut essentiel de leur droit de propriété; selon la jurisprudence, une atteinte de moindre importance peut aussi constituer une expropriation matérielle si elle frappe un ou plusieurs propriétaires de manière telle que, s'ils n'étaient pas indemnisés, ils devraient supporter un sacrifice par trop considérable en faveur de la collectivité, incompatible avec le principe de l'égalité de traitement ( ATF 119 Ib 124 consid. 2b et les arrêts cités). BGE 121 II 317 S. 347 aa) En l'occurrence, il suffit de se prononcer sur la portée des restrictions imposées par la législation fédérale sur l'aviation (car, comme cela sera exposé - cf. infra, consid. 13 -, elles ne sont de toute manière pas constitutives d'expropriation matérielle). Il n'y a en particulier pas lieu d'examiner les effets des mesures cantonales d'aménagement du territoire - résultant du plan général d'affectation du canton ou découlant, le cas échéant, du classement dans une zone de développement -, voire des règles fédérales dans ce domaine (cf. notamment art. 35 al. 3 et 36 al. 3 LAT; cf. ATF 119 Ib 124 consid. 3c). Il ne se justifie pas davantage, dans les présentes procédures, d'examiner si d'autres règles du droit fédéral tendant à la protection des hommes contre les atteintes nuisibles et incommodantes (cf. notamment art. 22 et 24 LPE ) emportent aussi des restrictions quant aux possibilités de construire dans le voisinage de l'aéroport de Genève. A ce propos, il importe peu que, depuis le 1er janvier 1995, l' art. 42 al. 5 LA réserve expressément les prescriptions de la législation fédérale sur la protection de l'environnement relatives au bruit. Au reste, les prétentions des expropriés n'ont été formulées qu'en rapport avec les conséquences de l'adoption du plan des zones de bruit, et la Commission fédérale n'aurait pas été compétente pour statuer si les demandes d'indemnité avaient eu un autre fondement ( ATF 115 Ib 411 consid. 3). bb) En principe, le moment déterminant pour apprécier, du point de vue de l'expropriation matérielle, la portée de la restriction est la date de son entrée en vigueur ( ATF 119 Ib 229 consid. 3a et les arrêts cités); l' art. 44 al. 2 LA rappelle du reste ce principe. Lorsqu'avant le jugement définitif, une restriction constitutive d'expropriation matérielle est remplacée par une restriction qui doit être supportée sans indemnité, ou quand la première restriction est simplement levée, le juge doit tenir compte de cette nouvelle situation juridique, car l'obligation d'indemniser n'a alors, en principe, plus de fondement, à défaut de dommage pour le propriétaire; il ne se justifie de faire une exception que lorsque la période entre la première restriction et le changement ultérieur de régime juridique était particulièrement longue, de telle sorte que, sans la restriction, le propriétaire aurait pu faire dans l'intervalle une meilleure utilisation de son fonds ( ATF 105 Ia 330 consid. 4b; cf. arrêt non publié du 25 novembre 1981, reproduit in ZBl 83/1982 p. 87, consid. 4a et les arrêts cités; cf. ALFRED KUTTLER, "Welcher Zeitpunkt ist für die Beurteilung der Frage, ob eine materielle Enteignung vorliegt, massgebend", ZBl 76/1975 p. 503 ss). Dès lors, dans l'hypothèse où le plan des zones de BGE 121 II 317 S. 348 bruit aurait été révisé, avant le présent jugement, dans le sens d'une réduction de la surface des zones A et B et, partant, avec pour effet de ne plus soumettre certains des propriétaires touchés aux restrictions applicables dans ces dernières zones, l'autorité judiciaire compétente aurait dû en tenir compte dans sa décision sur les prétentions en expropriation matérielle. Il est cependant constant que les autorités fédérales et cantonales n'ont pas engagé une telle procédure de révision. cc) Cela étant, le nouveau calcul des courbes NNI ("Linien gleicher NNI-Werte [06-22 Uhr]"), effectué par l'EMPA sur la base des mouvements d'avions sur l'aéroport de Genève en 1989 et en fonction des critères de l'ordonnance de 1973 (O DFTCE), démontre que les zones de bruit A et B du plan de 1987 sont aujourd'hui manifestement surdimensionnées; actuellement - dans son rapport du 6 avril 1995, le Dr Hofmann estime que ces calculs sont toujours pertinents en dépit de la légère augmentation du trafic (cf. supra, consid. 8c/bb) -, le périmètre dont l'indice d'exposition au bruit est supérieur à 55 NNI comprend la piste elle-même et des terrains situés au maximum à quelques centaines de mètres de celle-ci. Il n'y a pas lieu de s'écarter de ces calculs et constatations, pour les raisons déjà évoquées (cf. supra, consid. 8c/bb). En vertu du droit fédéral, le seul objet d'un plan des zones de bruit est en définitive d'indiquer sur le terrain le tracé des courbes 45 NNI, 55 NNI et 65 NNI telles qu'elles ont été calculées conformément aux dispositions des art. 1er à 6 O DFTCE; dans ce domaine, l'autorité de planification ne doit pas, même pour des motifs d'aménagement du territoire ou pour d'autres motifs d'intérêt public, s'écarter sensiblement de ces courbes de niveau de bruit (cf. art. 43 OSIA , art. 63 ONA; cf. RODUNER, op.cit., p. 98). Il faut donc constater qu'avec l'évolution des circonstances, notamment grâce aux progrès techniques dans la conception des avions à réaction ainsi qu'aux nouveaux procédés et prescriptions concernant les trajectoires d'approche et d'envol, l'exposition au bruit de plusieurs immeubles classés, selon le plan de 1987, dans les zones de bruit A (65 NNI et plus) ou B (entre 55 et 65 NNI), est actuellement inférieure à 55 NNI. Or, dans ces conditions, ces immeubles devraient être soumis aux restrictions applicables dans la zone C, voire être soustraites à toute restriction fondée sur la législation fédérale sur l'aviation. Le Tribunal fédéral doit nécessairement en déduire que l'intérêt public au classement dans la zone A ou dans la zone B a disparu, car aucun autre élément n'entre en considération pour apprécier de ce point de vue, au regard de l' art. 22ter al. 1 Cst. , la validité des BGE 121 II 317 S. 349 restrictions imposées dans ces deux zones (par les art. 42 al. 1 OSIA ou 62 al. 1 ONA). La jurisprudence admet, dans de telles conditions, le contrôle préjudiciel ou incident du plan (cf. supra, consid. 12c). dd) Selon la carte des courbes NNI établie par l'EMPA, toutes les parcelles des expropriés - y compris la parcelle de l'hoirie H., dans la zone A selon le plan de 1987, et les parcelles des consorts L., de W., de T. et consorts (no 1735) et des consorts F. (partie sud), déjà classées dans la zone C - se trouvent dans la bande de terrain comprise entre les courbes 45 NNI et 55 NNI, qui représentent les valeurs de seuil inférieure et supérieure de la zone de bruit C. Les fonds les plus proches de la courbe 55 NNI en sont toutefois suffisamment éloignés, de telle sorte qu'on ne saurait retenir qu'un classement dans la zone de bruit B pourrait néanmoins se justifier en vertu de l' art. 43 OSIA (cf. supra, consid. 12a). Dans ses dernières observations, du 15 mai 1995, l'expropriant a du reste admis que "l'empreinte au sol des courbes NNI (...) a diminué de façon très sensible, de telle sorte que des surfaces importantes de terrains qui se trouvent en zone NNI B selon la réglementation actuelle, se trouveraient placées en zone NNI C s'il fallait refaire aujourd'hui le plan des zones de bruit selon les mêmes critères". Il faut donner acte aux expropriés, dans le présent jugement, de ces constatations relatives à l'indice d'exposition au bruit déterminant pour leurs parcelles; elles sont en effet de nature à entraîner une modification du régime juridique applicable selon le plan des zones de bruit de 1987. Dans cette mesure, les recours de droit administratif des expropriés dont les fonds étaient classés dans la zone de bruit B doivent être partiellement admis. Ces constatations s'imposent au demeurant à toutes les autorités, notamment dans les procédures éventuelles tendant à l'octroi d'autorisations de construire; la Commission fédérale aurait du reste, elle aussi, dû tenir compte des résultats des nouveaux calculs des courbes NNI (si elle en avait eu connaissance), qui sont fondés sur les caractéristiques du trafic aérien au moment où elle a rendu ses premières décisions. 13. (Résumé: Dans la zone C, la législation fédérale sur l'aviation n'interdit, en définitive, que la construction de nouveaux bâtiment d'habitation ou d'écoles non insonorisés [en plus des hôpitaux et des homes; cf. art. 42 al. 1 et 2 OSIA ]. Il ne s'agit pas de restrictions particulièrement graves et constitutives d'expropriation matérielle. En outre, les restrictions temporaires auxquelles les propriétaires ont été soumis, entre la date de l'entrée en vigueur des zones de bruit et celle à BGE 121 II 317 S. 350 partir de laquelle les nouvelles courbes NNI doivent être considérées comme déterminantes, doivent être supportées sans indemnité.)
public_law
nan
fr
1,995
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6b17bca2-1f65-41f8-90af-8ccdf3a823e9
Urteilskopf 107 V 195 45. Extrait de l'arrêt du 27 novembre 1981 dans la cause Mollard contre Caisse interprofessionnelle romande AVS des syndicats patronaux et Commission cantonale genevoise de recours en matière d'AVS
Regeste Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 AHVG . Beitragspflicht eines im AHV-Rentenalter stehenden Versicherten, der keinen AHV-Rentenanspruch besitzt. Art. 5 Abs. 2 der Rückvergütungsverordnung vom 14. März 1952 ist gesetzeskonform.
Erwägungen ab Seite 196 BGE 107 V 195 S. 196 Extrait des considérants: 2. a) Suivant l' art. 3 al. 1 LAVS , dans sa teneur en vigueur depuis le 1er janvier 1979, les assurés sont tenus de payer des cotisations aussi longtemps qu'ils exercent une activité lucrative, cela sur la part de gain dépassant une limite fixée à 750 fr. par mois ou 9'000 fr. par an pour les salariés ( art. 4 al. 2 let. b LAVS et art. 6quater al. 1 RAVS ). Selon l' art. 1 al. 1 LAVS , sont notamment assurées conformément à ladite loi: a) les personnes physiques qui ont leur domicile civil en Suisse; b) les personnes physiques qui exercent en Suisse une activité lucrative. Le recourant William Mollard (né en 1900) ayant manifestement la qualité d'un assuré, au sens de l' art. 1 al. 1 let. a et b LAVS , il faut se demander si le fait qu'il ne pût prétendre de prestations lorsque fut rendue la décision litigieuse pouvait justifier de le libérer de l'obligation de cotiser au delà de l'âge d'ouverture du droit à une rente de vieillesse prévue à l' art. 3 al. 1 LAVS . b) (Voir ATF 107 V 215 consid. 2b.) Enfin, le silence qualifié de la loi sur un point déterminé exclut l'existence d'une lacune que le juge puisse combler (voir p.ex. ATF 101 Ib 335 ); ce dernier ne saurait admettre une telle lacune pour la seule raison qu'il estime que l'absence de règle légale n'est pas satisfaisante. Une véritable lacune, à laquelle il doit remédier, ne peut être constatée que lorsque la loi ne fournit pas de réponse à une question de droit qui se pose inévitablement (voir p.ex. ATF 103 V 100 ; ATF 99 V 19 ainsi que les arrêts et les auteurs cités). c) En l'espèce, on ne saurait admettre que la loi présente une lacune. La réponse à la question qu'il incombe au Tribunal fédéral des assurances d'examiner est fournie par l' art. 1 al. 1 LAVS , BGE 107 V 195 S. 197 dont l'interprétation littérale du texte clair conduit à constater que William Mollard (comme son employeur du reste) est astreint au paiement de cotisations AVS-AI-APG, malgré son âge et malgré le fait qu'il ne pût prétendre de prestations, en l'état de la législation lorsque fut prise la décision en cause. Saisie du problème, la Cour plénière a en effet décidé de maintenir sa jurisprudence antérieure (voir RCC 1980 p. 465), parce que la solution ressortant de la lettre de la loi a été voulue, en toute connaissance de cause, par le Parlement, devant lequel elle avait été fortement combattue, mais sans succès. On rappellera à cet égard que l'un des objectifs du législateur était alors de prendre des mesures d'assainissement de nature financière (Message du Conseil fédéral concernant la 9e revision de l'AVS, du 7 juillet 1976: FF 1976 III pp. 24 ss, ch. 431.1, pp. 46 ss, ch. 512; voir aussi BO 1977 CN 267 ss et 292 ss; CE 239 ss et 253 ss). L'assuré au sens de l' art. 3 al. 1 LAVS est donc l'assuré suivant l' art. 1 al. 1 LAVS , abstraction faite de tout droit potentiel à des prestations de l'assurance. L'inégalité ainsi consciemment créée ne peut qu'être constatée par l'autorité fédérale de recours, qui ne saurait instituer une inégalité dans l'inégalité en dispensant certaines personnes actives ayant dépassé l'âge d'ouverture du droit à une rente de vieillesse de l'obligation de cotiser. Pareille obligation de cotiser à la charge de personnes ne possédant aucun droit virtuel aux prestations d'assurance existait d'ailleurs déjà lors de l'entrée en vigueur de la LAVS et ne fut supprimée qu'à partir du 1er janvier 1954, par la deuxième révision de l'AVS (RCC 1949 p. 336-337 et FF 1953 II 102). 3. Quant au fait qu'un remboursement ultérieur des cotisations payées après l'âge d'ouverture du droit à une rente de vieillesse n'eût pu intervenir, à teneur des dispositions applicables en juin 1980, il ne saurait conduire le Tribunal fédéral des assurances à statuer autrement. La Cour plénière a en effet décidé que l'art. 5 al. 2 de l'Ordonnance sur le remboursement aux étrangers des cotisations versées à l'assurance-vieillesse et survivants (du 14 mars 1952), qui prévoit depuis le 1er janvier 1979 que les cotisations d'employeurs ainsi que les cotisations versées par les femmes après l'accomplissement de leur 62e année, et par les hommes après l'accomplissement de leur 65e année, ne sont pas remboursées, n'est pas contraire à la loi ( art. 18 al. 3 LAVS ), mais s'inscrit au contraire dans la logique du système. Car le remboursement des cotisations contredirait le but avoué du BGE 107 V 195 S. 198 législateur en permettant à certaines personnes actives d'éluder, pratiquement, l'obligation de cotiser résultant pour elles de l' art. 3 al. 1 LAVS .
null
nan
fr
1,981
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6b1bd6a9-10fa-43f4-a4d0-932b2ef91705
Urteilskopf 99 Ia 1 1. Urteil vom 28. Februar 1973 i.S. Finanz und Bau AG interfinancia gegen Traugott Bohni und Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt.
Regeste Art. 4 BV ; Wechselbetreibung. Art. 991 Ziffer 8 OR: Unterschrift des Ausstellers als Bestandteil des gezogenen Wechsels. Fehlen einer Kollektivunterschrift beim Handeln im Namen einer juristischen Person. Analoge Anwendung von Art. 998 OR ? (Erw. 1 und 2). Einreden aus Art. 1007 OR : Bedeutung der Eintragung der Kollektivunterschrift im Handelsregister (Erw. 3 a).
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 99 Ia 1 S. 1 A.- Gabriel Tomek und Herbert Krall waren als Verwaltungsratsmitglieder der Wohnbau Süd AG in Basel für diese Firma kollektiv zeichnungsberechtigt. Am 19. August 1970 unterzeichnete Tomek für die genannte, mit dem beigefügten Firmenstempel als Wechselausstellerin bezeichnete Firma einen Wechsel über Fr. 400 000.--. Der Wechsel lautet an die Order Tomeks und wurde von der Finanz und Bau AG interfinancia mit rechtsgültiger Firmenunterschrift der Verwaltungsräte Graf von Wolkenstein und R. Tissot akzeptiert. Die Forderung aus dem Wechsel war auf den 31. Dezember 1971 fällig, zahlbar bei der Schweizerischen Kreditanstalt in Basel-Spalenberg. Durch BGE 99 Ia 1 S. 2 Indossament, welches die Unterschrift G. Tomek trägt, wurde schliesslich der Wechsel an Th. Bohni in Basel übertragen, welcher den Wechsel an eine Bank indossierte. Der Wechsel wurde schliesslich wieder an Bohni zurückübertragen. Er ging nach Verfall in Protest. Auf die von Bohni eingeleitete Wechselbetreibung erhob die Finanz und Bau AG interfinancia Rechtsvorschlag, der jedoch vom Zivilgericht (Abteilung Dreiergericht) des Kantons Basel-Stadt nicht bewilligt wurde, weil keine der der Wechselschuldnerin nach Art. 182 SchKG zustehenden Einreden gegeben schienen. Die Berufung an das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt wurde am 18. April 1972 abgewiesen. Letzteres ging davon aus, das Fehlen der Unterschrift des Herbert Krall, welche zur rechtsgültigen Vertretung der Wohnbau Süd AG als Ausstellerin des Wechsels notwendig gewesen wäre, schade der Gültigkeit des Wechsels nicht, da eine bloss mangelhafte Unterschrift der Ausstellerin vorliege, was auf die übrigen Unterschriften keinen Einfluss habe ( Art. 997 OR ). Der Wechselinhaber Bohni habe den Wechsel aufgrund eines gültigen Indossamentes erworben, und dass er beim Erwerb bewusst zum Nachteil der Finanz und Bau AG interfinancia gehandelt hätte ( Art. 1007 OR ), sei in keiner Weise dargetan worden. Schliesslich könne sich die Akzeptantin auch nicht auf ein angebliches Selbstkontrahieren Tomeks berufen, weil er im Namen der Wohnbau Süd AG den Wechsel an seine eigene Order ausgestellt habe, denn ein angebliches Verbot des Selbstkontrahierens Tomeks würde ihre wechselrechtliche Verpflichtung nicht berühren ( Art. 998 OR ). B.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde beantragt die Finanz und Bau AG interfinancia, den angefochtenen Entscheid des Appellationsgerichtes wegen willkürlicher Anwendung von Bundesrecht und Verweigerung des rechtlichen Gehörs aufzuheben. Die Beschwerdebegründung ergibt sich, soweit wesentlich, aus den nachstehenden Erwägungen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 991 Ziffer 8 OR muss der gezogene Wechsel die Unterschrift des Ausstellers enthalten. Beim Fehlen dieses Bestandteils liegt kein gezogener Wechsel vor ( Art. 992 Abs. 1 OR ). Dagegen hat es nach Art. 997 OR auf die Verbindlichkeiten der übrigen Unterschriften keinen Einfluss, wenn ein Wechsel Unterschriften von Personen trägt, die eine Wechselverbindlichkeit BGE 99 Ia 1 S. 3 nicht eingehen können, oder gefälschte Unterschriften, Unterschriften erdichteter Personen sowie Unterschriften enthält, die aus irgendeinem anderen Grunde für die Personen, die unterschrieben haben, oder mit deren Namen unterschrieben worden ist, keine Verbindlichkeit begründen. Nach der vor allem in der deutschen Literatur vertretenen Auffassung ist die Bestimmung des Art. 997 OR , welche mit derjenigen des Art. 7 des deutschen Wechselgesetzes vom 21. Juni 1933 wörtlich übereinstimmt, im Interesse der Umlaufsfähigkeit des Wechsels und zum Schutze des Verkehrs aufgestellt. Sie enthält den Grundsatz der Unabhängigkeit (Selbstständigkeit) der einzelnen Wechselverpflichtungen. Die einzelne Wechselerklärung mag materiell ungültig sein, dies führt jedoch nicht zur Ungültigkeit aller übrigen Wechselerklärungen und des Wechsels als solchen. Für die Wirksamkeit der übrigen wechselrechtlichen Erklärungen auf dem Wechsel genügt das äusserliche formelle Vorhandensein einer Unterschrift, sei es des Akzeptanten bzw. Remittenten bzw. Ausstellers. Eine solche formelle Gültigkeit der Unterschrift liegt schon vor, wenn der Name (bürgerlicher Name oder Firma), den die Unterschrift angibt, eine wechselfähige Person oder Firma zu bezeichnen vermag, auch wenn die Unterschrift selbst erdichtet, gefälscht, von einem Nichtvertreter gezeichnet ist oder aus einem anderen Grunde eine Verbindlichkeit nicht begründen kann (BAUMBACH-HEFERMEHL, Wechselgesetz und Scheckgesetz, 10. Aufl., München 1970, N 7, 14 zu Art. 1, N 1 zu Art. 7; JACOBI, Wechsel- und Scheckrecht, Berlin 1955, S. 231, § 30; STAUB-STRANZ, Wechselgesetz, Berlin und Leipzig 1934, N 1 und 65 zu Art. 1, N 1 und 2 zu Art. 7; GRÜNHUT, Wechselrecht, Leipzig 1897, Bd. I, S. 408/409 f.; PERCEROU-BOUTERON, "Lettre de change et billet à ordre", Paris 1937, S. 24/25). Dieser Standpunkt erscheint im Hinblick auf Sinn und Zweck des Wechselrechtes durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Der Wechsel als Umlaufpapier ist als Kredit-, Zahlungs- und Sicherungsmittel ausgestaltet, was entsprechende, im Interesse der Gläubiger und des Schuldners liegende Umlaufsfähigkeit und den Schutz des Verkehrs voraussetzt. Diese von mehreren Autoren vertretene Auffassung über die Formgültigkeit der Wechselausstellerunterschrift hat denn auch das Bundesgericht bereits in BGE 90 II 119 f. sinngemäss bestätigt, indem es ausführte: "En l'espèce, la signature de Bailly BGE 99 Ia 1 S. 4 figure au bas des traites (JACOBI, op.cit., p. 235; ARMINJON et CARRY, op.cit., p. 237). Dûment souscrits par un tireur possible et capable, les titres étaient valides en la forme dès leur émission, car quiconque appose sa signature comme représentant sans pouvoir ou dépasse ses pouvoirs est obligé lui-même (Art. 114 al. 3 du code de commerce français; art. 998 CO; ...) Complètes à l'émission, les lettres n'étaient pas en blanc et l'art. 10 de la loi uniforme (Art. 1000 CO) ne s'applique pas. Autre chose est de savoir, d'après le droit civil..., si Bailly s'est obligé lui-même ou a engagé le Comptoir des bois du Cher...". 2. a) G. Tomek hat als zeichnungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied unter Beifügung des Firmenstempels "Wohnbau Süd AG" im Namen dieser Firma als Ausstellerin des umstrittenen Wechsels mit seinem Namen unterzeichnet. Zur rechtswirksamen Firmenunterschrift war jedoch auch die Unterschrift des Verwaltungsratsmitgliedes H. Krall erforderlich, denn die Wohnbau Süd AG wurde nach aussen durch die Kollektivzeichnung dieser beiden Verwaltungsratsmitglieder vertreten. Diese Zweitunterschrift fehlt auf dem Wechsel; Krall hat sich nachträglich geweigert, seine Unterschrift für die Firma Wohnbau Süd AG als Ausstellerin auf den Wechsel zu setzen. Nach dem unter Ziffer 1 Gesagten durfte indessen das Appellationsgericht gestützt auf Art. 997 OR ohne Willkür annehmen, dass auf dem Wechsel die Unterschrift des Ausstellers nicht fehlt, sondern bloss mangelhaft ist, dieser Mangel der Unterschrift jedoch der Gültigkeit der übrigen Unterschriften und mithin der Gültigkeit des gezogenen Wechsels selbst nicht schadet. Denn das (äusserliche) Vorhandensein der Unterschrift Tomeks allein genügte, um die von dieser Unterschrift gedeckte Erklärung als formell in Ordnung erscheinen und die übrigen wechselrechtlichen Erklärungen auf dem Papier wirksam werden zu lassen. Diese Auslegung des Art. 997 OR lässt sich mit sachlichen Gründen rechtfertigen und hält daher vor Art. 4 BV stand. Was die Beschwerdeführerin in dieser Richtung vorbringt, erschöpft sich in appellatorischer Kritik, die den Vorwurf der Willkür nicht zu begründen vermag. Sie lässt es lediglich bei der Behauptung bewenden, die Literatur, auf die sich die Appellationsinstanz stützt, sei überholt und stehe mit den Normen des einheitlichen Wechselrechtes nicht im Einklang. Sie kann BGE 99 Ia 1 S. 5 aber nicht konkrete, namhafte Gründe geltend machen, dass und inwiefern die vom Appellationsgericht vertretene Auffassung bezüglich des Gültigkeitserfordernisses der Ausstellerunterschrift schlechthin unhaltbar wäre, und sie vermag auch keine Literatur und Rechtsprechung anzurufen, welche den Standpunkt des Appellationsgerichtes als völlig unrichtig erscheinen lassen würden. Der Einwand, es sei zu Unrecht auf die deutsche Lehrmeinung abgestellt worden, schlägt unter dem Gesichtspunkt der Willkür schon deshalb nicht durch, weil der deutsche Text des Genfer Abkommens über das einheitliche Wechselgesetz, nach welchem Deutschland und die Schweiz ihr Wechselrecht gestaltet haben, eine Übersetzung darstellt, die von Deutschland, Österreich und der Schweiz gemeinsam vereinbart worden ist (GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 6. Aufl. 1972, S. 757). Der hier massgebende Art. 997 OR entspricht denn auch, wie bereits erwähnt, wörtlich dem Art. 7 des deutschen Wechselgesetzes. Die Auffassung des Appellationsgerichtes erscheint auch nicht willkürlich im Hinblick auf den Unterschied zwischen der französischen Fassung des erwähnten Abkommens, dessen Wortlaut mit dem französischen Text des Bundesgesetzes übereinstimmt, und der deutschen Fassung des Art. 991 Ziffer 8 OR. Die Annahme, dass der Unterschied der beiden Fassungen redaktioneller Art ist, ist umso mehr sachlich vertretbar, als dem französischen Text "la signature de celui qui émet la lettre" die Bezeichnung "tireur" angefügt ist. Auch der Hinweis auf die Publizitätswirkung des Handelsregistereintrages ( Art. 933 Abs. 1 OR ) inbezug auf die Kollektivunterschrift der Firma Wohnbau Süd AG vermag nach dem Gesagten die Auffassung, dass das Vorhandensein einer mit dem Handelsregistereintrag im Widerspruch stehenden Firmenunterschrift auf dem Wechsel nicht dessen Ungültigkeit zur Folge habe, nicht als schlechthin unhaltbar erscheinen zu lassen; es erscheint sachlich gerechtfertigt, dass Art. 997 OR im Interesse der Umlaufsfähigkeit des Wechsels und des Schutzes des Verkehrs gegenüber Art. 933 OR vorgeht. b) Das Appellationsgericht hat ohne Willkür auch gestützt auf Art. 998 OR das Vorliegen eines gültig gezogenen Wechsels annehmen dürfen. Nach dieser Bestimmung haftet selbst wechselmässig, wer auf einem Wechsel seine Unterschrift als Vertreter eines anderen setzt, ohne hiezu ermächtigt zu sein, und BGE 99 Ia 1 S. 6 dasselbe gilt nach dieser Vorschrift für einen Vertreter, der seine Vertretungsbefugnis überschritten hat. Auch diese Regeln sind wie diejenigen des Art. 997 OR im Interesse der Umlaufsfähigkeit des Wechsels und des Schutzes des Verkehrs aufgestellt und führen dazu, dass in diesen Fällen des Art. 998 OR keine Ungültigkeit des Wechsels vorliegt (vgl. BAUMBACH-HEFERMEHL, a.a.O., N. 2 zu Art. 8; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 766). Es ist nicht schlechthin unhaltbar, wenn der Fall der mangelhaften Kollektivunterschrift (Fehlen der zweiten Kollektivunterschrift) im Sinne von Art. 998 OR behandelt wird; denn bei der Kollektivvertretung fehlt dem einzelnen Kollektivzeichnungsberechtigten die Ermächtigung zur Eingehung einer Verpflichtung durch seine alleinige Unterschrift. Freilich bezieht sich Art. 998 OR nach dem Gesetzeswortlaut auf das Stellvertretungsverhältnis eines Dritten. Doch lässt es sich mit haltbaren Gründen rechtfertigen, die Regeln des Art. 998 OR auch auf das Vertretungsmachtverhältnis der Organe der juristischen Person anzuwenden, denn es stehen hier die gleichen Interessen auf dem Spiele wie beim gewöhnlichen Vertreter (Art. 32 f. OR). Als zeichnungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied hat G. Tomek den Wechsel in Organstellung für die Wohnbau Süd AG ausgestellt. Seine Handlungsmacht war jedoch insofern beschränkt, als er nur zusammen mit H. Krall (kollektiv) Verbindlichkeiten im Namen der Wohnbau Süd AG eingehen konnte. Trotz fehlender Einzelunterschriftsberechtigung war nach dem Gesagten mit seiner Unterschrift gestützt auf Art. 998 OR ein gültig gezogener Wechsel ausgestellt worden. 3. a) Nach Art. 1007 OR kann der Wechselschuldner einem späteren Wechselgläubiger keine Einwendungen entgegensetzen, die sich auf seine unmittelbaren Beziehungen zu dem Aussteller oder zu einem früheren Inhaber stützen, es sei denn, dass der Inhaber beim Erwerb des Wechsels bewusst zum Nachteil des Schuldners gehandelt hat. Die Beschwerdeführerin rügt, das Appellationsgericht habe willkürlich ihren Einwand abgelehnt, dass Bohni beim Erwerb des Wechsels bewusst zu ihrem Nachteil gehandelt habe. Bohni habe gewusst, dass auf dem Wechsel die Zweitunterschrift Kralls für die rechtsgültige Verpflichtung der Wohnbau Süd AG als Wechselausstellerin gefehlt und keine gültige Begebung des Wechsels stattgefunden habe. BGE 99 Ia 1 S. 7 Die Einrede des Wechselschuldners gegenüber einem späteren Wechselgläubiger setzt nach Art. 1007 OR voraus, dass der Wechselgläubiger unredlich gehandelt hat. Hiezu genügt blosses Kennensollen des Mangels nicht, selbst dann nicht, wenn der Erwerber des Wechsels schon bei Anwendung eines Mindestmasses von Sorgfalt den Mangel hätte erkennen können (GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 814; BGE 85 II 28 ). Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Publizitätswirkung des Handelsregistereintrages ( Art. 933 Abs. 1 OR ) inbezug auf die Kollektivunterschrift reicht daher zur Begründung der Unredlichkeit des Wechselschuldners Bohni nicht aus, was das Appellationsgericht ohne Willkür annehmen durfte. Auch die weitere Begründung des Appellationsgerichtes ist im übrigen nicht unhaltbar, dass die Beschwerdeführerin sich gestützt auf das Prinzip von Treu und Glauben nicht auf einen Mangel der Ausstellerunterschrift gegenüber dem Wechselinhaber Bohni berufen dürfe, von welchem sie bei Abgabe des Akzeptes unbestrittenermassen selbst Kenntnis gehabt hatte. Was die Beschwerdeführerin im weiteren zu diesem Punkte vorbringt, vermag den Vorwurf der Willkür gegenüber dem Appellationsgericht nicht zu begründen. b) Die Beschwerdeführerin macht in der Beschwerde geltend, dass es sich beim fraglichen Wechsel um ein Blankett gehandelt habe. Tomek habe den Wechsel widerrechtlich in seinen Besitz genommen und unbefugt zu eigenem Nutzen indossiert. Es handelt sich hier zumindest zum Teil um neue, im kantonalen Verfahren nicht erhobene Behauptungen, die im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren wegen Verletzung von Art. 4 BV (Willkür) ausgeschlossen sind ( BGE 94 I 144 , BGE 97 I 308 Erw. 4b, 317 Erw. 1, BGE 98 Ia 52 Erw. 1). Vor den kantonalen Instanzen hat sich die Beschwerdeführerin in dieser Richtung lediglich auf blosse Vermutungen beschränkt. Wird darüber hinweggesehen, erweist sich die Beschwerde auch in diesem Punkte als unbegründet. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, dass Tomek den Wechsel unbefugterweise in Besitz genommen und nachträglich an seine eigene Order gestellt (Blankett) sowie mit dem Fälligkeitsdatum versehen habe, steht im Widerspruch mit den ergänzten Akten. Die während der Hängigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde auf Anzeige der Wohnbau Süd AG und der Finanz und Bau AG interfinancia durchgeführte Strafuntersuchung (Staatsanwaltschaft Basel-Stadt) hat ergeben, dass nach BGE 99 Ia 1 S. 8 übereinstimmenden Zeugenaussagen des Grafen von Wolkenstein und Tissot, welche das Akzept für die Beschwerdeführerin gegeben haben, der umstrittene Wechsel dazu dienen sollte, eine Forderung Tomeks gegen Krall zu befriedigen oder sicherzustellen. Graf von Wolkenstein sei bei dem massgebenden Gespräch zwischen Tomek und Krall anwesend gewesen und habe von Krall den Auftrag erhalten, das Wechselformular am folgenden Tag auszufüllen. Der Wechsel sei von Graf von Wolkenstein gemäss Auftrag Kralls vollständig ausgefüllt und an die Order des Tomek gestellt worden, jedoch erst nach Kralls Abreise ins Ausland, weshalb dessen Mitunterzeichnung unterblieben sei. Es erscheint daher auch unter diesem Gesichtspunkt nicht willkürlich, dass die Einreden der Beschwerdeführerin nach Art. 1006 Abs. 2 und Art. 1000 OR vom Appellationsgericht abgewiesen wurden. Hätte es sich aber tatsächlich um ein Blankett gehandelt und hätte Tomek die Vereinbarungen zwischen ihm und der Akzeptantin nicht eingehalten, so wäre die Abweisung der Einrede nach Art. 1000 OR selbst dann nicht willkürlich, denn die Auffassung ist nicht unhaltbar, dass die auf ein Blankett gesetzte wechselrechtliche Erklärung unwiderruflich ist und der Akzeptant das Risiko trägt, das aus der späteren endgültigen Ausfüllung des Wechsels entstehen kann (GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 770). Sowohl inbezug auf diese Einrede wie auch betreffend die Einrede des Art. 1006 Abs. 2 OR würde die Begründung der Beschwerdeführerin in der Beschwerde nicht ausreichen, um den Standpunkt, die Bösgläubigkeit des Wechselinhabers beim Erwerb des Wechsels sei nicht glaubhaft gemacht, als willkürlich erscheinen zu lassen. c) Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass es sich beim Indossament, mit welchem der Wechsel an Bohni übertragen worden war, um ein Inkassoindossament gehandelt habe. Sie glaubt sich daher berechtigt, die ihr angeblich gegenüber der Ausstellerin bzw. Tomek zustehenden Einreden auch gegenüber dem Wechselinhaber Bohni erheben zu können ( Art. 1008 Abs. 2 OR ). Der angefochtene Entscheid, der diese Einrede stillschweigend ablehnt, ist in dieser Hinsicht schon deshalb keineswegs willkürlich, weil der nach Art. 1008 Abs. 1 OR erforderliche Vermerk zur Begründung eines blossen Vollmachtindossamentes (Inkassoindossament) fehlt. Was die Beschwerdeführerin im übrigen in diesem Punkte vorbringt, vermag den Vorwurf der Willkür gegenüber dem Appellationsgericht nicht BGE 99 Ia 1 S. 9 zu begründen. Nicht willkürlich ist schliesslich auch die Annahme, dass die Beschwerdeführerin das Vorliegen eines verdeckten Inkassoindossamentes nicht habe darlegen können. d) Schliesslich beruft sich die Beschwerdeführerin auch auf ein verbotenes Selbstkontrahieren Tomeks, weil er im Namen der Wohnbau Süd AG den Wechsel an seine eigene Order ausgestellt habe; auch diese Einrede habe das Appellationsgericht willkürlich abgewiesen. Tomek war im Zeitpunkt der Unterzeichnung und Begebung des Wechsels mit H. Krall kollektivzeichnungsberechtigtes Verwaltungsratsmitglied der Wohnbau Süd AG. Er handelte daher für diese Firma nicht als in einem Stellvertretungsverhältnis (Art. 32 f. OR) stehender Dritter, sondern brachte unmittelbar den Willen der Verbandsperson zum Ausdruck ( Art. 55 ZGB ; BGE 98 II 219 , BGE 95 II 621 mit Hinweisen). Allein die Regeln des Selbstkontrahierens des Vertreters gelten auch für die Handlungsmacht des Organs der juristischen Person, d.h. das Selbstkontrahieren des Organs einer juristischen Person ist ohne Ermächtigung oder Genehmigung seitens eines über- oder nebengeordneten Organs nicht zulässig, wenn es die Gefahr einer Benachteiligung der juristischen Person in sich birgt ( BGE 98 II 219 , BGE 95 II 621 und 453; GUHL/MERZ/KUMMER, a.a.O., S. 150). Ein solches Selbstkontrahieren Tomeks hätte zunächst dessen Einzelunterschriftsberechtigung vorausgesetzt. Für den Fall, dass tatsächlich beim Ausstellen des Wechsels an eigene Order ein unzulässiges Selbstkontrahieren vorgelegen hätte, so würde dieser Umstand - was nach dem Gesagten ohne Willkür angenommen werden kann - gestützt auf Art. 997 und Art. 998 OR in Verbindung mit Art. 1007 OR die wechselrechtliche Verpflichtung der Akzeptantin gegenüber dem redlichen Wechselinhaber Bohni nicht berühren. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
6b1ddef6-4c46-46d3-8a93-70211c6dc020
Urteilskopf 125 III 149 28. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. Februar 1999 i.S. Z. gegen Y. (Berufung)
Regeste Zulässigkeit der Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG . Als «Notbehelf» kann die Feststellungsklage des Art. 85a SchKG erst nach rechtskräftiger Beseitigung des Rechtsvorschlages bis zur Verteilung des Verwertungserlöses bzw. Konkurseröffnung angehoben werden.
Sachverhalt ab Seite 149 BGE 125 III 149 S. 149 A.- Z. betrieb Y. für den Betrag von Fr. 1'300'000.--. Nachdem der diesbezügliche Zahlungsbefehl des Betreibungsamtes Thalwil vom 5. März 1997 dem Schuldner zugestellt worden war, erhob dieser Rechtsvorschlag und reichte am 19. März 1997 beim Bezirksgericht Horgen gestützt auf Art. 85a SchKG Klage auf Feststellung ein, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe und die Betreibung ohne Schuldgrund angehoben worden sei. B.- Am 17. Juli 1997 verfügte der Einzelrichter im beschleunigten Verfahren des Bezirksgerichtes Horgen, dass auf die Klage eingetreten und das Verfahren nicht sistiert werde; auf die von der Beklagten im gleichen Verfahren eingereichte Widerklage trat er hingegen nicht ein. BGE 125 III 149 S. 150 Die Beklagte gelangte in der Folge an das Obergericht des Kantons Zürich, das den Einzelrichter mit Beschluss vom 9. Dezember 1997 anwies, auf die Widerklage einzutreten, im Übrigen aber dem Rekurs nicht stattgab. C.- Dagegen hat die Beklagte beim Bundesgericht Berufung eingereicht. Damit beantragt sie im Wesentlichen, auf die Klage sei nicht einzutreten. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht heisst die Berufung gut, hebt das angefochtene Urteil im beantragten Umfang auf und tritt auf die Klage nicht ein. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Das Bundesgericht hat sich bisher noch nicht dazu geäussert, ob die Feststellungsklage gemäss Art. 85a SchKG angehoben werden kann, solange der vom Schuldner rechtzeitig erhobene Rechtsvorschlag noch nicht rechtskräftig beseitigt worden ist. a) Es entspricht einer Besonderheit des schweizerischen Vollstreckungsrechts, dass der Gläubiger eine Betreibung einleiten kann, ohne den Bestand seiner Forderung nachweisen zu müssen. Der Zahlungsbefehl als Grundlage des Vollstreckungsverfahrens kann grundsätzlich gegenüber jedermann erwirkt werden, unabhängig davon, ob tatsächlich eine Schuld besteht oder nicht ( BGE 101 III 9 E. 3 S. 13; BGE 113 III 2 E. 2b S. 3). In der auf Geldzahlung gerichteten Zwangsvollstreckung gemäss Art. 38 Abs. 1 SchKG bildet denn auch weder die Forderung selbst noch der sie allenfalls verkörpernde Titel den Vollstreckungstitel, sondern einzig der in Rechtskraft erwachsene Zahlungsbefehl ( BGE 113 III 2 E. 2b S. 3). Der Schuldner hat daher gegen diesen etwas zu unternehmen, wenn er sich dem weiteren Vollstreckungsverfahren widersetzen will. Unterlässt er den Rechtsvorschlag oder ersucht er nicht mit Erfolg um Wiederherstellung der Frist nach verpasstem Rechtsvorschlag ( Art. 33 Abs. 4 SchKG ), so läuft er Gefahr, dass sein Vermögen gepfändet und anschliessend verwertet wird, auch wenn die Forderung nicht mehr besteht oder gar nie bestanden hat. b) Vor der Revision vom 16. Dezember 1994 räumte das SchKG dem Betriebenen in der beschriebenen Situation zwei Mittel ein, um sich gegen Pfändung oder Konkurs zur Wehr zu setzen. Diese Rechtsbehelfe haben durch die Revision des SchKG inhaltlich keine Änderung erfahren. aa) Der Schuldner verfügt einmal über die auf richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung lautende Klage. In diesem BGE 125 III 149 S. 151 Verfahren hat der Betriebene allerdings den strikten Urkundenbeweis für die Tilgung seiner Schuld zu erbringen (JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4. Aufl. Zürich 1997, N. 2 zu Art. 85 SchKG ; RUEDIN, SJK Nr. 980 S. 4 Ziff. 3.2 mit Hinweisen). Sodann handelt es sich um ein gerichtliches Zwischenverfahren in der Betreibung, wobei dem gestützt auf Art. 85 SchKG ergangenen Entscheid in Bezug auf den Bestand der strittigen Forderung keine materielle Rechtskraft zukommt (RUEDIN, a.a.O., S. 2 Ziff. 2; AMONN/GASSER, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6. Aufl. Bern 1997, § 20 N. 11). bb) Ferner steht dem Schuldner die Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG offen, die jedoch die «Bezahlung» der Schuld durch den Betriebenen voraussetzt ( BGE 98 II 150 E. 1 S. 156/157; nach BRAND, SJK Nr. 981 S. 5 Ziff. 3 soll diese Klage bereits nach erfolgter Teilzahlung zulässig sein; zur ratio legis der Klage: BGE 21, 717 E. 6 S. 724). Um sich vor der Zahlungsunfähigkeit des Betreibenden zu schützen, kann der Betriebene zwar den an das Betreibungsamt bezahlten Betrag zur Sicherung seines betreibungsrechtlichen Rückforderungsanspruches mit Arrest belegen lassen ( BGE 58 III 32 ; BGE 90 II 108 E. 5 S. 117, bestätigt in BGE 120 III 159 E. 3b und 4b); diese Möglichkeit dürfte aber in der Regel lediglich dann von Bedeutung sein, wenn der Gläubiger im Ausland wohnt ( Art. 271 Abs. 1 Ziff. 4 SchKG ). c) Mit der Klage des Art. 85a SchKG hat die Revision einen zusätzlichen Rechtsbehelf geschaffen, mit dem der Schuldner durch den Richter feststellen lassen kann, dass die Schuld nicht oder nicht mehr besteht oder gestundet ist. Diese Klage weist eine Doppelnatur auf. Wie die Aberkennungsklage bezweckt sie einerseits als materiellrechtliche Klage die Feststellung der Nichtschuld bzw. der Stundung ( Art. 85a Abs. 1 SchKG ); anderseits hat sie aber, wie das Verfahren nach Art. 85 SchKG , auch betreibungsrechtliche Wirkung, indem der Richter mit ihrer Gutheissung die Betreibung einstellt oder aufhebt (BBl 1991 III 70; AMONN/GASSER, a.a.O., § 20 N. 15 S. 140). Aus der Botschaft des Bundesrates über die Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs ergibt sich klar, welche Ziele mit der Einführung dieser Bestimmung verfolgt worden sind: «Die Vorschrift ist neu und soll korrigieren, was von den Betroffenen oftmals als unverhältnismässige Härte empfunden wird und auch materiellrechtlich nicht befriedigt. Denn nach den BGE 125 III 149 S. 152 heutigen Bestimmungen nimmt eine Betreibung auch dann ihren Lauf, wenn sie aufgrund einer nicht bestehenden oder nicht fälligen Forderung eingeleitet worden ist, der Betriebene es aber unterlassen hat, sich rechtzeitig zu verteidigen. Kann er nämlich mangels entschuldbarer Säumnis weder die Rechtswohltat des nachträglichen Rechtsvorschlages erlangen, noch - mangels entsprechender Urkunden - mit Erfolg die rein betreibungsrechtliche Aufhebungsklage des Artikels 85 SchKG anstrengen, bleibt ihm nichts anderes übrig, als eine Nichtschuld oder vor Fälligkeit zu bezahlen, will er der Vollstreckung in sein Vermögen entgehen. Erst danach kann er versuchen, das zu Unrecht Bezahlte zurückzufordern. Dabei trägt er das Risiko, dass der Betreibende unterdessen selbst zahlungsunfähig geworden ist. So kann es nach geltendem Recht vorkommen, dass das Verfahrensrecht die Verwirklichung des materiellen Rechts vereitelt. Daher ist angebracht, dem Betriebenen ein zusätzliches Verteidigungsmittel in die Hand zu geben.» (BBl 1991 III S. 69) Entsprechendes war bereits von der Expertenkommission für die Gesamtüberprüfung des SchKG vorgeschlagen worden (Art. 85 Abs. 2 VE/SchKG; Bericht zum Vorentwurf des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs, S. 38). Die in der Botschaft vertretene Auffassung ist denn auch vom Parlament übernommen worden (vgl. AB 1993 N 19 ff ; 1994 N 1414 f und 2121; AB 1993 S. 645 ff; 1994 S. 1092 f.). Der Gesetzgeber wollte mithin dem Betriebenen, der den Rechtsvorschlag unterlassen hat, die Wiederherstellung der Frist zur Erhebung des Rechtsvorschlages nicht verlangen und die Tilgung der Schuld nicht durch Urkunden beweisen kann, als «Notbehelf» ein zusätzliches Verteidigungsmittel zur Verfügung stellen, um ihm so den Weg der Rückforderungsklage zu ersparen. Die neu geschaffene Klage soll mit anderen Worten offen stehen, wenn der Zahlungsbefehl rechtskräftig geworden ist (AMONN/GASSER, a.a.O., § 20 N. 16). Mit der Absicht des Gesetzgebers und der Systematik des Gesetzes in Einklang steht daher die Meinung von JAEGER/ WALDER/KULL/KOTTMANN, wonach die Feststellungsklage des Art. 85a SchKG mangels Interesses nicht zulässig ist, wenn der Betriebene bereits rechtzeitig Rechtsvorschlag erhoben hat (N. 7 zu Art. 85a SchKG ; gleicher Auffassung: WEINBERG, Richterliche Aufhebung oder Einstellung der Betreibung im Verfahren nach Art. 85 SchKG , Diss. ZH 1990, S. 126 ff.; SIEGEN/BUSCHOR, Vom alten zum neuen SchKG, Zürich 1997, S. 55; KREN KOSTKIEWICZ, Gerichtsstände im BGE 125 III 149 S. 153 revidierten SchKG, AJP 1996, S. 1363 Ziff. 6; anderer Meinung: BRÖNNIMANN, Neuerungen bei ausgewählten Klagen des SchKG, ZSR 115/1996 I S. 217; derselbe, Zur Klage nach Art. 85a SchKG , AJP 1996 S. 1397 Fn. 29). Indem das Gesetz in Art. 85a Abs. 2 in fine SchKG ausdrücklich die vorläufige Einstellung der Betreibung vorsieht, geht es davon aus, dass der Zahlungsbefehl rechtskräftig ist; solange nämlich der Rechtsvorschlag noch nicht definitiv beseitigt wurde, bleibt die Betreibung von Gesetzes wegen eingestellt ( Art. 78 Abs. 1 SchKG ). Der im Gesetz verwendete Begriff «jederzeit» ist somit dahin zu verstehen, dass die Feststellungsklage des Art. 85a SchKG erst nach rechtskräftiger Beseitigung des Rechtsvorschlages bis zur Verteilung des Verwertungserlöses bzw. Konkurseröffnung angehoben werden kann. d) Nun vertreten einige Autoren die Ansicht, der Betriebene habe auch nach erhobenem Rechtsvorschlag ein Interesse an der Klage, welches darin bestehe, das Einsichtsrecht Dritter in die Betreibung auszuschliessen ( Art. 8a SchKG ; GASSER, Revidiertes SchKG - Hinweise auf kritische Punkte, ZBJV 132/1996, S. 640; derselbe, Ein Jahr revidiertes SchKG oder: Erst die Praxis bringt es an den Tag, in: Der Schweizer Treuhänder 1998, S. 16 Ziff. 2.1 und Fn. 12; BODMER, in: Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, SchKG I, Basel 1998, N. 14 zu Art. 85a SchKG ). Anderer Meinung sind JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN (a.a.O., N. 7 in fine zu Art. 85a SchKG ). Die Botschaft enthält in den Erläuterungen zu Art. 85a SchKG keinen Verweis auf Art. 8a SchKG , um daraus ein vom Nichtbestand der Schuld unabhängiges, eigenes Interesse des Schuldners an der Klage herzuleiten (BBl 1991 III 79-82). Im Rahmen der parlamentarischen Beratung wurde der Bezug zu Art. 8a SchKG zwar durch Ständerat Gadient hergestellt (AB 1993 S. 646), doch wurde dieser Gedanke in der Folge im Rat nicht vertieft diskutiert, so dass sich aus diesem vereinzelten Votum für die Lösung der Frage nichts gewinnen lässt. Es genügt somit, darauf hinzuweisen, dass dem Betriebenen auch nach der Einführung des Art. 85a SchKG die allgemeine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens der in Betreibung gesetzten Forderung offen steht ( BGE 120 II 20 ). Sofern sich aus dem Urteil über diese Klage das Unrecht der Betreibung ergibt, führt dies zur Verweigerung der Kenntnisgabe der Betreibung an Dritte ( Art. 8a Abs. 3 lit. a SchKG ), womit kein Grund besteht, dem Betriebenen auch noch die Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG zur Verfügung zu stellen. Auch im Lichte des Art. 8a SchKG rechtfertigt BGE 125 III 149 S. 154 es sich somit, deren Anwendungsbereich auf den Schutz des Schuldners zu reduzieren, gegen den Vollstreckungsmassnahmen möglich sind; das ist jedoch nach Erhebung des Rechtsvorschlages nicht der Fall.
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1,999
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6b20b261-2ec6-4c91-8035-b7ad06297c78
Urteilskopf 98 III 53 12. Entscheid vom 1. August 1972 i.S. S.
Regeste Grundpfandsteigerung; Verschiebung wegen eines Prozesses über das Vorkaufsrecht nach Art. 6 EGG . Ist an der Pfandliegenschaft vor Einleitung der Grundpfandbetreibung das Vorkaufsrecht nach Art. 6 EGG geltend gemacht worden, so ist die Versteigerung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Prozesses über dieses Recht zu verschieben.
Sachverhalt ab Seite 53 BGE 98 III 53 S. 53 S. verkaufte am 4. Oktober 1967 seine landwirtschaftliche Liegenschaft in Oberegg an E. Die Mutter und ein Teil der Geschwister des Verkäufers erklärten darauf, das bäuerliche Vorkaufsrecht gemäss Art. 6 EGG ausüben zu wollen, worauf es zwischen diesen Angehörigen und dem Verkäufer zum Prozess kam. Mit Urteil vom 6. Oktober 1971 schrieb das Bezirksgericht Oberegg die Klage der Mutter als durch Verzicht auf das Vorkaufsrecht gegenstandslos geworden ab und sprach die streitige Liegenschaft drei Brüdern des Verkäufers als Ge meindern zum Preise und zu den Bedmgungen gemäss Kaufvertrag vom 4. Oktober 1967 unter Vorbehalt der rechtzeitigen Hinterlegung des Kaufpreises zu Eigentum zu. Dieses Urteil ist (oder war jedenfalls am 16. Juni 1972) noch nicht rechtskräftig, da die Urteilsbegründung noch nicht erstellt werden konnte, die Frist für die Appellation an das Kantonsgericht aber erst mit der Zustellung des motivierten Urteils beginnt. Mit Zahlungsbefehl vom 13. Oktober 1971 leitete die Appenzell-Innerrhodische Kantonalbank gegen S. für rückständige Grundpfandzinsen von Fr. 3044,85 nebst Verzugszins Betreibung auf Grundpfandverwertung ein und stellte, nachdem der Betriebene keinen Rechtsvorschlag erhoben und die sechsmonatige Frist des Art. 154 Abs. 1 Satz 1 SchKG abgelaufen war, am 14. April 1972 das Verwertungsbegehren. Das Betreibungsamt BGE 98 III 53 S. 54 verfügte hierauf am 25. April 1972 unter Hinweis auf den erwähnten Prozess über das Vorkaufsrecht, "dass die Verwertungsfristen gemäss Art. 154 SchKG nicht in Berechnung fallen, solange der Rechtsstreit andauert". Gegen diese Verfügung führte der Betriebene Beschwerde mit dem Begehren, sie sei aufzuheben und das Betreibungsamt sei anzuweisen, die Liegenschaft umgehend zur Versteigerung zu bringen. Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 16. Juni 1972 mit sehr einlässlicher Begründung ab und bestätigte die Verfügung des Betreibungsamtes in dem Sinne, dass die Versteigerung der Liegenschaft bis zur rechtskräftigen Erledigung des Prozesses über das Vorkaufsrecht eingestellt werde. Diesen Entscheid hat der Betriebene an das Bundesgericht weitergezogen. Er erneuert mit seinem Rekurs sein Beschwerdebegehren. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 1. Die Grundpfandgläubigerin hat das Verwertungsbegehren fristgerecht gestellt. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist demgemäss, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat, nicht die Frage der Berechnung der Frist zur Stellung des Verwertungsbegehrens, sondern allein die Frage, ob die Verwertung der Pfandliegenschaft mit Rücksicht auf den noch nicht rechtskräftig erledigten Prozess über das Vorkaufsrecht zu verschieben sei. Die Vorinstanz hat die Verfügung des Betreibungsamtes mit Recht in diesem Sinne richtiggestellt. 2. Nach Ablauf der sechsmonatigen Frist des Art. 116 bzw. 154 Abs. 1 SchKG kann der Schuldner so gut wie der Gläubiger die Verwertung der gepfändeten oder von einer Grundpfandbetreibung erfassten Liegenschaft verlangen, ohne an dessen Zustimmung gebunden zu sein ( BGE 69 III 81 ; vgl. Art. 26 VZG ). Der Schuldner muss daher auch berechtigt sein, eine die Verwertung aufschiebende Verfügung des Betreibungsamtes durch Beschwerde anzufechten. 3. Die Vorinstanz nimmt an, im Falle des endgültigen Obsiegens der das bäuerliche Vorkaufsrecht beanspruchenden Brüder des Rekurrenten im noch hängigen Prozess wäre davon auszugehen, dass sie durch die Ausübung dieses Rechts vor der Einleitung der Grundpfandbetreibung einen Rechtsanspruch BGE 98 III 53 S. 55 auf Übereignung der streitigen Liegenschaft erworben haben. Dieser Anspruch dürfe nicht dadurch übergangen werden, dass die Liegenschaft vor der rechtskräftigen Erledigung des Prozesses in der Grundpfandbetreibung versteigert und so den Vorkaufsberechtigten, die gegenüber dem Ersteigerer nicht auf Grundbuchberichtigung klagen könnten, endgültig entzogen werde. Nach Art. 41 Abs. 1 VZG sei die Versteigerung im Falle des Streits über einen in das Lastenverzeichnis aufgenommenen Anspruch bis zum Austrag der Sache zu verschieben, "sofern der Streit die Festsetzung des Zuschlagspreises beeinflusst oder durch eine vorherige Steigerung sonst berechtigte Interessen verletzt würden". Diese Bestimmung sei im vorliegenden Falle entsprechend anzuwenden, weil die berechtigten Interessen der das Vorkaufsrecht beanspruchenden Kläger durch eine vor der rechtskräftigen Erledigung des Prozesses durchgeführte Versteigerung aufs schwerste verletzt würden. Die angeordnete Verschiebung der Steigerung wahre den Klägern für den Fall der endgültigen Gutheissung ihrer Klage und des dadurch bewirkten Übergangs des Eigentums an der Liegenschaft auf sie die ihnen ohne solche Verschiebung entgehende Möglichkeit, die in Betreibung gesetzte Grundpfandforderung mit der Wirkung der Subrogation nach Art. 110 Ziff. 1 OR zu zahlen. Kann das bäuerliche Vorkaufsrecht, das durch einen vor Einleitung der Grundpfandbetreibung erfolgten Verkauf ausgelöst und auch vor Einleitung dieser Betreibung ausgeübt wurde, gegenüber einem allfälligen Ersteigerer der Liegenschaft nicht durchgesetzt werden, wie das die Vorinstanz annimmt, so lässt sich bezweifeln, ob der Streit über dieses Recht eine Verschiebung der Versteigerung rechtfertigen könne. Ansprüche auf in ein Zwangsvollstreckungsverfahren einbezogene Sachen, die bloss gegenüber dem Schuldner wirken, sind bei der Zwangsvollstreckung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Es ist jedoch fraglich, ob die eben erwähnte Annahme der Vorinstanz zutreffe. In der neuern Lehre und Rechtsprechung wird nämlich die Auffassung vertreten, das Vorkaufsrecht nach Art. 6 EGG stelle eine sog. Realobligation dar, was bedeuten würde, dass die diesem Recht entsprechende Verpflichtung mit dem Eigentum am Grundstück verbunden wäre, so dass sich der Anspruch auf gerichtliche Zusprechung des Eigentums gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks richten würde ( BGE 97 II 280 /81 Erw. 2, mit Hinweis auf ein nicht veröffentlichtes BGE 98 III 53 S. 56 Urteil des Bundesgerichts vom 1. März 1971; MEIER-HAYOZ, Kommentar zum Sachenrecht, 4. Aufl., N. 157 a des Systematischen Teils; zu den Realobligationen im allgemeinen und zur Frage der realobligatorischen Natur des vorgemerkten vertraglichen Vorkaufsrechts vgl. BGE 92 II 155 ff. Erw. 4, wo u.a. auf LIVER, Kommentar zu Art. 730-744 ZGB , Einleitung N. 148 ff. hingewiesen wird, sowie MEIER-HAYOZ, a.a.O. N. 152 ff. und 3. Aufl., N. 255 zu Art. 681 ZGB ). Fasst man das bäuerliche Vorkaufsrecht als derartige Realobligation auf, so liegt die Annahme nahe, dass die mit der Ausübung dieses Rechts entstandene Verpflichtung des Verkäufers der Liegenschaft auch beim Eigentumsübergang infolge einer Zwangsvollstreckung, welche die Liegenschaft nach der Ausübung des Vorkaufsrechtes erfasst, auf den Erwerber übergehe und dass folglich der Anspruch auf Zusprechung des Eigentums auch diesem gegenüber geltend gemacht werden könne (vgl. MEIER-HAYOZ, 4. Aufl., N. 177 des Systemat. Teils). Art. 6 Abs. 3 lit. c EGG , wonach der Eigentumserwerb bei Zwangsversteigerungen gegenüber den Bestimmungen von Art. 6 Abs. 1 und 2 EGG "vorbehalten" bleibt, d.h. keinen Vorkaufsfall darstellt, steht dieser Annahme entgegen der Auffassung, die dem angefochtenen Entscheid zugrunde liegt, nicht entgegen. Es ist indessen nicht nötig, diese zivilrechtliche Frage, die an sich in den Zuständigkeitsbereich der ordentlichen Gerichte fällt, im vorliegenden Falle als Vorfrage näher zu prüfen. Vielmehr bildet schon die nicht von der Hand zu weisende Möglichkeit, dass das vor Einleitung der Grundpfandbetreibung ausgeübte bäuerliche Vorkaufsrecht im Falle seiner Begründetheit als gegenüber einem Ersteigerer durchsetzbar befunden werden könnte, einen zureichenden Grund für die Verschiebung der Steigerung bis zur rechtskräftigen Erledigung des Prozesses über das Vorkaufsrecht. Der Steigerungsleiter müsste nämlich die Interessenten auf diese Möglichkeit hinweisen (vgl. BGE 79 III 118 , BGE 95 III 24 Erw. 3). Der Hinweis auf das Risiko, dass die Kläger bei endgültiger Gutheissung ihrer Klage ihr Vorkaufsrecht gegenüber dem Ersteigerer durchsetzen könnten, würde sich aber zweifellos äusserst ungünstig auf den Erfolg der Versteigerung auswirken. Im Interesse des betreibenden Gläubigers und wohl auch im richtig verstandenen Interesse des Schuldners ist es daher unerlässlich, die Versteigerung bis zum erwähnten Zeitpunkte zu verschieben.
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1,972
CH_BGE
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CH
Federation
6b22b733-729f-4213-8bc9-4cd29a4302be
Urteilskopf 101 Ia 369 62. Extrait de l'arrêt du 9 juillet 1975 dans la cause Morand et consorts contre Grand Conseil et Conseil d'Etat du canton de Fribourg.
Regeste 1. Ein Entscheid, der eine bisherige Verwaltungspraxis abändert, kann nicht bloss mangels vorheriger Bekanntgabe aufgehoben werden. Soweit eine Praxisänderung hingegen Fragen der Zulässigkeit eines Rechtsmittels berührt und die Verwirkung eines Rechtes zur Folge hat, verletzt sie ohne vorherige Ankündigung die Verfassung (E. 2). 2. Begriff des Dekretes von allgemeiner Tragweite gemäss Art. 28 bis Abs. 1 KV. Jährliches freiburgisches Dekret betreffend Festsetzung des Satzes der kantonalen Steuern (E. 4 und 5). 3. Delegation der Befugnis zur Festsetzung des Steuerfusses vom Volk an den Grossen Rat. Eine solche Delegation gibt es im Freiburger Recht nicht (E. 6).
Sachverhalt ab Seite 370 BGE 101 Ia 369 S. 370 A.- Selon l'art. 28bis al. 1 de la constitution du canton de Fribourg (en abrégé: Cst. frib.), toute loi ou décret de portée générale voté par le Grand Conseil et n'ayant pas le caractère d'urgence doit être soumis au peuple si la demande en est faite par 6000 citoyens, et selon l'art. 15 al. 2, l'impôt direct n'est voté que pour une année. L'art. 2 de la loi du 7 juillet 1972 sur les impôts cantonaux (en abrégé: LIC) prévoit que le taux des impôts est fixé chaque année par le Grand Conseil (al. 1), que celui-ci peut majorer ou réduire de 20% au plus les taux légaux de l'impôt sur le revenu et la fortune et de l'impôt sur le bénéfice et le capital (al. 2) et qu'il peut décider le prélèvement de centimes additionnels (al. 3). B.- Le 26 novembre 1974, le Grand Conseil du canton de Fribourg a adopté le décret annuel "fixant le taux de l'impôt cantonal 1975", en reprenant les taux légaux, sans les modifier; l'alinéa 3 du décret charge le Conseil d'Etat "de l'exécution du présent décret, qui entre en vigueur le 1er janvier 1975". Promulgué par arrêté du Conseil d'Etat du 2 décembre 1974, ce décret a été publié dans la "Feuille officielle du canton de Fribourg" du 6 décembre 1974. La décision de promulgation faisait suite à un autre arrêté du même jour (2 décembre) par lequel le Conseil d'Etat décidait que le décret serait promulgué par la voie de la Feuille officielle "sans être soumis préalablement à la procédure de référendum financier facultatif" (sic); cet arrêté n'a pas été publié. C.- Agissant par la voie du recours de droit public, Philippe Morand et consorts requièrent le Tribunal fédéral d'annuler le décret du 26 novembre 1974 en tant qu'il n'a pas BGE 101 Ia 369 S. 371 été soumis à la procédure de référendum législatif, ainsi que l'arrêté du Conseil d'Etat du 2 décembre 1974 promulguant ledit décret. Ils se plaignent de la violation de leurs droits politiques garantis par l'art. 5 Cst., "au sens de l'art. 84 ch. 1 litt. a OJ", droits politiques qui découlent de l'art. 28bis Cst. frib. Le Tribunal fédéral a admis le recours en ce sens qu'il a annulé l'arrêté de promulgation du 2 décembre 1974. Erwägungen Extrait des motifs: 1. ... 2. Les recourants motivent essentiellement le grief de violation de l'art. 28bis al. 1 Cst. frib. en relevant que, précédemment, le Conseil d'Etat a soumis chaque année au référendum facultatif prévu par cette disposition le décret fixant le taux annuel des impôts. Ils soutiennent que si le Conseil d'Etat entendait modifier sa pratique, il devait préalablement mettre les citoyens au courant de son intention. Les intimés reconnaissent que, jusqu'en 1973 inclusivement (décret du 30 novembre 1973 fixant le taux de l'impôt pour 1974), le décret annuel relatif au taux de l'impôt a été soumis au référendum facultatif. C'est en se fondant sur un avis de droit demandé à un de ses services que le Conseil d'Etat a décidé, par arrêté du 2 décembre 1974, de ne plus soumettre à l'avenir au référendum facultatif le décret annuel fixant le taux des impôts. Les recourants ne paraissent pas contester la faculté pour les autorités fribourgeoises de changer leur pratique en cette matière, si elles constatent que la pratique ancienne se révèle erronée. Avec raison. En effet, la modification d'une pratique erronée ne saurait constituer la violation d'un principe constitutionnel (RO 98 Ia 636, 96 I 201 et 376, 89 I 90). Ils soutiennent en revanche que le Conseil d'Etat aurait dû, s'il entendait modifier sa pratique, mettre préalablement les citoyens au courant de son intention. Or le simple défaut de renseigner les citoyens ne saurait entraîner à lui seul l'annulation de l'arrêté de promulgation, lorsqu'une telle modification est justifiée. Il est vrai qu'un changement de jurisprudence, même justifié par des motifs objectifs, ne saurait intervenir sans avertissement BGE 101 Ia 369 S. 372 lorsqu'il touche à des questions de recevabilité d'un recours ou d'une action, notamment à la computation des délais, et qu'il provoque la péremption d'un droit (cf. RO 94 I 16). Tel n'est cependant pas le cas en l'espèce, où l'absence d'avertissement préalable du Conseil d'Etat n'a pas empêché les recourants de former un recours de droit public contre la décision de ne pas soumettre le décret d'impôt au référendum législatif facultatif. 3. Les recourants fondent leur argumentation principale sur le défaut d'avertissement préalable des citoyens, point sur lequel leur recours doit être rejeté, comme on vient de le voir. Il ne ressort pas clairement de leur recours s'ils entendent contester aussi le bien-fondé de la position des autorités fribourgeoises quant au fond du problème soulevé. Mais les recourants constatent que le décret annuel fixant le taux de l'impôt a toujours été considéré jusqu'ici comme étant de portée générale et, partant, soumis au référendum facultatif de l'art. 28bis Cst. frib.; ils soutiennent dès lors que les citoyens ont été privés de leur droit de participer à l'élaboration de la décision et que leurs droits politiques découlant de l'art. 28bis Cst. frib. et aménagés par les art. 182 ss de la loi du 15 juillet 1966 sur l'exercice des droits politiques (en abrégé: LEDP) ont été violés. Ainsi le grief tiré du caractère "de portée générale" du décret attaqué peut être considéré comme suffisamment explicite pour que la Cour de céans examine la question de fond. Elle peut d'autant plus le faire que, s'agissant du droit de vote des citoyens, elle examine librement l'interprétation et l'application non seulement du droit constitutionnel cantonal, mais également des dispositions de niveau inférieur qui précisent l'étendue et le contenu du droit de vote (RO 100 Ia 267 consid. 3a, 99 Ia 520 consid. 3a et les arrêts cités). Il n'y a pas lieu, en revanche, d'examiner le recours sous l'angle de l'art. 5 Cst. invoqué par les recourants. La garantie des droits constitutionnels des citoyens, inscrite dans cette disposition, n'a pas de portée propre dans le cadre du recours de droit public: le contenu des droits ainsi garantis doit être déduit des dispositions constitutionnelles qui les ont institués (RO 98 Ia 69 consid. 1 et les arrêts cités). 4. C'est donc essentiellement à la lumière de l'art. 28bis al. 1 Cst. frib. qu'il convient de rechercher si c'est à juste titre BGE 101 Ia 369 S. 373 que le décret du Grand Conseil du 26 novembre 1974 n'a pas été soumis au référendum facultatif. Le référendum financier prévu pour les dépenses extrabudgétaires de plus de 500'000 fr. (al. 2 et 3 de l'art. 28bis) n'est nullement en cause ici, où il ne s'agit pas de dépenses, mais de recettes; c'est donc par erreur que le Conseil d'Etat parle, dans son arrêté non publié du 2 décembre 1974, de "référendum financier facultatif". L'art. 28bis al. 1 Cst. frib. soumet au référendum législatif facultatif les lois et les décrets de portée générale; il distingue donc entre deux sortes de décrets: ceux qui ont une portée générale et qui sont soumis au référendum législatif facultatif, et les autres décrets, ou décrets simples, qui n'y sont pas soumis, mais qui peuvent, le cas échéant (comme d'ailleurs les lois et les décrets de portée générale), être soumis au référendum financier facultatif ou obligatoire (al. 2 et 3). Il s'agit donc, pour résoudre le problème posé, de rechercher le sens que la constitution fribourgeoise donne au décret de portée générale. a) L'art. 28bis al. 1 Cst. frib. a été inséré dans la constitution en 1921, à la suite de motions présentées par plusieurs députés. Alors que le projet soumis au Grand Conseil ne faisait d'exception que pour les lois et décrets ayant un caractère d'urgence, le rapporteur de la Commission parlementaire a proposé, à la séance du Grand Conseil du 26 janvier 1920, de restreindre le référendum aux lois et aux décrets de portée générale, ces derniers étant "assimilables, de ce fait, à des lois"; il a rappelé que c'était là le principe admis par la constitution fédérale et par plusieurs constitutions cantonales (Bulletin officiel des séances du Grand Conseil - en abrégé: BGC - 1920, p. 3). Cette proposition a été acceptée par le Grand Conseil (ibid. p. 27) et par le peuple. b) Comme ni la constitution, ni la législation fribourgeoises ne contiennent d'autre définition du "décret de portée générale", il apparaît que cette notion n'a pas une signification différente de celle de l'arrêté de portée générale mentionné à l'art. 89 al. 2 de la constitution fédérale, auquel les intimés se réfèrent d'ailleurs expressément. L'arrêté fédéral de portée générale est actuellement défini par les art. 5 à 7 de la loi sur les rapports entre les conseils, du 23 mars 1962 (en abrégé: LREC): aux termes de l'art. 6 al. 1, il s'agit des "actes législatifs de durée limitée qui contiennent des règles de droit", c'est-à-dire des normes générales et abstraites qui BGE 101 Ia 369 S. 374 imposent des obligations ou confèrent des droits aux personnes physiques ou morales, ou qui règlent l'organisation, la compétence ou les tâches des autorités ou fixent une procédure (art. 5 al. 2). Les arrêtés fédéraux de portée générale se distinguent des lois - dont la durée est en principe illimitée - et des arrêtés fédéraux simples, lesquels sont des actes du Parlement pour lesquels ni la forme de la loi, ni celle de l'arrêté de portée générale n'est prescrite (art. 8). c) A l'époque où l'art. 28 bis Cst. frib. a été inséré dans la Constitution fribourgeoise (soit en 1921), les définitions ci-dessus ne figuraient pas encore dans la législation fédérale et la doctrine n'était pas unanime sur le sens à donner à l'expression "arrêtés fédéraux de portée générale" de l'art. 89 al. 2 Cst. et sur les cas dans lesquels une règle de droit pouvait ou devait revêtir cette forme, plutôt que celle de la loi. Mais il était généralement admis que les règles de droit devraient revêtir l'une de ces deux formes (BURCKHARDT, Kommentar, 3e éd p 707. FLEINER Bundesstaatsrecht, p. 401; FLEINER/GIACOMETTI, Bundesstaatsrecht, p. 742 ss; W. SULZER, Der allgemein verbindliche Bundesbeschluss, thèse Zurich 1932, p. 37 ss; HAEFLIGER, Die staatsrechtliche Bedeutung des Bundesbeschlusses, thèse Berne 1943, p. 87; H.W. KOPP, Inhalt und Form der Gesetze, thèse Zurich 1958, vol. II, p. 699 ss; AUBERT, Droit constitutionnel suisse, p. 417 ss). Quant aux auteurs qui se sont occupés spécialement de la constitution fribourgeoise, ils admettent que doivent revêtir la forme du décret de portée générale notamment les règles de droit "que le Grand Conseil décide d'édicter en la forme de décret parce qu'il s'agit d'une réglementation temporaire ou provisoire ou d'un intérêt secondaire" (CASTELLA, L'organisation des pouvoirs politiques dans les constitutions du canton de Fribourg, thèse Fribourg 1953, p. 304; cf. aussi OTTO HEINRICH MÜLLER, Die Verordnungskompetenzen der kantonalen Legislativen, thèse Zurich 1942, p. 213 ss, 215 n. 30). On peut également appliquer au droit fribourgeois la distinction faite par le Tribunal fédéral pour l'application de l'art. 30 de la constitution valaisanne: est considéré comme étant de portée générale l'acte qui établit une règle de droit, par opposition à celui qui a pour objet une mesure individuelle prise à propos d'un cas concret (RO 99 Ia 211, 98 Ia 206; pour le canton de Fribourg, cf. RO 89 I 376). BGE 101 Ia 369 S. 375 d) Il apparaît donc qu'en principe l'acte législatif fixant le taux de l'impôt peut revêtir soit la forme d'une loi, soit celle d'un décret de portée générale, puisqu'il impose, par des mesures générales et abstraites, des obligations aux particuliers et contient des règles de droit. Comme, en droit fribourgeois, le taux des impôts cantonaux doit être voté chaque année, l'acte législatif qui le fixe peut, en raison de sa durée limitée, revêtir la forme d'un décret de portée générale, conformément aux définitions du droit fédéral admises aussi pour le droit fribourgeois, mais non pas celle d'un décret simple. On ne saurait, comme le fait l'avis de droit sur lequel s'est fondé le Conseil d'Etat dans son arrêté - non publié - du 2 décembre 1974, dénier au décret annuel sur les impôts le caractère de portée générale en raison de sa durée relativement courte. L'auteur auquel se réfère cet avis de droit dit précisément, à propos de la loi fédérale (LREC), que les actes législatifs de durée limitée qui contiennent des règles de droit doivent être édictés en la forme de l'arrêté fédéral de portée générale (FAVRE, Droit constitutionnel suisse, 2e éd., p. 452). 5. A l'appui de leur thèse, les intimés soutiennent que le décret du 26 novembre 1974 est une décision "concrète et spéciale" qui pourrait être édictée en la forme d'un décret simple; ils se fondent en cela sur une particularité de la législation fribourgeoise: si la constitution fribourgeoise pose le principe du vote annuel de l'impôt (art. 15 al. 2), la loi fiscale fixe elle-même directement, dans plusieurs articles, le taux des impôts sur le revenu, la fortune, le bénéfice et le capital, le Grand Conseil pouvant cependant majorer ou réduire ces taux de 20% au plus (art. 2 al. 2 LIC) et décider le prélèvement de centimes additionnels (al. 3); comme le décret attaqué n'a pas modifié les taux prévus par la loi de 1972 ni voté de centimes additionnels, il ne crée pour le citoyen aucune obligation nouvelle. On ne saurait suivre les intimés sur ce point. S'il est exact que le peuple a tacitement accepté, faute de demande de référendum valable, la loi sur les impôts cantonaux de 1972 et par là même aussi son art. 2, il n'en résulte pas qu'il ait admis de fixer ainsi le taux de l'impôt une fois pour toutes, sous réserve des cas où une majoration ou une réduction serait votée par le Grand Conseil. L'art. 2 LIC accorde au Grand Conseil une facilité, en ce sens qu'il n'a pas BGE 101 Ia 369 S. 376 besoin, dans le décret annuel fixant le taux de l'impôt, d'édicter expressément le taux de tous les impôts prévus par la loi; il peut se contenter de se référer aux articles de la loi fixant le taux des différents impôts, ou indiquer le pourcentage de l'augmentation ou de la réduction dans le cas de l'art. 2 al. 2 LIC, ou indiquer le montant des centimes additionnels dans le cas de l'art. 2 al. 3 LIC. Bien que la loi fixe le taux "normal", le contribuable ne peut être obligé, selon la constitution elle-même, qu'en vertu d'un acte spécial voté chaque année, de sorte que le décret fixant le taux doit nécessairement être un décret de portée générale, soumis de ce fait au référendum facultatif. 6. Les intimés soutiennent que, par la loi du 7 juillet 1972, le peuple aurait délégué au Grand Conseil la compétence de fixer le taux des impôts, de sorte qu'il ne saurait encore exiger d'être consulté une fois l'an sur cette matière. Si la jurisprudence admet que le peuple puisse déléguer au Parlement la compétence de fixer le taux des impôts ou de certains d'entre eux (cf. RO 99 Ia 542 consid. 4b et les arrêts cités), il faut cependant que cette délégation soit expresse ou puisse découler sans doute possible d'un texte qui a été lui-même soumis au référendum. Or tel n'est pas le cas en l'espèce. Les intimés n'ont mentionné aucune disposition constitutionnelle ou légale expresse qui soustraie au référendum législatif le décret annuel relatif aux impôts, même pas pour le cas où le décret annuel ne fait que reprendre les taux légaux, sans les modifier. On ne saurait davantage prétendre qu'une telle conclusion découle, implicitement, de façon à exclure tout doute, d'une disposition constitutionnelle ou légale ou d'un ensemble de telles dispositions. En particulier, rien ne permet de dire qu'une telle délégation ait été voulue et prévue dans l'art. 2 LIC: si cette disposition précise que le taux annuel est fixé par le Grand Conseil, il faut relever que c'est aussi le Grand Conseil qui, aux termes de l'art. 45, lettres b et d Cst. frib., adopte les lois et les impôts, ce qui n'empêche pas que toute loi et tout décret de portée générale adoptés par lui soient soumis au référendum législatif en vertu de l'art. 28bis Cst. frib. D'ailleurs l'art. 2 al. 1 de la loi fiscale du 7 juillet 1972 ne fait que reprendre, à un détail près, le texte de la précédente BGE 101 Ia 369 S. 377 loi fiscale, du 11 mai 1950. Or, sous le régime antérieur à la loi de 1972, les décrets annuels fixant le taux de l'impôt étaient régulièrement publiés en vue de l'exercice du référendum législatif. Si le législateur voulait y changer quelque chose, il l'aurait dit expressément, ce qui n'a pas été le cas; les intimés n'ont même pas prétendu qu'un tel changement eût été envisagé lors des travaux préparatoires ou au cours de la discussion parlementaire. Bien plus, les décrets de novembre 1972 et de novembre 1973 fixant le taux des impôts pour les années 1973 et 1974 n'ont pas été munis de la clause "qui n'a pas de portée générale" par laquelle ils auraient été soustraits au référendum; ils ont au contraire été publiés, eux aussi, en vue de l'exercice du référendum facultatif et n'ont été promulgués qu'après l'échéance du délai de vingt jours pendant lequel une demande de référendum pouvait être déposée, selon l'art. 212 LEDP. Ainsi, les intimés ne peuvent pas non plus se référer à une "pratique constante" qui, le cas échéant, aurait peut-être permis de donner un sens restrictif aux termes employés par la constitution fribourgeoise (cf. RO 100 Ia 373, 95 I 219 et 529 consid. 3b). 7. Les intimés relèvent encore qu'il n'existe plus, dans le canton de Fribourg, de "décret de portée générale" au sens de l'art. 28bis Cst. frib., le règlement du Grand Conseil du 2 février 1971 ne prévoyant plus que des décrets sans portée générale (art. 67 al. 3 dudit règlement). Mais le règlement du Grand Conseil, voté par cette assemblée, n'a pas été soumis au référendum législatif; il n'a donc qu'une valeur interne et ne peut naturellement pas modifier la loi, ni à plus forte raison la constitution. Or les décrets de portée générale sont expressément prévus par l'art. 28bis Cst. frib. et par l'art. 208 LEDP. L'art. 210 LEDP (reprenant d'ailleurs le texte de l'art. 22 de la loi du 13 mai 1921 "sur l'exercice du droit d'initiative constitutionnelle et législative des citoyens et du droit de référendum", abrogée par la LEDP du 15 juillet 1966), précise en outre que la décision du Grand Conseil constatant l'absence de portée générale doit être insérée dans le décret lui-même, ce qui permet au Conseil d'Etat de procéder immédiatement à la promulgation. Ainsi le règlement du Grand Conseil ne peut être invoqué à l'encontre des textes constitutionnel et légal. BGE 101 Ia 369 S. 378 On notera en passant que le Conseil d'Etat s'est attribué une compétence qu'il n'avait pas en décidant lui-même de ne pas soumettre au référendum législatif un décret que le Grand Conseil n'avait pas muni de la clause "sans portée générale" ni déclaré urgent; mais les recourants n'ont pas soulevé le grief de violation du principe de la séparation des pouvoirs, de sorte qu'il n'y a pas lieu de s'y arrêter. Si le Grand Conseil voulait renoncer à édicter des décrets de portée générale, il devrait alors donner la forme de loi à toutes les décisions qui ont une portée générale. Cela ne serait sans doute pas impossible, puisque ni la constitution ni la loi ne définissent la distinction à opérer entre lois et décrets de portée générale et que les unes et les autres sont soumis aux mêmes règles, à peu de chose près. Mais le Grand Conseil ne saurait éluder le vote populaire en transformant un décret de portée générale en décret simple. Le Grand Conseil n'a d'ailleurs pas appliqué pratiquement la décision qu'il a prise dans son règlement. Les Bulletins des lois des années 1973 et 1974 contiennent un grand nombre de décrets dans le texte desquels il a indiqué, conformément à l'art. 210 LEPD, qu'ils n'avaient pas de portée générale; il s'agissait avant tout de décrets à caractère financier ou administratif; les autres décrets, non munis de ladite clause, ont été publiés en vue de l'exercice du droit de référendum législatif, sauf les décrets annuels relatifs au prix du sel et le décret du 26 novembre 1974, qui fait l'objet du présent recours...
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Urteilskopf 81 III 65 19. Entscheid vom 26. Mai 1955 i.S. AHV-Verbandsausgleichskasse des Schreiner-, Möbel- und Holzgewerbes, Zürich.
Regeste Beschwerde gegen den gewesenen Konkursverwalter ist nach Widerruf des Konkurses nicht mehr zulässig, auch nicht mit dem Begehren auf Nachholung von Handlungen, die jener zur Zeit seiner amtlichen Funktion hätte vornehmen sollen.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 81 III 65 S. 65 A.- Nachdem der im Konkurs über Theo Müller zustande gekommene Nachlassvertrag am 9. Dezember 1954 bestätigt und infolgedessen der Konkurs am 23. Dezember widerrufen worden war, führte im April 1955 die Rekurrentin gegen das Konkursamt Beschwerde mit dem Begehren, dieses sei zur sofortigen Zahlung der AHV-Beiträge für die Zeit vom 4. Oktober bis 10. Dezember 1954 zu verhalten, in welcher Zeit der Konkursbeamte als Massaverwalter die AHV-Abrechnungen mit der Kasse hätte erledigen sollen, aber nur mangelhaft erledigt habe. Die kantonale Aufsichtsbehörde ist auf diese Beschwerde nicht eingetreten, weil mit dem Widerruf des Konkurses und der Wiedereinsetzung des Schuldners in die freie Verfügung über sein Vermögen die amtliche Tätigkeit des Konkursamtes als solchen beendigt gewesen sei; wenn der Konkursbeamte noch weiter sich mit der Sache befasse, so nicht in amtlicher Eigenschaft, sondern als privatrechtlicher Vertreter des Schuldners. Da sich die Beschwerde im Sinne von Art. 17 SchKG grundsätzlich nur gegen Massregeln bzw. die Unterlassung von solchen richten könne, die ein Organ der Zwangsvollstreckung oder der Sachwalter im Nachlassverfahren im Rahmen seiner amtlichen Befugnisse vornehme oder vorzunehmen habe, BGE 81 III 65 S. 66 könne das Verhalten des Konkursamtes beim Vollzug des Nachlassvertrages nicht Gegenstand einer Beschwerde an die Aufsichtsbehörde sein. Nach Erledigung des Konkursverfahrens durch Widerruf des Konkurses habe der Konkursbeamte lediglich gegenüber dem Schuldner noch die Abrechnung zu erstatten. Selbst wenn Dritte gegenüber der Konkursmasse oder gegenüber dem Konkursverwalter Forderungsansprüche erhöben, die dieser nicht anerkenne, so sei dafür weder während des Konkursverfahrens noch nachher der Weg der Rechtsverzögerungs- oder Verweigerungsbeschwerde an die Aufsichtsbehörde gegeben, sondern einzig der ordentliche Richter zuständig. B.- Mit dem vorliegenden Rekurs hält die Beschwerdeführerin an ihrem Begehren fest. Sie führt aus, zu Unrecht nehme die Vorinstanz an, die Beschwerde beziehe sich nicht auf die amtliche Tätigkeit des Konkursamtes als Konkursverwaltung. Gerade das sei der Fall, denn eben in und bezüglich der Zeit bis zur Bestätigung des Nachlassvertrages und zum Konkurswiderruf hätte das Konkursamt als Konkursverwaltung über die ihm anvertrauten AHV-Gelder abrechnen und diese abliefern sollen, habe diese Pflicht aber vernachlässigt; sie sei mit dem Konkurswiderruf nicht erloschen. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Nachdem der Konkurs widerrufen und der Schuldner wieder in die Verfügung über sein Vermögen eingesetzt worden ist, besteht kein Konkursverfahren mehr und hat die ehemalige Konkursverwaltung keine Verfügungen mehr zu treffen; sie kann daher auch nicht mehr mittels Beschwerde verhalten werden, solche vorzunehmen. Zu Unrecht behauptet die Rekurrentin dies mit der Begründung, sie verlange vom ehemaligen Konkursverwalter ja nur und gerade die Vornahme von Vorkehren, die er damals, als er noch in amtlicher Funktion stand, hätte BGE 81 III 65 S. 67 von Amtes wegen vornehmen sollen, aber pflichtwidrig unterlassen habe. Selbst solche Verfügungen jedoch, die zur Zeit seiner amtlichen Funktion in die Zuständigkeit und Pflicht des Konkursverwalters fielen, kann dieser vom Moment an, da er jene Funktion eben nicht mehr ausübt, nicht mehr abändern bzw. nachholen, daher auch nicht mittels Beschwerde dazu verhalten werden. Auch handelt es sich vorliegend nicht etwa um einen vollstreckungsrechtlichen Anspruch gegen das Konkursamt als Vertreter des Justiz- und Vollstreckungsfiskus, der mittels Aufsichtsbeschwerde geltend gemacht werden könnte (vgl. BGE 35 I 482 , BGE 76 III 84 ff.); vielmehr untersteht der ehemalige Konkursverwalter überhaupt nicht mehr der Aufsichtsbeschwerde. Hat er sich damals als Konkursverwalter einer schuldhaften Pflichtverletzung schuldig gemacht und dadurch Schaden verursacht, kann er allenfalls gemäss Art. 5 SchKG auf Schadenersatz belangt werden, aber vor dem Zivilrichter, nicht vor den Aufsichtsbehörden. Wo die Aufsichtsbeschwerde nicht mehr zur Erreichung eines praktischen Verfahrenszweckes zu führen geeignet ist, kann sie auch nicht zur blossen Feststellung einer behaupteten schuldhaften Pflichtverletzung benutzt werden, was darauf hinausliefe, dass die Aufsichtsbehörde dem Zivilrichter in seiner Beurteilung vorgriffe. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
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Urteilskopf 108 II 35 6. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 22 février 1982 dans la cause Métrailler contre Claivaz (recours en réforme)
Regeste Begründung eines dinglichen Rechts auf einen Überbau ( Art. 674 Abs. 3 ZGB ); Miteigentum ( Art. 648 Abs. 2 ZGB ). 1. Der Inhaber eines Miteigentumsanteiles kann die Begründung eines dinglichen Rechts auf einen Überbau ( Art. 674 Abs. 3 ZGB ) nur zu Gunsten des Grundstücks verlangen, an dem er Miteigentümer ist, nicht aber nur zu Gunsten seines eigenen Anteils (Erw. 2a). 2. Allein kann der Miteigentümer die Begründung eines dinglichen Rechts zu Gunsten des Grundstücks, an dem er Miteigentum hat, nur verlangen, wenn das dingliche Recht unentgeltlich ist und es keine Verpflichtung für die übrigen Miteigentümer mit sich bringt. Vorbehalten bleibt freilich eine von den Miteigentümern einstimmigg beschlossene abweichende Regelung (Erw. 2b).
Sachverhalt ab Seite 35 BGE 108 II 35 S. 35 A.- La société Sival S.A. a vendu, le 11 juin 1964, trois parts de copropriété sur l'immeuble bâti no 143 du registre foncier de la BGE 108 II 35 S. 36 commune de Martigny. L'une, de 1/8, a été achetée par Mario Métrailler; elle bénéficie de la jouissance exclusive d'un appartement, d'un galetas et d'une cave, dont Métrailler était locataire depuis 1955 déjà. Une part de 2/8 a été achetée par Georges Claivaz, qui s'est aperçu quelques mois plus tard que des annexes de ses locaux situés sur l'immeuble no 142 étaient bâties sur la parcelle no 2945, contiguë audit immeuble. Claivaz a obtenu la cession gratuite de la parcelle no 2945 de la Banque Closuit & Cie S.A. qui en était alors propriétaire. B.- Suite à des recherches au registre foncier, Blanche Claivaz a fait signifier à Métrailler que la cave qu'il utilisait se trouvait sur la parcelle no 2945 dont elle était devenue propriétaire par voie successorale, et l'a invité à libérer ce local. C.- Après avoir obtenu des mesures provisionnelles faisant défense à dlle Claivaz de poursuivre des travaux qu'elle avait entrepris, dans la mesure où ils portaient atteinte à la cave dont il avait la jouissance, Métrailler a ouvert action contre elle. Il a conclu notamment à ce qu'une servitude d'empiétement soit constituée en faveur de l'immeuble no 142, fonds dominant, sur l'immeuble no 2945, fonds servant, pour la cave, la salle de bains et la terrasse faisant partie de son appartement, ainsi qu'une servitude de passage à pied sur le no 2945 au profit du no 142. La défenderesse a acquiescé au chef de conclusions tendant à la création d'une servitude d'empiétement pour la salle de bains et la terrasse, et s'est opposée à la demande pour le surplus. Les parties ont déposé au Tribunal cantonal une convention, en date du 24 avril 1980, dans laquelle Blanche Claivaz déclare admettre l'inscription d'une "servitude d'empiétement en faveur de l'immeuble no 142... pour la salle de bains et la terrasse du premier étage, en faveur de l'appartement ... de ... Métrailler"; la convention règle en outre la répartition des frais d'entretien, de rénovation et de réfection de la terrasse. Le 29 avril 1980, le Tribunal cantonal du Valais a pris acte de cet accord, qui rendait sans objet les conclusions relatives à l'empiétement existant pour la salle de bains et la terrasse de l'appartement de Métrailler, et a rejeté les autres chefs de la demande. Les frais de procédure et de jugement ont été mis à la charge du demandeur. D.- Métrailler recourt en réforme au Tribunal fédéral contre ce jugement, concluant à ce que le droit réel d'empiétement réclamé pour la cave litigieuse soit constitué, que le conservateur du BGE 108 II 35 S. 37 registre foncier soit requis d'inscrire cette servitude en faveur de l'immeuble no 142, fonds dominant, sur l'immeuble no 2945, fonds servant, ainsi qu'une servitude de passage à pied sur le no 2945 au profit du no 142. Il demande en outre qu'il soit définitivement interdit à la défenderesse de poursuivre les travaux sur le no 2945 en tant qu'ils touchent à sa cave et que la sûreté de 5'000 fr. qu'il a déposée lui soit restituée. Subsidiairement, il conclut à l'annulation du jugement entrepris et au renvoi de l'affaire au Tribunal cantonal pour nouvelle décision. L'intimée n'a pas déposé de réponse au recours. Le Tribunal fédéral rejette le recours. Erwägungen Considérant en droit: 2. a) Les premiers juges estiment pertinemment que Métrailler a eu raison de ne pas demander la constitution, en faveur de sa propre part de copropriété, d'un droit réel d'empiétement sur la parcelle no 2945, ayant pour objet la cave dont il a la jouissance exclusive, mais de conclure à ce que ce droit soit constitué au profit de l'immeuble bâti no 142, dont il est copropriétaire pour 1/8 (MENGIARDI, Die Errichtung von beschränkten dinglichen Rechten zugunsten und zu Lasten von Miteigentumsanteilen, p. 133 ss et p. 139/148; LIVER, n. 44 ss ad art. 730; LEEMAN, n. 10 ad art. 730; WIELAND, n. 10 ad art. 646 et n. 9 ad art. 730). b) Mais la question se pose de savoir si, comme copropriétaire pour 1/8 de l'immeuble bâti no 142, Métrailler peut agir seul en justice aux fins de faire prononcer par le juge la constitution d'un droit réel d'empiétement sur la parcelle no 2945 pour la cave litigieuse. La Cour cantonale relève, à juste titre, que, selon l' art. 648 al. 2 CC , le concours de tous les copropriétaires est nécessaire pour la constitution de droits réels, à moins qu'ils n'aient unanimement établi d'autres règles à cet égard, ce qui n'est pas le cas en l'espèce. Selon les auteurs qu'elle cite (LEEMAN, n. 25 ad art. 648 CC ; MEIER-HAYOZ, n. 27 ad art. 648; SCHNEIDER, Das schweizerische Miteigentumsrecht, thèse Berne 1973, p. 70), l'unanimité des copropriétaires est nécessaire, non seulement pour la constitution de droits réels grevant l'immeuble en copropriété, mais aussi pour la création de tels droits en faveur dudit immeuble; cela découle du texte français de l' art. 648 al. 2 CC . Dans l'espèce, Métrailler a ouvert action seul contre la propriétaire de la parcelle BGE 108 II 35 S. 38 no 2945 en vue d'obtenir l'attribution par le juge de l'empiétement et du droit de passage litigieux. Il ne prétend pas, ni n'établit, avoir recueilli l'accord de tous les copropriétaires, ni avoir obtenu pouvoir de leur part d'agir en leur nom comme représentant. Cela étant, il n'a pas la qualité pour agir, et partant son action doit être rejetée sans autre examen. La Cour cantonale, se référant à l'opinion exprimée par MENGIARDI (op. cit. p. 150 s.), estime avec raison que, s'agissant de la constitution d'un droit réel en faveur de la chose, vu l'art. 648 a. 2 CC et faute d'une réglementation conventionnelle différente établie unanimement, un copropriétaire ne peut être considéré comme habilité à agir seul que si ledit droit réel est constitué à titre gratuit et qu'il n'entraîne aucune obligation pour les autres copropriétaires. Cette absence de charge peut être réalisée d'emblée ou résulter d'un engagement du copropriétaire agissant seul de reprendre à son compte exclusif toutes obligations afférentes au droit réel visé. Les premiers juges sont, à juste titre, de l'avis que ces conditions ne sont pas réunies en l'espèce. Que les dispositions de l' art. 674 al. 3 CC aient été applicables in casu directement ou par analogie, disent-ils pertinemment, le droit réel d'empiétement pour la cave litigieuse ne pouvait être constitué sur la parcelle no 2945 au profit de l'immeuble en copropriété no 142 que contre paiement d'une équitable indemnité (art. 674 al. 3 in fine CC). Il n'importe pas à cet égard que la défenderesse n'en ait pas réclamé, par des conclusions reconventionnelles subsidiaires, dans le procès dirigé contre elle par Métrailler. Elle conserve le droit d'exiger une telle indemnité, au besoin par une nouvelle action introduite contre les copropriétaires de l'immeuble no 142 (cf. ATF 78 II 139 /140 consid. 8). D'autre part, relève le Tribunal cantonal, le demandeur a contesté qu'une quelconque indemnité fût due à la défenderesse; il n'a pas non plus déclaré qu'il la prendrait à sa charge exclusive au cas où elle serait reconnue à dame Claivaz. Métrailler n'a enfin pas pris l'engagement de supporter seul toutes les obligations d'entretien découlant de ces droits réels et à en libérer les autres copropriétaires. Il ne suffit manifestement pas à cet égard que la convention du 9 juin 1964 instituant la copropriété prévoit que chacun des copropriétaires "est autorisé à faire, pour son propre compte et sans en référer à ses copropriétaires toutes les réparations d'entretien et modifications utiles dans les locaux dont il a la jouissance". Le fait que l'empiétement demandé concerne BGE 108 II 35 S. 39 la cave dont le demandeur prétend avoir la jouissance exclusive ne permet à l'évidence pas non plus de considérer qu'il se reconnaît tenu de prendre à son compte et à l'entière libération de tous les autres copropriétaires les obligations en rapport avec ce droit réel, y compris le versement d'une indemnité équitable au propriétaire du fonds servant, si elle se révèle due. Cela étant, la Cour cantonale considère à juste titre que les conditions qui doivent être réalisées pour qu'un propriétaire puisse agir seul, s'agissant de la constitution d'un droit réel en faveur de la chose, ne sont pas données en l'espèce, et que Métrailler n'avait partant pas la qualité pour agir dans le procès qu'il avait ouvert contre dame Claivaz, sans le concours de tous les autres copropriétaires. La juridiction valaisanne souligne, également de manière pertinente, que le demandeur ne saurait prétendre que l'action fondée sur l' art. 674 al. 3 CC est de caractère constatatoire et que, partant, un seul copropriétaire a qualité pour l'intenter. En effet, le droit réel d'empiétement revendiqué par voie judiciaire ( art. 674 al. 3 CC ) n'existe que dès l'entrée en force du jugement, lequel est formateur, et c'est uniquement l'inscription postérieure qui n'a qu'un effet déclaratif ( ATF 78 II 137 ; MEIER-HAYOZ, n. 80 ad art. 674 CC ).
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Urteilskopf 91 IV 136 36. Urteil des Kassationshofes vom 6. Mai 1965 i.S. Porta gegen Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft.
Regeste Art. 220 StGB , Täterschaft bei Entziehung und Vorenthalten von Unmündigen. Täter kann auch der Ehegatte sein, dem das Kind bei der richterlich bewilligten Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes durch Zuteilung an den andern Ehegatten weggenommen wurde.
Sachverhalt ab Seite 136 BGE 91 IV 136 S. 136 A.- Durch Verfügung vom 9. November 1964 bewilligte der Gerichtspräsident von Arlesheim als Eheschutzrichter gestützt auf Art. 169 ZBG die Aufhebung des ehelichen Haushaltes der Eheleute Porta-Mahnig, sprach die Kinder Manuela, geboren 1961, und Giovanni, geboren 1964, für die Dauer der Trennung der Ehefrau zur Pflege und Erziehung zu, setzte die vom Ehemann zu zahlenden Unterhaltsbeiträge fest und ordnete sein Besuchsrecht. Am 18. Dezember 1964 erschien Porta unter dem Vorwand, sein Besuchsrecht ausüben zu wollen, in der Wohnung der Ehefrau in Allschwil und nahm die beiden Kinder mit sich. Statt sie der Ehefrau zurückzubringen, führte er sie im Auto nach Gurro (Italien), wo er sie seinen Eltern übergab, damit sie von diesen auferzogen würden. Seither befinden sie sich in Gurro. Porta weigert sich, sie in die Obhut der Mutter zurückzubringen. B.- Auf Antrag der Ehefrau verurteilte das Strafgericht des Kantons Basel-Landschaft Porta wegen Entziehung von Unmündigen im Sinne von Art. 220 StGB zu vier Monaten Gefängnis und wies ihn gestützt auf Art. 55 StGB auf die Dauer von fünf Jahren aus der Schweiz aus. Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft bestätigte am 12. März 1965 das strafgerichtliche Urteil mit der Ausnahme, dass es die Landesverweisung aufhob. BGE 91 IV 136 S. 137 C.- Porta führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, ihn freizusprechen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Nach Art. 220 StGB wird, auf Antrag, mit Gefängnis oder Busse bestraft, wer eine unmündige Person dem Inhaber der elterlichen Gewalt entzieht oder vorenthält. Zu entscheiden ist, ob der Täter auch der Ehegatte sein kann, dem das Kind bei der richterlich bewilligten Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes durch Zuteilung an den andern Ehegatten weggenommen wurde. Der Beschwerdeführer bestreitet dies; zu Unrecht. Wie in BGE 80 IV 70 ausgeführt wurde, besteht das Entziehen oder Vorenthalten im Sinne der angeführten Bestimmung in einem Tun oder Lassen, durch das der Inhaber der elterlichen oder vormundschaftlichen Gewalt gehindert wird, über die unmündige Person, insbesondere über ihren Aufenthaltsort, ihre Erziehung, ihre Lebensgestaltung frei zu verfügen. Diese Befugnis steht auf Grund der richterlichen Anordnung allein dem Ehegatten zu, dem das Kind zugeteilt worden ist. Daher wird sie durch Art. 220 StGB gegenüber dem andern Ehegatten in gleicher Weise wie gegenüber Dritten geschützt. Dass dieser andere Elternteil nach herrschender Lehre trotz Einschränkung in seiner Verfügungsberechtigung über die Kinder noch als Mitinhaber der elterlichen Gewalt angesehen wird, ändert in diesem Zusammenhang nichts. Entscheidend bleibt, dass ihm im Rahmen der richterlichen Regelung das Recht entzogen ist, über den Aufenthalt, die Pflege und Erziehung der Kinder zu bestimmen. Tut er dies gleichwohl, indem er die Kmder dem Verfügungsberechtigten entzieht oder vorenthält, so ist der erwähnte Straftatbestand nicht minder erfüllt, als wenn ein Dritter Täter wäre. Die Verurteilung nach Art. 220 StGB erfolgte daher zu Recht. Welches die Beweggründe zur Tatbegehung des Beschwerdeführers einerseits und zur Erhebung des Strafantrages der Geschädigten anderseits waren, ist dabei unerheblich. Sollte der Beschwerdeführer gemäss seinem Vorbringen im kantonalen Verfahren wirklich der Meinung sein, die Kinder würden von der Mutter nicht richtig gepflegt, so stünde es ihm frei, an den Eheschutzrichter zu gelangen, um die Verhältnisse überprüfen zu lassen und gegebenenfalls auf eine Änderung der bisherigen Massnahmen durch den Richter BGE 91 IV 136 S. 138 hinzuwirken. Keinesfalls stand es ihm zu, das ihm Gutscheinende eigenmächtig zu erzwingen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 99 V 16 4. Extrait de l'arrêt du 10 mai 1973 dans la cause Caisse nationale suisse d'assurance en cas d'accidents contre Stumpf et Tribunal des assurances du canton de Neuchâtel
Regeste Invalidenrente ( Art. 78 Abs. 1 KUVG ). Massgebender Verdienst bei Rückfall oder Spätfolgen. Bemerkungen de lege ferenda.
Erwägungen ab Seite 16 BGE 99 V 16 S. 16 Considérant en droit: 1. Selon l'art. 77 LAMA, la rente d'invalidité s'élève à 70% du gain annuel de l'assuré, pour une incapacité de gain totale. En cas d'incapacité partielle, la rente est réduite en proportion. Aux termes de l'art. 78 al. 1 LAMA,le gain annuel s'entend du salaire que l'assuré a gagné, dans l'entreprise soumise à l'assurance, durant l'année qui a précédé l'accident. Les art. 78 al. 4 et 79 LAMA prévoient des exceptions à la règle de l'art. 78 al. l'dans des hypothèses étrangères à la présente espèce. Selon MAURER ("Recht und Praxis der schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung", 2e édition, pp. 234-235 ch. 3) l'art. 78 al. 1 ne pose pas comme critère ce que le sinistré aurait probablement gagné à l'avenir, mais les conditions de rémunération qui existaient réellement avant l'accident. En cela, il préfère à une solution purement hypothétique une base solide, que d'ordinaire on établit sans difficulté. Par cette schématisation, relève MAURER, on a non seulement cherché à simplifier du point de vue administratif la détermination du gain annuel entrant en considération, mais encore à faire coincider la base de la prestation d'assurance la plus importante avec celle du niveau des primes. Toujours selon MAURER (p. 253 ch. 4), les rechutes et les suites tardives qui surviennent après qu'une rente temporaire a pris fin doivent être annoncées et traitées comme de nouveaux accidents, sans qu'on puisse opposer au requérant la péremption BGE 99 V 16 S. 17 instaurée par l'art. 80 al. 2 LAMA en matière de revision de la rente. L'opinion de l'auteur est d'ailleurs conforme à la pratique. Le Tribunal fédéral des assurances a précisé que, même dans ce cas, le gain qui détermine le montant de la rente est le salaire réalisé durant l'année qui a précédé l'accident proprement dit et non durant l'année qui a précédé la rechute ou la suite tardive (arrêt de la IIe Section en la cause Tridondane, du 7 juin 1960, non publié mais cité par MAURER, loc.cit. note 166a). 2. En l'espèce, la seule question litigieuse est celle du choix du salaire annuel déterminant. Est-ce celui qui a précédé l'accident du 29 juin 1935, à savoir 2240 fr., ou celui qui a précédé la séquelle tardive de 1968, à savoir quelque 19 000 fr. si l'on en croit l'intimé et qu'on considère comme date de la séquelle celle où elle a été annoncée, donc septembre 1968? La Caisse nationale s'en tient au premier terme de l'alternative, ainsi que le Tribunal fédéral des assurances dans l'arrêt Tridondane. Les premiers juges et l'intimé estiment que seul le second terme répond aux exigences de l'équité. Avant d'examiner les avantages et les inconvénients de chacune des solutions, il y a lieu de rechercher si le juge est libre d'adopter l'une ou l'autre ou si, comme la recourante le soutient, des textes légaux clairs et sans lacune imposent de s'en rapporter à l'accident originel. Lorsque l'art. 78 al. 1 LAMA par le de "l'année qui a précédé l'accident", il ne définit pas - non plus qu'aucune autre disposition légale - le concept d'accident. C'est la jurisprudence qui a décrit l'accident comme étant une atteinte dommageable soudaine et involontaire, portée au corps humain par une cause extérieure plus ou moins exceptionnelle. L'accident se compose donc d'événements qui se produisent simultanément (la cause extérieure et l'atteinte soudaine et involontaire portée au corps humain) et d'un événement qui peut survenir soit simultanément soit - en tout ou partie - plus tard (le dommage). Dans ces circonstances, ce ne serait pas contrevenir au texte de l'art. 78 al. 1 que de l'interpréter dans ce sens que, lorsqu'un assuré souffre d'une rechute ou d'une séquelle tardive après l'expiration d'une rente temporaire, l'époque du dommage l'emporte sur le moment de l'atteinte soudaine et de sa cause quant à la fixation du salaire déterminant. En disant, au regard des dispositions sur la revision, que rechute et suite tardive doivent être annoncées et traitées comme un nouvel accident, le Tribunal fédéral des assurances a pris BGE 99 V 16 S. 18 autant deliberté à l'égard de l'art. 80 LAMA qu'il n'en prendrait à l'égard de l'art. 78 en poussant l'assimilation jusqu'à faire du jour de ce "nouvel accident" celuijusqu'auquel on compterait le gain annuel. 3. Au sujet des avantages et des inconvénients de chacune des thèses en présence, ou plus exactement de leur compatibilité avec la structure de l'assurance de rente instituée par la LAMA, il faut considérer ceci: a) Il sera en général plus facile d'établir la date de ce qu'on pourrait appeler l'accident originel (cause extérieure, atteinte subite et involontaire portée au corps humain et, le cas échéant, dommage immédiat ou manifesté à court terme) que celle d'une rechute ou d'une suite tardive. Pourtant, cette objection n'a pas détourné la pratique de considérer, dans le domaine de l'art. 80 LAMA, quela rechute et la suite tardive doivent être annoncées comme un accident. Or, un accident doit être annoncé sans retard (art. 69 LAMA), sous peine des sanctions de l'art. 70. Cela ne laisse pas de poser aussi, sur le terrain de la pratique susmentionnée, le problème de la date de l'événement assuré. b) Il y a une correspondance entre le montant des primes perçues par la Caisse nationale pour l'assuré jusqu'à la date de l'accident originel, d'une part, et, d'autre part, la gravité des risques que courait l'assuré durant cette période, risques dont l'un s'est réalisé par l'accident en question. Or, du point de vue du risque, cet accident - avec ses conséquences proches ou lointaines - forme un tout. Les primes perçues à un moment donné sont en fonction du salaire réalisé à cette époque. La perte dudit salaire constitue l'un des éléments du risque, dont la couverture s'étend aux conséquences lointaines de l'événement assuré, que l'intéressé soit depuis lors resté ou rentré au service d'une entreprise assujettie ou non. Dans cette dernière hypothèse, déterminer la perte de gain à prendre en considération sur la base du revenu réalisé dans une maison non soumise à l'assurance-accidents obligatoire serait difficilement conciliable avec le texte de l'art. 78 al. 1 LAMA. Il n'est en outre guère concevable de faire dépendre les prestations de la Caisse nationale, en cas de rechute ou de suite tardive, de la carrière de l'assuré postérieure à l'événement du risque. Quant aux primes que l'assurance a peut-être perçues ultérieurement, elles étaient destinées à couvrir l'assuré contre de nouveaux accidents. Cette argumentation, qu'on trouve - en partie au moins - BGE 99 V 16 S. 19 dans l'arrêt Tridondane, serait irréfutable si la conjoncture était stable ou si les allocations de renchérissement versées par la Caisse nationale compensaient effectivement la diminution du pouvoir d'achat de la monnaie et les augmentations de salaire massives intervenues depuis le moment où une rente a été fixée, ces dernières années surtout. Néanmoins, la Cour de céans ne voit pas la possibilité de revenir sur la jurisprudence rappelée cidessus et de confirmer la solution adoptée par les premiers juges. En effet, vu ce qui a été exposé plus haut, on doit constater que ladite solution est contraire à la structure actuelle de l'institution. On se trouve dans un autre domaine que celui des conditions de la revision de la rente de l'art. 80 LAMA: le domaine de la délimitation du risque assuré. L'ampleur des problèmes liés à celui de la fixation du gain déterminant en cas de rechute ou de suite tardive d'un accident exige qu'une éventuelle modification du système se fasse au moyen d'une revision de la loi...
null
nan
fr
1,973
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6b4c05a8-3849-4ad9-b8fb-346dc4e339be
Urteilskopf 122 I 11 4. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Januar 1996 i.S. Peter Jans und Jürg Diggelmann gegen Stadtrat der Stadt St. Gallen sowie Regierung und Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 85 lit. a OG . Finanzreferendum. Gemeindeordnung und Finanzreglement der Stadt St. Gallen; Schutzbautenverordnung vom 27. November 1978 (BMV). Kredit für die Erstellung einer Bereitstellungsanlage für den Zivilschutz als neue Ausgabe (E. 2b). Bei der Ermittlung der massgeblichen Kosten nach dem Nettoprinzip darf die Gemeinde den aus Ersatzbeiträgen für nicht erstellte Schutzräume ( Art. 7 BMV ) finanzierten Teil nicht von den Gesamtkosten der Vorlage in Abzug bringen; eine solche Fondsentnahme gilt weder als Beitrag eines Dritten noch als dem Referendum nicht unterstehende zweckgebundene Ausgabe (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 12 BGE 122 I 11 S. 12 Am 3. Dezember 1985 und am 14. Januar 1986 beschloss der Stadtrat der Stadt St. Gallen (Exekutive) Verpflichtungskredite von insgesamt Fr. 190'000.-- für die Projektierung einer Bereitstellungsanlage mit Sanitätsposten für den Zivilschutz bei der Klinik Stephanshorn. Der Standort wurde in der Folge in die benachbarte Schulliegenschaft Zil verlegt. Mit Interpellation vom 26. Oktober 1993 stellten Gemeinderat Peter Jans und 22 Mitunterzeichner dem Stadtrat verschiedene Fragen zur Zivilschutzanlage Zil, insbesondere zum Auftraggeber des Projekts, zu den bereits angefallenen und den noch zu erwartenden Kosten sowie der weiteren Behandlung des Bauvorhabens. Am 1. Februar 1994 fasste der Stadtrat folgenden Beschluss: "Das Projekt für die Erstellung einer Bereitstellungsanlage mit Sanitätsposten und Quartier-Kommandoposten nordwestlich der Sekundarschule Zil im Kostenbetrage von Fr. 1'700'000.-- wird gutgeheissen und dafür, nach Abzug der zweckgebundenen Mittel aus der Spezialfinanzierung für die Erstellung und Einrichtung öffentlicher Schutzräume von Fr. 1'600'000.--, ein Verpflichtungskredit von Fr. 100'000.-- erteilt." Mit Beschluss vom 15. März 1994 beantwortete der Stadtrat die Interpellation Jans vom 26. Oktober 1993. Er führte im wesentlichen aus, die Erstellung und Ausrüstung von Bereitstellungsanlagen (BSA) für den Zivilschutz erfolgten durch die Politische Gemeinde aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen von Bund und Kanton. Nach der im Zuge der Zivilschutz-Reform 95 überarbeiteten generellen Zivilschutzplanung müssten in der Stadt noch zwei BSA, eine im Osten (Zil) und eine im Westen (Winkeln), erstellt werden. Die Projektierung der Anlage Zil sei abgeschlossen, und die Baubewilligung sei rechtskräftig. Die Projektierung habe Fr. 180'000.-- gekostet, die der Stadtrat in eigener Kompetenz im Rahmen des Voranschlags der Investitionsrechnung gesprochen habe. Von den 1,7 Mio. Franken Gesamtkosten würden 1,6 Mio. Franken aus dem aus BGE 122 I 11 S. 13 Ersatzabgaben für nichterstellte Schutzbauten geäufneten Spezialfinanzierungskonto gedeckt; der zu Lasten des allgemeinen Haushalts anfallende Anteil von Fr. 100'000.-- habe der Stadtrat in eigener Kompetenz beschlossen, weshalb eine Vorlage an den Grossen Gemeinderat nicht notwendig sei. Am 5. April 1994 erhoben Peter Jans und Jürg Diggelmann Rekurs bei der Regierung des Kantons St. Gallen. In der Sache beantragten sie, es sei festzustellen, dass der Stadtrat mit seinem Beschluss vom 1. Februar 1994, 1,7 Mio. Franken für den Bau der Zivilschutzanlage Zil auszugeben, seine Finanzkompetenzen überschritten habe, und der Stadtrat sei anzuweisen, den Kredit dem Grossen Gemeinderat zur Beschlussfassung vorzulegen. Die Regierung wies den Rekurs am 19. April 1995 ab. Den Rekursentscheid der Regierung fochten Peter Jans und Jürg Diggelmann mit Beschwerde vom 9. Mai 1995 beim Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen an, beantragten dessen Aufhebung und wiederholten im übrigen die bereits vor der Regierung gestellten Anträge. Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde am 25. September 1995 ab. Dieses Urteil fechten Peter Jans und Jürg Diggelmann mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 2. November 1995 an und beantragen u.a. dessen Aufhebung. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und hebt das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts auf. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Die Ausgabenkompetenzen in der Stadt St. Gallen sind, soweit sie hier interessieren, wie folgt geregelt: Dem Stadtrat stehen Ausgabenbeschlüsse über neue einmalige Ausgaben mit Investitionscharakter bis zu 200'000 Franken zu (Art. 41 Ziff. 1 lit. b der Gemeindeordnung vom 20. Mai 1984 [GO]). Der Grosse Gemeinderat beschliesst, unter dem Vorbehalt des Referendums, über neue Ausgaben, für die nicht der Stadtrat zuständig ist (Art. 34 Ziff. 4 GO). Dem fakultativen Referendum unterstehen neue einmalige Ausgaben von 500'001 bis 6'000'000 Franken (Art. 7 Ziff. 6 GO); Ausgabenbeschlüsse des Grossen Gemeinderates über Beträge von 200'001 bis 500'000 Franken unterstehen dem fakultativen Referendum, wenn 21 Mitglieder unmittelbar nach der Beratung die Unterstellung verlangen (Art. 7 Ziff. 13 GO). BGE 122 I 11 S. 14 b) Sowohl die Beschwerdeführer wie auch die Regierung und das Verwaltungsgericht gehen davon aus, dass die Erstellung der BSA eine neue Ausgabe erfordert, sich somit die Frage nach dem zuständigen Organ bzw. der Referendumspflicht nach deren Höhe richtet. Die Regierung begründet das damit, dass die Stadt St. Gallen "beim Bau von Zivilschutzanlagen über einen relativ grossen Entscheidungsspielraum bezüglich Umfang der Ausgabe, Zeitpunkt ihrer Vornahme und anderer Modalitäten" verfüge. Auch das Bundesgericht betrachtet, wenn keine abweichende kantonale Regelung besteht, eine Ausgabe dann als neu, wenn dem Gemeinwesen bei der Erfüllung der fraglichen Aufgabe ein erheblicher Entscheidungsspielraum zusteht, der Ausgabenentscheid sich nicht im blossen Gesetzesvollzug erschöpft. Dementsprechend hat es den Kredit für den Bau einer Zivilschutzanlage in Dietikon, bei welchem der Gemeinde (wie im vorliegenden Fall) in sachlicher, örtlicher und zeitlicher Hinsicht ein erheblicher Entscheidungsspielraum zustand, als neue, nicht als gebundene Ausgabe beurteilt ( BGE 115 Ia 139 E. 2c, 3 und 4 S. 142 ff.; anders verhielt es sich bei der Erstellung einer Sanitätshilfsstelle in Heiden, wofür der Gemeinde kein erhebliches Ermessen zustand, unveröffentlichter Entscheid vom 16. Dezember 1992 i.S. W.). Die Kosten für die Erstellung der BSA unter den vorliegenden Umständen als neue Ausgabe zu behandeln, entspricht somit der Rechtsprechung des Bundesgerichts. c) Streitig ist, wie der Kreditbetrag für die Bestimmung des zuständigen Organs zu ermitteln ist. Einig sind sich die Beteiligten darin, dass dabei das sogenannte Nettoprinzip zur Anwendung kommt, was bedeutet, dass derjenige Betrag massgebend ist, den das Gemeinwesen selber aufzubringen hat. Das Nettoprinzip ist im Staatsrecht des Kantons St. Gallen offenbar seit der Einführung des Finanzreferendums unbestritten (H. OESTER, Das Finanzreferendum im Kanton St. Gallen, St. Galler Diss., Winterthur 1962, S. 145 ff.); für die Stadt St. Gallen sieht Art. 35 Abs. 2 des Finanzreglements vom 19. Mai 1987 (FR) ausdrücklich vor, dass Verpflichtungskredite netto zu beschliessen sind, "wenn die Beiträge Dritter in ihrer Höhe gesetzlich festgelegt oder rechtskräftig zugesichert sind oder wenn er unter dem Vorbehalt bestimmter Leistungen Dritter erteilt wird". Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Nettoprinzip bestehen nicht (Entscheid des Bundesgerichts vom 29. November 1988 in ZBl 90 1989 129 E. 2b; BGE 100 Ia 366 E. 4b S. 375; kritisch dazu allerdings I. GRAF, Problem Finanzreferendum, Berner Diss., Grüsch 1989, S. 120 ff.). BGE 122 I 11 S. 15 d) Die Beschwerdeführer bringen vor, dass nach Art. 35 Abs. 2 FR ausdrücklich nur Beiträge Dritter, nicht aber Entnahmen aus städtischen Spezialfinanzierungen von der Gesamtkreditsumme in Abzug gebracht werden dürften. Das Verwaltungsgericht führt dazu aus, Art. 35 Abs. 2 FR lasse sich tatsächlich in dem Sinne verstehen, dass nur Beiträge Dritter an klar umschriebene Investitionsvorhaben abzugsfähig seien. Die Ersatzabgabe der Hauseigentümer, die von der Pflicht zur Erstellung privater Schutzräume dispensiert worden seien, sei nicht an ein konkretes Vorhaben gebunden, sondern in das Finanzierungskonto für die Erstellung und Einrichtung öffentlicher Schutzräume zu leisten; man könne sich daher fragen, ob das Nettoprinzip zur Anwendung gelangen könne. Es hielt diese Frage aber nicht für entscheidend, weil es den Kanton als über dieses Finanzierungskonto verfügungsberechtigtes Gemeinwesen ansah; daraus leitete es ab, dass Entnahmen daraus als kantonale Beiträge so oder so als Beiträge Dritter im Sinne von Art. 35 Abs. 2 FR von der Gesamtkreditsumme abzugsfähig gewesen seien. 3. a) Nach Art. 2 Abs. 1 des Schutzbautengesetzes vom 4. Oktober 1963 (SR 520.2; BMG) in der hier anwendbaren, bis Ende 1994 geltenden Fassung (AS 1994 2670) sind die Hauseigentümer verpflichtet, in allen üblicherweise mit Kellergeschossen versehenen Neubauten sowie bei wesentlichen Umbauten solcher Gebäude Schutzbauten zu erstellen. Nach Abs. 3 können die Kantone in besonderen Fällen Ausnahmen anordnen; ergeben sich daraus für den Hauseigentümer Einsparungen, so hat er eine gleichwertige Ersatzabgabe für die Erstellung öffentlicher Schutzbauten zu leisten. Die Ersatzbeiträge werden in der Schutzbautenverordnung vom 27. November 1978 (SR 520.21; BMV) in der hier anwendbaren, bis Ende 1994 geltenden Fassung (AS 1994 2674) näher geregelt. Deren Art. 7 lautet: "1Die Ersatzbeiträge werden von der Gemeinde für die Erstellung, Erneuerung und Ausrüstung von öffentlichen Schutzbauten, insbesondere von öffentlichen Schutzräumen, verwendet. Sind in einer Gemeinde die vorgeschriebenen öffentlichen Schutzbauten erstellt und ausgerüstet, so kann der Kanton die Verwendung der Ersatzbeiträge für weitere Zivilschutzmassnahmen freigeben. 2Die einer Gemeinde von den Hauseigentümern entrichteten Ersatzbeiträge sind bei der Erstellung, Erneuerung und Ausrüstung der nächsten öffentlichen Schutzbaute von den beitragsberechtigten Kosten abzuziehen. 3Die Kantone können anordnen, dass Ersatzbeiträge zur ganzen oder teilweisen Deckung des Gemeindeanteils der Kosten zur Erstellung und BGE 122 I 11 S. 16 Ausrüstung öffentlicher Schutzbauten in anderen, finanzschwachen Gemeinden verwendet werden." b) Die Gemeinden sind von Bundesrechts wegen die Hauptträger des Zivilschutzes auf ihrem Gebiet (Art. 10 Abs. 1 des Zivilschutzgesetzes vom 23. März 1962; SR 520.1; ZSG). Die Pflicht, Schutzräume zu erstellen bzw. erstellen zu lassen, trifft die Gemeinden, nicht den Kanton ( Art. 1 BMG ); diese erheben die Ersatzabgabe ( Art. 6 Abs. 4 BMV ), führen das entsprechende Konto in ihrer Rechnung und verwenden die Ersatzbeiträge nach der Vorschrift von Art. 7 Abs. 1 BMV . Zu Unrecht will das Verwaltungsgericht aus Art. 7 Abs. 2 BMV ableiten, dass nicht die Gemeinde, sondern der Kanton (durch das kantonale Amt für Zivilschutz) über den Einsatz der Mittel verfüge. Diese Bestimmung stellt lediglich klar, dass sich der Bund nur an Kosten beteiligt, die nicht durch eingegangene Ersatzbeiträge gedeckt sind. Die Ersatzbeiträge stehen nach der insoweit klaren bundesrechtlichen Regelung der Gemeinde zu. Ob sie diese Mittel in eigener Kompetenz oder, wie das Verwaltungsgericht ausführt, nur im Einverständnis mit dem Kanton einsetzen darf, ändert daran nichts. Das gleiche gilt, soweit der Kanton nach Art. 7 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 BMV in besonderen Fällen eine andere Verwendung der Ersatzbeiträge anordnen kann. Die Entnahme von Mitteln für eine kommunale Schutzbaute aus dem mit Ersatzbeiträgen geäufneten Finanzierungskonto kann somit nicht als Drittbeitrag des Kantons im Sinne von Art. 35 Abs. 2 FR betrachtet werden. c) Stehen die Ersatzbeiträge der Gemeinde zu, so stellen sie eine kraft Bundesrecht für eine bestimmte Aufgabe - die Erstellung, Erneuerung und Ausrüstung von öffentlichen Schutzbauten - reservierte Spezialfinanzierung der Gemeinde dar (Art. 19 Abs. 1 FR). Die Ersatzbeiträge werden nicht für ein konkretes Vorhaben geleistet; die Beitragspflicht knüpft einzig daran an, dass ein Hauseigentümer von der Pflicht zur Erstellung von Schutzräumen befreit wurde ( Art. 1 Abs. 3 BMG ). Die Gemeinde anderseits muss die vorgeschriebenen öffentlichen Schutzräume errichten, auch wenn die eingegangenen Ersatzbeiträge für deren Finanzierung nicht ausreichen. Auch die Ersatzpflichtigen können daher nicht als Dritte im Sinne von Art. 35 Abs. 2 FR betrachtet werden, deren Beiträge von der gesamten Baukreditsumme für ein konkretes Projekt abgerechnet werden können. d) Bei einer ganz oder teilweise aus einem Fonds finanzierten Ausgabe erfolgt eine erste Zweckbindung bereits mit der Fondseinlage, so dass BGE 122 I 11 S. 17 gegebenenfalls diese als neue, der Volksabstimmung zu unterwerfende Ausgabe in Betracht fällt. Ob auch die Fondsentnahme als eine neue, referendumspflichtige Ausgabe zu betrachten ist, hängt davon ab, in welchem Masse die Zweckbestimmung des Fonds beim Entscheid darüber einen entsprechenden Spielraum offenlässt oder nicht (vgl. den Entscheid des Bundesgerichts vom 12. Juli 1989 in ZBl 91 1990 121 E. 3 und BGE 96 I 705 E. 4). Die Ersatzbeiträge im Zivilschutz gemäss Art. 7 BMV und die entsprechenden Fondseinlagen haben ihre Rechtsgrundlage im Bundesrecht, so dass in bezug auf die Fondseinlage ein kommunales Finanzreferendum ausscheidet. Der mit den Ersatzbeiträgen geäufnete Fonds bezweckt die Finanzierung der Zivilschutzanlagen, zu deren Errichtung die Gemeinde verpflichtet ist. Der Gemeinde steht bei der Erfüllung dieser Aufgabe - und damit auch bei der Verwendung der Fondsmittel - ein erheblicher Spielraum offen (E. 2b), so dass es sich ebenfalls bei der Entnahme von 1,6 Mio. Franken aus dem Ersatzbeiträgefonds um eine neue Ausgabe handelt, bei der sich die demokratische Mitbestimmung des Souveräns rechtfertigt. e) Es gibt somit keinen stichhaltigen Grund, zur Bestimmung des für die Ausgabe zuständigen Organs den aus Ersatzbeiträgen finanzierten Anteil von der Gesamtkreditsumme abzuziehen. Der Stadtrat, der nach Art. 41 Ziff. 1 lit. b GO nur befugt ist, neue Investitionen bis zu Fr. 200'000.-- zu tätigen, hat demzufolge mit dem Kreditbeschluss vom 1. Februar 1994 über 1,7 Mio. Franken seine Ausgabenkompetenz überschritten.
public_law
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6b5bc708-13cd-4e21-9f79-da82cd29ddc9
Urteilskopf 91 IV 71 22. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 8. Juni 1965 i.S. Messmer gegen Justizdirektion des Kantons Appenzell A.-Rh.
Regeste Art. 314 StGB . Ungetreue Amtsführung. Ein Beamter, der nach Massgabe des kantonalen Beamtenrechts von sich aus Aufgaben übernimmt, die im öffentlichen Interesse liegen, hat dieses zu wahren.
Sachverhalt ab Seite 72 BGE 91 IV 71 S. 72 A.- Der Beschwerdeführer Rudolf Messmer war von 1946 bis 1964 Gemeindeschreiber von Heiden und als solcher Sekretär der amtlichen Inventur- und Teilungskommission. Am 24. Juni 1958 starb der in Heiden ansässige Arzt Dr. Ulrich Buff, in dessen Nachlass sich u.a. 11 Aktien des Elektrizitätswerkes Heiden befanden. Die Aktien wurden mit einem Schätzungswerte von je Fr. 620.-- in die Inventur aufgenommen. Messmer und der damalige, inzwischen verstorbene Gemeindehauptmann und Präsident der Inventur- und Teilungskommission Werner Tobler schlugen den Erben Buff vor, die erwähnten Aktien zu verkaufen. Dabei wies Messmer auf das Interesse der Gemeinde am Erwerb dieser Wertschriften hin. Die Erben erklärten sich mit dem Verkaufan die Gemeinde zum Stückpreis von Fr. 620.-- einverstanden und traten die Titel zu diesem Zwecke der Teilungsbehörde ab. Statt hierüber den Gemeinderat zu unterrichten, verfügten Tobler und Messmer persönlich über die Aktien. Tobler nahm deren fünf an sich, Messmer sechs, wobei sie den Erben für das Stück Fr. 620.-- vergüteten. Messmer bot hierauf seine sechs Stück dem Präsidenten des Elektrizitätswerkes, alt Regierungsrat Hermann Keller, zum Kaufe an. Der Genannte hatte Messmer wiederholt ersucht, ihn zu benachrichtigen, wenn sich die Möglichkeit ergebe, aus einer Erbschaft Aktien des Werkes zu kaufen. Messmer verkaufte ihm die sechs Aktien zum Preise von je Fr. 700.--; ausserdem erhielt er von Keller noch Fr. 100.-- für die Vermittlung. B.- Das Kriminalgericht des Kantons Appenzell A.-Rh. verurteilte Messmer am 12. März 1964 wegen ungetreuer Amtsführung zu einem Monat Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug bei zwei Jahren Probezeit und zu einer Busse von Fr. 400.--. Das Obergericht, bei dem Messmer Berufung einlegte, bestätigte am 26. Oktober 1964 das kriminalgerichtliche Urteil, mit dem Zusatz, dass die Busse nach Ablauf der nämlichen, zweijährigen Probezeit bedingt löschbar sei. BGE 91 IV 71 S. 73 C.- Gegen dieses Urteil führt Messmer Nichtigkeitsbeschwerde. Er beantragt, die Sache sei zur Freisprechung an das Obergericht zurückzuweisen. Die Justizdirektion des Kantons Appenzell A.-Rh. schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 314 StGB werden wegen ungetreuer Amtsführung Mitglieder einer Behörde oder Beamte bestraft, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen. Der Beschwerdeführer bestreitet zunächst, dass ein Rechtsgeschäft im Sinne der genannten Bestimmung vorliege, bei dem er öffentliche Interessen zu wahren gehabt hätte. Als Mitglied der Erbteilungskommission habe er nur die Interessen der Erben, mithin private Interessen zu vertreten gehabt. Die Einwendung ist nicht stichhaltig. Wie die Vorinstanz in Übereinstimmung mit dem Kriminalgericht feststellt, kann der Gemeindeschreiber bei der Ausübung seiner amtlichen Tätigkeit von sich aus weitere Aufgaben übernehmen, die im öffentlichen Interesse liegen. Er handle alsdann nicht als privater Beauftragter, sondern als Beamter. Das ist Auslegung kantonalen Beamtenrechts, die sich gemäss Art. 269 Abs. 1 und Art. 273 Abs. 1 lit. b BStP der Überprüfung durch den Kassationshof entzieht. Irgend eine Vorschrift eidgenössischen Rechts ist nicht verletzt. Ein Rechtsgeschäft der geschilderten Art hat der Beschwerdeführer getätigt, indem er die Aktien zum Verkauf an die Gemeinde entgegennahm. Wohl hat er einerseits den Auftrag von Privatpersonen erhalten. Er ist dabei jedoch nicht als irgend ein Vermittler, sondern als Vertreter der Gemeinde aufgetreten und als solcher auch angesprochen worden. Ob er anderseits von der Gemeinde zum Erwerb der Aktien ausdrücklich beauftragt war, ist nicht zu untersuchen. Sollte es nicht der Fall gewesen sein, so entsprach seine Stellung derjenigen eines Geschäftsführers ohne Auftrag, der ebenfalls das Interesse dessen zu wahren hat, für den er handelt (vgl. Art. 419 ff. OR ). So gesehen konnte die Vorinstanz, ohne Bundesrecht zu verletzen, davon ausgehen, der Beschwerdeführer habe sich auf ein BGE 91 IV 71 S. 74 Rechtsgeschäft eingelassen, bei dem er ein öffentliches Interesse wahrzunehmen hatte, nämlich dasjenige, das er den Erben gegenüber selber angegeben hatte. Mit der Verneinung dieses Tatbestandsmerkmales wäre dem Beschwerdeführer übrigens nicht geholfen. Denn auf Grund des verbleibenden Sachverhaltes hätte er, wenn nicht Art. 314 StGB zur Anwendung käme, eine Verurteilung nach Art. 140 Ziff. 2 StGB (Veruntreuung, begangen durch einen Beamten) zu gewärtigen, die keine mildere Bestrafung rechtfertigen würde. 2. (Schädigung der öffentlichen Interessen gegeben, da der Gemeinde an Rechten und wirtschaftlichem Mehrwert entgangen ist, was ihr beim vorgesehenen Erwerb der Aktien zugekommen wäre. Verbindlichkeit tatsächlicher Feststellungen der Vorinstanz. Ausschluss neuer Behauptungen im Nichtigkeitsverfahren.) 3. (Bejahung der Unrechtmässigkeit des erlangten Vorteils, da der Beschwerdeführer auftragswidrig und in Verletzung seiner Beamtenpflicht gehandelt hat. Rechtsirrtum verneint.)
null
nan
de
1,965
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6b5f75f1-27c4-4f4f-83fa-9ea49dcdbea5
Urteilskopf 121 I 252 35. Extrait de l'arrêt de la Ie Cour de droit public du 22 mars 1995 dans la cause Alliance de gauche et consorts contre Conseil d'Etat du canton de Genève (recours de droit public)
Regeste Art. 85 lit. a OG ; Pressekampagne des Regierungsrates für eine neue Strassenüberquerung des Genfer Seebeckens. Zulässigkeit der staatsrechtlichen Beschwerde wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte der Bürger und der Beschwerde betreffend die politische Stimmberechtigung (E. 1a und b). Die Regierung eines Kantons ist berechtigt, sich in der Phase der Ausarbeitung einer Vorlage, ausserhalb des Vorfeldes eines Urnenganges in die politische Diskussion einzuschalten; erst wenn sich der Zeitpunkt eines Volksentscheides nähert, muss sich die Regierung grundsätzlich jeder Einflussnahme auf die Stimmbürgerschaft enthalten (E. 2). Nach einer nicht ausformulierten Volksinitiative wird das Projekt für eine neue Strassenüberquerung oder -unterquerung des Seebeckens endgültig erarbeitet und der Volksabstimmung unterbreitet werden müssen. Die Projektstudien sind zur Zeit im Gang und der Regierungsrat wird sich zweifellos noch wiederholt zu diesem Thema äussern müssen, insbesondere vor dem Grossen Rat. Die Abstimmung folgt diesen Studien nicht unmittelbar und liegt noch in weiter Ferne. Unter diesen Umständen hat die Pressekampagne keinerlei direkten Einfluss auf den Abstimmungsausgang und verletzt das politische Stimmrecht nicht (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 253 BGE 121 I 252 S. 253 Le 9 janvier 1986, une initiative populaire cantonale non formulée dite "pour une traversée de la rade" a été déposée auprès de la Chancellerie d'Etat du canton de Genève. L'initiative demandait au Grand Conseil d'adopter une loi ouvrant un crédit pour la réalisation d'une liaison routière nouvelle dans la ville de Genève, entre les rives du lac, propre à décharger les quais d'une part importante de leur trafic. Le Grand Conseil a refusé d'entrer en matière sur cette initiative et a décidé de la soumettre au corps électoral. Celui-ci l'a acceptée lors de la votation populaire du 12 juin 1988. Par une loi du 15 mai 1992, le Grand Conseil a ouvert au Conseil d'Etat un crédit de huit millions de francs pour l'étude de deux avant-projets de l'ouvrage demandé par l'initiative, correspondant chacun à une implantation déterminée. Dans les éditions du 12 septembre 1994 de la Tribune de Genève et du Journal de Genève, le Département cantonal des travaux publics et de l'énergie a fait insérer une page de publicité sous le titre "Info RADE Pour mieux vivre Genève", portant le numéro un. Un symbole graphique BGE 121 I 252 S. 254 (stylisation d'un tunnel, d'un pont et du jet d'eau de Genève) y caractérise l'objet de l'information. Un éditorial du chef du Département est consacré à l'importance de la future liaison pour la population genevoise et à la nécessité d'une information régulière et détaillée, afin que chacun puisse suivre l'évolution de l'entreprise et choisir, le moment venu, entre un pont ou un tunnel. La publication de nouveaux articles est prévue. On apprend que de nombreux plans ont déjà été réalisés et qu'un jury d'experts devra sélectionner les deux meilleures propositions; ce choix sera suivi d'un rapport du Conseil d'Etat au Grand Conseil puis, au printemps 1995, d'une votation populaire. On prend connaissance de commentaires recueillis lors d'une exposition publique des avant-projets en mai 1994; les lecteurs qui désirent eux aussi s'exprimer sur le sujet sont invités à écrire au Département en prévision d'une édition spéciale d'"Info rade" consacrée à leurs réactions. Un livre sur les projets et les discussions des décennies précédentes est offert en souscription, et un autocollant "La rade pour mieux vivre Genève" peut aussi être commandé. Cette page publicitaire a paru encore le 15 septembre 1994 dans "Genève home information" et dans le Nouveau quotidien, et le 16 septembre dans le Courrier. L'Alliance de gauche, association politique de Genève, et dix électeurs du canton de Genève ont adressé un recours de droit public au Tribunal fédéral, pour violation des droits constitutionnels des citoyens ( art. 84 al. 1 let. a OJ ) et pour violation du droit de vote ( art. 85 let. a OJ ). Le recours tendait à l'interruption de cette campagne de presse, dénoncée comme un moyen antidémocratique d'influencer les citoyens avant le scrutin prévu pour le printemps de 1995. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours, dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) Les recourants considèrent la dépense de fonds publics engagée pour la campagne "Info rade" comme contraire à leurs droits constitutionnels. Or, selon la jurisprudence relative à l' art. 88 OJ , le recours de droit public pour violation des droits constitutionnels des citoyens est ouvert seulement à celui qui est atteint dans ses intérêts personnels et juridiquement protégés; le recours formé pour sauvegarder l'intérêt général, ou visant à préserver de simples intérêts de fait, est en revanche BGE 121 I 252 S. 255 irrecevable. Un intérêt est juridiquement protégé s'il est sanctionné par une garantie constitutionnelle spécifique ou si une règle de droit fédéral ou cantonal tend au moins accessoirement à sa protection; à elle seule, l'interdiction générale de l'arbitraire consacrée par l' art. 4 Cst. n'est pas une protection qui suffise à conférer la qualité pour agir ( ATF 118 Ia 46 p. 51 consid. 3; ATF 117 Ia 90 p. 93 consid. 2). La dépense litigieuse ne porte aucune atteinte à la situation juridique de l'Alliance de gauche ou de l'une ou l'autre des personnes physiques qui procèdent avec elle; c'est en vain que quelques-unes de ces personnes invoquent leur qualité de député au Grand Conseil et leur droit de décider à ce titre des dépenses publiques ( ATF 112 Ia 174 p. 177 consid. a; ATF 107 Ia 266 p. 267). Le recours tendant à faire respecter les dispositions cantonales sur les finances publiques vise un objectif d'intérêt tout à fait général, de sorte qu'il est irrecevable au regard de l' art. 88 OJ ; les griefs soulevés à ce sujet ne peuvent être examinés que dans la mesure où ils influencent l'issue du recours de droit public pour violation du droit de vote. b) Ce dernier moyen de droit permet de contester les mesures préalables à une votation populaire, telles que les informations officielles adressées aux électeurs (cf. ATF 105 Ia 149 ; ATF 101 Ia 238 p. 240 consid. 3), ainsi que le résultat des opérations électorales. Il est ouvert à tout électeur de la collectivité concernée, de même qu'aux partis politiques et aux autres organisations politiques qui y exercent leur activité ( ATF 115 Ia 148 p. 152 consid. b; ATF 114 Ia 267 p. 270 consid. b; ATF 113 Ia 46 p. 49 consid. 1a). 2. Le droit de vote garanti conformément à l' art. 5 Cst. autorise tout électeur à exiger que le résultat d'une votation ou d'une élection ne soit reconnu que s'il est l'expression fidèle et sûre d'une volonté librement exprimée par le corps électoral. La validité du scrutin suppose en outre la libre formation de cette volonté; cela implique que chaque électeur puisse se déterminer dans le cadre d'un processus d'élaboration de l'opinion publique comportant une discussion et une confrontation des points de vue les plus libres et les plus ouvertes possibles. Le résultat peut donc être faussé par une influence inadmissible exercée sur l'opinion publique ( ATF 119 Ia 271 p. 272 consid. 3a; ATF 118 Ia 259 p. 261 consid. 3; ATF 117 Ia 452 p. 455/456). En matière de votations, il est admis que l'autorité compétente recommande au peuple d'accepter le projet qu'elle lui soumet et qu'elle lui adresse un message explicatif, tandis qu'une intervention plus importante dans le BGE 121 I 252 S. 256 débat ne se justifie qu'exceptionnellement et doit répondre à des motifs pertinents. L'autorité doit se borner à une information objective - mais elle n'est pas tenue à la neutralité ( ATF 117 Ia 41 p. 46) - et s'abstenir de toute assertion fallacieuse sur le but et la portée du projet. Elle attente au droit de vote si elle s'écarte de ses devoirs de retenue et d'objectivité, si elle intervient en violation de prescriptions destinées à garantir la liberté des électeurs ou si elle influence l'opinion par d'autres procédés condamnables (mêmes arrêts). En particulier, son intervention est contraire au droit de vote lorsqu'elle s'accomplit de façon occulte ou que les fonds dépensés pour elle sont disproportionnés ou engagés irrégulièrement ( ATF 114 Ia 427 p. 444 consid. b et c). Le Conseil d'Etat soutient que ces principes ne sont pas déterminants dans la présente affaire parce que, à son avis, la campagne électorale précédant la votation populaire n'est pas encore commencée. Les arrêts du Tribunal fédéral se rapportent en effet à la "campagne précédant une votation" ([ ATF 116 Ia 466 p. 468 consid. 4; en allemand: "in den Abstimmungskampf" ou "im Vorfeld der Urnengänge" [arrêts précités]). Ils portent sur des votations dont l'objet était exactement connu lors de l'intervention de l'autorité dans le débat politique; en outre, dans presque tous les cas, la date de la votation était aussi déjà fixée lors de cette intervention. Il incombe au gouvernement d'un canton, de même qu'à l'organe exécutif d'une commune, de diriger la collectivité. Le gouvernement ne peut accomplir cette mission qu'en soutenant activement ses propres projets et objectifs, et en indiquant sans équivoque ce qu'il considère comme nécessaire ou favorable à l'intérêt général. Le dialogue entre le gouvernement et l'opinion publique, qui se produit par exemple dans le cadre des débats parlementaires, par le biais des communiqués du gouvernement ou à l'occasion de prises de position publiques des magistrats, est au surplus un élément indispensable de la démocratie. On doit donc reconnaître au gouvernement le droit - et même le devoir - d'intervenir dans le débat politique en dehors des périodes précédant les votations (GION-ANDRI DECURTINS, Die rechtliche Stellung der Behörde im Abstimmungskampf, Fribourg 1992, p. 135 et ss; JEANNE RAMSEYER, Zur Problematik der behördlichen Information im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen, Bâle 1992, p. 8/9). C'est seulement à l'approche d'une décision populaire que l'autorité politique est en principe tenue de s'abstenir de toute influence sur le corps électoral, afin que celui-ci puisse se déterminer de façon BGE 121 I 252 S. 257 indépendante. Selon certains auteurs, ce devoir d'abstention commence dès le moment où le projet destiné à être soumis à la votation est définitivement adopté ou reçu par l'organe compétent (DECURTINS, op.cit. p. 113; RAMSEYER, op.cit. p. 22), c'est-à-dire, en particulier, lorsqu'une loi sujette au référendum facultatif ou obligatoire est adoptée par le parlement, ou lorsque le dépôt d'une initiative populaire est officiellement constaté. Selon ETIENNE GRISEL (Initiative et référendum populaire, p. 92 ch. 3), ce devoir ne débute qu'après la convocation officielle des électeurs, avec l'envoi du message explicatif qui leur est destiné. Dans son arrêt du 20 décembre 1988 concernant l'initiative pour le rattachement du district de Laufon à un canton voisin de celui de Berne, le Tribunal fédéral a pris spécialement en considération l'influence exercée par le gouvernement bernois après l'aboutissement des pourparlers avec le canton de Bâle-Campagne, quand l'enjeu de l'initiative était dès lors connu ( ATF 114 Ia 427 p. 446 consid. c). 3. A Genève, les dispositions actuelles sur l'initiative populaire ont été introduites par une loi constitutionnelle datée du 25 septembre 1992, adoptée en votation populaire le 7 mars 1993. Aux termes de son art. 2, cette loi ne s'applique pas aux initiatives déposées avant son entrée en vigueur. L'initiative "pour une traversée de la rade" demeure donc régie par les art. 64 et ss aCst. gen., dans leur teneur adoptée en votations populaires du 7 février 1960 et du 18 décembre 1966. Cette initiative non formulée a été approuvée par le corps électoral le 12 juin 1988. En vertu de l' art. 67 al. 2 aCst. gen., le Grand Conseil est tenu d'élaborer un projet de loi sur l'objet de l'initiative et de le soumettre à une nouvelle votation populaire. A première vue, la campagne de presse "Info rade" se rapporte à cette votation qui, selon le libellé de l'initiative, devrait porter sur l'ouverture du crédit nécessaire à la réalisation de l'ouvrage. Le texte fait certes allusion à une consultation qui permettra aux électeurs de choisir entre un pont ou un tunnel, mais on ne discerne pas si le corps électoral sera appelé à se prononcer simultanément ou successivement sur ce choix entre deux variantes et sur le crédit autorisant la réalisation de l'une d'elles. De toutes manières, la campagne révèle sans équivoque que le gouvernement cantonal prend position en faveur d'une liaison routière nouvelle au travers de la rade de Genève, et qu'il a pour objectif d'obtenir l'adhésion de la population à ce projet. Elle a pour but explicite d'influencer une décision populaire future, et elle est effectivement apte à développer, dans l'opinion publique, l'idée que la BGE 121 I 252 S. 258 réalisation d'une traversée routière de la rade serait souhaitable pour la collectivité. Elle est neutre seulement en ce qui concerne le type et l'implantation de l'ouvrage. La volonté d'influencer l'opinion est ainsi évidente. Cependant, aucune solution concrétisant l'initiative non formulée "pour une traversée de la rade" n'est encore ébauchée à l'intention du corps électoral, et les votations qui auront lieu dans l'avenir en rapport avec cette initiative, alors même que l'ordre constitutionnel cantonal exige au moins une nouvelle consultation populaire, n'apparaissent que comme une issue encore lointaine des travaux d'étude actuellement en cours. Les citoyens qui s'opposent à toute nouvelle traversée routière de la rade pourront critiquer ces travaux et faire valoir leur point de vue au fur et à mesure de leur avancement; en fait, le débat politique et démocratique se poursuit dans une affaire qui n'est pas encore mûre pour une décision populaire. De toute évidence, le gouvernement cantonal devra encore s'exprimer à plusieurs reprises dans ce débat, en particulier devant le Grand Conseil qui délibérera vraisemblablement d'abord sur des avant-projets, puis sur un projet prêt à l'exécution, destiné à être présenté au corps électoral. Dans ces conditions, il n'est pas nécessaire de déterminer d'ores et déjà l'étape de la procédure qui constituera le début de la campagne précédant la votation populaire, pendant laquelle le Conseil d'Etat devra en principe s'abstenir de toute intervention. En effet, dans l'état actuel du projet, il ne fait aucun doute que cette campagne n'est pas encore commencée et que la publication d'"Info rade" n'exerce donc aucune influence directe sur la future décision populaire. Partant, cette publication ne saurait porter atteinte au droit de vote, et les critiques que les recourants dirigent contre elle, concernant notamment son contenu, son financement et son caractère inspiré de la publicité commerciale, sont à cet égard dépourvues de portée.
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Urteilskopf 90 I 65 12. Auszug aus dem Urteil vom 20. Mai 1964 i.S. L. gegen Obergericht des Kantons Zug.
Regeste Art. 88 OG : Die Partei, deren Rekusationsbegehren gegenüber einem Mitglied des Gerichtes abgelehnt wird, ist zur Beschwerde auch befugt, wenn ihr die Legitimation zur Anfechtung des Sachurteils fehlt. Rekusation: Unzulässigkeit der Abweisung des Begehrens mangels Beweises, wenn es Sache des Richters ist, abzuklären, ob ein Rekusationsgrund vorliegt; der abgelehnte Richter darf nicht über das aus dem gleichen Grunde gegen ein anderes Mitglied gerichtete Ablehnungsbegehren mitentscheiden.
Sachverhalt ab Seite 66 BGE 90 I 65 S. 66 Der Beschwerdeführer L. hat bei der zuständigen Untersuchungsbehörde ein Strafverfahren eingeleitet. Gegen dessen Einstellung beschwerte er sich und verlangte, dass beim Entscheid über die Beschwerde die Richter A und B wegen feindseliger Gesinnung gegenüber dem Beschwerdeführer in Ausstand zu gehen hätten. Einen der abgelehnten Richter hat er schon in einem früheren Verfahren aus dem gleichen Grunde abgelehnt. Das Obergericht wies das Gesuch ab, weil eine feindselige Gesinnung der abgelehnten Richter nicht nachgewiesen sei, diese sich zudem keiner derartigen Einstellung gegenüber dem Beschwerdeführer bewusst seien. Oberrichter A wirkte beim Entscheid über das Ausstandsgesuch gegen Oberrichter B und dieser bei der Entscheidung über das gegen A gerichtete Gesuch mit. L. erhebt staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die staatsrechtliche Beschwerde richtet sich gegen einen Entscheid, mit welchem ein Ausstandsbegehren abgelehnt worden ist. Über den Gegenstand der kantonalen Beschwerde wurde damit noch nicht entschieden. Es kann schon aus diesem Grunde nur dieses Ablehnungsbegehren zum Gegenstand der staatsrechtlichen Beschwerde gemacht, nicht dagegen, wie der Beschwerdeführer es tut, verlangt werden, dass das Obergericht die Strafuntersuchungsbehörde zur Durchführung des Strafverfahrens anhalte. Zu einer Beschwerde dagegen würde übrigens dem Beschwerdeführer die nach Art. 88 OG erforderliche Legitimation fehlen ( BGE 69 I 17 , BGE 70 I 78 , BGE 72 I 293 ). 2. Art. 4 BV gewährt der Partei eines Zivil- oder Strafverfahrens einen Anspruch darauf, dass ihr Begehren durch ein ordnungsgemäss besetztes Gericht entschieden, dass die anwendbaren Vorschriften über die Besetzung des Gerichtes eingehalten werden ( BGE 32 I 37 , BGE 48 I 254 , BGE 90 I 65 S. 67 BURCKHARDT, Kommentar zu Art. 4 BV S. 56; GRAVEN, La garantie du juge naturel in der Festgabe zur Hundertjahrfeier der Bundesverfassung S. 219). Daraus folgt, dass sie durch einen Entscheid in ihren Rechten verletzt wird, durch welchen ein Rekusationsbegehren gegenüber einem Gericht oder einem Mitglied desselben zu Unrecht abgelehnt wird. Der Anspruch darauf setzt kein materielles Interesse voraus ( BGE 32 I 37 ). Daher muss ihre Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde gegenüber einem Entscheid, der diesen Anspruch verletzt, auch dann anerkannt werden, wenn ihr das Beschwerderecht gegen den Entscheid in der Sache selbst nicht zustünde (Urteil vom 10. Dezember 1958 i.S. des Beschwerdeführers). Der Entscheid, der ein Rekusationsbegehren zu Unrecht ablehnt, ist deshalb keine blosse Verfahrensfrage im Sinne der Rechtsprechung ( BGE 74 I 168 Erw. 3), nach welcher, falls die Legitimation zur Anfechtung des Sachentscheides fehlt, sie auch bezüglich Verfahrensfragen verneint werden muss. Dass der Beschwerdeführer den Entscheid über die Beschwerde, mit welcher er die Weiterführung der Strafuntersuchung gegen den Beschuldigten verlangt, nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechten kann, ändert daher an der Legitimation zur Anfechtung des Entscheides über das Rekusationsgesuch nichts. 3. Die Abweisung des Rekusationsbegehrens wird im angefochtenen Entscheid zunächst damit begründet, dass der Gesuchsteller die feindselige Gesinnung der abgelehnten Richter nicht dargetan habe. Der Beschwerdeführer hat feindselige Einstellung der beiden abgelehnten Richter ihm gegenüber und damit deren Befangenheit behauptet. Derartige Ablehnungsgründe sind vom Gesuchsteller oft schwer nachweisbar. Viele Gesetze sehen deshalb vor, dass, falls die urkundliche Bescheinigung der den Ausstand begründenden Tatsachen nicht möglich ist, die Gerichtsperson sich über die angebrachten Ausstandsgründe zu äussern hat ( Art. 25 Abs. 2 OG ). Es geht deshalb, wie das Bundesgericht im Urteil BGE 90 I 65 S. 68 vom 25. Januar 1950 i.S. Burch erklärt hat, in solchen Fällen nicht an, ein Ausstands- oder Ablehnungsgesuch aus dem Grunde abzuweisen, weil die Partei den Ablehnungsgrund nicht bewiesen habe. Es ist in erster Linie Sache des Richters, den behaupteten Ausstandsgrund festzustellen ( BGE 32 I 37 ). Der Beschwerdeführer verweist auf das ihn betreffende Urteil der staatsrechtlichen Kammer vom 10. Dezember 1958 gegen die Justizkommission, wo bereits streitig war, ob er den Ausstand von A. wegen Feindseligkeit verlangen könne. Übrigens könnte die Frage auf sich beruhen, ob es eines Hinweises auf frühere Beschwerden bedurft hätte. Denn die Abweisung des Begehrens wird nicht in erster Linie mit fehlender Substanzierung, sondern damit begründet, dass die rekusierten Mitglieder sich keiner feindseligen Haltung gegenüber dem Beschwerdeführer bewusst seien. 4. Werden gegen verschiedene Mitglieder einer Behörde Rekusationsbegehren gestellt, so ist im allgemeinen im Ausstand der mehreren abgelehnten oder ausstandspflichtigen Richter zu entscheiden. Es entspricht einem allgemein geübten Grundsatz, dass zur Entscheidung eines Antrages nicht verschiedene Mitglieder einer Behörde nacheinander mitwirken, wobei eines nur über einen Teil eines Antrages urteilt. Das gilt bei Ablehnungsgesuchen auch dann, wenn die Ablehnung gegenüber den mehreren Mitgliedern mit verschiedenen Ausstands- oder Ablehnungstatbeständen begründet wird. Ob eine gegenteilige Entscheidung aus dem Gesichtspunkt des Art. 4 BV haltbar sei, kann dahingestellt werden. Denn die abgelehnten Richter sind vom Beschwerdeführer aus demselben Grunde, wegen behaupteter Parteilichkeit abgelehnt worden. Wirkt bei solcher Rekusation einer der abgelehnten Richter beim Entscheid über das Ablehnungsgesuch eines andern Mitgliedes mit, so entscheidet er damit über den gleichen Ausstandsbzw. Ablehnungsgrund, der ihm selbst gegenüber behauptet wird, und damit mittelbar über das gegen ihn selbst BGE 90 I 65 S. 69 gerichtete Begehren. Das widerspricht dem allgemeinen, aus Art. 4 BV und auch § 46 GOG folgenden Grundsatz, dass der ausstandspflichtige oder abgelehnte Richter nicht selbst über ein gegen ihn gerichtetes Gesuch entscheiden kann, weder darüber, ob das Begehren entsprechend den prozessualen Vorschriften richtig gestellt, noch darüber, ob es materiell begründet ist. Dass bei der Beurteilung des wegen Befangenheit der abgelehnten Richter gerichteten Begehrens der erste für den zweiten und dieser für jenen mitgewirkt hat, hält vor der aus Art. 4 BV folgenden Garantie, dass ein abgelehntes oder ausstandspflichtiges Gerichtsmitglied bei Beurteilung des Gesuches den Ausstand zu wahren hat, nicht stand.
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Urteilskopf 95 I 161 23. Estratto della sentenza 25 giugno 1969 nella causa Edilcentro SA c. Costruzioni Edili Generali SA
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde. Derogatorische Kraft des Bundesrechts. 1. Die Rüge der Verletzung der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes ist in der Rüge der Willkür enthalten, wenn der Beschwerdeführer geltend macht, das kantonale Recht sei in offensichtlichem Widerspruch mit dem Bundesrecht angewendet worden (Erw. 2). 2. Wenn das Bundesrecht eine Frist festsetzt, stellt es, bis zu einem gewissen Grade, auch die Vorschriften auf, die für die Wahrung der Frist gelten (Erw. 4). Auf eine gemäss Art. 307 SchKG erhobene Beschwerde ist von Bundesrechts wegen einzutreten, wenn sie rechtzeitig beim iudex ad quem statt bei dem hiefür zuständigen iudex a quo eingereicht worden ist (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 162 BGE 95 I 161 S. 162 Riassunto della fattispecie: A.- L'8 gennaio 1969 il Pretore del distretto di Bellinzona omologò il concordato con abbandono di attivo proposto dalla ditta Costruzioni Edili Generali SA, Giubiasco, e accettato dalla maggioranza qualificata dei suoi creditori. La Edilcentro SA, creditrice dell'accennata società per un importo di fr. 63 363.15, impugnò ai sensi dell'art. 307 LEF il decreto di omologazione. L'atto di ricorso fu spedito il 20 gennaio 1969, vale a dire l'ultimo giorno utile, direttamente alla Camera di esecuzione e fallimenti del Tribunale di appello del Cantone Ticino, cui pervenne il giorno 21 successivo. Quest'ultima, fondandosi sulle norme del CPC ticinese (cui rinvia l'art. 31 cpv. 1 della legge cantonale di attuazione della LEF, dell'8 marzo 1911), trasmise subito l'atto di ricorso al Pretore di Bellinzona, presso il quale devono essere deposti i ricorsi diretti alla Corte cantonale. Quando il gravame e i relativi allegati, con la risposta della controparte, le furono poi ritrasmessi dal Pretore, la Camera di esecuzione e fallimenti dichiarò il ricorso irricevibile per tardività. Il relativo giudizio è del 10 marzo 1969. B.- La Edilcentro SA impugna questa sentenza mediante un tempestivo ricorso di diritto pubblico al Tribunale federale. Essa chiede l'annullamento del giudizio cantonale e protesta il pagamento delle spese e delle ripetibili. Rimprovera alla precedente istanza di aver violato gli art. 4 CF e 307 LEF. Erwägungen Estratto dei considerandi: 1. La sentenza impugnata, prolata dall'ultima istanza cantonale in materia d'omologazione di concordato, è, secondo la giurisprudenza, deferibile davanti al Tribunale federale da parte del creditore attraverso la via del ricorso di diritto pubblico (v. RU 74 I 360, 85 I 78 consid. 1). Il gravame è quindi senz'altro ricevibile. BGE 95 I 161 S. 163 2. La Edilcentro SA rimprovera innanzitutto alla Camera di esecuzione e fallimenti di aver male applicato l'art. 307 LEF, il quale fissa in dieci giorni il termine per impugnare davanti all'autorità cantonale superiore dei concordati, là dove essa esiste, la decisione sull'omologazione. Secondo la ricorrente, questa norma non stabilisce soltanto la durata del termine, ma sottopone pure, in sostanza, al diritto federale tutti i requisiti che devono essere osservati per la presentazione del ricorso. Ora, secondo il diritto federale, il termine va considerato rispettato anche se il gravame è stato tempestivamente interposto davanti ad un organo non competente a riceverlo: in tali circostanze, il giudizio di irricevibilità pronunciato dalla precedente istanza contrasterebbe con il diritto federale. La ricorrente non fa invero valere esplicitamente una violazione dell'art. 2 disp. trans. CF, dal quale la giurisprudenza ha dedotto il principio della forza derogante del diritto federale (RU 65 I 79 consid. 5, 75 I 48 consid. 5). Tuttavia, giusta il senso della sua esposizione, essa intende manifestamente far valere una violazione di tale principio, la censura della forza derogante essendo compresa in quella d'arbitrio, quando il ricorrente sostiene che il diritto cantonale è stato applicato in manifesto contrasto con il diritto federale (RU 70 I 213, 71 I 438 consid. 3, 84 I 10 consid. 2, 91 I 28 consid. 2). Il gravame è quindi, a tale riguardo, sufficientemente motivato. Giusta l'interpretazione costantemente data dalla prassi attuale all'art. 125 cpv. 1 lett. b OG, e conformemente alle tendenze radicate nella nuova legislazione, il Tribunale federale è competente ad esaminare se l'applicazione di una disposizione cantonale viola la LEF (v. RU 71 I 215 consid. 3 e numerosi riferimenti). D'altra parte, il quesito di sapere se una norma cantonale, o l'interpretazione ad essa data, è conciliabile con il diritto federale viene esaminato da codesta Corte liberamente, e non sotto il solo profilo dell'arbitrio (RU 88 I 75 consid. 2, 91 I 28 consid. 2). 3. Secondo l'art. 23 cpv. 2 LEF, le attribuzioni dell'autorità competente per i concordati possono essere deferite tanto ad autorità giudiziarie quanto ad autorità amministrative. La determinazione della procedura che queste devono applicare spetta, di massima, ai cantoni (RU 51 I 368; v. inoltre sentenza inedita del 3 novembre 1959 nella causa Lehni e liteconsorti c. Immobilien AG e liteconsorti, consid. 9; JAEGER, N. 4 all'art. BGE 95 I 161 S. 164 23 LEF; FAVRE, Droit des poursuites, 2. ed., p. 85). A questo riguardo, essi possono emanare disposizioni speciali, oppure dichiarare applicabili le norme generali del loro diritto di procedura civile. Spetta loro pertanto anche il compito di stabilire la forma che l'eventuale ricorso ai sensi dell'art. 307 LEF deve rivestire (BLUMENSTEIN, Handbuch, p. 914, nota 43; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. ed., II, p. 335). Dal diritto federale resta solo fissato il termine, la cui determinazione non è una questione di forma; solo a questo riguardo, quindi, il diritto federale incide sulla competenza dei cantoni a disciplinare la procedura di ricorso. La ricorrente rileva che sfugge ai cantoni il compito di stabilire le conseguenze giuridiche della tempestiva presentazione di un ricorso ad un organo incompetente a riceverlo. Essa invoca, tra l'altro, la legge federale del 21 giugno 1963 sulla decorrenza dei termini nei giorni di sabato, per sostenere che eventuali disposizioni cantonali contrastanti sono state dalla legge stessa abrogate. Tuttavia, nella misura in cui si riferisce ai termini fissati dalla LEF, la legge del 21 giungo 1963 non contiene che una precisazione dell'art. 31 cpv. 3 LEF, il quale prevede semplicemente la proroga al giorno feriale successivo della scadenza del termine il cui ultimo giorno cade di domenica o in una festività ufficialmente riconosciuta: in nessun modo, quindi, la citata legge federale modifica la competenza dei cantoni a disciplinare per loro conto la procedura di ricorso. Anche l'art. 75 cpv. 2 OG, secondo il quale un atto di ricorso in materia di esecuzione e fallimenti diretto ad un'autorità cantonale di vigilanza incompetente in ragione di grado dev'essere trasmesso d'ufficio all'autorità di vigilanza competente, non suffraga meglio la tesi della ricorrente: come risulta dallo stesso tenore dell'articolo, infatti, esso non si applica che alle autorità di vigilanza. La ricorrente cita pure l'art. 36 LEF, e dal fatto che, secondo tale norma, i rimedi giuridici in materia di esecuzione e fallimenti non hanno di massima effetto sospensivo, essa vorrebbe dedurre la "necessità pratica" di inviare il ricorso direttamente alla autorità competente a deciderlo e quindi competente anche a decretare eventuali provvedimenti provvisionali. Sennonchè, una simile conclusione contrasta già con l' art. 78 OG , il quale prescrive che i ricorsi alla Camera di esecuzione e dei fallimenti del Tribunale federale vanno depositati presso l'autorità cantonale BGE 95 I 161 S. 165 di vigilanza che ha statuito, e ciò, sebbene spetti al Presidente della Camera del Tribunale federale decretare eventuali misure provvisionali (v. art. 80 cpv. 2 OG). La ricorrente si appoggia infine sulla sentenza pubblicata in RU 84 II 187 e segg., per sostenere che si sarebbe formato in Svizzera un diritto consuetudinario tendente a dichiarare non pregiudizievole al ricorrente la presentazione del gravame ad un organo incompetente. Tuttavia, nella citata sentenza il Tribunale federale ha affermato l'esistenza d'un diritto consuetudinario solo riguardo al quesito della tempestività di un ricorso consegnato ad un ufficio postale entro la mezzanotte del giorno della scadenza del termine. 4. Secondo GULDENER (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 2. ed., p. 233 nota 28), il quesito di sapere se un termine di diritto federale è rispettato in caso di presentazione tempestiva di un ricorso ad un organo incompetente, che lo trasmette a quello competente solo dopo la scadenza del termine, deve essere deciso giusta il diritto federale e quindi nello stesso senso per tutto il territorio della Confederazione, senza riguardo al diritto processuale dei singoli cantoni. Questa opinione è corretta. La questione della tempestività del rimedio giuridico previsto dall'art. 307 LEF è infatti senza dubbio una questione di diritto federale, perchè quest'ultimo prescrive che al ricorrente stia a disposizione un termine di dieci giorni per eventualmente impugnare la decisione d'omologazione del concordato. Ora, bisogna ritenere che quando il diritto federale fissa un termine, esso pone in una certa misura anche le regole che ne disciplinano l'osservanza. È quindi logico che sia il diritto federale a stabilire le conseguenze del deposito del ricorso presso una autorità incompetente a riceverlo. In caso diverso, dipenderebbe unicamente dai singoli diritti processuali cantonali (e quindi dalle svariate maniere in cui essi possono aver affrontato il problema) sapere se il termine in discussione è da ritenersi osservato o meno. Bisogna quindi ammettere che il quesito della tempestività di un gravame dev'essere deciso anche a questo riguardo secondo le norme del diritto federale. (In modo analogo, è pure secondo il diritto federale che va decisa la questione di sapere se i termini per proporre una azione stabiliti dal diritto federale possono essere restituiti; v. GULDENER, op.cit., p. 221). Ne consegue che, nell'accennata misura, il diritto federale, così come è il caso per i termini stabiliti per l'inoltro BGE 95 I 161 S. 166 di azioni, incide, nell'interesse di un'applicazione unitaria dell'ordinamento federale, nel diritto procedurale civile dei cantoni (cfr. RU 61 II 128, 91 III 17 consid. 2, ove il quesito della tempestività della azione è stato egualmente considerato come quesito di diritto federale.) 5. Ora, la legge federale sulla esecuzione e sul fallimento non contiene alcuna norma disciplinante le conseguenze giuridiche connesse alla presentazione di un ricorso fondato sull'art. 307 LEF ad una autorità incompetente a riceverlo. La legge presenta quindi a tale riguardo una lacuna che il giudice deve colmare (art. 1 cpv. 2 CC). Per quel che riguarda il modo in cui tale lacuna dev'essere colmata, non può sussistere dubbio, almeno nella misura in cui il deposito del ricorso è stato effettuato presso il giudice "ad quem" invece che presso il giudice "a quo". Bisogna in effetti ritenere applicabile per analogia l'art. 32 cpv. 3 OG, e concludere che il termine è da considerarsi osservato con il deposito tempestivo del gravame presso il giudice "ad quem", quand'anche esso avrebbe dovuto, correttamente, essere effettuato presso il giudice "a quo". È vero che, sotto il dominio della OG del 1893, il Tribunale federale ritenne inefficace un ricorso per riforma erroneamente interposto presso il giudice "ad quem" (RU 57 II 424 e 65 II 249). Nella prima di queste sentenze, esso rilevò che, finchè il principio sancito nell'art. 194 cpv. 3 OG (secondo cui il deposito del gravame al Consiglio federale invece che al Tribunale federale o viceversa non pregiudica la tempestività) non era esplicitamente ancorato nella legge come principio generale, doveva essere mantenuta la prassi precedente, tendente a dichiarare irricevibile il ricorso interposto davanti ad un organo incompetente. Sennonchè, nell'art. 32 cpv. 3 dell'attuale OG, la questione è stata risolta in senso contrario, almeno nella misura in cui si tratti del deposito di un ricorso fatto direttamente davanti al Tribunale federale invece che davanti all'autorità cantonale competente a riceverlo: in altre parole, il termine viene considerato osservato attraverso la semplice tempestiva presentazione del gravame al Tribunale federale. In questo stesso senso si svolge anche l'art. 21 della legge federale sulla procedura amministrativa, del 20 dicembre 1968, il quale dispone che "se la parte si rivolge in tempo utile a un'autorità incompetente, il termine è reputato osservato". A sua volta, l'art. 107 cpv. 1 della legge federale che modifica quella sulla BGE 95 I 161 S. 167 organizzazione giudiziaria, del 20 dicembre 1968, contiene, per la procedura del ricorso di diritto amministrativo, una prescrizione analoga. Si deve quindi considerare come un principio riconosciuto del nuovo diritto federale quello secondo cui almeno il deposito di un gravame presso il giudice "ad quem" invece che presso il giudice "a quo" non deve nuocere alla tempestività altrimenti data del gravame medesimo. Sarebbe contraddittorio, infatti, adottare nei confronti di termini di ricorso previsti dalla LEF principi o criteri diversi da quelli validi per le altre leggi. Essendo pacifico che il ricorso è stato consegnato alla posta, all'indirizzo della Camera cantonale di esecuzione e dei fallimenti, prima della scadenza del termine, il presente ricorso deve per le considerazioni accennate essere accolto. La sentenza impugnata viene pertanto cassata. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: Il ricorso è accolto e la sentenza impugnata è annullata.
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CH
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Urteilskopf 104 IV 211 49. Urteil des Kassationshofes vom 19. Juni 1978 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt gegen T.
Regeste Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Nachweis des Wissens, dass eine bestimmte Drogenmenge nach der Art des Betäubungsmittels geeignet ist, die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen. Begriff des Annehmenmüssens.
Sachverhalt ab Seite 212 BGE 104 IV 211 S. 212 A.- Am 31. Oktober 1977 übernahm T. in Brüssel angeblich von einem Unbekannten 84 gr Heroin mit dem Auftrag den Stoff mit der Bahn nach Italien zu schmuggeln. Für diesen Transport hätte T. nach Rückgabe des Heroins an den Unbekannten 150'000.- bis 200'000.- Lire (ca. Fr. 600 bis 800.-) erhalten sollen. B.- Das Strafgericht Basel-Stadt verurteilte T. am 26. Januar 1978 wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 2 lit. a) zu 3 3/4 Jahren Zuchthaus, abzüglich die erstandene Sicherheitshaft, und zu 15 Jahren Landesverweisung. Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt änderte den erstinstanzlichen Entscheid am 19. April 1978 dahin ab, dass es T. bloss der einfachen Widerhandlung gegen das BetmG schuldig erklärte und zu zwei Jahren Gefängnis, abzüglich die erstandene Sicherheitshaft, verurteilte. Im übrigen bestätigte es das Urteil des Strafgerichts. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Stadt führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Appellationsgerichtes sei aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung gemäss Art. 19 Ziff. 2 BetmG an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das Appellationsgericht stellt einerseits fest, es sei nach der gesamten Beweislage davon auszugehen, der Beschwerdegegner habe gewusst oder zumindest annehmen müssen, dass das Päcklein "heisse" Ware enthalten und diese Ware in irgendeiner Droge bestanden habe. Er habe deshalb zumindest mit Eventualdolus gehandelt. Anderseits hielt die Vorinstanz dafür, dass die Beweise für die Annahme eines schweren Falles nach Art. 19 Ziff. 2 nicht ausreichten. T. behaupte glaubhaft, noch nie mit Drogen etwas zu tun gehabt zu haben; das Gegenteil könne ihm nicht nachgewiesen werden. Habe er sich aber in der Beschaffenheit der verschiedenen Drogen nicht ausgekannt, so sei es ihm auch nicht ohne weiteres möglich gewesen abzuschätzen, ob das Päcklein eine Menge von Betäubungsmitteln enthalten habe, "welche die Gesundheit vieler in Gefahr bringen kann" ( Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG ). BGE 104 IV 211 S. 213 Hiegegen richtet sich die Beschwerde der Staatsanwaltschaft. Sie macht geltend, es könne die für die rechtliche Qualifikation und das Strafmass wichtige Frage, welche konkrete Menge eines Betäubungsmittels bereits eine Gefahr für viele Menschen darstelle, nicht einfach der subjektiven Beurteilung des jeweiligen Täters überlassen werden, sondern müsse für die Praxis einheitlich entschieden werden; auch ein Täter, der sich in Drogen auskenne, könne den Handel mit einer objektiv geringen Menge eines Betäubungsmittels persönlich als für viele Menschen gefährlich empfinden, werde deswegen aber nicht der qualifizierten Widerhandlung schuldig gesprochen. Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG verlange denn auch, dass sich die Tat auf eine objektiv bedeutende Menge von Drogen beziehe und dass sich der Täter subjektiv der damit zusammenhängenden möglichen Gefahr für eine Mehrzahl von Menschen grundsätzlich bewusst sei. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdegegner, der sich selber als Transporteur einer "heissen" Ware verstanden habe, 84 gr Heroin, also eine objektiv bedeutende Menge an Betäubungsmitteln zum Schmuggel übernommen; er habe dabei in Kauf genommen, dass es sich um Drogen handeln könnte, deren allgemeine Gefährlichkeit ihm von den Massenmedien her bekannt gewesen sei. Aufgrund der ansehnlichen Belohnung, die ihm in Aussicht gestellt worden sei, habe er zugegebenermassen auch angenommen, eine "teure" Ware zu transportieren. Würde allgemein die Annahme eines schweren Falles davon abhängig gemacht, ob dem Täter konkrete Erfahrungen mit Betäubungsmitteln nachzuweisen seien, so hätte das zur Folge, dass bei gleicher Menge eines Betäubungsmittels ein drogenabhängiger Importeur als Kenner der Materie unverhältnismässig viel schwerer bestraft werden müsste als der reine Dealer, der aus finanziellem Gewinnstreben handle und Drogenkenntnisse bestreite. 2. Ein schwerer Fall liegt nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG insbesondere vor, wenn der Täter weiss oder annehmen muss, dass sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. Objektiv setzt diese Bestimmung voraus, dass die Widerhandlung mit einer Menge eines bestimmten Betäubungsmittels begangen wird, die geeignet ist, eine gesundheitliche Gefahr für viele herbeizuführen. Da je nach Art der Droge die Intensität BGE 104 IV 211 S. 214 ihrer Wirkung verschieden ist, genügt objektiv im einen Fall eine geringere Menge als in einem andern. In subjektiver Beziehung verlangt das Gesetz, dass der Täter um diese objektiven Umstände weiss oder darauf schliessen muss. Dabei ist mit dem Ausdruck des Annehmenmüssens nicht bloss Fahrlässigkeit gemeint; hiegegen spricht schon der hohe Strafrahmen. Diese Formel stellt nur eine gegen naheliegende Ausreden gerichtete Beweisregel für den Richter dar: Er soll auch dann den Vorsatz des Täters annehmen dürfen, wenn er Umstände feststellt, die diesem die Überzeugung von der Gemeingefährlichkeit seines Tuns aufdrängen mussten (s. HAFTER, Besonderer Teil, S. 510; STRATENWERTH, I, S. 267, II, S. 420). Im Einzelfall hat deshalb der Richter zu prüfen, ob der Täter tatsächlich gewusst hat oder nach den Umständen wissen musste, dass die in Frage stehende Drogenmenge nach der Art des Betäubungsmittels geeignet ist, eine gesundheitliche Gefahr für eine Vielheit von Menschen zu schaffen. Das ist allerdings nur möglich, wenn dem Täter zumindest bekannt ist, ob die Droge eine harte oder eine weiche ist, denn nur dann kann er sich Rechenschaft geben, ob eine verhältnismässig geringe Menge genügt oder eine grössere Menge nötig ist, um eine Gemeingefahr zu begründen. 4. Im vorliegenden Fall liegt nichts vor, was für die Annahme spräche, das Appellationsgericht sei von unzutreffenden rechtlichen Begriffen ausgegangen. Wenn es als erwiesen annahm, der Beschwerdegegner habe noch nie mit Drogen zu tun gehabt, weshalb er die Beschaffenheit der verschiedenen Drogen nicht gekannt und infolgedessen auch nicht habe abschätzen können, ob das mitgeführte Päcklein eine Menge von Betäubungsmitteln enthalte, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen könne, so stellte es damit sinngemäss zugleich fest, T. habe um die Gefährlichkeit nicht gewusst und auch die Möglichkeit einer Gefährdung nicht erkannt. Was der Täter aber wusste und aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse erkannte, ist Tatfrage ( BGE 100 IV 221 E. 2, 237 E. 4, BGE 101 IV 50 E. 3, BGE 102 IV 105 E. 1). Die tatsächliche Feststellung der Vorinstanz, der Beschwerdegegner sei sich nicht bewusst gewesen, dass die Droge möglicherweise die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen könnte, bindet daher den Kassationshof und kann mit der Nichtigkeitsbeschwerde nicht BGE 104 IV 211 S. 215 angefochten werden (Art. 277bis Abs. 1, 273 Abs. 1 lit. b BStP). Wird der verbindlich festgestellte Sachverhalt zugrunde gelegt, so kann von einer Verletzung von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG keine Rede sein. Zu Unrecht wendet die Staatsanwaltschaft ein, dass auch ein Täter, der sich in Drogen auskenne und eine objektiv geringe Menge persönlich als eine Gefährdung vieler Menschen empfinde, nicht nach seiner subjektiven Schätzung beurteilt und wegen qualifizierter Widerhandlung bestraft werde. Der Einwand übersieht, dass in einem solchen Fall die Bestrafung nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG bereits aus objektiven Gründen, nämlich wegen Fehlens der ausreichenden Menge einer gefährlichen Droge entfällt. Überdies ist die Berücksichtigung des weitergehenden Vorsatzes nach Art. 23 Abs. 1 StGB zu erwägen. Sodann trifft es nicht zu, dass dem Täter in jedem Fall konkrete Erfahrungen mit Betäubungsmitteln nachgewiesen werden müssen, um Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG anwenden zu können. Auch der Ersttäter, der noch keine Erfahrungen mit Drogen gemacht hat, kann sich einer qualifizierten Widerhandlung schuldig machen, wenn er sonstwie über die Art und Wirkung von Drogen unterrichtet ist. Dies dürfte in schweizerischen Verhältnissen im Hinblick auf die laufende Aufklärung der Bevölkerung über Drogenmissbrauch in der Regel zutreffen, kann aber nicht ohne weiteres auch für Ausländer gelten, die wie der Beschwerdegegner sich ständig im Ausland aufgehalten haben. Was schliesslich die Befürchtung der Beschwerdeführerin anbelangt, drogenabhängige Importeure könnten als Kenner der Betäubungsmittel unverhältnismässig viel schwerer bestraft werden als nicht drogensüchtige Händler, wenn sie Drogenkenntnisse bestreiten, so ist dem entgegenzuhalten, dass eigentliche Händler, mögen sie drogenabhängig sein oder nicht, über die Art und Preise der gehandelten Drogen regelmässig im Bilde sind und angesichts der ihnen bekannten Drogensucht, aus der sie bewusst Nutzen ziehen, auch hinreichende Kenntnisse über die Gefährlichkeit ihrer Waren besitzen, um abschätzen zu können, ob eine verkaufte Menge für nur wenige oder für viele Menschen zur Gefahr werden kann.
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Urteilskopf 111 V 244 47. Arrêt du 26 août 1985 dans la cause Clivaz contre Caisse d'assurance-chômage du canton de Berne et Tribunal des assurances du canton de Berne
Regeste Art. 22 Abs. 1 und Art. 23 Abs. 1 AVIG , Art. 37 und 40a AVIV . - Ermessensspielraum der Verwaltung, wenn sie Art. 37 Abs. 3 AVIV anwendet (Erw. 2). - Die Ferienentschädigung ist Teil des massgebenden Lohnes (Erw. 3b). - Bemessung des Taggeldes in einem konkreten Fall (Erw. 3-5).
Sachverhalt ab Seite 244 BGE 111 V 244 S. 244 A.- Rémy Clivaz, né en 1954, célibataire, a obtenu, au mois de mai 1982, un brevet littéraire pour l'enseignement secondaire dans la partie française du canton de Berne. N'ayant pas trouvé de poste fixe dans l'enseignement, il a occupé, depuis le 7 juin 1982, plusieurs emplois de plus ou moins brève durée, à temps partiel ou à temps complet, soit comme enseignant dans diverses écoles, soit comme secrétaire ou documentaliste au service d'une association, laquelle l'a finalement engagé à mi-temps, pour une durée indéterminée, à partir du mois de décembre 1983. Le 30 janvier 1984, Rémy Clivaz a présenté une demande d'indemnité de chômage, dès le 2 janvier 1984, à la Caisse d'assurance-chômage du canton de Berne, qui la lui a allouée, en considérant comme gain intermédiaire au sens de l' art. 24 LACI le revenu qu'il réalisait au service de l'association. Par la suite, en date du 30 mars 1984, la caisse a notifié à l'assuré BGE 111 V 244 S. 245 une décision relative au montant de son indemnisation: elle a retenu comme période de référence pour le calcul du gain assuré celle du 7 juin 1982 au 31 décembre 1983; elle a ensuite additionné tous les salaires obtenus par l'intéressé entre ces deux dates, soit fr. 32'692.75, et elle a divisé cette somme par le nombre de jours pendant lesquels il avait été au service d'un employeur durant la période considérée, soit 262,2 jours. Il en résultait un gain journalier de fr. 124.70 (32 692,75 : 262,2), ce qui donnait une indemnité journalière de fr. 87.30 (70% du gain assuré). B.- Rémy Clivaz a recouru contre cette décision devant le Tribunal des assurances du canton de Berne. Il concluait à ce que son gain journalier assuré fût déterminé en divisant la somme des salaires obtenus par le nombre de jours au cours desquels il avait effectivement travaillé, c'est-à-dire en tenant compte des seuls jours ouvrables de la semaine. D'autre part, il faisait valoir que certains revenus qu'il avait réalisés durant la période de référence représentaient la rémunération d'une activité à temps partiel. Il demandait en conséquence au tribunal de procéder à une "pondération", en réduisant "proportionnellement au taux d'occupation le nombre de jours durant lesquels a été exercée une activité à temps partiel". En cours de procédure, la caisse a rendu une nouvelle décision, le 16 mai 1984, remplaçant celle du 30 mars 1984 et par laquelle elle fixait à fr. 121.10 le montant de l'indemnité litigieuse. Cette décision contenait, entre autres motifs, le passage suivant: "L'évidence montre que la caisse a commis une erreur en divisant le gain de fr. 32'692.75 par le nombre de jours civils. En effet, il est bel et bien clair que seuls les jours de travail réalisés durant la période de référence, c'est-à-dire 189 jours (262 : 1,4) peuvent servir de dénominateur pour établir le gain journalier assuré. Le calcul de ce dernier s'élève donc à fr. 32'692.75 : 189 = fr. 173.-- par jour. Ainsi, il en résulte une indemnité journalière de fr. 121.10 (70%)." Dans une écriture ultérieure, Rémy Clivaz a déclaré maintenir son recours. Il a précisé que si sa conclusion tendant à ce que le salaire déterminant fût pondéré en fonction de son horaire de travail ne devait pas être admise, il conviendrait alors d'appliquer à son cas, par analogie, l' art. 39 OACI et de prendre ainsi en considération le salaire qu'il aurait normalement obtenu durant la période de référence, s'il avait été occupé en permanence à temps complet. BGE 111 V 244 S. 246 Par jugement du 10 décembre 1984, le tribunal cantonal a constaté que le recours était devenu sans objet dans la mesure où l'une des conclusions de l'assuré avait été "adjugée" par la caisse (prise en considération des jours de travail effectifs). Pour le surplus, il a rejeté le pourvoi. C.- Rémy Clivaz interjette recours de droit administratif contre ce jugement. Reprenant les moyens qu'il a développés devant l'instance cantonale, il conclut à l'octroi par la caisse d'une indemnité journalière de fr. 139.95, éventuellement de fr. 143.60. La caisse intimée renonce à se déterminer sur le recours. De son côté, l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail soutient que le recours est non seulement mal fondé, mais que la décision administrative du 16 mai 1984 et le jugement cantonal sont erronés, en ce sens que l'indemnité journalière revenant à l'assuré doit, selon les propres calculs de l'autorité fédérale de surveillance, être fixée à fr. 86.60. D.- Par lettre du 5 mars 1985, le juge délégué a invité Rémy Clivaz à s'exprimer sur l'éventualité d'une réforme à son détriment du prononcé cantonal, ainsi que de la décision litigieuse, et il a attiré son attention sur la faculté qui était la sienne de retirer son recours de droit administratif. Par écriture du 25 mars suivant, l'assuré a déclaré persister dans ses conclusions. Erwägungen Considérant en droit: 1. Aux termes de l' art. 21 LACI , l'indemnité de chômage est versée sous forme d'indemnités journalières. Cinq indemnités journalières sont payées par semaine. Selon l'art. 22 al. 1 première phrase LACI, l'indemnité journalière pleine et entière s'élève, pour un assuré célibataire sans obligation d'entretien, à 70 pour cent du gain assuré. D'après l' art. 23 al. 1 LACI , est réputé gain assuré le salaire déterminant pour le calcul des cotisations - c'est-à-dire, en principe, le salaire déterminant au sens de la législation sur l'AVS, plafonné pour chaque rapport de travail au montant maximum du gain mensuel assuré dans l'assurance-accidents obligatoire (cf. art. 3 al. 1 LACI ) - qui est normalement obtenu durant une période de référence, y compris les allocations régulièrement versées et convenues contractuellement, dans la mesure où de telles allocations ne sont pas des indemnités pour inconvénients liés à BGE 111 V 244 S. 247 l'exécution du travail. Le gain n'est pas réputé assuré lorsqu'il n'atteint pas un montant minimum. Le Conseil fédéral détermine la période de référence. Se fondant sur cette délégation de compétence, le Conseil fédéral a édicté l' art. 37 OACI , selon lequel, en règle générale, est réputée période de référence pour le calcul du gain assuré le dernier mois de cotisation - au sens de l' art. 11 OACI - avant le début du délai-cadre relatif à la période d'indemnisation (al. 1er). Lorsque le salaire du dernier mois de cotisation s'écarte d'au moins 10 pour cent du salaire moyen des trois derniers mois, le gain assuré est calculé d'après ce salaire moyen (al. 2). Lorsque le résultat du calcul effectué sur la base des 1er et 2e alinéas se révèle injuste pour l'assuré, la caisse peut se fonder sur une période de référence plus longue, mais au plus sur les douze derniers mois de cotisation (al. 3). Enfin, le gain assuré est recalculé durant le délai-cadre relatif à la période d'indemnisation lorsque l'assuré a exercé, sans interruption durant six mois au moins, une activité soumise à cotisation pour laquelle il a reçu un salaire plus élevé et qu'il est ensuite retombé au chômage (al. 4). 2. a) La caisse a en l'espèce appliqué le troisième alinéa de l' art. 37 OACI et elle a pris en considération les douze derniers mois de cotisation, lesquels ne correspondent pas aux douze derniers mois civils précédant le 1er janvier 1984, mais, conformément à l' art. 11 al. 2 OACI , à douze périodes de cotisation de trente jours puisque, selon cette disposition, les périodes de cotisation qui n'atteignent pas un mois civil entier doivent être additionnées, trente jours étant réputés constituer un mois de cotisation. En revanche, l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail est de l'avis qu'on se trouve dans le cas où, selon l' art. 37 al. 2 OACI , c'est le salaire moyen des trois derniers mois de cotisation qui doit être pris en compte, ce qui conduit en l'occurrence à une diminution du montant de l'indemnité litigieuse par rapport à celui retenu par la caisse. b) Lorsqu'elle fait application de l' art. 37 al. 3 OACI , une caisse d'assurance-chômage use de la liberté d'appréciation qui, dans ce cas précis, lui a été expressément octroyée par le Conseil fédéral. Autrement dit, il lui appartient de choisir entre plusieurs solutions possibles celle qui lui paraît la plus opportune sur la base d'une constatation objective de tous les faits pertinents (cf. GRISEL, Traité de droit administratif, p. 330 ss). Ce faisant, elle doit éviter l'excès de pouvoir d'une part et l'abus de pouvoir d'autre part. BGE 111 V 244 S. 248 Selon la doctrine et la jurisprudence, commet un excès de pouvoir positif l'autorité qui sort du cadre de sa liberté d'appréciation en usant d'une faculté qui ne lui appartient pas, par exemple en optant pour une solution différente de celles qui s'offrent à elle. Commet en revanche un excès de pouvoir négatif l'autorité qui, au lieu d'utiliser sa liberté d'appréciation, se considère comme liée ou procède à un tirage au sort (GRISEL, op.cit., p. 333). Or, en l'espèce, la caisse n'a pas commis d'excès de pouvoir puisqu'elle a utilisé sa liberté d'appréciation et qu'elle est restée dans les limites tracées par l'auteur de la règle de droit en retenant les douze derniers mois de cotisation comme période de référence. On ne saurait pas non plus parler d'un abus de pouvoir. Il en serait ainsi si la caisse s'était laissée guider par sa fantaisie ou un parti pris. Ou si elle s'était comportée arbitrairement, ou en violation manifeste de certains droits et principes constitutionnels, tels que le droit à l'égalité, le droit à la protection de la bonne foi et le principe de la proportionnalité (GRISEL, op.cit., p. 333). Cependant, dans le cas particulier, il est constant que le salaire soumis à cotisation a subi de fortes fluctuations, pendant toute la période considérée, dès lors que le recourant a occupé divers emplois, de nature différente, à temps complet ou à temps partiel. Par conséquent, il était opportun de se fonder sur une période relativement longue, ce qui permettait de tenir compte des particularités du cas concret et d'aboutir ainsi à un résultat plus équitable (cf. en ce qui concerne l'ancien droit la solution retenue par le Tribunal fédéral des assurances dans DTA 1983 No 8 p. 37 consid. 5c non publié aux ATF 109 V 58 ). 3. a) Comme salaire soumis à cotisation, la caisse a retenu une somme de fr. 32'692.75, soit le total des gains réalisés par le recourant entre le 7 juin 1982 et le 31 décembre 1983 (période de référence). Ce dernier ne conteste pas l'exactitude de ce montant, mais, dans l'une des variantes de son calcul, il préconise de le porter à fr. 38'774.15, représentant la somme des salaires qu'il aurait obtenus s'il avait travaillé à plein temps dans chacun des emplois qu'il a occupés. A l'appui de son argumentation, il invoque, par analogie, l' art. 39 OACI , selon lequel, pour les périodes qui, aux termes de l'art. 13 al. 2 let. b à d LACI, sont prises en compte comme périodes de cotisation, est déterminant le salaire que l'assuré aurait normalement obtenu. Cependant, comme l'ont déjà démontré les premiers juges, la situation de l'assuré qui, tel le recourant, occupe un emploi à temps BGE 111 V 244 S. 249 partiel et cherche à le remplacer par une activité à plein temps ou à le compléter par une autre activité à temps partiel ( art. 10 al. 2 let. b LACI ), ou qui retire un gain intermédiaire d'une activité salariée ou indépendante durant la période de contrôle ( art. 24 al. 1 LACI ), ne saurait, ni de près ni de loin, être comparée à l'une ou l'autre des éventualités envisagées par l'art. 13 al. 2 let. b à d LACI (assuré qui accomplit un service militaire, de protection civile ou un cours obligatoire d'économie familiale, ou qui est victime d'un accident, ou encore qui a interrompu son travail pour cause de grossesse ou de maternité) ... b) D'autre part, il n'y a pas lieu, contrairement à ce que voudrait l'Office fédéral de l'industrie, des arts et métiers et du travail, de déduire du salaire perçu par l'assuré durant la période de référence l'indemnité de vacances qui, pour un enseignant bernois, s'élèverait à 25%. Une telle déduction ne trouve aucun fondement dans la loi ou dans l'ordonnance et il faut bien plutôt considérer - comme l'ont fait implicitement la caisse et les premiers juges - que les indemnités de vacances font partie du salaire déterminant, ce qui est d'ailleurs aussi le cas dans le domaine de l'AVS ( art. 7 let . o RAVS). c) Vu ce qui précède, c'est bien une somme de fr. 32'692.75 qu'il convient de retenir comme montant du salaire soumis à cotisation. 4. Le troisième et dernier élément de calcul qui est en l'espèce litigieux est celui du nombre de jours de travail par lequel il convient de diviser le salaire déterminant pour connaître le gain journalier. a) Selon le droit applicable jusqu'au 31 décembre 1983, six indemnités journalières étaient versées par semaine. Pour calculer le montant de l'indemnité journalière, on prenait en considération le gain assuré que l'intéressé obtenait normalement pour une journée de travail entière, immédiatement avant le début du chômage. S'il recevait un salaire mensuel fixe, c'était la vingt-sixième partie de ce dernier qui était retenue comme gain déterminant ( art. 32 al. 1 OAC ; voir à ce sujet DTA 1983 No 8 p. 35 consid. 3 non publié aux ATF 109 V 58 ). Le facteur de conversion 26 résultait de la division de 313 indemnités journalières possibles en une année (365 jours - 52 dimanches) par douze mois (313 : 12 = 26,08). La situation a été modifiée par l'entrée en vigueur, le 1er janvier 1984, de la LACI, qui prévoit le versement de cinq indemnités BGE 111 V 244 S. 250 journalières par semaine. Cette loi n'indique cependant pas quel est le facteur de conversion applicable dans le cadre du nouveau droit. La question n'a pas non plus été réglée par l'OACI, dans sa version du 31 août 1983. Ce n'est que dans la novelle du 25 avril 1985, entrée en vigueur le 1er juillet 1985 (RO 1985 I 648), que le Conseil fédéral a introduit l' art. 40a OACI qui, sous le titre "conversion du gain mensuel en gain journalier", dispose que le gain journalier se détermine en divisant le gain mensuel par 21,7. Le choix de ce diviseur s'explique apparemment par le fait que l'on a adapté l'ancien facteur de conversion, en fonction du nombre d'indemnités journalières qui sont désormais versées à l'assuré, selon la formule: (26,08 x 5) : 6 = 21,73. On arrive d'ailleurs à un résultat pratiquement identique en divisant 261 indemnités journalières possibles en une année (365 jours - 104 samedis et dimanches) par douze mois (261 : 12 = 21,75). b) Aux termes du chiffre II de la novelle précitée, celle-ci est applicable "à tous les cas qui n'ont pas acquis force de chose jugée au moment de l'entrée en vigueur des nouvelles dispositions" et donc, en principe, également à la présente cause. Il y a lieu, par conséquent, d'utiliser en l'espèce le facteur de conversion 21,7 prescrit par l'ordonnance. Comme on l'a vu, le choix de celui-ci est objectivement fondé et son application s'imposerait certainement aussi en l'absence d'une disposition expresse; au demeurant, la solution retenue par le Conseil fédéral à l' art. 40a OACI est plus favorable aux assurés que celle préconisée par les directives administratives qui, avant le 1er juillet 1985, prescrivaient l'utilisation du facteur 22. c) Cela étant, on ne peut se rallier au mode de calcul établi par la caisse - laquelle ne s'est d'ailleurs pas conformée à la pratique administrative précitée - et qui consiste à diviser l'ensemble des gains réalisés par le nombre 189 (262,2 : 1,4 = 189; recte: 187,28; le facteur 1,4 résultant de la division des sept jours de la semaine par cinq indemnités journalières possibles en une semaine). Il n'est pas non plus possible, comme le souhaiterait le recourant, dans la deuxième variante de calcul qu'il soumet au tribunal, de tenir compte de son degré d'occupation effective dans les diverses activités qu'il a exercées au cours de la période de référence: cela serait contraire au système légal qui, selon les règles exposées plus haut, fonde le calcul de l'indemnité journalière sur le gain assuré obtenu durant la période de référence, indépendamment de l'horaire de travail accompli par l'intéressé. BGE 111 V 244 S. 251 5. Durant 262,2 jours civils, le recourant a réalisé un gain soumis à cotisation de fr. 32'692.75 ou fr. 124.68 par jour ou encore fr. 3'740.58 par période de trente jours. Son gain journalier s'élève donc à fr. 172.37 (3'740,58 : 21,7), ce qui, au taux de 70%, donne une indemnité journalière de fr. 120.66. Selon les calculs de la caisse, confirmés par les juges cantonaux, l'indemnité journalière est de fr. 121.10, soit un montant quelque peu supérieur. Aux termes de l' art. 132 let . c OJ, dans les litiges qui concernent l'octroi ou le refus de prestations d'assurance, comme c'est le cas en l'espèce, le Tribunal fédéral des assurances peut s'écarter des conclusions des parties, à l'avantage ou au détriment de celles-ci. Le recourant a été invité, conformément à la jurisprudence ( ATF 107 V 248 ), à s'exprimer sur une telle éventualité. Rien ne s'oppose donc à ce que le Tribunal fédéral des assurances réforme le prononcé cantonal, ainsi que la décision litigieuse, dans le sens des considérants qui précèdent et fixe ainsi à fr. 120.65 le montant de l'indemnité journalière à laquelle l'assuré peut prétendre. 6. La question d'une éventuelle restitution de prestations indûment touchées ( art. 95 LACI ) n'est pas litigieuse au stade actuel de la procédure et n'a donc pas à être abordée dans le cadre du présent procès (voir toutefois, en ce qui concerne les conditions d'une telle restitution, ATF 107 V 182 consid. 2b). Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral des assurances prononce: Le recours est rejeté. Le jugement du Tribunal des assurances du canton de Berne du 10 décembre 1984 et la décision de la Caisse d'assurance-chômage du canton de Berne du 16 mai 1984 sont réformés en ce sens que l'indemnité journalière à laquelle a droit Rémy Clivaz est fixée à fr. 120.65.
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6b75eac0-0a5a-45da-ae1b-1f14e63786a3
Urteilskopf 106 IV 1 1. Urteil des Kassationshofes vom 18. April 1980 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 34 Ziff. 2 StGB . Welche Fahrweise zum angestrebten Ziel der möglichst raschen Einweisung eines Patienten ins Spital noch in angemessenem Verhältnis steht, hängt von den konkreten Umständen ab. Notstandshilfe im vorliegenden Fall bejaht.
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 106 IV 1 S. 1 A.- Am Abend des 5. Februar 1979 lenkte L. seinen Personenwagen "Toyota Corolla" auf der Seestrasse von Rapperswil nach Zürich. Beim Lichtsignal im Zentrum von Küsnacht benützte er die Rechtsabbiegespur, fuhr aber in der Folge gleichwohl geradeaus. Auf der anschliessenden Fahrt überschritt er die auf 60 km/h begrenzte Geschwindigkeit streckenweise massiv, indem er seinen Wagen zeitweise bis auf 120 km/h beschleunigte. B.- In Bestätigung des Entscheides des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichts Meilen vom 29. Mai 1979 verurteilte die I. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich L. am 8. November 1979 wegen grober Verletzung von BGE 106 IV 1 S. 2 Verkehrsregeln (Art. 90 Ziff. 2 in Verbindung mit Art. 27 Abs. 1 und Art. 32 SVG ) zu einer bedingt vorzeitig löschbaren Busse von Fr. 80.--. C.- Mit Nichtigkeitsbeschwerde beantragt L., das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache sei zur Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er beruft sich auf Putativnotstandshilfe. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf Gegenbemerkungen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, L. sei am Abend des 5. Februar 1979 von einer Nachbarin, Frau M., um Hilfe für deren Ehemann gebeten worden; Herr M. sei plötzlich von unerträglichen Kopfschmerzen befallen worden und wimmernd und mit schmerzverzerrtem Gesicht "wie ein Tier im Käfig" in der Wohnung umhergerannt. In Erinnerung an ähnliche Fälle aus der Verwandtschaft des M. und dem Bekanntenkreis des L., die tragisch geendet hätten, sei man in Panik geraten. Nachdem sich in der Umgebung kein Arzt habe finden lassen, habe L. das Universitätsspital Zürich angerufen; von diesem sei er angewiesen worden, M. sofort als Notfall nach Zürich zu bringen. Auf der Fahrt nach Zürich habe L. die ihm zur Last gelegten Widerhandlungen gegen das SVG begangen. In der Klinik stellte sich das Leiden des M. als ungefährlich heraus. 2. Gemäss Art. 34 Ziff. 2 StGB ist die Tat, die jemand begeht, um das Gut eines andern, namentlich Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Vermögen, aus einer unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr zu erretten, straflos. Konnte der Täter erkennen, dass dem Gefährdeten die Preisgabe des gefährdeten Gutes zuzumuten war, so mildert der Richter die Strafe nach freiem Ermessen ( Art. 66 StGB ). Darüber hinaus wird in Anlehnung an Art. 33 Abs. 2 StGB die Strafe auch dann nach freiem Ermessen gemildert, wenn der in Notstand oder als Notstandshelfer Handelnde die Grenzen des Notstandes schuldhaft überschritt (vgl. SCHULTZ, Allgemeiner Teil, Bd. I, 3. Aufl., S. 153, SCHWANDER, Das Schweizerische Strafgesetzbuch, Nr. 166, S. 82). Das Obergericht bejahte an sich das Vorliegen einer Notstandssituation, kam aber in Abwägung der in Frage stehenden BGE 106 IV 1 S. 3 Interessen zum Schluss, L. habe mit seiner Fahrt das Gebot der Verhältnismässigkeit überschritten. Der Beschwerdeführer macht demgegenüber geltend, die Vorinstanz habe dadurch, dass sie ihm Notstandshilfeexzess vorwarf und die Strafe lediglich nach freiem Ermessen milderte, Bundesrecht verletzt. a) Angesichts der sich ihm darbietenden Lage und der ihm bekannten ähnlich gelagerten Fälle durfte L. den Schluss ziehen, rasche ärztliche Hilfe sei geboten. Dass grosse Schmerzen von Laien bezüglich des Ernstes der Lage oft überschätzt werden und dass sich die Pforten diverser Spitäler und Notfallkliniken ohne Vorlage eines Arztzeugnisses oder Einlieferung durch die Ambulanz auch dann nicht öffneten, wenn der Hilfesuchende über noch so grosse Schmerzen klage, ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz in diesem Zusammenhang unerheblich. Gerade der medizinische Laie vermag nicht zu beurteilen, ob die grossen Schmerzen im konkreten Fall auf Lebensgefahr schliessen lassen oder - wie hier - verhältnismässig harmloser Natur sind. Es darf ihm daher grundsätzlich kein Vorwurf gemacht werden, wenn er im Zweifelsfall ihre Gefährlichkeit bejaht. Die Vorinstanz räumt denn auch selber ein, "dass der Angeklagte gewiss zu raschem Handeln aufgerufen war". b) Der Versuch des L., in Rapperswil und Umgebung ärztliche Hilfe zu erreichen, die Gefahr mithin auf andere Weise abzuwenden, war erfolglos. Nachdem er auf seinen Anruf hin vom Zürcher Universitätsspital angewiesen worden war, M. sofort als Notfall nach Zürich zu bringen, die Klinik also zur notfallmässigen Untersuchung des M. bereit war, bestand für den Beschwerdeführer weder Anlass noch Gelegenheit, noch andere Massnahmen zur Abwendung der (vermeintlich) erheblichen Gefahr für M. in Erwägung zu ziehen; insbesondere war er nicht gehalten, sich etwa um eine Ambulanz zu bemühen, zumal sehr ungewiss war, ob eine solche innert nützlicher Frist zur Verfügung gestanden hätte. Die Vorinstanz wirft dem Beschwerdeführer denn auch nicht vor, er hätte die für M. bestehende Gefahr mit grundsätzlich andern Mitteln abwenden sollen, sondern sie führt lediglich aus, trotz des Gebots zu raschem Handeln habe L. keinesfalls eine derartige Gefährdung der Verkehrssicherheit schaffen dürfen, wie es das Fahren mit 100 oder 120 km/h unbestreitbar darstelle. Das Obergericht kommt zum Schluss, "der Angeklagte hätte sich unter allen Umständen überlegen müssen, die wenigen Minuten Zeitgewinn stünden BGE 106 IV 1 S. 4 in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem durch die verwegene Fahrweise heraufbeschworenen Gefahren". c) Soweit die Vorinstanz damit sagen will, der Faktor Zeit habe im vorliegenden Fall keine überragende Rolle gespielt, kann ihr nicht gefolgt werden. Nach allgemeiner Lebenserfahrung können gerade Schmerzen im Kopf Symptom von Krankheiten sein, die nur bei raschem Eingreifen erfolgreich behandelt werden können. Dies wird durch das von der Vorinstanz angeführte Schreiben von Prof. F. vom Stoffwechsellabor der medizinischen Klinik des Universitätsspitals Zürich bestätigt, wonach vor allem bei akut auftretenden Kopfschmerzen wegen möglicher Lebensgefahr jede Sekunde von grösster Wichtigkeit sei und in solchen Fällen nicht rasch genug gehandelt werden könne. d) Welche Fahrweise zum angestrebten Ziel der möglichst raschen Einweisung des Patienten ins Spital noch in angemessenem Verhältnis steht, hängt von den konkreten Umständen ab. Die Strasse ist auf der fraglichen Strecke gut ausgebaut; sie ist gegenüber den einmündenden Strassen vortrittsberechtigt. Den Fussgängern stehen Trottoirs zur Verfügung. Der Beschwerdeführer kennt die Strecke und ist als guter Automobilist ausgewiesen. Gewiss blieb die Fahrweise des L. trotzdem gefährlich, zumal es dunkel war und regnete. Nach Auffassung des Obergerichts waren vor allem Fussgänger, die sich auf der Fahrbahn befinden konnten, gefährdet. Dass L. einen bestimmten Fussgänger (oder einen andern Verkehrsteilnehmer) tatsächlich gefährdet habe, wird ihm nicht vorgeworfen. Indem der Beschwerdeführer im Vertrauen auf sein fahrerisches Können und seine Kenntnis der örtlichen Verhältnisse die zulässige Höchstgeschwindigkeit streckenweise, nämlich dort, wo es ihm vertretbar erschien, erheblich überschritt, ging er ein kalkuliertes Risiko ein. Eine unter den gegebenen Umständen nicht zu verantwortende Gefahr führte er nicht herbei. Das nicht markierte Polizeifahrzeug folgte ihm mit gleicher Geschwindigkeit. Bei der Abwägung dessen, was auf dem Spiel stand und dessen, was er aufs Spiel setzte, hat L. sich nicht schuldhaft verhalten. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie den Beschwerdeführer hinsichtlich des Vorwurfs der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von Schuld und Strafe freispreche. e) Da der Beschwerdeführer zwecks Zeitgewinn beim Lichtsignal im Zentrum Küsnachts trotz Benützung der Rechtsabbiegespur BGE 106 IV 1 S. 5 geradeaus fuhr, wurde er von der ersten Instanz gestützt auf Art. 90 Ziff. 2 SVG auch wegen Widerhandlung gegen Art. 27 SVG verurteilt. Das Obergericht hat diese Verurteilung bestätigt. Sein Urteil führt aber keine Tatumstände an, die den Schluss zuliessen, die Tat stehe in keinem vernünftigen Verhältnis zum angestrebten Ziel der möglichst raschen Einlieferung des M. ins Spital. Die Sache wird daher auch in diesem Punkt zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts - I. Strafkammer - des Kantons Zürich vom 8. November 1979 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 120 IV 172 28. Urteil des Kassationshofes vom 3. August 1994 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zug (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 41 StGB , Art. 272 Abs. 7 BStP ; erneute Gewährung des bedingten Strafvollzugs nach Gutheissung der Nichtigkeitsbeschwerde; Anrechnung der bereits ausgestandenen Probezeit. Verurteilt die kantonale Behörde den Betroffenen zu einer bedingten Freiheitsstrafe und heisst das Bundesgericht eine gegen ihren Entscheid erhobene Nichtigkeitsbeschwerde gut, hat sie bei der Neubeurteilung zu berücksichtigen, dass der Betroffene zwischen der Eröffnung ihres aufgehobenen Urteils und der Mitteilung des Bundesgerichtsentscheids bereits unter Probe gestanden ist. Spricht sie erneut eine bedingte Strafe aus, hat sie die bereits ausgestandene auf die neue Probezeit anzurechnen.
Sachverhalt ab Seite 173 BGE 120 IV 172 S. 173 A.- Am 1. Dezember 1987 verurteilte das Strafobergericht des Kantons Zug S. zweitinstanzlich wegen fortgesetzten Pfändungsbetruges zu zwei Monaten Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. B.- Am 27. Juni 1988 hiess das Bundesgericht eine von S. dagegen erhobene eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde teilweise gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurück ( BGE 114 IV 11 ). C.- Am 14. Dezember 1993 verurteilte das Strafobergericht S. wegen mehrfachen Pfändungsbetruges zu einem Monat Gefängnis, bedingt bei einer Probezeit von zwei Jahren. D.- S. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Strafobergerichtes vom 14. Dezember 1993 aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese auf die Ansetzung einer Probezeit verzichte. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer wendet sich einzig gegen die Ansetzung der Probezeit von zwei Jahren. Er macht geltend, er habe sich in der von der Vorinstanz in ihrem ersten Urteil angesetzten Probezeit bewährt. Es gehe nicht an, ihm erneut eine Probezeit aufzuerlegen allein deshalb, weil das erste Urteil der Vorinstanz bundesrechtswidrig gewesen und vom Bundesgericht daher aufgehoben worden sei. Entgegen der Vorinstanz komme es nicht einem Strafverzicht gleich, wenn von der Anordnung einer Probezeit BGE 120 IV 172 S. 174 abgesehen würde. Hätte er während der im ersten Urteil festgelegten Probezeit eine Straftat begangen und wäre die Nichtigkeitsbeschwerde abgewiesen worden, hätte er die Strafe verbüssen müssen. 2. a) Die Probezeit beginnt mit der Eröffnung des Urteils zu laufen, das vollstreckbar wird. Da die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde die Vollziehung des damit angefochtenen kantonalen Urteils nicht hemmt ( Art. 272 Abs. 7 BStP ), bleibt es trotz Einlegung dieses Rechtsmittels vollstreckbar und entfaltet die gesetzlichen Folgen, insbesondere in bezug auf die Probezeit ( BGE 74 IV 12 E. 1; BGE 118 IV 102 E. 1b mit Hinweisen). Begeht der Verurteilte während des eidgenössischen Rechtsmittelverfahrens eine weitere Straftat und weist das Bundesgericht die Nichtigkeitsbeschwerde ab, so hat der Verurteilte in der Probezeit delinquiert, weshalb über den Widerruf des bedingten Strafvollzuges zu entscheiden ist. Heisst das Bundesgericht die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde gut und hebt es deshalb das kantonale Urteil auf, stellt sich die Frage, was mit der angebrochenen oder schon abgelaufenen Probezeit, die jedenfalls faktisch bestanden hat, geschieht. b) Das Bundesgericht äusserte sich in BGE 79 IV 156 zu einer vergleichbaren Fragestellung. Der Täter war im Jahre 1947 zu vier Monaten Gefängnis verurteilt worden, bedingt bei einer Probezeit von vier Jahren. Im Jahre 1953 wurde die Verurteilung im Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben und der Täter neu mit zwei Monaten Gefängnis bestraft, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von zwei Jahren. Das Bundesgericht legte dar, der Richter dürfe über Rechtsfolgen, die aufgrund des rechtskräftig gewesenen früheren Urteils bereits eingetreten seien, nicht hinwegsehen, als ob dieses Urteil überhaupt nie ausgefällt worden wäre. Für den Verurteilten sei es ein Rechtsnachteil gewesen, aufgrund des früheren Urteils auf die Probe gestellt zu sein. Dieser Rechtsnachteil dürfe in einem nach Wiederaufnahme des Strafverfahrens ausgefällten Urteil nicht erneuert werden. Soweit sich der Richter im neuen Urteil zur Frage des bedingten Strafvollzugs äussere, gehe es dabei nur um die Feststellung, ob diese Massnahme im früheren Urteil zu Recht ausgesprochen worden und unter anderem hinsichtlich der Dauer der Probezeit richtig ausgestaltet worden sei. Wie lange die Probezeit gedauert habe, beurteile sich dann aufgrund des neuen Urteils. Für die Frage, ob sich der Verurteilte bewährt habe, sei dagegen sein Verhalten in der Zeit nach Eintritt der Rechtskraft des früheren Urteils massgebend. In verschiedenen Bestimmungen des BGE 120 IV 172 S. 175 Strafgesetzbuchs finde sich die Regel, dass auf Rechtsfolgen, die der Betroffene wegen seiner Tat vor der Ausfällung des letzten Urteils erlitten hat, Rücksicht zu nehmen sei ( Art. 4 Abs. 2, Art. 6 Ziff. 2 Abs. 4 StGB betreffend Anrechnung einer im Ausland verbüssten Strafe; Anrechnung von Untersuchungshaft [ Art. 69 StGB ]; Anrechnung bereits verbüsster Strafen auf eine nachträglich ausgefällte Gesamtstrafe [ Art. 336 lit. d StGB ]). Der Sache nach auf entsprechenden Überlegungen beruht BGE 114 IV 138 : Wird der Gesuchsteller im zu seinen Gunsten angeordneten Wiederaufnahmeverfahren erneut verurteilt, so ist in bezug auf die Frist zur Löschung des Eintrags im Strafregister von der Fiktion auszugehen, das neue Urteil sei bereits im Zeitpunkt des aufgehobenen ausgesprochen worden (E. 3b). c) Diese im Zusammenhang mit einer neuen Verurteilung nach Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens entwickelten Grundsätze sind analog anzuwenden auf die hier gegebene Fragestellung. Hebt das Bundesgericht ein kantonales Urteil in Gutheissung einer dagegen erhobenen eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde auf, hat die kantonale Behörde bei der Neubeurteilung der Sache zu berücksichtigen, dass der Verurteilte zwischen der Eröffnung ihres aufgehobenen Entscheids und der Mitteilung des Bundesgerichtsurteils bereits unter Probe gestanden hat. Verurteilt sie den Betroffenen erneut zu einer bedingten Freiheitsstrafe, hat sie deshalb diese bereits ausgestandene auf die neue Probezeit anzurechnen. Der Beschwerdeführer dürfte hier zwischen dem 1. Dezember 1987 (erstes Urteil der Vorinstanz) und dem 29. August 1988 (Zustellung des bundesgerichtlichen Urteils vom 27. Juni 1988) unter Probe gestanden haben. Die Vorinstanz wird dies im einzelnen allerdings noch festzustellen haben. Diese Probezeit hätte die Vorinstanz auf die in ihrem zweiten Urteil festgesetzte Probezeit anrechnen müssen. Bei der Neubeurteilung der Sache wird die Vorinstanz überdies die Zeit zwischen der Eröffnung ihres zweiten Urteils und der Mitteilung des vorliegenden Bundesgerichtsurteils anzurechnen haben. Diese Anrechnungen sind im Urteil ausdrücklich zu erwähnen, und entsprechend ist der Strafregistereintrag vorzunehmen. d) Die Nichtigkeitsbeschwerde ist in diesem Sinne teilweise gutzuheissen. Unbegründet ist der Antrag, es sei auf die Ansetzung einer Probezeit überhaupt zu verzichten. Zwischen der Eröffnung des ersten Urteils der Vorinstanz und der Zustellung des dazu ergangenen Bundesgerichtsurteils liegen rund neun Monate. Zählt man die Zeit zwischen der Eröffnung des zweiten kantonalen Urteils und der Mitteilung des vorliegenden BGE 120 IV 172 S. 176 Bundesgerichtsurteils dazu, hat der Beschwerdeführer jedenfalls noch nicht zwei Jahre unter Probe gestanden. Es kann deshalb offenbleiben, ob dort, wo die bereits ausgestandene Probezeit die im neuen Urteil an sich anzusetzende erreicht, auf die Anordnung einer Probezeit zu verzichten ist oder ob in derartigen Fällen formell eine Probezeit anzuordnen, aber - ähnlich wie bei der Anrechnung von die Strafdauer mindestens erreichender Untersuchungshaft - gleichzeitig festzustellen ist, dass die Probezeit zufolge Anrechnung bereits abgelaufen ist.
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Urteilskopf 86 II 7 2. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour civile du 20 février 1960 dans la cause Hirschberg contre Blanc et consorts.
Regeste Kapitalisierung künftigen Verdienstausfalls. Anwendbarkeit der neuen Barwerttafeln (2. Aufl.) von STAUFFER/SCHAETZLE (Änderung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 8 BGE 86 II 7 S. 8 4. ... Il est constant que la perte de 20% doit être comptée sur un gain annuel de 7200 fr. et se monte donc à 1440 fr. par année. Pour la période du 1er janvier 1955 au jour de l'arrêt de la Cour de justice (5 mai 1959), le préjudice s'élève à 6260 fr., comme cette juridiction l'a fixé. Sur ce point, l'arrêt cantonal doit donc être confirmé. Quant à la perte de gain future, il faut, pour l'établir, capitaliser à la date du 5 mai 1959 le montant de 1440 fr. par année. 5. a) Pour arrêter la valeur actuelle de la perte future, la Cour de justice a pris la moyenne entre le coefficient indiqué par les tables de longévité de PICCARD (Capitalisation de prestations périodiques, 6e éd.) et celui qui ressort des tables d'activité de STAUFFER/SCHAETZLE (Barwerttafeln für das Schadenersatzrecht, Ire éd.). Elle s'est conformée ainsi à la jurisprudence que le Tribunal fédéral a inaugurée par l'arrêt Lauper (RO 81 II 42). Dame Hirschberg critique ce mode de capitalisation. A son avis, les juges cantonaux n'auraient pas dû se fonder sur la première édition des tables de STAUFFER/SCHAETZLE, mais sur la deuxième édition, que ces auteurs ont publiée en 1958. b) Selon l'arrêt Lauper, la personne assistée a, en cas de perte de soutien, uniquement droit aux montants que celui-ci lui aurait consacrés; s'ils consistent dans une part de salaire, ils dépendent de ce gain et cessent avec lui; ce qui est déterminant dans ce cas, ce n'est pas la vie probable qu'aurait eue la victime mais la durée de son activité économique; il faut donc capitaliser la perte en tenant compte de ce terme. Cependant, le Tribunal fédéral ne s'est pas fondé purement et simplement sur les tables d'activité que STAUFFER et SCHAETZLE avaient publiées en 1948. Il a considéré en effet que l'applicabilité de ces tables en Suisse était incertaine, car elles reposaient sur des BGE 86 II 7 S. 9 statistiques suédoises datant de 1921 à 1925. D'autre part, a-t-il exposé, on alloue des indemnités trop fortes si l'on se fonde uniquement sur la vie probable de la victime; quant à opérer des réductions par appréciation lorsqu'on ne dispose pas d'éléments concrets, cette méthode n'est pas satisfaisante, car elle ouvre la porte à l'insécurité et à l'arbitraire; aussi la meilleure solution consiste-t-elle à prendre la moyenne entre les chiffres fournis par les tables de longévité et ceux qui ressortent des tables d'activité. Par la suite, ce mode de capitalisation a été appliqué également à la réparation des dommages corporels (RO 82 II 34 et 35). La méthode consistant à se fonder sur la probabilité pour établir la durée de l'activité future de la victime a été critiquée par PICCARD (Capitalisation de prestations périodiques, 6e éd., p. 100 et suiv.; A propos des nouvelles "Barwerttafeln" de MM. Stauffer et Schaetzle, dans JdT 1958 I 468 et suiv.). Mais les arguments de cet auteur, tirés de l'infinie diversité des cas particuliers, conduiraient également, s'ils étaient admis, à l'abandon des tables de longévité et à l'allocation, dans tous les cas, d'indemnités fixées uniquement par appréciation, selon les circonstances de l'espèce. Or une telle méthode serait impraticable. Un dommage futur doit nécessairement être déterminé d'après les règles de l'expérience et celle-ci trouve son expression la plus sûre dans les tables tirées des statistiques. D'autre part, si l'on s'en remettait uniquement à l'appréciation, on provoquerait l'insécurité et on entraverait la liquidation extrajudiciaire des sinistres. Il est donc préférable de s'en tenir en principe aux règles de la probabilité. c) Les nouvelles tables d'activité publiées en 1958 par STAUFFER et SCHAETZLE diffèrent des précédentes sur plusieurs points. aa) La durée de l'activité dépend en premier lieu de la vie probable. Pour déterminer ce facteur, on s'appuyait jusqu'ici sur les statistiques suisses de mortalité les plus récentes, publiées par le Bureau fédéral de statistique. BGE 86 II 7 S. 10 STAUFFER et SCHAETZLE considèrent que, puisqu'il s'agit de réparer un préjudice futur, on ne doit pas, pour fixer la durée de la vie probable, se fonder purement et simplement sur des statistiques passées, mais tenir compte du fait que la durée de la vie a tendance à augmenter. Aussi prennent-ils comme base la table de mortalité dressée en 1956 pour établir le bilan technique réajusté de l'assurancevieillesse et survivants (table dite A.V.S. II) et adoptée également par la Commission fédérale d'experts pour l'introduction de l'assurance-invalidité (cf. rapport de cette Commission du 30 novembre 1956, p. 191). Cette table, en effet, détermine par extrapolation la durée future moyenne de la vie. bb) Pour arrêter le risque d'invalidité, STAUFFER et SCHAETZLE se fondent sur les travaux de la Commission fédérale d'experts pour l'introduction de l'assuranceinvalidité (cf. rapport du 30 novembre 1956, p. 185 et suiv., 246 et suiv. et 261 et suiv.). Cette Commission a basé ses prévisions sur les indications fragmentaires fournies par le recensement fédéral de 1950, qu'elle a complétées ou vérifiées à l'aide des rapports de la Caisse nationale, des expériences de l'Assurance militaire fédérale et d'autres observations faites en Suisse et en Allemagne. Mais STAUFFER et SCHAETZLE conviennent que cette méthode implique des possibilités d'erreur. Afin que la marge de doute ne soit pas supportée par les lésés, ils réduisent de moitié les risques d'invalidité tels qu'ils ressortent des travaux de la Commission fédérale. d) Pour être en mesure de juger si les nouvelles tables de STAUFFER et SCHAETZLE pouvaient être appliquées, le Tribunal fédéral a constitué une commission d'experts, composée de MM. Schoeb, mathématicien, Grütter, sousdirecteur de l'Administration fédérale des finances, et Jecklin, professeur, directeur à la Société suisse de réassurance. Ces trois experts ont, en substance, répondu comme il suit aux questions qui leur ont été soumises: aa) Les tables de mortalité publiées par le Bureau fédéral BGE 86 II 7 S. 11 de statistique sont fondées sur des expériences passées. Elles ne sont probablement pas valables pour l'avenir, car on peut s'attendre que la durée moyenne de la vie continuera de croître. En revanche, la table de mortalité A.V.S. II, que STAUFFER et SCHAETZLE ont prise pour base, tient compte de ce facteur et permet donc de calculer plus justement les dommages futurs dans les cas de responsabilité civile. bb) Pour déterminer les risques d'invalidité, les travaux de la Commission fédérale d'experts pour l'introduction de l'assurance-invalidité fournissent actuellement les bases les plus sûres dont on puisse disposer en Suisse. Contrairement à d'autres tables (par exemple celles des compagnies d'assurances privées, de la Caisse fédérale d'assurance ou de la Caisse de pensions et de secours des CFF), ils ne visent pas des risques sélectionnés; en outre, ils ne réservent aucune marge de bénéfice. Il est vrai qu'ils sont destinés à préparer l'introduction d'une assurance sociale. Mais ils peuvent aussi servir de base pour fixer les dommages qui doivent être réparés selon les règles de la responsabilité civile. cc) Cependant, les travaux de la Commission fédérale d'experts ne reposent pas sur un matériel statistique complet et impliquent donc des risques d'erreur. Si l'on veut éviter que ceux-ci soient à la charge des lésés, il est juste de réduire les risques d'invalidité. Quant à l'importance que doit avoir cette réduction, c'est là une question d'appréciation. Le taux de 50% admis par STAUFFER et SCHAETZLE peut encore être justifié mais constitue un maximum. e) Sauf de rares exceptions, le dommage subi en cas de perte de gain ou de soutien est postérieur à la parution des tables de mortalité dont on se sert pour le déterminer. Il est donc exact, comme l'ont considéré STAUFFER et SCHAETZLE, que de telles tables devraient tenir compte de l'évolution future de la durée de la vie. Or c'est ce que fait la deuxième édition de leurs "Barwerttafeln". D'après BGE 86 II 7 S. 12 les experts commis par le Tribunal fédéral, la méthode que ces auteurs ont suivie est conforme aux règles de la science actuarielle et aux prévisions. On doit en conclure que, sur ce point, leurs tables sont préférables à celles dont on disposait jusqu'ici. Quant au risque d'invalidité, STAUFFER et SCHAETZLE le déterminent en se fondant sur des indications qui, selon les experts, constituent les bases les plus sûres dont on dispose actuellement en Suisse. Sans doute le matériel statistique sur lequel elles reposent n'est-il pas complet, de sorte qu'elles impliquent des dangers d'erreur. Mais cette marge de doute n'est pas à la charge des lésés, puisque les risques d'invalidité ont été réduits de 50%. Dès lors, on peut admettre que les nouvelles "Barwerttafeln" de STAUFFER et SCHAETZLE sont celles qui, aujourd'hui, permettent le mieux de capitaliser les dommages futurs subis en raison de pertes de gain ou de soutien. Lorsque ce préjudice dépend de la durée de l'activité économique du lésé ou du soutien, on doit donc, pour calculer la valeur actuelle de la perte, se fonder sur les tables d'activité que cet ouvrage contient. Cependant, comme on l'a vu, ces nouvelles tables sont fondées sur des statistiques incomplètes. Elles devront donc être corrigées ou abandonnées dès que d'autres sources de renseignement, en particulier les expériences faites par suite de l'introduction de l'assurance-invalidité fédérale, permettront de calculer plus sûrement les risques d'invalidité. D'autre part, les chiffres obtenus au moyen des données de la probabilité ne peuvent correspondre que très approximativement au préjudice réel. Aussi est-il préférable d'allouer des indemnités exprimées en nombres ronds. On choisira ces chiffres en diminuant les résultats exacts des calculs, car, STAUFFER et SCHAETZLE ayant réduit de moitié les risques d'invalidité, on arrive généralement, en se fondant sur leurs tables d'activité, à des montants un peu trop favorables aux lésés. BGE 86 II 7 S. 13 Enfin, comme le Tribunal l'a exposé dans son arrêt Lauper, la règle demeure que les circonstances du cas particulier l'emportent sur les critères mathématiques lorsqu'elles permettent, mieux que ces derniers, d'estimer la durée probable qu'aurait eue le gain ou l'assistance. On n'appliquera donc pas la méthode abstraite de calcul ou on en rectifiera le résultat si, grâce à des éléments concrets tels que l'âge, la santé ou la profession de la victime, on peut fixer avec plus d'exactitude le moment où sa vie active aurait probablement cessé. f) En l'espèce, le dommage futur de dame Hirschberg dépend de la durée de son activité économique. On ne dispose pas d'éléments concrets qui permettraient de fixer le terme de cette activité. On doit dès lors calculer le préjudice futur d'après les règles de la probabilité. Au moment de l'arrêt cantonal, la demanderesse était âgée de 42 ans. Si l'on capitalise sa perte annuelle de 1440 fr. en se fondant sur le coefficient 1716 indiqué par la table 1 de STAUFFER et SCHAETZLE, on obtient 24 710 fr. 40, c'est-à-dire un montant supérieur de 230 fr. 40 à celui qui a été arrêté par la Cour de justice. Cependant, ce résultat devant être arrondi vers le bas, on peut en rester à la somme qu'a fixée la juridiction cantonale.
public_law
nan
fr
1,960
CH_BGE
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CH
Federation
6b7a3ffa-4314-45e0-9dcc-dd370028ccfe
Urteilskopf 102 III 113 20. Schreiben an die kantonalen Aufsichtsbehörden und an die Betreibungs- und Konkursämter. (29.11.1976) Revision der VZG
Regeste
Erwägungen ab Seite 113 Text auf Deutsch BGE 102 III 113 S. 113 1.- Wir gestatten uns, Sie darauf aufmerksam zu machen, dass das Bundesgericht am 4. Dezember 1975 die Verordnung vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG) abgeändert hat. Die Revision bezieht sich vor allem auf die Zwangsverwertung von Miteigentumsanteilen an Grundstücken, mit Einschluss von Stockwerkeigentumsanteilen. Sie wurde hauptsächlich veranlasst durch den Erlass des am 1. Januar 1965 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 19. Dezember 1963 über die Änderung des 4. Teils des ZGB (Miteigentum und Stockwerkeigentum). Im übrigen wurde die VZG in einzelnen Punkten den seit ihrem Erlass erfolgten Änderungen von Gesetzgebung und Rechtsprechung angepasst. Der neue Text der Verordnung ist publiziert in AS 1976 S. 164 ff. (vgl. auch BlSchK 1976 S. 42 ff.). Gemäss den BGE 102 III 113 S. 114 Übergangsbestimmungen ist die Änderung am 1. April 1976 in Kraft getreten. Wir weisen Sie darauf hin, dass die revidierte VZG auch auf die Verwertung von Grundstücken in den zu diesem Zeitpunkt bereits hängigen Betreibungen und Konkursen Anwendung findet, soweit es nach dem Stand des Verfahrens noch möglich ist. 2.- Durch die Revision der VZG ist Ziffer 1 des Kreisschreibens Nr. 17 vom 1. Februar 1926 über die Behandlung von Miteigentum und Gesamteigentum im Konkurs (BGE 52 III 56ff.) hinfällig geworden. 3.- Die Revision macht sodann eine Abänderung der Anleitung der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichtes über die bei der Zwangsverwertung von Grundstücken zu errichtenden Aktenstücke vom 7. Oktober 1920 (Anleitung zur VZG) erforderlich. Während in den Art. 3, 5 und 7 einzig die Gesetzeszitate den geänderten Vorschriften der VZG anzupassen sind, muss der Abschnitt E. materiell vollständig neu gefasst werden. Dabei fällt der bisherige Unterabschnitt 2 (Versteigerung eines im Miteigentum des betriebenen Schuldners stehenden Grundstücks) dahin, da eine solche Versteigerung nicht mehr vorgesehen ist. Die Anleitung zur VZG wird demgemäss wie folgt geändert: Art. 3 Für die Anmeldung zur Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch gemäss VZG Art. 5, 15 Abs. 1 lit. a, 23a lit. a, 90 und 97 sowie SchKG Art. 275 (beim Arrest) ist das Formular Nr. 2 zu benützen. Art. 5 Die Anzeige an die Grundpfandgläubiger und Miteigentümer von der erfolgten Pfändung einer Liegenschaft bzw. eines Miteigentumsanteils, oder der Miet- und Pachtzinse oder hängenden oder stehenden Früchte gemäss VZG Art. 14 Abs. 2, 15 Abs. 1 lit. b und 23a lit. b und c erfolgt durch Formular Nr. 4. Art. 7 Die nach der Pfändung und nach der Zustellung des Zahlungsbefehls bzw. nach Eingang des Verwertungsbegehrens in der Pfandverwertungsbetreibung sowie nach der Konkurseröffnung BGE 102 III 113 S. 115 gemäss Art. 15 Abs. 1 lit. b, 23a lit. b, 91 und 124 zu erlassende Anzeige an die Mieter und Pächter über den Einzug der Miet- und Pachtzinse durch das Betreibungsamt (Konkursamt) erfolgt durch Formular Nr. 5. E. Miteigentum und gesetzliche Vorkaufsrechte (neu) 1. Verwertung eines Miteigentumsanteils Art. 31 Ist ein Miteigentumsanteil zu verwerten, so ist in der Bekanntmachung gemäss Art. 29 VZG und Art. 138 SchKG darauf hinzuweisen, dass auch die Rechte am Grundstück als Ganzem anzumelden sind (Art. 73a Abs. 2 VZG). Art. 32 Ist das Grundstück als Ganzes verpfändet, so haben die Steigerungsbedingungen folgende Bemerkung zu enthalten: "Hinsichtlich der nach dem rechtskräftigen Lastenverzeichnis am Grundstück als Ganzem bestehenden Pfandrechte und der dadurch gesicherten Forderungen tritt der Ersteigerer ohne Anrechnung dieser Belastungen auf den Steigerungspreis vollständig in die Rechtsstellung des Schuldners ein. Vorbehalten bleibt eine allfällige Erklärung des Gläubigers im Sinne von Art. 832 Abs. 2 ZGB, er wolle den früheren Schuldner beibehalten (Art. 135 Abs. 1 Satz 2 SchKG)." Im Konkurs ist der Vorbehalt in Satz 2 wegzulassen. 2. Gesetzliche Vorkaufsrechte Art. 33 Die gemäss Art. 30 Abs. 4 VZG an die Inhaber gesetzlicher Vorkaufsrechte im Sinne von Art. 682 Abs. 1 und 2 ZGB zu versendende Spezialanzeige von der Steigerung ist ihnen mit folgendem Begleitschreiben zuzustellen: "Als Inhaber eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes an dem Grundstück ... in ... erhalten Sie beiliegend eine Anzeige über die am ... in der Betreibung gegen ... stattfindende Verwertung dieses Grundstücks. BGE 102 III 113 S. 116 Sie werden darauf aufmerksam gemacht, dass Sie Ihr gesetzliches Vorkaufsrecht an der Steigerung durch Übernahme des Grundstücks zu dem Höchstangebot, auf das der Zuschlag erfolgen kann, und zu den aufgelegten Steigerungsbedingungen ausüben können und dass eine spätere Geltendmachung desselben gegenüber dem Drittersteigerer, dem der Zuschlag an der Steigerung erteilt werden sollte, nicht mehr möglich ist." Art. 34 In den Steigerungsbedingungen sind die Inhaber gesetzlicher Vorkaufsrechte im Sinne von Art. 682 Abs. 1 und 2 ZGB aufzuführen. Bezüglich des Zuschlages ist folgende besondere Bemerkung aufzunehmen: "Der Zuschlag an den Meistbietenden kann nur erfolgen, wenn sich allfällige an der Steigerung teilnehmende Inhaber eines gesetzlichen Vorkaufsrechtes im Sinne von Art. 682 Abs. 1 und 2 ZGB nicht selbst sofort zur Übernahme des Grundstücks kraft ihres Vorkaufsrechtes zu dem Höchstangebot bereit erklären. Der Meistbietende bleibt an sein Angebot so lange gebunden, bis sämtliche anwesenden oder vertretenen Vorkaufsberechtigten sich über die Ausübung ihres Vorkaufsrechtes ausgesprochen haben." 4.- Schliesslich sind auch die Formulare der neuen Rechtslage anzupassen. a) Im Formular VZG Nr. 1 (Einforderung des Grundbuchauszuges behufs Pfändung) ist beizufügen, dass der Grundbuchauszug auch über das Grundstück als Ganzes Auskunft zu geben hat, wenn dem Schuldner ein Miteigentumsanteil an einem Grundstück zusteht, und dass in diesem Fall in den Auszug die Personalien der übrigen Miteigentümer und die ihnen zustehenden Bruchteile bzw. Wertquoten aufzunehmen sind (vgl. Art. 23 und 73 VZG). b) Im Formular VZG Nr. 2 (Anmeldung zur Vormerkung einer Verfügungsbeschränkung im Grundbuch) ist in einer Fussnote darauf hinzuweisen, dass im Falle der Pfändung usw. eines Miteigentumsanteils die Vormerkung nur auf dem Blatt des betreffenden Anteils zu erfolgen hat, dass aber eine Anmerkung auf dem Blatt des Grundstücks selbst auf diese Vormerkung sowie darauf hinweisen soll, dass jede Verfügung im BGE 102 III 113 S. 117 Sinne von Art. 648 Abs. 2 ZGB der Bewilligung des Betreibungsamtes bedarf (vgl. Art. 23a lit. a VZG). c) Für das Formular VZG Nr. 7 (Einforderung eines vollständigen Grundbuchauszuges) gilt das gleiche wie für das Formular VZG Nr. 1 (vgl. lit. a hievor). d) Im Formular VZG Nr. 7a (Muster für die Steigerungspublikation im Betreibungsverfahren) ist das Wort "Liegenschaft" durch den allgemeineren Begriff "Grundstück" zu ersetzen (vgl. Art. 655 ZGB). Ferner ist beizufügen, dass auch die Rechte am Grundstück als Ganzem anzumelden sind, wenn ein Miteigentumsanteil zu verwerten ist (vgl. Art. 73a VZG). e) Im Formular VZG Nr. 9 Btr. (Mitteilung des Lastenverzeichnisses) ist das Zitat in der Fussnote dem neuen Text der Verordnung anzupassen. f) In den Formularen VZG Nr. 13 Btr. und VZG Nr. 13b Btr. (Protokoll der Grundstücksteigerung) ist in einer Fussnote darauf hinzuweisen, dass beim Bestehen gesetzlicher Vorkaufsrechte im Sinne von Art. 682 Abs. 1 und 2 ZGB und bei Verwertung eines Miteigentumsanteils an einem als Ganzem verpfändeten Grundstück die Steigerungsbedingungen gemäss Art. 32 und 34 der Anleitung zur VZG zu ergänzen sind. Bei der Berechnung des Mindestangebotes in der bisherigen Fussnote 2 ist ferner auf Art. 73h VZG hinzuweisen. Schliesslich ist bei dieser Gelegenheit auch der Hinweis auf den Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland vom 23. März 1961 auf den neuesten Stand zu bringen (die heute gültige Fassung datiert vom 21. März 1973; das Anlageverbot in inländische Grundstücke vom 26. Juni 1972 ist längst ausser Kraft). Insoweit ist auch Ziffer II des Kreisschreibens Nr. 36 vom 23. Januar 1962 (BGE 88 III 1 ff.) zu korrigieren. g) Für die Formulare VZG Nr. 13a K und VZG Nr. 13b K (Protokoll der Grundstücksteigerung im Konkurs) gilt das gleiche wie für die Formulare VZG Nr. 13 Btr. und VZG Nr. 13b Btr. (vgl. lit. f hievor), mit Ausnahme des Hinweises auf die Berechnung des Mindestangebotes. h) In Ziff. 1 und 2 des Formulars VZG Nr. 15 (Anmeldung zur Eintragung des Eigentumsüberganges eines Grundstückes zufolge Zuschlages im Zwangsvollstreckungsverfahren) sind auch die Miteigentumsanteile zu erwähnen. BGE 102 III 113 S. 118 i) Im Konkursformular Nr. 14a (Konkurseröffnung) ist die Aufforderung zur Anmeldung altrechtlicher Dienstbarkeiten im Sinne von Art. 130a Abs. 2 VZG zu ergänzen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer wird die erforderlichen Änderungen der genannten Formulare veranlassen. Bis diese im Neudruck vorliegen, müssen die Betreibungs- und Konkursämter die notwendigen Änderungen und Ergänzungen auf den bisherigen Formularen selbst anbringen. Texte en français Lettre aux autorités cantonales de surveillance et aux offices de poursuite et de faillite. (29.11.1976) Revision de l'ORI 1.- Nous attirons votre attention sur le fait que, le 4 décembre 1975, le Tribunal fédéral a modifié l'ordonnance du 23 avril 1920 sur la réalisation forcée des immeubles (ORI). La révision a trait avant tout à la réalisation forcée des parts de copropriété d'un immeuble, y compris les parts de copropriété constituées en copropriété par étages. Elle est due essentiellement à la promulgation de la loi fédérale du 19 décembre 1963, modifiant le livre quatrième du Code civil, entrée en vigueur le 1er janvier 1965 (copropriété et propriété par étages). Pour le surplus, l'ORI a été adaptée sur certains points aux changement de législation et de jurisprudence intervenus depuis son entrée en vigueur. Le nouveau texte de l'ordonnance est publié dans le RO 1976, p. 164 ss. (cf. BlSchK 1976, p. 42 ss.). En vertu des dispositions transitoires, le texte revisé est entré en vigueur le 1er avril 1976. Nous vous rendons attentifs au fait que l'ORI revisée s'applique aussi à la réalisation d'immeubles dans les poursuites et les faillites déjà pendantes à ce moment, pour autant que l'état de la procédure le permet. 2.- Du fait de la revision de l'ORI, le chiffre 1 de la circulaire no 17 du 1er février 1926 sur le mode de réalisation en faillite des parts de copropriété et de propriété commune (ATF 52 III 56ss.) est devenu caduc. 3.- La revision de l'ORI rend également nécessaire une modification des instructions du 7 octobre 1920 de la Chambre BGE 102 III 113 S. 119 des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral au sujet des formulaires et autres pièces concernant la réalisation forcée des immeubles (instructions ORI). Tandis que, dans les art. 3, 5 et 7, il y a seulement lieu d'adapter les citations légales aux prescriptions modifiées de l'ORI, la section E doit être intégralement refaite. En outre, la sous-section 2 (vente d'un immeuble dont le débiteur poursuivi est copropriétaire) devient caduque, une telle vente n'étant plus prévue. Les instructions ORI sont dès lors modifiées comme il suit: Art. 3 Pour requérir l'annotation au registre foncier d'une restriction du droit d'aliéner conformément aux art. 5, 15 al. 1 litt. a, 23a litt. a, 90 et 97 ORI et à l'art. 275 LP (en cas de séquestre), l'office emploiera le formulaire no 2. Art. 5 Pour donner avis aux créanciers gagistes et aux copropriétaires de la saisie d'un immeuble ou d'une part de copropriété, des loyers et fermages ou des récoltes pendantes, conformément aux art. 14 al. 2, 15 al. 1 litt. b et 23a litt. b et c ORI, on emploiera le formulaire no 4. Art. 7 Pour les avis à adresser aux locataires et fermiers, conformément aux art. 15 al. 1 litt. b, 23a litt. b, 91 et 124 ORI, après la saisie et après la notification du commandement de payer ou la réception de la réquisition de vente dans la poursuite en réalisation de gage, ainsi qu'après l'ouverture de la faillite, on emploiera le formulaire no 5. E. Copropriété et droits de préemption légaux (nouveau) 1. Réalisation d'une part de copropriété Art. 31 Si une part de copropriété doit être réalisée, la publication de vente faite conformément aux art. 29 ORI et 138 LP mentionnera qu'il y a lieu de produire également les droits grevant l'immeuble lui-même ( art. 73a al. 2 ORI ). BGE 102 III 113 S. 120 Art. 32 Si l'immeuble lui-même est grevé de droits de gage, les conditions de vente contiendront les remarques suivantes: "En ce qui concerne les droits de gage grevant l'immeuble lui-même d'après l'état des charges en force et les créances qu'ils garantissent, l'enchérisseur auquel l'adjudication aura été faite succède au débiteur dans tous ses droits et obligations, sans imputation de ces charges sur le prix de vente. Demeure réservé le cas où le créancier déclare, conformément à l' art. 832 CC , qu'il entend ne pas renoncer à ses droits contre le débiteur primitif (art. 135 al. 1 deuxième phrase LP)." En cas de faillite, la réserve de la deuxième phrase tombe. 2. Droits de préemption légaux Art. 33 L'avis spécial qui doit être adressé, en vertu de l' art. 30 al. 4 ORI , aux titulaires de droits de préemption légaux au sens de l'art. 682 al. 1 et 2 CC sera accompagné de la lettre suivante: "Comme titulaire d'un droit de préemption légal sur l'immeuble ... a ... vous recevez ci-joint l'avis que la vente aux enchères de cet immeuble aura lieu le ... dans la poursuite contre ... Vous êtes rendu attentif au fait que vous pouvez exercer votre droit de préemption légal lors de la vente en reprenant l'immeuble pour le prix indiqué dans l'offre la plus élevée et aux conditions de vente prévues; il ne vous sera pas possible de faire valoir plus tard votre droit contre l'enchérisseur auquel l'attribution aura été faite lors des enchères." Art. 34 Les titulaires de droits de préemption légaux au sens de l'art. 682 al. 1 et 2 CC doivent être indiqués dans les conditions de vente. En ce qui concerne l'adjudication, la remarque spéciale suivante devra être faite: "L'adjudication à l'enchérisseur qui aura fait l'offre la plus élevée ne pourra se faire que si le titulaire d'un droit de préemption légal au sens de l'art. 683 al. 1 et 2 CC, ayant BGE 102 III 113 S. 121 assisté aux enchères, ne déclare pas immédiatement qu'il veut exercer son droit en reprenant l'immeuble pour le prix indiqué dans l'offre. L'enchérisseur qui a fait l'offre la plus élevée demeure lié par son offre jusqu'à ce que tous les titulaires d'un droit de préemption légal, présents ou représentés, se soient exprimés." 4.- Enfin, les formules doivent aussi être adaptées au nouvel état du droit. a) Dans la formule ORI no 1 (réquisition d'extrait du registre foncier en vue d'une saisie), il convient d'ajouter que l'extrait du registre foncier renfermera aussi des indications sur l'immeuble entier quand le débiteur est propriétaire d'une part de copropriété et que, dans ce cas, seront indiqués dans l'extrait les noms et domiciles des autres copropriétaires, ainsi que leurs quotes-parts ou leurs parts en pour cent ou pour mille (cf. les art. 23 et 73 ORI). b) Dans la formule ORI no 2 (réquisition d'annotation au registre foncier d'une restriction du droit d'aliéner), il sera indiqué en note que, en cas de saisie, etc., d'une part de copropriété, l'annotation ne sera faite que sur le feuillet de la part saisie, mais qu'une mention au feuillet de l'immeuble lui-même signalera la saisie d'une part et indiquera que tout acte de disposition au sens de l' art. 648 al. 2 CC sera subordonné à l'approbation de l'office des poursuites (cf. l'art. 23a litt. a ORI). c) Pour la formule ORI no 7 (réquisition d'extrait détaillé du registre foncier), il en va de même que pour la formule ORI no 1 (cf. la lettre a) ci-dessus). d) Dans la formule ORI no 7a (modèle pour la publication d'une vente aux enchères dans la poursuite), il sera ajouté que, quand doit être réalisée une part de copropriété, seront produits également les droits grevant l'immeuble lui-même (cf. l' art. 73a ORI ). e) Dans la formule ORI no 9 P (communication de l'état des charges), la citation faite en note doit être adaptée au nouveau texte légal. f) Dans les formules ORI no 13b P (procès-verbal de vente immobilière aux enchères), il sera mentionné en note que les conditions de vente devront être complétées conformément aux art. 32 et 34 des instructions ORI s'il existe des droits de préemption légaux au sens de l'art. 682 al. 1 et 2 CC et si doit BGE 102 III 113 S. 122 être réalisée la part de copropriété d'un immeuble grevé lui-même de droits de gage. En outre, pour le calcul de l'offre minimale, il convient de renvoyer, dans la note 2, à l' art. 73h ORI . Enfin, ce sera l'occasion de citer dans son état le plus récent l'arrêté du 23 mars 1961 instituant le régime de l'autorisation pour l'acquisition d'immeubles par des personnes domiciliées à l'étranger (le texte actuellement en vigueur date du 21 mars 1973). Le chiffre II de la circulaire no 36 du 23 janvier 1962 (ATF 88 III 3 ss) doit aussi être corrigé sur ce point. g) Pour les formules ORI no 13a F et ORI 13b F (procès-verbal de vente immobilière aux enchères dans la faillite), il en va de même que pour les formules ORI no 13 P et ORI no 13b P (cf. la lettre f) ci-dessus), à l'exception de la note relative au calcul de l'offre minimale. h) Sous chiffres 1 et 2 de la formule ORI no 15 (réquisition d'inscription du transfert de propriété d'un immeuble ensuite de réalisation forcée), il convient de mentionner aussi les parts de copropriété. i) Dans la formule de faillite no 14a (ouverture de la faillite), l'invitation à indiquer les servitudes nées sous l'empire de l'ancien droit cantonal doit être complétée dans le sens de l' art. 130a al. 2 ORI . La Chambre des poursuites et des faillites du Tribunal fédéral s'occupera de mettre en oeuvre les modifications des formules susmentionnées. Jusqu'à ce que ces formules soient imprimées, les fonctionnaires des offices de poursuites et de faillites devront eux-mêmes indiquer les modifications et les compléments sur les formules actuelles. Testo in italiano Lettera alle autorità cantonali di vigilanza e agli uffici di esecuzione e dei fallimenti. (29.11.1976) Revisione del RFF 1.- Ci permettiamo di attirare la vostra attenzione sul fatto che in data 4 dicembre 1975, il Tribunale federale ha modificato il regolamento del 23 aprile 1920 concernente la realizzazione forzata dei fondi (RFF). La revisione si riferisce avantutto alla realizzazione forzata delle quote di comproprietà BGE 102 III 113 S. 123 di fondi, comprese le quote costituite in proprietà per piani. Essa è essenzialmente dovuta alla promulgazione della legge federale del 19 dicembre 1963 che modifica il Libro quarto del Codice civile, entrata in vigore il 1o gennaio 1965 (comproprietà e proprietà per piani). Il RFF è inoltre stato adattato su certi punti ai cambiamenti intervenuti nella legislazione e nella giurisprudenza dopo la sua entrata in vigore. Il nuovo testo del regolamento è pubblicato nella RU 1976 pag. 164 segg. (cfr. anche BlSchK 1976 pag. 42 segg.). Giusta le disposizioni transitorie il testo modificato è entrato in vigore il 1o aprile 1976. Ci permettiamo di rendervi attenti al fatto che il RFF modificato si applica anche alla realizzazione di fondi nelle esecuzioni in corso, nelle quali ciò è ancora permesso dall'attuale stadio della procedura. 2.- Con la revisione del RFF diviene caduco il no 1 della Circolare no 17 del 1o febbraio 1926 sul modo di realizzazione nel fallimento delle quote di comproprietà e di proprietà comune ( DTF 52 III 56 segg.). 3.- La revisione del RFF rende altresi necessaria una modifica delle Istruzioni della Camera esecuzioni e fallimenti del Tribunale federale per l'applicazione dell'ordinanza del 23 aprile 1920 sulla realizzazione forzata dei fondi (del 7 ottobre 1920) (istruzioni RFF). Mentre che negli art. 3, 5 e 7 devono unicamente essere adattate le citazioni al testo modificato del RFF, la sezione E deve fare oggetto di una modifica integrale. Inoltre, l'attuale sottosezione no 2 (realizzazione di un fondo di cui il debitore escusso sia comproprietario) viene a cadere, tale realizzazione non essendo più prevista. Le istruzioni RFF vengono pertanto modificate come segue: Art. 3 Per la domanda di annotazione di una restrizione della facoltà di disporre a stregua degli art. 5, 15 cpv. 1 lett. a, 23a lett. a, 90 e 97 RFF e 275 LEF (sequestro) si farà uso del formulario no 2. Art. 5 L'avviso del pignoramento di un fondo o di una quota di comproprietà ai creditori pignoratizi e ai comproprietari, o BGE 102 III 113 S. 124 del pignoramento delle pigioni e degli affitti e dei frutti pendenti a stregua degli art. 14 cpv. 2, 15 cpv. 1 lett. b e 23a lett. b e c RFF sarà fatto a mezzo del formulario no 4. Art. 7 Il formulario no 5 concerne l'avviso da farsi agli inquilini ed agli affittuari dopo il pignoramento, l'intimazione del precetto esecutivo, l'apertura del fallimento (art. 15 cpv. 1 lett. b, 23a lett. b, 91 e 124 RFF) o la ricevuta della domanda di realizzazione, onde invitare gli affittuari a consegnare all'ufficio la pigione o gli affitti. E. Comproprietà e diritti legali di prelazione (nuovo) 1. Realizzazione di una quota di comproprietà Art. 31 Dovendosi procedere alla realizzazione di una quota di comproprietà, la relativa pubblicazione, eseguita in conformità degli art. 29 RFF e 138 LEF, farà menzione del fatto che dovranno essere notificati pure i diritti gravanti l'intero fondo ( art. 73a cpv. 2 RFF ). Art. 32 Se l'intero fondo è gravato da diritti di pegno, le condizioni dell'incanto conterranno la nota seguente: "Per quanto concerne i diritti di pegno gravanti l'intero fondo giusta l'elenco-oneri cresciuto in giudicato e i crediti da essi garantiti, l'aggiudicatario succede al debitore in tutti i suoi diritti e obbligazioni, senza imputazione di questi oneri sul prezzo di vendita. Resta riservato il caso in cui il creditore dichiara, conformemente all' art. 832 CC , che non intende rinunciare ai suoi diritti nei confronti del precedente debitore (art. 135 cpv. 1 seconda frase LEF)." In caso di fallimento la riserva della seconda frase viene a cadere. 2. Diritti legali di prelazione Art. 33 L'avviso speciale che deve essere inviato, a norma dell' art. 30 cpv. 4 RFF , ai titolari di diritti legali di prelazione BGE 102 III 113 S. 125 ai sensi dell' art. 682 cpv. 1 e 2 CC , sarà accompagnato da una lettera del seguente tenore: "Quale titolare di un diritto legale di prelazione sul fondo ... nel Comune di ... ricevete in allegato l'avviso che l'incanto relativo a questo fondo avrà luogo il ... nell'esecuzione contro... Vi rendiamo attento al fatto che potete esercitare il vostro diritto legale di prelazione in occasione della vendita, riprendendo il fondo per il prezzo indicato nella maggiore offerta e alle condizioni di vendita previste; più tardi non potrete più far valere i vostri diritti nei confronti dell'oblatore che si sarà aggiudicato il fondo in sede di incanto." Art. 34 I titolari di diritti legali di prelazione dell' art. 682 cpv. 1 e 2 CC dovranno essere indicati nelle condizioni dell'incanto. Con riferimento all'aggiudicazione dovrà essere fatta la seguente osservazione speciale: "L'aggiudicazione al maggior offerente potrà essere fatta solo se il titolare di un diritto legale di prelazione dell' art. 682 cpv. 1 e 2 CC , presente all'incanto, dichiara immediatamente di rinunciare ad esercitare il suo diritto con la ripresa del fondo per il prezzo indicato nell'offerta. L'oblatore che ha formulato la maggior offerta ne rimarrà legato fino a quando tutti i titolari di un diritto legale di prelazione, presenti o rappresentati, si saranno pronunciati." 4.- Da ultimo, i formulari devono essere adattati alla nuova situazione giuridica. a) Nel formulario RFF no 1 (richiesta di un estratto del registro fondiario a scopo di pignoramento) occorre aggiungere, qualora il debitore è proprietario di una quota di comproprietà, che l'estratto dovrà contenere anche informazioni sull'intero fondo. In tal caso l'estratto menzionerà il nome e il domicilio degli altri comproprietari con l'indicazione delle loro parti, rispettivamente delle loro quote di valore espresse in percento o in permille (cfr. art. 23 e 73 RFF ). b) Nel formulario RFF no 2 (domanda di annotazione di una restrizione della facoltà di disporre) sarà indicato in calce che, in caso di pignoramento ecc. di una parte di comproprietà, l'annotazione dovrà aver luogo unicamente sul foglio della parte pignorata, ma che una menzione sul foglio dell'intero BGE 102 III 113 S. 126 fondo dovrà segnalare il pignoramento di una parte e indicare che ogni atto di disposizione nel senso dell' art. 648 cpv. 2 CC è subordinato all'autorizzazione dell'ufficio di esecuzione (cfr. art. 23a lett. a RFF ). c) Per quanto concerne il formulario RFF no 7 (richiesta di un estratto completo del registro fondiario) fa stato quanto previsto per il formulario RFF no 1 (v. sopra lett. a). d) Nel formulario RFF no 7a (modulo di pubblicazione di vendita dell'incanto nella procedura di esecuzione) sarà aggiunto che, quando deve essere realizzata una quota di comproprietà, dovranno essere notificati anche gli oneri gravanti l'intero fondo (cfr. art. 73a RFF ). e) Nel formulario RFF no 9 E (comunicazione dell'elenco-oneri) la citazione in calce dovrà essere adeguata al testo modificato del RFF. f) Nei formulari RFF no 13 E e RFF no 13b E (verbale d'incanto d'immobili) sarà notato in calce che le condizioni di vendita dovranno essere completate conformemente agli art. 32 e 34 delle istruzioni RFF qualora esistano diritti legali di prelazione ai sensi dell' art. 682 cpv. 1 e 2 CC e se deve essere realizzata la quota di un fondo gravato esso stesso da diritti di pegno. Inoltre, per il calcolo dell'offerta minima, occorre rinviare, nella nota 2, all' art. 73h RFF . Tale modifica offre da ultimo l'occasione per citare nel suo testo più recente il decreto federale sull'acquisto di fondi da parte di persone all'estero del 23 marzo 1961 (il testo attualmente in vigore è del 21 marzo 1973; il decreto del Consiglio federale che vieta l'investimento di capitali stranieri in immobili svizzeri del 26 giugno 1972 ha da tempo cessato di essere in vigore). Su questo punto deve pertanto essere corretta anche la cifra II della circolare no 36 del 23 gennaio 1962 ( DTF 88 III 3 segg.). g) Per quanto concerne i formulari RFF no 13a F e RFF no 13b F (verbale d'incanto d'immobili nel fallimento) fanno stato le modifiche introdotte nei formulari RFF no 13 E e RFF no 13b E (v. sopra lett. f), ad eccezione della nota relativa al calcolo dell'offerta minima. h) Sotto i n. 1 e 2 del formulario RFF no 15 (domanda di iscrizione nel registro fondiario del trapasso della proprietà di un fondo in seguito ad aggiudicazione in pubblico incanto) devono essere menzionate anche le quote di comproprietà. BGE 102 III 113 S. 127 i) Nel formulario dei fallimenti no 14a (apertura di fallimento), l'invito ad insinuare le servitù nate sotto l'impero del vecchio diritto cantonale deve essere completato ai sensi dell' art. 130a cpv. 2 RFF . La Camera di esecuzione e dei fallimenti del Tribunale federale farà eseguire le modifiche dei formulari sopra citati. Fino a quando i nuovi formulari non saranno stati stampati, i funzionari degli uffici di esecuzione e dei fallimenti dovranno indicare le modifiche e le completazioni sui formulari esistenti.
null
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1,976
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6b7a4ec6-0cce-4dce-b7e3-9df75e5f0d75
Urteilskopf 118 IV 262 47. Urteil des Kassationshofes vom 24. August 1992 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen G. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 23 Abs. 1 al. 5 und Abs. 4 ANAG; Beschäftigung von illegal sich in der Schweiz aufhaltenden Personen, Abgrenzung. Wer eine Person, die sich illegal in der Schweiz aufhält, nur beschäftigt, erleichtert ihr das rechtswidrige Verweilen im Lande gemäss Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG nicht und erfüllt lediglich den Übertretungstatbestand des Art. 23 Abs. 4 ANAG .
Sachverhalt ab Seite 262 BGE 118 IV 262 S. 262 Vom 1. Februar 1989 bis 9. November 1990 beschäftigte G. den jugoslawischen Staatsangehörigen O. als Küchenburschen. Für die Zeit vom 1. November 1989 bis 31. Januar 1990 hatte G. für seinen ausländischen Arbeitnehmer eine Arbeitsbewilligung (sogenannte Dreimonatsbewilligung); für die übrige Zeit war O. weder im Besitze einer Aufenthalts- noch einer Arbeitsbewilligung. Mit Strafbefehl vom 12. Dezember 1990 sprach das Bezirksamt Baden G. schuldig der Widerhandlung gegen Art. 23 Abs. 1 und 4 BGE 118 IV 262 S. 263 des Bundesgesetzes über den Aufenthalt und die Niederlassung von Ausländern (ANAG) und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 600.--. Auf Einsprache der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau hin sprach das Bezirksgericht Baden G. von der Anklage der wiederholten Erleichterung des rechtswidrigen Aufenthaltes eines Ausländers in der Schweiz frei. Es fand ihn hingegen schuldig der wiederholten vorsätzlichen Beschäftigung eines Ausländers, der nicht berechtigt war, in der Schweiz zu arbeiten, im Sinne von Art. 3 Abs. 3 und Art. 23 Abs. 4 ANAG und bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 2'000.--. Die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen dieses Urteil wies das Obergericht des Kantons Aargau am 29. Oktober 1991 ab. Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. G. beantragt in seiner Vernehmlassung Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Vorliegend geht es um die Frage, ob der Arbeitgeber, der vorsätzlich Ausländer beschäftigt, die sich illegal in der Schweiz aufhalten, bloss den Tatbestand des Art. 23 Abs. 4 oder zusätzlich noch denjenigen des Art. 23 Abs. 1 ANAG erfüllt. Die Vorinstanz vertritt insbesondere unter Hinweis auf den historischen Gesetzgeber die Meinung, dass erst die wiederholte vorsätzliche Beschäftigung eines Schwarzarbeiters (vgl. Art. 23 Abs. 5 ANAG ) dem Vergehenstatbestand des Erleichterns des rechtswidrigen Verweilens im Lande gemäss Art. 23 Abs. 1 ANAG gleichgestellt werde. Das bedeute, dass die (erstmalige) Beschäftigung eines Ausländers, der nicht berechtigt sei, in der Schweiz zu arbeiten, nicht eo ipso ein Erleichtern des rechtswidrigen Verweilens im Lande mit sich bringe. Bei der Auslegung von Art. 23 Abs. 4 ANAG sei davon auszugehen, dass ein Vergehen nach Abs. 1 erst dann vorliege, wenn der Arbeitgeber einem Ausländer über die Beschäftigung hinaus das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtere, indem er ihn z.B. beherberge. Demgegenüber bringt die Beschwerdeführerin vor, die vorsätzliche Beschäftigung eines illegal sich in der Schweiz aufhaltenden Ausländers sei sowohl nach Art. 23 Abs. 1 wie auch nach Art. 23 Abs. 4 ANAG zu ahnden, da mit der Beschäftigung und der BGE 118 IV 262 S. 264 Verdienstmöglichkeit zweifellos auch das illegale Verbleiben in der Schweiz wesentlich erleichtert, wenn nicht gar überhaupt erst ermöglicht werde. 2. a) Gemäss Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG wird, wer im In- oder Ausland die rechtswidrige Ein- oder Ausreise oder das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtert oder vorbereiten hilft, mit Gefängnis bis zu sechs Monaten bestraft. Mit dieser Strafe kann eine Busse bis zu Fr. 10'000.-- verbunden werden; in leichten Fällen kann auch nur auf Busse erkannt werden. Nach Art. 23 Abs. 4 ANAG wird zusätzlich zu einer allfälligen Bestrafung nach Abs. 1 für jeden rechtswidrig beschäftigten Ausländer mit einer Busse bis zu Fr. 5'000.-- bestraft, wer vorsätzlich Ausländer beschäftigt, die nicht berechtigt sind, in der Schweiz zu arbeiten. Handelt der Täter fahrlässig, so beträgt die Busse bis zu Fr. 3'000.--. In besonders leichten Fällen kann von einer Bestrafung Umgang genommen werden. Wenn der Täter aus Gewinnsucht handelt, ist der Richter an diese Höchstbeträge nicht gebunden (Fassung gemäss Ziff. I des BG vom 9. Oktober 1987, in Kraft seit 1. März 1988). Wer nach Absatz 4 wegen vorsätzlicher Begehung rechtskräftig verurteilt wurde und innert fünf Jahren erneut rechtswidrig einen Ausländer beschäftigt, kann zusätzlich zur Busse mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Haft bestraft werden ( Art. 23 Abs. 5 ANAG ; neue Fassung). b) Das Gesetz ist in erster Linie aus sich selbst, d.h. nach seinem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach den ihm zugrundeliegenden Wertungen auszulegen. Bei unklaren oder unvollständigen Bestimmungen, die verschiedene, sich widersprechende Auslegungen zulassen, liegt es nahe, die Gesetzesmaterialien beizuziehen, um den Sinn einer Norm zu erkennen und damit falsche Auslegungen zu vermeiden. Dies gilt insbesondere, wenn der Entstehungsgeschichte eines neuen Gesetzes zu entnehmen ist, warum eine Bestimmung bisher in der Rechtsanwendung nicht zu befriedigen vermochte und der Gesetzgeber sie geändert wissen wollte ( BGE 113 II 355 mit Hinweisen, BGE 115 II 99 ). 3. a) In einem Urteil vom 16. September 1982 (vor der Revision von 1987) steckte der Kassationshof die Anwendungsbereiche von Abs. 1 al. 5 und altAbs. 3 (der dem heute geltenden Abs. 6 entspricht) des Art. 23 ANAG ab. Danach erfasst Abs. 1 al. 5 ausser dem Vermittler den Arbeitgeber, der einem Ausländer das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtert, indem er beispielsweise für BGE 118 IV 262 S. 265 ihn ein Zimmer mietet; die Beschäftigung eines Ausländers ohne Bewilligung fällt hingegen unter Abs. 3. b) Dieses Urteil bildete den unmittelbaren Anlass für die Motion Zehnder, die vom Nationalrat am 23. März 1984 und vom Ständerat am 19. September 1984 angenommen wurde. Diese Motion forderte den Bundesrat auf, die Strafbestimmungen im ANAG zu ergänzen, um der Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung vermehrt entgegenzuwirken (Botschaft über eine Änderung des Bundesgesetzes über Aufenthalt und Niederlassung der Ausländer vom 17. September 1986, BBl 1986 III S. 254 und 259). In seinen Erläuterungen zur erwähnten Änderung des ANAG hielt der Bundesrat fest, der Entwurf unterscheide zwischen vorsätzlicher und fahrlässiger Begehung mit entsprechend unterschiedlichem Bussenminimum und -maximum. Mit dem vorgesehenen Bussenrahmen solle eine Koordination der Gerichtspraxis unter Berücksichtigung der im allgemeinen Teil des schweizerischen Strafgesetzbuches erwähnten Strafzumessungsgründe ermöglicht werden. Beim Rückfall werde die Gefängnisstrafe auf sechs Monate beschränkt, und sie könne nur angeordnet werden, wenn eine erneute vorsätzliche Begehung vorliege. Ein gänzlicher Verzicht auf eine Gefängnisstrafe würde dem Sinn und Zweck der von den eidgenössischen Räten angenommenen Motion Zehnder widersprechen, habe doch der unmittelbare Anlass für diese Motion die neuere Praxis des Bundesgerichts, wonach die Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung nicht mehr nach Art. 23 Abs. 1 ANAG geahndet werden könne, gebildet (a.a.O., S. 258 f.). Der Bundesrat entsprach somit dem Auftrag der Motion Zehnder, indem er die Beschäftigung von Ausländern ohne Bewilligung im Rückfall neu als Vergehen vorschlug. Die vom Bundesgericht in seinem Urteil vom 16. September 1982 eingeschlagene Praxis zog er nicht in Zweifel, obschon er sie ausdrücklich erwähnte. Zusammenfassend wollte der Bundesrat dem Problem der Schwarzarbeit zum einen mit der Erhöhung der Bussen (und der Unterscheidung von vorsätzlicher und fahrlässiger Begehung) begegnen und anderseits mit der Möglichkeit, den Rückfall mit Gefängnis ahnden zu können. c) Nichts anderes geht aus den Beratungen der eidgenössischen Räte hervor: aa) Im Ständerat hielt der Berichterstatter deutscher Zunge fest, der Gesetzesentwurf stelle eine Mittellösung zwischen den zu weit gehenden und den weniger weit gehenden Anträgen der Kantone dar. Auf der einen Seite war nämlich gefordert worden, den Arbeitgeber BGE 118 IV 262 S. 266 von Anfang an mit Gefängnis bestrafen zu können, da dem Ausländer bereits bei erstmaliger Betätigung als Schwarzarbeiter diese Strafe drohe. Auf der anderen Seite hätte es ein Kanton begrüsst, dass der Rückfall anstatt mit Gefängnis höchstens mit drei Monaten Haft bestraft worden wäre (Sten.Bull. 1987 S 32; Botschaft, a.a.O., S. 254). Es wurde im weiteren darauf hingewiesen, dass die Vorlage, wie sie aus der Kommission hervorgegangen sei, ausgewogen und ein taugliches Instrument im Kampf gegen die Schwarzarbeit sei. In der Kommission sei man darauf bedacht gewesen, den Interessen der Gewerbetreibenden in sogenannten Randregionen Rechnung zu tragen, die vielfach mit Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Personal zu kämpfen hätten (Sten.Bull. 1987 S 34 und 36). Bundesrätin Kopp hielt fest, mit dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf könnten die erforderlichen strafrechtlichen Sanktionen gegenüber Arbeitgebern getroffen werden, die Ausländer ohne Bewilligung beschäftigten. Der Strafrahmen sei so festgelegt, dass auch im Wiederholungsfall auf besondere Verhältnisse im Einzelfall Rücksicht genommen werden könne (a.a.O., S. 34 f.). Aus diesen Voten geht hervor, dass einerseits die Strafen gegenüber Arbeitgebern, die Ausländer ohne Bewilligung beschäftigen, grundsätzlich erhöht werden sollten, dass aber andererseits in Berücksichtigung der Interessen der Gewerbetreibenden in besonders leichten Fällen von einer Bestrafung Umgang genommen werden könne. Obwohl die bundesgerichtliche Praxis gemäss Urteil vom 16. September 1982 bekannt war und auch zitiert wurde (a.a.O., S. 34), stand auch hier nicht zur Diskussion, entgegen dieser bundesgerichtlichen Praxis einen fehlbaren Arbeitgeber in Idealkonkurrenz zum neu vorgeschlagenen Art. 23 Abs. 4 ANAG zusätzlich gemäss Art. 23 Abs. 1 al. 5 ANAG zu bestrafen, falls dieser dem Arbeitnehmer darüber hinaus nicht das Verweilen im Lande durch weiteres aktives Tun (z.B. durch Mieten eines Zimmers) erleichtert. bb) Ähnlich verliefen die Beratungen im Nationalrat. Der Berichterstatter französischer Sprache referierte ausführlich den erwähnten Bundesgerichtsentscheid, ohne die darin behandelte Konkurrenzfrage zur Diskussion zu stellen (Sten.Bull. 1987 N 1241). Der deutschsprachige Berichterstatter wies darauf hin, die illegale Einreise und der illegale Aufenthalt in der Schweiz seien zumeist nur Mittel zum Zweck. Ziel sei die illegale Arbeitsaufnahme in unserem Lande. Es gebe Arbeitgeber, die bereit seien, Ausländer auch ohne die notwendigen Aufenthalts- und Arbeitsbewilligungen in der Schweiz zu beschäftigen, da sie teilweise auf dem ausgetrockneten BGE 118 IV 262 S. 267 Arbeitsmarkt trotz intensivem Bemühen keine einheimischen Arbeitskräfte fänden, insbesondere für Arbeiten, die bei Schweizern und langjährig anwesenden Ausländern verpönt seien und von ihnen gemieden würden. Daneben gebe es auch Arbeitgeber, die illegal in der Schweiz lebende Ausländer in klarer Ausbeutungsabsicht beschäftigten. Die blosse Beschäftigung eines Ausländers ohne Bewilligung sei nach dem Bundesgerichtsurteil vom 16. September 1982 nur Übertretungstatbestand und könne lediglich mit Bussen bis maximal Fr. 2'000.-- bestraft werden. Das genüge ganz einfach nicht. Es sei angezeigt, auch Arbeitgebern, die illegal Ausländer beschäftigten, härtere Strafen anzudrohen, wiederum durchaus im Sinne der Motion Zehnder (a.a.O., S. 1242 f.). Auch Bundesrätin Kopp bestätigte die vom Bundesgericht eingeschlagene Praxis. Sie führte aus, der Arbeitgeber, der Ausländer ohne Bewilligung beschäftige, könne im Hinblick auf diese Praxis gegenwärtig lediglich mit einer Busse bis zu Fr. 2'000.-- bestraft werden. Eine strengere Bestrafung - nämlich Gefängnis bis zu sechs Monaten und Busse bis zu Fr. 10'000.-- - sei nach dieser Praxis nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber einem Ausländer über die Beschäftigung hinaus das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtere (a.a.O., S. 1243). 4. Die historische Auslegung bestätigt somit die Auffassung der Vorinstanz, es sei nämlich bei der Auslegung von Art. 23 Abs. 4 ANAG davon auszugehen, dass ein Vergehen nach Abs. 1 erst dann vorliege, wenn der Arbeitgeber einem Ausländer über die Beschäftigung hinaus das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtert, indem er ihn z.B. beherbergt. a) Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach Art. 23 Abs. 4 ANAG sei allein derjenige Arbeitgeber zu bestrafen, dessen Tat lediglich in der Beschäftigung eines sich rechtmässig in der Schweiz aufhaltenden, nicht zur Arbeit berechtigten Ausländers (z.B. Tourist, Kuraufenthalter, Student, Asylbewerber ohne Berechtigung zur Arbeit) bestehe oder der einen nicht in der Schweiz wohnenden Ausländer (Grenzgänger) ohne entsprechende Arbeitsbewilligung beschäftige. Abgesehen von den oben dargelegten grundsätzlichen Einwänden geht auch hier aus den Materialien das Gegenteil hervor. Der Berichterstatter Allenspach hatte gerade diesen Fall vor Augen, als er ausführte, es gebe Ausländer, die sich durchaus legal in unserem Lande aufhielten, aber keine Arbeitsbewilligung besässen. Solche Ausländer nähmen sehr häufig vorübergehend oder aushilfsweise eine Arbeit an, ohne dass sich jemand überhaupt der Unrechtmässigkeit einer solchen Arbeitsannahme bewusst sei. Strafbefreiung BGE 118 IV 262 S. 268 könne deshalb dergestalt unter Umständen zu einem Gebot der Verhältnismässigkeit werden (a.a.O., S. 1243). Daraus erhellt, dass Arbeitgeber, die legal sich in der Schweiz aufhaltende Ausländer ohne Arbeitsbewilligung beschäftigen, in den Genuss einer möglichen Strafbefreiung kommen sollen und andererseits das Hauptanwendungsfeld von Art. 23 Abs. 4 ANAG auf den sich illegal in der Schweiz aufhaltenden Arbeitnehmer zugeschnitten ist. b) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Auslegung gemäss Vorinstanz führe zu krass stossenden, nicht haltbaren Ergebnissen. Sie laufe darauf hinaus, dass etwa derjenige, der einen illegal anwesenden Ausländer aus ideellen Motiven durch finanzielle Zuwendungen unterstütze und ihm so den Aufenthalt im Lande erleichtere, sich nach Art. 23 Abs. 1 ANAG eines Vergehens schuldig machen würde, der Arbeitgeber jedoch, der das gleiche aus Profitinteressen tue, nur eine Übertretung beginge. Diesem Einwand ist vorab der Wille des Gesetzgebers entgegenzuhalten, der die Schwierigkeiten auf Arbeitgeberseite wegen des ausgetrockneten Arbeitsmarktes berücksichtigt haben wollte und aus diesem Grund einen Vergehenstatbestand erst im Rückfall vorsieht. Zum andern kann, wie auch in den nationalrätlichen Beratungen ausgeführt wurde (a.a.O., S. 1249 f.), ideellen Motiven allenfalls mit einer Strafmilderung gemäss Art. 64 StGB (achtenswerter Beweggrund) oder mit der Qualifizierung als leichter Fall im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ANAG , in welchem Fall bloss eine Busse ausgesprochen werden kann, begegnet werden. c) Zusammenfassend erweist sich die Auffassung der Vorinstanz, dass ein Vergehen nach Art. 23 Abs. 1 ANAG erst dann vorliegt, wenn der Arbeitgeber einem Ausländer über die Beschäftigung hinaus das rechtswidrige Verweilen im Lande erleichtert, nicht als bundesrechtswidrig. Die Nichtigkeitsbeschwerde ist demnach abzuweisen.
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1,992
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Federation
6b80289c-bead-4312-9b2b-a9fb2215ec7c
Urteilskopf 106 III 104 22. Arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 4 décembre 1980 dans la cause W. F. (recours LP)
Regeste Pfändung oder Verarrestierung eines Personenwagens, der einem Invaliden für den Privatgebrauch dient ( Art. 92 Ziff. 1 SchKG ). Ein solcher Personenwagen ist ein dem persönlichen Gebrauche dienender Gegenstand im Sinne von Art. 92 Ziff. 1 SchKG . Unter bestimmten Umständen kann er als unentbehrlich und infolgedessen unpfändbar bezeichnet werden.
Sachverhalt ab Seite 105 BGE 106 III 104 S. 105 A.- Le 13 mars 1980, à la requête des hoirs de J. C., le Juge de paix du cercle de Lausanne a ordonné au préjudice de W. F. un séquestre fondé sur l' art. 271 ch. 5 LP . La mesure devait frapper entre autres le véhicule automobile du débiteur, qui porte la marque Saab et le numéro de châssis X. L'Office des poursuites de Lausanne-Ouest a exécuté le séquestre le 18 avril. Il a estimé le véhicule à 2'000 fr. Le débiteur, né en 1916, est atteint de polynévrite aux deux jambes et n'exerce plus d'activité lucrative depuis mars 1979. Son affection l'oblige à se rendre deux jours par semaine au Centre thermal de Lavey-les-Bains et à faire à Lausanne, où il est domicilié, trois séances hebdomadaires de physiothérapie, de massages et de bains de boue. Le débiteur n'a plus aucune endurance à la marche; un certificat médical établit que son véhicule, pourvu d'une boîte de vitesses automatique, lui est absolument indispensable pour les déplacements que lui imposent ses traitements. B.- Le débiteur W. F. a porté plainte contre l'exécution du séquestre et demandé que son véhicule fût déclaré insaisissable. Le Président du Tribunal du district de Lausanne l'a débouté le 5 juin 1980. Statuant sur recours le 14 octobre 1980, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal du canton de Vaud a confirmé la décision de l'autorité inférieure de surveillance. C.- W. F. a interjeté un recours au Tribunal fédéral contre l'arrêt de la Cour des poursuites et faillites. Il reprend les conclusions qu'il a formulées dans la procédure de plainte. Les intimés, hoirs de J. C., proposent le rejet du recours et la confirmation de l'arrêt attaqué. BGE 106 III 104 S. 106 Erwägungen Considérant en droit: Aux termes de l' art. 275 LP , l'exécution du séquestre se fait dans les formes prescrites pour la saisie aux art. 91 à 109. L'office qui en est chargé ne peut mettre sous main de justice que des biens saisissables; il doit s'assurer que les objets désignés dans l'ordonnance de séquestre ne sont pas soustraits à l'exécution forcée par les art. 92 et 93 LP . Sa décision sur ce point peut être attaquée par la voie de la plainte, puis du recours. Le débiteur répond en principe de ses obligations sur tous ses biens, à l'exception de ceux qui sont sans valeur de réalisation ( ATF 105 III 94 , ATF 97 III 23 ss). Les choses et les droits dont la nature même n'exclut pas la saisie ne peuvent échapper à l'exécution qu'en vertu d'une disposition légale spéciale les déclarant insaisissables. Ce principe s'applique également aux biens dont le débiteur, à tort ou à raison, estime ne pouvoir se passer ( ATF 76 III 98 s., ATF 65 III 10 ). Le recourant se trompe en invoquant l' art. 92 ch. 3 LP pour Obtenir la levée du séquestre exécuté à son préjudice. Il n'a aucune activité lucrative et son véhicule ne lui sert donc pas à l'exercice d'une profession. Seule entre en considération une application de l' art. 92 ch. 1 LP . Elle suppose toutefois que l'objet placé sous main de justice puisse être considéré comme un effet personnel indispensable au débiteur ou à sa famille. Dans un arrêt du 10 décembre 1969, le Tribunal fédéral a, d'une manière générale, dénié aux véhicules automobiles la qualité d'objets insaisissables selon l' art. 92 ch. 1 LP , lorsqu'ils sont destinés à l'usage privé du débiteur ( ATF 95 III 83 ). Les particularités de la présente espèce obligent la Chambre de céans à examiner si ce principe ne souffre pas certaines exceptions. La loi soustrait à l'exécution forcée les effets qui servent à l'usage personnel du débiteur et de sa famille et qui leur sont indispensables (cf. versions italienne et allemande de l' art. 92 ch. 1 LP ). Le terme d'effets choisi par le législateur est susceptible d'acceptions fort diverses. Il peut, dans un sens large, désigner tous les biens d'une personne, plus fréquemment ses biens mobiliers (cf., par exemple, art. 535 al. 1, 883 al. 1 et 1477 du code civil français). Une interprétation aussi extensive ne saurait correspondre à la volonté du législateur. Le contexte dans lequel le terme est utilisé montre que les effets ne peuvent BGE 106 III 104 S. 107 comprendre que des biens corporels et mobiliers, à l'exclusion des droits et des immeubles. Il n'y a en revanche aucune raison de restreindre la portée de la loi aux menus objets, de peu de valeur. Doivent être considérées comme des effets toutes les choses corporelles et mobilières, non consomptibles, dont le débiteur ou sa famille se servent directement pour satisfaire aux besoins de leur vie courante. Rien n'interdit dès lors de ranger parmi les effets du débiteur le véhicule automobile qu'il utilise quotidiennement pour ses déplacements privés. Les effets personnels n'échappent à la saisie que s'ils sont indispensables au débiteur ou à sa famille. Tel n'est pas le cas d'un véhicule automobile destiné à un usage privé, en règle générale tout au moins. La loi garantit au débiteur la possibilité de mener une existence décente, mais elle ne le protège pas contre la perte des commodités de la vie. Celui qui ne peut faire face à ses obligations doit accepter de réduire ses déplacements privés dans la mesure du possible; il est tenu de les faire de la manière la plus économique, soit en empruntant les moyens de transport publics. A cet égard toutefois, l'invalide se trouve dans une situation particulière qui ne permet pas de le soumettre à la règle commune sans autre examen. La lettre et l'esprit de l' art. 92 ch. 1 LP prohibent la saisie des moyens auxiliaires dont un invalide ne peut se passer pour vaquer à ses travaux habituels, pour développer son autonomie personnelle et se déplacer, ou pour établir des contacts avec son entourage. L'office des poursuites détermine de cas en cas quels sont ces objets; il s'inspire à cet effet de la législation et de la pratique en matière d'assurances sociales. Dans certaines circonstances, un véhicule automobile peut être considéré comme un moyen auxiliaire indispensable à un invalide et doit donc être rangé dans ses effets personnels insaisissables. Car la loi veut empêcher que l'exécution forcée ne porte une atteinte inadmissible aux intérêts fondamentaux du débiteur. Elle interdit la mise sous main de justice des biens dont la privation menacerait le débiteur et les membres de sa famille dans leur vie ou leur santé, ou leur interdirait tout contact avec le monde extérieur ou tout commerce personnel avec autrui. Est dès lors insaisissable le véhicule automobile servant à l'usage privé d'un invalide qui ne peut, sans danger pour sa santé ou sans difficultés extraordinaires, recourir à un moyen de transport plus économique BGE 106 III 104 S. 108 et qui, à défaut de ce véhicule, serait empêché de suivre un traitement médical indispensable ou d'établir un minimum de contacts avec le monde extérieur et avec autrui. Il est constant que, pour conserver sa santé, le recourant doit suivre de nombreux traitements en des lieux éloignés de son domicile et que son état lui interdit l'utilisation des transports publics. Son infirmité fait de son véhicule un moyen auxiliaire indispensable, dont l' art. 92 ch. 1 LP prohibe la saisie. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: Admet le recours, annule l'arrêt attaqué et libère le véhicule automobile Saab No X. du séquestre exécuté le 18 avril 1980.
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Urteilskopf 116 IV 117 22. Urteil des Kassationshofes vom 14. Mai 1990 in Sachen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB . Einziehung. Die Einziehung eines Tatwerkzeuges ist dann anzuordnen, wenn es hinreichend wahrscheinlich ist, dass ohne diese Massnahme die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährdet wäre (Bestätigung von BGE 81 IV 217 ).
Sachverhalt ab Seite 117 BGE 116 IV 117 S. 117 A.- H. und F. kippten am 10. November 1987 bei einer Baustelle in Teufenthal Wandkies ab einem Lastwagen aus. Als sie BGE 116 IV 117 S. 118 diese Arbeit beendet hatten, wurden sie von X. angesprochen, welcher am Fenster des Wohnzimmers seines schräg gegenüber der Baustelle liegenden Einfamilienhauses stand. X. reklamierte gegenüber H. wegen der durch den Lastwagen verursachten Strassenverunreinigung. Da keine Einigung zustandekam, behändigte X. seinen Karabiner und drohte H. damit, wobei er für H. und F. gut erkennbar zunächst die Schutzkappe ab dem Lauf des Karabiners entfernte und diesen anschliessend lud. Auf die Bemerkung von H., er traue sich ja doch nicht zu schiessen, feuerte X. aus dem Hüftanschlag einen Schuss in Richtung von H. und F. ab, die sich etwa 22 m bzw. 26 m von ihm entfernt befanden. Das Geschoss schlug auf der Höhe von H. und F. in einer (nach Angaben von X.) Entfernung von rund 6 m neben dem Standort von H. in eine Grasnarbe ein. Einschussstelle und Projektil konnten nicht gefunden werden. B.- Das Bezirksgericht Kulm verurteilte X. am 20. Juni 1989 wegen Gefährdung des Lebens ( Art. 129 StGB ) zu einer Gefängnisstrafe von 3 Monaten, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von 3 Jahren. Es zog gestützt auf Art. 58 StGB die beschlagnahmte Munition (2 Patronen, 1 Hülse) ein. Von der Einziehung des Karabiners sah es ab. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau beantragte in ihrer Berufung, es sei auch der sichergestellte Karabiner gestützt auf Art. 58 StGB einzuziehen. X. stellte in seiner Anschlussberufung den Antrag, er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Die 1. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Aargau wies am 30. November 1989 die Berufung und die Anschlussberufung ab und bestätigte damit den erstinstanzlichen Entscheid. C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die Sache zur Einziehung des sichergestellten Karabiners an die Vorinstanz zurückzuweisen. X. beantragt in seiner Vernehmlassung die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB verfügt der Richter ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person die Einziehung unter anderem von Gegenständen, mit denen eine strafbare BGE 116 IV 117 S. 119 Handlung begangen wurde, wenn die Gegenstände die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährden. Nach den Ausführungen im angefochtenen Entscheid handelt es sich bei der inkriminierten Tat des im Jahre 1922 geborenen Beschwerdegegners um eine einmalige Entgleisung, die sich aller Voraussicht nach nicht mehr wiederholen wird; zwar sei der Beschwerdegegner als etwas eigenartige und aufbrausende Persönlichkeit bekannt, doch habe er bis zum Vorfall vom 10. November 1987 noch nie derart heftig reagiert; zudem sei seine Handlungsweise zu einem guten Teil auch auf die ungeschickte Reaktion von H. zurückzuführen. Die Staatsanwaltschaft macht in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde geltend, das Obergericht habe mit dem Verzicht auf die Einziehung auch des Karabiners und der hiefür gegebenen Begründung Sinn und Zweck von Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB verkannt; ob ein Gegenstand die Sicherheit von Menschen gefährdet, sei, wie sich aus BGE 81 IV 219 E. 2 ergebe, auf Grund der vom Täter realisierten oder beabsichtigten Verwendung zu beurteilen; mit der Einziehung eines Gegenstandes durch den Richter soll demzufolge ein für allemal verhindert werden, dass der Täter in Zukunft noch einmal in die Lage versetzt werden könnte, ihn erneut in ähnlich gefährdender Art zu verwenden; von einer Einziehung, welche die Regel bilde, könne nur dann abgesehen werden, wenn die Gefahr vor Abschluss des Verfahrens völlig behoben gewesen wäre oder der Zweck der Massnahme durch weniger einschneidende Anordnungen hätte erreicht werden können ( BGE 114 IV 99 , BGE 104 IV 150 ); der Richter dürfe sich nicht mit der Feststellung begnügen, dass es sich bei der Tat um eine einmalige Entgleisung handle, die sich aller Voraussicht nach nicht mehr wiederholen werde, sondern er habe dafür zu sorgen, dass eine solche Entgleisung effektiv nicht mehr vorkommen kann; zur Erreichung dieses Ziels hätte das Gericht die Einziehung des Karabiners anordnen oder zumindest dafür sorgen müssen, dass dieser schiessuntauglich gemacht werde. 2. a) Ein Tatwerkzeug ist nicht schon dann und deshalb einzuziehen, wenn und weil der Täter damit durch eine strafbare Handlung die Sicherheit von Menschen gefährdet hat. Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB setzt voraus, dass der Gegenstand, mit dem die strafbare Handlung begangen wurde, die Sicherheit von Menschen gefährdet. Das kann nur bedeuten, dass diese Gefahr weiterhin, in der Zukunft, bestehen muss und eben gerade deshalb die sichernde Massnahme der Einziehung anzuordnen ist. Der Richter hat BGE 116 IV 117 S. 120 demzufolge eine Prognose darüber anzustellen, ob der fragliche Gegenstand in der Hand des Täters in der Zukunft die Sicherheit von Menschen gefährdet. Bei dieser Prognose sind die gesamten Umstände zu berücksichtigen. Die mit dem Gegenstand bereits verübte Tat, durch welche die Sicherheit von Menschen gefährdet wurde, ist dabei nur ein Kriterium neben andern. Eine im Sinne von Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB relevante Gefahr wird man relativ leicht bejahen können in Fällen, in denen der fragliche Gegenstand gerade zur Verübung von Straftaten angeschafft wurde oder von demjenigen, welcher ihn in Händen hat, bereits mehrmals zu diesem Zweck verwendet wurde (vgl. BGE 81 IV 217 ff.) oder gar nicht anders als in gefährdender Art und Weise verwendet werden kann. Von der Einziehung eines Tatwerkzeuges ist andererseits nicht erst dann abzusehen, wenn für die Zukunft eine Gefahr für die Sicherheit von Menschen ausgeschlossen werden kann. Soweit in BGE 114 IV 99 ausgeführt wird, "nur" bei völliger Behebung der Gefahr könne von einer Einziehung abgesehen werden, bedarf dieser Entscheid einer Korrektur. Für den Grad der Wahrscheinlichkeit einer Gefahr als Voraussetzung für die Einziehung nach Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB ist vielmehr BGE 81 IV 219 zu bestätigen. Danach ist die Einziehung anzuordnen, wenn es hinreichend wahrscheinlich ("suffisamment vraisemblable") ist, dass ohne diese Massnahme die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche Ordnung gefährdet wäre (vgl. auch STRATENWERTH, Strafrecht, Allgemeiner Teil II, S. 486 N 28; ferner ALBIN ESER, Die strafrechtlichen Sanktionen gegen das Eigentum, Tübingen 1969, S. 267 f.: "dringende Wahrscheinlichkeit" einer Gefahr). b) Das Obergericht hält fest, dass der - im Jahre 1922 geborene und seit 15. Juni 1987 pensionierte - Beschwerdegegner zwar als etwas eigenartige und aufbrausende Persönlichkeit bekannt ist, er aber bis zum fraglichen Vorfall vom 10. November 1987 noch nie derart heftig reagiert hat und seine Handlungsweise zudem zu einem guten Teil auf die ungeschickte Reaktion von H. zurückzuführen ist. Es kommt gestützt darauf mit der 1. Instanz zum Schluss, dass es sich bei der Tat vom 10. November 1987 um eine "einmalige Entgleisung" handelte, "die sich aller Voraussicht nach nicht mehr wiederholen wird". Damit hat es für das Bundesgericht verbindlich die tatsächlichen Voraussetzungen der für eine Sicherungseinziehung gemäss Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB erforderlichen Gefahr verneint. Dabei hat es nach dem oben Gesagten den BGE 116 IV 117 S. 121 der genannten Bestimmung zugrunde liegenden Gefahrbegriff nicht verkannt. 3. Die eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau ist somit abzuweisen.
null
nan
de
1,990
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6b80dd4b-f517-4354-acc4-317b6cb83165
Urteilskopf 109 IV 27 9. Urteil des Kassationshofes vom 8. April 1983 i.S. I. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . 1. Der Veruntreuung macht sich schuldig, wer ihm durch Vollmacht anvertraute Post- oder Bankguthaben (Buchgeld) unrechtmässig in seinem oder eines anderen Nutzen verwendet (E. 2c). 2. Anvertraut ist eine Forderung dem Bevollmächtigten dann, wenn er ohne Mitwirkung des Treugebers über die Werte verfügen kann, selbst wenn das Konto auf dessen Namen lautet (E. 3). 3. Veruntreuung liegt auch vor, wenn der Täter dem Geschädigten nicht ein vorhandenes Aktivum entzieht, sondern einen Passivsaldo des Kontos herbeiführt bzw. erhöht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 28 BGE 109 IV 27 S. 28 A.- Als Beauftragter (Inhaber eines Treuhandbüros) sowie als Beistand der 1967 geborenen Erbin A. befasste sich I. seit 1968 mit der Verwaltung des Vermögens der Erbengemeinschaft S. Zudem wurde er Aktionär und Verwaltungsrat der W. AG, welche von der Erbengemeinschaft S. das Warenlager der frühern Einzelfirma S. übernahm. Auf Veranlassung des I. eröffnete die Bank X. im November 1973 für die Erbengemeinschaft S. ein Kontokorrent und räumte gleichzeitig einen Kontokorrent-Kredit über Fr. 200'000.-- ein. Der Kredit war gedeckt durch einen der Bank verpfändeten Schuldbrief in der Höhe von Fr. 270'000.--. Die Erbengemeinschaft S., bestehend aus A., B. und C., wurde der Bank gegenüber durch I., B. und C. je mit Einzelunterschrift vertreten. Im Herbst 1974 liess I. bei der Bank X. auf den Namen der Erbengemeinschaft S. das Separatkonto 814'375-1 als weiteres Kontokorrent-Kreditkonto eröffnen. Der nur zu einem kleinen Teil benutzte Kontokorrent-Kredit auf dem Hauptkonto 814'375-0 (damals belastet mit ca. Fr. 45'000.--) konnte auch für das Separatkonto beansprucht werden. Meldungen über den Verkehr auf dem Separatkonto gingen nur an I., nicht an B. und C. In der Folge beauftragte I. die Bank, zu Lasten des Separatkontos 814'375-1 auf die Firma W. AG gezogene Wechsel einzulösen. Aufgrund dieser Zahlungsaufträge ergab sich vom 9. September 1974 bis zum Jahresende, inklusive Zinsen und Kommissionen, eine Belastung des Separatkontos der Erbengemeinschaft von total Fr. 185'542.70. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich hat I. wegen dieses Sachverhaltes mit Entscheid vom 25. August 1982 der Veruntreuung im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 und Ziff. 2 StGB schuldig gesprochen und deswegen sowie wegen wiederholter Urkundenfälschung zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, abzüglich einen Tag Untersuchungshaft, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von drei Jahren. C.- Gegen diesen Entscheid führt I. Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das angefochtene Urteil sei bezüglich des Schuldspruchs BGE 109 IV 27 S. 29 wegen Veruntreuung aufzuheben und die Sache sei zum Freispruch in diesem Punkte sowie zur Neufestsetzung der Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gegen die Subsumtion des geschilderten Sachverhaltes unter Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB werden in der Nichtigkeitsbeschwerde folgende Einwendungen erhoben: a) Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB beziehe sich nach der ratio legis auf jene Fälle, in denen das Eigentum an den anvertrauten Werten - im Unterschied zu Abs. 1 - auf den Täter übergegangen sei (Hauptbeispiel: Vermischung anvertrauten Geldes mit eigenem Geld). Bei der Verfügung über ein Konto (Buchgeld) gehe es aber um fremde Werte, die sachenrechtlich nicht im Eigentum des Täters stehen; die spezifische Voraussetzung für die Anwendung von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB fehle also. b) Wenn schon Buchgeld als "Gut" behandelt werde, dann sei ein Anvertrauen dieses Gutes im Sinne der von REHBERG vertretenen Auffassung (Grundriss, Strafrecht III, 1982 S. 56) nur anzunehmen, sofern der Berechtigte seine eigene Verfügungsmacht völlig zugunsten des Täters aufgegeben habe. Diese Voraussetzung sei im konkreten Fall nicht erfüllt, indem die andern Vertreter der Erbengemeinschaft gegenüber der Bank nach wie vor unterschriftsberechtigt waren. c) Von "anvertrautem Gut" könne hier schon deswegen nicht gesprochen werden, weil der Beschwerdeführer nicht über eine der Erbengemeinschaft zustehende Forderung verfügte, sondern unerlaubterweise eine Kreditmöglichkeit ausschöpfte. d) Das "Anvertrautsein" erscheine überdies fraglich, weil die Zahlungen über ein vom Beschwerdeführer selber gegen den mutmasslichen Willen der Erben geschaffenes Separatkonto erfolgten, nicht aus einem ihm von den Erben zur Verwaltung anvertrauten Konto. 2. Während Abs. 1 von Art. 140 Ziff. 1 StGB das Schutzobjekt unter Verwendung zivilrechtlicher Begriffe ("fremde, bewegliche Sache", "aneignet") umschreibt, dehnt Abs. 2 den strafrechtlichen Schutz auf "anvertrautes Gut, namentlich Geld", aus. a) Unter "anvertrautem Gut" wurden in BGE 90 IV 193 und BGE 103 IV 88 unter Berufung auf die Entstehungsgeschichte sowie den französischen und den italienischen Gesetzestext ("chose fongible", BGE 109 IV 27 S. 30 "cosa fungibile") nur vertretbare Sachen (Gattungssachen) verstanden, welche durch Vermischung in das Eigentum dessen übergehen, dem sie anvertraut worden sind, also nicht sachenrechtlich, sondern nur wirtschaftlich fremd bleiben. Nach diesen Präjudizien können nur körperliche Objekte, nicht auch Forderungen, Gegenstand der Veruntreuung sein (vgl. auch BGE 101 IV 163 ; BGE 106 IV 255 ; GERMANN, Verbrechen, S. 266; HAFTER, Besonderer Teil I S. 240 f.). b) In der neuern Doktrin wird die Auffassung vertreten, als "Gut" kämen (anders als bei der "Sache" nach Abs. 1) auch unkörperliche Werte in Betracht (REHBERG in ZStR 92/1976 S. 32 ff. insbesondere auch S. 36 und ZStR 98/1981 S. 372 ff.; SCHAUB, Die unrechtmässige Verwendung anvertrauten Gutes, Basel 1979, S. 102 ff.; SCHUBARTH, Die Systematik der Aneignungsdelikte, Basel 1968, S. 16 Fussnote 75; STRATENWERTH, Besonderer Teil I, 2. Aufl. S. 180 f.). Dass unrechtmässiges Verfügen über anvertraute Forderungen den Tatbestand der Veruntreuung im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erfüllen kann, wird in zunehmendem Masse anerkannt (siehe insbesondere REHBERG und SCHAUB a.a.O.; SCHULTZ in ZBJV 114/1978 S. 469 f.; vgl. auch N. SCHMID, Missbräuche im modernen Zahlungs- und Kreditverkehr, Bern/Stuttgart 1982, S. 17 ff.). Der Kassationshof hat ebenfalls in einzelnen Entscheidungen implizite vorausgesetzt, der Veruntreuungstatbestand könne auch an Post- und Bankguthaben erfüllt werden ( BGE 94 IV 138 , BGE 98 IV 31 ), aber zur Frage nie in grundsätzlicher Weise Stellung genommen. c) Der Wortlaut von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erlaubt in der deutschsprachigen Fassung ohne weiteres eine den heutigen Erfordernissen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs entsprechende Auslegung. Schon in der Entstehungsgeschichte der Bestimmung gibt es Ansatzpunkte dafür, dass man mit dem Begriff "Gut" allgemein Vermögenswerte erfassen und die Beschränkung des Schutzes auf körperliche Sachen durchbrechen wollte (vgl. ZÜRCHER, Erläuterungen zum Vorentwurf von 1908, Bern 1914, S. 147 f.; dazu REHBERG ZStR 92/1976 S. 32 ff.). Die Übersetzung von "Gut" mit "chose fongible" entstand offenbar nicht im Sinne einer sachenrechtlichen Begrenzung des Tatbestandes, sondern eher als sprachliche Notlösung, weil kein befriedigendes Äquivalent für den deutschsprachigen Ausdruck "Gut" gefunden wurde. Der zuerst in Erwägung gezogene Begriff "valeur" wurde von Logoz im BGE 109 IV 27 S. 31 Nationalrat als "mot un peu imprécis" bezeichnet (REHBERG ZStR 92/1976 S. 33 Fussnote 13). Nachdem heute Verwalter fremder Vermögenswerte sehr oft nicht Bargeld verwahren, sondern über Bank- und Postcheck-Konten verfügen, drängt es sich vom Schutzzweck des Art. 140 StGB her auf, auch anvertraute Forderungen als "Gut" und damit als mögliches Veruntreuungsobjekt zu qualifizieren. Eine Beschränkung des strafrechtlichen Schutzes auf Bargeld unter Ausschluss des heute viel bedeutungsvolleren Buchgeldes würde dem Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB einen wesentlichen Teil seiner Funktion nehmen. Wer die ihm durch Vollmacht anvertrauten Werte eines Bankkontos unrechtmässig zu seinem oder eines andern Nutzen verwendet, macht sich eines in gleichem Masse strafwürdigen Verhaltens schuldig wie derjenige, der über anvertrautes Bargeld eigenmächtig verfügt. Eine objektiv-zeitgemässe Auslegung des vom Gesetzgeber bewusst weit gefassten und von sachenrechtlichen Begriffen losgelösten Wortlautes von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB gewährleistet den strafrechtlichen Schutz anvertrauter Werte in einer den praktischen Bedürfnissen entsprechenden Weise. Gegen den Einbezug von Konten (Buchgeld) in den Begriff des Gutes bestehen auch keine rechtsstaatlichen Bedenken; es handelt sich um eine aus der ratio legis sich ergebende, vom deutschsprachigen Gesetzestext gestützte Interpretation, welche gegenüber Einschränkungen, die sich aus der französischen und italienischen Fassung ableiten lassen, unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte den Vorzug verdient. Die in BGE 94 IV 139 , BGE 98 IV 31 (vgl. auch BGE 106 IV 21 ) vorausgesetzte Auffassung, Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erstrecke sich auch auf den Schutz anvertrauter Forderungen (insbesondere Post- oder Bankguthaben) ist daher hier ausdrücklich zu bestätigen (in diesem Sinne REHBERG, Strafrecht III, Zürich 1982, S. 55, vgl. auch die oben in lit. b erwähnte Literatur; vorwiegend kritisch N. SCHMID, a.a.O.) 3. Ein Geldbetrag kann durch Überweisung auf ein dem Täter gehörendes und auf seinen Namen lautendes Konto anvertraut werden. Es ist aber auch möglich, dass eine unrechtmässige Verfügung sich - wie im vorliegenden Fall - auf ein Konto bezieht, das auf den Namen des Inhabers und Treugebers lautet, über welches der Täter jedoch kraft Vollmacht selbständig verfügen kann. REHBERG schränkt für die zweite Variante den Begriff des Anvertrauens ein auf den Fall des gänzlichen Ausschlusses eigener BGE 109 IV 27 S. 32 Verfügungsmacht des Treugebers; wenn dem Täter zwar eine Vollmacht eingeräumt ist, der Inhaber des Post- oder Bankkontos aber daneben auch noch selber verfügen kann, so wäre nach dieser Auffassung das auf dem Konto vorhandene Buchgeld dem Bevollmächtigten nicht im Sinne von Art. 140 StGB anvertraut (REHBERG, Strafrecht III S. 56; ZStR 98/1981 S. 373). Diese Begrenzung des Begriffs "Anvertrauen" wird aus einer Parallele zu Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB abgeleitet: Wenn Abs. 1 den Alleingewahrsam des Täters voraussetze unter Ausschluss des Sacheigentümers von der Sachherrschaft, dann müsse auch bei Abs. 2 das Anvertrauen von der Alleinberechtigung des Treuhänders und dem Verzicht des Treugebers auf eigene Verfügungsbefugnis abhängig gemacht werden (vgl. dazu SCHAUB, a.a.O. S. 110). Diese These verkennt, dass bei Abs. 1 von Art. 140 Ziff. 1 StGB die Frage des Alleingewahrsams oder Mitgewahrsams im Zusammenhang mit der Grenzziehung zwischen Veruntreuung und Diebstahl erörtert wird und nicht zur Festlegung der Grenze der Strafbarkeit überhaupt. Ob die unrechtmässige Aneignung einer Sache, welche im Mitgewahrsam des Täters und anderer Personen steht, als Diebstahl oder als Veruntreuung zu ahnden sei, ist eine Frage, die sich analog bei Abs. 2 von Art. 140 Ziff. 1 StGB gar nicht stellt. Selbst wenn man - abweichend von der Praxis des Bundesgerichtes ( BGE 101 IV 35 , BGE 92 IV 91 ) - davon ausgehen wollte, dass blosser Mitgewahrsam an einer Sache nie ein Anvertrauen (gemäss Abs. 1) bilde (REHBERG, Strafrecht III, S. 49) und somit gegebenenfalls stets der Diebstahlstatbestand anwendbar sei (weil die unrechtmässige Verfügung Mitgewahrsam breche), so ist daraus weder aus logischen, noch aus praktischen Gründen die Parallele zu ziehen, auch eine Forderung sei dem potentiellen Täter nur anvertraut, sofern dem Gläubiger/Kontoinhaber selber jede Verfügungsmacht fehle und nur der Täter solche besitze. Anvertraut ist eine Forderung dem Bevollmächtigten immer dann, wenn er ohne Mitwirkung des Treugebers über die Werte verfügen kann. Sobald diese unkontrollierbare Verfügungsbefugnis eingeräumt wurde oder kraft Gesetzes vorhanden ist, besteht das Bedürfnis nach strafrechtlichem Schutz des Vertrauensverhältnisses, dem der Art. 140 StGB gerecht werden soll. Weshalb dieser Schutz durch restriktive Interpretation des Begriffes "Anvertrauen" auf jene Fälle einzuschränken wäre, in denen dem Gläubiger keine eigene Verfügungsmacht zusteht, ist nicht erkennbar. Auch wenn der Inhaber eines Kontos durchaus selber noch verfügen kann, BGE 109 IV 27 S. 33 geniesst der neben ihm Einzelunterschriftsberechtigte doch jene typische Vertrauensstellung, die ihm rechtswidrige Eingriffe in fremdes Vermögen ermöglicht, ohne dass er zu den Mitteln des Diebstahls oder des Betruges greifen müsste. Aus diesen Überlegungen ist die in der Doktrin postulierte Einschränkung abzulehnen. Ob bei Abs. 1 von Art. 140 Ziff. 1 StGB nur Alleingewahrsam des Täters das "Anvertrautsein" der Sache konstituiert (und bei Mitgewahrsam stets Art. 137 StGB zum Zuge kommen muss), ist hier nicht zu untersuchen. Auf jeden Fall ist unter dem Aspekt von Abs. 2 eine die Anwendbarkeit dieser Strafnorm rechtfertigende Vertrauensstellung auch gegeben, wenn der Täter neben dem Inhaber (oder andern Personen) über ein fremdes Bankkonto allein verfügen kann. 4. Der Beschwerdeführer hat im vorliegenden Fall nicht den Aktivsaldo des ihm anvertrauten Bankkontos unrechtmässig verwendet, sondern die durch das Konto und den von der Erbengemeinschaft verpfändeten Schuldbrief geschaffene Kreditmöglichkeit unerlaubterweise ausgeschöpft. a) NIKLAUS SCHMID (a.a.O. S. 19 und S. 22) weist auf die Schwierigkeit hin, die sich ergibt, wenn unrechtmässige Transaktionen zu einer Soll-Belastung des anvertrauten Kontos führen. Er neigt zur Auffassung, in diesen Fällen versage Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ; das Ausnützen einer Kreditmöglichkeit zu Gunsten des Bevollmächtigten und zum Nachteil des Kontoinhabers könne kaum als Verfügung über anvertrautes Gut bezeichnet werden. b) Diese Argumentation hat prima vista den Wortlaut des Gesetzes für sich. Unter "Gut" wird in erster Linie ein auch buchhalterisch als Aktivum erscheinender Vermögenswert verstanden und die durch Abs. 2 von Art. 140 Ziff. 1 StGB erfasste unrechtmässige Verwendung anvertrauten Gutes besteht häufig in der Verfügung über ein Bankguthaben zum Nachteil des Kontoinhabers und zum Vorteil des Täters. Unrechtmässigkeit des Vorgehens sowie Schädigung des Kontoinhabers und Bereicherung des Täters sind aber genau gleich, wenn die inkriminierte Verfügung dem Geschädigten nicht (oder nicht nur) ein vorhandenes Aktivum entzieht, sondern einen Passivsaldo des Kontos herbeiführt, d.h. eine Kreditmöglichkeit ausschöpft. Die dem Inhaber zustehende, eventuell sogar - wie im vorliegenden Fall - durch Verpfändung gesicherte Kreditmöglichkeit gehört wirtschaftlich zu dem Gut, das mit der Vollmacht zur Verfügung über das Konto dem Bevollmächtigten anvertraut BGE 109 IV 27 S. 34 wird. Die durch Pfand (oder durch die Kreditwürdigkeit des Kontoinhabers) gesicherte Kreditmöglichkeit stellt für den Verfügungsberechtigten einen Vermögenswert dar, über den er - wie über anvertrautes Bargeld - auftragsgemäss oder eben unrechtmässig zu seinem oder eines andern Nutzen verfügen kann. Es ist ihm z.B. möglich, auf diesem Wege den Wert eines vom Kontoinhaber hinterlegten Pfandes auszubeuten. Wer die auf einem anvertrauten Bankkonto für ihn verfügbaren finanziellen Mittel im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB unrechtmässig verwenden will, braucht nicht zu wissen, ob er durch seine treuwidrigen Transaktionen nur Aktiven des Kontoinhabers "benützt" oder ob er zu dessen Lasten eine Darlehensschuld begründet, allenfalls unter Beanspruchung eines vom Kontoinhaber hinterlegten Pfandes. Sein Vorsatz geht so oder so auf eine unrechtmässige Verwendung der ihm durch die Verfügungsberechtigung über das Konto anvertrauten fremden Vermögenswerte. Für den Täter wirtschaftlich fremd und ihm anvertraut sind nicht nur die Aktiven, sondern auch die Kreditmöglichkeit. Unter dem Aspekt der Strafwürdigkeit und des Schutzzwecks von Art. 140 StGB besteht kein Grund, das unrechtmässige Ausschöpfen einer anvertrauten Kreditmöglichkeit anders zu beurteilen als die rechtswidrige Aneignung anvertrauten Bargeldes oder die rechtswidrige Verfügung über einen auf dem Konto vorhandenen Betrag (Aktivsaldo). Es wäre stossend, wenn in einschränkender Auslegung des Wortlautes die faktisch geldwerte Kreditmöglichkeit aus dem Bereich des strafrechtlichen Schutzes von Art. 140 StGB ausgeschieden würde. Der ratio legis dieser Norm entspricht es dagegen, eine konkrete Kreditmöglichkeit (im Rahmen der Verfügung über ein Konto) als einen Bestandteil des anvertrauten Gutes zu betrachten. Auch der Täter wird vernünftigerweise keinen entscheidenden Unterschied sehen können zwischen einem Missbrauch seiner Vertrauensstellung durch eigennütziges Abheben von Aktiven und dem unrechtmässigen Ausschöpfen der Kreditmöglichkeit. Die sprachliche Fassung zwingt nicht zu einer derartigen realitätsfremden und wertungsmässig nicht begründeten Grenzziehung. c) Noch ein anderer Ansatzpunkt ist geeignet, diese Auslegung von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB zu stützen: Der zur Verfügung über ein Konto Ermächtigte begeht ein Delikt ja nicht wegen der formellen Tatsache seiner Verfügung über auf dem Konto vorhandene Werte; denn zur Verfügung an sich ist er ja befugt. Das Unrecht wird im Grunde erst in der zweiten Phase durch die BGE 109 IV 27 S. 35 treuwidrige Verwendung der aus dem Konto "herausgeholten" Werte realisiert. Geht man von einer solchen Zweiteilung aus, dann lässt sich folgern, der ein ihm anvertrautes Konto unrechtmässig Benutzende hole immer zunächst einen Wert aus dem anvertrauten Konto heraus und über diesen ihm anvertrauten Betrag, den er nur im Interesse des Vollmachtgebers verwenden dürfte, verfüge er unrechtmässig. Bei dieser Betrachtungsweise bezieht sich die unrechtmässige Verwendung immer auf einen positiven Wert (regelmässig eine Summe Buch- oder Bargeld). Ob die vorangehende, formell rechtmässige Disposition auf dem Konto zu einer Reduktion der Aktiven oder zu einem Passivsaldo führte, ist aus dieser Sicht ohne Belang. Unrechtmässig verwendet und damit veruntreut wird nie ein Passivum, sondern stets ein durch einen ersten Akt - als Darlehen, Überweisung oder Auszahlung - aus dem anvertrauten Konto "realisierter" Betrag. Wird in dieser Weise die Veruntreuung nicht in dem formell korrekten "Herausholen" des Betrages gesehen, sondern ausschliesslich in der nachfolgenden unrechtmässigen Verwendung des "herausgeholten" (immer noch anvertrauten) Wertes, so ergibt sich damit eine Abgrenzung des rechtserheblichen Sachverhaltes, welche selbst bei einer restriktiveren Auslegung des Begriffes "Gut" ohne Schwierigkeit die Subsumtion unter Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB erlaubt. 5. Der Einwand, das Separatkonto, über welches der Beschwerdeführer die inkriminierten Verfügungen traf, sei ja von ihm selber eröffnet worden, geht an der Sache vorbei. Es ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer nur kraft seiner Verfügungsbefugnis über das Hauptkonto das Separatkonto eröffnen konnte und dass er unter Missbrauch seiner Vertrauensstellung durch die Belastung des Separatkontos die auf dem Hauptkonto vorhandenen, ihm anvertrauten Werte - insbesondere die durch Pfand gesicherte Kreditmöglichkeit - zum Nachteil der Kontoinhaberin unrechtmässig beanspruchen konnte. Der offenbar zur Vertuschung gegenüber den Mitgliedern der Erbengemeinschaft gewählte Umweg über ein Separatkonto ändert somit an der Strafbarkeit des Vorgehens nichts. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
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1,983
CH_BGE
CH_BGE_006
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Federation
6b94e67a-8ece-489c-919b-a02598ccf57a
Urteilskopf 100 IV 150 38. Urteil des Kassationshofes vom 9. Juli 1974 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau gegen F.
Regeste Art. 113 StGB ; Totschlag. Entschuldbarkeit der heftigen Gemütsbewegung.
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 100 IV 150 S. 150 A.- Anna F. lebt mit ihrem Ehemann und ihren Kindern in gemeinsamem Haushalt. In diesem verkehrte seit Jahren ihr Schwager Michele F., der dort seine Mahlzeiten einnahm. Da Anna F. mit ihrem Schwager seit rund 10 Jahren ein intimes Verhältnis unterhielt, lebte sie während dieser Zeit in einer ausgeprägten Konfliktslage, denn sie war auch ihrem Ehemann Antonio zugetan. Als sie sich in den letzten Jahren zurückzuziehen versuchte, wurde sie von Michele F. unter Anwendung von massiver Gewalt oft mehrmals täglich zum Geschlechtsverkehr gezwungen. Als Michele F. am 20. Februar 1973 um ca. 12.15 Uhr wie üblich zum Mittagessen heimkam, setzte sich Anna F. zu ihm an den Tisch, nachdem sie ihm das Essen aufgetragen hatte. Es kam zu einer erregten Auseinandersetzung, in deren Verlauf Michele F. seine Schwägerin u.a. als Hure bezeichnete. Darauf ergriff die Beschimpfte plötzlich das auf dem Tisch liegende Fleischmesser und stiess es gegen die Brust des Michele F., ohne ihn jedoch zu verletzen. Nachdem beide aufgesprungen waren, stiess Anna F. ihm das Messer nochmals von vorne unterhalb des linken Schulterbeins in den Leib, wodurch sie eine 12-13 cm tiefe Stichwunde und BGE 100 IV 150 S. 151 eine völlige Durchtrennung der grossen Arterie zum linken Arm mit Blutung nach aussen und innen bewirkte, in deren Gefolge Michele F. starb. B.- Das Geschwornengericht des Kantons Aargau erklärte Anna F. am 19. Februar 1974 des Totschlags gemäss Art. 113 StGB schuldig und verurteilte sie zu 18 Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug. C.- Die Staatsanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Staatsanwaltschaft ficht die Annahme des Geschwornengerichts, dass sich die Beschwerdegegnerin der vorsätzlichen Tötung in einer heftigen Gemütsbewegung schuldig gemacht hat, nicht an. Hingegen bestreitet sie, dass diese heftige Gemütsbewegung, wie der Tatbestand des Totschlags nach Art. 113 StGB weiter voraussetzt, nach den Umständen entschuldbar gewesen sei, wie die Vorinstanz angenommen hat. Nach der vom Geschwornengericht nicht verkannten Rechtsprechung ( BGE 82 IV 88 ) ist die einer Tötung zu Grunde liegende heftige Gemütsbewegung nicht schon dann entschuldbar, wenn sie aus den gesamten objektiven und subjektiven Umständen heraus psychologisch erklärt werden kann. Der Begriff der. Entschuldbarkeit verlangt vielmehr eine Bewertung nach ethischen Grundsätzen. Die Gemütsbewegung darf nicht ausschliesslich oder vorwiegend egoistischen, gemeinen Trieben entspringen, sondern muss durch die sie auslösenden äussern Umstände gerechtfertigt erscheinen. Wie in der 2. Expertenkommission wiederholt hervorgehoben wurde, muss die Gemütsbewegung z.B. durch eine Provokation, durch eine ungerechte Kränkung oder durch eine Notlage verursacht worden sein, um entschuldbar zu sein ( BGE 82 IV 88 ). Bei Beurteilung der Entschuldbarkeit ist auch der Persönlichkeit des Täters Rechnung zu tragen; es ist ihm daher nicht irgendein Mensch zum Vergleich gegenüberzustellen, sondern jemand aus gleichen Umweltverhältnissen, wobei auch Erziehung und Charaktereigenschaften einzubeziehen BGE 100 IV 150 S. 152 sind. Ferner sind nicht bloss die der Tat unmittelbar vorausgehenden, sondern allenfalls auch weiter zurückliegende Umstände zu berücksichtigen, die ebenfalls auf den Täter einwirkten. 2. a) Die Vorinstanz hat sich gefragt, ob angesichts des langjährigen ehebrecherischen Verhältnisses zwischen der Beschwerdegegnerin und Michele F. mit allen seinen Verumständungen der ersteren nicht eine gewichtige Mitverantwortung und Mitschuld an der sie belastenden Konfliktslage zugeschrieben werden müsse. Sie stellt fest, dass die Beschwerdegegnerin in der Untersuchung zunächst erklärt hatte, für Michele F. anfänglich "so etwas wie Liebe empfunden" und sich ihm zwar widerwillig gebeugt, "den Geschlechtsverkehr aber nicht als unangenehm und es anfänglich auch nicht als unangenehm empfunden zu haben, zwei Männer zu befriedigen". In der Verhandlung vor Geschwornengericht habe sie dann jedoch beteuert, "ihrem Schwager seit der Einreise in die Schweiz im Jahre 1964 eine tiefe Abneigung entgegengebracht und sich nur unter dem Druck seiner Gewaltanwendung zum Geschlechtsverkehr hingegeben zu haben". Die Vorinstanz konnte diesen Widerspruch zwischen den beiden Darstellungen nicht beheben; sie musste die Frage offen lassen, welche von beiden der Wahrheit entspreche. b) Für sie war entscheidend, dass, auch wenn die Beschwerdegegnerin an der Entstehung und Führung dieses ehebrecherischen Verhältnisses eine Mitverantwortung oder Mitschuld treffen sollte, jedenfalls in der Zeit von 1970 bis zur Tat vom 20. Februar 1973 das intime Verhältnis zwischen der Beschwerdegegnerin und Michele F. nur noch auf Grund "einer intensiven Gewalteinwirkung" des letzteren weiterbestand. Deshalb widerspricht die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, die Beschwerdegegnerin habe aus freiem Willen das ehebrecherische Verhältnis und die intimen Beziehungen mit Michele F. über 10 Jahre hinweg gepflegt und damit ihre schwere Konfliktssituation selbst verschuldet, jedenfalls für die entscheidenden Jahre 1970-73 den von der Vorinstanz getroffenen tatsächlichen Feststellungen, weshalb sie für den Kassationshof nicht massgebend sein kann ( Art. 277 bis Abs. 1 BStP ). Dasselbe gilt für die Behauptung, die Beschwerdegegnerin habe zugegeben, den Geschlechtsverkehr mit F. nicht ungern gehabt zu haben. Für diese letzte Zeit stellt die BGE 100 IV 150 S. 153 Vorinstanz vielmehr verbindlich fest, Michele F. habe die Beschwerdegegnerin wie ein Dienstmädchen behandelt, habe sie geschlagen und bei jeder Gelegenheit beschimpft und in der Familie der Beschwerdegegnerin Unfrieden und Zwietracht gestiftet. Da Michele F. nicht nur der Beschwerdegegnerin, sondern auch deren Ehemann an Körperkräften weit überlegen gewesen sei, hätten sich diese beiden Personen gegen die Gewalttätigkeit und Herrschsucht F's. nicht wirksam zur Wehr setzen können. Die Vorinstanz nimmt weiter als erwiesen an, dass F. zumindest seit 1970 nur unter brutaler Gewaltanwendung und bedenkenloser Ausnutzung ihrer Wehrlosigkeit die Beschwerdegegnerin für seine sexuellen Ansinnen gefügig machen konnte und wegen dieser völligen Missachtung ihrer Persönlichkeit bei ihr ein Hassgefühl erweckt habe. Auf die Schwere der von F. angewendeten Gewalteinwirkungen schliesst die Vorinstanz verbindlich einmal aus der Tatsache, dass die Beschwerdegegnerin wegen der ständigen Misshandlungen die Polizei um Hilfe angehen musste, wobei sie den im erzwungenen Sexualverkehr liegenden Grund dieser Misshandlungen verschwieg. Die Schwere der Misshandlungen, mit denen F. jeweils den Geschlechtsverkehr erzwang, folgert die Vorinstanz auch aus der Tatsache, dass man an der Beschwerdegegnerin beim Eintritt in die Klinik Königsfelden viele ältere und jüngere Verletzungen (vernarbte Stichwunden, Blutergüsse, KratzWunden, Schürfungen und Prellungen) vorgefunden hat. Mit solchen brutalen Gewaltakten erzwang der von der Beschwerdegegnerin als sexueller Unhold geschilderte F. von dieser oft mehrmals täglich den Geschlechtsverkehr. Die Zwangslage, in die F. die Beschwerdegegnerin durch seine Skrupellosigkeit brachte, war umso unerträglicher, als sie ihrem Ehemann trotz allem zugetan war und aus religiösen Gründen wegen ihres Verhaltens von schlechtem Gewissen geplagt war, aber keinen Ausweg mehr fand. Das Geschwornengericht stellt für den Kassationshof bindend fest, dass sich die Beschwerdegegnerin zur Tatzeit in einer Konfliktslage von kaum mehr erträglichem Ausmass und in einem Zustand äusserster Affektstauung befand, für die Michele F. in ausschlaggebendem Masse verantwortlich war. c) Auf dieser psychologischen Grundlage spielten sich die Vorgänge unmittelbar vor der Tat ab. Die Vorinstanz nimmt als erstellt an, dass F. auch am 20. Februar 1973 zunächst BGE 100 IV 150 S. 154 wieder einen handfesten Streit verschuldet hat, indem er aus Eifersucht der Beschwerdegegnerin eine Arzt-Vorladung weggenommen hat, die sie für eine Konsultation mit einem ihrer Kinder in Zürich benötigte, indem er die Beschwerdegegnerin ferner bei der Heimkehr zum Mittagessen beschimpft und grundlos geschlagen hat und indem er wegen des Arztbesuchs in Zürich in einem eigentlichen Eifersuchtsanfall der Beschwerdegegnerin vorwarf, sie hure in Zürich herum, weil sie an ihrem Wohnort hiezu zu wenig Gelegenheit habe. Als ihm die Beschwerdegegnerin deswegen einen Stoss versetzte, gab F. ihr eine Ohrfeige, worauf die Beschwerdegegnerin in einem Wutanfall unvermittelt den tödlichen Stich führte. d) Mit Grund hebt das Geschwornengericht hervor, dass F. die Beschwerdegegnerin unmittelbar vor der Tat mit dem Vorwurf, sie sei eine Hure ("putana"), nicht nur schwer beleidigt, sondern ihr mit seiner Anschuldigung gerade die Lage vorgeworfen hat, die er ihr selbst durch seine Gewaltanwendungen gegen ihren Willen aufgezwungen hatte. Sein Gehaben unmittelbar vor der Tat war daher schwer provokativ; denn es bedeutete für die Beschwerdegegnerin nicht bloss eine tiefe Kränkung, sondern auch eine unerhörte Ungerechtigkeit. Angesichts der zumindest seit 1970 vorbestandenen äusserst gespannten Ausgangslage lassen diese Verumständungen die heftige Erregung, aus der heraus die Beschwerdegegnerin zum Messer griff, als entschuldbar erscheinen. Der Zynismus, mit dem F. der seiner Gewalttätigkeit ausgelieferten Frau gerade die Lebensführung vorwarf, zu der er sie zumindest seit 1970 gegen ihren Willen zwang, und die tiefe Verachtung, die er ihr dabei wegen dieser Lebensführung noch unmittelbar vor der Tat bezeugte, hätten auch eine andere Frau als eine heissblütige und am Rand ihrer Widerstandskraft angelangte Südländerin in einen blinden Wutanfall und in Verzweiflung zu versetzen vermocht. Das Gebaren F.s bedeutete gegenüber der Beschwerdegegnerin Provokation und ungerechte Kränkung, wie sie der 2. Expertenkommission als klassischer Entschuldigungsgrund in Sinne von Art. 113 StGB vorgeschwebt hatte. Mit Recht hat die Vorinstanz die Beschwerdegegnerin daher gemäss dieser Bestimmung schuldig gesprochen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6b9645f9-218b-4193-a6bb-4f14f0e8e85f
Urteilskopf 83 IV 193 56. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 31. Oktober 1957 i.S. Stampanoni gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft.
Regeste Art. 153 und 154 StGB setzen nicht voraus, dass das Nachmachen bzw. das Inverkehrbringen nachgemachter Waren an sich schon rechtswidrig sei.
Sachverhalt ab Seite 193 BGE 83 IV 193 S. 193 A.- Arnaldo Stampanoni verkaufte dem Cornelius Kemper 439 gefälschte englische Goldmünzen, sog. Gold-Sovereigns. Kemper hinterlegte 100 dieser Goldstücke bei der Andretto-Bank AG. in Zürich und verpfändete 200 der Schweizerischen Volksbank Zürich. 100 bis 150 Münzen versuchte er weiterzuverkaufen, während er den Rest bei sich aufbewahrte. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich verurteilte Stampanoni am 15. Januar 1957 wegen fortgesetzten Inverkehrrbringens gefälschter Waren ( Art. 154 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) zu vier Monaten Gefängnis und Fr. 1000.-- Busse, indem es primär den Geldcharakter der Gold-Sovereigns verneinte und eventuell dem Angeklagten Irrtum über den Sachverhalt zugute hielt. C.- Stampanoni führt Nichtigkeitsbeschwerde. Er bestreitet, gefälschte Waren in Verkehr gebracht zu haben. Erwägungen Aus den Erwägungen: (Das Bundesgericht liess die Frage, ob die englischen Gold-Sovereigns Ware oder Geld seien, offen.) In dem nicht veröffentlichten Urteil des Kassationshofes vom 17. Februar 1950 i.S. Vontobel wurde ausgesprochen, BGE 83 IV 193 S. 194 dass das Nachmachen ein Muster voraussetze, das rechtswidrig nachgeahmt werde, um ihm das Aussehen des Originals zu verleihen. Daraus darf nicht gefolgert werden, Art. 153 StGB treffe nur ein schon an sich gegen die Rechtsordnung verstossendes Nachmachen. Mit dem Hinweis auf die im damaligen Fall tatsächlich rechtswidrige Nachahmung einer Ware wollte der Begriff des Nachmachens nicht einschränkend ausgelegt werden. Für die objektive Unterstellung unter Art. 153 StGB kommt nichts darauf an, ob das Nachmachen an sich schon unerlaubt ist oder nicht. Entscheidend ist einzig, dass es zum Zwecke der Täuschung in Handel und Verkehr geschieht. Gleich verhält es sich mit Art. 154 StGB . Wenn es nach dieser Bestimmung verboten ist, nachgemachte Goldstücke feilzuhalten oder in Verkehr zu bringen, so nicht aus dem Grunde, weil der Absatz von Nachahmungen in jedem Fall als solcher schon unerlaubt wäre, sondern einzig deswegen, weil der Täter sie als Originale, als aus einer bestimmten staatlichen Münze stammende Goldstücke in Verkehr bringt. Das war hier der Fall. Nach dem angefochtenen Urteil nahm Stampanoni in Kauf, dass die nachgemachten Gold-Sovereigns von den Interessenten für echt gehalten bzw. von Kemper als echt in Verkehr gebracht werden.
null
nan
de
1,957
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6b9a12b9-af2a-4762-a6a8-88cf15216806
Urteilskopf 140 III 481 71. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_508/2014 vom 19. September 2014
Regeste Art. 2 ZGB ; rechtsmissbräuchliche Betreibung? Betreibungsbegehren, das der Betreibende drei Tage vor den Vergleichsverhandlungen stellt, die er selbst initiiert und für die er den Rückzug einer früheren Betreibung in Aussicht gestellt hat (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 481 BGE 140 III 481 S. 481 A. X. leitete am 7. Februar 2014 eine Betreibung gegen die Y. AG ein. Dabei machte er einen Schadenersatzanspruch in der Höhe von Fr. 1'392'000.- nebst Zins zu 3,5 % seit dem 11. Februar 2014 geltend. Am 10. Februar 2014 stellte das Betreibungsamt Bern-Mittelland den Zahlungsbefehl aus (Betreibung Nr. x). Dieser wurde der Y. AG am 13. Februar 2014 zugestellt. Am 14. Februar 2014 erhob die Y. AG Rechtsvorschlag. Am 20. Februar 2014 gelangte sie an das Obergericht des Kantons Bern als Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen und beantragte, die Verfügung des Betreibungsamts Bern-Mittelland vom 10. Februar 2014 für nichtig zu BGE 140 III 481 S. 482 erklären, eventualiter aufzuheben. Das Betreibungsamt sei anzuweisen, den Eintrag in der Betreibungssache Nr. x aus dem Betreibungsregister zu löschen. Am 10. Juli 2014 hiess das Obergericht des Kantons Bern die Beschwerde unter Hinweis auf die Rechtsmissbräuchlichkeit der erfolgten Betreibung gut. B. Mit Eingabe in italienischer Sprache vom 20. Juni 2014 wendet sich X. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Er verlangt, den Entscheid des Obergerichts aufzuheben und den Zahlungsbefehl in der Betreibung Nr. x für gültig zu erklären und im Betreibungsregister eingetragen zu lassen. Das Bundesgericht hat die vorinstanzlichen Akten, aber keine Vernehmlassungen eingeholt. Es weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Einzig umstritten ist die Frage, ob der Beschwerdeführer die Betreibung Nr. x rechtsmissbräuchlich angestrengt hat. Die Vorinstanz ist dieser Meinung. Sie begründet ihren Standpunkt damit, dass der Beschwerdeführer am 7. Februar 2014, als er die Betreibung anhob, Vergleichsverhandlungen mit der Betriebenen geführt habe. Inhalt dieser Vergleichsverhandlungen sei der mögliche Rückzug eines früheren Betreibungsbegehrens des Beschwerdeführers in gleicher Sache (Betreibung Nr. y des Betreibungsamts Bern-Mittelland) gewesen. Dieses frühere Betreibungsbegehren sei der Grund gewesen, weshalb die Betriebene nicht nur Rechtsvorschlag erhoben, sondern gegen den Beschwerdeführer eine - soweit ersichtlich - nach wie vor hängige negative Feststellungsklage an seinem Wohnsitz im Kanton A. angestrengt habe. 2.2 Der Beschwerdeführer bestreitet, rechtsmissbräuchlich gehandelt zu haben. Er ist der Meinung, dass ihm die Betriebene den in Betreibung gesetzten Betrag schulde, weil sie ihrem Bewachungsauftrag im Zusammenhang mit dem Betrieb des Asylzentrums in B. nicht nachgekommen und er deshalb zu Schaden gekommen sei. Der Zahlungsbefehl verfolge damit keine sachfremden Zwecke. 2.3 2.3.1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln ( Art. 2 Abs. 1 ZGB ). Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz ( Art. 2 Abs. 2 ZGB ). Nach der Rechtsprechung, die das BGE 140 III 481 S. 483 Obergericht richtig wiedergibt, ist eine Betreibung nur in Ausnahmefällen wegen Rechtsmissbrauchs nichtig. Rechtsmissbräuchlich verhält sich der Gläubiger, wenn er mit der Betreibung offensichtlich Ziele verfolgt, die nicht das Geringste mit der Zwangsvollstreckung zu tun haben. Allerdings steht es weder dem Betreibungsamt noch der Aufsichtsbehörde zu, die Begründetheit der in Betreibung gesetzten Forderung zu beurteilen. Deshalb darf sich der Vorwurf des Schuldners auch nicht darin erschöpfen, dass der umstrittene Anspruch rechtsmissbräuchlich erhoben werde (s. BGE 113 III 2 E. 2b S. 3 ff.). Rechtsmissbräuchlich und deswegen nichtig kann eine Betreibung demgegenüber dann sein, wenn der Betreibende bloss die Kreditwürdigkeit eines (angeblichen) Schuldners schädigen will, wenn er in schikanöser Weise einen völlig übersetzten Betrag in Betreibung setzt ( BGE 130 II 270 E. 3.2.2 S. 278; BGE 115 III 18 E. 3b S. 21). 2.3.2 Der Sache nach geht es dem Beschwerdeführer zumindest vordergründig darum, von der Betriebenen Schadenersatz und Genugtuung für erlittene seelische Unbill zu erhalten. Allein unter diesem Blickwinkel kann in der Tat nicht gesagt werden, seine Vorgehensweise habe mit der Zwangsvollstreckung nicht das Geringste zu tun. Insbesondere ist es ihm auch nicht verwehrt, die tatsächliche oder vermeintliche Schuldnerin ein zweites Mal zu betreiben, wenn diese gegen einen ersten Zahlungsbefehl Rechtsvorschlag erhoben hat. Trotzdem hält die Einschätzung der Vorinstanz, der Beschwerdeführer habe sich rechtsmissbräuchlich verhalten, vor Bundesrecht stand. Die Ausübung eines Rechts ist nämlich auch dann rechtsmissbräuchlich, wenn damit aufgrund früheren Verhaltens legitime Erwartungen der anderen Seite enttäuscht werden (venire contra factum proprium; BGE 133 III 61 E. 4.1 S. 76; BGE 130 III 113 E. 4.2 S. 123; BGE 129 III 493 E. 5.1 S. 497; je mit Hinweisen). Ein Verschulden jener Partei, die sich widersprüchlich verhält, ist dabei nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn aus objektiver Sicht Erwartungen zunächst geweckt und anschliessend enttäuscht werden (HAUSHEER/AEBI-MÜLLER, Berner Kommentar, 2012, N. 269 zu Art. 2 ZGB ). 2.3.3 Im konkreten Fall führte der Beschwerdeführer mit der Betriebenen Vergleichsverhandlungen, die er selbst angestrengt hatte. Im Hinblick auf den Verhandlungstermin vom 10. Februar 2014 vor dem zuständigen Gericht stellte er der Betriebenen den Rückzug seiner früheren Betreibung Nr. y in Aussicht, in der das Betreibungsamt Bern-Mittelland den Zahlungsbefehl am 10. Februar 2012 ausgestellt hatte. Es verstösst gegen Treu und Glauben und ist BGE 140 III 481 S. 484 rechtsmissbräuchlich, wenn der Beschwerdeführer am 7. Februar 2014 und damit gerade einmal drei Tage vor dem besagten Verhandlungstermin ein zweites Betreibungsbegehren stellt. Eine solche Verhaltensweise lässt die laufenden Vergleichsverhandlungen und den angestrebten Vergleich in Bezug auf den Rückzug des ersten Betreibungsbegehrens als sinnlos erscheinen. Daran ändert nichts, dass im zweiten Betreibungsbegehren ein höherer Forderungsbetrag genannt wird (Fr. 1'392'000.- gegenüber Fr. 1'000'000.-). In der Sache beruft sich der Beschwerdeführer für seine angebliche Forderung, was von keiner Seite bestritten wird, auf den gleichen Lebenssachverhalt und auf die gleiche rechtliche Grundlage. 2.4 Am rechtsmissbräuchlichen Charakter der heute zu beurteilenden zweiten Betreibung ändert auch die Tatsache nichts, dass das Betreibungsamt Bern-Mittelland den Rechtsmissbrauch nicht ohne weiteres erkennen konnte, wie es in seiner Vernehmlassung an die Vorinstanz selbst ausführte. Das Verfahren vor der Aufsichtsbehörde ist kontradiktorischer Natur und unterscheidet sich damit vom Verfahren vor dem Betreibungsamt (vgl. BGE 140 III 175 E. 4.3 S. 178 f.). Dies bringt es mit sich, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit möglicherweise erst von der Beschwerdeinstanz erkannt wird. Allein die Tatsache, dass die Vorinstanz das Betreibungsbegehren als rechtsmissbräuchlich bezeichnet, bedeutet deshalb nicht, dass bereits das Betreibungsamt dies hätte bemerken müssen. Im Übrigen hat das Betreibungsamt die Möglichkeit, seine nichtige Verfügung durch den Erlass einer neuen Verfügung zu ersetzen, wenn es vom wahren Sachverhalt Kenntnis erhält. Ist in diesem Moment bereits ein Verfahren bei der Aufsichtsbehörde hängig, so steht dem Amt diese Befugnis immerhin bis zur Vernehmlassung zu ( Art. 22 Abs. 2 SchKG ).
null
nan
de
2,014
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6b9c4c89-9a64-4b1f-91ea-4495c428bfdf
Urteilskopf 110 II 97 19. Arrêt de la IIe Cour civile du 29 mai 1984 dans la cause dame Gerzner contre Conseil d'Etat du canton du Valais (recours en réforme)
Regeste Allianzname. Verweigerung der Bewilligung der Namensänderung einer verheirateten Frau, welche aufgrund einer in ihrer Jugend vollzogenen Namensänderung den Namen des zweiten Ehemannes ihrer Mutter trug. 1. Der Name, der sich aus dem Namen des Ehemannes und dem Namen, den die Ehefrau vor der Heirat trug (Allianznamen) zusammensetzt, ist nicht der Familienname im Sinne von Art. 161 Abs. 1 ZGB . Seine Verwendung entspricht aber einer weitverbreiteten Übung, der es Rechnung zu tragen gilt (E. 2). 2. Die Änderung des Allianznamens ist an sich möglich; doch bedarf es hiefür eines schutzwürdigen Interesses, und es dürfen durch die Namensänderung nicht die Interessen des Ehepartners oder von Dritten gefährdet werden (E. 3 a.A.). 3. Allfällige Schwierigkeiten mit der Polizei bei der Überprüfung des Hausiererpatentes vermögen die Namensänderung nicht zu begründen (E. 3a). 4. Dem verständlichen Wunsch, wieder den Namen des leiblichen Vaters zu tragen, kann im vorliegenden Fall nicht entsprochen werden, weil die Beschwerdeführerin erst viele Jahre nach Erlangung der Mündigkeit das Gesuch um Namensänderung gestellt hat (E. 3b).
Sachverhalt ab Seite 98 BGE 110 II 97 S. 98 A.- Marie-Louise Gerzner, née le 14 mai 1942, est la fille de Jean-Antoine Wyss et de Louise Rose, alors Wyss, née Gerzner. Les époux Wyss-Gerzner ont eu quatre enfants, dont Marie-Louise est la deuxième. Jean-Antoine Wyss est décédé en 1945, peu après la naissance de son quatrième enfant. Le 23 avril 1949, Louise Rose Wyss s'est remariée avec Fritz Nobel. Sept ans plus tard, les époux Nobel-Gerzner ont fait une demande de changement de nom pour les quatre enfants du premier mariage de Louise Rose Wyss. Le Conseil d'Etat du canton de Schwyz a admis la demande le 29 décembre 1956, afin que la mère, ses enfants et son second mari portassent le même nom. Toutefois, à leur majorité, les deux fils de Jean-Antoine Wyss ont repris le nom de leur père. Marie-Louise Nobel s'est mariée le 23 juillet 1960, à l'âge de 18 ans, avec Hans Jean-Baptiste Gerzner, sans avoir pu demander le changement de son nom de jeune fille. De 1962 à 1970, elle a eu cinq enfants et, pendant de nombreuses années, s'est consacrée exclusivement à son ménage et à leur éducation. Actuellement, elle fait du colportage sur tout le territoire de la Confédération. B.- Le 8 avril 1983, Marie-Louise Gerzner, se fondant sur l' art. 30 al. 1 CC , a demandé au Conseil d'Etat du canton du Valais BGE 110 II 97 S. 99 de l'autoriser à reprendre comme nom d'alliance le nom Wyss. Le Conseil d'Etat a rejeté la demande le 18 janvier 1984. C.- Marie-Louise Gerzner a recouru en réforme au Tribunal fédéral. Elle demandait que sa requête de changement de nom fût admise. Le Conseil d'Etat du canton du Valais a proposé le rejet du recours. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours pour les Erwägungen motifs suivants: 1. Le recours en réforme est recevable contre le refus du changement de nom ( art. 44 lettre a OJ ). 2. Avec raison, la recourante ne demande pas le changement du nom qu'elle a acquis par son mariage avec Hans Gerzner. Une telle requête serait d'emblée vouée à l'échec: selon la jurisprudence, la femme mariée ne saurait être autorisée à reprendre le nom qu'elle portait avant son mariage, car, en l'état actuel de la législation, l' art. 161 al. 1 CC , de droit impératif, est fondé sur le principe de l'unité de nom entre les époux ( ATF 108 II 161 ss). La requête tend seulement au changement du nom que la femme mariée portait avant le mariage et que, notamment, elle reprend en cas de divorce, conformément à l' art. 149 al. 1 CC . Un tel changement de nom peut avoir des effets déjà durant le mariage dans la mesure où, conformément à l'usage, voire au droit coutumier, le nom de la femme est ajouté à celui du mari pour former un double nom (cf. ATF 98 Ia 452 consid. 3, avec référence à EGGER, n. 2 ad art. 161 CC . Voir aussi LEMP, n. 2 ad art. 161 CC , et GROSSEN, Schweizerisches Privatrecht, II p. 336 n. 6 et les références. D'après l' art. 166 al. 1 OREC , lors de l'inscription au registre des mariages, l'épouse signe du nom de famille acquis par le mariage, mais peut y ajouter son nom de fille.) Selon une coutume largement répandue, non seulement la femme mariée, mais aussi son mari joint au nom de famille de l'époux celui que l'épouse portait comme jeune fille, respectivement avant la célébration du mariage. La femme mariée peut ainsi atténuer la perte de son nom. Si le mari ajoute le nom de l'épouse à son nom, il souligne l'unité du nom entre les conjoints et, le cas échéant, si son nom est largement répandu, il en accentue le caractère distinctif. Certes, ce nom composé ne peut pas être considéré comme le nom de famille légal au sens de l' art. 161 al. 1 CC , ce qui en restreint un peu l'usage, mais il ne saurait être tenu pour BGE 110 II 97 S. 100 dénué d'importance, car il est possible de s'en servir en diverses circonstances. Or, le Tribunal fédéral a dit à différentes occasions que l' art. 161 al. 1 CC n'exclut pas complètement une certaine souplesse dans le droit du nom, selon les circonstances ( ATF 108 II 163 consid. 2; cf. ATF 102 III 136 consid. 2b). 3. Etant donné les particularités du nom d'alliance par rapport au nom de famille tel qu'il est prescrit à l' art. 161 al. 1 CC , les principes énoncés à l' art. 30 CC pour le changement de nom ne peuvent pas être appliqués sans plus. Mais on ne saurait non plus dire que, le nom d'alliance n'ayant pas été prévu par le législateur, tout changement est exclu à cet égard. Le changement du nom d'alliance n'est pas impossible, mais il faut qu'il existe un intérêt digne de protection. En outre, un tel changement de nom ne doit pas porter atteinte à des intérêts légitimes du conjoint ou de tiers. La question de savoir si l'intérêt digne de protection dont le requérant a à établir l'existence doit être entendu, par analogie avec l' art. 30 al. 1 CC , comme un juste motif, qu'on appréciera en fonction des particularités du nom d'alliance, ou s'il ne doit s'agir que d'un intérêt légitime ne joue pas de rôle décisif. En ce qui a trait aux rapports entre les époux, il faut en tout cas ne pas perdre de vue que le nom d'alliance concerne les deux conjoints, et non pas seulement l'un d'entre eux. a) La recourante soutient d'abord que, comme elle fait du colportage sur tout le territoire suisse, elle a un intérêt important à ce que son nom d'alliance désigne sa filiation. A l'instar de l'autorité cantonale, on ne saurait accorder beaucoup de poids à cet argument. Certes, il est possible que, pour obtenir une patente de colportage dans les différents cantons, il faille que la filiation ressorte des papiers d'identité à produire. Mais le fait que la recourante a pris le nom de son beau-père est suffisamment visible pour qu'elle ne doive pas apparaître de prime abord sous un jour défavorable. Il n'est guère évident que, lors des contrôles de la patente par la police, le nom d'alliance de Marie-Louise Gerzner ait pu donner lieu à des difficultés importantes du fait qu'il n'indique pas le lien de filiation avec Jean-Antoine Wyss. Au demeurant, comme l'a relevé l'autorité cantonale, il est aisé d'éviter des désagréments éventuels. b) La recourante fait aussi valoir qu'"il est normal qu'une fille veuille porter le nom de son vrai père et non celui du second mari de sa mère". S'agissant du nom légal, un tel motif, d'ordre affectif, peut, selon les circonstances appréciées avec retenue, être considéré BGE 110 II 97 S. 101 comme un juste motif au sens de l' art. 30 al. 1 CC (cf. ATF 108 II 249 /250 consid. 4b, c, d et les références). On ne saurait non plus ne pas tenir compte d'un intérêt de cette nature à propos du nom d'alliance: on peut relever à cet égard que le Conseil d'Etat du canton de Schwyz a autorisé les deux frères de Marie-Louise Gerzner à reprendre le nom de famille de leur père dès qu'ils ont atteint leur majorité. Mais la recourante ne demande à pouvoir porter le nom de son père qu'après de nombreuses années; elle semble d'ailleurs ne faire état de cet intérêt affectif qu'à titre accessoire. 4. Vu ce qui précède, l'autorité cantonale n'a pas violé le droit fédéral en rejetant la demande de changement de nom. Le recours apparaît ainsi manifestement mal fondé et doit être rejeté, sans qu'il soit besoin d'examiner si, en l'espèce, l'intérêt du mari à l'immutabilité du nom d'alliance l'emporte sur l'intérêt de la femme au changement. Tel pourra être tout particulièrement le cas si, pendant longtemps, les époux ont porté tous deux, comme nom de famille, le nom du mari avec l'adjonction de celui de la femme. Il n'est pas exclu que, dans cette éventualité, le mari puisse avoir un intérêt prépondérant à conserver un nom sous lequel il est désormais individualisé, avec sa famille, dans ses relations sociales. On peut même se demander si la requête de changement de nom ne devrait pas alors être présentée par les deux époux conjointement.
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6ba50650-a8d4-4724-b1fb-18f4d6c03409
Urteilskopf 89 I 402 57. Urteil vom 23. Oktober 1963 i.S. Domus A.-G. gegen Stansstad und Nidwalden, Regierungsrat.
Regeste Art. 88 OG : Dem Grundeigentümer fehlt die Legitimation, um die Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde anzufechten, mit dem die sonst anwendbaren Bauvorschriften den Bedürfnissen einer beschränkten Zahl von Parzellen angepasst werden.
Erwägungen ab Seite 402 BGE 89 I 402 S. 402 1. Nach dem geltenden Baureglement der Gemeinde Stansstad vom 1. Juni 1962 sowie dem zugehörigen Zonenplan ist für die Liegenschaft Zihl der Domus AG gemischte Überbauung mit höchstens 4 Geschosshöhen vorgesehen. Ein erster vom Konsortium Zihl dem Gemeinderat eingereichter und von diesem genehmigter Gestaltungsplan entsprach dieser Ordnung. Ein späterer sah die Überbauung mit drei Hochhäusern vor, die der Gemeinderat mit Zustimmung der kantonalen Baudirektion an verkehrstechnisch, ästhetisch und planerisch geeigneten Punkten bewilligen kann, sofern genügend grosse Freiflächen geschaffen werden. Der Gemeinderat genehmigte den neuen Gestaltungsplan und wies die Einsprachen dagegen ab. Der Regierungsrat von Nidwalden hat jedoch eine dagegen erhobene Beschwerde mit Entscheid vom 26. August 1963 gutgeheissen und den Gestaltungsplan nicht genehmigt. Die Domus AG als Eigentümerin von zwei Grundstücken und Kaufsberechtigte an zwei weiteren Parzellen, und deren Eigentümer Bruno Scheiwiler führen gegen den Entscheid des Regierungsrates staatsrechtliche Beschwerde BGE 89 I 402 S. 403 mit dem Antrag, den Entscheid aufzuheben. Sie machen geltend, dieser verletze Art. 4 BV . 2. Der Gestaltungsplan ist kein genereller, für eine unbestimmte Vielheit von Personen bestimmter Erlass, sondern eine Verfügung, mit welcher ein gemeindliches Baureglement in bestimmter Weise für ganz bestimmte Parzellen angewendet werden soll. Er untersteht deshalb bezüglich der Beschwerdelegitimation des davon Betroffenen nicht den Regeln, die für den generellen Erlass gelten, sondern hat die Voraussetzungen zu erfüllen, welche für die Legitimation des von einer Anwendungsverfügung Betroffenen verlangt werden. Zur Anfechtung eines Gestaltungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde ist der Grundeigentümer oder Bauberechtigte also nur befugt, soweit er dadurch in seiner Rechtslage betroffen wird, durch den Entscheid eine ihn persönlich treffende Rechtsverletzung erleidet. Das träfe etwa dann zu, wenn er durch den Plan in der baulichen Auswertung seines Grundstückes in ungesetzlicher Weise eingeschränkt würde oder ihm diese Auswertung in rechtsungleicher Weise verunmöglicht wäre. Die Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes hat nicht zur Folge, dass der Eigentümer nicht mehr nach den geltenden Bauvorschriften bauen kann. Der Plan dient dazu, in bereits überbautem Gebiet eine schwierige bauliche Situation zu regeln, sofern die Bestimmungen von Zonenplan und Strassenplänen den Anforderungen nicht gerecht werden, oder aus gestalterisch oder technisch wichtigen Gründen vom Zonenplan oder von Strassenplänen abzuweichen (Art. 16 des Baureglementes). Hier soll der Plan dem Grundeigentümer die Erstellung von Hochhäusern ermöglichen. An der Möglichkeit der Überbauung gemäss den geltenden Vorschriften aber ändert er nichts, selbst nicht an der Erstellung von Hochhäusern, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (Art. 32 Abs. 2 des Baugesetzes) erfüllt sind. Die Beschwerdeführer werden durch die Nichtgenehmigung BGE 89 I 402 S. 404 des Gestaltungsplanes also nicht in einem ihnen bereits zustehenden Recht verkürzt, sondern bloss an der Möglichkeit gehindert, in einer über die bestehenden Vorschriften hinausgehenden Weise zu bauen. Das Interesse des Grundeigentümers daran, dass er auf seinem Grundstück anders, unter besserer Ausnützung desselben bauen könne, als es nach den geltenden Vorschriften ohne Gestaltungsplan möglich wäre, dass Vorschriften in diesem Sinne erlassen und von den zuständigen Behörden genehmigt werden, wenn es solcher Genehmigung bedarf, ist aber nicht von anderer Art als das Interesse des Bürgers überhaupt, dass Vorschriften öffentlich-rechtlicher Art erlassen oder nicht erlassen werden. Es ist nicht rechtlicher, sondern bloss tatsächlicher Art. Derartige Interessen können nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde geltend gemacht werden ( BGE 82 I 96 , BGE 83 I 245 , nicht veröffentlichtes Urteil vom 7. Oktober 1963 i.S. Wohnlich, das die Beschwerde wegen Nichtgenehmigung eines Gestaltungsplanes als unzulässig bezeichnet). Die Beschwerdeführer können sich mangels solcher Legitimation nicht über unrichtige Auslegung des Baugesetzes oder Baureglementes durch den Regierungsrat beschweren.
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Urteilskopf 107 III 20 6. Arrêt de la Chambre des poursuites et des faillites du 8 janvier 1981 dans la cause Perret (recours LP)
Regeste Freihändiger Verkauf ( Art. 130 Ziff. 1 SchKG ). Der Dritteigentümer von Gegenständen, die dem Retentionsrecht des Vermieters unterworfen sind, ist Beteiligter im Sinne von Art. 130 Ziff. 1 SchKG . Ein Verkauf aus freier Hand kann ohne seine Zustimmung nicht erfolgen, selbst wenn er das Retentionsrecht des Vermieters anerkennt. Etwas anderes gilt nur, wenn der Schuldner die Eigentumsansprache mit Erfolg bestritten hat.
Sachverhalt ab Seite 20 BGE 107 III 20 S. 20 A.- Monique Avramidis et Robert Perret avaient acheté en commun le fonds de commerce d'un café-restaurant exploité à l'enseigne de la Taverne grecque, dans des locaux appartenant à la Société immobilière Escaliers du Marché 5 S.A. Le 26 janvier 1979, Monique Avramidis reconnut, dans un acte intitulé transaction, que Perret était seul propriétaire de tout le fonds de commerce. La société Escaliers du Marché 5 S.A. fit ouvrir contre Monique Avramidis, qui n'avait plus de domicile connu et était représentée par son curateur Philippe Jordan, une poursuite en paiement de 5'552 fr. 40 correspondant aux loyers dus pour la période du 1er avril au 30 juin 1979. Le 19 juin 1979, sur requête de la créancière, l'Office des poursuites de Lausanne-Est dressa inventaire de divers biens, estimés à l'865.- fr., qui se trouvaient dans les locaux de la Taverne grecque. Perret revendiqua les objets inventoriés. La créancière persista à se prévaloir de son droit de rétention. Le 26 juillet 1979, elle requit la vente des BGE 107 III 20 S. 21 objets en cause. Le 3 août, l'Office impartit à Perret un délai de dix jours pour intenter à la créancière une action tendant à faire écarter son droit de rétention. Perret n'ouvrit pas action. Entre-temps, le 5 juillet 1979, la société immobilière créancière avait remis le café-restaurant de la Taverne grecque à Tina Hernandez pour le prix de 95'000.- fr., la vente comprenant notamment le mobilier et le matériel d'exploitation. Elle s'était engagée envers l'acheteuse à lui remplacer tous les objets qui pourraient être enlevés ensuite de revendications exercées par des tiers. Le 10 janvier 1980, Perret proposa à l'Office des poursuites de lui acheter de gré à gré les objets inventoriés; il offrit 2'500.- fr. La créancière s'y opposa. L'Office décida d'organiser une vente aux enchères et précisa à Perret qu'il lui en communiquerait la date. Les enchères qui avaient été fixées au 17 mars furent renvoyées sur requête de la créancière. Le 27 mars, la créancière s'entendit avec le curateur de la débitrice pour acquérir les biens inventoriés au prix de 6'200.- fr. Le 1er avril, l'Office des poursuites, qui se fondait sur l' art. 130 ch. 1 LP , vendit ces biens de gré à gré à la créancière pour 6'200.- fr. Perret n'eut connaissance de la vente qu'après sa conclusion. B.- Le 12 mai 1980, Robert Perret a porté plainte contre l'Office des poursuites de Lausanne-Est et demandé l'annulation de la vente de gré à gré du 1er avril 1980. Le Président du Tribunal du district de Lausanne a déclaré la plainte irrecevable parce que tardive. Statuant sur recours le 14 octobre 1980, la Cour des poursuites et faillites du Tribunal cantonal du canton de Vaud a réformé la décision de l'autorité inférieure de surveillance en ce sens qu'elle a déclaré la plainte recevable et l'a rejetée. C.- Robert Perret a interjeté un recours au Tribunal fédéral. Il reprend les conclusions qu'il a formulées en procédure cantonale et demande l'allocation de dépens. La Société immobilière Escaliers du Marché 5 S.A. et le curateur de Monique Avramidis proposent le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. La vente de gré à gré, tout comme la vente aux enchères, est un acte de la puissance publique, auquel l' art. 136bis LP s'applique par analogie. Elle peut donc être attaquée par la voie d'une plainte tendant BGE 107 III 20 S. 22 à l'annulation de l'adjudication ( ATF 106 III 79 ss). 2. Les biens qui sont l'objet d'une saisie ou d'une poursuite en réalisation du gage ne peuvent être vendus de gré à gré que dans les cas prévus par la loi ( art. 130, art. 156 LP ). En l'espèce, seule entre en considération une application de l' art. 130 ch. 1 LP , qui autorise la vente de gré à gré lorsque tous les intéressés en font la demande. Le recourant fait valoir qu'il n'a pas donné son accord à la vente conclue par l'Office; il soutient qu'elle est dès lors invalide. L'autorité cantonale a dénié au recourant la qualité de personne intéressée, au sens de la disposition précitée, car il avait omis d'ouvrir action pour faire écarter le droit de rétention de la créancière bailleresse. a) La loi reconnaît au tiers propriétaire la position d'une véritable partie dans la procédure ordinaire en réalisation du gage ( ATF 73 III 98 , ATF 42 III 315 ss). Elle prescrit notamment qu'un exemplaire du commandement de payer lui soit notifié et elle lui donne la faculté de former opposition à la poursuite ( art. 153 al. 2 et 4 LP ). La jurisprudence a étendu l'application de ces normes au tiers propriétaire d'une chose grevée d'un droit de rétention selon les art. 895 ss CC ( ATF 73 III 97 ss). Elle n'a en revanche pas accepté de le faire pour le tiers propriétaire des objets soumis au droit de rétention du bailleur, et elle revoie ce tiers à faire valoir tous ses moyens dans la procédure de revendication ( ATF 104 III 27 consid. 2; ATF 96 III 69 s.; ATF 70 II 226 ss; ATF 44 III 107 ss); elle s'est, sur ce point, heurtée aux critiques de la doctrine (BRAND, FJS no 1093 p. 12 s.; FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, 2e éd., t. 2 p. 254 s.; C. SCHELLENBERG, Die Rechtsstellung des Dritteigentümers in der Betreibung auf Pfandverwertung, p. 158 ss). La Chambre de céans n'a pas en l'espèce à réexaminer le bien-fondé de sa jurisprudence. Car même si l'on refuse la position de partie au tiers propriétaire des objets frappés d'un droit de rétention selon les art. 272 ss CO , on ne peut contester qu'il est, d'une manière générale, intéressé à la poursuite, en particulier à la procédure de la réalisation. Le tiers propriétaire a notamment un intérêt spécial et légitime à pouvoir participer à une vente aux enchères publiques, soit pour se porter acquéreur de biens qu'il entend conserver, soit pour éviter qu'ils ne soient bradés. Cette faculté ne saurait lui être ôtée sans son accord. On doit dès lors, en conformité de l' art. 130 ch. 1 LP , tenir son BGE 107 III 20 S. 23 consentement pour indispensable à une vente de gré à gré. Et il y a d'autant plus de raison de le faire en l'espèce que le recourant a manifesté par des actes son désir d'acheter les biens à réaliser, et que l'Office lui a promis de l'aviser de la date choisie pour la vente aux enchères. b) L'Office a imparti au recourant un délai de dix jours pour intenter à la créancière bailleresse une action tendant à faire écarter son droit de rétention. Le recourant n'a pas agi dans le délai fixé. On ne peut toutefois, comme l'a fait l'autorité cantonale, considérer qu'il a perdu par là la qualité de personne intéressée à la réalisation, au sens de l' art. 130 ch. 1 LP . Le droit de rétention peut en effet frapper des choses qui appartiennent à des tiers, quand le bailleur a ignoré et ne pouvait savoir qu'elles n'étaient pas la propriété du preneur ( art. 273 al. 1 CO ). Le tiers revendiquant qui n'ouvre pas action contre le bailleur reconnaît l'existence du droit de rétention invoqué et renonce à contester la bonne foi de son bénéficiaire. On ne peut en revanche en déduire que ce tiers cesse de se tenir pour propriétaire et accepte de ne plus être traité comme tel. Il reste donc intéressé à la réalisation, selon l' art. 130 ch. 1 LP , à moins que le débiteur ne conteste victorieusement la revendication de propriété sur les objets inventoriés. Lorsque les biens revendiqués sont en possession du débiteur, ce qui est généralement le cas d'objets inventoriés, l'office ne doit pas seulement inviter le bailleur à déclarer s'il maintient sa prétention à un droit de rétention. Il est tenu d'assigner également au débiteur un délai de dix jours pour se déterminer sur la revendication ( art. 106 al. 2, art. 155 al. 1 et art. 37 al. 2 LP ). Si le débiteur la conteste, l'office doit, en conformité de l' art. 107 al. 1 LP , inviter le tiers à faire valoir ses droits en justice dans les dix jours ( ATF 96 III 70 consid. 1b). Le tiers revendiquant qui omet alors d'ouvrir action contre le débiteur est réputé renoncer à sa prétention et perd la qualité d'intéressé au sens de l' art. 130 ch. 1 LP . Il la conserve en revanche tant que l'office n'a pas introduit la procédure de revendication ou que le litige n'est pas définitivement réglé. La solution contraire pourrait causer un dommage irréparable au tiers en le privant définitivement de la faculté, reconnue au propriétaire du gage, de participer à la vente aux enchères. En l'espèce, la débitrice Monique Avramidis avait, dans un acte intitulé transaction, reconnu la propriété du recourant sur BGE 107 III 20 S. 24 tout le fonds de commerce de la Taverne grecque. L'arrêt attaqué ne précise pas si l'Office des poursuites l'a invitée, elle ou son curateur, à se déterminer sur les prétentions du recourant. L'omission d'introduire la procédure de revendication ne saurait toutefois porter préjudice au recourant, qui a régulièrement annoncé ses droits. Il ne ressort ni des faits retenus par l'autorité cantonale ni des pièces du dossier qu'un délai ait été imparti au recourant, en application de l' art. 107 LP , pour faire reconnaître ses droits contre la débitrice. Une déchéance ne se présume pas. Le recourant a donc conservé la qualité d'intéressé, au sens de l' art. 130 ch. 1 LP , et les objets inventoriés ne pouvaient être vendus sans son consentement. 3. Le recourant n'a pas donné son accord à la vente conclue par l'Office le 1er avril 1980. Il n'a pas non plus, fût-ce implicitement, autorisé d'une manière générale l'Office à réaliser de gré à gré les biens inventoriés, aux meilleures conditions possibles. Partant, la vente attaquée est affectée d'un vice essentiel et doit être annulée. La vente aux enchères et la vente de gré à gré ne peuvent plus être attaquées par la voie de la plainte lorsque l'adjudicataire ou l'acheteur ont entre-temps revendu les biens à un tiers de bonne foi, dont le titre de propriété apparaît incontestable ( ATF 73 III 141 ). L'annulation de l'acte de réalisation serait en effet privée de toute portée pratique. Si par contre des doutes peuvent raisonnablement subsister sur la validité de l'acquisition faite par le tiers, la vente aux enchères ou de gré à gré doit être annulée; avant de réaliser de nouveau les biens litigieux, l'office est alors tenu d'introduire une procédure de revendication dans laquelle le tiers acquéreur pourra faire valoir ses droits. Or ni les faits retenus dans l'arrêt attaqué ni les pièces du dossier ne permettent en l'espèce de statuer avec certitude sur la validité et les effets de la revente des biens inventoriés. 4. Les autorités de plainte et de recours ne peuvent allouer de dépens (art. 68 al. 2 Tarif LP). Les conclusions du recourant, sur ce point, sont mal fondées. Dispositiv Par ces motifs, la Chambre des poursuites et des faillites: 1. Admet le recours et annule l'arrêt attaqué dans la mesure où il rejette la plainte déposée par Robert Perret le 12 mai 1980. 2. Annule la vente de gré à gré attaquée par la voie de la plainte susmentionnée.
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Urteilskopf 118 Ib 296 37. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 20 mars 1992 dans la cause Ligue suisse pour la protection de la nature contre Département de l'agriculture et Tribunal administratif du canton de Neuchâtel (recours de droit administratif)
Regeste Art. 103 lit. c OG , 12 NHG, 24 RPG; Beschwerdebefugnis gesamtschweizerischer Vereinigungen. 1. Die gesamtschweizerische Vereinigung mit ideellen Zielen, welche einen auf Art. 24 RPG gestützten Entscheid mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht anfechten will, muss sich (zumindest) am letztinstanzlichen kantonalen Verfahren beteiligt haben, sofern die angefochtene Bewilligung ihr Anlass dazu gegeben hat (E. 2a). 2. Eine gesamtschweizerische Vereinigung ist befugt, über das Organ ihrer kantonalen Sektion bei der letzten kantonalen Instanz Beschwerde zu führen. Die kantonalen Verfahrensordnungen stellen Anforderungen hinsichtlich Form- und Fristwahrung auf. Diese Anforderungen müssen von der kantonalen Sektion beachtet werden, damit die gesamtschweizerische Vereinigung anschliessend mit einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht zugelassen wird. Dies macht eine Aufgabenteilung zwischen der gesamtschweizerischen Vereinigung und ihrer kantonalen Sektion notwendig (E. 2b-d).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 118 Ib 296 S. 298 Le Département de l'agriculture du canton de Neuchâtel a accordé à la Direction des télécommunications l'autorisation de construire une maisonnette et un mât d'antenne NATEL C sur une parcelle de la commune de Noiraigue, dans la réserve du Creux-de-Van. L'autorisation, fondée sur l' art. 24 LAT , a été publiée dans la Feuille officielle du canton de Neuchâtel. La Ligue neuchâteloise pour la protection de la nature, section neuchâteloise de la Ligue suisse pour la protection de la nature, a adressé au Tribunal administratif du canton de Neuchâtel un recours contre cette décision. En tête de son acte, elle a précisé que la Ligue suisse pour la protection de la nature faisait également recours "pour autant que de besoin". Au fond, elle a invoqué l'intérêt prépondérant à la sauvegarde du site. La recourante a produit une procuration établie par la Ligue suisse pour la protection de la nature, l'autorisant à la représenter et à agir en son nom contre la décision du département cantonal. Le Tribunal administratif a déclaré le recours irrecevable, au motif que la Ligue neuchâteloise pour la protection de la nature n'avait pas qualité pour recourir au sens de l'art. 32 de la loi cantonale sur la procédure et la juridiction administratives (LPJA). Selon la cour cantonale, elle n'était pas atteinte dans ses intérêts propres et la majorité de ses membres n'étaient pas touchés par la décision attaquée; par ailleurs, comme association régionale ou section cantonale d'une association d'importance nationale, elle ne pouvait pas se prévaloir de l' art. 12 LPN ni d'une autre disposition légale l'habilitant à recourir (cf. art. 32 let. b LPJA). Enfin, le Tribunal administratif a retenu que, en vertu de l'art. 51 al. 1 LPJA, seul un avocat pouvait représenter une partie dans la procédure: la Ligue neuchâteloise n'était donc pas autorisée à agir en qualité de mandataire de la Ligue suisse. Agissant par la voie d'un recours de droit administratif pour violation des art. 12 LPN et 4 Cst., la Ligue suisse pour la protection de la nature demande au Tribunal fédéral d'annuler l'arrêt du Tribunal administratif. Le Tribunal fédéral a admis le recours et renvoyé la cause à la cour cantonale. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Selon l' art. 97 OJ en relation avec l' art. 5 PA , la voie du recours de droit administratif est ouverte contre les décisions fondées sur le droit public fédéral - ou qui auraient dû l'être -, à condition qu'elles émanent des autorités énumérées à l' art. 98 OJ et pour autant qu'aucune des exceptions prévues aux art. 99 à 102 OJ ou dans la législation spéciale ne soit réalisée ( ATF 116 Ib 162 consid. 1a, 178 consid. 1a et les arrêts cités). Le recours de droit administratif est en particulier recevable contre les décisions relatives à des autorisations fondées sur l' art. 24 LAT ( art. 34 al. 1 LAT ), ce qui est le cas en l'espèce. Selon la recourante, la décision d'irrecevabilité violerait l' art. 12 LPN ; cette disposition donne aux communes et aux associations d'importance nationale qui, aux termes de leurs statuts, se vouent à la protection de la nature et du paysage ou à des tâches semblables par pur idéal le droit de recourir au Conseil fédéral ou au Tribunal fédéral contre des arrêtés ou ordonnances (Erlasse oder Verfügungen) des cantons, ou des décisions d'autorités fédérales. La Ligue suisse pour la protection de la nature, qui est une association d'importance nationale au sens de l' art. 12 LPN ( ATF 96 I 505 consid. 2b), est habilitée à faire valoir par la voie du recours de droit administratif que sa qualité pour recourir découlant de cette disposition ou la validité de sa participation à la procédure cantonale a été déniée à tort par l'autorité cantonale de dernière instance ( art. 103 let . c et 104 let. a OJ; ATF 116 Ib 121 consid. 1, ATF 115 Ib 338 consid. 1). La recourante prétend que la décision d'irrecevabilité violerait aussi l' art. 4 Cst. : dans les domaines qui relèvent de la juridiction administrative fédérale, le recours de droit administratif permet aussi de dénoncer la violation des droits constitutionnels des BGE 118 Ib 296 S. 299 citoyens ( ATF 116 Ib 10 , ATF 115 Ib 385 consid. 1a, ATF 112 Ib 237 consid. 2a). 2. a) Dans la procédure d'autorisation de construire régie par l' art. 24 LAT , les associations d'importance nationale ont qualité pour recourir et pour faire valoir que l'autorisation serait contraire aux objectifs de protection de la nature et du paysage prévus par l' art. 24sexies Cst. et par la loi sur la protection de la nature et du paysage ( ATF 117 Ib 100 , ATF 116 Ib 122 ). L'organisation qui entend exercer le droit de recours au Tribunal fédéral prévu par l' art. 12 LPN doit avoir participé (au moins) à la procédure de dernière instance cantonale, si l'autorisation contestée, qui a été portée à sa connaissance, lui donnait des motifs de le faire ( ATF 117 Ib 274 consid. 1a, ATF 116 Ib 122 , 432 ss, 467 consid. 2b). Le devoir imposé aux organisations d'importance nationale de participer à la procédure de dernière instance cantonale implique qu'elles soient clairement informées qu'un projet exige une autorisation relevant du droit fédéral. En l'espèce, l'autorisation a été publiée conformément à l' art. 25 al. 2 OAT , ce qui représente un moyen de publicité suffisant ( ATF 116 Ib 467 consid. 2b). Ce devoir implique aussi une diligence accrue de la part de ces organisations. Le Tribunal fédéral a cependant relevé qu'une telle exigence ne devait pas constituer un obstacle à l'activité des associations nationales, compte tenu notamment du fait qu'à ce niveau, leurs sections cantonales ou régionales étaient souvent habilitées par le droit cantonal à agir à leur place ( ATF 116 Ib 431 consid. 3d). b) En vertu de l'art. 32 LPJA, ont qualité pour recourir au Tribunal administratif "toute personne, corporation et établissement de droit public ou commune touchés par la décision et ayant un intérêt digne de protection à ce qu'elle soit annulée ou modifiée" (let. a), ainsi que "toute autre personne, groupement ou autorité qu'une disposition légale autorise à recourir" (let. b). La recourante ne prétend pas que cette norme conférerait, de façon générale, la qualité pour recourir à la Ligue neuchâteloise pour la protection de la nature et elle ne se prévaut d'aucune disposition légale cantonale dans ce sens. Elle fait cependant valoir que, en tant que section cantonale dépendant étroitement de l'association faîtière, elle a procédé au bénéfice d'une procuration spéciale, en qualité d'organe de l'association nationale chargé de la représenter et non en tant que son mandataire. En effet, dans son acte de recours cantonal, la Ligue neuchâteloise pour la protection de la nature a exposé sans équivoque qu'elle agissait au nom de la Ligue suisse et son papier à lettres indique qu'elle est une section cantonale de cette association nationale. Au surplus, la procuration établie à la date du BGE 118 Ib 296 S. 300 dépôt du recours par la Ligue suisse atteste que la Ligue neuchâteloise est autorisée à agir en son nom dans la présente procédure. c) En l'espèce, l'association cantonale n'a pas procédé seule ni à l'insu de l'organisation nationale, habilitée à recourir en vertu de l'art. 32 let. b LPJA en relation avec l' art. 12 LPN . Le rapport étroit entre ces deux associations ressort d'ailleurs de leurs statuts. Par exemple, les buts de la Ligue neuchâteloise sont ceux de la Ligue suisse et la qualité de membre de la première association entraîne automatiquement celle de membre de la seconde; en outre, la Ligue neuchâteloise groupe tous les adhérents de la Ligue suisse domiciliés dans le canton de Neuchâtel (art. 2, 3 et 4 des statuts de la Ligue neuchâteloise). Par ailleurs, il résulte clairement des statuts de la Ligue suisse (LSPN) que les sections cantonales y exercent une certaine fonction organique: la Ligue est formée des sections cantonales (art. 6); elle est en particulier chargée de "collaborer étroitement avec les sections cantonales" (art. 4 al. 1) et "les sections agissent en étroite collaboration avec les organes de la LSPN" (art. 8). Pour des motifs d'organisation de ses activités, une telle association nationale doit pouvoir déléguer à ses sections cantonales diverses tâches, en particulier la surveillance des publications officielles d'autorisations et la rédaction des oppositions, le cas échéant, et des actes de recours cantonaux. Les exigences pour le respect des formes et délais d'intervention dans les procédures cantonales, auxquelles l'association nationale a l'obligation de participer pour être ensuite admise à exercer son droit de recours au Tribunal fédéral, impliquent une telle répartition des tâches (cf. arrêt du 15 juillet 1991 en la cause Ligue suisse pour la protection de la nature et consorts c. H. et Appenzell A. Rh., consid. 3b-3c non publiés aux ATF 117 Ib 97 ss). Dans ces conditions, force est d'admettre que la section cantonale peut agir comme organe de l'association d'importance nationale. d) Comme il ressort clairement du dossier de la cause que la Ligue suisse pour la protection de la nature a chargé spécialement sa section cantonale d'agir en son nom devant le Tribunal administratif, cette association nationale a valablement recouru par l'organe de sa section; le monopole des avocats ne s'applique pas à la personne morale agissant par l'intermédiaire de son organe. Cela étant, il n'y a pas lieu d'examiner quelle décision la cour cantonale aurait dû prendre si le recours avait été formé par une association régionale dont les liens avec l'organisation faîtière auraient été moins étroits ou qui ne se serait pas prévalue d'emblée de l'accord de cette dernière. Pour le même motif, BGE 118 Ib 296 S. 301 il n'est pas nécessaire d'examiner si la sanction de l'irrecevabilité aurait procédé d'un excès de formalisme et si un délai de grâce n'aurait pas dû être préalablement imparti à la partie recourante pour lui permettre de se faire représenter par un représentant autorisé (cf., en droit fédéral, l' art. 30 al. 2 OJ ). De toute façon, dans les circonstances de l'espèce, en déclarant irrecevable le recours de la section cantonale de la Ligue suisse pour la protection de la nature et en refusant d'entrer en matière sur ses moyens dirigés contre le projet litigieux, le Tribunal administratif a privé l'organisation nationale de son droit de recours garanti par l' art. 12 LPN et il a ce faisant violé cette disposition. Le recours de droit administratif doit dès lors être admis ( art. 104 let. a OJ ).
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Urteilskopf 124 II 193 24. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. März 1998 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz (VZLS), A. SA, B. SA und C. AG (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV; Art. 14 Ziff. 3 MWSTV . Von der Steuer ausgenommene Umsätze im Bereich des Gesundheitswesens; Lieferungen von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaturen . Anspruch eines Berufsverbandes auf einen Feststellungsentscheid im Sinne von Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV (E. 3). Art. 14 Ziff. 3 MWSTV , der die Lieferungen von Zahnprothesen als steuerbar erklärt, hält sich im Rahmen des dem Bundesrat durch die Verfassung, insbesondere Art. 8 ÜbBest.BV, eingeräumten gesetzgeberischen Entscheidungsspielraums (E. 4-5). Der Bundesrat kann aus sachlichen Gründen eine im Richtlinienrecht der Europäischen Union vorgesehene Lösung ablehnen. Dieses wie auch die ausländischen Umsatzsteuerordnungen können bei der Auslegung der Mehrwertsteuerverordnung berücksichtigt werden (E. 6a). Mehrwertsteuerrechtliche Behandlung von Prothetikumsätzen in der Europäischen Union und gewissen Mitgliedstaaten (E. 6b-f). Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung zur Besteuerung der Lieferungen von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaturen (E. 7a). Diese Praxis hält sich im Rahmen von Art. 14 Ziff. 3 MWSTV (E. 7b -d). Verhältnis zwischen dem Prinzip der Wettbewerbsneutralität und dem Gebot der Gleichbehandlung (E. 8a). Die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung verstösst nicht gegen Art. 4 und 31 BV (E. 8b-d).
Sachverhalt ab Seite 194 BGE 124 II 193 S. 194 Mit Eingabe vom 27. Dezember 1994 ersuchten die zahntechnischen Laboratorien A. SA, B. SA und C. AG zusammen mit dem Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz (VZLS) die Eidgenössische Steuerverwaltung um einen Feststellungsentscheid BGE 124 II 193 S. 195 in dem Sinn, dass die Lieferungen von Zahnprothesen als Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens gemäss Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV von der Mehrwertsteuer ausgenommen seien und keine subjektive Steuerpflicht begründeten. Die Gesuchstellerinnen seien als nicht steuerpflichtig rückwirkend aus dem Register der Mehrwertsteuerpflichtigen zu streichen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung trat auf das Gesuch nicht ein, soweit es vom Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz gestellt wurde, mit der Begründung, dass diesem ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung fehle. Sodann stellte sie fest, dass die Lieferungen von abnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz sowie von kieferorthopädischen Apparaturen gemäss Art. 14 Ziff. 3, zweiter Halbsatz, der Verordnung vom 22. Juni 1994 über die Mehrwertsteuer (MWSTV, SR 641.201) steuerbar und bei der Feststellung der subjektiven Steuerpflicht zu berücksichtigen und gegebenenfalls zu versteuern seien. Gegen den Einspracheentscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung führten der Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz und die drei zahntechnischen Laboratorien Beschwerde bei der Eidgenössischen Steuerrekurskommission. Diese hiess am 24. Oktober 1996 das Rechtsmittel gut und hob den Einspracheentscheid auf. Sie anerkannte ein Recht des Verbandes, in eigenem Namen einen Feststellungsentscheid über die Steuerpflicht seiner Mitglieder zu verlangen, und stellte sodann fest, dass die Lieferungen von Zahnersatz (herausnehmbarem und festsitzendem) sowie von kieferorthopädischen Apparaturen durch Zahntechniker als "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" (Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV) von der Mehrwertsteuer ausgenommen seien. Die Eidgenössische Steuerrekurskommission führt aus, Art. 14 Ziff. 3, zweiter Halbsatz, MWSTV, der die Lieferungen von Zahnprothesen der Steuer unterstelle, sei verfassungswidrig. Die Vorschrift widerspreche dem klaren Willen des Verfassungsgebers und den Maximen des europäischen Mehrwertsteuerrechts. Zudem verletze die Praxis der Eidgenössischen Steuerverwaltung, welche die Lieferungen von festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen durch Zahnärzte an Patienten von der Steuer ausnehme, die absolut identischen Leistungen von Zahntechnikern jedoch nicht, das Gebot der rechtsgleichen Behandlung nach Art. 4 BV sowie den Grundsatz der Wettbewerbsneutralität der Steuer. Diese Praxis mache die Besteuerung von den subjektiven Eigenschaften des Erbringers der Leistung abhängig, nämlich davon, ob BGE 124 II 193 S. 196 dieser zur Heilbehandlung befugt sei (Zahnarzt) oder nicht (Zahntechniker). Dafür fehle eine Grundlage in Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV, weil es für die Steuerbefreiung in den dort aufgezählten Fällen allein auf das Wesen und den Inhalt der Leistung ankomme. Für die Beantwortung der Frage, ob eine von der Steuer ausgenommene Leistung "im Bereich des Gesundheitswesens" vorliege (Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV), müsse vielmehr auf den Grad der Individualisierung der in Frage stehenden Leistung, das heisst auf deren Nähe zum Patienten abgestellt werden. Damit liessen sich die von der Steuer ausgenommenen Heilbehandlungen angemessen von den steuerbaren Vorumsätzen abgrenzen. Die Leistungen von Zahntechnikern erfüllten ebenso wie die Leistungen des Zahnarztes das Erfordernis der genügenden Individualisierung und seien daher als "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" von der Steuer auszunehmen. Die Eidgenössische Steuerverwaltung führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit den Anträgen, der Entscheid der Eidgenössischen Steuerrekurskommission sei aufzuheben und es sei festzustellen, dass der Verband Zahntechnischer Laboratorien der Schweiz (Beschwerdegegner 1) zur Teilnahme am vorliegenden Verfahren nicht legitimiert sei und die Eidgenössische Steuerverwaltung auf dessen Gesuch zu Recht nicht eingetreten sei. Sodann sei festzustellen, dass die Lieferungen von abnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz sowie von kieferorthopädischen Apparaturen durch die zahntechnischen Laboratorien (Beschwerdegegnerinnen 2-4) der Mehrwertsteuer zum Satz von 6,5 Prozent unterliegen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Rechtsbegehren gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gemäss Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV trifft die Eidgenössische Steuerverwaltung von Amtes wegen oder auf Antrag des Steuerpflichtigen einen Entscheid, wenn "für einen bestimmten Fall vorsorglich die amtliche Feststellung der Steuerpflicht, der Steuerschuld, des Anspruchs auf Vorsteuerabzug, der Grundlagen der Steuerbemessung, des anwendbaren Steuersatzes oder der Mithaftung beantragt wird oder als geboten erscheint". a) Der Beschwerdegegner 1 stellte gegenüber der Beschwerdeführerin in eigenem Namen ein Gesuch um "Feststellung der BGE 124 II 193 S. 197 Steuerpflicht" seiner Mitglieder. Er verlangte damit einen Feststellungsentscheid im Sinne von Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV . Die Beschwerdeführerin trat auf das Gesuch nicht ein, weil dem Verband ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung fehle. Der Beschwerdegegner 1 hatte daher einen Anspruch darauf, mit Beschwerde an die Vorinstanz überprüfen zu lassen, ob der Nichteintretensentscheid Bundesrecht verletze. Die Vorinstanz ist somit zu Recht auf die Beschwerde des Verbandes eingetreten. Zu prüfen bleibt, ob dieser Anspruch auf einen Feststellungsentscheid hat. b) Der Anspruch auf einen Entscheid im Sinne von Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV setzt voraus, dass der Gesuchsteller betroffen ist. Das kommt in der Formulierung "auf Antrag des Steuerpflichtigen" zum Ausdruck. Der Sinn der Vorschrift liegt darin, dass die Bestreitung der Steuerpflicht im Hinblick auf einen bestimmten Steuerpflichtigen und eine konkrete Tätigkeit erfolgen muss. Daran fehlt es beim Beschwerdegegner 1. Bei diesem handelt es sich um einen Berufsverband, einen Verein im Sinne von Art. 60 ff. ZGB , der die Wahrung der Interessen seiner Mitglieder bezweckt. Diese sind Inhaber zahntechnischer Laboratorien. Der Beschwerdegegner 1 führt aber selbst kein zahntechnisches Labor. Mehrwertsteuerpflichtig für zahntechnische Leistungen sind daher allenfalls die Verbandsmitglieder, nicht aber der Verband. Unter diesen Umständen besteht kein Anspruch des Beschwerdegegners 1 auf einen Feststellungsentscheid nach Art. 51 Abs. 1 lit. f MWSTV . Es wird mit Recht auch nicht eingewendet, Art. 51 Abs. 1 MWSTV sei verfassungswidrig. Die Bestimmung geht zudem als speziellere Vorschrift dem Art. 25 Abs. 2 VwVG vor. Ob Art. 25 Abs. 2 VwVG das Feststellungsinteresse des Beschwerdegegners 1 anders umschreiben würde als Art. 51 MWSTV , ist damit nicht zu prüfen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist in diesem Punkt begründet und der angefochtene Entscheid zu korrigieren. 4. a) Gemäss Art. 41ter BV kann der Bund eine Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) erheben (Abs. 1 lit. a). Diese kann in der Form einer Umsatzsteuer mit Vorsteuerabzug auf den Lieferungen von Gegenständen, auf Dienstleistungen sowie auf Einfuhren erhoben werden (Abs. 3). Die Ausführung ist Sache der Bundesgesetzgebung (Abs. 6). In Art. 8 Abs. 1 ÜbBest.BV hat der Verfassungsgeber - abweichend von Art. 41ter Abs. 6 BV - den Bundesrat beauftragt, die Ausführungsbestimmungen zu erlassen, die bis zum Inkrafttreten BGE 124 II 193 S. 198 des Bundesgesetzes gelten sollen. Art. 8 Abs. 2 ÜbBest.BV enthält die "Grundsätze", die der Bundesrat bei der Ausführung der Mehrwertsteuer zu beachten hat. Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV bestimmt: b. Von der Steuer sind, ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug, ausgenommen: 2. die Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens; Gestützt auf diese Bestimmung hat der Bundesrat in Art. 14 Ziff. 2-6 MWSTV bestimmte Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens von der Steuer ausgenommen. Ziff. 3 dieser Vorschrift lautet wie folgt: Von der Steuer sind ausgenommen: 3. die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die von Ärzten, Zahnärzten, Zahntechnikern, Krankengymnasten, Hebammen oder Angehörigen ähnlicher Heilberufe ausgeübt werden; steuerbar sind jedoch die Lieferungen von Zahnprothesen; Auf den nach Art. 14 MWSTV von der Steuer ausgenommenen Umsätzen ist das Vorsteuerabzugsrecht ausgeschlossen, es sei denn, dem Steuerpflichtigen werde nach Art. 20 MWSTV die freiwillige Versteuerung dieser Umsätze bewilligt ( Art. 13 MWSTV ). b) In Frage stehen einzig Art. 14 Ziff. 3 MWSTV sowie dessen Anwendung durch die Beschwerdeführerin. Die Vorinstanz und die Beschwerdegegnerinnen erachten die Steuerpflicht für Zahnprothesen in Art. 14 Ziff. 3 MWSTV als verfassungswidrig, im wesentlichen mit der Begründung, dass sie dem klaren Willen des Verfassungsgebers und den Maximen des europäischen Umsatzsteuerrechts widerspreche und die Wettbewerbsneutralität der Steuer und das Gebot der rechtsgleichen Behandlung verletze. Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist die Bestimmung verfassungsmässig. 5. Zu prüfen ist zunächst, ob Art. 14 Ziff. 3, zweiter Halbsatz, MWSTV sich im Rahmen der Bundesverfassung und insbesondere der "Grundsätze" hält, wie sie der Verfassungsgeber in Art. 8 Abs. 2 ÜbBest.BV für die vom Bundesrat zu erlassende Übergangsordnung festgelegt hat. Zu beachten ist freilich, dass Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV selbst bestimmte Umsätze von der Steuer ausnimmt, wie namentlich in Ziff. 2 "die Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens". Bei der Überprüfung der Verfassungsmässigkeit von Art. 14 Ziff. 3 MWSTV kann es mithin im wesentlichen nur um die Frage gehen, ob Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV den Bundesrat verpflichtet, die Lieferungen von Zahnprothesen als "Leistungen im BGE 124 II 193 S. 199 Bereich des Gesundheitswesens" von der Steuer auszunehmen. Ob die bundesrätliche Regelung gegen andere mehrwertsteuerrechtliche Prinzipien, etwa die Wettbewerbsneutralität der Steuer, oder verfassungsmässige Rechte der Beschwerdegegnerinnen verstösst, wird im Lichte der Auslegung, wie sie die Praxis dem Art. 14 Ziff. 3 MWSTV beilegt, zu prüfen sein (hinten E. 7, 8). a) Nach schweizerischer Lehre und Praxis sind Verfassungsbestimmungen grundsätzlich nach denselben methodologischen Regeln auszulegen wie Normen des einfachen Gesetzesrechts ( BGE 118 Ib 187 E. 4; BGE 116 Ia 359 E. 5c). Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des Sinngehalts der Norm. Auszugehen ist vom Wortlaut, doch kann der Wortlaut einer Norm nicht allein massgebend sein. Besonders wenn der Text unklar ist oder verschiedene Deutungen zulässt, muss nach seiner wahren Tragweite gesucht werden unter Berücksichtigung weiterer Auslegungselemente, wie namentlich der Entstehungsgeschichte der Norm und ihrem Zweck. Wichtig ist auch die Bedeutung, die der Norm im Kontext mit anderen Bestimmungen zukommt ( BGE 122 V 362 E. 4a; BGE 121 V 17 E. 4a; BGE 119 Ia 241 E. 7a; BGE 119 II 353 E. 5). Das Bundesgericht hat sich bei der Auslegung von Erlassen stets von einem Methodenpluralismus leiten lassen ( BGE 123 III 24 E. 2a; 121 III 219 E. 1d/aa) und nur dann allein auf das grammatikalische Element abgestellt, wenn sich daraus zweifelsfrei eine sachlich richtige Lösung ergab ( BGE 114 V 219 E. 3a). Die Anwendung dieser für die Auslegung einfachen Gesetzesrechts entwickelten Methoden rechtfertigt sich im vorliegenden Fall um so mehr, als Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV zwar formell Verfassungsrang hat, materiell jedoch Gesetzesrecht vertritt, das nur bis zum Erlass entsprechender Steuernormen im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren gilt und Detailfragen regelt (vgl. auch BGE 118 Ib 187 E. 4 zum alten Art. 8 Abs. 2 ÜbBest.BV). Der Umstand, dass eine Steuernorm auslegungsbedürftig ist, bedeutet im übrigen nicht, dass sie keine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Besteuerung bilden kann (Urteil vom 29. Juni 1960, ASA 30 S. 50 E. 2; ferner BGE 84 I 89 E. 3). In dieser Hinsicht kommt der Rüge der Beschwerdegegnerinnen, die Besteuerung von Zahnprothesen beruhe nicht auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage, keine eigenständige Bedeutung zu im Verhältnis zu den Rügen, die sie gegenüber der Auslegung der Verfassungsnorm erheben. b) Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV nimmt (ohne Anspruch auf Vorsteuerabzug) die "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" von der Mehrwertsteuer aus. Die Vorschrift selbst definiert BGE 124 II 193 S. 200 diesen Begriff nicht näher. Ob Prothetikumsätze von der Steuer auszunehmen sind und allenfalls welche, lässt sich aufgrund des Wortlauts nicht ermitteln. Es muss deshalb anhand der weiteren Auslegungselemente geprüft werden, ob der Verfassungsgeber dem Ermessensspielraum des Bundesrates Grenzen setzen wollte. c) Die Vorinstanz hat sich in ihrem Entscheid wesentlich auf den "klaren" und eindeutigen" Willen des Verfassungsgebers berufen. Sie hat somit hauptsächlich auf die Materialien abgestellt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts können bei der Auslegung die Materialien beigezogen und darf der Wille des historischen Verfassungs- oder Gesetzgebers beachtet werden, soweit dieser im Text der Norm seinen Ausdruck gefunden hat. Bei der Berücksichtigung der Materialien geht es darum, den entstehungszeitlichen Sinngehalt der Norm zu ermitteln, um gestützt darauf feststellen zu können, ob objektive, vom Normgeber nicht vorausgesehene Gründe eine Rechtsfortbildung erheischen. Auch die Interpretation einer Regelung anhand ihrer Materialien ist ein Auslegungsvorgang, der den wirklichen Sinngehalt der Vorschrift zu ergründen sucht. Die Materialien fallen daher nur insoweit ins Gewicht, als sie bei unklaren oder unvollständigen Bestimmungen deren Tragweite erkennen lassen. Auch auf einzelne Äusserungen von Personen oder Amtsstellen bei den Vorarbeiten kann es nur ankommen, wenn anzunehmen ist, dass sie den wahren Sinngehalt der Norm wiedergeben ( BGE 116 II 525 E. 2b; BGE 118 II 307 E. 3a; ferner BGE 116 Ia 359 E. 5c S. 368; BGE 115 II 97 E. 2b). Der Verfassungsgeber hat Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV so übernommen, wie er durch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates vorgeschlagen wurde. Die Bestimmung gab im Parlament kaum zu Diskussionen Anlass. Der einzige Kommentar zu dieser Bestimmung ist im schriftlichen Bericht des Kommissionspräsidenten an den Nationalrat enthalten (AB 1993 N 332). Dort wird ausgeführt, welche Umsätze unter den Begriff der "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" fallen. Dazu gehören gemäss Bericht auch "die Dienstleistungen von Zahntechnikern, die diese im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker". Allein auf diese Äusserung kann indessen nicht abgestellt werden. Zu beachten ist auch das Votum von Nationalrätin Spoerry. Diese hat erklärt, dass der Kommission eine dem Recht der Europäischen Gemeinschaft konforme Negativliste vorgelegt worden sei. Da die Kommission über den Umfang dieser Liste erschrocken sei, habe sie BGE 124 II 193 S. 201 die Verwaltung gebeten, die Liste einzuschränken, was diese auch getan habe. Nationalrätin Spoerry fügte bei, dass es einer Ausführungsverordnung des Bundesrates bedürfe, um diese Einschränkungen auszuführen und im Detail darzulegen, was die Negativliste umfasse, und dass es hierzu auch des Vernehmlassungsverfahrens bedürfe (AB 1993 N 399). Es folgt daraus, dass selbst in der Kommission die von der Verwaltung bereits "komprimierte" Liste als nicht definitiv betrachtet wurde. Erst recht kann nicht gesagt werden, dass hinsichtlich der steuerbefreiten Umsätze ein klarer Wille festzustellen sei. Auch wenn die Liste ein Indiz zugunsten der Befreiung der von den Zahntechnikern erbrachten Leistungen bildet, sind die parlamentarischen Arbeiten zu lückenhaft, als dass daraus auf einen eindeutigen Willen des Verfassungsgebers geschlossen werden könnte. Die historische Auslegung der Verfassungsnorm verbietet demnach nicht, die Prothetikumsätze zu besteuern. d) Nach der Rechtsprechung können Vorarbeiten zu Gesetzesentwürfen, die noch nicht in Kraft getreten sind, bei der Auslegung einer Norm berücksichtigt werden. Es handelt sich nicht um eine strenge Berücksichtigung von Materialien im historischen Sinn, sondern um eine Art geltungszeitlicher Auslegung im Hinblick auf die veränderten Umstände oder ein gewandeltes Rechtsverständnis. Die Auslegung anhand von Vorarbeiten zu Gesetzesentwürfen rechtfertigt sich vor allem dann, wenn das geltende System nicht grundsätzlich geändert werden soll und nur eine Konkretisierung des bestehenden Rechtszustandes angestrebt wird oder Lücken des geltenden Rechts ausgefüllt werden sollen (vgl. BGE 122 IV 292 E. 2d; BGE 117 II 466 E. 5a, S. 475). Am 28. August 1996 hat die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates einen Bericht und Entwurf zu einem Mehrwertsteuergesetz vorgelegt (BBl 1996 V 713). Der Gesetzesentwurf (Art. 17 Ziff. 2 und 3) sieht vor, dass Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, namentlich auch solche, die durch Zahnärzte und Zahntechniker erbracht werden, von der Steuer ausgenommen sind. Steuerbar sind jedoch die Lieferungen von Prothesen und orthopädischen Apparaten (BBl 1996 V 895 f.). Nach Auffassung der Autoren soll mit dieser Lösung die Wettbewerbsneutralität hergestellt werden zwischen den Fabrikationsunternehmen (z.B. Zahntechnikern), welche Prothesen und orthopädische Apparate an Mediziner und Spitäler liefern, einerseits und den Medizinern und Spitälern, welche von Unternehmen bezogene oder selbst BGE 124 II 193 S. 202 hergestellte Prothesen und orthopädische Apparate im Zuge der Heilbehandlung an Patienten abgeben, andererseits. Gemäss Kommentar zum Gesetzesentwurf unterliegen namentlich auch die im Rahmen der Heilbehandlung abgegebenen Prothesen und orthopädischen Apparate der Steuer (BBl 1996 V 743 f., ad Art. 17 Ziff. 2 und 3). Der Entwurf zu einem Mehrwertsteuergesetz spricht somit ebenfalls nicht gegen die vom Bundesrat in Art. 14 Ziff. 3 MWSTV getroffene Lösung. e) Auch unter systematischen und teleologischen Aspekten verbietet die Verfassungsnorm dem Bundesrat nicht, die Lieferung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaturen der Steuer zu unterstellen. Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV nimmt "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" von der Steuer aus. Es handelt sich um eine unechte Steuerbefreiung, weil der Anspruch auf Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist. Solche Steuerbefreiungen werden in der Doktrin überwiegend als systemwidrig betrachtet und daher abgelehnt (STEPHAN KUHN/PETER SPINNLER, Mehrwertsteuer, Muri/Bern 1994, S. 56, mit weiteren Hinweisen; PASCAL MOLLARD, La TVA suisse et la problématique des exonérations, ASA 63 S. 443, besonders 457 ff., 471 ff.). Da der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist, müssen Steuerbefreiungen grundsätzlich auf der Stufe des Endverbrauchs eingreifen. Andernfalls kann es aufgrund der Schattensteuerbelastung und der Kumulationswirkung im Endergebnis zu einer höheren Steuerbelastung kommen als ohne Steuerbefreiung (KUHN/SPINNLER, ebenda; MOLLARD, a.a.O., S. 454 ff.). Es rechtfertigt sich damit, die mehrwertsteuerrechtlichen Bestimmungen über die Steuerbefreiung eher einschränkend als ausdehnend zu interpretieren. Bereits bei den steuerbefreiten Waren nach Art. 14 Abs. 1 lit. b des Bundesratsbeschlusses über die Warenumsatzsteuer (AS 1959 1629) trat das Bundesgericht für eine einschränkende Auslegung der Bestimmung ein (Dieter Metzger, Handbuch der Warenumsatzsteuer, Muri/Bern 1983, Rz. 82, mit Hinweisen). Die Verfassungsnorm belässt damit dem Bundesrat einen gewissen Spielraum. Ob die Lieferungen von Zahnprothesen durch Zahntechniker als "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" von der Steuer auszunehmen sind, lässt sich damit nicht entscheiden. Unter dem Gesichtswinkel des Normzwecks und der Systematik der Mehrwertsteuer widerspricht es Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV daher nicht, die Lieferungen von Zahnprothesen, Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen der Steuer zu unterstellen. BGE 124 II 193 S. 203 f) Nach dem Gesagten zwingt keines der betrachteten Elemente zur Annahme, dass die Verfassung Zahnersatz und kieferorthopädische Apparate von der Steuer ausnehmen wollte. 6. Nach Ansicht der Vorinstanz sind die mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften system- und damit verfassungskonform auch unter Berücksichtigung der Hilfsmittel des europäischen Umsatzsteuerrechts auszulegen. Der schweizerische Verfassungsgeber habe eine Mehrwertsteuer nach dem Vorbild der Sechsten Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft einführen wollen. Bei der Frage, ob Art. 14 Ziff. 3 MWSTV mit Art. 41ter BV (und Art. 8 ÜbBest.BV) übereinstimme, habe der Richter deshalb zu prüfen, ob die in der Verordnung getroffene Lösung "eurokompatibel" sei. a) Es steht ausser Frage, dass der Verfassungsgeber, als er sich anstelle der alten Warenumsatzsteuer für die Mehrwertsteuer entschied - das heisst für eine allgemeine Verbrauchssteuer, erhoben nach dem Allphasensystem auf jeder Wirtschaftsstufe mit dem Recht auf Vorsteuerabzug -, die schweizerische Verbrauchsbesteuerung derjenigen der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten annähern wollte (AB 1993 N 329 ff. bzw. 337 ff., 346, 351, 1243, 1993 S 327). Es wurde damit nicht zuletzt bezweckt, dass die Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Wirtschaft gestärkt werde (AB 1993 N 346). Der Verfassungsgeber liess sich denn auch bei der Ausgestaltung der Mehrwertsteuer von Grundsätzen leiten, die in ausländischen Mehrwertsteuerordnungen Eingang gefunden haben (AB 1993 N 388, 390, 399; s. auch KUHN/SPINNLER, a.a.O., S. 197). Die Umsatzsteuerrechte der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten haben deshalb exemplarische Bedeutung für die Schweiz und bilden eine nicht zu vernachlässigende Erkenntnisquelle bei der Interpretation des schweizerischen Mehrwertsteuerrechts, wenn es darum geht, die Zielsetzungen der Harmonisierung, wie sie dem schweizerischen Verfassungsgeber vorgeschwebt haben, zu erreichen (vgl. MARKUS REICH, Grundzüge der Mehrwertsteuerordnung in der Schweiz und in der EU, Der Schweizer Treuhänder 69/1995, S. 329; JEAN-MARC RIVIER, L'interprétation des règles de droit qui régissent la Taxe sur la Valeur Ajoutée, ASA 63 S. 355, 365). Dennoch können die Umsatzsteuerrechte der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten nicht das alleinige Argument bei der Auslegung schweizerischer mehrwertsteuerrechtlicher Normen bilden. Zum einen ist die Schweiz als Nichtmitglied durch die Rechtsordnung der Europäischen Gemeinschaft nicht gebunden. BGE 124 II 193 S. 204 Sodann wich der Verfassungsgeber selbst von den europäischen Normen ab, wo ihm das sachlich richtig schien, beispielsweise bei der Festlegung der Steuersätze. Er stellte auch keinen verfassungsmässigen Grundsatz des Inhaltes auf, dass der Gesetzgeber - hier der Bundesrat - sich bei der Ausarbeitung der Mehrwertsteuerverordnung in bestimmten Sachbereichen an die von der Europäischen Gemeinschaft getroffene Lösung zu halten hätte (vgl. auch DIETER METZGER, Erhebungswirtschaftlichkeit und Wettbewerbsneutralität bei der Umsatzsteuer - Elemente eines steuersystematischen Vergleichs im Rückblick, ASA 63 S. 339, 346 ff.). Dem Bundesrat kann es deshalb nicht verwehrt sein, eine im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Lösung abzulehnen, wenn er hierfür sachliche Gründe anführen kann. Mit diesen Einschränkungen darf aber der Auffassung der Vorinstanz, dass bei der Auslegung der mehrwertsteuerrechtlichen Vorschriften das europäische Umsatzsteuerrecht berücksichtigt werden kann, zugestimmt werden. Zu prüfen ist im folgenden, wie die Rechte der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten die Lieferungen von Zahnprothesen mehrwertsteuerrechtlich behandeln und welche Konsequenzen sich daraus für die Schweiz allenfalls ergeben. b) Die Sechste Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977 (77/388/EWG; Abl. EG 1977 Nr. L 145, S. 1) legt fest, dass die Mitgliedstaaten "die Dienstleistungen, die Zahntechniker im Rahmen ihrer Berufsausübung erbringen, sowie die Lieferungen von Zahnersatz (prothèses dentaires in der französischen Fassung) durch Zahnärzte und Zahntechniker" von der Steuer befreien (Art. 13 Teil A Ziff. 1 lit. e). Während einer Übergangsfrist von zunächst fünf Jahren, beginnend mit dem 1. Januar 1978, wurde den Mitgliedstaaten jedoch gestattet, diese Umsätze weiterhin zu besteuern (ebenda Art. 28 Ziff. 3 lit. a und Ziff. 4 sowie Anhang E). Staaten, die sie bereits befreiten, jedoch den Steuerpflichtigen die Möglichkeit einräumten, für die freiwillige Versteuerung zu optieren, konnten während der gleichen Dauer dieses Optionsrecht beibehalten (ebenda Anhang G Ziff. 1 lit. a). Ein von der Kommission dem Rat am 4. Dezember 1984 vorgelegter Entwurf zu einer Achtzehnten Richtlinie sah vor, diese Übergangsregelung aufzuheben, doch wurde sie in der am 18. Juli 1989 angenommenen Richtlinie (89/465/EWG; Abl. EG 1989 Nr. L 226, S. 21) beibehalten (Art. 1 Ziff. 1). Vorgesehen wurde, dass der Rat vor dem 1. Januar 1991 auf der Grundlage BGE 124 II 193 S. 205 eines Berichts der Kommission die Frage erneut prüfe (Art. 3). Vom Besteuerungsrecht machten offenbar vor allem drei Staaten weiterhin Gebrauch (Deutschland, Belgien, Irland). Am 2. Juli 1992 legte die Kommission einen neuen Bericht und am 22. Juli 1992 einen Richtlinienentwurf vor, die beide die Aufhebung bestimmter Ausnahmen in Art. 28 Ziff. 3 der Sechsten Richtlinie, darunter auch die Übergangsregelung betreffend die Besteuerung der Dienstleistungen der Zahntechniker und der Lieferungen von Zahnersatz durch Zahnärzte und Zahntechniker, vorsahen. Die Richtlinie hätte ursprünglich am 1. Januar 1993 und dann am 1. Januar 1994 in Kraft treten sollen. Sie ist bis heute nicht angenommen worden (zum Ganzen, vgl. TERRA/KAJUS, A Guide to the European VAT Directives, Volume 2, Amsterdam 1993, X.2.5., S. 59-62, und XVI.5.1.-XVI.5.2.2., S. 32.3-43). Es folgt daraus, dass mindestens einzelne Mitgliedstaaten die Wahl haben zwischen der Besteuerung und der Befreiung der Dienstleistungen der Zahntechniker und der Lieferungen von Zahnersatz (Prothesen) durch Zahnärzte und Zahntechniker. c) Das französische Recht sieht vor, dass Heilbehandlungen an Personen durch Angehörige der medizinischen und paramedizinischen Berufe, medizinische Analysen und Lieferungen von Zahnprothesen durch Zahnärzte oder Zahnprothetiker von der Steuer ausgenommen sind ( Art. 261 Ziff. 4 1 o des Code général des impôts [CGI] 1995). Allerdings kennt die Regel in der Praxis wichtige Einschränkungen. So gilt die Steuerbefreiung beispielsweise nicht, wenn ein Zahnprothetiker Teile einer Zahnprothese an einen Dritten (Zahnprothetiker oder Zahnarzt) liefert, der sie zusammensetzt, oder wenn er eine Zahnprothese herstellt oder einpasst, ohne dass ein Zahnchirurg oder Stomatologe sie bestellt oder die Abdrücke hergestellt hat (Ministère du budget, Précis de fiscalité 1994, Band 1, III-TCA, Rz. 2170). d) Gemäss § 4 Nr. 14 des deutschen Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG) sind unter anderem die Umsätze aus der Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt, Heilpraktiker, Krankengymnast und anderen ähnlichen heilberuflichen Tätigkeiten steuerfrei. Nicht zu diesen Tätigkeiten gehört indessen die Tätigkeit des Zahntechnikers, dessen Leistungen steuerbar sind (Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, München 1993, § 4 Nr. 14 Rz. 5). Bei den Lieferungen von Zahnprothesen, Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaten (den sog. Prothetikumsätzen) durch Zahnärzte ist zu unterscheiden zwischen den Prothesen und Apparaten, die der Zahnarzt selbst oder durch seine Angestellten BGE 124 II 193 S. 206 im eigenen Labor hergestellt hat, und denjenigen, die er erworben hat. Die Lieferung der selbst hergestellten Teile ist steuerpflichtig, die der erworbenen Teile steuerfrei. Im Ergebnis führt dies zu einer Steuerpflicht der gesamten Prothetikumsätze beim Zahnarzt, da er bei den an ihn gelieferten Teilen die Vorsteuer nicht abziehen kann (BUNJES/GEIST, a.a.O., § 4 Nr. 14 Rz. 8; s. auch BIRKENFELD, Das grosse Umsatzsteuer-Handbuch, Band I, Abschnitt II, Rz. 457-460). e) Bei seinem Beitritt zur Europäischen Union wurde Österreich gestattet, die Leistungen von Zahntechnikern und die Lieferungen von Zahnprothesen durch Zahnärzte und Zahntechniker noch bis Ende 1996 zu besteuern. Diese Umsätze wurden somit erst ab 1. Januar 1997 von der Steuer befreit (vgl. Hans Georg Ruppe, Umsatzsteuergesetz 1994, Kommentar, Wien 1995, § 6 Rz. 418, § 29 Abs. 5). f) Aus dieser Übersicht erhellt, dass im Gemeinschaftsrecht hinsichtlich der Besteuerung von Zahnersatz (Prothesen) und kieferorthopädischen Apparaten den Mitgliedstaaten eine gewisse Freiheit eingeräumt ist (anderer Meinung KUHN/SPINNLER, a.a.O., Ergänzungsband 1994, S. 25), auch wenn die Sechste Richtlinie solche Umsätze im Grundsatz von der Steuer befreit. Aus einer Richtlinienregelung, die selbst für Mitgliedstaaten abweichende Regelungen zulässt, kann aber nicht abgeleitet werden, der Bundesrat sei bei der Auslegung von Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV an eine bestimmte Ordnung gebunden. Vielmehr durfte er diejenige Lösung treffen, die ihm für die Schweiz am besten geeignet schien. Dem Bundesrat kann daher nicht vorgeworfen werden, er habe sich nicht an den ihm durch die Verfassung vorgegebenen Ermessensspielraum gehalten, wenn er in Art. 14 Ziff. 3 MWSTV die Lieferungen von Zahnprothesen grundsätzlich der Steuer unterstellt hat. 7. Zu prüfen bleibt, ob die Auslegung des Art. 14 Ziff. 3 MWSTV , wie sie im Einspracheentscheid der Beschwerdeführerin und vor allem als Verwaltungspraxis in deren Direktiven und Verwaltungsanordnungen - Wegleitungen, Branchenbroschüren, Kreisschreiben - zum Ausdruck kommt, sich im Rahmen der Verfassung und der Mehrwertsteuerverordnung hält. Die Vorinstanz bestreitet dies. Sie erachtet die Praxis der Beschwerdeführerin, gleich wie Art. 14 Ziff. 3, zweiten Halbsatz, MWSTV, als verfassungswidrig. Bevor die Frage erörtert wird, ist nachfolgend (lit. a) die Verwaltungspraxis der Beschwerdeführerin kurz darzustellen. a) aa) Nach der Praxis der Beschwerdeführerin müssen zwei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein, damit eine Tätigkeit im BGE 124 II 193 S. 207 Gesundheitsbereich von der Steuer ausgenommen ist: Die Tätigkeit muss in einer Heilbehandlung bestehen, das heisst in der Feststellung oder Behandlung von Krankheiten, Verletzungen und anderen Störungen der Gesundheit (objektive Voraussetzung). Sodann muss die Tätigkeit von einer Person ausgeführt werden, welche die Grundausbildung in einem von der Beschwerdeführerin anerkannten Heilberuf besitzt und über die allenfalls notwendige kantonale Bewilligung verfügt (subjektive Voraussetzung). Aus dem Begriff der Heilbehandlung (objektive Voraussetzung) folgt, dass nur die direkt am Patienten - dem Endverbraucher - vorgenommenen Behandlungen von der Steuer ausgenommen sind. Auch die dem Patienten direkt verabreichten Medikamente und medizinischen Hilfsmittel sind von der Steuer ausgenommen. Hingegen fallen Vorumsätze nicht darunter. Zu den von der Beschwerdeführerin für Heilbehandlungen anerkannten Berufsgruppen (subjektive Voraussetzung) gehören nebst den Ärzten, Zahnärzten usw. auch die Zahnprothetiker. Deren Tätigkeit am Patienten gilt als Heilbehandlung, und zwar auch dann, wenn keine ärztliche Verordnung vorliegt. Von der Steuer befreit sind damit auch diejenigen Behandlungen, die ein Zahnprothetiker vergleichbar einem Zahnarzt aufgrund des kantonalen Rechts erlaubterweise am Patienten vornimmt, wie die Untersuchung des Patienten, das Stellen der Diagnose, das Verabreichen von Medikamenten, das Erstellen von Abdrücken oder Einpassen von Zahnprothesen (zum Ganzen, Branchenbroschüre Nr. 610.507-24 über die Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die Spitalbehandlung und die Körperpflege, Ziff. 2.2 und 3.3, nachfolgend: Branchenbroschüre "Heilbehandlungen"; s. auch Merkblatt Nr. 26 zur Anwendung der Branchenbroschüre "Heilbehandlungen" [nachfolgend: Merkblatt Nr. 26], Ziff. 2 und 3; Wegleitung, Ziff. 592 f.). bb) Bei den Prothetikumsätzen unterscheidet die Beschwerdeführerin in ihrer Terminologie und Verwaltungspraxis zwischen den Zahnprothesen (prothèses dentaires) einerseits und dem festsitzenden Ersatz (prothèses fixes) sowie den kieferorthopädischen Apparaturen (appareils orthodontiques) andererseits: Eine "Zahnprothese" ist ein Zahnersatz, der durch dessen Träger selbständig herausgenommen und wieder eingesetzt werden kann. Als "festsitzender Ersatz" gelten demgegenüber beispielsweise Stiftzähne, Brücken, Kronen und Implantate und als "kieferorthopädische Apparaturen" unter anderem die Zahnspangen (Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 6.4.1). BGE 124 II 193 S. 208 Nach der Praxis der Beschwerdeführerin sind die herausnehmbaren Zahnprothesen kein Hilfsmittel der ärztlichen Heilbehandlung. Die Lieferungen von Zahnprothesen unterliegen daher in jedem Fall der Steuer, und zwar unabhängig davon, wer der Lieferant ist (Zahnarzt, Zahntechniker usw.) und ob die Lieferung an den Patienten oder an eine Drittperson erfolgt. Hingegen gelten der festsitzende Zahnersatz und die kieferorthopädischen Apparaturen (auch Zahnspangen) als Hilfsmittel der zahnärztlichen Behandlung und sind Lieferungen dieser Gegenstände an Patienten als Heilbehandlung von der Steuer ausgenommen. In bezug auf die Zahntechniker trifft dies allerdings nur insoweit zu, als diese ein Zusatzdiplom als Zahnprothetiker vorweisen können und in Kantonen tätig sind, welche die Zulassung von Zahnprothetikern ausdrücklich regeln und diese Tätigkeit gestatten (Wegleitung Ziff. 595). Andernfalls sind Zahntechniker nicht befugt, Arbeiten (Heilbehandlungen) im Munde des Patienten vorzunehmen. Keine Heilbehandlungen und damit steuerbar sind in jedem Fall die Lieferungen von festsitzendem Ersatz und kieferorthopädischen Apparaturen an Dritte, gleichgültig ob die Lieferung durch einen Zahnarzt, Zahnprothetiker oder Zahntechniker erfolgt (zum Ganzen, vgl. Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 3.2-3.4). Zu prüfen ist diese Praxis auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung, vorab Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV, sowie der Mehrwertsteuerverordnung. b) Art. 14 Ziff. 3 MWSTV erklärt die Lieferungen von Zahnprothesen als steuerbar. Der Wortlaut (in den drei Amtssprachen: "Zahnprothesen"; "prothèses dentaires", "protesi dentarie") würde es erlauben, alle Prothetikumsätze der Steuer zu unterstellen. Das Gemeinschaftsrecht scheint ebenfalls nicht zwischen den verschiedenen Arten von Prothesen zu unterscheiden (vgl. Art. 13 Teil A Ziff. 1 lit. e der Sechsten Richtlinie; ferner BUNJES/GEIST, a.a.O., § 4 Nr. 14 Rz. 8, zum deutschen Umsatzsteuergesetz). Demgegenüber nimmt die Beschwerdeführerin die Lieferungen von festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen von der Steuer aus, wenn die Abgabe durch einen Zahnarzt oder Zahnprothetiker direkt an den Patienten erfolgt. Das ist vertretbar, weil es sich um Leistungen im Rahmen einer Heilbehandlung durch Angehörige von anerkannten Berufsgattungen handelt, die sowohl die Verfassung (Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ÜbBest.BV) wie auch Art. 14 Ziff. 3 MWSTV grundsätzlich von der Steuer ausnehmen wollen. BGE 124 II 193 S. 209 Andererseits gelten die Lieferungen von herausnehmbaren Zahnprothesen an Patienten, unabhängig der Person des Lieferanten (Zahnarzt, Zahntechniker, Zahnprothetiker), nicht als eine von der Steuer ausgenommene Heilbehandlung. Die Beschwerdeführerin trägt damit dem Umstand Rechnung, dass herausnehmbare Prothesen nicht - oder jedenfalls nicht im gleichen Mass wie der festsitzende Zahnersatz oder die kieferorthopädischen Apparaturen (einschliesslich Zahnspangen) - aufgrund einer medizinischen Indikation oder im Rahmen einer Operation im Munde des Patienten abgegeben werden müssen. Art. 14 Ziff. 3 MWSTV erklärt die Lieferungen von Zahnprothesen ausdrücklich als steuerbar. Der Beschwerdeführerin kann damit nicht vorgeworfen werden, sie habe den Ausnahmetatbestand nicht seinem Sinn und Zweck entsprechend interpretiert. Auf Aspekte, die sich aus dieser unterschiedlichen Besteuerung unter dem Gesichtswinkel des Gleichbehandlungsgebots ergeben, ist noch zurückzukommen (hinten E. 7d, 8). c) Es ist auch nichts dagegen einzuwenden, wenn die von der Steuer ausgenommenen Umsätze danach definiert werden, ob die Leistung von einer nach dem massgebenden Recht zur Berufsausübung zugelassenen Person erbracht wird. Es trifft zwar zu, dass die Verwendung des Kriteriums "Angehörige der von der Eidgenössischen Steuerverwaltung für Heilbehandlungen anerkannten Berufskategorien" (Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 2.2) dazu führt, dass Lieferungen von Zahntechnikern, die nicht über eine im Kanton anerkannte Zusatzausbildung als Zahnprothetiker verfügen, von der Steuer in keinem Fall befreit sind. Damit bestimmt die Beschwerdeführerin indessen den Begriff der Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens näher. Auch Art. 14 Ziff. 3 MWSTV formuliert eine subjektive Voraussetzung, wenn er verlangt, dass die Heilbehandlung von "Ärzten, Zahnärzten ... oder Angehörigen ähnlicher Heilberufe" ausgeübt wird. Art. 8 Abs. 2 lit. b ÜbBest.BV verbietet Anknüpfungen an subjektive Merkmale nicht, sofern der Grundsatz der rechtsgleichen Behandlung beachtet wird. Der Verfassungsgeber selbst hat anhand der Person solche Unterscheidungen getroffen, wie beispielsweise bei der Befreiung von Leistungen der PTT-Betriebe (Art. 8 Abs. 2 lit. b Ziff. 1 ÜbBest.BV) oder der nichtgewinnstrebigen Einrichtungen (ebenda Ziff. 10). d) Es mag auf den ersten Blick befremden, dass die Lieferungen von herausnehmbaren Prothesen immer der Steuer unterliegen, während die Lieferungen von festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaten (auch herausnehmbaren) durch Zahnärzte und BGE 124 II 193 S. 210 Zahnprothetiker von der Steuer ausgenommen sind, sofern die Leistungen im Rahmen einer Heilbehandlung am Patienten erfolgen. Mit dieser Praxis stellt die Beschwerdeführerin jedoch nur die Rechtsgleichheit her zwischen Zahnärzten (und Zahnprothetikern) einerseits und den übrigen Angehörigen von Heilberufen andererseits. Bei allen Heilberufen sind nur die eigentlichen Heilbehandlungen von der Steuer ausgenommen. Auch die Anwendung von Medikamenten sowie von medizinischen Hilfsmitteln in Form von Materialien, Pflegeutensilien (z.B. Spritzen, Verbänden, Fixationsmaterial) usw. unmittelbar am Patienten sind von der Steuer ausgenommen (Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 3.1; Merkblatt Nr. 26, Ziff. 5.1). Die an den Patienten abgegebenen oder überlassenen Materialien und Pflegeutensilien zur eigenen Anwendung zu Hause gelten dagegen nicht als Teil der Heilbehandlung und sind steuerbar. Steuerbar sind auch der Verkauf oder die Vermietung von medizinischen Hilfsmitteln in Form von Geräten wie Rollstühlen, Gehstöcken, Atemhilfsgeräten usw. (Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 6.3). Es erscheint daher folgerichtig, wenn die Beschwerdeführerin die Anpassung und Abgabe von Zahnprothesen - im Gegensatz zu festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen - nicht als Teil der Heilbehandlung anerkennt. Sie unterwirft damit die Abgabe von medizinischen Hilfsmitteln an den Patienten für die eigene Anwendung - hier von Zahnprothesen - der Steuer und vermeidet auf diese Weise eine zu extensive Interpretation des Begriffs "Heilbehandlungen" in Art. 14 Ziff. 3 MWSTV . Andererseits nimmt sie alle Tätigkeiten - einschliesslich die unmittelbare Anwendung von festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen - am Patienten als Teil der Heilbehandlung von der Steuer aus und legt damit den Begriff "Heilbehandlungen" nicht zu eng aus. Die Beschwerdeführerin interpretiert in dieser Hinsicht die Vorschrift in Art. 14 Ziff. 3 MWSTV weder extensiv noch restriktiv. 8. Fraglich ist, ob die unterschiedliche Besteuerung der Zahntechniker im Vergleich zu den Zahnärzten gegen verfassungsmässige Rechte verstösst. Die Beschwerdegegnerinnen berufen sich auf das Prinzip der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer und machen geltend, der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen sei verletzt. a) Ein modernes Verbrauchssteuersystem wie die Mehrwertsteuer BGE 124 II 193 S. 211 muss nach Möglichkeit neutral sein in seinen Auswirkungen, das heisst es darf den Wettbewerb zwischen den Unternehmen nicht beeinträchtigen. Die Mehrwertsteuer muss deshalb umfassend sein und alle Waren und Dienstleistungen im Inland gleichmässig erfassen. Andererseits muss vermieden werden, dass eine Steuerkumulation entsteht, weil die Waren und Dienstleistungen auf allen Stufen der Produktion und Verteilung und bei der Einfuhr besteuert werden. Diesem Zweck dient der Vorsteuerabzug. Damit wird die Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer dem Grundsatz nach verwirklicht, das heisst es wird sichergestellt, dass die Endbelastung beim Konsumenten immer gleich hoch ist, unabhängig davon, auf welchem Weg die Ware oder Dienstleistung zu ihm gelangt (vgl. REICH, a.a.O., S. 330 f.; s. auch BGE 123 II 295 E. 5b). Anders als die Beschwerdegegnerinnen anzunehmen scheinen, lassen sich aus dem Prinzip der Wettbewerbsneutralität aber keine subjektiven Rechte ableiten. Der Grundsatz richtet sich in erster Linie an den Gesetzgeber (hier den Bundesrat), ferner an die Verwaltung, welche das Gesetz zu vollziehen hat, und kann auch bei der Auslegung des Mehrwertsteuerrechts beachtet werden (Bericht der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats, Parlamentarische Initiative Bundesgesetz über die Mehrwertsteuer [Dettling], vom 28. August 1996, BBl 1996 V 726; XAVIER OBERSON, Les principes directeurs et constitutionnels régissant la taxe sur la valeur ajoutée, RDAF 1997 S. 38). Der Grundsatz ist schon auf Verfassungsstufe nicht konsequent verwirklicht. Mit der Liste der steuerbefreiten Waren und Dienstleistungen in Art. 8 Abs. 2 lit. b (wie übrigens auch mit den von der Steuerpflicht ausgenommenen Unternehmen nach lit. d derselben Bestimmung) nimmt der Verfassungsgeber in Kauf, dass der Wettbewerb beeinträchtigt wird. Als Korrektur sehen Art. 8 Abs. 2 lit. b und d, je Abs. 2, ÜbBest.BV einzig vor, dass zur Wahrung der Wettbewerbsneutralität die freiwillige Versteuerung zugelassen werden kann. Die Beschwerdegegnerinnen können sich daher nur insoweit auf das Gebot der Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer berufen, als ihnen Art. 4 oder 31 BV einen Gleichbehandlungsanspruch einräumen. b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gewährleistet Art. 31 BV die Gleichbehandlung der Gewerbegenossen. In der Lehre ist umstritten, ob der Grundsatz den Gewerbegenossen einen besonderen, nicht schon aus Art. 4 BV fliessenden Anspruch auf Gleichbehandlung gewähre. Das Bundesgericht hat diese Frage in BGE 124 II 193 S. 212 zwei jüngeren Urteilen bejaht ( BGE 121 I 129 E. 3d, 279 E. 4a). Art. 31 Abs. 2 BV verbietet staatliche Massnahmen, die dem Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit zuwiderlaufen. Gegen diesen Grundsatz können auch Differenzierungen verstossen, die an sich auf ernsthaften, sachlichen Gründen beruhen und damit vor Art. 4 BV standhalten, gleichzeitig aber einzelne Konkurrenten begünstigen oder benachteiligen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen ergibt sich insoweit nicht aus Art. 4 BV , sondern leitet sich aus Art. 31 BV ab und ergänzt das allgemeine Gleichbehandlungsgebot, indem er einen darüber hinausreichenden Schutz bietet gegen staatliche Ungleichbehandlungen (vgl. die zitierten Urteile). Der in der Handels- und Gewerbefreiheit im Sinne der Wettbewerbsneutralität staatlicher Massnahmen mitenthaltene Gleichbehandlungsanspruch (vgl. BGE 121 I 279 E. 4a; BGE 116 Ia 345 E. 6a/aa) steht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts aber nur direkten Konkurrenten zu. Als solche gelten die Angehörigen der gleichen Branche, die sich mit dem gleichen Angebot an dasselbe Publikum richten, um das gleiche Bedürfnis zu befriedigen. c) Bei den Beschwerdegegnerinnen 2-4 handelt es sich um zahntechnische Institute, die Zahntechniker beschäftigen. Diese erhalten ihre Ausbildung im Rahmen einer Lehre und sind Inhaber eines eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses (Reglement des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements vom 24. Mai 1982 über die Ausbildung und die Lehrabschlussprüfung der Zahntechniker). Die Kantone können die Ausübung des Berufes einer Bewilligungspflicht unterstellen (vgl. Zürich, Verordnung über die Zahnprothetiker, vom 28. Januar 1975). Zahntechniker üben ihren Beruf entweder selbständig in eigenem Namen oder unselbständig aus. Ihre Arbeitsweise ist vorwiegend technischer Natur. Die Zahntechniker haben aber meistens nicht das Recht, Heilbehandlungen direkt am Patienten vorzunehmen. Ihre Kundschaft besteht denn auch in der Regel aus Zahnärzten, Spitälern, Kliniken und Zahnlaboratorien. Nur soweit die Zahntechniker aufgrund einer Zusatzausbildung als Zahnprothetiker befugt sind, Arbeiten im Munde des Patienten auszuführen, sind die Tätigkeiten, welche mit denjenigen eines Zahnarztes verglichen werden können, von der Steuer ausgenommen (Branchenbroschüre "Heilbehandlungen", Ziff. 3.3). Diese Berufsumschreibung zeigt, dass Zahntechniker und Zahnärzte sich nicht direkt konkurrenzieren. Sie liefern zwar das gleiche Produkt oder stellen es her, doch richten sie sich damit nicht an die gleiche Kundschaft. Mit der Lieferung von Zahnprothesen, BGE 124 II 193 S. 213 Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaturen an ihre Patienten im Rahmen von Heilbehandlungen wenden sich Zahnärzte nicht an potentielle Kunden der Zahntechniker, zu deren Kundenkreis vor allem Zahnärzte, Zahnlabors und Zahnkliniken gehören. Direkte Konkurrenten der Zahnärzte mit Praxislabor sind die Zahnärzte ohne Praxislabor. Dass die Lieferungen von festsitzendem Zahnersatz und kieferorthopädischen Apparaten durch Zahntechniker von der Mehrwertsteuer nicht ausgenommen sind, verletzt somit Art. 31 BV nicht. d) Zu prüfen bleibt, ob das Gebot der rechtsgleichen Behandlung gemäss Art. 4 BV verletzt ist. aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts verletzt ein Erlass Art. 4 BV , wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse aufdrängen, wenn also Gleiches nicht nach Massgabe seiner Gleichheit gleich und Ungleiches nicht nach Massgabe seiner Ungleichheit ungleich behandelt wird. Vorausgesetzt ist, dass sich die ungerechtfertigte Gleich- oder Ungleichbehandlung auf eine wesentliche Tatsache bezieht ( BGE 123 I 1 E. 6a mit Hinweis). Wenn Art. 14 Ziff. 3 MWSTV die Lieferungen von Zahnprothesen grundsätzlich der Mehrwertsteuer unterstellt, so rechtfertigt sich das im Hinblick darauf, dass im System der Mehrwertsteuer aus Gründen der Wettbewerbsneutralität grundsätzlich alle Lieferungen von Waren und alle Dienstleistungen besteuert werden müssen. Insofern werden die Beschwerdegegnerinnen gleich behandelt wie die Hersteller und Lieferanten von anderen medizinischen Hilfsmitteln in Form von Hygieneartikeln, Prothesen (etwa künstlichen Hüftgelenken), medizinischen Apparaten und dergleichen. Die Steuerbefreiung für "Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens" kann nicht beliebig auf alle Vorumsätze ausgedehnt werden. Um einen solchen Vorumsatz handelt es sich jedoch, weil die Zahntechniker nicht unmittelbar an die Patienten zu liefern berechtigt sind (soeben E. 8c). Art. 14 Ziff. 3 MWSTV verletzt daher Art. 4 BV nicht. bb) Fragen kann sich nur, ob die Praxis der Beschwerdeführerin zu Art. 14 Ziff. 3 MWSTV , welche die Abgabe von festsitzendem Zahnersatz durch Zahnärzte im Rahmen von Heilbehandlungen an Patienten von der Steuer ausnimmt, die Lieferungen derselben Gegenstände durch Zahntechniker jedoch nicht, gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot verstösst. BGE 124 II 193 S. 214 Bei der Anwendung des Rechts verlangt Art. 4 BV , dass vergleichbare Sachverhalte gleich behandelt werden. Das allgemeine Gleichbehandlungsgebot stellt aber hinsichtlich der Gleichbehandlung der Gewerbegenossen keine strengeren Anforderungen auf als Art. 31 BV . Namentlich kann aus Art. 4 BV nicht abgeleitet werden, dass zwei Wirtschaftszweige oder Branchen, die nicht in einem direkten Konkurrenzverhältnis im Sinne von Art. 31 BV stehen, gleich zu behandeln sind. Die Beschwerdegegnerinnen können daher auch unter dem Gesichtswinkel von Art. 4 BV nichts zu ihren Gunsten ableiten. 9. Nach dem Gesagten verstossen weder Art. 14 Ziff. 3, zweiter Halbsatz, MWSTV noch die Verwaltungspraxis der Beschwerdeführerin zu dieser Bestimmung gegen mehrwertsteuerrechtliche Vorschriften der Verfassung oder gegen verfassungsmässige Rechte der Beschwerdegegnerinnen. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich daher als begründet, und der angefochtene Entscheid ist aufzuheben. Der Einspracheentscheid der Beschwerdeführerin ist zu bestätigten. Über die subjektive Steuerpflicht der Beschwerdegegnerinnen 2-4 und ihre Eintragung im Register der Mehrwertsteuerpflichtigen ist nicht im vorliegenden Verfahren zu entscheiden. Vielmehr hat hierüber die Beschwerdeführerin auf entsprechendes Gesuch hin in einem separaten Verfahren zu befinden. Diesbezüglich kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Entscheid verwiesen werden. Die bundesgerichtlichen Kosten sind den Beschwerdegegnern 1-4 unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 156 Abs. 1 und 7 in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG ). Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens, die von der Vorinstanz noch festgelegt werden müssen, und die Kosten des Verfahrens vor der Beschwerdeführerin (Fr. 240.-- und Fr. 790.--) sind entsprechend zu verlegen. Obschon die Beschwerdeführerin obsiegt, hat sie keinen Anspruch auf Parteientschädigung ( Art. 159 Abs. 2 OG ).
public_law
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6bb161e6-ab30-414e-8468-c064a028ba1a
Urteilskopf 97 I 850 120. Auszug aus dem Urteil vom 22. September 1971 i.S. Müller gegen Gemeinderat Laufenburg und Verwaltungsgericht des Kantons Aargau.
Regeste Persönliche Freiheit; Einweisung in eine Trinkerheilanstalt. Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage, Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts.
Erwägungen ab Seite 850 BGE 97 I 850 S. 850 Aus den Erwägungen: Die Einweisung in eine Trinkerheilanstalt schränkt die durch das ungeschriebene Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete persönliche Freiheit des Betroffenen erheblich ein. Sie bedarf einer gesetzlichen Grundlage und muss dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit entsprechen; sie darf das Grundrecht der persönlichen Freiheit weder völlig unterdrücken noch seines Gehaltes als fundamentale Institution unserer Rechtsordnung entleeren (vgl. BGE 97 I 49 /50 mit Verweisungen und BGE 97 I 842 Erw. 3). Ob die angefochtene Massnahme auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht, prüft das Bundesgericht frei, denn es steht ein schwerer Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers in Frage (vgl. BGE 97 I 51 /2). Das Bundesgericht hat in diesem Zusammenhang nicht nur frei darüber zu entscheiden, ob sich die angefochtene Massnahme formell auf die angerufene Gesetzesbestimmung stützen lässt, sondern es hat vielmehr auch die materielle Anwendung des massgeblichen kantonalen Rechts durch das Verwaltungsgericht frei zu überprüfen (vgl. BGE 90 I 39 Erw. 4 a.E.).
public_law
nan
de
1,971
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6bb4607b-ffda-49b0-be78-ab34aa9e27ea
Urteilskopf 82 IV 82 17. Urteil des Kassationshofes vom 29. Juni 1956 i.S. Willi gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau.
Regeste Art. 43 Ziff. 5 Abs. 2 StGB . Umstände, die es rechtfertigen, die Strafe (teilweise) zu vollziehen, insbesondere wenn der Verurteilte eine verhältnismässig lange Zeit in der Arbeitserziehungsanstalt verbrachte.
Sachverhalt ab Seite 83 BGE 82 IV 82 S. 83 A.- Das Kriminalgericht des Kantons Aargau verurteilte am 13. Dezember 1950 Traugott Willi wegen gewerbsmässigen Diebstahls ( Art. 137 Ziff. 1 und 2 StGB ) und wegen Unzucht mit Kindern ( Art. 191 Ziff. 1 und 3 StGB ) zu sechzehn Monaten Gefängnis, abzüglich 134 Tage erstandener Untersuchungshaft, schob den Vollzug der Strafe auf und wies den Verurteilten auf unbestimmte Zeit in eine Arbeitserziehungsanstalt ein ( Art. 43 StGB ). Die Massnahme wurde ab 14. Dezember 1950 in der Anstalt Witzwil vollzogen. Am 18. Mai 1952 wurde Willi bedingt entlassen. Da er während der Probezeit Diebstähle beging, wurde er am 19. Januar 1954 in die Anstalt zurückversetzt. Die Justizdirektion des Kantons Aargau entliess ihn am 9. März 1955 neuerdings bedingt, wobei sie ihm eine Probezeit von zwei Jahren ansetzte, ihn unter Schutzaufsicht stellte und ihm die Weisung erteilte, während der Probezeit keinen Alkohol zu geniessen. Auch diese Bewährungsprobe bestand Willi nicht. Er wurde am 21. September 1955 vom Statthalteramt Hochdorf wegen Wirtschaftskandals und Sachbeschädigung (begangen am 16. August 1955) mit Fr. 40.- gebüsst, am 22. November 1955 vom Bezirksgericht Kulm wegen wiederholten Diebstahls (begangen am 11. Oktober 1955) und am 17. Januar 1956 vom gleichen Gericht wegen einfacher Körperverletzung (begangen am 29. Oktober 1955) zu zwei Monaten bzw. einer Woche Gefängnis verurteilt. Im Hinblick auf diese Verfehlungen beantragte die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau dem Kriminalgericht, die Hälfte der am 13. Dezember 1950 ausgefällten Gefängnisstrafe vollziehen zu lassen ( Art. 43 Ziff. 5 Abs. 2 StGB ). B.- Am 23. Mai 1956 beschloss das Kriminalgericht, von der am 13. Dezember 1950 ausgefällten Gefängnisstrafe seien noch vier Monate zu vollziehen. C.- Willi führt gegen diesen Entscheid Nichtigkeitsbeschwerde nach Art. 268 ff. BStP mit dem Antrag, er sei aufzuheben und das Kriminalgericht anzuweisen, vom BGE 82 IV 82 S. 84 Vollzug der am 13. Dezember 1950 verhängten Gefängnisstrafe abzusehen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Der Beschwerdeführer hat während der ihm nach Art. 43 Ziff. 5 Abs. 1 StGB angesetzten Probezeit Verbrechen und Vergehen begangen. Gemäss Art. 43 Ziff. 5 Abs. 2 StGB hat der Richter daher zu bestimmen, ob und wieweit die am 13. Dezember 1950 ausgesprochene Gefängnisstrafe, deren Vollzug wegen der Einweisung in die Arbeitserziehungsanstalt aufgeschoben wurde, zu vollziehen sei. Im Gesetz wird die Möglichkeit, in solchen Fällen von der Anordnung des Strafvollzuges abzusehen, in den Vordergrund gestellt. Dass diese Reihenfolge indessen nur sprachlich bedingt ist und der Richter dadurch keineswegs angewiesen werden wollte, in Zweifelsfällen eher von der Anordnung des Strafvollzuges abzusehen, ergibt sich ohne weiteres aus der Entstehungsgeschichte und dem wahren Sinn der in Frage stehenden Bestimmung. Nach der bis zum 4. Januar 1951 geltenden Fassung des Art. 43 Ziff. 5 Abs. 2 StGB war die Strafe stets zu vollziehen, wenn der bedingt aus der Arbeitserziehungsanstalt Entlassene während der Probezeit ein Verbrechen oder Vergehen beging. Durch die Revision vom 5. Oktober 1950 wollte zweifellos schon darum nicht der gegenteiligen Lösung der Vorzug gegeben werden, weil in der Regel kein vernünftiger Grund dafür vorliegt, den bedingt Entlassenen, der sich nicht bewährt, gleich zu behandeln wie jenen, der die Bewährungsprobe besteht (vgl. Art. 43 Ziff. 5 Abs. 4 StGB ). Dazu besteht vor allem im vorliegenden Falle kein zwingender Anlass. Der Beschwerdeführer hat durch sein Verhalten während der Probezeit nicht nur gezeigt, dass er trotz des Vollzuges der Massnahme des Art. 43 StGB nach wie vor liederlich und arbeitsscheu ist, sondern darüber hinaus auch bewiesen, dass er seine Neigung zu strafbaren Handlungen keineswegs überwunden hat, beging er doch innert der ersten acht Monate nach seiner bedingten Entlassung BGE 82 IV 82 S. 85 je zwei Verbrechen und Vergehen und eine Übertretung. Dieses wiederholte, schwere Versagen lässt umsomehr auf Gewissenlosigkeit und verbrecherische Gesinnung schliessen, als der Beschwerdeführer zum zweiten Mal unter Bewährungsprobe stand; schon nach der ersten bedingten Entlassung hatte er in die Anstalt zurückversetzt werden müssen, weil er neuerdings Verbrechen begangen hatte. Unter diesen Umständen lässt sich die Auffassung, der Beschwerdeführer habe wenigstens einen Teil der Strafe zu verbüssen, ohne weiteres rechtfertigen. Daran ändert der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer bereits in der Arbeitserziehungsanstalt während verhältnismässig langer Zeit seiner Freiheit beraubt war. Dass er dort eine der doppelten Strafdauer entsprechende Zeit verbringen musste, hat er seinem eigenen Versagen zuzuschreiben. Wenn er zur Arbeit tüchtig und willig gewesen wäre, hätte er schon nach einem Jahr und nicht erst nach 17 1/2 Monaten bedingt entlassen werden können ( Art. 43 Ziff. 5 Abs. 1 StGB ), und wenn er sich während der ersten Probezeit bewährt hätte, wäre er nicht für weitere dreizehn Monate in die Anstalt zurückversetzt worden. Wollte man, wie es der Beschwerdeführer verlangt, im Hinblick auf die lange Dauer der Anstaltsversorgung vom Vollzug der Strafe absehen, so würde dies also auf eine Prämiierung des Beschwerdeführers dafür hinauslaufen, dass er sich in der Arbeitserziehungsanstalt und nach der ersten bedingten Entlassung aus derselben schlecht verhalten hat. Wenn die Vorinstanz trotzdem die aufgeschobene Strafe (sechzehn Monate Gefängnis, abzüglich 134 Tage erstandener Untersuchungshaft) nicht ganz, sondern nur zum kleineren Teil vollziehen liess, so ist sie dem Beschwerdeführer sehr weit entgegengekommen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,956
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6bb6b417-f3aa-48da-b754-5ff04ee8083f
Urteilskopf 110 II 427 82. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Oktober 1984 i.S. Bank H. gegen A. AG und Regierungsrat des Kantons Obwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 11 Abs. 1 Bundesgesetz über das Schiffsregister. Für die Anmeldung zur Aufnahme in das Schiffsregister genügt das Glaubhaftmachen des Eigentums; das heisst, der Richter oder Beamte muss nicht überzeugt sein, dass der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist, sondern darf sich mit dem Nachweis der Wahrscheinlichkeit begnügen.
Sachverhalt ab Seite 427 BGE 110 II 427 S. 427 A.- Am 17. Februar 1983 meldete die A. AG beim Grundbuchamt Obwalden eine Motoryacht zur Aufnahme ins Schiffsregister an. Sie legte ein vom 29. Januar 1983 datiertes und als "Übernahmebescheinigung" bezeichnetes Schriftstück vor, worin die in der Bundesrepublik Deutschland domizilierte Verkäuferin den vorbehaltlosen Eigentumsübergang auf die A. AG als Käuferin bestätigte. Das Grundbuchamt des Kantons Obwalden in Sarnen, als zuständiges Schiffsregisteramt, nahm am 17. Februar 1983 die Motoryacht in das Schiffsregister Alpnach auf und veröffentlichte die Aufnahme im Schweizerischen Handelsamtsblatt. Am gleichen Tag stellte das Schiffsregisteramt Obwalden der Bank H. und der A. AG "zufolge grundbuchlicher Erledigung" die Ausfertigung des Pfandvertrages zu, in welchem eine am 9. März 1983 errichtete BGE 110 II 427 S. 428 Schiffsverschreibung im Maximalbetrag von Fr. 180'000.-- zugunsten der Bank verurkundet wurde. Die Eintragung der Schiffsverschreibung im Tagebuch war am 10. März 1983 erfolgt. B.- Beim Schiffsinspektorat Obwalden in der Folge eingeholte Erkundigungen ergaben, dass das Motorschiff von der A. AG nie gemeldet worden war. Auch die A. AG selber konnte über den Verbleib der Motoryacht keine genauen Angaben machen. Das Grundbuchamt Obwalden (als Schiffsregisteramt) wies daher die Aufnahme der Motoryacht in das Schiffsregister Alpnach wie auch die Eintragung des Pfandrechtes bzw. der Schiffsverschreibung am 16. Dezember 1983 ab. Nach der Meinung des Amtes war die A. AG nie verfügungsberechtigte Eigentümerin des zur Eintragung angemeldeten Schiffes gewesen. Laut Mitteilung des Schiffsinspektorates sei der Fahrzeugausweis des früheren Besitzers X. am 21. Februar 1983 annulliert worden; und auf die A. AG sei nie ein Fahrzeugausweis für das genannte Schiff ausgestellt worden. C.- Die Bank H. erhob gegen die Abweisungen Beschwerde beim Regierungsrat des Kantons Obwalden. Dieser wies die Beschwerde mit Entscheid vom 21. Februar 1984 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte. Gegen den Entscheid des Regierungsrates reichte die Bank H. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein, mit welcher sie die Aufnahme der Motoryacht in das Schiffsregister sowie die Eintragung der Schiffsverschreibung verlangte. Das Bundesgericht hat die Beschwerde gutgeheissen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Gemäss Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister (SR 747.11) hat, wer ein Schiff zur Aufnahme in das Schiffsregister anmeldet, sein Eigentum und die in Art. 10 Abs. 2 des Gesetzes verlangten Angaben glaubhaft zu machen. Es ist nicht bestritten, dass bei der Anmeldung zur Aufnahme der Motoryacht ins Schiffsregister Alpnach die von Art. 10 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Schiffahrtsregister geforderten Angaben gemacht wurden. Zur Glaubhaftmachung des Eigentums legte Y. eine als "Übernahmebescheinigung" bezeichnete Urkunde vom 29. Januar 1983 vor. Darin trat die Verkäuferin des Motorschiffes in Erscheinung, während Y. für die A. AG als Käuferin unterzeichnete. In diesem Schriftstück wird festgestellt, dass die Motoryacht am genannten Datum der Käuferin in Zuidbroek (Holland) BGE 110 II 427 S. 429 vertragsgemäss übergeben worden und dass sie ins "vorbehaltlose Eigentum der Käuferin übergegangen" sei. Überdies bescheinigt die Verkäuferin, "die gemäss separater Liste aufgeführten Mängel baldmöglichst in Garantie zu beheben". Diese Unterlagen erachtete der Schiffsregisterführer offensichtlich als ausreichend. Er liess daher dem Schweizerischen Handelsamtsblatt die Meldung zur Veröffentlichung zugehen, die Motoryacht mit Standort in Alpnachstad sei als Eigentum der A. AG in das Schiffsregister Alpnach aufgenommen worden. Überdies redigierte er einen Vertragstext über die Errichtung einer Schiffsverschreibung (Maximalhypothek) von Fr. 180'000.--, auf den sich die A. AG als Eigentümerin und Pfandgeberin der Motoryacht, X. als Schuldner und Darlehensnehmer sowie die Bank H. als Darlehensgeberin und Pfandnehmerin am 9. März 1983 einigten. "Zufolge grundbuchlicher Erledigung" stellte der Schiffsregisterführer den Vertragsparteien am 11. März 1983 je ein Exemplar des Pfandvertrages zu. Bedenken hinsichtlich der Eigentümereigenschaft der A. AG traten beim Schiffsregisterführer erst nachträglich auf, als er Rückfragen über den Verbleib des Schiffes gestellt hatte. Nach der Meinung des Regierungsrates von Obwalden durfte der Schiffsregisterführer seinen zunehmenden Zweifeln ungeachtet des Umstandes Rechnung tragen, dass sie sich nicht auf die bei der Anmeldung vorgelegten Dokumente gründeten und erst auftraten, als die Aufnahme in das Schiffsregister bereits im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht war. Es fragt sich daher, in welchem Zeitpunkt genau das Eigentum an dem Schiff glaubhaft im Sinne von Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister gemacht werden muss und welche Befugnis dem Schiffsregisterführer bei der Prüfung der Glaubhaftmachung des Eigentums zukommt. 3. Zutreffend weist das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement in seiner Vernehmlassung darauf hin, dass gemäss Art. 26 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister (welcher Art. 972 Abs. 1 und 2 ZGB entspricht) zwar der Eintrag ins Hauptbuch für die dingliche Wirkung des Schiffsregisters massgebend ist, dass aber diese Wirkung auf den Zeitpunkt der Einschreibung im Tagebuch zurückbezogen wird, sofern der Anmeldung die gesetzlichen Ausweise beigegeben werden. Analog der für das Grundbuch geltenden Regel müssen daher die gesetzlichen Voraussetzungen für die Aufnahme in das Schiffsregister im BGE 110 II 427 S. 430 Zeitpunkt der Anmeldung ins Tagebuch gegeben sein und nicht im Zeitpunkt der Eintragung ins Hauptbuch (Kommentar HOMBERGER, N. 5 zu Art. 966 ZGB ; Kommentar MEIER-HAYOZ, N. 64 zu Art. 656 ZGB ). Infolgedessen sind nachträgliche Veränderungen, welche die Glaubhaftmachung des Eigentums an einem zur Eintragung ins Schiffsregister angemeldeten Schiff in Frage stellen, unbeachtlich. Der Gesetzgeber hat in Art. 11 Abs. 1 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister davon abgesehen, einen strikten Beweis des Eigentums desjenigen zu verlangen, der ein Schiff zur Aufnahme in das Schiffsregister anmeldet. Wie in anderen Vorschriften (so Art. 28c ZGB in Revision, Art. 256b Abs. 2, Art. 260b Abs. 2 und Art. 282 ZGB , Art. 565 Abs. 2 OR , Art. 272 SchKG ) genügt das Glaubhaftmachen; das heisst, der Richter oder Beamte - im vorliegenden Fall der Schiffsregisterführer - muss nicht überzeugt sein, dass der gesetzliche Tatbestand erfüllt ist, sondern darf sich mit dem Nachweis der Wahrscheinlichkeit begnügen ( BGE 107 Ia 282 mit Hinweisen). Mit der "Übernahmebescheinigung" der Verkäuferin hat nun aber die A. AG den Nachweis der Wahrscheinlichkeit dafür erbracht, dass das Eigentum an dem Motorschiff an sie übergegangen ist. Dem steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Verkäuferin noch die Behebung bestimmter Mängel versprach und deshalb die Käuferin nicht ungesäumt unmittelbare Besitzerin wurde. Wenn die Vorinstanz demgegenüber darauf hinweist, dass auch im Zeitpunkt ihres Rechtsmittelentscheides das Schiff noch bei der Herstellerin war, mit der die A. AG in keiner direkten vertraglichen Beziehung stehe, und dass auch das Unternehmen, welches der A. AG gegenüber als Verkäuferin aufgetreten ist, nicht mit dem Besteller des Schiffes übereinstimme, so übersieht sie, dass für das Glaubhaftmachen des Eigentums auf den Zeitpunkt des Eintrags der Anmeldung im Tagebuch abzustellen ist und dass spätere Abklärungen bzw. Veränderungen bezüglich des Glaubhaftmachens des Eigentums nicht zu berücksichtigen sind. Dagegen, dass nur unmittelbarer Besitz das Eigentum glaubhaft zu machen vermag, wie es offenbar die Meinung der Vorinstanz ist, spricht schon Art. 13 Abs. 2 des Bundesgesetzes über das Schiffsregister, welcher sagt, dass die Aufnahme eines Schiffes in das Schiffsregister nicht als Einfuhr des Schiffes in die Schweiz gelte. Aber auch nach den Besitzesregeln des schweizerischen Rechts (die im vorliegenden Fall aufgrund des schweizerischen internationalen Privatrechts BGE 110 II 427 S. 431 allerdings nicht mit Sicherheit zur Anwendung gelangen) wäre eine Eigentumsübertragung ohne unmittelbaren Besitz des Eigentümers durchaus denkbar, so aufgrund von Art. 924 Abs. 1 ZGB (Besitzesanweisung) oder nach Art. 920 Abs. 1 ZGB (Besitzeskonstitut). Solange ein Schiff noch nicht in das Schiffsregister aufgenommen worden ist, wird es als Fahrnis behandelt, weshalb auch die für Fahrnis geltenden Regelungen der Übertragung von Besitz und Eigentum anwendbar sind. Erst der Eintrag im Schiffsregister - mag er obligatorisch oder fakultativ geschehen (Art. 4 f. Bundesgesetz über das Schiffsregister) - nähert das Schiff der rechtlichen Behandlung, wie sie ein Grundstück erfährt, an. Hat somit die A. AG im Zeitpunkt der Anmeldung ins Tagebuch ihr Eigentum an der Motoryacht rechtsgenügend im Sinne des Bundesgesetzes über das Schiffsregister glaubhaft gemacht, so durfte die Eintragung ins Hauptbuch nicht verweigert werden.
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Urteilskopf 93 I 350 44. Urteil vom 4. Oktober 1967 i.S. S. gegen Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt und Obergericht des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde; Kultussteuer. 1. Da Art. 49 Abs. 6 BV kein unverzichtbares Recht gewährleistet, ist seine Verletzung im Anschluss an den Entscheid über die Kultussteuerpflicht zu rügen; die staatsrechtliche Beschwerde kann nicht erst gegen den Rechtsöffnungsentscheid geführt werden. 2. Kriterien für die Zugehörigkeit zu einer Religionsgenossenschaft. Formerfordernisse für den Austritt aus derselben.
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 93 I 350 S. 350 Die evangelisch-reformierte Kirche des Kantons Basel-Stadt veranlagte S., der seit Mitte 1959 in Basel wohnte, für die Jahre 1960 bis 1965 zur Kirchensteuer. Diese Veranlagungen erwuchsen mangels Anfechtung in Rechtskraft. In der Folge leitete die Verwaltung der evangelisch-reformierten Kirche gegen S., der inzwischen in Reinach Wohnsitz genommen hatte, wegen der BGE 93 I 350 S. 351 verfallenen Kirchensteuern der Jahre 1960 bis 1965 im Gesamtbetrag von Fr. 186.-- Betreibung ein. S. schlug Recht vor. Das Bezirksgerichtspräsidium Arlesheim erteilte der Gläubigerin die definitive Rechtsöffnung. Eine Beschwerde, die S. dagegen erhob, hat das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft abgewiesen. S. ficht diesen Entscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung des Art. 49 Abs. 6 BV an. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Beschwerdeführer hat gegen die Veranlagung zur Kirchensteuer keine Rechtsmittel ergriffen. Er hat sich erst im Rechtsöffnungsverfahren gegen die Pflicht zur Zahlung der Kirchensteuer zur Wehr gesetzt. Die vorliegende Beschwerde richtet sich gegen die Abweisung einer Beschwerde gegen die Erteilung der Rechtsöffnung; sie hat somit einen Vollzugsakt zum Gegenstand. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts kann ein Akt, der eine unangefochten gebliebene Verfügung ohne neue materielle Entscheidung vollzieht oder bestätigt, in der Regel nicht mehr wegen Verfassungswidrigkeit dieser Verfügung angefochten werden. Eine Ausnahme macht die Rechtsprechung (abgesehen von den besonderen Verhältnissen der Beschwerden wegen Verletzung der Art. 46 Abs. 2 und Art. 59 BV ) lediglich dann, wenn der Beschwerdeführer eine Missachtung unverzichtbarer und unverjährbarer verfassungsmässiger Rechte rügt. Dazu gehören alle die Rechte, welche die Verfassung ebenso sehr um der öffentlichen Ordnung willen als zum Schutze des Einzelnen gewährleistet: Es handelt sich um die dem Einzelnen zustehenden fundamentalen Rechte der persönlichen Freiheit, der Ehefreiheit, des Verbotes des Schuldverhaftes, des Verbots der körperlichen Strafen, der Niederlassungsfreiheit und vornehmlich auch der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit ( BGE 88 I 265 ff., insbesondere S. 267). Die Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit hat allerdings nicht in allen ihren in Art. 49 und 50 BV erfassten Ausstrahlungen gleichermassen als unverzichtbares und unverjährbares Recht zu gelten. Während die Zugehörigkeit zu einer Religionsgenossenschaft, die Teilnahme am religiösen Unterricht, die Verfügung über die religiöse Erziehung der weniger als sechzehn Jahre alten Kinder, die Vornahme religiöser und namentlich gottesdienstlicher Handlungen sowie die Äusserung von Glaubensansichten, um nur die wichtigsten Auswirkungen zu BGE 93 I 350 S. 352 nennen, höchstpersönliche Rechte betreffen, auf die der Einzelne in keiner Weise verzichten kann, ist das bezüglich der Kultussteuern, von denen Art. 49 Abs. 6 BV handelt, nicht in gleicher Weise der Fall. Wohl kommt in der Zahlung der Kultussteuern die Zugehörigkeit zu einer Religionsgenossenschaft zum Ausdruck, doch tritt dieser Gesichtspunkt bei der Zahlung der einzelnen verfallenen Steuerbetreffnisse hinter dem vermögensrechtlichen Aspekt zurück. Der Bürger kann sich deshalb zwar nicht in allgemeiner Weise des Rechtes, die Verpflichtung zur Zahlung von Kultussteuern anzufechten, begeben; er kann indessen auf die Geltendmachung dieses Rechts mit Bezug auf einzelne verfallene Steuerbetreffnisse verzichten. Im Hinblick auf diese Rechtslage hat der Bundesgesetzgeber in Art. 154 Abs. 1 OG für Beschwerden wegen Verletzung des Art. 49 BV nur dann von der Erhebung von Kosten (und entsprechend auch eines Vorschusses) abgesehen, wenn der Beschwerdeführer sich auf die Absätze 1 bis 5, nicht aber auf den Absatz 6 dieser Bestimmung beruft. Da Art. 49 Abs. 6 BV kein unverzichtbares Recht gewährleistet, muss die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung dieses Verfassungssatzes nach dem Gesagten an die materielle Entscheidung über die Kirchensteuerpflicht angeknüpft werden; es geht nicht an, damit bis zum Erlass des Rechtsöffnungsentscheides zuzuwarten. Auf die vorliegende Beschwerde ist darum nicht einzutreten. 2. Bei materieller Prüfung erwiese sich die Beschwerde übrigens als unbegründet. Die Verwaltung der evangelischreformierten Kirche des Kantons Basel-Stadt erachtet den Beschwerdeführer als kirchensteuerpflichtig, weil er durch die Taufe seiner beiden Kinder zum Ausdruck gebracht habe, dass er dieser Kirche angehöre, und weil er nie ausdrücklich seinen Austritt erklärt habe. Diese Betrachtungsweise hält vor der Verfassung stand. Wie die andern evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz, vollzieht diejenige des Kantons Basel-Stadt die Taufe an ihren Gliedern "als Zeichen und Unterpfand der Zugehörigkeit zu ihr" (Kirchenordnung der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Basel-Stadt vom 6. November 1957, § 1 Ziff. 2). Indem die Eltern ihr Kind zur Taufe bringen, bekunden sie damit, dass sie selber dieser Religionsgenossenschaft angehören, es sei denn, sie liessen erkennen, dass das nicht zutreffe BGE 93 I 350 S. 353 (so zum Beispiel, wenn ein Elternteil sich damit einverstanden erklärt, dass das Kind die Taufe in der Kirche empfängt, dem der andere Elternteil angehört). Nach den Akten sind die Kinder des Beschwerdeführers in der evangelisch-reformierten Kirche getauft worden. Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er dabei zu verstehen gegeben habe, dass er sich selber nicht zu dieser Kirche rechne. Da die evangelisch-reformierten Kirchen der Schweiz zwar nicht in der Organisation, aber im Glauben eine Einheit bilden (vgl. Verfassung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes vom 12. Juni 1950, I. Abschnitt, Allgemeine Bestimmungen; Verfassung der evangelischreformierten Kirche des Kantons Basel-Stadt vom 21. November 1910, § 1), ist es ohne Belang, ob die Kinder ihre Taufe im Kanton Basel-Stadt oder anderwärts empfingen und ob der Beschwerdeführer damals in Basel wohnhaft war. Damit, dass er seine Kinder ohne Vorbehalte in der evangelisch-reformierten Kirche zur Taufe brachte, gab er seiner Zugehörigkeit zu dieser Religionsgenossenschaft Ausdruck. Wohl steht ihm das Recht zu, jederzeit aus dieser Gemeinschaft auszutreten. Mehr als eine entsprechende Erklärung darf dabei von ihm nicht verlangt werden. Art. 49 BV überlässt es jedoch den einzelnen Religionsgenossenschaften, die Form der Austrittserklärung festzulegen (BURCKHARDT, Komm. 3. Aufl., S. 453/54). Die Kirchenordnung der evangelisch-reformierten Kirche des Kantons Basel-Stadt sieht in § 8 Ziff. 1 vor, dass der Kirchenverwaltung "eine schriftliche Austrittserklärung einzureichen" ist. Der Beschwerdeführer behauptet, er habe die Steuerveranlagung für 1960/61 mit dem Vermerk "nicht Mitglied" an den Absender zurückgesandt und anfänglich auch den "Kirchenboten" mit dem Vermerk "an den Absender" zurückgehen lassen. Es ist zweifelhaft, ob solche Vermerke den Anforderungen genügen, die § 8 Ziff. 1 der Kirchenordnung an die Austrittserklärung stellt. Die Frage kann jedoch offen bleiben, da die Kirchenverwaltung nie eine derartige Rücksendung empfangen haben will und der Beschwerdeführer nicht beweisen kann, dass die Behörde die behaupteten Zuschriften erhalten hat. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 110 Ia 56 10. Estratto della sentenza 3 gennaio 1984 della I Corte civile nella causa Otto Scerri S.A. contro Patriziato di Bedretto e II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Schiedsspruch nach Rechtsregeln oder nach Billigkeit? (Art. 3 lit. f, 31 Abs. 3 u. 36 lit. b des Konkordats über die Schiedsgerichtsbarkeit, SR 279.) Wirft eine Partei dem Schiedsgericht vor, nach Rechtsregeln statt nach Billigkeit entschieden zu haben oder umgekehrt, so muss die kantonale Beschwerdeinstanz die Rüge frei prüfen. Indessen kann das Bundesgericht die Art und Weise, in der die kantonale Instanz die ihr gemäss Art. 36 des Konkordats zukommende Aufgabe erfüllt, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüfen.
Erwägungen ab Seite 56 BGE 110 Ia 56 S. 56 Dai considerandi: 1. La ricorrente afferma in primo luogo che la clausola compromissoria contenuta nel contratto dell'agosto 1972 prescriveva un lodo a termini di equità, non di diritto, e che la corte cantonale avrebbe disatteso a torto la relativa censura. BGE 110 Ia 56 S. 57 a) La clausola compromissoria cui accenna la ricorrente (punto 23 del contratto) prospettava un arbitrato "in via bonale e inappellabile". Un successivo compromesso del 2 gennaio 1979, oltre a precisare la persona dell'arbitro e a fissare la sede del tribunale a Bellinzona, ha stabilito che "il lodo sarà pronunciato secondo diritto e sarà inappellabile". L'arbitro ha osservato che l'accoglimento dell'azione si imponeva sia sotto il profilo del diritto, sia sotto quello dell'equità. A sua volta la corte cantonale ha ritenuto che le parti, con il compromesso del 2 gennaio 1979, abbiano validamente modificato la clausola dell'agosto 1972 e circoscritto così la competenza dell'arbitro; i giudici hanno soggiunto, in ogni modo, che la ricorrente non aveva motivato a sufficienza la critica rivolta all'argomentazione equitativa dell'arbitro. b) L' art. 31 cpv. 3 del concordato intercantonale sull'arbitrato del 17 febbraio 1971 (SR 279) conferisce alle parti la facoltà di optare, nel patto d'arbitrato, per un giudizio a termini di equità; in questo caso il lodo può essere annullato dall'autorità cantonale solo ove riesca manifestamente iniquo (art. 36 lett. f del concordato; DTF 107 Ib 63 ). Il concordato non specifica quale causa di nullità debba indicare il ricorrente che rimproveri al tribunale arbitrale una decisione a termini di diritto anziché di equità o viceversa; v'è da chiedersi quindi se l'autorità cantonale debba esaminare la censura liberamente o con cognizione limitata. Ora, è indubbio che le questioni legate alla validità e alla portata di un patto d'arbitrato costituiscono, nella misura in cui attengono all'estensione dei poteri arbitrali, problemi di competenza giusta l' art. 36 lett. b del concordato (cfr. DTF 96 I 334 ). Come tali, essi vanno esaminati liberamente dall'autorità cantonale di ricorso (DTF DTF 108 Ia 311 consid. 2b, DTF 102 Ia 578 ). Il Tribunale federale, in ultima istanza, vaglia liberamente l'applicazione del concordato ( art. 84 cpv. 1 lett. b OG ; DTF 107 Ia 158 consid. 2a, DTF 107 Ib 65 ), eccettuate le critiche aventi a oggetto l' art. 36 del concordato che, alla stessa stregua di quelle concernenti il diritto cantonale o federale ( DTF 108 Ia 180 consid. 2), sono riviste con cognizione ristretta all'arbitrio ( DTF 107 Ib 65 , DTF 105 Ib 436 consid. 4b). c) In concreto la ricorrente sostiene - e la tesi emerge già nelle conclusioni di causa e nel gravame per nullità - che la clausola compromissoria mirava a un lodo d'equità, che il tenore del successivo compromesso è dovuto a inavvertenza e che, senza speciale procura, i legali delle parti non avrebbero nemmeno avuto BGE 110 Ia 56 S. 58 il diritto di scostarsi dalla clausola compromissoria. L'assunto è inconcludente, l'arbitro avendo accolto la petizione tanto per ragioni d'ordine giuridico, quanto d'ordine equitativo, sulla scorta di due motivazioni distinte e indipendenti. Dati simili presupposti non occorre appurare se la locuzione "in via bonale" alludesse a un lodo d'equità, se tale pattuizione impedisse un sindacato di diritto o autorizzasse unicamente l'arbitro a derogarvi, se la clausola compromissoria fosse stata modificata per svista e se ai patrocinatori delle parti mancasse la legittimazione per firmare il compromesso del 2 gennaio 1979. D'altro lato non contravviene certo alla nozione d'equità l'arbitro che, prima di statuire ex aequo et bono, ricerchi quale sarebbe la soluzione della controversia secondo diritto.
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Urteilskopf 107 Ia 15 5. Estratto della sentenza della I Corte di diritto pubblico del 13 maggio 1981 nella causa X. e Y. c. Corte di cassazione e di revisione penale del Cantone Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Kantonales Strafverfahren; Ausstandspflicht im Revisionsverfahren: Art. 4 und Art. 58 BV ; Art. 16 Ziff. 6 der Tessiner Strafprozessordnung in Verbindung mit Art. 62 und Art. 63 des Tessiner Gerichtsorganisationsgesetzes. Die Tatsache allein, dass die Richter in einem Kanton, in dem das Strafkassationsgericht auch als Revisionsinstanz tätig ist, einmal oder mehrmals auf eine Kassationsbeschwerde des Verurteilten hin an einem Entscheid als Kassationsrichter mitgewirkt haben, verpflichtet diese nicht sich in Ausstand zu begeben, wenn der Verurteilte später ein Begehren um Revision des erstinstanzlichen Urteils stellt. Diese Tatsache bildet jedenfalls für sich allein auch keinen Ablehnungsgrund.
Erwägungen ab Seite 16 BGE 107 Ia 15 S. 16 Considerando in diritto: 3. Nella loro domanda di ricusa i ricorrenti pretendevano che ai giudici che avevano partecipato anteriormente a decisioni della CCRP pronunciate in sede di cassazione nel procedimento penale a loro carico non è consentito, in virtù dell' art. 16 n. 6 CPP , di essere membri di detta Corte chiamata a statuire sulla loro domanda di revisione. La decisione impugnata si fonda principalmente sull'argomento secondo cui, poiché il legislatore ticinese ha istituito, nel quadro del mandato costituzionale conferitogli, un'autorità unica per la cassazione e la revisione in materia penale, il motivo di ricusa di cui all' art. 16 n. 6 CPP non si applica a chi sieda come giudice di revisione dopo aver statuito come giudice di cassazione. La CCRP fa tuttavia salvo il caso in cui esistano motivi che possano fare ragionevolmente dubitare dell'imparzialità di tale giudice, circostanza che i ricorrenti non hanno fatto valere. Essa rileva infine che i due giudici ricusati hanno già esercitato le loro funzioni in una fase preliminare vincolata all'attuale domanda di revisione, senza che i ricorrenti abbiano sollevato obiezioni. I ricorrenti adducono che la decisione impugnata è arbitraria perché basata su di una interpretazione arbitraria dell' art. 16 n. 6 CPP . Dichiarano di non aver mai contestato che la Corte di cassazione possa come tale fungere altresì come Corte di revisione, ciò che risulta d'altronde dall'istituzione da parte del legislatore ticinese di un'autorità unica e per la cassazione e per la revisione delle decisioni in materia penale. A loro avviso, ciò non basta per rendere inapplicabile l' art. 16 n. 6 CPP nella relazione tra giudici di cassazione e giudici di revisione; i giudici di revisione che si fossero in precedenza pronunciati in sede di cassazione, e addirittura più volte come nella fattispecie, nel quadro di un affare criminale importante che ha considerevolmente allarmato l'opinione pubblica, sarebbero necessariamente privi di quella obiettività richiesta a un giudice di revisione. a) I ricorrenti non contestano la regolarità della composizione della Corte che ha respinto la loro domanda di ricusa e della quale facevano parte i due giudici da essi ricusati. La sola questione che essi sottopongono al Tribunale federale BGE 107 Ia 15 S. 17 è se la decisione pronunciata sulla domanda di ricusa sia conforme alle esigenze stabilite dal diritto processuale cantonale. I ricorrenti non mettono in discussione la costituzionalità delle norme applicabili della procedura cantonale, né invocano una violazione dell' art. 58 Cost. , che garantisce il diritto d'essere giudicato dal giudice costituzionale. Ne segue che il Tribunale federale è chiamato a esaminare soltanto sotto il profilo dell'arbitrio la portata dell' art. 16 n. 6 CPP , sul quale si fonda il primo ricorso, in relazione con gli art. 62 e art. 63 della legge ticinese organica giudiziaria civile e penale, del 24 novembre 1910 (LOG) (cfr. DTF 105 Ia 174 /175 consid. 2b, 3a; 104 Ia 273 consid. 3 e richiami). b) L' art. 16 n. 6 CPP reca: "Ogni giudice, segretario od assessore giurato è escluso per legge dall'esercitare il suo officio: "... "6. Quando abbia avuto parte al processo come magistrato o funzionario di polizia, come procuratore della parte lesa o difensore; "... "Gli art. 62 e art. 63 LOG dispongono: "Art. 62 La Corte di cassazione e di revisione è composta di tre giudici del Tribunale di appello, nominati dal medesimo ogni due anni e che non fanno parte della Camera criminale. "In caso d'impedimento di uno o più giudici, la Corte si completa con un altro membro del Tribunale e con i supplenti. "Art. 63 La Corte di cassazione e di revisione pronuncia: "a) sui ricorsi in cassazione diretti contro sentenze dei pretori e delle Corti d'Assise criminali, correzionali e pretoriali; "b) sulle istanze di revisione di sentenze pronunciate da dette autorità." Come già illustrato, la decisione impugnata fa valere essenzialmente che l'unicità dell'organo previsto, in virtù degli art. 62 e art. 63 LOG, per la cassazione e la revisione, esclude l'applicazione dell' art. 16 n. 6 CPP al caso del giudice di revisione che già abbia statuito nello stesso procedimento quale giudice di cassazione. Il fatto che sia stato previsto un organo giurisdizionale unico per le menzionate due funzioni appare imposta - e i ricorrenti lo riconoscono - da ragioni di ordine pratico, in relazione con la sistematica che nella procedura penale ticinese occupano dette due funzioni (cfr. art. 236-239 e 245-247 CPP). Se è certo che una domanda di revisione non presuppone un ricorso per cassazione e che un ricorso per cassazione non deve essere seguito da una domanda di BGE 107 Ia 15 S. 18 revisione, è pur vero che nella pluralità delle cause criminali la domanda di revisione è stata preceduta da un ricorso per cassazione, di guisa che, in pratica, sarebbe singolare un organo giurisdizionale unico (CCRP) per la cassazione e la revisione, la cui composizione dovesse, per il meccanismo dell' art. 16 n. 6 CPP , essere modificata nella maggior parte dei casi in cui esso fosse chiamato a decidere su di una domanda di revisione, e ciò spesso integralmente, ossia sostituendo tutti e tre i suoi membri ordinari. La decisione impugnata si richiama altresì alla recente giurisprudenza del Tribunale federale che ha riconosciuto la costituzionalità di una norma di procedura penale cantonale, secondo cui il presidente del tribunale esercita normalmente le funzioni di giudice istruttore e formula la domanda di rinvio a giudizio ( DTF 104 Ia 277 /278 consid. 4). Tale giurisprudenza non si riferisce alla ricusa di giudici che hanno conosciuto della causa in un precedente grado giurisdizionale, bensì in due stadi dello stesso grado; da esso risulta peraltro che il criterio per cui l'obiettività di un giudice va presunta legalmente come compromessa per una sua anteriore partecipazione nello stesso procedimento non dev'essere particolarmente rigoroso perché sia ossequiato l' art. 4 Cost. L'interpretazione data dalla CCRP all' art. 16 n. 6 CPP in relazione con gli art. 62 e art. 63 LOG può essere discussa in quanto fondata sulla sola unicità dell'organo competente per la cassazione e per la revisione; essa non appare tuttavia manifestamente insostenibile. La questione non deve comunque essere esaminata più a fondo e decisa, dato che l'interpretazione della CCRP risulta non arbitraria già per un altro motivo. La revisione in materia penale è un rimedio di diritto straordinario che i cantoni sono tenuti a prevedere in virtù dell' art. 397 CP quando siano invocati fatti o mezzi di prova rilevanti non noti al tribunale nel primo processo. Adita con una domanda di revisione, la CCRP deve pronunciarsi sull'esistenza di tale motivo di revisione, richiamato dall' art. 243 n. 3 CPP , o dei motivi di revisione complementari enunciati nell' art. 243 n. 1 e 2 CPP . Il suo esame ha per oggetto esclusivamente elementi sui quali le autorità giudiziarie che hanno deciso anteriormente non si sono dovute pronunciare. La domanda di revisione non comporta pertanto un riesame, basato su elementi di cui l'autorità che ha giudicato già disponeva, della fondatezza della sentenza cresciuta in giudicato. BGE 107 Ia 15 S. 19 La procedura con cui è esaminata una domanda di revisione è da considerare come un processo indipendente, nel quale il giudicante è chiamato a far astrazione del convincimento che s'era formato anteriormente. Contrariamente a quanto ritenuto dai ricorrenti, l'opinione che un giudice, membro della Corte di revisione, si sia fatta in una precedente procedura di cassazione sulla colpevolezza del richiedente non può valere quale indice che permetta di revocare in dubbio la sua indipendenza e la sua imparzialità. In base a tale considerazione il Tribunale federale ha già avuto occasione di riconoscere come conforme all' art. 58 cpv. 1 Cost. una norma della procedura cantonale che attribuisce la competenza di decidere sulla domanda di revisione alla stessa autorità che ha giudicato (sentenza inedita nella causa Stettler, del 22 ottobre 1980, consid. 3c). Ne discende che l'autorità cantonale non ha limitato arbitrariamente la portata dell' art. 16 n. 6 CPP nel rilevare che ai magistrati ivi contemplati non è vietato di statuire sulla domanda di revisione per il solo fatto che essi abbiano deciso in precedenza su ricorsi per cassazione proposti dai richiedenti. Il numero delle partecipazioni anteriori effettuate, in qualità di giudici di cassazione, dei magistrati ricusati dagli attuali ricorrenti è privo di importanza, nella misura in cui questi non invochino nel loro ricorso una violazione dell' art. 21 CPP , che determina le condizioni nelle quali un magistrato può essere ricusato per sospetta mancanza d'imparzialità. La censura d'arbitraria applicazione dell' art. 16 n. 6 CPP risulta di conseguenza infondata, ciò che comporta la reiezione del gravame.
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Urteilskopf 87 I 376 63. Arrêt du 15 septembre 1961 dans la cause Administration fédérale des contributions contre Roncagli.
Regeste Art. 18 bis WStB. Jede Erwerbstätigkeit auf dem Gebiete der Schweiz schliesst die Pauschalbesteuerung aus, selbst wenn sie in keinem Zusammenhang mit der schweizerischen Wirtschaft steht (Fall des Bediensteten einer internationalen Organisation). Abkommen vom 20. Januar 1930 über die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (Grundgesetz Art. 6 lit. e). Die von der Bank ausgerichteten Ruhegehälter fallen nicht unter das Steuerprivileg.
Sachverhalt ab Seite 376 BGE 87 I 376 S. 376 A.- Roncagli, ressortissant italien, a été, pendant plus de 25 ans, au service de la Banque des règlements internationaux BGE 87 I 376 S. 377 (en abrégé: BRI), à Bâle. Il a pris sa retraite le 1er janvier 1958 et, depuis ce jour, touche une pension. Il conserva tout d'abord son domicile à Bâle, puis le transféra dans le canton de Vaud, le 25 février 1959. Il n'exerce plus d'activité à but lucratif et déclare n'avoir créé son nouveau domicile qu'après avoir reçu de la Commission d'impôt du district de Lausanne l'assurance qu'il serait soumis à la taxation forfaitaire fondée sur la dépense du contribuable selon l'art. 18 bis AIN. Pour la 10e période de l'impôt pour la défense nationale, il déposa une déclaration forfaitaire. Il estimait que l'art. 18 bis AIN lui était applicable. L'administration vaudoise de l'impôt pour la défense nationale le mit effectivement au bénéfice de cette disposition. L'Administration fédérale des contributions (en abrégé: l'Administration) recourut contre cette taxation, considérant que Roncagli était soumis aux règles ordinaires de l'imposition et ne remplissait pas les conditions de l'article 18 bis AIN. Le 4 novembre 1960, la Commission vaudoise de recours confirma l'imposition fondée sur l'art. 18 bis AIN, en bref par les motifs suivants: En occupant son poste auprès de la BRI, Roncagli n'exerçait pas d'activité à but lucratif en Suisse. Car cette notion ne doit pas être définie du point de vue géographique, comme le fait l'Administration, mais du point de vue économique. L'art. 18 bis AIN ne vise que l'activité qui "s'exerce dans le cadre de l'économie helvétique en général". Tel n'est pas le cas de celle de l'intimé auprès de la BRI; si elle se situait sur le territoire suisse, elle était indépendante de l'économie helvétique du fait qu'elle était rémunérée au moyen de fonds fournis principalement, voire exclusivement par l'étranger; de plus elle n'impliquait aucune concurrence avec les Suisses qui vivent de l'économie nationale. "L'application du régime forfaitaire au fonctionnaire international qui reste en Suisse après sa retraite se justifie donc par le fait qu'il n'a pas pour moyens BGE 87 I 376 S. 378 d'existence des ressources tirées du pays lors de son activité précédente". B.- L'Administration a formé un recours de droit administratif contre cette décision. Elle demande au Tribunal fédéral de l'annuler et de renvoyer la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. Elle estime que, vu l'activité exercée en Suisse, alors qu'il était au service de la BRI, Roncagli n'a pas droit à l'imposition à forfait. Subsidiairement, elle demande que la retraite de Roncagli soit comprise dans le calcul de l'impôt à forfait conformément à l'art. 18 bis litt. e AIN. C.- La Commission vaudoise de recours, l'administration cantonale de l'impôt pour la défense nationale et Roncagli lui-même concluent au rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon l'art. 18 bis AIN, les contribuables visés à l'art. 3 ch. 1, litt. a ou c, qui ne possèdent pas la nationalité suisse, n'exercent et n'ont exercé en Suisse aucune activité à but lucratif, peuvent acquitter un impôt à forfait en lieu et place de l'impôt sur le revenu et la fortune. Cet impôt est fixé sur la base de la dépense du contribuable, mais doit au moins être égal à celui qui serait dû sur certains éléments bruts du revenu dont la source est en Suisse et de la fortune qui se trouve en Suisse (art. 18 bis al. 2 AIN). Pour la 10e période fiscale, les autorités vaudoises ont taxé Roncagli en vertu de cette disposition légale; l'Administration conteste qu'elle lui soit applicable. Il est constant que Roncagli a été, pendant de nombreuses années, fonctionnaire de la BRI au siège dudit institut, à Bâle. L'intimé et les autorités fiscales vaudoises estiment cependant que cette activité ne s'est pas exercée "en Suisse" selon l'art. 18 bis AIN, car, disent-ils, ce terme ne doit pas être pris dans une acception purement territoriale, mais exige qu'il existe une relation économique avec la Suisse, à savoir que l'activité lucrative du contribuable soit ou ait été en rapport avec l'économie suisse et la mette à contribution. BGE 87 I 376 S. 379 a) Prise littéralement, l'expression "en Suisse" (texte allemand: "in der Schweiz") suppose nettement un rapport territorial et signifie: sur territoire suisse par opposition au territoire des autres Etats. b) L'art. 18 bis ne peut s'appliquer qu'aux catégories de contribuables visées à l'art. 3 ch. 1 litt. a ou c AIN; ce sont les personnes physiques qui ont leur domicile ou qui séjournent pendant un certain temps "en Suisse". Il est manifeste que cette expression ne saurait signifier, ici, autre chose que "sur le territoire suisse". Sous les conditions posées par les litt. a ou c, les personnes dont il s'agit sont imposables en Suisse (sous réserve des traités internationaux) du seul fait qu'elles sont soumises à la souveraineté territoriale suisse, quel que soit le lieu où se trouve ou dont provient la matière fiscale. Elles peuvent demander à payer un impôt forfaitaire, conformément à l'art. 18 bis AIN, lorsqu'elles satisfont aux exigences de cette disposition. L'une de ces conditions est précisément qu'elles n'exercent et n'aient exercé aucune activité lucrative en Suisse. Etant imposables dans ce pays de par leur assujettissement à la souveraineté territoriale, le genre de l'activité lucrative qu'elles exercent ou ont exercé en Suisse est indifférent; peu importe que cette activité ait ou non été dans l'intérêt de l'économie suisse ou seulement en rapport avec elle. L'art. 3 al. 1 litt. b AIN aussi soumet à l'impôt toutes les personnes qui séjournent en Suisse et y exercent une activité lucrative. Dans ce cas non plus, il n'est pas nécessaire d'examiner tout d'abord le genre de cette activité; serait également imposable, sous réserve de dispositions exceptionnelles, le revenu provenant du travail exécuté au service d'une organisation internationale. C'est précisément pour tenir en échec cet assujettissement que des accords spéciaux sont conclus avec certaines de ces organisations. Cela montre clairement que la provenance du revenu, c'est-à-dire le genre de l'activité lucrative, est sans conséquence lorsqu'il s'agit de fixer la qualité de contribuable. Rentre du reste en principe dans le revenu, BGE 87 I 376 S. 380 selon l'art. 21 AIN et sous réserve des exceptions prévues par ailleurs, le produit de toute activité lucrative quelconque. c) C'est donc seulement en vertu d'une disposition exceptionnelle, à savoir l'art. 6 litt. e de la convention du 20 janvier 1930 concernant la BRI (charte constitutive) que Roncagli bénéficiait d'une immunité fiscale en Suisse. Mais cette disposition n'accorde le privilège que pour "les rémunérations et salaires payés par la banque à ses administrateurs et à son personnel n'ayant pas la nationalité suisse". Selon la lettre du texte, l'immunité ne s'étend donc pas aux pensions de retraite servies par la banque et c'est bien ainsi qu'il faut l'interpréter (Message du Conseil fédéral relatif à la convention précitée: FF 1930 I p. 93 s.). L'intimé lui-même ne prétend pas qu'il en aille autrement. Aussi bien, s'il demande à être mis au bénéfice de l'art. 18 bis AIN, c'est qu'il reconnaît en principe être soumis à la souveraineté fiscale suisse. Or, si l'on admettait que cette disposition lui est applicable, il pourrait se trouver, du point de vue de l'imposition, dans une situation plus favorable qu'avant d'avoir pris sa retraite. Lorsqu'il était en fonctions, il devait en principe l'impôt sur la part de son revenu qui excédait son traitement et sur sa fortune dans les limites généralement fixées à la souveraineté fiscale fédérale et cantonale. Au-delà de certaines sommes, l'impôt dû pour ces éléments imposables pouvait dépasser le montant forfaitaire calculé conformément à l'art. 18 bis AIN. Ainsi, dans certains cas tout au moins, la convention du 20 janvier 1930, qui limite expressément l'immunité fiscale au traitement versé par la BRI, aurait fait au personnel en activité une situation moins favorable que celle dont le personnel en retraite jouirait de par la loi suisse, touchant l'impôt pour la défense nationale tout au moins. Cela serait inadmissible. d) L'interprétation du terme "en Suisse" comme visant une relation purement territoriale est confirmée par la genèse de l'art. 18 bis AIN; la recourante le relève à juste titre. BGE 87 I 376 S. 381 C'est l'art. 18 al. 3 ACC qui a institué, pour la première fois en matière d'impôt fédéral direct, la taxation à forfait; il accordait ce privilège aux personnes qui séjournaient en Suisse pour des raisons de santé. Plus tard, l'art. 18 al. 3 AIN l'a accordé aux personnes qui ne séjournaient en Suisse que "pour s'y délasser ou s'y reposer". Mais, sous l'empire de l'une et l'autre de ces deux dispositions légales, on exigeait seulement de l'étranger, pour reconnaître à son séjour un but justifiant l'imposition à forfait, la preuve qu'il n'exerçait point et n'avait jamais exercé d'activité lucrative en Suisse. Cette pratique était fondée, pour la contribution fédérale de crise, sur l'art. 1er al. 2 de l'ordonnance du 11 avril 1934 et, pour l'impôt pour la défense nationale, sur les art. 1er al. 2 des ordonnances successives des 17 avril 1941 et 4 janvier 1943. Le Tribunal fédéral l'a expressément sanctionnée (Archives de droit fiscal suisse, t. 14, p. 64 et t. 17, p. 221). L'absence de toute activité lucrative en Suisse était donc considérée comme une preuve suffisante que l'étranger séjournait sur le territoire national aux fins soit de se soigner, soit de se reposer ou de se délasser; jamais on n'a distingué entre les activités lucratives selon qu'elles mettaient à contribution l'économie suisse ou lui restaient étrangères. Toute espèce d'activité lucrative exercée sur le territoire national excluait l'imposition forfaitaire. L'art. 18 bis AIN, actuellement en vigueur, a modifié sur plusieurs points le régime de cette imposition et il a fait passer, des règles d'exécution à l'arrêté lui-même, la condition de l'absence d'activité lucrative en Suisse. Cependant, rien ne permet de croire que, par cette modification, le législateur ait voulu non pas consacrer purement et simplement la pratique antérieure, mais étendre le privilège fiscal en y admettant les étrangers qui exercent ou ont exercé une activité lucrative sur le territoire national lorsque cette activité ne concerne pas l'économie suisse (PERRET, Kommentar zur eidgenössischen Wehrsteur 1951-1954, p. 32 ss.). BGE 87 I 376 S. 382 Pour instituer l'imposition à forfait, le législateur fédéral s'est sans doute inspiré de la loi vaudoise (art. 12 de la loi vaudoise d'impôt du 24 janvier 1923). Mais il n'en reste pas moins que si cette loi, sur le point litigieux, prévoyait une autre solution que l'arrêté fédéral, on n'en saurait tenir compte dans l'interprétation de celui-ci. 2. Il est vrai qu'en introduisant le système de l'imposition à forfait, le législateur fédéral a aussi pris en considération les intérêts de l'hôtellerie et du tourisme. Mais cette intention ne permet pas d'admettre l'interprétation adoptée par la Commission vaudoise de recours, qui ne trouve d'appui ni dans le texte, ni dans sa genèse, bien au contraire. Ainsi que le conseil de l'intimé l'a constaté, selon l'art. 18 bis AIN, le système de l'imposition à forfait tend à procurer aux étrangers un allégement fiscal à condition que le revenu dont ils vivent en Suisse n'ait pas été acquis en Suisse et que leur fortune ne soit pas placée dans ce pays. Toutefois, même si ces conditions mettent en jeu un rattachement non seulement territorial, mais aussi économique à la Suisse, il ne s'ensuit pas encore, comme l'admet l'intimé, que ce rattachement économique doive aussi exister dans le cas de l'activité lucrative. Le législateur pouvait, sans se mettre en contradiction avec lui-même, en décider autrement, ce qu'il a fait, comme on l'a montré plus haut. Cela était d'autant plus légitime que si l'étranger était fondé à se réclamer de l'art. 18 bis AIN dès lors que son activité lucrative, même exercée sur territoire suisse, n'était pas liée à l'économie du pays, de nombreuses personnes bénéficieraient du privilège, auxquelles le législateur n'a certainement pas voulu l'étendre. L'Administration cite justement, à cet égard, par exemple le personnel des sociétés dont le siège ou un établissement se trouve en Suisse et qui ont pour but exclusif de contrôler l'activité industrielle ou commerciale des entreprises du groupe ou des agents à l'étranger, le personnel de toutes les organisations internationales, BGE 87 I 376 S. 383 même privées. L'imposition à forfait devrait du reste être accordée au personnel en activité aussi bien que mis au bénéfice d'une retraite. 3. On ne saurait rien conclure non plus de la situation spéciale, ni des privilèges dont jouit la BRI de par la convention du 20 janvier 1930. Selon le message du Conseil fédéral (précité), ladite convention, qui énumère limitativement les avantages concédés par la Suisse, ne prévoit aucune exonération des pensions de retraite du personnel de la banque. Au surplus, on ne saurait admettre avec l'intimé que l'activité de la BRI soit sans liens avec l'économie suisse et ne s'exerce que dans le domaine international. Selon les art. 22 et 23 de ses statuts et pour le genre d'affaires qu'elle est autorisée à conclure, la BRI a le droit de traiter non seulement avec des banques centrales, mais encore avec toutes autres banques, banquiers, sociétés et avec des personnes privées. Elle use effectivement de cette faculté. 4. Enfin, Roncagli ne saurait faire état des assurances que lui aurait données l'autorité cantonale, dans la mesure où elles n'étaient pas conformes à la loi. L'autorité fiscale n'a pas le pouvoir de consentir à des contribuables des avantages que le droit applicable ne leur accorde pas. 5. Roncagli n'ayant pas droit au privilège accordé par l'art. 18 bis AIN, il est nécessaire de renvoyer la cause à l'autorité cantonale, afin qu'elle procède à la taxation ordinaire. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral Admet le recours, annule la décision attaquée, renvoie la cause à la Commission vaudoise de recours en matière d'impôt pour nouvelle décision.
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Urteilskopf 118 II 91 19. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. März 1992 i.S. R. J. gegen B. AG (Berufung)
Regeste Berufung gegen einen Zwischenentscheid ( Art. 50 OG ). Voraussetzungen (E. 1a). Die Nichtanfechtung eines Vor- oder Zwischenentscheides führt zu keinem prozessualen Nachteil (E. 1b).
Sachverhalt ab Seite 91 BGE 118 II 91 S. 91 A.- R. J. erlitt am 3. August 1983 bei einem Verkehrsunfall ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule. Sie klagte am 8. Oktober 1986 beim Appellationshof des Kantons Bern gegen die B. AG auf Zahlung eines Fr. 15'000.-- übersteigenden Betrages nebst Zins. In der Folge wurden verschiedene ärztliche Gutachten über die Auswirkungen des Unfalles auf die von Frau J. geltend gemachten Beschwerden eingeholt. Am 23. August 1990 verfügte der Instruktionsrichter mit Zustimmung der Parteien die Beschränkung des Verfahrens auf die Fragen der Haftung und des Invaliditätsgrades sowie die Beurteilung dieser Fragen in einem selbständigen Zwischenentscheid. Der Appellationshof stellte mit Urteil vom 20. Februar 1991 fest, dass die Beklagte die Haftung dem Grundsatz nach anerkannt habe und dass die Klägerin infolge des Unfalles vom 3. August 1983 in der beruflichen Tätigkeit zu 100% und in der Tätigkeit als Hausfrau zu 50% eingeschränkt sei. B.- Gegen diesen Entscheid führt die B. AG Berufung und beantragt die Aufhebung des Urteils und Abweisung der Klage. Das Bundesgericht tritt auf sie nicht ein Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen selbständigen Vor- oder Zwischenentscheid, gegen den die Berufung gemäss Art. 50 Abs. 1 OG nur zulässig ist, wenn dadurch sofort ein BGE 118 II 91 S. 92 Endentscheid herbeigeführt und ein so bedeutender Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erspart werden kann, dass die gesonderte Anrufung des Bundesgerichts gerechtfertigt erscheint. Das Bundesgericht entscheidet über diese Voraussetzungen nach freiem Ermessen ( Art. 50 Abs. 2 OG ). Bei der Ermessensbetätigung sind die Gesamtumstände zu würdigen, was nach einer gewissen Flexibilität ruft. Auf eine Berufung kann von vornherein nicht eingetreten werden, wenn der Berufungskläger überhaupt nicht dartut, warum ein Ausnahmefall vorliegt, mithin die Eintretensfrage schlechthin übersieht. Wo er aber ausdrücklich geltend macht, die Bedingungen von Art. 50 OG seien erfüllt, ist zu differenzieren. Liegt es klar auf der Hand, dass ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren erforderlich sein wird, d.h. geht das bereits unzweifelhaft aus dem angefochtenen Urteil oder aus der Natur des Falles hervor, so darf auf lange Ausführungen verzichtet werden. Andernfalls hat der Berufungskläger im einzelnen darzutun, welche Tatfragen offen sind und welche weitläufigen Beweiserhebungen in welchem zeitlichen und kostenmässigen Umfang erforderlich sind ( BGE 116 II 741 E. 1). Zudem hat er unter Angabe der Fundstelle nachzuweisen, dass er die betreffenden Beweise im kantonalen Verfahren bereits angerufen oder entsprechende Anträge in Aussicht gestellt hat. b) Art. 50 Abs. 1 OG enthält eine Ausnahmebestimmung, die restriktiv auszulegen ist. Das gilt umso mehr, als die Prozessparteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen Vor- oder Zwischenentscheid der obern kantonalen Gerichte oder sonstigen Spruchbehörden nicht anfechten. Sie können mithin sämtliche Einwendungen in einer Berufung gegen den letztinstanzlichen Endentscheid gemäss Art. 48 Abs. 1 OG vorbringen. Diese Möglichkeit steht ihnen selbstredend auch offen, wenn das Bundesgericht auf eine Berufung nach Art. 50 Abs. 1 OG nicht eingetreten ist. Art. 48 Abs. 3 OG zweiter Halbsatz kommt in einem solchen Fall nicht zum Tragen. c) Vorliegend sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Behandlung der Berufung gegen den Zwischenentscheid des Appellationshofes nicht rechtsgenüglich dargetan. Die Beklagte macht lediglich geltend, bei Klageabweisung erübrige sich ein Beweisverfahren. Inwieweit dieses weitläufig, zeitaufwendig oder kostspielig sein soll, ist weder dargetan noch offenkundig. 2. Bei diesem Ausgang kann grundsätzlich offenbleiben, ob es im aktuellen Fall nicht schon am Nachweis fehlt, dass die Beurteilung BGE 118 II 91 S. 93 der Berufung sofort zu einem Endentscheid führt. Der Appellationshof hat im angefochtenen Zwischenentscheid lediglich Tatfragen beurteilt, nämlich die Arbeitsunfähigkeit ( BGE 111 II 301 E. 3) und den natürlichen Kausalzusammenhang ( BGE 113 II 351 E. a). Soweit in einer Berufung zulässige Sachverhaltsrügen (offensichtliches Versehen, Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften, unvollständige Feststellung des Sachverhalts; vgl. dazu BGE 115 II 485 E. 2a) vorgebracht werden, kann das Bundesgericht in der Regel nicht selbst einen Entscheid fällen, sondern muss den Fall an die Vorinstanz zur Neubeurteilung unter den Gesichtspunkten des zu berichtigenden oder zu ergänzenden Sachverhalts zurückweisen.
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Urteilskopf 126 V 23 5. Extrait de l'arrêt du 18 février 2000 dans la cause G. contre Visana et Tribunal cantonal jurassien
Regeste Art. 47 AHVG : Rückerstattung von Leistungen. Mangels einschlägiger Bestimmungen im neuen Recht, welche die Frage regeln würden, ist Art. 47 AHVG auf die Rückerstattung unrechtmässig ausgerichteter Leistungen durch einen Versicherten auch unter der Herrschaft des KVG analog anwendbar.
Erwägungen ab Seite 23 BGE 126 V 23 S. 23 Extrait des considérants : 4. a) Sous le régime de la LAMA, l' art. 47 LAVS était applicable, par analogie, à la restitution de prestations d'assurance-maladie versées indûment (voir par exemple ATF 125 V 186 consid. 2c). Il l'est de la même manière dans le nouveau droit de l'assurance-maladie selon la LAMal, à défaut de disposition topique qui réglerait la question. Le Tribunal fédéral des assurances a du reste déjà tranché la question dans ce sens, de manière implicite tout au moins (RAMA 1999 no KV 97 p. 529 consid. 7; voir aussi GEBHARD EUGSTER, Krankenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Soziale Sicherheit, ch. 220; cf. néanmoins l' art. 56 al. 2 LAMal en ce qui concerne l'obligation de restituer du fournisseur de prestations). b) La restitution de prestations selon l' art. 47 al. 1 LAVS suppose que soient remplies les conditions d'une reconsidération ou d'une révision procédurale de la décision par laquelle les prestations en cause ont été allouées ( ATF 122 V 21 consid. 3a, 368 consid. 3, et la jurisprudence citée). Selon un principe général du droit des assurances sociales, l'administration peut reconsidérer une décision formellement passée en force de chose jugée et sur laquelle une autorité judiciaire ne s'est pas prononcée quant au fond, à condition qu'elle soit sans nul doute erronée et que sa rectification revête une importance notable (ATF BGE 126 V 23 S. 24 ATF 122 V 21 consid. 3a, 173 consid. 4a, 271 consid. 2, 368 consid. 3 et les arrêts cités). En outre, par analogie avec la révision des décisions rendues par les autorités judiciaires, l'administration est tenue de procéder à la révision d'une décision entrée en force formelle lorsque sont découverts des faits nouveaux ou de nouveaux moyens de preuve, susceptibles de conduire à une appréciation juridique différente ( ATF 122 V 21 consid. 3a, 138 consid. 2c, 173 consid. 4a, 272 consid. 2). Ces principes sont aussi applicables lorsque des prestations ont été accordées sans avoir fait l'objet d'une décision formelle et que leur versement, néanmoins, a acquis force de chose décidée. Il y a force de chose décidée si l'assuré n'a pas, dans un délai d'examen et de réflexion convenable, manifesté son désaccord avec une certaine solution adoptée par l'administration et exprimé sa volonté de voir statuer sur ses droits dans un acte administratif susceptible de recours (ATF ATF 122 V 369 consid. 3). c) En l'espèce, il faut admettre que le versement des prestations en cause (qui n'a pas fait l'objet d'une décision formelle) avait acquis force de chose décidée au moment où l'intimée en a demandé la restitution. En effet, il s'est écoulé près de cinq mois entre le moment du paiement des prestations et la demande de remboursement de la caisse. Le recourant, par ailleurs, n'avait aucune raison de remettre en cause le mode de règlement de la caisse, qui lui donnait entièrement satisfaction. Aussi bien doit-on examiner si les conditions d'une reconsidération ou d'une révision procédurale sont remplies dans le cas particulier. Selon un certificat du docteur M. du 18 mars 1997, la deuxième hospitalisation à la Clinique B. a été rendue nécessaire par une dégradation progressive de l'état de santé de l'assuré, avec une perte d'autonomie (p. ex. l'assuré n'arrivait plus à se déplacer seul et à accomplir certains actes ordinaires). Une présence continue était devenue indispensable. Cette présence ne pouvait plus être assurée par l'épouse du patient, en raison de l'état de fatigue de celle-ci. La situation apparaît donc différente de celle qui prévalait au mois de juillet 1996, quand l'assuré a quitté le service de rhumatologie, de médecine physique et de réhabilitation du Centre hospitalier Z. On peut dès lors sérieusement se demander si l'état de santé du patient ne justifiait pas, cette fois, une hospitalisation. La question peut cependant demeurer indécise, car, quoi qu'il en soit, il n'apparaît en tout cas pas, sur le vu de l'appréciation du docteur M., que la décision (non formelle) de la caisse d'accorder ses prestations était entachée d'inexactitude manifeste. BGE 126 V 23 S. 25 D'autre part, on ne voit pas quels faits ou moyens de preuve nouveaux auraient pu justifier une révision procédurale (voir à ce sujet RAMA 1998 no K 990 p. 253 sv. consid. 3c et les références citées). Les faits étaient connus quand la caisse a versé le montant en question, le 29 avril 1997. A ce moment-là la caisse était déjà en possession du rapport du professeur S., d'un rapport de la Clinique B. (du 18 décembre 1996) et d'un avis détaillé de son médecin-conseil (du 1er avril 1997).
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Urteilskopf 107 Ib 40 10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 4. März 1981 i.S. Eheleute K. gegen Regierungsrat des Kantons Schwyz (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 20 GSchG (Fassung vor Inkrafttreten des RPG); Art. 25 AGSchV . Ersatzbauten sind innert nützlicher Frist nach dem Untergang des Gebäudes zu erstellen. Im vorliegenden Fall ist keine Ersatzbaute gegeben, da es sich um eine Baute handelt, die anstelle eines vor sechzig Jahren abgebrannten Bauernhauses errichtet werden soll.
Sachverhalt ab Seite 41 BGE 107 Ib 40 S. 41 Die Eheleute K. beabsichtigen, auf ihrem ausserhalb des Baugebietes und des generellen Kanalisationsprojektes liegenden Grundstück "Imseli" ein Wohnhaus zu errichten. Die kommunalen Behörden und der Regierungsrat des Kantons Schwyz verweigerten im Jahre 1979 die Baubewilligung gestützt auf die Gewässerschutzgesetzgebung. Die von den Eheleuten K. erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde weist das Bundesgericht ab. Das Bundesgericht überprüft den angefochtenen Entscheid aufgrund der Gewässerschutzgesetzgebung in der vor dem Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes, zur Zeit des Erlasses des angefochtenen Entscheides geltenden Fassung (GSchG in AS 1972 950; AGSchV in AS 1974 1810). Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 3. Die Beschwerdeführer wenden gegen die Anwendung von Art. 20 GSchG ein, beim streitigen Bauvorhaben handle es sich um einen Wiederaufbau und somit um eine Ersatzbaute. Sie machen unter Hinweis auf BGE 102 Ib 212 geltend, Ersatzbauten seien Umbauten gleichgestellt; nach Art. 25 AGSchV fielen diese nicht unter Art. 20 GSchG , wenn sie das Ausmass der zu ersetzenden Baute hinsichtlich Nutzung und Grösse nicht mehr als einen Viertel übersteigen. Demgegenüber hat der Regierungsrat das Vorliegen einer Ersatzbaute verneint. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung werden die weder im Gewässerschutzgesetz noch in der Allgemeinen Gewässerschutzverordnung genannten Ersatzbauten den Umbauten gleichgestellt. Planerische und gewässerschutzrechtliche Gesichtspunkte rechtfertigen eine analoge Beurteilung ( BGE 102 Ib 215 E. c). Die analoge Behandlung setzt indessen voraus, dass der Wiederaufbau innert nützlicher Frist an die Hand genommen wird. Liegt zwischen dem Wiederaufbau und der Zerstörung der Altbaute eine grosse Zeitspanne, so rechtfertigt sich ein besitzstandsrechtlicher Schutz nicht (MARTIN PFISTERER, Die Anwendung neuer Bauvorschriften auf bestehende Bauten und Anlagen, insbesondere die Besitzstandsgarantie, Diss. Bern 1979, S. 190 f.; AGVE 1975 S. 243 ff.). Im vorliegenden Fall ist auf dem "Imseli" im Jahre 1917 ein landwirtschaftliches Wohnhaus abgebrannt. Es wurde damals nicht wieder aufgebaut, und es sind heute höchstens noch gewisse Reste der Grundmauern erkennbar. Bei dieser grossen Zeitspanne BGE 107 Ib 40 S. 42 kann das Bauvorhaben, für das die Beschwerdeführer am 9. Dezember 1977 ihr Baugesuch stellten, nicht als Ersatzbaute betrachtet werden. Nach dem Gewässerschutzgesetz wäre eine Anerkennung des Bauprojekts - unabhängig von der Frage eines Wiederaufbaus - allenfalls dann in Frage gekommen, wenn im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, am 1. Juli 1972, bereits eine rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen hätte (PFISTERER, a.a.O., S. 151 f.). Das war hier nicht der Fall. Die Frage, ob nach dem Gewässerschutzgesetz eine Zerstörung des Gebäudes im Hinblick auf einen Wiederaufbau noch länger zurück als gut fünf Jahre vor dem Baugesuch vom 5. Dezember 1977 berücksichtigt werden müsste, kann offen bleiben. Denn eine solche Berücksichtigung scheidet schon nach dem kantonalen Baurecht aus: Das sogenannte Recht der alten Bauten ist gemäss § 49 Abs. 1 Baugesetz vom 30. April 1970 (BauG) auf fünf Jahre seit Zerstörung oder Abbruch der Baute befristet, sodass das Wiederaufbaurecht spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten des Baugesetzes (27. September 1970), nämlich im Herbst 1975 dahingefallen wäre. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, beim geplanten Bauvorhaben handle es sich nicht um einen neuen Landwirtschaftsbetrieb, sondern um die Reaktivierung eines "uralten". Mit dieser Argumentation anerkennen sie, dass ein Unterbruch stattgefunden hat. In der Tat ist seit dem Brand des Hauses im Jahre 1917 der Landwirtschaftsbetrieb auf dem "Imseli" eingestellt worden. Seit dem Erwerb des Grundstücks im Jahre 1971 halten die Beschwerdeführer auf dem Land, auf dessen oberem Teil ein Viehstall mit Heulagerraum steht, 20-30 Schafe und Ziegen. Daneben bestehen Obstkulturen. Grossvieh soll nicht gehalten werden. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei dem gegenwärtigen und künftig beabsichtigten Landwirtschaftsbetrieb gegenüber dem im Jahre 1917 aufgegebenen um einen neuen Betrieb im Sinne der Rechtsprechung handelt. Die strengen Anforderungen, die gemäss BGE 103 Ib 110 an die Struktur eines neuen Betriebes gestellt werden, sind also auch im vorliegenden Fall voll anwendbar. Unter diesen Umständen kann nicht von einer Ersatzbaute gesprochen werden. Das Bauprojekt der Beschwerdeführer ist als Neubaute zu betrachten, auf die Art. 20 GSchG Anwendung findet und deren Bewilligung an den Nachweis eines sachlich begründeten Bedürfnisses geknüpft ist.
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Urteilskopf 96 IV 72 17. Urteil des Kassationshofes vom 3. Juli 1970 i.S. Berger gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden.
Regeste Art. 310 Ziff. 1 StGB ; Befreiung von Gefangenen. 1. Die Anwendung von Gewalt, Drohung oder List ist auch für die Hilfe zur Flucht erforderlich (Erw. 2). 2. Die Begünstigung eines bereits in Freiheit gelangten Gefangenen fällt nicht unter Art. 310 StGB (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 73 BGE 96 IV 72 S. 73 A.- Der im März 1969 auf Veranlassung seines Vormundes wegen Liederlichkeit in die Arbeitserziehungsanstalt Realta eingewiesene Nikolaus Rozeck vereinbarte anlässlich eines Besuches seiner Braut Elisabeth Marugg am 7. April 1969 mit dieser, dass sie ihn am Abend des 12. April 1969 mit einem Auto an einer bestimmten Stelle in der Nähe der Anstalt erwarten werde. Fräulein Marugg sicherte sich die Mitwirkung ihrer Freundin Katharina Suter, und diese zog ihren Freund Hans Frey ins Vertrauen. Die drei fuhren am 12. April 1969 mit einem auf Veranlassung des Frey durch den Taxichauffeur Hans-Ulrich Berger gemieteten Auto nach Chur. Ursprünglich war beabsichtigt, dass Berger den Wagen steuern sollte. Im Einvernehmen mit Frey blieb er aber zuhause, um nicht in die Sache verwickelt zu werden. In Chur mieteten die drei einen zweiten Wagen und fuhren nach Realta weiter. Auf das vereinbarte Hupsignal halfen sich Rozeck und der von diesem eingeweihte Mitinsasse Walter Bachmann gegenseitig beim Übersteigen der Mauer. Sie gelangten zu den wartenden Autos und fuhren mit ihren Helfern nach Zürich. In der Wohnung von Berger gab dieser dem nur mit Hemd und Hose bekleideten Bachmann abgelegte Kleider sowie Geld und führte ihn darauf im Auto nach Urdorf. Berger war von Anfang an über die ganze Sachlage unterrichtet. B.- Das Kreisgericht Thusis erklärte am 5. November 1969 Marugg, Suter, Berger und Rozeck der Gefangenenbefreiung gemäss Art. 310 Ziff. 1 StGB schuldig. (Das Verfahren gegen Frey war nach Zürich überwiesen und dort eingestellt worden.) Berger wurde zu 10 Tagen Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug verurteilt. Im Berufungsverfahren setzte der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden am 19. März 1970 die Gefängnisstrafe auf 5 Tage herab. C.- Berger führt gegen das kantonsgerichtliche Urteil Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag auf Freisprechung. BGE 96 IV 72 S. 74 Er macht geltend, die Vorinstanz habe Art. 310 Ziff. 1 StGB verletzt, weil weder Gewalt noch List oder Drohung angewandt und die Flucht aus der Anstalt ohne fremde Hilfe bewerkstelligt worden sei. Die Staatsanwaltschaft beantragt Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Der Befreiung von Gefangenen gemäss Art. 310 Ziff. 1 StGB macht sich schuldig, "wer mit Gewalt, Drohung oder List einen Verhafteten, einen Gefangenen oder einen andern auf amtliche Anordnung in eine Anstalt Eingewiesenen befreit oder ihm zur Flucht behilflich ist". 2. Es liegt auf der Hand, dass der Beschwerdeführer weder mit der Miete des Wagens und dessen Überlassung an die Fluchthelfer noch durch das Zurverfügungstellen seiner Wohnung und das Aushelfen mit Kleidern und Geld Gewalt, Drohung oder List angewandt hat. Auch die Vorinstanz nimmt das nicht an. Hingegen vertritt sie die Auffassung, die Anwendung von Gewalt, Drohung oder List sei nur für die eigentliche Gefangenenbefreiung erforderlich, nicht auch für die Hilfe zur Flucht. a) Die Berufung des Kantonsgerichts auf HAFTER, Bes. Teil S. 816, schlägt nicht durch. Dieser findet, wenn man Gewalt, Drohung und List auch bei der Hilfe zur Flucht fordere, werde dieser Tatbestand ungebührlich eingeengt. Er untersucht indessen nicht, ob diese Lösung dem Sinn des Gesetzes entspreche. VASALLI, L'evasione nel diritto penale svizzero S. 127, nimmt an, dies sei die Auffassung der Doktrin, verweist jedoch lediglich auf HAFTER. b) Wie VASALLI, a.a.O., zutreffend feststellt, ist die von HAFTER vertretene Meinung das Gegenteil dessen, was der historische Gesetzgeber wollte. Das geht aus ZUERCHERS Motiven zum Vorentwurf von 1908 (S. 384 a.E.) hervor; ferner aus dem Votum MUELLER in der 2. Expertenkommission (Prot. V S. 261), der erklärte: "Man ist einig, dass sich die Worte Gewalt, Drohung oder List auf die Befreiung und auf die Hilfeleistung dazu beziehen sollen". c) Dieser Wille ist im Wortlaut des Art. 310 Ziff. 1 StGB unvollkommen zum Ausdruck gebracht worden. Er lässt in allen drei Sprachen die eine wie die andere Auffassung zu. BGE 96 IV 72 S. 75 Immerhin spricht die grammatikalische Auslegung eher dafür, dass die Einschränkung beide Begehungsformen erfassen soll. d) Dem Zweckgedanken und der Systematik des Gesetzes entspricht es, auch die Hilfe zur Flucht lediglich dann gemäss Art. 310 StGB zu bestrafen, wenn List, Gewalt oder Drohung angewandt wurden. Das Gesetz lässt den einzelnen Gefangenen, der sich selbst befreit, straflos. Auch derjenige ist nicht nach Art. 310 strafbar, der einen Gefangenen ohne Anwendung von List, Gewalt oder Drohung befreit. Befreiungshandlungen greifen jedoch unmittelbarer in den Anstaltsgewahrsam ein als die blosse Hilfe zur Flucht. Es ist nicht einzusehen, wieso letztere strafwürdiger sein sollte als die eigentliche Befreiung. Die Fluchthilfe für einen Strafgefangenen bleibt nicht straflos, wenn sie ohne Anwendung von Gewalt, List oder Drohung geschieht. In diesem Falle kommt Art. 305 zur Anwendung, der jeden mit Strafe bedroht, der jemanden der Strafverfolgung, dem Strafvollzug oder dem Vollzug einer richterlich angeordneten Massnahme entzieht. Art. 305 betrifft indessen nur die dort abschliessend aufgezählten Kategorien von Gefangenen. Administrativ Eingewiesene fallen nicht darunter. Wer einen administrativ Verwahrten, der sich dem Zugriff der Behörden entzogen hat, begünstigt, ist nach Art. 305 nicht strafbar. Wird jedoch ein administrativ Verwahrter mit List, Gewalt oder Drohung befreit oder wird ihm auf solche Weise zur Flucht verholfen, kommt Art. 310 StGB zum Zug. Weil die Anwendung dieser besonderen Mittel ein besonderes Bedürfnis nach Bestrafung schafft, sind bei Art. 310 die administrativ Eingewiesenen richtigerweise nicht ausgeklammert worden. Wollte man mit der Vorinstanz annehmen, die Fluchtbegünstigung sei nach Art. 310 in jedem Falle strafbar, auch ohne Anwendung von List, Gewalt oder Drohung, dann würde der bewussten Einschränkung des Art. 305 StGB auf Strafgefangene für diese Form der Tatbegehung die praktische Bedeutung genommen. Die Vorinstanz hat somit Art. 310 StGB verletzt, indem sie den Beschwerdeführer verurteilte, obwohl er weder List noch Gewalt oder Drohung angewandt hat. 3. - Die Vorinstanz ist ferner der Auffassung, Art. 310 StGB finde auch auf die Begünstigung eines bereits in Freiheit gelangten Gefangenen Anwendung, der sich einer neuerlichen Verhaftung und Rückversetzung in eine Anstalt zu entziehen trachtet. Dementsprechend hat sie Berger dafür bestraft, dass BGE 96 IV 72 S. 76 er das Auto zur Verfügung stellte und nachher Bachmann mit Kleidern und Geld aushalf. Damit hat sie Art. 310 erneut verletzt. Die Gefangenenbefreiung ist vollendet im Augenblick, wo der Gefangene die Freiheit erlangt hat. Die Flucht ist gelungen, wenn der Gefangene alle zur Sicherung des Gewahrsams aufgerichteten Hindernisse überwunden hat. Nur bis zu diesem Zeitpunkt kann ein Dritter dem Gefangenen zur Flucht verhelfen. Die Hilfe, die dem Flüchtigen nach der Befreiung gewährt wird, fällt nicht unter Art. 310 StGB . Dem entspricht auch die unzweideutige Formulierung dieser Bestimmung: Bestraft wird der Dritte, der einem Gefangenen "zur Flucht" hilft. Noch deutlicher sind die romanischen Texte: "... fait évader une personne arrêtée. .. ou lui aura prêté assistance pour s'évader. .." und ". .. o le presta aiuto nell'evasione. ..". Die Hilfe zur Flucht muss also bei der Entweichung, bei der Befreiung geleistet werden, um unter Art. 310 StGB zu fallen. Dass die später geleistete Hilfe auch nach Art. 305 nicht bestraft wird, wenn der Geflohene administrativ eingewiesen war, entspricht dem Willen des Gesetzes und darf vom Richter nicht durch eine sinn- und zweckwidrige Auslegung von Art. 310 geändert werden. 4. Ob anders zu entscheiden wäre für den Fall, dass die Flucht ohne die Zusicherung der späteren Hilfeleistung durch einen Dritten unterblieben wäre, kann dahingestellt bleiben. Es wird nicht behauptet, die beiden Anstaltsinsassen wären ohne die von Berger geleistete Hilfe nicht entwichen. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Kantonsgerichtes Graubünden vom 19. März 1970 aufgehoben und die Sache zur Freisprechung des Beschwerdeführers an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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Urteilskopf 138 II 239 19. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. X. Inc. gegen Eidgenössische Steuerverwaltung (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_638/2010 vom 19. März 2012
Regeste Art. 5, 19 Abs. 1 und 3, Art. 38 Abs. 3 MWSTG 1999; Mehrwertsteuer; Steuerumgehung; Halten eines Privatflugzeugs durch eine Aktiengesellschaft. Leistungsaustausche zwischen nahestehenden Personen: Leistungen gegenüber nahestehenden Personen sind mit Bezug auf das Steuerobjekt nicht anders zu behandeln als Leistungen gegenüber unabhängigen Dritten (E. 3). Die von der Rechtsprechung zur Steuerumgehung entwickelten Grundsätze finden auch bei der Mehrwertsteuer Anwendung (E. 4.1 und 4.2). Vorliegend ist eine geschäftliche Nutzung des Flugzeugs nicht nachgewiesen und erfolgte die Anmeldung der Aktiengesellschaft als Mehrwertsteuerpflichtige einzig in der Absicht, bei minimaler steuerlicher Belastung sich den Vorsteuerabzug auszahlen zu lassen. Steuerumgehung bejaht (E. 4.3 und 4.4).
Sachverhalt ab Seite 240 BGE 138 II 239 S. 240 Bei der X. Inc. handelt es sich um eine Gesellschaft nach der Gesetzgebung der Cayman Islands mit exempted-Status (exempted company limited by shares) mit Sitz in George Town, Grand Cayman. Sie verfügt über kein Personal. Einziger Geschäftsführer der Gesellschaft ist M. von der N. AG, Steuer- und Unternehmensberatung, in Zug. Die Gesellschaft wurde mit Wirkung ab 1. November 2000 als Mehrwertsteuerpflichtige bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung registriert. Gemäss den Angaben auf dem Fragebogen zur Mehrwertsteuerpflicht bezweckt die Gesellschaft die Vercharterung von Flugzeugen. Am 24. April 2001 führte die X. Inc. ein Flugzeug der Marke und des Typs Bombardier Learjet 31A in die Schweiz ein und bezahlte darauf die Einfuhrsteuer von Fr. 800'579.95. In der Mehrwertsteuerabrechnung für das 2. Quartal 2001 machte sie die Einfuhrsteuer zum Vorsteuerabzug geltend. Bereits zuvor, am 7. März 2001, hatte die X. Inc. mit der O. Ltd., Zürich, einen Aircraft-Management-Vertrag ("Service Agreement") geschlossen. Darin verpflichtete sich die O. Ltd. gegen ein entsprechendes Entgelt zur Erbringung sämtlicher Leistungen, die mit dem Betrieb des Flugzeugs anfallen. Die X. Inc. machte für die ihr von der O. Ltd. in Rechnung gestellten Leistungen wiederum den Vorsteuerabzug geltend. In der Folge verlangte die Eidgenössische Steuerverwaltung bei der X. Inc. verschiedene Unterlagen ein und führte bei deren Geschäftsführer eine Kontrolle durch. Mit Ergänzungsabrechnung vom 25. Februar 2004 belastete sie der X. Inc. die gesamten geltend gemachten Vorsteuern im Betrag von Fr. 870'298.- zurück. Diese Rückbelastung bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung mit Entscheid vom 9. Mai 2006 und Einspracheentscheid vom 6. August 2008. Sie begründete das im Wesentlichen damit, dass das Flugzeug ausschliesslich durch A. benutzt worden sei, aber jeglicher Nachweis fehle, dass dieser die entsprechenden Rechnungen der X. Inc. auch beglichen habe. Die geltend gemachten Vorsteuern seien offensichtlich nicht in steuerbare Ausgangsumsätze geflossen; damit sei der Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Sodann müsse auch von einer Steuerumgehung ausgegangen werden. BGE 138 II 239 S. 241 Eine Beschwerde der X. Inc. gegen den Einspracheentscheid wies das Bundesverwaltungsgericht mit Entscheid vom 11. Juni 2010 im Ergebnis ab. Das Bundesverwaltungsgericht begründete seinen Entscheid im Wesentlichen damit, es liege eine Steuerumgehung vor. Der Durchgriff auf den wirtschaftlich Berechtigten, A., bewirke, dass keine Mehrwertsteuer geschuldet sei und keine Vorsteuer zurückverlangt werden könne, da dieser nicht mehrwertsteuerpflichtig sei. Die X. Inc. führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. 3.1 Zu beurteilen ist hier die Mehrwertsteuer der Jahre 2001 bis 2003. Gemäss Art. 112 Abs. 1 und 2 des am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom 12. Juni 2009 über die Mehrwertsteuer (MWSTG; SR 641.20) finden daher in materieller Hinsicht noch das alte Bundesgesetz vom 2. September 1999 über die Mehrwertsteuer (aMWSTG; AS 2000 1300) und die zugehörigen Ausführungsbestimmungen Anwendung. 3.2 Gemäss Art. 5 aMWSTG unterliegen - abgesehen von der Steuer auf dem Eigenverbrauch - nur die gegen Entgelt erbrachten Lieferungen und Dienstleistungen der Mehrwertsteuer. Damit ein steuerbarer Umsatz vorliegt, ist ein Austausch von Leistungen notwendig. Die Leistung, welche der Unternehmer erbringt, ist entweder eine Lieferung oder eine Dienstleistung. Die Gegenleistung besteht im Entgelt. Nach Art. 33 Abs. 1 aMWSTG wird die Steuer vom Entgelt berechnet. Zwischen Leistung und Gegenleistung muss zudem eine innere wirtschaftliche Verknüpfung gegeben sein in dem Sinn, dass die Leistung eine Gegenleistung auslöst ( BGE 126 II 443 E. 6a S. 451; BGE 132 II 353 E. 4.1 S. 357; Urteil 2A.334/2003 vom 30. April 2004 E. 2.1, in: ASA 75 S. 234). Ein Leistungsaustausch ist auch zwischen nahestehenden Personen möglich. Leistungen gegenüber nahestehenden Personen sind mit Bezug auf das Steuerobjekt nicht anders zu behandeln als Leistungen gegenüber unabhängigen Dritten. Das ergibt sich aus dem Begriff des Leistungsaustausches bei Lieferungen und Dienstleistungen im Sinne der Artikel 5 ff. aMWSTG, welche diesbezüglich keine Ausnahme oder abweichende Behandlung vorsehen. BGE 138 II 239 S. 242 3.3 Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid offengelassen, ob zwischen der Beschwerdeführerin und A. tatsächlich ein mehrwertsteuerlicher Leistungsaustausch stattgefunden habe. Es steht jedoch verbindlich (vgl. nicht publ. E. 2) fest, dass die Beschwerdeführerin gegenüber A. Leistungen erbracht hat, indem sie ihm das Flugzeug zur Verfügung stellte. Die für den Betrieb und den Unterhalt des Flugzeuges notwendigen Dienstleistungen bezog sie dabei von der O. Ltd. im Inland im Rahmen eines "Service Agreements". Es handelt sich bei den von der Beschwerdeführerin ihrem Aktionär erbrachten Leistungen um Umsätze im mehrwertsteuerrechtlichen Sinn (Art. 5 ff. aMWSTG). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung wäre von einer Entgeltlichkeit beziehungsweise von einem Austauschverhältnis selbst dann auszugehen, wenn zwar überhaupt kein Entgelt bezeichnet und bezahlt wird, jedoch die Leistung, die dem nahestehenden Dritten erbracht wird, üblicherweise nur gegen Entgelt erhältlich ist (vgl. Urteil 2A.264/2006 vom 3. September 2008 E. 5.3, in: ASA 78 S. 600, mit weiteren Hinweisen). Vorliegend ist darüber hinaus erstellt, dass die Beschwerdeführerin gegenüber A. die erbrachten Leistungen fakturierte. Es kann daher grundsätzlich von einem Leistungsaustausch ausgegangen werden, und zwar unabhängig davon, ob die Flüge zu geschäftlichen oder zu privaten Zwecken des Leistungsempfängers erfolgten (vgl. Urteil 2C_632/2007 vom 7. April 2008 E. 2, in: ASA 77 S. 354). 3.4 Solche Leistungen unterliegen der Mehrwertsteuer aber nur, wenn sie im Inland erbracht werden (Art. 5 lit. a und b aMWSTG). Handelt es sich bei den von der Beschwerdeführerin erbrachten Leistungen um Beförderungs(dienst)leistungen, ist Art. 14 Abs. 2 lit. b aMWSTG zu beachten. Nach dieser Vorschrift gilt als Ort von Beförderungsleistungen das Land, in dem eine zurückgelegte Strecke liegt. Steuerbar sind daher nur die auf das Inland entfallenden Streckenteile. Die im Ausland zurückgelegten Streckenteile sind der schweizerischen Mehrwertsteuer nicht unterworfen. Grenzüberschreitende Beförderungen im Luftverkehr, d.h. solche, bei denen entweder der Ankunfts- oder der Abflugsort im Inland liegt, sind indessen - auch was den inländischen Streckenanteil betrifft - von der Steuer befreit (Art. 19 Abs. 3 aMWSTG in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 29. März 2000 zum aMWSTG [aMWSTGV; AS 2000 1347]). Es handelt sich dabei um eine echte Steuerbefreiung, weil die Vorsteuer abgezogen werden kann (Art. 19 Abs. 1 aMWSTG). Das Recht auf Vorsteuerabzug besteht bei grenzüberschreitender Beförderung auch für den auf das Ausland BGE 138 II 239 S. 243 entfallenden, der hiesigen Mehrwertsteuer nicht unterliegenden Streckenteil. Das ergibt sich aus Art. 38 Abs. 3 aMWSTG, wonach der Steuerpflichtige die Vorsteuern auch abziehen kann, wenn er die Gegenstände oder Dienstleistungen für Tätigkeiten verwendet, die steuerbar wären, wenn sie im Inland bewirkt würden (vgl. zum Ganzen die Urteile 2C_632/2007 vom 7. April 2008 E. 2, in: ASA 77 S. 354, und 2A.55/1999 vom 23. Januar 2001 E. 4a, in: ASA 71 S. 564). Das trifft bei den hier streitigen Leistungen zu. Der für den Vorsteuerabzug erforderliche Konnex zwischen den Beförderungsleistungen und den steuerbelasteten Vorleistungen wäre vorliegend somit gegeben. Ginge es demgegenüber bei der Überlassung des Flugzeugs durch die Beschwerdeführerin an A. um eine Vercharterung (oder Vermietung), so wäre die Überlassung des in die Schweiz eingeführten und hier immatrikulierten Flugzeugs zum Gebrauch oder zur Nutzung eine in der Schweiz steuerbare oder allenfalls steuerbefreite Lieferung, Letzteres wenn das Flugzeug überwiegend für Flüge im Ausland eingesetzt würde (vgl. Art. 6 Abs. 2 lit. b, Art. 13 lit. a, Art. 19 Abs. 2 Ziff. 2 aMWSTG; Urteil 2A.314/1998 vom 27. Februar 2001 E. 2b, in: ASA 73 S. 316). Auch unter dieser Hypothese bestünde aber ein Zusammenhang (Konnex) zwischen den Vercharterungsleistungen und den von der Beschwerdeführerin steuerbelastet bezogenen Vorleistungen und wäre der Vorsteuerabzug zulässig. 4. Es stellt sich jedoch die Frage einer Steuerumgehung. 4.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BGE 131 II 627 E. 5.2 S. 635 f.; Urteile 2A.470/2002 vom 22. Oktober 2002 E. 4.1 und 5.1, in: StR 59/2004 S. 127; 2A.580/2000 vom 12. Juli 2001 E. 2c, in: StE 2001 A 12 Nr. 10; je mit Hinweisen) wird eine Steuerumgehung angenommen, wenn (1.) eine von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich (insolite), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint, (2.) anzunehmen ist, dass die gewählte Rechtsgestaltung missbräuchlich lediglich deshalb getroffen wurde, um Steuern einzusparen, die bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären, und (3.) das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von den Steuerbehörden hingenommen würde. Entgegen der in der neuen Literatur geäusserten Ansicht (vgl. anstelle vieler, PETER LOCHER, Rechtsmissbrauchsüberlegungen im Recht der direkten Steuern der Schweiz, ASA 75 S. 675 f., insb. 680; RENÉ MATTEOTTI, Der Durchgriff bei von Inländern beherrschten BGE 138 II 239 S. 244 Auslandgesellschaften im Gewinnsteuerrecht, 2003, S. 188 ff.) ist an diesen Kriterien festzuhalten. Zwar ist mit der neueren Lehre festzustellen, dass Steuerumgehung - im Sinne einer rechtsmissbräuchlichen Anrufung des als massgeblich geltenden Sinnes einer Norm (vgl. dazu BGE 131 II 562 E. 3.5 S. 568 und BGE 129 III 656 E. 4.1 S. 657 f.) - nur in ganz ausserordentlichen Situationen in Frage kommt, d.h. wenn trotz Heranziehung des Normsinnes als Auslegungsschranke eine Besteuerung oder eine Steuerbefreiung nicht möglich ist, das Gesetz also angewendet werden kann, das Ergebnis aber aufgrund der konkreten Ausgestaltung des Sachverhalts in hohem Masse als stossend erscheint bzw. einer Willkür gleichkäme (LOCHER, a.a.O., S. 694; MARKUS REICH, Steuerrecht, 2. Aufl. 2012, § 6 N. 47 S. 149). Wird das Vorliegen einer Steuerumgehung mit dieser Gewichtung geprüft, so stellen die genannten Kriterien einen tauglichen Prüfraster für die Abgrenzung von der steuerlich zu akzeptierenden Steuervermeidung dar. Was die Beurteilung der gewählten Rechtsgestaltung, das sog. objektive Element, betrifft, ist daher das Gewicht auf die völlige Unangemessenheit zu legen. Das heisst, für die Annahme einer Steuerumgehung muss eine Sachverhaltsgestaltung vorliegen, die - wenn man von den steuerlichen Aspekten absieht - jenseits des wirtschaftlich Vernünftigen liegt (vgl. REICH, a.a.O., § 6 N. 20 S. 141). Das sog. subjektive Element spielt insofern eine entscheidende Rolle, als die Annahme einer Steuerumgehung ausgeschlossen bleibt, wenn andere als blosse Steuerersparnisgründe bei der Rechtsgestaltung eine relevante Rolle spielen. Wird der Anwendung der Steuerumgehung das rechtsmissbräuchliche Anrufen einer Norm zugrunde gelegt, so kann die zweckwidrige, ohne schützenswertes Interesse erfolgende Rechtsausübung nicht unbeachtet bleiben. Was schliesslich das sog. effektive Element anbelangt, ist zu beachten, dass der Steuerpflichtige grundsätzlich frei ist, wie er seine Rechtsverhältnisse gestalten will, und dass bei rechtsmissbräuchlicher Gestaltung dann eingegriffen werden soll, wenn diese andernfalls tatsächlich Wirkung entfalten würde. Nicht zu prüfen ist im Kontext der Steuerumgehung, wie zu verfahren ist, wenn die Anwendung einer Norm zu einer Steuerübertreibung führen würde, die als krasser Verstoss gegen die Steuergerechtigkeit und damit als willkürlich qualifiziert werden müsste (anders beispielsweise LOCHER, a.a.O., S. 694 und MATTEOTTI, a.a.O., S. 189, welche bei ihren Überlegungen Rechtsmissbrauch und Willkür gleichsetzen und darauf basierend von der Annahme einer unechten Lücke sprechen, BGE 138 II 239 S. 245 welche vom Rechtsanwender geschlossen werden darf [und dann wohl auch geschlossen werden muss]). Ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Steuerumgehung erfüllt sind, ist aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Wird eine Steuerumgehung bejaht, ist gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung der Besteuerung die Rechtsgestaltung zugrunde zu legen, die sachgemäss gewesen wäre, um den erstrebten wirtschaftlichen Zweck zu erreichen. Entgegen in der Literatur geäusserten Meinungen (vgl. beispielsweise LOCHER, a.a.O., S. 680 und 696) erscheint eine solche Sachverhaltsfiktion als unproblematisch, wird doch lediglich die formale privatrechtliche Ausgestaltung des Sachverhalts negiert bzw. fingiert, unverändert bleibt jedoch der Sachverhalt mit Bezug auf seine - für die Beurteilung massgebenden - wirtschaftlichen Auswirkungen (vgl. REICH, a.a.O., § 6 N. 24). 4.2 Entgegen der Auffassung von PIERRE-MARIE GLAUSER (Evasion fiscale et interprétation économique en matière de TVA [nachfolgend: Evasion], ASA 75 S. 727 ff.) besteht kein hinreichender Grund, diese Regeln nicht auch bei der Mehrwertsteuer anzuwenden (s. Urteile 2C_742/2008 vom 11. Februar 2009 E. 5.5 f., in: ASA 79 S. 260; 2C_632/2007 vom 7. April 2008 E. 4.2, in: ASA 77 S. 354; 2A.61/2006 vom 29. November 2006 E. 3.1 und 3.2, in: StR 62/2007 S. 586, Zusammenfassung). In BGE 132 II 353 E. 10 S. 369 f. hat das Bundesgericht den Fall der Steuerumgehung ausdrücklich vorbehalten, ebenso im Urteil 2A.748/2005 vom 25. Oktober 2006 E. 3.5 (in: StR 62/2007 S. 234, Zusammenfassung). Dieser bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist Kritik erwachsen, wobei auf grundsätzliche Überlegungen in der Literatur verwiesen wurde, wonach eine Steuerumgehung nur dort in Frage komme, wo sich die Steuernorm auf das Zivilrecht stütze, was im Bereich der Mehrwertsteuer nicht der Fall sei, da diese hauptsächlich auf wirtschaftlichen Konzepten beruhe (vgl. BÉATRICE BLUM, Steuerumgehung bei der Mehrwertsteuer - Halten eines Flugzeuges in einer "Briefkastengesellschaft", in: Entwicklungen im Steuerrecht, 2009, S. 343 ff., bes. 347, und GRÜNINGER/OESTERHELT, Steuerrechtliche Entwicklungen [insbesondere im Jahr 2008], SZW 2009 S. 51 ff., 65 ff., mit Hinweis auf GLAUSER, Evasion, a.a.O., S. 728 ff.). Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Zwar hat das Bundesgericht konstant festgehalten, im Zusammenhang mit einer Steuernorm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten hänge die Zulässigkeit der sog. wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht davon ab, ob die Voraussetzungen der BGE 138 II 239 S. 246 Steuerumgehung erfüllt sind (statt vieler, vgl. Urteile 2A.537/2005 vom 21. Dezember 2006 E. 2.1; 2A.648/2005 vom 11. April 2006 E. 3.1; 2A.234/2004 vom 17. Januar 2005 E. 3.3, in: StE 2005 B 24.4 Nr. 72). Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, wenn eine Norm in wirtschaftlicher Betrachtungsweise ausgelegt werde, sei kein Raum mehr für die Annahme einer Steuerumgehung: Der Annahme einer Steuerumgehung liegt - wie bereits ausgeführt - der Gedanke zugrunde, dass die missbräuchliche Geltendmachung eines Rechts bzw. die missbräuchliche Berufung auf eine gesetzliche Norm keinen Schutz verdient. Diese Grundüberlegung gilt jedoch unabhängig davon, ob eine Norm rein zivilrechtlich auszulegen ist oder in wirtschaftlicher Betrachtungsweise. Ergibt sich, dass eine gewählte Rechtsgestaltung den - letztlich - verfolgten wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen ist und dass die Akzeptanz dieser Rechtsgestaltung aufgrund der Anwendung der hierfür vorgesehenen Gesetzesnormen zu unbilligen Steuereinsparungen führen würde, so verdient die missbräuchliche Berufung auf die letztlich wirtschaftlich nicht gewollte Rechtsgestaltung keinen Schutz. Ob der Inhalt der missbräuchlich in Anspruch genommenen Normen dabei in rein zivilrechtlicher Auslegung oder in wirtschaftlicher Auslegung zu ermitteln ist, ist irrelevant (vgl. in diesem Sinn auch das Zweistufenmodell von LOCHER, a.a.O., S. 693 f.; zu kurz greift hier wohl PIERRE-MARIE GLAUSER, Notion d'évasion fiscale, in: Evasion fiscale, 2010, S. 18, wenn er ausführt, "il serait en effet tout à fait contradictoire d'invoquer la réalité économique dans le cadre de l'évasion pour s'écarter d'une disposition interprétée selon la même réalité économique"). Dies zeigt sich beispielhaft bei den Sachverhaltskonstellationen, welche schliesslich zum Durchgriff durch eine juristische Person führen. Selbst wenn die von der juristischen Person ausgeübte Tätigkeit aufgrund einer Norm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten bei dieser juristischen Person zu Steuerfolgen führen würde, ist es in solchen Konstellationen so, dass die Berufung auf das selbständige, vom Inhaber der Beteiligungsrechte unabhängige Bestehen der juristischen Person als den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen erscheint. Führt die Rechtsanwendung zu einem krass ungerechten, völlig haltlosen Ergebnis, das von den Intentionen des Gesetzgebers in keiner Weise abgedeckt ist, darf die Abschirmwirkung der juristischen Person beeinträchtigt oder gänzlich beseitigt werden (vgl. REICH, a.a.O., § 18 N. 15 S. 441; so im Ergebnis wohl auch GLAUSER, Evasion fiscale et TVA [nachfolgend: TVA], in: Evasion fiscale, 2010, S. 39; ders. , Evasion, BGE 138 II 239 S. 247 a.a.O., S. 762 f.). Daran vermag nichts zu ändern, dass unter Umständen bereits aufgrund der Auslegung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu schliessen ist, es lägen gar keine mehrwertsteuerrechtlich relevanten Leistungen vor, weshalb dann für die Annahme einer Steuerumgehung kein Raum mehr bleibt. 4.3 Es ist somit zu prüfen, ob die Vorinstanz im vorliegenden Fall zu Recht eine Steuerumgehung angenommen hat. 4.3.1 Die Vorinstanz kommt im angefochtenen Urteil zum Schluss, die Beschwerdeführerin verfolge offensichtlich den Zweck, ein einziges Flugzeug zu halten und dieses ihrem Aktionär A. zur Verfügung zu halten, was wohl bereits als missbräuchlich zu qualifizieren wäre. Relevant sei aber insbesondere, dass die an A. erbrachten Leistungen von diesem nicht bezahlt, sondern ihm lediglich fakturiert und von der Gesellschaft kreditiert worden seien. Dies führt die Vorinstanz zur Feststellung, die von der Beschwerdeführerin bzw. von A. gewählte Gestaltung sei als sachwidrig und absonderlich zu betrachten; sie bringe dem eigentlichen Nutzer des Flugzeuges nur zusätzlichen Aufwand und Kosten und - abgesehen von mehrwertsteuerlichen - keine Vorteile; es sei anzunehmen, dass die gewählte Rechtsgestaltung lediglich deshalb getroffen worden sei, um Steuern zu sparen. 4.3.2 Den Überlegungen der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. Sie stützt sich zwar im Wesentlichen auf das Bundesgerichtsurteil 2C_632/2007 vom 7. April 2008 (in: ASA 77 S. 354), in dem das Bundesgericht die Auffassung vertrat, die Dazwischenschaltung einer juristischen Person als Halterin eines Flugzeuges könne - angesichts des Umstands, dass diese juristische Person nicht über eine eigene professionelle Organisation für den Betrieb des Flugzeuges verfüge - nicht plausibel gemacht werden und daran ändere auch das Argument einer angeblichen Haftungsbeschränkung nichts. Wenn der Private im zitierten Fall sein Flugzeug pro forma von der juristischen Person halten liess, die keine eigene Tätigkeit entfalte, sondern als blosse "Durchlaufgesellschaft" auftrete, erscheine dies als ungewöhnlich (a.a.O. E. 4.5). Doch kann an diesen Erwägungen so pauschal nicht festgehalten werden. Vorab ist festzustellen, dass es allgemeiner Übung entspricht, Geschäftsflugzeuge nicht privat zu halten, sondern über juristische Personen (vgl. OBERSON/PITTET, La jurisprudence du Tribunal fédéral rendue en 2008 en matière de TVA, ASA 79 S. 163 ff., und insbesondere deren Hinweis auf die Eintragungen im Luftfahrzeugregister der Schweiz, wonach BGE 138 II 239 S. 248 betreffend diverser Geschäftsflugzeugtypen keine natürlichen Personen als Halter eingetragen sind; s. auch BEHNISCH/OPEL, Die steuerrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts im Jahre 2008, ZBJV 145/2009 S. 579; BLUM, a.a.O., S. 350). Selbst privat genutzte Businessjets und andere im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzte Flugzeuge würden häufig von Gesellschaften und nicht von den dahinterstehenden Privatpersonen direkt gehalten (GRÜNINGER/OESTERHELT, a.a.O., S. 66). Ausschlaggebend hiefür sind wohl, wie diverse Autoren darlegen, unter anderem Überlegungen zur Finanzierung der Flugzeuge wie auch zur Begrenzung des Haftungsrisikos (vgl. OBERSON/PITTET, a.a.O.; GRÜNINGER/OESTERHELT, a.a.O.). Die aufgrund des Betriebs eines Geschäftsflugzeugs denkbaren Schäden können zudem ein erhebliches Ausmass annehmen, wobei zu beachten ist, dass einzelne Staaten Schadenersatzansprüche kennen, welche die hierzulande üblichen um ein Vielfaches übersteigen (BLUM, a.a.O.). Wenn daher das Bundesgericht im zitierten Urteil festgehalten hat, Haftpflichtrisiken könnten mit dem Abschluss einer Haftpflichtversicherung abgedeckt werden, so greift das zu kurz. Gerade die Begrenzung von Haftungsrisiken ist denn auch in sehr vielen Fällen ein wirtschaftlich sachgerechtes und allgemein anerkanntes Motiv, um - allenfalls risikobehaftete - Tätigkeiten im Rahmen einer separaten juristischen Person auszuüben (vgl. ebenfalls ANNIE ROCHAT PAUCHARD, Actualités en matière fiscale dans le champ de l'aviation, Bulletin de l'Association Suisse de Droit aérien et spatial [ASDA/SVLR] 1/2009 S. 38 f.). Diesem Aspekt wurde im genannten Urteil nicht Rechnung getragen. Zusätzliche Gründe für das Halten eines Geschäftsflugzeugs über eine juristische Person können zudem sein, dass aufgrund der Finanzierung via Banken eine solche Konstruktion zur Absicherung des Fremdkapitalgebers verlangt wird, oder auch der Umstand, dass dadurch die Transparenzwirkung des öffentlich einsehbaren Luftfahrtregisters gemildert werden kann (vgl. GRÜNINGER/OESTERHELT, a.a.O.; s. auch GLAUSER, TVA, a.a.O., S. 39). 4.3.3 Anders ist jedoch die Situation zu beurteilen, wenn die Beschwerdeführerin hauptsächlich dazu verwendet wurde, private Bedürfnisse ihres Alleinaktionärs zu befriedigen. Das Bundesgericht hat bereits früher - in Bezug auf das Halten eines praktisch ausschliesslich dem Alleinaktionär zur Verfügung stehenden Ferienhauses durch eine Aktiengesellschaft - festgehalten, es liege in der Natur der Sache, dass ein solches Objekt vorwiegend den persönlichen Bedürfnissen des Aktionärs zu dienen bestimmt sei und dass die BGE 138 II 239 S. 249 Zwecke, die mit der Errichtung einer Immobiliengesellschaft normalerweise erreicht werden sollten, vollständig in den Hintergrund treten würden. Eine derartige zivilrechtliche Gestaltung erscheine - gesamthaft betrachtet - als den tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnissen vollständig unangemessen (Urteil vom 12. November 1969, in: ASA 40 S. 210 ff.). Diesem Urteil lag offensichtlich die Überlegung zugrunde, dass es absonderlich und den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen ist, eine juristische Person einzig zu dem Zwecke zu gründen und zu halten, private Lebensbedürfnisse des Alleinaktionärs zu befriedigen. An dieser Feststellung ist festzuhalten; sie gilt grundsätzlich in analoger Weise, wenn eine Gesellschaft in erster Linie dazu da ist, dem Alleinaktionär für dessen private Belange ein Flugzeug zur Verfügung zu stellen. Zwar liegt der Missbrauch nicht darin, dass für das Halten eines privat verwendeten Flugzeugs eine juristische Person gegründet wird. Missbräuchlich ist es jedoch, wenn mit einer solchen Gesellschaft überdies versucht wird, Steuern zu sparen. Daher ist zu prüfen, ob sich der Einsatz der Gesellschaft bloss rechnet, weil damit vom Vorsteuerabzug profitiert werden kann. Wird das Flugzeug zu rein privaten Zwecken eingesetzt, so kann die Anmeldung bei der Mehrwertsteuer offensichtlich nur das Motiv der Steuerersparnis haben. Einer derartigen juristischen Person ist daher die Anerkennung als eigenständiges Steuersubjekt abzusprechen. 4.4 Das Vorliegen einer Steuerumgehung ist durch die Steuerbehörde zu beweisen. Diese kann sich aber darauf beschränken darzulegen, dass keine wirtschaftlichen oder geschäftlichen Gründe für das Halten des Flugzeugs ersichtlich sind. Daraus ergibt sich die natürliche Vermutung, dass das Flugzeug für private Zwecke des Aktionärs und ihm Nahestehender verwendet wird. Das gilt namentlich bei internationalen Sachverhalten, wo an den Nachweis strengere Anforderungen zu stellen sind (s. auch Urteil 2A.79/2002 vom 27. Januar 2003 E. 5.2, in: StR 58/2003 S. 368; 2A.609/2003 vom 27. Oktober 2004 E. 2.4, in: StE 2005 A 23.2 Nr. 2). Die Steuerpflichtige kann diese Vermutung jedoch entkräften, indem sie nachweist, dass das Flugzeug für geschäftliche Zwecke benötigt wird. Vorliegend erschöpft sich der Zweck der Beschwerdeführerin nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz darin, für ihren Aktionär ein einziges Flugzeug zu halten. Die Eidgenössische Steuerverwaltung wies bereits im Begleitschreiben zum Entscheid vom BGE 138 II 239 S. 250 9. Mai 2006 darauf hin, dass der Aktionär der Beschwerdeführerin, A., nicht im Mehrwertsteuerregister eingetragen sei und dass kein Nachweis für eine steuerpflichtige Verwendung des Flugzeugs geleistet worden sei. Dieser sei als Privatperson zu betrachten und komme als alleiniger Benutzer des Flugzeugs in Frage. Sie führte namentlich aus: "Würde nämlich Herr A. das Flugzeug direkt als Privatperson erwerben und der O. Ltd. ins Aircraft Management geben, müsste er als Endbezüger der Leistungen die gesamte anfallende Mehrwertsteuer tragen. Diese Steuerbelastung wird im vorliegenden Fall durch die Zwischenschaltung Ihrer Mandantin 'eliminiert'. (...) Daher ist zu prüfen, ob im vorliegenden Fall die Voraussetzungen einer Steuerumgehung erfüllt sind." Allein aus diesem Grund (Benutzung des Flugzeugs durch den Aktionär als Privatperson) stellte die Eidgenössische Steuerverwaltung in Aussicht, die Frage der Steuerumgehung näher zu prüfen. Diese Vermutung war begründet. Dennoch hat die Beschwerdeführerin darauf nicht reagiert, um eine geschäftliche Tätigkeit ihres Aktionärs - sofern eine solche Vorliegen sollte - offenzulegen. Sie hatte hierzu wiederholt Gelegenheit, sowohl in der Einsprache wie auch in der Beschwerde an die Vorinstanz. Im Einspracheentscheid wies die Eidgenössische Steuerverwaltung auch darauf hin, dass der Hauptaktionär die behauptete Vermögensanlage in das Flugzeug ebenso gut als Privatmann habe treffen können. Eine geschäftliche Nutzung des Flugzeugs ist damit nicht nachgewiesen. Unter diesen Umständen erfolgte die Anmeldung der Beschwerdeführerin als Mehrwertsteuerpflichtige einzig in der Absicht, bei minimaler steuerlicher Belastung sich den Vorsteuerabzug auszahlen zu lassen. 5. Die Vorinstanz hat somit eine Steuerumgehung zu Recht bejaht. Der Durchgriff auf den wirtschaftlich Berechtigten, A., bewirkt, dass von der Beschwerdeführerin keine Mehrwertsteuer geschuldet ist und auch kein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden kann. Das hat die Vorinstanz zu Recht erkannt und die Sache an die Eidgenössische Steuerverwaltung zur Rückabwicklung von bereits erfolgten Zahlungen zurückgewiesen. Der angefochtene Entscheid verletzt Bundesrecht nicht.
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Urteilskopf 102 Ia 196 31. Auszug aus dem Urteil vom 16. Juli 1976 i.S. Christen gegen Fink, Geschworenengerichtspräsident und Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich.
Regeste Staatsrechtliche Beschwerde; Art. 88 OG . Legitimation zur Anfechtung der Abweisung einer Aufsichtsbeschwerde nach § 132 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 29. Januar 1911? Frage offengelassen (E. 1). Europäische Menschenrechtskonvention; Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden. Verhältnis zwischen Art. 86 und 87 OG (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 196 BGE 102 Ia 196 S. 196 Gegen Walter Urs Christen ist zur Zeit beim Geschworenengericht des Kantons Zürich ein Strafverfahren wegen gewerbsmässigen Betruges und anderer Delikte hängig. Das Verfahren befindet sich im Stadium der Vorbereitung der Hauptverhandlung, deren Beginn auf den 30. August 1976 festgesetzt ist. Amtlicher Verteidiger des Angeklagten war anfänglich Rechtsanwalt Dr. W. Mit Präsidialverfügung vom 21. Januar 1975 wurde dieser von seiner Aufgabe entbunden und Rechtsanwalt Dr. B. als neuer amtlicher Verteidiger bestellt. Die Erwägungen zu dieser Verfügung schlossen mit der Bemerkung, Direkt-Eingaben des Angeklagten seien für den ordnungsgemässen Geschäftsgang nicht erwünscht. Mit Schreiben vom 5. Februar 1975 stellte der Präsident des Geschworenengerichts, Dr. Peter Fink, dem neuen amtlichen Verteidiger eine Zuschrift des Angeklagten vom 29. Januar 1975 samt zwei BGE 102 Ia 196 S. 197 Beilagen zu und ersuchte ihn, seinem Klienten klarzumachen, dass Eingaben an das Gericht über den Verteidiger einzureichen seien. Eine gleichlautende Aufforderung erging am 13. Januar 1976, in welcher Dr. Peter Fink den amtlichen Verteidiger ersuchte, dem Angeklagten seinen Brief vom 5. Februar 1975 in Erinnerung zu rufen, wonach Eingaben an das Gericht durch den Verteidiger einzureichen seien und direkte Eingaben des Angeklagten nicht entgegengenommen werden könnten, auch nicht diejenigen vom 6.-10. Januar 1976. Nach den Angaben des Angeklagten wurden solche Eingaben in der Folge unbesehen chronologisch in eine separate Kiste abgelegt, ohne dass der Präsident des Geschworenengerichts dazu Stellung nahm. Gegen dieses Vorgehen des Geschworenengerichtspräsidenten erhob Walter Urs Christen am 19. Januar 1976 Aufsichtsbeschwerde bei der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich. Er beschwerte sich darüber, der Geschworenengerichtspräsident habe gewisse Eingaben nicht zu den Prozessakten genommen und über bestimmte Anträge materiell nicht entschieden. In zwei Ergänzungseingaben vom 22. Januar 1976 und vom 10. Februar 1976 beantragte er ferner, der Geschworenengerichtspräsident sei anzuweisen, seine ab 1. Januar 1976 eingereichten, separat abgelegten Eingaben zu den Akten zu nehmen und über die darin gestellten Begehren zu entscheiden. Die Verwaltungskommission ging davon aus, die Vorbringen des Beschwerdeführers schlössen den Vorwurf der Rechtsverweigerung in sich und trat daher auf die Aufsichtsbeschwerde gemäss § 132 des zürcherischen Gerichtsverfassungsgesetzes vom 29. Januar 1911 (GVG) ein, wies aber die Beschwerde am 14. April 1976 vollumfänglich ab. Gegen diesen Beschluss der Verwaltungskommission führt Walter Urs Christen staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV und Art. 6 Ziff. 3 lit. c und d EMRK . Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Tritt eine obere kantonale Instanz auf eine Aufsichtsbeschwerde nicht ein oder weist sie diese ab, so kann dieser Entscheid nicht mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (Urteil des Bundesgerichts vom 7. Februar 1962 in BGE 102 Ia 196 S. 198 ZBl 63/1962, E. 3, S. 467 f.; BGE 90 I 230 ). Die Begründung für diese Rechtsprechung liegt vor allem darin, dass derjenige, der eine Aufsichtsbeschwerde einreicht, nach allgemeiner Anschauung keinen Anspruch auf einen Bescheid der Behörde hat und deshalb nicht in seinen persönlichen Interessen verletzt ist, wenn seiner Beschwerde keine oder nicht die gewünschte Folge gegeben wird. Der angefochtene Beschluss betrifft eine Beschwerde wegen Verweigerung und Verzögerung der Rechtspflege gemäss § 132 GVG . Dieser Rechtsbehelf wird als Aufsichtsbeschwerde bezeichnet und ist auch entsprechend im Abschnitt des GVG über "Rechte und Pflichten der Gerichte in ihrem Verhältnis zueinander und zu anderen Behörden" aufgeführt. In ihrer Funktion unterscheidet sich indes die Beschwerde gemäss § 132 GVG in mancher Hinsicht von einer Aufsichtsbeschwerde im eigentlichen Sinn. So kommt ihr im Zivilprozess teilweise die Funktion eines zivilprozessualen Rechtsmittels zu (vgl. MEILI, Der Rekurs im Strafprozess nach zürcherischem Recht, Diss. Zürich 1968, S. 20 mit Hinweisen). Dies trifft im Strafprozess nicht in entsprechender Weise zu, da hier weitgehend der Rekurs nach § 402 StPO möglich ist (HAUSER/HAUSER, Kommentar zum GVG, 3. A., 3. Lieferung, S. 477; MEILI a.a.O. S. 21). Gegen Verfügungen und Beschlüsse des Präsidenten des Geschworenengerichts ist jedoch der Rekurs nach § 402 StPO ausgeschlossen (ZR 39/1940, Nr. 168). Es fragt sich daher, ob die erwähnte Rechtsprechung des Bundesgerichts auf den vorliegenden Fall angewendet werden kann und demnach auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht einzutreten ist. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, da auf die Beschwerde aus einem anderen Grund nicht eingetreten werden kann. 2. Der Beschwerdeführer beklagt sich über eine Verletzung des Art. 4 BV . Beim angefochtenen Beschluss handelt es sich um einen letztinstanzlichen Zwischenentscheid. Gegen einen solchen Entscheid ist eine staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV nur dann zulässig, wenn der Entscheid für den Betroffenen einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil zur Folge hat ( Art. 87 OG ). Dabei muss der Nachteil rechtlicher und nicht bloss tatsächlicher Art sein ( BGE 98 Ia 328 mit Nachweisen). Die Vorbringen des Beschwerdeführers enthalten sinngemäss insgesamt den Vorwurf, BGE 102 Ia 196 S. 199 er sei durch das Vorgehen des Präsidenten des Geschworenengerichts in seinen Parteirechten verletzt. Wegen einer wesentlichen Beeinträchtigung der Parteirechte kann gegen ein Urteil des Geschworenengerichts Nichtigkeitsbeschwerde erhoben werden (§ 430 Ziff. 4 in Verbindung mit § 428 Ziff. 2 StPO ). Das gilt nach der ausdrücklichen Regelung in § 430 Ziff. 4 auch dann, wenn der Mangel bereits in der Untersuchung eingetreten ist und im späteren Verfahren nicht aufgehoben werden konnte. Selbst wenn sich also herausstellen würde, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Beschluss und das Vorgehen des Geschworenengerichtspräsidenten tatsächlich in seinen Parteirechten verletzt wäre, könnte er das noch nach ergangenem Urteil mit einer Nichtigkeitsbeschwerde uneingeschränkt geltend machen. Es kann daher nicht angenommen werden, der angefochtene Beschluss habe für den Beschwerdeführer einen nicht wiedergutzumachenden rechtlichen Nachteil zur Folge. Im übrigen kann der Beschwerdeführer alles, was er vorbringen will, über seinen Verteidiger durchaus geltend machen. Auch hat er die Aufsichtsbeschwerde angehoben, bevor überhaupt ein Beweisbeschluss vorlag und sogar bevor die Beweismittelbezeichnung durch den Verteidiger erfolgt war. Es bestätigt sich unter diesem Gesichtspunkt, dass der Beschwerdeführer nicht von einem rechtlichen Nachteil im Sinne von Art. 87 OG betroffen ist, der nicht wiedergutzumachen wäre. 3. Der Beschwerdeführer stützt seine Beschwerde nicht bloss auf Art. 4 BV , sondern macht auch eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c und d EMRK geltend. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist es wegen der engen inhaltlichen Beziehung zwischen den von der Verfassung und der Konvention geschützten Rechten geboten, Beschwerden wegen Verletzung der Konvention verfahrensmässig gleich zu behandeln wie solche wegen Verletzung verfassungsmässiger Rechte ( BGE 101 Ia 69 E. 2c). Für Beschwerden wegen Verletzung der EMRK gilt die Beschränkung des Art. 87 OG an sich nicht; sie sind nicht nur gegenüber letztinstanzlichen Endentscheiden, sondern allgemein auch gegenüber letztinstanzlichen Zwischenentscheiden zulässig. Dass durch den angefochtenen Zwischenentscheid ein unheilbarer Mangel drohen müsste, ist nicht erforderlich. Voraussetzung ist aber, dass die zusätzliche Rüge der Verletzung BGE 102 Ia 196 S. 200 der EMRK neben der Rüge der Verletzung von Art. 4 BV selbständige Bedeutung hat, dass mit anderen Worten die als verletzt bezeichneten, von der Konvention gewährleisteten Rechte über die bereits von Art. 4 BV garantierten hinausgehen, und dass ferner die zusätzliche Rüge nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Andernfalls würde die der Prozessökonomie dienende Vorschrift des Art. 87 OG ihren Zweck nicht erfüllen, da sie durch die blosse Anrufung irgend einer Bestimmung der EMRK umgangen werden könnte (vgl. BGE 99 Ia 250 E. 1). Das in Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK festgehaltene Recht, sich selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers eigener Wahl zu erhalten, ist nur alternativ gewährleistet (vgl. Entscheid der Europäischen Kommission für Menschenrechte No. 2676/65 vom 3. April 1967, Rec. 23, S. 35) und geht zumindest bei der hier gegebenen Sachlage nicht weiter als der bundesrechtliche Anspruch auf rechtliches Gehör. Der Rüge, Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK sei verletzt, kommt somit neben der Rüge der Verletzung von Art. 4 BV keine selbständige Bedeutung zu; sie steht demzufolge der Anwendung von Art. 87 OG nicht entgegen. Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK räumt dem Angeklagten das Recht ein, "Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken". Dieses Recht, das in Zusammenhang mit dem Grundsatz der Waffengleichheit gemäss Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu sehen ist (vgl. z.B. JACOBS, The European Convention on Human Rights, Oxford 1975, S. 119), ist durch den angefochtenen Beschluss offensichtlich nicht verletzt, da der Verteidiger des Beschwerdeführers ohne weiteres alle Eingaben, die hierfür erforderlich sind, machen kann und dem Angeklagten zudem in der Hauptverhandlung ein entsprechendes Fragerecht weitgehend auch noch persönlich zusteht, das durch das Vorgehen des Geschworenengerichtspräsidenten in keiner Weise berührt worden ist (s. insbesondere § § 205 und 232 ff. StPO ). Die Rüge der Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ist somit offensichtlich unbegründet und hindert daher die Anwendung von Art. 87 OG ebenfalls nicht. Da demnach die Rüge der Verletzung der EMRK neben jener der Verletzung von Art. 4 BV keine selbständige Bedeutung BGE 102 Ia 196 S. 201 hat bzw. sich als offensichtlich unbegründet erweist, kann nach dem Gesagten nicht auf die Beschwerde eingetreten werden.
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Urteilskopf 117 Ib 114 17. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 11. Juli 1991 i.S. Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen etc., Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) u. Mitb., Stadt Zürich und Schweizerische Bundesbahnen gegen Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement etc. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 39 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG); Begriff des Bahnnebenbetriebes im Zürcher S-Bahnhof Stadelhofen. 1. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes (E. 4). 2. Nachdem weder das Bundesamt für Verkehr noch das Eidgenössische Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement die Frage der Öffnungszeiten der umstrittenen Geschäfte nach Art. 39 Abs. 3 EBG beurteilt haben, kann das Bundesgericht nur die Auslegung von Art. 39 Abs. 1 EBG prüfen (E. 5). 3. Zur Auslegung des Begriffes des Bedürfnisses des Bahnbetriebes und des Verkehrs nach Art. 39 Abs. 1 EBG ist auf die Art, Lage und Grösse des Bahnhofs sowie auf die Zusammensetzung der ihn frequentierenden Bahnkundschaft abzustellen. Der Bahnnebenbetrieb ist - neben traditionell anerkannten Einrichtungen (E. 6) oder heutigen Bedürfnissen entsprechenden Weiterentwicklungen von solchen - analog der Regelung im Nationalstrassenbereich (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung über die Nationalstrassen vom 24. März 1964) als kioskartiger Verkaufs- oder Dienstleistungsraum zu verstehen. Er zeichnet sich durch eine beschränkte Grösse und eine kioskartige Organisation aus (Schnell-/ Selbstbedienung ohne grössere Kundenberatung bei beschränktem Warenangebot) (E. 7 u. 8).
Sachverhalt ab Seite 115 BGE 117 Ib 114 S. 115 Am 27. Dezember 1989 bezeichnete das Bundesamt für Verkehr im Anstandsverfahren nach Art. 40 Abs. 1 lit. g des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (SR 742.101) 14 Geschäfte auf dem Zürcher S-Bahnhof Stadelhofen als Bahnnebenbetriebe gemäss BGE 117 Ib 114 S. 116 Art. 39 Abs. 1 und 3 EBG sowie zehn Geschäfte als kommerzielle Nutzungen nach Abs. 4 der gleichen Bestimmung. Zur Frage der Öffnungszeiten äusserte sich das Bundesamt nicht ausdrücklich. Nachdem von verschiedener Seite gegen diese Verfügung beim Eidgenössischen Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement Beschwerde geführt worden war, aberkannte dieses am 13. Juli 1990 einem vom Bundesamt als Nebenbetrieb qualifizierten Geschäft diesen Status, sprach ihn dagegen in Abweichung vom erstinstanzlichen Entscheid vier weiteren neu zu. Gegen diesen Entscheid reichten die Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen, die Ochsner Engros AG, die Feldpausch AG, die Spengler AG, die Messer Dolmetsch AG sowie die Schweizerischen Bundesbahnen einerseits, andererseits die Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL), der Kaufmännische Verband Zürich (KVZ) sowie die Stadt Zürich Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein. Die Geschäfte, denen der Status als Nebenbetrieb nicht zuerkannt worden ist, die Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen und die Schweizerischen Bundesbahnen beantragen die Aufhebung des angefochtenen Entscheides unter Zusprechung des Nebenbetriebsstatus an alle Betriebe. Die von den Bundesbahnen in die Mietverträge aufgenommenen Geschäftszeiten (von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr) seien zu bestätigen. Das vorliegende Verfahren solle bis zur Hängigmachung des Entscheides über die Ladenöffnungszeiten vor Bundesgericht sistiert werden. Die Verfahren seien dann zusammenzulegen und gemeinsam zu behandeln. Die Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) sowie der Kaufmännische Verband Zürich (KVZ) beantragen, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und verschiedenen Geschäften im S-Bahnhof Stadelhofen der Nebenbetriebsstatus zu verweigern. Die Stadt Zürich beantragt, den angefochtenen Entscheid teilweise aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei den im Untergeschoss des Bahnhofs Stadelhofen errichteten Läden mit zwei Ausnahmen nicht um Bahnnebenbetriebe im Sinne von Art. 39 Abs. 1-3 EBG handle. Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Ochsner Engros AG, der Feldpausch AG, der Spengler AG und der Messer Dolmetsch AG ab. Die Beschwerden der Mietervereinigung Bahnhof Stadelhofen, der Schweizerischen Bundesbahnen, der Stadt Zürich und der Gewerkschaft Verkauf/Handel/Transport/Lebensmittel (VHTL) rsp. des Kaufmännischen Verbandes Zürich (KVZ) BGE 117 Ib 114 S. 117 heisst es, soweit es darauf eintritt, im Sinne der Erwägungen teilweise gut. Erwägungen Erwägungen: 4. a) Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann beim Bundesgericht die Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, gerügt ( Art. 104 lit. a OG ) sowie eine unrichtige und unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes geltend gemacht werden ( Art. 104 lit. b OG ). Nicht überprüfen kann das Bundesgericht die Angemessenheit des angefochtenen Entscheides ( Art. 104 lit. c OG ). Das Bundesgericht kontrolliert die Anwendung des Bundesrechtes von Amtes wegen. Da es an die Begründung der Begehren nicht gebunden ist, kann es die Beschwerde aus anderen als den geltend gemachten Gründen gutheissen oder den Entscheid mit einer von der Vorinstanz abweichenden Begründung bestätigen (Art. 114 Abs. 1 in fine OG; BGE 115 Ib 57 E. 2b mit Hinweis). b) Die Frage, ob die Bedürfnisse des Bahnbetriebes oder des Verkehrs einen Nebenbetrieb rechtfertigen, ist grundsätzlich eine Rechts- und keine Ermessensfrage. Ermessensfrage ist, ob bei Bedürfnis nach einem Nebenbetrieb die Bahn von der Befugnis, einen solchen einzurichten, Gebrauch machen will oder nicht ( BGE 98 Ib 229 E. 3). Das Bundesgericht überprüft die Frage nach dem Bedürfnis daher grundsätzlich frei und umfassend ( BGE 115 Ib 135 E. 3, BGE 112 Ib 428 E. 3 mit Hinweisen). Weil der Begriff des Bedürfnisses aber ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, billigt es den Verwaltungsbehörden bei seiner Auslegung und Anwendung einen gewissen Beurteilungsspielraum zu. Es hält sich dabei insbesondere dort zurück, wo Verhältnisse zu beurteilen sind, welche die Verwaltungsbehörden besser kennen und überblicken ( BGE 112 Ib 549 E. 1d; vgl. RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Basel und Frankfurt 1990, S. 206 ff.). Bei der Würdigung technischer Fragen, deren Beurteilung durch die zuständige Instanz im Grenzbereich zwischen Rechtsanwendung und Ermessensbetätigung liegt, lässt es ebenfalls eine gewisse Zurückhaltung walten. Zu prüfen ist in solchen Fällen, ob die für den Entscheid zuständige Behörde alle wesentlichen Gesichtspunkte vollständig und gewissenhaft geprüft hat ( BGE 115 Ib 136 E. 3). BGE 117 Ib 114 S. 118 5. Umstritten ist die Auslegung von Art. 39 des Eisenbahngesetzes vom 20. Dezember 1957 (EBG; SR 742.101), der lautet: "1 Wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es rechtfertigen, sind die Bahnunternehmungen befugt, auf Bahngebiet und in Zügen Nebenbetriebe einzurichten. 2 Solche Nebenbetriebe unterstehen den Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizei sowie den von den zuständigen Behörden verbindlich erklärten Regelungen über das Arbeitsverhältnis. 3 Soweit indessen Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es erfordern, finden die Vorschriften von Kantonen und Gemeinden über die Öffnungs- und Schliessungszeiten keine Anwendung. 4 Einrichtung und Betrieb der auf Erwerb ausgerichteten Nebennutzungen auf Bahngebiet, die von Bahnbetrieb und -verkehr unabhängig sind, unterstehen der ordentlichen Gesetzgebung des Bundes und der Kantone." a) Nach dem Gesetzestext stellt sich zunächst die Frage, ob ein Bedürfnis des Bahnbetriebes oder des Verkehrs die Einrichtung eines Nebenbetriebes rechtfertigt. Erst wenn dies bejaht worden ist, kann geprüft werden, ob im Interesse des Bahnbetriebes und des Verkehrs auch von den ortsüblichen Öffnungs- und Schliessungszeiten abzuweichen ist. Da die beiden Bedürfnisfragen eng miteinander verbunden sind, können sie grundsätzlich im gleichen Verfahren beurteilt werden. Im vorliegenden Fall wurden jedoch die Fragen getrennt, wobei das Bundesamt für Verkehr am 7. Mai 1991 zudem auf ein Gesuch der Stadt Zürich, die Öffnungszeiten der Nebenbetriebe im Bahnhof Stadelhofen zu bestimmen, wegen der vor Bundesgericht hängigen Verfahren nicht eingetreten ist. Es stehe den Parteien frei, nach dem Entscheid des Bundesgerichtes erneut an das Bundesamt zu gelangen. b) Wenn es auch wünschbar gewesen wäre, die Frage des Charakters als Nebenbetrieb und der Öffnungszeiten vor Bundesgericht gemeinsam zu behandeln, kann doch dem Antrag verschiedener Beschwerdeführerinnen, dies heute direkt zu tun, nicht entsprochen werden. Der Entscheid über die Öffnungszeiten fällt nach Art. 40 Abs. 1 lit. g EBG bei Anständen dem Bundesamt für Verkehr zu. Gegen seine Verfügung steht der Rechtsweg an das Departement und anschliessend an das Bundesgericht offen. Nachdem weder das Bundesamt noch das Departement die Frage der Öffnungszeiten beurteilt haben, fehlt es in diesem Punkt an einer Verfügung nach Art. 5 VwVG , welche das Bundesgericht letztinstanzlich beurteilen könnte (vgl. Art. 97 Abs. 1 OG ). Wohl spricht das Bundesamt für Verkehr in seinem Entscheid vom BGE 117 Ib 114 S. 119 27. Dezember 1989 von "Nebenbetrieben im Sinn von Art. 39 Abs. 1 und 3 EBG ", doch ergibt sich aus der Begründung der Verfügung, dass es das Anstandsverfahren auf die Abklärung des Bedürfnisses nach Abs. 1 beschränkt hat. Zur Beurteilung des Bedürfnisses nach abweichenden Ladenöffnungszeiten gemäss Abs. 3 von Art. 39 EBG kommt es massgebend auf das durch die Eisenbahn im Bahnhof Stadelhofen ausserhalb der normalen Öffnungs- und Schliessungszeiten bewirkte Verkehrsaufkommen an. Zu diesem haben sich aber weder Bundesamt noch Departement bereits geäussert. Der Entscheid in den vorliegenden Verfahren ist dementsprechend auf die Frage nach dem Charakter als Nebenbetrieb der verschiedenen Geschäfte unter Auslegung von Art. 39 Abs. 1 EBG zu beschränken. Auf das Rechtsbegehren, es seien die Ladenöffnungszeiten der Nebenbetriebe von täglich 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr festzusetzen, kann nicht eingetreten werden. Der Antrag der Feldpausch AG, die vorliegenden Verfahren vorläufig zu sistieren, ist mit dem unangefochten gebliebenen Entscheid des Bundesamtes vom 7. Mai 1991 hinfällig geworden. Da das Bundesgericht nicht die im Rahmen von Art. 39 Abs. 3 EBG vorgesehenen Ladenöffnungszeiten zu prüfen hat, kann offenbleiben, ob das entsprechende kantonale oder kommunale Recht auf gewisse Betriebe wegen ausserhalb dieser bundesrechtlichen Regelung liegender Gründe keine Anwendung findet. 6. a) Bei seiner Einführung im Jahre 1957 zielte Art. 39 Abs. 1 EBG mit der Umschreibung, wonach Nebenbetriebe eingerichtet werden können, "wo die Bedürfnisse des Bahnbetriebes und des Verkehrs es rechtfertigen", auf einen relativ begrenzten Kreis von Geschäften und Einrichtungen ab, wie etwa Bahnhofswirtschaften, Speisewagen, Kioske für Zeitungen, Bücher, Lebensmittel und anderen Reisebedarf. Die Bestimmung sollte aber bereits damals den wachsenden Ansprüchen einer zunehmenden Zahl von Reisenden auf Erleichterungen und Annehmlichkeiten unterwegs wie während den Umschlagszeiten in Zügen und auf dem Bahngebiet Rechnung tragen. Während der parlamentarischen Beratung unterstrich der Berichterstatter im Nationalrat, Art. 39 Abs. 1 EBG sei weit gefasst, er decke beispielsweise auch die Einrichtung von Hotels ab, wie sie im Ausland in zahlreichen Bahnhöfen bereits bestünden (Sten. Bull. 1957 NR 724; Votum Bratschi). Ganze Basare und Warenhäuser wolle man aber nicht sich installieren lassen; vorläufig werde nicht dem Beispiel gewisser BGE 117 Ib 114 S. 120 ausländischer Bahnverwaltungen gefolgt, "die den Passagieren noch alle möglichen andern Gelegenheiten" zur Verfügung stellten (Sten. Bull. 1957 NR 725; Votum Huber). b) In der Literatur sind unter anderem Bäder, Coiffeursalons, Apotheken, Kioske und Läden für den Reisebedarf, Geldwechselstuben, Bahnhofbuffets, Bahnkinos sowie Kantinen für das Bahnpersonal als Nebenbetriebe bezeichnet worden (JEAN-PIERRE KÄLIN, Das Eisenbahn-Baupolizeirecht, Diss. Zürich 1977, S. 61 f.; vgl. auch JACQUES MEYLAN, Le domaine ferroviaire en droit comparé, thèse Lausanne 1965, S. 196 ff., ROLF TINNER, Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Kantonen im Eisenbahnwesen, Diss. Zürich 1941, S. 142 ff.). c) Das Bundesgericht hatte sich im Jahre 1972 mit der Auslegung von Art. 39 EBG zu beschäftigen, wobei es damals den Nebenbetriebsstatus einer Apotheke im Berner Hauptbahnhof beurteilte. In diesem Entscheid unterstrich das Gericht, dass Art. 39 EGB die Benutzung der Bahn fördern wolle. Der Umfang der von den Bahnunternehmungen zu befriedigenden Bedürfnisse sei nicht ein für allemal gegeben und wachse mit dem Lebensstandard der Bahnbenützer. Diesem Umstand habe der Gesetzgeber Rechnung getragen, indem er als Rechtfertigungsgrund für die Errichtung der Nebenbetriebe einen unbestimmten Rechtsbegriff gewählt habe. Die Art der Bedürfnisse könne sich ändern, vor allem eine Ausweitung erfahren. Die neuen Bedürfnisse müssten dann aber von einer gewissen Stärke sein. Die Befriedigung vereinzelter oder ausgefallener Wünsche, die gelegentlich von Reisenden geäussert würden, gehörten ebensowenig dazu, wie Bedürfnisse, die von den Reisenden ebensogut und ohne Behinderung vor oder nach der Reise befriedigt werden könnten oder die sie ohne Beeinträchtigung ihres Anspruchs auf bequemes Reisen ausserhalb des Bahnbetriebes decken könnten ( BGE 98 Ib 231 E. 6). 7. a) Seit 1957 haben sich die Reisegewohnheiten gewandelt. Die Gesetzgeber von Bund, Kantonen und Gemeinden versuchen auf verschiedenen Wegen, sie zugunsten des öffentlichen Verkehrs zu beeinflussen (Konzept Bahn 2000; Umwelt-Abonnemente usw.). Diese Bemühungen decken sich mit Sinn und Zweck von Art. 39 EBG , die Attraktivität des Bahnverkehrs durch die Zulassung von Nebenbetrieben zu steigern. Für den Standpunkt der Stadt Zürich, der Gewerkschaft VHTL und des Kaufmännischen Verbandes Zürich, dass durch Nebenbetriebe nur gerade Bedürfnisse befriedigt werden dürften, die während der Bahnreise BGE 117 Ib 114 S. 121 entstünden, sprechen weder die Materialien noch der Sinn und Zweck dieser Bestimmung. Eine solch enge Auslegung trüge auch der im Nationalstrassenbereich festzustellenden Entwicklung keine Rechnung. b) Nach Art. 7 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 8. März 1960 über die Nationalstrassen (NSG; SR 725.11) können, wo der seitliche Zugang zu den Nationalstrassen verboten ist, "entsprechend den Bedürfnissen, auf Strassengebiet Anlagen errichtet werden, die der Abgabe von Treib- und Schmierstoffen sowie der Versorgung, der Verpflegung und der Beherbergung der Strassenbenützer dienen". Der Betrieb dieser Nebenanlagen untersteht nach Art. 50 NSG insbesondere den Vorschriften über die Gewerbe-, Gesundheits- und Wirtschaftspolizei. Soweit die Bedürfnisse des Verkehrs oder allgemeine Interessen es erfordern, kann das Eidgenössische Departement des Innern abweichende Vorschriften aufstellen ( Art. 50 Satz 2 NSG ). Gedacht wurde dabei insbesondere an abweichende Öffnungs- und Schliessungszeiten (BBl 1971 I 1111). Als Nebenanlagen im Sinne von Art. 7 NSG gelten Tank- und damit verbundene Informationsstellen, Verkaufsräume (Kioske), Erfrischungsräume, Restaurants und Beherbergungsbetriebe (Art. 4 Abs. 1 der Verordnung über die Nationalstrassen vom 24. März 1964; NSV, SR 725.111). In seiner Botschaft erklärte der Bundesrat, dass die bisherige Praxis bis an die Grenze des Zulässigen ausgeschöpft worden sei: "So ist in den Autobahnraststätten der Begriff des Kiosks ausgedehnt worden; diese Geschäfte bieten alles an, was der durchreisende Automobilist wünschen mag" (BBl 1971 I 1106). Bei dieser Ausgangslage ist nicht einzusehen, weshalb im Rahmen des Bahnverkehrs der Begriff des Nebenbetriebes entgegen der Praxis bei den Nationalstrassen restriktiver auszulegen wäre, obwohl die entsprechende gesetzliche Regelung grundsätzlich weiter formuliert ist als jene im Nationalstrassengesetz. Dass Bahnhöfe in oder bei Agglomerationen liegen, während Autobahnraststätten sich ausserhalb solcher entlang von Nationalstrassen finden, vermag daran nichts zu ändern, da dies nur teilweise stimmt und der motorisierte Reisende für einen Einkauf gerade den Vorteil seiner Mobilität hat. c) Auch der Einwand der Stadt Zürich, Ausnahmebestimmungen seien generell restriktiv auszulegen, überzeugt nicht. Sollte es sich bei Art. 39 EBG überhaupt um eine solche handeln, so ist er BGE 117 Ib 114 S. 122 doch nach seinem Sinn und Zweck im Rahmen der allgemeinen Regelung und nicht generell restriktiv oder extensiv auszulegen ( BGE 114 V 302 E. e; RENÉ A. RHINOW/BEAT KRÄHENMANN, a.a.O., S. 60, Nr. 20 III b; ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen Verwaltungsrechts, Zürich 1990, Rz. 187). 8. Aus dem Gesagten lässt sich nun aber nicht ableiten, dass als Nebenbetrieb jede Geschäftstätigkeit zu gelten hätte, welche die Eisenbahn als Verkehrsmittel attraktiver macht. Zwischen Geschäftstätigkeit und Bahnreiseverkehr hat nach wie vor ein sachlicher Zusammenhang zu bestehen. a) Im konkreten Fall ist abzuklären, ob an einem bestimmten Ort für eine Geschäftstätigkeit ein Bedürfnis des Bahnbetriebes und des Verkehrs besteht oder nicht. Je nach der Grösse des Bahnhofs, seiner Lage und je nach der Zusammensetzung der ihn frequentierenden Bahnkundschaft variiert die Antwort, welche Aktivität noch als Nebenbetrieb zu gelten hat und welche nicht mehr (BBl 1956 I 251; ROLF TINNER, a.a.O., S. 146). In einem typischen Touristenbahnhof sind andere Bedürfnisse zu befriedigen als in einem vor allem von Pendlern benutzten Bahnhof. Einer Auslegung des Bedürfnisbegriffs losgelöst von den konkreten Umständen, in dem Sinne etwa, dass sämtliche Güter des täglichen Bedarfs wegen der veränderten Reisegewohnheiten und zur Hebung der Sicherheit auf Bahnhöfen generell in Nebenbetrieben angeboten werden dürften, kann nicht gefolgt werden. Als unzulänglich und überholt empfundene kantonale oder kommunale Ladenöffnungszeiten sind nicht durch eine überdehnte Auslegung eisenbahnrechtlicher Regelungen auszuhöhlen - was einen unzulässigen Eingriff in die verfassungsmässige Aufgabenteilung von Bund und Kantonen bedeuten würde -, sondern im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren anzupassen. b) In Anlehnung an das Nationalstrassenrecht ist der eisenbahnrechtliche Nebenbetrieb grundsätzlich ebenfalls als "Verkaufsraum (Kiosk)" (vgl. Art. 4 Abs. 1 NSV ) zu verstehen. Wie die Materialien zeigen, war im Eisenbahnrecht der Begriff des Nebenbetriebes ursprünglich ebenfalls mit der Idee eines "Kiosks" verbunden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Revision von Art. 39 EBG im Jahre 1982, ging es doch dabei lediglich darum, auf Gesetzesebene klarzustellen, dass Bahnbetriebe nicht nur dort auf ihrem Gebiet kommerziell tätig werden dürfen, wo ein Bedürfnis des Betriebes oder des Verkehrs besteht (BBl 1981 I BGE 117 Ib 114 S. 123 336). Geschäftsräume für einen Nebenbetrieb zeichnen sich daher in der Regel durch eine beschränkte Grösse und eine bestimmte, kioskartige Organisation (Schnell-/Selbstbedienung ohne grössere Kundenberatung) aus, wobei sich eine Beschränkung des Angebotes aus den Bedürfnissen der Bahnkunden im Zusammenhang mit ihrer Reisetätigkeit und aus der Art des Bahnhofs ergibt (vgl. ROLF TINNER, a.a.O., S. 143). c) Die Regelung von Art. 39 Abs. 1 EBG hat keine wirtschaftspolitische Zielsetzung. Sie bezweckt ausschliesslich die bestmögliche Abdeckung der durch den Bahnverkehr beim Personal und den Reisenden entstehenden Bedürfnisse. Die Tatsache, dass ein bestimmtes Bedürfnis des Verkehrs am Bahnhof bereits durch ein Geschäft abgedeckt wird, schliesst daher die Zulassung weiterer Geschäfte als Nebenbetriebe nicht aus. Ein solcher Numerus clausus kann Art. 39 EBG - entgegen den Vorbringen der Stadt Zürich, der Gewerkschaft VHTL und des Kaufmännischen Verbandes Zürich - nicht entnommen werden. Geschäften, die sich mit einem gleichen oder ähnlichen Angebot an den Bahnkunden wenden, müssen im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung von Art. 39 EBG soweit möglich die gleichen Wettbewerbschancen geboten werden. 9. Stadelhofen ist ein stark frequentierter, zentral gelegener Bahnhof der Zürcher S-Bahn. Mit prognostizierten 50 000 ein- und aussteigenden Passagieren pro Tag nimmt er in Zürich die zweite Stelle nach dem Hauptbahnhof ein. Den weitaus grössten Teil der Reisenden machen die Berufspendler aus. An Werktagen verkehren in Stadelhofen rund 450 Züge, 225 in jede Richtung; ab dem Hauptperron 1 die Züge Zürich-einwärts, ab den Perrons 2 und 3 der Auswärtsverkehr in Richtung Meilen, Uster, Rapperswil und Winterthur. a) Das nach Art. 39 Abs. 1 EBG in Stadelhofen durch Nebenbetriebe zu befriedigende Bedürfnis ist deshalb in erster Linie ein solches von Berufspendlern im Lokalverkehr. Hierauf muss das Angebot vor allem ausgerichtet sein (neben den klassischen Nebenbetrieben oder heutigen Bedürfnissen entsprechenden Weiterentwicklungen von solchen), damit ein Geschäft als Bahnnebenbetrieb anerkannt werden kann. Der Berufspendler muss am Bahnhof - entsprechend den geänderten Arbeits- und Lebensbedingungen in Grossstadt-Agglomerationen - seine Grundlebensbedürfnisse in einer dem Bahnreisen entsprechenden Art und Weise (schneller Kauf beispielsweise von leicht im Zug BGE 117 Ib 114 S. 124 transportablen Waren) befriedigen können. Insofern ist der allgemeinen Begriffsumschreibung des Departementes zu folgen. Käufe, die normalerweise Zeit in Anspruch nehmen, für die oft mehrere Geschäfte aufgesucht werden, bis sich das Richtige findet, müssen nicht in Bahnnebenbetrieben getätigt werden. Wohl mag es für Pendler wünschenswert erscheinen, auch solche Bedürfnisse auf Bahnareal zu befriedigen, doch ist hierfür auf die kommerzielle Nutzung nach Abs. 4 von Art. 39 EBG zu verweisen. Ein Bedürfnis der Pendler nach einem Nebenbetrieb wegen ihres berufsbedingten Bahnreisens besteht in diesem Fall nicht. Dass ein breites Warenangebot den Bahnhof als solchen attraktiver und das Verbringen der Wartezeiten abwechslungsreicher gestaltet, vermag daran ebensowenig zu ändern wie der Leistungsauftrag der Bundesbahnen. Im Rahmen der kommerziellen Nutzung ist die Einrichtung von Läden mit einem nicht dem Bedürfnis des berufsmässigen Pendlerverkehrs angepassten Warensortiment ohne weiteres möglich. b) Als missverständlich erweist sich der vom Departement geprägte Begriff des "Spontankaufs". Auf diesen darf der Bahnnebenbetrieb nicht grundsätzlich beschränkt werden. Die Tatsache, dass ein Pendler im Hinblick auf die Inanspruchnahme einer Dienstleistung am Bahnhof gewisse Vorbereitungen noch an seinem Wohnort trifft, lässt nicht den Rückschluss zu, die Dienstleistung entspreche nicht einem Bedürfnis nach Art. 39 Abs. 1 EBG . Richtig ist, dass es sich beim Angebot um Waren oder Dienstleistungen handeln muss, die "en passant", ohne grossen Zeitaufwand gekauft oder in Anspruch genommen werden. Käufe und Dienstleistungen, die mehr Zeit benötigen, können von den Pendlern - vor allem bei der Lage des Bahnhofs Zürich-Stadelhofen - in Geschäften ausserhalb des Bahnareals vor und nach der Reise ( BGE 98 Ib 232 E. 6) getätigt oder beansprucht und auf dem Bahnareal nur im Rahmen der kommerziellen Nutzung angeboten werden.
public_law
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
6bfbe006-25dc-4d64-a3a7-2ab1fb1a63d8
Urteilskopf 110 II 324 65. Urteil der II. Zivilabteilung vom 15. November 1984 i.S. Margit Széchényi gegen Direktion des Innern des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 9 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 ZStV . Fremdsprachige Familiennamen sind mit den Akzenten in das Familienregister einzutragen, wenn die Akzente auch im Schriftbild schweizerischer Amtssprachen erscheinen.
Sachverhalt ab Seite 324 BGE 110 II 324 S. 324 A.- Margit Széchényi kam 1956 zusammen mit ihren Eltern und drei Geschwistern als ungarischer Flüchtling in die Schweiz. Mit Verfügung vom 9. Mai 1984 der Direktion des Innern des Kantons Zürich erhielt sie das zürcherische Kantonsbürgerrecht BGE 110 II 324 S. 325 sowie das Schweizerbürgerrecht und wurde die am 5. Oktober 1983 erfolgte Aufnahme in das Bürgerrecht der Stadt Zürich bestätigt. Die Beschwerdeführerin wurde in der Folge mit dem Familiennamen "Szechenyi" in das Familienregister der Stadt Zürich eingetragen, während die ursprüngliche Schreibweise "Széchényi" lautet. B.- Mit Eingaben vom 14. und 15. Mai 1984 an die Direktion des Innern des Kantons Zürich verlangte Margit Széchényi, dass ihr Familienname mit der Schreibweise "Széchényi" in das Familienregister der Stadt Zürich eingetragen werde. Die kantonale Behörde nahm die Eingaben als Beschwerde entgegen und wies diese am 24. Mai 1984 ab. Das Bundesgericht hiess die hiegegen gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die Zuständigkeit des Bundesgerichts zur Beurteilung der vorliegenden Streitsache aufgrund von Art. 98 lit. g OG sowie die Legitimation der Beschwerdeführerin aufgrund von Art. 103 lit. a OG sind gegeben (vgl. BGE 106 II 103 ff.). 2. Nach Art. 43 Abs. 1 ZStV werden Familien- und Vornamen so in die Register eingetragen, wie sie in den Zivilstandsakten oder, wenn solche fehlen, in andern massgebenden Ausweisen geschrieben sind. Der Grundsatz der unveränderten Übertragung gilt jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für die in ausländischen Zivilstandsurkunden aufgeführten Namen nicht unbeschränkt. So dürfen Adelstitel nicht in die schweizerischen Register übertragen werden, auch wenn sie im Ausland als Bestandteil des Namens gelten. Ebensowenig können die den Regeln einer fremden Sprache folgenden Abwandlungen des Familiennamens nach Geschlecht oder Zivilstand des Namensträgers bei der Eintragung des Namens in die schweizerischen Zivilstandsregister beachtet werden. Die Schreibweise ausländischer Familiennamen hat sich den Vorschriften der schweizerischen Registerführung anzupassen und darf nicht den Grundsätzen des schweizerischen Namensrechtes widersprechen. Insbesondere müssen nichtlateinische Schriftzeichen in lateinische Buchstaben übertragen werden ( BGE 106 II 105 E. 2 mit Hinweisen). Im übrigen werden die Register in der vom Kanton bestimmten Amtssprache geführt ( Art. 9 Abs. 1 ZStV ). BGE 110 II 324 S. 326 3. Der angefochtene Entscheid stützt sich auf die erwähnten Art. 9 Abs. 1 und Art. 43 Abs. 1 ZStV und geht von einer langjährigen Praxis der Zürcher Behörden aus, wonach fremdländische Namen, die keiner Landessprache zugeordnet werden können, bei der Eintragung in die Zivilstandsregister dem Schriftbild der deutschen Sprache angeglichen werden. Soweit Akzente für Namen französischer oder italienischer Herkunft (oder allenfalls auch mit Ursprung in anderen romanischen Sprachen) verwendet werden, führt die Direktion des Innern des Kantons Zürich in ihrer Vernehmlassung aus, werde den entsprechenden Sprachregeln Rechnung getragen. Doch glaubt die Vorinstanz den Zivilstandsbeamten nicht zumuten zu können, dass sie die Akzentsetzung auch jener Sprachen berücksichtigen, die - wie im vorliegenden Fall die der finno-ugrischen Sprachgruppe zuzurechnende ungarische Sprache - nicht lateinischen Ursprungs sind. Was im besonderen den ungarischen Familiennamen "Széchényi" betrifft, gesteht die Direktion des Innern zu, dass der hier verwendete Akzent mit demselben Bild als "accent aigu" auch in der französischen Sprache erscheint. Im Gegensatz zum Französischen, wo der "accent aigu" ein geschlossen auszusprechendes "e" kennzeichnet, markiert der Akzent in der ungarischen Sprache nach den Ausführungen der Vorinstanz einen lang auszusprechenden Vokal. Deshalb könne die Beschwerdeführerin nichts daraus ableiten, dass das Schriftbild des in ihrem ursprünglich ungarischen Namen mit einem Akzent versehenen "e" dasselbe ist, wie es auch die französische Sprache kennt. 4. Diese Betrachtungsweise vermag indessen nicht zu überzeugen. Wenn die Registerführer der deutschsprachigen Kantone Akzente anderer Landessprachen und weiterer Sprachen lateinischen Ursprungs eintragen können, ohne dass sich die Frage der Transkription stellt, so ist nicht einzusehen, weshalb Akzente nicht romanischer Sprachen, die aber genau dasselbe Schriftbild wie jene haben, vernachlässigt werden sollten. Ein Akzent mit einem bestimmten Schriftbild - so der von links unten nach rechts oben verlaufende, wie ihn die französische und die spanische Sprache kennen, oder der von links oben nach rechts unten verlaufende der französischen und der italienischen Sprache - hat auch innerhalb der romanischen Sprachen nicht durchweg dieselbe Funktion. Es handelt sich meist um einen dynamischen bzw. Druck-Akzent, mit welchem in unterschiedlicher Weise die Verstärkung des Stimmtones oder eine Änderung des Tonverlaufs ausgedrückt wird, manchmal BGE 110 II 324 S. 327 aber auch um einen grammatischen Akzent, der Wörter und Wortteile nach Sinn und Bedeutung heraushebt (z.B. in der französischen Sprache bei der Partizipbildung und bei Wortunterscheidungen wie "ou" und "où" - vgl. Der Grosse Brockhaus, Stichwort "Akzent"); gelegentlich hat ein Akzent sowohl eine dynamische als auch eine grammatische Funktion (z.B. italienisch "e" und "è"). Dem Argument der Vorinstanz, dass der irrtümliche Eindruck entstehen könnte, die Akzente im Namen "Széchényi", der leicht als einer osteuropäischen Sprache entstammend erkannt werden kann, deuteten auf ein geschlossenes "e" wie in der französischen Sprache, kann deshalb nicht gefolgt werden. Da jedoch das Wortbild mit dem Akzent von links unten nach rechts oben auf dem "e" in der französischen Sprache bereits existiert und deshalb dieser Akzent auf den Schreibmaschinen aller Registerführer, öffentlicher Ämter und privater Büros in der Schweiz bereits vorhanden ist, lässt sich nicht einsehen, weshalb Verwirrung und Schwierigkeiten entstehen könnten. Es haben denn auch andere Kantone der deutschen Schweiz - wie die Beschwerdeführerin darlegt und von der Vorinstanz nicht bestritten wird - den Akzent auf den beiden "e" des ungarischen Familiennamens "Széchényi" zum Registereintrag zugelassen; und andere Behörden haben Ausweise auf den Namen "Széchényi" ausgestellt. Die Vorinstanz kann auch nichts aus BGE 106 II 103 ff. ableiten, was ihren Standpunkt stützen würde. Dort ging es um die dem schweizerischen Namensrecht unbekannte Abwandlung eines Familiennamens je nach männlichem oder weiblichem Namensträger. Hier indessen ist lediglich die Frage zu entscheiden, ob ein Akzent, der in der ungarischen Sprache verwendet wird und mit demselben Schriftbild auch in einer schweizerischen Amtssprache erscheint, von den Registerführern in Zivilstandssachen einzutragen sei. Entgegen der Befürchtung der Vorinstanz, dass auch Zeichen, die in den schweizerischen Amtssprachen als Schriftbild nicht vorkommen, zugelassen werden müssten, wenn der Eintrag des Namens "Széchényi" bewilligt würde, kann daher eine solche Folgerung aus dem vorliegenden Entscheid nicht gezogen werden. Die Frage, welche Regeln die Registerführer bei der Eintragung von Namen mit osteuropäischer Herkunft oder auch nur ungarischen Ursprungs zu beobachten haben, will und kann hier nicht allgemein beantwortet werden. BGE 110 II 324 S. 328 Da nach dem Gesagten keine ernsthaften arbeitstechnischen Schwierigkeiten dem berechtigten Wunsch der Beschwerdeführerin, es solle ihr Familienname mit der Schreibung "Széchényi" in das Familienregister eingetragen werden, und der Folge, dass diese Schreibung im Amtsverkehr zu verwenden ist, entgegenstehen, ist dem Begehren der Beschwerdeführerin stattzugeben.
public_law
nan
de
1,984
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6c0293c6-9941-46e6-91a9-ba084d87670c
Urteilskopf 122 V 125 18. Urteil vom 25. März 1996 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen V. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft
Regeste Art. 34 Abs. 2 IVG . Für die Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern sind die ungekürzten, von H. Winzeler in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten Ansätze massgebend (Änderung der mit BGE 103 V 55 eingeleiteten Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 125 BGE 122 V 125 S. 125 A.- Der 1957 geborene V. hatte sich am 28. Februar 1985 mit R. verheiratet. Der Ehe entsprossen zwei Kinder, J. (geb. 1985) und M. (geb. 1987). Mit Verfügungen vom 14. November 1986 sprach die Ausgleichskasse Basel-Landschaft V. rückwirkend ab 1. Juli 1984 eine einfache halbe Invalidenrente und für die Zeit nach seiner Verheiratung eine Zusatzrente für seine Ehefrau zu, sowie zwei Kinderrenten. Mit Urteil des Bezirksgerichts X vom 11. Januar 1990 wurde die Ehe geschieden, wobei die beiden Kinder unter die elterliche Gewalt der Mutter gestellt wurden. Gemäss der gerichtlich genehmigten Vereinbarung vom 22. November 1989 über die Nebenfolgen der Scheidung wurde V. verpflichtet, an den Unterhalt seiner beiden Kinder bis zur Vollendung des 10. Altersjahres monatliche indexierte Unterhaltsbeiträge von je Fr. 400.-- zu bezahlen; ferner wurde die geschiedene Ehefrau ermächtigt, bei der zuständigen Ausgleichskasse - unter Anrechnung auf die entsprechenden Unterhaltsbeiträge - die direkte Auszahlung der V. zustehenden Kinderrenten zu verlangen. Mit Verfügung vom 13. März 1990 teilte die Ausgleichskasse V. mit, dass ihm ab Februar 1990 keine Zusatzrente mehr ausgerichtet werden könne, da seine geschiedene Ehefrau nicht überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder BGE 122 V 125 S. 126 aufkomme; gleichzeitig wurde er zur Rückerstattung der für Februar 1990 bereits ausgerichteten Zusatzrente im Betrag von Fr. 166.-- verpflichtet. B.- V. liess beim Versicherungsgericht des Kantons Basel-Landschaft Beschwerde erheben und unter anderem mitteilen, seine geschiedene Frau habe sich im Mai 1991 wieder verheiratet. Das Gericht gelangte - unter Hinweis auf eine neuere Untersuchung über die Höhe der Kinderkosten in der Schweiz - zum Schluss, dass die geschiedene Ehefrau von V. im noch streitigen Zeitraum vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder aufgekommen sei, weshalb der Versicherte für diese Zeit eine Zusatzrente für seine geschiedene Frau beanspruchen könne. Dementsprechend hiess das Gericht die Beschwerde mit Entscheid vom 8. Januar 1992 gut. C.- Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides. V. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliessen, während die Ausgleichskasse auf eine Vernehmlassung verzichtet. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. a) Rentenberechtigte Ehemänner, denen keine Ehepaar-Invalidenrente zusteht, haben Anspruch auf eine Zusatzrente für die Ehefrau ( Art. 34 Abs. 1 IVG ). Die geschiedene Frau ist der Ehefrau gleichgestellt, sofern sie für die ihr zugesprochenen Kinder überwiegend aufkommt und selbst keine Invalidenrente beanspruchen kann ( Art. 34 Abs. 2 IVG ). Praxisgemäss ist ein überwiegendes Aufkommen für den Unterhalt des Kindes dann anzunehmen, wenn die der getrennt lebenden oder geschiedenen Frau zufliessenden Unterhaltsleistungen für die Kinder (Kinderrenten allein oder zusammen mit Drittleistungen wie den Unterhaltsbeiträgen des geschiedenen Ehemannes) weniger als die Hälfte ihrer Unterhaltskosten ausmachen (ZAK 1985 S. 584 Erw. 2a in fine mit Hinweisen; bestätigt in den nicht publizierten Urteilen R. vom 12. Juni 1986 und V. vom 10. August 1987). b) Das Eidg. Versicherungsgericht hatte sich in den Siebzigerjahren im Zusammenhang mit der Beurteilung des Anspruchs auf Waisen- oder Kinderrenten für Pflegekinder ( Art. 49 AHVV ) verschiedentlich mit dem BGE 122 V 125 S. 127 Problem der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern zu befassen, sah jedoch zunächst davon ab, hiezu allgemeingültige Regeln aufzustellen (vgl. etwa BGE 98 V 254 Erw. 3; ZAK 1973 S. 574 Erw. 3, 1976 S. 90). In BGE 103 V 55 führte das Gericht dann eine einheitliche und schematische, in der ganzen Schweiz anwendbare Methode zur Festsetzung des Unterhaltsbedarfs von Kindern ein, indem es die von WINZELER (Die Bemessung der Unterhaltsbeiträge für Kinder, Diss. Zürich 1974) in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten, um einen Viertel herabgesetzten Ansätze als massgebend erklärte; diese Beträge entsprächen in etwa den zum Unterhalt absolut notwendigen Auslagen. In der Folge wurden die betreffenden Ansätze in den Anhang IV der vom BSV herausgegebenen Wegleitung über die Renten (RWL) aufgenommen. 2. Vorliegend ist streitig und zu prüfen, ob der Beschwerdegegner für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 Anspruch auf eine Zusatzrente für seine geschiedene Ehefrau hat. Dies hängt davon ab, ob die Frau während des fraglichen Zeitraums überwiegend für die ihr zugesprochenen Kinder aufgekommen ist. a) Das kantonale Versicherungsgericht hat diese Frage abweichend von den in BGE 103 V 55 aufgestellten Regeln zur Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern bejaht. Zwar sei diese Rechtsprechung insoweit zu begrüssen, als damit eine gesamtschweizerisch einheitliche Bemessungspraxis eingeführt worden sei. Hingegen lasse sich die Kürzung der von Winzeler in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt des Kantons Zürich ermittelten Ansätze um einen Viertel angesichts der vom Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Freiburg veröffentlichten Untersuchung über die Kosten von Kindern in der Schweiz (DEISS/GUILLAUME/LÜTHI, Kinderkosten in der Schweiz, Untersuchung über die Äquivalenzskalen der Einkommen, Universitätsverlag Freiburg 1988, Wirtschaftswissenschaftliche Beiträge, Bd. 36) nicht mehr rechtfertigen. Wie GULER (Die Bemessung von Unterhaltsbeiträgen der Kinder, in: Zeitschrift für Vormundschaftswesen 1990 S. 54 ff., 69) überzeugend dargelegt habe, weise die Freiburger Studie im Vergleich zu den Empfehlungen des Jugendamtes in den Bereichen Ernährung, Unterkunft und Nebenkosten einen nicht unerheblichen Mehrbedarf des Kindes aus. Besonders gross sei die Differenz bei den sogenannten Nebenkosten. Darunter seien namentlich Verkehrsausgaben, Ausgaben für die Körper- und Gesundheitspflege (inklusive Sport), Bildung und Erholung (inklusive Ferien), Arztselbstbehalt und Zahnarztkosten sowie das BGE 122 V 125 S. 128 Taschengeld zu verstehen; ferner Anteile an Energiekosten (ohne Heizung), Telefon, Radio und Fernsehen, Versicherungen (Krankenkasse, Unfallversicherung, Hausrats- und Haftpflichtversicherung), Wasch- und Putzmitteln und kleineren Haushaltanschaffungen. Nach GULER (a.a.O., S. 63) hätten sich die von Winzeler im Jahre 1974 "nur teilweise und äusserst zurückhaltend vorgenommenen Bewertungen dieser Posten ... in der Praxis der folgenden 15 Jahre als um die Hälfte zu niedrig erwiesen". Bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs von Kindern seien deshalb neu wenigstens die ungekürzten Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich zu berücksichtigen. Auf den vorliegenden Fall bezogen bedeute dies, dass die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers im fraglichen Zeitraum für die ihr zugesprochenen Kinder überwiegend aufgekommen sei. b) Das BSV stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, es bestehe keine Veranlassung, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Mit den in BGE 103 V 55 für massgeblich erklärten Ansätzen seien alle zum Unterhalt notwendigen Auslagen berücksichtigt, und es werde damit namentlich auch den Nebenauslagen hinreichend Rechnung getragen. Sodann sei darauf hinzuweisen, dass die Zahlen für die Jahre 1978, 1979, 1981 und 1984 vom Jugendamt des Kantons Zürich der Teuerung angepasst worden seien. Ferner habe das BSV die ab 1. Januar 1987 gültigen Werte auf einem Landesindex der Konsumentenpreise von 108,5 (Stand 31. Dezember 1985) ausgeglichen. Seit 1988 würden die Unterhaltsansätze jeweils zum gleichen Zeitpunkt und im selben Ausmass wie die Renten der Lohn- und Preisentwicklung angepasst. Den individuellen Verhältnissen werde durch eine Abstufung der Unterhaltsbeiträge nach Alter und Anzahl der Kinder Rechnung getragen. 3. Die Bestimmung von Art. 34 Abs. 2 IVG setzt unter anderem voraus, dass die geschiedene Frau für die ihr zugesprochenen Kinder "überwiegend aufkommt". Bei der Formel des überwiegenden Aufkommens handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der wertenden Auslegung durch den Richter bedarf. Er knüpft am Begriff des (Kinder-)Unterhalts an, der seinerseits vielschichtig und in hohem Masse konkretisierungsbedürftig ist (zum Unterhaltsbegriff umfassend BREITSCHMID, System und Entwicklung des Unterhaltsrechts, AJP 1994 S. 838 ff.; HEGNAUER, Grundriss des Kindesrechts, 4. Aufl., Bern 1994, S. 146, N. 21.15). Das Eidg. Versicherungsgericht hat sich bei der Bestimmung des Kinderunterhalts - im Unterschied zur Unterhaltsbeitragsfestsetzung nach Art. 285 Abs. 1 ZGB (BGE BGE 122 V 125 S. 129 BGE 120 II 288 Erw. 3a und b, BGE 116 II 112 Erw. 3a und b; vgl. auch Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 15. November 1995, Separatausgabe, S. 161) - für eine einheitliche, besonderen Umständen nicht Rechnung tragende Tabellenlösung entschieden ( BGE 103 V 55 ; Erw. 1b hievor). Trotz der dagegen (HAFFTER, Der Unterhalt des Kindes als Aufgabe von Privatrecht und öffentlichem Recht, Diss. Zürich 1984, S. 157 ff.) und gegen die Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich gerichteten Kritik (KELLER, Die Empfehlungen des Jugendamtes des Kantons Zürich zur Bemessung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder, SJZ 1977 S. 181 ff.; KEHL, Die Kommerzialisierung der Ehe, SJZ 1981 S. 366; CURTY, A propos des "Recommandations" pour la fixation des contributions d'entretien des enfants éditées par l'Office de la jeunesse du canton de Zurich, Recherche d'une méthode de calcul, JdT 1985 I S. 322 ff.; zum Ganzen STETTLER, Schweizerisches Privatrecht, SPR III/2, S. 318 ff., insbes. S. 321 ff.), hat das Gericht an seiner Rechtsprechung festgehalten. Insbesondere gab es zu bedenken, dass eine Berücksichtigung der effektiven Unterhaltskosten eine Ungleichbehandlung zu Lasten von Eltern in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen zur Folge hätte (nicht publizierte Urteile K. vom 19. Juni 1978 und L. vom 12. Juni 1979). Im unveröffentlichten Urteil R. vom 12. Juni 1986 bestätigte das Gericht die schematische Betrachtungsweise und lehnte es dementsprechend ab, die Einkommenseinbusse einer geschiedenen Frau, welche auf eine Ausdehnung ihrer Erwerbstätigkeit verzichtete, um sich besser um ihr invalides Kind kümmern zu können, bei der Berechnung der Kinderunterhaltskosten in Anschlag zu bringen. Auch aus heutiger Sicht besteht keine Veranlassung, von der aus Gründen der Einheitlichkeit und Praktikabilität gewählten Tabellenlösung abzugehen. Hingegen fragt es sich, ob von einer Kürzung der Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich um einen Viertel Umgang zu nehmen ist. 4. Eine solche Abkehr von der mit BGE 103 V 55 eingeleiteten Rechtsprechung lässt sich gegenüber dem Postulat der Rechtssicherheit grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis der ratio legis, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 119 V 260 Erw. 4a, BGE 110 V 124 Erw. 2e, BGE 108 V 17 Erw. 3b, BGE 107 V 3 Erw. 2 und 82 Erw. 5a). a) Zur Thematik der Kinderkosten in der Schweiz sind nebst der erwähnten Freiburger Studie (Erw. 2a) in jüngerer Zeit verschiedene Fachpublikationen BGE 122 V 125 S. 130 erschienen, welche übereinstimmend zum Schluss gelangen, dass die (direkten und indirekten) Kosten, welche ein Kind einem alleinerziehenden Elternteil verursacht, gestiegen oder deutlich höher sind, als in der Vergangenheit angenommen (SPYCHER/BAUER/BAUMANN, Die Schweiz und ihre Kinder, Zürich 1995; vgl. ferner GILLIAND/CUÉNOUD, Politique familiale et budget social de la Suisse, Bern 1994; HÖPFLINGER/DEBRUNNER, Die unschätzbaren Leistungen der Familie, Überlegungen und Feststellungen, Bern 1994; SCHELLENBAUER/MERK, Bewertung der Haushalts-, Erziehungs- und Betreuungsarbeit, BIGA, Bern 1994). Ziel der von der Vorinstanz ins Feld geführten Freiburger Studie war es, sogenannte Äquivalenzskalen der Einkommen in der Schweiz zu ermitteln sowie die Kinderkosten zu schätzen. Als "Kinderkosten" werden sämtliche Ausgaben bezeichnet, welche durch die Präsenz eines Kindes im Haushalt verursacht werden. "Äquivalenzskalen" ihrerseits zeigen an, mit welchem Koeffizienten das Einkommen einer Einzelperson oder eines Paares ohne Kinder vervielfacht werden muss, um einer Familie mit Kindern den gleichen Lebensstandard zu gewähren. Der Studie lässt sich zwar nicht in Franken und Rappen entnehmen, wieviel ein Kind kostet; doch sind Rückschlüsse auf die Kinderkosten möglich. Diesbezüglich wird nachgewiesen, dass bei einem Referenzeinkommen eines Paares von Fr. 52'702.-- das erste Kind jährlich Fr. 12'972.-- (oder monatlich Fr. 1'081.--), das zweite Fr. 10'071.-- (oder monatlich Fr. 839.--) und das dritte Fr. 8'570.-- (oder monatlich Fr. 714.--) kostet. Dabei handelt es sich lediglich um die effektiven Haushaltsausgaben ohne den in natura geleisteten Aufwand an Pflege und Erziehung. Für die Einelternfamilie steigt der Äquivalenzaufwand für das erste Kind gar auf Fr. 15'156.-- pro Jahr oder Fr. 1'263.-- monatlich. In seiner eingehenden Würdigung der Freiburger Studie kommt GULER zum Schluss, dass die Rubriken "Nebenkosten" sowie "Pflege und Erziehung" der Empfehlungen des Jugendamtes des Kantons Zürich aufgrund der Ergebnisse der Studie klar zu niedrig angesetzt seien und die ermittelten Zahlen zu einem Neuüberdenken der Bemessungspraxis für Kinderalimente führen müssten (a.a.O., S. 62 und 65). Ob aufgrund dieser Studien Anlass für eine Praxisänderung im Sinne der Vorinstanz besteht, braucht mit Blick auf die nachstehenden Erwägungen zur ratio legis des Art. 34 Abs. 2 IVG nicht abschliessend beantwortet zu werden. b) Die Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung vom 24. Oktober 1958 sah keinen Anspruch des BGE 122 V 125 S. 131 invaliden geschiedenen Ehemannes auf eine Zusatzrente für die geschiedene Frau vor. Der Bundesrat stellte sich einer derartigen Rentenberechtigung ausdrücklich entgegen, indem er folgendes ausführte: "Die Festsetzung einer solchen Rente nach dem von der Frau erlittenen Versorgerschaden - wie dies in der Alters- und Hinterlassenenversicherung geschieht - würde speziell in den Fällen, in denen die Scheidung nach der Invalidierung erfolgt und der geschiedene Ehemann nicht zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet wird, ausserordentlichen Schwierigkeiten begegnen". Zudem müsste die Rente, um eine wirksame Hilfe für die geschiedene Frau darzustellen, dieser selbst ausgerichtet werden, was dem Charakter der Angehörigenrente als einer Zusatzrente für den Invaliden widerspreche (Separatausgabe S. 65). In der vorberatenden Kommission des Nationalrates wurde dann aber einem Antrag Huber auf Einführung eines Art. 34 Abs. 2 IVG zugestimmt. Nach dieser Fassung sollte der getrennt lebenden oder geschiedenen Frau eines rentenberechtigten Mannes ein Anspruch auf Zusatzrente zustehen, soweit dies "im Interesse der ihr zugesprochenen Kinder notwendig ist" oder sie selbst nicht voll erwerbsfähig ist. Nationalrat Huber begründete seinen Antrag im wesentlichen wie folgt: "Auch für die geschiedene Frau rechtfertigt sich die Zusatzrente; sonst hätte sie trotz gleichbleibender Familienlasten keine Versicherungsleistungen. Erfolgt nämlich die Scheidung nach der Invalidierung, so würde die bisher gewährte Zusatzrente vom Zeitpunkt der Scheidung hinweg plötzlich gestrichen. Dies widerspräche aber dem Gedanken des Familienschutzes; denn die Zusatzrenten für die Kinder genügen für den Unterhalt der Kinder nicht." (Protokoll der Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 19.-22. November 1958, S. 115 ff.). In der Folge kam die nationalrätliche Kommission auf Antrag das Eidg. Departementes des Innern auf ihren Beschluss zurück und stimmte einer abgeänderten Formulierung zu, die dem Text des heutigen Art. 34 Abs. 2 IVG entspricht. In der Kommissionsberatung hielt der Vertreter der Verwaltung (Dr. Naef) fest, der Rückkommensantrag belasse "den Kern des erwähnten Antrages Huber", weiche aber insofern in drei wesentlichen Punkten von ihm ab, als die getrennt lebende Ehefrau nicht mehr erwähnt, die Gewährung eines eigenen Rentenanspruchs der geschiedenen Frau fallengelassen und das Kriterium der beschränkten Erwerbsfähigkeit aufgegeben werde (Protokoll der Kommission des Nationalrates, Sitzung vom 27.-29. Januar 1959, S. 157 ff.). Der Begriff des überwiegenden Aufkommens und die damit verbundene Frage, wie die Unterhaltskosten der Kinder zu bestimmen sind, blieb in den Räten BGE 122 V 125 S. 132 unerörtert. Immerhin aber lässt sich festhalten, dass die soziale Zweckbestimmung der Zusatzrente gemäss Art. 34 Abs. 2 IVG in der Bestreitung des Unterhalts der für ihr Kind sorgenden geschiedenen Frau ( BGE 103 V 98 Erw. 2) liegt. Daran ändert nichts, dass es sich bei der fraglichen Zusatzrente für die Frau um einen Anspruch des geschiedenen invaliden Mannes handelt, dem damit grundsätzlich seine Unterhaltspflicht gegenüber den Unterhaltsberechtigten erleichtert wird ( BGE 113 III 84 Erw. 2b). Denn die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des geschiedenen Mannes liegt im klaren Interesse der für die Kinder sorgenden geschiedenen Frau und damit auch im Interesse der Kinder. c) Nach den in BGE 103 V 55 aufgestellten Bemessungsregeln entfällt der Anspruch des Mannes auf eine Zusatzrente für die geschiedene Frau dann, wenn die ihr zufliessenden Unterhaltsleistungen für die Kinder (Kinderrente allein oder zusammen mit Drittleistungen wie den Unterhaltsbeiträgen des geschiedenen Ehemannes) die Hälfte der Ansätze des Jugendamtes des Kantons Zürich (bzw. des Anhangs IV der RWL) - reduziert um einen Viertel - erreichen. Laut diesen Ansätzen sind die Kosten bei einem 17jährigen oder älteren Einzelkind am höchsten; für die Jahre 1990/91 wurden sie auf Fr. 935.-- pro Monat veranschlagt. Bei einem von zwei Kindern liegen die betreffenden Ansätze zwischen Fr. 642.-- und Fr. 789.--, und bei einem von drei Kindern zwischen Fr. 580.-- und Fr. 709.--. Die geringsten Kosten verursacht eines von vier oder mehr Kindern unter 7 Jahren, dessen Unterhaltsbedarf sich im entsprechenden Zeitraum auf Fr. 536.-- pro Monat belief (Anhang IV der RWL). Die Kinderrenten der Invalidenversicherung (ganze Vollrenten gemäss Rentenskala 44) bewegten sich in den Jahren 1990/91 je nach Höhe des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens zwischen Fr. 320.-- und Fr. 640.--. Ein Vergleich dieser Rentenbeträge mit den massgeblichen Unterhaltsansätzen macht deutlich, dass ein überwiegendes Aufkommen der geschiedenen Ehefrau praktisch ausgeschlossen ist, wenn sie mehrere ihr zugesprochene Kinder hat und ganze Kinderrenten bezieht, da die Praxis diesfalls nicht von einem proportionalen Anstieg des Unterhaltsbedarfs ausgeht. Es kann sogar vorkommen, dass die Kinderrenten höher ausfallen als der für massgeblich erklärte Bedarf (vgl. dazu REBER, Scheidungsrecht und Sozialversicherung, SJZ 1983 S. 97). Führt aber die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs des überwiegenden Aufkommens nach den erwähnten Bemessungsregeln im Ergebnis dazu, dass ganze BGE 122 V 125 S. 133 Kategorien von geschiedenen Männern vom gesetzlichen Anspruch auf eine Zusatzrente für ihre geschiedene Frau ausgeschlossen werden - welche Rente letztlich den der Frau zugesprochenen Kindern zugute kommen soll - so widerspricht dies Sinn und Zweck von Art. 34 Abs. 2 IVG und lässt sich mit der Regelungsabsicht und den Wertvorstellungen des Sozialversicherungsgesetzgebers (Erw. 4b) nicht vereinbaren. Es rechtfertigt sich daher, nicht mehr die um einen Viertel reduzierten, sondern die ungekürzten Ansätze als massgebend zu erachten, weshalb der Vorinstanz im Ergebnis beizupflichten ist. 5. Der Unterhaltsbedarf der beiden der Mutter zugesprochenen Kinder im fraglichen Zeitraum (1990/91) beläuft sich nach den massgeblichen ungekürzten Ansätzen auf je Fr. 856.-- pro Monat. Der geschiedenen Frau des Beschwerdeführers flossen aber lediglich Unterhaltsleistungen von Fr. 400.-- pro Kind und Monat zu. Dementsprechend kam die geschiedene Frau überwiegend im Sinne von Art. 34 Abs. 2 IVG für die ihr zugesprochenen Kinder auf. Der Beschwerdeführer hat demnach für die Zeit vom 1. Februar 1990 bis 31. Mai 1991 Anspruch auf Ausrichtung einer Zusatzrente für seine geschiedene Frau. Der vorinstanzliche Entscheid besteht damit zu Recht. 6. (Kostenpunkt)
null
nan
de
1,996
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c06c517-04ff-408c-8164-22fbae661396
Urteilskopf 102 IV 128 32. Urteil des Kassationshofes vom 18. August 1976 i.S. Schweizerische Bundesanwaltschaft gegen X., Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft und Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft.
Regeste Art. 4, 38 LG . Dem Lotteriezweck dienen nicht nur Handlungen, welche vom Veranstalter, seinen Hilfspersonen oder von für diese Handelnden vorgenommen werden, sondern auch solche beliebiger Dritter, die unabhängig von diesen tätig werden. Wer für einen Dritten mit dessen Name und Adresse versehene Abschnitte einer verbotenen Lotterie gegen Bezahlung des vorgeschriebenen Einsatzes bei einer Annahmestelle abgibt, vermittelt die Einlage und kann nicht als Einleger im Sinne von Art. 38 Abs. 2 LG gelten.
Sachverhalt ab Seite 128 BGE 102 IV 128 S. 128 A.- X. hatte anlässlich eines Grenzübertrittes von Deutschland nach der Schweiz sechs auf verschiedene seiner Kollegen lautende Quittungsabschnitte der deutschen "6 aus 49er" Wette sowie einundzwanzig leere Scheine dieser Wette auf sich. B.- Das gegen X. wegen Widerhandlung gegen das BG betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten eingeleitete Strafverfahren stellte die Überweisungsbehörde des Kantons Basel-Landschaft mit Beschluss vom 5. Februar 1976 ein. BGE 102 IV 128 S. 129 Die von der Schweizerischen Bundesanwaltschaft gegen diese Einstellungsverfügung erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft am 4. Mai 1976 ab. C.- Die Schweizerische Bundesanwaltschaft führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Sache zur Verurteilung des X. an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Vorinstanz begründet ihren Entscheid damit, aus der Gegenüberstellung von strafbarer Durchführung einer Lotterie und straffreiem Einlegen in eine solche ergebe sich, dass Art. 38 des BG über die Lotterien und gewerbsmässigen Wetten (LG) klar zwischen Durchführungshandlungen von Organen des Lotterieunternehmens und anderen ihm dienenden Personen einerseits und aussenstehenden Drittpersonen anderseits unterscheide. Für diese Auslegung spreche auch die französische Fassung von Art. 4 LG . Personen, die gelegentlich gefälligkeitshalber Scheine ihrer Freunde einlegten, seien als blosse Einleger gemäss Art. 38 Abs. 2 LG zu betrachten, da ihnen als "Publikum" nicht am Gedeihen der Lotterie gelegen sei und sie nicht in die Verkaufsorganisation eingegliedert seien. Gemäss BGE 51 I 161 dienten nur Handlungen, die vom Veranstalter und seinen Hilfspersonen vorgenommen werden, um das erstrebte Ziel zu erreichen, im Sinne von Art. 4 LG dem Lotteriezweck, nicht aber gelegentliche vereinzelte Handlungen eines Privaten, der bereits placierte Lose später kaufe oder verkaufe. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber geltend, der klare Wortlaut von Art. 4 und 38 LG enthalte ebensowenig Anhaltspunkte für eine Unterscheidung zwischen Organen bzw. Hilfspersonen des Veranstalters und aussenstehenden Drittpersonen (Publikum) wie für den Schluss, zur Bestimmung der Straflosigkeit auf das Kriterium des Interesses an der Lotterieförderung abzustellen. Gegen eine solche Abgrenzung zwischen strafbarem und straffreiem Handeln sprächen auch die Gesetzesmaterialien. Als selbstverständlich erscheine, dass unter Einlegen in eine Lotterie gemäss Art. 38 Abs. 2 LG BGE 102 IV 128 S. 130 nur dasjenige für sich selber zu verstehen sei. Aus dem von der Vorinstanz angeführten bundesgerichtlichen Entscheid lasse sich, weil eine Förderung des Lotterieunternehmens nach dem dort zu beurteilenden Sachverhalt ausser Frage stand, nichts zugunsten der von ihr gegebenen Begründung ableiten. Wenn in BGE 53 I 414 die Übernahme einer Deckadresse für eine ausländische Lotterie als strafbare Durchführung einer solchen betrachtet worden sei, dann gelte dasselbe zweifellos auch für Handlungen desjenigen, der von Dritten ausgefüllte Teilnahmescheine einer ausländischen Lotterie über die Grenze bringe und dort einlege oder leere Scheine für Dritte in die Schweiz zurückbringe. Belanglos sei, ob dies nur gelegentlich, ohne Entgelt und auf Verlangen schweizerischer Teilnehmer erfolge. 2. Die Beschwerdeführerin hatte sich im kantonalen Verfahren lediglich darauf berufen, X. habe sich durch das Einlegen von Lottoscheinen für seine Kollegen strafbar gemacht. In der Nichtigkeitsbeschwerde bringt sie nun vor, X. habe nicht nur dadurch, sondern auch durch das Einführen von 21 Lottoscheinen den Straftatbestand des Art. 38 Abs. 1 LG erfüllt. Auf diese Rüge ist, obgleich sie im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht erhoben wurde, einzutreten, da sich die Vorinstanz nach dem kantonalen Prozessrecht (§ 111 Ziff. 2 des Gesetzes betreffend die Strafprozessordnung) und der telefonischen Auskunft des Obergerichtspräsidenten nicht auf die Prüfung der geltend gemachten Beschwerdegründe beschränken konnte ( BGE 87 IV 101 ; nicht veröffentlichter Entscheid des Kassationshofes vom 9.4.1976 i.S. Kaufmann). 3. Gemäss Art. 38 Abs. 1 LG ist strafbar, wer eine durch dieses Gesetz verbotene Lotterie ausgibt oder durchführt. Die Durchführung einer Lotterie umfasst gemäss Art. 4 LG die dem Lotteriezweck dienenden Handlungen, wie die Ankündigung oder Bekanntmachung einer Lotterie, die Ausgabe der Lose, die Empfehlung, das Feilbieten, die Vermittlung und den Verkauf von Losen, Coupons oder Ziehungslisten, die Losziehung, die Ausrichtung der Gewinne, die Verwendung des Ertrages. Straffrei ist gemäss Art. 38 Abs. 2 LG das Einlegen in eine Lotterie, das an sich auch eine dem Lotteriezweck dienende Handlung im Sinne von Art. 4 LG darstellt und daher ohne diesen Vorbehalt unter die Strafbestimmung von Art. 38 Abs. 1 LG BGE 102 IV 128 S. 131 fallen würde (Sten.Bull. StR 1921, S. 82; STAEHELIN, Das BG betreffend die Lotterien und die gewerbsmässigen Wetten vom 8. Juni 1923 als Strafgesetz, S. 94). a) Bei der deutschen "6 aus 49er" Wette handelt es sich um eine verbotene Lotterie. Sofern X. in anderer Weise als durch Einlegen an der Durchführung derselben mitgewirkt hat, ist er daher strafbar. b) Mit Strafe bedroht sind entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht bloss Durchführungshandlungen der Organe des Lotterieunternehmens und anderer diesem dienender Personen, sondern auch solche aussenstehender Dritter. Das Gesetz trifft in dieser Hinsicht keine Unterscheidung, sondern erklärt unabhängig von der sie vornehmenden Person sämtliche dem Lotteriezweck dienenden Handlungen als verboten und strafbar, mit Ausnahme eben des ausdrücklich als straffrei bezeichneten Einlegens in eine Lotterie. Diese Strafbefreiung erfolgt nicht etwa, wie die Vorinstanz meint, weil dem Einleger "an der Förderung der Lotterie nicht gelegen sei, weil er, "Publikum" sei", sondern einzig, um seine eigenen Interessen zu schützen (STAEHELIN, a.a.O., S. 94; BLUMENSTEIN, Gutachten und Gesetzesentwurf betreffend bundesrechtliche Regelung des Lotteriewesens, S. 81/82; Botschaft des Bundesrates zum Entwurf eines BG betreffend die Lotterien und die lotterieähnlichen Unternehmungen, S. 12; Sten.Bull. NR 1922, S. 863). Dem Lotteriezweck, der darin besteht, dem Veranstalter Geldmittel zu verschaffen und sie nutzbringend zu verwenden ( BGE 51 I 163 ), dienen nicht nur Handlungen, welche vom Veranstalter, seinen Hilfspersonen oder von für diese Handelnden ( BGE 97 IV 250 E. 2) vorgenommen werden, sondern auch solche beliebiger Dritter, die unabhängig von diesen tätig werden (STAEHELIN, a.a.O., S. 94; Sten.Bull. StR 1921, S. 39/40). Sowenig die Handlung an ein bestimmtes Subjekt gebunden sein muss, sowenig kann es darauf ankommen, ob diese im Plan des Veranstalters vorgesehen ist ( BGE 51 I 162 ) oder nicht (STAEHELIN, a.a.O., S. 95), umsomehr als der im französischen Gesetzestext für die Durchführung einer Lotterie verwendete Begriff "exploiter" in einem uneigentlichen Sinn gebraucht wird ( BGE 51 I 162 ). Dem Lotteriezweck im Sinne von Art. 4 LG zu dienen, ist demnach jede tatsächlich diese Eigenschaft aufweisende Handlung geeignet (STAEHELIN, a.a.O., S. 95). BGE 102 IV 128 S. 132 Dass die Handlung von X., die darin bestand, von seinen Kollegen ausgefüllte, mit ihrem Namen und ihrer Adresse versehene Abschnitte der deutschen "6 aus 49er" Wette nach Deutschland mitzunehmen und sie dort bei einer der Abgabestellen gegen Bezahlung des verlangten Einsatzes zu hinterlegen, dem Lotteriezweck zu dienen geeignet war und ihm darüber hinausgehend auch diente, ist offensichtlich. X. ist daher für diese strafbar, sofern sie nicht als Einlegen zu betrachten ist. c) Unter Einlegen im Sinne von Art. 38 Abs. 2 LG ist das Sichbeteiligen an einer verbotenen Lotterie zu verstehen (BLUMENSTEIN, a.a.O., S. 81; Sten. Bull. StR 1921, S. 82). Man beteiligt sich an einer solchen, indem man ein Los kauft oder sonstwie ein Rechtsgeschäft eingeht, das die Beteiligung zur Folge hat (Sten.Bull. StR 1921, S. 82; BGE 97 IV 50 ). X. hat sich an der in Frage stehenden verbotenen Lotterie nicht beteiligt. Er füllte selber, wie den Akten entnommen werden kann, keinen Abschnitt aus und hinterlegte diesen auf seinen Namen bei einer der deutschen Annahmestellen gegen Entrichtung des verlangten Einsatzes. Was er tat, bestand darin, die von seinen Kollegen ausgestellten, auf ihren Namen lautenden und mit ihrer Adresse versehenen Abschnitte mit nach Deutschland zu nehmen und sie bei einer der dortigen Annahmestellen gegen Bezahlung des vorgeschriebenen Einsatzes abzugeben. Das stellt sich zwar für seine Kollegen, nicht aber für ihn als Einlegen in eine Lotterie dar; denn nicht er wurde durch das von ihm, aber direkt mit Wirkung für diese abgeschlossene Rechtsgeschäft an der Lotterie beteiligt, sondern diese. Er hat demzufolge nicht in die Lotterie eingelegt, sondern andern die Einlage vermittelt, und er kann daher nicht als Einleger im Sinne von Art. 38 Abs. 2 LG gelten. Fraglich ist höchstens, ob Einlegen in der allgemeinen Umschreibung des Art. 38 Abs. 2 LG nicht in einem weiteren als dem oben beschriebenen Sinn zu verstehen sei, also auch derjenige als "Einleger" betrachtet werden müsste, der durch seine Handlung andere an der verbotenen Lotterie beteiligt. Dafür fehlen Anhaltspunkte. Die Durchführung einer verbotenen Lotterie umfasst gemäss Art. 4 LG "die dem Lotteriezweck dienenden Handlungen", von denen anschliessend einige, unter ihnen auch die Vermittlung von Losen, als Beispiele aufgezählt werden. Was also immer diesen Zweck zu BGE 102 IV 128 S. 133 erfüllen geeignet erscheint - und das wäre auch das Einlegen in eine verbotene Lotterie - ist mit nur gerade dieser Einschränkung untersagt und in Art. 38 Abs. 1 LG zudem mit Strafe bedroht. Das Gesetz strebt demnach einen umfassenden Schutz des Einzelnen vor den mit dem verbotenen Lotteriewesen verbundenen Gefahren an, und straft konsequenterweise einzig denjenigen nicht, dem dieser Schutz effektiv gilt (STAEHELIN, a.a.O., S. 94). Die Ausnahmebestimmung von Art. 38 Abs. 2 LG extensiv über den ihr zukommenden Sinn hinaus zu interpretieren und Handlungen straflos zu erklären, von denen gleichartige in Art. 4 LG ausdrücklich untersagt sind, wäre unter diesen Umständen nicht gerechtfertigt. Dass die Kollegen von X. an sich selber hätten einlegen können, ist, weil sie es in Wirklichkeit nicht taten, belanglos. Ebenso kommt auf das Motiv des Handelns von X. nichts an. Hat X. demnach nicht in eine verbotene Lotterie eingelegt und diente sein Handeln anderseits dem Lotteriezweck, so ist er gemäss Art. 38 Abs. 1 LG strafbar, wenn er von Kollegen mit ihrem Namen und ihrer Adresse versehene Abschnitte der deutschen "6 aus 49er" Wette entgegennahm, um sie in Deutschland bei einer der dortigen Annahmestellen gegen Entrichtung des verlangten Einsatzes für sie abzugeben. Die Strafuntersuchung gegen ihn ist in diesem Punkte zu Unrecht eingestellt worden. d) X. hat darüber hinaus 21 leere Abschnitte der "6 aus 49er" Wette in die Schweiz eingeführt. Zu welchem Zweck dies geschah, ist den Akten nicht zu entnehmen. Angesichts der grossen Zahl der Abschnitte erscheint es als wenig wahrscheinlich, dass er diese zu eigenem Einlegen zu verwenden beabsichtigte, sondern es liegt der Schluss nahe, er habe diese an Dritte weitergegeben, sie ihnen vermitteln wollen. Das wäre als ebenfalls dem Lotteriezweck dienende Handlung strafbar, während der Bezug von Abschnitten im andern Fall, weil blosse Vorbereitung eigenen Einlegens, als straflos betrachtet werden müsste. Die Vorinstanz wird abzuklären haben, wie es sich diesbezüglich verhält, und je nach dem Ergebnis der dahingehenden Abklärungen X. auch deswegen dem urteilenden Richter zu überweisen oder aber die Untersuchung in diesem Punkte aufzuheben haben. BGE 102 IV 128 S. 134 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Basel-Landschaft aufgehoben und die Sache zur Neubeurteilung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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6c0a04d4-9124-401b-bb05-dfe50f70332b
Urteilskopf 139 III 249 35. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. et Y. contre Z. (recours en matière civile) 4A_38/2013 du 12 avril 2013
Regeste Art. 40 Abs. 1 BGG ; Art. 8 BGFA . Der im kantonalen Register eingetragene Anwalt kann die Mitglieder eines Mieterverbandes vor Bundesgericht nicht vertreten, wenn er deren Interessen im kantonalen Verfahren in der Eigenschaft eines Angestellten des gleichen Verbandes verteidigt hat (E. 1).
Erwägungen ab Seite 250 BGE 139 III 249 S. 250 Extrait des considérants: 1. Le Tribunal fédéral examine d'office la recevabilité des recours ( ATF 137 III 417 consid. 1; cf. art. 29 al. 1 LTF , concernant la compétence). L' art. 40 al. 1 LTF énonce qu'en matière civile et pénale, les seules personnes habilitées à agir comme mandataires devant le Tribunal fédéral sont les avocats autorisés à pratiquer la représentation en justice en vertu de la loi du 23 juin 2000 sur la libre circulation des avocats (LLCA; RS 935.61) ou en vertu d'un traité international. Si l'avocat titulaire d'un brevet d'avocat cantonal veut pratiquer la représentation en justice, il doit demander son inscription au registre du canton dans lequel il a son adresse professionnelle ( art. 6 al. 1 LLCA ). Pour être inscrit, il doit notamment être en mesure de pratiquer en toute indépendance; il ne peut être employé que par des personnes elles-mêmes inscrites dans un registre cantonal ( art. 8 al. 1 let . d LLCA). Une exception à cette exigence existe pour l'avocat employé par une organisation reconnue d'utilité publique; il peut demander son inscription au registre à condition de limiter son activité de défenseur à des mandats concernant strictement le but visé par cette organisation ( art. 8 al. 2 LLCA ). L'avocat qui ne remplit plus l'une des conditions d'inscription est radié du registre ( art. 9 LLCA ). La loi ne précise pas la notion "d'organisation reconnue d'utilité publique". Au cours des travaux législatifs, il a été question d'introduire une définition plus large telle que "l'association à but non lucratif", qui devait inclure clairement les associations de défense des locataires ou des travailleurs; le Parlement n'a pas accepté cette proposition. Dans un arrêt de 2004, le Tribunal fédéral a souligné qu'un tel historique pourrait signifier que les avocats employés par une association de défense des locataires sont empêchés de représenter les membres de leur employeuse dans les procédures où s'applique le monopole des avocats ( ATF 130 II 87 consid. 5.1.1 p. 100). La doctrine est plus catégorique (STAEHELIN/OETIKER, in Kommentar zum BGE 139 III 249 S. 251 Anwaltsgesetz, 2 e éd. 2011, n° 57 ad art. 8 LLCA ; MEIER/REISER, in Commentaire romand, Loi sur les avocats, 2010, n° 69 ad art. 8 LLCA ; BOHNET/MARTENET, Droit de la profession d'avocat, 2009, p. 277 s. n. 625). En l'occurrence, Pierre Stastny est d'une part employé de l'ASLOCA, et partant dans un rapport de subordination avec cette organisation. Il est d'autre part inscrit au registre des avocats genevois. L'adresse et la case postale de son étude sont les mêmes que celles de l'ASLOCA/Genève. Le site Internet de cette association contient une rubrique "Collaborateurs", dans laquelle figure le précité, ainsi que les autres membres de son étude. Le fait d'être employé par une association vouée à défendre les intérêts des locataires n'exclut pas d'être inscrit au registre cantonal des avocats pour exercer parallèlement une activité d'avocat; l'intéressé doit toutefois satisfaire aux exigences d'indépendance. En l'occurrence, les intérêts des locataires ont été défendus devant les instances cantonales par l'ASLOCA, pour laquelle agissait Pierre Stastny; ils le sont désormais par Pierre Stastny lui-même, en qualité d'avocat. L'avocat Pierre Stastny a ainsi repris le mandat de son employeur, mandat qu'il avait jusqu'alors géré en qualité d'employé de l'ASLOCA. Dans une telle constellation, l'avocat ne satisfait pas à l'exigence légale d'indépendance, car il ne peut guère conseiller les recourants dans un sens différent de celui voulu par son employeur; l'avocat ne saurait accepter un mandat de la part des clients de son employeur ( ATF 130 II 87 consid. 4.3.3 et 6.3.1; STAEHELIN/OETIKER, op. cit., n os 40 et 45 ad art. 8 LLCA ; WALTER FELLMANN, Anwaltsrecht, 2010, p. 124 s. n. 290; BOHNET/MARTENET, op. cit., p. 561 ss n. 1349 ss; KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, p. 227 n. 915). Il faut en déduire que les recourants ne sont pas valablement représentés. Lorsqu'une partie agit par un mandataire non autorisé, il y a lieu de lui fixer un délai pour remédier à l'irrégularité ( art. 42 al. 5 LTF ). Les recourants ayant signé une procuration en faveur de l'avocat Stastny, il ne fait aucun doute qu'ils contresigneraient l'acte de recours reprenant les conclusions déjà prises en appel. Par économie de procédure, il peut être renoncé à cette formalité. En revanche, les recourants ne sauraient prétendre à l'indemnisation de leurs frais d'avocat, dans la mesure où ils ne sont pas valablement représentés (consid. 4 non publié).
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Urteilskopf 97 I 890 128. Urteil vom 2. November 1971 i.S. X. gegen Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich.
Regeste Art. 4 BV ; zürcherische Fähigkeitsprüfung für Rechtsanwälte, Anforderungen an die praktische Tätigkeit als Zulassungsbedingung.
Erwägungen ab Seite 890 BGE 97 I 890 S. 890 1. Die zürcherische Verordnung über die Fähigkeitsprüfung für den Rechtsanwaltsberuf vom 8. Juli 1938 (Prüfungsverordnung) bestimmt in § 4, dass die Bewerber um die Zulassung zur Prüfung sich unter anderem über folgende Zulassungsbedingungen auszuweisen haben: ".... 7. ausreichende Rechtsstudien, in der Hauptsache an schweizerischen Universitäten; 8. praktische Tätigkeit während mindestens eines Jahres bei einem zürcherischen Bezirksgericht oder beim Obergericht als Richter, Gerichtsschreiber, Substitut, vollbeschäftigter Auditor oder als vollbeschäftigter Substitut bei einem zürcherischen Rechtsanwalt oder sonst in einer vom Obergericht als gleichwertig anerkannten Stellung." 2. X., geboren 1942, promovierte am 2. Mai 1970 zum Lizentiaten der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich. Während des Studiums hatte er in den Sommerferien 1967 ein dreimonatiges Praktikum auf einem zürcherischen Anwaltsbüro absolviert. Vom 5. März bis 10. Mai und vom 21. Juni bis 2. August 1968 war er Auditor am Bezirksgericht Dielsdorf. Nach dem Erwerb des Lizentiats machte er vom 12. Oktober 1970 an ein sechsmonatiges Auditoriat am Bezirksgericht Winterthur. Am 21. April 1971 ersuchte X. das Obergericht des Kantons Zürich um Zulassung zur Anwaltsprüfung. Mit Schreiben vom 19. Mai 1971 eröffnete ihm die Verwaltungskommission des Obergerichts, dass er zur Prüfung vorderhand nicht zugelassen werden könne, weil es an der vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit von mindestens einem Jahr im Sinne von § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung fehle. Seine Tätigkeit auf dem zürcherischen BGE 97 I 890 S. 891 Anwaltsbüro sowie am Bezirksgericht Dielsdorf in den Jahren 1967 und 1968 könne ihm nämlich nicht angerechnet werden, denn sie falle noch in die Zeit während des Studiums, da ihm nicht die verantwortungsvollen Arbeiten hätten anvertraut werden können, die üblicherweise einem voll ausgebildeten Juristen übertragen würden. Die genannte Bestimmung der Prüfungsverordnung meine offensichtlich eine praktische Tätigkeit als voll ausgebildeter Jurist. 3. X. führt gegen diesen Entscheid der Verwaltungskommission des Obergerichts des Kantons Zürich, der die Voraussetzungen des Art. 87 OG erfüllt, staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV . Er beantragt, die Beschwerde gutzuheissen und das Obergericht des Kantons Zürich anzuweisen, ihn zum Examen zuzulassen. Auf dieses Beschwerdebegehren ist jedoch nicht einzutreten, soweit damit eine Sachentscheidung verlangt wird, denn die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich rein kassatorischer Natur und führt im Falle der Gutheissung nur zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides ( BGE 97 I 333 E. 2, BGE 96 I 2 ). 4. Der Beschwerdeführer wirft dem Obergericht eine willkürliche Auslegung und Anwendung des § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung vor, weil es in der Annahme, die in dieser Bestimmung vorgeschriebene praktische Tätigkeit sei auf einen voll ausgebildeten Juristen zugeschnitten, seine in die Zeit des Studiums fallende Tätigkeit auf einem Anwaltsbüro sowie als Auditor nicht anrechnete. Was er gegen die Bestimmung selbst vorbringt, deckt sich mit dieser Rüge. a) § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung hält zwar nicht ausdrücklich fest, dass das vorgeschriebene Praktikum nur anzuerkennen ist, soweit der Kandidat dabei bereits über eine volle juristische Ausbildung verfügte. Schon der Wortlaut der Vorschrift lässt jedoch erkennen, dass ein solches Praktikum eine vollständige juristische Ausbildung erfordert, ist dieses doch als Richter, Gerichtsschreiber, Substitut eines Anwalts oder Gerichts, Auditor oder in gleichwertiger Stellung zu absolvieren. Dieser Sinn ergibt sich auch aus der Systematik der Prüfungsverordnung, wonach an erster Stelle von ausreichenden Rechtsstudien und erst darnach von der praktischen Tätigkeit gesprochen wird. Im übrigen liegt es auf der Hand, dass die Tätigkeit in einer solchen Stellung selbst schon umfangreiche und vertiefte juristische Kenntnisse voraussetzt, wie sie BGE 97 I 890 S. 892 normalerweise erst in den obern Semestern erworben werden (vgl. GOTTFRIED WEISS, Die Gestaltung des Rechtsstudiums, in ZSR N.F. 68/1949 S. 232 a; GUHL, Die neuen Reglemente über die Fürsprecher und Notariatsprüfungen, in ZBJV 72/1936 S. 375 f.). In diesem Sinne hat auch das Bundesgericht ausgeführt, das Praktikum bei einem Anwalt sei eine Übergangszeit zwischen dem Universitätsstudium und der freien Berufsausübung als Anwalt ( BGE 50 I 29 ). Die beanstandete Auslegung von § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung lässt sich mit sachlichen Überlegungen vertreten und widerspricht auch dem Sinn der zürcherischen Vorschriften über die Zulassung zur Anwaltsprüfung nicht. Sie ist daher nicht willkürlich ( BGE 96 I 36 ). Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist unbehelflich. b) Ob es unter dem Gesichtswinkel der Willkür mit § 4 Ziff. 8 der Prüfungsverordnung vereinbar wäre, wenn das Obergericht ganz allgemein und ohne Rücksicht auf die Verhältnisse der einzelnen Kandidaten nur ein nach Abschluss des juristischen Studiums absolviertes Praktikum anerkennen und mithin nur Kandidaten mit Studienabschluss zulassen würde, was aus dem angefochtenen Entscheid geschlossen werden könnte, braucht hier nicht geprüft zu werden. Denn im Falle des Beschwerdeführers ist es jedenfalls nicht unhaltbar, dessen in die Jahre 1967 und 1968 fallende Tätigkeit auf einem Anwaltsbüro sowie als Auditor am Bezirksgericht Dielsdorf von je nur drei Monaten bzw. etwas darüber als vollwertiges Praktikum im oben umschriebenen Sinne anzuerkennen. In den betreffenden Berichten über die Leistungen des Beschwerdeführers wird darauf hingewiesen, dass man ihn entsprechend dem damaligen Stand seiner fachlichen Kenntnisse einsetzte. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
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Urteilskopf 102 IV 210 46. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 11. Oktober 1976 i.S. Schweiz. Bundesanwaltschaft gegen Dr. X.
Regeste Art. 69 BStP . Bestehen hinreichende Verdachtsmomente dafür, dass sich unter versiegelten Akten eines Anwaltes Kassiber seines Mandanten befinden und diese für den Zweck der Untersuchung von Bedeutung sein können, sind die Voraussetzungen für die Durchsuchung der fraglichen Akten gegeben (Erw. 3). Geheime schriftliche Mitteilungen von Gefangenen, die nicht an den Verteidiger, sondern an einen Dritten gerichtet und die dem Verteidiger weder in noch zur Ausübung seines Amtes übergeben worden sind, werden vom Anwaltsgeheimnis nicht gedeckt (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 210 BGE 102 IV 210 S. 210 A.- Rechtsanwalt Dr. X. war Verteidiger des Meichtry, der zusammen mit andern Anhängern des Divine Light Zentrums, Winterthur (DLZ), in Strafuntersuchung steht wegen Gefährdung durch Sprengstoffe in verbrecherischer Absicht, Mordversuchs, Tötungsversuchs, Einbruchdiebstahls, Körperverletzung und Versuchs dazu. Am 16. Januar 1976 fand die Kantonspolizei Zürich beim Untersuchungsgefangenen Meichtry verschiedene Schriftstücke, u.a. einen Zettel mit Alphabet und Zahlen (Schlüssel BGE 102 IV 210 S. 211 einer Geheimschrift), einen Zettel mit Zahlen (Mitteilung in Geheimschrift) sowie zwei Blätter, auf denen Meichtry handschriftlich u.a. ausgeführt hatte: "Seid vorsichtig es gibt eventuell eine neue Hausdurchsuchung. Ich habe einiges irgendwo versteckt, im Zentrum kann man es erfahren. Verschwindet mit dem, weil ich das Gefühl habe Schaeben, spricht über alles. Lest genau meine andern Zettel, die ich X. gegeben habe. Die Wäsche kann jedesmal d.h. einmal in der Woche gewechselt werden, und im Hemdkragen sind die jeweiligen Mitteilungen drin. Besorgt mir, was ich im letzten Zettel aufgeschrieben habe. Schickt mir Briefe mit irgend etwas, damit ich adressierte Couverts habe, um sie wie erklärt mit Mitteilungen zu übergeben. Im Brief lege ich jeweils noch als Attrape ein Gerichtsdokument bei. - Auf diese Weise können wir auch gute die Mitteilungen machen. - Man muss nur immer eine Attrape geben und nebenbei den Brief mit dem wichtigsten Inhalt. - Ich hoffe ihr habt mich verstanden." Die Untersuchungsbehörden hegten aufgrund dieser Unterlagen den Verdacht, Dr. X. habe Drittpersonen des DLZ Kassiber Meichtrys übermittelt. Die Bundesanwaltschaft leitete darauf am 22. Januar 1976 gegen Dr. X. ein gerichtspolizeiliches Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Begünstigung ein. Meichtry bestritt, seinem Verteidiger je Kassiber zur Weiterleitung gegeben zu haben, räumte aber immerhin ein, er habe die bei ihm vorgefundenen Schriftstücke Dr. X. übergeben wollen, damit dieser sie weiterleite. Dr. X. selbst berief sich in seiner Einvernahme vom 29. Januar 1976 teilweise auf sein Anwaltsgeheimnis und bestritt im übrigen, dass er einem Dritten schriftliche Mitteilungen Meichtrys habe zukommen lassen. Im Rapport der Kantonspolizei Zürich vom 31. Januar 1976 wurde aber vermerkt, Dr. X. habe dem rapportierenden Polizisten gegenüber, ausserhalb des Protokolls, mündlich zugegeben, von Meichtry Kassiber erhalten zu haben, die er jedoch nicht weitergeleitet, sondern zu seinen Handakten genommen habe. Zur Einvernahme vom 29. Januar 1976 hatte Dr. X. seine Akten mitgebracht. Auf sein Ersuchen wurden diese von der Polizei versiegelt. Am 31. Januar 1976 brachte er auf den Akten auch sein eigenes Siegel an. Bei dieser Gelegenheit soll BGE 102 IV 210 S. 212 er der Polizei gegenüber erklärt haben, es befänden sich in den Akten "bestimmt ca. drei bis vier Kassiber von Meichtry". Meichtry war nicht bereit, seinen Verteidiger, der inzwischen das Mandat niedergelegt hatte, vom Anwaltsgeheimnis zu entbinden. B.- Mit Eingabe vom 7. Februar 1976 stellte die Bezirksanwaltschaft Winterthur bei der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zürich das Gesuch, Dr. X. sei von seinem Anwaltsgeheimnis bezüglich des Mandates zur Verteidigung Meichtrys zu entbinden. Die Aufsichtskommission trat mit Entscheid vom 8. Juli 1976 auf das Gesuch nicht ein mit der Begründung, dass ein Gesuch um Entbindung vom Anwaltsgeheimnis nur vom Rechtsanwalt selbst gestellt werden könne. C.- Mit Eingabe vom 3. August 1976 an die Anklagekammer des Bundesgerichts beantragt die Bundesanwaltschaft, es sei ihr zu gestatten, die versiegelten Akten von Dr. X. nach Kassibern zu durchsuchen. Dr. X. und Meichtry beantragen die Abweisung des Gesuchs. Erwägungen Die Anklagekammer zieht in Erwägung: 3. Die Durchsuchung der versiegelten Papiere ist zu gestatten, sofern nach Anhörung der Betroffenen noch die Vermutung besteht, dass sie für den Zweck der Untersuchung von Bedeutung sein können ( Art. 69 Abs. 2 BStP , BGE 101 IV 367 E. 2). a) Dr. X. lässt in seiner Vernehmlassung vorbringen, er habe vor der Polizei nie zugegeben, im Besitz von "Kassibern" zu sein, sondern es sei jeweils nur von "schriftlichen Aufzeichnungen" die Rede gewesen und solche schriftliche Aufzeichnungen habe er von seinem Mandanten zu seiner Instruktion entgegennehmen dürfen. Damit will er offenbar geltend machen, das beschlagnahmte Dossier enthalte keine "Kassiber" im eigentlichen Sinne, so dass das Gesuch der Bundesanwaltschaft auf Durchsuchung der Akten "nach Kassibern" gegenstandslos sei. Diese Einwendungen sind indessen wenig glaubhaft. Im fraglichen Polizeirapport vom 31. Januar 1976 ist nicht nur beiläufig einmal, sondern drei verschiedene Male ausdrücklich BGE 102 IV 210 S. 213 von "Kassibern" die Rede und es wird des weitern vermerkt, Dr. X. habe erklärt, die fraglichen Schriftstücke seien zwischen Instruktionsakten Meichtrys versteckt gewesen; er habe sie erst beim Durchsehen der fraglichen Akten gefunden. Diese Ausführungen stimmen überein mit den eingangs angeführten Weisungen Meichtrys über die Tarnung solcher Sendungen. Hätte es sich um reine und erlaubte Instruktionsakten gehandelt, dann hätte kein Anlass bestanden, sie zwischen andern Akten zu verstecken. Auf die Bestreitung von Dr. X. ist unter diesen Umständen nicht abzustellen. Benachteiligt wird er dadurch nicht. Sollte sich bei der Durchsicht des versiegelten Dossiers erweisen, dass sich unter den beschlagnahmten Akten tatsächlich keine Kassiber befinden, wären ihm alle Akten zurückzugeben, ohne dass die Untersuchungsbehörde deren Inhalt erfährt. b) Im eingangs angeführten Schreiben ersuchte Meichtry, seine "irgendwo" versteckten Sachen verschwinden zu lassen. Es ist nicht auszuschliessen, dass andere Kassiber über die Art der versteckten Sachen sowie über den Ort des Versteckes Angaben oder Andeutungen enthalten, welche für die Untersuchungsbehörden vor allem deshalb von Wert sein könnten, weil diese immer noch nach verschiedenen, teils sehr gefährlichen Gegenständen fahnden, die sie im Besitz der Beschuldigten oder ihrer Anhänger vermuten. Auf einem andern ebenfalls beschlagnahmten Zettel gab Meichtry Anweisungen, welche Aussagen Schaeben in der Untersuchung machen solle. Es ist nicht auszuschliessen, dass auch auf andern Kassibern solche Anweisungen enthalten waren. Deren Inhalt kann für die Würdigung der von den Untersuchungsgefangenen gemachten Aussagen von Bedeutung sein. Schliesslich wurde bei Meichtry ein Schreiben an die immer noch flüchtige, international gesuchte Martine Hochedez gefunden. Möglicherweise lassen sich in andern Kassibern Anhaltspunkte für den Aufenthalt der Flüchtigen finden, was für die Untersuchung von Wichtigkeit wäre. Ferner ist denkbar, dass andere Kassiber weitere für die Untersuchung nützliche Auskünfte enthalten. Nicht auszuschliessen ist sodann, dass sich auf ihnen Fingerabdrücke von Anhängern des DLZ finden lassen, was ein wichtiges Indiz dafür wäre, dass Dr. X. diese Schriftstücke Dritten zur Einsicht gegeben hätte. BGE 102 IV 210 S. 214 Es bestehen also genügend Verdachtsmomente dafür, dass sich unter den beschlagnahmten Akten tatsächlich Kassiber befinden und dass diese für den Zweck der Untersuchung von Bedeutung sein können. Die Voraussetzungen für die Entsiegelung sind damit grundsätzlich gegeben. 4. Dr. X. und Meichtry widersetzen sich der Entsiegelung vor allem unter Hinweis auf das Anwaltsgeheimnis. a) Gegen Dr. X. ist ein Verfahren wegen Begünstigung eingeleitet worden. Nach der in der Schweiz herrschenden Lehre und Rechtsprechung kann eine Person, die ein Berufsgeheimnis zu wahren hat und der aus diesem Grunde ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, der Beschlagnahme von in ihrem Besitz befindlichen Akten unter Berufung auf die Geheimhaltungspflicht sich dann nicht widersetzen, wenn sie im Verfahren nicht als Zeuge in Frage kommen kann, weil sie selbst Beschuldigter ist ( BGE 101 Ia 11 E. 5a; HAUSER, Der Zeugenbeweis im Strafprozess mit Berücksichtigung des Zivilprozesses, S. 261). Für seine eigenen Verfehlungen kann niemand ein Privileg aufgrund eines Berufsgeheimnisses verlangen (VON RECHENBERG, Beschlagnahme, Siegelung und Hausdurchsuchung gemäss zürcherischer Strafprozessordnung, Referat im kriminalistischen Institut des Kantons Zürich, Wintersemester 1968/69, 7 S. 21/22). Ob dieser Grundsatz uneingeschränkt gelte oder ob eine Interessenabwägung zu seiner Einschränkung führen könne (vgl. dazu BGE 101 Ia 11 E. 5b), kann hier offen bleiben. Gilt der Grundsatz uneingeschränkt, ist die Entsiegelung schon aus diesem Grunde zu bewilligen. Gilt er nur mit Einschränkungen, dann steht das Anwaltsgeheimnis im vorliegenden Fall der Entsiegelung auch dann nicht entgegen, wenn man davon absieht, dass Dr. X. Beschuldigter ist, d.h. wenn man den Fall ausschliesslich unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass Dr. X. der Verteidiger Meichtrys war. b) Das dem Zeugnisverweigerungsrecht eines Rechtsanwalts entsprechende Recht zur Verweigerung der Aktenherausgabe kann sich nur auf seine persönlichen Schriften und Aufzeichnungen sowie auf solche Aktenstücke beziehen, die ihm in seiner beruflichen Eigenschaft, d.h. bei der oder zur Ausübung seines Amtes übergeben worden sind. Hinsichtlich Schriftstücken, die nicht für den Anwalt selbst, sondern für einen Dritten bestimmt sind, beurteilt sich die Frage, ob und inwieweit sie von den Strafverfolgungsbehörden herausverlangt werden BGE 102 IV 210 S. 215 können, nach der Herausgabepflicht desjenigen, an den sie effektiv gerichtet sind. Der Anwalt ist höchstens berechtigt, das Zeugnis darüber zu verweigern, ob er Papiere solcher Art in seinem Gewahrsam habe. Wissen die Untersuchungsbehörden aber bereits, dass ein Verteidiger solche Papiere besitzt, können sie deren Herausgabe verlangen, sofern die fraglichen Papiere auch bei ihrem wirklichen Adressaten beschlagnahmt werden dürften (VON RECHENBERG, a.a.O., insbes. S. 15, 18f und 22/23; RASCH, Die Beschlagnahme von Beweismitteln im Gewahrsam Dritter im Schweizerischen Strafprozess, Diss. Zürich 1975 S. 87/88; ZR 61 Nr. 175). Kassiber sind schriftliche geheime Verständigungen zwischen Gefangenen unter sich oder zwischen Gefangenen und aussenstehenden Komplizen oder Angehörigen (Handwörterbuch der Kriminologie I S. 552). Mit seinem Verteidiger kann ein Beschuldigter in der Regel schriftlich und mündlich unbeaufsichtigt verkehren, so dass es für Mitteilungen, die er ihm machen will, keiner Kassiber bedarf. c) Die Frage, ob die Verteidigerakten Kassiber Meichtrys enthalten und ob Dr. X. diesbezüglich ein Zeugnisverweigerungsrecht besitze, steht im vorliegenden Fall nicht zur Diskussion, da nach den gemachten Ausführungen bereits hinreichende Verdachtsmomente für das Vorhandensein von Kassibern vorliegen. Das beschlagnahmte Dossier soll nach dem Antrag der Bundesanwaltschaft lediglich nach Kassibern durchsucht werden, also nach Schriftstücken, die nicht an den Verteidiger, sondern an einen Dritten gerichtet und die dem Verteidiger weder in noch zur Ausübung seines Amtes übergeben worden sind; ein Verteidiger darf bei ordnungsgemässer Ausübung seines Amtes solche Schriftstücke nicht entgegennehmen. Geheime schriftliche Mitteilungen von Gefangenen, die nicht für den Verteidiger (oder einen andern Träger eines Berufsgeheimnisses im Sinne von Art. 321 StGB ) bestimmt, sondern an einen Dritten gerichtet sind, werden vom Anwaltsgeheimnis nicht gedeckt. Befinden sich solche Mitteilungen in den Akten eines Verteidigers, so kann dieser deren Herausgabe nur verweigern, wenn dem Dritten, für den die Papiere in Wirklichkeit bestimmt und an den sie adressiert sind, ein persönlicher Anspruch auf Verweigerung der Herausgabe zusteht. Dies trifft im vorliegenden Fall offensichtlich nicht zu und wird BGE 102 IV 210 S. 216 denn auch weder von Meichtry noch von Dr. X. behauptet. Das Anwaltsgeheimnis steht demnach der Durchsuchung der Akten nach Kassibern nicht entgegen. 5. Was Dr. X. und Meichtry in ihren Vernehmlassungen dagegen vorbringen, dringt nicht durch. Ob die Einvernahme von Dr. X. am 29. Januar 1976 korrekt durchgeführt worden sei, steht hier nicht zur Beurteilung. Ob er Kassiber Meichtrys an Dritte weitergeleitet habe und ob gestützt auf solche Mitteilungen Mitbeschuldigte ihre Aussage in der Untersuchung bereits abgeändert haben, ist von der Anklagekammer nicht zu prüfen. Im vorliegenden Verfahren ist lediglich zu ermitteln, ob sich unter den Verteidigerakten Kassiber befinden. Dass Meichtry seinem Verteidiger schriftliche und mündliche Erklärungen und Instruktionen aller Art übergeben durfte und dass diese dem Anwaltsgeheimnis unterstehen, ist unbestritten. Zu prüfen ist lediglich, ob er ihm unerlaubterweise auch nicht für ihn, sondern zur Weiterleitung an Dritte bestimmte geheime Mitteilungen habe zukommen lassen. Inwiefern der Entscheid der Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte des Kantons Zürich vom 8. Juli 1976 für das vorliegende Verfahren von Bedeutung sein soll, ist nicht ersichtlich. Im dortigen Verfahren stand allgemein die Entbindung vom Anwaltsgeheimnis zur Diskussion, während es im vorliegenden Verfahren um die Herausgabe von Papieren geht, die vom Anwaltsgeheimnis gar nicht gedeckt werden. Dass Dr. X. einem Mitglied des DLZ die Akteneinsicht verweigerte und sich in seiner bisherigen Tätigkeit klaglos hielt, beweist noch nicht, dass sich unter seinen Schriften keine Kassiber befinden. Was für ein Motiv er für seine Handlungen allenfalls gehabt haben könnte, ist in diesem Verfahren unerheblich. 6. Nach Art. 69 Abs. 1 BStP ist die Durchsuchung der Papiere mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse und unter Wahrung des Berufsgeheimnisses vorzunehmen. Die Handakten von Dr. X. und die Mitteilungen, die Meichtry seinem Verteidiger erlaubterweise zur Ausübung seines Mandates zukommen liess, sind vom Anwaltsgeheimnis gedeckt. Unter das Anwaltsgeheimnis fallen nicht nur der Inhalt dieser Akten, sondern auch die Tatsache, dass Dr. X. im Rahmen seiner Mandatsausübung mit dieser und jener Person Kontakt aufnahm. Das alles darf der Untersuchungsbehörde BGE 102 IV 210 S. 217 bei der Durchsuchung der Papiere nicht zur Kenntnis gelangen. Es rechtfertigt sich deshalb, die Entsiegelung und Durchsuchung der Papiere vom Präsidenten der Anklagekammer des Bundesgerichts vornehmen zu lassen. Zur Entsiegelung und Durchsuchung der Papiere wird Dr. X. einzuladen und auch ein Beamter des Erkennungsdienstes beizuziehen sein, damit auf Kassibern, falls solche vorgefunden werden, allfällige Spuren gesichert werden können. Nach der Durchsuchung der Papiere durch den Präsidenten der Anklagekammer werden die vorgefundenen Kassiber der Bundesanwaltschaft zugestellt und die übrigen Akten Dr. X. herausgegeben. Dispositiv Demnach erkennt die Anklagekammer: Die Durchsuchung des versiegelten Dossiers nach Kassibern wird als zulässig erklärt und vom Präsidenten der Anklagekammer des Bundesgerichts im Beisein von Dr. X. und eines Vertreters des Erkennungsdienstes vorgenommen.
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Urteilskopf 112 II 206 34. Urteil der II. Zivilabteilung vom 24. April 1986 i.S. Niederer gegen Baumgartner (Berufung)
Regeste 1. Entgegennahme einer staatsrechtlichen Beschwerde als Berufung. Die Frage, ob der nach bündnerischem Recht für die erbrechtliche Realteilung zuständige Kreispräsident die Versteigerung einer Sache auch dann anordnen könne, wenn bestritten ist, dass die betreffende Sache überhaupt zum Nachlass gehört, stellt eine Zivilrechtsstreitigkeit dar, gegen welche die Berufung zulässig ist (E. 1). 2. Zulässigkeit der Anordnung des Verkaufs oder der Versteigerung einer Sache ( Art. 612 Abs. 2 und 3 ZGB ). Die Anordnung des Verkaufs oder der Versteigerung einer Sache als erbrechtliche Vollstreckungsmassnahme ist von Bundesrechts wegen solange ausgeschlossen, als die Zugehörigkeit der betreffenden Sache zum Nachlass noch nicht geklärt ist (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 207 BGE 112 II 206 S. 207 A.- Das Ehepaar Niederer-Harlacher erwarb am 1. Juni 1955 in Maienfeld eine aus dem Nachlass des Vaters der Ehefrau stammende Einfamilienhausliegenschaft zu je hälftigem Eigentum. Die Ehegatten lebten in Güterverbindung. Am 31. August 1984 verstarb Berta Niederer-Harlacher. Ihre Erben sind - soweit sie nicht abgefunden worden sind - Ernst Niederer als überlebender Ehegatte und Elisabeth Baumgartner-Harlacher als Nichte. B.- a) Am 12. Juni 1985 reichte Ernst Niederer beim Bezirksgericht Unterlandquart eine Klage auf Feststellung und Teilung des Nachlasses seiner verstorbenen Frau ein. Dabei beantragte er sinngemäss insbesondere eine Feststellung darüber, ob der auf den Namen der Frau eingetragene hälftige Miteigentumsanteil Frauengut darstelle oder Errungenschaft bilde. b) Elisabeth Baumgartner-Harlacher hatte indessen bereits am 20. Mai 1985 beim Kreisamt Maienfeld ein Begehren um Anordnung der Versteigerung des fraglichen Miteigentumsanteils gestellt. Mit Entscheid vom 23. September 1985 ordnete der Präsident des Kreisamtes an, dass der Miteigentumsanteil unter den Erben versteigert werde. Gegen diesen Entscheid erhob Ernst Niederer Rekurs beim Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden. Dieses wies den Rekurs am 20. November 1985 ab. C.- Mit staatsrechtlicher Beschwerde an das Bundesgericht ersucht Ernst Niederer um Aufhebung des Entscheides des Kantonsgerichtspräsidiums. Elisabeth Baumgartner-Harlacher sowie das Kantonsgerichtspräsidium von Graubünden beantragen die Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Das eingereichte Rechtsmittel wird als staatsrechtliche Beschwerde bezeichnet. Ob dies zutrifft, bleibt indessen zu prüfen. a) Nach bündnerischem Recht stellt das Bezirksgericht im Erbteilungsprozess die Höhe des Nachlasses sowie die den einzelnen Erben zufallenden Quoten fest. Die Realteilung als Vollstreckungsmassnahme ist hingegen Sache des Kreispräsidenten. Das Bundesrecht steht dieser Zweiteilung der Zuständigkeit nicht entgegen; namentlich schreibt es nicht vor, welche Behörde darüber zu entscheiden hat, ob eine Erbschaftssache als solche in die Teilung BGE 112 II 206 S. 208 einzubeziehen (d.h. einem Lose zuzuweisen) oder zu verkaufen bzw. zu versteigern sei ( BGE 81 II 182 f.). b) Streitig ist im vorliegenden Fall jedoch nicht die Zuständigkeit des Kreispräsidenten als solche, sondern die Frage, ob der nach bündnerischem Recht für die Realteilung zuständige Kreispräsident die Versteigerung einer Sache auch dann anordnen könne, wenn bestritten ist, dass die betreffende Sache überhaupt zum Nachlass gehört. Dies ist eine zivilrechtliche Frage, die nach Bundesrecht zu beantworten ist. Zu ihrer endgültigen und dauernden Regelung haben die Parteien zudem ein kontradiktorisches Verfahren eingeleitet, sodass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts eine Zivilrechtsstreitigkeit vorliegt ( BGE 109 II 27 mit Hinweisen). In BGE 81 II 182 hat das Bundesgericht das Vorliegen einer Zivilrechtsstreitigkeit für den Fall bejaht, dass sich die Parteien (in einem kontradiktorisch eingeleiteten und einen endgültigen Entscheid bezweckenden Verfahren) darüber streiten, ob eine zum Nachlass gehörende Liegenschaft als solche in die Teilung einbezogen (d.h. einem Lose zugewiesen) oder verkauft werden soll. Erst recht trifft dies für den vorliegenden Fall zu, bei dem nicht nur über die Art der Teilung gestritten wird, sondern darüber, ob diese zur Zeit überhaupt vorgenommen werden könne. c) Die weiteren Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung sind ebenfalls gegeben. Die vorliegende Zivilrechtsstreitigkeit ist vermögensrechtlicher Natur, und der gemäss Art. 46 OG erforderliche Streitwert wird bei weitem übertroffen. Auch die gemäss Art. 55 OG an eine Berufungsschrift zu stellenden formellen Anforderungen sind erfüllt. Wohl beantragt Ernst Niederer - für eine staatsrechtliche Beschwerde zutreffend - lediglich die Aufhebung des angefochtenen Entscheides. Es ist jedoch unbestritten, dass er die Anordnung der Versteigerung des Miteigentumsanteils rückgängig machen will. Ebenso ergibt sich aus der Rechtsschrift hinreichend, welche Bundesrechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt sein sollen. Infolge der Zulässigkeit der Berufung bleibt sowohl die staatsrechtliche Beschwerde als auch die Nichtigkeitsbeschwerde zum vornherein ausgeschlossen ( Art. 68 Abs. 1 und Art. 84 Abs. 2 OG ). Die vorliegende Eingabe ist daher als Berufung entgegenzunehmen und zu behandeln (vgl. BGE 107 II 315 f.). 2. Die Vorinstanz ist bei ihrem Entscheid unter anderem davon ausgegangen, der zwischen den Parteien anhängige Erbprozess BGE 112 II 206 S. 209 stehe der Anordnung einer Versteigerung des umstrittenen Miteigentumsanteils durch den Vollstreckungsrichter nicht entgegen. Durch die Versteigerung werde der Ausgang des Erbstreites nicht präjudiziert, da im Falle, dass der zu versteigernde Miteigentumsanteil nicht zum Nachlass gehören würde, an die Stelle des Gegenstandes dessen Wert in Form des Erlöses trete. Im übrigen seien die Voraussetzungen für eine Versteigerung erfüllt, sodass diese antragsgemäss anzuordnen sei. a) Können sich die Erben über die Teilung der Erbschaft nicht einigen, so greifen die gesetzlichen Teilungsvorschriften ein. Gemäss Art. 611 Abs. 1 ZGB sind so viele Teile oder Lose zu bilden, als Erben oder Erbstämme vorhanden sind. Ist die Zuweisung einer Erbschaftssache an ein Los aber aus besonderen Gründen ausgeschlossen, z.B. weil der Wert der Sache - wie im vorliegenden Fall - den Ertrag eines Erbteils erheblich übersteigt und die Sache nicht ohne erheblichen Wertverlust geteilt werden kann, so ist die Sache nach Art. 612 Abs. 2 ZGB zu verkaufen und der Erlös zu teilen ( BGE 97 II 16 mit Hinweisen). Der Verkauf oder die Versteigerung einer Sache zum Zwecke der Teilung des Erlöses setzt indessen voraus, dass über die Zugehörigkeit der betreffenden Sache zum Nachlass Gewissheit besteht. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass ein Gegenstand verkauft oder versteigert wird, der in fremdem Eigentum steht. Für die Anordnung des Verkaufs oder der Versteigerung bleibt daher von Bundesrechts wegen kein Raum, solange die Zugehörigkeit einer Sache zum Nachlass bestritten und noch nicht geklärt ist. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundesgerichts vom 21. September 1960 in SJZ 58 (1962) S. 90 f. Wohl wurde dort die Auffassung, dem Verfahren auf Anordnung einer Versteigerung stehe ein - zumal später angehobener - Erbteilungsprozess nicht entgegen, als durchaus vertretbar bezeichnet. In jenem Verfahren war jedoch nicht strittig, ob der zu versteigernde Gegenstand überhaupt zum Nachlass gehöre oder nicht. Auch war offenbar keiner der Erben in der Lage oder willens, die ungeteilte Liegenschaft zu übernehmen und die andern Erben abzufinden, sodass es früher oder später ohnehin zu einer Versteigerung gekommen wäre. Das Bundesgericht konnte daher offenlassen, wie zu entscheiden gewesen wäre, wenn in bezug auf den fraglichen Gegenstand bestimmte Begehren gestellt worden wären, deren Beurteilung durch die Versteigerung präjudiziert worden wären. BGE 112 II 206 S. 210 Im vorliegenden Fall hat der Berufungskläger demgegenüber im Verfahren vor dem Kreispräsidenten als Vollstreckungsrichter geltend gemacht, der fragliche Miteigentumsanteil gehöre nicht zum Nachlass, sondern zum Mannesgut. Zur Klärung dieser Frage hat er beim zuständigen Bezirksgericht einen Erbprozess angehoben und unter anderem sinngemäss das Rechtsbegehren gestellt, es sei festzustellen, ob der Miteigentumsanteil Frauengut darstelle und damit in den Nachlass der Frau falle oder ob er als Errungenschaft ihm selber zustehe und damit dem Nachlass entzogen sei. Die Anordnung der Versteigerung des Miteigentumsanteils, bevor diese Frage geklärt ist, verstösst nach dem Gesagten gegen das Bundesrecht. b) Zum gleichen Ergebnis führt auch eine weitere Überlegung. Die umstrittene Miteigentumshälfte an der Einfamilienhausliegenschaft ist im Grundbuch unbestrittenermassen auf den Namen der Erblasserin eingetragen. Gemäss Art. 937 Abs. 1 ZGB besteht daher die Vermutung, dass die Erblasserin wirklich Miteigentümerin war. Gelingt dem Berufungskläger weder der Beweis des Gegenteils noch der Nachweis eines besonderen Rechtsverhältnisses (vgl. hierzu LEMP, N. 16 zu Art. 212 ZGB ), bleibt es sachenrechtlich auch im Verhältnis unter den Ehegatten bei dieser Ordnung. Der Berufungskläger hat jedenfalls keinen güterrechtlichen Anspruch darauf, einen auf den Namen der Ehefrau lautenden Erwerb, der z.B. aus Mitteln der ihm gehörenden Errungenschaft finanziert wurde, als sein Eigentum zu fordern ( BGE 74 II 147 ; TUOR/SCHNYDER, 9. Aufl. 1979, S. 204). Hingegen ist dessen Wert bei der Vorschlagsberechnung zu berücksichtigen (Urteil des Bundesgerichts vom 29. November 1951 in ZBGR 35 (1954) S. 323 f.; TUOR/SCHNYDER, a.a.O. S. 204; vgl. auch HAUSHEER, Grundeigentum und Ehescheidung aus zivilrechtlicher Sicht, in: ZBGR 65 (1984) 265 ff.). Daraus ergibt sich, dass sich der Berufungskläger der Versteigerung des auf den Namen der Erblasserin lautenden Miteigentumsanteils nicht unter Hinweis auf ein "güterrechtliches Eigentum" widersetzen kann. Hingegen können die im Erbprozess beantragten güterrechtlichen Feststellungen im vorliegenden Fall für die Durchführung und das Ergebnis der Teilung präjudizierend wirken. Denn nach den Feststellungen im angefochtenen Entscheid bildet das im Miteigentum stehende Grundstück praktisch das gesamte eheliche Vermögen. Sollte sich nun aber im Erbstreit vor dem Bezirksgericht ergeben, dass der Wert der strittigen Miteigentumshälfte BGE 112 II 206 S. 211 bei der Berechnung des Vorschlages zu berücksichtigen ist, weil diese aus Mitteln des Mannesgutes finanziert wurde, so kann der Berufungskläger bei der Versteigerung des Frauengutes, namentlich beim Mitbieten zur Ersteigerung der fraglichen Miteigentumshälfte, der Berufungsbeklagten in einer stärkeren Stellung gegenübertreten, als wenn die strittige Miteigentumshälfte bei der Vorschlagsberechnung ausser Betracht fallen würde. Daraus erhellt, dass die Anordnung einer Versteigerung, bevor über die güterrechtlichen Verhältnisse Klarheit besteht, die Gleichberechtigung der Erben beeinträchtigt. Dieser in Art. 607 und 610 ZGB verankerte Grundsatz bildet aber die oberste Richtschnur für die Erbteilung (TUOR/SCHNYDER, a.a.O. S. 466). Die Anordnung der Versteigerung erweist sich daher zur Zeit auch unter diesem Gesichtspunkt als bundesrechtswidrig.
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Urteilskopf 109 V 229 40. Urteil vom 3. November 1983 i.S. Scherrer gegen Schweizerische Unfallversicherungsanstalt und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 1, 5, 45 Abs. 1 und 2 lit. g, 55 VwVG: Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, die vom kantonalen Richter der Beschwerde gegen eine Verfügung der SUVA entzogen worden ist. - Art. 55 VwVG ist auf das Verfahren der SUVA anwendbar. Die SUVA hat daher allfälligen Beschwerden gegen ihre Verfügungen, die den Empfänger nicht zu einer Geldleistung verpflichten, die aufschiebende Wirkung ausdrücklich zu entziehen, wenn sich diese nicht entfalten soll. - Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen die Zwischenverfügung einer letzten kantonalen Instanz, womit in Anwendung kantonalen Rechts der Entzug der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde angeordnet wird, ist zulässig, wenn sich die Zwischenverfügung richtigerweise auf Bundesrecht hätte stützen müssen. - Nicht wieder gutzumachender Nachteil in casu verneint.
Sachverhalt ab Seite 230 BGE 109 V 229 S. 230 A.- Mit Verfügung vom 24. Februar 1982 eröffnete die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) ihrem Versicherten Heinrich Scherrer, die ihm seit April 1973 gewährte Rente werde mit Wirkung ab 1. Mai 1982 revisionsweise aufgehoben. B.- Heinrich Scherrer beschwerte sich gegen diese Verfügung und stellte u.a. den Antrag, die SUVA sei anzuweisen, ihm die Rente während der Prozessdauer unverändert auszurichten. Mit Zwischenentscheid vom 21. Februar 1983 wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern das Begehren um Ausrichtung der Rente während der Dauer des Verfahrens gestützt auf § 131 des luzernischen Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 3. Juli 1972 (VRG/LU) ab. C.- Heinrich Scherrer lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die SUVA anzuweisen, ihm die Rente während des Beschwerdeverfahrens unverändert auszurichten. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Die SUVA beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten; eventualiter sei sie abzuweisen. BGE 109 V 229 S. 231 Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 128 OG beurteilt das Eidg. Versicherungsgericht letztinstanzlich Verwaltungsgerichtsbeschwerden gegen Verfügungen im Sinne von Art. 97 und 98 lit. b-h OG auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Hinsichtlich des Begriffs der mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbaren Verfügungen verweist Art. 97 OG auf Art. 5 VwVG . Nach Art. 5 Abs. 1 VwVG gelten als Verfügungen Anordnungen der Behörden im Einzelfall, die sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen (und im übrigen noch weitere, nach dem Verfügungsgegenstand näher umschriebene Voraussetzungen erfüllen). Dazu zählen nach der Rechtsprechung auch Verfügungen, die sich richtigerweise auf öffentliches Recht des Bundes hätten stützen müssen ( BGE 107 Ib 397 mit Hinweisen). Verfügungen im Sinne dieser Umschreibung können nach dem Wortlaut des zweiten Absatzes von Art. 5 VwVG auch Zwischenverfügungen sein, insoweit sie den Anforderungen des vorangehenden ersten Absatzes entsprechen. Zudem verweist Art. 5 Abs. 2 VwVG bezüglich der Zwischenverfügungen auf Art. 45 des gleichen Gesetzes, laut dem nur solche Zwischenverfügungen anfechtbar sind, die einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können ( Art. 45 Abs. 1 VwVG ). Dieser grundsätzliche Vorbehalt gilt als Voraussetzung für die Zulässigkeit eines selbständigen, der Endverfügung vorangehenden Beschwerdeverfahrens, insbesondere für alle in Art. 45 Abs. 2 VwVG - nicht abschliessend - aufgezählten Zwischenverfügungen. Für das letztinstanzliche Beschwerdeverfahren ist ferner zu beachten, dass gemäss Art. 129 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 101 lit. a OG die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Zwischenverfügungen nur zulässig ist, wenn sie auch gegen die Endverfügung offensteht ( BGE 105 V 267 Erw. 1, BGE 104 V 176 Erw. 1, BGE 98 V 220 f. mit Hinweisen; GYGI, Bundesverwaltungsrechtspflege, 2. Aufl., S. 140 ff.). 2. a) Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den kantonalen Zwischenentscheid vom 21. Februar 1983, worin das Begehren um unveränderte Ausrichtung der Rente während der Dauer des Verfahrens abgewiesen wurde. Der vorinstanzliche Zwischenentscheid stützt sich indessen formell nicht auf Bundesrecht, sondern ist in Anwendung kantonalen Verfahrensrechts ergangen (§ 131 VRG/LU). Verfügungen, die sich auf kantonales Recht stützen, unterliegen grundsätzlich der Verwaltungsgerichtsbeschwerde BGE 109 V 229 S. 232 an das Eidg. Versicherungsgericht nicht (vgl. Erw. 1 hievor). Hingegen fragt es sich, ob der angefochtene Zwischenentscheid richtigerweise auf Bundesrecht beruhen müsste und die Verwaltungsgerichtsbeschwerde daher zulässig sei. Nach Art. 1 Abs. 1 VwVG findet dieses Gesetz Anwendung auf das Verfahren in Verwaltungssachen, die durch Verfügungen von Bundesverwaltungsbehörden in erster Instanz oder auf Beschwerde zu erledigen sind. Als Behörden im Sinne dieser Bestimmung gelten u.a. die autonomen eidgenössischen Anstalten oder Betriebe ( Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG ). Die SUVA ist eine autonome eidgenössische Anstalt im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. c VwVG . Auf ihr Verfahren ist daher grundsätzlich das VwVG anwendbar. Gemäss Art. 55 Abs. 1 VwVG hat die Beschwerde aufschiebende Wirkung. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift kann die Vorinstanz einer allfälligen Beschwerde gegen eine Verfügung, die nicht eine Geldleistung zum Gegenstand hat, die aufschiebende Wirkung entziehen; dieselbe Befugnis steht der Beschwerdeinstanz oder, wenn es sich um eine Kollegialbehörde handelt, ihrem Vorsitzenden nach Einreichung der Beschwerde zu. Eine Geldleistung im Sinne dieser Bestimmung haben Verfügungen nur dann zum Gegenstand, wenn sie den Empfänger der Verfügung zu einer vermögensrechtlichen Leistung verpflichten ( BGE 99 Ib 219 Erw. 4, RSKV 1981 Nr. 445 S. 78). Da im vorliegenden Fall die Verfügung der SUVA vom 24. Februar 1982 den Beschwerdeführer nicht zu einer Geldleistung verpflichtete, wäre ein Entzug der Suspensivwirkung durch die Anstalt an sich zulässig gewesen. Davon hat sie jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen Verfügungen der SUVA kann entgegen der Auffassung von Beschwerdegegnerin und Vorinstanz nicht sinngemäss entzogen werden. Diese berufen sich zu Unrecht auf das (unveröffentlichte) Urteil Bolt vom 7. Dezember 1976, wo für Ausgleichskassen, welche dem VwVG nicht unterstehen, ein bloss sinngemässer Entzug des Suspensiveffekts als zulässig bezeichnet wurde; diese Rechtsprechung ist durch den am 1. Januar 1979 in Kraft getretenen Art. 97 Abs. 2 AHVG überholt. Der Entzug des Suspensiveffekts muss durch die Anstalt ausdrücklich verfügt werden, wenn sich die aufschiebende Wirkung nicht entfalten soll. Schliesslich vermag der Einwand der SUVA nichts zu ändern, angesichts der sechsmonatigen Beschwerdefrist könnte der Suspensiveffekt negative Konsequenzen zur Folge haben, namentlich hinsichtlich der Pflicht zur allfälligen Weiterausrichtung BGE 109 V 229 S. 233 von aufgehobenen oder herabgesetzten Versicherungsleistungen. Diese befürchteten Auswirkungen treten nicht ein, wenn einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung ausdrücklich entzogen wird. Der kantonale Zwischenentscheid vom 21. Februar 1983 hat demzufolge nicht die Abweisung eines Wiederherstellungsbegehrens zum Gegenstand, sondern beinhaltet einen Entzug der aufschiebenden Wirkung von Amtes wegen. Da auf das Verfahren letzter kantonaler Instanzen, die gestützt auf öffentliches Recht des Bundes nicht endgültig verfügen, Art. 55 Abs. 2 VwVG über den Entzug der aufschiebenden Wirkung Anwendung findet ( Art. 1 Abs. 3 VwVG ), hätte sich der angefochtene Zwischenentscheid nicht auf kantonales, sondern richtigerweise auf Bundesrecht stützen müssen. Weil ferner die Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch gegen die Endverfügung offensteht, ist auf die Beschwerde gegen den vorinstanzlichen Zwischenentscheid einzutreten, wenn er einen irreparablen Nachteil bewirken kann. b) Ein nicht wieder gutzumachender Nachteil liegt nach der Rechtsprechung vor, wenn die plötzliche Einstellung der Rentenzahlungen den Versicherten aus dem finanziellen Gleichgewicht bringen und zu kostspieligen oder sonstwie unzumutbaren Massnahmen zwingen könnte. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Denn der Beschwerdeführer erzielt nach eigenen Angaben gegenüber der SUVA vom 11. Januar 1982 seit anfangs Januar 1982 ein jährliches Erwerbseinkommen von Fr. 41'600.--. Hinzu kommt die Rente der SUVA, die gemäss nachträglicher Eingabe des Beschwerdeführers vom 20. September 1983 im gleichen Zeitpunkt monatlich Fr. 1'045.-- (= Fr. 12'540.-- im Jahr) betrug. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, dass die Einstellung der Rentenzahlungen den Beschwerdeführer aus dem finanziellen Gleichgewicht wirft. Somit bewirkt der Entzug der aufschiebenden Wirkung keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil. Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist demnach nicht einzutreten. An diesem Ergebnis vermögen die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Interessenabwägung erhobenen Einwendungen nichts zu ändern. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird nicht eingetreten.
null
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Urteilskopf 104 IV 77 24. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 14. April 1978 i.S. L. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste Art. 3, 6, 152, 167 StGB; Auslieferungsrecht. 1. Die Verletzung des Grundsatzes der Spezialität ist mit Nichtigkeitsbeschwerde geltend zu machen. Der Beschuldigte, der mit seiner Zustimmung vom Ausland bedingungslos an die Schweiz ausgeliefert wurde, kann seine Verurteilung in der Schweiz nicht wegen Verletzung des Grundsatzes der Spezialität anfechten (E. 2). 2. Zahlungsunfähig im Sinne des Art. 167 StGB ist eine Aktiengesellschaft, wenn ihre Aktiven die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr decken. Die Deckung muss auch Forderungen erfassen, die noch nicht fällig sind, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft fällig werden (E. 3). 3. Wer fortgesetzt Briefpapier mit unwahrem Briefkopf für Äusserungen unterschiedlichen Inhalts verwendet, macht keine öffentliche Mitteilung gemäss Art. 152 StGB (E. 5). 4. Die in der Schweiz begangene Teilnahme (Anstiftung) an einer im Ausland ausgeführten Haupttat (Fälschung von Ausweisen) gilt als im Ausland verübt. Der Teilnehmer ist in der Schweiz nur unter der Voraussetzung zu verfolgen, dass er nach schweizerischem Recht für Auslandstaten (hier nach Art. 6 Ziff. 1 StGB ) strafbar ist (E. 7).
Erwägungen ab Seite 78 BGE 104 IV 77 S. 78 Aus den Erwägungen: 2. Mit der Beschwerde wird geltend gemacht, das angefochtene Urteil verletze Auslieferungsrecht, nämlich den schweizerisch-französischen Auslieferungsvertrag vom 9. Juli 1869 (BS 12, S. 96). a) Der vom Obergericht des Kantons Zürich am 16. Februar 1976 zur internationalen Fahndung ausgeschriebene Beschwerdeführer wurde am 12. Juni 1976 in Frankreich verhaftet. Der darauf den französischen Behörden zugestellte Haftbefehl und das entsprechende Auslieferungsbegehren vom 16. Juni 1976 verwiesen im einzelnen auf die erstinstanzliche, noch nicht rechtskräftige Verurteilung vom 30. Juni 1975 sowie auf das obergerichtliche Urteil vom 14. April 1972 und den noch nicht rechtskräftigen Beschluss des Bezirksgerichts Zürich vom 30. Juni 1975 betreffend den Vollzug der am 14. April 1972 ausgefällten Strafe. Ebenfalls am 16. Juni 1976 verlangte auch die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Verbüssung einer vom zürcherischen Obergericht am 7. Februar 1975 ausgesprochenen Strafe von drei Monaten Gefängnis. Am 3. August 1976 teilte das französische Aussenministerium mit, der Angeklagte habe einer Auslieferung an die BGE 104 IV 77 S. 79 Schweiz "sans formalités" zugestimmt. Die Auslieferung erfolgte am 16. August 1976. b) Die Beschwerde richtet sich nicht gegen die Auslieferung an sich, sondern gegen die zweitinstanzliche Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Gläubigerbevorzugung und unwahrer Angaben über Handelsgesellschaften sowie gegen die Anordnung des Vollzuges der am 14. April 1972 ausgesprochenen Strafe von acht Monaten Gefängnis. Keiner der beiden genannten Straftatbestände falle unter den in Art. 1 des Staatsvertrages aufgestellten Katalog der Auslieferungsdelikte, und auch der Widerruf des bedingten Strafvollzuges werde dort nicht vorgesehen. Das angefochtene Urteil verletze somit den in Art. 8 des Abkommens aufgestellten Grundsatz der Spezialität. Der Kassationshof hat sich bereits in BGE 81 IV 290 auf den Standpunkt gestellt, die Verletzung des Grundsatzes der Spezialität durch den kantonalen Richter könne vom Ausgelieferten als Verletzung eidgenössischen Rechts beim Bundesgericht gerügt werden. Dieser Auffassung hat sich nach einem Meinungsaustausch mit dem Bundesrat und dem Kassationshof auch die staatsrechtliche Kammer des Bundesgerichts angeschlossen ( BGE 82 I 169 f.; vgl. auch VEV 1957 Nr. 83, 82). An der geltenden Rechtsprechung, nach welcher der Grundsatz der Spezialität als strafrechtliche Bestimmung im Sinne des Art. 84 Abs. 1 lit. c OG und nicht als strafprozessuale angesehen wird, ist festzuhalten. Hinzu kommt, dass der Grundsatz der Spezialität kein verfassungsmässiges Recht im Sinne von Art. 84 lit. a OG ist. Da somit Art. 269 Abs. 2 BStP nicht eingreift und eine Verletzung der Spezialität nur vorfraglich in einer Bundesstrafsache geltend gemacht wird, geht die Nichtigkeitsbeschwerde der staatsrechtlichen ohnehin vor ( Art. 84 Abs. 2 OG ). Auf die Nichtigkeitsbeschwerde ist daher einzutreten. c) Der Beschwerdeführer macht insbesondere geltend, er habe - entgegen der Annahme der Vorinstanz - nicht vorbehaltlos der Auslieferung für alle im Haftbefehl vom 16. Juni 1976 aufgeführten Delikte und zum Vollzug der bedingten Gefängnisstrafe von acht Monaten zugestimmt. Der Beschwerdeführer hat die Vorinstanz missverstanden. Sie geht davon aus, zwischenstaatliche Auslieferungsverträge berechtigten und verpflichteten ausschliesslich die beteiligten BGE 104 IV 77 S. 80 Staaten, nicht die Verfolgten. Es erübrige sich daher zu prüfen, welche Umstände im vorliegenden Fall Frankreich veranlasst hätten, einer umfassenden Beurteilung des Angeklagten für alle im Auslieferungsgesuch enthaltenen Delikte durch die schweizerischen Gerichte zuzustimmen. Die Frage, ob und inwieweit der Verfolgte sich auf zwischenstaatliche Auslieferungsverträge berufen kann, ist umstritten (vgl. VEB 1957, Nr. 83). Dazu ist hier nicht allgemein Stellung zu beziehen. Was der Beschwerdeführer in Wirklichkeit anficht, ist der Auslieferungsentscheid des Appellationsgerichtes Reims bzw. die gestützt darauf durch die französische Regierung erfolgte Auslieferung des Beschwerdeführers an die Schweiz. Diese Hoheitsakte Frankreichs sind weder mit staatsrechtlicher noch mit Nichtigkeitsbeschwerde anfechtbar. Die Zustimmung zur Auslieferung beurteilt sich überdies nach fremdem Recht (Art. 15 des französischen Auslieferungsgesetzes vom 10. März 1927; vgl. DALLOZ, CPP, nach Art. 696 CPP) und unterliegt daher nicht der Überprüfung des Bundesgerichts. Zudem bestünde kein Anlass, die Gültigkeit der Einwilligung des mit einem Anwalt verbeiständeten Beschwerdeführers nach französischem Recht in Frage zu stellen. Anders wäre die Stellung des Angeklagten, wenn er geltend machen würde, die Schweiz halte die ihr vom ersuchten Staate auferlegten Auslieferungsbedingungen nicht ein. Dies aber behauptet der Beschwerdeführer nicht. Die auslieferungsrechtlichen Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die Verurteilung wegen Gläubigerbevorzugung und wegen unwahrer Angaben über eine Handelsgesellschaft sowie gegen den Vollzug der am 14. April 1972 ausgefällten Strafe von acht Monaten Gefängnis sind demnach nicht begründet. 3. Wegen Bevorzugung eines Gläubigers ( Art. 167 StGB ) hat sich der Schuldner zu verantworten, der im Bewusstsein seiner Zahlungsunfähigkeit und in der Absicht, einzelne seiner Gläubiger zum Nachteil anderer zu bevorzugen, darauf abzielende Handlungen vornimmt, insbesondere nicht verfallene Schulden bezahlt, eine verfallene Schuld anders als durch übliche Zahlungsmittel tilgt, eine Schuld aus eigenen Mitteln sicherstellt, ohne dass er dazu verpflichtet war. Bedingung ist, dass über den Schuldner der Konkurs eröffnet oder gegen ihn ein Verlustschein ausgestellt worden ist. Wird die Gläubigerbevorzugung BGE 104 IV 77 S. 81 im Geschäftsbetrieb einer Aktiengesellschaft begangen, so findet die Strafbestimmung auf die Direktoren, Mitglieder des Verwaltungsrates usw. Anwendung, welche die Handlung begangen haben ( Art. 172 Abs. 1 StGB ). a) Der Beschwerdeführer war Alleinaktionär, Geschäftsführer und einziges Mitglied des Verwaltungsrates der am 15. Juli 1966 gegründeten Firma "Caropa AG, Zürich", die am 8. August 1969 in "Caropa-Treuhand AG, Zürich" umbenannt wurde (im folgenden "Caropa" genannt). Die Caropa hatte im Sommer und Herbst 1971 mit zahlreichen Gebietsvertretern Alleinvertretungsverträge abgeschlossen, in denen sich die Vertreter verpflichteten, von der Caropa bestimmte Mengen von Waren, vorwiegend Fischköderpaste, käuflich zu übernehmen. Die Caropa ihrerseits verpflichtete sich, diese Waren zu liefern und die Werbung zu besorgen. Die Fischköderpaste wurde indessen viel zu teuer an die Vertreter verkauft, denn sie konnte von den Endverbrauchern anderswo zu einem preis bezogen werden, der unter dem von der Caropa bezahlten Einstandspreis lag. Viele Vertreter fochten deshalb den Vertrag an, erklärten den Rücktritt vom Vertrag und verlangten von der Caropa die Rücknahme der Ware gegen Rückerstattung des bezahlten Preises. Ein solcher Anspruch stand jedoch nur neun Gebietsvertretern zu, denen gegenüber die Caropa in der Zeit vom 30. Oktober 1971 bis 1. Februar 1972 die vertragliche Verpflichtung eingegangen war, die Restbestände zum Ankaufspreis der Vertreter zurückzunehmen, sofern die Ware nicht innert sechs Monaten nach ihrer Lieferung vollständig verkauft werden könne. Die Bilanz der Caropa vom 13. Dezember 1971 wies nebst einem Aktienkapital von Fr. 50 000.- ein Fremdkapital von Fr. 133 263.40, d.h. Passiven in der Höhe von Fr. 183 263.40 aus, denen nur Aktiven von insgesamt Fr. 143 822.85 gegenüberstanden. Das Fremdkapital bestand aus Forderungen des Beschwerdeführers gegen die Caropa für Investitionen. Davon zog er am 30. April 1972 Fr. 131 698.20 zurück, indem er eine Reihe aktiver Konten auf sein Fremdkapitalkonto überschreiben liess. An Aktiven verblieben in der Firma gemäss Zwischenbilanz vom 30. April 1972 nur noch Fr. 8257.- auf dem Warenkonto. Mit Vertrag vom 1. Mai 1972 überliess der Beschwerdeführer sämtliche Aktien X. Am 7. November 1972 wurde über die BGE 104 IV 77 S. 82 Caropa der Konkurs eröffnet, der am 12. November 1972 mangels Aktiven eingestellt wurde. b) Die Gläubigerbevorzugung im Sinne des Art. 167 StGB sah das Obergericht darin, dass die Caropa bereits vor ihrer Übertragung vom 1. Mai 1972 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen sei. Der in geschäftlichen Dingen erfahrene Beschwerdeführer sei sich dessen bewusst gewesen, denn er habe die Aktien praktisch verschenkt, die zahllosen Schwierigkeiten aus den Alleinvertretungsverträgen wegen der Unverkäuflichkeit der Ware gekannt und nicht übersehen können, dass aus den eingegangenen Rücknahmeverpflichtungen einwandfreie Forderungen gegen die Caropa und entsprechende Verluste in der Höhe von rund Fr. 80 000.- zu erwarten gewesen seien. Trotzdem habe er sich durch Verrechnung seiner Forderung gegenüber der Caropa mit Aktiven dieser Gesellschaft fast vollständig bezahlt gemacht, sei also darauf ausgegangen, sich zum Nachteil anderer Gesellschaftsgläubiger zu bevorzugen. Als benachteiligte Gläubiger betrachtete die Vorinstanz die neun Gebietsvertreter, denen ein Anspruch auf Rückgabe der unverkäuflichen Ware zugesichert worden war. c) Geht man von den verbindlichen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz aus, so war der Rückzug der Guthaben des Beschwerdeführers gegen die Caropa geeignet, ihn zum Nachteil anderer Gesellschaftsgläubiger zu bevorzugen. Er hat diesen möglichen Erfolg vorausgesehen und ihn zumindest für den Fall seines Eintritts in Kauf genommen. Als Organ der Caropa ist er dafür strafrechtlich verantwortlich. Auch die Konkurseröffnung als objektive Bedingung der Strafbarkeit ist eingetreten. Zwischen der Handlungsweise des Beschwerdeführers und der Konkurseröffnung besteht mindestens dann ein rechtlich genügender Zusammenhang, wenn Gläubiger zu Schaden kamen, die am 30. April 1972 Forderungen gegen die Caropa hatten. d) Näher zu prüfen ist, ob die Gebietsvertreter mit garantiertem Rückgaberecht am 30. April 1972 im Sinne des Art. 167 StGB bereits Gläubiger waren, obschon die Verpflichtung der Caropa zur Rücknahme der Ware damals noch nicht fällig war, und ob gesagt werden kann, die Caropa sei schon damals zahlungsunfähig gewesen. Mit Recht zieht das Obergericht zur Bestimmung der Zahlungsfähigkeit einer Aktiengesellschaft das Aktienrecht heran BGE 104 IV 77 S. 83 und erachtet die Zahlungsunfähigkeit als gegeben, wenn die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger nicht mehr durch die Aktiven gedeckt sind. Besteht nämlich begründete Besorgnis einer Überschuldung, so hat die Aktiengesellschaft aufgrund der Veräusserungswerte eine Zwischenbilanz zu erstellen. Ergibt diese, dass die Forderungen der Gesellschaftsgläubiger durch die Aktiven nicht mehr gedeckt sind, hat die Verwaltung den Konkursrichter zu benachrichtigen, der den Konkurs ausspricht, wenn keine Aussicht auf Sanierung besteht ( Art. 725 Abs. 2-4 OR , Art. 192 SchKG ). Zahlungsunfähig ist eine Aktiengesellschaft nicht nur dann, wenn fällige Forderungen nicht mehr gedeckt sind. Die Deckung muss auch solche Forderungen erfassen, die erst in naher Zukunft fällig werden. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 670 Abs. 2 OR ist die Aktiengesellschaft von Gesetzes wegen verpflichtet, für Vermögenseinbussen, die aus Eventualverpflichtungen (Bürgschaften usw.), aus der späteren Erfüllung von Lieferungs- und Abnahmeverpflichtungen oder ähnlichen schwebenden Geschäften zu erwarten sind, in der Bilanz durch Rücklagen Deckung zu verschaffen. Die Höhe der Rückstellungen ist so zu bemessen, dass sie mindestens Verluste decken, die mit grosser Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind (BÜRGI, Art. 670 N. 6 und 7). Dementsprechend werden denn auch Forderungen mit aufschiebender Bedingung oder mit ungewisser Verfallzeit im Konkurs zum vollen Betrag zugelassen und nach Eintritt der Bedingung bzw. des Verfalltages mit einer Dividende abgefunden ( Art. 210 SchKG ). Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz war schon im April 1972 mit grösster Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Gebietsvertreter ihre Forderung auf Rücknahme der Ware gegen Bezahlung des Kaufpreises innert wenigen Wochen oder Monaten geltend machen und der Gesellschaft daraus Verluste erwachsen. Die Rücknahmeverpflichtungen der Caropa waren somit Schulden der Gesellschaft, für die in der Zwischenbilanz vom 30. April 1972 hätten Rückstellungen gemacht werden müssen. Werden sie mitberücksichtigt, war die Gesellschaft offensichtlich überschuldet und zahlungsunfähig im Sinne des Gesetzes. Die Übertragung der Caropa an einen Dritten bot keine begründete Aussicht auf eine Sanierung, denn der Beschwerdeführer konnte nicht damit rechnen, dass der Übernehmer der Gesellschaft in der Lage sein werde, genügend BGE 104 IV 77 S. 84 neue Geldmittel zur Deckung der Schulden bereitzustellen. Die Transaktionen vom 30. April 1972 stellten daher eine Bevorzugung des Beschwerdeführers zum Nachteil anderer Gesellschaftsgläubiger dar. Er wurde zu Recht nach Art. 167 StGB verurteilt. 5. Dem Beschwerdeführer wird zur Last gelegt, er habe sich der unwahren Angaben über Handelsgesellschaften im Sinne von Art. 152 StGB schuldig gemacht. Das von der Caropa verwendete Briefpapier gibt rechts oben die Firmabezeichnung "Caropa AG" mit der genauen Adresse wieder. Links trägt der Briefkopf in drei Sprachen die Bezeichnung "Finanz und Treuhand AG". Beanstandet wird die letztere Bezeichnung, namentlich die Verwendung des Wortes "Finanz". Das Briefpapier mit den erwähnten Firmenaufdrucken diente für die Abwicklung der umfangreichen Korrespondenz der Caropa, die Niederschrift von Handelsvertretungsverträgen und für Liefer- und Schuldscheine, welche die Caropa ausstellte. a) Mit Recht hält die Vorinstanz den in der Firmabezeichnung "Finanz und Treuhand AG" liegenden Hinweis auf enge Beziehungen mit einer Finanzgesellschaft oder die eigene Betätigung von Finanzgeschäften für unwahr und von erheblicher Bedeutung im Sinne des Art. 152 StGB . Solche industrielle oder kommerzielle Finanzgesellschaften können wesentliche Beteiligungen an industriellen oder kommerziellen Unternehmungen ihrer Schuldner besitzen, als Dach- oder Holdinggesellschaft an der Spitze eines Konzerns stehen oder innerhalb eines Konzerns die Aufgabe haben, den mit ihnen verbundenen Unternehmungen finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen. Unter besonderen Voraussetzungen können sie sogar ganz oder teilweise dem Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen unterstellt sein (Bankengesetz Art. 1; BGE 87 I 500 ). Jedenfalls weist die Erwähnung der Finanzgesellschaft auf eine grössere Unternehmung oder grössere Unternehmungszusammenhänge hin, die in Wirklichkeit nicht bestanden. Der Hinweis auf eine Finanzgesellschaft kann denn auch, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, in keiner Weise mit dem Ausdruck "Geschäfte aller Art" als Angabe des im Handelsregister eingetragenen Firmenzweckes verglichen werden. b) Zu prüfen bleibt, ob in der Verwendung von Briefpapier mit dem genannten Briefkopf eine öffentliche Mitteilung im BGE 104 IV 77 S. 85 Sinne von Art. 152 StGB gesehen werden kann. Die Vorinstanz bejaht dies, weil das Briefpapier in zahllosen Exemplaren verbreitet worden ist. Es habe eine nach Zahl und Zusammensetzung nicht begrenzte, mehr oder weniger durch Zufall bestimmte Mehrheit von Personen erreicht, welche die unwahren Angaben hätten wahrnehmen können. Die zahlreiche Verwendung eines Briefpapiers mit unwahrem Briefkopf genügt jedoch nicht, um eine Mitteilung zu einer öffentlichen zu machen. Wer eine schriftliche Äusserung nacheinander an eine Mehrzahl von Einzelpersonen verschickt, wendet sich nicht an die Öffentlichkeit, mag auch die individuelle Mitteilung schliesslich an eine unbestimmte Zahl von Empfängern gelangen. Eine öffentliche Mitteilung erreicht regelmässig sofort eine grosse Zahl von Personen und unterscheidet sich daher in der Wirkung von der bloss fortgesetzten Mitteilung, die allmählich verbreitet wird. Ein weiteres Merkmal der öffentlichen Mitteilung besteht darin, dass die an eine Personenmehrheit gerichtete Äusserung stets die gleiche ist. Als solche Mitteilung kann aber nicht schon der Gebrauch eines unwahren Briefkopfes allein gelten, sondern erst dessen Verwendung in einer inhaltlich gleichlautenden Mitteilung. Im vorliegenden Fall wurde das Briefpapier mit unwahrem Briefkopf in Mitteilungen verwendet, die unterschiedliche Äusserungen zum Gegenstand hatten und zu verschiedenen Zeiten gemacht wurden. Der Beschwerdeführer ist somit von der Anklage unwahrer Angaben über Handelsgesellschaften freizusprechen. 7. a) Der Beschwerdeführer wies B. mit Brief vom 11. Oktober 1976, den er ihm aus dem Gefängnis zukommen liess, an, für die geplante Flucht falsche Papiere zu beschaffen. B. kam dieser Aufforderung sofort nach. Er kaufte in Frankfurt am Main einen für den Beschwerdeführer bestimmten, mit dessen Bild versehenen und auf einen anderen Namen lautenden falschen deutschen Reisepass. Einen weiteren falschen Pass erstand er für sich selber. Die beiden Ausweisschriften sollten nach der Befreiung des Beschwerdeführers bei Bedarf und nötigenfalls auf der Flucht benützt werden. Der Beschwerdeführer wurde deswegen der Anstiftung zur Fälschung von Ausweisen im Sinne von Art. 252 Ziff. 1 und Art. 24 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen. BGE 104 IV 77 S. 86 Gegen diese Verurteilung wendet der Beschwerdeführer ein, die falschen Papiere seien im Ausland beschafft worden. Die Absicht, sie im Inland zu verwenden, sei nicht nachgewiesen. Damit entfalle die Strafbarkeit. b) Als strafbare Handlung kommt hier nur die Fälschung von Ausweisschriften nach Art. 252 Ziff. 1 Abs. 2 StGB in Frage. Sie wurde ganz in Deutschland verübt. Gebrauch gemacht worden ist von den falschen Pässen überhaupt nicht, so dass die Frage, ob sie in der Schweiz oder im Ausland hätten benützt werden sollen, belanglos ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts gilt die in der Schweiz begangene Teilnahme an einer im Ausland ausgeführten Haupttat nach dem Grundsatz der Akzessorietät als im Ausland verübt ( BGE 80 IV 34 , BGE 81 IV 37 ). Das Territorialprinzip ( Art. 3 StGB ) findet also keine Anwendung auf den Teilnehmer. Denn der Teilnahmehandlung kommt insofern keine selbständige Bedeutung zu, als sie nur die tatbestandsmässige Ausführung der Haupttat und deren Erfolg begünstigt. Dem entspricht, dass Art. 7 StGB den Begehungsort der Teilnahmehandlung nicht festlegt und auch den Ort, wo der Haupttäter den Entschluss zur Tat gefasst oder die Tat vorbereitet hat, ausser acht lässt, sondern nur auf den Ort der Ausführung und des Erfolgseintritts abstellt. Damit stimmt überein, dass sich der interne Gerichtsstand der Teilnehmer am Ort der Ausführungshandlung der Haupttat befindet ( Art. 349 und 346 StGB ). Angesichts des engen Zusammenhanges zwischen Tat und Teilnahme wäre es auch unbefriedigend, den Täter, der die Tat im Ausland begeht, sie aber in der Schweiz beschliesst oder vorbereitet, gemäss Art. 3 StGB der schweizerischen Strafhoheit nicht zu unterstellen, den in der Schweiz handelnden Anstifter oder Gehilfen dagegen im Inland zu verfolgen und zu bestrafen, gleichgültig, ob die Haupttat auch im Ausland strafbar ist oder nicht. Im Unterschied zum deutschen Strafrecht, das die inländische Teilnahme an einer Auslandtat schlechthin deutschem Recht unterwirft (§ 9 Abs. 2 Satz 2 des Strafgesetzbuches in der Fassung von 1975), wird auch in Frankreich die inländische Gehilfenschaft zur Auslandstat nur verfolgt und beurteilt, wenn sie sowohl nach französischem als auch nach ausländischem Recht als Verbrechen oder Vergehen strafbar ist (Art. 690 des französischen Code de procédure pénale von 1957). Die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung, BGE 104 IV 77 S. 87 soweit sich die Doktrin mit ihr befasst, wird von SCHWANDER (Recueil de travaux suisses présentés au VIIIe Congrès international de droit comparé, Basel 1970, S. 372) gebilligt und von SCHULTZ (AT, 3. Aufl., S. 89) als zulässige Ergänzung der gesetzlichen Regelung insoweit anerkannt, als er die Strafbarkeit am Ort der Haupttat fordert. Es besteht kein Anlass, von dieser Praxis abzugehen. c) Ist demnach die Haupttat im Ausland verübt worden, ist der Beschwerdeführer nach Art. 6 Ziff. 1 StGB in der Schweiz nur strafbar, wenn die Passfälschung ein Auslieferungsdelikt darstellt, die Tat am Begehungsort strafbar ist und der Angeklagte sich in der Schweiz befindet oder der Eidgenossenschaft wegen dieser Tat ausgeliefert wird. Ist das Gesetz des Begehungsortes für den Täter milder, so ist dieses anwendbar. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, soweit sie das Bundesgericht nach Art. 269 BStP überprüfen kann. Der Beschwerdeführer ist Schweizer. Die Passfälschung ist eine Ausweisfälschung im Sinne von Art. 252 Ziff. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 255 StGB und stellt sowohl nach Art. 3 Ziff. 25 des Auslieferungsgesetzes (SR 353.0) als auch nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen (AS 1967, 814), dem die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung ab 1. Januar 1977 beigetreten ist (AS 1977, S. 911), ein Auslieferungsdelikt dar. Denn im Gegensatz zu dem in BGE 81 IV 37 behandelten Fall ist eine echte Fälschung im Sinne dieser Vorschriften gegeben. Der Begriff der Urkundenfälschung ist im weiten Sinne zu verstehen und umfasst zweifelsohne auch die Passfälschung (vgl. SCHULTZ, Schweizerisches Auslieferungsrecht, S. 306). Der Beschwerdeführer befindet sich ferner in der Schweiz, ohne dass auslieferungsrechtliche Gründe einer Verurteilung wegen dieser Tat im Wege stünden. Ob die Tat auch nach deutschem Recht strafbar ist und ob dieses Recht allenfalls milder ist, beurteilt sich nach internem deutschem Recht. Fremdes Recht ist aber nicht Bundesrecht im Sinne von Art. 269 StGB . Zur Prüfung dieser Frage ist die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen.
null
nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6c1ba372-7695-41df-9e4c-1c4be298eaf8
Urteilskopf 101 V 65 11. Extrait de l'arrêt du 2 mai 1975 dans la cause Caisse-maladie et accidents chrétienne-sociale suisse contre Buffat et Tribunal des assurances du canton de Neuchâtel
Regeste Art. 15 und 16 KUVG , 20 Vo III. Wahl des Spezialarztes. Begriff des Wohnortes und der Umgebung.
Sachverhalt ab Seite 65 BGE 101 V 65 S. 65 A.- Edmond Buffat, né en 1908, ouvrier industriel, domicilié à Fleurier, est affilié depuis le 1er avril 1972 à la Caisse-maladie et accidents chrétienne-sociale suisse, caisse-maladie reconnue ayant son siège à Lucerne, au bénéfice de la loi neuchâteloise sur l'assurance-maladie des personnes âgées. Souffrant d'une hanche, il consulta le Dr M., spécialiste FMH en rhumatologie à Bâle, qui le traita du 11 janvier au 3 avril 1974 et lui remit une note d'honoraires de 1'078 fr., soit 975 fr. pour ses soins et 103 fr. pour des remèdes. Il présenta cette note au caissier de la caisse précitée, qui lui versa le 5 avril 1974 les prestations statutaires, à savoir 970 fr. 20. La Fédération neuchâteloise de réassurance pour l'assurance-maladie des personnes âgées (ci-après Fédération) refusa de créditer la caisse-maladie de la somme allouée à Edmond Buffat, parce que ce dernier avait consulté un médecin en dehors du canton. Vu la position adoptée par la Fédération, la caisse notifia le 26 avril 1974 au prénommé, alors domicilié à Môtiers, une décision lui ordonnant de rembourser les 970 fr. 20, prétendument payés à tort. B.- Edmond Buffat recourut. Le Tribunal des assurances du canton de Neuchâtel admit le recours et annula la décision attaquée, par jugement du 8 juillet 1974. Les premiers juges ont retenu en bref que le choix d'un spécialiste à Bâle ne BGE 101 V 65 S. 66 privait pas l'assuré de son droit aux prestations, dans la mesure où ces dernières n'étaient pas plus élevées que celles qui auraient été dues en cas de traitement par un médecin au lieu de séjour de l'intéressé ou dans les environs. C.- La Caisse-maladie et accidents chrétienne-sociale suisse a formé en temps utile un recours de droit administratif contre le jugement cantonal. Elle allègue que le tribunal des assurances a mal appliqué les art. 15 ss LAMA et 20 Ord. III sur l'assurance-maladie. Elle conclut au rétablissement de l'acte administratif attaqué. Erwägungen Extrait des considérants: 1. Le canton de Neuchâtel a promulgué le 15 décembre 1970 une loi (LAMPA) destinée à permettre aux personnes nées avant le 1er janvier 1912 et domiciliées dans le canton avant le 1er juillet 1970 de s'affilier à une caisse-maladie reconnue. Ni la loi, ni son règlement d'exécution, ni la convention conclue entre l'Etat et la Fédération ne restreignent le choix du médecin en cas de traitement ambulatoire. En revanche, les sociétés de secours mutuels du canton de Neuchâtel ont passé le 6 janvier 1971 avec la Société neuchâteloise de médecine, association professionnelle de médecins, une convention dont l'art. 1er confie le traitement des assurés résidant dans le canton de Neuchâtel aux médecins conventionnés exclusivement, cas d'urgence exceptés. L'art. 3 de cet accord précise en outre que, lorsqu'il n'y a pas de spécialiste conventionné "dans le voisinage immédiat", le malade peut être adressé à un spécialiste non conventionné. Le comité de la Fédération a décidé d'appliquer strictement l'art. 1er de la convention susmentionnée, sous réserve de cas spéciaux qui ne concernent pas l'intimé, et de ne verser en principe aucune prestation pour des traitements ambulatoires subis hors du canton. 2. Aux termes de l'art. 15 al. 1 LAMA, si la caisse assure les soins médicaux, tout malade doit pouvoir choisir un médecin parmi ceux qui pratiquent dans son lieu de séjour ou dans les environs. Ce droit peut cependant être limité, les caisses étant autorisées par l'art. 16 al. 1 LAMA à passer des conventions avec des médecins ou des associations de médecins et à BGE 101 V 65 S. 67 confier exclusivement à ces derniers le traitement des assurés; il peut aussi être étendu territorialement. Comblant une lacune de la loi, l'art. 20 Ord. III prévoit en outre que, si le patient doit suivre un traitement spécial auquel aucun médecin exerçant à son lieu de séjour ou dans les environs n'est en mesure de procéder, il peut s'adresser à un spécialiste pratiquant ailleurs; à valeur égale de plusieurs spécialistes, la caisse n'est tenue de supporter que les frais résultant du traitement de celui qui est le plus rapproché (cf. RO 97 V 9, ATFA 1968 p. 178). 3. Il existe dans le canton de Neuchâtel des rhumatologues conventionnés qui auraient pu exécuter le traitement confié par l'intimé à un spécialiste de Bâle. Cela n'est pas contesté. A teneur de l'art. 1er al. 1 de la convention citée plus haut, l'intimé n'avait en tout cas pas le droit de consulter aux frais de l'assurance, dans des circonstances normales, un médecin étranger au canton, voire un médecin pratiquant dans le canton de Neuchâtel, n'ayant pas adhéré à la convention. Certes, l'art. 3 de cette dernière prévoit-il une exception lorsqu'il n'existe pas de spécialistes conventionnés "dans le voisinage immédiat". Cette disposition ne fait néanmoins que supprimer le monopole consenti aux médecins ayant adhéré à la convention, dans l'éventualité visée; elle réserve la possibilité de choisir dans cette hypothèse un praticien non conventionné, suivant les règles légales, c'est-à-dire en principe au lieu de séjour ou dans les environs. Il serait en effet excessif de déduire de cette clause un droit des assurés neuchâtelois de consulter, dans le cas envisagé, n'importe quel spécialiste de Suisse. Or, vu la nature de l'affection de l'assuré, on peut admettre que les médecins qualifiés à disposition dans le canton, soit à Neuchâtel, soit à La Chaux-de-Fonds, pratiquaient encore dans les environs du lieu de séjour de l'intéressé. Définir restrictivement la notion légale d'environs du lieu de séjour ignorerait les phénomènes de la spécialisation de la médecine ainsi que de la concentration des médecins spécialistes dans les centres urbains. L'intimé a, au demeurant, effectivement eu recours aux services d'un spécialiste neuchâtelois, comme il en avait le droit, avant de s'adresser au Dr M. Sur le terrain de l'art. 16 al. 1 LAMA - comme sur celui de l'art. 15 al. 1 LAMA du reste -, le fait que le traitement n'ait pas coûté davantage à Bâle qu'il n'aurait coûté à Neuchâtel est BGE 101 V 65 S. 68 irrelevant. Car l'un des buts de cette disposition légale est de permettre aux caisses-maladie d'accorder un avantage aux médecins qui sont en quelque sorte ses partenaires commerciaux habituels, en échange de l'engagement qu'ils prennent de soigner les assurés à certaines conditions. Quant à l'art. 20 Ord. III, il ne vise que les cas où, au lieu de séjour ou dans les environs, tels que définis plus haut, il n'y a pas de spécialiste qui puisse fournir au malade les soins dont il a besoin (cf. ATFA 1968 p. 178). La portée que l'Office fédéral des assurances sociales voudrait donner à cette dernière règle pourrait conduire - suivant la réponse donnée à la question laissée indécise dans l'arrêt RO 97 V 9 (cf. consid. 3 in fine, p. 11) - à instituer contrairement au système de la loi le libre choix absolu du spécialiste à de très nombreuses occasions et à avantager les assurés domiciliés hors des centres urbains par rapport à ceux qui ont, au lieu de leur séjour ou dans les environs, un ou des spécialistes à disposition. L'art. 20 Ord. III ne comblerait alors plus une lacune de la loi; il en modifierait la structure. La caisse a donc raison lorsqu'elle soutient que les principes légaux ont été mal appliqués par les premiers juges.
null
nan
fr
1,975
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c1d275a-82d8-4487-bb07-294c36f484ac
Urteilskopf 82 II 569 75. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 20 décembre 1956 dans la cause Epoux Ch.
Regeste Unter welchen Umständen kann eine im Lauf des Scheidungsprozesses zugefügte schwere Ehrenkränkung den Scheidungsgrund des Art. 138 ZGB ausmachen?
Erwägungen ab Seite 569 BGE 82 II 569 S. 569 Dans la procédure cantonale, la recourante a plaidé tout d'abord sur la base de l'art. 138 CC. Elle a soutenu que l'intimé s'était rendu coupable à son égard d'injures graves en l'accusant faussement dans le procès d'avoir fait des cadeaux avec diverses denrées appartenant au ménage et d'avoir eu une liaison adultère avec sieur C. La recourante reproche aux premiers juges de ne pas avoir examiné ce grief. Il est exact que des injures graves prononcées au cours du procès en divorce peuvent, en principe, constituer la cause de divorce prévue par l'art. 138 CC. Cependant cette règle ne saurait s'appliquer lorsque les déclarations, même attentatoires à l'honneur de la partie adverse, ont été faites de bonne foi par leur auteur pour justifier ses conclusions dans le procès, c'est-à-dire pour sauvegarder des intérêts légitimes. Supposé que les déclarations intervenues dans de telles conditions ne puissent pas être prouvées, l'autre partie ne saurait s'en prévaloir pour soutenir qu'elle a été victime d'une injure grave au sens de l'art. 138 CC (RO 30 II 14; EGGER, Commentaire, note 7 ad art. 138 BGE 82 II 569 S. 570 CC; HINDERLING, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, p. 60/61). En l'espèce, les griefs adressés à la recourante n'étaient pas forgés de toutes pièces mais reposaient sur certains indices dont l'intimé pouvait de bonne foi faire usage. C'est ainsi qu'en ce qui concerne la soustraction de diverses denrées, un témoin a vu une femme venir de temps à autre au domicile des époux et en repartir avec un cornet sous le bras et que deux autres témoins ont passé un jour chez l'intimé qui leur a montré un tonneau de vin "pratiquement vide" et leur a dit que ce vin avait disparu en quelques jours, distribué par la recourante. Quant à la prétendue liaison de la recourante avec sieur C., il existait également certains indices: ainsi le fait que, le jour où elle a quitté le domicile conjugal, la recourante est partie au moyen d'une jeep où se trouvait également C.; de même aussi le fait qu'à Pâques 1955, la recourante a passé la nuit chez la mère de sieur C., alors que celui-ci était précisément là pour y coucher; de même enfin le fait que les relations entre la recourante et sieur C. ont troublé l'harmonie du ménage de ce dernier. Dans ces conditions, si la juridiction cantonale n'a pas retenu l'existence de la liaison alléguée par l'intimé - et à cet égard le Tribunal fédéral est lié, conformément à l'art. 63 al. 2 OJ -, on doit admettre cependant que sieur Ch. pouvait de bonne foi soutenir, à l'appui de ses conclusions et pour sauvegarder ses intérêts dans le procès, que sa femme commettait adultère. Il s'ensuit que la cause de divorce prévue par l'art. 138 CC n'est pas réalisée.
public_law
nan
fr
1,956
CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
6c232de1-b811-41dc-bdf0-92af514d94d1
Urteilskopf 115 III 36 8. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 13 mars 1989 dans la cause dame S. contre N. (recours en réforme)
Regeste Rückforderungsklage; Art. 86 SchKG . 1. Der Schuldner, der bezahlt hat, um die Zwangsvollstreckung in sein Vermögen zu verhindern, kann die Rückforderungsklage nach Art. 86 SchKG anheben (E. 2). 2. Die Konvertierung einer ausländischen Währung in Schweizer Geld, um in der Schweiz eine Betreibung anzuheben, bewirkt keine Novation der in Betreibung gesetzten Forderung und steht mithin einer Rückforderungsklage gemäss Art. 86 SchKG nicht entgegen (E. 3).
Erwägungen ab Seite 37 BGE 115 III 36 S. 37 Extrait des considérants: 2. La recourante reproche à la cour cantonale d'avoir violé l' art. 86 LP en retenant que les conditions de cette disposition étaient réunies en ce qui concernait l'action, reconventionnelle, en répétition de l'indu de l'intimé. La recevabilité de ce chef connexe de conclusions n'est pas contestée. a) La cour cantonale a relevé que la conversion de la dette en francs suisses pour satisfaire à l' art. 67 al. 1 ch. 3 LP n'emportait pas novation, et cela à tous les stades de la poursuite, jusqu'à l'établissement d'un acte de défaut de biens. Que le débiteur n'ait plus la possibilité matérielle de payer en monnaie étrangère dans le cadre de la poursuite, notamment parce que la saisie a été exécutée, n'emporte ni novation, ni création d'un rapport de droit nouveau. Elle a dès lors estimé que, conformément à l' art. 86 LP , l'intimé était en droit de répéter ce qu'il avait versé en trop, la réalisation forcée des biens étant assimilée au paiement au sens de cette disposition... b) Selon l' art. 86 al. 1 LP , celui qui a payé une somme qu'il ne devait pas, ensuite de poursuites restées sans opposition ou d'un jugement prononçant la mainlevée, a le droit de la répéter dans l'année par la voie de la procédure ordinaire. L'al. 3 de cette disposition précise qu'en dérogation à l' art. 63 CO , la preuve que la somme n'était pas due est la seule qui incombe au demandeur. BGE 115 III 36 S. 38 A ce jour, le Tribunal fédéral n'a pas eu l'occasion de se prononcer sur la question de savoir si l'action en répétition de l'indu de l' art. 86 LP est ouverte au débiteur lorsque le paiement résulte de la réalisation forcée de ses biens après saisie. Il a en revanche relevé qu'il y avait controverse sur la question spéciale de savoir si une telle action est recevable après la faillite du débiteur ( ATF 109 Ia 106 consid. 3; ATF 98 II 156 ). Pour GILLIÉRON (Poursuite pour dettes, faillite et concordat, 2e éd., p. 163), seul le débiteur qui a payé volontairement ce qu'il ne devait pas, afin d'éviter l'exécution forcée, peut se prévaloir de l' art. 86 LP . Une telle situation n'existe pas dès que le paiement résulte de la réalisation forcée des biens. L'exécution forcée, qu'elle ait lieu par voie de saisie ou de faillite, est une expropriation du débiteur qui ne peut dès lors plus exécuter sa prestation lui-même. Le créancier recevra son dû grâce aux mesures prises "à sa réquisition", par les organes de la poursuite. Il ne saurait donc s'agir d'un paiement au sens de l' art. 86 LP . Si le débiteur, incapable d'arrêter la poursuite et l'exécution forcée, a vu ses biens réalisés par voie de saisie ou de faillite, pour payer une dette indue, la loi ne lui donne pas de moyen de répéter l'indu. Dans cette hypothèse, lui et/ou ses autres créanciers auraient, dans de très rares cas, une créance en enrichissement illégitime, voire une créance en dommages-intérêts pour acte illicite contre le créancier enrichi sans droit. L' art. 86 LP s'appliquerait donc seulement lorsque le débiteur paie lui-même, au créancier personnellement ou à l'office pour un créancier désigné par lui, "à l'aide d'avoirs qui n'ont pas été mis sous mains de justice, c'est-à-dire dont il a la libre disposition". L'auteur admet toutefois que plusieurs auteurs semblent considérer que l' art. 86 LP s'applique aussi lorsque c'est ensuite de la réalisation forcée des biens du débiteur que la dette a été payée. FRITZSCHE/WALDER (Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, vol. I, p. 277/278) relèvent que, selon l' art. 63 CO , celui qui a payé volontairement ce qu'il ne devait pas ne peut le répéter s'il ne prouve qu'il a payé en croyant, par erreur, qu'il devait ce qu'il a payé. Celui qui a payé une dette, bien que son inexistence lui fût connue, ne peut répéter sa prestation. Dans le cas de l' art. 86 LP , il n'y a pas de paiement volontaire. Le débiteur, soit s'est résigné à l'exécution forcée, soit a dû payer pour l'éviter. C'est la raison pour laquelle la question de l'erreur ne peut jouer de rôle. BGE 115 III 36 S. 39 Pour JAEGER (n. 5 ad art. 186 LP ), il faut que les droits de poursuite acquis par le créancier aient pu contraindre au paiement. Mais cela suffit. Peu importe dès lors que la poursuite ait été exécutée et qu'elle ait donné un résultat au profit du créancier (paiement total ou partiel) ou que le débiteur ait empêché la continuation de la poursuite en payant: l'indu pourrait donc être répété en l'espèce. VON TUHR/PETER (Allgemeiner Teil des Obligationenrechts, vol. I, p. 486, note 83) estiment aussi que la réalisation forcée de biens du débiteur doit être assimilée au paiement. De même déjà BLUMENSTEIN (p. 319/320), qui cite une décision vaudoise ancienne, du 21 janvier 1907 (RSJ III/1907 p. 213). DAGON, qui ne traite pas la question posée, mais de problèmes spéciaux, part aussi de l'hypothèse où la réalisation, par voie d'enchères, a eu lieu (Über die Rückforderung im Betreibungsrecht, thèse Zurich 1960, p. 1). c) Bien qu'il se soit référé, le 15 décembre 1986, à l' art. 124 LP , l'intimé a demandé à l'Office des poursuites, non de réaliser les actifs séquestrés puis saisis, mais d'inviter la banque qui détenait son dossier-titres et lui avait ouvert un compte à verser un montant - obtenu en vendant des titres - pour le compte de la créancière saisissante, et cela avec l'accord exprès du conseil de la recourante, à qui la somme fut transférée directement. C'était le second versement, pour solde de tout compte. Le premier, du 2 octobre 1986, émanait déjà de la même banque, avant la saisie. Le juge n'est donc pas en présence d'une mesure de "réalisation forcée" de meubles (art. 125 à 132 LP), une mesure prise et exécutée par l'Office. Les paiements n'étaient certes pas "volontaires", mais ils n'ont pas eu lieu "à la réquisition du créancier". Il reste, pour exclure la répétition selon GILLIÉRON, que le débiteur a eu recours aux avoirs saisis. Mais il est douteux que ceux-ci étaient soustraits à sa "libre disposition" dans la mesure où ils n'ont servi, à sa demande, qu'à désintéresser le créancier poursuivant, précisément habilité à recevoir paiement par la réalisation desdits biens. Le but de l'action en répétition de l'indu de l' art. 86 LP est de permettre au débiteur qui a payé une somme d'argent qu'il ne devait pas pour se soustraire à la poursuite de la répéter dans l'année par la voie de la procédure ordinaire. Est donc décisif le fait que ce soit la poursuite exercée à son encontre qui a déterminé le débiteur à payer ( ATF 61 II 5 ). Peu importe dès lors que celui-ci ait agi "volontairement", en ce sens qu'il a payé de sa propre BGE 115 III 36 S. 40 initiative, ou au contraire "involontairement", pour éviter la réalisation forcée de ses biens. Ce qui est déterminant, c'est que, dans l'un et l'autre cas, il n'a pas payé librement puisque - et c'est là précisément la condition spécifique propre à la nature particulière du droit suisse de la poursuite - il a payé pour se soustraire à la poursuite, donc parce qu'il y a été contraint. On ne saurait dès lors partager l'opinion minoritaire, si ce n'est isolée, de GILLIÉRON, qui revient à soumettre l'action de l' art. 86 LP à une condition supplémentaire, qui ne résulte ni du texte ni de l'esprit de la loi. Celle-ci exige seulement que le paiement indu ait été effectué "ensuite de poursuites restées sans opposition ou d'un jugement prononçant la mainlevée" ("welcher infolgedessen eine Nichtschuld bezahlt hat"). En l'espèce, il est constant que l'intimé a payé alors qu'il était contraint par la poursuite exercée contre lui par la recourante. Dans la mesure où il estimait avoir payé ainsi une somme qu'il ne devait pas, il était recevable à agir en restitution de l'indu sur la base de l' art. 86 LP . Pour l'avoir admis, la cour cantonale n'a pas violé le droit fédéral. Le moyen doit dès lors être rejeté. 3. Il ne sert à rien à la recourante de se référer simplement à l'arrêt de la Cour d'appel d'Amiens et à la décision de mainlevée. La question est précisément de savoir si la conversion d'une monnaie étrangère, objet du premier, en argent suisse, pour intenter une poursuite à Genève, emporte novation de la créance en poursuite et, partant, s'oppose à toute répétition selon l' art. 86 LP . a) La conversion en valeur légale suisse d'une créance stipulée en monnaie étrangère est une règle d'ordre public et une exigence de la pratique. Elle est rendue indispensable par le fait que le produit de la réalisation, qui doit servir au paiement de la dette, s'obtient normalement en valeur suisse et que, d'autre part, les actes de défaut de biens ne peuvent guère être établis que tous indistinctement en monnaie suisse. En imposant cette conversion, le législateur n'a pas entendu modifier le rapport de droit liant les parties et nover en une dette de francs suisses celle que les intéressés ont librement fixée en devises étrangères. Le débiteur est simplement obligé de souffrir que, dans la procédure d'exécution, ses biens se trouvant sur le territoire suisse soient soumis à l'exécution pour un montant qui, en valeur suisse, correspond à la dette de monnaie étrangère ( ATF 77 III 99 , ATF 72 III 105 , SJ 1948 p. 13 consid. 3; BJM 1979 p. 309/310; cf. arrêt du 3 octobre 1986 BGE 115 III 36 S. 41 rendu sur recours de droit public de N. p. 9; FAVRE, Droit des poursuites, 3e éd., p. 130; FRITZSCHE/WALDER, op.cit., n. 8 ad § 16). Mais c'est toujours la valeur en monnaie du contrat qui est due. Le cas échéant, la voie de l' art. 86 LP est ouverte ( ATF 112 III 87 ). Constatée par la cour cantonale, l'intention de régler la poursuite - et non de reconnaître une novation de la dette - n'est pas contestée. b) Les deux paiements effectués à Genève ne liquidaient pas nécessairement le rapport d'obligations existant entre les parties, car la dette de l'intimé n'était pas exécutable en Suisse (SJ 1977 p. 168 et 1982 p. 100; GAUCH/SCHLUEP/TERCIER, La partie générale du droit des obligations, 2e éd., vol. II, No 1425; GAUCH/SCHLUEP, Schweizeisches Obligationenrecht, Allg. Teil, 4e éd., vol. II, No 1431). L' art. 84 al. 2 CO ne s'applique donc pas.
null
nan
fr
1,989
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
6c252657-ffe7-41af-a729-c3085312b1af
Urteilskopf 89 I 143 22. Auszug aus dem Urteil vom 1. März 1963 i.S. L. gegen Schweiz. Eidgenossenschaft.
Regeste Vermögensrechtliche Ansprüche des entlassenen Bundesbeamten. 1. Der vor Erreichen der Altersgrenze aus dem Bundesdienst ausscheidende Beamte kann eine Rente einer Personalversicherungskasse des Bundes wegen Invalidität nur beanspruchen, wenn das Dienstverhältnis aus diesem und nicht aus einem anderen Grunde aufgelöst worden ist (Erw. 2). 2. Der auf Veranlassung der Verwaltung erklärte Rücktritt des Beamten ist der Entlassung gleichzustellen (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 144 BGE 89 I 143 S. 144 Aus dem Tatbestand: L. ersuchte die Bundesverwaltung, in deren Dienst er stand, um vorzeitige Pensionierung wegen Invalidität, nachdem gegen ihn wegen Verdachts von Unregelmässigkeiten eine Untersuchung eröffnet worden war. Er erklärte dann auf Einladung der Verwaltung den Rücktritt. In der Folge wurde er wegen Betrugs, Amtsmissbrauchs und Urkundenunterdrückung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, worauf ihm die Verwaltung mitteilte, dass die Auflösung seines Dienstverhältnisses als selbstverschuldet im Sinne der Statuten der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung (StVK) gelte. Mit der beim Bundesgericht eingereichten Klage beantragt L. Zusprechung einer Invalidenrente "im Sinne des Art. 21 StVK". Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Art. 21 StVK gibt dem Versicherten, der nach Feststellung des verwaltungsärztlichen Dienstes invalid geworden ist, Anspruch auf eine Invalidenrente, "wenn das Dienstverhältnis aus diesem Grund von der Wahlbehörde aufgelöst wird" (und wenn weitere Voraussetzungen erfüllt sind). Nach Art. 22 StVK hat der Versicherte Anspruch auf die Invalidenrente, wenn das Dienstverhältnis nach Vollendung des 19. Beitragsjahres "aus anderen Gründen als Invalidität ohne Verschulden des Versicherten und nicht auf seine Veranlassung" aufgelöst wird. Ein Versicherter, der das 65. Altersjahr vollendet hat, kann nach Art. 23 StVK ohne Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand die Auflösung des Dienstverhältnisses und die BGE 89 I 143 S. 145 Ausrichtung der Invalidenrente verlangen. Art. 9 Abs. 3 StVK bestimmt, dass "bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf eigenes Begehren vor Erreichen der Altersgrenze sowie bei Nichtwiederwahl oder Auflösung des Dienstverhältnisses aus eigenem Verschulden" kein Anspruch auf Kassenleistungen entsteht. L. verlangt mit seiner Klage Zusprechung einer Invalidenrente "im Sinne des Art. 21 StVK". Aber sein Dienstverhältnis ist (vor Erreichen der Altersgrenze) nicht wegen Invalidität, sondern aus einem anderen Grunde aufgelöst worden. Er kann daher eine Invalidenrente nach Art. 21 StVK nicht beanspruchen. Soweit er mit der Klage Anspruch auf statutarische Kassenleistungen erhebt, kann sich nur fragen, ob ihm eine Rente gestützt auf Art. 22 StVK zuzusprechen sei. Er wendet ein, er hätte richtigerweise wegen seiner festgestellten Invalidität oder zum mindesten auch aus diesem Grunde entlassen werden sollen und habe daher gemäss Art. 21 StVK Anspruch auf die volle Invalidenrente oder wenigstens auf eine Teilrente. Er beruft sich auf BGE 59 I 93 . Zu Unrecht. Allerdings hat das Bundesgericht in Erw. 2 jenes Urteils, das die Klage eines wegen Unregelmässigkeiten entlassenen Beamten betrifft, auch geprüft, ob die vom Kläger nachträglich behauptete Invalidität vorliege und ihm deswegen eine Rente zuzusprechen sei. Dieser Standpunkt mag der damals massgebenden Ordnung (Statuten der Versicherungskasse für die eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter von 1920; Statuten der Pensions- und Hilfskasse für das Personal der SBB von 1921) entsprochen haben. Aber auf jeden Fall seit dem Inkrafttreten der Statuten der beiden Personalversicherungskassen des Bundes von 1942 stellt sich im Kassenprozess die Frage, ob der Versicherte wegen Invalidität Anspruch auf eine Rente habe, dann gar nicht, wenn das Dienstverhältnis aus einem anderen Grunde als Invalidität aufgelöst worden ist. In diesem Sinne hat das Bundesgericht bereits in BGE 69 I 223 entschieden BGE 89 I 143 S. 146 (betreffend die Statuten der Kasse für das Personal der SBB von 1942). In BGE 80 I 214 (betreffend die neuen Statuten der Versicherungskasse für das Personal der allgemeinen Bundesverwaltung von 1950) hat es diese Rechtsprechung bestätigt, allerdings mit einem Vorbehalt: Es hat (in Erw. 2 am Ende) die Frage aufgeworfen, ob im Kassenprozess die Einwendung des Versicherten, er sei invalid geworden, nicht wenigstens dann zu prüfen wäre, wenn er sie noch vor dem Abschluss des Verfahrens, das zu seiner Entlassung aus eigenem Verschulden geführt hat, erhoben hat. An diesem Vorbehalt kann indessen nicht festgehalten werden. Die geltenden Kassenstatuten schliessen ihn aus, indem sie ausdrücklich und ohne Einschränkung bestimmen, dass eine Rente wegen (vorzeitiger) Invalidität nur dann beansprucht werden kann, wenn das Dienstverhältnis aus diesem und nicht aus einem anderen Grunde aufgelöst wird, und dass kein Anspruch auf irgendwelche Kassenleistungen entsteht, wenn der Bedienstete auf eigenes Begehren vor Erreichen der Altersgrenze oder aus eigenem Verschulden ausscheidet. Diese Ordnung trägt den Schwierigkeiten Rechnung, auf welche die Beurteilung der Frage der Invalidität oft stösst. Sie soll unter anderem verhindern, dass ein Bediensteter, der sich sonst wahrscheinlich der Invalidierung widersetzt hätte, sich plötzlich auf Invalidität berufen kann, wenn er Gefahr läuft, infolge eigenen Verschuldens das Recht auf Kassenleistungen zu verlieren. Er bleibt, das ist der Sinn der Regelung, den Bestimmungen über die disziplinarische Verantwortlichkeit und den Vorschriften, welche für den Fall der Auflösung des Dienstverhältnisses aus einem vom Versicherten selbst verschuldeten Grunde einen Anspruch auf Kassenleistungen ausschliessen, solange unterworfen, als das Dienstverhältnis andauert. Der Wegfall jenes Vorbehaltes hat nicht zur Folge, dass die Interessen des Versicherten in ungerechtfertigter Weise beeinträchtigt werden. Allerdings kann der Versicherte, BGE 89 I 143 S. 147 dessen Dienstverhältnis nicht wegen Invalidität, sondern aus einem anderen, nach Annahme der Verwaltung von ihm verschuldeten Grunde aufgelöst wird, unter keinen Umständen unter Berufung auf Invalidität Kassenleistungen beanspruchen. Aber er kann Anspruch auf solche Leistungen mit der Begründung erheben, dass er die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht verschuldet habe, wobei er auch geltend machen kann, ein Verschulden sei in Anbetracht seines Gesundheitszustandes zu verneinen. Das Bundesgericht prüft im Kassenprozess die Frage des Verschuldens frei ( Art. 60 Abs. 2 BtG ; BGE 69 I 224 ; BGE 80 I 213 Erw. 2). Sodann bleibt der Anspruch des Beamten auf Entschädigung wegen ungerechtfertigter Auflösung des Dienstverhältnisses vorbehalten ( Art. 55 Abs. 4 BtG ). 3. Art. 56 BtG , wonach Beamten, die aus eigenem Verschulden nicht wiedergewählt oder entlassen werden, Unterstützungen zu Lasten der Versicherungskasse gewährt werden können, bestimmt in Abs. 1 (am Ende), dass der auf Einladung der Wahlbehörde erklärte Rücktritt des Beamten der Entlassung gleichzustellen ist. Dagegen bestehen keine entsprechenden Vorschriften hinsichtlich der Ansprüche des Beamten auf Entschädigung wegen ungerechtfertigter Auflösung des Dienstverhältnisses ( Art. 55 Abs. 4 BtG ) und auf statutarische Kassenleistungen. Indessen hat das Bundesgericht bei der Beurteilung von Ansprüchen auf Kassenleistungen den auf Einladung der Wahlbehörde erklärten Rücktritt des Beamten der Entlassung ebenfalls gleichgestellt; es hat angenommen, dass in einem solchen Fall entgegen der äusseren Form die Auflösung des Dienstverhältnisses nicht durch den Beamten, sondern durch die Verwaltung veranlasst und daher der Anspruch auf Kassenleistungen nicht ohne weiteres ausgeschlossen ist (nicht veröffentlichte Urteile vom 11. Februar 1949 i.S. Brunner, Erw. 1, und vom 4. Juli 1952 i.S. Rottenmanner, Erw. 3). Diese Rechtsprechung ist zu bestätigen. Die Verwaltung kann den Beamten auch dann zum Rücktritt auffordern, BGE 89 I 143 S. 148 wenn sie eine sonst von ihr anzuordnende Entlassung, welche vom Beamten nicht verschuldet wäre, vermeiden will. Leistet der Beamte in diesem Fall der Aufforderung nicht Folge und wird er von der Verwaltung entlassen, so hat er unter Umständen Anspruch auf eine Entschädigung nach Art. 55 Abs. 4 BtG oder auf Kassenleistungen. Die gleichen Ansprüche muss er auch erheben können, wenn er die Aufforderung befolgt. Er wäre aber von den Ansprüchen ausgeschlossen, wenn angenommen würde, er habe durch den (von der Verwaltung herbeigeführten) Rücktritt die Auflösung des Dienstverhältnisses selbst veranlasst. Das wäre stossend. Die Rücktrittserklärung auf Einladung der Verwaltung fällt nicht unter die Bestimmung, welche "bei Auflösung des Dienstverhältnisses auf eigenes Begehren" Kassenleistungen ausschliesst (Art. 9 Abs. 3 StVK). Das Dienstverhältnis des Versicherten wird in diesem Falle "nicht auf seine Veranlassung" aufgelöst (Art. 22 StVK). Art. 68 Abs. 2 BO I, wonach die Verwaltung dem Beamten schriftlich mitzuteilen hat, ob die aus wichtigen Gründen verfügte Auflösung des Dienstverhältnisses im Sinne der Kassenstatuten als Entlassung aus eigenem Verschulden gelte, ist daher auch dann anzuwenden, wenn die Verwaltung den Beamten zum Rücktritt veranlasst hat, um eine sonst von ihr auszusprechende Entlassung zu vermeiden. L. hat den Rücktritt auf Einladung der Verwaltung erklärt. Die Verwaltung hat ihm den Rücktritt nahegelegt mit der Begründung, dass so eine von ihr sonst anzuordnende Entlassung "aus wichtigen Gründen" vermieden werden könne. Das Dienstverhältnis des Klägers ist also "nicht auf seine Veranlassung" aufgelöst worden. Zu prüfen bleibt, ob die Auflösung ungerechtfertigt ist ( Art. 55 Abs. 4 BtG ) und ob sie, wenn sie sich als gerechtfertigt erweist, vom Kläger verschuldet ist (Art. 9 Abs. 3, Art. 22 StVK).
public_law
nan
de
1,963
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
6c2595e0-aa06-4421-b519-60f20c36a7e2
Urteilskopf 100 V 178 45. Urteil vom 16. Dezember 1974 i.S. F. gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern und Versicherungsgericht des Kantons Bern
Regeste Art. 13 und 14 IVG . Rechtliche Beziehungen zwischen Invalidenversicherung, medizinischen Durchführungsstellen und Versicherten.
Sachverhalt ab Seite 178 BGE 100 V 178 S. 178 A.- Der am 20. September 1952 geborene F. hat wegen Geistesschwäche verschiedene berufliche Eingliederungsmassnahmen und - auf Anmeldung vom 15. Januar 1973 hin - eine ganze einfache Invalidenrente mit Wirkung ab 1. Oktober 1972 zugesprochen erhalten. Am 10. Dezember 1971 wurde er wegen einer Oberkieferdeformation bei der Invalidenversicherung angemeldet. Dr. med. dent. M., Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität X., diagnostizierte starke Form von offenem Biss, Progenie und Makroglossie. Er erachtete eine Osteotomie und Bisseinstellung im Unter- und/oder Oberkiefer sowie eine Zungenverkleinerung für notwendig (Bericht vom 17. Januar 1972). Mit Verfügung vom 30. Mai 1972 sprach die Ausgleichskasse dem Versicherten medizinische Massnahmen zur Behandlung der Geburtsgebrechen Ziff. 209, 210 und 214 längstens bis zur Volljährigkeit zu. Als Durchführungsstellen wurden Dr. med. dent. A. und die Klinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität X. bezeichnet. Dr. M. berichtete am 9. Mai 1973, dass die zum BGE 100 V 178 S. 179 operativen Eingriff notwendigen Voruntersuchungen vorgenommen worden seien und dass die Operation im Kieferbereich auf Mitte September 1973 festgelegt worden sei. Der Arzt ersuchte um Verlängerung der Kostengutsprache bis Ende 1974, damit die Durchführung der geplanten Operation möglich sei. Aus den von Prof. N. und Dr. M. erstatteten Berichten vom 3. Oktober und 20. November 1973 geht hervor, dass F. am 12. September 1973 hospitalisiert und am 24. September 1973 operiert wurde. Die vorgenommene Unterkiefer-Osteotomie und die Zungenverkleinerung hätten zu einer Verbesserung der Bissverhältnisse geführt und würden mit den im Bericht vom 17. Januar 1972 erwähnten Geburtsgebrechen zusammenhangen. Am 9. Januar 1974 verfügte die Ausgleichskasse folgendes: "In der Verfügung vom 30.5.1972 wird ausdrücklich festgehalten, dass die Geburtsgebrechenbehandlung längstens bis zur Erreichung der Volljährigkeit von der IV übernommen werden kann. Diese Frist lief somit am 30.9.1972 ab. Die zur Operation notwendigen Voruntersuchungen fanden aber erst am 20.3.1973 statt; die Operation selber wurde am 24.9.1973 durchgeführt. Die Massnahmen nach Erreichung der Volljährigkeit richten sich auf die Behandlung des Leidens an sich. Eine Leistungsmöglichkeit der IV besteht daher leider nicht." B.- Beschwerdeweise beantragte der Vater des Versicherten Übernahme der Operationskosten. Nachdem sein Sohn am 21. November 1971 Prof. N. überwiesen worden sei, könne er die entstandenen Kosten nicht übernehmen, wenn infolge Überbelastung der Klinik oder infolge Nichtbeachtung des Termins die Operation erst nach dem 20. Altersjahr habe vorgenommen werden können. Das Versicherungsgericht des Kantons Bern wies durch Entscheid vom 8. März 1974 die Beschwerde unter Hinweis auf BGE 98 V 35 ab. Zudem stelle auch eine allfällige Überlastung der Klinik keinen Grund für ein Hinausschieben der Operation nach dem 20. Altersjahr dar, nachdem die Massnahme nicht vorher zugesprochen worden sei; die neue Anmeldung datiere nämlich vom 15. Januar 1973. Das Gericht verneinte schliesslich auch einen Anspruch gemäss Art. 12 Abs. 1 IVG . C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde stellt der Vater des Versicherten den Antrag, die Invalidenversicherung habe die Unterkiefer-Osteotomie und die Zungenverkleinerung BGE 100 V 178 S. 180 zu übernehmen. Er macht geltend, ganz offensichtlich einer falschen Information unterlegen zu sein. Während die Ausgleichskasse auf eine Stellungnahme verzichtet, schliesst das Bundesamt für Sozialversicherung auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz trifft es nicht zu, dass die umstrittenen Massnahmen erst nach dem 20. Altersjahr des Beschwerdeführers zugesprochen worden sind. Die Anmeldung vom 15. Januar 1973 bezog sich auf medizinische Massnahmen wegen eines Gehirnschadens und auf eine Rente. Die medizinischen Massnahmen zur Behandlung der Geburtsgebrechen Ziff. 209, 210 und 214 wurden jedoch mit Verfügung vom 30. Mai 1972, also vor Erreichen der Volljährigkeit gewährt. Im übrigen hat aber der kantonale Richter zutreffend dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer, dessen Geburtsgebrechen nicht vor seiner Mündigkeit behandelt worden sind, im Sinne von BGE 98 V 35 grundsätzlich keine Leistungen gemäss Art. 13 IVG beanspruchen kann. 2. Es fragt sich indessen, ob in Anwendung der in BGE 99 V 152 aufgestellten Grundsätze der Beschwerdeführer der Invalidenversicherung gegenüber trotz des Fristablaufs Anspruch auf Gewährung der - bereits durchgeführten - Operationen hat. Es ist Sache der Invalidenversicherung, die Durchführungsstelle mit der Vornahme der bewilligten medizinischen Massnahme zu betrauen. Dadurch entsteht ein Auftragsverhältnis zwischen der Versicherung und der Stelle, welche die Eingliederungsmassnahme durchführt; dieses Verhältnis wird ergänzt durch allfällige spezielle Vereinbarungen, namentlich im Sinne von Art. 27 IVG . Zwischen der Durchführungsstelle und dem Versicherten fehlt es in der Regel an direkten Rechtsbeziehungen; insbesondere entstehen solche nicht bezüglich der im Auftrag der Invalidenversicherung von der durchführenden Stelle zu erbringenden Leistungen. Das Verhältnis zwischen der Invalidenversicherung und dem Versicherten richtet sich nach den Bestimmungen des IVG ( BGE 99 V 155 Erw. 3). Daraus folgt, dass im Rahmen des Auftragsverhältnisses Invalidenversicherung/ BGE 100 V 178 S. 181 Durchführungsstelle einzig die Versicherung zahlungspflichtig ist. Der Versicherte hat gegenüber der Invalidenversicherung Anspruch auf die medizinischen Massnahmen, die Sachleistungen sind und als solche gesamthaft von der Versicherung angeordnet und bezahlt werden ( BGE 99 V 154 Erw. 2). Dem Versicherten erwachsen im Verhältnis zur Durchführungsstelle keine Verpflichtungen aus Massnahmen, welche die durchführende Stelle über den Auftrag der Versicherung hinaus vorgenommen hat, sofern er seinerseits keinen entsprechenden Auftrag erteilt hat. 3. Im vorliegenden Fall geht es nur um das Rechtsverhältnis zwischen der Invalidenversicherung und dem Beschwerdeführer. Sein Anspruch auf medizinische Massnahmen zur Behandlung der Geburtsgebrechen Ziff. 209, 210 und 214 ist mit rechtskräftiger Verfügung vom 30. Mai 1972 bejaht worden. Die Durchführung dieser Sachleistung war grundsätzlich Aufgabe der Versicherung, welche dafür dem Versicherten gegenüber verantwortlich ist, auch wenn sie die Massnahmen im Auftragsverhältnis von Dritten durchführen lässt (vgl. auch Art. 60 Abs. 2 IVG ). Die Invalidenversicherung darf sich daher für die Verweigerung einer bereits zugesprochenen Massnahme nicht darauf berufen, dass sie im Durchführungsverfahren eine Frist versäumt hat; dabei ist es für den Versicherten unerheblich, ob die Fristversäumnis unmittelbar durch ein Organ der Invalidenversicherung oder durch eine von ihr beauftragte Durchführungsstelle verursacht worden ist. Aus dem Gesagten folgt, dass der Beschwerdeführer der Invalidenversicherung gegenüber trotz des Umstandes, dass die - vor dem 20. Altersjahr zugesprochenen - medizinischen Massnahmen erst nach der Volljährigkeit ausgeführt worden sind, Anspruch auf Gewährung dieser Sachleistungen hat... Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer der Invalidenversicherung gegenüber Anspruch auf Übernahme der mit Verfügung vom 30. Mai 1972 angeordneten und inzwischen durchgeführten medizinischen Massnahmen besitzt.
null
nan
de
1,974
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c266d57-6fb9-45fd-acfd-dafd83f21378
Urteilskopf 103 V 18 4. Urteil vom 15. März 1977 i.S. L. gegen Ausgleichskasse des Kantons Graubünden und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
Regeste Art. 7 Abs. 1 und Art. 31 Abs. 1 IVG . Kündigung einer vor Jahren durch die Invalidenversicherung vermittelten Stelle durch den Versicherten mit nachfolgender relevanter Erwerbsunfähigkeit: Rentenverweigerung wegen Widersetzlichkeit oder Rentenkürzung wegen grober Fahrlässigkeit? Art. 18 Abs. 1 IVG . Dauer der Eingliederungsmassnahme "Arbeitsvermittlung".
Sachverhalt ab Seite 19 BGE 103 V 18 S. 19 A.- O. L., geboren 1914, leidet laut Arztbericht an neuromuskulärer, hereditär bedingter Osteopathie. Wegen zunehmender Gehbehinderung musste er seine Tätigkeit als Landwirt immer mehr einschränken. Vom 1. Januar 1960 hinweg bezog er von der Invalidenversicherung eine ganze Rente. Von August 1965 bis Februar 1969 verrichtete er leichtere Büroarbeiten im Baubüro einer Arbeitsgemeinschaft, was zur Folge hatte, dass die Invalidenrente in diesem Zeitraum nicht mehr ausbezahlt wurde. Nachdem der Versicherte wegen Auflösung der Arbeitsgemeinschaft seine Stelle verloren hatte, sprach ihm die Invalidenversicherung erneut eine ganze einfache Rente zu. Durch Vermittlung der Regionalstelle für berufliche Eingliederung konnte O. L. auf den 1. April 1970 im Werkhof S. der Baufirma X. als Bauschreiber plaziert werden. Deshalb beschloss die Invalidenversicherungs-Kommission die Aufhebung der Rente auf den 30. Juni 1970. Anfangs 1975 berichtete O. L. der Invalidenversicherungs-Kommission, er habe der Firma X. auf den 31. Dezember 1974 seine Kündigung eingereicht, zu deren Begründung er ein "Vorkommnis" und den Umstand angab, dass seine Beine infolge der täglich zehnstündigen Tätigkeit immer schwächer geworden seien. Er ersuchte nunmehr um Ausrichtung einer Invalidenrente. Mit Verfügung vom 9. Oktober 1975 wies die Ausgleichskasse des Kantons Graubünden dieses Begehren ab, weil er die Stelle aus persönlichen Gründen aufgegeben habe, obschon ihm zuzumuten gewesen wäre, die Arbeit weiterhin zu verrichten. B.- Der Versicherte beschwerte sich beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden mit dem Antrag, es sei ihm ab 1. Januar 1975 erneut ein Rentenanspruch zuzuerkennen. Die Vorinstanz hat die Beschwerde am 28. November 1975 abgewiesen: Indem O. L. ohne vorherige Rücksprache mit den Organen der Invalidenversicherung auf Ende 1974 vom Arbeitsvertrag zurückgetreten sei, habe er sich einer Eingliederungsmassnahme entzogen. Eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes, welche die bisherige Tätigkeit als unzumutbar erscheinen liesse, sei medizinisch nicht bestätigt. C.- O. L. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Zu deren Begründung führt er an: Er sei sich erst heute bewusst, dass er durch die Aufgabe des Arbeitsplatzes einen Fehler begangen habe. Es habe sich um eine Kurzschlussreaktion gehandelt. BGE 103 V 18 S. 20 Der wahre Grund für die Kündigung habe in der Verschlimmerung des Gesundheitszustandes gelegen. Die Tätigkeit in der Baubaracke könne ihm nicht mehr zugemutet werden. Seine gesundheitlichen Verhältnisse seien durch eine Expertise abzuklären. Die Ausgleichskasse erklärt sich mit dem angefochtenen Entscheid einverstanden. Das Bundesamt für Sozialversicherung trägt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an: Im Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung habe kein Rentenanspruch bestanden; eine Verschlimmerung des Gesundheitszustandes sei nicht nachgewiesen. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Zur Begründung der Rentenverweigerung beruft sich das Verwaltungsgericht ausschliesslich auf Art. 31 Abs. 1 IVG . Nach dieser Bestimmung ist einem Versicherten die Rente vorübergehend oder dauernd zu verweigern, wenn er sich einer zumutbaren Eingliederungsmassnahme, die eine wesentliche Verbesserung seiner Erwerbstätigkeit erwarten lässt, entzieht oder widersetzt. Dies trifft nach der Rechtsprechung dann zu, wenn der Versicherte eine von den IV-Organen angeordnete oder vorgeschlagene Eingliederungsmassnahme, die man vernünftigerweise von ihm fordern kann, ablehnt ( BGE 97 V 176 , ZAK 1969 S. 704). Am 15. September 1969 teilte die Invalidenversicherungs-Kommission dem Beschwerdeführer mit, er müsse eine neue Arbeit suchen. Die Kommission habe beschlossen, durch die Regionalstelle abklären zu lassen, ob und wie weit berufliche Massnahmen am Platz seien. In der Folge gelang es der Regionalstelle, den Versicherten an die Baufirma X. zu vermitteln; die Arbeitsaufnahme erfolgte am 1. April 1970. - Nach der Rechtsprechung ist die Aufgabe der Invalidenversicherung im Rahmen der Arbeitsvermittlung gemäss Art. 18 Abs. 1 IVG grundsätzlich beendet, sobald der Versicherte plaziert und eingegliedert ist (ZAK 1965 S. 236). Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die von der Regionalstelle durchgeführte Eingliederungsmassnahme "Arbeitsvermittlung" spätestens anfangs April 1970 abgeschlossen war, nachdem der Beschwerdeführer seine Tätigkeit bei der Baufirma X. aufgenommen BGE 103 V 18 S. 21 hatte. O. L. hat sich also der Arbeitsvermittlung durch die Regionalstelle nie widersetzt und auch nie entzogen. Das Wird hinlänglich bewiesen dadurch, dass er seinen Posten als Bauschreiber der genannten Firma trotz der sogar von der Regionalstelle anerkannten schweren körperlichen Behinderung während fast vollen fünf Jahren versehen hat. Die Rente hätte ihm daher nicht unter Berufung auf Art. 31 Abs. 1 IVG verweigert werden dürfen. 2. Aus den Akten ist nun nicht ersichtlich, ob die Invalidenversicherungs-Kommission überhaupt geprüft hat, ob der Versicherte nach dem 31. Dezember 1974 gemäss den Art. 28 und 29 IVG grundsätzlich wieder eine Invalidenrente hätte beanspruchen können. Sie wird darüber noch beschliessen und eine neue Kassenverfügung veranlassen müssen. Dabei hat die Kommission folgendes zu beachten: Wenn auch eine Rentenverweigerung im Sinn von Art. 31 Abs. 1 IVG ausser Betracht fällt, so fragt es sich doch, ob der Versicherte durch die Kündigung des Arbeitsverhältnisses Ende 1974 seine Invalidität nicht leichtfertig verschlimmert hat, so dass allenfalls Art. 7 Abs. 1 IVG angewandt werden müsste. Diese Bestimmung schreibt vor, dass die Geldleistungen der Invalidenversicherung dauernd oder vorübergehend verweigert, gekürzt oder entzogen werden können, wenn der Versicherte die Invalidität vorsätzlich oder grobfahrlässig herbeigeführt oder verschlimmert hat. Grobfahrlässig in diesem Sinn handelt nach ständiger Rechtsprechung, wer unter Verletzung elementarster Sorgfaltspflichten das ausser acht lässt, was jeder verständige Mensch in der gleichen Lage und unter den gleichen Umständen beachten würde ( BGE 97 V 229 und EVGE 1967 S. 95). Das Eidg. Versicherungsgericht hat ferner wiederholt erkannt, dass sich der Invaliditätsgrad nicht nur bei Verbesserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes, sondern auch dann verändern kann, wenn sich - bei gleichgebliebenem Gesundheitszustand - die erwerblich-wirtschaftlichen Verhältnisse gewandelt haben (EVGE 1968 S. 189 und ZAK 1966 S. 276). In seiner vorinstanzlichen Beschwerde führte O. L. zu seiner Kündigung aus: Da seine Beine stets kalt gewesen seien, habe er (in der Baubaracke) einen elektrischen Ofen erhalten. Im September 1974 hätten seine Arbeitskollegen an der Steckdose mutwillig eine Phase herausgezogen, so dass er am Nachmittag BGE 103 V 18 S. 22 den Ofen nicht habe benützen können. Seine Nerven hätten dies nicht ausgehalten. Und als gar noch der Ingenieur A. ihm erklärt habe, man sei mit seinen Leistungen nicht mehr zufrieden, habe er die Stelle auf Ende 1974 gekündigt. - Es ist begreiflich, dass der damals 60jährige Beschwerdeführer, der an Klumpfüssen, dorsal hyperextendierten Kniegelenken, fibrillären Zuckungen und asthmoider Bronchitis leidet, über jenen Vorfall entrüstet war. Bevor er sich aber zur Kündigung entschloss, hätte er sich bei pflichtgemässer Sorgfalt darüber Rechenschaft geben sollen, dass es angesichts seiner Behinderungen und seines vorgerückten Alters kaum oder nur mit grossen Schwierigkeiten möglich wäre, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, wo er zudem auch etwa das Salär erhalten würde, das er von der damaligen Arbeitgeberin bezog. Diese Risiken hätten ihn vernünftigerweise davon abhalten müssen, bei der Firma X. zu kündigen. Wenn er den Arbeitsplatz trotzdem aufgab, so verletzte er damit elementarste Sorgfaltspflichten mit der Wirkung, dass die dadurch bedingte Erwerbseinbusse als grobfahrlässig verursacht bezeichnet werden muss. Daher würde es sich rechtfertigen, eine dem Versicherten allenfalls zustehende Invalidenrente in massvoller Weise zu kürzen. Das Mass der Kürzung bestimmt sich nach der Grösse des Verschuldens, während die Kürzungsdauer von der zeitlichen Einwirkung des schuldhaften Verhaltens auf die Invalidität abhängt ( BGE 99 V 32 ). Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass eine Rente nur bis zu dem Zeitpunkt gekürzt werden dürfte, in welchem dem schwer behinderten Beschwerdeführer mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand die weitere Verrichtung einer rentenausschliessenden Erwerbstätigkeit ohnehin nicht mehr zuzumuten wäre. Darüber wird am ehesten ein neuer Arztbericht Aufschluss geben können. Dispositiv Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinn gutgeheissen, dass der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 28. November 1975 sowie die Kassenverfügung vom 9. Oktober 1975 aufgehoben Werden und die Sache den Erwägungen entsprechend an die Ausgleichskasse zurückgewiesen wird, damit diese über den Rentenanspruch nach dem 31. Dezember 1974 neu verfüge.
null
nan
de
1,977
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
6c2c2633-9c88-470e-9c6b-133966765ff1
Urteilskopf 141 IV 380 49. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A.X. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich und B.X. (Beschwerde in Strafsachen) 6B_1198/2014 vom 3. September 2015
Regeste Art. 30 Abs. 1 StGB ; Art. 602 Abs. 1 und 2, Art. 652 und 653 Abs. 2 ZGB ; Art. 104 Abs. 1 lit. b, Art. 115 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1 und 2, Art. 119 Abs. 2 und Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO ; Straftaten zum Nachteil einer Erbengemeinschaft; Nichtanhandnahmeverfügung; Strafantragsrecht und Beschwerdelegitimation von einzelnen Mitgliedern der Erbengemeinschaft. Bei strafbaren Handlungen zum Nachteil einer Erbengemeinschaft gelten die einzelnen Erben als Geschädigte nach Art. 115 Abs. 1 StPO (E. 2.3.3). Als unmittelbar Geschädigtem steht das Strafantragsrecht im Sinne von Art. 30 Abs. 1 StGB dem einzelnen Erben persönlich zu (E. 2.3.4). Der geschädigte Erbe, der von seinem Strafantragsrecht Gebrauch gemacht hat, hat sich im Strafpunkt gültig als Privatkläger (Strafkläger) konstituiert. Als Partei im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ist er ohne Mitwirkung der übrigen Erben zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung legitimiert. Dass der betreffende Erbe zivilrechtliche Ansprüche aus dem Nachlass nicht allein geltend machen kann, steht der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO nicht entgegen (E. 2.3.5-2.5).
Sachverhalt ab Seite 381 BGE 141 IV 380 S. 381 A. A.X. erstattete gegen seine Schwester B.X. mit Eingabe vom 28. Juni 2013 Strafanzeige und stellte Strafantrag wegen "aller infrage kommender Tatbestände". Er wirft dieser vor, nach dem Tod ihrer gemeinsamen Mutter am 20. März 2013 in Portugal von deren Konti bei verschiedenen schweizerischen Bankinstituten unrechtmässig Bezüge in der Höhe von insgesamt rund Fr. 9'000.- BGE 141 IV 380 S. 382 getätigt zu haben und mit deren Kreditkarte einen Betrag von Fr. 75.05 beglichen zu haben, womit sie die übrigen Erben geschädigt habe. B. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat verfügte am 25. Oktober 2013 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung gegen B.X. wegen Veruntreuung etc., da keine schweizerische Gerichtsbarkeit bestehe. C. Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 31. Oktober 2014 auf die Beschwerde von A.X. gegen die Nichtanhandnahme mangels Beschwerdelegitimation nicht ein. D. A.X. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, der Beschluss vom 31. Oktober 2014 sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat sei anzuweisen, eine Strafuntersuchung zu eröffnen. E. Das Obergericht und B.X. verzichteten auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft liess sich nicht vernehmen. F. Das Bundesgericht hat das Urteil öffentlich beraten ( Art. 58 Abs. 1 BGG ). Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Vorinstanz erwägt, einem einzelnen Erben werde lediglich ausnahmsweise zugestanden, allein für die Erbengemeinschaft zu handeln und ein Rechtsmittel zu deren Schutz zu ergreifen, nämlich wenn sämtliche übrigen Mitglieder Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft begangen hätten bzw. hätten begangen haben sollen. Dadurch werde der einzelne Erbe nicht als unmittelbar Geschädigter betrachtet. Es werde ihm nur das Recht zugestanden, ausnahmsweise allein für die Gemeinschaft zu handeln. Die am 20. März 2013 verstorbene Erblasserin habe drei Nachkommen als gesetzliche Erben hinterlassen. Bestehe bzw. habe im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung eine Erbengemeinschaft bestanden, könnten die Erben nur gemeinsam oder in Ausübung eines Vertretungsauftrags für die Gemeinschaft handeln. Der Beschwerdeführer habe indessen allein in seinem eigenen Namen Beschwerde erhoben. Ein Ausnahmefall im Sinne der geschilderten Rechtsprechung liege nicht vor, da der Beschwerdeführer lediglich seiner Schwester und nicht sämtlichen übrigen Mitgliedern der Erbengemeinschaft Straftaten vorwerfe. Seine Beschwerdelegitimation sei daher zu verneinen. 2.2 Das Verfahren bei einer Nichtanhandnahme richtet sich sinngemäss nach den Bestimmungen über die Verfahrenseinstellung BGE 141 IV 380 S. 383 ( Art. 310 Abs. 2 StPO ). Die Parteien können die Nichtanhandnahmeverfügung innert 10 Tagen bei der Beschwerdeinstanz anfechten (Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO ). Die Privatklägerschaft nimmt am Strafverfahren als Partei teil ( Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO ). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen ( Art. 118 Abs. 1 StPO ). Der Strafantrag ist dieser Erklärung gleichgestellt ( Art. 118 Abs. 2 StPO ). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist ( Art. 115 Abs. 1 StPO ). Geschädigte, die sich nicht als Privatkläger konstituiert haben, können eine Nichtanhandnahme- oder Einstellungsverfügung mangels Parteistellung grundsätzlich nicht anfechten. Diese Einschränkung gilt dann nicht, wenn die geschädigte Person noch keine Gelegenheit hatte, sich zur Frage der Konstituierung zu äussern, so etwa wenn eine Einstellung ergeht, ohne dass die Strafverfolgungsbehörde die geschädigte Person zuvor auf ihr Konstituierungsrecht aufmerksam gemacht hat (vgl. Urteil 1B_298/2012 vom 27. August 2012 E. 2.1 mit Hinweisen). Entscheidend für die Frage, ob ein Erbe ohne Mitwirkung der übrigen Erben gegen eine Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft Beschwerde erheben kann, ist somit, ob dieser unmittelbar geschädigt ist und sich allein als Privatkläger konstituieren kann. Unerheblich ist dabei, ob die Straftat zum Nachteil des Nachlasses von einem Miterben oder einem Dritten begangen wurde. 2.3 2.3.1 Durch eine Straftat unmittelbar verletzt und damit Geschädigter im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO ist nach ständiger Rechtsprechung, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsgutes ist ( BGE 140 IV 155 E. 3.2 S. 157 f.; BGE 138 IV 258 E. 2.3 S. 263). Die geschädigte Person kann sich gemäss Art. 119 Abs. 2 StPO als Straf- und/oder Zivilklägerin am Strafverfahren beteiligen. Strafkläger ist, wer die Verfolgung und Bestrafung der für die Straftat verantwortlichen Person verlangt ( Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO ), Zivilkläger, wer adhäsionsweise privatrechtliche Ansprüche geltend macht, die aus der Straftat abgeleitet werden ( Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO ). Die StPO unterscheidet demnach zwischen dem Privatkläger als Strafkläger und demjenigen als Zivilkläger. Dem Geschädigten steht es frei, sich am Strafverfahren lediglich als Strafkläger (Privatkläger im Strafpunkt) zu BGE 141 IV 380 S. 384 beteiligen ( BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). Als solcher kann er nach der Rechtsprechung auf kantonaler Ebene Rechtsmittel ergreifen. Die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren (nach Art. 382 Abs. 1 StPO ) hängt - anders als die Legitimation zur Beschwerde in Strafsachen in der Sache an das Bundesgericht (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG; BGE 141 IV 1 E. 1.1 S. 4 f. mit Hinweisen) - nicht davon ab, ob der Geschädigte Zivilforderungen hat. Dieser ist als Strafkläger zur Berufung gegen einen Freispruch namentlich auch befugt, wenn er im Strafverfahren keine Zivilforderung angemeldet hat oder wenn er von vornherein keine Zivilforderung hat, sondern nur öffentlich-rechtliche Ansprüche aus Staatshaftung, die nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden können (vgl. BGE 131 I 455 E. 1.2.4 S. 461; BGE 128 IV 188 E. 2.2 f. S. 191 f.; Urteil 6B_1168/2014 vom 13. Februar 2015 E. 1). Geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO sein kann daher auch, wer selber keine Zivilforderungen geltend machen kann. Zivilforderungen sind mit anderen Worten keine notwendige Voraussetzung für die Rechtsmittellegitimation im kantonalen Verfahren bzw. für die Bejahung der strafrechtlichen Geschädigtenstellung nach Art. 115 Abs. 1 StPO und die Beteiligung am Strafverfahren als Strafkläger (zum Ganzen BGE 139 IV 78 E. 3.3.3 S. 81 f.). 2.3.2 Beerben mehrere Erben den Erblasser, so besteht unter ihnen, bis die Erbschaft geteilt wird, infolge des Erbganges eine Gemeinschaft aller Rechte und Pflichten der Erbschaft ( Art. 602 Abs. 1 ZGB ). Sie werden Gesamteigentümer der Erbschaftsgegenstände im Sinne von Art. 652 ff. ZGB ( Art. 602 Abs. 2 ZGB ), wobei die Rechte eines jeden Erben gemäss Art. 652 ZGB auf die ganze Sache gehen. Die Erbengemeinschaft ist - wie die einfache Gesellschaft ( Art. 530 ff. OR ) - eine Gemeinschaft zur gesamten Hand (vgl. BGE 124 III 505 E. 3b S. 508; JEAN NICOLAS DRUEY, Grundriss des Erbrechts, 5. Aufl. 2002, § 4 N. 9; PAUL-HENRI STEINAUER, Le droit des successions, 2. Aufl. 2015, N. 1194 S. 613; STEPHAN WOLF, in: Berner Kommentar, 2014, N. 42 zu Art. 602 ZGB ). Als solche bildet sie eine Rechtsgemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die mangels Rechtsfähigkeit nicht Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann. Träger der Vermögensrechte des Nachlasses sind nach Lehre und Rechtsprechung vielmehr die einzelnen Erben (vgl. WOLF, a.a.O., N. 29 und 43 zu Art. 602 ZGB ; PAUL PIOTET, Droit successoral, TDPS Bd. IV, 2. Aufl. 1988, S. 580 f.; Urteile 1P.357/1991 vom 10. Februar 1992 E. 2b; 1P.609/1988 vom 19. April 1989 E. 2a; siehe für die einfache BGE 141 IV 380 S. 385 Gesellschaft auch LUKAS HANDSCHIN, in: Basler Kommentar, Obligationenrecht, Bd. II, 4. Aufl. 2012, N. 6 zu Art. 530 OR mit Hinweisen; Urteil 1B_323/2008 vom 20. Mai 2009 E. 1.3). Die Erben können unter Vorbehalt der vertraglichen oder gesetzlichen Vertretungs- und Verwaltungsbefugnisse über die Rechte der Erbschaft nur gemeinsam verfügen ( Art. 602 Abs. 2 ZGB ). Insofern gilt das Prinzip der Einstimmigkeit (vgl. Art. 653 Abs. 2 ZGB ; DRUEY, a.a.O., § 14 N. 23 ff.; WOLF, a.a.O., N. 56 ff. zu Art. 602 ZGB ). Einzelne Erben können für den Nachlass daher grundsätzlich nicht handeln. Dies ist in der Regel nur allen Erben gemeinsam oder an deren Stelle einem Erbenvertreter ( Art. 602 Abs. 3 ZGB ), Willensvollstrecker ( Art. 518 ZGB ) oder Erbschaftsverwalter ( Art. 554 ZGB ) möglich. Davon kann nach der Rechtsprechung bloss in dringlichen Fällen abgewichen werden ( BGE 125 III 219 E. 1a S. 220 mit Hinweisen). Mit dem Prinzip der gemeinsamen Klageerhebung soll vermieden werden, dass ein einzelner Erbe Klage erhebt ohne Rücksicht auf seine Miterben und diese durch unsorgfältige Prozessführung um ihren Anspruch bringt ( BGE 121 III 118 E. 3 S. 121; BGE 119 Ia 342 E. 2a S. 345). Unzulässig sind deshalb nebst den eigentlichen Verfügungen über das Recht all jene Rechtshandlungen, welche die Gefahr einer Benachteiligung der Gemeinschaft oder ihrer Mitglieder mit sich bringen können ( BGE 121 III 118 E. 3 S. 121). Eine Ausnahme vom Grundsatz des gemeinsamen Handelns wird nach der Rechtsprechung anerkannt, wenn ein zur Erbschaft gehörender Anspruch gegenüber einzelnen Miterben von allen übrigen Erben geltend gemacht wird, weil in diesem Fall alle Erben Prozesspartei sind und sich über ihre gegenseitigen Rechtsansprüche auseinandersetzen können ( BGE 125 III 219 E. 1b S. 220 f.; BGE 119 Ia 342 E. 2a S. 345 f.; BGE 102 Ia 430 E. 3 S. 432; DRUEY, a.a.O., § 14 N. 28). 2.3.3 Da die Erbengemeinschaft selber nicht rechtsfähig ist und somit nicht Trägerin des durch die verletzte Strafnorm geschützten Rechtsgutes sein kann, gelten bei strafbaren Handlungen zum Nachteil der Erbengemeinschaft nach der unter der StPO ergangenen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre die einzelnen Erben als Geschädigte im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (Urteil 1B_348/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 1.2.6; MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 34 zu Art. 115 StPO ; VIKTOR LIEBER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung, Donatsch/Hansjakob/Lieber [Hrsg.], 2. Aufl. 2014, N. 5 zu Art. 115 StPO ; CAMILLE PERRIER, in: BGE 141 IV 380 S. 386 Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 18 zu Art. 115 StPO ). Die Stellung eines Erben oder auch eines einfachen Gesellschafters kann folglich nicht mit derjenigen eines Aktionärs verglichen werden. Die Aktiengesellschaft ist eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Es ist daher zwischen dem Vermögen der Aktiengesellschaft und demjenigen des Aktionärs zu unterscheiden, dessen wirtschaftliche und rechtliche Interessen von denjenigen der Gesellschaft abweichen können. Der Aktionär ist zwar Eigentümer der von ihm gehaltenen Aktien, nicht jedoch des Gesellschaftsvermögens. Bei Vermögensdelikten zum Nachteil des Gesellschaftsvermögens ist die Aktiengesellschaft unmittelbar verletzt, während der Aktionär nur mittelbar betroffen ist und nicht als Geschädigter nach Art. 115 Abs. 1 StPO gilt (zum Ganzen BGE 140 IV 155 E. 3.3.1 S. 158; Urteil 6B_680/2013 vom 6. November 2013 E. 3; je mit Hinweisen). 2.3.4 Zum Strafantrag im Sinne von Art. 30 StGB berechtigt ist, wer durch die Straftat verletzt ist, d.h. wer Träger des unmittelbar betroffenen Rechtsguts ist ( BGE 130 IV 97 E. 2.1 S. 98; BGE 128 IV 81 E. 3a S. 84). Der Begriff des Verletzten gemäss Art. 30 Abs. 1 StGB ist insofern identisch mit demjenigen des Geschädigten nach Art. 115 Abs. 1 StPO (vgl. vorne E. 2.3.1). Die Rechtsprechung hat bereits früher entschieden, dass das Strafantragsrecht nicht der Gemeinschaft zur gesamten Hand, sondern jedem Mitglied persönlich zusteht (vgl. BGE 117 IV 437 E. 1c S. 439). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der besagte Entscheid betrifft die einfache Gesellschaft, gilt für die Erbengemeinschaft aber ebenso. Das Bundesgericht hat sich in BGE 117 IV 437 zwar kurz gefasst. Der Entscheid enthält keine eigentliche Begründung. Er stellt jedoch auf die Lehre ab (vgl. JÖRG REHBERG, Der Strafantrag, ZStR 85/1969 S. 259), die wiederum auf die kantonale Rechtsprechung Bezug nimmt (vgl. Urteil des Obergerichts Zürich vom 3. März 1952, in: SJZ 49/1953 S. 97). Er fand zudem auch im neueren Schrifttum Zustimmung (vgl. etwa CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar, Strafgesetzbuch, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 83 zu Art. 30 StGB ; ders. , Der Strafantrag, 2004, S. 352; TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 1 zu Art. 30 StGB ; DANIEL STOLL, in: Commentaire romand, Code pénal, Bd. I, 2009, N. 31 zu Art. 30 StGB ). BGE 141 IV 380 S. 387 Das Recht, Strafantrag zu stellen, ist ein höchstpersönliches Recht (vgl. BGE 130 IV 97 E. 2.1 S. 98; BGE 122 IV 207 E. 3c S. 208 mit Hinweisen). Mit dem Strafantrag erklärt der Verletzte seinen bedingungslosen Willen zur Strafverfolgung des Täters ( BGE 131 IV 97 E. 3.1 S. 98; BGE 118 IV 167 E. 1b S. 169; BGE 115 IV 1 E. 2a S. 2; je mit Hinweisen). Dass das Strafantragsrecht dem unmittelbar geschädigten Erben persönlich zustehen muss, ist folgerichtig, da damit weder Ansprüche an der Erbschaft geltend gemacht werden noch über das Gemeinschaftsvermögen verfügt wird. Der Strafantrag richtet sich vielmehr gegen den Schädiger, dessen Bestrafung verlangt wird, wobei der Strafanspruch nach ständiger Praxis allein dem Staat zusteht ( BGE 136 IV 29 E. 1.7.2 S. 39; BGE 133 IV 228 E. 2.3 S. 231; BGE 128 I 218 E. 1.1 S. 220). Die Rechte und Pflichten der übrigen Erben werden dadurch nicht tangiert. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung ist mit Art. 602 Abs. 2 und Art. 653 Abs. 2 ZGB daher ohne Weiteres vereinbar. 2.3.5 Der Beschwerdeführer ist durch die behaupteten Straftaten seiner Schwester wie dargelegt unmittelbar geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO . Da er selber Strafantrag stellen kann und er von diesem Recht Gebrauch gemacht hat, hat er sich im Strafpunkt gültig als Privatkläger konstituiert (vgl. Art. 118 Abs. 1 und 2, Art. 119 Abs. 2 lit. a StPO ). Dies gilt unabhängig davon, ob es sich bei den angezeigten Straftaten um Antrags- oder Offizialdelikte handelt, da der Antrag auf Strafverfolgung auch bei Offizialdelikten einer Erklärung im Sinne von Art. 118 Abs. 1 StPO gleichkommt (vgl. Art. 118 Abs. 2 StPO ; JEANDIN/MATZ, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2011, N. 12 f. zu Art. 118 StPO ). Als Privatkläger im Strafpunkt ist der Beschwerdeführer Partei im Sinne von Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO , womit er nach Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO zur Beschwerde legitimiert ist. Dies steht im Einklang mit der neueren, wenn auch nicht amtlich publizierten Rechtsprechung des Bundesgerichts. Daraus ergibt sich implizit, dass der geschädigte Erbe, der Strafantrag gestellt und sich als Privatkläger konstituiert hat, zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung befugt ist (vgl. Urteil 1B_348/2012 vom 3. Oktober 2012 E. 1.2.6 und 1.2.7). 2.3.6 Sollten die Anschuldigungen des Beschwerdeführers zutreffen, verfügt dieser über eine Forderung aus unerlaubter Handlung ( Art. 41 Abs. 1 OR ), da er seiner Schwester vorwirft, nach dem Tod BGE 141 IV 380 S. 388 ihrer gemeinsamen Mutter unrechtmässig Vermögenswerte der Erbschaft bezogen zu haben. Es handelt sich dabei um eine Forderung aus dem Nachlass, die der Beschwerdeführer nur zusammen mit seinem Bruder geltend machen kann, da zivilrechtliche Ansprüche aus der Erbschaft gegen einen Miterben grundsätzlich nur von allen übrigen Erben gemeinsam eingeklagt werden können (vgl. oben E. 2.3.2). Der Beschwerdeführer kann sich im Strafverfahren gegen seine Schwester folglich nicht allein als Zivilkläger (Privatkläger im Zivilpunkt; Art. 118 Abs. 1, Art. 119 Abs. 2 lit. b StPO ) konstituieren. Dies ändert jedoch nichts daran, dass er als Träger des geschützten Rechtsgutes im strafrechtlichen Sinne geschädigt ist und als Strafkläger persönlich und allein am kantonalen Strafverfahren teilnehmen, eine Bestrafung verlangen sowie Rechtsmittel gegen eine Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens ergreifen kann. Dass der einzelne Erbe zivilrechtlich grundsätzlich nicht allein vorgehen kann, wenn er Ansprüche aus dem Nachlass geltend machen will, steht der Beschwerdelegitimation im Sinne von Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO nicht entgegen. 2.4 2.4.1 Die Vorinstanz beruft sich auf einen Entscheid des Obergerichts des Kantons Luzern vom 4. April 2013 (Luzerner Gerichts- und Verwaltungsentscheide [LGVE] 2013 I Nr. 15). Dieses verneinte einem Mitglied einer Erbengemeinschaft unter Bezugnahme auf BGE 119 Ia 342 E. 2a die Legitimation zur Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung. Es geht wie die Vorinstanz davon aus, ein einzelner Erben könne nur dann allein ein Rechtsmittel gegen die Einstellung ergreifen, wenn alle übrigen Mitglieder Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft begangen haben bzw. begangen haben sollen (LGVE 2013 I Nr. 15 E. 4.3). 2.4.2 Der zitierte Bundesgerichtsentscheid BGE 119 Ia 342 erging unter der früheren Strafprozessordnung des Kantons Zürich, wobei die Kognition des Bundesgerichts bezüglich der Auslegung von § 395 Abs. 1 Ziff. 2 StPO /ZH (Rechtsmittellegitimation von Geschädigten) auf Willkür beschränkt war. Das Bundesgericht ging damals mit der kantonalen Rekursinstanz davon aus, der einzelne Gesellschafter sei bei Straftaten zum Nachteil der einfachen Gesellschaft nicht unmittelbar betroffen und damit nicht geschädigt im Sinne von § 395 Abs. 1 Ziff. 1 StPO /ZH. Die Auffassung im angefochtenen Entscheid, wonach auch bei Straftaten eines Gesellschafters zum Nachteil der einfachen Gesellschaft alle Gesellschafter gemeinsam Rekurs gegen BGE 141 IV 380 S. 389 die Einstellung des Strafverfahrens erheben müssen, stufte es als willkürlich ein. Es genüge, wenn das Rechtsmittel gegen den oder die Gesellschafter von den übrigen Gesellschaftern eingelegt werde (BGE, a.a.O., E. 2a S. 345 f.). Da Willkür damals aus anderen Gründen zu bejahen war, fand in BGE 119 Ia 342 keine eigentliche Auseinandersetzung mit der Frage statt, ob bzw. weshalb der einzelne Gesellschafter bei Straftaten zum Nachteil der einfachen Gesellschaft lediglich indirekt geschädigt sein soll. Das Bundesgericht stellte für die Frage der Geschädigtenstellung des einfachen Gesellschafters auf den angefochtenen Entscheid ab, ohne zu prüfen, ob die kantonale Behörde diesen zu Unrecht nicht als geschädigt betrachtete. Es hätte angesichts der Willkürkognition zudem nur einschreiten können, wenn diese ihr kantonales Recht offensichtlich falsch ausgelegt hätte. Der Entscheid kann für die Beurteilung der Rechtslage unter der StPO bereits deshalb nicht vorbehaltlos übernommen werden. Hinzu kommt, dass im betreffenden Fall ein Mitgesellschafter den übrigen einfachen Gesellschaftern Straftaten vorwarf. Die Frage, ob dieser auch gegen einen einzelnen Mitgesellschafter allein hätte vorgehen können, ohne sämtliche übrigen Gesellschafter ins Recht zu fassen, stellte sich daher nicht. 2.4.3 Aus BGE 119 Ia 342 kann für die Rechtslage unter der StPO somit nicht abgeleitet werden, dass bei Straftaten eines Gesamteigentümers zum Nachteil des Gesamthandvermögens Rechtsmittel gegen eine Nichtanhandnahme oder Einstellung des Strafverfahrens von den übrigen Gesamteigentümern gemeinsam erhoben werden müssen. Aus den gleichen Gründen kann auch der Lehre nicht gefolgt werden, die zwar anerkennt, dass der einzelne Gesamteigentümer bei Straftaten zum Nachteil einer Gemeinschaft zur gesamten Hand unmittelbar geschädigt ist, teilweise unter Berufung auf BGE 119 Ia 342 aber dennoch verlangt, dass die (übrigen) Gesamteigentümer gemeinsam gegen den oder die Täter vorgehen (vgl. MAZZUCCHELLI/POSTIZZI, a.a.O., N. 34 zu Art. 115 StPO ; siehe auch PERRIER, a.a.O., N. 18 in fine zu Art. 115 StPO ). Entgegen BGE 119 Ia 342 ist der einzelne Erbe bzw. Gesellschafter nach der Rechtsprechung und der herrschenden Lehre bei Straftaten zum Nachteil der Erbengemeinschaft bzw. der einfachen Gesellschaft unmittelbar geschädigt im Sinne von Art. 115 Abs. 1 StPO (oben E. 2.3.3). Die Rechtsprechung erkannte dem einzelnen BGE 141 IV 380 S. 390 Mitglied einer Gemeinschaft zur gesamten Hand bei Straftaten zum Nachteil der Gemeinschaft zudem bereits früher das Recht zu, Strafantrag zu stellen (oben E. 2.3.4). Der einzelne Erbe kann daher ohne Mitwirkung der übrigen Erben eine Bestrafung verlangen, weshalb er auch berechtigt sein muss, sich allein als Privatkläger im Strafpunkt (Strafkläger) am Strafverfahren zu beteiligen und Rechtsmittel zu ergreifen. 2.5 Der Beschwerdeführer hat sich nach dem Gesagten als Geschädigter und Strafantragsteller im Strafpunkt gültig als Privatkläger konstituiert. Als solcher war er entgegen der Auffassung der Vorinstanz nach Art. 310 Abs. 2 i.V.m. Art. 322 Abs. 2 StPO im kantonalen Verfahren zur Beschwerde gegen die Nichtanhandnahme legitimiert. Die Vorinstanz spricht dem Beschwerdeführer die Beschwerdelegitimation zu Unrecht ab.
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
6c2d49f6-9b64-447d-98ac-273cc7429e05
Urteilskopf 138 III 111 17. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. GesmbH gegen Y. AG (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_391/2011 vom 23. Dezember 2011
Regeste Art. 1 Abs. 2 PatG ; Nichtnaheliegen bzw. erfinderische Tätigkeit. Grundsätze der Beurteilung des Erfinderischen (E. 2.1). "Aufgabe-Lösungs- Ansatz" als eine der möglichen Vorgehensweisen zur Beurteilung des Nichtnaheliegens (E. 2.2). Unterschied zwischen (nicht erfinderischer) Aggregation und (erfinderischer) Kombination von Merkmalen; Beurteilung des Erfinderischen im konkreten Fall (E. 2.3 und 2.4).
Sachverhalt ab Seite 112 BGE 138 III 111 S. 112 A. A.a Die Y. AG (Beklagte, Beschwerdegegnerin) war zunächst Lizenznehmerin von A. (Beklagter 1 im kantonalen Verfahren), der das CH-Patent Nr. 1 hielt. Sie ist Inhaberin dieses Patents, das ihr während des kantonalen Verfahrens übertragen worden ist. Das Patent betrifft eine induktive Heizvorrichtung in einem Kochgerät. A.b Die X. GesmbH (Klägerin und Beschwerdeführerin) mit Sitz in Österreich befasst sich mit dem Vertrieb von Induktions-Kochherden. Sie gelangte mit Eingabe vom 8. März 2005 an das Handelsgericht des Kantons St. Gallen mit dem Rechtsbegehren, es sei gegenüber den Beklagten festzustellen, dass das schweizerische Patent Nr. 1 nichtig sei. A.c Im Laufe des Verfahrens vor dem Handelsgericht schränkte der Beklagte 1, damals Patentinhaber, in einem Eventualbegehren die Patentansprüche ein. Die Klägerin beantragte darauf in ihrer nachträglichen Eingabe vom 30. Januar 2006, die Nichtigkeit des Patents sei auch hinsichtlich der je acht neuen Patentansprüche gemäss den beiden neuen Eventualbegehren der Duplik festzustellen. A.d Mit Entscheid vom 21. April 2008 wies das Handelsgericht die Klage auf Nichtigkeit des schweizerischen Patents 1 in der Fassung gemäss Eventualantrag ab. Da die Beklagten die Nichtigkeit in der Fassung gemäss ursprünglicher Patentschrift anerkannten, schrieb das Handelsgericht die Klage in diesem Punkt als erledigt ab. Die Klage gegen die Beschwerdegegnerin, die damals Lizenznehmerin war, wies das Gericht wegen fehlender Passivlegitimation ab. A.e Mit Urteil vom 18. November 2008 hob das Kassationsgericht des Kantons St. Gallen den Entscheid des Handelsgerichts auf und wies die Sache zur neuen Beurteilung an das Handelsgericht zurück mit der Vorgabe, dass die nachträgliche Eingabe der Klägerin vom 6. Juli 2007 zuzulassen sei. Das Kassationsgericht hielt die Rüge der Verletzung von Art. 164 ZPO /SG für begründet und nahm an, dass der Prozess in Kenntnis der US-Patentschrift 2 einen anderen Verlauf genommen hätte. Das Handelsgericht nahm danach den Prozess wieder auf. BGE 138 III 111 S. 113 B. Mit Entscheid vom 10. Mai 2011 schrieb das Handelsgericht des Kantons St. Gallen die Klage mit Bezug auf die Frage der Rechtsbeständigkeit von CH 1 in der Fassung gemäss Patentschrift zufolge Anerkennung der Nichtigkeit als erledigt ab (Dispositiv-Ziffer 1), es wies die Klage gegen den Beklagten 1 ab (Dispositiv-Ziffer 2) und wies die Klage mit dem sinngemässen Antrag, es sei festzustellen, dass CH 1 auch in den eingeschränkten Fassungen nichtig sei, ebenfalls ab (Dispositiv-Ziffer 3). Der Gegenstand des Anspruchs 1 des Eventualantrags der Beklagten stelle eine patentfähige Erfindung dar, dessen Wortlaut in Dispositiv-Ziffer 3 wie folgt wiedergegeben wird: 1. Kochgerät mit einer induktiven Heizvorrichtung (2), welche sich unter einer viereckigen Kochplatte (1) befindet, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizvorrichtung (2) zumindest zwei Heizelemente (6 bis 9) aufweist, dass diese Heizelemente derart ausgeführt und angeordnet sind, dass auch der zwischen diesen benachbarten Heizelementen (6, 7) befindliche Bereich der Kochplatte (1) für Kochzwecke verwendbar ist, dass eine Abschirmvorrichtung (3) sich zwischen der Kochplatte und der Heizvorrichtung (2) befindet, dass diese Abschirmvorrichtung (3) einen geerdeten Leiter (32) aufweist, welcher in bzw. auf einer Trägerplatte (31) derart verlegt ist, dass möglichst die ganze Fläche der Trägerplatte (31) durch den Leiter bedeckt ist und dass dieser Leiter keine geschlossene Schleife bildet. 2. Kochgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Heizelement (6 bis 9) einen Flächeninduktor (10) mit im wesentlichen spiralförmigen Windungen umfasst, dass die jeweilige Windung (13 bis 19) eines solchen Induktors (10) praktisch geradlinig verlaufende und hintereinander geschaltete Abschnitte (21 bis 24) aufweist und dass der jeweilige geradlinig verlaufende Windungsabschnitt parallel zu einer der Seiten (101 bzw. 102) der Kochplatte (1) verläuft. 3. Kochgerät nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die geradlinig verlaufenden Abschnitte (21 bzw. 24) der aussen liegenden Windungen (19) der benachbarten Heizelemente parallel zueinander verlaufen und dass der Abstand A2 zwischen den äusseren geradlinig verlaufenden Abschnitten (21 bzw. 24) der benachbarten Wicklungen (6 bzw. 7 bzw. 8 bzw. 9) zweimal so gross ist wie der Abstand zwischen den benachbarten Windungen (z.B. 18 und 19) eines der Heizelemente. 4. Kochgerät nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Induktoren (10) der Heizelemente (6 bis 9) in Serie geschaltet und an eine Stromquelle (60) angeschlossen sind und dass der Wicklungssinn der Induktoren (10) derart ist, dass der Strom in den geradlinigen und parallel zueinander verlaufenden Abschnitten (21 bzw. 24) der äusseren Windungen (19) der benachbarten Heizelemente (6 bis 9) in gleicher Richtung fliesst. BGE 138 III 111 S. 114 5. Kochgerät nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass ein erster Anschlussleiter (11) an die aussen am Rande liegende Windung (19) des Induktors (10) eines ersten Heizelementes (6) angeschlossen ist, dass ein zweiter Anschlussleiter (12) an die mittig liegende Windung (13) des Induktors (10) eines zweiten Heizelementes (7) angeschlossen ist, dass der spiralförmige Induktor (10) des ersten Heizelementes (6) sich im Gegenuhrzeigersinn und der Induktor (10) des zweiten Heizelementes (7) sich im Uhrzeigersinn öffnet. 6. Kochgerät nach Anspruch 5, welches zwei Heizelemente (6, 7) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die mittige Windung (13) des ersten Heizelementes (6) mit Hilfe eines ersten Verbindungsleiters (20) mit der äusseren Windung (19) des zweiten Heizelementes (9) verbunden ist. 7. Kochgerät nach Anspruch 5, welches vier in einem Viereck angeordnete Heizelemente (6 bis 9) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass die mittige Induktorwindung (13) des ersten Heizelementes (6) mit Hilfe eines ersten Verbindungsleiters (20) mit der äusseren Induktorwindung (19) des vierten Heizelementes (9) verbunden ist, dass die mittige Windung (13) dieses vierten Heizelementes (9) mit Hilfe eines weiteren Verbindungsleiters (20) an die äussere Induktorwindung (19) des dritten Heizelementes (8) verbunden ist, dass die mittige Induktorwindung (13) dieses dritten Heizelementes (8) mit Hilfe eines noch weiteren Verbindungsleiters (20) an die äussere Windung (19) des zweiten Heizelementes (7) angeschlossen ist, dass die Spirale des Induktors (10) des dritten Heizelementes (8) sich im Gegenuhrzeigersinn öffnet und dass der Induktor (10) des vierten Heizelementes (9) sich im Uhrzeigersinn öffnet. 8. Kochgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass eine Stromquelle (60) vorgesehen ist, an welche die Heizvorrichtung (2) angeschlossen ist, dass diese Stromquelle (60) einen Generator (61) von Stromimpulsen aufweist, welcher über Leiter (62, 63) an die Heizvorrichtung (2) angeschlossen ist, dass dieser Generator (61) derart ist, dass sich sowohl die erzeugte Frequenz als auch die Leistung der Impulse steuern lässt, dass einem der Zuführleiter (63) ein Stromwandler (64) zugeordnet ist, welcher an erste Eingänge einer Phasenmessvorrichtung (65) angeschlossen ist, dass ein weiterer Eingang dieser Phasenmessvorrichtung (65) über eine Leitung (67) an den Stromgenerator (61) direkt angeschlossen ist, dass ein Einstellelement (66) zur Steuerung der Arbeitsweise der Phasenmessvorrichtung (65) an diese angeschlossen ist, dass der Ausgang der Phasenvorrichtung (65) über Leitungen (68, 69) an eine Ansteuerungsvorrichtung (70) für den Generator (61) angeschlossen ist, dass diese Vorrichtung (70) über weitere Leiter (71, 72) mit dem Generator (61) verbunden ist, dass eine weitere Leitung (73) vom Generator (61) zur Ansteuerungsvorrichtung (70) zurückführt, dass die Ansteuerungsvorrichtung (70) BGE 138 III 111 S. 115 an die Phasenmessvorrichtung (65) über eine weitere Leitung (74) zurückgekoppelt ist und dass zur Einstellung der gewünschten Leistung die Ansteuerungsvorrichtung (70) mit einem zweiten Einstellelement (75) versehen ist. 9. Kochgerät nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Leiter (32) auf der Trägerplatte (31) mäanderförmig verlegt ist." Das Handelsgericht, das bereits im ersten Verfahren ein Gutachten eingeholt hatte, beauftragte den Experten B. mit Schreiben vom 27. August 2009, die von ihm erstattete Expertise unter Berücksichtigung der US-Patentschrift 2 zu ergänzen. Der Experte gelangte zum Schluss, dass das Patent der Beklagten in der eingeschränkten Fassung auch unter Berücksichtigung der US-Patentschrift 2 gültig sei. Das Handelsgericht folgte dieser Auffassung. C. Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt die Klägerin, das Urteil des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen vom 10. Mai 2011 sei bezüglich der Dispositiv-Ziffer 3 sowie der Kosten aufzuheben (Ziffer 1), die Klage sei vollständig gutzuheissen und es sei gegenüber der Beklagten und Beschwerdegegnerin die Nichtigkeit des schweizerischen Patents 1 festzustellen (Ziffer 2), eventuell sei die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen und diese anzuweisen, ein Obergutachten über die Frage des Naheliegens der beanspruchten Erfindung einzuholen, und zwar ausgehend von der Europäischen Patentanmeldung 3 (D2) als nächstliegendem Stand der Technik (Ziffer 2.1). Die Klägerin rügt, die Vorinstanz habe Art. 1 Abs. 2 PatG verletzt, indem sie mit dem Gutachter als nächstliegenden Stand der Technik die US-Patentschrift 2 statt wie im ursprünglichen Gutachten die EP Patentanmeldung 3 als Ausgangspunkt gewählt habe, indem sie eine blosse Aggregation von technischen Merkmalen als nicht naheliegend qualifiziert und indem sie allgemeines Fachwissen der hypothetischen Fachperson unberücksichtigt gelassen habe. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Nach Art. 1 Abs. 2 PatG (SR 232.14) ist keine patentierbare Erfindung, was sich in nahe liegender Weise aus dem Stand der Technik ( Art. 7 Abs. 2 PatG ) ergibt (vgl. entsprechend Art. 56 des BGE 138 III 111 S. 116 Europäischen Patentübereinkommens vom 5. Oktober 1973, revidiert in München am 29. November 2000 [EPÜ 2000; SR 0.232.142.2]). Den Stand der Technik bildet insofern alles, was vor dem Anmelde- oder dem Prioritätsdatum der Öffentlichkeit durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benützung oder in sonstiger Weise zugänglich gemacht worden ist ( Art. 7 Abs. 2 PatG , vgl. Art. 54 Abs. 2 EPÜ 2000 ). Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, der umstrittene Anspruch sei neuheitsschädlich vorweggenommen worden. Sie rügt, die Vorinstanz habe Art. 1 Abs. 2 PatG verletzt mit dem Schluss, der selbständige Anspruch 1 des umstrittenen Patents habe sich für die Fachperson nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben. 2.1 Zur Beurteilung des Erfinderischen ist nach der Rechtsprechung entscheidend, ob ein Fachmann nach all dem, was an Teillösungen und Einzelbeiträgen den Stand der Technik ausmacht, schon mit geringer geistiger Anstrengung auf die Lösung des Streitpatents kommen kann oder ob es dazu zusätzlichen schöpferischen Aufwandes bedarf. Denn der Bereich des Erfinderischen beginnt nach konstanter Praxis nicht bereits unmittelbar jenseits des vorbekannten Stands der Technik, sondern erst jenseits dessen, was ein durchschnittlich gut ausgebildeter Fachmann des einschlägigen Gebietes gestützt darauf mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten weiterentwickeln und finden kann ( BGE 123 III 485 E. 2a S. 488; BGE 121 III 125 E. 5b S. 137; BGE 120 II 312 E. 4b S. 317). Die erfinderische Tätigkeit ist von der Ausgangslage her zu beurteilen, wie sie im massgebenden Zeitpunkt objektiv gegeben war. Es sollen keine Lehren patentiert werden, die der Fachmann in Kenntnis des Standes der Technik und gestützt auf seine durchschnittlichen Fähigkeiten folgerichtig aus dem Stand der Technik entwickeln kann; es bedarf vielmehr einer qualitativen Weiterentwicklung, einer intuitiv-assoziativen Tätigkeit (vgl. CHRISTOPH BERTSCHINGER, Patentfähige Erfindung, in: Schweizerisches und europäisches Patentrecht, 2002, Rz. 4.113). Der Stand der Technik im massgebenden Zeitpunkt ist in seiner Gesamtheit, gewissermassen als "Mosaik", zu betrachten (JÜRGEN KROHER, in: Europäisches Patentübereinkommen, Singer/Stauder [Hrsg.], 5. Aufl. 2010, N. 16 zu Art. 56 EPÜ ; RAINER MOUFANG, in: Patentgesetz mit EPÜ, Rainer Schulte [Hrsg.], 8. Aufl. 2008, N. 19 zu § 4 DPatG/ Art. 56 EPÜ ; BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.118). Alle der Öffentlichkeit zugänglichen Lehren, alle Entgegenhaltungen sind miteinander als der technische Erfahrungsschatz BGE 138 III 111 S. 117 anzusehen, der dem mit normaler Kombinationsgabe ausgestatteten Fachmann bzw. Fachteam für die Lösung der Aufgabe zur freien Auswertung zur Verfügung gestanden hat. Die Kombination von Einzelelementen aus dem Stand der Technik findet aber dort ihre Grenze, wo sie zu einer künstlichen ex-post-Betrachtung in Kenntnis der neuen Lösung führen würde (vgl. BGE 120 II 312 E. 4b S. 318; Urteile 4C.52/2005 vom 18. Mai 2005 E. 2.1, in: sic! 11/2005 S. 826; 4C.10/2003 vom 18. März 2003 E. 3, in: sic! 7-8/2003 S. 604). 2.2 Nach der Rechtsprechung des Europäischen Patentamtes wird gemäss dem sogenannten "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" zunächst der "nächstliegende Stand der Technik" ermittelt, um das technische Problem festzustellen, das durch die Erfindung gelöst wird, wobei von den Angaben in der Anmeldung ausgegangen wird, sofern der Anmeldung nicht ein unzutreffender Stand der Technik zugrunde gelegt wird. Dieses Vorgehen bildet jedoch nur den Ausgangspunkt zur Beurteilung, ob dem Fachmann die Erfindung aus der Gesamtschau des Standes der Technik nahegelegen hat (vgl. dazu BERNHARD JESTAEDT, in: Benkard, Europäisches Patentübereinkommen, 2002, N. 16 f. zu Art. 56 EPÜ ; ASENDORF/SCHMIDT, in: Benkard, Patentgesetz, Gebrauchsmustergesetz, 10. Aufl. 2006, N. 13 zu § 4 DPatG; MOUFANG, a.a.O., N. 28 zu § 4 DPatG/ Art. 56 EPÜ ; KROHER, a.a.O., N. 38 zu Art. 56 EPÜ ; BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.126). Der "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" wurde in der Praxis als ein Werkzeug ermittelt, um die Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu objektivieren und eine rückschauende Betrachtungsweise soweit möglich zu vermeiden (BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.126; PEDRAZZINI/HILTI, Europäisches und schweizerisches Patent- und Patentprozessrecht, 3. Aufl. 2008, S. 132; KROHER, a.a.O., N. 40 zu Art. 56 EPÜ ; MOUFANG, a.a.O., N. 26 zu § 4 DPatG/ Art. 56 EPÜ ). Dieses Vorgehen ist nicht das einzig mögliche. In der Praxis der deutschen Gerichte wird etwa gefragt, welche Schritte der Fachmann vollziehen muss, um zu der Lösung des Streitpatents zu gelangen, ob er Anlass hatte, Überlegungen in diese Richtung anzustellen, und was im Einzelnen dafür oder dagegen spricht, dass der Fachmann aufgrund solcher Überlegungen zur Lösung des Streitpatents gelangt. Dabei wird darauf abgestellt, was die beanspruchte Lösung gegenüber dem Stand der Technik tatsächlich leistet (vgl. ASENDORF/SCHMIDT, a.a.O., N. 10/12 zu § 4 DPatG; JESTAEDT, a.a.O., N. 18 zu Art. 56 EPÜ ). Wenn die Beschwerdeführerin rügt, der Gutachter sei von einer falschen Veröffentlichung als nächstliegendem Stand der Technik BGE 138 III 111 S. 118 ausgegangen und habe statt der EP-Patentanmeldung 3 (D2 nach Gutachten) die US-Patentschrift 2 (D9 nach Ergänzungsgutachten) gewählt, so verkennt sie zunächst die Bedeutung des "Aufgabe-Lösungs-Ansatzes". Es handelt sich dabei entgegen ihrer Ansicht nicht um die ausschliesslich vorgeschriebene Methode, sondern um eine der möglichen Arten des Vorgehens, um auf nachvollziehbare Weise die Schritte zu ermitteln, welche die Fachperson aufgrund des massgebenden Standes der Technik machen musste, um zur technischen Lösung zu gelangen, welche im Patent beansprucht wird. In jedem Fall ist der (qualitative) Abstand der beanspruchten Lösung vom entgegengehaltenen Stand der Technik insgesamt massgebend zur Beurteilung, ob diese der Fachperson nahegelegen hatte oder nicht. Da auch ausgehend vom nächstliegenden Stand der Technik die übrigen Entgegenhaltungen darauf zu prüfen sind, ob sie für die massgebende Fachperson Anregungen zu vermitteln vermögen, die ihr die beanspruchte Lösung nahelegen, sollte bei korrektem Vorgehen nicht wesentlich sein, welches von regelmässig mehreren naheliegenden Elementen im Stande der Technik zum Ausgangspunkt der allein entscheidenden Frage genommen wird, ob die Fachperson schon mit geringer geistiger Anstrengung auf die Lösung des Streitpatents kommen kann oder ob es dazu eines schöpferischen Aufwandes bedarf. Die Beschwerdeführerin behauptet zu Recht nicht, die objektiv vom Streitpatent gelöste Aufgabe sei von der Vorinstanz gestützt auf die Expertise falsch definiert worden. Die Rüge, die Vorinstanz habe die Tragweite von Art. 1 Abs. 2 PatG verkannt, indem sie gestützt auf die Ergänzung der Expertise einen falschen "nächstliegenden Stand der Technik" zum Ausgangspunkt der Beurteilung des Naheliegens der beanspruchten Lösung gewählt habe, ist unbegründet. 2.3 Als naheliegend gilt die blosse Aneinanderreihung oder Kombination bekannter Vorrichtungen oder Verfahren, die jeweils auf übliche Art und Weise funktionieren, ohne funktionelle Wechselwirkung; demgegenüber gilt als nicht naheliegend eine Kombination von Merkmalen, die sich gegenseitig wirkungsmässig derart unterstützen, dass ein neuer technischer Erfolg erzielt wird (BERTSCHINGER, a.a.O., Rz. 4.136 S. 148; vgl. KROHER, a.a.O., N. 59 zu Art. 56 EPÜ ). Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Expertise und gestützt darauf die Vorinstanz hätten den Unterschied zwischen (nicht erfinderischer) Aggregation und (erfinderischer) Kombination nicht beachtet. Sie bringt insofern vor, die Abschirmung zwischen der BGE 138 III 111 S. 119 Kochplatte und der Heizvorrichtung eines Induktionskochherds mit einem geerdeten Leiter gehöre nun nach der US-Patentschrift schon zum Stand der Technik, weshalb eine Induktionskochplatte mit einer geerdeten Abschirmvorrichtung zwischen der Kochplatte und der Heizvorrichtung nicht mehr als Erfindung betrachtet werden könne. Dies schliesse auch eine Abschirmung mit elektrischen Leitern ein, die keine geschlossene Schleife bildeten, da dies zum allgemeinen Fachwissen der massgeblichen Fachperson gehöre. 2.3.1 Nach dem Gutachten - das insoweit von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt wird - besitzt die hypothetische Fachperson, ausgebildet als Ingenieur auf dem Gebiet der Elektrotechnik (Fachhochschule oder Hochschule), grundlegende Kenntnisse über elektromagnetische Felder und gute Kenntnisse in der Konzeption und Entwicklung von elektronischen Schaltungen. Sie hat Berufserfahrung in der Ausgestaltung, Anordnung und Ansteuerung von induktiven Heizvorrichtungen und in der zugehörigen Messtechnik elektromagnetischer Felder. Den selbständigen Patentanspruch 1 des eingeschränkten Patents in der hier umstrittenen Fassung gliedert der Gutachter sodann in die (mit einer Ziffer 2 versehenen) Merkmale A bis I wie folgt: "A Kochgerät mit einer induktiven Heizvorrichtung (2) B welche sich unter einer viereckigen Kochplatte (1) befindet, dadurch gekennzeichnet, dass C die Heizvorrichtung (2) zumindest zwei Heizelemente (6 bis 9) aufweist, D welche derart ausgeführt sind, dass nicht nur die Randbereiche (55) der Kochplatte (1), sondern auch die Bereiche zwischen den Heizelementen (7, 8) für Kochzwecke ausgenützt werden können, E dass eine Abschirmvorrichtung (3) sich zwischen der Kochplatte und der Heizvorrichtung (2) befindet, F dass diese Abschirmvorrichtung (3) einen geerdeten Leiter (32) aufweist, G welcher in bzw. auf einer Trägerplatte (31) derart verlegt ist, dass möglichst die ganze Fläche der Trägerplatte (31) durch den Leiter bedeckt ist, H dass dieser Leiter keine geschlossene Schleife bildet ..." (unberücksichtigt lässt der Experte sodann das Merkmal I, wonach der Leiter [32] auf der Trägerplatte mäanderförmig verlegt sein kann). BGE 138 III 111 S. 120 Im Gutachten vom 19. Dezember 2006 gelangt der Gerichtsexperte zum Schluss, die entgegengehaltenen Dokumente D1 und D4 zeigten gerade das Gegenteil der beanspruchten Abschirmung mit einem Leiter und beschränkten sich auf eine rein elektrische und thermische Isolation. Die Dokumente D2, D3 und D5 bis D7 sodann zeigten keine Zwischenlage zwischen den Heizelementen und der Kochplatte. Aufgabe der beanspruchten Abschirmung mit geerdetem Leiter zwischen Heizelement und Kochplatte solle sein, elektrische Entladungen zwischen auf der Kochplatte nahe aneinander aufgestellten Kochtöpfen zu verhindern. Diese Aufgabe sei in keinem Dokument des Standes der Technik erwähnt und es schlage auch keines der Dokumente einen geerdeten, auf oder in einer Trägerplatte verlegten Leiter vor. In der am 20. Januar 2010 erstellten Ergänzung zur Expertise erläutert der Gutachter sodann, dass das Dokument D9 (US-Patentschrift 2) ein Kochgerät mit einer induktiven Heizvorrichtung zeigt. Er legt dar, dass die Merkmale A bis E sowie G des Streitpatents beim entgegengehaltenen Dokument D9 vorhanden sind. Nach den Merkmalen D und H, welche in der Entgegenhaltung D9 fehlen, formuliert der Experte die objektiv durch das Streitpatent gelöste Aufgabe so, dass ein induktives Kochgerät mit einer Abschirmung geschaffen werden soll, bei dem die Kochgeschirre auf der Kochplatte frei für Kochzwecke platzierbar sind, wobei elektrische Potentialdifferenzen zwischen den Kochgeschirren möglichst vermieden werden sollen. Diese Aufgabe löst das Streitpatent nach den Feststellungen des Gutachters mit der speziellen Ausgestaltung und Anordnung der Heizelemente in Kombination mit der Abschirmvorrichtung, die einen geerdeten Leiter - im Unterschied zu D9 ohne Bildung einer Schleife - umfasst. Der Gutachter verneint, dass die Fachperson durch den Stand der Technik veranlasst werden könnte, das Kochgerät D9 so zu ändern, dass sie zu den Merkmalen D und H des Streitpatents gelangt. Die Fachperson kann danach zwar aus der Entgegenhaltung D2 entnehmen, dass die Heizelemente bzw. die Induktionsspulen so ausgestaltet und angeordnet werden können, dass eine metallene Kochfläche gleichmässig erhitzt werden kann, und sie würde daher eine solche Ausführung und Anordnung der Heizmittel auch für ein Kochgerät nach D9 verwenden. Die Fachperson findet aber nach dem Ergänzungsgutachten im Stand der Technik keine Anregung dafür, die Abschirmung dabei mit einem geerdeten Leiter auszuführen, der keine geschlossene Schleife bildet. D9 weist danach von der Lösung mit dem geerdeten Leiter weg, indem er die BGE 138 III 111 S. 121 flächige Beschichtung mit einem Material empfiehlt, das einen bestimmten elektrischen Widerstand nicht unterschreiten sollte. Bei der Variante mit geerdetem Leiter aus Kupfer setzt D9 anderseits gerade einen Leiter mit einer geschlossenen Schleife ein. Aus den weiteren Dokumenten D1 und D3 bis D8 kann die Fachperson nach den Ausführungen des Gerichtsexperten ebenfalls keine Anregung entnehmen, das Kochgerät von D9 wie im Streitpatent beansprucht zu ändern. 2.3.2 Die Beschwerdeführerin kritisiert den Schluss der Vorinstanz, die gestützt auf das Gerichtsgutachten die erfinderische Tätigkeit bejahte. Sie bringt vor, die Abschirmung zwischen der Kochplatte und der Heizvorrichtung eines Induktionskochherdes mit einem geerdeten Leiter (Merkmale E-G des Streitpatents) gehörten nach Berücksichtigung der US-Patentschrift 2 zum Stand der Technik. Sie vertritt die Ansicht, dies schliesse auch eine Abschirmung mit elektrischen Leitern ein, die keine geschlossene Schleife bildeten, da dies das "unvermeidliche und aktenmässig erstellte Resultat" des allgemeinen Fachwissens bilde. Die Beschwerdeführerin vertritt die Ansicht, die von ihr so genannte Merkmalsgruppe 1 - d.h. die Merkmale A bis D, die sich nach dem Gerichtsgutachten auch in der Entgegenhaltung D9 finden - einerseits und die Abschirmung nach den Merkmalen E bis H des Streitpatents anderseits wirkten entgegen der Ansicht des Gutachters nicht zusammen. Sie hält dafür, wenn Induktionskochfelder mit den Merkmalen A-D bekannt waren und wenn bei Induktionskochfeldern geerdete Abschirmungen mit den Merkmalen E-H bekannt waren, so sei offensichtlich nichts entgegengestanden, auch bei einem Induktionskochfeld mit den Merkmalen A-D eine solche geerdete Abschirmung einzusetzen. 2.3.3 Die Beschwerdeführerin verfällt mit ihrer dem Gerichtsgutachten widersprechenden Ansicht in eine (verpönte) nachträgliche Betrachtung. Sie verkennt, dass in der Regel die einzelnen Merkmale einer beanspruchten Erfindung für sich bekannt sind und je einzeln oder in bestimmter Gruppierung im Stand der Technik nachgewiesen werden können. Es geht jedoch gerade um die Beurteilung, ob die - regelmässig aus dem Zusammenwirken bisher bekannter Elemente gewonnene - als Erfindung beanspruchte technische Anleitung der Fachperson nahegelegt war oder ob sie überraschend erscheint. Insofern kann der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, wenn sie annimmt, die Abschirmung der Heizfläche (zwischen den tradierten Kochfeldern) einerseits und die zusätzliche Nutzung des BGE 138 III 111 S. 122 Bereichs zwischen den Kochfeldern anderseits seien zwei voneinander unabhängige Aufgaben, welche je separat und ohne Zusammenwirken der technischen Merkmale zu sehen seien. Wie der Experte im Ergänzungsgutachten überzeugend darlegt, wird mit dem Streitpatent gerade die Aufgabe gelöst, die Kochgeschirre auf der Kochplatte frei für Kochzwecke zu platzieren, ohne zwischen den Kochgeschirren elektrische Potentialdifferenzen hervorzurufen. Diese technische Aufgabe wird mit geerdeten Leitern gelöst, welche Lösung im massgebenden Stand der Technik nicht nahegelegt ist. 2.4 Der Beschwerdeführerin kann auch nicht gefolgt werden, wenn sie die Ansicht vertritt, die Vorinstanz habe mit dem Gutachter die allgemeinen Kenntnisse der Fachperson unberücksichtigt gelassen. Dass die Abschirmung bei einem Induktionskochherd für die einzelnen, voneinander getrennten Kochfelder je durch Leiter erfolgte, bei denen nach allgemeinem Fachwissen geschlossene Schleifen zu vermeiden waren, bedeutet nicht, dass diese Technik nach allgemeinem Fachwissen auch geeignet sei für die Abschirmung zusammenhängender Kochflächen bzw. für Flächen, auf denen Kochtöpfe nahe beieinander beheizt werden. Der Gutachter hat im Ergänzungsgutachten nachvollziehbar erklärt, dass das Dokument in Entgegenhaltung D9 von einer solchen Lösung wegweist, indem es Leiter mit geschlossenen Schleifen vorsieht. Die Vorinstanz hat Bundesrecht nicht verletzt, indem sie mit dem Gerichtsgutachter die beanspruchte Erfindung in der während des Verfahrens eingeschränkten Fassung als vom Stand der Technik nicht nahegelegt ansah und damit als gültig anerkannte.
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Urteilskopf 100 Ib 246 40. Arrêt de la Ire Cour civile du 5 novembre 1974 dans la cause X. contre Cour administrative du Tribunal cantonal vaudois.
Regeste Art. 552 Abs. 2 OR , 52 f. HRegV. Kollektivgesellschaft, Eintragung im Handelsregister. Massgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Eintragungspflicht (Erw. 3). Das Bestehen einer Kollektivgesellschaft setzt einen Vertrag zwischen den Gesellschaftern voraus. Fehlt ein solcher Vertrag, so sind die Voraussetzungen der Eintragungspflicht im Sinne von Art. 57 Abs. 2 HRegV nicht erfüllt (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 246 BGE 100 Ib 246 S. 246 A.- Le 29 août 1973, l'avocat Y., qui se proposait d'ouvrir action contre les frères X., les a signalés au préposé au Registre du commerce de Lausanne en déclarant qu'il lui semblait "que cette entreprise devrait être inscrite... sous la forme d'une société commerciale". Convoqués par le préposé, les frères X. ont fait valoir qu'ils travaillaient chacun pour soi et qu'ils avaient une comptabilité séparée. Le 2 mai 1974, le préposé a sommé les frères X. de faire inscrire leur entreprise de menuiserie au registre du commerce jusqu'au 17 mai. Les intéressés s'étant opposés à cette sommation en confirmant leur point de vue, le préposé a transmis l'affaire à l'autorité de surveillance, conformément à l'art. 58 ORC. B.- Statuant le 18 juin 1974, la Cour administrative du BGE 100 Ib 246 S. 247 Tribunal cantonal vaudois a écarté l'opposition formée par les frères X. et les a sommés de requérir dans les dix jours l'inscription au Registre du commerce de Lausanne de la société en nom collectif "Menuiserie X. Frères", sous menace de procéder d'office à l'inscription. C.- Les frères X. recourent au Tribunal fédéral. Le Tribunal cantonal vaudois déclare se référer à son arrêt. Le Département fédéral de justice et police propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Personne ne prétend que les recourants, qui affirment en instance fédérale ne pas atteindre le "montant fixé par le registre du commerce", seraient tenus de requérir l'inscription d'une raison de commerce individuelle en application de l'art. 934 al. 1 CO parce qu'ils exploitent à titre indépendant un commerce ou une industrie (art. 52 al. 3 et 53 litt. A ch. 1 ou B ORC). Ils n'en rempliraient pas les conditions, puisque leur revenu brut n'atteint apparemment pas pour chacun d'eux le minimum annuel de 100 000 fr., requis pour l'inscription obligatoire (art. 54 ORC dans sa teneur du 20 décembre 1971). 2. L'autorité de surveillance a ordonné l'inscription uniquement parce que les recourants formeraient ensemble une société en nom collectif, astreinte à l'inscription sur le registre du commerce en vertu de l'art. 552 al. 2 CO. Elle considère que la raison sociale "Menuiserie X. Frères" figure tant dans l'annuaire téléphonique et dans la publicité de l'entreprise que dans l'exposition organisée par celle-ci au Comptoir suisse 1973, et que les bilans et comptes de profits et pertes établis en 1972 pour les frères X. sont en tous points identiques. Les recourants font valoir que s'ils ont travaillé ensemble pendant un certain temps, ils se sont séparés depuis juillet 1973, l'un s'occupant de "travaux de construction de pavillons de jardin et petites charpentes", au rez-de-chaussée de l'immeuble paternel, et l'autre de "fabrication de clapiers et menuiserie", au sous-sol de l'immeuble; ils ont chacun leur comptabilité; leur numéro de téléphone commun, leurs prospectus qu'ils écoulent pour ne pas les jeter, leur stand au Comptoir suisse sont encore des conséquences de leur BGE 100 Ib 246 S. 248 ancienne collaboration. Ils revendiquent la liberté de "travailler séparément". 3. La solution du litige dépend donc de savoir si les recourants forment une société en nom collectif ou non. Selon une jurisprudence constante du Tribunal fédéral, ce sont les circonstances existant à l'époque de la sommation prévue aux art. 941 CO et 57 al. 1 ORC qui font règle pour décider de l'obligation d'une personne de s'inscrire au registre du commerce; peu importe que les conditions de l'assujettissement viennent à défaillir ultérieurement, par exemple pour cause de cessation de l'exploitation; est seule déterminante la sommation qui a précédé la procédure des art. 57 et 58 ORC; il n'y a pas lieu de tenir compte des sommations antérieures restées sans suite, qui ne font pas partie de la procédure en cours (RO 91 I 140 et les arrêts cités). 4. Il importe dès lors de rechercher si le préposé disposait, le 2 mai 1974, d'éléments suffisant à lui faire admettre que les conditions de l'assujettissement étaient remplies, c'est-à-dire que les recourants formaient entre eux une société en nom collectif (art. 57 al. 2 ORC). Or aucun des éléments retenus par l'autorité cantonale à l'appui de la décision attaquée n'est propre à établir l'existence d'une société commerciale à l'époque décisive. Ils sont tous antérieurs. Les comptes des recourants pour l'année 1972 ne permettent aucune déduction pour la situation en 1974. L'art. 55 ORC, qui considère comme déterminante la recette brute des douze mois précédant immédiatement le moment où se pose la question de l'inscription, se rapporte aux cas des art. 53 et 54 ORC dans lesquels le chiffre d'affaires conditionne l'inscription obligatoire. Or cette hypothèse a été écartée en l'espèce. Il ressort des explications des recourants que la réservation de leur stand au Comptoir suisse, comme leur inscription sur l'annuaire téléphonique, a dû être faite plus d'un an avant la date décisive, à un moment où ils collaboraient encore. Rien ne permet d'admettre qu'ils aient jamais eu l'intention de former une société en nom collectif. Leur collaboration pouvait parfaitement ne correspondre qu'à une société simple, de caractère même purement occasionnel, destinée à réduire leurs frais généraux. La présomption de l'art. 530 al. 2 CO est favorable à leur thèse. L'utilisation d'un ancien prospectus commun jusqu'à l'épuisement du stock paraît procéder d'un BGE 100 Ib 246 S. 249 souci d'économie naturel, compte tenu de l'importance modeste de leurs activités professionnelles. Il n'est d'ailleurs pas établi que ce prospectus ait encore été diffusé en 1974. La décision attaquée méconnaît le principe fondamental selon lequel une société en nom collectif, même si elle peut être créée tacitement par actes concluants, en dehors de toute forme écrite (RO 95 II 549 s. consid. 2; HARTMANN, n. 9 ad art. 552 CO), repose nécessairement sur un contrat entre les associés, c'est-à-dire sur une manifestation réciproque et concordante de leurs volontés. Or, excepté la désignation "X. Frères" utilisée á une époque bien antérieure au moment déterminant, aucun élément ne permet d'admettre que les recourants auraient entendu se lier par un contrat de société en nom collectif. L'autorité administrative ne saurait suppléer l'absence de volonté des partenaires. Seul le juge civil est habile à se prononcer sur la qualité d'associé à une société en nom collectif d'une personne déterminée (RO 68 I 186 s. consid. 1). Il en va de même lorsque les associés présumés nient être liés par une telle société, à moins que l'existence de celle-ci ne soit évidente et ne résulte manifestement du comportement des intéressés, ce qui n'est pas le cas en l'espèce. Il appartenait donc au tiers qui se proposait d'ouvrir action contre les recourants et qui considérait que ceux-ci formaient une société en nom collectif d'établir dans une procédure civile l'existence d'une telle société, conformément á l'art. 8 CC. Quant à l'autorité administrative, il lui est en tout temps loisible d'ouvrir une nouvelle procédure selon l'art. 57 ORC, si les circonstances lui permettent d'admettre que les recourants remplissent les conditions de l'assujettissement, soit en vertu de l'art. 552 CO, soit en vertu des art. 934 al. 1 CO et 54 ORC. 5. Le Département fédéral de justice et police invoque l'arrêt RO 76 I 161 s.; ayant créé et entretenu l'apparence juridique d'une société, les recourants devraient en supporter les conséquences; leur argumentation serait "évidemment impropre à détruire la présomption de société en nom collectif qu'ils ont créée vis-à-vis des tiers". En réalité, les recourants ont tout au plus créé, bien avant l'époque déterminante, l'apparence d'une collaboration, mais non pas celle d'une société en nom collectif, laquelle ne se BGE 100 Ib 246 S. 250 présume nullement. Les tiers de bonne foi sont suffisamment protégés par la présomption légale de l'art. 530 al. 2 CO en faveur d'une société simple. Dans l'arrêt Vernet (RO 76 I 150 ss.), il s'agissait de l'inscription en Suisse de la succursale d'une société anonyme panaméenne, succursale dont le Tribunal fédéral constate qu'elle existait lors de la sommation, en relevant qu'il importe peu de savoir si elle avait été supprimée par la suite (p. 156, consid. 1 in fine). Considérant que "la société ou ceux qui disent agir pour elle ont fait croire à l'existence d'une société anonyme étrangère et d'une succursale suisse", le Tribunal fédéral en conclut qu'"il n'est que juste qu'ayant créé cette apparence, ils en supportent pour le moment et jusqu'à plus ample informé les conséquences" (p. 161 s.). Les circonstances de cet arrêt ne sauraient être comparées avec celles de la présente espèce, où l'existence d'une société en nom collectif à l'époque de la sommation n'est aucunement établie. Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours et annule la décision attaquée.
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Urteilskopf 106 IV 355 87. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. November 1980 i.S. Sch. und W. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden sowie diese gegen Sch. (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB . Der Beherberger, der die von ihm gemäss einem kommunalen Fremdenverkehrsgesetz beim Gast erhobene Fremdentaxe nicht an die zuständige Stelle abliefert, sondern sie widerrechtlich für eigene Zwecke verwendet, ist nicht wegen Veruntreuung strafbar, da es an einem Vertrauensverhältnis fehlt.
Erwägungen ab Seite 356 BGE 106 IV 355 S. 356 Aus den Erwägungen: III. Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft 1. In den Jahren 1976 und 1977 kassierte Sch. im Hotel X. in Chur Fremdentaxen im Betrage von insgesamt Fr. 3'358.-- ein und lieferte dieses Geld dem Verkehrsverein Chur nicht ab, sondern verwendete es in seinem Hotelbetrieb. Während das Kreisgericht Chur dieses Verhalten gemäss Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB als Veruntreuung bestrafte, kam das Kantonsgericht in diesem Punkt zu einem Freispruch mit der Begründung, ein Vertrauensverhältnis liege nicht vor, Einzug und Ablieferung der Taxen beruhten allein auf der gesetzlichen Vorschrift im Fremdenverkehrsgesetz der Stadt Chur. 2. Der Bezug von Fremdentaxen ist im Gesetz der Stadtgemeinde Chur zur Förderung des Fremdenverkehrs vom 16. Oktober 1966 geregelt: Gemäss Art. 3 erhebt die Stadt von jedem in Chur gegen Entgelt beherbergten Gast und von jedem Campingplatzbenützer eine Taxe, deren Höhe vom Gemeinderat im Einvernehmen mit dem Verkehrsverein festgesetzt wird. Beherberger sind gemäss Art. 5 verpflichtet, die Taxe beim Gast zu erheben. Sie haften der Gemeinde gegenüber für den richtigen Einzug. Die Abrechnung der Taxen erfolgt auf Grund der Fremdenkontrolle. Der Stadtpolizei und dem Verkehrsverein steht das Kontrollrecht zu. Widerhandlungen gegen dieses Gesetz werden mit Bussen von Fr. 20.-- bis Fr. 500.-- geahndet (Art. 10). 3. a) Art. 140 StGB setzt voraus, dass das vom Täter unrechtmässig verwendete Gut ihm anvertraut worden ist. Die Rechtsprechung hat sich schon wiederholt mit dem Tatbestandselement des "Anvertrautseins" befasst: - Bejaht wurde das Vertrauensverhältnis bei Lohnabzügen des Arbeitgebers im Einvernehmen mit dem Arbeitnehmer zur Abzahlung einer Kaufpreis- bzw. Darlehensschuld ( BGE 94 IV 138 f.), ebenfalls hinsichtlich der Trinkgelder, welche ein Tankwart BGE 106 IV 355 S. 357 erhielt und gemäss betriebsinterner Regelung in eine gemeinsame Kasse legen sollte ( BGE 98 IV 22 ). - Verneint hat der Kassationshof das Vorliegen eines Vertrauensverhältnisses bei den Einnahmen eines Spielautomaten, die der Eigentümer des Automaten gemäss Abmachung mit der Inhaberin (Wirtin) des Lokals, in dem der Automat aufgestellt war, zu teilen hatte ( BGE 99 IV 201 ). Ebenfalls kein Vertrauensverhältnis wurde in dem von der Vorinstanz zitierten BGE 99 IV 206 angenommen bei der widerrechtlichen Nichtablieferung eines gepfändeten und vom Arbeitgeber zurückbehaltenen Lohnanteils. Die Praxis, wie sie in den beiden erstgenannten Präjudizien zum Ausdruck kommt, wurde in der Doktrin als zu weitgehend kritisiert (REHBERG in ZStR 92/1976 S. 40 ff., insbes. S. 47 f. und 50, vgl. auch STRATENWERTH, Strafrecht, Bes. Teil, Bd. I, S. 181), während die den Tatbestand einschränkend interpretierenden Urteile BGE 99 IV 201 und 206 Zustimmung fanden (REHBERG, a.a.O., S. 42, 49). b) Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Sachverhalt ist im Rahmen der skizzierten Praxis am ehesten mit BGE 99 IV 206 (Nichtablieferung eines gepfändeten Lohnanteils) vergleichbar. Hier wie dort fehlt ein persönliches Anvertrauen des in Frage stehenden Geldbetrages. Nicht eine Abmachung zwischen den Parteien regelt das Verhältnis zwischen den Beteiligen, sondern die nicht eingehaltene Verpflichtung des Täters ergibt sich aus den Vorschriften eines Erlasses (SchKG, Fremdenverkehrsgesetz), die im Fall BGE 99 IV 206 durch die betreibungsamtliche Lohnpfändung konkretisiert wurden, im vorliegenden Fall direkt anwendbar sind. Ob ein durch Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB geschütztes Vertrauensverhältnis auch auf gesetzlicher Anordnung beruhen kann, wie dies die Staatsanwaltschaft in der Nichtigkeitsbeschwerde behauptet, braucht hier nicht generell entschieden zu werden. Auf jeden Fall schafft die öffentlichrechtliche Ordnung des Bezugs einer Abgabe nach dem Modell der Churer Fremdentaxe keine strafrechtlich sanktionierte Treuepflicht des gegenüber dem Gemeinwesen für die Abgabe haftenden Beherbergers, der seinerseits die Abgabe beim einzelnen Gast erheben soll. Auch im Bundesrecht kommt bei Verstössen im Rahmen ähnlicher Bezugssysteme nicht Art. 140 StGB zur Anwendung, sondern der seine Ablieferungspflicht nicht Einhaltende BGE 106 IV 355 S. 358 wird aufgrund einer speziellen Bestimmung bestraft. So bedroht Art. 87 Abs. 3 AHVG denjenigen mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Busse bis zu Fr. 20'000.--, der "als Arbeitgeber einem Arbeitnehmer Beiträge vom Lohn abzieht, sie indessen dem vorgesehenen Zweck entfremdet". Dass der Täter nur gemäss dieser Spezialnorm und nicht gemäss Art. 140 oder 159 StGB zu bestrafen sei, wurde in BGE 82 IV 138 mit dem Prinzip des Vorrangs des lex specialis begründet, ergibt sich in bezug auf Art. 140 StGB aber auch daraus, dass die kraft Gesetzes abgezogenen Sozialversicherungsbeiträge dem Arbeitgeber nicht im Sinn des mit einer schwereren Strafe bedrohten Tatbestandes der Veruntreuung anvertraut sind (entgegen dem obiter dictum in BGE 94 IV 139 oben). Unterstellt das Bundesrecht den Arbeitgeber bei der Zweckentfremdung abgezogener Sozialversicherungsbeiträge nicht dem Art. 140 StGB , sondern bringt es eine mildere spezielle Strafdrohung zur Anwendung, so darf daraus der Schluss gezogen werden, auch den Beherberger treffe beim Bezug der Churer Fremdentaxe nicht eine durch Art. 140 StGB sanktionierte Treuepflicht, sein rechtswidriges Verhalten könne mithin - ohne Verletzung von Bundesrecht - ausschliesslich nach kantonalem Recht geahndet werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird abgewiesen.
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