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Urteilskopf 93 III 67 12. Entscheid vom 29. August 1967 i.S. Oberholzer.
Regeste Hinfall eines Arrestes für eine Forderung aus Konkursverlustschein. 1. Bestreitet der auf Grund eines Konkursverlustscheins betriebene Arrestschuldner durch Rechtsvorschlag, dass er zu neuem Vermögen gekommen sei ( Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG ), so fällt der Arrest dahin ( Art. 278 Abs. 4 SchKG ), wenn der Gläubiger nicht binnen 10 Tagen, nachdem er vom Rechtsvorschlag und seiner Begründung Kenntnis erhalten hat, oder - falls der Rechtsvorschlag schon vor Zustellung der Arresturkunde erhoben wurde - binnen 10 Tagen seit Zustellung der Arresturkunde auf Feststellung neuen Vermögens klagt. Das gleiche gilt, wenn der Gläubiger diese Klage zwar rechtzeitig anhebt, sie aber zurückzieht oder vom Richter damit endgültig abgewiesen wird (Erw. 1). 2. Hat der für eine Forderung aus Konkursverlustschein betriebene Schuldner durch Rechtsvorschlag neben der Forderung das Vorhandensein neuen Vermögens bestritten und der Gläubiger seine Klage auf Feststellung neuen Vermögens zurückgezogen, so vermag die fragliche Betreibung den nach diesem Rückzug erwirkten Arrest nicht aufrechtzuerhalten, selbst wenn der Gläubiger binnen 10 Tagen seit Zustellung der Arresturkunde ein Rechtsöffnungsbegehren stellt und der Richter die Rechtsöffnung bewilligt (Erw. 2). 3. Nichtigkeit der Massnahmen, mit denen das Betreibungsamt ein nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallenes Arrestverfahren weiterführt (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 68 BGE 93 III 67 S. 68 A.- Am 7. März 1967 leitete Oberholzer gegen Werner für eine Forderung aus einem Konkursverlustschein im Betrage von Fr. 29'631.80 Betreibung ein (Betreibung Nr. 1564 des Betreibungsamtes Zürich 4). Der Schuldner erhob Rechtsvorschlag. Er bestritt damit auch, dass er zu neuem Vermögen gekommen sei ( Art. 265 Abs. 2 u. 3 SchKG ). Der Gläubiger klagte darauf beim Einzelrichter für das beschleunigte Verfahren gegen den Schuldner auf Feststellung neuen Vermögens. Dieses Verfahren wurde jedoch am 4. April 1967 als durch Rückzug der Klage erledigt abgeschrieben. B.- Am 10. April 1967 erwirkte der Gläubiger gegen den Schuldner für die gleiche Forderung einen Arrestbefehl, der einen Personenwagen VW sowie die Lohn-, Provisions- und Prämienguthaben des Schuldners bei der Firma Klaiber und Affeltranger als Arrestgegenstände bezeichnete. Das Betreibungsamt Zürich 4 vollzog diesen Befehl am 17. April 1967, indem es den erwähnten Wagen und einen monatlichen Verdienstbetrag BGE 93 III 67 S. 69 von Fr. 600.-- arrestierte (Arrest Nr. 12). In der am 21. April 1967 versandten Arresturkunde brachte es (in Unkenntnis des erledigten Verfahrens auf Feststellung neuen Vermögens) den Vermerk an: "Aufforderung an den Arrestgläubiger betreffend Arrestprosequierung: In der Betr. Nr. 1564 vom 7.3.1967 hat der Schuldner am 9. März 1967 Rechtsvorschlag erhoben und die Einrede des mangelnden neuen Vermögens geltend gemacht. Der Arrestgläubiger wird aufgefordert, sich innert 10 Tagen seit Erhalt dieser Urkunde darüber auszuweisen, dass er gemäss Art. 278 beim zuständigen Richter geklagt hat. Andernfalls ist er gehalten, eine neue Arrestprosequierungsbetreibung anzuheben." Mit Verfügung vom 26. April 1967 (versandt 28. April 1967) ermässigte das Betreibungsamt den arrestierten Verdienstbetrag auf monatlich Fr. 400.--. C.- Der Gläubiger stellte am 27. April 1967 beim Audienzrichter ein Rechtsöffnungsbegehren. Der Aufforderung in der Arresturkunde kam er dagegen nicht nach. Das Betreibungsamt teilte ihm daher mit Schreiben vom 17. Mai 1967 mit, der Arrest Nr. 12/67 sei dahingefallen. D.- Gegen diese Verfügung führte der Gläubiger am 23. Mai 1967 Beschwerde. Am 1. Juni 1967 erteilte ihm der Audienzrichter provisorische Rechtsöffnung für Fr. 8882.80. Die Beschwerde wurde am 9. Juni 1967 von der untern und am 21. Juli 1967 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen. E.- Den Entscheid der obern kantonalen Aufsichtsbehörde hat der Gläubiger an das Bundesgericht weitergezogen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab. Erwägungen Erwägungen: 1. Der Arrest fällt gemäss Art. 278 Abs. 4 SchKG dahin, wenn der Gläubiger die in Art. 278 Abs. 1-3 SchKG festgesetzten Fristen für die Anhebung der Betreibung bezw. für die Einleitung des Rechtsöffnungsverfahrens oder für die Erhebung der Klage auf Anerkennung seines Forderungsrechts nicht einhält, wenn er die angehobene Klage oder Betreibung zurückzieht oder erlöschen lässt oder wenn er mit seiner Klage BGE 93 III 67 S. 70 vom Gericht endgültig abgewiesen wird. Das gleiche gilt auch dann, wenn der Gläubiger, nachdem der auf Grund eines Konkursverlustscheins betriebene Schuldner durch Rechtsvorschlag das Vorhandensein neuen Vermögens bestritten hat, es unterlässt, binnen zehn Tagen, nachdem er vom Rechtsvorschlag und seiner Begründung Kenntnis erhalten hat, auf Feststellung neuen Vermögens zu klagen ( BGE 41 III 302 /303; JAEGER, N. 7 zu Art. 278 SchKG ), oder wenn der Kläger diese Klage zwar rechtzeitig anhebt, sie aber zurückzieht oder vom Richter damit endgültig abgewiesen wird. Hat der Schuldner schon vor der Zustellung der Arresturkunde Rechtsvorschlag erhoben, so laufen die Fristen für das Rechtsöffnungsbegehren oder für die Klage auf Anerkennung des Forderungsrechts und gegebenenfalls für die Klage auf Feststellung neuen Vermögens nicht von der Mitteilung des Rechtsvorschlags ( Art. 278 Abs. 2 SchKG ), sondern von der Zustellung der Arresturkunde an (JAEGER N. 2 am Ende zu Art. 278 SchKG ). Der Hinfall eines Arrestes nach Art. 278 Abs. 4 SchKG ist von den Betreibungsbehörden festzustellen ( BGE 66 III 59 , BGE 77 III 142 , BGE 81 III 158 ). 2. Im vorliegenden Falle hat der Schuldner in der Betreibung Nr. 1564, die der Rekurrent schon vor der Bewilligung des Arrestes für die auf einem Konkursverlustschein beruhende Arrestforderung eingeleitet hatte, durch Rechtsvorschlag nicht bloss die Forderung, sondern auch das Vorhandensein neuen Vermögens bestritten. Der Rekurrent hat die zur Beseitigung dieser zweiten Einrede beim zuständigen Richter angehobene Klage schon vor Erwirkung des Arrestes zurückgezogen. Er hat damit endgültig die Möglichkeit verloren, mit Wirkung für die Betreibung Nr. 1564 das Vorhandensein neuen Vermögens feststellen zu lassen und damit den Rechtsvorschlag in dieser Betreibung zu beseitigen, soweit er mit dem Fehlen solchen Vermögens begründet worden war. Die Betreibung Nr. 1564 kann deshalb nicht fortgesetzt werden. Das stand schon im Zeitpunkt der Arrestbewilligung fest. Eine solche Betreibung vermag den Arrest nicht aufrechtzuerhalten. Die Betreibung Nr. 1564 taugt also nicht als Arrestbetreibung. An diesem Ergebnis können das nach Zustellung der Arresturkunde gestellte Rechtsöffnungsbegehren und der Rechtsöffnungsentscheid vom 1. Juni 1967 nichts ändern. Abgesehen davon, dass der Streit über die gegenüber der Betreibung BGE 93 III 67 S. 71 Nr. 1564 erhobene Einrede des fehlenden neuen Vermögens mit dem Rückzug der betreffenden Klage rechtskräftig erledigt war, steht es dem im summarischen Verfahren ( Art. 25 Ziff. 2 und Art. 84 SchKG ) entscheidenden Rechtsöffnungsrichter nicht zu, über diese Einrede zu befinden; vielmehr ist hiezu nach Art. 265 Abs. 3 SchKG ausschliesslich das für das beschleunigte Verfahren ( Art. 25 Ziff. 1 SchKG ) eingesetzte Gericht zuständig ( BGE 35 I 804 = Sep. ausg. 12 S. 262; BGE 77 III 126 , BGE 82 III 118 Erw. 2). Der Rechtsöffnungsentscheid vom 1. Juni 1967 hat also den Rechtsvorschlag, soweit er sich auf das Fehlen neuen Vermögens stützte, nicht beseitigt. Über ein Rechtsöffnungsbegehren ist im Falle, dass mit dem Rechtsvorschlag nicht nur die Forderung, sondern auch das Vorhandensein neuen Vermögens bestritten wurde, richtigerweise erst nach Gutheissung der Klage auf Feststellung neuen Vermögens zu entscheiden ( BGE 35 I 804 = Sep. ausg. 12 S. 262). Ein Rechtsöffnungsentscheid, der trotz Abweisung oder Rückzug der Klage auf Feststellung neuen Vermögens ergeht, ist wirkungslos. Vermochte die - nicht fortsetzbare - Betreibung Nr. 1564 den Arrest nicht aufrechtzuerhalten, so hätte der Rekurrent binnen zehn Tagen von der Zustellung der Arresturkunde an gemäss Art. 278 Abs. 1 SchKG eine neue Betreibung anheben sollen. Da er das unterlassen hat, ist der Arrest nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallen. Die Verfügung vom 17. Mai 1967, mit welcher das Betreibungsamt dies feststellte, ist also rechtmässig. 3. In seiner Vernehmlassung an die untere Aufsichtsbehörde bemerkte das Betreibungsamt, es habe, nachdem es am 23./24. Mai 1967 vom Rechtsöffnungsbegehren des Rekurrenten vom 27. April 1967 Kenntnis erhalten hatte, der Arbeitgeberin des Schuldners im Einvernehmen mit dem kantonalen Betreibungsinspektor "eine neue Anzeige betreffend Lohnarrestierung von Fr. 400.-- pro Monat" zugestellt; es würden also wieder Lohnabzüge vorgenommen. Nach diesen Ausführungen, zu denen die kantonalen Instanzen nicht Stellung genommen haben, hat das Betreibungsamt seine Verfügung vom 17. Mai 1967, die den Arrest als dahingefallen erklärte, der Sache nach zurückgenommen. Ob der Schuldner sich hiegegen beschwert habe oder nicht, ist aus den vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Diese Frage kann jedoch offen bleiben. Wie schon ausgeführt, vermag die Betreibung Nr. 1564 den Arrest trotz BGE 93 III 67 S. 72 dem Rechtsöffnungsbegehren des Rekurrenten und dem Rechtsöffnungsentscheid vom 1. Juni 1967 nicht aufrechtzuerhalten und ist der Arrest mangels rechtzeitiger Einleitung einer neuen Betreibung dahingefallen. Die Vorschrift des Art. 278 Abs. 4 SchKG , wonach der Arrest bei Nichteinhaltung der in Art. 278 Abs. 1-3 festgesetzten Fristen dahinfällt, ist zwingend. Massnahmen, mit denen das Betreibungsamt ein nach Art. 278 Abs. 4 SchKG dahingefallenes Arrestverfahren weiterführt, wie das mit der nach dem 24. Mai 1967 erfolgten Lohnsperre geschehen ist, sind schlechthin nichtig, was die Betreibungsbehörden von Amtes wegen zu berücksichtigen haben (vgl. BGE 84 III 101 /102; fernerBGE 69 III 50undBGE 77 III 58, je mit Hinweisen, wo es sich um die Weiterführung von wegen einer Fristversäumnis erloschenen Betreibungen handelte).
null
nan
de
1,967
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1a542d4e-4795-4913-a049-0fcdc79fd274
Urteilskopf 113 Ia 279 44. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22. Oktober 1987 i.S. C. gegen Anwaltskammer des Kantons Bern (Staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; Disziplinarrecht der Rechtsanwälte. Der Anwalt, der gegen eine Pauschalentschädigung für eine soziale Institution tätig ist, die Bedürftigen unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung im Prozess gewährt, verletzt im Lichte der Handels- und Gewerbefreiheit keine Berufspflichten nach dem bernischen Fürsprechergesetz, namentlich im vorliegenden Fall nicht: a) das Unabhängigkeitsgebot (E. 2), b) das Gebot der Vertrauenswürdigkeit (E. 3), c) das Verbot des Erfolgshonorars (E. 4a), d) das Verbot, die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich zu nehmen (E. 4b).
Sachverhalt ab Seite 280 BGE 113 Ia 279 S. 280 C. ist bernischer Fürsprecher und leitet seit dem 5. April 1982 die Rechtsberatungs- und Alimenteninkassostelle der Schweiz. Stiftung MPB, Solidaritätswerk für Mütter, Väter, Kinder und Familien. Es handelt sich dabei um eine privatrechtliche Institution mit dem Ziel, Menschen in Notsituationen zu helfen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen C. und der Schweiz. Stiftung MPB lauten nach einer am 1. Januar 1985 abgeschlossenen Vereinbarung, soweit hier von Interesse, wie folgt: "1.1 Herr C. leitet die Rechtsberatungs- und Alimenteninkassostelle des MPB. Herr C. verpflichtet sich, die ihm vom MPB für Auskünfte zugewiesenen Personen rechtlich zu beraten. In bezug auf den Inhalt der Beratung bleibt das Anwaltsgeheimnis vorbehalten. Über diese erste Beratung hinaus entscheidet er frei, ob er die jeweiligen Personen a) weiter beraten b) sofern notwendig, gerichtlich oder aussergerichtlich vertreten will oder nicht. Herr C. ist zudem verpflichtet, die ihm von der Stiftung zugewiesenen Alimenteninkassi durchzuführen. Diese Verpflichtung betrifft ausschliesslich den Inkasso-Auftrag; die Art und Weise der Durchführung steht in seinem Ermessen. Er ist der Stiftung gegenüber jedoch nach Auftragsrecht haftbar, falls diese von ihrem Auftraggeber zur Verantwortung gezogen werden sollte. 1.2 In bezug auf die weiteren Fälle, namentlich die Prozessvertretungen, die aussergerichtlichen Vertretungen und die rechtlichen Beratungen steht dem MPB weder ein Weisungs- noch ein Akteneinsichtsrecht zu. Herr C. hat keine Rechenschaftspflicht. Er bearbeitet diese Geschäfte somit unabhängig, unter eigenem Namen und auf eigene Verantwortung. 1.3 Herr C. entscheidet vollständig frei darüber: a) ob er überhaupt einen Prozess einleiten will b) ob er für seine Klientschaft ein UP-Gesuch einreichen will c) wie im Vergleichsfall die Kostenliquidation zu erfolgen hat d) ob er einen gerichtlichen Entscheid betreffend Prozesskosten annehmen oder anfechten will 2. Der Lohn von Herrn C. setzt sich folgendermassen zusammen: a) Entschädigungen, die Herr C. auf Grund der Bestimmungen über die unentgeltliche Prozessführung zugute hat, sowie diejenigen, die die von Herrn C. vertretene Partei von der Gegenpartei verlangen kann. b) Zusätzlich zu diesen Einnahmen garantiert das MPB Herrn C. ein monatliches Nettoeinkommen von Fr. ... (Nettoeinkommen - Entschädigungen = jeweiliger Lohn von Herrn C.). Das MPB behält sich vor, einer Person, die von Herrn C. BGE 113 Ia 279 S. 281 vertreten sein will, die Übernahme der Anwaltskosten von Herrn C. zu verweigern. Allerdings steht es Herrn C. frei, solche Fälle auf eigene Rechnung zu übernehmen, soweit dadurch seine Tätigkeit gemäss vorliegendem Vertrag nicht beeinträchtigt wird. ... 4. Der Beschäftigungsgrad von Herrn C. beträgt 75%. Somit hat er eine wöchentliche Präsenzzeit (inkl. Vertretungen vor Gericht) von 33 Stunden einzuhalten. Ausserhalb der Tätigkeit im Rahmen von 75% für die Stiftung, steht es Herrn C. frei, weitere Fälle auf eigene Rechnung zu übernehmen. ..." Hinsichtlich der Verpflichtung zur Durchführung von Alimenteninkassi (Ziff. 1.1, letzter Absatz des Vertrags) handelt es sich nach den übereinstimmenden Erklärungen der Vertragsparteien ausschliesslich um Fälle der den Gemeinden obliegenden unentgeltlichen Hilfe bei der Vollstreckung von Unterhaltsansprüchen, die gemäss Art. 1 Abs. 2 des bernischen Gesetzes über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder vom 6. Februar 1980 gemeinnützigen Stellen übertragen werden können (nachfolgend: Alimenteninkassi für Gemeinden). Nach Durchführung eines von Amtes wegen eröffneten Disziplinarverfahrens erteilte die Anwaltskammer des Kantons Bern Fürsprecher C. mit Entscheid vom 5. Dezember 1986 einen Verweis wegen Verletzung von Art. 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 17 Abs. 1 des bernischen Gesetzes über die Fürsprecher vom 6. Februar 1984 (Fürsprechergesetz) und wegen Verstosses gegen die Standesregeln des bernischen Anwaltsverbandes vom 22. Oktober 1938. Die Anwaltskammer sieht das Gebot der Unabhängigkeit (Art. 9 Abs. 1 Fürsprechergesetz) durch die uneingeschränkte vertragliche Verpflichtung zur Rechtsberatung und zur Durchführung von Alimenteninkassi für Gemeinden verletzt. Weiter widerspreche es dem Gebot des vertrauenswürdigen Verhaltens (Art. 8 Abs. 1 Fürsprechergesetz), wenn Fürsprecher C. Gericht und Gegenpartei die seinen Klienten zugesicherte Unentgeltlichkeit verschweige, regelmässig die unentgeltliche Prozessführung beantrage und Parteikostenentschädigungen einkassiere. In der Unentgeltlichkeit liege sodann ein Verstoss gegen das Verbot, die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich zu nehmen (Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz), und schliesslich verletze Fürsprecher C. auch das Verbot der Beteiligung am Prozessergebnis (Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz), weil er einen BGE 113 Ia 279 S. 282 allfälligen Überschuss von Parteikostenentschädigungen und Zahlungen aus unentgeltlicher Prozessführung über die monatliche Pauschalentschädigung von Fr. ... hinaus für sich beanspruchen könne. Das Bundesgericht heisst eine gegen den Entscheid der Anwaltskammer des Kantons Bern erhobene staatsrechtliche Beschwerde gut aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts steht der Anwalt unter dem Schutz der in Art. 31 BV gewährleisteten Handels- und Gewerbefreiheit, ebenso wie die Inhaber der anderen liberalen Berufe und wie alle übrigen Personen, die einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit nachgehen ( BGE 112 Ia 319 mit Hinweisen). Geschützt ist sowohl die selbständige wie die unselbständige Ausübung des Berufs ( BGE 112 Ia 319 ; BGE 106 Ia 363 ; BGE 100 Ia 175 ; BGE 84 I 21 ). Die Kantone können Vorschriften über die Ausübung von Handel und Gewerben erlassen, die jedoch den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen dürfen ( Art. 31 Abs. 2 BV ). Handel und Gewerbe einschränkende Massnahmen müssen auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein überwiegendes öffentliches Interesse gerechtfertigt sein und sich entsprechend dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit auf das beschränken, was zur Verwirklichung der vom öffentlichen Interesse verfolgten Ziele notwendig ist ( BGE 112 Ia 320 mit Hinweisen). Unzulässig sind wirtschaftspolitische und standespolitische Massnahmen, die den freien Wettbewerb zur Sicherung oder Förderung gewisser Formen der Erwerbstätigkeit behindern und lediglich der Abschirmung gegen Konkurrenz dienen ( BGE 111 Ia 186 ; BGE 105 Ia 71 /72). 2. Nach Art. 9 Abs. 1 Fürsprechergesetz übt der Fürsprecher seinen Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus. Die Anwaltskammer erachtet das Unabhängigkeitsgebot als verletzt, weil sich der Beschwerdeführer vertraglich gegenüber der Schweiz. Stiftung MPB zu einer ersten rechtlichen Beratung der ihm zugewiesenen Klienten und zur Durchführung von Alimenteninkassi für Gemeinden verpflichtet hat. a) Der Beschwerdeführer rügt die Vertragsauslegung durch die Anwaltskammer als willkürlich, wonach er auch in Fällen tätig werden BGE 113 Ia 279 S. 283 müsse, in denen er bereits die Gegenpartei vertreten hat, oder in denen sonstwie eine Interessenkollision vorliegt. Die Rüge ist begründet. Verträge sind nach dem übereinstimmenden inneren Willen der Vertragsparteien, wo ein solcher nicht feststellbar ist, nach dem Vertrauensgrundsatz auszulegen ( BGE 111 II 293 , 457). Wie auch die Anwaltskammer im angefochtenen Entscheid festgestellt hat, verweist der Beschwerdeführer Klienten im Falle einer Interessenkollision an andere Anwälte. Das korrekte Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, wie er den Vertrag in Übereinstimmung mit der Schweiz. Stiftung MPB verstanden hat. In deren Interesse als sozialer Institution, die lediglich Bedürftigen helfen will, läge es offensichtlich nicht, wenn der Beschwerdeführer auch in Fällen eigener Befangenheit tätig würde. b) Ist der Vertrag willkürfrei so zu verstehen, dass der Beschwerdeführer nur dann zur Rechtsberatung und zur Durchführung von Alimenteninkassi für Gemeinden verpflichtet ist, wenn keine Interessenkollision irgendwelcher Art vorliegt, ist nicht ersichtlich, worin sonst ein Verstoss gegen das Unabhängigkeitsgebot im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Fürsprechergesetz erblickt werden könnte. Die Art und Weise der Durchführung der Mandate hat sich der Beschwerdeführer ausdrücklich vorbehalten, und es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass er diesbezüglich irgendwelchen Weisungen unterläge. Dem Unabhängigkeitsgebot ist Genüge getan. Die gegenteilige Annahme der Anwaltskammer erweist sich als unhaltbar. 3. Die Anwaltskammer sieht das Gebot der Vertrauenswürdigkeit verletzt (Art. 8 Abs. 1 Fürsprechergesetz), weil die Schweiz. Stiftung MPB den Klienten Unentgeltlichkeit zusichere und der Beschwerdeführer gleichwohl gegenüber dem Gericht die unentgeltliche Prozessführung beantrage und der Gegenpartei gegenüber Parteikostenentschädigungen geltend mache. Die Anwaltskammer geht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, der Beschwerdeführer verschweige Gericht und Gegenpartei die Unentgeltlichkeit seiner Tätigkeit für die Klienten. Indessen führt der Beschwerdeführer auf seinem Briefkopf an, dass er die Rechtsberatungsstelle der Schweiz. Stiftung MPB leitet. Es ist allgemein bekannt, dass soziale Institutionen Bedürftigen ihre Dienste gratis oder doch zu günstigen Tarifen zur Verfügung stellen. Weder ein Gericht noch eine Gegenpartei können ernsthaft annehmen, der als solcher bezeichnete Anwalt einer sozialen Institution fordere von Bedürftigen ein Honorar, das sich durch nichts von einem BGE 113 Ia 279 S. 284 üblichen Anwaltshonorar unterscheidet. Soweit die Anwaltskammer dem Beschwerdeführer diesbezüglich Täuschung vorwirft, ist sie in Willkür verfallen. Im übrigen sichert die Schweiz. Stiftung MPB nicht bedingungslos Unentgeltlichkeit zu. Sie übernimmt die Anwaltskosten lediglich bei Bedürftigkeit. Selbst die dem Bedürftigen gewährte Rechtsschutzgarantie kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass die Vertretungskosten im Falle des Unterliegens und der Verweigerung der unentgeltlichen Prozessführung übernommen werden. Die Schweiz. Stiftung MPB will doch weder die Gegenpartei noch den Staat entlasten. Vielmehr will sie dort einspringen, wo die Honorierung des Anwaltes weder über die unentgeltliche Prozessführung noch über die Parteikostenentschädigung erfolgen kann. Also stellt der Beschwerdeführer mit dahingehenden Anträgen keine Begehren, die vor der Rechtsordnung nicht zu verantworten wären. Vielmehr tut er dies mit gutem Recht. Die Annahme, er verletze diesbezüglich Berufspflichten, ist willkürlich. 4. Nach Auffassung der Anwaltskammer soll der Beschwerdeführer schliesslich gegen Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz verstossen haben, wonach jede Abrede verboten ist, den erstreitbaren Betrag ganz oder teilweise als Honorar zu beanspruchen, oder zum vorneherein die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf auf sich zu nehmen. a) Der Beschwerdeführer bezieht von der Schweiz. Stiftung MPB eine Pauschalentschädigung von Fr. ... monatlich. Die Einkünfte aus unentgeltlicher Prozessführung und aus Parteikostenentschädigungen, die diesen Betrag allenfalls übersteigen, kann er für sich behalten. Diese zusätzliche Entschädigung erachtet die Anwaltskammer als ein mit Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz unvereinbares Erfolgshonorar. Ob eine solche Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts mit dem Willkürverbot vereinbar ist, kann offengelassen werden. Jedenfalls kann dafür kein überwiegendes öffentliches Interesse namhaft gemacht werden. Die Abrede eines Erfolgshonorars kann aus zwei Gründen problematisch sein: Einerseits besteht die Gefahr, dass der Anwalt, der die Prozessaussichten besser als sein Klient beurteilen kann, diesen übervorteilt. Anderseits könnte der Anwalt seine Unabhängigkeit verlieren, wenn er am Prozessergebnis über die Erfolgsabrede persönlich interessiert ist (DUBACH, Das Disziplinarrecht der freien Berufe, in: ZSR 70/1951 S. 55 a; WOLFFERS, Der Rechtsanwalt in der Schweiz, Diss. Bern 1986, S. 165 ff.). Die genannten BGE 113 Ia 279 S. 285 Gefahren bestehen bei der vom Beschwerdeführer verabredeten Entschädigungsordnung indessen nicht. Die Klienten sind durch die interne Abmachung zwischen der Schweiz. Stiftung MPB und dem Beschwerdeführer ohnehin nicht betroffen, während es sich hinsichtlich der Aussicht auf erhöhten Verdienst bei vermehrter Prozessführung vorliegend nicht anders verhält als bei jedem anderen Anwalt. Aus der monatlichen Pauschalentschädigung ergibt sich gar ein gewisser wirtschaftlicher Schutz, der sich zugunsten der Unabhängigkeit des Anwaltes auswirkt (WOLFFERS, a.a.O., S. 60). Die vom Beschwerdeführer und der Schweiz. Stiftung MPB getroffene Entschädigungsordnung gefährdet jedenfalls die Unabhängigkeit des Anwaltes nicht. Der Vorwurf des Verstosses gegen das Verbot des Erfolgshonorars hält vor der Handels- und Gewerbefreiheit nicht stand. b) Schliesslich erachtet die Anwaltskammer Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz als verletzt, weil der Beschwerdeführer die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich nehme. Diese Annahme ist insofern aktenwidrig, als nicht er, sondern die Schweiz. Stiftung MPB Bedürftigen Unentgeltlichkeit zusichert. Der Beschwerdeführer selber bezieht, wie dargelegt, grundsätzlich eine Pauschalentschädigung. Inwiefern er bei dieser Sachlage gegen Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz verstossen soll, ist nicht ersichtlich. Die Anwaltskammer scheint zwar das Verbot, die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich zu nehmen, dahin auslegen zu wollen, dass auch eine soziale Institution nicht Unentgeltlichkeit versprechen darf. Ein solcher Sinngehalt der Norm ist indessen mit der Handels- und Gewerbefreiheit nicht vereinbar, weil er nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das öffentliche Interesse rechtfertigt allenfalls ein Verbot gegenüber dem Anwalt selbst, unentgeltlich tätig zu werden und lediglich bei Obsiegen von der Gegenpartei die Parteikostenentschädigung zu beziehen, da dies seine Unabhängigkeit insofern tangieren könnte, als er am Prozessausgang persönlich interessiert ist. So aber verhält es sich gerade nicht, wenn der Beschwerdeführer von der Schweiz. Stiftung MPB für seine Tätigkeit auch bei Unterliegen entschädigt wird. Soweit die Anwaltskammer die unentgeltliche Rechtsberatung und Vertretung generell verhindern will, weil diese "auf lange Sicht dem freien Berufsstand des Rechtsanwaltes den Boden" entziehe, vertritt sie rein standespolitische Interessen, die mit der Handels- und BGE 113 Ia 279 S. 286 Gewerbefreiheit nicht vereinbar sind. Die unentgeltliche Rechtsberatung liegt im übrigen ihrerseits im öffentlichen Interesse. Es geht nicht an, dass solche Bemühungen Privater über die staatliche Disziplinaraufsicht verhindert werden. Dies gilt auch für die von der Schweiz. Stiftung MPB über die eigentliche Rechtsberatung hinaus gewährte Unentgeltlichkeit bei der Vertretung im Prozess, denn es liegt auf der Hand, dass es im Grenzbereich zur vom Staat gewährten unentgeltlichen Prozessführung Personen gibt, für die gerade bei kleinem Streitwert der Beizug eines Anwalts unerschwinglich ist. Die Tätigkeit der Schweiz. Stiftung MPB stellt daher eine im öffentlichen Interesse liegende Ergänzung zur staatlichen unentgeltlichen Prozessführung dar.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1a56bd24-8637-4105-a512-b0f2a5cad49f
Urteilskopf 94 II 88 13. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Februar 1968 i.S. X gegen X.
Regeste Verfügung von Todes wegen; Auflage ( Art. 482 ZGB ). Begriff der Auflage; Unwirksamkeit einer Anordnung, die überhaupt nicht Inhalt einer Verfügung von Todes wegen sein kann. Fall einer Testamentsbestimmmmung, die einen Erben von jeder Betätigung in der Leitung der Gesellschaften ausschliesst, deren Aktien der Erblasser besessen hatte. Hinfall einer Auflage wegen Eintritts von Verhältnissen, unter denen sie ihrem Sinne nach nicht gelten kann.
Sachverhalt ab Seite 88 BGE 94 II 88 S. 88 Gekürzter Tatbestand: A.- Der am 13. Oktober 1956 gestorbene Industrielle G. X hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau und die drei Söhne Fritz, Willi und Hans. Zum Nachlass gehörten alle BGE 94 II 88 S. 89 500 Inhaberaktien der Z AG, einer Holdinggesellschaft, die u.a. das ganze Aktienkapital der Z-Fabrik AG besass. Am 12. Januar 1956 hatte der Erblasser ein Testament errichtet, das u.a. vorsah, das in der Z AG vorhandene Vermögen solle zehn Jahre vom Tode des zuletzt sterbenden Ehegatten an "in ungeteilter Erbengemeinschaft zusammen" bleiben und der ganze - bei seiner Bank hinterlegte - Aktienbesitz der Z AG sei nach seinem Tode sofort zu sperren (Ziff. VI). Ziffer VII lautet: "Meinen Sohn Willi schliesse ich von der Leitung der Z-Gesellschaften aus. Es darf ihm auch kein Einfluss auf die Geschäftsgebarung eingeräumt werden. Es ist insbesondere mein Wille, dass Willi X keinerlei Funktion in den Verwaltungsräten sowie in der Geschäftsleitung dieser Gesellschaften bekommt und dass er sich auch jeder sonstigen direkten oder indirekten Einflussnahme auf die genannten Betriebe enthält. Mein Sohn Fritz soll nach meinem Ableben in den Verwaltungsrat der Z AG eintreten..." Zur Willensvollstreckerin, die bis zum Ablauf der zehnjährigen "Sperrfrist" amten sollte, ernannte der Erblasser seine Bank (Ziff. VIII). Zur Vermeidung von Differenzen sollten sich die Erben bei der Testamentseröffnung unterschriftlich mit seinen Anordnungen einverstanden erklären (Ziff. VIII). B.- Bei einer Besprechung vom 21. Januar 1957, an der die Erben und die Willensvollstreckerin teilnahmen, wurde die vom Erblasser verfügte Sperre der wichtigsten Nachlasswerte zeitlich wie folgt begrenzt: "1. Die testamentarische Sperre dauert in jedem Falle an, bis mindestens ein Jahr nach dem Ableben von Frau X verstrichen sein wird; 2. nach Ablauf des in Ziffer 1 definierten Zeitraums dauert die Sperre noch solange, bis zehn Jahre seit dem Tode von Herrn X verstrichen sind." Hierauf erklärten alle Erben schriftlich "die Annahme" des so abgeänderten Testaments. C.- Die Witwe des Erblassers starb am 29. März 1960. Die Bank erstellte hierauf am 23. Juli 1960 für den Nachlass des Erblassers eine auf den 31. März 1960 abgeschlossene Teilungsrechnung. Jeder der drei Söhne erhielt darnach u.a. 166 2/3 Aktien der Z AG im Anrechnungswert von je Fr. 783.333.34, die bis zum 13. Oktober 1966 in einem auf den Namen des Erben lautenden Depot bei der Bank zu bleiben hatten. Jedem Erben wurde ein Depotschein ausgestellt. BGE 94 II 88 S. 90 Am 18. Oktober 1960 fand eine Generalversammlung der Z AG statt, an der die Depotscheine als Stimmrechtsausweise vorgewiesen wurden. Dabei wurde u.a. Fritz X zum Präsidenten des Verwaltungsrats gewählt, Hans X dagegen als Mitglied des Verwaltungsrats nicht wiedergewählt. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage, mit der Hans X diese Beschlüsse anfocht, am 2. März 1961 ab. D.- Am 29. März 1965 wurde Willi X, der inzwischen die Aktien seines Bruders Fritz erworben hatte und damit in den Besitz von zwei Dritteln aller Aktien der Z AG gelangt war, zum Mitglied und Präsidenten des Verwaltungsrats dieser Gesellschaft gewählt. Hans X klagte am 29. Mai 1965 auf Ungültigerklärung dieses Beschlusses, weil sein Bruder Willi urteilsunfähig sei. Das Handelsgericht des Kantons Zürich wies die Klage am 7. März 1967 ab. Im April 1965 war Willi X auch zum Präsidenten der Z-Fabrik AG gewählt worden. E.- Am 15. Juni 1965 reichte Hans X gegen seinen Bruder Willi beim Bezirksgericht Zürich eine weitere Klage ein, mit der er verlangte, der Beklagte sei zu verpflichten, jegliche Betätigung in der Leitung und Geschäftsführung der Z AG und der Z-Fabrik AG zu unterlassen und aus dem Verwaltungsrat dieser beiden Gesellschaften sofort zurückzutreten. Er stützte sich dabei auf Abschnitt VII des Testaments vom 12. Januar 1956. Das Bezirksgericht hiess die Klage am 8. Dezember 1966 gut. Es nahm an, die umstrittene Testamentsbestimmung enthalte eine Auflage im Sinne von Art. 482 Abs. 1 ZGB , deren Gültigkeit nicht mehr zu prüfen sei, da der Beklagte das Testament schriftlich angenommen und sich damit der Möglichkeit begeben habe, die Ungültigkeit der Auflage später einredeweise geltend zu machen. Das Obergericht des Kantons Zürich, an das der Beklagte appellierte, wies die Klage am 9. Juni 1967 ab, im wesentlichen mit der Begründung, die den Beklagten nach Ziffer VII des Testaments treffende Auflage, sich nicht in den Verwaltungsrat zu wählen, eine allfällige Wahl abzulehnen und sich auch sonst jeder Einflussnahme auf den Betrieb zu enthalten, sei grundsätzlich zulässig, da das gleiche Ergebnis auch durch Abstimmungsvereinbarungen in Aktionärbindungsverträgen herbeigeführt werden könnte; die Gutheissung einer Klage auf Vollzug BGE 94 II 88 S. 91 der Auflage greife nicht in die Rechte der Aktiengesellschaft ein, sondern wirke nur gegenüber dem Belasteten; durch die Annahme des Testaments habe der Beklagte darauf verzichtet, klage- oder einredeweise geltend zu machen, die Auflage greife zu stark in seine wirtschaftliche Freiheit ein; es frage sich jedoch, ob der Erblasser die Auflage auch für den Fall erlassen habe, dass der Beklagte nach der Teilung des Nachlasses Mehrheitsaktionär der Z AG sei; aus dem Testament lasse sich nicht herauslesen, der Beklagte dürfe allgemein sein Stimmrecht nicht ausüben; er dürfe nur nicht für seine Wahl als Verwaltungsrat stimmen; die Auflage, keine leitende Funktion zu übernehmen und keinen Einfluss auf den Betrieb auszuüben, sei sinnvoll, wenn der Beklagte Minderheitsaktionär sei; er könne dann den Betrieb nur zusammen mit andern Minderheitsaktionären beeinflussen; wenn der Beklagte in der Z AG die Mehrheit und sogar die aktienrechtlich bedeutsame Zweidrittelsmehrheit innehabe und mit seinen Stimmen folglich diese Gesellschaft und damit auch die Z-Fabrik AG in jeder Hinsicht beherrsche, lasse sich die Auflage dagegen nicht durchsetzen; sie stehe in diesem Fall in unverträglichem Widerspruch mit den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, mit der Wirklichkeit; es seien auch Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass der Erblasser nicht beabsichtigt habe, eine Regelung für den Fall zu treffen, dass der Beklagte wider Erwarten Mehrheitsaktionär werden sollte; die Auflage gelte daher nicht für diese neue Lage. Das Bundesgericht weist die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 6. Nach Art. 482 Abs. 1 ZGB kann der Erblasser seinen Verfügungen Auflagen oder Bedingungen anfügen, deren Vollziehung, sobald die Verfügung zur Ausführung gelangt ist, jedermann verlangen kann, der an ihnen ein Interesse hat. Unsittliche oder rechtswidrige Auflagen und Bedingungen machen die Verfügung nach Art. 482 Abs. 2 ungültig. Sind sie lediglich für andere Personen lästig, oder sind sie unsinnig, so werden sie als nicht vorhanden betrachtet (Art. 482 Abs. 3). Das Gesetz umschreibt den Begriff der erbrechtlichen Auflage nicht. Lehre und Rechtsprechung verstehen darunter eine Art der Verfügung von Todes wegen, die einen gesetzlichen oder eingesetzten Erben oder einen Vermächtnisnehmer verpflichtet, BGE 94 II 88 S. 92 zu einem bestimmten Zweck etwas zu tun oder zu unterlassen, durch diese Verpflichtung aber (im Unterschied zu einem Vermächtnis) nicht ein Forderungsrecht eines Berechtigten, sondern nur einen Anspruch der interessierten Personen auf Vollziehung begründet (ESCHER, 3. Aufl., N. 13, und TUOR, 2. Aufl., N. 6 zu Art. 482 ZGB ; vgl. BGE 76 II 206 ). Gegenstand einer Auflage kann nach BGE 87 II 359 alles sein, was als Gegenstand einer Schuldverpflichtung in Frage kommen kann. Diese Umschreibung ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht zu eng, da sie nicht besagt, dem Begünstigten müsse ein vermögensrechtlicher Vorteil zukommen. Sie bedeutet namentlich auch nicht, Gegenstand einer Auflage könne nur eine Verpflichtung sein, deren Verletzung den Belasteten schadenersatzpflichtig machen würde, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint. Auflage und schuldrechtliche Verpflichtung gleichen sich nur hinsichtlich des Inhalts der Leistung, nicht auch hinsichtlich der Folgen des Nichterbringens dieser Leistung. Da die Auflage im Sinne von Art. 482 ZGB keine Forderung begründet, lässt ihre schuldhafte Nichterfüllung keinen Schadenersatzanspruch entstehen, sondern können die Interessenten, wie gesagt, nur auf Vollziehung klagen (TUOR N. 18, ESCHER N. 22 zu Art. 482 ZGB ). Die Testamentsbestimmung (Ziffer VII), die nach der Auffassung des Klägers eine Auflage zulasten des Beklagten enthält, ordnet in erster Linie an, dass dem Beklagten in den Z-Gesellschaften keine leitende Funktion übertragen werden darf, m.a.W. dass die für die Bestellung der Verwaltung zuständigen Personen, also die Träger des Stimmrechts aus den Aktien, dies nicht tun dürfen. Sie steht zwischen den Bestimmungen über Aufschub der Teilung sowie die Sperre der Z-Aktien (Ziffer VI) und jenen über die Einsetzung einer Willensvollstreckerin für die ganze Dauer der zehnjährigen Sperrfrist (Ziffer VIII). Man kann sich daher fragen, ob die streitige Bestimmung nur für die Dauer der Verwaltung der Aktien durch die Willensvollstreckerin gelte und demgemäss nur eine Weisung an diese für die ihr obliegende Ausübung des Stimmrechts enthalte, also nicht bezwecke, daneben für die Folgezeit eine Verpflichtung der Erben zu einem bestimmten Verhalten zu begründen. Da der Kläger durch seine Zustimmung zur Abkürzung der testamentarischen Sperrfrist und zur vorzeitigen Teilung der Aktien der Z AG dazu beigetragen hat, dass die Absichten des Erblassers in wesentlichen Punkten durchkreuzt wurden, kann BGE 94 II 88 S. 93 sich auch fragen, ob der Kläger noch ein schützenswertes Interesse daran habe, die Vollziehung von testamentarischen Anordnungen zu verlangen, die mit den unter seiner Mitwirkung ausser Kraft gesetzten Testamentsbestimmungen eng zusammenhängen. Diese Fragen brauchen jedoch nicht abschliessend geprüft zu werden, weil die Klage auf jeden Fall aus andern Gründen abzuweisen ist. 7. Der in BGE 87 II 359 ausgesprochene Grundsatz, wonach alles, was als Gegenstand einer Schuldverpflichtung in Betracht kommen kann, auch Gegenstand einer Auflage sein kann, gilt nicht ohne Vorbehalt. Vielmehr unterliegt er - was im Falle BGE 87 II 359 nicht besonders hervorgehoben zu werden brauchte - den Beschränkungen, die sich daraus ergeben, dass die Auflage eine Art der Verfügung von Todes wegen ist. Art. 481 ZGB , der laut Randtitel von den Verfügungsarten "Im allgemeinen" handelt, erlaubt dem Erblasser, in den Schranken der Verfügungsfreiheit "über sein Vermögen" zu verfügen. Der Erblasser kann daher durch eine Auflage im Sinne von Art. 482 ZGB nicht beliebige Verpflichtungen der Erben oder Vermächtnisnehmer begründen, sondern nur solche, die sich auf das ihnen zufallende Vermögen, und zwar auf dessen Verwendung (oder Nichtverwendung) zu bestimmten Zwecken beziehen (vgl. TUOR N. 6 der Vorbemerkungen zu Art. 481 ff. ZGB , wonach die Auflage zu den Bestimmungen gehört, die sich auf die "Nachfolge in die Hinterlassenschaft" beziehen, und ESCHER N. 4 der Einleitung zu Art. 481 ff. ZGB , wo die Auflage zu den Verfügungen gerechnet wird, die den "Verbleib des Vermögens" materiell regeln; die Bemerkung ESCHERS in N. 13 zu Art. 482, bei der Auflage handle es sich darum, dass ein erbschaftlich Begünstigter das Selbstempfangene in bestimmter Weise verwenden "oder dafür etwas leisten" soll, ginge zu weit, falls mit diesem letzten Ausdruck etwas anderes gemeint sein sollte, als dass der Begünstigte etwas leisten soll, wozu ihn das Empfangene in den Stand setzt). Anordnungen, die den Erben oder Vermächtnisnehmern eine ausserhalb dieses Rahmens liegende Verpflichtung mit schuldrechtlichem Inhalt auferlegen, können überhaupt nicht Inhalt einer Verfügung von Todes wegen sein. In einem solchen Falle liegt nicht ein Ungültigkeitsgrund im Sinne von Art. 482 Abs. 2 ZGB vor, sondern eine Anordnung dieser Art ist schlechthin unwirksam, was der BGE 94 II 88 S. 94 Betroffene durch Feststellungsklage oder durch Einrede jederzeit geltend machen kann (vgl. TUOR N. 7-12, ESCHER N. 2 der Vorbemerkungen zu Art. 519-521 ZGB ; BGE 81 II 27 Erw. 4, BGE 89 II 184 a.E., BGE 90 II 480 Erw. 2 a.E., BGE 91 II 268 /69). Die vom Kläger aus Ziffer VII des Testaments abgeleitete Verpflichtung des Beklagten, sichjeder Betätigung in der Leitung und Geschäftsführung der Z-Gesellschaften zu enthalten und namentlich nicht als Mitglied des Verwaltungsrats dieser Gesellschaften zu amten, geht über den erwähnten Rahmen hinaus. Sie verbietet dem Beklagten nicht bloss eine bestimmte Verwendung der ererbten Aktien, sondern hindert ihn an einer wirtschaftlichen Tätigkeit, zu der er auch unabhängig vom Besitz der durch Erbgang an ihn gelangten Aktien berufen werden könnte. Es handelt sich also um eine Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit im allgemeinen. Ein solcher Eingriff in die persönlichen Rechte eines Erben kann nicht Gegenstand einer Auflage oder einer andern Art der Verfügung von Todes wegen sein. Auf jeden Fall konnte eine Verfügung des Erblassers den Beklagten in seiner Eigenschaft als Besitzer der Aktien, die er nicht ererbt, sondern seinem Bruder Fritz abgekauft hatte, nicht in der angegebenen Weise in seinen wirtschaftlichen Betätigungsmöglichkeiten einschränken. Soweit Ziffer VII des Testaments eine dahin gehende Anordnung enthalten sollte, wäre diese Testamentsbestimmung also unwirksam. Ob der Beklagte durch einen sog. Aktionärbindungsvertrag dauernd von der Leitung der Z-Gesellschaften ausgeschlossen werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Auch wenn das möglich wäre, wie die Vorinstanz annimmt, bliebe es dabei, dass eine solche Anordnung nicht Inhalt einer erbrechtlichen Auflage sein kann. Der Umstand, dass der Beklagte seinerzeit wie die andern Erben die "Annahme" des Testaments erklärt hat, hindert ihn nicht, sich auf die Unwirksamkeit einer Bestimmung zu berufen, die überhaupt nicht Inhalt einer Verfügung von Todes wegen sein kann. In jener "Annahme" lag höchstens ein Verzicht auf die Ungültigkeits- und Herabsetzungsklage und -einrede im Sinne von Art. 519 ff. ZGB , die hier nicht in Frage stehen. Die Klage ist daher wegen Unwirksamkeit der behaupteten Auflage abzuweisen. 8. Der Vorinstanz ist im übrigen darin beizustimmen, dass die nach der Auffassung des Klägers durch Ziffer VII begründete BGE 94 II 88 S. 95 Verpflichtung des Klägers, sich in den Z-Gesellschaften einer leitenden Funktion zu enthalten, heute nicht mehr gälte, selbst wenn sie Gegenstand einer Auflage im Sinne von Art. 482 ZGB sein könnte. Wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, lässt sich aus dem Testament nicht herauslesen, der Erblasser habe den Beklagten nicht nur von einer leitenden Stellung in den Z-Gesellschaften, sondern sogar von der Ausübung des Stimmrechts aus den ihm zufallenden Aktien ausschliessen wollen. Eine so einschneidende Verfügung hätte ausdrücklich getroffen werden müssen. (Die Gültigkeit einer solchen Verfügung wäre übrigens zweifelhaft, da ein dauerndes Verbot, vom Stimmrecht aus den eigenen Aktien Gebrauch zu machen, die wirtschaftliche Freiheit des Beklagten ähnlich wie ein absolutes Veräusserungsverbot - vgl. hiezu TUOR N. 6 a.E. und 28a, ESCHER N. 13 zu Art. 482 ZGB - sehr stark einengen würde und mangels einer Bestimmung darüber, wer nach dem Wegfall der Willensvollstreckung das Stimmrecht aus den Aktien des Beklagten ausübe, auch das normale Funktionieren der Gesellschaften beeinträchtigen könnte. Die Einrede, das dauernde Verbot der Ausübung des Stimmrechts sei aus diesen Gründen ungültig, könnte vom Beklagten trotz der "Annahme" des Testaments erhoben werden, da die Zustimmung zu einer rechts- oder sittenwidrigen Bestimmung ihrerseits rechts- oder sittenwidrig und daher nach Art. 20 OR nichtig ist.) Seit dem Kauf der Aktien seines Bruders Fritz verfügt der Beklagte in den Z-Gesellschaften dank seinem Stimmrecht über eine solche Macht, dass die Anordnung des Erblassers, er habe sich jeder Einflussnahme auf den Betrieb dieser Unternehmen zu enthalten, nicht mehr durchgesetzt werden kann. Mit einer solchen Änderung der Besitz- und Machtverhältnisse hatte der Erblasser offensichtlich nicht gerechnet. Er verliess sich zweifellos darauf, dass die Brüder des Beklagten in Befolgung seines klaren Willens und in ihrem eigenen Interesse den Beklagten von der Leitung der genannten Gesellschaften fernhalten würden, wozu sie ohne weiteres in der Lage waren, solange sie zusammen über zwei Drittel der Aktien der Z-AG verfügten. Er hielt zwar Meinungsverschiedenheiten über Inhalt und Auslegung seiner Anordnungen über sein Vermögen für möglich und traf für diesen Fall in Ziffer VIII des Testaments gewisse Vorkehren. Er rechnete dagegen nicht damit, dass sich BGE 94 II 88 S. 96 die Erben und die Willensvollstreckerin über klare Bestimmungen einfach hinwegsetzen würden, wie es mehrfach geschehen ist. Die seit der Errichtung des Testaments eingetretene Entwicklung der Verhältnisse weicht also von den Erwartungen des Erblassers so sehr ab und vereitelt die Durchsetzung der Bestimmung, der Beklagte habe sich jeder Einflussnahme auf die Z-Betriebe zu enthalten, so gründlich, dass nicht angenommen werden kann, der Erblasser - ein erfahrener Geschäftsmann - habe die fragliche Anordnung auch für den Fall des Eintritts einer solchen Lage treffen wollen. Was er angeordnet hätte, wenn er mit einer derartigen Entwicklung gerechnet hätte, lässt sich nicht ermitteln. Aus diesen Gründen wäre die Klage abzuweisen, selbst wenn die behauptete Verpflichtung des Beklagten an sich Inhalt einer Auflage sein könnte.
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Urteilskopf 139 V 170 25. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. D. und F. gegen Gemeinde A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_77/2013 / 9C_78/2013 vom 11. April 2013
Regeste Art. 58 Abs. 1 ATSG ; Art. 21 ELG . Die örtliche Zuständigkeit richtet sich bei Leistungsstreitigkeiten grundsätzlich nach dem Wohnsitz der versicherten Person. Der Wohnsitz des Beschwerde führenden Dritten ist nur massgebend, wenn ein solcher der versicherten Person nicht besteht (E. 5.3).
Sachverhalt ab Seite 170 BGE 139 V 170 S. 170 A. D. (geboren 1997) und F. (geboren 1996) sind bevormundet und wohnen in einer Pflegefamilie in X./SZ. Ihr Vater, H., wohnhaft in A./ZH, bezieht eine Invalidenrente und zwei ausserordentliche BGE 139 V 170 S. 171 Kinderrenten. Mit Wirkung ab 1. Dezember 2004 sprach die Gemeinde A., Durchführungsstelle für Zusatzleistungen zur AHV/IV, D. und F. Zusatzleistungen zu. Am 15. März 2012 stellten D. und F. ein Gesuch auf höhere Zusatzleistungen mit der Begründung, der von ihrer Pflegefamilie im Kanton Schwyz erbrachte Betreuungsaufwand habe stark zugenommen. Mit Einspracheentscheiden vom 26. Juli 2012 verneinte die Durchführungsstelle einen Anspruch auf höhere Zusatzleistungen als Fr. 2'073.- resp. Fr. 2'071.- pro Monat. B. Auf die hiegegen erhobenen Beschwerden trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheiden vom 7. Dezember 2012 mangels örtlicher Zuständigkeit nicht ein und ordnete die Überweisung der Akten nach Eintritt der Rechtskraft an das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz zur Weiterbehandlung an. Ferner wies es die Gesuche von D. und F. um unentgeltliche Verbeiständung wegen Aussichtslosigkeit der Beschwerde ab. C. D. und F. lassen je mit einer separaten Eingabe Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen mit den Rechtsbegehren, der Nichteintretensentscheid sei aufzuheben und die Sache an das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich zur materiellen Behandlung der Beschwerde zurückzuweisen. Ferner sei ihnen in Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids für das kantonale Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtsvertretung zu gewähren. Schliesslich beantragen sie für das letztinstanzliche Verfahren die unentgeltliche Prozessführung und Verbeiständung. Das kantonale Gericht, die Gemeinde A. und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung. Das Bundesgericht heisst die vereinigten Beschwerden gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Beschwerde ist unter anderem zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen ( Art. 90 BGG ), sowie gegen selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit ( Art. 92 Abs. 1 BGG ). Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist laut Art. 93 Abs. 1 BGG die Beschwerde nur zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). BGE 139 V 170 S. 172 2.2 Selbstständig eröffnete Zwischenentscheide, mit denen das angerufene Gericht seine Zuständigkeit bejaht, sind nach Art. 92 BGG anfechtbar. Verneint hingegen das Gericht seine Zuständigkeit, erlässt es nicht einen Zwischenentscheid, sondern einen Nichteintretensentscheid, welcher einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG darstellt ( BGE 135 V 153 E. 1.3 S. 156). Ob der Entscheid allenfalls als Zwischenentscheid zu qualifizieren ist, wenn - wie hier - das angerufene Gericht in Anwendung von Art. 58 Abs. 3 ATSG (SR 830.1) die Sache zugleich an das seines Erachtens zuständige Gericht übermittelt, oder ob auch in diesem Fall von einem Endentscheid auszugehen ist, kann offenbleiben, da der Entscheid so oder anders selbstständig anfechtbar ist (Urteil 9C_1000/2009 vom 6. Januar 2010 E. 1.2 mit weiteren Hinweisen, in: SVR 2010 IV Nr. 40 S. 126; 8C_162/2010 vom 11. März 2011 E. 1.2). (...) 4. 4.1 Nach Art. 58 Abs. 1 ATSG (in Verbindung mit Art. 1 ELG [SR 831.30]) ist das Versicherungsgericht desjenigen Kantons zuständig, in dem die versicherte Person oder der Beschwerde führende Dritte zur Zeit der Beschwerdeerhebung Wohnsitz hat. Das kantonale Gericht hat in für das Bundesgericht verbindlicher Weise festgestellt, dass der Vater der beiden Beschwerde führenden Kinder im Kanton Zürich, Letztere im Kanton Schwyz Wohnsitz haben. 4.2 Das kantonale Gericht verneinte seine örtliche Zuständigkeit gestützt auf BGE 138 V 292 . Mit diesem Entscheid habe das Bundesgericht die Stellung des Kindes im EL-Verfahren gestärkt. Es sei daraus zu schliessen, dass das Kind zwar weiterhin nicht direkt anspruchsberechtigt sei, aber dennoch über eine eigene Beschwerdebefugnis verfüge. Dies rechtfertige es, dem Kind nicht nur ein eigenes Beschwerderecht zuzuerkennen, sondern an seinem Wohnsitz eine eigene Zuständigkeit zu begründen, was im Übrigen im Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes stehe, das nicht nur den Wohnsitz der versicherten Person, sondern auch denjenigen des Beschwerde führenden Dritten als massgebend erachtet. Dabei falle ins Gewicht, dass bei der hier in Frage stehenden gesonderten Berechnung des Anspruches das Gericht am Wohnsitz des Kindes einen näheren Bezug zur Beschwerde führenden Person habe. Zudem sei hier der Vater der Beschwerdeführenden auch gar nicht in das Verfahren miteinbezogen worden, seien ihm doch weder die Verfügung noch der BGE 139 V 170 S. 173 angefochtene Einspracheentscheid eröffnet worden. Das ELG sehe auch nicht vor, dass der Entscheid einer Gemeinde eines bestimmten Kantons die örtliche Zuständigkeit des entsprechenden Versicherungsgerichts nach sich ziehe. Da der Anspruch auf Zusatzleistungen vom Bundesrecht geregelt werde, habe die Gemeinde kein (finanzpolitisches) Interesse an der Beurteilung der Ansprüche durch das Gericht des eigenen Kantons. 4.3 Die Beschwerde führenden Kinder lassen zusammenfassend geltend machen, zwar bestimme Art. 58 ATSG tatsächlich, das Gericht am Wohnsitz der versicherten Person sei zuständig. Als versicherte Person im Sinne von Art. 58 ATSG sei hier aber der Vater der Beschwerde führenden Kinder zu verstehen, welcher Wohnsitz im Kanton Zürich habe. Die Kinder seien gar nicht selber versicherte Person. In Fällen von Drittbeschwerdebefugnissen werfe die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit besondere Probleme auf (Hinweis auf UELI KIESER, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 10 zu Art. 58 ATSG ). Der Wortlaut von Art. 58 Abs. 1 ATSG lasse für die Ordnung der örtlichen Zuständigkeit eine Parallelität der Anknüpfung an die Wohnsitze der versicherten Person oder der Drittperson erkennen. Mit der Bestimmung, welche die Regelung von aArt. 86 Abs. 3 KVG übernommen habe, habe am bestehenden Rechtszustand nichts geändert werden sollen (Hinweis auf das Protokoll der nationalrätlichen Subkommission ATSG vom 3./4. September 1998, S. 17; Bericht der Kommission des Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999, BBl 1999 4621 zu Art. 64 E-ATSG). Nach der bisherigen Rechtsprechung strebte der Gesetzgeber nicht eine Ausweitung der Anknüpfungstatbestände auf andere Beteiligte an, sondern wollte - bei Leistungsstreitigkeiten - eine einheitliche Anknüpfung am Wohnsitz der versicherten Person schaffen. Damit werde dem Gedanken Rechnung getragen, dass sich sinnvollerweise diejenigen Gerichte mit einer Streitigkeit befassen sollten, die dem zu beurteilenden Sachverhalt am nächsten stünden (Hinweis auf KIESER, a.a.O., N. 11 zu Art. 58 ATSG mit Hinweisen). Dass der Gesetzgeber von dieser, einen einheitlichen Gerichtsstand auf kantonaler Ebene festlegenden Rechtsprechung nicht abweichen wollte, werde daran erkennbar, dass er in Art. 58 Abs. 1 ATSG auf den "Wohnsitz" (und nicht etwa auf den Sitz einer Amtsstelle) Bezug genommen habe. Er habe offensichtlich festlegen wollen, dass jedenfalls dasjenige Gericht örtlich zuständig sei, das einen besonderen Bezug zur Beschwerde führenden natürlichen Person habe (Hinweis auf KIESER, a.a.O., N. 11 Abs. 2 zu Art. 58 ATSG ). Es sei also mit KIESER BGE 139 V 170 S. 174 davon auszugehen, dass - jedenfalls bei Leistungsstreitigkeiten - zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Wohnsitz der Beschwerde führenden Drittperson nur dann von Belang sei, wenn ein solcher der versicherten Person nicht bestehe. Dies verhalte sich etwa so, wenn der Anspruch auf Versicherungsleistungen der Hinterlassenen strittig sei. Der "besondere Bezug" ergebe sich auch aus folgenden Überlegungen: Zuständig für die Ausrichtung der Ergänzungsleistung (EL) sei hier unbestrittenermassen der Kanton Zürich. Weil die Zuständigkeit der Behörde sich also ebenfalls nach dem Kriterium des Wohnsitzes richte (Hinweis auf Art. 21 Abs. 1 ELG ), könne für die Ausrichtung der EL bzw. für die Beurteilung einer Beschwerde gegen einen Entscheid der EL-Behörde gar kein unterschiedlicher Kanton bzw. ein anderes Versicherungsgericht zuständig sein. Schliesslich sei dem Gedanken Rechnung zu tragen, dass sich sinnvollerweise diejenigen Gerichte mit einer Streitigkeit befassen sollten, die dem zu beurteilenden Sachverhalt am nächsten stünden. Es wäre kaum sinnvoll, wenn sich nun das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz mit dieser Streitigkeit befassen müsste, welches Gericht die Verhältnisse im Kanton Zürich gar nicht näher kenne. 5. 5.1 Anspruch auf Ergänzungsleistungen haben u.a. Personen (mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt [ Art. 13 ATSG ] in der Schweiz), wenn sie Anspruch auf eine Rente der Invalidenversicherung haben ( Art. 4 Abs. 1 lit. c ELG ). Die Berechnung der jährlichen Ergänzungsleistung ist in den Art. 9 ff. ELG und Art. 1 ff. ELV (SR 831.301) geregelt. Hat die EL-ansprechende oder -beziehende Person Kinder, die einen Anspruch auf eine Kinderrente der IV begründen, gilt insbesondere Folgendes: Lebt das Kind nicht bei den Eltern oder lebt es bei einem Elternteil, der nicht rentenberechtigt ist und für den auch kein Anspruch auf eine Zusatzrente besteht, so ist die Ergänzungsleistung gesondert zu berechnen. Dabei ist das Einkommen der Eltern so weit zu berücksichtigen, als es deren eigenen Unterhalt und den der übrigen unterhaltsberechtigten Familienangehörigen übersteigt ( Art. 7 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ELV in Verbindung mit Art. 9 Abs. 5 lit. a ELG ). Vorliegend geht es um einen Anwendungsfall gesonderter Berechnung der Ergänzungsleistung im Sinne dieser Verordnungsregelung. 5.2 Anrecht auf Ergänzungsleistungen haben, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, nur Personen, die einen selbständigen (originären) Anspruch auf eine IV-Rente haben. Kinder, für die ein BGE 139 V 170 S. 175 Anspruch auf eine Kinderrente nach Art. 35 Abs. 1 IVG besteht, können keinen eigenen Anspruch auf Ergänzungsleistungen begründen (ZAK 1989 S. 224, P 39/86). Das gilt auch bei gesonderter Berechnung der Ergänzungsleistung gestützt auf Art. 7 Abs. 1 lit. c und Abs. 2 ELV . Die betreffenden Kinder können auch nicht, etwa aufgrund einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, als Destinatäre eines Teils der Ergänzungsleistungen angesehen werden mit der Folge, dass ihnen ein separat ausgeschiedener Teil davon auszurichten wäre ( BGE 138 V 292 E. 3.2; SVR 2012 EL Nr. 2 S. 4, 9C_371/2011 E. 2.3 und 2.4.2; FamPra.ch 2010 S. 135, 8C_624/2007 E. 5.2). Mangels Anspruchs aus eigenem Recht können die Beschwerde führenden Kinder nicht direkt, sondern nur als Dritte "pro Adressat" beschwerdeberechtigt sein. 5.3 Das kantonale Gericht geht zwar zutreffend davon aus, dass sich die Frage nach der Zuständigkeit des kantonalen Versicherungsgerichts in einem Beschwerdeverfahren gegen einen EL-Einspracheentscheid ausschliesslich nach Art. 58 ATSG richtet, weil diese Norm im Recht der Ergänzungsleistungen integral gilt, insbesondere nicht durch Art. 21 ELG modifiziert worden ist. Art. 58 Abs. 1 ATSG knüpft an den Wohnsitz der versicherten Person oder des Beschwerde führenden Dritten an. Bei der Auslegung von Art. 58 Abs. 1 ATSG hat das kantonale Gericht das systematische Auslegungselement insofern unberücksichtigt gelassen, als die - zur örtlichen Zuständigkeit führenden - Begriffe der versicherten Person oder der Beschwerde führenden Dritten unter Berücksichtigung der Umstände auszulegen sind, wie sie im jeweils in Frage stehenden Leistungsbereich rechtlich massgeblich sind. Als Kinder, welche durch ihren Vater als Invalidenrentner den Anspruch auf eine Kinderrente begründen, können die beiden Beschwerdeführenden weder als versicherte Personen betrachtet werden, noch verfügen sie über einen originären Anspruch auf Ergänzungsleistungen (E. 5.1 und 5.2 hievor; BGE 138 V 292 E. 3.2). Aber auch als Beschwerde führende Dritte sind sie - im EL-rechtlichen Kontext - nicht zu betrachten, weil sie nicht ausserhalb, sondern innerhalb des streitigen Rechtsverhältnisses stehen. Etwas anderes lässt sich entgegen der Auffassung der Vorinstanz namentlich für die Frage der örtlichen Zuständigkeit aus BGE 138 V 292 nicht ableiten. Vor allem aber hätte die gesplittete örtliche Gerichtszuständigkeit praktische Unzulänglichkeiten zur Folge, was im Sinne praktischer Konkordanz bei der Auslegung von Vorschriften über die Zuständigkeit durchaus mitzuberücksichtigen ist: Es müssten unter Umständen, je nach Mass und Umfang in der Bestreitung der BGE 139 V 170 S. 176 EL-Berechnungspositionen, zwei oder noch mehr Gerichte (z.B. wenn die Kinder in verschiedenen Kantonen Wohnsitz haben) über die gleiche, jedenfalls rechtlich untrennbar miteinander verbundene Anspruchsberechtigung befinden. In solchen Fällen ist grundsätzlich nur ein einheitlicher Gerichtsstand praktikabel, um sich widersprechende Urteile zu vermeiden und aus prozessökonomischen Gründen. Bei Leistungsstreitigkeiten ist daher prioritär an den Wohnsitz der versicherten Person anzuknüpfen. Zur Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist der Wohnsitz des Beschwerde führenden Dritten nur dann von Belang, wenn ein solcher der versicherten Person nicht besteht (KIESER, a.a.O., N. 10-12 zu Art. 58 ATSG mit Hinweisen auf die Materialien).
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1a5f30de-5570-4ce1-bb53-e3ec76b4d215
Urteilskopf 103 Ia 55 12. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation du 22 mars 1977 dans la cause R. contre Cour d'assises du Ve arrondissement du canton de Berne
Regeste Art. 84 OG ; Rechtsmittel bei Begutachtung in Strafsachen. 1. Unterlässt oder verweigert der Richter die Anordnung einer vom Bundesstrafrecht vorgeschriebenen Begutachtung des Angeklagten, so steht diesem die Nichtigkeitsbeschwerde offen, was die staatsrechtliche Beschwerde ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung, Erw. 1a). 2. Wird das Gutachten selbst oder werden die von der kantonalen Behörde daraus gezogenen Schlüsse angefochten, so steht deren Beweiswürdigung in Frage. Dagegen ist nicht Nichtigkeits-, sondern staatsrechtliche Beschwerde zu führen (Praxisänderung, Erw. 1b).
Sachverhalt ab Seite 56 BGE 103 Ia 55 S. 56 Le ressortissant français R., qui est né le 23 février 1950, a commis de juillet à septembre 1973 diverses infractions dont la plus grave est d'avoir tué à coups de couteau une vieille femme partiellement impotente au domicile de laquelle il cherchait de l'argent. Il a été condamné le 19 novembre 1975 par la Cour d'assises du Ve arrondissement du canton de Berne à 20 ans de réclusion et à l'expulsion du territoire suisse pour une durée de 15 ans, pour brigandage qualifié au sens de l' art. 139 ch. 2 al. 2 CP , brigandage et vols répétés. Dans le cadre de ce procès, au cours de l'instruction, R. avait été soumis à l'examen d'un expert psychiatre avec lequel il ne s'est pas entendu et qui a conclu à son entière responsabilité pénale. Il a vainement demandé aux débats de la Cour d'assises qu'une contre-expertise soit ordonnée. BGE 103 Ia 55 S. 57 Outre un pourvoi en nullité sur lequel il sera statué séparément, R. forme un recours de droit public au Tribunal fédéral dans lequel il conclut à l'annulation du jugement attaqué. Il se plaint de la violation du droit d'être entendu qui résulterait selon lui du fait que l'expertise précitée est incomplète, en ce qu'elle ne se prononce pas avec pertinence sur le placement éventuel dans une maison d'éducation au travail au sens de l' art. 100bis CP et que les conclusions en seraient lacunaires, en contradiction avec les observations. Il fait enfin valoir que les relations entre l'expert et lui auraient été extrêmement mauvaises. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il a été jugé ( ATF 96 I 71 ) que le prévenu peut former un pourvoi en nullité contre le refus d'ordonner une contre-expertise psychiatrique dans une procédure pénale et que de ce fait, conformément à l' art. 84 OJ , la voie du recours de droit public ne lui est pas ouverte sur ce point. Selon cette jurisprudence, le recours de droit public du recourant devrait être déclaré irrecevable. Toutefois, après un nouvel examen et avec l'accord de la Chambre de droit public avec laquelle elle a procédé à un échange de vues au sens de l' art. 16 OJ , la cour de céans estime qu'il convient de tempérer l'absolu de l'affirmation qui précède par quelques précisions. a) Il ressort des art. 10 ss CP , et plus particulièrement de l' art. 13 CP , que le juge doit ordonner l'examen de l'inculpé s'il y a doute quant à sa responsabilité ou si une information sur son état physique ou mental est nécessaire pour décider une mesure de sûreté. Si le juge ignore, ne se rend pas compte ou conteste à tort que l'une de ces conditions est réalisée, ou si, tout en le reconnaissant, il renonce néanmoins à mettre en oeuvre une expertise, il viole le droit pénal fédéral. Il en va de même s'agissant des autres hypothèses dans lesquelles le droit fédéral prescrit une expertise (cf. art. 42, 43, 44, 100 CP). Dans ce cas, la voie du pourvoi en nullité est évidemment ouverte, ce qui exclut la possibilité du recours de droit public, conformément au précédent rappelé plus haut. b) On ne saurait cependant dire d'une manière générale qu'en prescrivant une expertise, le droit fédéral garantit en même temps qu'elle devra être suffisante et que par conséquent, BGE 103 Ia 55 S. 58 si le juge rejette une requête de contre-expertise fondée sur les défauts de la première expertise, le requérant pourra sans autre former un pourvoi en nullité conformément à l' art. 269 al. 1 PPF . Au contraire, lorsque c'est l'expertise elle-même qui est critiquée, soit en raison de l'incapacité ou de la partialité de l'expert, soit parce qu'elle souffre de contradictions internes irréductibles, soit que l'expert a omis de faire porter ses investigations sur des points de fait ayant une incidence sur les conclusions de son rapport, soit enfin que le juge, se méprenant sur le sens de l'expertise, en a déduit des constatations de fait qu'elle ne justifie pas en réalité, c'est l'appréciation des preuves par le juge qui est contestée. Dans cette hypothèse, le recourant ne saurait donc suivre la voie du pourvoi en nullité (art. 273 al. 1 litt. b PPF). Le problème serait le même si le juge refusait d'ordonner une seconde expertise alors que la première fait l'objet des griefs énumérés plus haut. Seul le recours de droit public permettra alors au justiciable de défendre ses droits en se fondant non pas sur le droit pénal fédéral, mais sur l' art. 4 Cst. , que ce soit en invoquant une violation du droit d'être entendu ou en se prévalant d'une application arbitraire du droit cantonal de procédure.
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Urteilskopf 136 II 359 31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Bundesamt für Raumentwicklung gegen X., Gemeinderat Kriens und Dienststelle Raumentwicklung, Wirtschaftsförderung und Geoinformation des Kantons Luzern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_556/2009 vom 23. April 2010
Regeste a Behördenbeschwerde ( Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG ); zulässige Begehren. Das Beschwerderecht der Bundesbehörden ist abstrakter und autonomer Natur. Diese können sich erstmals vor Bundesgericht am Verfahren beteiligen und neue, im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht streitige, Begehren stellen. Die beschwerdeberechtigte Bundesbehörde kann insbesondere auch eine reformatio in peius der erstinstanzlichen Verfügung beantragen (E. 1.2). Regeste b Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands. Formell rechtswidrige Bauten, die auch nachträglich nicht legalisiert werden können, müssen grundsätzlich beseitigt werden (E. 6). Prüfung, ob dem vollständigen Abbruch Gründe des Vertrauensschutzes (E. 7), der Verwirkung (E. 8), der Verhältnismässigkeit (E. 9) oder der Rechtsgleichheit (E. 10) entgegenstehen; dies ist zu verneinen. Keine Verwirkung der Befugnis der Behörden, den Abbruch anzuordnen, wenn die vor über 30 Jahren errichtete illegale Baute laufend ausgebaut und vergrössert worden ist (E. 8.3).
Sachverhalt ab Seite 360 BGE 136 II 359 S. 360 A. X. ist Eigentümer des Grundstücks Nr. 5228 (früher Nr. 1848), GB Kriens, das ausserhalb der Bauzone im Krienser Hochwald auf der Krienseregg liegt. Er hat das Grundstück am 3. Januar 1972 von seinem Vater erworben. Das Gelände ist Teil des Schutzperimeters der Schutzverordnung Krienser Hochwald vom 29. Juni 2000 (nachfolgend: SchutzV). Die Parzelle Nr. 5228 liegt teilweise in der Zone "Wald ohne Bewirtschaftung", in welcher sämtliche Nutzungen land- und waldwirtschaftlicher Art, Erholungs-, Sportaktivitäten und dergleichen verboten sind (Art. 9 SchutzV). Der südliche Bereich des Grundstücks liegt in der Zone "Mahd", in welcher alle landwirtschaftlichen Nutzungsarten untersagt sind, ausgenommen das Mähen (Art. 10 SchutzV). Zudem befindet sich das Grundstück im Perimeter des Furenmooses, eines Hochmoors von nationaler Bedeutung (Objekt Nr. 417 gemäss Anhang 1 der Verordnung vom 21. Januar 1991 über den Schutz der Hoch- und Übergangsmoore von nationaler Bedeutung [Hochmoorverordnung; SR 451.32]). BGE 136 II 359 S. 361 B. Auf der Parzelle befand sich gemäss Bauanzeige vom 7. August 1967 früher eine Holzbaracke auf Zementsockel, die 3 m lang, 2,5 m breit und 2,5 m hoch war. Mit den Jahren wurde die Baracke verschiedentlich vergrössert und abgeändert; die Baute weist heute eine Länge von 9,15 m, eine Breite von 5,2 m und eine Höhe von 5 m auf und wird als Ferien- und Wochenendhaus benutzt. Im Jahre 1990 wurde ein Anbau von 4x4x4 m als Unterstand für einen Forsttraktor bewilligt. Weiter befinden sich auf dem Grundstück ein Holzunterstand (bestehend aus zwei massiven Hütten mit Blechdach und Abschlussblachen), ein Unterstand für einen Forsttraktor mit einer Fläche von 36 m 2 und ein Torbogen. Zudem wurde der Boden mit Asphalt und anderen Materialien befestigt und ein Teil des Grundstücks eingezäunt. Nach wiederholten Aufforderungen der Gemeinde reichte X. am 20. September 2006 ein nachträgliches Baugesuch für die bisher nicht bewilligten Bauten und Anlagen ein. Dagegen erhoben Pro Natura und ihre Sektion Pro Natura Luzern Einsprache. Mit Entscheid vom 12. März 2008 verweigerte die Dienststelle Raumentwicklung, Wirtschaftsförderung und Geoinformation des Kantons Luzern (RAWI) die raumplanungs- und waldrechtlichen Ausnahme- und Sonderbewilligungen für die verschiedenen baulichen Massnahmen. Der Gemeinderat Kriens wies das Baugesuch am 24. September 2008 ab und verpflichtete den Eigentümer, folgende Bauten und Anlagen abzubrechen (Disp.-Ziff. 4): - Anbau - Unterstand Forsttraktor - Torbogen - Holzunterstand - Asphaltierung Vorplatz - Bodenbefestigungen mit Granit, Betonsteinen, Kies (im Plan vom 19. August 2008 gelb eingefärbte Fläche). Auf den Abbruch folgender Bauten und Anlagen wurde verzichtet (Disp.-Ziff. 6): - Haus mit Dachaufbau und Schlepplukarne, - Maschendrahtzaun, - Kiesbelag auf der Ost- und Südseite des Hauses (blau eingefärbte Fläche gemäss Plan vom 19. August 2008). C. Gegen diese Verfügung erhob X. Beschwerde ans Verwaltungsgericht Luzern. Er beantragte die Aufhebung des Entscheids der BGE 136 II 359 S. 362 Dienststelle RAWI und des Gemeinderats Kriens (mit Ausnahme von Disp.-Ziff. 6). Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass die Bauten und Anlagen auf dem Grundstück (mit Ausnahme des im Jahre 1990 bewilligten Anbaus) nie bewilligt worden waren und eine Baubewilligung auch nicht nachträglich erteilt werden könne. Das Verwaltungsgericht bestätigte die von der Gemeinde erlassene Wiederherstellungsverfügung, mit Ausnahme des Abbruchbefehls für den Anbau. Zwar diene der Anbau heute nicht mehr als Garage, sondern als Wohnraum, obwohl im Bewilligungsentscheid ausdrücklich festgehalten worden sei, dass die Garage nicht zweckentfremdet werden dürfe, insbesondere nicht für Wohnzwecke. Zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands genüge es aber, den Anbau wieder in eine Garage umzubauen und umzunutzen. Das Verwaltungsgericht hiess daher die Beschwerde am 19. November 2009 in dem Sinne teilweise gut, als in Bezug auf den Anbau anstelle des Abbruchs die Wiederherstellung der am 5. September 1990 bewilligten Nutzung (Garage für einen Forsttraktor) angeordnet werde. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. D. Gegen die Entscheide des Verwaltungsgerichts und des Gemeinderats erhob das Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) am 22. Dezember 2009 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ans Bundesgericht. Es beantragt den Abbruch sämtlicher Bauten und Anlagen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Gegen den angefochtenen, kantonal letztinstanzlichen Entscheid steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen ( Art. 82 ff. BGG ). 1.1 Das ARE ist nach Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG und Art. 48 Abs. 4 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV; SR 700.1) zur Beschwerde ans Bundesgericht legitimiert, um die öffentlichen Interessen, insbesondere an der richtigen und rechtsgleichen Anwendung des Bundesrechts, zu wahren. 1.2 Nach der Rechtsprechung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 103 lit. b des Bundesgesetzes vom 16. Dezember 1943 über BGE 136 II 359 S. 363 die Organisation der Bundesrechtspflege (OG) war die beschwerdeberechtigte Bundesbehörde auch berechtigt, eine reformatio in peius zu beantragen ( BGE 102 Ib 282 E. 2-4 S. 286 ff.; BGE 113 Ib 219 E. 1c S. 222; Urteil 1A.17/2004 vom 19. Mai 2004 E. 1.2, in: ZBl 106/2005 S. 384), und zwar ungeachtet der entsprechenden kantonalen Verfahrensvorschriften. Das Bundesgericht ging davon aus, dass die Behördenbeschwerde des Bundes als Mittel der Bundesaufsicht ihres Gehalts entleert würde, wenn der Streitgegenstand für das Verfahren vor Bundesgericht bereits im kantonalen Verfahren eingeschränkt würde. Diese Praxis ist auch unter der Geltung des BGG beizubehalten. Der Gesetzgeber hat in Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG die bisherige Regelung von Art. 103 lit. b OG übernommen. In der Botschaft (vom 28. Februar 2001 zur Totalrevision der Bundesrechtspflege, BBl 2001 4330 zu Art. 84 E-BGG) wird dazu ausgeführt, lit. a wolle die einheitliche Anwendung des Bundesrechts sicherstellen. Die Bundesverwaltung könne "wie bisher" von ihrem Beschwerderecht in den Fällen Gebrauch machen, die ihren spezifischen Aufgabenbereich betreffen. Das Beschwerderecht der Bundesbehörden gemäss Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG ist abstrakter und autonomer Natur ( BGE 135 II 338 E. 1.2.1 S. 341 f.). Die Legitimationsvoraussetzungen von Art. 89 Abs. 1 BGG sind nicht anwendbar. Dies gilt insbesondere auch für die Voraussetzung der Beteiligung am vorinstanzlichen Verfahren im Sinne von Art. 89 Abs. 1 lit. a BGG . Das ARE kann beim Bundesgericht somit auch Beschwerde führen, wenn es sich nicht am vorinstanzlichen Verfahren beteiligt hat (Urteile des Bundesgerichts 1C_254/2009 vom 25. September 2009 E. 1.3; 1C_397/2007 / 1C_427/2007 vom 27. Mai 2008 E. 1.3; BERNHARD WALDMANN, Die Beschwerdebefugnis ohne Kenntnis des Beschwerdeobjekts, Baurecht 2009 S. 72; ALAIN WURZBURGER, in: Commentaire de la LTF, 2009, N. 45 zu Art. 89 BGG ; HANSJÖRG SEILER, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 43 zu Art. 89 BGG ). Die Bundesbehörden sind daher nicht an Einschränkungen des Streitgegenstands im kantonalen Beschwerdeverfahren gebunden, sondern können im Rahmen ihres Beschwerderechts neue Begehren stellen (BERNHARD EHRENZELLER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 14 zu Art. 111 BGG ), insbesondere auch eine reformatio in peius beantragen ( BGE 113 Ib 219 E. 1c S. 222). BGE 136 II 359 S. 364 Zwar sind die zuständigen Bundesbehörden gestützt auf Art. 111 Abs. 2 BGG (vgl. auch Art. 33 Abs. 3 lit. a RPG [SR 700]) berechtigt, am kantonalen Verfahren teilzunehmen ( BGE 135 II 338 E. 2.1 S. 344). Den beschwerdeberechtigten Bundesbehörden, werden aber nur letztinstanzliche kantonale Entscheide eröffnet (vgl. Art. 1 lit. c und Art. 2 lit. d der Verordnung vom 8. November 2008 über die Eröffnung letztinstanzlicher kantonaler Entscheide in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten [SR 173.110.47]). In aller Regel erfahren sie erst nach dem Urteil der letzten kantonalen Instanz vom Inhalt des erstinstanzlichen Entscheids. Um ihre Aufsichtsfunktion wahrzunehmen, müssen sie die Möglichkeit haben, eine Korrektur des erst instanzlichen Entscheids zu verlangen, soweit dieser Bundesrecht verletzt. Dies schliesst die Überprüfung von Fragestellungen mit ein, die im kantonalen Verfahren nicht umstritten waren. 1.3 Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde einzutreten, auch soweit die Abänderung der erstinstanzlichen Verfügung des Gemeinderats zulasten des Beschwerdegegners verlangt wird. Dem Grundstückseigentümer ist hierzu im bundesgerichtlichen Verfahren das rechtliche Gehör zu gewähren. Ihm ist es daher - analog Art. 99 Abs. 1 BGG - gestattet, auch neue Tatsachen und Beweismittel vorzubringen, zu denen erst die neuen Begehren des ARE Anlass geben. (...) 6. Der Anordnung der Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands kommt massgebendes Gewicht für den ordnungsgemässen Vollzug des Raumplanungsrechts zu (Urteil 1C_397/2007 / 1C_427/2007 vom 27. Mai 2008 E. 3.4, in: URP 2008 S. 590, RDAF 2009 I S. 521). Werden illegal errichtete, dem RPG widersprechende Bauten nicht beseitigt, sondern auf unabsehbare Zeit geduldet, so wird der Grundsatz der Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet in Frage gestellt und rechtswidriges Verhalten belohnt. Formell rechtswidrige Bauten, die auch nachträglich nicht legalisiert werden können, müssen daher grundsätzlich beseitigt werden (PETER HÄNNI, Der Abbruch von Bauten und Anlagen, Baurecht 2005 S. 153; MARIE-FRANCE RAVEL, Illegale Bauten: was tun? Rechtsprechung und Praxis, Raum & Umwelt 2004 S. 29 f. und 35). Davon geht auch § 209 des Luzerner Planungs- und Baugesetzes vom 7. März 1989 (PBG/LU; SRL 735) aus, der den Gemeinderat verpflichtet, für die Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustands zu sorgen (Abs. 2). BGE 136 II 359 S. 365 Die Anordnung des Abbruchs bereits erstellter Bauten kann jedoch nach den allgemeinen Prinzipien des Verfassungs- und Verwaltungsrechts (ganz oder teilweise) ausgeschlossen sein ( BGE 111 Ib 213 E. 6 S. 221; BGE 108 Ia 216 E. 4 S. 217; je mit Hinweisen). Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands unverhältnismässig wäre. Überdies können Gründe des Vertrauensschutzes der Wiederherstellung entgegenstehen, oder diese kann aufgrund des Zeitablaufs verwirkt sein. 7. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung verwirkt der Anspruch der Behörden auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands im Interesse der Rechtssicherheit grundsätzlich nach 30 Jahren, sofern der Kanton keine kürzeren Verwirkungsfristen vorsieht. Kürzere Verwirkungsfristen können sich jedoch aus Gründen des Vertrauensschutzes ergeben. 7.1 Dies ist namentlich dann der Fall, wenn die Baupolizeibehörden zwar vor Ablauf der 30-jährigen Frist einschreiten, den baurechtswidrigen Zustand aber über Jahre hinaus duldeten, obschon ihnen die Gesetzwidrigkeit bekannt war oder sie diese bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätten kennen müssen ( BGE 132 II 21 E. 6.3 S. 39; BGE 107 Ia 121 E. 1c S. 124; Urteil 1P.768/2000 vom 19. September 2001 E. 3a, in: ZBl 103/2002 S. 188, Pra 2002 Nr. 3 S. 9, RDAF 2003 I S. 395). Darauf kann sich nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aber nur berufen, wer selbst im guten Glauben gehandelt hat ( BGE 132 II 21 E. 6.3 S. 39), d.h. angenommen hat und (unter Anwendung zumutbarer Sorgfalt) annehmen durfte, die von ihm ausgeübte Nutzung sei rechtmässig bzw. stehe mit der Baubewilligung in Einklang ( BGE 132 II 21 E. 6 S. 35; BGE 111 Ib 213 E. 6a S. 221 ff.; Urteil 1P.768/2000 vom 19. September 2001 E. 4c, in: ZBl 103/2002 S. 188, Pra 2002 Nr. 3 S. 9, RDAF 2003 I S. 395). Dies ist vorliegend klarerweise nicht der Fall: Schon die ursprüngliche Waldhütte war vom Vater des Beschwerdegegners ohne Baubewilligung errichtet und vergrössert worden. In der Folge wurde sie vom Beschwerdegegner weiter vergrössert und ausgebaut, obwohl er von der Gemeinde immer wieder auf die Unrechtmässigkeit seines Tuns hingewiesen wurde: Bereits 1973 wurde er vom Kreisforstamt aufgefordert, die Hütte zu entfernen. 1974 wurde die nachträgliche Baubewilligung verweigert, wobei ausgeführt wurde, dass das Haus dem Raumplanungs-, dem Naturschutz- und dem Waldrecht BGE 136 II 359 S. 366 widerspreche. 1986 wurde die Einstellung jeglicher Bauarbeiten verfügt, auch innerhalb der Hütte, und Strafanzeige beim Amtsstatthalter erstattet. 1987 wies der Gemeindeammann den Beschwerdegegner darauf hin, falls keine Baubewilligung für das Ferienhaus aufgefunden werde, sehe sich die Gemeinde gezwungen, das Baubewilligungsverfahren für die gesamte Baute, mit allen seinen Folgen bei einer negativen Beurteilung für die gesamte Baute, einzuleiten. Die einzige Baubewilligung, die je erteilt wurde, betrifft die Garage für die Unterstellung eines Forsttraktors. Aus der Bewilligung geht klar hervor, dass sie nur für die Garage erteilt wurde und keine nachträgliche Bewilligung des Ferienhauses beinhaltet. Auch dieser Anbau wurde in der Folge - entgegen dem ausdrücklichen Zweckentfremdungsverbot in der Baubewilligung - zu Wohnzwecken genutzt. 7.2 Der Beschwerdegegner wusste somit, dass sein Ferienhaus formell und materiell baurechtswidrig war. Er durfte das Verhalten der Behörden, welche die 1973 ausgesprochene Abbruchanordnung des Kreisforstamts nicht durchsetzten und keine neue Abbruchverfügung erliessen, deshalb nicht als nachträgliche Legalisierung seines Bauvorhabens verstehen, sondern allenfalls als Duldung auf Zusehen hin. Dies gilt auch, soweit das Grundstück 1976 an die Abwasserkanalisation angeschlossen wurde. Ob dieser Anschluss zu Recht erfolgte, ist vorliegend nicht zu prüfen. Aus den vom Beschwerdegegner eingereichten Unterlagen ergibt sich, dass der Anschluss allein aus gewässerschutzrechtlichen Gründen erfolgte, für alle im Krienser Hochwald befindlichen Bauten, unabhängig von ihrer raumplanungs- und baurechtlichen Beurteilung. Insofern durften der Anschluss und der Beitragsbescheid von den betroffenen Grundstückseigentümern nicht als nachträgliche Legalisierung aller bestehenden Bauten verstanden werden. Dies gilt erst recht für den Beschwerdegegner, dem erst kurz vor dem Anschluss an die Kanalisation die nachträgliche Baubewilligung für die bestehende Baute verweigert worden war. Der Auszug aus dem Gemeindeprotokoll 1982, als der Gemeinderat Kriens auf den Erlass eines Abbruchbefehls verzichtete, wurde dem Beschwerdegegner, soweit ersichtlich, nicht zugestellt, und konnte schon deshalb keinen Vertrauenstatbestand begründen. Im Übrigen ergibt sich auch aus diesem Auszug kein definitiver Verzicht auf Wiederherstellungsmassnahmen für alle Zukunft, sondern lediglich die Notwendigkeit eines koordinierten Vorgehens, unter BGE 136 II 359 S. 367 Berücksichtigung aller unrechtmässigen Bauten im Gebiet des Krienser Hochwalds. Schliesslich ist auch nicht ersichtlich, dass der Beschwerdegegner im Vertrauen auf diesen Gemeinderatsbeschluss Dispositionen getroffen hätte: Der Beschwerdegegner hat die baulichen Dispositionen, die bei der Kontrolle 1982 festgestellt worden waren, gerade nicht gestützt auf behördliches Verhalten bzw. Verfügungen getroffen. 7.3 Nach dem Gesagten stehen somit Gründe des Vertrauensschutzes der Wiederherstellung nicht entgegen. 8. Näher zu prüfen ist dagegen die Verwirkung. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Befugnis der Behörden, den Abbruch eines baugesetzwidrigen Gebäudes oder Gebäudeteils anzuordnen, grundsätzlich auf 30 Jahren beschränkt ( BGE 132 II 21 E. 6.3 S. 39; BGE 107 Ia 121 E. 1a S. 123). Diese Praxis beruht auf dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wie auch auf praktischen Überlegungen (Schwierigkeit der Abklärung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse vor über 30 Jahren). Die Frist von 30 Jahren wurde in Anlehnung an die ausserordentliche Ersitzung von Grundeigentum gemäss Art. 662 ZGB festgelegt. 8.1 Dieser Grundsatz wurde zunächst für das Forstrecht entwickelt (vgl. BGE 105 Ib 265 ), und in BGE 107 Ia 121 auf den Abbruch einer Baute innerhalb der Bauzone übertragen (Galerie von 21 m 2 in einem Wohnzimmer). Ob diese Rechtsprechung unverändert auf Bauten ausserhalb der Bauzone übertragen werden kann (vgl. dazu CHRISTOPH DE QUERVAIN, Verjähren die Ansprüche auf Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands generell nach 30 Jahren?, Raum & Umwelt 2004 S. 51 f.), hat das Bundesgericht bisher offengelassen (vgl. BGE 132 II 21 E. 6.3 S. 39). Die Frage braucht auch im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden. 8.2 Fraglich erscheint weiter, ob die 30-jährige Frist auch dann gilt, wenn die Behörden nicht einfach untätig geblieben sind, sondern - wie im vorliegenden Fall - immer wieder Verfügungen ergingen (Abbruchanordnung 1973, Verweigerung der nachträglichen Baubewilligung 1974, Anordnung des Baustopps und Strafanzeige an den Amtsstatthalter 1986; Aufforderung zur Einreichung eines nachträglichen Baugesuchs 1987 etc.), jedoch kein Abbruchbefehl erlassen bzw. durchgesetzt wurde. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die ausserordentliche Ersitzung gemäss Art. 662 ZGB einen 30-jährigen "unangefochtenen" Besitz als Eigentümer BGE 136 II 359 S. 368 voraussetzt. Auch diese Frage kann vorliegend offenbleiben, weil sich der Beschwerdegegner aus einem anderen Grund nicht auf Verwirkung berufen kann. 8.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung beginnt die Verwirkungsfrist erst mit der Fertigstellung des Gebäudes oder des streitigen Gebäudeteils zu laufen ( BGE 107 Ia 121 E. 1b S. 124). Im vorliegenden Fall wurde die illegal errichtete Waldhütte vom Beschwerdegegner (einem Schreinermeister) laufend ausgebaut und vergrössert. Wie die in den Akten liegenden Fotos (aus den Jahren 1977 bis 2002) und die Pläne der Baugesuche 1973, BGE 107 Ia 1987 und 2006 zeigen, entwickelte sich die Baute von einer einfachen Holzbaracke zu einem komfortablen Ferienhaus. In einem solchen Fall ist es praktisch unmöglich, den Zustand von vor 30 Jahren zu eruieren. Dies zeigt der vorliegende Fall deutlich. Wenn überhaupt, so käme eine "Ersitzung" allenfalls für die - vermutlich Ende der 60er Jahre - erstellte Hütte mit 3 m Länge, 2,5 m Breite und 2,5 m Höhe in Betracht. Diese ist durch Fotos und durch das nachträgliche Baugesuch 1974 dokumentiert und bestand während längerer Zeit. Auf dem ersten Foto der Gemeinde vom 15. Juli 1977 ist ein einfacher Holzbau auf Punktfundamenten mit Wellblechdach zu sehen. Ein Vergleich mit den Aufnahmen aus den Jahren 1981-1985 zeigt, dass diese Hütte (zumindest äusserlich) unverändert bis Anfang der 80er Jahre bestand, dagegen ab 1981 laufend verändert und erweitert wurde. Das heute bestehende Haus hat mit der ursprünglichen Holzhütte praktisch nichts mehr gemein. Die Baute aus den 60er Jahren existiert heute nicht mehr und kann schon aus diesem Grund nicht mehr abgebrochen werden. Der vom ARE verlangte Abbruchbefehl betrifft somit im Wesentlichen die seit 1980 kontinuierlich entstandene neue Bausubstanz. Diesbezüglich ist keine Verwirkung eingetreten. 9. Das öffentliche Interesse an der vollständigen Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands ist erheblich: Der rechtswidrige Bau verletzt nicht nur das für die Raumplanung grundlegende Prinzip der Trennung von Bau- und Nichtbauzone, sondern befindet sich im Perimeter eines Hochmoors von nationaler Bedeutung und im Perimeter der Schutzverordnung Krienser Hochwald vom 29. Juni 2000, d.h. in einer besonders sensiblen und schutzwürdigen Umgebung, in der Bauten jeder Art verboten sind (vgl. Art. 5 lit. b Hochmoorverordnung), und auch keine Erholungs-, Sportaktivitäten und BGE 136 II 359 S. 369 dergleichen zulässig sind (Art. 9 SchutzV). Der Fortbestand eines Ferien- und Wochenendhauses in dieser Umgebung widerspricht somit diametral den Schutzzielen. Hinzu kommt, wie sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass der Bestand der Anlage zu unzulässigen Erweiterungen und Ergänzungen offenbar geradezu einlädt (Urteil 1A.17/2004 vom 19. Mai 2004 E. 3.2, in: ZBl 106/2005 S. 384, RDAF 2006 I S. 626). Bei dieser Sachlage kann offenbleiben, ob die streitige Baute auch auf Waldareal steht (wovon das RAWI ausgeht) oder "nur" im Waldabstand (wovon bei der Bewilligung des Anbaus 1990 ausgegangen wurde). Die genannten öffentlichen Interessen überwiegen deutlich die privaten Interessen des Beschwerdegegners. Zwar werden mit dem Abbruch (für den Beschwerdegegner) bedeutende Vermögenswerte vernichtet. Der Beschwerdegegner hat diese Investitionen jedoch in Kenntnis ihrer Rechtswidrigkeit getätigt und damit auf eigenes Risiko gehandelt. Überdies hat er seit über 30 Jahren von der rechtswidrigen Situation profitiert, indem er sein Grundstück zu Wohn- und Erholungszwecken nutzen konnte. Er hat aber keinen Anspruch darauf, diese rechtswidrige, dem Raumplanungsrecht widersprechende Wohnnutzung auch in Zukunft fortzusetzen (vgl. Urteil 1C_408/ 2009 vom 11. Februar 2010 E. 4.3). 10. Schliesslich steht auch der Grundsatz der Rechtsgleichheit dem Abbruch der Wohnbaute nicht entgegen. Der Beschwerdegegner macht zwar geltend, es bestünden insgesamt 280 Bauten im Krienser Hochwald, davon vier in unmittelbarer Umgebung seines Grundstücks, ebenfalls im Hochmoorperimeter. Er legt aber nicht dar, dass diese Bauten in tatsächlicher und rechtlicher Sicht mit der seinigen vergleichbar sind, d.h., dass es sich um formell und materiell rechtswidrige Bauten handelt, die bösgläubig erstellt und fortlaufend ausgebaut und erweitert worden sind. Sofern dies der Fall sein sollte, wird es Sache der Gemeinde sein, auch in diesen Fällen die Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands anzuordnen. Es kann daher offenbleiben, ob das Bundesgericht bei einer Beschwerde des ARE, die im Interesse der Durchsetzung des Bundesrechts erhoben wird, überhaupt an eine allfällige bundesrechtswidrige Praxis der Gemeinde und/oder des Kantons gebunden sein kann (vgl. BGE 122 II 446 E. 4a S. 452).
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Urteilskopf 125 IV 49 8. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 19 mars 1999 dans la cause X. et Y. c. Ministère public du canton de Vaud (pourvoi en nullité)
Regeste Art. 113 StGB ; Art. 34 Ziff. 1 StGB , Art. 19 StGB . Durch seinen Sohn getöteter Haustyrann; Gehilfenschaft der Mutter. Putativnotstand; vermeidbarer Irrtum. Ob der Irrtum des Täters, der fälschlich annahm, nur die physische Elimination des Opfers ermögliche ihm, der von diesem drohenden Gefahr zu entgehen, vermeidbar war, beurteilt sich nach der Situation, in der sich der Täter befand, sowie nach seinen persönlichen Verhältnissen; dass auch andere Lösungen objektiv möglich gewesen wären, lässt für sich allein nicht darauf schliessen, dass der Irrtum vermeidbar gewesen wäre (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 50 BGE 125 IV 49 S. 50 A.- a) En 1977, Z., né en 1951, a épousé X., née en 1953. Deux premiers enfants sont issus de cette union: François, né en 1977, et Marianne, née en 1981. Rapidement, la jeune épouse a eu à subir des violences diverses, au point qu'elle quitta le domicile conjugal en 1985 avec ses deux enfants. Z. la contraignit toutefois à revenir, lui faisant craindre que l'intégrité corporelle et même la vie de ses parents serait mise en péril, menaces qui ont été prises très au sérieux par son épouse. En 1987, X. a donné naissance à son troisième enfant, Paul. La même année, Z. a fait la connaissance de Y., une jeune célibataire de 23 ans qui avait accouché récemment de deux jumeaux. Après quelques mois de liaison, Y. a confié ses deux enfants à la mère de Z., à la demande de ce dernier qui lui avait caché qu'il était marié et père de famille. Plus tard, Z. contraignit Y. à venir vivre sous son toit. La villa familiale était composée de deux appartements distincts, dont l'un était occupé par Y. et la mère de Z. et l'autre par X., ses propres enfants et les jumeaux de Y. Tout contact entre les deux femmes était interdit. Y. exprima la volonté de rompre, qui ne se réalisa jamais, Z. la menaçant d'attenter à la vie de ses deux jeunes enfants si elle s'en allait. Poussée par son mari, X. accepta de divorcer en 1991. Cette opération avait pour seul but de permettre à Z. d'encaisser des prestations des services sociaux, l'épouse étant contrainte de continuer à vivre dans la maison. En 1992, Y. donna le jour à un troisième enfant, Jacques, dont le père biologique était Z., lequel obligea alors sa maîtresse à épouser le nommé I., qui reconnut faussement la paternité de l'enfant et disparut aussitôt; Z. entendait ainsi faire toucher à la jeune femme une aide des services sociaux, pour avoir été prétendument abandonnée par son mari. En 1993, Y. donna encore le jour à une fille, Nicole, qui porte le nom de I., bien qu'elle soit la fille de Z. Par la suite, Y. se trouva encore enceinte d'un cinquième enfant, qui décéda deux mois après sa naissance. Ainsi, dans le même immeuble mais dans deux appartements distincts, X., Y. et leurs enfants ont vécu des années durant sous un régime de terreur. Ne supportant aucune contrariété, Z. infligeait aux deux femmes et aux enfants des actes de violence d'une cruauté insoutenable. Pour des futilités, Z. enfermait les enfants durant des heures dans un tonneau; il les frappait à coups de bâtons, de fouet ou encore au moyen d'une perche électrique. Les médecins qui ont dû soigner l'un ou l'autre des membres de la communauté domestique BGE 125 IV 49 S. 51 à la suite de ces atteintes ne se sont pas inquiétés de l'origine de ces lésions ou se sont satisfaits des explications données par Z. ou, en présence de celui-ci, par les mères. Sur le plan sexuel, Z. exigeait de son ex-épouse et de sa maîtresse, le plus souvent sous la violence, des relations de toute nature. Il est notamment allé jusqu'à contraindre Y. à se livrer à des simulacres d'accouplement avec son chien, scènes filmées en vidéo, alors qu'il avait enfermé les deux jumeaux, en punition, dans une armoire de la pièce voisine. Z. aimait faire régner l'ordre et la terreur. Il faisait régulièrement allusion à deux cercueils qu'il détenait dans un dépôt. Il surveillait les allées et venues ainsi que les appels téléphoniques de ses proches et demandait des comptes à chacun sur son emploi du temps. D'une manière générale, Z. était craint pour sa violence. Alors qu'il paraissait s'être spécialisé dans le commerce de voitures d'occasion, il était notoire dans toute la région qu'il se livrait également à un commerce d'armes et d'accessoires plus ou moins interdits, activité partiellement illégale qui se déroulait au vu et au su de la population, sans que les autorités locales ou régionales ne soient jamais venues inquiéter sérieusement l'intéressé, personne n'osant lui reprocher ses agissements de peur d'une réaction violente. Toujours armé, Z. terrorisait son entourage et les personnes qui se permettaient de se mettre en travers de sa route. Il a notamment été relevé que le plaignant, N., qui avait dû résilier de manière anticipée le bail d'un local commercial que Z. lui sous-louait pour quelques centaines de francs, avait dû payer à celui-ci, qui lui avait dit qu'il en allait de sa vie s'il ne s'exécutait pas, un montant de 50.000 francs; à une autre occasion, alors qu'un fonctionnaire était venu le voir pour encaisser l'impôt sur les chiens, Z. n'a pas hésité à abattre son propre chien, qui se trouvait à ses pieds, en disant «je pense que l'affaire est réglée comme ça». b) Dès l'été 1994, le climat de violence a amené François, X. et Y. à faire front contre Z. La totale opposition de François à son père conduisit au placement du jeune homme dans un foyer pour apprentis. Son père lui interdit alors de revenir à la maison, ainsi que tout contact avec sa mère et ses frères et soeurs. François dut alors user de stratagèmes pour rendre visite à ses proches en l'absence de son père, ce qui le rapprocha encore de sa mère et de Y. Au fil des mois, une intention homicide se développa dans l'esprit de François, qui se sentait investi d'une mission de libérer ses proches des souffrances endurées. Au début 1995, il en parla à son BGE 125 IV 49 S. 52 ami, D., qui ne crut pas à une détermination sérieuse, bien qu'il perçût une souffrance manifeste chez François. En mai 1995, une rencontre de conciliation, à laquelle participait D., fut organisée entre le père et le fils par les éducateurs de François. Elle tourna court en raison du comportement de Z., qui insulta et injuria les deux jeunes gens en proférant de violentes menaces. C'est cette scène qui amena François à penser très sérieusement à éliminer physiquement son père. Au cours du mois de juin 1995, François annonça à sa mère ainsi qu'à Y. qu'il avait l'intention de tuer son père. Les deux femmes prirent acte de cette intention et ne tentèrent pas de détourner le jeune homme de son projet; il a toutefois été retenu qu'il était possible qu'elles n'aient pas cru François capable de mener à chef son intention, celui-ci étant connu de ses proches, y compris de D., pour échafauder des projets sans jamais les réaliser. Le 23 juin 1995, François demanda à sa mère et à Y. de le renseigner précisément sur les allées et venues de son père. Le 26 juin, alors qu'il proposait à sa mère, qui était à bout, d'attendre le prochain faux pas de Z. pour le dénoncer à la justice pénale, il lui fut répondu que cela n'était pas possible, Z. étant toujours sorti gagnant des conflits qui l'opposaient à l'autorité; François déclara alors qu'il «regarderait pour autre chose». Le mardi 27 juin 1995, Y. apprit de Z. qu'il avait un rendez-vous d'affaires le vendredi suivant à 19 heures au Garage P. Elle transmit l'information à X., qui la pria de le faire savoir à François, ce qu'elle fit le lendemain et confirma le surlendemain; lors de cette dernière conversation, François indiqua à Y. qu'il voulait profiter de l'occasion pour tuer son père et qu'il passerait pour prendre des armes, dont il savait que son père possédait une importante collection. L'après-midi du 29 juin 1995, D. rencontra fortuitement X., qui lui demanda s'il pensait que François avait réellement l'intention de «faire une bêtise», à quoi D. répondit que, deux jours plus tôt, François lui avait dit qu'il comptait se servir d'un fusil d'assaut pour tuer son père. Dans la soirée du même jour, D. et François se sont rencontrés; le second informa alors le premier qu'il allait tuer son père le lendemain, à Lausanne, où il entendait se rendre en train, et qu'ensuite il se suiciderait afin de ne pas se faire prendre par la police; D. tenta alors de l'en dissuader et ils en vinrent même aux mains; finalement ils se séparèrent, après s'être donné rendez-vous pour le lendemain, à la sortie du travail de François. BGE 125 IV 49 S. 53 c) Le 30 juin 1995, à 17 heures 30, D. et François se sont rencontrés comme convenu. François, qui s'était assuré par téléphone auprès de Y. que son père était bien absent, demanda à son ami de le conduire à la maison pour y chercher des armes. Arrivés sur place, ils se rendirent dans une chambre de la maison où Z. détenait un véritable arsenal; François choisit deux revolvers et un pistolet, en présence de Y. Les deux jeunes gens quittèrent ensuite les lieux; en sortant, ils rencontrèrent X., à laquelle François déclara que tout serait bientôt fini. D. et François prirent la route de Lausanne. Il a été retenu qu'au moment où il a laissé François à proximité du Garage P., D. croyait toujours que son ami n'irait pas jusqu'à tuer son père; connaissant bien François, dont il savait qu'il présentait une certaine faiblesse de caractère, il pensait qu'il renoncerait à sa détermination et se contenterait de menacer son père, voire qu'il renoncerait à entrer dans le garage. Vers 19 heures, François entra dans le Garage P., brandissant un pistolet en direction de son père, lequel était en discussion avec les exploitants du garage. François pressa sur la détente de son arme, qui ne fonctionna pas. Il se saisit alors du revolver qu'il avait caché sous son T-shirt et tira un ou deux coups de feu en direction de son père, l'atteignant. Alors qu'il s'apprêtait à quitter le garage, François entendit sa victime râler. Il revint alors sur ses pas et vida son arme sur son père, pour l'achever, avant de s'en aller prestement. Ce n'est que lorsqu'il vit arriver François, le visage défait et expliquant qu'il venait d'accomplir son oeuvre, que D. comprit qu'il s'était lourdement trompé sur la réelle détermination de son ami. Il décida de ne pas l'abandonner et les deux jeunes gens se rendirent à Romont, après s'être débarrassés en route des armes du crime. Ils furent arrêtés le soir même. François a été renvoyé devant l'autorité compétente pour le juger, qui, par jugement du 16 février 1996, l'a reconnu coupable de meurtre passionnel, de mise en danger de la vie d'autrui ainsi que de contravention à la LStup; il a été placé dans une maison d'éducation pour une durée minimale de deux ans et soumis à diverses règles de conduite. d) X. a été soumise à une expertise psychiatrique. L'expert a posé le diagnostic d'organisation psychotique de la personnalité devant être assimilé à un trouble de la santé mentale, qui perturbe à la fois la faculté d'apprécier le caractère illicite de l'acte et celle de se déterminer d'après cette appréciation; il a conclu à une atténuation moyenne de la responsabilité pénale de l'expertisée. BGE 125 IV 49 S. 54 Y. a elle aussi été soumise à une expertise psychiatrique, dont il ressort qu'au moment d'agir, elle présentait un trouble dépressif et un trouble de la personnalité, cet état étant assimilable à un trouble de la santé mentale, qui était de nature à atténuer tant sa faculté d'apprécier le caractère illicite de son acte que celle de se déterminer d'après cette appréciation; à dire d'expert, sa responsabilité était également diminuée dans une mesure moyenne. B.- Par jugement du 12 décembre 1997, le Tribunal correctionnel du district de Lausanne a, notamment, reconnu X. et Y. coupables de complicité de meurtre passionnel mais les a déclarées non punissables. Il a estimé que l'intention délictueuse était réalisée, à tout le moins sous la forme du dol éventuel. Il a toutefois considéré que les accusées avaient agi en état de nécessité; elles-mêmes et leurs enfants subissaient depuis des années la violence de la victime, le danger qui les menaçait était imminent au moment des faits et, face à l'inertie de la société, qui avait toujours toléré le comportement hautement critiquable de la victime sans réagir, elles en étaient venues à se convaincre que seule la mort du tyran pouvait les protéger définitivement, d'autant plus que la diminution de leur responsabilité avait sans aucun doute voilé dans une certaine mesure la perception qu'elles avaient du crime qui allait être commis; le danger qui les menaçait ne leur étant pas imputable à faute, elles devaient être déclarées non punissables. C.- Le Ministère public du canton de Vaud a recouru contre ce jugement, concluant notamment à ce que X. et Y. soient condamnées, pour complicité de meurtre passionnel, à la peine de 12 mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans. Par arrêt du 22 juin 1998, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal vaudois a partiellement admis le recours et réformé le jugement qui lui était déféré en ce sens qu'elle a condamné les deux accusées, pour complicité de meurtre passionnel, chacune à la peine de 3 mois d'emprisonnement avec sursis pendant deux ans. La cour cantonale a considéré, en bref, que les accusées avaient agi en état de nécessité putatif; elles avaient certes été exposées à un danger permanent et durable pour leur intégrité physique, qui pouvait à tout moment se réaliser et qui devait donc être considéré comme imminent; c'est par erreur toutefois qu'elles avaient cru que ce danger était impossible à détourner autrement que par l'élimination physique de la victime, alors qu'objectivement d'autres solutions existaient, ce qui les avait conduites à admettre, à tort BGE 125 IV 49 S. 55 aussi, que le bien à sauvegarder était aussi précieux que le bien à sacrifier. Selon la cour cantonale, les accusées auraient cependant pu éviter cette erreur si elles avaient fait preuve de l'attention requise, de sorte qu'elles avaient commis une faute; en conséquence, elles étaient punissables, la peine devant toutefois être librement atténuée. D.- X. et Y., agissant séparément, se pourvoient en nullité à la Cour de cassation du Tribunal fédéral. Contestant avoir agi sous l'empire d'une erreur et soutenant qu'en tout cas leur erreur était inévitable, elles concluent à l'annulation de l'arrêt attaqué et au renvoi de la cause à l'autorité cantonale pour nouvelle décision. Elles sollicitent toutes deux l'assistance judiciaire. E.- Le Ministère public conclut au rejet des pourvois. Le Tribunal fédéral admet les pourvois et annule l'arrêt attaqué au sens des considérants. Erwägungen Considérant en droit: 2. Les recourantes invoquent une violation de l' art. 34 CP . Elles contestent s'être trouvées dans l'erreur retenue et font valoir que, dans tous les cas, leur erreur était inévitable. a) Les conditions de l'état de nécessité, respectivement de l'état de nécessité putatif, et les conséquences qu'il faut en tirer quant à la punissabilité ont été examinées dans l' ATF 122 IV 1 ss, auquel on peut se référer. b) Sur la base des faits qu'elle a retenus, la cour cantonale a admis, avec raison, que la première condition prévue par l' art. 34 ch. 1 al. 1 CP était réalisée en l'espèce, à savoir que les recourantes - qui étaient exposées à un danger permanent et durable pouvant se concrétiser à tout moment - avaient commis l'acte litigieux pour se préserver d'un danger qui était imminent au sens de cette disposition (ATF 122 IV consid. 3a et b p. 5 s.). c) L'arrêt attaqué constate que les recourantes, qui sont nées en Suisse où elles sont parfaitement intégrées, n'étaient ni l'une ni l'autre privées de tout contact avec l'extérieur, l'une d'elles, Y., ayant même conservé un emploi; de plus, Z. était fréquemment absent pour plusieurs jours, voire pour plusieurs semaines; les recourantes, même si elles avaient le sentiment, sans doute parfaitement fondé, que les autorités communales renonceraient, par crainte, à s'impliquer, avaient donc la possibilité de s'adresser à d'autres institutions ou à des organismes spécialisés. BGE 125 IV 49 S. 56 Au vu des faits ainsi retenus - qui lient la Cour de céans ( art. 277bis PPF ) - il n'était pas contraire au droit fédéral d'admettre qu'il existait d'autres solutions que l'élimination physique de la victime pour parer au danger retenu et, partant, de considérer qu'objectivement ce danger n'était pas impossible à détourner autrement. Autre est la question - qui sera examinée ci-après (cf. infra, let. e) - de savoir si, en raison des circonstances, les recourantes pouvaient croire que le recours aux autres solutions évoquées par la cour cantonale serait vain. d) La cour cantonale a retenu qu'informées des intentions homicides de François, les recourantes, qui étaient à bout, en étaient progressivement venues à penser et avaient finalement été convaincues que l'élimination physique du tyran était la seule façon de se protéger définitivement elles-mêmes et leurs enfants; ainsi, au moment des faits, elles avaient cru, erronément, que le danger était impossible à détourner autrement que par le meurtre du tyran et elles avaient alors admis, à tort aussi, que le bien à sauvegarder était aussi précieux que le bien à sacrifier. La cour cantonale a ainsi admis l'existence d'une erreur des recourantes au moment des faits, en ce sens que celles-ci croyaient, à tort, que seule l'élimination physique de la victime leur permettrait d'échapper au danger qui les menaçait et que la valeur du bien à sauvegarder n'était pas moindre que celle du bien à sacrifier. Déterminer ce que l'auteur d'une infraction a su, cru, voulu ou accepté et, en particulier, l'existence d'une erreur relève de l'établissement des faits ( ATF 123 IV 155 consid. 1a p. 156; ATF 122 IV 156 consid. 2b p. 160; ATF 121 IV 185 consid. 2a p. 188/189; ATF 119 IV 1 consid. 5a p. 3; 118 IV 167 consid. 4 p. 174; ATF 116 IV 143 consid. 2c p. 145, 155 consid. 3 p. 156); les constatations de l'autorité cantonale à ce sujet lient donc la Cour de cassation saisie d'un pourvoi en nullité et ne peuvent dès lors être remises en causes dans le cadre de cette voie de droit ( art. 277bis PPF ). Au demeurant, dès lors qu'il n'était pas contraire au droit fédéral d'admettre qu'objectivement d'autres solutions existaient, les recourantes n'ont pas d'intérêt à contester l'erreur retenue, qui leur est favorable. e) Reste à examiner si - comme l'a admis la cour cantonale et ce que contestent essentiellement les recourantes - l'erreur retenue était évitable, c'est-à-dire si, au vu de la situation de fait dans laquelle elles se trouvaient, les recourantes auraient dû se rendre compte que, pour échapper au danger qui les menaçait, elles avaient d'autres solutions que la mort du tyran. BGE 125 IV 49 S. 57 La cour cantonale a estimé que les recourantes, en faisant preuve de l'attention requise, auraient pu se rendre compte qu'il y avait d'autres solutions, puisqu'elles sont des indigènes bien intégrées, qu'elles n'étaient pas privées de tout contact avec l'extérieur et que Z. était fréquemment absent pour plusieurs jours, voire pour plusieurs semaines. Elle n'a toutefois pas examiné si, compte tenu de la situation et des circonstances personnelles des recourantes, on pouvait reprocher à ces dernières de ne s'être pas rendues compte qu'elles avaient d'autres solutions, pour parer au danger qui les menaçait, que la suppression physique du tyran. En particulier, alors que les premiers juges avaient relevé que les recourantes avaient agi «à la veille d'un départ programmé de la famille pour l'Espagne, où tout aurait pu se passer», la cour cantonale ne s'est pas demandée dans quelle mesure la pression que représentait cet élément avait pu conduire les recourantes à penser que, dans ces circonstances, seule la mort du tyran leur permettrait d'échapper au danger imminent qui les menaçait. Elle n'a pas non plus recherché dans quelle mesure les troubles de la santé mentale dont souffraient les deux recourantes à dire d'expert avaient pu influencer leur capacité d'analyser la situation et de se rendre compte qu'il existait d'autres solutions. Enfin, la cour cantonale s'est bornée à relever que les recourantes auraient pu s'adresser à d'autres institutions ou à des organismes spécialisés; elle n'a pas indiqué plus précisément lesquels; elle ne s'est pas penchée sur la question de savoir si, dans les circonstances concrètes et eu égard au danger imminent qui les menaçait, les recourantes pouvaient penser que la mort du tyran représentait l'unique solution efficace pour se sauver elles-mêmes et leurs enfants, compte tenu en particulier du fait que, pendant de nombreuses années, les autorités communales et régionales, les médecins qui avaient soigné des membres de la communauté domestique, les éducateurs de François, voire d'autres personnes - qui connaissaient la situation et le caractère de la victime - n'étaient pas intervenus. En déduisant de la seule existence objective d'autres solutions que l'erreur des recourantes était évitable, sans examiner si, compte tenu de leur situation et de leurs circonstances personnelles, on pouvait reprocher à celles-ci de n'avoir pas envisagé le recours à ces autres solutions, la cour cantonale a violé le droit fédéral. Le pourvoi sur ce point doit donc être admis, l'arrêt attaqué annulé et la cause renvoyée à l'autorité cantonale pour qu'elle statue à nouveau. Après avoir, au besoin, complété l'état de fait de sa décision, l'autorité cantonale devra se prononcer à nouveau sur la question de savoir si BGE 125 IV 49 S. 58 l'erreur des recourantes consistant à considérer la mort du tyran comme la seule issue était évitable, en répondant notamment aux questions soulevées ci-dessus. Si elle devait le nier, elle devra encore examiner si l'erreur des recourantes était évitable dans la mesure où, selon l'arrêt attaqué (cf. supra, let. d), elles ont également cru, à tort, que le bien à sauvegarder était aussi précieux que le bien à sacrifier.
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nan
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Urteilskopf 104 Ia 167 28. Urteil vom 22. März 1978 i.S. Fuluma AG gegen Leavag und Kantonsgericht Graubünden
Regeste Art. 4 BV ; Veröffentlichung und Inkrafttreten kantonaler Erlasse. Es ist mit Art. 4 BV grundsätzlich nicht vereinbar, kantonale Erlasse vor ihrer Veröffentlichung anzuwenden.
Sachverhalt ab Seite 167 BGE 104 Ia 167 S. 167 Nach Art. 246 in Verbindung mit Art. 34 Ziff. 2 lit. a der Zivilprozessordnung des Kantons Graubünden vom 20. Juni 1954 (ZPO) konnte gegen Urteile des Bezirksgerichtes in vermögensrechtlichen Streitigkeiten mit einem Streitwert von über Fr. 3000.- Berufung an das Kantonsgericht eingereicht werden. Die Streitwertgrenze von Fr. 3000.- ist durch eine Teilrevision der ZPO, die vom Volke am 21. März 1976 angenommen wurde, auf Fr. 8000.- erhöht worden. Mit Beschluss vom 10. Mai 1976 hat die Bündner Regierung das revidierte Gesetz in Kraft gesetzt und folgende Übergangsregelung erlassen: "Fälle, die vor Inkrafttreten dieser Revision streitanhängig gemacht worden sind, werden nach dem bisher geltenden Recht behandelt. Es gelten sinngemäss die Übergangsbestimmungen von Art. 297 der Zivilprozessordnung. ..." Art. 297 ZPO lautet: "Fälle, die vor der Inkraftsetzung dieses Gesetzes streitanhängig gemacht worden sind, werden nach dem bisher geltenden Gesetz behandelt. Hingegen finden die Bestimmungen über die Rechtsmittel und über die Vollziehung von Urteilen, unabhängig vom Datum der Streitanhängigkeit, Anwendung auf alle Urteile, die nach Inkrafttretten dieses Gesetzes mitgeteilt werden." Der Beschluss der Regierung vom 10. Mai 1976 ist infolge eines Versehens erst im Amtsblatt des Kantons Graubünden Nr. 34 vom 27. August 1976 publiziert worden. Zuvor war die Öffentlichkeit lediglich durch ein Pressecommuniqué der Standeskanzlei vom 13. Mai 1976 auf den Inkraftsetzungsbeschluss BGE 104 Ia 167 S. 168 der Regierung hingewiesen worden. Dieses Pressecommuniqué erwähnt zwar die Übergangsbestimmungen, gibt sie jedoch nur teilweise, nämlich ohne die Verweisung auf Art. 297 ZPO , wieder. Die Leavag, Leasing- und Verkaufs-AG, Zürich, reichte am 27. Januar 1975 beim Bezirksgericht Maloja Klage gegen die Fuluma AG, St. Moritz, ein mit dem Rechtsbegehren, die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin Fr. 7318.30 zu bezahlen. Die Klage wurde mit Urteil vom 31. März/7. April 1976 - mitgeteilt am 16. August 1976 - in vollem Umfange gutgeheissen. Die Fuluma AG reichte am 3. September 1976 gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Maloja Berufung ein. Das Kantonsgericht trat jedoch am 12. Oktober 1976 auf diese nicht ein mit der Begründung, die in den revidierten Vorschriften der ZPO festgesetzte Streitwertgrenze von Fr. 8000.- sei nicht erreicht. Gegen den Nichteintretensbeschluss hat die Fuluma AG gestützt auf Art. 4 BV staatsrechtliche Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Erwägungen: 1. In der Beschwerde wird geltend gemacht, das Bündner Kantonsgericht hätte die revidierten Bestimmungen der ZPO nicht anwenden dürfen, bevor diese bzw. der Beschluss über ihre Inkraftsetzung veröffentlicht worden seien. Durch die Anwendung des neuen Rechts vor dessen Publikation seien die aus Art. 4 BV fliessenden Rechtsgrundsätze verletzt worden. Dass gegen das kantonale Recht verstossen worden sei, wird nicht behauptet. Tatsächlich enthält das Bündner Recht zur Zeit keine Bestimmungen über die Veröffentlichung und das Inkrafttreten der Gesetze. Zwar hat die Regierung am 10. April 1959 zur Verordnung über die Herausgabe eines Bündner Rechtsbuches und die Weiterführung der Amtlichen Gesetzessammlung vom 23. November 1956 u.a. folgende Ausführungsbestimmungen erlassen: "Art. 5 Zeitpunkt der Veröffentlichung. Die Veröffentlichung in der Amtlichen Gesetzessammlung erfolgt, sobald ein Gesetz vom Volke angenommen, eine Verordnung des Grossen Rates von der Absatz- und Redaktionskommission redaktionell BGE 104 Ia 167 S. 169 bereinigt oder die Verordnung einer anderen Behörde beschlossen ist. Wird der Zeitpunkt des Inkrafttretens erst später festgesetzt, so wird der Erlass veröffentlicht, sobald dieser Zeitpunkt feststeht. Bedarf ein Erlass zu seiner Gültigkeit der Genehmigung durch eine eidgenössische Behörde, so wird er erst nach erfolgter Genehmigung veröffentlicht. Art. 6 Inkrafttreten der Erlasse. Wird nichts anderes bestimmt, so tritt ein Erlass am dritten Tage nach seiner Veröffentlichung in der Amtlichen Gesetzessammlung in Kraft. Massgebend ist das Datum der deutschen Ausgabe." Am 28. Mai 1975 erliess der Grosse Rat jedoch eine neue Verordnung über die Herausgabe des Rechtsbuches 1976/77 und die Weiterführung der Amtlichen Gesetzessammlung, womit den regierungsrätlichen Ausführungsbestimmungen von 1956 die Grundlage entzogen wurde. Sie werden demnächst durch neue Ausführungsbestimmungen ersetzt werden. Nach den Angaben der Standeskanzlei werden allerdings die formell aufgehobenen Ausführungsbestimmungen in der Praxis bis zum Erlass der neuen Vorschriften als "im Prinzip weiter gültig" betrachtet. Es lässt sich also dem kantonalen Recht keine Vorschrift entnehmen, die das Inkrafttreten der Gesetze an die Voraussetzung der vorangehenden Publikation knüpfen würde. Zwar lassen die mangels neuer Vorschriften praktisch weiter angewendeten Ausführungsbestimmungen vom 10. April 1959 erkennen, dass die Veröffentlichung eines Erlasses als wesentliches Element des Inkrafttretens betrachtet wird und dass eine Norm in der Regel erst nach der Veröffentlichung in Kraft zu setzen ist. Eine umgekehrte Reihenfolge wird jedoch durch den Wortlaut dieser Bestimmungen nicht ausgeschlossen. Von einer Publikation der Erlasse im kantonalen Amtsblatt ist im übrigen nicht die Rede. 2. Es stellt sich daher die Frage, ob übergeordnete, aus der Verfassung abzuleitende Grundsätze die Anwendung eines Erlasses vor seiner Veröffentlichung verbieten. Dies trifft nach übereinstimmender Auffassung in Lehre und Rechtsprechung zu. Das Bundesgericht hat schon verschiedentlich erklärt, dass ein Gesetzeserlass erst mit der Veröffentlichung verbindlich werde und ein Inkrafttreten vor der Publikation grundsätzlich nicht in Frage kommen könne ( BGE 76 IV 52 E. 4b mit Hinweisen; BGE 100 Ib 343 , BGE 92 I 233 E. 4, BGE 61 I 417 , vgl. auch BGE 99 IV 164 , BGE 104 Ia 167 S. 170 64 I 66 ff.). Für das Bundesrecht ergibt sich dieses Prinzip schon aus den gesetzlichen Vorschriften: Nach Art. 9 des Bundesgesetzes über die Rechtskraft der bereinigten Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen für die Jahre 1848-1947 und über die neue Reihe der Sammlung sind die nach diesem Gesetz in die neue Gesetzessammlung aufzunehmenden Erlasse für den Bürger nur verbindlich, wenn sie in dieser Sammlung veröffentlicht sind. Art. 69 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Geschäftsverkehr der Bundesversammlung sowie über die Form, die Bekanntmachung und das Inkrafttreten ihrer Erlasse bestimmt zudem (wie Art. 36 Abs. 2 des früheren Geschäftsverkehrsgesetzes vom 9. Oktober 1902), dass der Zeitpunkt des Inkrafttretens eines Erlasses der Bundesversammlung in der Regel nicht früher als fünf Tage nach der Veröffentlichung angesetzt werden soll. Das gleiche gilt für die Erlasse des Bundesrates und seiner Departemente (Art. 4 der Verordnung über die Veröffentlichung der Gesetze und anderer Erlasse des Bundes vom 8. November 1949). - In der Literatur wird praktisch einhellig die Auffassung vertreten, dass es zumindest in der Regel der Veröffentlichung eines Erlasses bedürfe, damit dieser in Kraft treten könne. Ausnahmen seien nur dort zuzulassen, wo durch eine unverzügliche Inkraftsetzung die Möglichkeit rechtsmissbräuchlichen Verhaltens der vom neuen Erlass Betroffenen in der Zeitspanne zwischen dessen Bekanntgabe und dem Inkrafttreten ausgeschlossen werden müsse (vgl. GIACOMETTI, Das Staatsrecht der schweiz. Kantone, S. 435, 439; FLEINER/GIACOMETTI, Schweiz. Bundesstaatsrecht, S. 757; GEIGER, Zur Frage der Veröffentlichung und des Inkrafttretens bundesrechtlicher Erlasse, SJZ 48/1952 S. 56 ff.; BRÜHWILER, Veröffentlichung und Inkrafttreten bundesrechtlicher Erlasse, SJZ 48/1952 S. 270; AUBERT, Traité de droit constitutionnel, Bd. II, S. 575 N. 5; GRISEL, L'application du droit public dans le temps, ZBl 75/1974, S. 235 ff.). Die Publikation eines Erlasses ist somit im demokratischen Rechtsstaat - von einzelnen Ausnahmen abgesehen - eine unabdingbare Voraussetzung für das Inkrafttreten von gesetzlichen Vorschriften, d.h. für ihre Anwendbarkeit gegenüber den einzelnen Bürgern. 3. Die Standeskanzlei Graubünden hat in ihrer Stellungnahme denn auch nicht geltend gemacht, der Beschluss über die BGE 104 Ia 167 S. 171 Inkraftsetzung und die Übergangsbestimmungen der revidierten ZPO hätten nicht veröffentlicht werden müssen. Vielmehr glaubt sie, der Publikationsvorschrift dadurch Genüge getan zu haben, dass der Text der abgeänderten ZPO-Bestimmungen jedem Stimmberechtigten zugestellt und der Regierungsbeschluss vom 10. Mai 1976 durch ein offizielles Communiqué veröffentlicht wurde. Die Beschwerdegegner haben ausserdem darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin erst am 3. September 1976, also nach der Veröffentlichung des Inkraftsetzungsbeschlusses im Amtsblatt, ihre Berufungserklärung einreichte und sie daher in jenem Zeitpunkt das Datum des Inkrafttretens und den Wortlaut der Übergangsbestimmungen kennen musste. Ausschlaggebend ist, in welchem Zeitpunkt im Kanton Graubünden durch eine jedermann zugängliche Veröffentlichung bekannt gemacht wurde, dass die Übergangsregelung zur revidierten ZPO mit dem Hinweis auf Art. 297 ZPO die neue Streitwertgrenze für die Rechtsmitteleinlegung in bereits hängigen Prozessen als verbindlich erklärt. Die den Stimmbürgern zugestellte Botschaft enthielt weder Datum der Inkraftsetzung noch Übergangsbestimmungen und fällt daher in dieser Hinsicht als Publikation ausser Betracht. Ob allenfalls das offizielle Communiqué als genügende Veröffentlichung betrachtet werden könnte, braucht nicht entschieden zu werden, da dieses gerade den hier massgebenden Hinweis auf Art. 297 ZPO nicht erwähnte. Entgegen der Ansicht der Standeskanzlei kann auch niemandem zugemutet werden, sich zu erkundigen, ob das Communiqué den Regierungsbeschluss vollständig oder nur auszugsweise wiedergebe. Der in den Übergangsbestimmungen enthaltene Verweis auf Art. 297 ZPO wurde demnach vor dem Erscheinen des Amtsblattes am 27. August 1976 nicht veröffentlicht; er konnte also frühestens an diesem Tage in Kraft treten. Nach Art. 297 Abs. 2 ZPO finden die Bestimmungen über die Rechtsmittel und damit die Neufestsetzung der Streitwertgrenze nur Anwendung auf Urteile, die nach dem Inkrafttreten der revidierten Gesetzesvorschriften mitgeteilt werden. Bedeutungslos für die Anwendung des neuen Rechts ist der Zeitpunkt der Rechtsmitteleinreichung. Im vorliegenden Fall haben die Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Maloja am 16. August 1976, d.h. vor dem Inkrafttreten der Übergangsregelung am BGE 104 Ia 167 S. 172 27. August 1976 erhalten. Die Frage der Zulässigkeit der Berufung musste somit auf Grund des alten Rechtes entschieden werden, das eine Streitwertgrenze von Fr. 3000.- kannte. Die gegenteilige Meinung des Kantonsgerichtes ist unhaltbar, läuft auf eine Rechtsverweigerung hinaus und verstösst damit gegen Art. 4 BV . Die Beschwerde müsste im übrigen wohl auch deshalb gutgeheissen werden, weil es den Grundsatz von Treu und Glauben verletzt, auf Verfahren, in denen ein erstinstanzliches Urteil schon gefällt wurde, neue Rechtsmittelbestimmungen anzuwenden, während sich die Parteien bis zur Publikation der Neuordnung nach bereits teilweise verstrichener Rechtsmittelfrist darauf verlassen konnten, dass ihnen die Rechtsmittel gemäss altem Recht zur Verfügung stünden.
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nan
de
1,978
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1a680801-3078-4e3c-8e59-cfe284fe8476
Urteilskopf 104 Ib 327 51. Extrait de l'arrêt du 12 juillet 1978 dans la cause Jorissen contre Conseil d'Etat du canton du Valais
Regeste Erwerb von Grundstücken durch Personen mit Wohnsitz im Ausland. Bezeichnung der Orte, wo das ausländische Grundeigentum einen erheblichen Umfang erreicht ( Art. 7 Abs. 1 lit. b BewB ). Die durch die kantonalen Behörden vorgenommene Ausdehnung des Gebietes, in dem das ausländische Grundeigentum einen erheblichen Umfang annimmt, ist unwirksam, soweit diese Ausdehnung nicht durch die eidgenössische Behörde genehmigt worden ist.
Erwägungen ab Seite 328 BGE 104 Ib 327 S. 328 Extrait des considérants: 4. Selon l' art. 7 al. 1 let. b AFAIE , l'autorisation doit être refusée, sans égard à un intérêt légitime lorsque, dans le cas visé à l'art. 6 al. 2 let. a ch. 3, l'immeuble à acquérir se trouve en un lieu où la propriété foncière en mains étrangères prend des proportions considérables. L'art. 3 al. 1 et 5 de l'ordonnance du 10 novembre 1976 sur l'acquisition d'immeubles dans des lieux à vocation touristique par des personnes domiciliées à l'étranger (OAITE; RS 211.412.413) précise que les lieux mentionnés dans l'annexe 1 sont soumis au blocage des autorisations s'ils figurent dans l'annexe 2 avec le signe ***. a) En fait, la commune d'Ayent figure sans autre indication dans l'annexe 1; dans l'annexe 2, elle est mentionnée avec les indications suivantes: "Ayent: Anzère et zone touristique ***." (Cf. RS 211.412.413, p. 16 et 22.) La parcelle no 3380 que le recourant désire acquérir se trouve au lieu dit La Tzoumaz et non pas à Anzère; cela ressort clairement des documents officiels, en particulier des inscriptions au registre foncier ainsi que de la carte nationale no 1286. Il en résulte que l'autorisation ne devrait être refusée à Jorissen en vertu de l' art. 7 al. 1 let. b AFAIE que si la région de La Tzoumaz devait être considérée comme faisant partie de la zone touristique d'Anzère. Or, au moment de la vente de la parcelle no 3380 au recourant (le 28 décembre 1976), cela n'était pas encore le cas; en effet, c'est le 17 février 1977 que trois fonctionnaires valaisans ont décidé d'étendre la zone touristique d'Anzère soumise au blocage des autorisations en abaissant à la cote 1200 la limite inférieure de cette zone et d'y inclure ainsi la région de La Tsoumaz; cette décision n'a fait l'objet d'aucune BGE 104 Ib 327 S. 329 publication et, de plus, elle n'a été approuvée ni par le Conseil d'Etat, ni par le Département fédéral de justice et police. Ainsi, il y a lieu d'examiner si, comme l'admettent le Conseil d'Etat et la Division fédérale de la justice, le chef du Service juridique du registre foncier a le pouvoir de délimiter, d'entente avec les services cantonaux de l'aménagement du territoire et du tourisme, le périmètre des zones soumises au blocage des autorisations, au fur et à mesure du développement du tourisme dans les communes valaisannes mentionnées dans l'annexe 1. b) La disposition de l'art. 6 al. 2 let. a ch. 3 AFAIE a été introduite dans le texte de l'AF du 23 mars 1961 lors de la revision du 24 juin 1970 (cf. RO 1970, p. 1195). Les débats qui ont eu lieu devant les Chambres montrent clairement que le législateur de 1970 entendait laisser à la jurisprudence, non au Conseil fédéral, le soin de définir de manière plus précise les "lieux dont l'économie dépend du tourisme" (cf. notamment BO CN 1970, p. 90 in fine). Toutefois, dans son arrêt Texier, le Tribunal fédéral a considéré que le Conseil fédéral avait de bonnes raisons de ne pas laisser aux autorités cantonales inférieures le pouvoir de dire si un lieu a une vocation touristique au sens de l'art. 6 al. 2 let. a ch. 3 AFAIE; il a donc jugé compatibles avec l'arrêté fédéral les dispositions de l'art. 2 al. 2 et 3 de l'ACF du 21 décembre 1973, c'est-à-dire de l'actuel art. 2 al. 2 et 3 OAITE ( ATF 102 Ib 29 ss. consid. 3a et b). Lors de la revision du 21 mars 1973, le législateur a érigé en motif impératif de refus le fait que l'immeuble à acquérir se trouve en un lieu à vocation touristique où la propriété foncière en mains étrangères prend des proportions considérables ( art. 7 al. 1 let. b AFAIE ). Ni dans son message du 25 octobre 1972, ni devant les Chambres, le Conseil fédéral n'avait annoncé son intention d'établir la liste de ces lieux soumis au blocage des autorisations. C'est la Commission du Conseil national qui a proposé d'insérer à l'art. 6a (devenu l'actuel art. 7) un alinéa 2, aux termes duquel le Conseil fédéral est chargé de déterminer chaque année, après avoir entendu les gouvernements cantonaux, "les lieux visés par l'al. 1 let. b", c'est-à-dire les lieux soumis au blocage des autorisations ( art. 7 al. 2 AFAIE ). Le législateur a ainsi clairement et de manière expresse conféré au Conseil fédéral le pouvoir d'établir, après avoir entendu les gouvernements cantonaux intéressés, la liste BGE 104 Ib 327 S. 330 exhaustive des lieux à vocation touristique qui sont soumis au blocage des autorisations. Dans son arrêt Texier, le Tribunal fédéral a, il est vrai, admis que le Conseil fédéral délègue au Département fédéral de justice et police la compétence de compléter cette liste "aussitôt que la délivrance d'une autorisation aurait pour effet que le lieu en question remplirait les conditions justifiant le blocage", le gouvernement cantonal devant être au préalable entendu ( art. 3 al. 6 OAITE , cf. dans ce sens ATF 102 Ib 30 s. consid. 3b). Il n'était pas question de laisser aux autorités cantonales inférieures le soin de dire si un lieu à vocation touristique doit être soumis au blocage des autorisations, ni même de délimiter de manière plus précise les zones touristiques mentionnées de manière vague dans l'annexe 2. c) Il apparaît clairement que la "décision" du 17 février 1977 n'avait aucune valeur aussi longtemps que, avec l'accord du Conseil d'Etat valaisan, le Département fédéral de justice et police ne l'aurait pas approuvée et n'aurait pas modifié dans ce sens l'annexe 2. Dès lors, il faut constater que la parcelle no 3380 n'est pas située en un lieu à vocation touristique soumis au blocage des autorisations par le Conseil fédéral ou par le Département fédéral de justice et police. Dans ces conditions, c'est à tort que les autorités cantonales ont appliqué l' art. 7 al. 1 let. b AFAIE : le recours doit ainsi être admis.
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1a6c0930-86ab-4ee2-8339-6b5697f5cf8b
Urteilskopf 90 III 13 4. Entscheid vom 10. März 1964 i.S. Boog, Eheleute.
Regeste Wird ein Dritter fälschlicherweise als gesetzlicher Vertreter des Schuldners betrachtet, so ist die an jenen erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls nichtig. Eine nachträgliche Ernennung jenes Dritten zum Beistand vermag den Mangel nicht zu beheben. Art. 392 Ziff. 2 und Art. 418 ZGB . Art. 47 SchKG . (Erw. 1). Auslegung einer Ernennung zum Beistand des Schuldners "für eine neue Betreibung" nach Aufhebung der frühern Betreibung wegen formeller Mängel. Art. 392 Ziff. 2 ZGB . (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 90 III 13 S. 14 A.- In einer Betreibung der Anstalt Solana, Vaduz, gegen Frau Marie Boog für eine Forderung von Fr. 4'499.20 nebst Zins (als Vollschuld) musste für den mitzubetreibenden Ehemann der Schuldnerin, Alois Boog, der bevormundet ist, ein Beistand gemäss Art. 392 Ziff. 2 ZGB ernannt werden, da die als Vormünderin ernannte Ehefrau ihn in dieser Angelegenheit nicht vertreten kann. Als Beistand ernannte der Gemeinderat von Ebikon Adolf Birrer. Indessen wurde die Betreibung Nr. 12638/39 wegen formeller Fehler aufgehoben, worauf der Gemeinderat Adolf Birrer auch für eine neue Betreibung der Anstalt Solana als Beistand des Alois Boog bezeichnete. Die neue Betreibung Nr. 12942 scheiterte dann aber ebenfalls an formellen Fehlern. Deshalb leitete die Gläubigerin am 24. Juli 1963 eine dritte Doppelbetreibung (Nr. 13329) ein. Der für Alois Boog bestimmte Zahlungsbefehl wurde wiederum Adolf Birrer ausgehändigt, der hierauf Rechtsvorschlag erhob. Auf Begehren der Gläubigerin ernannte am 24. September 1963 der Gemeinderat von Ebikon Adolf Birrer noch ausdrücklich als Beistand des Ehemannes der Schuldnerin für die Betreibung Nr. 13329. B.- Die Eheleute Boog fochten die Betreibung Nr. 13329 durch Beschwerde als nichtig an, weil Birrer nicht mehr Beistand des Alois Boog gewesen sei und der BGE 90 III 13 S. 15 Zahlungsbefehl dieser Betreibung ihm daher nicht gültig habe zugestellt werden können. C.- Die kantonalen Aufsichtsbehörden haben Beschwerde und Rekurs der betriebenen Eheleute abgewiesen. Der Entscheid der obern Aufsichtsbehörde vom 11. Februar 1964 stützt sich auf folgende Erwägungen: Zu Unrecht halten die Rekurrenten dafür, die nach Aufhebung der ersten Betreibung laut Brief des Gemeinderates vom 1. Juni 1963 "für eine neue Betreibung" erneuerte Beistandsernennung habe nur für eine (einzige) Betreibung, nämlich die zweite, Nr. 12942, gegolten. "Vielmehr sollte der Beistand einfachhin in einer neuen Betreibung handeln können", also auch in der dritten, wie sie dann wegen formeller Mangelhaftigkeit jener zweiten notwendig wurde. Wollte man dies jedoch nicht gelten lassen, so wäre die Zustellung des für Alois Boog bestimmten Zahlungsbefehls Nr. 13329 an Adolf Birrer dennoch als gültig zu erachten, nachdem er ja dann am 24. September 1963 auch für diese Betreibung als Beistand ernannt worden ist. Denn in dieser Ernennung liegt eine nachträgliche Genehmigung der von Birrer als Beistand vorgenommenen Handlungen, insbesondere der Entgegennahme des Zahlungsbefehls Nr. 13329 und der Erhebung des Rechtsvorschlages. D.- Mit vorliegendem Rekurs an das Bundesgericht halten die Eheleute Boog am Antrag fest, die Betreibung Nr. 13329 sei "als nichtig festzustellen und rechtsunwirksam zu erklären". Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Wenn, wie die Rekurrenten annehmen, Adolf Birrer bei der Entgegennahme des Zahlungsbefehls Nr. 13329 nicht als Beistand zu handeln befugt war, so erweist sich die Zustellung als ungültig und die Betreibung als nichtig. Denn wenn Birrer, gemäss dieser Auffassung, nicht mehr als gesetzlicher Vertreter des Ehemannes Boog zu amten hatte, so konnte diese Zustellung schlechthin keine Rechtswirkungen BGE 90 III 13 S. 16 entfalten, auch dann nicht, wenn die Urkunde alsdann in die Hände des (handlungsunfähigen) Alois Boog selbst oder seiner (in dieser Angelegenheit nicht vertretungsberechtigten) Vormünderin gelangte. Ein derart unwirksamer Zustellungsakt konnte - entgegen den Eventualerwägungen der Vorinstanz - nicht durch eine spätere Ernennung des Adolf Birrer als Beistand nachträglich gültig werden. Der Hinweis auf EGGER, N. 2 zu Art. 418 ZGB , geht fehl. Wenn danach Handlungen eines von der Vormundschaftsbehörde ernannten Beistandes, die er als dringlich ohne Einholung genauer Weisungen vorsorglicherweise vornahm, nachträglich genehmigt werden können, so folgt daraus nicht, dass auch Handlungen eines Unbefugten für einen Dritten Verbindlichkeit erlangen, wenn jener nachträglich als dessen Beistand ernannt wird. Art. 418 ZGB hat nur die Weisungen der Vormundschaftsbehörde an einen bereits ernannten Beistand im Auge, und jene Kommentarstelle bezieht sich demgemäss auf Handlungen, die der Betreffende vornimmt, um eben die ihm (bereits) übertragene Aufgabe als Beistand zu erfüllen. Jemand aber, dem diese Stellung nicht zukommt, kann überhaupt nicht in solcher Eigenschaft handeln, auch nicht im Hinblick auf eine künftige Ernennung. Vorbehalten bleiben Rechtshandlungen, die, auch wenn sie ohne Vertretungsbefugnis vorgenommen wurden, nachträglicher Genehmigung zugänglich sind (vgl. Art. 38 OR ). Dies steht aber hier nicht in Frage. Es geht nicht etwa um den von Adolf Birrer für Alois Boog erhobenen Rechtsvorschlag, sondern um die Zustellung des Zahlungsbefehls, eine Handlung des Betreibungsamtes. Wurde diese Betreibungsurkunde einer fälschlicherweise als Vertretungsbeistand betrachteten Person zugestellt, so konnte eine spätere Beistandsernennung nicht rückwirkend die in ungültiger Weise erfolgte Zustellung des Zahlungsbefehls Nr. 13329 gültig machen. 2. Somit hängt die Entscheidung davon ab, ob Birrer bei der Zustellung des Zahlungsbefehls Nr. 13329 als BGE 90 III 13 S. 17 Beistand zu wirken befugt war. Dies hat die Vorinstanz in ihren Haupterwägungen in zutreffender Weise bejaht. Wenn nach Aufhebung der vorausgegangenen Betreibungen der Gemeinderat am 1. Juni 1963 erklärte, dass "für eine neue Betreibung ebenfalls ... Birrer ... mitzuwirken" habe, so muss dies bei mangelhafter Einleitung einer zweiten Doppelbetreibung gegen die Eheleute Boog vernünftigerweise auch für die nachfolgende dritte Betreibung gelten, welche dieselbe Forderung betraf und wobei die Vormünderin wiederum gehindert war, den mitbetriebenen Ehemann zu vertreten. Es war daher unnötig, dass der Gemeinderat am 24. September 1963 auch für die Betreibung Nr. 13329 Birrer zum Beistand ernannte. Er war es bei Anhebung dieser Betreibung schon gewesen. Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob die Vertretungsbeistandschaft nicht selbst dann, wenn sie lediglich für die damals bevorstehende zweite Betreibung erneuert worden wäre, über deren Dauer hinaus auch für die dieselbe Schuld betreffende dritte Betreibung hätte gelten müssen, weil es im Grunde genommen um die Vollstreckung der in Frage stehenden Vollschuld der Frau Boog ging und die Betreibung Nr. 13329 nichts anderes als eine durch das formelle Scheitern der zweiten Betreibung bedingte Weiterung der Angelegenheit war (vgl. H. PFANDER, Die Beistandschaft nach Art. 392 und 393 ZGB , Diss. 1932, S. 46, und EGGER, 2. Auflage, N. 2 zu Art. 439/40 ZGB). Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr. u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
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Federation
1a6d5603-d32f-40bb-9f9f-e81e2b76d834
Urteilskopf 101 Ia 416 68. Sentenza del 30 luglio 1975 nella causa Bartolini, Cavina, Franciosi e Rinaldi contro Ministero pubblico della Confederazione
Regeste Auslieferung; Europäisches Auslieferungsübereinkommen; Bundesbeschluss vom 27. September 1966 über dessen Genehmigung. 1. Akzessorische Auslieferung; Art. 2 Abs. 2 des Übereinkommens. Die Schweiz hat sich zur akzessorischen Auslieferung nicht nur wegen in der Liste nicht enthaltener Delikte, die mit Freiheitsstrafe bedroht sind, verpflichtet, sondern, unter Vorbehalt der Gegenseitigkeit, auch wegen solcher, die nur mit Geldstrafe bedroht sind (Erw. 1b). Zuständigkeit des Bundesgerichts (Erw. 1b-d). 2. Art. 12 Abs. 2 lit. b des Übereinkommens. Die nach dieser Bestimmung verlangten Angaben sollen dem ersuchten Staat ermöglichen, den Sachverhalt im Hinblick auf das Auslieferungsrecht zu würdigen (Erw. 2). 3. Beidseitige Strafbarkeit. "Schweizerisches Recht" im Sinne des Bundesbeschlusses vom 27. September 1966. Unter "Schweizerischem Recht" wird mit Ausnahme von kantonalem Strafrecht (vorliegend geht es um den Tatbestand des unbefugten Waffentragens) im allgemeinen nur Bundesrecht verstanden (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 3d). 4. Als Auslieferungsrichter ist das Bundesgericht an die tatsächlichen Darstellungen im Haftbefehl gebunden (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 5). 5. Relativ politisches Delikt. Damit gemeinrechtlichen Delikten ein vorwiegend politischer Charakter zuerkannt werden kann, ist erforderlich, dass sie im Kampf um die politische Macht begangen worden sind oder dass sie darauf ausgerichtet sind, jemanden der Gewalt einer Macht zu entziehen, die jegliche Opposition ausschliesst (Bestätigung der Rechtsprechung) (Erw. 6b).
Sachverhalt ab Seite 418 BGE 101 Ia 416 S. 418 A.- I cittadini italiani Claudio Bartolini (1956), Stefano Cavina (1955), Franco Franciosi (1953), Ernesto Rinaldi (1955) e Domenico D'Orazio (1953) sono entrati illegalmente in Svizzera il 9 dicembre 1974, valicando la frontiera sui monti di Scaiano (TI). Su richiesta motivata dell'Interpol di Roma, il Dipartimento federale di giustizia e polizia poneva l'11 dicembre 1974 Bartolini, Cavina, Franciosi e Rinaldi in stato di detenzione provvisoria a titolo estradizionale. Quanto a D'Orazio, le autorità italiane furono avvertite che la sola imputazione di favoreggiamento, contro di lui sollevata, non giustifica l'estradizione; egli fu rilasciato. Il 18 dicembre 1974 l'Ambasciata d'Italia a Berna ha chiesto l'estradizione dei ricercati, fondandosi su due distinti mandati di cattura (Nr. 96/74 e 101/74) emessi dal Procuratore della Repubblica presso il Tribunale di Bologna di data 6, rispettivamente 10 dicembre 1974. Il mandato del 6 dicembre 1974 addebita a Cavina, Franciosi e Rinaldi di aver participato ad un tentativo di rapina BGE 101 Ia 416 S. 419 avvenuto il 5 dicembre 1974 a Mascarino di Argelato (Bologna) e conclusosi con l'uccisione di un carabiniere. Esso imputa ai ricercati, in concorso fra loro, i reati di associazione per delinquere (art. 416 CPI), porto abusivo d'armi (art. 699 CPI), tentata rapina (art. 628 in relazione con art. 56 CPI), omicidio sulla persona di pubblico ufficiale commesso per assicurarsi l'impunità di altro reato (art. 575 in relazione con art. 61 ni. 2 e 10 CPI) e di resistenza a pubblico ufficiale (art. 337 CPI). Il mandato del 10 dicembre 1974 riteneva invece nei confronti di Bartolini e D'Orazio solo il reato di favoreggiamento personale (art. 378 CPI) per aver essi aiutato gli altri a fuggire in Svizzera. Già il 30 dicembre 1974 l'Ambasciata d'Italia a Berna comunicava però che, con nuovo mandato di cattura dell'11 dicembre 1974, il Procuratore della Repubblica aveva esteso a Bartolini le imputazioni mosse a Cavina, Franciosi e Rinaldi, restando così assorbita l'accusa di favoreggiamento personale, e chiedeva che l'estradizione fosse accordata anche nei di lui confronti per i suddetti titoli. Infine, con nota del 18 febbraio 1975, l'Ambasciata d'Italia chiedeva che l'estradizione di Bartolini, Franciosi, Cavina e Rinaldi fosse concessa anche a dipendenza di una rapina commessa il 9 novembre 1974 a Bologna ai danni di Bruno Fazzioli, direttore di un supermercato della Coop, e ciò sulla scorta di un nuovo ordine di cattura del 24 gennaio 1975 della Procura della Repubblica di Bologna. In questo mandato sono ritenuti nei confronti dei 4 ricercati, in concorso fra loro, i reati di furto aggravato (art. 624, 625 ni. 2 e 5 in relazione coll'art. 61 no. 2 CPI) e porto d'armi abusivo (art. 699 CPI), nonché la contravvenzione all' art. 66 del codice della strada. B.- Interrogati il 17 gennaio, rispettivamente il 27 febbraio 1975 sulle domande di estradizione dal Giudice istruttore della giurisdizione sopracenerina, Bartolini, Franciosi, Cavina e Rinaldi si sono opposti all'estradizione per motivi che, ribaditi dal loro patrocinatore con esposto del 28 marzo 1975, saranno riferiti in appresso. C.- L'8/9 luglio 1975 il Dipartimento federale di giustizia e polizia ha trasmesso gli atti al Tribunale federale per la decisione di sua competenza, accludendovi un rapporto del 27 maggio 1975 della Divisione di polizia e le osservazioni del BGE 101 Ia 416 S. 420 Ministero pubblico della Confederazione del 1o luglio 1975. Queste si limitano a contestare la natura politica dei reati addebitati ai ricercati, senza formulare conclusioni esplicite. Erwägungen Considerato in diritto: 1. a) L'estradizione reciproca dei delinquenti tra la Svizzera e l'Italia è retta dalla Convenzione europea di estradizione, che ha abrogato (art. 28 § 1) il Trattato italo-svizzero del 1868. La Convenzione consacra il principio della doppia incriminazione, e, trattandosi dell'estradizione di prevenuti, pone delle esigenze minime quanto alla durata della pena privativa della libertà che deve essere comminata nelle legislazioni di entrambi gli Stati: perché si dia estradizione, il massimo della pena edittale non deve essere inferiore ad un anno. Aderendo alla Convenzione la Svizzera - la cui legge d'estradizione è basata sul sistema enumerativo - ha fatto uso della facoltà accordatale dall'art. 2 §§ 3 e 4 della Convenzione, e, restringendo la clausola generale del § 1 di questo articolo, ha allestito e notificato al Consiglio d'Europa un elenco dei reati, per i quali il diritto svizzero autorizza l'estradizione, riservandosi il diritto di rifiutarla per i reati non compresi nell'elenco (art. 2 ad art. 2 § 1 del decreto federale del 27 settembre 1966 approvante la Convenzione). b) Secondo l'art. 2 § 2 della Convenzione, quando la domanda d'estradizione concerne più fatti distinti, puniti ciascuno dalle leggi d'entrambe le Parti, ma di cui taluni non adempiono le condizioni sulla misura della pena previste dal paragrafo primo dello stesso articolo, la Parte richiesta ha la facoltà di accordare l'estradizione, cosiddetta accessoria, anche per questi ultimi. A proposito di quest'articolo della Convenzione la Svizzera ha precisato (art. 2 ad art. 2 § 2 del decreto federale) che la riserva da lei espressa a proposito del § 1 dell'art. 2 della Convenzione non le impedisce di accordare l'estradizione accessoria per qualsiasi altro fatto punibile secondo una disposizione del diritto comune della legislazione svizzera. Con questa precisazione, la Svizzera si è dichiarata non solo disposta ad accordare l'estradizione accessoria per reati, non compresi nell'elenco, cui è comminata una pena privativa della libertà, come previsto dalla Convenzione, ma a estenderla, a condizione di reciprocità, anche a infrazioni perseguite BGE 101 Ia 416 S. 421 con sole pene pecuniarie (Messaggio del CF, FF. 1966 I pag. 431/34, in particolare pag. 434; MARKEES, Die Schweiz und das europäische Auslieferungsabkommen, RPS 88 (1967) p. 118; cfr. anche DTF 95 I 467 e l'ulteriore dottrina ivi citata). c) Allorquando una domanda d'estradizione gli è sottoposta, il Tribunale federale esamina d'ufficio se le condizioni per accordarla sono adempiute, senza essere legato ai motivi invocati dal ricercato nella sua opposizione (DTF DTF 97 I 375 ; DTF 99 Ia 554 ). Ciò vale, secondo la giurisprudenza, anche per i requisiti formali della domanda di estradizione, sui quali spetta in primo luogo alla Divisione di polizia di pronunciarsi ( DTF 27 I 89 ; DTF 57 I 294 ; DTF 101 Ia 62 consid. 3). d) Nella sentenza Della Savia ( DTF 95 I 467 ) il Tribunale federale ha sollevato, senza risolverla, la questione dell'autorità competente per concedere la (facoltativa) estradizione accessoria prevista dall'art. 2 § 2 della Convenzione e dalla dichiarazione della Svizzera a proposito di tale disposizione. Anche se l'estradizione accessoria coinvolge un giudizio di opportunità, non v'è ragione perché il Tribunale federale, nei casi in cui la domanda d'estradizione gli è sottoposta in applicazione della legge, non si pronunci anche su codesto punto, così come deve pronunciarsi su altre questioni di opportunità che l'applicazione della Convenzione implica (cfr. DTF 95 I 468 b). 2. Nella loro opposizione i ricercati contestano che le domande presentate dall'Italia soddisfino i requisiti posti dall'art. 12, No. 2, lett. b della Convenzione, relativi al sostanziamento fattuale delle incriminazioni. L'obiezione è infondata. Le precisazioni previste da questa disposizione perseguono il fine di consentire alla Parte richiesta di qualificare i fatti per rapporto al diritto d'estradizione: in particolare, per stabilire che il reato non è avvenuto su territorio della Parte richiesta, per escludere che l'azione penale sia prescritta secondo le leggi dello Stato dove il ricercato ha trovato rifugio, come pure per qualificare il reato e consentire un giudizio sull'eventuale natura politica dello stesso. Considerate sotto questo profilo, le indicazioni fornite in appoggio della domanda appaiono sufficienti, tanto più che esse hanno dovuto essere formulate prima di una completa BGE 101 Ia 416 S. 422 istruzione della causa ( DTF 57 I 294 ; DTF 101 Ia 62 consid. 3). Vi è ancor meno motivo di mostrarsi eccessivamente rigorosi, in quanto sono in atti gli accertamenti compiuti dalla polizia giudiziaria ticinese in occasione dell'interrogatorio dei prevenuti. 3. a) Per quanto riguarda i fatti di Argelato i requisiti della doppia incriminazione e della misura della pena edittale sono manifestamente adempiuti per le imputazioni di rapina (art. 628 CPI e 139 CPS) e di omicidio (art. 575 CPI e 111 e rel. CPS); entrambi questi reati sono inoltre contemplati nell'elenco (ni. 19 e 1). b) Per contro, fa difetto il requisito della doppia incriminazione per il delitto di associazione per delinquere (art. 416 CPI), sconosciuto dal diritto svizzero, il quale prevede soltanto in casi particolari l'associazione ad una banda quale aggravante del furto e della rapina. Contrariamente a quanto avveniva vigente l'abrogato trattato d'estradizione italo-svizzero del 1868, che per tale delitto prescindeva dalla doppia incriminazione, l'estradizione non può per tale titolo essere concessa ( DTF 95 I 468 b). c) Il reato di resistenza a pubblico ufficiale (art. 337 CPI) corrisponde alle fattispeci rette dagli articoli 285 (violenza o minaccia contro le autorità e i funzionari) e 286 CPS (impedimento di atti dell'autorità). Contrariamente a quanto asseverano gli opponenti, il requisito della doppia incriminazione è adempiuto. Il catalogo dei reati, per i quali il diritto svizzero accorda l'estradizione, non menziona però espressamente queste infrazioni. Esso contempla tuttavia (No. 10) le "minacce di violenza alle persone ed alla proprietà", dizione che fa, in presenza di minacce gravi all'integrità personale, della minaccia (art. 180 CPS) e della coazione (art. 181 CPS) delitti per cui l'estradizione è accordata (cfr. SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, p. 301/02 e nota 273 ivi). Ora, il delitto di cui all'art. 285 No. 1 CPS costituisce, secondo la dottrina, coazione qualificata (SCHWANDER, Das schweizerische Strafgesetzbuch No. 746; GERMANN, Taschenausgabe ad art. 285), per cui, in presenza di minacce gravi contro la persona, anche esso potrebbe cadere sotto la cifra 10 del suddetto catalogo. Non è tuttavia necessario risolvere queste questioni. Dato che l'estradizione deve essere concessa per le imputazioni di BGE 101 Ia 416 S. 423 rapina e di omicidio, quella per il titolo dell'art. 337 CPI ha carattere accessorio. Non sussiste alcun ragionevole motivo per rifiutarla. Non solo la richiedono manifeste ragioni di economia processuale, ma essa non è neppur contraria agli interessi degli estradandi, che vedono giudicati in un unico procedimento tutti gli addebiti loro mossi, e non debbono temere una ripresa del procedimento trascorso il termine di protezione previsto dall'art. 14 § 1 lett. b della Convenzione (cfr. GRÜTZNER, Aktuelle Probleme der Auslieferung, Zeitschrift für gesamte Strafrechtswissenschaft, vol. 81 (1969) p. 125). d) Nel codice penale svizzero non è contemplato un reato corrispondente al porto abusivo d'armi perseguito dall'art. 699 CPI. Il porto d'armi è però, in 10 cantoni, sottoposto ad autorizzazione e quello abusivo costituisce contravvenzione; sorge pertanto la questione di sapere se, al fine dell'esame dell'adempimento del precetto della doppia incriminazione, per "diritto svizzero" nell'accezione del Decreto federale del 27 settembre 1966 debba intendersi il solo diritto federale o se invece l'enunciazione sia comprensiva delle disposizioni di diritto penale cantonale. In linea di principio deve essere ammesso che solo le infrazioni punite dal diritto federale possono dar luogo a estradizione. Pur ammettendo che la regola possa prestarsi ad eccezioni in presenza di circostanze particolari, tali circostanze non possono essere ravvisate nella concreta fattispecie. Non appare infatti opportuno distinguere a seconda della legislazione cantonale vigente nel luogo, ove si è effettuato l'arresto, perché in tal caso si farebbe dipendere l'adempimento di un requisito essenziale per l'estradizione da una circostanza fortuita. Negato che nella concreta fattispecie sussiste la doppia incriminazione, il problema dell'estradizione accessoria non si pone, e l'estradizione deve per tale imputazione essere rifiutata. Si deve quindi concludere che, con riserva dell'esame delle ulteriori obiezioni degli estradandi, l'estradizione per i fatti di Argelato entra in considerazione, in linea di principio, per le imputazioni di rapina, omicidio e resistenza a pubblico ufficiale, mentre è esclusa per le imputazioni di associazione per delinquere e porto abusivo d'armi. 4. Quanto ai fatti avvenuti a Bologna il 9 novembre 1974, è dato il requisito della doppia incriminazione BGE 101 Ia 416 S. 424 sia per l'imputazione di rapina (v. sopra), sia per quella di furto aggravato (art. 624 e 625 CPI, 137 CPS), sia per le lesioni personali (art. 582, 585, 576 CPI e 122 CPS). I reati figurano nell'elenco: quello di lesioni (No. 4) consente l'estradizione solo se esse hanno provocato un'incapacità al lavoro di più di venti giorni, ipotesi non realizzata in concreto, poiché secondo il mandato di cattura le lesioni provocate a Fazzioli sono guarite in 8 giorni. Tuttavia, per le ragioni già menzionate, anche per le lesioni l'estradizione può essere accordata a titolo accessorio. Per quanto riguarda il porto d'armi abusivo l'estradizione deve essere negata per le stesse ragioni menzionate al considerando 3d. La contravvenzione prevista dall' art. 66 cpv. 9 del codice stradale italiano (circolazione con targhe non proprie del veicolo) è perseguibile anche in Svizzera (art. 97 LCS); anche in questo caso l'estradizione accessoria può essere ammessa. Per i fatti di Bologna, l'estradizione è quindi ammissibile, sotto riserva delle ulteriori obiezioni dei ricercati, per tutte le imputazioni, tranne quella di porto d'armi abusivo. 5. Per i fatti di Argelato, i ricercati sostengono anzitutto che non si può parlare di tentativo di rapina, ma soltanto di atti preparatori non punibili. A parte il fatto che codesta tesi, contenuta nel memoriale del loro patrono, è in contrasto con le dichiarazioni rese in precedenza alla polizia giudiziaria ticinese, prima, ed al Giudice istruttore, poi, il motivo d'opposizione non è proponibile. Per costante giurisprudenza il Tribunale federale, quale giudice dell'estradizione, è vincolato dalle risultanze dell'atto di cattura, fintanto almeno ch'esso non contenga errori manifesti ( DTF 95 I 467 consid. 5 e riferimenti; sentenza Castori del 19.3.1975 consid. 4 non pubblicato). Un riesame di questa giurisprudenza alla luce delle critiche di dottrina si rivela anche nel presente caso superfluo, perché anche per i fautori della sua modificazione occorre che il prevenuto sia in grado di dimostrare immediatamente e direttamente la propria innocenza, ciò che in casu non si verifica (sentenze citate). Le stesse considerazioni valgono per quanto concerne la pretesa dei ricercati di essere totalmente estranei all'uccisione del carabiniere, avendo essi ignorato che alcuni compagni fossero armati, nonché per l'asserzione di Bartolini, di aver egli ammesso la sua partecipazione ai fatti vuoi per un malinteso BGE 101 Ia 416 S. 425 senso di solidarietà verso i compagni, vuoi perché sottoposto a pressioni da parte di un capitano dei carabinieri, che avrebbe assistito agli interrogatori dei prevenuti a Locarno. Gli stessi rilievi vanno fatti per le contestazioni relative alla rapina di Bologna: le asserzioni dei prevenuti sono d'altronde in contrasto con le ammissioni da loro fatte davanti alla polizia giudiziaria ticinese. 6. Giusta l'art. 3 § 1 della Convenzione, l'estradizione è negata se i fatti delittuosi per i quali essa è domandata sono considerati dalla Parte richiesta come un reato politico o come un fatto connesso ad un simile reato; inoltre, secondo il § 2 dello stesso articolo, l'estradizione è altresì rifiutata se la Parte richiesta ha motivi seri per credere che la domanda sia stata presentata allo scopo di perseguire o punire un individuo per considerazioni di razza, di religione, di nazionalità o di opinioni politiche, o che la condizione di questo individuo arrischi di essere aggravata per l'uno o l'altro di questi motivi. a) A questo proposito gli estradandi fanno valere anzitutto che, in un avviso di apertura di procedimento penale emesso il 13 dicembre 1974 dal Procuratore della Repubblica di Bologna nei loro confronti, essi sono prevenuti del reato di formazione e partecipazione a banda armata (art. 306 CPI) in relazione col reato di cui all'art. 285 CPI (devastazione, saccheggio e strage allo scopo di attentare alla sicurezza dello Stato), per fatti commessi a Varese e Bologna anteriormente al 5 dicembre 1974. Fondandosi parimenti su articoli apparsi nella stampa italiana, essi ne deducono che, una volta estradati, la magistratura italiana si appresta a accusarli di altri reati, in particolare dei delitti di cui alle due citate disposizioni, per i quali la domanda d'estradizione non è stata presentata, e chiedono che l'autorità italiana sia richiamata alla stretta osservanza del principio della specialità. La domanda è improponibile: gli Stati, che hanno sottoscritto la Convenzione, sono tenuti direttamente in virtù dell'art. 14 di questa al rispetto della regola della specialità. Non v'è d'altronde alcun motivo di dubitare che la domanda di estradizione sia stata presentata per perseguire gli estradandi a cagione della loro opinione politica, o che la loro condizione arrischi per tale motivo di essere aggravata (art. 3 § 2 della Convenzione). b) Gli estradandi invocano infine la motivazione politica delle azioni loro rimproverate che, rivolte a loro dire contro BGE 101 Ia 416 S. 426 proprietà appartenenti ad avversari politici, finanziatori di movimenti d'estrema destra, avrebbero costituito degli "espropri", il cui provento era destinato a assistere i familiari di loro compagni in carcere o in esilio per ragioni politiche. A parte il fatto che le dichiarazioni fatte dagli estradandi su tal punto sono contraddittorie, non sussistono gli estremi richiesti da una costante giurisprudenza per ammettere che le circostanze in cui le infrazioni di diritto comune sarebbero state commesse, segnatamente il loro movente e lo scopo ( DTF 27 I 84 ; DTF 32 I 539 ; DTF 59 I 145 ; DTF 77 I 62 ; DTF 78 I 50 ; DTF 90 I 299 ; DTF 95 I 469 ; DTF 101 Ia 64 consid. 5b), conferiscano ai reati un carattere politico predominante. In particolare, non può affermarsi che i reati si siano situati nell'ambito della lotta contro o per il potere, né che tendessero a sottrarre alcuno ad un potere escludente ogni forma d'opposizione. In secondo luogo, non sussiste tra gli atti ed il fine politico un rapporto chiaro, stretto e diretto; da ultimo non v'è alcuna proporzione tra le lesioni cagionate e lo scopo perseguito. Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: 1. Nella misura in cui l'estradizione è stata chiesta per i fatti di Argelato, essa è concessa, e l'opposizione è respinta, per le imputazioni di rapina, omicidio e resistenza a pubblico ufficiale; per i fatti di Bologna l'estradizione è concessa, e l'opposizione è respinta, per le imputazioni di rapina, furto, lesioni personali e circolazione con targhe non proprie del veicolo. 2. Nella misura in cui l'estradizione è stata chiesta per le imputazioni di associazione per delinquere e di porto d'armi abusivo, essa è negata e l'opposizione degli estradandi è accolta.
public_law
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it
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CH
Federation
1a70815e-b771-4d6f-b487-a378f23bace6
Urteilskopf 141 III 590 78. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. Ltd. und Mitb. gegen N. AG in Liquidation (Beschwerde in Zivilsachen) 5A_592/2015 vom 10. Dezember 2015
Regeste Art. 230 SchKG ; Art. 319 ff. ZPO ; Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven. Das Recht des Gläubigers, nach Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven die Durchführung des Verfahrens zu verlangen und die Sicherheit für die nicht gedeckten Kosten zu leisten, schliesst die Anfechtung der Einstellungsverfügung des Konkursgerichts noch nicht aus (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 590 BGE 141 III 590 S. 590 A. A.a Am 25. Februar 2015 eröffnete das Bezirksgericht Meilen als Konkursgericht über die N. AG in Liquidation zufolge Überschuldungsanzeige den Konkurs. Das zur Durchführung des Verfahrens zuständige Konkursamt Küsnacht teilte dem Konkursgericht mit Bericht vom 23. Juni 2015 mit, aufgrund seiner Abklärungen würden die Aktiven zur Durchführung des Verfahrens nicht ausreichen, und beantragte die Einstellung des Konkurses im Sinne von Art. 230 Abs. 1 SchKG . A.b Mit Urteil vom 24. Juni 2015 stellte das Bezirksgericht das Konkursverfahren ein und wies das Konkursamt an, nach Art. 230 Abs. 2 SchKG vorzugehen; der Konkurs gelte als geschlossen, falls nicht ein Gläubiger binnen zehn Tagen von der öffentlichen Bekanntmachung an die Durchführung des Konkursverfahrens begehrt und für die Kosten hinreichende Sicherheit leistet. B. Am 1. Juli 2015 gelangten die A. Ltd. sowie 8 weitere Fondsgesellschaften mit Beschwerde an das Obergericht des Kantons Zürich. BGE 141 III 590 S. 591 Sie verlangten die Aufhebung des Entscheides über die Konkurseinstellung sowie die Abweisung des Antrags des Konkursamtes auf Konkurseinstellung und die Durchführung des Konkurses im summarischen, eventuell ordentlichen Verfahren. Das Obergericht trat mit Beschluss vom 17. Juli 2015 auf die Beschwerde nicht ein. C. Mit Eingabe vom 31. Juli 2015 sind die A. Ltd. sowie 12 weitere Fondsgesellschaften mit Beschwerde in Zivilsachen an das Bundesgericht gelangt. Die Beschwerdeführerinnen beantragen, der Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Juli 2015 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. (...) Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Angefochten ist die Verfügung des Konkursgerichts über die Einstellung des Konkursverfahrens mangels Aktiven gemäss Art. 230 Abs. 1 SchKG . Streitpunkt ist im Wesentlichen das Recht der Beschwerdeführerinnen als Gläubigerinnen, die Voraussetzung zur Einstellung des Konkursverfahrens durch das Konkursgericht überprüfen zu lassen, welche gegebenenfalls Anlass zum weiteren Vorgehen des Konkursamtes gibt ( Art. 230 Abs. 2 SchKG : Ansetzung einer Frist zum Begehren um Durchführung und zur Sicherheitsleistung). 3.1 Gemäss Art. 230 Abs. 1 SchKG verfügt das Konkursgericht auf Antrag des Konkursamtes die Einstellung des Konkursverfahrens, wenn die Konkursmasse voraussichtlich nicht ausreicht, um die Kosten für ein summarisches Verfahren zu decken (vgl. Art. 39 der Verordnung vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter [KOV; SR 281.32]). Voraussetzung für die Einstellung ist das Ergebnis der Inventarisierung ( Art. 221 SchKG ) der bekannten Vermögenswerte des Schuldners, welche ergibt, dass sie nicht zur Deckung ausreichen, oder, selbst wenn sie ausreichen würden, dem Schuldner als Kompetenzstücke überlassen oder von Dritten beansprucht werden (GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, Bd. III, 2001, N. 9 zu Art. 230 SchKG ; LUSTENBERGER, in: Basler Kommentar, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 2010, N. 3 ff. zu Art. 230 SchKG ). BGE 141 III 590 S. 592 3.2 Der Antrag des Konkursamtes selber ist keine Verfügung, die nach Art. 17 SchKG anfechtbar ist (u.a. GILLIÉRON, a.a.O., N. 12 zu Art. 230 SchKG ). Die Verfügung des Konkursrichters ist hingegen mit Beschwerde gemäss Art. 319 ff. ZPO anfechtbar (vgl. Art. 309 lit. b Ziff. 7 ZPO ; u.a. LUSTENBERGER, a.a.O., N. 8 zu Art. 230 SchKG ); die Regeln über die Weiterziehung der Konkurseröffnung ( Art. 174 SchKG ) gelten nicht. Zur Beschwerde ist befugt, wer durch den angefochtenen Entscheid beschwert ist und daher ein schützenswertes Interesse an dessen Korrektur besitzt (vgl. STAEHELIN/STAEHELIN/GROLIMUND, Zivilprozessrecht, 2. Aufl. 2013, § 25 Rz. 28, § 26 Rz. 30). 3.2.1 Der Schuldner, über welchen der Konkurs eröffnet worden ist, kann sich gegen die Einstellung des Konkurses mangels Aktiven gemäss Art. 230 Abs. 1 SchKG wehren (JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1911, N. 4 zu Art. 230 SchKG ). Er kann wegen der Thematik des fehlenden neuen Vermögens - d.h. an der Erlangung des Verlustscheines und des damit verbundenen Vorteils ( Art. 265 Abs. 2 SchKG ) - an der Durchführung des Konkurses interessiert sein (vgl. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 4. Aufl. 1997, N. 8 zu Art. 230 SchKG ; VOUILLOZ, in: Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, N. 2 zu Art. 230 SchKG ; LUSTENBERGER, a.a.O., N. 8 zu Art. 230 SchKG ). Das Konkursamt kann mit der Anfechtung des Einstellungsentscheides die Interessen der Gläubigergesamtheit wahren (JAEGER, a.a.O., N. 4 zu Art. 230 SchKG ; VOUILLOZ, a.a.O., N. 2 zu Art. 230 SchKG ; LUSTENBERGER, a.a.O., N. 8 zu Art. 230 SchKG ), da bei Erlass der Einstellungsverfügung ungewiss ist, ob ein (oder mehrere) Gläubiger das Durchführungsbegehren stellt (bzw. stellen). Zu prüfen ist im Folgenden, ob ein Gläubiger die Einstellungsverfügung des Konkursrichters anfechten kann. 3.2.2 Das Obergericht hat im Wesentlichen die basellandschaftliche Praxis übernommen, nach welcher auf das (kantonale) Rechtsmittel des Gläubigers nicht eingetreten wird. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gläubigereigenschaft zur Beschwerdelegitimation nicht genüge und der Gläubiger sein Interesse an der Durchführung der Generalexekution gerade durch entsprechendes Begehren und Leistung des Kostenvorschusses wahrnehmen könne (BlSchK 2003 Nr. 28 S. 130). Diese Praxis wird in der Lehre für die Beschwerde gemäss ZPO als weiterhin massgebend erachtet (LUSTENBERGER, a.a.O., N. 8 zu Art. 230 SchKG ). Andere Autoren, BGE 141 III 590 S. 593 welche sich zur Beschwerdelegitimation bzw. -möglichkeit äussern, lassen den Gläubiger unerwähnt (VOUILLOZ, a.a.O., N. 2 zu Art. 230 SchKG ) oder behalten das Recht des Gläubigers, die Durchführung des Konkursverfahrens zu verlangen, vor (GILLIÉRON, a.a.O., N. 13 zu Art. 230 SchKG : "Sous réserve du droit du créancier [...] de requérir la liquidation [...]"). Schliesslich wird auch die Auffassung (ohne weitere Begründung) vertreten, dass der Gläubiger die Einstellungsverfügung des Konkursgerichts anfechten könne (STOCKER, Entscheidgrundlagen für die Wahl des Verfahrens im Konkurs, 1985, S. 177; FRITSCHI, Verfahrensfragen bei der Konkurseröffnung, 2010, S. 102). 3.3 Das Bundesgericht hat die Frage, ob ein Gläubiger ein hinreichendes schutzwürdiges Interesse hat, um die Einstellungsverfügung des Konkursrichters anzufechten - soweit ersichtlich - bisher nicht abschliessend erörtert. Das mag auch daran liegen, dass erst mit Inkrafttreten der ZPO ein bundesrechtliches Rechtsmittel gegen die Einstellungsverfügung gemäss Art. 230 Abs. 1 SchKG geschaffen wurde. Unverändert geblieben ist jedoch die Aufgabe des Konkursgerichts: Es hat aufmerksam zu kontrollieren, ob der Antrag des Konkursamtes auf Abklärungen beruht, welche genügend ernsthaft, tief und vollständig sind, um die Einstellung mangels Aktiven zu begründen (MARTIN, La surveillance en matière de poursuites et faillites [...], SJ 2008 II S. 214/215; vgl. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, a.a.O., N. 6 zu Art. 230 SchKG ). In einem Urteil aus dem Jahre 1914 hat das Bundesgericht bereits festgehalten, dass die Prüfung (des Antrages des Konkursamtes) vom Konkursgericht ausgeht, in dessen Hände das Gesetz die Verfügung über die Einstellung des Verfahrens gelegt hat, und der Einstellungsbeschluss, je nach kantonalem Recht, nicht nur vom Gemeinschuldner, sondern auch von den Gläubigern an das obere kantonale Konkursgericht weitergezogen werden kann. Nach dem Urteil bestehen damit gewisse Garantien dafür, dass das Verfahren erst geschlossen wird, nachdem wirklich feststeht, dass das scheinbar vorhandene Massavermögen kein für die Befriedigung der Konkursgläubiger dienliches Objekt darstellt ( BGE 40 III 344 E. 3 S. 349). Nach dem zitierten Urteil und mit Blick auf die Aufgabe des Konkursrichters kann - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - das Nichteintreten auf die nunmehr bundesrechtlich geregelte Beschwerde nicht mit dem "Fehlen der Eigenschaft als im Konkurs zugelassener Gläubiger" gerechtfertigt werden. BGE 141 III 590 S. 594 3.4 Nach dem Dargelegten ist ein Gläubiger legitimiert, die Einstellungsverfügung mit Beschwerde anzufechten, um z.B. geltend zu machen, dass der Konkursrichter über die Einstellung des Konkursverfahrens ohne gehörigen Antrag des Konkursamtes entschieden habe. Bleibt zu prüfen, ob die grundsätzliche Legitimation des Gläubigers zur Kritik an der Ausübung der Kontrolle über den vom Konkursamt vorgelegten Antrag eingeschränkt wird, weil er die Möglichkeit hat, das Begehren auf Durchführung des Konkursverfahrens zu stellen. 3.4.1 Die richterliche Einstellungsverfügung ist gemäss Art. 230 Abs. 2 SchKG suspensiv bedingt (vgl. STOCKER, a.a.O., S. 178). Die Bedingung besteht im Einverständnis sämtlicher Gläubiger; es liegt darin, dass keiner innerhalb der zehntägigen Frist seit der Publikation beim Konkursamt das Durchführungsbegehren unter gleichzeitiger Leistung der publizierten Kautionssumme stellt ( BGE 40 III 344 E. 1 a.E. S. 347). Ein solches Begehren findet seine Begründung z.B. darin, dass der betreffende Gläubiger sich einen vom Konkursamt als im Inventar aufgenommenen bestrittenen Anspruch nach Art. 260 SchKG abtreten lassen möchte, oder Eigentumsansprüche Dritter anders beurteilt, d.h. für unbegründet hält und sie bestreiten will, oder von einem Pfandgegenstand einen namhaften Übererlös erwartet (vgl. JAEGER/WALDER/KULL/KOTTMANN, a.a.O., N. 10 zu Art. 230 SchKG ; LUSTENBERGER, a.a.O., N. 13 zu Art. 230 SchKG ; STOFFEL/CHABLOZ, Voies d'exécution, 2. Aufl. 2010, § 11 Rz. 45; FRITZSCHE/WALDER, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II, 1993, § 45 Rz. 2; bereits WEBER/BRÜSTLEIN, Schuldbetreibung und Konkurs, 2. Aufl. 1901, N. 7 zu Art. 230 SchKG ). 3.4.2 In diesem Sinn haben die Beschwerdeführerinnen in ihrer Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung argumentiert, worauf sie sich im vorliegenden Verfahren berufen. Vor dem Obergericht haben sie im Wesentlichen ausgeführt, dass die beim Konkursamt eingegangenen Aussonderungsansprüche an den inventarisierten Vermögenswerten ihrer Ansicht nach "offensichtlich haltlos" seien. Aus diesem Grund seien die Fr. 1,3 Mio. nicht von Dritten beansprucht; der Betrag stehe (daher) zur Verfahrenskostendeckung zur Verfügung. 3.4.3 Die blosse Neubeurteilung der Begründetheit von Ansprüchen Dritter soll indes gerade nicht von der Beschwerdeinstanz vorgenommen werden, sondern ist der eigenen Beurteilung des BGE 141 III 590 S. 595 Gläubigers vorbehalten, weshalb ihm das Gesetz das Recht gibt, mit dem Durchführungsbegehren ohne weiteres die Einstellungsverfügung dahinfallen zu lassen und die Verfahrenseröffnung zu bewirken. Die Beschwerdeführerinnen halten dem Konkursgericht (und dem Obergericht) lediglich die eigene Einschätzung, insbesondere der Begründetheit von Drittansprüchen entgegen. Insoweit ist - mit Blick auf die Vorbringen der Beschwerdeführerinnen gegen die Einstellungsverfügung - nicht ersichtlich, inwieweit das Obergericht schützenswerte Interessen bzw. das Beschwerderecht verkannt habe, wenn es die Beschwerdeführerinnen auf ihr Recht zur Stellung des Durchführungsbegehrens verwiesen hat. Der Nichteintretensentscheid ist im Ergebnis mit Bundesrecht vereinbar. 3.5 Was die Beschwerdeführerinnen im Weiteren vorbringen, vermag an diesem Ergebnis nichts zu ändern. 3.5.1 Soweit die Beschwerdeführerinnen von "Fr. 1,3 Mio. in flüssiger Form" und damit allenfalls sinngemäss geltend machen, das Konkursamt habe zu Unrecht Drittansprüche in das Inventar aufgenommen (so dass die Aktiven zur Deckung der Verfahrenskosten nicht zur Verfügung stehen; vgl. E. 3.1), geht ihre Kritik fehl. Der Konkursrichter (bzw. die Beschwerdeinstanz) ist nicht Aufsichtsbehörde ( Art. 13 SchKG ) über das Konkursamt: Die unrichtige oder unvollständige Erstellung des Inventars kann - auch vom Gläubiger - mit Beschwerde gemäss Art. 17 SchKG gerügt werden ( BGE 114 III 21 E. 5b S. 22; LUSTENBERGER, a.a.O., N. 33 zu Art. 221 SchKG ). 3.5.2 Die Beschwerdeführerinnen kritisieren weiter die Verfügung des Konkursamtes, mit welcher den Konkursgläubigern eine Frist von 10 Tagen angesetzt wird, um die Durchführung des Konkursverfahrens zu verlangen und einen Kostenvorschuss von Fr. 350'000.- zu leisten (SHAB vom 3. Juli 2015). Der Kostenvorschuss sei "prohibitiv hoch" angesetzt und "für einen einzelnen Gläubiger utopisch". Diese Vorbringen gehen an der Sache vorbei, denn der vom Konkursamt nach Art. 230 Abs. 2 SchKG angesetzte Kostenvorschuss ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern eine Verfügung gemäss Art. 17 SchKG , welche mit betreibungsrechtlicher Beschwerde angefochten und anhand der konkreten Umstände überprüft werden kann ( BGE 130 III 90 E. 1 S. 92).
null
nan
de
2,015
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1a76529b-4496-47c9-934d-8e1650fccfbc
Urteilskopf 105 Ia 134 29. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. März 1979 i.S. Hausbesitzer-Verein Basel und Münch-Küry gegen Kanton Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 und 22ter BV ; Gewaltentrennung; Verfassungsmässigkeit der Abschöpfung von Planungsmehrwerten. 1. Begriff der Mehrwertabschöpfung (E. 2). 2. Die Eigentumsgarantie gewährt in ihrer Form als Institutsgarantie einen Schutz vor konfiskatorischer Besteuerung (E. 3a). Eine Abschöpfung von bis zu 60 Prozent des durch Planungsmassnahmen verursachten Mehrwerts verletzt die Eigentumsgarantie nicht (E. 3b). 3. Die Erhebung von Mehrwertabgaben verstösst nicht gegen die Rechtsgleichheit (E. 4a). 4. Mehrwertabgaben unterliegen grundsätzlich den gleichen Anforderungen an die gesetzliche Grundlage wie Steuern (E. 5b). Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung im vorliegenden Fall (E. 5c).
Sachverhalt ab Seite 135 BGE 105 Ia 134 S. 135 Am 16. Juni 1977 erliess der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt zum Hochbautengesetz vom 11. Mai 1939 (HBG) unter anderem die folgenden ergänzenden Bestimmungen: § 8a Mehrwertabgaben 1. Bei der Zoneneinteilung, bei Änderung der Zoneneinteilung, bei Erlass spezieller Bauvorschriften, bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen und bei Erhöhung der Ausnützungsziffer setzt die zuständige Behörde auch die Mehrwertabgaben fest, welche von den Liegenschaftseigentümern aufgrund dieser Erlasse zu erbringen sind. 2. Diese Abgaben dürfen 60% des durch die Planungsmassnahme ausgelösten Mehrwertes nicht übersteigen. Sie werden in der Regel pro Quadratmeter Bruttogeschossfläche, welcher mehr erstellt wird, mit einem pauschalen Quadratmeteransatz festgesetzt. Dieser Abgabensatz hat wenigstens 40% und höchstens 60% des aufgrund durchschnittlicher Bodenwerte errechneten Mehrwertes zu entsprechen. 3. Der Regierungsrat passt nach Einholen entsprechender Gutachten bei der Bewertungskommission die Abgabensätze periodisch der Preisentwicklung an, spätestens auf den Zeitpunkt der Fälligkeit einer Abgabe, wenn seit der erstmaligen Festsetzung oder der letzten Anpassung mehr als ein Jahr verstrichen ist. 4. Die Mehrwertabgaben werden fällig bei der Erstellung von Neu- oder Erweiterungsbauten auf den Zeitpunkt des Baubeginns. 5. Die Mehrwertabgaben lasten gemäss Art. 784 ZBG als öffentlichrechtliche Grundlasten auf den betreffenden Parzellen. Die Haftung für die Mehrwertabgabe ist im Grundbuche anzumerken. Die allgemeine Haftungsanmerkung ist durch Eintragung einer Grundlast zu ersetzen, sobald aufgrund einer Baubewilligung die Höhe der Mehrwertabgabe feststeht. 6. Für die Stundung einer Abgabe gilt § 62 des Strassengesetzes sinngemäss. Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt erliess am 6. Juni 1978 gestützt auf seine Kompetenz zum Erlass von Vollzugsvorschriften (§ 197 HBG) eine Verordnung über die Mehrwertabgaben gemäss § 8a des Hochbautengesetzes (Verordnung über die Mehrwertabgaben). Darin bezeichnete er die für die Erhebung der Mehrwertabgaben zuständigen Behörden und regelte die Ermittlung und Festsetzung der Abgaben im einzelnen. Hinsichtlich der Festsetzung des Abgabesatzes enthielt die Verordnung folgende Bestimmungen: BGE 105 Ia 134 S. 136 § 12 1. Der Regierungsrat setzt den Abgabesatz mit besonderem Beschluss fest. 2. Er berücksichtigt dabei die angestrebte städtebauliche Entwicklung, die Belastung der Infrastruktur sowie die Art und das Mass der Nutzung. Gestützt auf diese Anordnung erliess der Regierungsrat ebenfalls am 6. Juni 1978 einen Beschluss über die Abgabesätze der Mehrwertabgaben gemäss § 8a des Hochbautengesetzes (Beschluss über die Abgabesätze). Dessen wesentlichen Bestimmungen lauten wie folgt: 1. Der Abgabesatz beträgt: a) 40% des Mehrwertes in den Zonen 2, 2a und 3 sowie bei Bauten bis zu einer Ausnützung von 1,00; b) 50% des Mehrwertes in den Zonen 4, 5a und in den Zonen mit roter Schraffur für Gewerbe sowie Bauten bis zu einer Ausnützung von 2,00; c) 60% des Mehrwertes in den Zonen 5 und 6, in den Industriezonen einschliesslich der Zonen mit roter Schraffur für Industriebauten sowie bei Bauten mit einer Ausnützung von mehr als 2,00. 2. Der Abgabesatz in den übrigen Zonen, namentlich in den Stadt- und Dorfbildschutz- und -schonzonen, richtet sich sinngemäss nach Ziff. 1 entsprechend der zulässigen Geschosszahl und Ausnützung. Der Hausbesitzer-Verein Basel und Frau A. Münch-Küry erhoben gemeinsam staatsrechtliche Beschwerde, mit dem Antrag, § 8a HBG sei aufzuheben. Sie rügen im wesentlichen, dass die in dieser Bestimmung vorgesehenen Mehrwertabgaben gegen die Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ), den Grundsatz der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht und das Rechtsgleichheitsgebot ( Art. 4 BV ) verstiessen. Im Anschluss an die offizielle Publikation der Verordnung über die Mehrwertabgaben und des Beschlusses über die Abgabesätze focht der Hausbesitzer-Verein Basel auch diese Ausführungsbestimmungen des Regierungsrates mit staatsrechtlicher Beschwerde an, in der Hauptsache mit der Begründung dass sie den Grundsatz der Gewaltentrennung verletzten. Die Beschwerdeführer machen in erster Linie geltend, die in § 8a HBG vorgesehenen Mehrwertabgaben verletzten die Eigentumsgarantie. Sie bringen im wesentlichen vor, dass eine zusätzliche Nutzung, welche durch Pläne oder Sonderbewilligungen gestattet werde, eine Aufhebung vorheriger Eigentumsbeschränkungen bedeute. Durch den Wegfall solcher Beschränkungen BGE 105 Ia 134 S. 137 würden Rechte frei, die schon vorher im Eigentum enthalten gewesen seien. Deshalb könne der Mehrwert, welcher sich aus der Aufhebung solcher Beschränkungen ergebe, nicht dem Staat zustehen. Im übrigen unterlägen die fraglichen Mehrwerte bereits einer Vielzahl von Steuern und Abgaben. Aus der Kumulation mit diesen Steuern und Abgaben ergebe sich eine konfiskatorische Wirkung, da der entstandene Mehrwert regelmässig bis auf einen bescheidenen Restbetrag abgeschöpft werde. Die Mehrwertabgabe wirke überdies prohibitiv, indem der Eigentümer bei Baubeginn zu grossen Auslagen gezwungen werde; da es heute ungewiss sei, ob sofort Mieter gefunden werden könnten, sei das finanzielle Risiko eines Baues für den Bauherrn untragbar. Die Beschwerdeführer rügen sodann eine Verletzung von Art. 4 BV , im wesentlichen mit der Begründung, dass das Erfordernis der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht nicht erfüllt sei. Überdies liege ein Verstoss gegen den Grundsatz der Gewaltentrennung vor, da sich der Regierungsrat zu Unrecht als befugt erachtet habe, derart weitreichende Ausführungsbestimmungen zu erlassen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Unter dem Begriff Mehrwertabschöpfung versteht man eine vom Grundeigentümer zu tragende öffentliche Abgabe, mit welcher Bodenwertsteigerungen, die durch staatliche Infrastruktur- oder Planungsmassnahmen bewirkt worden sind, teilweise oder überwiegend dem Gemeinwesen zugeführt werden. Bei den Infrastrukturmassnahmen, welche einen Wertzuwachs privater Grundstücke zur Folge haben, handelt es sich in erster Linie um Vorkehren der Erschliessung und Ausstattung der Liegenschaften, ferner um die Erstellung öffentlicher Verkehrsmittel. Was die zu einem Mehrwert führenden Planungsmassnahmen anbelangt, so sind vor allem die durch einen Nutzungsplan erfolgende Einteilung eines bestimmten Grundstücks in eine vorteilhafte Zone und die Zulassung erhöhter Bodennutzung, sei es durch Ausnahmebewilligungen oder Planänderungen, zu erwähnen; zu Planungsmehrwerten können überdies Nutzungsbeschränkungen führen, die benachbarten Grundstücken auferlegt werden und in deren Folge die Nachfrage in der gesamten Umgebung steigt (LENDI, Planungsrecht BGE 105 Ia 134 S. 138 und Eigentum, in ZSR 95/1976 II, S. 185; WIRTH, Grundlagen und Ausgestaltung der Mehrwertabschöpfung, Diss. Zürich 1976, Nr. 26 der Schriftenreihe zur Orts-, Regional- und Landesplanung des ORL-Instituts der ETHZ, S. 26 ff.; SCHAUMANN, Die Landesplanung im schweizerischen, englischen und französischen Recht, Diss. Zürich 1950, S. 271). Der Mehrwertabschöpfung liegt der Gedanke zugrunde, dass die öffentlichen Massnahmen, welche die Bodenwertsteigerung verursachen, für einen Kreis von begünstigten Grundeigentümern einen Sondervorteil schaffen, dessen Abschöpfung dem Gebot der Rechtsgleichheit entgegenkommt (LENDI, a.a.O., S. 181 ff.). Eine weitere Rechtfertigung der Mehrwertabschöpfung wird darin gesehen, dass sie einerseits einem hervorragenden öffentlichen Interesse entspreche und anderseits eine Quelle zur Bestreitung der hohen Planungskosten erschliesse. Beim heute erreichten Grad der Ballung und Industrialisierung fordere ein öffentliches Interesse, dass gewisse Formen intensiver Nutzung in bestimmten Gebieten konzentriert würden und dass entsprechend die Bodennutzung in anderen Zonen einzuschränken sei. Diese Art der Planung werde von den zeitgemässen Vorstellungen hinsichtlich einer sinnvollen und lebensfreundlichen Gliederung des Siedlungsraums geboten. Zudem verursache die Durchführung einer Raumplanung dem Gemeinwesen einen erheblichen Kostenaufwand. Zu den Ausgaben für die Planung selber addierten sich die Kosten für die Entschädigung enteigneter Grundeigentümer, für Erschliessungs- und Infrastrukturanlagen sowie für Gemeinschaftseinrichtungen aller Art. Zudem wirkten sich die neu entstandenen öffentlichen Einrichtungen ihrerseits wertvermehrend auf die privaten Grundstücke aus. Die Raumordnung sei ein Ganzes, das nicht isoliert in Teilgebieten betrachtet werden könne; es rechtfertige sich deshalb, den privaten Planungsgewinnen die öffentlichen Kosten der gesamten Durchführung einer Planung entgegenzustellen und die entstandenen Mehrwerte bei denjenigen Grundeigentümern abzuschöpfen, die durch die Planung begünstigt worden seien (vgl. KUTTLER/ ZAUGG, Rechtliche Grundfragen der Planungswertabschöpfung, in Wirtschaft und Recht 24/1972, S. 262 f.). b) Die in § 8a HBG getroffene und von den Beschwerdeführern angefochtene Ordnung bezieht sich auf eine Abschöpfung der Planungsmehrwerte, nicht jedoch der Mehrwerte, die BGE 105 Ia 134 S. 139 durch Infrastrukturmassnahmen verursacht worden sind. Auf diese zweite Kategorie ist daher im vorliegenden Verfahren nicht mehr einzugehen. Als Massnahmen, welche die Erhebung einer Mehrwertabgabe zur Folge haben können, werden in § 8a HBG die erstmalige Zoneneinteilung, die Änderung der Zoneneinteilung, Ausnahmebewilligungen, der Erlass von speziellen Bauvorschriften sowie die Erhöhung der Ausnützungsziffer genannt (Ziff. 1). Die Abgabe ist geschuldet, sofern und soweit von der Möglichkeit der Mehrausnützung Gebrauch gemacht wird; die Fälligkeit der Abgabe ist auf den Zeitpunkt des Baubeginns festgesetzt (Ziff. 4). Die Abgabe beträgt 40-60 Prozent des Mehrwertes und ist mit einem pauschalen Ansatz pro Quadratmeter neu erstellter Bruttogeschossfläche zu erheben (Ziff. 2). Für die Veranlagung ist diejenige Behörde zuständig, welche die Massnahme erlassen hat, die den Mehrwert verursacht (Ziff. 1). In den regierungsrätlichen Ausführungsbestimmungen vom 6. Juni 1978 werden das Erhebungsverfahren sowie die Ermittlung und Festsetzung der Abgabe näher geregelt. Die im vorliegenden Verfahren in Frage stehenden Bestimmungen befassen sich mit der Kompetenz des Regierungsrats zur Festsetzung des Abgabesatzes, den dabei zu berücksichtigenden Kriterien (städtebauliche Entwicklung, Belastung der Infrastruktur, Art und Mass der Nutzung - vgl. § 12 der Verordnung über die Mehrwertabgaben) und mit der konkreten Abstufung des Abgabesatzes je nach Bauzone und Ausnützungsziffer (vgl. Beschluss über die Abgabesätze). 3. Im vorliegenden Fall stellt sich zunächst die Frage, ob und allenfalls mit welcher Reichweite die Eigentumsgarantie gegen die Belastung mit öffentlichen Abgaben angerufen werden kann. a) Öffentliche Abgaben auferlegen dem Einzelnen Leistungspflichten, die zwar das Vermögen in seinem wertmässigen Bestand beeinträchtigen, nicht aber die eigentliche Verfügungsmacht über eine bestimmte Sache oder deren Nutzen entziehen. In diesem Sinne lassen Steuern die Eigentumsbefugnisse unberührt und stellen nicht Eigentumsbeschränkungen, sondern persönliche Leistungspflichten dar. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann deshalb der Schutz der Eigentumsgarantie gegen die Auferlegung öffentlicher Abgaben grundsätzlich nicht angerufen werden (vgl. MEIER-HAYOZ, Kommentar zum BGE 105 Ia 134 S. 140 Sachenrecht, Systemat. Teil N. 216 c; IMBODEN, Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Privateigentums als Schranke der Besteuerung, in ASA 29 S. 5; SALADIN, Grundrechte im Wandel, S. 140). Das Bundesgericht hat allerdings in seiner neueren Rechtsprechung wiederholt die Lehrmeinung in Erwägung gezogen, wonach eine sogenannte konfiskatorische Besteuerung die verfassungsmässige Garantie des Privateigentums verletze ( BGE 102 Ia 227 E. 3b, BGE 99 Ia 648 E. 7, 94 I 116 E. 4a). In den erwähnten Entscheiden wurden die angefochtenen Abgaben zwar darauf hin überprüft, ob sie einen konfiskatorischen Eingriff darstellen; ob indessen die Eigentumsgarantie neben anderen Verfassungsbestimmungen, z.B. den aus Art. 4 BV abgeleiteten Grundsätzen der Rechtsgleichheit und Gesetzmässigkeit, der Belastung mit öffentlichen Abgaben eine Schranke setze, hat das Bundesgericht nicht endgültig entschieden, sondern ausdrücklich offen gelassen. Im vorliegenden Fall rechtfertigt es sich nicht, diese Zurückhaltung weiterhin beizubehalten. Wie im folgenden zu zeigen ist, beinhalten die von der Institutsgarantie errichteten Schranken gegen Eingriffe des Gesetzgebers in das Privateigentum notwendigerweise auch den Schutz gegen eine konfiskatorische Besteuerung. Art. 22ter Abs. 2 BV ermächtigt die Kantone, auf dem Wege der Gesetzgebung im öffentlichen Interesse liegende Eigentumsbeschränkungen vorzusehen und auf diese Weise im Rahmen ihrer verfassungsmässigen Befugnisse den Inhalt des Eigentums näher zu umschreiben. Vor der Institutsgarantie halten jedoch nur solche Eingriffe stand, die den Wesenskern des Privateigentums als fundamentale Einrichtung der schweizerischen Rechtsordnung unangetastet lassen ( BGE 103 Ia 418 mit Hinweis). Die Eigentumsgarantie in ihrer Erscheinungsform als Institutsgarantie bezweckt somit den Schutz der Eigentumsordnung in ihren Grundzügen. Als solche verpflichtet sie den kantonalen Gesetzgeber, die sich aus dem Eigentum ergebenden privaten Verfügungs- und Nutzungsrechte im wesentlichen zu erhalten ( BGE 99 Ia 37 ), und verbietet beispielsweise, dass der private Grund gänzlich oder zu einem erheblichen Teil an das Gemeinwesen übertragen wird (vgl. BGE 88 I 257 E. 3). Die der Institutsgarantie zugrundeliegende Vorstellung, wonach die Eigentumsordnung in ihrem Kern gegenüber staatlichen Eingriffen zu schützen sei, verwehrt es dem Gemeinwesen in gleicher Weise, den Abgabepflichtigen BGE 105 Ia 134 S. 141 ihr privates Vermögen oder einzelne Vermögenskategorien (z.B. das Immobilienvermögen) durch übermässige Besteuerung zu entziehen (vgl. IMBODEN, a.a.O., S. 8 ff.; SALADIN, a.a.O., S. 143; CAGIANUT, Grundsätzliche Erwägungen über die Schranken der steuerlichen Belastung des Eigentums nach schweizerischem Recht, in ASA 47 S. 72 f.; HENSEL, Die Verfassung als Schranke des Steuerrechts, Diss., St. Gallen 1972, S. 145 ff.). Die Gewährleistung des Eigentums verpflichtet mithin den Steuergesetzgeber, die bestehenden Vermögen in ihrer Substanz zu bewahren und die Möglichkeit der Neubildung von Vermögen zu erhalten. Es ist dem Gesetzgeber versagt, das Eigentum als jedermann zugängliches Rechtsinstitut in Frage zu stellen oder das Vermögen fortlaufend auszuhöhlen (IMBODEN, a.a.O., S. 8 f.). Wo die Grenzen zwischen einer zulässigen steuerlichen Belastung und einem konfiskatorischen Eingriff zu ziehen sind, lässt sich nicht in allgemeingültiger Weise beantworten (vgl. CAGIANUT, a.a.O., S. 75, mit Literaturhinweisen). Insbesondere kann nicht von einem ziffernmässig bestimmbaren Steuersatz allein abhängen, ob die Vermögenssubstanz ausgehöhlt oder die Neubildung von Vermögen verunmöglicht wird. Zu berücksichtigen sind überdies Steuersatz, Bemessungsgrundlage, Dauer der Massnahme, relative Tiefe des fiskalischen Eingriffs, Kumulation mit anderen Abgaben sowie Möglichkeit der Überwälzung einer Steuer. b) Die im vorliegenden Fall zu beurteilenden Mehrwertabgaben sehen eine Abschöpfung von bis zu 60 Prozent des durch Planungsmassnahmen ausgelösten Mehrwerts vor. Die Beschwerdeführer machen in diesem Zusammenhang geltend, dass die Mehrwertabgaben zusammen mit den anderen auf Grundstückgewinnen erhobenen Steuern eine Gesamtbelastung von bis zu 80 Prozent des Mehrwerts ergeben könnten. Wie bereits erwähnt, hat das Bundesgericht schon wiederholt eine Steuer darauf hin überprüft, ob sie sich konfiskatorisch auswirke. In einem Fall hat es die Frage für die auf einer Enteignungsentschädigung erhobene Grundstückgewinnsteuer von 8,2 Prozent der Gesamtentschädigung verneint ( BGE 94 I 116 E. 4a). In zwei weiteren Fällen hat das Bundesgericht erklärt, dass eine allgemeine Steuer unzulässig wäre, die durch die Höhe ihres Satzes zu einem ausserordentlich schwerwiegenden Eingriff in das private Vermögen eines Steuerpflichtigen führt, BGE 105 Ia 134 S. 142 die Substanz des Steuerobjekts weitgehend aufzehrt und die Vermögensverhältnisse des Pflichtigen derart erschüttert, dass ihm wesentliche Eigentumsrechte faktisch entzogen werden. In Anwendung dieser Regel wurde weder einer steuerlichen Gesamtbelastung des reinen Erwerbseinkommens von 46,3 Prozent ( BGE 99 Ia 649 ), noch einer einmaligen Ertragsbesteuerung zu zwei Dritteln des Gewinnes zweier Geschäftsjahre ( BGE 102 Ia 227 /8) eine konfiskatorische Wirkung zugesprochen. Auch im falle der angefochtenen Mehrwertabgaben liegt kein konfiskatorischer Eingriff vor. Die in § 8a HBG vorgesehenen Mehrwertabgaben berühren die Verfügungsfreiheit über das Grundeigentum im Kanton Basel-Stadt grundsätzlich nicht, da das bestehende private Immobilienvermögen in seiner Substanz nicht angetastet wird. Da es sich bei der vorgesehenen Mehrwertabschöpfung um eine einmalige und nicht auf Fortdauer ausgerichtete fiskalische Belastung handelt und da lediglich die durch Planung verursachten Mehrwerte erfasst werden, wird auch die Möglichkeit zur Neubildung von Vermögen aus Grundeigentum weiterhin gewahrt. Den betroffenen Grundeigentümern bleiben nämlich die Gewinnchancen auf dem Immobilienmarkt erhalten, die sich aus dem Einsatz eigener unternehmerischer Leistungen und aus einer günstigen wirtschaftlichen Entwicklung ergeben können (vgl. WIRTH, a.a.O., S. 93). Daraus ergibt sich, dass die Mehrwertabgaben für sich allein das Verbot konfiskatorischer Besteuerung nicht verletzen. Der Einwand der Beschwerdeführer, die Mehrwertabgaben wirkten jedenfalls dann konfiskatorisch, wenn ihr Betrag zur Summe der weiteren auf Grundstückgewinnen erhobenen Steuern und Abgaben gerechnet werde, erweist sich ebenfalls nicht als stichhaltig. Der Regierungsrat hat in seiner Beschwerdeantwort ausgeführt, dass die Mehrwertabgaben bei der Veranlagung der übrigen Steuern und Abgaben als Aufwand vom ermittelten Mehrwert abzogen werden können. Davon ist im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle auszugehen. Ob die von den Beschwerdeführern eingereichten Berechnungen einer steuerlichen Gesamtbelastung von 80 Prozent des Mehrwerts in jeder Hinsicht stimmen, kann offen bleiben. Auch eine Abschöpfung der planungsmehrwerte in dieser Grössenordnung hat unter den vorliegenden Umständen keine konfiskatorische Wirkung. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle kann ebenfalls offen bleiben, ob die angefochtenen Mehrwertabgaben, BGE 105 Ia 134 S. 143 die bei Baubeginn fällig werden, das finanzielle Risiko dermassen steigern, dass Neubauten verunmöglicht werden. Wie bereits erwähnt, bleiben den Grundeigentümern wesentliche Gewinnchancen erhalten. Deshalb lässt sich im abstrakten Normenkontrollverfahren die Behauptung nicht schützen, dass Finanzierungsquellen für Neu- und allenfalls Erweiterungsbauten nicht mehr zu tragbaren Bedingungen zugänglich seien. Die Beschwerdeführer berufen sich sodann auf die Theorie der "Elastizität des Eigentums", und machen geltend, die Abschöpfung der planungsmehrwerte verstosse gegen die Institutsgarantie, weil bei jeder Aufhebung von Nutzungsbeschränkungen Rechte frei würden, die im Eigentum ursprünglich enthalten gewesen seien. Damit bilde die einer Planungsmassnahme entsprechende neue Nutzung einen Bestandteil des verfassungsmässig geschützten Inhalts des Eigentums; somit stehe auch der Mehrwert, welcher sich aus der Aufhebung solcher Beschränkungen ergebe, nicht dem Gemeinwesen zu (vgl. auch KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 261). Dem steht die Meinung entgegen, dass das Prinzip der "Elastizität des Grundeigentums" und der darin enthaltene Gedanke einer potentiell überall vorhandenen (präexistenten) Baufreiheit, die beim Wegfall von Baubeschränkungen wieder auflebe, heute nicht mehr aufrecht zu erhalten sei. Wie es sich mit der Richtigkeit dieser Theorie verhält, braucht indes nicht weiter erörtert zu werden. Es genügt die Feststellung, dass den Eigentümern die wesentlichen Eigentumsrechte erhalten bleiben und die angefochtenen Mehrwertabgaben keinen konfiskatorischen Eingriff darstellen. Da den betroffenen Eigentümern zusätzlich zur bestehenden Nutzung die tatsächliche Baubefugnis im Rahmen der neuen Nutzungsvorschriften zusteht, trifft der staatliche Eingriff lediglich das Vermögen, wobei die Abschöpfung - wie bereits dargelegt - vor den durch die Verfassung gebotenen Schranken zu bestehen vermag. Die Rüge, die angefochtenen Mehrwertabgaben verletzten die Eigentumsgarantie, erweist sich deshalb als unbegründet. Im folgenden sind die Einwände zu untersuchen, mit welchen die Beschwerdeführer eine Verletzung der sich aus Art. 4 BV ergebenden Besteuerungsgrundsätze rügen. 4. a) Die Beschwerdeführer rügen einen Verstoss gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung ganz allgemein, weil die Grundeigentümer einseitig mit Abgaben belastet würden. Diese Rüge ist nicht begründet. BGE 105 Ia 134 S. 144 Die Mehrwertabgaben sind dazu bestimmt, einen durch staatliche Leistungen verursachten Sondervorteil auszugleichen. Gerade dieser Sondervorteil steht indessen im Widerspruch mit dem Gedanken der Vorteils- und Lastengleichheit. Mehrwertabgaben führen somit nicht zu einer stossenden Ungleichbehandlung, sondern entsprechen einem sachlich gerechtfertigten Ausgleich (vgl. Urteil vom 4. Oktober 1972 in ZBl 1976/77 S. 349; LENDI, a.a.O., S. 191; KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 265 f.). Zieht man in Betracht, dass die Planungsmassnahmen, welche die wirtschaftliche Bevorteilung auslösen, mit öffentlichen Mitteln ausgeführt werden und dass für die Durchführung einer Planung anderen Grundeigentümern Opfer auferlegt werden müssen, so lässt sich mit sachlichen Gründen rechtfertigen, dass die Begünstigten wenigstens mit einem Teil ihres Sondervorteils die öffentlichen Lasten mitzutragen haben. Von einer Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes kann somit keine Rede sein. b) Die Beschwerdeführer rügen sodann eine gegen das Gebot rechtsgleicher Behandlung verstossende Regelung des Rechtsschutzes. Wenn indessen der Regierungsrat für Zonenänderungen (§ 7 HBG) sowie Ausnahmebewilligungen (§ 7a HBG) und der Grosse Rat für die übrigen Änderungen der Nutzungsvorschriften (§§ 4, 5 und 8 HBG) zuständig ist, so befassen sich die beiden Behörden grundsätzlich mit anderen Sachverhalten. Es stellt deshalb keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes dar, wenn in einem Fall die Beschwerde an das Verwaltungsgericht offen steht und im anderen nicht. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, dass den Kantonen grundsätzlich die Organisation ihrer Behörden zusteht. 5. Die Beschwerdeführer machen geltend, für die Erhebung der angefochtenen Mehrwertabgaben fehle eine hinreichende gesetzliche Grundlage; die vorgesehene Festsetzung des Abgabesatzes durch die Exekutive innerhalb des gesetzlichen Rahmens von 40 bis 60 Prozent verletze den Grundsatz der Gewaltentrennung. Der Beschwerdeführer 1 ficht zudem die vom Regierungsrat erlassenen Durchführungsbestimmungen an, mit der Begründung, dass sie auf einer verfassungswidrigen Delegation beruhten. a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts dürfen öffentliche Abgaben nur aufgrund und im Rahmen eines Gesetzes im formellen Sinne erhoben werden ( BGE 97 I 347 mit BGE 105 Ia 134 S. 145 Hinweisen). Das Gesetz hat den Kreis der Abgabepflichtigen, den Gegenstand der Abgabe und deren Bemessung in ihren Grundzügen selber festzulegen ( BGE 103 Ia 243 , BGE 100 Ia 66 ). Die in jeder Kantonsverfassung gewährleistete Gewaltentrennung zwischen gesetzgebender und vollziehender Behörde sowie der sich aus Art. 4 BV ergebende Grundsatz der Gesetzmässigkeit aller Abgaben sind daher verletzt, wenn die Festsetzung der wesentlichen Elemente einer Abgabe der Exekutive überlassen wird ( BGE 99 Ia 701 ). Der Exekutive kann dagegen die Kompetenz übertragen werden, nach hinreichend im Gesetz bestimmten Kriterien die absolute Höhe der Abgaben festzulegen, sofern Subjekt, Objekt und Bemessungsgrundlage der Abgabe auf der Stufe des formellen Gesetzes umschrieben sind (VALLENDER, Grundzüge des Kausalabgabenrechts, S. 153). Diese Grundsätze gelten für Steuern ohne Vorbehalt. Hinsichtlich anderer Abgaben sind sie jedoch gewissen Einschränkungen unterworfen. So hat das Bundesgericht in jüngster Zeit bei Gebühren auf das Erfordernis der formellgesetzlichen Grundlage verzichtet, wenn die in Frage stehende Gebühr einen stark technischen Charakter aufwies oder rasch wandelnden Verhältnissen unterworfen war ( BGE 104 Ia 115 E. 3 mit Hinweisen). Der Vorbehalt wurde insbesondere auch damit begründet, dass der Betroffene mit Rücksicht auf das Wesen der Gebühr sich stets auf das Kostendeckungsprinzip berufen könne. Ganz allgemein ergibt sich aus der neuesten bundesgerichtlichen Rechtsprechung, dass im Abgaberecht bei den Anforderungen an die gesetzliche Grundlage nach der Natur der in Frage stehenden Leistung an den Staat differenziert werden muss ( BGE 104 Ia 117 E. 4, BGE 99 Ia 704 ). Somit ist in der Folge zu prüfen, welche Anforderungen an die gesetzliche Grundlage der angefochtenen Mehrwertabgaben zu stellen sind und ob sie diese erfüllen. b) Den Mehrwertabgaben wird innerhalb des Systems der öffentlichen Abgaben eine unterschiedliche Stellung zugeordnet. Da sie nicht voraussetzungslos geschuldet werden, scheint Einigkeit darüber zu herrschen, dass es sich nicht um eine Steuer, sondern um eine Kausalabgabe handelt (vgl. z.B. AUBERT/JAGMETTI, Ergänzungsgutachten zur Frage der Verfassungsmässigkeit des bereinigten Entwurfes vom 27. Oktober 1971 für ein Bundesgesetz über die Raumplanung, in Wirtschaft und Recht 24/1972, S. 52 f. Ziff. 221; LENDI, a.a.O., BGE 105 Ia 134 S. 146 S. 182). Mehrere Autoren bezeichnen die Mehrwertabschöpfung als eine Abgabe neuartiger Prägung, welche die Besonderheit aufweise, dass sie einerseits durch die Planungsmassnahmen des Gemeinwesens motiviert sei, anderseits aber kostenunabhängig erhoben werden solle (KUTTLER/ZAUGG, a.a.O., S. 257; ZUPPINGER, Möglichkeiten der Mehrwertabschöpfung im Rahmen der Raumplanung, ZBl 75/1974, S. 203; LENDI, a.a.O., S. 198). In einigen Untersuchungen wird hervorgehoben, dass die Mehrwertabgaben in erster Linie nicht fiskalisch, sondern vom Gedanken der Rechtsgleichheit her zu begründen seien. Als Vorteilsausgleich seien sie darauf ausgerichtet, ungerechtfertigte durch öffentliche Planungsmassnahmen entstandene Sondervorteile abzuschöpfen (WIRTH, a.a.O., S. 83 f.; LENDI, a.a.O., S. 197 f.). HÖHN (Geleitwort zu VALLENDER, a.a.O., S. 10 f. Ziff. 4) weist darauf hin, dass es sich bei der Mehrwertabschöpfung um eine kostenunabhängige Kausalabgabe handle. Bei der Ausgestaltung solcher Kausalabgaben müsse die Frage nach der Abgabehöhe, und damit nach der Höhe des Gesamtertrags, von den Rechtsetzungsorganen ausdrücklich beantwortet werden, da sich aus der Natur der Abgabe über deren Höhe keine zwingenden Anhaltspunkte gewinnen liessen. Insofern seien sie von den kostenabhängigen Kausalabgaben abzugrenzen und liege anderseits eine Gemeinsamkeit mit den Steuern vor. Die abgaberechtliche Natur der Abschöpfung von Planungsmehrwerten braucht indessen nicht endgültig bestimmt zu werden, denn es ist davon auszugehen, dass die strengen Anforderungen an die Gesetzmässigkeit der Steuern auch für die Mehrwertabgaben aufrechtzuerhalten sind. Der Gedanke der rechtsstaatlichen Ausgestaltung des Abgaberechts verlangt, dass auch kostenunabhängige Mehrwertabgaben im formellen Gesetz hinreichend bestimmt sind. Daraus ergibt sich, dass das HBG die wesentlichen Elemente, insbesondere aber die Bemessung der Mehrwertabgaben in ihren Grundzügen, selber festzulegen hat. c) Der Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt überlässt es in § 8a HBG der zuständigen Behörde, 40-60 Prozent der Planungsmehrwerte abzuschöpfen, ohne dafür selber nähere Grundsätze aufzustellen. Damit ist es dem Ermessen der zuständigen Behörde anheimgestellt, die Abgabe innerhalb dieses weitgefassten Rahmens festzusetzen. Zieht man in Betracht, BGE 105 Ia 134 S. 147 dass bei einer kostenunabhängigen Abgabe die Überprüfung aufgrund des Kostendeckungsprinzips wegfällt und somit der Gesetzesvorbehalt den hauptsächlichen Schutz des Bürgers darstellt so kann der in § 8a HBG enthaltene weite Spielraum vor dem Gesetzmässigkeitserfordernis nicht standhalten. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, dass von den Mehrwertabgaben vergleichsweise hohe Beträge erfasst werden. Um so mehr erfordert deshalb das Legalitätsprinzip, dass das HBG selber deutliche Richtlinien über die Abstufung der Abgabe innerhalb des erwähnten Spielraums enthalten müsste. Der Regierungsrat weist freilich darauf hin, dass die Mehrwertabgaben als neuartige Kausalabgaben mit Lenkungscharakter zu betrachten seien. Einerseits hätten sie eine Ausgleichsfunktion, indem die betroffenen Eigentümer an den Kosten für Infrastruktur, für die Schaffung von Grün- und Freiräumen und die damit verbundene Entschädigung anderer Eigentümer beteiligt würden. Anderseits dienten die Mehrwertabgaben als städtebauliches Planungsinstrument, das der Abnahme der Wohnbevölkerung entgegenwirken solle. Aus diesem Grund enthalte das HBG einen Ermessensspielraum für die Festsetzung der Höhe des Abgabesatzes. Der Regierungsrat könne förderungswürdige Bauzwecke, gegenwärtig den Wohnungsbau, in den dafür geeigneten Bauzonen mit dem niedrigsten Ansatz belasten. Die Verhältnisse könnten sich jedoch rasch ändern, was bedingen würde, dass die Abgabesätze rasch angepasst werden müssten. Diese Einwendungen vermögen an der vorstehenden Beurteilung nichts zu ändern. Auch die sozial- und wirtschaftspolitischen Überlegungen, von welchen sich der Regierungsrat beim Erlass der angefochtenen Ausführungsbestimmungen leiten liess, können - da dem Legalitätsprinzip Vorrang einzuräumen ist - nur durch ein Gesetz im formellen Sinn verwirklicht werden (vgl. HÖHN, in VALLENDER, a.a.O., S. 10 f.). Offenbar ist sich der Regierungsrat der Unzulänglichkeit der gesetzlichen Regelung (§ 8a HBG) erst im Laufe des vorliegenden Beschwerdeverfahrens bewusst geworden. Um dem Mangel zu begegnen, erliess er in der Folge die Ausführungsbestimmungen vom 6. Juni 1978. Es stand ihm indessen nicht zu, die Lücken des Gesetzes auf dem Verordnungsweg zu überbrücken. Das verfassungsrechtliche Gebot, dass gesetzliche Vorschriften im Abgaberecht hinreichend bestimmt sein müssen, BGE 105 Ia 134 S. 148 bedeutet gleichzeitig, dass der Gesetzgeber die nähere Umschreibung der fraglichen Kriterien nicht der Exekutive überlassen durfte. In diesem Sinne decken sich der Grundsatz der Gesetzmässigkeit im Abgaberecht und das Gewaltentrennungsprinzip (vgl. BGE 97 I 348 ). Beim Erlass der Richtlinien über die Abstufung der Abgabesätze innerhalb des von § 8a HBG gesetzten Rahmens hat sich demzufolge der Regierungsrat eine Kompetenz zu eigen gemacht, die der Gesetzgeber ihm nicht hätte übertragen können, ohne die Verfassung zu verletzen, Somit sind auch § 12 der Verordnung über die Mehrwertabgaben und der Beschluss über die Abgabesätze wegen Verletzung des Legalitätsprinzips aufzuheben. Dabei kann offen bleiben, ob und allenfalls in welcher Hinsicht diese Ausführungserlasse dem Gesetz widersprechen. d) Das Bundesgericht greift bei der Überprüfung kantonaler Erlasse möglichst schonend in die Entscheide des Gesetzgebers ein. Somit rechtfertigt es sich, die Bestimmungen des § 8a HBG nur insofern aufzuheben, als diese der zuständigen Behörde einen unzulässigen Spielraum einräumen, das heisst soweit eine Erhebung der Abgabe zu einem Satz von mehr als 40 Prozent des Mehrwerts gestattet wird. Die anderen Begehren sind abzuweisen. Im übrigen wird es dem Gesetzgeber des Kantons Basel-Stadt zustehen, die Vorschriften des HBG den verfassungsrechtlichen Bedingungen anzupassen, soweit er höhere Mehrwertabgaben erheben will. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde gegen das Gesetz vom 16. Juni 1977 betreffend Ergänzung des Hochbautengesetzes vom 11. Mai 1939 wird teilweise gutgeheissen. § 8a Ziff. 2 dieses Gesetzes wird aufgehoben, soweit die Bestimmung eine Erhebung der Abgabe zu einem Satz von mehr als 40 Prozent des Mehrwerts gestattet. Die Beschwerde gegen die Verordnung über die Mehrwertabgaben und den Beschluss über die Abgabesätze wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. § 12 der Verordnung über die Mehrwertabgaben und der Beschluss über die Abgabesätze werden aufgehoben.
public_law
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1a7f3783-5b3d-4ab7-8e90-781e92cc2a73
Urteilskopf 109 IV 117 32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 5. Dezember 1983 i.S. B. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 198/199 StGB; Gewinnsucht. Der Tatbestand der Kuppelei ist erfüllt, sobald der Täter der Unzucht Vorschub leistet, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen; ein besonders intensives Gewinnstreben ist nicht erforderlich (Präzisierung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 118 BGE 109 IV 117 S. 118 A.- a) Die II. Kammer des Obergerichtes des Kantons Luzern sprach B. am 18. Mai 1983 im Appellationsverfahren der gewerbsmässigen Kuppelei ( Art. 199 Abs. 1 StGB ) schuldig und verurteilte ihn zu acht Monaten Gefängnis mit bedingtem Strafvollzug (Probezeit zwei Jahre) und zu einer Busse von Fr. 5'000.--. Von einer Massnahme nach Art. 58 bzw. 59 StGB wurde abgesehen. b) Dieser Verurteilung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: B. vermietete in Luzern sechs Appartements an Dirnen. Die Liegenschaft gehörte zuerst B. persönlich und wurde am 1. Juli 1981 auf die B. AG übertragen. Gegenstand des Strafverfahrens bildete der Zeitraum bis zur Strafverfügung des Amtsstatthalters vom 7. Juli 1981. Nach den Feststellungen der Vorinstanz wurden in diesem Zeitraum von B. pro Appartement Mietzinse (inkl. Fr. 285.-- bzw. 295.-- Nebenkosten) von Fr. 800.-- bis Fr. 1'050.-- verlangt. Diese Ansätze überstiegen gemäss der vom Obergericht als schlüssig beurteilten Expertise des Sekretärs der Mietschlichtungsstelle die quartierüblichen Mietzinse um Fr. 15.-- bis Fr. 155.-- pro Appartement und gesamthaft um Fr. 570.-- pro Monat für die sechs Appartements. B.- Mit der Nichtigkeitsbeschwerde wird beantragt, das Urteil des Obergerichtes II des Kantons Luzern vom 18. Mai 1983 sei aufzuheben und der Beschwerdeführer sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Auszugehen ist von den tatsächlichen Feststellungen, dass der Beschwerdeführer eine Liegenschaft in Luzern, die in entsprechend eingerichtete Appartements aufgeteilt ist, an Dirnen vermietet BGE 109 IV 117 S. 119 hat und dass er auf diesem Wege Mietzinse erzielte, die (nach seinen eigenen Angaben) von andern Mietern in diesem Gebiet nicht bezahlt würden. Durch die Vermietung von Räumen, in denen die gewerbsmässige Unzucht ausgeübt werden kann und darf, leistete der Beschwerdeführer unbestrittenermassen der Unzucht Vorschub im Sinne von Art. 198 StGB . Da er im Rahmen seiner faktischen Möglichkeiten bereit war, immer wieder an Dirnen zu vermieten, um auf diesem Wege ein Erwerbseinkommen zu erzielen, handelte er überdies gewerbsmässig (vgl. BGE 99 IV 88 , BGE 94 IV 21 , BGE 76 IV 239 E. 4). 3. Das einzige Tatbestandsmerkmal des Art. 199 StGB , das mit der Nichtigkeitsbeschwerde in substantiierter Form bestritten wird, ist die Gewinnsucht. Kuppelei setzt voraus, dass die Förderung der Unzucht ("Vorschub leisten") aus Gewinnsucht erfolgt. a) In BGE 107 IV 119 hat der Kassationshof mit einlässlicher Begründung dargelegt, dass den Begriffen "Gewinnsucht", "gewinnsüchtige Absicht" in den Tatbestandsumschreibungen des besondern Teils des Strafgesetzbuches, wo im französischen Text der Ausdruck "dessein de lucre" verwendet wird, nicht die gleiche Bedeutung zukommt, wie dem im französischen Wortlaut als "cupidité" bezeichneten Strafzumessungsgrund in den Art. 48 Ziff. 1 Abs. 2, 50 Abs. 1 und 106 Abs. 2 StGB. Während im allgemeinen Teil mit Gewinnsucht ("cupidité") ein hemmungsloses oder besonders ausgeprägtes, zur Sucht gewordenes Streben nach geldwerten Vorteilen erfasst werden soll (vgl. BGE 94 IV 100 , BGE 96 IV 181 , BGE 100 IV 264 ), ist mit "dessein de lucre" nicht eine in quantitativer Hinsicht aussergewöhnliche Gier nach finanziellen Vorteilen gemeint, sondern ein moralisch verwerfliches Bereicherungsstreben, das nicht durch ungewöhnliches Ausmass charakterisiert ist. Ob letztlich zwischen dem so verstandenen "dessein de lucre" und der blossen Bereicherungsabsicht ("dessein d'enrichissement") zu unterscheiden sei oder ob es sich dabei praktisch um synonyme Begriffe handle (vgl. SCHULTZ, ZBJV 118/1982 S. 552 f., STRATENWERTH, Besonderer Teil I, 3. Aufl. S. 285), kann hier offen bleiben. Wesentlich ist bei der in BGE 107 IV 119 begründeten Rechtsprechung nicht die theoretische Frage einer allfälligen subtilen Abgrenzung zur blossen Bereicherungsabsicht, sondern entscheidend ist, dass - trotz der Verwendung des gleichen Wortes im deutschen und im italienischen Text - zwischen dem, was in den erwähnten Bestimmungen des allgemeinen Teils als Gewinnsucht/"cupidité" umschrieben wird, und dem, was im besonderen Teil des StGB mit dem Tatbestandsmerkmal BGE 109 IV 117 S. 120 "dessein de lucre"/Gewinnsucht gemeint ist, ein grundsätzlicher Unterschied besteht. Während in den Bestimmungen des allgemeinen Teils eine als eigentliche Sucht erscheinende Grundhaltung als zusätzlicher Strafzumessungsgrund erfasst wird, geht es in den Art. 129 Abs. 2, 159 Abs. 2, 198/199 (200), 219 Abs. 2 und 313 StGB darum, entweder die Strafbarkeit überhaupt davon abhängig zu machen, dass das umschriebene, an sich unmoralische Verhalten zur Erlangung materieller Vorteile (Bereicherung) erfolgte (Art. 198/199, 313 StGB), oder eine ohnehin strafbare Handlung einer besondern Strafdrohung zu unterwerfen, wenn die Bereicherung des Täters das Motiv gebildet hat (Art. 129 Abs. 2, 159 Abs. 2, 219 Abs. 2 StGB). Aus der in BGE 107 IV 119 einlässlich begründeten, auch vom Beschwerdeführer nicht grundsätzlich in Frage gestellten Interpretation, an welcher festzuhalten ist, ergibt sich, dass der Tatbestand der Kuppelei erfüllt ist, sobald der Täter der Unzucht Vorschub leistet, um sich finanzielle Vorteile zu verschaffen. Der Nachweis eines besonders intensiven, leidenschaftlichen, süchtigen Gewinnstrebens (im Sinne der Praxis zum Begriff Gewinnsucht/"cupidité") ist nicht erforderlich. Es gibt nicht ein zwar aus materiellen Gründen (in Bereicherungsabsicht) erfolgendes, aber die Schwelle der Intensität des Gewinnstrebens nicht erreichendes und daher nicht strafbares Vorschubleisten im Sinne der Art. 198/199 StGB. b) Nach den Grundsätzen dieser Rechtsprechung hat der Beschwerdeführer dadurch, dass er planmässig die aus der Vermietung an Prostituierte sich ergebende bessere Rendite seiner Liegenschaft anstrebte, das Tatbestandselement der Gewinnsucht erfüllt. Ob die Differenz zwischen den erzielten Mieten und dem ortsüblichen Zins bei "normaler" Vermietung die für den Tatbestand des Wuchers massgebenden Grenzwerte überschreitet, ist bei dieser Betrachtungsweise nicht von Belang (vgl. BGE 89 IV 19 ). Der Beschwerdeführer hat durch die Ausstattung und Vermietung seines Hauses der Unzucht Vorschub geleistet ( BGE 98 IV 257 E. 2), und zwar - wie sich aus seinen eigenen Aussagen ergibt -, um auf diesem Wege höhere Mieten zu erzielen. Es wird ihm nicht vorgeworfen, er habe dabei seine Mieterinnen unter Berücksichtigung ihres speziellen Gewerbes masslos überfordert. Dies ist auch nicht Voraussetzung für die Bestrafung wegen Kuppelei. Es genügt, wenn der Täter der Unzucht Vorschub leistet, um dadurch Gewinn zu erzielen. Die angefochtene Verurteilung verletzt daher Bundesrecht nicht. Dass offenbar gegenüber der Förderung der Unzucht durch BGE 109 IV 117 S. 121 Vermietung geeigneter Räume zum Teil von den Strafverfolgungsbehörden grosse Toleranz geübt und nichts unternommen wird, ändert die Rechtslage nicht. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
null
nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1a80ab93-cb71-4c27-bdd2-a620a64ed266
Urteilskopf 118 IV 420 72. Extrait de l'arrêt de la Chambre d'accusation du 31 août 1992 dans la cause P. c. Office fédéral de la police (plainte EIMP)
Regeste Art. 15 IRSG ; Entschädigung für ungerechtfertigte Auslieferungshaft. - Eidgenössische Bestimmungen, die sinngemäss gelten (E. 2a und E. 2b). - Der Verweigerung der Auslieferung ist der Fall gleichzusetzen, in welchem der ersuchende Staat nicht in der Lage ist, eine durch den ersuchten Staat an die Auslieferung geknüpfte Bedingung zu erfüllen. Die Auslieferungshaft erweist sich auch hier im nachhinein als ungerechtfertigt, weshalb eine Entschädigung geschuldet ist (E. 2c).
Sachverhalt ab Seite 420 BGE 118 IV 420 S. 420 A.- Le 30 avril 1987, la Cour d'appel de Florence a condamné par défaut P., ressortissant des Etats-Unis d'Amérique né en 1932, à une peine de vingt ans de réclusion et à une amende. Pour l'essentiel, il a été reconnu coupable de blanchissage d'argent provenant d'un trafic de drogue, dont il était l'un des organisateurs principaux. B.- Le 25 août 1987, le Procureur général de la République italienne auprès de la Cour d'Appel de Florence a décerné un mandat BGE 118 IV 420 S. 421 d'arrêt contre P. Le 20 mars 1991, ce dernier a été arrêté à Lausanne et placé en détention extraditionnelle, conformément à un mandat d'arrêt de l'Office fédéral de la police (ci-après: l'Office fédéral) du 21 mars 1991. Le 11 avril 1991, la Chambre d'accusation du Tribunal fédéral a rejeté un recours du détenu contre cette mesure. Par un arrêt du 14 octobre 1991, la Ire Cour de droit public du Tribunal fédéral a partiellement admis le recours de P. contre la décision de l'Office fédéral d'accorder l'extradition. Le dispositif contient notamment les termes suivants: "a) l'extradition n'est pas accordée pour le délit de ''constitution d'avoirs en devises à l'étranger'' selon les dispositions spécifiques du droit italien; b) l'extradition est accordée pour le surplus à condition que l'Etat requérant donne au préalable l'assurance que le recourant aura la faculté de demander le relief du jugement rendu par défaut le 30 avril 1987, le délai pour ce faire ne commençant pas à courir avant la remise de l'extradé à l'Etat requérant." Les autorités italiennes n'ont pas été en mesure de garantir à P. la faculté de demander le relief. En conséquence, le 4 novembre 1991, l'Office fédéral a mis fin à la détention en vue d'extradition. C.- Le 10 janvier 1992, P. a présenté à l'Office fédéral une demande d'indemnité pour détention injustifiée, en application de l' art. 15 EIMP . Le 10 avril 1992, l'Office fédéral a rejeté la demande d'indemnité. D.- Le 4 mai 1992, P. a saisi la Chambre d'accusation du Tribunal fédéral d'une plainte. Il demande l'annulation de la décision prise le 10 avril 1992 par l'Office fédéral et l'octroi, par la Confédération, d'une indemnité. Dans le cadre des mesures d'instruction, le plaignant a obtenu que le dossier de l'Office fédéral relatif à la procédure d'extradition soit mis à la disposition de la chambre de céans. E.- L'Office fédéral a conclu au rejet du "recours" dans la mesure où il serait admissible. BGE 118 IV 420 S. 422 Erwägungen Considérant en droit: 2. Sous le titre "indemnisation", l' art. 15 al. 1 EIMP (RS 351.1) prévoit ce qui suit: "Les dispositions fédérales ou cantonales sont applicables par analogie à l'indemnité due pour la détention injustifiée et d'autres dommages subis par la personne poursuivie au cours d'une procédure menée en Suisse conformément à la présente loi, ou à l'étranger sur demande d'une autorité suisse." En l'espèce, les autorités cantonales n'étant pas intervenues, seules les dispositions de droit fédéral doivent être prises en considération. a) Les dispositions fédérales applicables à ce domaine se trouvent dans la Loi fédérale sur la procédure pénale et dans la Loi fédérale sur le droit pénal administratif (PPF, RS 312.0 et DPA, RS 313.0). Selon l' art. 122 al. 1 PPF , une indemnité est attribuée sur demande, pour préjudice résultant de la détention préventive ou d'autres actes de l'instruction, à l'inculpé qui est mis au bénéfice d'une ordonnance de non-lieu; l'indemnité peut être refusée lorsque l'inculpé a provoqué ou entravé les opérations de l'instruction par son attitude répréhensible ou sa légèreté. D'après l' art. 99 DPA , qui régit avec l' art. 100 DPA la question de l'indemnité en droit pénal administratif, celle-ci est allouée sur demande, pour la détention préventive et les autres préjudices subis, à l'inculpé qui est mis au bénéfice d'un non-lieu ou qui est seulement puni pour inobservation de prescriptions d'ordre. Une réglementation analogue est prévue en cas d'acquittement ( art. 176 PPF , art. 101 DPA ). b) A l' art. 15 al. 1 EIMP , on ne trouve aucune précision sur la notion de détention injustifiée (ungerechtfertigte Haft, carcere ingiustificatamente sofferto). Cette expression ne se trouve pas aux articles 122 PPF et 99 DPA. Les travaux préparatoires de l' art. 15 EIMP (art. 11 du projet) ne permettent pas de mieux définir ces termes. Le texte proposé dans le message a été adopté sans modifications de fond par les deux chambres (FF 1976 II 480; les mots "indemnisation" et "indemnité" ont simplement remplacé celui de "réparation"). Il en alla de même, pour l'essentiel, de l' art. 99 al. 1 DPA (art. 102 du projet). Le message mentionne seulement que cette disposition a été calquée sur celle de la Loi fédérale sur la procédure pénale (FF 1971 I 1038); les débats parlementaires n'ont pas porté sur le problème en cause ici. BGE 118 IV 420 S. 423 Au contraire, la genèse de l' art. 122 PPF apporte des éléments utiles. Dans son projet - art. 124 al. 1 et 2 - le Conseil fédéral prévoyait la réglementation suivante (FF 1929 II 727/728): "Si le procureur général de la Confédération ou le juge d'instruction estime que l'inculpé mis au bénéfice d'une ordonnance de non-lieu a droit à une indemnité pour sa détention préventive ou pour d'autres préjudices subis, ou si l'inculpé réclame une indemnité, le juge d'instruction transmet le dossier à la chambre d'accusation qui statue. Pour allouer ou refuser une indemnité à l'inculpé et, le cas échéant, pour en fixer le montant, la chambre d'accusation s'inspire de raisons d'équité." Dans le message du 10 septembre 1929 concernant un projet de loi sur la procédure pénale fédérale, le Conseil fédéral considérait que ces règles ne conféraient pas un droit à l'inculpé reconnu innocent: "L'indemnité lui est allouée pour des raisons d'équité" (FF 1929 II 649). La Commission du Conseil national a proposé un nouveau texte pour l' art. 124 al. 1 PPF (Bulletin sténographique du Conseil national 1931 p. 724): "L'inculpé mis au bénéfice d'une ordonnance de non-lieu a droit à une indemnité pour sa détention préventive et pour d'autres préjudices subis. L'indemnité peut être refusée, lorsque l'inculpé a provoqué ou entravé les opérations de l'instruction par son attitude répréhensible ou par sa légèreté." Le Conseil national adopta cette proposition. Il la maintint face au Conseil des Etats favorable à la version du gouvernement. Le Conseil national désirait, "en harmonie avec les principes de presque tous les codes de procédure pénale modernes", accorder le droit à une indemnité d'un prévenu qui a été l'objet de mesures reconnues injustifiées (Bulletin sténographique du Conseil national 1933 p. 897). Des origines de cette disposition, dont le contenu correspond à celui de l' art. 122 al. 1 PPF en vigueur aujourd'hui, il ressort que le droit à une indemnité doit être admis lorsque les deux conditions cumulatives suivantes sont réunies; d'une part, il faut qu'un lien de causalité existe entre le préjudice subi et la détention (ou les autres mesures d'enquête) et, d'autre part, qu'il soit mis fin à celle-ci par une ordonnance de non-lieu. En d'autres termes, la Confédération a une responsabilité causale face à une personne poursuivie ayant subi une détention préventive ou d'autres préjudices, dès que la procédure n'aboutit pas à une mise en accusation; il n'est donc pas nécessaire que les organes d'enquête ou d'instruction aient transgressé la loi. L'Etat répond BGE 118 IV 420 S. 424 également ainsi d'une activité parfaitement conforme au droit, exercée par ses organes. La chambre de céans a déjà appliqué ces règles, découlant de l' art. 122 PPF , dans le domaine visé à l' art. 15 EIMP . Ainsi, il y a détention extraditionnelle injustifiée chaque fois que la personne poursuivie a certes été incarcérée en application des règles légales - de fond et de procédure - mais que cette détention, à la suite des circonstances, se révèle après coup injustifiée en fait ( ATF 117 IV 218 consid. 4b, ATF 64 I 141 consid. 2). Il faut cependant rappeler que dans de tels cas l'indemnité peut être refusée - en tout ou en partie - à l'inculpé qui aurait provoqué ou entravé les opérations de l'instruction par son attitude répréhensible ou par sa légèreté ( art. 122 PPF et 99 al. 1 DPA). Ces principes sont approuvés par la doctrine (voir FAJNOR, Staatliche Haftung für rechtmässig verursachten Schaden, thèse Zurich 1987 p. 76 n. 71; SCHUBARTH, Die Rechte des Beschuldigten im Untersuchungsverfahren, Berne 1973 p. 192 ss; PIQUEREZ, Précis de procédure pénale suisse, Lausanne 1987 p. 482 n. 2692 et 2697; JOST GROSS, Die Kausalhaftung des Staates, in Colloque Développements récents du droit de la responsabilité civile, édité par Olivier Guillod, Zurich 1991 p. 216 ss). c) Dans le domaine de l'entraide internationale en matière pénale, qui comprend le droit de l'extradition, ces règles sont applicables par analogie (sinngemäss, per analogia) conformément à l' art. 15 EIMP . aa) D'après la jurisprudence, la détention extraditionnelle se révèle injustifiée si l'extradition n'est pas accordée ( ATF 117 IV 219 consid. 4c). Il n'y a pas lieu de remettre en cause cette manière de voir. Le cas du recourant présente toutefois la particularité que l'extradition a été accordée en dernière instance par le Tribunal fédéral, mais sous condition; or, l'Etat requérant n'a pas rempli cette condition. Se pose dès lors la question de savoir si, dans une telle situation, la détention extraditionnelle doit être qualifiée d'"injustifiée". L'Office fédéral répond par la négative. Selon cette autorité, l' art. 99 al. 1 DPA pose la condition notamment d'un non-lieu, dont le recourant ne peut en l'état se prévaloir, car rien n'indique qu'il aurait pu être acquitté en Italie; au demeurant, la demande d'extradition n'a pas été retirée et l'Etat requérant a toujours la possibilité d'accepter les conditions posées par le Tribunal fédéral, ce qui rendrait alors l'extradition exécutoire. Cette argumentation n'est pas convaincante. En effet, lorsque l'extradition est accordée sous condition et que l'Etat requérant ne BGE 118 IV 420 S. 425 remplit pas cette condition dans un délai raisonnable, on doit en déduire que la procédure d'extradition n'a pas abouti. Un consentement assorti d'une condition équivaut, dans ses effets, à un refus si le destinataire ne remplit pas la condition imposée. Ainsi, le cas du plaignant doit être assimilé à celui d'un refus d'extradition. Il est vrai que l'échec de la procédure d'extradition est le fait de l'Etat requérant, mais cela ne fait pas obstacle, en droit suisse, à l'allocation d'une indemnité pour détention extraditionnelle injustifiée. En d'autres termes, le fait que l'Italie n'a pas satisfait à la condition posée pour l'extradition a créé une situation équivalant à un refus d'extrader la personne poursuivie. Ainsi, la détention de celle-ci (détention dont le but est de garantir l'extradition à l'Etat requérant) ne se justifie plus. Elle se révèle injustifiée. bb) Il n'est dès lors possible de refuser une indemnité (en tout ou en partie) que si certains actes du détenu ont eu une influence sur la détention. L' art. 122 al. 1 PPF cite, on l'a vu, les cas où l'inculpé a provoqué ou entravé les opérations de l'instruction par son attitude répréhensible ou par sa légèreté; l' art. 99 DPA prévoit l'hypothèse de celui qui a provoqué l'instruction par sa faute ou qui a, sans raison, entravé ou prolongé la procédure. Rien ne précise que le détenu doive supporter les conséquences des actes des organes de l'Etat, requérant ou requis, sans espoir d'indemnisation. En l'espèce, le dossier ne permet pas de discerner en quoi le comportement du plaignant pourrait justifier le refus, même partiel, d'une indemnité. L'Office fédéral n'allègue pas non plus de motifs de cette nature. Dès lors, la Confédération doit une indemnité complète.
null
nan
fr
1,992
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1a83b9ff-adb2-4dc6-b890-b1ba60d0b693
Urteilskopf 111 IV 31 8. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. Februar 1985 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG . Nach dieser Bestimmung macht sich beim Nachweis einer entsprechenden Menge auch derjenige strafbar, der lediglich einem Abnehmer Betäubungsmittel abgibt und weiss, dass dieser seinerseits wiederum nur einen bestimmten, kleineren Personenkreis beliefert.
Sachverhalt ab Seite 31 BGE 111 IV 31 S. 31 X. verkaufte insgesamt ca. 8 kg Haschisch an Y. Deswegen wurde er im Berufungsverfahren durch die erste Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich am 22. November 1983 schuldig erklärt der wiederholten und fortgesetzten Widerhandlungen gegen Art. 19 Ziff. 1 in Verbindung mit Ziff. 2 lit. a BetmG und mit 10 Monaten Gefängnis bestraft. Die gegen diesen Entscheid geführte Nichtigkeitsbeschwerde weist der Kassationshof ab u.a. mit folgender Erwägungen Erwägung: 2. Nachdem die Vorinstanz mit zutreffender Begründung das Verhalten des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichts in objektiver ( BGE 109 IV 143 E. 3 mit Verweisungen) und subjektiver Hinsicht ( BGE 104 IV 212 ff.) als "schweren Fall" im Sinne von Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG qualifiziert hatte, wurde anschliessend in den Urteilserwägungen festgehalten, es sei nicht relevant, "ob der Angeklagte lediglich einem Abnehmer Stoff lieferte und wusste, dass dieser Abnehmer selber wiederum nur einen bestimmten, kleineren Personenkreis belieferte". Nach Ansicht des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz mit der eben zitierten Feststellung insoweit Bundesrecht verletzt, als die BGE 111 IV 31 S. 32 von ihm vermittelten, insgesamt 8 kg Haschisch sich zum vornherein nicht zur Gefährdung vieler Menschen geeignet hätten, weil es nach seinem Wissen nur für einen kleinen Kreis von 5 oder 6 Personen bestimmt war. Diese Darstellung lässt den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ausser Betracht. Ein schwerer Fall nach Art. 19 Ziff. 2 lit. a BetmG liegt schon dann vor, wenn sich die Widerhandlung auf eine Menge von Betäubungsmitteln bezieht, welche die Gesundheit vieler Menschen in Gefahr bringen kann. In objektiver Hinsicht setzt die Bestimmung also nur voraus, dass die Widerhandlung mit einer Menge eines bestimmten Betäubungsmittels begangen wird, die geeignet ist, eine gesundheitliche Gefahr für viele herbeizuführen; in subjektiver Beziehung verlangt das Gesetz, dass der Täter um diese objektiven Umstände weiss oder darauf schliessen muss ( BGE 104 IV 213 E. 2). Indem der Beschwerdeführer geltend macht, dass die 8 kg Haschisch nur einem Abnehmer geliefert und damit nur wenige Personen versorgt wurden, übersieht er das Wesen des zu beurteilenden Deliktes als eines abstrakten Gefährdungsdeliktes, bei welchem der Nachweis nicht erforderlich ist, dass die Gefahr eingetreten oder vom Täter gewollt war ( BGE 108 IV 65 E. 2 mit Hinweisen; ALFRED SCHÜTZ, Die Strafbestimmungen des Bundesgesetzes über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 in der Fassung vom 20. März 1975, Diss. Zürich, 1980, S. 156).
null
nan
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1,985
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1a8543bf-2e21-4ac0-ba33-b5d7420a06c0
Urteilskopf 116 II 419 77. Estratto della sentenza 20 settembre 1990 della II Corte civile nella causa Ghidoni contro Governo del Cantone dei Grigioni (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Art. 680 Abs. 2 ZGB . Gesetzliche Eigentumsbeschränkungen, Vorschriften bezüglich des Grenz- und des Gebäudeabstandes. Erfordernis der öffentlichen Beurkundung. 1. Zusammenfassung von Lehre und Rechtsprechung (E. 4). 2. Die Abänderung gesetzlicher Eigentumsbeschränkungen muss öffentlich beurkundet werden; Bestätigung der Rechtsprechung von BGE 44 II 394 ff. (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 419 BGE 116 II 419 S. 419 A.- Con contratto di servitù del 15 febbraio 1989 la Comunione ereditaria Ghidoni-Pedrazzi, proprietaria della particella n. 1845 RFP del Comune di Roveredo, ha concesso ad Arnaldo e Luciano Raveglia, comproprietari della particella adiacente n. 129b, di costruire a m 2.40 dal confine; a loro volta i secondi hanno concesso alla prima di costruire a distanza ravvicinata dallo stabile sulla loro proprietà, ferma restando una distanza di m 6 fra i due edifici. B.- L'Ufficiale del registro fondiario ha respinto il 24 febbraio 1989 l'istanza di iscrizione della suddetta servitù, rilevando che, a BGE 116 II 419 S. 420 mente dell' art. 680 cpv. 2 CC , la modifica delle distanze richiedeva l'atto pubblico. Arnaldo e Luciano Raveglia si sono adagiati a questa decisione, facendo allestire, per quanto riguarda l'aggravio del loro fondo, l'atto pubblico. Contro il rifiuto dell'iscrizione la Comunione ereditaria Ghidoni-Pedrazzi è invece insorta al Governo del Cantone dei Grigioni, autorità di vigilanza sul registro fondiario, il quale ha respinto il ricorso e confermato la decisione dell'ufficio dei registri il 18 dicembre 1989. C.- Arnaldo e Mario Antonio Ghidoni, componenti la Comunione ereditaria Ghidoni-Pedrazzi, hanno presentato il 5 marzo 1990 un ricorso di diritto amministrativo al Tribunale federale in cui chiedono che la decisione dell'autorità di vigilanza sia annullata e che all'Ufficiale del registro fondiario sia fatto ordine di procedere all'iscrizione della servitù. L'autorità cantonale propone che il ricorso sia respinto. L'Ufficio federale di giustizia ne propone invece l'accoglimento. Erwägungen Dai considerandi: 4. Sulla necessità dell'atto pubblico per la modifica di restrizioni legali alla proprietà - premesso che, trattandosi di restrizioni di diritto pubblico, la modifica consista in un'estensione e questa, come nel caso in esame, sia autorizzata dal diritto cantonale - la dottrina è divisa. Per LIVER (in: Zürcher Kommentar, 2a edizione, note 107 e 107a e in: Schweizerisches Privatrecht, vol. V/1, pag. 198 seg.) l'art. 680 cpv. 2 sarebbe dovuto ad una svista del legislatore che avrebbe omesso di modificare tale norma, una volta ammessa la sola forma scritta per la costituzione di servitù ( art. 732 CC ). MEIER-HAYOZ (Berner Kommentar, 3a edizione, note 98 e 99 ad art. 680) si pronuncia a favore dell'atto pubblico, conformemente al testo legale. Pur ammettendo che ci si trova in presenza di una svista del legislatore, egli sostiene che non è compito del giudice procedere ad una rettifica di tale svista. PIOTET (in: Traité de droit privé suisse, pag. 44) ritiene che l'atto pubblico non è richiesto qualora l'accordo delle parti sia nel senso di aggravare la portata della restrizione. STEINAUER (Les droits réels, vol. II, pag. 129 n. 1802) aderisce all'opinione di LIVER della svista del legislatore, ma sostiene che comunque la regola dell' art. 680 cpv. 2 CC deve essere rispettata, perlomeno, come già aveva osservato LIVER (op.cit.), a titolo di consuetudine. Secondo il Tribunale federale, tutte le modifiche delle restrizioni legali alla proprietà devono essere stipulate nella forma BGE 116 II 419 S. 421 dell'atto pubblico ( DTF 44 II 394 segg.). 5. L'Ufficio federale di giustizia, che ritiene sufficiente la forma scritta e propone, di conseguenza, l'ammissione del ricorso, ammette tuttavia che la sola esistenza di una svista del legislatore non è motivo sufficiente per modificare la prassi instaurata dalla sentenza pubblicata in DTF 44 II 394 segg. a) A ragione l'Ufficio osserva che l'atto pubblico mantiene tutta la sua importanza, allorché il proprietario rinuncia alla tutela offerta dal diritto di vicinato, e quindi a mezzi di difesa attribuitigli dal legislatore. Ma non si vede per quale motivo tale importanza verrebbe meno, come sostiene lo stesso Ufficio, quando il proprietario accetta un'estensione della restrizione di proprietà e quindi un aggravio che può risultare sensibilmente superiore a quello previsto da leggi e regolamenti. La tesi dell'Ufficio federale di giustizia consiste nel dire che, attualmente, è spesso difficile distinguere se le restrizioni siano di natura privata o di interesse pubblico e che la pratica si limita ad esigere la forma scritta ed eventualmente la menzione nel registro fondiario. Ciò avviene, in modo particolare, nei casi di trasferimento delle possibilità edificatorie da una particella ad un'altra, ad esempio nell'ipotesi di rinuncia a distanze dal confine. Sarebbe errato esigere l'atto pubblico unicamente perché in un Cantone la restrizione è contenuta nella legge di introduzione al codice civile e non nella legge edilizia cantonale. In tale modo si recherebbe inutilmente pregiudizio alla funzione di pubblicità del registro fondiario, favorendo la tendenza di fare oggetto di menzione restrizioni della proprietà in natura privata. b) La tesi testé esposta trascura il fatto che, nel caso in esame, si è in presenza, secondo l'interpretazione del diritto cantonale data dall'autorità di vigilanza, di una restrizione alla proprietà di carattere pubblico e che, pertanto, le perplessità manifestate a proposito della menzione al registro fondiario di modifiche apportate a tali restrizioni non sono giustificate. Ma ciò che soprattutto importa è che il potere di esame dell'Ufficiale del registro fondiario - come quello dell'ufficiale di esecuzione e fallimenti o dell'ufficiale di stato civile - è necessariamente limitato (cfr. DTF 110 II 131 consid. 3; DTF 107 II 213 consid. 1). Di conseguenza egli non può accontentarsi, in presenza di una chiara disposizione di legge che esige l'atto pubblico, della forma minore della semplice convenzione scritta. Del resto, proprio perché il BGE 116 II 419 S. 422 proprietario deve accettare un aggravio maggiore di quello impostogli dalla legislazione di diritto pubblico, l'atto pubblico e l'intervento del notaio, che obbligano ad una più approfondita riflessione, mantengono tutta la loro importanza. Da ultimo, non è possibile dimenticare che singolare non è la disposizione dell' art. 680 cpv. 2 CC , bensì quella dell' art. 732 CC (in questo senso la sentenza 4 maggio 1981 in re Malandrini, pag. 6 in alto, con riferimento a MEIER-HAYOZ, op.cit., nota 99 ad art. 680 CC ), ciò che rende ancora più problematico un cambiamento di prassi che venisse ordinato dalle autorità amministrative preposte al registro fondiario.
public_law
nan
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1,990
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CH_BGE_004
CH
Federation
1a8a0c1f-d5d0-4ea7-8860-98276bd542e8
Urteilskopf 101 IV 402 93. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Oktober 1975 i.S. Lenzlinger und Kons. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
Regeste 1. Art. 182 Ziff. 1 StGB , Freiheitsberaubung, Rechtsirrtum. Rechtswidrige Festnahme eines mutmasslichen Täters durch Privatpersonen (Erw. 1b). 2. Art. 144 StGB . Hehlerei an gestohlenen Blankopässen. Vorsatz des Hehlers (Erw. 2). 3. Art. 179 Abs. 1 StGB , Verletzung des Briefgeheimnisses. Strafantragsberechtigt ist der Adressat des Briefes, nicht der Dritte, an den der Inhalt der Sendung weiterzuleiten war (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 403 BGE 101 IV 402 S. 403 A.- In den Jahren nach 1970 leitete Lenzlinger eine Organisation zur Fluchthilfe für Personen, die sich aus den Oststaaten, namentlich aus der Deutschen Demokratischen Republik, in den Westen absetzen wollten. Catterini, der mit Lenzlinger verfeindet war, versuchte dessen Tätigkeit zu hintertreiben und übermittelte dem Staatssicherheitsdienst der DDR in Ostberlin Informationen über das Fluchthilfeunternehmen. Als Lenzlinger davon erfuhr, ging er seinerseits gegen Catterini vor und erstattete der Polizei verschiedentlich Meldungen über dessen Nachrichtentätigkeit. Schliesslich wurde auch gegen Lenzlinger und seine Mitarbeiter ein Strafverfahren eröffnet. a) Am Nachmittag des 9. April 1973 lockten Lenzlinger, Brunner, Schläpfer und Bugmann den nach ihrer Meinung für Catterini tätigen Ostagenten Fahrni in das Parkhaus des Hotels Zürich, fesselten ihn mit Handschellen und verbrachten ihn in die Büroräume Lenzlingers in Zürich. Dort hielten sie Fahrni bis gegen 20 Uhr fest, um Geständnisse über seinen Nachrichtendienst zu erhalten. Am gleichen Abend führten sie ihn gefesselt im Auto nach Bern, wo sie ihn auf eine Mistkarette festbanden und mit einem an den Bundesanwalt gerichteten Lieferschein vor dem Bundeshaus abstellten. b) Im Frühjahr 1972 übernahm Lenzlinger von einem Deutschen, namens Zenker, einen Koffer, enthaltend 70-80 Westdeutsche Blankopässe, zur Verwahrung in Zürich, um zu verhindern, dass die Pässe bei den verschiedenen Grenzübertritten Zenkers entdeckt und beschlagnahmt würden. c) Anfang April 1973 nahm Lenzlinger in seinem Büro in Zürich einen verschlossenen, an Frau Catterini adressierten Brief entgegen, den ihm Bugmann überbracht hatte. Er öffnete BGE 101 IV 402 S. 404 ihn ohne Wissen der Adressatin, erstellte eine Fotokopie des Inhalts und übergab den Brief später der Polizei. B.- Das Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, verurteilte am 7. Februar 1975 Lenzlinger wegen Freiheitsberaubung, Hehlerei und Verletzung des Briefgeheimnisses zu 3 Monaten Gefängnis und Fr. 200.-- Busse, Brunner und Schläpfer wegen Freiheitsberaubung zu 10 bzw. 8 Tagen Gefängnis sowie Bugmann wegen Betruges, Freiheitsberaubung und Sachbeschädigung zu 30 Tagen Gefängnis und Fr. 100.-- Busse. Im Falle Lenzlinger verweigerte es den bedingten Strafaufschub. C.- Die vier Verurteilten führen Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache teils zur Freisprechung, teils zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Im Falle der Freiheitsberaubung ( Art. 182 Ziff. 1 StGB ) machen die Beschwerdeführer geltend, das Obergericht habe die Begriffe des Tat- und Rechtsirrtums sowie des Notstandes verkannt und die Art. 19, 20 und 34 StGB zu Unrecht nicht angewendet. a) ... b) Was den behaupteten Rechtsirrtum nach Art. 20 StGB anbelangt, stellt die Vorinstanz nirgends fest, dass die Beschwerdeführer tatsächlich im Glauben gehandelt hätten, sie seien zur Tat berechtigt. Davon abgesehen, lagen nach dem verbindlich festgestellten Sachverhalt auch keinerlei zureichende Gründe vor, die Freiheitsberaubung für erlaubt zu halten. Insbesondere können sich die Beschwerdeführer auf keine Vorschriften des kantonalen und eidgenössischen Rechts berufen, um die Festnahme Fahrnis und den rund 8 Stunden dauernden Freiheitsentzug zu rechtfertigen. Wie das Obergericht ausführt, erlaubt § 69 der zürcherischen StPO Privatpersonen die Festnahme eines mutmasslichen Täters nur, wenn die Ergreifung unmittelbar der Wahrnehmung dringender Verdachtsgründe folgt und der Festgenommene sofort der Polizei übergeben wird. Ebenso verlangt Art. 63 BStP , dass die festnehmende Privatperson Zeuge eines Verbrechens oder Vergehens gewesen oder unmittelbar nach der Tat dazugekommen BGE 101 IV 402 S. 405 ist und dass der ergriffene Täter sofort der Polizei übergeben werde. Im vorliegenden Fall waren die Beschwerdeführer weder Zeuge einer im Gange befindlichen oder unmittelbar zuvor verübten Straftat, noch bestand die Notwendigkeit einer raschen Festnahme eines Tatverdächtigen. Ebenso wurde eine unverzügliche Übergabe des Verhafteten an die Polizei unterlassen. Den Beschwerdeführern ging es nach den tatsächlichen Feststellungen in Wirklichkeit nicht in erster Linie um die Unterstützung der Polizei, sondern vielmehr darum, Fahrni während Stunden selber zu verhören und durch die Aktion in Bern öffentliches Aufsehen zu erregen. c) ... 2. Der Beschwerdeführer Lenzlinger bestreitet zu Recht nicht, dass Pässe, auch wenn sie noch keine amtlichen Eintragungen enthalten, körperliche Gegenstände, also Sachen im Sinne des Art. 144 StGB sind. Unbestreitbar ist auch, dass Blankopässe nicht wertlos sind, sondern sogar einen erheblichen Vermögenswert erreichen können, hat doch der Beschwerdeführer selbst schon westdeutsche Blankopässe zum Kaufpreis von je Fr. 6'000.-- erworben. Dagegen wendet Lenzlinger vergeblich ein, es sei keine strafbare Vortat nachgewiesen worden, durch die Vermögensrechte verletzt worden seien. Denn es steht verbindlich fest, dass Zenker die dem Beschwerdeführer übergebenen Pässe in westdeutschen Amtslokalen entwendet hatte. Sie sind somit durch eine gegen das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland gerichtete strafbare Handlung erlangt worden, gleichgültig, ob die Vortat als Diebstahl, Sachentziehung oder als anderes Vermögensdelikt im weiten Sinne gewürdigt wird. Unerheblich ist ferner, ob der Vortäter verfolgt und bestraft wird oder nicht, denn erforderlich ist nur, dass die Vortat die objektiven Merkmale einer strafbaren Handlung erfüllt ( BGE 81 IV 91 , BGE 90 IV 16 ). Lenzlinger hat die Pässe bei sich aufbewahrt, um zu verhindern, dass die "heisse Ware" bei den Grenzübertritten Zenkers entdeckt und beschlagnahmt werde. Er half somit, den durch die Vortat geschaffenen rechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten, und beging Hehlerei durch Verheimlichen im Sinne des Art. 144 StGB ( BGE 90 IV 17 Erw. 2). Vorsätzlich handelt der Hehler nicht nur, wenn er um die strafbare Herkunft der Sache weiss, sondern auch dann, wenn BGE 101 IV 402 S. 406 Verdachtsgründe die Möglichkeit einer strafbaren Vortat nahelegen. Insbesondere ist nicht nötig, dass er die konkrete Eigenart der strafbaren Handlung kennt (STRATENWERTH, I S. 267). Nach den massgebenden Feststellungen der Vorinstanzen war sich der Beschwerdeführer im klaren darüber, dass Zenker durch irgendeine strafbare Handlung in den Besitz der Pässe gelangt war. Der Vorsatz ist damit verbindlich festgestellt. Dass Lenzlinger anfänglich den Angaben Zenkers glaubte, die Pässe stammten aus einer Druckerei, in der sie doppelt hergestellt worden seien, ändert nichts. Denn er hat die Verheimlichung auch noch fortgesetzt, als er zur Überzeugung gelangte, die Darstellung Zenkers stimme nicht, und sich der Möglichkeit einer strafbaren Handlung bewusst wurde. Es kann dahingestellt bleiben, ob Art. 34 Ziff. 2 StGB anwendbar wäre, wenn der Beschwerdeführer die Pässe zu Fluchtaktionen hätte verwenden wollen. Eine solche Absicht lag ihm fern. Mangels einer bestimmten und unmittelbaren, nicht anders abwendbaren Gefahr hat daher das Obergericht das Vorliegen einer Notstandssituation auch hier zu Recht abgelehnt. 3. Es steht fest, dass sich der Beschwerdeführer Lenzlinger der Verletzung des Briefgeheimnisses im Sinne des Art. 179 Abs. 1 StGB schuldig gemacht hat, indem er einen verschlossenen Brief, der an Elsa Catterini adressiert war, ohne dazu berechtigt zu sein, geöffnet und vom Inhalt der Sendung Kenntnis genommen hat. Der Beschwerdeführer macht dagegen geltend, dass die Briefempfängerin nicht berechtigt gewesen sei, gegen ihn Strafantrag zu stellen, da sie den Auftrag gehabt habe, den Brief an eine andere Person weiterzuleiten und somit bloss als Deckadresse gedient habe. Darauf kommt es jedoch nicht an. Durch den Verschluss einer Schrift oder Sendung bringt der Absender zum Ausdruck, dass ihr Inhalt Unbefugten nicht zur Kenntnis gelangen soll. Art. 179 Abs. 1 StGB schützt diesen Geheimbereich und bedroht mit Strafe, wer eine nicht für ihn bestimmte verschlossene Schrift oder Sendung öffnet. Welcher Person aber das Recht zum Öffnen des Verschlusses zusteht, bestimmt der Absender, indem er den Empfänger der Sendung namentlich bezeichnet. Träger des geschützten Rechtsgutes ist daher der auf dem Verschluss angegebene BGE 101 IV 402 S. 407 Adressat. Demzufolge ist nach ständiger Rechtsprechung auch der Adressat als unmittelbar Verletzter allein berechtigt, gegen den Verletzer des Schriftgeheimnisses Strafantrag zu stellen ( BGE 90 IV 41 , BGE 92 IV 2 ). Eine Drittperson, der der Adressat der Sendung eine Schrift oder Nachricht des Absenders zu vermitteln hat, wird durch den Bruch des Schriftgeheimnisses nur unmittelbar betroffen und besitzt somit kein Strafantragsrecht gegen den Täter. Auf Rechtsirrtum ( Art. 20 StGB ) kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen. Dass er wirklich angenommen habe, er sei zur Öffnung des Briefes berechtigt, ist den tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht zu entnehmen. Das Obergericht bezeichnet zudem die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe Anhaltspunkte gehabt, der Brief könnte mit einer Spionageangelegenheit zusammenhängen, als blosse Ausrede. 4. (Betrugsfall) 5. (Strafzumessung) Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,975
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1a8df358-b3c3-4371-9f2d-26a0d44e15ff
Urteilskopf 92 II 62 9. Urteil der II. Zivilabteilung vom 31. März 1966 i.S. Küttel-Herger gegen Erben des F. Küttel-Pfyl.
Regeste Streit über die Einräumung eines Notweges; Art. 694 ZGB . Streitwertberechnung im Berufungsverfahren vor Bundesgericht; Art. 36 OG . 1. Bestimmung des Streitwertes von Amtes wegen, auch bei übereinstimmenden Angaben der Parteien. Art. 36 Abs. 2 OG (Erw. 2). 2. Streitwert einer Grunddienstbarkeit oder einer nachbarrechtlichen Eigentumsbeschränkung: Es genügt, dass das Interesse der einen oder der andern Partei den nach Art. 46 OG erforderlichen Betrag erreicht. Die Vorteile des herrschenden und die Nachteile des dienenden Grundstücks sind aber nur alternativ zu berücksichtigen und nicht zusammenzurechnen (Erw. 3-5).
Sachverhalt ab Seite 62 BGE 92 II 62 S. 62 A.- Die Erben des Franz Anton Küttel-Pfyl sind Eigentümer eines landwirtschaftlichen Grundstücks in Seewen. Sie stellten beim Gemeinderat Schwyz das Gesuch um Einräumung BGE 92 II 62 S. 63 eines Notfahrwegrechts über die benachbarten Grundstücke des Alois Küttel-Herger. Dieser widersetzte sich dem Begehren, doch entsprach die angerufene Behörde dem Gesuch und traf die näheren Anordnungen betreffend Wegbreite, Tragung der Errichtungs- und Unterhaltskosten, Stützmauer, Wegvermessung und Vormerkung im Grundbuch. Die Beschwerde des Gesuchsgegners an den Regierungsrat des Kantons Schwyz hatte in der Hauptsache keinen Erfolg. Der Regierungsrat änderte nur die Tragung des Unterhaltsaufwandes; im übrigen bestätigte er den erstinstanzlichen Entscheid. B.- Mit vorliegender Berufung an das Bundesgericht beantragt der Gesuchsgegner neuerdings die vollständige Abweisung des Gesuchsbegehrens. Den Streitwert bemisst er auf Fr. 15'000.--. Der Antrag der Gesuchsteller geht auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Zur Streitwertangabe bemerken sie was folgt: "Es ist unbestritten, dass der Streitwert für die Appellatschaft über Fr. 15'000.-- liegt. Für den Appellanten kann von einem derartigen Streitwert jedoch nicht gesprochen werden...". C.- Der Präsident der II. Zivilabteilung liess den Streitwert durch einen Sachverständigen feststellen. Dessen Bericht vom 16. März geht im wesentlichen dahin: a) Die Grundstücke des Gesuchsgegners (Vermessungsparzelle Nr. 264) sind auf der in Frage stehenden Wegstrecke bereits mit andern Rechten belastet, die indessen nur einen geringen Ertragsausfall bewirken. Das von den Gesuchstellern beanspruchte Notfahrwegrecht bringt für den Gesuchsgegner folgende Nachteile mit sich: Landverlust Fr. 340.-- " 120.-- Inkonvenienzen " 540.-- Nachteil der beschränkten Benützung von Auto- abstellplätzen " 2000.-- "Total der Nachteile des Alois Küttel-Herger " Fr. 3000.-- b) Die Gesuchsteller ihrerseits ziehen aus dem beanspruchten Notfahrwegrecht einen Vorteil, der in seinem Nettowert zu berücksichtigen ist; denn nach dem Entscheid des Regierungsrates fällt der ganze Unterhaltsaufwand zu ihren Lasten. Der BGE 92 II 62 S. 64 Weg wird nicht mit Schwerfahrzeugen befahren werden können, da seine Breite nur auf 2 bis 2,5 m festgesetzt ist und er im obern Teil gegen die Einmündung in die Kantonsstrasse eine Steigung von über 20% aufweist. Das Benutzungsrecht ist also beschränkt. Der jährliche Nutzwert kann auf Fr. 200. - bemessen werden. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1 - 2. - Über den Streitwert enthalten die kantonalen Akten und Entscheide keine zuverlässigen Angaben. Solche liegen namentlich nicht in den Bemerkungen des Regierungsrates betreffend die Kosten, die für ein praktisch nicht ausführbares Projekt aufzuwenden wären. Die Parteien selber sind sich zwar zum Teil über die Bewertung des Streitgegenstandes einig. Beide bemessen in Berufungsschrift und Berufungsantwort die Vorteile des beanspruchten Notfahrwegrechtes für die Gesuchsteller auf mindestens Fr. 15'000.--. Indessen halten die Gesuchsteller (Berufungsbeklagten) dafür, es komme auf das Interesse des Gesuchsgegners (Berufungsklägers), also auf die ihm aus der streitigen Rechtseinräumung erwachsenden Nachteile an. Diese seien aber sehr gering; es möge darüber das kantonale Meliorationsamt befragt werden. Bei Klagen, die nicht auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gehen, hat das Bundesgericht nach dem geltenden Gesetz ( Art. 36 Abs. 2 OG ) nicht einfach (wie nach Art. 53 Abs. 3 des früheren OG) auf die übereinstimmenden Angaben der Parteien abzustellen. Es hat den Streitwert "von Amtes wegen auf summarischem Weg nach freiem Ermessen, nötigenfalls nach Befragung eines Sachverständigen" festzustellen (s. die Botschaft zum Gesetzesentwurf, BBl 1943 S. 114: Die neue Vorschrift will namentlich vermeiden, "dass durch eine die Wirklichkeit übersteigende Schätzung des Streitwertes, über die beide Parteien einig sind, die bundesgerichtliche Zuständigkeit begründet werden könne"). Im vorliegenden Fall war die Einholung eines Schätzungsbefundes angezeigt, einerseits, weil die Gesuchsteller die vom Gesuchsgegner zu gewärtigenden Nachteile gering einschätzen, und anderseits, weil die übereinstimmende Bewertung der Vorteile der streitigen BGE 92 II 62 S. 65 Rechtseinräumung für die Gesuchsteller nicht als zuverlässig erschien. 3. Nach Art. 36 Abs. 1 OG wird der Wert des Streitgegenstandes durch das klägerische Rechtsbegehren bestimmt. Das bedeutet nicht etwa, es sei nur das Interesse des Klägers an der Zusprechung, nicht auch das allenfalls nicht gleich zu bewertende Interesse des Beklagten an der Abweisung der Klage zu berücksichtigen. Immerhin fällt vorweg das Interesse des Klägers in Betracht. Kläger sind aber hier die Gesuchsteller, welche für sich ein Notfahrwegrecht beanspruchen. Ihr Interesse ist daher auch in der bundesgerichtlichen Instanz bei der Streitwertbemessung zu berücksichtigen. Der Umstand, dass der kantonale Entscheid zu ihren Gunsten ausfiel und sie infolgedessen in der Rolle der Berufungsbeklagten auftreten, spielt in dieser Hinsicht keine Rolle. Nach dem auf zutreffenden Überlegungen beruhenden Sachverständigenbefund erreicht nun aber dieses Interesse nicht den von den Parteien angegebenen Betrag von Fr. 15'000.--; ja es bleibt unter dem nach Art. 46 OG erforderlichen Betrag von Fr. 8000. -. Denn der jährliche Nutzen von Fr. 200.-- ergibt nach Art. 36 Abs. 5 OG einen Kapitalwert von bloss Fr. 4000.--. 4. Die Eigenart der Streitsache bringt es allerdings mit sich, dass unabhängig vom Interesse der Gesuchsteller an der Zusprechung ihres Begehrens auch das Interesse des Gesuchsgegners an dessen Abweisung in Betracht fällt. Es würde also für die Anrufung des Bundesgerichts genügen, dass das eine oder das andere Interesse den nach Art. 46 OG erforderlichen Betrag erreicht. Zwar enthält Art. 36 OG keine besondere Bestimmung über den Wert einer Grunddienstbarkeit (oder einer nachbarrechtlichen Eigentumsbeschränkung), wie sie etwa in Art. 138 Abs. 4 der bernischen ZPO zu finden ist, und wonach zunächst der Wert eines solchen Rechts für das herrschende Grundstück in Betracht fällt, dann aber, "wenn der Betrag, um welchen sich der Wert des dienenden Grundstücks durch die Dienstbarkeit mindert, grösser ist", dieser zweite Betrag. Die Rechtsprechung hat jedoch diese sich aus der Natur der Sache ergebende Art der Streitwertberechnung auch beim Fehlen einer ausdrücklichen Vorschrift anerkannt (vgl. BGE 45 II 406 oben, BGE 81 II 193 Erw. 1, BGE 82 II 123 unten). Nur dann, wenn die bei Errichtung der streitigen Grunddienstbarkeit zu erwartende Werterhöhung des herrschenden Grundstücks den erforderlichen BGE 92 II 62 S. 66 Streitwert bereits erreicht, kann die dem dienenden Grundstück erwachsende Wertverminderung ungeprüft bleiben (so im Falle von BGE 84 II 617 ). Die Nachteile, die sich für den Gesuchsgegner bei Einräumung des streitigen Rechts an die Gesuchsteller ergeben, sind nun zwar nach dem Sachverständigenbefund nicht unbeträchtlich. Sie erreichen aber den Wertbetrag von Fr. 8000. - ebenfalls bei weitem nicht; der Experte schätzt sie auf Fr. 3000.--. 5. Die Vorteile des herrschenden und die Nachteile des dienenden Grundstücks sind nicht zusammenzurechnen. sondern bloss alternativ zu berücksichtigen. Wie dargetan, erreicht weder der eine noch der andere Betrag den nach Art. 46 OG erforderlichen Streitwert. Übrigens bliebe selbst ihre Summe unter Fr. 8000.--. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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nan
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1,966
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1a93f01f-33fb-4ed9-8ae4-f143e57d9c35
Urteilskopf 90 III 8 2. Arrêt du 6 mars 1964 dans la cause Wolfgang Company inc.
Regeste Art. 66 Abs. 3 SchKG . 1. Darf der Schuldner, dem eine Betreibungsurkunde aus der Schweiz im Auslande zugestellt wird, die Annahme verweigern? Es besteht keine Rechtspflicht der Betreibungsbehörden, ihn zu solchem Verhalten zu ermächtigen. 2. Verweigert der Adressat die Entgegennahme einer Mitteilung, so gilt diese als im Zeitpunkt der versuchten Übergabe erfolgt (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 8 BGE 90 III 8 S. 8 Le 20 novembre 1963, dame Jenny Silber, divorcée Wolfgang, qui invoque une créance de 169 294 fr. avec intérêt à 5% dès le 1er janvier 1961, a obtenu du Tribunal de première instance de Genève une ordonnance de séquestre au préjudice de la Wolfgang Company Inc., dont le siège est à New York (USA), visant les avoirs de la débitrice auprès de diverses banques et personnes établies dans le canton de Genève. L'office des poursuites a exécuté le séquestre le lendemain. BGE 90 III 8 S. 9 La créancière a requis en temps utile une poursuite en validation du séquestre, qui porte le no 263 161 de l'office de Genève. La copie du procès-verbal de séquestre et l'exemplaire du commandement de payer destinés à la débitrice ont été remis à celle-ci par les soins du consulat général de Suisse à New York sous pli postal recommandé délivré le 16 janvier 1964. La Wolfgang Company Inc. a formé opposition au commandement de payer, par lettre du 27 janvier 1964. Le même jour, la poursuivie a déposé une plainte tendant à l'annulation de la notification du commandement de payer et par conséquent de l'ordonnance de séquestre. Elle estime qu'en l'absence de tout accord entre la Suisse et les Etats-Unis, l'office a violé la souveraineté de ce pays en procédant, par l'intermédiaire du consulat de Suisse, à un acte officiel sur territoire étranger sans l'assentiment des autorités locales. Statuant le 14 février 1964, l'autorité de surveillance genevoise a rejeté la plainte. Elle expose que, selon le droit de l'Etat de New York, la notification d'actes judiciaires ou extrajudiciaires n'est pas un acte officiel réservé aux tribunaux, mais est l'affaire des parties. Il résulte en outre d'un échange de correspondance entre l'Ambassade des Etats-Unis à Berne et le Département fédéral de justice et police que le Département d'Etat à Washington ne voit aucune objection à ce que les représentants diplomatiques ou consulaires suisses notifient des actes judiciaires à des citoyens américains sur le territoire des Etats-Unis. Wolfgang. Company Inc. recourt au Tribunal fédéral en reprenant les conclusions de sa plainte. Erwägungen Considérant en droit: La recourante persiste à se plaindre d'une prétendue violation de la souveraineté des Etats-Unis. Toutefois, du moment qu'il n'existe aucun traité entre la Suisse et ce pays au sujet de la notification des actes judiciaires, l'office BGE 90 III 8 S. 10 des poursuites n'a pu, en notifiant des actes de poursuite par l'intermédiaire du consulat général de Suisse à New York, violer une disposition du droit fédéral, sous la forme d'un traité international. Contrairement aux allégations de la recourante, il n'existe aucune règle obligeant les autorités de poursuite à donner au débiteur qui reçoit une notification à l'étranger la faculté de refuser effectivement le pli qui lui est adressé. Une règle semblable ne fournirait d'ailleurs aucun appui à la thèse d'une notification irrégulière que soutient la recourante. La jurisprudence constante admet en effet que, lorsque le destinataire refuse de prendre possession d'une communication, celle-ci est réputée accomplie au moment où elle lui a été présentée (Archiv für Schuldbetreibung und Konkurs, IV, 1895, no 27 p. 73 ss.; RO 28 I 193 consid. 2, 35 I 871 consid. 2, 59 III 67). Le recours est dès lors mal fondé.
null
nan
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1,964
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CH_BGE_005
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1a946d99-3b62-4ab9-91e3-ac7146906bdb
Urteilskopf 140 III 418 62. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. SA gegen B. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_113/2014 vom 15. Juli 2014
Regeste Gerichtsstand am Erfüllungsort bei Erbringung von Dienstleistungen und Verkauf beweglicher Sachen (Art. 5 Nr. 1 Bst. b LugÜ). Bestimmung des Erfüllungsortsgerichtsstands nach Art. 5 Nr. 1 Bst. b LugÜ bei mehreren Verträgen zwischen denselben Parteien (E. 3). Der Erfüllungsortsgerichtsstand bestimmt sich, auch wenn bereits geleistet wurde, primär durch Auslegung des Vertrages. Der Erfüllungsort muss nicht ausdrücklich vereinbart worden sein (E. 4). Bestimmung des Gerichtsstands, wenn gemäss Vertrag mehrere Dienstleistungen in verschiedenen Staaten zu erbringen sind (E. 5). Gilt der Verkauf von Stammanteilen einer GmbH als Verkauf beweglicher Sachen? Frage offengelassen, da nicht dargetan wird, welche massgebende, zur vollständigen Übertragung der Anteile notwendige Handlung zur Annahme führen sollte, die engste Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zuständigen Gericht bestehe nicht beim angerufenen Gericht in Zürich, sondern am behaupteten Erfüllungsort in Polen (E. 6).
Erwägungen ab Seite 419 BGE 140 III 418 S. 419 Aus den Erwägungen: 3. B. (Beschwerdegegner) mit Wohnsitz in U. (ZH) stützt seine Forderung auf verschiedene Verträge mit der A. SA (Beschwerdeführerin) mit Sitz in Polen bzw. die Abtretung vertraglicher Ansprüche der C. GmbH mit Sitz in U. (ZH) gegen die Beschwerdeführerin. Es handelt sich um die "Zusammenarbeitsvereinbarung" vom 18. Oktober 2007, den "Management Contract" vom 31. Dezember 2008 und das "Purchasing Agreement" vom 31. Dezember 2008. 3.1 Neben einer behaupteten Gerichtsstandvereinbarung, welche die Vorinstanz nicht als gegeben erachtete, leitet der Beschwerdegegner die Zuständigkeit der Vorinstanz aus dem Gerichtsstand am Erfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ (SR 0.275.12) ab. Er macht geltend, Erfüllungsort aller Ansprüche sei Zürich. Die Beschwerdeführerin geht dagegen davon aus, Erfüllungsort sei Polen. 3.2 Bilden ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand eines Gerichtsverfahrens, kann nach Art. 5 Nr. 1 Bst. a LugÜ vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, geklagt werden. Ist nichts anderes vereinbart worden, ist der Erfüllungsort der Verpflichtung nach Art. 5 Nr. 1 Bst. b LugÜ für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen, und für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Mit Art. 5 Nr. 1 Bst. b LugÜ wurde für Klagen aus Kaufverträgen über bewegliche Sachen und aus Dienstleistungsverträgen ein Erfüllungsortsgerichtsstand geschaffen, bei dem der Gerichtsstand übereinkommensautonom, also grundsätzlich ohne Anknüpfung an die lex causae, zu bestimmen ist. Er liegt einheitlich für alle Klagen aus dem Vertrag am Ort der charakteristischen Vertragsleistung ( BGE 140 III 115 E. 4 S. 120 mit Hinweisen). Bei mehreren Verträgen besteht grundsätzlich für jeden einzelnen Vertrag ein eigener Erfüllungsortsgerichtsstand (HOFMANN/KUNZ, in: Basler Kommentar, Lugano-Übereinkommen, 2011, N. 266 zu BGE 140 III 418 S. 420 Art. 5 LugÜ ). Zu prüfen ist, ob die Vorinstanz zu Recht annahm, der Erfüllungsort sei für alle Verträge Zürich. 4. Die Vorinstanz stellte fest, bei der "Zusammenarbeitsvereinbarung" und dem "Management Contract" handle es sich um Dienstleistungsverträge im Sinn von Art. 5 Nr. 1 Bst. b zweiter Gedankenstrich LugÜ. Das trifft zu und ist unbestritten. 4.1 Nach der Rechtsprechung des EuGH wird mit der Regel über den Gerichtsstand am Erfüllungsort nach Art. 5 Nr. 1 LugÜ (bzw. Verordnung [EG] Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen [Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung; EuGVVO; ABl. L 12 vom 16. Januar 2001 S. 1 ff.]) das Ziel der räumlichen Nähe (enge Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zur Entscheidung berufenen Gericht) verfolgt. Die autonome Bestimmung des Erfüllungsortes der Dienstleistungen (vertragscharakteristischen Leistungen) für die Art. 5 Nr. 1 Bst. b LugÜ unterstehenden Vertragsstreitigkeiten entspricht sodann den mit der EuGVVO und dem LugÜ angestrebten Zielen der Vereinheitlichung der Gerichtsstandregeln und der Vorhersehbarkeit (Urteile vom 11. März 2010 C-19/09 Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Slg. 2010 I-02121 Randnrn. 21 ff.; vom 25. Februar 2010 C-381/08 Car Trim , Slg. 2010 I-01255 Randnr. 49; und vom 9. Juli 2009 C-204/08 Rehder , Slg. 2009 I-06073 Randnrn. 33 f.). Im Hinblick auf die Ziele der räumlichen Nähe und der Vorhersehbarkeit ist der Dienstleistungsort nach Art. 5 Nr. 1 Bst. b zweiter Gedankenstrich LugÜ in erster Linie "nach dem Vertrag" zu bestimmen, d.h. ist die Vereinbarung eines Erfüllungsortes durch die Parteien massgebend. Kann der Ort der Leistungserbringung nicht anhand der Vertragsbestimmungen ermittelt werden, ist hilfsweise der Ort heranzuziehen, an dem die (hauptsächliche) Leistungserbringung tatsächlich vorgenommen wurde, vorausgesetzt, die Erbringung der Dienstleistungen an diesem Ort widerspricht nicht dem Parteiwillen, wie er sich aus den Vertragsbestimmungen ergibt. Kann der Ort der (hauptsächlichen) Leistungserbringung weder anhand der Bestimmungen des Vertrages selbst noch aufgrund von dessen tatsächlicher Erfüllung bestimmt werden, ist er "auf andere Weise" zu ermitteln, die den verfolgten Zielen der Vorhersehbarkeit und der räumlichen Nähe Rechnung trägt (zit. Urteil Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnrn. 38-41; BGE 140 III 115 E. 6 S. 121 mit Hinweisen). BGE 140 III 418 S. 421 Das Bundesgericht wies in BGE 140 III 115 darauf hin, dass hinsichtlich der Bestimmung eines vertraglich vereinbarten Erfüllungsortes von verschiedenen Autoren der Rückgriff auf die lex causae in Betracht gezogen werde. Es ging darauf jedoch nicht weiter ein, weil im streitgegenständlichen Verfahren nach den verbindlichen Feststellungen des kantonalen Gerichts keine vertragliche Vereinbarung getroffen worden war und jedenfalls in einem solchen Fall der Erfüllungsort konventionsautonom zu bestimmen sei ( BGE 140 III 115 E. 4 S. 120). Die Kontroverse in der Literatur bezieht sich vor allem auf die Frage, nach welchem Recht sich die Gültigkeit einer Erfüllungsortvereinbarung richtet, also Fragen wie etwa das wirkliche Zustandekommen des Vertrages (namentlich Fragen des Einbezugs von AGB, der Wirksamkeit von kaufmännischen Bestätigungsschreiben), das Fehlen von Willensmängeln, die Geschäftsfähigkeit und die wirksame Stellvertretung. Diesbezüglich sei der Rückgriff auf die lex causae unvermeidlich (DOMENICO ACOCELLA, in: Lugano-Übereinkommen [LugÜ] zum internationalen Zivilverfahrensrecht, Anton K. Schnyder [Hrsg.], 2011, N. 122 und 127 zu Art. 5 LugÜ ;PAUL OBERHAMMER, in: Lugano-Übereinkommen, Dasser/Oberhammer [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 52 zu Art. 5 LugÜ ;ANDREA BONOMI, in: Commentaire romand, Loi sur le droit international privé, Convention de Lugano, 2011, N. 66 zu Art. 5 LugÜ ; ALEXANDER R. MARKUS, Vertragsgerichtsstände nach Art. 5 Ziff. 1 revLugÜ/EuGVVO - ein EuGH zwischen Klarheit und grosser Komplexität, AJP 2010 S. 971 ff., 978 und 982; KROPHOLLER/VON HEIN, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Frankfurt am Main 2011, N. 48 i.V.m. N. 51 zu Art. 5 EuGVO; wohl auch PETER F. SCHLOSSER, EU-Zivilprozessrecht, 3. Aufl., München 2009, N. 11 zu Art. 5 EuGVVO). Darauf muss auch hier nicht weiter eingegangen werden, da die massgebliche Frage eine solche der Auslegung des Vertragsinhalts ist. 4.2 Die Vorinstanz stellte fest, aufgrund der schlüssigen Behauptungen des Beschwerdegegners sei davon auszugehen, dass der "Management Contract" vom 31. Dezember 2008 lediglich eine Neuregelung einzelner Teile der "Zusammenarbeitsvereinbarung" vom 18. Oktober 2007 enthielt, namentlich die Höhe des Entgelts für die Tätigkeit des Klägers, mithin die alte "Zusammenarbeitsvereinbarung" weiterhin Bestand hatte und beide Verträge eine Dreiparteien-Vertragsbeziehung regelten, wobei der Beschwerdegegner sowohl für sich persönlich als auch für die C. GmbH gehandelt habe. BGE 140 III 418 S. 422 Da die "Zusammenarbeitsvereinbarung" vorsehe, dass die C. GmbH als Agentur der Beschwerdeführerin fungiere und der Beschwerdegegner zur Erfüllung seiner Aufgaben die Organisation und Infrastruktur der C. GmbH benutze, sei davon auszugehen, dass ein wesentlicher Teil der vertraglich vereinbarten Dienstleistungen in U. (ZH) zu erbringen sei. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin der C. GmbH gemäss Vertrag unter anderem sämtliche Auslagen für Löhne von Vertriebsmitarbeitern, Sozialleistungen, Versicherungen, Büroinfrastruktur, IT-Aufwendungen und Sekretariatsleistungen zu ersetzen hatte, impliziere, dass die Parteien damit gerechnet hätten, dass bei der C. GmbH tatsächlich solche Aufwendungen entstehen würden. Auch der spätere "Management Contract" räume der C. GmbH, die nunmehr als "fully owned daugther company of A. SA" und "Center for forward Customer Support" bezeichnet werde, eine zentrale Rolle ein. So sei auch vorgesehen, dass die C. GmbH den Beschwerdegegner unter der Geltung von schweizerischem Recht und insbesondere unter Geltung der schweizerischen Bestimmungen über Sozialversicherung und Steuern anstelle und entlöhne, während die Beschwerdeführerin die C. GmbH mit den notwendigen finanziellen Mitteln ausstatte. Zur Bestimmung des Erfüllungsortes sei nicht allein auf die Leistungen des Beschwerdegegners, sondern auch auf jene der C. GmbH abzustellen, da diese durch die beiden Verträge auch verpflichtet worden sei. Beide Verträge würden nun aber der C. GmbH und deren Organisation sowie Infrastruktur eine tragende Rolle einräumen. Die Verlagerung bestimmter Geschäftsbereiche in die Schweiz durch Übertragung auf die hier ansässige C. GmbH bzw. den Beschwerdegegner sei gerade das zentrale Element der Geschäftsbeziehung. Aus der "Zusammenarbeitsvereinbarung" und dem "Management Contract" ergebe sich somit, dass der Erfüllungsort der daraus geschuldeten Leistungen in der Schweiz sei. Weil der Erfüllungsort aus den Verträgen abgeleitet werden kann, erübrigt sich nach Ansicht der Vorinstanz die Beurteilung der Frage, in welchem Umfang der Beschwerdegegner tatsächlich in Polen oder der Schweiz tätig geworden ist. 4.3 Die Beschwerdeführerin beruft sich vorerst auf eine Lehrmeinung (OBERHAMMER, a.a.O., N. 50 zu Art. 5 LugÜ ; KROPHOLLER/VON HEIN, a.a.O., N. 47 zu Art. 5 EuGVO), wonach der Erfüllungsort der Dienstleistung in jenen Fällen, wo bereits erfüllt worden ist, nicht anhand der Vertragsbestimmungen, sondern im Lichte des Ortes der tatsächlichen Leistungserfüllung zu ermitteln sei. Dem ist nach dem BGE 140 III 418 S. 423 oben Dargelegten (vgl. E. 4.1 hiervor) nicht zu folgen. Nach dem zit. Urteil Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnrn. 38-41, ist primär darauf abzustellen, an welchem Ort der Dienstleistungserbringer nach dem Vertrag vorwiegend tätig werden sollte; der EuGH erkannte auf dieses Primat des Vereinbarten, obwohl im betreffenden Ausgangsfall die Dienstleistungen nach den Darstellungen der Klägerin bereits erbracht worden waren (zit. Urteil Wood Andreas Domberger , Randnr. 11; vgl. auch OBERHAMMER, a.a.O., N. 70 zu Art. 5 LugÜ ). 4.4 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, selbst wenn man ohne Rücksicht auf den Ort der tatsächlichen Leistungserfüllung zur Bestimmung des Erfüllungsortes primär auf den Vertrag abstellen wollte, müsste dieser aber jedenfalls einen "ausdrücklichen bzw. eindeutigen Erbringungsort" vorsehen. Sie verweist auf eine Literaturstelle, wo unter Berufung auf die Rechtsprechung des EuGH ein in diesem Sinn ausdrücklich bestimmter Erfüllungsort verlangt werde (HOFMANN/KUNZ, a.a.O., N. 233 zu Art. 5 LugÜ mit Hinweisen). Aus den von der Vorinstanz erwähnten Aspekten des Vertrages lasse sich jedoch kein ausdrücklicher bzw. eindeutiger Erfüllungsort in der Schweiz herleiten. 4.4.1 Der EuGH hat in einem neueren Urteil in Bezug auf Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich EuGVVO (Kaufverträge) seine Auslegung des Normteils "nach dem Vertrag" genauer umrissen. Er bestätigte zunächst seine Rechtsprechung aus dem zit. Urteil Car Trim , Randnrn. 52 ff., wonach die Frage, ob die Parteien einen bestimmten Erfüllungsort vereinbart haben, auf der Grundlage der Bestimmungen dieses Vertrages ohne Rückgriff auf das materielle Recht erfolgen, sich der Erfüllungsort also aus dem Vertrag selbst ergeben müsse. Fraglich und insofern neu zu entscheiden war aber, ob und inwieweit Vertragsbestimmungen und -klauseln berücksichtigt werden können, die nicht unmittelbar und ausdrücklich einen Erfüllungsort bezeichnen (Urteil vom 9. Juni 2011 C-87/10 Electrosteel Europe , Slg. 2011 I-04987 Randnrn. 16 ff.). Die Kommission hatte in diesem Verfahren verlangt, die Vereinbarung müsse "Form, Zeitpunkt und Ort der Übergabe der Kaufsache klar präzisieren" (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 3. März 2011 Electrosteel Europe , Randnr. 24). Der EuGH folgte dem nicht und stellte fest, es könnten auch Vertragsbestimmungen und -klauseln berücksichtigt werden, die nicht unmittelbar und ausdrücklich einen Erfüllungsort bezeichneten, wie beispielsweise in Incoterms enthaltene BGE 140 III 418 S. 424 Klauseln (zit. Urteil Electrosteel Europe , Randnrn. 22 und 26; vgl. auch die Besprechungen dieses Urteils bei MARTIN KILLIAS, SZIER 2012 S. 708 ff.; STEFAN LEIBLE, EuZW 2011 S. 603 ff., v.a. S. 605; PETER MANKOWSKI, Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht [EWiR]2011 S. 497 f.). Aufgrund dieser Rechtsprechung ist somit zu unterscheiden zwischen einer konkreten Erfüllungsortvereinbarung, die primär zur Bestimmung des Erfüllungsortes heranzuziehen ist, und Parteivereinbarungen "nach Massgabe des Vertrages", die zwar nicht die Qualität einer echten Erfüllungsortvereinbarung haben, aber zur Bestimmung des Erfüllungsortes heranzuziehen sind, sofern die Parteien keine echte Erfüllungsortvereinbarung getroffen haben (MANKOWSKI, a.a.O., S. 498). 4.4.2 Der EuGH hat wiederholt grundsätzlich festgestellt, dass für die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Bst. b EuGVVO bei Dienstverträgen die gleichen Leitlinien gelten wie bei Kaufverträgen (zit. Urteile Rehder , Randnrn. 30 und 36; Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnrn. 25 f.). Auf die Präzisierungen im Urteil Electrosteel Europe ist daher auch für die Erbringung einer Dienstleistung abzustellen. Entgegen der Beschwerdeführerin bedarf es mithin keiner ausdrücklichen Erfüllungsortvereinbarung, sondern der Erfüllungsort kann durch Vertragsauslegung ermittelt werden (so schon vor dem zit. Urteil Electrosteel Europe : ACOCELLA, a.a.O., N. 121 zu Art. 5 LugÜ ; HÉLÈNE GAUDEMET-TALLON, Compétence et exécution des jugements en Europe, 4. Aufl., Paris 2010, S. 207 N. 202; BONOMI, a.a.O., N. 69 zu Art. 5 LugÜ ; KROPHOLLER/VON HEIN, a.a.O., N. 48 f. zu Art. 5 EuGVO). 5. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die geschlossenen Vereinbarungen wiesen auf einen Erfüllungsort in Polen hin, da die vereinbarten Tätigkeiten und Leitungsaufgaben eine Tätigkeit am Sitz der Gesellschaft in Polen erforderten. 5.1 Bei der Bestimmung des Erfüllungsortes ist zu berücksichtigen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen gemäss Art. 5 Nr. 1 Bst. b zweiter Gedankenstrich LugÜ bzw. EuGVVO, wo oft mehrere Dienstleistungen unter Umständen in verschiedenen Staaten zu erbringen sind, dort anzuknüpfen ist, wo nach dem Vertrag die Hauptdienstleistung zu erbringen ist (zit. Urteile Rehder , Randnr. 38; Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnr. 38). Namentlich sei bei einem Handelsvertretervertrag "auf der Grundlage dieses Vertrages der Ort zu ermitteln, an dem der Vertreter seine Tätigkeit für Rechnung des BGE 140 III 418 S. 425 Unternehmers, die insbesondere darin besteht, die ihm anvertrauten Geschäfte vorzubereiten, zu vermitteln und gegebenenfalls abzuschliessen, hauptsächlich vorzunehmen" habe (zit. Urteil Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnr. 38). 5.2 Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Vorinstanz nicht zu beanstanden. Mit ihr ist als massgeblich zu betrachten, dass gemäss der "Zusammenarbeitsvereinbarung" vom 18. Oktober 2007 die C. GmbH als Agentur der Beschwerdeführerin eingesetzt werden und der Beschwerdegegner zur Erfüllung sämtlicher seiner vertraglichen Aufgaben die Organisation der C. GmbH und deren Infrastruktur benutzen sollte (vgl. Randtitel "Aufgabenstellung", letzter Gedankenstrich: "Zum Erreichen der vereinbarten Aufgaben benutzt B. die bereits bestehende C. GmbH Organisation und Infrastruktur"). Daraus ergibt sich, dass der ganz wesentliche Teil der vom Beschwerdegegner gemäss Vertrag geschuldeten Tätigkeiten (Marketing und Vertrieb, Akquirierung von Neuprojekten/Kunden, Projektleitung bei Verlagerungs- oder Neuprojekten etc.) am Sitz der C. GmbH in der Schweiz zu erbringen waren. 5.3 Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, ist nicht geeignet, diese Würdigung in Frage zu stellen. 5.3.1 Ihr ist zwar zuzustimmen, dass massgeblich der vereinbarte Tätigkeitsort ist. Auch ist nicht zu bestreiten, dass "Networking, Marketing und Akquisitionstätigkeiten", wie sie gemäss der Aufgabenaufzählung in der "Zusammenarbeitsvereinbarung" geschuldet waren, (auch) aktive physische Kontaktaufnahmen mit entsprechenden potentiellen Geschäftspartnern bedingen und nicht nur am Sitz der C. GmbH in U. erbracht werden können. Indessen ergibt sich aus dem Vertrag nicht, dass diese Kundenkontakte etc. schwergewichtig "bei der in Polen situierten Beklagten" hätten stattfinden sollen. Gemäss der "Zusammenarbeitsvereinbarung" sollte der Beschwerdegegner vielmehr die "proaktive Bearbeitung des weltweiten Marktes [...] mitSchwergewicht in West-/Mittel-/Osteuropa" übernehmen. Es ist daher analog zur zitierten Rechtsprechung des EuGH betreffend Handelsvertretern, die allgemein auf Beratertätigkeiten anzuwenden ist (vgl. STEFAN LEIBLE, in: Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht EuZPR/EuIPR, Rauscher [Hrsg.], Bd. 1: Brüssel I-VO/LugÜbk 2007[Bearbeitung 2011],München 2011, N. 55g zu Art. 5 Brüssel I-VO), von Erfüllungsorten in verschiedenen Ländern auszugehen. BGE 140 III 418 S. 426 5.3.2 Entsprechend ist auch der Einwand der Beschwerdeführerin, die Funktion des Beschwerdegegners als Mitglied der Geschäftsleitung ebenso wie die Unterstützung bei organisatorischen Massnahmen und die Ausbildung von Personal habe eine Präsenz in Polen vorausgesetzt, nicht entscheidend. Es ist ohne weiteres davon auszugehen, dass einzelne Tätigkeiten bei der Beschwerdeführerin in Polen auszuführen waren, andere weltweit mit einem Schwergewicht in Europa. Entscheidend ist aber, dass bei einer solchen Vielfältigkeit auf den hauptsächlichen vertraglichen Tätigkeitsort abzustellen ist. Dieser ist dort anzunehmen, wo der Beschwerdegegner seine vertraglichen Aufgaben, die selbst nach Darstellung der Beschwerdeführerin schwergewichtig "Networking, Marketing und Akquisition" erfassen, also eine Berater- und Vermittlertätigkeit beinhalten, mittels der von ihm gemäss Vertrag zu nutzenden Organisation der C. GmbH vorbereitet und verarbeitet (vgl. E. 5.1 hiervor). 5.3.3 Diese Vorbereitung und Verarbeitung, welche die persönliche Tätigkeit des Beschwerdegegners voraussetzt, ist nicht zu vergleichen mit blossen (logistischen) Vorbereitungshandlungen, die der EuGH im zit. Urteil Rehder , Randnr. 39, im Hinblick auf die Erbringung der Hauptdienstleistung des Flugtransports nicht genügen liess. Entsprechend soll nach der Rechtsprechung des EuGH für den Fall persönlich zu erbringender Dienstleistungen, wenn sich weder aus dem Vertrag noch aufgrund tatsächlicher Tätigkeit ein Erfüllungsort ergibt, subsidiär der Wohn- oder Geschäftssitz des Dienstleisters massgeblich sein (zit. Urteil Wood Floor Solutions Andreas Domberger , Randnr. 42). Gestützt auf die "Zusammenarbeitsvereinbarung" ist somit von einem Erfüllungsort in der Schweiz auszugehen. 5.4 Zu prüfen bleibt, ob sich daran aufgrund der im späteren "Management Contract" verwendeten Formulierung "Manager will perform his duties in A. SA offices and in any other place where A. SA carries out its business activities or in any other place where it is necessary" etwas ändert. Die Beschwerdeführerin sieht in der Klausel eine Erfüllungsortvereinbarung, wobei mit "A. SA offices" nur ihre Büros in Polen hätten gemeint sein können. Die Feststellung der Vorinstanz, wonach davon auszugehen sei, dass der "Management Contract" vom 31. Dezember 2008 lediglich eine Neuregelung einzelner Teile der "Zusammenarbeitsvereinbarung" vom 18. Oktober 2007 enthalten habe, namentlich die Höhe des Entgelts für die Tätigkeit des BGE 140 III 418 S. 427 Beschwerdegegners, mithin die alte "Zusammenarbeitsvereinbarung" weiterhin Bestand gehabt habe und beide Verträge die Drei-Personen-Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin, der C. GmbH und dem Beschwerdegegner geregelt hätten, stellt sie aber nicht in Abrede. Mit dem "Management Contract" wurde insbesondere, wie die Vorinstanz zutreffend herausstrich, die zentrale Rolle der C. GmbH betont, die nunmehr als "fully owned daughter company of A. SA" und "A. SA's Center for forward based Customer Support" operieren und den Beschwerdegegner im Auftrag ("on behalf") der Beschwerdeführerin anstellen sollte. Vor diesem Hintergrund ist mit der Vorinstanz davon auszugehen, dass der hauptsächliche vertragliche Tätigkeitsort am Sitz der C. GmbH bleiben sollte. Dem steht der von der Beschwerdeführerin angeführte Vertragstext nicht entgegen. Zwar kann die Formulierung "A. SA offices" im Sinne der Beschwerdeführerin als deren Büros in Polen verstanden werden. Doch beschränkt sich der Vertrag eben nicht auf diesen Tätigkeitsort. Vielmehr ergibt sich daraus, dass der Beschwerdegegner einfach überall tätig sein sollte, wo die A. SA ihre Geschäftsaktivitäten ausüben würde ("where A. SA carries out its business activities") oder es nötig sei. Nachdem die C. GmbH zum "Center for forward based Customer Support" von A. SA geworden war, handelte es sich bei deren Sitz zweifellos um einen Ort, wo die A. SA Geschäftsaktivitäten entfalten sollte. 5.5 Die Vorinstanz ging somit bezüglich der Ansprüche aus der "Zusammenarbeitsvereinbarung" und dem "Management Contract" zu Recht davon aus, "nach dem Vertrag" sei ein Erfüllungsort in der Schweiz vereinbart worden. 5.5.1 Demzufolge konnte sie die Frage, in welchem Umfang der Beschwerdegegner tatsächlich in Polen oder der Schweiz tätig geworden war, offenlassen. Die diesbezüglichen Rügen der Beschwerdeführerin, wonach mit der Nichtabnahme von Beweisen zum Ort der tatsächlichen Dienstleistungserbringung ihr Recht auf Beweis verletzt wurde, müssen demnach nicht mehr geprüft werden. Nicht stichhaltig ist der Einwand der Beschwerdeführerin, mit dem Hinweis, dank moderner Kommunikationsmittel habe die Erfüllung der Aufgaben des Beschwerdegegners keine stetige oder überwiegende physische Präsenz am Sitz der Beschwerdeführerin erfordert, habe die Vorinstanz selbst tatsächliche Elemente zur Festlegung des Erfüllungsortes berücksichtigt und damit in unzulässiger Weise die BGE 140 III 418 S. 428 Herleitung des Erfüllungsortes aus den Vertragsbestimmungen mit der Frage nach dem Ort der tatsächlichen Leistungserbringung vermischt. Die Vorinstanz hat nicht darauf abgestellt, wo die Arbeit tatsächlich verrichtet wurde, sondern geprüft, ob die im Vertrag übernommenen Aufgaben auf einen Erfüllungsort in Polen schliessen lassen, weil deren Erfüllung eine überwiegende physische Präsenz des Beschwerdegegners in Polen notwendig machten. Dies hat sie mit Blick auf die modernen Kommunikationsmittel verneint. 5.5.2 Ebenso muss nicht weiter darauf eingegangen werden, ob die Vorinstanz mit ihrer Annahme, die Verlagerung bestimmter Geschäftsbereiche in die Schweiz durch die Übertragung auf die hier ansässigen C. GmbH bzw. den Kläger sei gerade das zentrale Element der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien gewesen, eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung traf, wie die Beschwerdeführerin geltend macht . 6. Der Beschwerdegegner verlangt von der Beschwerdeführerin gestützt auf das zwischen ihnen vereinbarte "Purchasing Agreement" vom 31. Dezember 2008 sodann die Bezahlung des Kaufpreises von EUR 400'000.- aus dem Verkauf von 100 % der Stammanteile der C. GmbH. Darüber hinaus fordert er gestützt auf den gleichen Vertrag EUR 62'000.-. Gemäss den Feststellungen der Vorinstanz beansprucht er diesen Betrag als Kompensation für zugunsten der C. GmbH getätigte Aufwendungen, was er im kantonalen Verfahren als Darlehen gewertet habe. 6.1 Die Vorinstanz erachtete für beide Forderungen ebenfalls die zürcherischen Gerichte als zuständig. 6.1.1 Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ sei anwendbar auf den Verkauf beweglicher Sachen. Kaufverträge über unkörperliche Gegenstände wie z.B. Forderungen und Gesellschaftsteile würden davon nicht erfasst, sondern fielen unter die allgemeine Zuständigkeitsregel von Art. 5 Nr. 1 Bst. a LugÜ. Ein Teil der Lehre erblicke selbst in Kaufverträgen über verbriefte Rechte (Wertpapiere) keinen Kauf über eine "bewegliche Sache" (vgl. HOFMANN/KUNZ, a.a.O., N. 192 f. zu Art. 5 LugÜ mit Hinweis auf die unterschiedlichen Lehrmeinungen). Der Kaufvertrag über Stammanteile einer GmbH falle jedoch grundsätzlich nicht unter Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ. Zwar wäre es rechtlich möglich, dass die Stammanteile der C. GmbH als Namenpapiere verbrieft gewesen wären ( Art. 784 Abs. 1 OR ). Aufgrund der Personenbezogenheit der Rechtsform der BGE 140 III 418 S. 429 GmbH seien solche Anteile aber kaum marktfähig. Insbesondere würde die Übertragung der Stammanteile grundsätzlich deren Abtretung voraussetzen, welche ihrerseits die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erfordern würde ( Art. 786 Abs. 1 OR ). Sie könnten daher, selbst wenn sie verbrieft wären, nicht einer beweglichen körperlichen Sache i.S. von Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ gleichgesetzt werden. Der Kaufvertrag über die Stammanteile falle somit unter Art. 5 Nr. 1 Bst. a LugÜ. Das Gleiche gelte hinsichtlich der Verpflichtung, "persönliche finanzielle Beiträge des Beschwerdegegners" (EUR 62'000.-) zurückzuerstatten, da diese Verpflichtung weder aus dem Verkauf von beweglichen Sachen noch aus einer Dienstleistung resultiere. 6.1.2 Da die Vorinstanz Art. 5 Nr. 1 Bst. a LugÜ für anwendbar erachtete, stellte sie auf den Erfüllungsort der Verpflichtung ab, die Gegenstand der Klage bildete. Wo der Erfüllungsort der streitgegenständlichen Verpflichtung liege, bestimme sich nach dem materiellen Recht, welches nach dem Kollisionsrecht des Forums auf die Verpflichtung anwendbar sei (lex causae). Gemäss Art. 116 Abs. 1 IPRG unterliege der Vertrag grundsätzlich dem von den Parteien gewählten Recht. In Ziff. 5 lit. b des "Purchasing Agreement" sei unstrittig die Anwendbarkeit schweizerischen Rechts vereinbart worden. Demzufolge seien die hier strittigen Geldforderungen nach Art. 74 Abs. 2 Ziff. 1 OR am Ort zu zahlen, wo der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz habe. Der Erfüllungsort liege demnach am Wohnsitz des Beschwerdegegners. 6.2 Die Beschwerdeführerin bestreitet zu Recht nicht, dass der Erfüllungsort für beide Forderungen in der Schweiz liegt, wenn Art. 5 Nr. 1 Bst. a LugÜ massgeblich ist. Sie macht aber hinsichtlich der Kaufpreisforderung unter Hinweis auf eine Lehrmeinung (RAUSCHER, Internationaler Gerichtsstand des Erfüllungsorts - Abschied von Tessili und de Bloos, Neue Juristische Wochenschrift [NJW] 2010 S. 2251 ff., 2253 f.) geltend, entgegen der Vorinstanz seien auch Rechtskäufe - und damit der Kauf der Stammanteile - unter Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ zu subsumieren. Die Frage kann offenbleiben. Selbst wenn der Beschwerdeführerin diesbezüglich gefolgt würde, wären die zürcherischen Gerichte zuständig. 6.2.1 Massgeblich wäre dann, welcher Erfüllungsort sich gemäss Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ aus dem Vertrag ergibt. Kann, wie im zu beurteilenden Fall, der Ort der BGE 140 III 418 S. 430 Leistungserbringung ohne Rückgriff auf die lex causae nicht anhand der Vertragsbestimmungen ermittelt werden, ist nach der Rechtsprechung des EuGH bei körperlichen Sachen der Ort massgebend, an dem die Waren dem Käufer körperlich übergeben wurden oder hätten übergeben werden müssen. Da die Waren, die den materiellen Gegenstand des Vertrags bilden, sich nach der Erfüllung dieses Vertrags grundsätzlich an diesem Ort befinden müssen und das grundlegende Ziel eines Vertrags über den Verkauf beweglicher Sachen, ihre Übertragung vom Verkäufer an den Käufer, erst bei der Ankunft der beweglichen Sachen an ihrem endgültigen Bestimmungsort vollständig abgeschlossen ist, entspricht dieses Kriterium dem Ziel der räumlichen Nähe, da es eine enge Verknüpfung zwischen dem Vertrag und dem zur Entscheidung berufenen Gericht gewährleistet (zit. Urteil Car Trim , Randnrn. 60 ff.). 6.2.2 Dass über die Stammanteile eine Urkunde ausgestellt worden wäre ( Art. 784 OR ), die der Beschwerdeführerin in Polen zukommen sollte, macht diese vor Bundesgericht nicht geltend. Ob diesfalls der Erfüllungsort in Polen wäre, kann damit offenbleiben. Die Ortsangabe der Vertragsunterzeichnung, auf die sich die Beschwerdeführerin unter anderem beruft, ist nicht von Bedeutung (zit. Urteil Rehder , Randnr. 39). Wie die Vorinstanz zutreffend festhielt, sind für die Übertragung die Abtretung und die Zustimmung der Gesellschafterversammlung zur Abtretung nötig ( Art. 786 Abs. 1 OR ), wenn die Statuten keinen Verzicht auf die Zustimmung ( Art. 786 Abs. 2 Ziff. 1 OR ) enthalten. Dies ist nach den für das Bundesgericht verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz nicht der Fall. Nach Art. 790 OR führt die Gesellschaft ein Anteilsbuch, in das die Gesellschafter sowie die Anzahl, der Nennwert sowie allenfalls die Kategorien der Stammanteile jedes Gesellschafters einzutragen sind. Die Gesellschafter sind mit der Anzahl und dem Nennwert ihrer Stammanteile ins Handelsregister einzutragen, wobei die Gesellschaft die Eintragung anmelden muss ( Art. 791 OR ). Ist für die Abtretung von Stammanteilen wie hier die Zustimmung der Gesellschafterversammlung erforderlich, so wird die Abtretung (erst) mit dieser Zustimmung rechtswirksam ( Art. 787 Abs. 1 OR ). Die Zustimmung ist also konstitutiv für die Übertragung, während der Eintragung der Erwerberin als Gesellschafterin im Handelsregister, wie die Beschwerdeführerin richtig bemerkt, lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt (RINO SIFFERT, in: Handelsregisterverordnung [HRegV], Siffert/Turin [Hrsg.], 2013, N. 22 zu Art. 82 HRegV ). BGE 140 III 418 S. 431 6.2.3 An der ordentlichen Gesellschafterversammlung der C. GmbH vom 18. März 2009, die an deren Sitz in U. (ZH) stattfand, hat die Versammlung der Abtretung aller Stammanteile an die Beschwerdeführerin im Sinn von Art. 786 Abs. 1 OR ausdrücklich zugestimmt. Diese für den Vollzug der Vereinbarung wesentliche Handlung war daher in der Schweiz vorzunehmen und wurde auch in der Schweiz vorgenommen, selbst wenn der Handelsregistereintrag noch nicht erfolgt ist, wobei diesem nach Auffassung der Beschwerdeführerin mit Blick auf dessen deklaratorischen Charakter für die Bestimmung des Erfüllungsortes ohnehin keine Bedeutung zukommt. Darauf braucht indessen nicht weiter eingegangen zu werden. Die Beschwerdeführerin behauptet zwar allgemein, sämtliche Aktivitäten, welche die physische Präsenz der an der Kooperation Beteiligten erfordert hätten, seien stets an ihrem Sitz in Polen und jedenfalls nicht in U. ausgeführt worden. Nichts anderes müsse daher für den Vollzug des (vermeintlichen) Kaufvertrages gelten. Sie begnügt sich aber mit diesen allgemeinen Ausführungen und dem Hinweis auf den Ort der Vertragsunterzeichnung. Sie zeigt damit nicht rechtsgenüglich auf, dass im Rahmen der Übertragung etwas nach Polen hätte geliefert werden müssen, und sie legt auch nicht konkret dar, dass in Polen Vollzugshandlungen zum vollständigen Abschluss der Übertragung vom Verkäufer an den Käufer hätten erfolgen müssen, die eine enge Verknüpfung (vgl. hierzu auch Urteil vom 3. Mai 2007 C-386/05 Color Drack , Slg. 2007 I-03699 Randnrn. 40 ff.) zwischen dem Vertrag und einem in Polen zur Entscheidung berufenen Gericht gewährleistet und damit dem von Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ verfolgten Ziel der räumlichen Nähe (zit. Urteil Car Trim , Randnr. 61) entsprochen hätten. Daher würde auch die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 Bst. b erster Gedankenstrich LugÜ nicht zur Annahme eines Erfüllungsortes in Polen führen und wäre die Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte gegeben.
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CH_BGE_005
CH
Federation
1a963fda-89f1-47a9-9e0a-fa67415ecd45
Urteilskopf 127 I 38 4. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 7. Dezember 2000 i.S. W. gegen Staatsanwaltschaft und Kassationsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 9 und 32 Abs. 1 BV , Art. 4 aBV , Art. 6 Ziff. 2 EMRK , Art. 14 Abs. 2 UNO-Pakt II ; Unschuldsvermutung. Die Beschränkung der Kognition auf Willkür durch das Kassationsgericht des Kantons Zürich verletzt die Unschuldsvermutung nicht (E. 2c) und ist mit § 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO /ZH vereinbar (E. 3a). Auch im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde führt die Geltendmachung einer Verletzung der Unschuldsvermutung nicht zu einer freien Überprüfung des Sachverhaltes durch das Bundesgericht (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 39 BGE 127 I 38 S. 39 Am 2. Juni 1987 gewährte die S. Bank in Zug der J. Co. Ltd., mit Sitz in Hong Kong, ein Darlehen über 5 Mio. US$, rückzahlbar am 25. November 1987. Als Sicherheit stellte die R. AG in Vaduz, mit welcher die J. Co. Ltd. vor allem Geschäftsbeziehungen pflegte, einen Eigenwechsel über 6 Mio. US$ aus. Mit dem Darlehen sollte angeblich der Kauf von 300'000 Yard Kaschmir-Wollstoff finanziert werden. Dem Abschluss gingen verschiedene Gespräche und Korrespondenzen mit der S. Bank in Zug und London voraus, an welchen unter anderem I.M., welche die J. Co. Ltd. beherrschte, und einer der Verwaltungsräte und Direktoren dieser Gesellschaft beteiligt waren. Im Rahmen der Vertragsverhandlungen wurde der S. Bank auch der Jahresabschluss der J. Co. Ltd. per 31. Oktober 1986 samt Kontrollstellenbericht vorgelegt. Das darin festgehaltene Nettovermögen von 36 Mio. US$ entsprach nicht der wahren Sachlage. Die in Hong Kong ansässige Revisionsgesellschaft K. & Co. hatte am 2. Februar 1987 als Kontrollstelle der J. Co. Ltd. deren Jahresabschluss ohne Vorbehalt genehmigt. Zuvor hatte ihr W., Sitzleiter der N. Treuhand AG, welche als Kontrollstelle der R. AG fungierte, bestätigt, dass die aus den gegenseitigen Geschäftsbeziehungen J. Co. Ltd. - R. AG stammenden Forderungen in den Geschäftsbüchern der R. AG ausgewiesen seien. Die S. Bank ersuchte W. um weitere Auskünfte über die Bonität der R. AG, welche er jeweils wahrheitswidrig erteilte, so dass diese annahm, die J. Co. Ltd. habe eine finanzstarke Schuldnerin und deren Eigenwechsel sei gedeckt. Zudem veranlassten die Angaben von W. betreffend die zu finanzierende Handelsware (Eigenschaft, Versicherung, Aufbewahrung) die S. Bank zur Annahme, einen allfälligen Forderungsausfall durch den Verkauf derselben decken zu können. Das Darlehen der S. Bank wurde in der Folge nicht zurückbezahlt, der Eigenwechsel der R. AG war nicht gedeckt und über die Ausstellerin wurde am 8. Oktober 1988 auf eigenes Begehren der Konkurs eröffnet. Das Bezirksgericht Zürich erklärte W. mit Urteil vom 7. März 1996 der Gehilfenschaft zum Betrug schuldig und verurteilte ihn zu einer bedingt aufgeschobenen Gefängnisstrafe von fünf Monaten (Probezeit zwei Jahre). Von der Anklage der mehrfachen Urkundenfälschung sprach es ihn frei. Eine vom Verurteilten hiegegen erhobene Berufung wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 14. Juli 1998 ab. Im Weiteren stellte es eine Verletzung des Beschleunigungsgebotes fest. Das Kassationsgericht des Kantons Zürich wies mit Beschluss vom 27. April 2000 eine von W. gegen das obergerichtliche Urteil BGE 127 I 38 S. 40 eingereichte kantonale Nichtigkeitsbeschwerde ab, soweit es darauf eintrat. W. führt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Der Beschwerdeführer rügt in erster Linie, das Kassationsgericht habe seine Kognition bei der Prüfung der Verletzung der Unschuldsvermutung zu Unrecht auf Willkür beschränkt. Dies finde weder im kantonalen Recht eine Stütze noch lasse es sich mit der Einschränkung der Überprüfungsbefugnis, die sich das Bundesgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung auferlegt habe, begründen. Der Verfassungsgeber habe die Bedeutung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung für das Strafverfahren durch die Schaffung eines eigenständigen Individualrechts in Art. 32 Abs. 1 BV hervorgehoben, weshalb die Beweiswürdigung in dessen Schutzbereich frei hätte überprüft werden müssen. Dass das Kassationsgericht teilweise auf seine Vorbringen wegen angeblich ungenügender Begründung nicht eingetreten sei, komme einer formellen Rechtsverweigerung gleich. Zudem verletze die kantonale Instanz Art. 9 BV , indem sie jede Willkür in der Würdigung der Beweise durch das Obergericht verneint habe. 2. a) Gemäss dem in Art. 32 Abs. 1 BV und in Art. 6 Ziff. 2 EMRK verankerten Grundsatz "in dubio pro reo" ist bis zum gesetzlichen Nachweis der Schuld zu vermuten, dass der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Als Beweislastregel bedeutet die Maxime, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Angeklagten zu beweisen, und nicht dieser seine Unschuld nachweisen muss. Der Grundsatz "in dubio pro reo" ist verletzt, wenn der Strafrichter einen Angeklagten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Ebenso ist die Maxime verletzt, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass der Strafrichter von der falschen Meinung ausging, der Angeklagte habe seine Unschuld zu beweisen, und dass er ihn verurteilte, weil ihm dieser Beweis misslang. Ob der Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweislastregel verletzt ist, prüfte das Bundesgericht unter Geltung der alten Bundesverfassung mit freier Kognition ( BGE 120 Ia 31 E. 2c und d). Es besteht kein Anlass, diese Praxis nach Inkrafttreten des neuen Art. 32 Abs. 1 BV zu überdenken. BGE 127 I 38 S. 41 Als Beweiswürdigungsregel besagt die Maxime, dass sich der Strafrichter nicht von der Existenz eines für den Angeklagten ungünstigen Sachverhalts überzeugt erklären darf, wenn bei objektiver Betrachtung erhebliche und nicht zu unterdrückende Zweifel bestehen, ob sich der Sachverhalt so verwirklicht hat. Inwiefern dieser Grundsatz verletzt ist, prüfte das Bundesgericht bisher unter dem Gesichtspunkt der Willkür, d.h. es griff nur ein, wenn der Sachrichter den Angeklagten verurteilte, obgleich bei objektiver Würdigung des Beweisergebnisses offensichtlich erhebliche bzw. schlechterdings nicht zu unterdrückende Zweifel an dessen Schuld fortbestanden ( BGE 120 Ia 31 E. 2; BGE 124 IV 86 E. 2a, je mit Hinweisen). Willkür in der Beweiswürdigung liegt vor, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen, auf einem offenkundigen Fehler beruhen oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderlaufen. Dabei genügt es nicht, wenn der angefochtene Entscheid sich nur in der Begründung als unhaltbar erweist; eine Aufhebung rechtfertigt sich erst, wenn er auch im Ergebnis verfassungswidrig ist ( BGE 124 IV 86 E. 2a). An diesem aus Art. 4 aBV abgeleiteten Willkürbegriff hat sich durch den am 1. Januar 2000 in Kraft getretenen Art. 9 BV inhaltlich nichts geändert. Im Übrigen hatte das Bundesgericht das Willkürverbot - im Gegensatz etwa zum Legalitätsprinzip und dem Verhältnismässigkeitsprinzip - schon früher als eigenständiges Grundrecht verstanden ( BGE 126 I 81 E. 5a). b) Was der Beschwerdeführer gegen die Kognition des Bundesgerichts bei der Beweiswürdigung vorbringt, ist nicht geeignet, die bisherige Rechtsprechung hiezu grundsätzlich in Frage zu stellen. Nicht nur galt diese Praxis schon vor dem Beitritt der Schweiz zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK; SR 0.101), sondern beschränken sich auch die Konventionsorgane gestützt auf Art. 6 Ziff. 2 EMRK jeweils nur auf die Prüfung, ob der Richter grobe oder willkürliche Schlussfolgerungen aus den ihm unterbreiteten Tatsachen gezogen hat ( BGE 120 Ia 31 E. 2d mit Hinweis; HAEFLIGER/SCHÜRMANN, Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, 2. Aufl., Bern 1999, S. 212). Entscheidend ist vor allem, dass die Revision der Bundesverfassung von 1874 in Bezug auf den Schutz des Bürgers vor staatlicher Willkür keine inhaltlichen Neuerungen gebracht hat. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu Art. 4 aBV , die als eine seiner bedeutendsten Leistungen anerkannt ist (vgl. schon PETER SALADIN, Das Verfassungsprinzip der Fairness, BGE 127 I 38 S. 42 Die aus dem Gleichheitsprinzip abgeleiteten Verfassungsgrundsätze, in: Festgabe der schweizerischen Rechtsfakultäten zur Jahrhundertfeier des Bundesgerichts, Basel 1975, S. 41 ff.), umfasste die genannte Verfassungsbestimmung in einem weiten Sinn alle prozessualen Garantien eines rechtmässigen fairen Verfahrens. In der neuen Bundesverfassung sind diese Garantien in verschiedene Artikel eingeflossen (so etwa in Art. 8, 9, 29, 31 und 32 BV), ohne dass sich ihre Bedeutung dadurch grundsätzlich verändert hätte. Im Wesentlichen wurden die gestützt auf Art. 4 aBV , Art. 6 EMRK und Art. 14 UNO-Pakt II sowie die dazu ergangene Rechtsprechung in Kraft stehenden allgemeinen Verfahrensgarantien lediglich konkretisiert (Botschaft über eine neue Bundesverfassung vom 20. November 1996, BBl 1997 I 141 ff., S. 181 f.; Botschaft über die Inkraftsetzung der neuen Bundesverfassung, BBl 1999 VII 7937 f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Grundrechte in der Schweiz, 3. Aufl., Bern 1999, S. 494). Weder Art. 9 BV noch Art. 32 Abs. 1 BV stellen daher neue "spezifische verfassungsmässige Rechte" dar, deren Einhaltung das Bundesgericht als Hüter der Verfassung frei überprüfen müsste, wie dies neuerdings teilweise gefordert wird (so etwa ESTHER TOPHINKE, Das Grundrecht der Unschuldsvermutung, Diss. Bern 2000, S. 348). c) Nach dem Gesagten musste auch das Kassationsgericht seine Kognition - zumindest gestützt auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung zum Grundsatz "in dubio pro reo" ( Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 2 EMRK - nicht über eine Willkürprüfung hinaus ausdehnen, um der Garantie der Unschuldsvermutung als Beweiswürdigungsregel den richtigen Stellenwert einzuräumen. Die Beschwerde ist insofern unbegründet. 3. a) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, die Unschuldsvermutung gehöre zu den gesetzlichen Prozessformen im Sinne von § 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO /ZH. Die Beschränkung der Kognition auf Willkür im Rahmen der Prüfung der Verletzung dieser Verfahrensnorm finde im Gesetz keine Stütze. Inwiefern die Beschränkung der Prüfungsbefugnis im Lichte von § 430 Abs. 1 Ziff. 4 StPO /ZH unhaltbar sein soll, ist nicht ersichtlich (vgl. DONATSCH/SCHMID, Kommentar zur Strafprozessordnung des Kantons Zürich, Zürich 1996/98, § 430 N. 21). Im Übrigen ist ein derartiges Vorbringen für sich allein nicht geeignet, eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hinreichend zu begründen. b) Zudem soll es nach Auffassung des Beschwerdeführers nach § 430 Abs. 2 StPO /ZH genügen, in der Beschwerdeschrift lediglich BGE 127 I 38 S. 43 den Nichtigkeitsgrund zu bezeichnen, ohne dass im Einzelnen darzulegen sei, weshalb die Beschwerde gutzuheissen sei. Werde die Verletzung der Unschuldsvermutung gerügt, sei es dem Kassationsgericht überlassen, die vorhandenen Fakten auf allfällige erhebliche Zweifel hin zu prüfen, die auf eine Unschuld hinweisen könnten. Weshalb die gegenteilige Praxis des Kassationsgerichts und dessen Rechtsauffassung, auf eine blosse appellatorische Kritik sei nicht einzutreten (vgl. hiezu vgl. DONATSCH/SCHMID, a.a.O., N. 32), zu einer formellen Rechtsverweigerung führen soll, legt der Beschwerdeführer indes nicht dar. c) Sinngemäss rügt der Beschwerdeführer mit beiden Vorbringen eine willkürliche Anwendung kantonalen Rechts. Seine Darlegungen genügen jedoch in keinem Fall den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG , wonach in der staatsrechtlichen Beschwerde dargetan werden muss, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den angefochtenen Entscheid verletzt worden sind. Da das Bundesgericht nur klar und einlässlich erhobene Rügen prüft und das Recht nicht von Amtes wegen anwendet ( BGE 125 I 492 E. 1b; BGE 122 I 70 E. 1c), kann auf beide Vorbringen nicht eingetreten werden. 4. Die Rüge, das Bundesgericht habe die bisherige Praxis aufzugeben und die Beweiswürdigung im Rahmen der Unschuldsvermutung frei zu überprüfen, erweist sich nach dem Gesagten als unbegründet. Demzufolge genügt die Eingabe des Beschwerdeführers, mit welcher er den angefochtenen Entscheid auf weiter Strecke - aus seiner Sicht folgerichtig - rein appellatorisch kritisiert, den gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht ( Art. 90 Abs. 1 lit. b OG ). Soweit er bei den einzelnen Beanstandungen des Beweisergebnisses vorrangig die Verletzung der Unschuldsvermutung geltend macht und die seiner Ansicht nach unhaltbare Würdigung des Sachverhaltes als darin eingeschlossen betrachtet, sind diese unter dem Vorbehalt der genügenden Begründung als reine Willkürrügen zu behandeln.
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Federation
1a9945ac-45ce-4d60-a1fb-2bd03624917d
Urteilskopf 119 V 26 5. Arrêt du 10 mars 1993 dans la cause ASSURA, caisse maladie et accident contre G. et Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg
Regeste Art. 12 Abs. 2 KUVG , Art. 21 Abs. 1 Vo III. Beim gegenwärtigen Wissensstand stellen die künstliche Befruchtung durch In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryotransfer (ET) keine wissenschaftlich anerkannten Vorkehren dar, die als Pflichtleistungen von den Krankenkassen zu übernehmen sind. Es besteht daher kein Grund, auf die in BGE 113 V 42 entwickelte Rechtsprechung zurückzukommen.
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 119 V 26 S. 26 A.- Marie G., née en 1953, mariée depuis le 29 décembre 1980, présente une stérilité primaire d'origine tubaire à laquelle son médecin traitant, le docteur G., gynécologue et médecin associé au Département de gynécologie-obstétrique du Centre hospitalier universitaire vaudois (CHUV), tenta de remédier en pratiquant, au mois de mai 1989, une pelviscopie avec chromopertubation, laparotomie et adhésiolyse péri-tubo-ovarienne, toutefois sans résultat, la patiente ne parvenant pas à obtenir la grossesse, qu'avec son époux, elle espère depuis 1982. Le docteur G. entreprit alors, en vue d'une fécondation in vitro et transfert d'embryon (FIVETE), deux stimulations ovariennes: la première entre le 5 et le 20 octobre 1989, la seconde entre le 5 et le 24 février 1990. Ces deux tentatives de fécondation échouèrent. Dame G. est affiliée à la caisse-maladie ASSURA depuis le 1er janvier 1981. Elle est au bénéfice de l'assurance des soins médico-pharmaceutiques et d'une assurance complémentaire des frais d'hospitalisation en division privée ou en clinique. La caisse remboursa à son assurée, jusqu'à concurrence de 1'216 fr. 65, une facture du CHUV du 18 janvier 1990 relative au séjour hospitalier du 5 au 21 octobre 1989 et s'élevant à 1'351 fr. 85. En revanche, ayant appris la nature exacte du traitement entrepris, BGE 119 V 26 S. 27 elle refusa de prendre en charge deux factures du laboratoire d'hormonologie du CHUV du 8 février 1990, se montant à 677 fr. 50 et à 375 francs. De plus, elle exigea de Dame G. qu'elle lui restitue la somme de 1'216 fr. 65, qu'elle estimait avoir payée à tort. L'assurée ayant contesté ce point de vue, la caisse rendit, le 7 mai 1990, une décision par laquelle elle confirmait sa prise de position antérieure. B.- L'assurée recourut contre cette décision devant le Tribunal cantonal de l'Etat de Fribourg. Statuant le 26 septembre 1990 en qualité de juge unique, le président de la Chambre des assurances admit le recours, annula la décision entreprise et condamna la caisse à prendre en charge les trois factures litigieuses, ainsi qu'à payer à l'assurée une indemnité de 500 francs à titre de dépens. En bref, le juge cantonal a considéré que la FIVETE constitue une prestation obligatoire des caisses-maladie reconnues en cas de stérilité impossible à traiter par d'autres moyens ou lorsqu'il existe un risque sérieux de transmettre à l'enfant une maladie héréditaire grave et que la procréation ne peut, par conséquent, s'accomplir par l'union naturelle. C.- La caisse ASSURA interjette recours de droit administratif contre ce jugement qu'elle demande au Tribunal fédéral des assurances d'annuler. Dame G. conclut au rejet du recours, avec suite de frais et dépens. L'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) expose le point de vue de son service médical, d'après lequel la FIVETE ne constitue pas une mesure thérapeutique au sens de la loi, et il propose d'admettre le recours. D.- En cours d'instruction, le juge délégué a requis divers renseignements complémentaires de l'OFAS. Cet office a produit le 10 juillet 1992 plusieurs documents relatifs à la délibération de la Commission fédérale des prestations générales de l'assurance-maladie (ci-après: la commission des prestations) du 16 juin 1992, consacrée à la FIVETE et à sa prise en charge obligatoire par les caisses-maladie reconnues. Les parties ont reçu copie de ces documents et se sont exprimées à ce sujet. L'intimée a requis la suspension de la procédure jusqu'à "connaissance de (...) données économiques et décision de la Commission fédérale des prestations". BGE 119 V 26 S. 28 Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Selon l' art. 104 let. a OJ , le recours de droit administratif peut être formé pour violation du droit fédéral, y compris l'excès et l'abus du pouvoir d'appréciation. En vertu de l'art. 104 let. b en liaison avec l' art. 105 al. 2 OJ , le recourant peut aussi faire valoir que l'autorité cantonale de recours a constaté les faits pertinents de manière manifestement inexacte ou incomplète ou qu'elle les a établis au mépris de règles essentielles de procédure. Cependant, dans la procédure de recours portant sur l'octroi ou le refus de prestations d'assurance (y compris la restitution de celles-ci), le pouvoir d'examen du Tribunal fédéral des assurances est plus étendu. Le tribunal peut alors examiner l'opportunité de la décision attaquée; il n'est en outre pas lié par l'état de fait constaté par la juridiction inférieure. Par ailleurs, le tribunal peut s'écarter des conclusions des parties à l'avantage ou au détriment de celles-ci ( art. 132 OJ ; ATF 115 V 363 consid. 3a, ATF 108 V 247 consid. 1a). b) Le Tribunal fédéral des assurances n'étant pas lié par les motifs que les parties invoquent (art. 114 al. 1 en corrélation avec l' art. 132 OJ ), il examine d'office si le jugement attaqué viole des normes de droit public fédéral ou si la juridiction de première instance a commis un excès ou un abus de son pouvoir d'appréciation ( art. 104 let. a OJ ). Il peut ainsi admettre ou rejeter un recours sans égard aux griefs soulevés par le recourant ou aux raisons retenues par le premier juge ( ATF 118 V 70 consid. 2b, ATF 116 V 257 s. consid. 1 et les références). 2. Il est constant que la stérilité d'origine tubaire dont est affectée Dame G. a valeur de maladie au sens de la loi et de la jurisprudence ( ATF 113 V 44 consid. 3b et les références citées; sur la notion de maladie en général, voir RAMA 1990 no K 849 p. 322 consid. 1a et les références). Ce point de droit n'est du reste pas litigieux. 3. a) En vertu de l' art. 12 al. 2 LAMA , les prestations à la charge des caisses-maladie au titre de l'assurance des soins médicaux et pharmaceutiques sont dues en cas de traitement médical. Par traitement médical, il faut entendre, notamment, les soins donnés par un médecin. Ceux-ci comprennent, selon l'art. 21 al. 1 Ord. III, toute mesure diagnostique ou thérapeutique, reconnue scientifiquement, qui est appliquée par un médecin; dans sa version en vigueur depuis le 1er janvier 1986, cette disposition réglementaire exige en outre que la mesure soit appropriée à son but et économique. Selon la jurisprudence, une méthode de traitement est considérée comme éprouvée par la science médicale, c'est-à-dire réputée BGE 119 V 26 S. 29 scientifiquement reconnue, si elle est largement admise par les chercheurs et les praticiens. L'élément décisif à cet égard réside dans le résultat des expériences et dans le succès d'une thérapie déterminée ( ATF 118 V 53 consid. 3b, 110 consid. 2, ATF 114 V 156 consid. 3a, 164 consid. 2, 260 consid. 2, ATF 113 V 45 consid. 4d/aa). b) Selon un arrêt en la cause L. du 2 février 1987 ( ATF 113 V 42 ), confirmé par un arrêt non publié du 2 mai 1990 en la cause D., la FIVETE ne représente pas un moyen scientifiquement reconnu de remédier aux effets de l'infertilité d'une femme. Par conséquent, les caisses ne sont pas tenues de prendre en charge, au titre des prestations obligatoires, les frais nécessités par l'application de cette méthode. Pour parvenir à cette conclusion, le tribunal s'est fondé essentiellement sur quatre arguments: - la FIVETE revêt un caractère expérimental et n'est donc pas encore véritablement éprouvée par la science médicale; - le taux de réussite de la méthode est relativement faible (environ 10 pour cent); - en cas de succès de la fertilisation, il existe un risque non négligeable de grossesse anormale; - la probabilité de naissances multiples (notamment de jumeaux, voire de triplés) est relativement forte - et non souhaitée - ce qui est inhérent à la méthode qui, pour augmenter les chances de réussite, rend nécessaire le transfert simultané de plusieurs embryons dans l'utérus de la patiente. Comme il ne pouvait ainsi s'agir d'une mesure scientifiquement reconnue, le tribunal a laissé indécis le point de savoir si la FIVETE représentait ou non une mesure thérapeutique au sens de l'art. 21 al. 1 Ord III; de même, il n'a pas eu à examiner si elle satisfaisait à l'exigence du caractère économique ( ATF 113 V 47 consid. 4 dd). c) Le premier juge s'est toutefois écarté de cette jurisprudence. Il s'est fondé, d'une part, sur l'évolution des conceptions juridiques en matière de génie génétique et de procréation artificielle (cf. par ex. le message du Conseil fédéral du 18 septembre 1989 concernant l'initiative populaire "contre l'application abusive des techniques de reproduction et de manipulation génétique à l'espèce humaine" [FF 1989 III 945ss] et l'arrêté fédéral du 21 juin 1991 concernant ladite initiative [FF 1991 II 1433], ainsi que l'arrêt publié aux ATF 115 Ia 234 ) et, d'autre part, sur un article des docteurs GERMOND, SENN, BONANOMI, DE GRANDI et BOSSART (Unité de stérilité, Département de gynécologie-obstétrique du CHUV, à Lausanne), intitulé BGE 119 V 26 S. 30 "Fécondation in vitro et transfert d'embryons", publié dans le Journal suisse de médecine (JSM) 1990 pp. 260 ss. En revanche, tant la recourante que le service médical de l'OFAS contestent à la FIVETE le caractère de mesure thérapeutique au sens de l'art. 21 al. 1 Ord. III. d) Il faut concéder au premier juge et à l'intimée que, par rapport à ses débuts, la méthode litigieuse a connu un taux de succès en augmentation. Selon le rapport du 19 août 1988 de la Commission fédérale d'experts pour la génétique humaine et la médecine de la reproduction (dite commission Amstad), il importe de distinguer la proportion de grossesses par cycle de traitement (environ 10 pour cent) et celle de grossesses par transfert d'embryons (environ 16 pour cent), alors que pour l'ensemble des tentatives de traitement, le nombre de naissances représente environ 5 pour cent des cas (FF 1989 III 1000). Selon CAMPANA (in MÜLLER [Hsrg], Reproduktionsmedizin und Gentechnologie. Schweizer Experten informieren, Bâle 1987, p. 70), le nombre d'embryons transférés simultanément dans l'utérus joue un rôle important dans le taux de succès du traitement. D'après une statistique internationale de 1984, le taux de grossesse n'est que de 6 pour cent lorsqu'un seul embryon est transféré, alors qu'il s'élève jusqu'à 23 pour cent en cas de transfert simultané de quatre embryons. Dans leur article déjà cité, GERMOND et al. indiquent un taux de succès stabilisé à 25 pour cent de grossesses cliniques suivant un transfert d'embryons. Une étude récente de l'Hôpital universitaire de Zurich fait état d'un taux de grossesses cliniques de 35 pour cent par ponction, en 1991 (IMTHURN/MACAS/ROSSELLINI/KELLER, In-vitro-Fertilisation - Fortschritte einer Sterilitätsbehandlungsmethode, JSM 1992 pp. 1509 ss). Mais, indépendamment du fait que l'on ne dispose pas de données statistiques globales pour la Suisse et que, par ailleurs, les résultats peuvent être fonction de la méthode appliquée, cette augmentation du taux de succès ne saurait, à elle seule, être décisive. 4. a) Si le caractère scientifique, la valeur diagnostique ou thérapeutique ou le caractère économique d'une mesure est contesté, le Département fédéral de l'intérieur (DFI) décide, sur préavis de la commission des prestations, si la mesure doit être prise en charge obligatoirement par les caisses ( art. 12 al. 5 LAMA , art. 21 al. 2 Ord. III). Selon de nouvelles dispositions, les décisions du DFI - qui reprennent en général le texte des préavis de la commission - doivent désormais être toutes publiées dans l'annexe à la nouvelle Ordonnance 9 du DFI du 18 décembre 1990, entrée en vigueur le BGE 119 V 26 S. 31 1er janvier 1991; il s'agit, en fait, d'une nouvelle forme de publication des avis de la commission ( ATF 118 V 111 consid. 3; au sujet de cette modification, voir RAMA 1991 p. 31). Jusqu'alors, ces derniers étaient périodiquement publiés, depuis 1969, dans la RJAM/RAMA (voir cependant un état récapitulatif des prestations qui ont fait l'objet d'un avis de la commission des prestations de 1969 à 1988 in: JCMS 1988 p. 29). b) Conformément à une jurisprudence bien établie, les avis de la commission des prestations ne lient pas le juge. Toutefois, lorsqu'il s'agit d'apprécier des situations qui relèvent exclusivement de considérations d'ordre médical, le juge n'est généralement pas en mesure de se prononcer sur la pertinence des conclusions auxquelles sont arrivés les spécialistes en la matière. Aussi doit-il alors s'en remettre à l'opinion de ceux-ci, à moins qu'elle ne paraisse insoutenable ( ATF 118 V 53 consid. 3b, 110 consid. 2, ATF 114 V 156 consid. 3a, 164 consid. 2, ATF 113 V 46 consid. 4d/cc). En dehors de cette éventualité, le tribunal peut aussi s'affranchir des constatations et conclusions de la commission des prestations lorsqu'elles se fondent, non sur des éléments d'ordre strictement médical, propres à lier le juge, mais sur des appréciations générales ou de nature juridique, que celui-ci revoit librement ( ATF 114 V 160 consid. 4b, 168 consid. 4, 263 consid. 4a). Il reste que, selon le système légal et réglementaire, c'est normalement au DFI qu'il appartient de déterminer, en cas de contestation et sous réserve d'un contrôle ultérieur par le juge, si une mesure doit ou non être prise en charge par les caisses-maladie. Comme la Commission fédérale des médicaments ( art. 12 al. 6 LAMA ), la commission des prestations, pour sa part, ne se distingue pas, quant à sa fonction, d'une commission interne chargée d'émettre des avis consultatifs à l'intention du Conseil fédéral ou du DFI sur des questions qui exigent des connaissances spéciales. Aussi n'a-t-elle pas le pouvoir d'édicter des normes générales et abstraites ayant force de loi. En cas de contestation sur la valeur diagnostique ou thérapeutique d'une mesure, il faut uniquement se demander si la mesure, au moment de son application, satisfait aux exigences légales pour être mise obligatoirement à la charge des caisses-maladie. Dans cet examen, l'avis de la commission des prestations pourra servir de fondement à la décision du juge, au même titre que l'opinion d'un expert (RAMA 1990 no K 837 p. 144). Des traitements qui étaient autrefois controversés sont aujourd'hui, compte tenu de l'évolution de la médecine, ou même des BGE 119 V 26 S. 32 moeurs, parfaitement reconnus. Il peut ainsi arriver que le Tribunal fédéral des assurances soit amené à réexaminer sa jurisprudence antérieure au sujet d'un traitement jusqu'alors non reconnu. Mais, lorsque la commission avait déjà émis un avis négatif, auquel le juge s'était rallié à l'occasion d'une procédure précédente, on ne voit guère que ce juge, à l'occasion d'un nouveau recours, revienne sur sa décision sans connaître au moins l'opinion de la commission au regard de la situation nouvelle. La commission, à qui il incombe de suivre l'évolution en ce domaine et de procéder périodiquement à de nouvelles évaluations, est à même de fournir au juge des bases utiles, sinon nécessaires, de réflexion et de décision. c) La commission des prestations s'est prononcée de manière négative le 28 août 1986, dans le cadre de la procédure qui a donné lieu à l'arrêt ATF 113 V 42 . Cet avis est mentionné sous ch. 3 de l'annexe à l'Ordonnance 9 du DFI, dans sa version modifiée du 23 décembre 1992 (RO 1993 351); il n'était jusqu'alors reproduit que dans le RAMA 1987 p. 79. Le 18 juillet 1991, la Société suisse de gynécologie et obstétrique (SSGO) a demandé à l'OFAS d'entreprendre des démarches en vue de la reconnaissance de la FIVETE comme un traitement de la stérilité féminine à la charge des caisses-maladie. Diverses études médicales étaient jointes à sa demande. L'OFAS (dont le service médical est chargé de la préparation des travaux de la commission des prestations) a invité la SSGO à répondre à un questionnaire et à fournir un certain nombre d'informations supplémentaires, tout en rappelant que la mesure devait non seulement être reconnue scientifiquement, mais également être adéquate et économique. La SSGO a alors chargé le docteur Germond de rassembler les renseignements demandés. Le 17 mars 1992, l'OFAS a insisté auprès de la SSGO sur la nécessité d'obtenir les renseignements désirés pour le 26 mars 1992 au plus tard, afin que la commission fût en mesure de prendre position lors de sa séance du mois de juin 1992. Le 25 mars 1992, la SSGO a répondu que ce retard était dû à l'importance des questions à traiter et à la nécessité "d'établir un dossier d'une solidité inébranlable"; dans une lettre à la SSGO du 19 mars 1992, dont une copie était remise en annexe, le docteur Germond expliquait qu'une analyse économique était en cours, en collaboration avec le chef du secteur des finances du CHUV; un rapport d'expertise était, pour le surplus, en cours de rédaction, mais il ne pourrait être complété qu'une fois achevée cette analyse. Dans sa séance du 16 juin 1992, la commission des prestations a pris connaissance de cet échange de correspondance. Dans son BGE 119 V 26 S. 33 exposé introductif, l'OFAS a tout d'abord relevé, sur la base des premières études fournies par la SSGO, l'existence de certains progrès dans le taux de réussite de la méthode. Il a constaté, cependant, que les renseignements économiques faisaient défaut. Il convenait ainsi d'attendre la remise d'un "dossier complet" par la SSGO, dossier qui tiendrait compte aussi bien de données économiques que cliniques. L'OFAS se déclarait prêt à reprendre l'examen du dossier lors de la préparation d'une prochaine séance de la commission (vraisemblablement en août 1993). L'office a ainsi proposé d'introduire le texte suivant dans l'annexe à l'Ordonnance 9: "Non - En évaluation". Les commissaires n'ont finalement pas retenu cette proposition, pour ne pas donner à penser que les travaux d'évaluation étaient menés sous leur propre responsabilité. d) Sur le vu de ces derniers développements, il faut considérer que la commission des prestations ne se prononcera de manière ferme et définitive sur le fond qu'après l'aboutissement de la procédure d'évaluation en cours. Au demeurant, il importe de constater que la commission ne dispose pas, actuellement, des bases suffisantes d'évaluation et de discussion. La SSGO reconnaît elle-même ne pas posséder, pour le moment, une documentation complète et absolument convaincante. En l'état actuel des connaissances, il n'est ainsi pas possible d'affirmer que la FIVETE représente une mesure scientifiquement reconnue à la charge des caisses-maladie. On doit donc admettre, sans qu'il y ait lieu, pour le tribunal, de procéder à des investigations supplémentaires, que les conditions d'un changement de jurisprudence - qui supposerait en tout cas une meilleure connaissance des données scientifiques et économiques - ne sont pas réalisées. 5. a) On ne saurait d'autre part ignorer le fait que le peuple et les cantons ont approuvé, le 17 mai 1992, l'introduction dans la Constitution d'un nouvel art. 24novies (RO 1992 1579), qui donne à la Confédération la compétence d'édicter des prescriptions concernant l'utilisation du patrimoine germinal et génétique humain. Il appartiendra notamment au législateur fédéral de dire à quelles conditions la fécondation d'ovules hors du corps sera autorisée. Le nouvel article constitutionnel contient d'ores et déjà à cet égard la restriction suivante: "Ne peuvent être développés hors du corps de la femme jusqu'au stade d'embryon que le nombre d'ovules humains pouvant être immédiatement implantés" (al. 2 let. c in fine). Jusqu'alors, la conservation d'embryons congelés était admise pour une certaine période (conformément aux directives de l'Académie suisse des sciences médicales). En cas d'échec après un transfert, les BGE 119 V 26 S. 34 embryons surnuméraires pouvaient ainsi être transférés plus tard, au cours d'un cycle non stimulé. On peut dès lors se demander si la limitation constitutionnelle et les dispositions légales qui en résulteront n'auront pas une incidence sur le taux de réussite de la méthode dans son ensemble ou sur son coût global, voire sur les deux. b) En tout cas, jusqu'à l'adoption d'une législation fédérale, des incertitudes subsisteront quant aux conditions d'accès aux méthodes de procréation assistée. A cet égard, la jurisprudence a révélé qu'un besoin de réglementation s'était fait sentir en ce domaine, où règnent une grande insécurité juridique et des différences locales parfois importantes ( ATF 115 Ia 234 ; RDAF 1990 p. 156; voir également AUBERT, Législations cantonales sur la procréation artificielle, in: Problèmes de droit de la famille, Recueil de travaux publiés par la Faculté de droit et des sciences économiques de l'Université de Neuchâtel, 1987, p. 7 ss). On peut en outre prévoir que le législateur fédéral réglera lui-même la question de la prise en charge par l'assurance-maladie de la FIVETE, dans le cadre ou dans le sillage de la future législation. C'est ainsi que la commission Amstad a relevé, dans son rapport, qu'une révision des dispositions en matière d'assurance-maladie s'imposerait si la législation fédérale devait reconnaître la procréation assistée comme moyen de répondre au désir d'un couple d'avoir un enfant. Le Conseil fédéral en a tenu compte dans son message du 18 septembre 1989, en relevant que sur la base de l' art. 34bis Cst. existant, il serait d'ores et déjà possible d'édicter des dispositions réglant la prise en considération de données génétiques (admission, prestations, etc.) dans le domaine de l'assurance-maladie sociale (FF 1989 III 964). Par ailleurs, examinant les conséquences financières du nouveau mandat législatif de la Confédération, il a souligné que "si les caisses-maladie prennent en charge les frais des traitements relevant de la médecine de la reproduction, les prestations fédérales dont elles bénéficient seront augmentées" (loc.cit., p. 983 ad ch. 91). Enfin, au cours des débats parlementaires, le Conseiller fédéral Koller a indiqué, en réponse à une intervention du Conseiller national Zwygart, que l'autorisation (constitutionnelle) de la FIVETE ne devait pas avoir pour conséquence la création d'un droit aux prestations de l'assurance-maladie pour cette intervention (BO 1991 CN 606 et 616), ce qui peut être interprété comme une volonté de réserver, sur ce point, un choix ultérieur du législateur. c) Dans un contexte aussi incertain et se plaçant dans la perspective de la future législation, le juge doit faire montre de beaucoup de BGE 119 V 26 S. 35 retenue: aussi longtemps qu'il n'apparaît pas avec toute la clarté voulue que la FIVETE satisfait, à tous égards, aux exigences requises, il ne lui appartient pas de précéder la démarche du législateur en prescrivant aux caisses-maladie d'assumer les frais découlant de cette mesure, au titre de prestation obligatoire, et en fixant maintenant les conditions de cette prise en charge, notamment sous l'angle de l'économie de traitement. 6. Dans ces circonstances, on ne voit pas de motif de revenir sur la jurisprudence actuelle, qui doit au contraire être maintenue. Quant aux questions laissées ouvertes dans l'arrêt ATF 113 V 42 , relatives au caractère thérapeutique et économique de la mesure, elles peuvent encore rester indécises. Il n'y a pas lieu, au surplus, de surseoir à statuer jusqu'au moment où la commission des prestations aura pris une décision définitive, contrairement à ce que voudrait l'intimée. Selon l' art. 135 OJ , en corrélation avec l' art. 40 OJ et l' art. 6 al. 1 PCF , le Tribunal fédéral des assurances peut ordonner la suspension de la procédure pour des raisons d'opportunité, notamment lorsque le jugement d'un autre litige peut influencer l'issue du procès. Il ne s'agit là que d'une faculté laissée à sa libre appréciation. En l'espèce, le traitement litigieux remonte à fin 1989/début 1990. C'est par rapport à cette époque que la question de sa prise en charge doit se poser. Si la commission des prestations devait recommander, en août 1993, une prise en charge de la FIVETE, ce serait plus en raison d'un changement fondamental des circonstances qu'en raison d'une meilleure connaissance de celles-ci; son appréciation, fondée sur une situation nouvelle, n'aurait pas de conséquences sur des faits plus ou moins reculés dans le temps; elle n'aurait d'effet que pour le futur. On notera d'ailleurs que les faits de la présente cause sont antérieurs à l'arrêt D., déjà cité, par lequel le Tribunal fédéral des assurances avait confirmé la jurisprudence de l'arrêt ATF 113 V 42 . 7. De ce qui précède, il résulte que la recourante était en droit de refuser la prise en charge du traitement litigieux. De même, elle était fondée à répéter les prestations déjà allouées, conformément à la règle de l' art. 47 al. 1 LAVS (qui est également applicable en matière d'assurance-maladie; cf. RAMA 1990 no K 835 p. 80) et aux conditions qui président à la révocation par son auteur d'une décision administrative, formelle ou non ( ATF 112 V 373 consid. 2c, ATF 111 V 332 consid. 1, ATF 110 V 178 consid. 2a). 8. (Frais de justice).
null
nan
fr
1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1a9b0d2d-c1ad-4f66-90cb-0f1c244818e5
Urteilskopf 113 Ib 246 41. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Oktober 1987 i.S. Hotz & Co. gegen Getreidetrocknungsgesellschaft AMT, Eidgenössische Getreideverwaltung und Eidgenössische Getreiderekurskommission (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Bewilligung zum Betrieb einer Sammelstelle für Inlandgetreide. 1. Bei einer Rechtsänderung zwischen der Einreichung des Gesuches um die Betriebsbewilligung und dessen endgültiger Erledigung ist in der Regel das neue Recht anzuwenden (E. 2a). 2. Voraussetzungen der Bewilligung im Sinne von Art. 10 der Allgemeinen Verordnung zum Getreidegesetz (SR 916.111.01) : a) Bedürfnis nach einer neuen Sammelstelle (E. 3); b) keine ernsthafte Gefährdung bestehender Sammelstellen, was nötigenfalls durch eine Beschränkung der Übernahmekapazität der neuen Sammelstelle sichergestellt werden kann (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 113 Ib 246 S. 247 Die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT, Mettmenstetten, ersuchte im Jahre 1976 die Eidgenössische Getreideverwaltung um Bewilligung zum Betrieb einer Sammelstelle mit kollektiver Ablieferung von Brotgetreide. Das Begehren wurde von der Getreideverwaltung gutgeheissen, auf Beschwerde zweier benachbarter Sammelstellen (worunter die der heutigen Beschwerdeführerin) von der Eidgenössischen Getreiderekurskommission jedoch abgewiesen, weil die Errichtung einer Sammelstelle in Mettmenstetten jene der Firma Hotz & Co. in Baar ernsthaft gefährden würde. In der Folge errichtete die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT eine Sammelstelle für Futtergetreide, die im Jahre 1983 in Betrieb genommen wurde. Am 31. Dezember 1984 stellte die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT erneut ein Gesuch zur Führung einer Brotgetreidesammelstelle mit der Begründung, die Verhältnisse hätten sich seit 1976 grundlegend verändert. Die Durchschnittserträge an Brotgetreide würden tendenziell steigen, angesichts des ständig zunehmenden Strassenverkehrs sei das Interesse der Produzenten an kurzen Anfahrtswegen von grosser Wichtigkeit und schliesslich könnten die Produzenten nicht verstehen, dass sie neben dem Futtergetreide nicht auch ihr Brotgetreide in Mettmenstetten abliefern dürften. Die Firma Hotz & Co. in Baar habe seit 1976 ihre Lagerkapazität ausgebaut und ihre Übernahmemengen massiv steigern können, so dass die Bewilligung der geplanten Sammelstelle für sie keine ernsthafte Gefährdung mehr nach sich ziehen werde. Die Eidgenössische Getreideverwaltung lehnte das Gesuch am 4. März 1985 ab. Sie verneinte das Vorliegen eines Bedürfnisses für eine zusätzliche Sammelstelle, weil den Produzenten im Knonaueramt bereits acht Sammelstellen zur Verfügung stünden, welche über die notwendige Kapazität verfügten, um alles anfallende Brotgetreide fristgerecht zu übernehmen. Zudem würde bei Erteilung der Bewilligung die Mühle Hotz & Co. in Baar ernsthaft gefährdet. Gegen diesen Entscheid rekurrierte die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT an die Eidgenössische Getreiderekurskommission, welche die Beschwerde insoweit guthiess, als der Getreidetrocknungsgesellschaft AMT die Bewilligung zum Betrieb einer Kollektivsammelstelle grundsätzlich erteilt wurde, freilich unter Beschränkung der jährlichen Übernahmekapazität; zu deren Festsetzung wurde die Sache an die Eidgenössische Getreideverwaltung BGE 113 Ib 246 S. 248 zurückgewiesen. Die Rekurskommission nahm an, ein Bedürfnis für die geplante Sammelstelle sei nachgewiesen. Eine Gefährdung der Mühle Hotz & Co. könne dadurch verhindert werden, dass dieser die Übernahmemenge der Jahre 1978 bis 1982 erhalten und die Kapazität der neuen Sammelstelle beschränkt werde. So könne den Interessen an einer möglichst freien Getreideordnung Genüge getan werden, ohne dass die wirtschaftliche Existenz anderer Sammelstellen in Frage gestellt werde. Die Firma Hotz & Co., Obermühle in Baar, erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils der Eidgenössischen Getreiderekurskommission. Sie verlangt, der Getreidetrocknungsgesellschaft AMT sei die Bewilligung gänzlich zu verweigern. Die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT und die Eidgenössische Getreideverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde. Die Eidgenössische Getreiderekurskommission und das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 2. a) Gemäss Art. 8 des Bundesgesetzes über die Brotgetreideversorgung des Landes (Getreidegesetz, SR 916.111.0) übernimmt der Bund unmittelbar vom Produzenten gutes und mahlfähiges Inlandgetreide, wobei die Organisation der Übernahme durch den Bundesrat festgelegt wird. Nach Art. 10 Abs. 1 der am 1. Juli 1986 in Kraft getretenen Allgemeinen Verordnung zum Getreidegesetz (SR 916.111.01) bedarf es zum Betrieb einer Sammelstelle einer Bewilligung der Getreideverwaltung. Art. 10 Abs. 3 der genannten Verordnung umschreibt die Bewilligungsvoraussetzungen wie folgt: "Die Sammelstelle muss unter Berücksichtigung des gesamten Getreidebaus einer Region über ein angemessenes Einzugsgebiet verfügen. Den Interessen bestehender Sammelstellen ist ausreichend Rechnung zu tragen. Nötigenfalls beschränkt die Verwaltung die Übernahme auf eine bestimmte Menge oder Getreideart. Bei der Beschränkung der Übernahmemenge sind die beteiligten Kantone anzuhören." Mit der Allgemeinen Verordnung zum Getreidegesetz wurde die alte Verordnung I zum Getreidegesetz vom 10. November 1959 abgelöst. Deren Art. 10bis umschrieb die Bewilligungsvoraussetzungen in der Fassung vom 12. Mai 1982 ähnlich (AS 1982, S. 771), BGE 113 Ib 246 S. 249 wich jedoch insofern von der heute geltenden Ordnung ab, als bei der Prüfung des angemessenen Einzugsgebietes nicht der gesamte Getreidebau einer Region, sondern lediglich das Brotgetreide zu berücksichtigen war, und neben der Beschränkung der Übernahmemenge die Festsetzung des Einzugsgebietes vorgesehen wurde (zur noch auf die letztere Massnahme beschränkten Fassung von 1963 vgl. BGE 106 Ib 40 /41). In übergangsrechtlicher Hinsicht stellt sich die Frage nach dem anwendbaren Recht. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Gesuches um die Errichtung einer Sammelstelle und des erstinstanzlichen Entscheides stand die alte Verordnung I zum Getreidegesetz in Kraft, im Zeitpunkt des Erlasses des Beschwerdeentscheides am 15. Dezember 1986 jedoch bereits die neue Allgemeine Verordnung zum Getreidegesetz. Bei der Beurteilung, welches Recht bei einer Rechtsänderung Anwendung findet, gilt der Grundsatz, dass diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei der Erfüllung des rechtlich zu ordnenden oder zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben. Ist über eine Bewilligung zum Betrieb einer Sammelstelle zu entscheiden, erfüllt sich der rechtlich zu ordnende Tatbestand bei Betriebsbeginn. Bei einer Änderung des Rechtes zwischen Gesuchseinreichung und endgültiger Gesuchserledigung ist demnach das neue Recht anzuwenden. Daran ändert nichts, dass Art. 81 Abs. 2 der Allgemeinen Verordnung zum Getreidegesetz die aufgehobenen Bestimmungen für alle bis zum 30. Juni 1986 eingetretenen Tatsachen als weiterhin anwendbar erklärt. Denn für die Erteilung der Bewilligung ist, wie dargelegt, die Tatsachenlage bei Betriebsbeginn und nicht bei Einreichung des Gesuches massgebend ( BGE 107 Ib 137 /8 E. 2a und b). Dass die Eidgenössische Getreiderekurskommission gestützt auf das alte Recht entschieden und die Bewilligung zum Betrieb der Sammelstelle erteilt hat, bleibt insofern ohne Auswirkung, als vorliegend das neue Recht für den Gesuchsteller noch günstiger ist (E. 3c) und das Bundesgericht zu keiner abweichenden Beurteilung in der Sache gelangt. b) Das Bundesgericht hat in mehreren Entscheiden die Bewilligungsvoraussetzungen näher umschrieben. Ausgangspunkt bildete jeweils die Überlegung, dass die mechanisierten Erntemethoden vermehrt eine Nachbehandlung des Getreides durch Reinigungs- und Trocknungsstellen sowie längeres Lagern erfordern, was eine gewisse Konzentration der Annahmestellen auf leistungsfähige Betriebe bedingt, die in der Lage sind, die Nachbehandlung fachmännisch BGE 113 Ib 246 S. 250 und wirtschaftlich durchzuführen. Diese erhöhten Anforderungen an die Sammelstellen ziehen grössere Investitionen nach sich und setzen zugleich einen gesicherten Kundenkreis voraus. Deshalb muss eine Sammelstelle über ein angemessenes Einzugsgebiet verfügen, wenn sie zum Betrieb ermächtigt werden will. Wer eine neue Sammelstelle betreiben will, hat nachzuweisen, dass die geplante Sammelstelle in einer Gegend liegt, wo ein Bedürfnis für eine weitere Sammelstelle besteht. Selbst wenn ein Bedürfnis der im natürlichen Einzugsgebiet befindlichen Getreideproduzenten für eine neue Sammelstelle grundsätzlich bejaht wird, kann die Bewilligung aus wirtschafts- und strukturpolitischen Überlegungen verweigert werden, wenn dadurch andere Sammelstellen ernsthaft gefährdet würden; es widerspräche dem Sinn des mit der Bewilligungspflicht verfolgten Zweckes, wirtschaftlich lebens- und leistungsfähige Annahmestellen zu sichern, wenn als Folge der Bewilligung einer neuen Sammelstelle bereits bestehende ihr existenzsicherndes Einzugsgebiet verlören. Solchen Auswirkungen kann unter Umständen auch durch mildere Massnahmen wie durch Festlegung der Übernahmekapazität entgegengetreten werden ( BGE 106 Ib 38 E. 2 mit Hinweis auf das nicht veröffentlichte Urteil Suter vom 21. Dezember 1979). An diesen Grundsätzen hat das neue Recht nichts geändert. c) Im vorliegenden Fall macht die Beschwerdeführerin geltend, die Bewilligung für eine neue Sammelstelle in Mettmenstetten müsse aus einem doppelten Grund verweigert werden. Zum einen bestehe kein Bedürfnis der Getreideproduzenten für eine zusätzliche Sammelstelle, zumal die bestehenden alles Getreide problemlos entgegennehmen könnten. Anderseits würde die Errichtung der geplanten Sammelstelle die Beschwerdeführerin in ihrer Existenz treffen, so dass sie als leistungsfähige Sammelstelle nicht weiter bestehen könnte. Ob von seiten der Produzenten ein Bedürfnis für eine neue Sammelstelle besteht und ob durch die Bewilligung andere Sammelstellen gefährdet würden, sind Rechtsfragen, die das Bundesgericht aufgrund von Art. 104 lit. a OG überprüfen kann. Immerhin ist der Verwaltung und auch der Eidgenössischen Getreiderekurskommission, der Fachleute angehören, ein gewisser Beurteilungsspielraum zu belassen. Das Bundesgericht übt Zurückhaltung, wo Verhältnisse eine Rolle spielen, die die Fachleute besser beurteilen können. BGE 113 Ib 246 S. 251 3. a) In ihrem Entscheid hat die Rekurskommission angenommen, Mettmenstetten sei, weil mitten in einem natürlichen Produktionsgebiet gelegen und von dessen Produzenten gut erreichbar, ein idealer Standort für eine Sammelstelle im Knonaueramt. Da dort in den letzten Jahren die Getreideproduktion stark gestiegen sei, müsse die Bedürfnisfrage bejaht werden. Dies auch deshalb, weil für einen Teil der Produzenten die Anfahrtswege zu den bestehenden Sammelstellen, insbesondere zu jener der Beschwerdeführerin, relativ lang und nicht ungefährlich seien. Von Bedeutung sei ferner, dass die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT bereits eine Sammelstelle für Futtergetreide betreibe und es betriebswirtschaftlich von Vorteil sei, wenn die Produzenten Futter- und Brotgetreide in der gleichen Sammelstelle abliefern könnten. Die Beschwerdeführerin wirft der Rekurskommission vor, sie habe bei der Prüfung der Bedürfnisfrage wichtige Umstände nicht berücksichtigt. So würden sich die Einzugsgebiete der geplanten Sammelstelle in Mettmenstetten und der Beschwerdeführerin zu mehr als 80% decken. Zudem käme die neue Sammelstelle praktisch ins Herz des angestammten Einzugsgebietes der Beschwerdeführerin zu liegen. Davon abgesehen sei die Beschwerdeführerin bisher stets in der Lage gewesen, auch bei Rekordernten - wie jener im Jahre 1984 - das Ernteaufkommen ohne Verzögerung rationell entgegenzunehmen. Im übrigen habe die Vorinstanz die Tendenz im Brotgetreideanbau unrichtig bewertet, weil sie die längerfristige Entwicklung nicht berücksichtigt habe. Die Ernten von 1983 und 1984 seien Ausnahmen gewesen. Mit Blick auf die Massnahmen des Bundes zur Restrukturierung im Brotgetreideanbau werde die Brotgetreideanbaufläche und damit auch die eingelieferte Brotgetreidemenge im strittigen Einzugsgebiet wieder rückläufig sein, um so mehr als durch den Bau der Autobahn durch das Knonaueramt rund 50 ha Kulturland verlorengingen. Eine dauerhafte Veränderung der Verhältnisse im Brotgetreidesektor des Knonaueramtes liege jedenfalls nicht vor. Es gehe nicht an, anhand einer Ausnahmesituation, wie sie 1983 und 1984 bestanden habe, ein Bedürfnis für eine neue Sammelstelle zu bejahen. b) Das Bedürfnis nach einer neuen Sammelstelle kann nicht schon deshalb verneint werden, weil die bereits bestehenden Sammelstellen technisch in der Lage sind, das angelieferte Getreide zu übernehmen. Eine bestehende Sammelstelle hat auch keinen Anspruch darauf, dass in ihrer Nähe keine neue Sammelstelle BGE 113 Ib 246 S. 252 bewilligt werde. Würden neue Betriebe von vornherein nicht zugelassen, käme dies einer Monopolstellung der bisherigen Sammelstellen gleich. Dies widerspräche jedoch der massgebend liberal geprägten Getreideordnung. Art. 23bis BV statuiert denn auch kein Monopol für den Ankauf von Getreide, vielmehr versucht der Bund nur, günstige Übernahmebedingungen zu gewährleisten. Die Einzugsgebiete der verschiedenen Sammelstellen können sich durchaus überschneiden, so dass Wettbewerb um die Kunden besteht. c) Die Eidgenössische Getreiderekurskommission hat festgestellt, dass die geplante Sammelstelle leistungsfähig wäre und an einem zentralen Ort des Produktionsgebietes errichtet würde, welches die Gemeinden Jonen, Hedingen, Ottenbach, Obfelden, Affoltern a.A., Aeugst a.A., Mettmenstetten, Maschwanden, Rifferswil, Hausen a.A., Knonau und Kappel a.A. umfasst. In ihrer Vernehmlassung weist sodann die Getreideverwaltung darauf hin, dass seit 1983 eine Wende im Brotgetreideanbau eingetreten sei; die Grossernten seit 1983 stellten keine Ausnahmeerscheinung dar, sondern seien bedingt durch hohe Hektarerträge leistungsstarker Sorten und durch gezielte Anbaumethoden. Selbst bei Reduktion der heutigen Anbaufläche als Folge der vom Bund geplanten Preismassnahmen seien mit Blick auf die derzeitigen Anbaumethoden und das vorhandene Genpotential künftig Brotgetreideernten zu erwarten, die kaum mehr auf das Niveau vor 1983 zurückfallen würden. Das sind Fachfragen, welche die sachkundige Verwaltung besser beurteilen kann als das Bundesgericht. Geht man davon aus, dass seit 1983 eine strukturelle, insbesondere sortenbedingte starke Ertragssteigerung beim Brotgetreide eingetreten ist, welche auch längerfristig Ernten erwarten lässt, die gegenüber der Situation von 1978 wesentlich höher ausfallen werden, haben sich die Verhältnisse im Brotgetreideanbau seit der Beurteilung des letzten Gesuches der Getreidetrocknungsgesellschaft AMT wesentlich verändert. Dafür sprechen auch die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Angaben über die von ihr entgegengenommenen Getreideablieferungen. Daraus erhellt, dass sich die Einlieferungen im Vergleich zur Periode von 1978 bis 1982 seit dem Jahre 1983 nahezu verdoppelt haben. Im übrigen weist die Getreideverwaltung darauf hin, dass es bei den Restrukturierungsmassnahmen des Bundes keineswegs um eine Reduktion der Anbaufläche für Getreide gehe, sondern vielmehr um eine gewisse Umstellung im Getreidebau, nämlich um BGE 113 Ib 246 S. 253 eine Verlagerung von Brotgetreide zum Futtergetreide, dessen Markt noch nicht ausgelastet sei. Gesamthaft werde deshalb die Getreideanbaufläche nicht reduziert. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, dass nach Art. 10 Abs. 3 der hier anwendbaren neuen Allgemeinen Verordnung zum Getreidegesetz bei der Beurteilung der Frage nach dem Einzugsgebiet einer neuen Sammelstelle der gesamte Getreidebau einer Region und nicht mehr bloss das Brotgetreide zu berücksichtigen ist. Damit dringt die Argumentation der Beschwerdeführerin nicht durch, wegen der vorgesehenen Massnahmen des Bundes würden die Getreideablieferungen künftig rückläufig sein. Die erwähnte mögliche Verlagerung von Brot- zu Futtergetreide führt nicht zu einer Reduktion der Anbaufläche insgesamt und entsprechend nicht zu reduzierten Getreideablieferungen. d) Beachtlich ist sodann das Bedürfnis der Produzenten, ihr Getreide relativ rasch und ohne lange Anfahrtsstrecken abliefern zu können. Dies gilt vermehrt im Blick auf die neuen Getreidesorten, die fast gleichzeitig reifen und immer kürzere Erntezeiten bedingen. Im vorliegenden Fall ist die Sammelstelle der Beschwerdeführerin für die Produzenten aus den vorerwähnten Gemeinden des Knonaueramtes ungünstiger gelegen als die geplante Sammelstelle in Mettmenstetten. Bei der Ablieferung an die bestehenden Stellen müssen die Produzenten Anfahrtswege bis zu 15 km und mehr zurücklegen und erst noch ein Gefälle von 8% (Bachtalenstrasse) überwinden. Durch erhöhten Treibstoffverbrauch und vermehrte Aufwendung von Arbeitszeit wirken solche Wege für die Produzenten kostensteigernd, und sie sind auch mit den Anstrengungen zur Einschränkung des privaten Energieverbrauches und zur Luftreinhaltung nicht zu vereinbaren. Überdies wird bei Wegstrecken dieser Länge der übrige Verkehr behindert und die Unfallgefahr erhöht, wenn während der Ablieferungsperiode landwirtschaftliche Fahrzeuge mit niedriger Geschwindigkeit in grösserer Zahl auf den Strassen fahren. Gerade in dieser Hinsicht hat die geplante Sammelstelle in einer ländlichen Gegend mit verhältnismässig geringem Verkehr Vorteile gegenüber der Sammelstelle der Beschwerdeführerin in Baar in einem industrialisierten Gebiet mit naturgemäss stärkerem Verkehrsaufkommen. Den berechtigten Interessen der Produzenten an kurzen und verkehrsmässig günstigen Anfahrtswegen ist Rechnung zu tragen. e) Schliesslich kommt ein weiterer Umstand hinzu. Seitdem die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT im Jahre 1983 eine Sammelstelle BGE 113 Ib 246 S. 254 für Futtergetreide betreibt, liefert ein Teil der Produzenten aus dem Knonaueramt ihr Futtergetreide in Mettmenstetten ab, wogegen das Brotgetreide in die bestehenden, weiter entfernten Sammelstellen überführt werden muss. Unter dem Gesichtswinkel der rationellen Arbeitsweise erscheint der Wunsch der Produzenten, mit dem Futtergetreide auch das Brotgetreide in dieselbe Annahmestelle einliefern zu können, verständlich und darf bei der Beurteilung der Bedürfnisfrage mitberücksichtigt werden. f) Gesamthaft betrachtet ist im vorliegenden Fall ein Bedürfnis der Produzenten des Knonaueramtes für eine Sammelstelle in Mettmenstetten ausgewiesen, weil eine solche angesichts der seit 1983 stark gesteigerten, strukturell bedingten Grossernten über ein hinlängliches Einzugsgebiet verfügen würde, zudem die Interessen der Produzenten an kürzeren und verkehrsgünstigeren Anfahrtswegen für eine neue Sammelstelle im Zentrum des Produktionsgebietes sprechen und es schliesslich rationeller erscheint, wenn Brot- und Futtergetreide am gleichen Ort abgeliefert werden können. 4. a) Ist nach dem Gesagten ein Bedürfnis für die Bewilligung der beantragten Sammelstelle zu bejahen, so bleibt zu prüfen, ob die Ermächtigung aus wirtschafts- und strukturpolitischen Überlegungen zu verweigern sei, weil dadurch andere Sammelstellen ernsthaft gefährdet würden. Zwar genügt nicht jede mögliche Beeinträchtigung bestehender Sammelstellen, um die Bewilligung einer neuen, für die gute Gründe sprechen, zu untersagen. Die Bewilligung müsste aber verweigert werden, wenn eine geplante Sammelstelle ihr Einzugsgebiet nur so schaffen könnte, dass bestehende Sammelstellen ernsthaft gefährdet wären. Anderseits kann der Gefährdungssituation gegebenenfalls durch mildere Massnahmen als durch eine Bewilligungsverweigerung begegnet werden. Insbesondere käme eine Beschränkung der Übernahmekapazität in Frage. b) Im vorliegenden Fall hat die Rekurskommission angenommen, die Beschwerdeführerin würde stark benachteiligt, wenn der geplanten Sammelstelle gestattet würde, beliebig viel Getreide zu übernehmen. Mit Blick auf die Überschneidung der beiden Einzugsgebiete hat die Rekurskommission die Erteilung einer vorbehaltlosen Bewilligung abgelehnt. Insofern hat sie der Gefährdungslage der Beschwerdeführerin durchaus Rechnung getragen. Anderseits hat sie berücksichtigt, dass die Übernahmemengen der Beschwerdeführerin in der Periode von 1978 bis 1984 fast auf das Doppelte angestiegen sind und deshalb eine Bewilligungsverweigerung BGE 113 Ib 246 S. 255 keine verhältnismässige Anordnung wäre. Entsprechend hat sie unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips die Übernahmemenge für die neue Sammelstelle grundsätzlich beschränkt. Dabei ging sie von der Überlegung aus, dass die Beschwerdeführerin eine gewisse Einbusse wirtschaftlich verkraften könne, wenn ihr eine Übernahmemenge erhalten bleibe, wie sie sie in den Jahren 1978 bis 1982 erzielt hatte. Die Beschwerdeführerin wendet ein, die Rekurskommission habe keine Rücksicht genommen auf jene Investitionen, die mit Kenntnis und Bewilligung der Getreideverwaltung getätigt worden seien, aber nicht mehr vernünftig amortisiert werden könnten, wenn die neue Sammelstelle bewilligt würde. Im Jahre 1976 sei ein dritter Getreidesilo mit einem Kostenaufwand von Fr. 1'178'325.-- erstellt und ausserdem in den Jahren 1982/83 ein Neubau der Annahmestelle für Fr. 770'418.-- vorgenommen worden. Die jährlichen Kosten für die Verzinsung und Amortisation dieser Investitionen beliefen sich auf Fr. 113'914.--, während die Erträge aus den Ernten von 1981 bis 1986 durchschnittlich Fr. 116'650.-- betragen hätten, so dass sich Kosten und Ertrag praktisch die Waage hielten. Mit Blick darauf könne die Beschwerdeführerin unmöglich auf die strittige Menge an Brotgetreide verzichten. c) Massgebend ist, ob sich die Verhältnisse gegenüber der Situation von 1978, als das erste Gesuch der Getreidetrocknungsgesellschaft AMT abgelehnt worden war, inzwischen derart verändert haben, dass eine Neubeurteilung der Gefährdungslage der Beschwerdeführerin angezeigt ist. Die Rekurskommission hat dies bejaht mit Blick auf die seit 1983 stark angestiegenen Getreidemengen. Diese betrugen: 1978: 994 Tonnen. 1979: 1015 Tonnen. 1980: 929 Tonnen. 1981: 1061 Tonnen. 1982: 978 Tonnen. 1983: 1408 Tonnen. 1984: 1946 Tonnen. Die seit 1983 einsetzenden Grossernten, die sich nach den fachkundigen Ausführungen der Getreideverwaltung im Jahre 1985 fortsetzten und auch für die weitere Zukunft zu erwarten sind, lassen eine Neubeurteilung der Gefährdungslage durchaus zu. Die BGE 113 Ib 246 S. 256 Überlegungen der Vorinstanz, die Einbussen bei der Beschwerdeführerin seien im Hinblick auf diese Grossernten wirtschaftlich tragbar, zumal ihr ein Getreideanteil aus dem Knonaueramt mindestens in Höhe der Übernahmemengen der Jahre 1978 bis 1982 erhalten bleibe, sind sachlich durchaus vertretbar und stellen eine gangbare Lösung dar. Die Beschwerdeführerin konnte nämlich nicht berechtigterweise darauf vertrauen, dass in ihrer Nähe keine neue Annahmestelle bewilligt werde, insbesondere nicht bei wesentlich veränderten Verhältnissen, wie sie seit 1983 eingetreten sind. Ebensowenig durfte sie darauf vertrauen, sie könne künftig eine unbeschränkte Menge an Getreide übernehmen. Da die Sammelstellen über keine Monopolstellung verfügen, müssen sie gegebenenfalls eine gewisse Beeinträchtigung ihrer Erwerbsquelle in Kauf nehmen. Dem Schutz der Beschwerdeführerin hat die Rekurskommission insofern Rechnung getragen, als ihr die zur Erhaltung ihrer Existenz notwendige Menge garantiert wurde. Die Berufung der Beschwerdeführerin auf die von ihr getätigten Investitionen dringt nicht durch. Die Getreideverwaltung weist mit Recht darauf hin, dass der im Jahre 1976 erstellte Silo der Aufnahme der damaligen Getreidemengen diente. Dasselbe gilt für die Erneuerung der veralteten Annahmestelle, die ohnehin keine Bewilligung der Getreideverwaltung voraussetzte, auf der Basis der Ablieferungsmengen der Jahre 1981 und früher. Als die Beschwerdeführerin diese Investitionen tätigte, konnte sie die 1983 sprunghaft einsetzende und ungeahnte Entwicklung nicht voraussehen, weshalb ihre Investitionen auch nicht auf diese Grossernten ausgerichtet sein konnten. Die Beschwerdeführerin hat zwar Dispositionen getroffen, die von den damaligen Verhältnissen her gerechtfertigt sein mochten, jedoch keineswegs auf die nicht voraussehbare Entwicklung seit 1983 abgestimmt sein konnten. Insofern hat die Verwaltung bei der Beschwerdeführerin kein berechtigtes Vertrauen erweckt, das nunmehr bei der Bewilligungserteilung an die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT zu berücksichtigen wäre. Schon gar nicht könnte sich die Beschwerdeführerin auf den Vertrauensgrundsatz berufen, falls sie ihre Investitionen für die damaligen Verhältnisse zu gross dimensioniert hätte. Daraus entstehende Schwierigkeiten müsste sie sich selbst zuschreiben. Schliesslich ist zu beachten, dass die Rekurskommission die Beschränkung der Aufnahmekapazität für die neue Sammelstelle nicht quantitativ bemessen, sondern nur grob abgesteckt hat, indem als Richtlinie festgelegt wurde, dass der Beschwerdeführerin BGE 113 Ib 246 S. 257 eine Übernahmemenge entsprechend jener aus den Jahren 1978 bis 1982 erhalten bleiben soll. Zwar hat die Getreidetrocknungsgesellschaft AMT eine Kapazität von jährlich 700 Tonnen beantragt, doch hat die Rekurskommission dazu bemerkt, es sei fraglich, ob dies ausreiche, um der Beschwerdeführerin die erwähnte garantierte Übernahmemenge zu erhalten. Die Kapazitäten im einzelnen festzulegen, wird Sache der Getreideverwaltung sein. Dabei muss sie ohnehin die beteiligten Kantone anhören, wodurch sichergestellt ist, dass die örtlichen Verhältnisse und Bedürfnisse bestmöglichst berücksichtigt werden.
public_law
nan
de
1,987
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
1a9edd00-3d63-4919-93e4-5f09302ed525
Urteilskopf 118 V 129 16. Urteil vom 28. Juli 1992 i.S. Z. gegen Ausgleichskasse für die Seiden-, Chemiefaser- und Textilveredelungs-Industrie (ASTI) und Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen
Regeste Art. 22 Abs. 1, Art. 30 Abs. 1, 4, Art. 31 Abs. 2 und Art. 32 Abs. 1, 2 AHVG . Berechnung der Ehepaar-Altersrente im Falle eines Versicherten, der einen entsprechenden Anspruch bereits auf den 1. Januar 1972 erlangt hatte und sich nach dem Hinschied seiner Frau mit einer ebenfalls verwitweten Altersrentenbezügerin wieder verheiratete.
Sachverhalt ab Seite 129 BGE 118 V 129 S. 129 A.- Der am 14. Dezember 1906 geborene Walter Z. bezog seit 1. Januar 1972 eine Ehepaar-Altersrente, die sich ab 1986 auf Fr. 2'117.-- belief. Nach dem Hinschied seiner Ehefrau erhielt er ab 1. September 1987 eine einfache Altersrente von monatlich Fr. 1'411.-- ausgerichtet (Verfügung vom 21. September 1987), welcher Betrag im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen bis 1990 auf insgesamt Fr. 1'568.-- erhöht wurde. Nachdem sich Walter Z. am 20. Juli 1990 mit der am 2. Juni 1918 geborenen, seit 22. März 1987 ebenfalls verwitweten Elisabeth M.-K. verehelicht hatte, sprach ihm die Ausgleichskasse ASTI ab 1. August 1990 eine Ehepaar-Altersrente von monatlich Fr. 1'608.-- zu (Verfügung vom 8. August 1990). Die Berechnung dieser Rente erfolgte nach Vollrentenskala BGE 118 V 129 S. 130 44 aufgrund eines massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens von Fr. 25'920.-- und einer Beitragsdauer von 24 Jahren. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 3. Oktober 1991 ab. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt Walter Z., es sei das für die Berechnung seiner Ehepaar-Altersrente massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen nicht nach den 1990 geltenden Vorschriften, sondern nach denjenigen bei Erreichen des AHV-Alters im Jahr 1972 zu bestimmen; es sei in analoger Weise bei der Ermittlung des - mitzuberücksichtigenden - Erwerbseinkommens seiner heutigen Ehefrau zu verfahren. Während die Ausgleichskasse auf Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde schliesst, enthält sich das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) eines Antrags. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Im vorliegenden Fall steht ausser Frage, dass der Beschwerdeführer die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug einer Ehepaar-Altersrente gemäss Art. 22 Abs. 1 AHVG erfüllt. Im weiteren ist unbestritten, dass er aufgrund seiner vollständigen Beitragsdauer ( Art. 29bis Abs. 1 AHVG ) eine Vollrente gemäss Rentenskala 44 beanspruchen kann ( Art. 29 Abs. 2 lit. a AHVG ). Streitig ist die Rentenhöhe, und zwar insbesondere die Ermittlung des für die Rentenberechnung massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird im wesentlichen bemängelt, dass die Berechnung der nunmehr ausgerichteten Rente wegen der Verwendung der in diesem Zeitpunkt geltenden Rententabellen - einschliesslich des 1990 anwendbaren Aufwertungsfaktors - zu einem Ergebnis führe, welches im Vergleich zur bereits früher bezogenen Ehepaar-Altersrente weit ungünstiger ausfalle. 2. Das kantonale Gericht hat die hier anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen über die Berechnung der Ehepaar-Altersrente zutreffend dargelegt. Dies gilt namentlich in bezug auf die Massgeblichkeit des durchschnittlichen Jahreseinkommens des Ehemannes ( Art. 32 Abs. 1 AHVG ), die für die Ermittlung dieses Einkommens geltenden Regeln ( Art. 30 Abs. 2 AHVG ), insbesondere die Hinzurechnung der von der Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen BGE 118 V 129 S. 131 ( Art. 32 Abs. 2 AHVG ) und die Aufwertung der Summe der Erwerbseinkommen entsprechend dem Rentenindex gemäss Art. 33ter AHVG ( Art. 30 Abs. 4 AHVG ). - Es kann auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsentscheid verwiesen werden. 3. a) Der vorinstanzliche Entscheid und die Kassenverfügung vom 8. August 1990 stehen in Einklang mit der vom Eidg. Versicherungsgericht mehrfach bestätigten Verwaltungspraxis, wonach bei einer durch Änderungen der Rentenart oder der Berechnungsgrundlagen notwendig gewordenen Neuberechnung einer Rente die in diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsregeln zur Anwendung gelangen ( BGE 108 V 206 Erw. 2a, BGE 103 V 62 mit Hinweisen; ZAK 1979 S. 220 Erw. 1; vgl. ferner Rz. 693 des ab 1. Januar 1990 gültigen, hier anwendbaren Nachtrages 4 zur Wegleitung über die Renten [RWL] der AHV/IV sowie die dort (Rz. 694) erwähnten Mutationsregeln des Kreisschreibens III an die Ausgleichskassen über die Rentenerhöhungen auf den 1. Januar 1990, nachfolgend: KS III/90). - Auch in diesem Zusammenhang kann auf die Darlegungen im vorinstanzlichen Entscheid, vor allem hinsichtlich der begrenzten Wirkung der in den Übergangsbestimmungen zu den AHV-Revisionen jeweils enthaltenen Besitzstandsgarantien, verwiesen werden. Zu ergänzen bleibt, dass die im hier anwendbaren Kreisschreiben (KS III/90) enthaltenen Mutationsregeln, die im wesentlichen auf den 1. Januar 1992 Eingang in die Rentenwegleitung (Rz. 694.1 ff. RWL) gefunden haben, als Verwaltungsweisungen kein objektives Recht darstellen ( BGE 117 Ib 231 Erw. 4b) und für den Sozialversicherungsrichter nicht verbindlich sind. Er soll diese Weisungen bei seiner Entscheidung mitberücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Anderseits weicht er insoweit davon ab, als sie mit den anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen nicht vereinbar sind ( BGE 116 V 19 Erw. 3c mit Hinweisen). b) Nachdem die der angefochtenen Verfügung zugrunde liegende Berechnungsweise namentlich im Anschluss an Ehescheidungen gegenüber solchen Versicherten, die bereits vor der Entstehung des scheidungsbedingt dahinfallenden Ehepaar-Altersrentenanspruchs eine einfache Altersrente bezogen hatten, im Vergleich zu letzterer ungünstigere Rentenbetreffnisse ergab, ist die einschlägige Rechtsprechung kürzlich geändert worden. Bezogen auf diese Fälle hat das Eidg. Versicherungsgericht - nicht zuletzt unter dem Eindruck des BGE 118 V 129 S. 132 bundesrätlichen Reformvorschlages zur hängigen 10. AHV-Revision (Botschaft über die 10. Revision der AHV vom 5. März 1990, BBl 1990 II 92, 158, 178) - entschieden, dass der Neuberechnung der einfachen Altersrente zwar grundsätzlich weiterhin die in diesem Zeitpunkt massgebenden Berechnungsfaktoren zugrunde zu legen sind, jedoch die so berechnete Rente betragsmässig zumindest der zuletzt bezogenen einfachen Rente unter Einschluss seitheriger Rentenanpassungen ( Art. 33ter AHVG ) zu entsprechen hat ( BGE 118 V 1 , bestätigt mit Urteil M. vom 27. März 1992, H 187/91; vgl. dazu ZBJV 128/1992 S. 224 f.; vgl. ferner die der alten Rechtsprechung im Schrifttum erwachsene Kritik: TH. KOLLER, Die AHV im Verhältnis zum schweizerischen Eherecht, Berner Diss. 1983, S. 194 ff.; CATHERINE PAUCHARD, Femmes divorcées et sécurité sociale, Lausanne 1991, S. 99). c) Der hier zu beurteilende Fall liegt insofern ähnlich, als der Altersrentenanspruch des Beschwerdeführers mit der Vollendung seines 65. Altersjahres auf den 1. Januar 1972 in Gestalt einer Ehepaar-Altersrente entstanden war und dieser Rentenanspruch nach einer ersten Änderung der Rentenart wegen Zivilstandswechsels nunmehr ein weiteres Mal neu festgesetzt werden muss. Während der Hinschied der ersten Ehefrau in bezug auf die Berechnungsgrundlagen (Beitragsdauer, anrechenbares Erwerbseinkommen) von vornherein ohne Folgen blieb, weil die einfache Altersrente des Beschwerdeführers weiterhin aufgrund des für die Berechnung der abgelösten Ehepaar-Altersrente massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens festzusetzen war ( Art. 31 Abs. 2 AHVG ), verhält es sich mit der Wiederverheiratung anders. Ihr zufolge unterscheiden sich die Berechnungsgrundlagen der neuen Ehepaar-Altersrente gegenüber denjenigen der nunmehr abgelösten einfachen Altersrente gleich in zweierlei Hinsicht: Zum einen fallen die Erwerbseinkünfte der vorverstorbenen Ehefrau bei der Ermittlung des massgebenden durchschnittlichen Erwerbseinkommens ausser Betracht, weil der Anwendbarkeit von Art. 31 Abs. 2 AHVG über den Zeitpunkt der Wiederverheiratung hinaus jede Grundlage fehlt. Zum andern gilt es statt dessen, den Einkünften der zweiten Ehefrau im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG Rechnung zu tragen (VALTERIO, Commentaire de la loi sur l'AVS, Lausanne 1988, S. 137 II/1), wobei - da sie ihrerseits bereits verwitwet war - den Erwerbseinkommen ihres verstorbenen Mannes ebenfalls keine rentenbildende Kraft mehr zukommen kann (vgl. Art. 31 Abs. 2, 3 und 4 AHVG ). BGE 118 V 129 S. 133 d) Hingegen unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt von den erwähnten kürzlich beurteilten Fällen im wesentlichen dadurch, dass der Zivilstandswechsel damals zwar eine Änderung von Rentenart und -berechnungsgrundlagen bedingte (Art. 32 Abs. 1 und 2, Art. 31 AHVG ), indes bei der anschliessenden Festsetzung der neuen Rente auf unverändert gebliebene Grundlagen (Beitragsdauer; Summe der Erwerbseinkommen) zurückgegriffen werden konnte, wie sie bereits für die Berechnung einer früher ausgerichteten einfachen Altersrente verwendet worden waren. Dabei wurde vor allem als stossend empfunden, dass trotz Beizugs derselben Berechnungsgrundlagen die neue Rente betraglich ungünstiger ausfiel als die frühere, und dies einzig deshalb, weil das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen und der Rentenbetrag praxisgemäss anhand der im Zeitpunkt der Neuberechnung geltenden Berechnungsregeln (Aufwertungsfaktor; Rententabellen) ermittelt werden mussten. Demgegenüber kann im Falle des Beschwerdeführers nicht ohne weiteres an einer bereits früher - gestützt auf vollkommen identische Grundlagen - ergangenen Rentenberechnung angeknüpft werden, sondern es ist wegen der Wiederverheiratung und der gemäss Art. 32 Abs. 2 AHVG hinzuzurechnenden Einkünfte der (zweiten) Ehefrau von veränderten Berechnungsgrundlagen auszugehen. Mit Blick hierauf mag sich die von der Vorinstanz zur Anwendung gebrachte Praxis, wonach in diesen Fällen zu einer umfassenden - das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen miteinschliessenden - Rentenneuberechnung aufgrund der in diesem Zeitpunkt gültigen Berechnungsregeln zu schreiten ist (vgl. Rz. 62 ff. des hier anwendbaren KS III/90 bzw. Rz. 694.10 ff. RWL in der Fassung ab 1. Januar 1992), ohne Zweifel als einfach in ihrer Umsetzung erweisen. Indes lässt sich nicht verkennen, dass damit auch in Fällen wie dem vorliegenden sehr unbefriedigende Ergebnisse erzielt werden, deren Ursache - wie zu zeigen ist - nicht in erster Linie in den veränderten Grundlagen, sondern gerade in der Verwendung der aktuellen Berechnungsregeln zu finden ist. 4. a) Die von der Verwaltung nach der Wiederverheiratung vorgenommene Rentenberechnung baute im Vergleich zu 1972, als der Beschwerdeführer den Anspruch auf eine Ehepaar-Altersrente erlangt hatte, insofern auf veränderten Grundlagen auf, als zu seinem eigenen, in 24 Beitragsjahren verabgabten Gesamteinkommen von Fr. 278'768.-- statt der anrechenbaren Einkünfte der verstorbenen Ehefrau von Fr. 24'750.-- (1972) nur mehr Fr. 14'040.-- (1990) im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG hinzuzurechnen waren. Dieser BGE 118 V 129 S. 134 einzige Unterschied aufgrund des tieferen Erwerbseinkommens der heutigen Ehefrau erscheint - in Anbetracht der unverändert gebliebenen Summe der vom Beschwerdeführer selbst erzielten Einkünfte (Fr. 278'768.--) - eher als gering. Jedenfalls kann darin nicht die Hauptursache dafür erblickt werden, dass die hier strittige Ehepaar-Altersrente mit Fr. 1'608.-- lediglich um Fr. 40.-- höher ausfiel als die unmittelbar zuvor bezogene, gemäss Art. 31 Abs. 2 AHVG berechnete einfache Altersrente des Beschwerdeführers und sie ganz wesentlich unter dem Betrag der Ehepaar-Altersrente (Fr. 2'117.--) liegt, den er bis zum Hinschied seiner ersten Ehefrau erhalten hatte. b) Anders als in den Fällen, die das Eidg. Versicherungsgericht zur kürzlichen Änderung seiner Rechtsprechung bewogen, liegt diese Ursache hier indes nicht unmittelbar in der Verwendung eines tieferen Aufwertungsfaktors. Das Gesamteinkommen der Eheleute Z.-K. (erster IK-Eintrag im Jahre 1948) wurde mit dem 1990 geltenden Faktor 2,072 aufgewertet (Rententabellen 1990, Bd. 1, S. 28). Dieser Multiplikand ist höher als derjenige, der im Zeitpunkt der erstmaligen Rentenbemessung im Jahre 1972 verwendet worden war. Denn im Unterschied zur heutigen - mit der 9. AHV-Revision auf den 1. Januar 1979 eingeführten - Methode der Einkommensaufwertung (Art. 30 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 33ter AHVG ) bewegte sich der Aufwertungsfaktor nach dem damals geltenden System - ohne Rücksicht auf die Beitragsdauer des Versicherten - je nach Rentenskala zwischen 1,25 und 1,75 (ZAK 1980 S. 357; vgl. auch ZAK 1990 S. 272 und 1983 S. 517 ff. sowie die Botschaft über die 9. AHV-Revision vom 7. Juli 1976, BBl 1976 III 16 ff., 57 f.). Allerdings wirkt sich das System der Einkommensaufwertung im vorliegenden Fall insofern nachteilig für die Versicherten aus, als es sich beim Beschwerdeführer um einen älteren Rentner handelt, der bereits seit 1972 keiner (beitragspflichtigen) Erwerbstätigkeit mehr nachgeht. Der 1990 verwendete Aufwertungsfaktor von 2,072 konnte sich daher nicht auf jüngere, dem aktuellen Stand der Lohnentwicklung entsprechende und durch die Teuerung noch kaum geschmälerte Einkünfte beziehen, sondern von vornherein nur auf solche, die zwischen 1948 und 1972 erzielt worden und naturgemäss erheblich tiefer ausgefallen waren (zur Lohnentwicklung vgl. ZAK 1980 S. 355 f. und 1990 S. 330 unten). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ferner, dass die im Rahmen der 9. AHV-Revision wieder eingeführte Beitragspflicht der Altersrentner nicht rentenbildend ist ( BGE 107 V 195 ff.; ZAK 1985 S. 525 Erw. 3a mit Hinweisen). Damit steht der Beschwerdeführer im Vergleich zum Neurentner von BGE 118 V 129 S. 135 vornherein wesentlich ungünstiger da, zumal die zur Bemessung der Rente verwendeten aktuellen Tabellen an Durchschnittseinkommen ("Bestimmungsgrösse" gemäss Tabellenserie IV) anknüpfen, über die ein bereits 84jähriger Versicherter mit lange zurückliegender Erwerbszeit regelmässig nicht (mehr) in einer Weise verfügt, welche die Zusprechung einer maximalen oder an der oberen Grenze liegenden Rente erlauben würde. Diese Benachteiligung des Beschwerdeführers erhellt eindrücklich aus dem Umstand, dass die Verwaltung auf den 1. August 1990 - ausgehend von einem Gesamteinkommen von Fr. 292'808.-- (einschliesslich des Verdienstes der zweiten Ehefrau von Fr. 14'040.--) - ein massgebendes jährliches Durchschnittseinkommen von nur mehr Fr. 25'920.-- (Aufwertungsfaktor 2,072; 24 Beitragsjahre) errechnete. Demgegenüber hatte sich das frühere jährliche Durchschnittseinkommen, welches auf der Grundlage eines Gesamteinkommens von Fr. 303'518.-- (einschliesslich des Verdienstes der ersten Ehefrau von Fr. 24'750.--) ermittelt worden war, im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen von anfänglich Fr. 22'800.-- (Stand 1972) auf Fr. 50'112.-- (1986) erhöht (vgl. etwa KS II/90 des BSV an die Ausgleichskassen über die Rentenerhöhungen auf den 1. Januar 1990 [Umrechnung laufender Renten]). Mit diesen Anpassungen seines eigenen durchschnittlichen Jahreseinkommens vermochte der Beschwerdeführer mit den periodisch neu aufgelegten Rententabellen, die als "Bestimmungsgrössen" jeweils höhere Durchschnittseinkommen verlangten, Schritt zu halten. 5. Nach dem Gesagten kann festgehalten werden, dass das für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau nachteilig ausgefallene Ergebnis der Rentenberechnung im wesentlichen nicht auf den Umstand der tatsächlich veränderten Berechnungsgrundlagen zurückzuführen ist. Obgleich zwar gewisse Unterschiede zu den vom Eidg. Versicherungsgericht am 26. und 27. März 1992 beurteilten Fällen (ZBJV 128/1992 S. 224 f.) nicht zu übersehen sind, hat vielmehr auch hier die Verwendung der aktuellen Berechnungsregeln, insbesondere ein dadurch bewirkter ungünstiger Aufwertungsvorgang den Ausschlag gegeben. Diese Sachlage vermag nicht zu befriedigen. Denn sie beruht gleichermassen auf sachfremden Zufälligkeiten, denen die in erster Linie durch die Verwaltungspraxis definierten Mutationsregeln nicht angemessen Rechnung tragen. a) Eine solche Zufälligkeit besteht zunächst darin, dass mit einem im Rentenalter erfolgenden Zivilstandswechsel nicht zwangsläufig eine Änderung der Berechnungsgrundlagen verbunden sein muss. - BGE 118 V 129 S. 136 Zur Verdeutlichung kann auf die von der Ausgleichskasse im vorinstanzlichen Verfahren geschilderte Situation verwiesen werden, wie sie sich gestalten würde, wenn die Ehefrauen des Beschwerdeführers nie mit eigenen Erwerbseinkünften zur Rentenfinanzierung beigetragen hätten. Diesfalls müsste die Bemessung der Ehepaar-Altersrente notgedrungen allein nach dem durchschnittlichen Jahreseinkommen des Ehemannes erfolgen ( Art. 32 Abs. 1 AHVG ), und es würden gemäss Verwaltungspraxis die Rentenskala und das durchschnittliche Jahreseinkommen, wie sie nach der auf den 1. Januar 1990 erfolgten Umrechnung gegolten haben, unverändert auch für die Rente neuer Art massgebend bleiben (vgl. Rz. 48 KS III/90). Bedenkt man die Entwicklung des früheren massgebenden Durchschnittseinkommens aufgrund dessen mehrmaliger Anpassung bis zur Wiederverheiratung (Erw. 4b am Ende), steht ausser Frage, dass das Rentenbetreffnis nach dieser ihrerseits nicht zu beanstandenden Berechnungsweise für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wesentlich erfreulicher ausfiele ( Art. 35 AHVG ), als wenn unter Hinzurechnung des Fraueneinkommens ( Art. 32 Abs. 2 AHVG ) gemäss der von Verwaltung und Vorinstanz befolgten Praxis verfahren wird (Rz. 62/63 KS III/90). Dies befremdet; denn das vom Kreisschreiben für den Fall der Hinzurechnung von Fraueneinkommen gebotene Vorgehen zeitigt vorliegend ein Ergebnis, das Sinn und Zweck des Art. 32 Abs. 2 AHVG - welche Bestimmung die Stellung der Ehegatten gerade verbessern möchte - krass zuwiderläuft (vgl. BINSWANGER, AHVG-Kommentar, Zürich 1950, N. 1 zu Art. 32, S. 156; MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, Bd. II, Bern 1981, S. 111). b) Ebenso zufallsabhängig gestaltet sich die Rentenneuberechnung bei geschiedenen männlichen Versicherten. Denn auch in diesen Fällen zieht die Ehescheidung bloss dann eine Änderung der Berechnungsgrundlagen nach sich, wenn die Ehefrau im Sinne von Art. 32 Abs. 2 AHVG zur Rentenfinanzierung beigetragen hatte (vgl. ZAK 1978 S. 408, Anm. 1). Während es somit nur unter dieser Voraussetzung zu einer - das massgebende jährliche Durchschnittseinkommen erfassenden - Rentenneuberechnung gestützt auf die im Berechnungszeitpunkt geltenden Faktoren kommen soll (Rz. 63 KS III/90), wird die Rente in den übrigen Fällen weiterhin nach Massgabe der Rentenskala und dem durchschnittlichen Jahreseinkommen festgesetzt, wie sie nach der letztmaligen Umrechnung gegolten hatten (Rz. 48 KS III/90). c) Vermerkt sei schliesslich die Berechnungsweise, die gemäss Verwaltungspraxis dann zum Tragen käme, wenn der Beschwerdeführer BGE 118 V 129 S. 137 vor seiner jetzigen Ehe nicht bereits verheiratet gewesen wäre [1], wenn lediglich seine frühere Ehefrau kein Einkommen erzielt hätte [2], wenn diese bereits vor Vollendung ihres 62. Altersjahres verstorben wäre [3], oder wie sie ganz allgemein angewandt würde, wenn eine erwerbstätig gewesene Ehefrau ihr 62. Altersjahr erst vollendet, nachdem ihr Mann das anspruchsbegründende Alter längst erreicht hatte und bereits eine einfache Altersrente bezog [4]. - Diesen Fällen ist gemeinsam, dass mit der Wiederverheiratung [1, 2, 3] oder mit dem Erreichen des Rentenalters [4] bei der Festsetzung der neuen Ehepaar-Altersrente von veränderten Berechnungsgrundlagen ( Art. 32 Abs. 2 AHVG ) ausgegangen werden muss. Dennoch sieht hier die Verwaltungspraxis auffallenderweise keine umfassende Neuberechnung vor. Vielmehr bleibt auch in diesen Fällen grundsätzlich das bisherige, im Rahmen allgemeiner Rentenanpassungen nachgeführte, durchschnittliche Jahreseinkommen des Mannes massgebend, wobei lediglich das Einkommen der Ehefrau anhand der im Mutationszeitpunkt geltenden Regeln zu errechnen und hinzuzuschlagen ist ("Durchschnitt + Durchschnitt-Methode", vgl. Rz. 52 KS III/90 bzw. Rz. 694.3 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung). 6. a) Die geltenden gesetzlichen Bestimmungen lassen keine Zweifel offen, dass den Auswirkungen des Zivilstandswechsels, insbesondere der dadurch veränderten Summe der gesamten Erwerbseinkommen (Art. 30 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 32 Abs. 2 AHVG ), bei der Festsetzung der neuen Rente Rechnung getragen werden muss. Wie dies im einzelnen zu geschehen hat, ist von Gesetz- und Verordnungsgeber nicht selbst geregelt, sondern weitestgehend der Verwaltungspraxis überlassen worden. Diese hat sich indes aus der Sicht des objektiven Rechts um eine Lösung zu bemühen, die den Grundsätzen des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebotes ( BGE 117 Ia 259 mit Hinweisen) gerecht wird und insbesondere die betroffenen gesetzlichen Bestimmungen nicht ihres Sinnes entleert. Gerade aus der Einsicht, dass ungeachtet seiner Art nicht jeder Zivilstandswechsel notwendigerweise die Grundlagen der Rentenberechnung beschlägt, diese Folge vielmehr je nach den konkreten Umständen eintritt und insofern zufallsabhängig ist, darf allfälligen entsprechenden Änderungen nicht eine Wirkung beigemessen werden, die zu einer sachlich nicht mehr zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Versicherten führt. In diesem Sinne hat es die Verwaltungspraxis verstanden, für zahlreiche Mutationsgründe angemessene Regeln zu entwerfen, und zwar - wie dargelegt (Erw. 5c BGE 118 V 129 S. 138 hievor) - selbst für solche Fälle, in denen die neue Rente gestützt auf geänderte Berechnungsgrundlagen zu ermitteln ist. Hingegen führt die Anwendung der hier in Frage stehenden Rz. 62/63 KS III/90 (Rz. 694.10/11 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung) in einem Fall wie dem vorliegenden zu einem Ergebnis, welches sich im Lichte von Art. 32 Abs. 2 AHVG (Erw. 5b) und Art. 4 BV nicht halten lässt, selbst aus der Sicht der grundrechtlich gewährleisteten Ehefreiheit ( Art. 54 BV und Art. 12 EMRK ) Bedenken weckt und um so weniger mehr hinzunehmen ist, als die Verwaltungspraxis durchaus gangbare Alternativen aufzeigt (Erw. 5c). b) Für die Änderung der Rechtsprechung vom 26. März 1992 ist mitentscheidend gewesen, dass gesetzgeberische Reformbestrebungen dahingehen, in ähnlich gelagerten Fällen als massgebendes Einkommen das auf den neusten Stand gebrachte durchschnittliche Jahreseinkommen gelten zu lassen, welches im Zeitpunkt der Entstehung des ersten Rentenanspruchs festgesetzt wurde (Art. 31 Abs. 3 des Entwurfs zum revidierten AHVG, BBl 1990 II 92, 158). Indes fällt auf - was zuhanden des Gesetzgebers vermerkt sei -, dass die auf die Berechnung einfacher Altersrenten zugeschnittene bundesrätliche Reformvorlage - entgegen der vom BSV in der Vernehmlassung offenbar vertretenen Auffassung - jedenfalls nach dem Wortlaut gerade dem vorliegenden Fall nicht gerecht zu werden vermöchte. 7. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gutzuheissen und die Verwaltung zur neuen Berechnung der Ehepaar-Altersrente anzuhalten ist. - Dabei wird sie - wie die Kasse in ihrer Vernehmlassung an die Vorinstanz aufgezeigt hat - in sinngemässer Anwendung von Rz. 68 und 52 KS III/90 (vgl. Rz. 694.9 und 694.4 RWL in der ab 1. Januar 1992 geltenden Fassung) zu verfahren haben. Im einzelnen wird es mithin darum gehen, das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen des Beschwerdeführers aufgrund der im Zeitpunkt des ersten Versicherungsfalls geltenden (1. Januar 1972) Berechnungsregeln festzusetzen, um alsdann die so ermittelten Berechnungsgrundlagen unter Berücksichtigung der seitherigen Rentenanpassungen auf den im Zeitpunkt der hier streitigen Neuberechnung (1. August 1990) geltenden Stand zu bringen (Rz. 68 KS III/90). Zu dem auf diese Weise bestimmten durchschnittlichen Jahreseinkommen des Beschwerdeführers wird die Verwaltung schliesslich die von der heutigen Ehefrau verabgabten Erwerbseinkommen hinzuzurechnen haben ( Art. 32 Abs. 2 AHVG ). - Mit dieser Berechnungsweise werden BGE 118 V 129 S. 139 die AHV-rechtlichen Folgen der ersten Ehe beseitigt, und es erhält der Beschwerdeführer im Ergebnis eine Ehepaar-Altersrente zugesprochen, wie wenn er vor seiner jetzigen Ehe nie verheiratet gewesen wäre.
null
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de
1,992
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
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1aa46177-382f-4622-874d-f6433eef6df2
Urteilskopf 85 II 192 30. Extrait de l'arrêt de la 1re Cour civile du 10 février 1959 dans la cause Stephani contre Berner.
Regeste Kaufvertrag, Minderungsklage. Der Ersatz für den Minderwert ( Art. 205 Abs. 1 OR ) kann nicht gestützt auf Art. 43/44 OR herabgesetzt werden.
Erwägungen ab Seite 192 BGE 85 II 192 S. 192 Après avoir déclaré que l'action devait être rejetée en vertu de l'art. 200 al. 2 CO, la juridiction cantonale fait valoir subsidiairement que, même si le vendeur répondait des défauts, le recourant devrait de toute façon être débouté par application des art. 43 et 44 CO: elle estime que la légèreté avec laquelle l'acheteur a traité et son incuriosité en présence des conditions insolites de l'affaire ont contribué BGE 85 II 192 S. 193 dans une très large mesure à causer le dommage. Cette argumentation ne saurait cependant être admise. Malgré le terme "indemnité", qui figure à l'art. 205 al. 1 CO ("Ersatz" dans le texte allemand), l'action quanti minoris ne tend pas à la réparation d'un dommage selon les principes de la responsabilité fondée sur la faute, sur l'inexécution fautive d'un engagement ou sur la création d'un risque. Elle n'est pas une action en dommagesintérêts. Elle est l'un des moyens dont l'acheteur dispose, alternativement avec l'action rédhibitoire, dans les cas de garantie en raison des défauts de la chose vendue, et vise à la réduction proportionnelle du prix à l'effet de rétablir l'égalité des prestations selon le principe qui régit les contrats synallagmatiques. Cette réduction, maladroitement désignée indemnité dans la loi (cf. v. TUHR, Streifzüge im revidierten Obligationenrecht, RSJ 18, 1921/22, p. 370), s'opère selon des règles précises (RO 81 II 210). L'action quanti minoris ne peut dès lors s'accommoder des dispositions des art. 43 et 44 CO, qui ont leur fondement dans les degrés de la faute et la répartition des fautes, éléments étrangers aux actions de l'art. 205 CO, sous réserve de règles déterminées. Les principes statués aux art. 43 et 44 CO ne peuvent s'appliquer qu'à l'action en dommagesintérêts qui appartient à l'acheteur concurremment avec l'action en réduction du prix ou à la place de celle-ci. Les actions des art. 205 CO font d'autre part l'objet d'une réglementation spéciale et exhaustive en ce qui concerne les conditions dans lesquelles elles peuvent être exercées. Les circonstances qui sont de nature à fonder une atténuation ou l'exclusion de l'obligation de réparer le dommage, en vertu des art. 43 et 44 CO, consistent entre autres dans la gravité de la faute et dans le fait que le lésé ou un tiers ont contribué à causer le dommage. Or, d'une part, la faute du vendeur n'est pas une condition des actions rédhibitoire et estimatoire, et partant le degré de cette faute ne peut être pris en considération. D'autre part, pour ce qui est de la faute de l'acheteur, en tant qu'elle BGE 85 II 192 S. 194 est causale et dès lors relevante, la loi en tient compte dans une réglementation précise. Le code des obligations impose à l'acheteur certains devoirs de diligence: examen de la chose lors de la vente (art. 200), vérification à réception et avis immédiat au vendeur (art. 201), mesures particulières dans la vente à distance (art. 204). L'inobservation par l'acheteur de ces devoirs de diligence entraîne des conséquences déterminées par les dispositions légales, à savoir le plus souvent la déchéance de son droit. Des règles spéciales apportent des dérogations en cas de dol du vendeur (art. 200 al. 2, 203 CO) et tiennent compte ainsi, dans un cadre limité, de la gravité des fautes respectives (cf. RO 66 II 138/139). Lorsque les conditions de l'action en garantie sont réunies au regard de cette réglementation spéciale et exhaustive, cela implique que l'acheteur a satisfait aux obligations de diligence que la loi lui impose. Ecarter sa réclamation en invoquant une prétendue faute concomitante revient à modifier, au mépris du texte formel des dispositions légales, le système et les conditions de la garantie du chef des défauts, et à prescrire à l'acheteur, par un détour, d'autres devoirs de diligence que ceux qui sont institués par la loi.
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1,959
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CH
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1aa46177-bf47-401e-8ea1-b4a5e5503de5
Urteilskopf 112 Ib 256 42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. März 1986 i.S. Paulin Bergamin gegen Gemeinde Vaz/Obervaz und Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Eidg. Raumplanungsgesetz (RPG) und Rodungsbewilligung nach eidg. Forstpolizeigesetzgebung. Die Erteilung einer Rodungsbewilligung für eine Waldparzelle schliesst die Pflicht zur Einholung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG für die zonenwidrige, auf der zur Rodung freigegebenen Parzelle zu erstellenden Baute nicht aus.
Sachverhalt ab Seite 257 BGE 112 Ib 256 S. 257 Paulin Bergamin ist Eigentümer einer Parzelle in Valbella (Gemeinde Vaz/Obervaz); diese ist mit einem Mehrfamilienhaus überbaut, in dem sich mehrere Wohnungen, eine Arztpraxis und ein Gewerbehandel befinden. An diese Parzelle schliesst ein Grundstück an, welches im Eigentum der Gemeinde Vaz/Obervaz steht und gemäss Zonenplan in der Forstwirtschaftszone liegt. Bergamin beabsichtigt, auf der Nachbarparzelle Garagen zu errichten. Das Eidgenössische Departement des Innern erteilte der Gemeinde Vaz/Obervaz am 23. Dezember 1983 die Rodungsbewilligung zum Zwecke der Erstellung der fraglichen Garagen, unter ausdrücklichem Vorbehalt einer allfälligen Baubewilligung. In der Folge reichte Bergamin sein Baugesuch ein. Das Departement des Innern und der Volkswirtschaft des Kantons Graubünden und hernach auf Beschwerde hin das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden verweigerten Bergamin die Bewilligung nach Art. 24 des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes. Dagegen reichte Paulin Bergamin beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Er macht zur Hauptsache geltend, nach der gestützt auf das eidgenössische Forstpolizeirecht ergangenen Rodungsbewilligung finde das eidgenössische Raumplanungsgesetz keine Anwendung mehr. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht mit seiner Beschwerde in erster Linie geltend, das eidgenössische Raumplanungsrecht (RPG; SR 700) sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar; massgeblich sei vielmehr ausschliesslich das Forstrecht als Spezialgesetzgebung. Nachdem die zuständigen Behörden die Rodungsbewilligung erteilt und damit insbesondere die Standortgebundenheit im Sinne von Art. 26 Abs. 3 FPolV im Hinblick auf die Erstellung der streitigen Garagen bejaht hätten, bedürfe es des Verfahrens und der Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG nicht mehr. Dies ergebe sich sowohl aus Art. 18 Abs. 3 RPG als auch aus den Gesetzesmaterialien zum Raumplanungsgesetz. Nach Art. 18 Abs. 3 RPG ist das Waldareal durch die Forstgesetzgebung umschrieben und geschützt. Mit diesem Verweis verzichtet das Raumplanungsgesetz auf einen eigenen Waldbegriff und überlässt den Schutz der Spezialgesetzgebung (vgl. Botschaft des Bundesrates zum eidgenössischen Raumplanungsrecht, BGE 112 Ib 256 S. 258 BBl 1978 I 1026). Wie sich aus der systematischen Stellung und der Marginalie von Art. 18 RPG ergibt, legt diese Bestimmung die anwendbare Nutzungsordnung fest. Die Forstpolizeigesetzgebung umschreibt im einzelnen die Nutzungsart sowie die Voraussetzungen für eine Rodung. Im Rodungsverfahren im speziellen sind die allgemeinen Interessen an der Walderhaltung und die entgegenstehenden Interessen an einer Rodung umfassend gegeneinander abzuwägen ( Art. 26 FPolV ). Da das Raumplanungsgesetz eine umfassende Nutzungsordnung beansprucht, ist in einem Verfahren, in welchem über die Bewilligung einer Baute im Waldareal zu befinden ist, auch über die raumrelevanten Auswirkungen des Projektes zu entscheiden. Richtigerweise sollte diese Prüfung bei der Beurteilung der Standortgebundenheit nach Art. 26 Abs. 3 FPolV unter Mitwirkung der Raumplanungsbehörden vorgenommen werden; andernfalls kann nicht von einer umfassenden Interessenabwägung gesprochen werden. Der Aspekt der raumrelevanten Auswirkungen ist indessen im vorliegenden Fall mit dem Vorbehalt betreffend allfälliger Bewilligungen ausdrücklich offengelassen worden, wie sich sowohl aus den Erwägungen als auch aus dem Dispositiv des Entscheides des Eidgenössischen Departementes des Innern vom 23. Dezember 1983 ergibt. Bereits aus diesem Grunde ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keineswegs unsinnig, vielmehr unerlässlich, nach der Durchführung des Rodungsverfahrens auch noch im Verfahren nach Art. 24 RPG über die raumrelevanten Auswirkungen des umstrittenen Projektes und damit über dessen Standortgebundenheit zu befinden. Eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG ist immer dann erforderlich, wenn die projektierte Baute nicht der entsprechenden Zone entspricht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann den Materialien keineswegs entnommen werden, dass Bauprojekte auf Waldboden, der zur Rodung freigegeben worden ist, dem Verfahren nach Art. 24 RPG nicht unterstellt seien (vgl. erwähnte Botschaft, S. 1028; HEINZ AEMISEGGER/T. WETZEL, Wald und Raumplanung, Schweizerische Vereinigung für Landesplanung (VLP), Schriftenfolge Nr. 38, Bern 1985, S. 120). Die Bestimmung von Art. 24 RPG hat vielmehr umfassende Bedeutung. Im vorliegenden Fall ist es unbestritten, dass die projektierten Garagen der geltenden Zone nicht entsprechen. Aus diesem Grunde ist Art. 24 RPG grundsätzlich anwendbar. Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit grundlegend von dem vom Beschwerdeführer BGE 112 Ib 256 S. 259 erwähnten Fall aus dem Kanton Bern (BVR 1981 S. 476): Hier handelte es sich um eine forstwirtschaftliche Baute im Wald, die wegen ihrer Zonenkonformität keiner Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG , wohl aber einer Bewilligung im Sinne von Art. 22 bedurfte. Der Beschwerdeführer kann daher aus diesem Entscheid nichts für seinen Fall ableiten, der allenfalls anders zu beurteilen wäre, wenn die Gemeinde Vaz/Obervaz zu einer entsprechenden Umzonung der Parzelle schreiten würde. Demnach bedarf er im vorliegenden Fall einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG . Diese Auffassung steht mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts im Einklang. In mehreren Entscheiden erklärte das Bundesgericht ausdrücklich oder ging davon aus, dass neben der Rodungsbewilligung auch eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG erforderlich sei (ZBl 83/1982 S. 74 ff. und S. 554 ff.; unveröffentlichte Urteile i.S. Ortsbürgergemeinde Rupperswil vom 23. Mai 1985 und i.S. Würgler vom 17. April 1985; vgl. zur Situation vor Inkrafttreten des Raumplanungsgesetzes die unveröffentlichten Urteile i.S. Würgler vom 2. August 1974 und i.S. Schweizerischer Bund für Naturschutz vom 1. Dezember 1976). Dieselbe Meinung wird denn auch in der Doktrin vertreten (AEMISEGGER/WETZEL, a.a.O., S. 82 ff., insbesondere S. 84 f. sowie S. 117 ff.). Bei dieser Sachlage hat das Verwaltungsgericht kein Bundesrecht verletzt, indem es Art. 24 RPG auf das streitige Projekt anwandte und das Baugesuch nach den entsprechenden Kriterien prüfte. 3. / 4.- (Das Bundesgericht verneint eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben und bestätigt die Verweigerung einer Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG .)
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de
1,986
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
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1aa602ac-f454-4540-ade1-3a22d03ac653
Urteilskopf 86 III 36 13. Entscheid vom 10. Mai 1960 i.S. Zürcher.
Regeste Retention ( Art. 283 SchKG ). Prüfungsbefugnis der Betreibungsbehörden mit Bezug auf die Frage, ob das vom Vermieter geltend gemachte Retentionsrecht nach Art. 272 OR bestehe. Zur Sicherung von Ersatzansprüchen aus Art. 269 OR oder von Schadenersatzansprüchen wegen Vertragsverletzung darf ein Retentionsverzeichnis nicht aufgenommen werden.
Sachverhalt ab Seite 37 BGE 86 III 36 S. 37 Hans Zürcher mietete von Werner Ammann am 1. Februar 1959 die dem Betrieb der Wirtschaft Schanz in Waldenburg dienenden Räumlichkeiten für fünf Jahre vom 15. Februar 1959 an. Der jährliche Mietzins von Fr. 3500.-- war in vierteljährlichen Raten, die jeweilen am Ende eines Kalenderquartals fällig wurden, vorauszubezahlen. Nachdem Zürcher dem Vermieter erklärt hatte, er löse das Mietverhältnis auf den 31. März 1960 auf, leitete dieser gegen ihn beim Bezirksgericht Waldenburg einen Prozess ein, in welchem die Parteien am 16. November 1959 den folgenden Teilvergleich schlossen: "1. - Die Parteien lassen die Frage offen, ob wichtige Gründe im Sinn von Art. 269 OR für eine vorzeitige Auflösung des Mietverhältnisses bestehen, und kommen überein, dass der Beklagte bis zum 31. März 1960 die Wirtschaft Schanz betreibt und bis dann die Verpflichtungen gemäss Mietvertrag erfüllt, wobei indessen der Mietzins monatlich im voraus (und nicht vierteljährlich im voraus) zu zahlen ist. Erwägungen 2. Der Kläger behält sich sämtliche Forderungen gemäss OR 269 aus der vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses gegen den Beklagten vor." Am 24. März 1960 stellte Ammann beim Betreibungsamt Waldenburg das Begehren um Aufnahme einer Retentionsurkunde. Als "Forderungssumme" war in diesem Begehren neben fälligem Mietzins vom 15. Februar bis 31. März 1960 u.a. angegeben: "1 Halbjahreszins gemäss OR 269, vgl. Akten beim Bezirksgericht Waldenburg, Fr. 1750.--" Das Betreibungsamt Waldenburg führte in der Retentionsurrkunde vom 28. März 1960 statt dieser Forderung den laufenden Mietzins vom 1. April bis 30. Juni 1960 im Betrage von Fr. 875.-- auf mit dem Bemerken: "Gemäss Art. 272 OR besteht das Retentionsrecht BGE 86 III 36 S. 38 nur für einen verfallenen Jahreszins und den laufenden Halbjahreszins." Der Schuldner führte gegen den Retentionsvollzug Beschwerde, mit der er schliesslich nur noch verlangte, die Retention sei insoweit aufzuheben, als sie sich auf den Betrag von Fr. 875.-- beziehe. Den abweisenden Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde vom 20. April 1960 hat er an das Bundesgericht weitergezogen. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: Wie die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, ist das Betreibungsamt nur dann berechtigt und verpflichtet, die Aufnahme eines Retentionsverzeichnisses aus materiellen Gründen abzulehnen, wenn sich auf Grund der Akten unzweifelhaft ergibt, dass das beanspruchte Retentionsrecht nicht besteht ( BGE 75 III 31 /32 mit Hinweisen; BGE 79 III 77 , BGE 80 III 131 ). Dass diese Voraussetzung hinsichtlich des Retentionsrechts für den streitigen Betrag von Fr. 875.-- zutreffe, wird im angefochtenen Entscheid mit der Begründung verneint, es sei zwar möglich, dass nach dem Vergleich vom 16. November 1959 das Mietverhältnis am 31. März 1960 zu Ende gegangen sei und der Vermieter sich lediglich eine Schadenersatzforderung vorbehalten habe, für die gemässBGE 61 II 264das Retentionsrecht nicht bestehe. Es sei aber auch möglich, dass der Vergleich nur den Sinn gehabt habe, hinsichtlich des Auszugs des Mieters und der Weiterführung der Wirtschaft im Interesse der Erhaltung der Kundschaft und des Patentes eine klare Situation zu schaffen, während die Frage der Auflösung des Vertrags dem Entscheid des Richters vorbehalten geblieben sei. Damit will die Vorinstanz offenbar sagen, es sei nicht ausgeschlossen, dass es sich beim streitigen Betrag um Mietzins für die Zeit vom 1. April 1960 an handle, für den der Vermieter das Retentionsrecht habe. BGE 86 III 36 S. 39 Der Vermieter hat jedoch in seinem Retentionsbegehren die Forderung, die er neben dem fälligen Mietzins, dem Wasserzins und der Instandstellungsentschädigung gemäss Art. 17 des Mietvertrags geltend machte, selber ausdrücklich als "Halbjahreszins gemäss OR 269" bezeichnet, was nichts anderes bedeuten kann, als dass er das Retentionsrecht für die Forderung auf Bezahlung von (mindestens) einem halben Jahreszins beanspruchte, die Art. 269 Abs. 2 OR dem Vermieter gewährt, wenn der Mieter ein für ein Jahr oder längere Zeit abgeschlossenes Mietverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig auflöst. Diese eindeutige Qualifizierung der streitigen Forderung durch den Vermieter selber ist für die Betreibungsbehörden massgebend. Sie haben nicht zu prüfen, ob der Vermieter den in Frage stehenden Betrag oder einen Teil davon bei der gegebenen Aktenlage allenfalls auch unter einem andern Titel hätte fordern können. Für Forderungen aus Art. 269 Abs. 2 OR besteht das Retentionsrecht im Sinne von Art. 272 OR unzweifelhaft nicht ( BGE 61 II 264 ; vgl. auchBGE 63 II 368ff., insbesondere 379). Das Betreibungsamt hätte also den Vollzug der Retention für den "Halbjahreszins gemäss OR 269" ohne weiteres ablehnen sollen. Der angefochtene Entscheid müsste im übrigen sogar dann aufgehoben werden, wenn der Vermieter das Retentionsrecht nicht für eine Forderung aus Art. 269 Abs. 2 OR , sondern für laufenden Mietzins ab 1. April 1960 beansprucht hätte, wie ihn das Betreibungsamt in der Retentionsurkunde anstelle jener Forderung aufgeführt hat. Aus dem Vergleich vom 16. November 1959 ergibt sich nämlich klar, dass das Mietverhältnis als solches am 30. März 1960 endigen und der Vermieter nur bis dahin Anspruch auf Mietzins haben sollte. Für den Fall, dass der Richter die offen gelassene Frage des Vorliegens wichtiger Gründe für die vorzeitige Auflösung des Vertrags bejahen sollte, behielt sich der Vermieter einzig die Ansprüche aus Art. 269 OR vor. Für den (nicht besonders geregelten) BGE 86 III 36 S. 40 gegenteiligen Fall lässt ihm der Vergleich nur die Möglichkeit, anstelle des nicht mehr geschuldeten Mietzinses Schadenersatz wegen Vertragsverletzung zu verlangen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: In Gutheissung des Rekurses werden der angefochtene Entscheid und die Retention Nr. 1 des Betreibungsamtes Waldenburg, soweit sie für den Betrag von Fr. 875.-- vollzogen wurde, aufgehoben.
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de
1,960
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CH_BGE_005
CH
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1aab5292-2ce9-4225-94ba-602cd4ce7657
Urteilskopf 80 II 171 26. Urteil der I. Zivilabteilung vom 22. Juni 1954 i. S. Aswag A.-G. gegen Ri-Ri A.-G.
Regeste Unlauterer Wettbewerb, Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG , nicht die Verwendung einer gemeinfreien Sachbezeichnung, selbst wenn diese mit der Marke eines Konkurrenten verwechselbar ist. Begriff der Sachbezeichnung. Markenschutz, MSchG Art. 3. Nichtigkeit täuschender Marken.
Sachverhalt ab Seite 171 BGE 80 II 171 S. 171 A.- Die Aswag A.-G. und die Ri-Ri A.-G. brachten in den letzten Jahren neben den von ihnen hergestellten bzw. vertriebenen Reissverschlüssen neuartige Verschlüsse BGE 80 II 171 S. 172 in den Handel, die sich von den eigentlichen Reissverschlüssen dadurch unterscheiden, dass der Schieber nicht die Verbindung oder Trennung zweier Zahnketten bewirkt, sondern auf einer einzigen Zahnkette gleitet und durch Hinunterdrücken der Lasche an jeder beliebigen Stelle festgeklemmt werden kann. Diese Verschlüsse dienen vor allem dazu, die Bundweite von Wickeljupes und Hosen verstellbar zu machen. Für diese Art von Verschlüssen verwendet die Aswag A.-G. die Marke "Clix", die sie 1948 sowohl im schweizerischen wie im internationalen Markenregister für "Reissverschlüsse und deren Bestandteile" hatte eintragen lassen. Die Ri-Ri A.-G. bezeichnet die von ihr vertriebenen verstellbaren Verschlüsse in Prospekten, Rechnungen usw. mit "riri-Clip" oder "Clip" schlechthin. B.- Die Aswag A.-G. erblickte in diesem Vorgehen der Ri-Ri A.-G. wegen Verwechselbarkeit der Bezeichnung "Clip" mit ihrer Marke "Clix" eine Verletzung ihrer Markenrechte sowie unlauteren Wettbewerb. Sie erhob daher am 31. Juli 1953 gegen die Ri-Ri A.-G. Klage auf Feststellung, dass die Beklagte mit der Verwendung der Bezeichnung "Clip" ihr Markenrecht verletze und unlauteren Wettbewerb begehe. Ferner verlangte sie ein Verbot weiterer marken- und wettbewerbsmässiger Verwendung der Bezeichnung "Clip" durch die Beklagte, Verurteilung derselben zur Bezahlung von Fr. 2000.-- Schadenersatz und Veröffentlichung des Urteils. Nach Einleitung des Prozesses, am 6. August 1953, liess die Klägerin das Wort "Clip" als Marke "für Reissverschlüsse und verstellbare Verschlüsse aller Art" unter Nr. 147, 758 im schweizerischen Markenregister eintragen. Die Beklagte bestritt die Begründetheit der Klage und erhob Widerklage auf Nichtigerklärung und Löschung der Marke "Clip" der Klägerin, weil "Clip" als Sachbezeichnung Gemeingut sei. C.- Das Handelsgericht Zürich schützte mit Urteil vom 11. Dezember 1953 die wettbewerbsrechtlichen Feststellungs- und Unterlassungsbegehren der Klage in dem Sinne, BGE 80 II 171 S. 173 dass die Verwendung des Wortes "Clip" zur Bezeichnung des ganzen Verschlusses oder unter schlagwortartiger Hervorhebung gegenüber dem weiteren Text einen unlauteren Wettbewerb darstelle und der Beklagten untersagt werde. Die auf Markenrecht gestützten Begehren dagegen wies es mangels markenmässiger Verwendung der Bezeichnung "Clip" durch die Beklagte ab. Abgewiesen wurden schliesslich auch das Schadenersatz- und das Publikationsbegehren der Klägerin. Die Widerklage der Beklagten auf Nichtigerklärung und Löschung der Marke "Clip" der Klägerin wurde geschützt. D.- Gegen dieses Urteil erklärten beide Parteien die Berufung. Die Beklagte beantragt vollumfängliche Abweisung der Klage, die Klägerin Bestätigung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der Klage und Abweisung der Widerklage auf Nichtigerklärung ihrer Marke "Clip"; eventuell sei die Widerklage nur in dem Sinne zu schützen, dass die Warenliste durch die Worte "mit Ausnahme von Klammern bzw. Klemmen" eingeschränkt, subeventuell, dass sie auf Reissverschlüsse beschränkt werde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Gegenstand der Hauptklage ist einzig noch die Frage, ob der nicht markenmässige Gebrauch der mit der Marke "Clix" der Klägerin verwechselbaren Bezeichnungen "Clip" und "riri-Clip" durch die Beklagte für die von ihr vertriebenen verstellbaren Verschlüsse einen unlauteren Wettbewerb im Sinne von Art. 1 Abs. 2 lit. d UWG darstelle. a) Diese Frage ist, wie die Vorinstanz zutreffend ausführt, zu verneinen, wenn "Clip" eine Sachbezeichnung, eine Beschaffenheitsangabe darstellt. Denn aus den gleichen Gründen, aus denen ein Geschäftsmann keine Markenschutzrechte zu erlangen vermag an Worten, die zur Bezeichnung einer Ware dienen oder auf ihre Eigenschaften hinweisen ( BGE 79 II 102 , BGE 70 II 243 , BGE 70 I 196 , BGE 63 II 426 f.), kann er auch unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts BGE 80 II 171 S. 174 einem Konkurrenten die Verwendung solcher Sachbezeichnungen nicht verwehren. Hier wie dort kann es nicht statthaft sein, dass er eine beschreibende Angabe der genannten Art für sich allein in Anspruch nimmt und sich so gegenüber seinen Konkurrenten einen geschäftlichen Vorsprung verschafft. Solche Sachbezeichnungen müssen als Gemeingut auch im Bereiche des Wettbewerbsrechtes dem allgemeinen Verkehr freigehalten werden, soweit nach dem Sprachgebrauch das Bedürfnis besteht, sie zur Bezeichnung einer Ware zur Verfügung zu haben. Jeder Wettbewerber muss die Möglichkeit haben, im Geschäftsverkehr, insbesondere in der Reklame und der Korrespondenz für die Bezeichnung seiner Ware diejenigen Ausdrücke zu verwenden, die ihre Beschaffenheit, ihre Eigenschaften, ihren Verwendungszweck beschreiben, ohne darin durch die Marke eines Konkurrenten behindert zu sein. Sonst würde diesem auf dem Umweg über das Wettbewerbsrecht ein Schutz gewährt, der durch die Markenrechtsgesetzgebung ausdrücklich ausgeschlossen werden soll. Verwechselbarkeit einer gemeinfreien Sachbezeichnung mit der Marke eines Konkurrenten ändert hieran nichts. Wer eine Marke wählt, die an eine gemeinfreie Sachbezeichnung anklingt und darum ein sog. schwaches Warenzeichen darstellt, hat die Folgen daraus hinzunehmen. b) Ob ein Ausdruck als Beschaffenheitsangabe im vorstehenden Sinne zu gelten habe, ist gleichfalls nach den von der Rechtsprechung zum Markenrecht entwickelten Grundsätzen zu entscheiden, da die Gleichheit des Zweckes auch Übereinstimmung hinsichtlich des Begriffsinhaltes erheischt. Danach gilt als Beschaffenheitsangabe nicht schon jede entfernte Anspielung, bei der die sachliche Beziehung zur Ware erst unter Zuhilfenahme der Phantasie, auf dem Wege der Ideenverbindung, der Gedankenassoziation erkennbar wird. Vielmehr muss die Bezeichnung in einem so engen Zusammenhang mit der Ware stehen, dass sie unmittelbar auf eine bestimmte Beschaffenheit hinweist. BGE 80 II 171 S. 175 2. Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz auf Grund des von der Beklagten vorgelegten Beweismaterials (Preislisten, Prospekte, Auskünfte von Warenhäusern usw.) festgestellt, dass auf dem Gebiete der Schreibartikel, der Bijouterie und der Lederwaren die Bezeichnung "Clip" heute in der Schweiz zur Sachbezeichnung für eine bestimmte Art des Verschlusses oder der Befestigung, nämlich für diejenige vermittels einer Klemmvorrichtung, geworden ist. So spricht man allgemein von "Clips" an Füllfederhaltern und Bleistiften und meint damit die Klemmen, mit der diese Gegenstände an der Taschenkante angesteckt werden. "Clip" heisst sodann auch der Halter, der dazu dient, die Kravatte am Hemd festzuklemmen, um ihr Flattern zu verhindern. Die Bezeichnung wird ferner verwendet für Verschlüsse von modischen Damenhandtaschen. Als "Clip" werden aber auch Schmuckstücke bezeichnet, die durch Festklemmen am Ohr, als Brosche an Damenkleidern oder als Agrafen an Damenhüten befestigt werden. In diesen letzteren Fällen gilt, wie die Vorinstanz darlegt, die Bezeichnung also für Gegenstände, bei denen die Klemmvorrichtung nach Grösse und Wert nicht den Hauptbestandteil bildet. Die Klemmvorrichtung, die ursprünglich allein "Clip" hiess, ist zur Bezeichnung des ganzen Gegenstandes geworden, zu dessen Befestigung sie dient. Hinsichtlich der hier in Frage stehenden Kleiderverschlüsse ist die Vorinstanz dagegen zum Ergebnis gelangt, dass "Clip" sich bis heute noch nicht allgemein als Bezeichnung des ganzen Verschlusses eingelebt habe. Als "Clip" könne allenfalls der einen wesentlichen Bestandteil des Verschlusses bildende Schieber mit der Klemmvorrichtung gelten. Da dieser aber kaum sichtbar sei und darum an Bedeutung gegenüber der einem Reissverschluss ähnlichen Kette zurücktrete, bedürfe es für die Übertragung der Sachbezeichnung "Clip" auf den ganzen Verschluss eines nicht einfachen Denkvorganges unter Zuhilfenahme der Phantasie. Gestützt auf diese Erwägungen BGE 80 II 171 S. 176 hat die Vorinstanz daher das Vorliegen einer Sachbezeichnung abgelehnt und die Verwendung der Bezeichnung "Clip" durch die Beklagte für den ganzen Verschluss als unlautere Wettbewerbshandlung erachtet. Weil der Schieber mit der Klemmvorrichtung für sich allein dem verkehrsüblichen Begriffe des "Clip" entspreche, hat sie es aber immerhin als zulässig erklärt, diesen Ausdruck ohne schlagwortartige Hervorhebung zu rein beschreibender Verwendung im laufenden Text zu gebrauchen. 3. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Sie beruht auf einer unrichtigen Problemstellung. Entgegen der Meinung der Vorinstanz kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Bezeichnung "Clip" für die in Frage stehenden Verschlüsse bereits allgemein gebräuchlich sei. Es können vielmehr auch neue, bisher ungebräuchliche Ausdrücke im Gemeingut stehende Beschaffenheitsangaben darstellen, sofern sie nur die Ware in allgemein verständlicher Weise beschreiben. Massgebend ist, ob das betreffende Wort, sobald es im Geschäftsverkehr beim Vertrieb der Ware gebraucht wird, nach dem Sprachgebrauch oder den Regeln der Sprachbildung von den beteiligten Kreisen als Hinweis auf die Beschaffenheit der Ware aufgefasst werden kann (REIMER, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht, 3. Aufl., S. 38). Geht man nun davon aus, dass in verschiedenen Geschäftszweigen das Wort "Clip" in der Schweiz zur Sachbezeichnung für Klemmvorrichtungen geworden ist und sogar zur Bezeichnung von ganzen Gegenständen dient, die an Stelle bisher üblicher andersartiger Verschlüsse eine Klemmvorrichtung aufweisen, und zieht man anderseits in Betracht, dass das technisch wesentliche Merkmal, durch das sich die in Frage stehenden verstellbaren Verschlüsse vom bisherigen üblichen Reissverschluss unterscheiden, gerade in der allgemein als "Clip" bezeichneten Klemmvorrichtung besteht, so kann nicht zweifelhaft sein, dass auch bei verstellbaren Verschlüssen die Bezeichnung "Clip" als Sachbezeichnung angesehen werden muss. BGE 80 II 171 S. 177 Einer besonderen Zuhilfenahme der Phantasie bedarf es entgegen der Meinung der Vorinstanz dazu nicht. Der Kunde, der von einem solchen "Clip"-Verschluss hört, wird auf Grund einer einfachen Überlegung ohne weiteres erkennen, dass es sich bei der so bezeichneten Verschlussart um einen mit einer Klemmvorrichtung ausgestatteten Verschluss handle. Das gilt in besonderem Masse auch für die nach den Ausführungen der Vorinstanz als Abnehmer in erster Linie in Betracht kommenden Kreise der Schneider und Hausfrauen. Diese betrachten den verstellbaren Verschluss als Unterart des Reissverschlusses, da es sich dabei, trotz der sonstigen technischen Verschiedenheit, ebenfalls um einen Verschluss handelt, bei dem ein Schieber auf einer Kette hin und her bewegt wird. Da der verstellbare Verschluss sich vom gewöhnlichen Reissverschluss gerade durch die bei einem solchen nicht vorhandene Klemmvorrichtung zur Arretierung an jeder beliebigen Stelle unterscheidet, liegt für ihn entsprechend dieser Funktion die Sachbezeichnung "Clip" nahe. Dass die Klemmvorrichtung bei den verstellbaren Verschlüssen kaum sichtbar ist, hat entgegen der Meinung der Vorinstanz keine Bedeutung. Die Bezeichnung "Clip" hat sich im Verkehr auch durchgesetzt für Gegenstände, bei denen, wie namentlich bei Schmuckstücken (Ohr- und Broschenclips), die Klemmvorrichtung nicht nur nach Grösse und Wert nicht den Hauptbestandteil bildet, sondern auch nur noch zum Teil oder sogar überhaupt nicht mehr sichtbar ist. Ist demnach das Wort "Clip" auch für den in Frage stehenden Verschluss als Sachbezeichnung anzusehen, so bedeutet seine Verwendung durch die Beklagte keinen unlauteren Wettbewerb. Das führt zur Gutheissung der Berufung der Beklagten auf gänzliche Abweisung der Hauptklage. 4. Da nach den Ausführungen zur Hauptklage "Clip" als im Gemeingut stehende Sachbezeichnungen zu gelten hat, erweist sich die Gegenstand der Widerklage bildende BGE 80 II 171 S. 178 Marke "Clip" der Klägerin als nichtig. Die gegen ihre Nichtigerklärung gerichtete Berufung der Klägerin ist daher unbegründet. Das gilt auch für die von der Klägerin gestellten Eventualbegehren, den Schutzbereich ihrer Marke auf verstellbare Verschlüsse ohne Klammern bzw. Klemmen oder auf gewöhnliche Reissverschlüsse zu beschränken. Für gewöhnliche Reissverschlüsse und verstellbare Verschlüsse ohne Klemmvorrichtung stellt die Marke "Clip" zwar keine Beschaffenheitsangabe dar. Ihre Zulassung in dem von der Klägerin verlangten Sinne wäre aber zur Täuschung der Käuferschaft geeignet. Denn die Bezeichnung "Clip" würde den Eindruck erwecken, es handle sich bei den so bezeichneten Verschlüssen um solche mit einer Klemmvorrichtung. Marken, die zur Täuschung des Publikums Anlass geben können, sind aber nach ständiger Rechtsprechung unzulässig, da sie im Sinne von Art. 3 Abs. 4 MSchG gegen die guten Sitten verstossen ( BGE 69 II 203 und dort erwähnte Entscheide). Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- In Gutheissung der Berufung der Beklagten wird das Urteil des Handelsgerichts Zürich vom 11. Dezember 1953 dahin abgeändert, dass die Klage im vollen Umfang abgewiesen wird. 2.- Die Berufung der Klägerin wird abgewiesen und in Bestätigung des angefochtenen Entscheides die von der Klägerin unter Nr. 147'758 hinterlegte Marke "Clip" nichtig erklärt.
public_law
nan
de
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CH_BGE
CH_BGE_004
CH
Federation
1ab3dabe-8c31-4572-bd1b-5e1cc644ccfa
Urteilskopf 124 V 301 50. Urteil vom 30. Juni 1998 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt gegen U. und Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt
Regeste Art. 15 Abs. 3 UVG ; Art. 24 Abs. 3 UVV ; Art. 26 Abs. 1 IVV : Versicherter Verdienst für die Bemessung der Invalidenrente eines Schnupperlehrlings. Hinsichtlich des versicherten Verdienstes eines Schnupperlehrlings weist die UVV eine echte Lücke auf. Zu deren Schliessung ist auf die nach Alter abgestuften Prozentsätze der Durchschnittslöhne abzustellen, die gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV für die Festsetzung des hypothetischen Einkommens ohne Invalidität von Versicherten, die invaliditätsbedingt keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten, massgebend sind. Art. 152 Abs. 2 und 3, Art. 159 Abs. 1 und 3 OG : Parteientschädigung und unentgeltliche Verbeiständung. Bei bloss teilweisem Obsiegen kann einer Partei nebst der von der Gegenpartei zu erbringenden reduzierten Parteientschädigung die unentgeltliche Verbeiständung gewährt werden, wobei der Gerichtskasse für diese später nach Möglichkeit Ersatz zu leisten ist.
Sachverhalt ab Seite 302 BGE 124 V 301 S. 302 A.- U. (geboren 1973), der das letzte Schuljahr absolvierte, arbeitete seit 20. Juli 1989 an den Wochenenden aushilfsweise im Restaurant M. Am 27. November 1989 begann er bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) eine Schnupperlehre als Betriebsangestellter, die ohne Lohnanspruch bis 1. Dezember 1989 dauern sollte. Am ersten Arbeitstag erlitt U. einen schweren Stromunfall, der die Amputation des linken Unterschenkels erforderlich machte. Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA) kam für die Folgen des Unfalls auf. Mit Verfügung vom 6. Dezember 1993 sprach sie dem Versicherten nebst einer Integritätsentschädigung für eine Integritätseinbusse von 80% ab 1. Dezember 1993 eine Invalidenrente, basierend auf einer Erwerbsunfähigkeit von 80% und einem versicherten Jahresverdienst von 13'865 Franken, zu. Diesen Verdienst ermittelte sie, indem sie den von U. mit der Aushilfstätigkeit im Restaurant M. erzielten Lohn auf ein Jahr umrechnete. Die monatliche Rente der Invalidenversicherung (1'253 Franken) überstieg jedoch 90% des versicherten Verdienstes (Fr. 1'039.90 im Monat), so dass keine Komplementärrente zur Ausrichtung gelangte. Daran hielt die Anstalt mit Einspracheentscheid vom 28. November 1994 fest. B.- Beschwerdeweise liess U. beantragen, es sei der Rentenberechnung ein versicherter Jahresverdienst von mindestens 50'000 Franken zugrunde zu legen, der dem Lohn entspreche, welchen er im Jahr vor dem Unfall als voll Leistungsfähiger verdient hätte, wenn die Ausbildung bei den SBB abgeschlossen worden wäre. Nach Einholen einer Stellungnahme des BGE 124 V 301 S. 303 Bundesamtes für Sozialversicherung (BSV) hiess das Versicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt die Beschwerde in dem Sinne gut, als es feststellte, dass die Rente auf der Grundlage des Lohnes eines Betriebsangestellten der SBB zu berechnen sei, und die Sache zur Festlegung des Quantitativs an die SUVA zurückwies (Entscheid vom 19. August 1996). C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Begehren, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. U. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unter Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung schliessen. D.- Am 27. April 1998 hat das Eidg. Versicherungsgericht eine parteiöffentliche Beratung durchgeführt. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Als der Beschwerdegegner als Schnupperlehrling verunfallte, war er unbestrittenermassen obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen versichert. Dies ergibt sich aus Art. 1 UVG in Verbindung mit Art. 1 lit. a UVV (in der bis 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung), der den Sonderfall der Versicherungspflicht von Personen regelt, die zur Abklärung der Berufswahl bei einem Arbeitgeber tätig sind, für die Dauer dieser Tätigkeit. Hiermit hat der Bundesrat gestützt auf die gesetzliche Ermächtigung des Art. 1 Abs. 2 UVG die Versicherungspflicht ausgedehnt auf eine Personenkategorie, die in einem arbeitsvertragsähnlichen Verhältnis steht. Diese Ausdehnung des Geltungsbereichs der Versicherung dient in erster Linie der Klarstellung (SCHLEGEL, Gedanken zum Arbeitnehmerbegriff in der obligatorischen Unfallversicherung, in: SZS 1986 S. 241; GHÉLEW/RAMELET/RITTER, Commentaire de la loi sur l'assurance-accidents [LAA], S. 23). Art. 1 UVV erklärt Personen für bestimmte Beschäftigungen als versichert, obschon sie ohnehin versichert sind, da sie bereits unter den Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des UVG subsumierbar sind. Damit hat der Verordnungsgeber allfällige Zweifel u.a. bei Personen ausgeschaltet, die eine Schnupperlehre absolvieren. Da diese letztlich um der Ausbildung willen tätig sind und sich dem Arbeitgeber unterzuordnen haben, kommt ihnen die Eigenschaft eines Arbeitnehmers zu (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 109). Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass in Schnupperlehren gleich wie bei Volontärverhältnissen ( BGE 115 V 58 Erw. 2d) der für ein eigentliches Arbeitsverhältnis typische Lohn BGE 124 V 301 S. 304 in der Regel weder vereinbart noch üblich ist. Wie GHÉLEW/RAMELET/RITTER, a.a.O., S. 23, ausführen, sind damit Schnupperlehrlinge Lehrlingen, Praktikanten und Volontären im Sinne von Art. 1 Abs. 1 UVG "assimiliert" worden. Ob sie den Begriff des Arbeitnehmers nach Art. 1 Abs. 1 UVG , wie er in BGE 115 V 55 umschrieben ist ("wer um des Erwerbes oder der Ausbildung willen für einen Arbeitgeber, mehr oder weniger untergeordnet, dauernd oder vorübergehend tätig ist", wobei ein Lohnanspruch in irgendeiner Form vereinbart wurde), voll entsprechen, ist angesichts der positivrechtlichen Normierung rechtlich belanglos. 2. Die SUVA ist für Heilbehandlung aufgekommen und hat dem Beschwerdegegner Taggelder sowie eine Integritätsentschädigung ausgerichtet. Diese Leistungen sind nicht angefochten. Streitig und zu prüfen ist, welchen Jahresverdienst die Anstalt der Rentenberechnung zugrunde zu legen hat. a) Nach Art. 15 UVG werden Taggelder und Renten nach dem versicherten Verdienst bemessen (Abs. 1). Als versicherter Verdienst gilt für die Bemessung der Taggelder der letzte vor dem Unfall bezogene Lohn, für die Bemessung der Renten der innerhalb eines Jahres vor dem Unfall bezogene Lohn (Abs. 2). Gemäss Abs. 3 erlässt der Bundesrat Bestimmungen über den versicherten Verdienst in Sonderfällen, namentlich bei Versicherten, die nicht oder noch nicht den berufsüblichen Lohn erhalten (lit. c). b) Gestützt auf Art. 15 Abs. 3 UVG hat der Bundesrat in Art. 24 UVV unter dem Titel "massgebender Lohn für Renten in Sonderfällen" ergänzende Vorschriften erlassen. Abs. 3 dieser Bestimmung lautet wie folgt: "Bezog der Versicherte wegen beruflicher Ausbildung am Tage des Unfalles nicht den Lohn eines Versicherten mit voller Leistungsfähigkeit derselben Berufsart, so wird der versicherte Verdienst von dem Zeitpunkt an, da er die Ausbildung abgeschlossen hätte, nach dem Lohn festgesetzt, den er im Jahr vor dem Unfall als voll Leistungsfähiger erzielt hätte." 3. Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, dass Art. 24 Abs. 3 UVV nicht nur auf den Lehrling, sondern auch auf den Schnupperlehrling direkt anzuwenden sei, da dieser Arbeit zum Zwecke seiner Ausbildung verrichte, im Unterschied zum "eigentlichen" Lehrling allerdings während einer kürzeren Zeitspanne. Da zwischen Lehrling und Schnupperlehrling somit höchstens ein gradueller Unterschied bestehe, sei es nicht gerechtfertigt, die beiden Kategorien im Rahmen des UVG unterschiedlich zu behandeln. Der Versicherte habe daher Anspruch darauf, dass der Rentenberechnung der Lohn eines BGE 124 V 301 S. 305 SBB-Betriebsangestellten zugrunde gelegt werde. Die SUVA wendet in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde im wesentlichen ein, die Schnupperlehre diene nicht der Berufsausbildung, sondern der Vorbereitung der Berufswahl, wodurch sie sich fundamental von der Lehre unterscheide. Da die Schnupperlehre kein eigentliches Ausbildungsziel kenne, sei Art. 24 Abs. 3 UVV schon von seinem Wortlaut her auf den Fall eines Schnupperlehrlings nicht anwendbar. Der vorinstanzliche Entscheid verletze überdies Art. 22 Abs. 4 Satz 3 UVV (in der bis Ende 1997 gültig gewesenen Fassung) und missachte die hiezu ergangene Rechtsprechung (RKUV 1992 Nr. U 148 S. 117). Danach sei bei auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsverhältnissen das Einkommen nur auf die vorgesehene Arbeitsdauer und nicht auf ein ganzes Jahr umzurechnen. Im vorliegenden Fall hätte die Umrechnung - wenn überhaupt - nur bezogen auf die Dauer der Schnupperlehre vom 27. November bis 1. Dezember 1989 vorgenommen werden dürfen, wie dies auch bei Ferienarbeit von Schülern und Studenten gelte, wo die Umrechnung ebenfalls nur auf die begrenzte Dauer der Tätigkeit erfolge. Der Beschwerdegegner macht geltend, Art. 24 Abs. 3 UVV wolle verhindern, dass ein junger Mensch, der im Rahmen einer Lehre verunfalle, Zeit seines Lebens eine äusserst geringe Invalidenrente erhalte. Wenn diese Bestimmung auf denjenigen Anwendung finde, der bloss einen reduzierten Lohn beziehe, so müsse sie um so mehr auf denjenigen angewendet werden, der überhaupt keinen Lohn erhalte. Die Auffassung der SUVA würde zum Ergebnis führen, dass ein Schnupperlehrling, der sonst nirgends gearbeitet hat, im Invaliditätsfall keine Rente beanspruchen könnte, weil es mangels Lohnbezugs keinen versicherten Verdienst gebe, welcher der Rentenberechnung zugrunde gelegt werden könnte. Ein derart stossendes Resultat könne nicht hingenommen werden. Das System des UVG kenne keine verschiedenen Versichertenkategorien, von welchen die eine Anspruch auf sämtliche gesetzlichen Leistungen habe, die andere vom Anspruch auf eine Invalidenrente jedoch ausgeschlossen sei. 4. a) Was die Anwendbarkeit von Art. 24 Abs. 3 UVV auf Schnupperlehrlinge anbelangt, ist der Auffassung der SUVA beizupflichten. Ein Schnupperlehrling befindet sich nicht in beruflicher Ausbildung im Sinne dieser Verordnungsbestimmung. Vielmehr dient die Schnupperlehre der Vorbereitung auf die Berufswahl, was insbesondere auch darin zum Ausdruck BGE 124 V 301 S. 306 kommt, dass Schüler regelmässig in verschiedenen Berufen Schnupperlehren absolvieren, um sich über die für sie entsprechend ihren Neigungen und Fähigkeiten in Betracht fallenden beruflichen Möglichkeiten zu orientieren und einen Einblick in die Arbeitswelt zu gewinnen. b) Mit der Feststellung, dass Art. 24 Abs. 3 UVV auf den Schnupperlehrling direkt nicht zur Anwendung gelangt, ist die Grundsatzfrage, ob dem Schnupperlehrling, der vor Antritt der Schnupperlehre über kein Erwerbseinkommen verfügte, im Rentenfall ein Verdienst anzurechnen und wie dieser gegebenenfalls festzulegen ist, nicht beantwortet. Gesetz und Verordnung bieten keinen Anhaltspunkt dafür, dass diese Arbeitnehmerkategorie mit der Unterstellung unter das Obligatorium des UVG lediglich für Pflegeleistungen und Kostenvergütungen (Art. 10 bis 14 UVG) versichert sein soll. Eine solche Beschränkung des obligatorischen Versicherungsschutzes auf eine blosse Pflegekostenversicherung - eine Deckung, die regelmässig schon Krankenkassen bei Einschluss des Unfallrisikos gewährleisten - ist dem System des UVG fremd. Sie hätte, wäre sie gewollt gewesen, in Gesetz und Verordnung oder zumindest in den Vorarbeiten einen Niederschlag finden müssen, was jedoch nicht der Fall ist. Weshalb der Bundesrat den versicherten Verdienst von Schnupperlehrlingen nicht positivrechtlich geregelt hat, kann den Materialien nicht entnommen werden. Immerhin verbietet sich die Annahme, dass der Verordnungsgeber diesen Sachverhalt gar nicht als regelungswürdig erachtete. Denn im Vorentwurf der UVV vom 20. März 1980 lautete Art. 1 Abs. 2 wie folgt: "Jugendliche, die für kurze Zeit zur Abklärung der Berufswahl im Dienste eines Arbeitgebers stehen, sind den Lehrlingen gleichgestellt". Die Schnupperlehrlinge fanden in der Folge wohl als "Personen, die zur Abklärung der Berufswahl bei einem Arbeitgeber tätig sind", Aufnahme in die weiteren Fassungen des Art. 1 UVV ; die Gleichstellung mit den Lehrlingen entfiel indessen, wobei die Gründe hiefür nicht bekannt sind. Bei der dritten Lesung nach Auswertung der Vernehmlassungen bemerkte einer der SUVA-Vertreter, dass der erste Artikel lediglich Auskunft darüber gebe, "wann" jemand versichert sei. Die Frage des "wie" müsse später geregelt werden (Protokoll der Sitzung vom 29./30. März 1982, S. 5). Diese im Kontext dieses Sonderfalls der Versicherungspflicht stehende Aussage erfolgte wohl mit Blick auf Art. 15 Abs. 3 UVG , der u.a. für Versicherte, die nicht oder noch nicht den berufsüblichen Lohn erhalten, dem Bundesrat BGE 124 V 301 S. 307 den Erlass spezieller Vorschriften über den massgebenden Lohn für Renten in Sonderfällen aufgetragen hat. Diesem Auftrag des Gesetzgebers ist der Bundesrat mit dem Erlass von Art. 24 Abs. 3 UVV nachgekommen. Dabei hat er allerdings - wie erwähnt - keine besondere Bestimmung über den versicherten Verdienst von Schnupperlehrlingen erlassen. c) Anders als in dem in RKUV 1992 Nr. U 148 S. 117 auszugsweise publizierten Urteil B. vom 10. März 1992, wo das Gericht im Fall einer befristeten Erwerbstätigkeit eines Studenten hinsichtlich des versicherten Verdienstes eine echte Verordnungslücke implizit verneinte und die analoge Anwendung der Saisonniernorm von Art. 22 Abs. 4 Satz 3 UVV unter dem eingeschränkten Gesichtswinkel der Wiedererwägung als nicht zweifellos falsch erachtete, liegt hier unter den gegebenen Umständen eine echte Lücke in der Verordnung vor. Eine vom Richter auszufüllende - echte - Lücke im Gesetz darf nach ständiger Rechtsprechung nur angenommen werden, wenn das Gesetz eine sich unvermeidlicherweise stellende Rechtsfrage nicht beantwortet ( BGE 119 V 255 oben, BGE 118 V 298 Erw. 2e, BGE 113 V 12 Erw. 3c, BGE 108 V 72 Erw. 2c, BGE 99 V 21 Erw. 2). Dies trifft hier zu. Der Verordnungsgeber hat zwar den Schnupperlehrling hinsichtlich des obligatorischen Versicherungsschutzes Arbeitnehmern wie Lehrlingen, Praktikanten und Volontären gleichgestellt. Er hat es aber im Gegensatz zu denjenigen Versicherten, an deren Versicherungsstatut angeknüpft worden ist, unterlassen, eine Anschlussnorm über den massgebenden versicherten Verdienst in diesem Sonderfall zu schaffen. Diese echte Lücke hat das Gericht nach jener Regel zu schliessen, welche es aufstellen würde, müsste es in diesem Punkte Verordnungsgeber sein (vgl. BGE 119 V 255 oben). d) Obwohl es naheliegend erscheint, kann die Verordnungslücke entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht mittels sinngemässer Anwendung von Art. 24 Abs. 3 UVV geschlossen werden. Denn ein Abstellen auf den Lohn im Beruf, in welchem der Versicherte eine Schnupperlehre absolviert, ist mit Zufälligkeiten behaftet und führte deswegen zu unbefriedigenden Resultaten. Während es bei Lehrlingen infolge der getroffenen Berufswahl und der begonnenen Ausbildung gerechtfertigt ist, im Sinne von Art. 24 Abs. 3 UVV für den versicherten Verdienst auf den Lohn einer voll leistungsfähigen Person mit dem entsprechenden Berufsabschluss abzustellen, präsentiert sich die Situation bei einem Schnupperlehrling anders: Der Beruf, in welchem er eine Schnupperlehre absolviert, ist häufig nicht identisch mit dem Beruf, BGE 124 V 301 S. 308 den er später erlernt, was schon daraus hervorgeht, dass viele Jugendliche in verschiedenen Berufen "schnuppern", und die Schnupperlehre lediglich eine Möglichkeit ist, die in Betracht fallenden Berufe näher kennenzulernen. Um die erwähnten Zufälligkeiten zu vermeiden und eine rechtsgleiche Behandlung der Schnupperlehrlinge zu gewährleisten, sind zweckmässigerweise Durchschnittslöhne heranzuziehen. Dabei ist an Art. 26 Abs. 1 IVV anzuknüpfen, in welchem das für den Einkommensvergleich nach Art. 28 Abs. 2 IVG massgebende hypothetische Einkommen ohne Invalidität von Versicherten, die invaliditätsbedingt keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben konnten, festgelegt wird. Art. 26 Abs. 1 IVV lautet wie folgt: "Konnte der Versicherte wegen der Invalidität keine zureichenden beruflichen Kenntnisse erwerben, so entspricht das Erwerbseinkommen, das er als Nichtinvalider erzielen könnte, den folgenden nach Alter abgestuften Prozentsätzen des durchschnittlichen Einkommens der Arbeitnehmer gemäss der Lohn- und Gehaltserhebung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit: Nach Vollendung Vor Vollendung Prozentsatz von ... Altersjahren von ... Altersjahren 21 70 21 25 80 25 30 90 30 100 Der Umstand, dass die auf diese Weise ermittelten Beträge in der Invalidenversicherung als Valideneinkommen herangezogen werden, steht deren Berücksichtigung in der Unfallversicherung als versicherter Verdienst für die Berechnung der Renten im Sonderfall der Schnupperlehrlinge nicht entgegen, da es sich um statistische Durchschnittslöhne aller Arbeitnehmer handelt. Die Abstufung nach dem Alter trägt dem Umstand Rechnung, dass die Löhne bei Abschluss der Ausbildung in der Regel noch tief sind und sich erst nach mehreren Jahren dem Mittelwert annähern. Im vorliegend interessierenden Zusammenhang verhindert die Abstufung damit, dass Schnupperlehrlingen ungerechtfertigterweise ein höherer versicherter Verdienst angerechnet wird als Lehrlingen, bei welchen der Anfangslohn nach Lehrabschluss massgebend ist. Der Tabellenlohn gemäss Art. 26 Abs. 1 IVV als Referenzgrösse ist der Unfallversicherung im Rahmen der Festsetzung des versicherten Verdienstes in Sonderfällen im übrigen nicht fremd. So BGE 124 V 301 S. 309 bestimmte Art. 24 Abs. 5 UVV in der bis 31. Dezember 1997 gültig gewesenen Fassung für den Fall, dass der versicherte Verdienst eines Invaliden erheblich vom Lohn eines gesunden Versicherten abweicht, eine Erhöhung auf das Einkommen nach Art. 26 Abs. 1 IVV . 5. Gemäss den vorstehenden Darlegungen ist der Invalidenrente des 1973 geborenen Beschwerdegegners in Anlehnung an Art. 26 Abs. 1 IVV ein versicherter Verdienst in der Höhe von 70% des im Jahr vor dem Unfall vom 27. November 1989 massgebenden Durchschnittseinkommens der Arbeitnehmer gemäss der Lohn- und Gehaltserhebung des Bundesamtes für Industrie, Gewerbe und Arbeit zugrunde zu legen. Hingegen kann entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners nicht zusätzlich der von ihm mit der Aushilfstätigkeit beim Restaurant M. erzielte, auf ein Jahr umgerechnete Lohn als versicherter Verdienst berücksichtigt werden. Denn die Annahme einer echten Verordnungslücke bezüglich des versicherten Verdienstes von Schnupperlehrlingen, welche in der Regel über keine oder keine erheblichen Erwerbseinkünfte verfügen, und die in richterlicher Rechtsfortbildung geschaffene, an Art. 26 Abs. 1 IVV anknüpfende Sonderregelung stehen der gleichzeitigen Anwendung der Grundregel von Art. 15 Abs. 2 UVG für diese Versichertenkategorie in Fällen, in welchen ausnahmsweise bereits eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, entgegen. Die Grundregel müsste lediglich dann Platz greifen, wenn das vom Schnupperlehrling im Jahr vor dem Unfall erzielte Einkommen höher gewesen wäre als der nach Art. 26 Abs. 1 IVV massgebende Ansatz. 6. Entsprechend dem Ausgang des Verfahrens hat die SUVA dem Beschwerdegegner eine reduzierte Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 159 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 135 OG ). Insoweit ist dessen Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung gegenstandslos. Soweit der Beschwerdegegner unterliegt, kann seinem Begehren um Bewilligung der unentgeltlichen Verbeiständung entsprochen werden (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG ), da die Bedürftigkeit aktenkundig ist und die Vertretung geboten war (ZAK 1989 S. 279 Erw. 2a mit Hinweisen; BGE 103 V 47 Erw. b, BGE 100 V 62 Erw. 3; vgl. auch BGE 122 I 271 Erw. 2a, BGE 122 III 393 Erw. 3b). Der Beschwerdegegner ist indessen ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er gemäss Art. 152 OG der Gerichtskasse Ersatz zu leisten haben wird, wenn er dazu später imstande ist.
null
nan
de
1,998
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1ab43f0e-3995-4029-a789-29352d9e414c
Urteilskopf 119 V 401 57. Arrêt du 15 septembre 1993 dans la cause A. contre Caisse de compensation des industries du chocolat, des biscuits et de la confiserie, des pâtes alimentaires et du lait condensé (ALBICOLAC) et Tribunal administratif du canton de Neuchâtel
Regeste Art. 52 AHVG : Adäquater Kausalzusammenhang: Verhältnis zwischen der grobfahrlässigen Verletzung der Vorschriften und dem Eintritt des Schadens. Rechtsanwalt, der Geschäftsführer einer bereits insolventen Aktiengesellschaft wird. Keine Ersatzpflicht aus Art. 52 AHVG für den Schaden, der der Ausgleichskasse vor dem Eintritt des Anwalts in den Verwaltungsrat entstanden ist, weil der Schaden bereits eingetreten war und der Geschäftsführer daran nichts ändern konnte. Hingegen Schadenersatzpflicht bejaht für den Schaden ab Eintritt in den Verwaltungsrat.
Sachverhalt ab Seite 402 BGE 119 V 401 S. 402 A.- a) La Société anonyme K. était inscrite au registre du commerce depuis avril 1899. En proie à des difficultés financières liées à des pertes d'exploitation, l'entreprise précitée accumula du retard dans le paiement des cotisations paritaires AVS/AI/APG/AC dues sur les salaires versés à l'ensemble de son personnel. Selon un décompte du 2 mars 1990, l'arriéré de cotisations pour 1989 s'élevait à 98'456 fr. 55 au total. Cette somme fit l'objet d'un commandement de payer du 2 avril 1990, lequel fut frappé d'opposition totale. Le montant forfaitaire des cotisations pour 1990 fut fixé entre-temps à 28'000 francs par mois. Par décision du 2 mai 1990, la Caisse de compensation ALBICOLAC (caisse de compensation des industries du chocolat, des biscuits et de la confiserie, des pâtes alimentaires et du lait condensé), fixant à 2'919 fr. 15 les intérêts de retard dus au 30 mai 1990 (y compris les taxes de sommation et les frais de poursuites), arrêta le plan de paiement des cotisations suivant: Cotisations pour: Montant: Echéance: A payer jusqu'au: mars 1990 28'000.-- 10.04.90 10.05.90 solde 1989 98'456.55 10.01.90 15.05.90 janvier 1990 28'000.-- 10.02.90 15.05.90 février 1990 28'000.-- 10.03.90 30.05.90 avril 1990 28'000.-- 10.05.90 10.06.90 K. S.A. ne put respecter ce plan de paiement. Elle versa uniquement 28'000 francs par virement du 21 mai 1990, et adressa à la caisse, BGE 119 V 401 S. 403 par courrier du 8 juin 1990, quatre chèques bancaires postdatés, d'un montant de 40'000 francs chacun, tirés sur la banque C. par la société E. & Cie S.A. Seul le premier chèque de 40'000 francs, daté du 30 juin 1990, fut honoré le 9 juillet 1990 par la banque C. Dans son rapport du 5 juin 1990, H. Treuhand S.A., en sa qualité d'organe de contrôle de K. S.A., avait proposé l'approbation du bilan de cette société au 31 décembre 1989, avec une perte de 4'157'592 fr. 40 pour l'exercice 1989. Toutefois, dans le même document, les contrôleurs, faisant état de l'endettement de K. S.A., attiraient l'attention de l'assemblée générale des actionnaires sur le fait qu'un bilan intérimaire devait être dressé immédiatement et qu'il y avait lieu, le cas échéant, d'informer le juge que l'actif ne couvrait plus les dettes. b) Le 16 juillet 1990, P. G., démissionnaire du conseil d'administration de K. S.A., fut radié du registre du commerce. Le même jour, J. A. fut inscrit au registre du commerce comme nouvel administrateur de ladite société, avec signature collective à deux, W. V. demeurant administrateur de K. S.A., dont il était président et délégué du conseil d'administration. Le conseil d'administration de K. S.A. tint séance les 30 juillet, 3 et 7 août - cette dernière date coïncidant avec l'assemblée générale ordinaire des actionnaires - et 5 septembre 1990, sans que J. A. qui s'était fait excuser pour cause de maladie assistât aux réunions. Lors de la séance du 5 septembre 1990, il fut constaté notamment que la banque U. - principal créancier de K. S.A. - n'avait rien entrepris à cette date, sinon qu'elle avait accepté que son compte fût gelé au niveau où il se trouvait (sans l'abaisser) et que des paiements courants se fissent au compte-gouttes. Le 10 septembre 1990, K. S.A. adressa au président du tribunal de district compétent une déclaration d'insolvabilité. Le même jour, elle présenta devant le Tribunal cantonal de la République et canton de Neuchâtel une demande de sursis concordataire, sursis qui fut accordé par ordonnance de la Cour civile du tribunal cantonal du 29 octobre 1990, avant que K. S.A. n'informe le juge qu'elle renonçait audit sursis concordataire. Par jugement du 20 novembre 1990, le président du tribunal de district prononça la faillite de la Société anonyme K. c) Les 19 et 31 octobre 1990, la Caisse de compensation ALBICOLAC avait procédé auprès de K. S.A. à un contrôle d'employeur portant sur les années 1986 à 1989. Sur cette base, par décision du 10 décembre 1990, elle réclama à la faillie le versement BGE 119 V 401 S. 404 de 13'144 fr. 80, cette somme comprenant les cotisations AVS/AI/APG/AC dues à titre supplémentaire pour 1988 et 1989, par 12'518 fr. 85 (frais de gestion inclus), et les intérêts moratoires de 625 fr. 95 au total. Le 17 décembre 1990, la caisse procéda derechef à un contrôle d'employeur, relatif cette fois-ci à l'année 1990. Par décision du 19 décembre 1990, elle requit de la société faillie le paiement des cotisations AVS/AI/APG/AC dues à titre supplémentaire pour 1990, par 10'921 fr. 35, y compris les frais de gestion. La caisse, dans des relevés de compte y relatifs, fixa sa créance globale de cotisations et frais divers à 302'659 fr. 20, et sa créance d'intérêts moratoires à 10'006 fr. 45. Par décisions en réparation du dommage datées des 1er et 4 novembre 1991, elle réclama à P. G., W. V. et J. A. le paiement de 240'377 fr. 70, les cotisations dues à la Caisse d'allocations familiales ICOLAC, par 72'287 fr. 95, ayant été déduites du total des créances précitées, s'élevant à 312'665 fr. 65. B.- W. V. et J. A. ont formé opposition contre ces décisions. La caisse porta les cas de W. V. et J. A. devant le Tribunal administratif de la République et canton de Neuchâtel, en concluant au versement de 240'377 fr. 70, montant correspondant au dommage qu'elle avait subi du fait des négligences graves qu'elle imputait à ces administrateurs. W. V. a conclu au rejet de la demande, J. A., avocat, a conclu lui aussi au rejet de la demande. En cours de procédure, la caisse a informé la juridiction cantonale que P. G., qui n'avait pas fait opposition à la décision en réparation du dommage le concernant, lui avait versé 199'697 fr. 50. Le tribunal l'ayant invitée à préciser quel était le solde éventuel de la créance en réparation du dommage et à quoi il correspondait, elle l'a avisé, par courrier du 20 mars 1992, que le solde de 40'680 fr. 20 "(représentait) les cotisations AVS/AI/APG/AC impayées pour le mois de juillet et les suivants, les intérêts moratoires et les cotisations à verser conformément à nos décisions suite aux contrôles de nos réviseurs". La juridiction de première instance, statuant par jugement du 14 mai 1992, a condamné solidairement W. V. et J. A. à payer à la Caisse de compensation ALBICOLAC la somme de 40'680 fr. 20. C.- J. A. interjette recours de droit administratif contre ce jugement, en concluant implicitement à l'annulation de celui-ci. Il demande à être intégralement libéré de l'obligation solidaire de s'acquitter de 40'680 fr. 20 à titre de réparation du dommage. BGE 119 V 401 S. 405 La Caisse de compensation ALBICOLAC, qui se réfère aux courriers produits en procédure cantonale et aux diverses pièces du dossier, déclare n'avoir pas d'autres remarques à formuler. W. V. renonce à se déterminer. Invité à répondre au recours comme intéressé, P. G. n'a pas réagi. De son côté, l'Office fédéral des assurances sociales (OFAS) propose le rejet du recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Pouvoir d'examen) 2. En vertu de l' art. 52 LAVS , l'employeur qui, intentionnellement ou par négligence grave, n'observe pas des prescriptions et cause ainsi un dommage à la caisse de compensation est tenu à réparation. Si l'employeur est une personne morale, la responsabilité peut s'étendre, à titre subsidiaire, aux organes qui ont agi en son nom ( ATF 118 V 195 consid. 2a et les références). 3. Les premiers juges se sont fondés sur le rapport d'expertise sollicité par le juge du sursis concordataire pour conclure à une négligence grave de J. A. et de W. V., lesquels ne pouvaient plus espérer un redressement quelconque de K. S.A. Selon la juridiction cantonale, J. A. avait le devoir fondamental de veiller à ce que l'entreprise détînt et conservât des actifs qui fussent disponibles ou réalisables dans des délais dépendant de la nature des passifs. Que tout ou partie de la créance de la caisse eût pris naissance à une époque où celui-ci n'était pas encore en fonction importait peu, attendu qu'il avait lui-même l'obligation de prendre les mesures nécessaires pour éviter la survenance d'un dommage. Aussi les premiers juges ont-ils retenu une responsabilité solidaire de chacun des deux administrateurs susmentionnés, notamment parce qu'ils avaient tardé à faire constater que K. S.A. n'était plus en mesure de poursuivre ses activités. 4. Il est établi que J. A. et W. V. ne pouvaient plus espérer un redressement quelconque de la situation dans laquelle se trouvait K. S.A. Cela résulte du rapport d'expertise précité, sur lequel se fonde le jugement entrepris. A cet égard, les premiers juges mentionnent que, selon l'expert, la société avait enregistré des pertes d'exploitation continuelles depuis 1986, que sa situation financière imposait dès cette époque l'application de l' art. 725 CO , que les pertes comptables s'élevaient en 1989 à 4'500'000 francs, et que la situation BGE 119 V 401 S. 406 établie au 31 juillet 1990 faisait ressortir un passif privilégié (2e classe) de 1'400'000 francs environ. Pour autant, cela ne signifie pas que le recourant a commis une négligence grave en relation de causalité adéquate avec l'intégralité du dommage retenu par les premiers juges, d'un montant de 40'680 fr. 20. a) La responsabilité de l'employeur au sens de l' art. 52 LAVS suppose un rapport de causalité adéquate entre la violation intentionnelle ou par négligence grave des prescriptions et la survenance du dommage (MAURER, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, vol. II, p. 70 ad let. f; KNUS, Die Schadenersatzpflicht des Arbeitgebers in der AHV, thèse Zurich 1989, p. 58/59; FRÉSARD, La responsabilité de l'employeur pour le non-paiement de cotisations d'assurances sociales selon l' art. 52 LAVS , in Revue Suisse d'Assurances, 1987 p. 11). Selon la jurisprudence, la causalité est adéquate si, d'après le cours ordinaire des choses et l'expérience de la vie, le fait considéré était propre à entraîner un effet du genre de celui qui s'est produit, la survenance de ce résultat paraissant de façon générale favorisée par une telle circonstance ( ATF 118 V 290 consid. 1c et les références). b) Lorsque, le 16 juillet 1990, le recourant fut inscrit au registre du commerce comme administrateur de K. S.A., il ne pouvait éviter la survenance d'un dommage déjà existant au sens de l' art. 52 LAVS . Qu'il eût, en sa qualité de nouvel administrateur de K. S.A., le devoir fondamental de veiller à ce que l'entreprise détînt et conservât des actifs qui fussent disponibles ou réalisables dans des délais dépendant de la nature des passifs, ne change rien au fait qu'un dommage, susceptible de s'aggraver, préexistait. En effet, il ressort du rapport de l'organe de contrôle, du 5 juin 1990, que l'endettement de K. S.A. était tel qu'un bilan intérimaire devait être dressé immédiatement et qu'il y avait lieu, le cas échéant, d'informer le juge que l'actif ne couvrait plus les dettes. C'est là un indice que ladite entreprise était déjà insolvable à cette époque-là. Bien plus, pareille situation n'était pas susceptible de s'améliorer: parmi les quatre chèques de 40'000 francs tirés sur la banque C., trois furent refusés par cet institut bancaire, lequel était, avec la banque U., l'un des principaux créanciers de K. S.A. Du reste, l'ultime solution envisagée par le conseil d'administration de la société, lors de sa séance du 5 septembre 1990 et consistant dans une demande de crédit sous la forme d'un leasing de 1'700'000 francs, échoua, faute BGE 119 V 401 S. 407 de garanties bancaires. Cela amena ladite société à se déclarer insolvable le 10 septembre 1990. Or, lorsque le recourant est entré au conseil d'administration de K. S.A., l'arriéré de cotisations AVS/AI/APG/AC était important. Le solde de 98'456 fr. 55 dû pour 1989, selon décompte du 2 mars 1990, avait fait l'objet d'un commandement de payer, du 2 avril 1990, auquel la société avait fait opposition totale. L'encaissement du forfait de 28'000 francs pour janvier 1990 avait donné lieu à la réquisition de poursuite no 9505 et au commandement de payer du 26 avril 1990, frappé d'opposition totale. Le plan de paiement du 2 mai 1990, relatif aux cotisations dues jusqu'à avril 1990, n'avait pu être respecté, la débitrice s'étant bornée à verser 28'000 francs le 21 mai 1990 et à envoyer à l'intimée, par courrier du 8 juin 1990, quatre chèques bancaires postdatés d'un montant de 40'000 francs chacun, dont seul le premier, daté du 30 juin 1990, fut honoré le 9 juillet 1990 par la banque C. Il est ainsi établi que lorsque le recourant est devenu administrateur de K. S.A., celle-ci était insolvable et qu'un dommage au sens de l' art. 52 LAVS avait déjà été causé à l'intimée. Ce qu'il pouvait uniquement tenter d'éviter, c'est que ce dommage ne s'aggrave encore jusqu'au moment de la faillite. Pour ce faire, il aurait dû immédiatement provoquer celle-ci, en raison de la situation financière désespérée de la société. c) On ne saurait dès lors tenir le recourant pour responsable du dommage préexistant à son arrivée au sein du conseil d'administration de K. S.A., qu'il n'a pas contribué à causer (KNUS, op.cit., p. 18, et note no 43). Que le recourant soit devenu administrateur de K. S.A. n'est pas, en effet, en relation de causalité adéquate avec le fait que cette entreprise était insolvable et qu'un dommage au sens de l' art. 52 LAVS avait déjà été causé à l'intimée. A cet égard, le présent cas doit être distingué de ceux, plus fréquents, qui concernent la responsabilité solidaire des membres du conseil d'administration d'une entreprise, lesquels répondent solidairement non seulement des cotisations d'assurances sociales courantes, mais également de la dette de cotisations échue pendant la période antérieure à l'entrée d'un nouveau membre dans le conseil d'administration. En effet, selon la jurisprudence, le nouvel administrateur a le devoir de veiller tant au versement des cotisations courantes qu'à l'acquittement des cotisations arriérées, qui sont dues pour la période où il ne faisait pas encore partie du conseil BGE 119 V 401 S. 408 d'administration, car il y a dans les deux cas un lien de cause à effet entre l'inaction de l'organe et le non-paiement des cotisations (RCC 1992 p. 269 ad consid. 7b). Toutefois, la question du lien de causalité entre l'inaction d'un administrateur et le non-paiement de cotisations arriérées ne se pose pas, lorsque, comme en l'espèce, un dommage au sens de l' art. 52 LAVS préexiste, parce que la société était déjà insolvable avant l'entrée du nouveau membre au conseil d'administration. d) En revanche, le recourant a commis une négligence grave, en acceptant de devenir administrateur de K. S.A. à ce moment-là, et cela indépendamment du point de savoir s'il avait ou non connaissance du rapport de l'organe de contrôle du 5 juin 1990. Sa négligence est d'autant plus grave qu'il était censé, en tant qu'avocat d'affaires, connaître le régime de la responsabilité de l'employeur pour le non-paiement des cotisations d'assurances sociales et de la responsabilité subsidiaire de l'organe qui agit en son nom, ce qui aurait dû l'inciter à n'accepter le mandat d'administrateur qu'avec la plus grande circonspection, vu les circonstances et notamment la démission de l'administrateur P. G., représentant de la banque U. La négligence grave du recourant est en relation de causalité adéquate avec l'aggravation, à partir du 16 juillet 1990, du dommage préexistant (KNUS, op.cit., p. 59). A cet égard, ce dommage s'est aggravé du fait que les cotisations ont continué de courir au-delà de cette date, de même que les intérêts moratoires. En revanche, la créance de cotisations de l'intimée pour les salaires non déclarés en 1988 et 1989 était un élément du dommage préexistant, ladite créance étant irrécouvrable en raison de l'insolvabilité de K. S.A. Que le contrôle d'employeur des 19 et 31 octobre 1990 et la décision y relative, du 10 décembre 1990, aient eu lieu après que le recourant fut devenu membre du conseil d'administration de cette entreprise, n'y change rien, car la créance était déjà irrécouvrable auparavant. Cela vaut également pour les cotisations dues sur les salaires non déclarés jusqu'au 16 juillet 1990. e) Il s'ensuit que le recourant ne porte pas la responsabilité de la totalité du dommage fixé par les premiers juges à 40'680 fr. 20. En effet, selon l'intimée, cette somme correspond aux créances de cotisations pour juillet 1990 et les mois suivants, aux créances d'intérêts moratoires et aux créances de cotisations sur les salaires non déclarés, qui ont fait l'objet des contrôles d'employeur des 19 et 31 octobre, et 17 décembre 1990. C'est dire que le montant de 40'680 fr. 20 BGE 119 V 401 S. 409 comprend des éléments du dommage préexistant, qui ne sont pas imputables au recourant. Cela étant, le jugement entrepris doit être annulé et la cause renvoyée à la juridiction cantonale pour qu'elle fixe, à la lumière de ce qui précède, le montant du dommage dont le recourant est solidairement responsable. 5. (Frais et dépens)
null
nan
fr
1,993
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1ac33067-51f8-4a6e-9ca2-b8bdb961d056
Urteilskopf 98 V 186 47. Auszug aus dem Urteil vom 31. August 1972 i.S. Dreher gegen AHV-Ausgleichskasse des schweizerischen Gewerbes und AHV-Rekurskommission des Kantons...
Regeste Art. 4 AHVG . Schulderlass bildet kein der Beitragspflicht unterliegendes Erwerbseinkommen, ausser wenn er eine Gegenleistung für üblicherweise entgeltliche Tätigkeit des Schuldners im Interesse des Gläubigers darstellt. Art. 23 Abs. 4 AHVV . Die rechtskräftige Steuerveranlagung bindet die AHV-Organe hinsichtlich der beitragsrechtlichen Qualifikation des Schulderlasses nicht.
Sachverhalt ab Seite 186 BGE 98 V 186 S. 186 A.- Der Beschwerdeführer Dreher ist Inhaber eines Geschäftes für Lebensmittel und als solcher der Beschwerdegegne rin als Selbständigerwerbender angeschlossen. Am 20. Dezember 1968 meldete die kantonale Wehrsteuerverwaltung der Ausgleichskasse, Dreher habe 1965 ein Einkommen aus selbständiger BGE 98 V 186 S. 187 Erwerbstätigkeit von Fr. 51 854.-- und 1966 ein solches von Fr. 20 322.-- erzielt; dies ergab nach Aufrechnung des Sozialversicherungsbeitrages ein durchschnittliches Einkommen beider Jahre von Fr. 36 102.--. Mit Beitragsverfügung vom 20. Januar 1969 setzte die Kasse die persönlichen Beiträge des Beschwerdeführers für die ordentliche Beitragsperiode 1968/69 gestützt auf diese Steuermeldung auf Fr. 1821.80 fest. B.- Dreher erklärte beschwerdeweise, die Steuermeldung gebe ein falsches Bild über sein Einkommen. Denn 1965 habe ihm sein Hauptlieferant Fr. 50 000.-- und 1966 nochmals rund Fr. 12 000.-- Schulden erlassen. Diese Fr. 62 000.-- seien steuerrechtlich als Einkommen erfasst worden und daher in der Steuermeldung enthalten; tatsächlich habe der Schulderlass zwar seine Schulden verringert, ihm aber kein Einkommen verschafft, über das er verfügen könnte. Das Steueramt bestätigte die Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich des Schulderlasses, hielt jedoch an der Steuermeldung fest und teilte überdies mit, die Veranlagung sei noch nicht rechtskräftig. Hierauf stellte die AHV-Rekurskommission das Beschwerdeverfahren ein und zog nach Vorliegen der rechtskräftigen Wehrsteuerveranlagung die Steuerakten erneut bei. Aus der im Einspracheverfahren festgesetzten rechtskräftigen Veranlagung ergaben sich keine für die Meldung an die Ausgleichskasse beachtlichen Änderungen. Mit Entscheid vom 30. Dezember 1971 wies die kantonale Rekurskommission die Beschwerde ab. C.- Die Treuhandgesellschaft ... erhebt gegen diesen Entscheid mit Vollmacht von Dreher Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, das für die Beitragsfestsetzung 1968/69 massgebende Erwerbseinkommen sei auf Fr. 5166.-- festzusetzen. Die Differenz zu dem der angefochtenen Beitragsverfügung zugrunde liegenden Einkommen ergebe sich aus der Nichtanrechnungdes Schulderlasses von insgesamt Fr. 61 873.-- in den beiden Jahren der Berechnungsperiode. Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung pflichten in ihren Vernehmlassungen dem vorinstanzlichen Entscheid bei und tragen auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. BGE 98 V 186 S. 188 Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. Streitig ist im vorliegenden Verfahren zunächst die Frage, ob Schulden eines Selbständigerwerbenden, auf deren Eintreibung der Gläubiger rechtswirksam verzichtet (Forderungsverzicht bzw. Schulderlass), zu dem der Beitragspflicht gemäss Art. 4, 8 und 9 AHVG unterliegenden Erwerbseinkommen gehören. Das ist eine im Verwaltungsgerichtsbeschwerde-Verfahren vom Gericht frei überprüfbare Rechtsfrage (Art. 104 in Verbindung mit Art. 132 OG ); denn es geht - im Unterschied zur tatbeständlichen Frage nach der Höhe des Einkommens - um den Umfang der Beitragspflicht, im besonderen um die Auslegung des bundesrechtlichen Begriffes des für die sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht massgebenden Erwerbseinkommens. 2. a) Die Ermittlung des für die Berechnung der Beiträge massgebenden Erwerbseinkommens obliegt gemäss Art. 23 Abs. 1 AHVV den kantonalen Steuerbehörden; diese melden der Ausgleichskasse das Erwerbseinkommen auf Grund der rechtskräftigen Wehrsteuerveranlagung und das im Betrieb des Selbständigerwerbenden investierte Eigenkapital auf Grund der entsprechenden rechtskräftigen kantonalen Veranlagung. Die diesbezüglichen Angaben der Steuerbehörden sind für die Ausgleichskassen im Beitragsfestsetzungsverfahren verbindlich ( Art. 23 Abs. 4 AHVV ). Demgemäss begründet nach der ständigen Rechtsprechung des Eidg. Versicherungsgerichts jede rechtskräftige Steuerveranlagung die nur mit Tatsachen widerlegbare Vermutung, dass sie der Wirklichkeit entspreche. Der Sozialversicherungsrichter hat daher die Kassenverfügung grundsätzlich nur auf ihre Gesetzmässigkeit zu überprüfen und darf von rechtskräftigen Steuertaxationen nur dann abweichen, wenn diese klar ausgewiesene Irrtümer enthalten, die ohne weiteres richtiggestellt werden können, oder wenn sachliche Umstände zu würdigen sind, die steuerrechtlich belanglos, sozialversicherungsrechtlich aber bedeutsam sind (BGE 98 V I 8 Erw. 2, EVGE 1969 S. 136 und 145, 1968 S. 42; ZAK 1970 S. 398, 1969 S. 65 und 734 ff. sowie das nicht veröffentlichte Urteil vom 22. März 1972 i.S. Oschwald). b) Ein solcher Umstand, der wehrsteuerrechtlich als belanglos, sozialversicherungsrechtlich jedoch als bedeutsam erscheint, BGE 98 V 186 S. 189 ist die Frage, ob eine Einnahme Erwerbseinkommen im Sinne der AHV-Gesetzgebung ist oder nicht; denn das Steuerobjekt des Wehrsteuerrechts ist nicht identisch mit dem Beitragsobjekt gemäss AHVG. Der Wehrsteuer unterliegt laut Art. 21 Abs. 1 WStB das gesamte Einkommen eines Steuerpflichtigen aus Erwerbstätigkeit, Vermögensertrag oder andern Einnahmequellen, insbesondere aus den unter den Buchstaben a-f genannten Quellen (vgl. BGE 96 I 657 Erw. 1). Dagegen sind Sozialversicherungsbeiträge nur vom Einkommen aus Erwerbstätigkeit geschuldet. Im Hinblick auf Art. 21 WStB konnte der Beschwerdeführer die Frage, ob es sich um Erwerbseinkommen handle oder nicht, im Steuereinspracheverfahren - weil für dessen Ausgang belanglos - nicht zur Diskussion stellen. Somit präjudiziert die wehrsteuerrechtliche Erfassung des fraglichen Schulderlasses die beitragsrechtliche Qualifikation dieses Veranlagungsfaktors nicht (vgl. sinngemäss BGE 97 V 30 , BGE 96 V 61 , EVGE 1966 S. 208). 3. a) Die Beiträge der erwerbstätigen Versicherten werden in Prozenten des Einkommens aus unselbständiger bzw. selbständiger Erwerbstätigkeit festgesetzt ( Art. 4 AHVG ). Nach der Rechtsprechung sind jene Einkünfte zum Erwerbseinkommen gemäss Art. 4 AHVG und Art. 6 Abs. 1 AHVV zu zählen, die einem Versicherten aus einer Tätigkeit zufliessen und dadurch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhen ( BGE 97 V 28 ). Art. 6 Abs. 2 AHVV nennt Einkünfte, die im Sinne von Ausnahmen nicht zum Erwerbseinkommen gehören; der Schulderlass wird dort nicht erwähnt. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschliessend (EVGE 1955 S. 172 = ZAK 1956 S. 36). Art. 9 Abs. 1 AHVG zählt zum Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit "jedes Erwerbseinkommen, das nicht Entgelt für in unselbständiger Stellung geleistete Arbeit darstellt". Unter dem Marginale "Begriff des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit" nennt Art. 17 AHVV u.a. "eingetretene und verbuchte Wertvermehrungen und Kapitalgewinne von zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmungen" (Buchstabe d). b) Die Frage, ob der Erlass von Geschäftsschulden Erwerbseinkommen im Sinne dieser Bestimmungen darstelle, kann nicht generell beantwortet werden. Es ist durchaus denkbar, dass der Erlass die Gegenleistung für eine üblicherweise entgeltliche BGE 98 V 186 S. 190 Tätigkeit des Schuldners im Interesse des verzichtenden Gläubigers ausdrückt; wirtschaftlich betrachtet, wäre in solcher Lage wohl Erwerbseinkommen im Umfange des Erlasses anzunehmen. Indessen bestehen im konkreten Fall keine aktenmässigen Anhaltspunkte für einen derartigen Leistungscharakter des Erlasses. Zwar steht dieser in unmittelbarem Zusammenhang mit der Geschäftstätigkeit des Beschwerdeführers, aber er ist offensichtlich nicht Entgelt für diese Tätigkeit. Der verzichtende Gläubiger ist ein Warenlieferant des Beschwerdeführers. Sein Guthaben war infolge Zahlungsverzuges des Schuldners auf über Fr. 90 000.-- angestiegen und erschien als teilweise uneinbringlich. Diese Einsicht und die Erstellung eines realistischen Amortisationsplanes für die Restschuld dürften Motive des Erlasses gewesen sein. Die rund Fr. 12 000.-- Verzugszinse, die dem Beschwerdeführer 1966 nachgelassen worden sind, stellen offenbar keinen Erlass im schuldrechtlichen Sinne dar; es handelt sich vielmehr um eine buchmässige Berichtigung im Abrechnungsverhältnis des Beschwerdeführers zum gleichen Gläubiger. Beitragsrechtlich ist dieser Vorgang unbeachtlich. Somit kann nicht gesagt werden, die im Geschäftsabschluss erfolgswirksame Verminderung der Kreditorenschulden des Beschwerdeführers infolge Schulderlasses bzw. Buchberichtigung von insgesamt Fr. 62 000.-- in der Berechnungsperiode 1965/66 sei Einkommen aus Erwerbstätigkeit im Sinne der massgebenden Bestimmungen der AHV-Gesetzgebung. Es entspräche auch keineswegs dem Sinn und Zweck dieser Gesetzgebung, wenn mit bloss buchmässig ausgewiesenem Einkommen oder auf der Basis von Schulden höhere Sozialversicherungsrenten finanziert werden könnten. Trotz Zahlung der entsprechenden Beiträge würden diese in keiner Weise die ihrer Bemessung zugrunde liegenden realen erwerbswirtschaftlichen Vorgänge widerspiegeln, was gemäss Art. 4 AHVG als unzulässig zu gelten hat. In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind daher der vorinstanzliche Entscheid und die angefochtene Beitragsverfügung aufzuheben; die Ausgleichskasse ist anzuweisen, eine neue Verfügung für die ordentliche Beitragsperiode 1968/69 zu erlassen, inwelcher der Schulderlass von Fr. 50 000.-- 1965 und von Fr. 11 873.-- 1966 nicht zu dem für die Beitragspflicht massgebenden Erwerbseinkommen gezählt wird.
null
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1ac5d60b-3f60-4b7d-aa7c-5b75ffb24a4a
Urteilskopf 112 II 503 85. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Dezember 1986 i.S. S. gegen R. (Berufung)
Regeste Wissensvertretung bei Täuschung des Vertragspartners. Art. 28 Abs. 2 OR . Dem Vertretenen ist das Wissen des bösgläubigen Vertreters nicht zuzurechnen, wenn dieser wirtschaftlich identisch ist mit dem täuschenden Vertragspartner (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 503 BGE 112 II 503 S. 503 A.- Im Jahre 1975 lancierte die C. das sogenannte "Project Timberlease 50 000". Darin pries sie eine Geldanlage im paraguayischen Urwald an. Die Investoren sollten Abschnitte von je einer Hektare Land für Fr. 2'500.-- mieten und der D. untervermieten. D. verpflichtete sich, jährlich 10% Zinsen sowie am 1. August 1981 ein Kapital von Fr. 3'300.-- je Hektare zurückzuzahlen. Bereits der Prospekt enthielt den Hinweis, die R. garantiere die Rückzahlung des investierten Kapitals. Mit Einverständnis dieser Gesellschaft liess die D. sodann Ende September 1975 in der internationalen Finanzpresse Inserate mit folgendem Wortlaut erscheinen: "Lease unit holders of the final tranche of Project Timberlease 50 000 are hereby advised that notwithstanding the date of signature and BGE 112 II 503 S. 504 payment of contracts, the invested capital guaranteed jointly and severally by D. and R. as indicated in the brochure 'Project Timberlease 50 000', will be repaid by R. on August 1, 1981." Am 15. Oktober 1975 unterzeichneten die I. "on behalf of sub-account M 13001" und C. einen Vertrag über 100 "lease units". Der "Mietzins" von Fr. 250'000.-- und eine Verkaufskommission von Fr. 12'500.-- wurden bezahlt. Im Dezember 1975 distanzierte sich die R. öffentlich von ihrer Garantieerklärung. Sie liess durch Inserate mitteilen, sie sei lediglich als Versichererin von D. tätig gewesen; da diese ihre Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag nicht erfüllt habe, falle die Grundlage des abgegebenen Zahlungsversprechens dahin. Weder C. noch D. zahlten je Zinsen oder Kapital zurück. Die Investoren wandten sich daher an die R. und verlangten von ihr, das abgegebene Zahlungsversprechen zu erfüllen. In der Folge liess die Beklagte das Argument mit dem Versicherungsvertrag fallen. Sie stellte sich nun auf den Standpunkt, das ganze "Project Timberlease 50 000" sei ein aufgelegter Schwindel gewesen, und der Verwaltungsratspräsident von D., X., habe ihr Zahlungsversprechen mit betrügerischen Angaben erschlichen. Sie erstattete das investierte Kapital nur denjenigen Anlegern zurück, die ihrer Meinung nach gutgläubig gewesen seien, das heisst bei der Investition von den Machenschaften des X. nichts gewusst hätten. B.- Am 15. August 1983 belangte S. als Zessionar der drei Timberlease-Anleger T., G. und M. die R. beim Handelsgericht des Kantons Zürich für insgesamt Fr. 525'000.-- nebst Zins. Nach Abtrennung des Verfahrens betreffend die Forderungen der Investoren T. und G. hat das Handelsgericht am 25. März 1986 die Klage betreffend die Forderung des Investors M. in Höhe von Fr. 250'000.-- nebst Zins abgewiesen. C.- Den Entscheid des Handelsgerichts hat S. mit Berufung angefochten. Er beantragt dem Bundesgericht, das Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihm Fr. 250'000.-- nebst Zins zu bezahlen, eventuell die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Vorinstanz hat im wesentlichen erwogen, der Anleger M. sei Vertragspartner von C. und Begünstigter aus der Rückzahlungsverpflichtung von D. geworden. Auf Grund des Schuldversprechens der Beklagten stehe an sich den Anlegern ein vertragliches Forderungsrecht BGE 112 II 503 S. 505 gegen sie zu; der Anleger M. könne sich jedoch nicht darauf berufen, weil ihm das Wissen der bösgläubigen I. zuzurechnen sei. Mit der Berufung wird dies in Frage gestellt. 3. Durch ihr öffentlich abgegebenes Schuldversprechen hat sich die Beklagte unbestrittenermassen verpflichtet, den Investoren ihr Anlagekapital zurückzuzahlen. Zu prüfen ist, ob ihre Verpflichtung unverbindlich ist, weil sie selbst durch absichtliche Täuschung zu ihrem Zahlungsversprechen veranlasst wurde. Dies würde voraussetzen, dass der Anleger M. zum Zeitpunkt der Zeichnung bösgläubig war ( Art. 28 Abs. 2 OR ). Da M. selbst gutgläubig war, ist entscheidend, ob ihm der böse Glaube der I. kraft Wissensvertretung zugerechnet werden kann. a) Dass M. bei der Zeichnung durch die I. vertreten wurde, ergibt sich schon daraus, dass er seine Identität lange nicht bekanntgeben wollte und nur die I. für ihn aufgetreten ist. Daran ändert nichts, dass die Beklagte ihr Versprechen durch ein Inserat direkt an die potentiellen Investoren gerichtet hat. b) Die Frage, ob der böse Glaube des Vertreters dem Vertretenen stets zuzurechnen ist oder ob, wie der Kläger geltend macht, insoweit, insbesondere wenn der Vertreter eine juristische Person ist, differenziert werden muss, etwa danach, dass nur auf das Wissen derjenigen Organperson abgestellt wird, die das konkrete Rechtsgeschäft vornimmt, kann offenbleiben. Denn die vorliegend zu beurteilende Konstellation zeichnet sich dadurch aus, dass der Vertreter des M., die I., zugleich wirtschaftlich identisch ist mit dem Vertragspartner, der C. Der Anlagevertrag wurde am 15. Oktober 1975 abgeschlossen. Bereits am 24. September 1975 hatte X. alle Aktien der I. erworben. Er war, wie die Vorinstanz feststellt, deren faktischer Verwaltungsrat. Zugleich war er der Initiant und Beherrscher des betrügerischen Timberlease-Projektes. Deshalb ist die I. durch die Person von X. als wirtschaftlich identisch anzusehen mit der C./D.-Gruppe, welcher die Anlagegelder zukommen sollten. Umgekehrt hat die Beklagte diese Gruppe, wenn auch ohne Kenntnis des von X. inszenierten Betruges, aber immerhin leichtfertig mit ihrer Erklärung unterstützt. Würde man in einer derartigen Situation dem Anleger M. das Wissen des Vertreters zurechnen, so käme man zum stossenden Ergebnis, dass man ihm auf dem Umweg über die Wissenszurechnung unterstellen würde, er habe in den ihm gegenüber begangenen Betrug eingewilligt. Dies zeigt, dass in einer derartigen Konstellation das Wissen des Vertreters dem Vertretenen nicht zugerechnet werden kann. BGE 112 II 503 S. 506 Für dieses Ergebnis sprechen im übrigen sowohl die aktienrechtliche Durchgriffstheorie wie auch das Verbot der Doppelvertretung. Auch wenn juristische Personen in der Regel eine von ihren Aktionären unabhängige Rechtspersönlichkeit haben, weicht man von diesem Prinzip ab, wenn es zu einem Treu und Glauben widersprechenden Resultat führt ( BGE 108 II 214 mit Hinweisen). Zwar ist diese Rechtsprechung vor allem im Zusammenhang mit Haftungsfragen entwickelt worden; sie beruht aber auf dem allgemeinen Grundgedanken, dass die Unterscheidung zwischen juristischer Person und dem hinter ihr stehenden, alles beherrschenden Aktionär in bestimmten Konstellationen eine juristische Fiktion darstellt, die den realen Gegebenheiten in keiner Weise entspricht. In diesem Sinne ist auch vorliegend für die Beurteilung der Frage, ob dem Anleger M. das Wissen der I. zugerechnet werden kann, zu berücksichtigen, dass die I. mit X. und dieser seinerseits mit der C./D.-Gruppe wirtschaftlich identisch war. Auch aus dem Verbot der Doppelvertretung ( BGE 106 Ib 148 mit Hinweisen) ergibt sich, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden eine Wissenszurechnung nicht erfolgen kann. Denn verbietet man im Hinblick auf Interessenkollisionen eine Doppelvertretung, so geht es auch nicht an, das Wissen des die I. beherrschenden X., der sich das Geld des durch die I. vertretenen Anlegers M. betrügerisch verschaffen wollte, diesem zuzurechnen. c) Somit ergibt sich, dass die Vorinstanz zu Unrecht die Bösgläubigkeit des Anlegers M. angenommen hat. Ist dieser aber als gutgläubig anzusehen, bleibt das von der Beklagten abgegebene Schuldversprechen verbindlich. 4. Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, ohne dass zu prüfen wäre, ob überdies die Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung gegeben wäre. Immerhin ist anzumerken, dass der Anleger M. aus den gleichen Gründen nicht in eine unerlaubte Handlung des X. einwilligen konnte, an welcher die Beklagte möglicherweise mitgewirkt hat. Die Vorinstanz wird sich noch zur Frage der Gültigkeit der Zession an den Kläger zu äussern haben. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich dabei nicht um die Vervollständigung des Sachverhaltes in einem Nebenpunkt, welche das Bundesgericht auch selbst vornehmen könnte.
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Urteilskopf 98 Ib 252 36. Urteil vom 30. Juni 1972 i.S. Newo AG gegen Beauftragten für die Stabilisierung des Baumarktes.
Regeste BB über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971 (BauB); V über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 30. Juni 1971 (BauV); Abbruchverbot. 1. Anwendbarkeit der Übergangsbestimmungen? Bedeutung des schlechten baulichen Zustandes eines der Abbruchobjekte? Bedeutung der Ausführungsreife des Neubauprojektes? (Erw. 1). 2. Eine Ausnahmebewilligung gemäss Art. 3 Abs. 2 BauB kann nicht unmittelbar beim Bundesgericht verlangt werden. (Erw. 2). 3. Ein Abbruch dient nur dann der Erstellung preisgünstiger Wohnungen im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB, wenn der damit ermöglichte Neubau zum grössten Teil aus preisgünstigen Wohnungen bestehen wird (Erw. 3). 4. Der Baubeschluss überträgt dem Beauftragten keine Rechtsverordnungskompetenzen (Erw. 4 a). 5. Prüfung der Preisgünstigkeit der geplanten Wohnungen; Bedeutung des Landpreises; Erfordernis normaler Rendite (Erw. 4 b-d).
Sachverhalt ab Seite 253 BGE 98 Ib 252 S. 253 A.- Die Immobiliengesellschaft Newo AG Bern besitzt die beiden zusammengebauten Häuser Monbijoustrasse 101 und Sulgenauweg 38 in Bern. Das eine der beiden Ende des letzten Jahrhunderts erbauten Häuser enthält über dem Keller eine Werkstatt, ein Magazin, drei Vierzimmer-Wohnungen und im Dachstock drei Einzelzimmer; es ist schlecht unterhalten, steht heute leer und kann nicht ohne weiteres wieder bewohnt werden. Im anderen befindet sich eine Siebenzimmer-Wohnung mit vier Dachzimmern und eine Werkstatt. Dieses Haus ist bewohnt. Die Newo AG beabsichtigt, die beiden alten Häuser abzubrechen und an ihrer Stelle einen Neubau zu errichten, der nach dem Projekt des Architekturbüros Salvisberg + Co., Bern, umfassen soll: - im Eingangsgeschoss: eine Auto-Einstellhalle für 23 PW, ein Tea-Room mit 36 Plätzen; BGE 98 Ib 252 S. 254 - in einem besonderen Bürogeschoss: unterteilbare Büro- und Ausstellungsräume; - im ersten Stock: eine Einzimmer-, eine Zweieinhalbzimmer-, zwei Dreieinhalbzimmer- und eine Viereinhalbzimmerwohnung; - im zweiten, dritten und vierten Stock: je eine Einzimmer-, zwei Zweieinhalbzimmer-, eine Dreieinhalbzimmer- und eine Viereinhalbzimmerwohnung; - im fünften Stock: eine Einzimmer- und eine Sechszimmerwohnung; - im Kellergeschoss: Lagerräume, Waschküche, zwei Trocknungsräume, Heizung und Luftschutzkeller. Nach dem bereinigten Kostenvoranschlag, dem die Offerten der Handwerker zugrundeliegen, würden sich die Erstellungskosten des Neubaus auf total Fr. 2'249,696.-- belaufen, was bei 9060 m3 umbauten Raums einen Kubikmeterpreis von Fr. 248.30 ergäbe. Der Anlagewert der ganzen Liegenschaft betrüge nach Addition des Landpreises von Fr. 1'440'000.-- inkl. Abbruchkosten Fr. 3'689,696.--. Die Newo AG stellte am 6. April 1971 das Baugesuch für den Neubau. Sie erhielt die Baubewilligung nach kantonalem und kommunalem Recht am 7. September 1971. Zuvor, am 1. Juli 1971, hatte ihr das Bauinspektorat der Stadt Bern für den Abbruch der beiden alten Gebäude eine sogenannte "kleine Baubewilligung" erteilt unter Vorbehalt der in Kraft stehenden Vorschriften sowie der Erfüllung bestimmter Bedingungen. Am 22. März 1971 war der Ingenieurvertrag über die Eisenbetonarbeiten abgeschlossen worden. Die Vergebung der Baumeisterarbeiten folgte am 31. Oktober 1971, der elektrischen Installationen, der Glaser-Schreiner- und Türenarbeiten und der Gipser- und Malerarbeiten am 8. November 1971. Heizung und Lüftung, sanitäre Installationen und Spenglerarbeiten wurden schliesslich am 9. November 1971 vergeben. Die schriftlichen Dokumente über diese Arbeitsvergebungen führen den Titel "Auftragsbestätigung". Der Text beginnt mit dem Satz: "Hiemit bestätigen wir Ihnen im Namen obiger Bauherrschaft den Ihnen bereits erteilten Auftrag über die Ausführung der obgenannten Arbeitsgattung zu den nachfolgenden vereinbarten Bedingungen". Die meisten dieser "Auftragsbestätigungen" verweisen überdies auf eine "Erklärung und BGE 98 Ib 252 S. 255 Verpflichtung vom 22. Dezember 1970". Ihnen allen liegen aber Offerten zugrunde, die zwischen dem 4. Juni und dem 15. September 1971 gestellt worden sind. Bestimmte Arbeiten sind, nach den Akten zu schliessen, noch nicht vergeben. Auf ein am 7. Januar 1971 gestelltes Gesuch hin räumte die Gewerbekasse in Bern der Newo AG am 27. Oktober 1971 einen Baukredit von Fr. 2'350'000.-- ein. B.- In Anwendung des BB über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 25. Juni 1971 (BauB) verweigerte das Sachverständigengremium für die Stabilisierung des Baumarktes der Region Bern am 5. August 1971 der Newo AG die zur Realisierung des Bauprojektes notwendige Abbruch- und Neubaubewilligung. Der Beauftragte für die Stabilisierung des Baumarktes (im Folgenden kurz: der Beauftragte) wies die gegen diesen Entscheid gerichtete Beschwerde der Newo AG am 12. Oktober 1971 ab. C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt die Newo AG, den Entscheid des Beauftragten aufzuheben und ihr Gesuch um Befreiung vom Abbruchverbot zu bewilligen. Sie stützt sich dabei auf Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB, wonach jene Fälle vom Abbruchverbot ausgenommen sind, in denen der Abbruch der Erstellung preisgünstiger Wohnungen dient. Zum Beweise der Preisgünstigkeit der im projektierten Neubau vorgesehenen Wohnungen beruft sich die Beschwerdeführerin wie schon vor der Vorinstanz auf die Mietzinse angeblich vergleichbarer Mietobjekte in der Region Bern. Sie macht weiter geltend, ihr Projekt erfülle sämtliche Voraussetzungen des Art. 1 Abs. 2 der Verfügung des Beauftragten über Kostengrenzen für den preisgünstigen Wohnungsbau sowie für Appartementhäuser und Eigentumswohnungen für den Luxusbedarf vom 18. Oktober 1971. Auch führt sie an, es habe die volle Ausführungsreife erlangt. Sie behauptet, die alten Gebäude wieder bewohnbar zu machen, würde Fr. 323'000.-- kosten. Ein Verbot, diese Gebäude abzubrechen, würde sie in untragbarer Weise schädigen, habe sie doch bereits umfangreiche und kostspielige Vorarbeiten geleistet (Baugrunduntersuchungen Fr. 7536.--; Ingenieur Fr. 18'000.--; Architekt Fr. 30'000.--). D.- Der Beauftragte beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Er verlangt, dass zur Abklärung bestimmter Fragen (Zustand der alten Gebäude, Eignung des Monbijouquartiers als Wohnlage, BGE 98 Ib 252 S. 256 Kosten einer Renovation) eine Expertise verbunden mit einem Augenschein durchgeführt werde. Das Sachverständigengremium für die Stabilisierung des Baumarktes der Region Bern stellt keinen ausdrücklichen Antrag. Es bemerkt, dass es vor Erlass der Verfügung des Beauftragten vom 18. Oktober 1971 entschieden hat und fügt an: "Aufgrund unserer Erfahrung sind Zweifel, ob preisgünstiger Wohnbau tatsächlich vorliegt, nicht unangebracht." F.- Der Instruktionsrichter des Bundesgerichtes hat über die vom Beauftragten aufgeworfenen und eine Reihe weiterer Fragen eine Expertise angeordnet. Als Experte wurde im Einverständnis mit den Parteien Architekt Ernest Martin, Mitglied der Eidg. Oberschätzungskommission, bestimmt. Eine Abordnung des Bundesgerichts nahm in Begleitung des Experten am 8. Februar 1972 einen Augenschein auf der fraglichen Liegenschaft vor, dem auch die Parteien beiwohnten. Die Parteien hatten Gelegenheit, dem Experten Ergänzungsfragen zu stellen und sich zu seinem Gutachten zu äussern. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. a) Nach Art. 2 BauB ist es in Regionen mit überforderter Baukapazität untersagt, Wohn- und Geschäftshäuser abbrechen zu lassen. In einem Bundesratsbeschluss vom 30. Juni 1971, nunmehr ersetzt durch den Bundesratsbeschluss vom 26. Januar 1972, sind die Regionen mit überforderter Baukapazität bezeichnet. Beide Bundesratsbeschlüsse nennen dabei u.a. die Region Bern, zu der insbesondere das Gebiet der Stadt Bern gehört. Die in Frage stehenden Gebäude unterstehen somit grundsätzlich dem Abbruchverbot des Art. 2 BauB. b) Vom Abbruchverbot und von der Ausführungssperre sind nach Art. 15 BauB alle Abbruch- und Bauarbeiten ausgenommen, die beim Inkrafttreten des Baubeschlusses bereits in Ausführung begriffen waren. Der Baubeschluss trat mit seiner Veröffentlichung am 2. Juli 1971 in Kraft (Art. 16 Abs. 1 BauB). Unter der Überschrift "Übergangsbestimmungen" legt Art. 19 der V über Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 30. Juni 1971 (BauV) fest, unter welchen Voraussetzungen ein Bauvorhaben oder Umbau- und Abbrucharbeiten als "in Ausführung begriffen" gelten. Abbrucharbeiten gelten nach Abs. 2 dieser Bestimmung als in Ausführung BGE 98 Ib 252 S. 257 begriffen, wenn - vor dem 2. Juli 1971 - wesentliche Eingriffe in das bestehende Bauwerk vorgenommen worden sind, die eine weitere Verwendung im Sinne der bisherigen Zweckbestimmung verunmöglichen. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt. Dass das Bauinspektorat der Stadt Bern der Beschwerdeführerin am 1. Juli 1971 eine "Kleine Baubewilligung" erteilt hat, ändert hieran nichts. Aus den Übergangsbestimmungen kann die Beschwerdeführerin deshalb nichts zu ihren Gunsten ableiten. Dies könnte sie auch nicht, wenn statt des Abbruchs der alten Gebäude unmittelbar die Realisierung ihres Neubauprojektes in Frage stände. Auch das Bauvorhaben war beim Inkrafttreten des Baubeschlusses noch nicht in Ausführung begriffen (Art. 19 Abs. 1 BauV). Erst am 31. Oktober 1971 schloss die Beschwerdeführerin mit einer Unternehmung den Vertrag über die Erstellung des Rohbaus. Die Finanzierung war erst mit der Kreditzusage vom 27. Oktober 1971 gesichert und auch die baupolizeiliche Bewilligung lag am 2. Juli 1971 noch nicht vor, sondern wurde erst am 7. September 1971 erteilt. c) Die Beschwerdeführerin bringt vor, die alten Gebäude könnten nur mit unverhältnismässigem Aufwand für drei Jahre wieder bewohnbar gemacht werden. Der Experte bestätigt dies für das heute leerstehende Gebäude ("opération anti-économique"). Das andere Gebäude ist hingegen noch bewohnt und auch durchaus bewohnbar, wie der Augenschein gezeigt hat. Ausserdem hat das Bundesgericht in BGE 98 Ib 35 ff. entschieden, die Verwahrlosung eines Wohnhauses bis zur Unbewohnbarkeit begründe für sich allein keine Ausnahme vom Abbruchverbot. Dieses Argument hilft der Beschwerdeführerin deshalb nicht weiter. d) Die Beschwerdeführerin legt besonderes Gewicht auf die Feststellung, ihr Bauvorhaben sei ausführungsreif. Die volle Ausführungsreife des Neubauprojektes ist jedoch nirgends als Grund für eine Ausnahme vom Abbruchverbot genannt und hier deshalb bedeutungslos. Art. 5 Abs. 3 BauB, wonach in Einzelfällen eine Ausnahmebewilligung zu erteilen ist, "wenn ein zwingender Bedarf und die volle Ausführungsreife nachgewiesen werden können", bezieht sich einzig auf die Ausführungssperre, die im vorliegenden Falle gar nicht in Frage steht. 2. Nach Art. 3 Abs. 1 BauB sind vom Abbruchverbot jene Fälle ausgenommen, in denen ein Abbruch aus gesundheits- BGE 98 Ib 252 S. 258 oder sicherheitspolizeilichen Gründen verfügt wird (lit. a), der Abbruch der Erstellung von preisgünstigen Wohnungen dient (lit. b) oder schliesslich ohne Abbruch die Sanierung eines Wohngebietes verunmöglicht würde (lit. c). Die Beschwerdeführerin behauptet nicht, hier liege einer der in Art. 3 Abs. 1 lit. a und lit. c BauB genannten Fälle vor und erwähnt auch keine Tatsachen, welche diesen Schluss zuliessen. Sie weist lediglich darauf hin, dass ihr Bauvorhaben die 2. Bauetappe einer Gesamtüberbauung darstelle, welche ästhetisch und baulich eine Einheit bilde. Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, ohne Abbruch der alten Gebäude werde im Sinne von Art. 3 Abs. 1 lit. c BauB die Sanierung dieses Wohngebietes verunmöglicht, denn lit. c von Art. 3 Abs. 1 BauB bezieht sich ganz offensichtlich auf andere Sachverhalte. Nach Art. 3 Abs. 2 BauB können bei Nachweis besonderer Umstände und zwingender Gründe Ausnahmebewilligungen erteilt werden. Art. 2 Abs. 2 lit. c der V über die Zuständigkeit und das Beschwerdeverfahren bei Bewilligungen im Zusammenhang mit den Massnahmen zur Stabilisierung des Baumarktes vom 26. Juli 1971 (VZB) überträgt dem Beauftragten die erstinstanzliche Zuständigkeit zur Erteilung solcher Ausnahmebewilligungen. Sein Entscheid kann mit Verwaltungsbeschwerde an das Eidg. Volkswirtschaftsdepartement weitergezogen werden. Gegen den Entscheid des Departementes ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht zulässig (Art. 6 VZB). Hätte demnach die Beschwerdeführerin auf Grund besonderer Umstände und aus zwingenden Gründen eine Ausnahmebewilligung nach Art. 3 Abs. 2 BauB angestrebt, so hätte sie dem Beauftragten diesbezüglich ein besonderes Gesuch mit den nötigen Beweisen einreichen müssen (Art. 13 Abs. 2 BauV). Sie kann die Ausnahmebewilligung nicht unmittelbar beim Bundesgericht verlangen. Auf die vorliegende Beschwerde könnte deshalb insoweit nicht eingetreten werden, als die Beschwerdeführerin damit eine Ausnahme vom Abbruchverbot nach Art. 3 Abs. 2 BauB verlangen würde. Gleiches gilt zusätzlich zum bereits Gesagten übrigens auch für die Anwendung von Art. 3 Abs. 1 lit. c BauB. Somit bleibt hier lediglich zu prüfen, ob der Abbruch der alten Gebäude Monbijoustrasse 101 und Sulgenauweg 38 der Erstellung preisgünstiger Wohnungen dient und deshalb gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB vom Abbruchverbot ausgenommen ist. Die Beschwerdeführerin beruft BGE 98 Ib 252 S. 259 sich denn auch einzig auf diese Bestimmung des Baubeschlusses. 3. a) In seiner Vernehmlassung zur vorliegenden Beschwerde vertritt der Beauftragte für die Stabilisierung des Baumarktes die Ansicht, die Voraussetzung von Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB sei nur erfüllt, wenn der fragliche Neubau zum grössten Teil aus preisgünstigen Wohnungen bestehe. Dieser Ansicht ist zu folgen, entspricht sie doch Sinn und Zweck der Vorschrift. Falls die von der Beschwerdeführerin im Neubau geplanten Wohnungen wirklich als im Sinne des Baubeschlusses preisgünstig gelten können, ist diese Voraussetzung im vorliegenden Falle erfüllt, denn der Neubau soll auf 5 Stöcken insgesamt 21 Wohnungen enthalten, während Tea Room und Büro- und Ausstellungsräume nur 2 Stöcke belegen. b) Das Sachverständigengremium der Region Bern hat für die ihm vorliegenden Fälle auf Grund einer Studie von Bauinspektor A. Jakob angenommen, nur Wohnungen, deren monatliche Mietzinse folgende Ansätze exkl. Nebenkosten nicht überstiegen, dürften als preisgünstig gelten: 1-Zimmerwohnung ..... Fr. 300.-- 2-Zimmerwohnung ..... Fr. 400.-- 3-Zimmerwohnung ..... Fr. 500.-- 4-Zimmerwohnung ..... Fr. 600.-- 5-Zimmerwohnung ..... Fr. 800.-- 6-Zimmerwohnung ..... Fr. 1000.-- wobei der Kubikmeter umbauten Raumes Fr. 250.-- (in besonderen Verhältnissen maximal Fr. 275.--) nicht übersteigen dürfe. c) Art. 10 BauV sieht vor, dass der Beauftragte nach Anhören der regionalen Sachverständigengremien die obere Grenze für den preisgünstigen Wohnungsbau bestimmt und dabei in Würdigung der regionalen Verhältnisse insbesondere auf die Erstellungskosten und den Mietzins abzustellen hat. Der Beauftragte hat am 18. Oktober 1971 dementsprechend eine "Verfügung über Kostengrenzen für den preisgünstigen Wohnungsbau sowie für Appartementhäuser und Eigentumswohnungen für den Luxusbedarf" (KGV) erlassen, deren erster Artikel unter der Überschrift "preisgünstiger Wohnungsbau" lautet: "Als preisgünstig im Sinne des Bundesbeschlusses gelten Wohnungen normaler Grösse und Ausführung, die mit finanzieller Unterstützung von Bund, Kantonen und Gemeinden erstellt oder vermietet werden." BGE 98 Ib 252 S. 260 Preisgünstiger Wohnungsbau liegt ferner vor, wenn a. die Erstellungskosten für die 3-Zimmer-Wohnung normaler Grösse 90'000 Franken nicht überschreiten; für jedes weitere Zimmer normaler Grösse erhöht sich die Kostengrenze um 15'000 Franken, und entsprechend vermindert sie sich für 1- und 2-Zimmer-Wohnungen bis auf nicht weniger als 70'000 Franken; b. das Bauland zu ortsüblichen und den Erstellungskosten angemessenen Preisen erworben oder in die Bruttoanlagekosten einberechnet wird; c. die Bruttorendite 7 Prozent - oder sofern besonders hohe Schuldentilgungen vorzunehmen sind, 8 Prozent - nicht übersteigt. Beim Vorliegen besonderer Umstände kann der Beauftragte im Einzelfall Ausnahmen bewilligen. In einem Rundschreiben vom 18. Oktober 1971 erläutert der Beauftragte dazu, die Ansätze für den preisgünstigen Wohnungsbau gälten für Wohnungen durchschnittlicher Grösse und Ausstattung, in denen ein Wohnraum mindestens 20 m2, die anderen Wohnräume mindestens 10 m2 Fläche haben müssten. In seiner Vernehmlassung zur vorliegenden Beschwerde fügt er bei, ergänzend seien ausserdem Art. 6 bis 8 der VV II zum BG über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaues vom 22. Februar 1966/15. Juli 1970 beizuziehen. d) Der Beauftragte behauptet, die im projektierten Neubau vorgesehenen Wohnungen entsprächen diesen Regeln nicht, denn es würden Wohnflächen als halbe Zimmer gezählt, denen diese Bedeutung nicht zukomme und in verschiedenen Wohnungen weise der grösste Wohnraum eine Fläche von weniger als 20 m2 auf. Daraus schliesst er, was die Beschwerdeführerin als Viereinhalbzimmer-Wohnungen bezeichne, seien in Wirklichkeit nur Vierzimmerwohnungen, die "Dreieinhalbzimmer-Wohnungen" nur Dreizimmer-Wohnungen und die "Zweieinhalbzimmer-Wohnungen" nur Zweizimmerwohnungen. Für die Prüfung der Preisgünstigkeit seien nur vier Vierzimmer-Wohnungen, drei Dreizimmer-Wohnungen und eine Zweizimmerwohnung zu berücksichtigen. Der Beauftragte bestreitet ausserdem die Richtigkeit der Berechnung der Erstellungskosten pro Wohneinheit durch die Beschwerdeführerin. Insbesondere macht er geltend, die Beschwerdeführerin habe auf Autoeinstellhalle, Bürogeschoss und BGE 98 Ib 252 S. 261 Tea Room einen zu grossen Kostenanteil verlegt und damit künstlich den auf die Wohnungen entfallenden Kostenanteil herabgesetzt. In Wirklichkeit entfielen auf den Wohnungsteil nicht nur Fr. 1'407,696.--, sondern Fr. 2'013,478.--. Selbst bei Berücksichtigung sämtlicher und nicht nur der den Normen entsprechenden Wohnungen wäre der Bau noch zu teuer, um als preisgünstig gelten zu können. Der von der Beschwerdeführerin als Baulandwert eingesetzte Betrag von Fr. 1'440'000.-- ergebe einen Landpreis von Fr. 2080.--/m2, der mit Rücksicht auf den quartierüblichen Preis von Fr. 800.--/m2 weit übersetzt sei. Auf derart teurem Boden sei es von vornherein ausgeschlossen, preisgünstige Wohnungen zu errichten. Schliesslich behauptet er auch, die von der Beschwerdeführerin angenommene Bruttorendite von 6,13% sei ungenügend. Bei normaler Finanzierung sei es ausgeschlossen, auf die Dauer mit weniger als 7% auszukommen. Die Mietzinse im Neubau müssten sicher nach ein oder zwei Jahren erhöht werden, um diese Rendite zu vermitteln. Die eingeholte Expertise spricht sich im wesentlichen über diese verschiedenen Fragen aus. 4. a) Der angefochtene Entscheid erging am 12. Oktober 1971, also vor Erlass der Kostengrenzenverfügung des Beauftragten vom 18. Oktober 1971. Dies ist jedoch ohne Bedeutung. Nach Art. 7 Abs. 1 des BG über die Rechtskraft der bereinigten Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen für die Jahre 1848-1947 und über die neue Reihe der Sammlung vom 12. März 1948 sind Dienstabteilungen der Departemente nur dann zum Erlass allgemein verpflichtender Vorschriften zuständig, wenn ein Bundesgesetz oder ein Bundesbeschluss das vorsieht. Diese Vorschrift wurde vom BG über die Herausgabe einer neuen bereinigten Sammlung der Bundesgesetze und Verordnungen vom 6. Oktober 1966 nicht aufgehoben (vgl. Art. 4 Abs. 2). Der Baubeschluss überträgt dem Beauftragten keinerlei Rechtsverordnungskompetenz. Die fragliche "Verfügung" kann deshalb nur die Bedeutung einer Verwaltungsverordnung haben. Dies heisst allerdings nicht, dass ihr hier überhaupt nicht Rechnung zu tragen sei. Im Gegenteil scheint es sinnvoll, sie mangels anderer Anhaltspunkte als Richtlinie anzunehmen. b) Der Vertreter der Beschwerdeführerin selbst hat anlässlich des Augenscheins erklärt, der Beschwerdeführerin würden für den projektierten Neubau keine Subventionen ausgerichtet. Die BGE 98 Ib 252 S. 262 darin enthaltenen Wohnungen können deshalb jedenfalls nicht schon in Anlehnung an Art. 1 Abs. 1 KGV als preisgünstig bezeichnet werden. Sie wären aber auch als preisgünstig zu betrachten, wenn sie die in Art. 1 Abs. 2 KGV genannten drei Voraussetzungen erfüllen würden. Die in Art. 1 Abs. 2 lit. a KGV angegebenen Kostengrenzen gelten für Wohnungen bzw. Zimmer normaler Grösse. Im vorliegenden Falle ist umstritten, ob die im Neubau vorgesehenen Wohnungen bzw. Zimmer normale Grösse aufweisen. Der Experte stellt fest, die vier Einzimmer-Wohnungen blieben mit 15,67 m2 Wohnfläche unter der Norm. Er zählt sie deshalb nicht als Wohnungen, zieht aber von den gesamten Baukosten dafür insgesamt Fr. 60'000.-- ab, wie wenn es sich um vier zusätzliche Einzelzimmer handeln würde. Dies scheint entgegen der Ansicht des Beauftragten richtig. Der Experte erklärt ausserdem, einige der Wohnungen, die nach Ansicht der Beschwerdeführerin zweieinhalb Zimmer aufweisen, dürften nur als Zweizimmer-Wohnungen berücksichtigt werden. Hingegen entsprächen die von der Beschwerdeführerin als Dreieinhalb- und Viereinhalbzimmer - Wohnungen bezeichneten Wohnungen im zweiten bis vierten Stock durchaus dieser Bezeichnung. Dabei stützt er sich in erster Linie auf die Angaben des stadtbernischen Bauinspektorates über den bernischen Ortsgebrauch. Seiner Auffassung kann gefolgt werden, verpflichtet doch Art. 10 BauV den Beauftragten, die regionalen Verhältnisse zu würdigen. Ob der Beauftragte Art. 6 der VV I zum BG über Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus vom 22. Februar 1966/15. Juli 1970 richtig auslegt, kann dahingestellt bleiben, denn diese Verordnung ist ohnehin nicht unmittelbar anwendbar und die Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Beauftragten und dem Experten darüber scheinen nicht ausschlaggebend für den vorliegenden Fall. Der Beauftragte ist der Ansicht, die Erstellungskosten der Autoeinstellhalle seien bei der Prüfung der Preisgünstigkeit der projektierten Wohnungen mitzuberücksichtigen. Demgegenüber findet der Experte, sie seien auszuklammern, da Garagen weder im Baubeschluss noch in den verschiedenen Verordnungen dazu erwähnt seien, nicht überall in der Schweiz zusammen mit neuen Wohnungen auch entsprechender Autoeinstellraum geschaffen werden müsse, Garagen im Wohnbau selbst oder getrennt davon erstellt werden könnten, woraus bedeutende BGE 98 Ib 252 S. 263 Kostenunterschiede folgten, die Mietverträge über die Wohnungen getrennt von jenen über die Garagen abgeschlossen würden, kein Wohnungsmieter verpflichtet sei, einen Einstellplatz zu mieten und auch nach bernischem Ortsgebrauch die Erstellungskosten der Garagen nicht jenen der Wohnungen zugerechnet würden. Die Darlegung des Experten überzeugt. Der Beauftragte beruft sich zur Stützung seiner abweichenden Ansicht einzig auf eine in der 7. Sitzung der Konsultativkommission des Baubeschlusses gefallene Äusserung eines Kommissionsmitgliedes. Danach sollten "in die Berechnung der Preisgünstigkeit sämtliche mit dem Wohnen zusammenhängenden Gemeinschaftsräume einbezogen werden". Dies betrifft aber wohl nicht die Garagen, sondern eher andere Räumlichkeiten wie Einstellräume, Waschküchen etc., die der Experte im Unterschied zur Autoeinstellhalle in seiner Berechnung durchaus berücksichtigt hat. Der Aufteilung der Erstellungskosten auf die Wohnungen einerseits und Büros, Tea Room und Autoeinstellhalle anderseits, legt der Experte entsprechend Art. 4, 5 und 12 BauV in Anwendung von Norm 116, Normalien für kubische Berechnungen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins das Volumen des umbauten Raums zugrunde. Auf Grund des volumenmässigen Anteils (5651 m3) berechnet er die Erstellungskosten der Wohnungen auf Fr. 1'465,200.--. Er erklärt, nach den in Art. 1 Abs. 2 lit. a KGV enthaltenen Ansätzen hätten die Erstellungskosten für die projektierten Wohnungen sogar Fr. 1'517,500.-- betragen dürfen, die Wohnungen erfüllten deshalb als Gesamtheit die in Art. 1 Abs. 2 lit. a KGV enthaltenen Voraussetzungen für den preisgünstigen Wohnungsbau. Das Gericht schliesst sich der Ansicht des Experten an. Das Gutachten scheint gründlich und überzeugt auch vor den Einwendungen des Beauftragten. Die dem Experten bei der Berechnung der Kostengrenze nach Art. 1 Abs. 2 lit. a KGV unterlaufenen Fehler (Verwechslung der Gesamtzahl von Drei- und Dreieinhalbzimmer-Wohnungen mit der Gesamtzahl von Zwei- und Zweieinhalbzimmerwohnungen und Nichtberechnung von zwei Wohnungen) ändern hieran umso weniger, als ihre Korrektur zu einer weiteren beträchtlichen Erhöhung der Kostengrenze führt, die vom Experten auf Grund des volumenmässigen Anteils ermittelten Erstellungskosten demnach in Wirklichkeit noch weiter unter dieser Kostengrenze bleiben. BGE 98 Ib 252 S. 264 c) Es fragt sich weiter, ob entsprechend Art. 1 Abs. 2 lit. b KGV das Bauland zu ortsüblichen und den Erstellungskosten angemessenen Preisen einberechnet wurde. Der Experte stellt fest, der von der Beschwerdeführerin in ihre Berechnung eingesetzte Bodenpreis stelle 39% der Gesamtanlagekosten dar. Normalerweise sollte der Landkostenanteil bei gewöhnlichen Wohnbauten 20% der gesamten Anlagekosten nicht überschreiten. Immerhin könne sich je nach den Umständen, insbesondere wenn das Gebäude auch Geschäftslokale enthalte, ein grösserer Landkostenanteil rechtfertigen. Im vorliegenden Falle seien zwar aus den im Neubau vorgesehenen Geschäftslokalitäten verhältnismässig erhebliche Mieteinnahmen zu erwarten. Wenn dadurch die finanzielle Belastung, die der hohe Bodenpreis bedeute, auch etwas vermindert werde, so bleibe sie doch immer noch über der üblichen Norm. Der von der Beschwerdeführerin angegebene Bodenpreis sei für preisgünstigen Wohnungsbau zu hoch. Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, der Landkostenanteil sei bei einem im Zentrum einer Stadt gelegenen Bauwerk wesentlich höher als bei einer Überbauung in einer Landgemeinde mit tiefen Bodenpreisen. Dem müsse Rechnung getragen werden, denn in Art. 1 Abs. 2 lit. b KGV sei von den ortsüblichen Baulandpreisen die Rede. Der Experte anerkennt in der Ergänzung zu seinem Gutachten, dass im Zentrum einer Stadt und in dessen unmittelbarer Nähe der Landkostenanteil erheblich über 20% der gesamten Anlagekosten liegen könne, fragt sich aber, ob dabei noch von preisgünstigem Wohnungsbau gesprochen werden könne. In der Tat schliessen gerade die ausserordentlich hohen Bodenpreise heute die Erstellung preisgünstiger Wohnungen in Stadtzentren aus. Art. 1 Abs. 2 lit. b KGV verlangt die Berücksichtigung der ortsüblichen Baulandpreise einzig, damit den regionalen Unterschieden der Bodenpreise für Grundstücke vergleichbarer Lage Rechnung getragen wird, nicht aber, wie die Beschwerdeführerin offenbar meint, im Hinblick auf die Preisunterschiede zwischen Grundstücken im Zentrum einer Stadt und Grundstücken in Vororten oder Landgemeinden. In einem von der Beschwerdeführerin zu den Akten gereichten Schreiben vom 5. April 1972 erklärt das Treuhandbüro Gerber & Co., Bern, in der Stadt Bern müsse mit Landkostenanteilen zwischen 40 und 60% gerechnet werden. Dies ändert aber am bereits Gesagten nichts. BGE 98 Ib 252 S. 265 Auch die Konsultativkommission des Baubeschlusses hat an ihrer Sitzung vom 9. Mai 1972 die Frage des Landkostenanteils an den gesamten Anlagekosten behandelt. Dabei wurden Ansätze von 15% für Lausanne, von 15-20% für Bern und von noch etwas mehr für Genf und Zürich genannt. Dies bestätigt den vom Experten angenommenen Ansatz. Ausserdem erweist sich, dass die Bodenpreise in Bern im Vergleich zur übrigen Schweiz nicht ausserordentlich hoch liegen. Es scheint somit richtig, von einem üblichen Landkostenanteil von 20% der gesamten Anlagekosten auszugehen. Die Beschwerdeführerin beruft sich zur Begründung des hohen Bodenpreises auf die hohe Ausnützungsmöglichkeit ihres Grundstückes. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass der Landkostenanteil im vorliegenden Falle wesentlich höher liegt als üblich. Mit dem Experten gelangt das Gericht deshalb zur Feststellung, dass der angegebene Bodenpreis für ein Gebäude mit Wohnungen, die preisgünstig sein sollen, zu hoch ist. Die Voraussetzung von Art. 1 Abs. 2 lit. b KGV ist im vorliegenden Falle nicht erfüllt. d) Die Beschwerdeführerin sieht für die Wohnungen im projektierten Neubau Mietzinse vor, die nicht gerade als günstig bezeichnet werden können (Fr. 710.-- bis 725.-- monatlich für die Viereinhalbzimmer-Wohnungen, Fr. 620.-- für die Dreieinhalbzimmer-Wohnungen; Fr. 460.-- bis 480.-- für die Zweieinhalbzimmer-Wohnungen und Fr. 370.-- für die Einzimmerwohnungen, jeweils ohne Nebenkosten), und jedenfalls über den Höchstansätzen liegen, welche das Sachverständigengremium der Region Bern vor Erlass der Verfügung des Beauftragten über Kostengrenzen angewendet hat. Mit diesen Mietzinsen und den Mietzinsen, die sie aus der Vermietung der anderen Räume des Neubaus (Autoeinstellhalle, Tea-Room und Büros) erwartet, hat die Beschwerdeführerin für ihr Bauvorhaben eine Bruttorendite von 6,13% errechnet. Der Beauftragte hält diesen Satz unter den gegebenen Umständen für ungenügend. Auf Grund ergänzender Angaben der Beschwerdeführerin kam der Experte zum Schluss, diese Rendite sei um ca 15% zu tief, richtigerweise müsste sie 7,2% erreichen. Die Differenz rührt davon her, dass die Beschwerdeführerin nach Ansicht des Experten in ihrer Rechnung die Liegenschaftslasten zu niedrig eingesetzt hat. Auf Ergänzungsfragen der Beschwerdeführerin, die sich auf das bereits erwähnte Schreiben der Treuhand Gerber BGE 98 Ib 252 S. 266 & Co. vom 5. April 1972 stützt, erklärt der Experte, die seiner Berechnung zugrundegelegten Ansätze seien allgemein üblich; allfälligen bernischen Besonderheiten sei darin allerdings nicht Rechnung getragen; jedenfalls aber sei eine Bruttorendite von bloss 6,13% ungenügend, rechneten doch gewisse Versicherungsgesellschaften für ihre eigenen Anlagen mit 6,5%; die als notwendig angenommene Bruttorendite von 7,2% könnte für die Stadt Bern höchstens um einige Zehntel zu hoch sein. Vor der Konsultativkommission des Baubeschlusses hat übrigens der Bauvorstand der Stadt Lausanne eine Bruttorendite von 6,5% als ungenügend bezeichnet und seiner Mietzinsberechnung eine Bruttorendite von 7,5% zugrundegelegt. Wenn man aber noch zugunsten der Beschwerdeführerin eine Bruttorendite von nur 6,5% als genügend ansehen wollte, so erwiesen sich die für die Wohnungen in Aussicht genommenen bereits recht hohen Mietzinse dafür als zu tief und müssten deshalb wohl schon sehr bald erhöht werden. Damit bestätigt sich, dass im vorliegenden Falle der Bodenpreis für preisgünstigen Wohnungsbau zu hoch ist. e) Dient aber, wie sich somit ergibt, der Abbruch der alten Gebäude auf dem Grundstück der Beschwerdeführerin nicht der Erstellung preisgünstiger Wohnungen, so kann dieser Fall auch nicht auf Grund von Art. 3 Abs. 1 lit. b BauB vom Abbruchverbot ausgenommen werden. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 86 II 103 18. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. Februar 1960 i.S. C. Gartenmann & Cie. A.-G. gegen Palmér.
Regeste Voraussetzungen für die Anordnung von Beweismassnahmen durch das Bundesgericht nach Art. 67 OG (Erw. 2). Begriff und Folgen der Zusammenlegung des Patentanspruchs mit Unteransprüchen, Art. 24 Abs. 1 lit. b PatG (Erw. 3).
Erwägungen ab Seite 103 BGE 86 II 103 S. 103 2. Die Beklagte beantragt, es seien im Sinne von Art. 67 Ziff. 1 OG die tatbeständlichen Feststellungen der Vorinstanz über die technischen Verhältnisse zu überprüfen und zu diesem Zweck ein neuer Sachverständiger zu bestellen. Die angeführte Bestimmung räumt dem Bundesgericht zwar diese Befugnis ein. Das bedeutet aber nicht, dass das Bundesgericht die massgebenden technischen Verhältnisse in jedem Fall wie eine Appellationsinstanz von Grund auf und ohne Rücksicht auf die Feststellungen der kantonalen Instanz selber zu ermitteln habe, sobald ein Berufungskläger einen dahin gehenden Antrag stellt. Für eine solche Weiterung müssen vielmehr besondere Gründe vorliegen. Wie schon wiederholt entschieden wurde ( BGE 85 II 142 Erw. 4 b, 513 Erw. 2, 593; Urteile vom 14. Januar 1960 i.S. Müller c. Schwertfeger und vom 26. Januar 1960 i.S. Roth & Cie. A.-G. c. Krebs), ist auch in Patentsachen die Berufung an das Bundesgericht grundsätzlich ein Rechtsmittel zur Rüge von Verletzungen des Bundesrechts, während die Ermittlung des Sachverhalts in der Zuständigkeit und Verantwortlichkeit des kantonalen BGE 86 II 103 S. 104 Richters verbleibt. Das Bundesgericht kann lediglich dessen Feststellungen über technische Verhältnisse überprüfen und zu diesem Zwecke allenfalls neue Beweismassnahmen, insbesondere Expertisen, anordnen, wenn es solche als notwendig erachtet. Macht es von dieser in sein Ermessen gestellten Befugnis keinen Gebrauch, weil ihm die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz über die technischen Verhältnisse einleuchten, so hat es von diesen auszugehen. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Vorinstanz hat auf das Gutachten abgestellt, das ihr durch die gerichtlich bestellten Sachverständigen Ing. W. Könitzer und P. Haller erstattet worden ist. Könitzer ist Patentfachmann und als solcher seit Jahren beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum tätig. Haller ist Baufachmann und Vorsteher der Abteilung für natürliche Bausteine und künstliche Baumaterialien an der EMPA. Es handelt sich bei beiden Experten also um persönlich und fachlich ausgewiesene Fachleute. Die Beklagte behauptet zu Unrecht, die Fragen, ob die klägerische Erfindung neu, schöpferisch und fortschrittlich sei, sowie, ob und inwieweit eine Patentverletzung vorliege, liessen sich auf Grund der Gerichtsexpertise nicht beantworten. Die Experten haben sich zu allen diesen Fragen ausgesprochen und sind dabei entgegen der Behauptung der Beklagten keineswegs von grundlegend unzutreffenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen, wie im folgenden zu zeigen sein wird. Die Beklagte hatte Gelegenheit, im kantonalen Verfahren Einwendungen gegen das Gutachten vorzubringen und Ergänzungsfragen zu stellen, zu denen die Experten in einem einlässlichen Ergänzungsgutachten Stellung genommen haben. Auch wurden seitens beider Parteien Privatgutachten zu den Akten gegeben. Durch all das sind die technischen Verhältnisse ausreichend abgeklärt. Das Begehren der Beklagten um Anordnung neuer Beweismassnahmen ist daher abzuweisen. 3. Die Vorinstanz geht davon aus, durch die vom Kläger vorgenommene Zusammenlegung des ursprünglichen BGE 86 II 103 S. 105 Patentanspruchs mit den Unteransprüchen 1 und 2 sei ein neuer Patentanspruch entstanden, in welchem alle Merkmale des früheren Patentanspruches wie auch der früheren Unteransprüche 1 und 2 erhalten geblieben seien. Die Beklagte nimmt demgegenüber den Standpunkt ein, durch den erklärten Teilverzicht sei der ursprüngliche Patentanspruch zum ungeschützten Oberbegriff geworden und das Kennzeichen des neuen Patentanspruchs könne nur in den bisherigen Unteransprüchen 1 und 2 erblickt werden. a) Nach Art. 24 Abs. 1 PatG kann der Patentinhaber auf das Patent teilweise verzichten; dabei kann er einen Patentanspruch oder Unteranspruch aufheben (Art. 24 Abs. 1 lit. a) oder einen Patentanspruch durch Zusammenlegung mit einem oder mehreren Unteransprüchen einschränken (Art. 24 Abs. 1 lit. b). Die Beklagte vertritt nun die Auffassung, zwischen einer Aufhebung des Patentanspruchs gemäss lit. a und der Zusammenlegung im Sinne von lit. b bestehe in Wirklichkeit kein Gegensatz; in beiden Fällen werde auf einen Patentanspruch verzichtet. Sowohl nach lit. a wie nach lit. b falle mit dem Teilverzicht der Patentanspruch oder Unteranspruch, auf den verzichtet werde, "ins Freie"; es sei daher nicht mehr zu untersuchen, ob der Patentanspruch, auf den sich der Verzicht beziehe, neu, erfinderisch oder fortschrittlich sei, und eine Patentverletzung könne keinesfalls angenommen werden, wenn in einer Nachbildung bloss die Merkmale des Hauptanspruchs, auf die verzichtet wurde, übernommen worden seien; nach einer Zusammenlegung sei lediglich noch zu prüfen, ob der beibehaltene Unteranspruch für sich allein eine Erfindung darstelle und ob das derart eingeschränkte Patent durch einen Nachahmer verletzt werde. b) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Der Fall von lit. a muss schon aus Gründen der Gesetzessystematik von demjenigen gemäss lit. b verschieden sein; denn sonst wäre nicht einzusehen, weshalb die Unterscheidung im Gesetz vorgenommen wurde. BGE 86 II 103 S. 106 Gewiss wird in beiden Fällen auf etwas verzichtet, wie schon aus dem Wortlaut von Art. 24 Abs. 1 Satz 1 und aus der Randnote zu Art. 24 PatG erhellt, wo von einem teilweisen Verzicht gesprochen wird. Aber der Gegenstand des Verzichtes ist nicht der gleiche. Im Falle der lit. a besteht er darin, dass ein Patentanspruch oder Unteranspruch aufgehoben, also fallen gelassen wird. Das hat zur Folge, dass für die Merkmale, die in ihm genannt waren, kein Erfindungsschutz mehr beansprucht wird. Hinsichtlich dieser Merkmale wird mit der Anspruchsaufhebung anerkannt, dass sie keinen erfinderischen Charakter aufweisen, vorbekannt sind und somit zum Stande der Technik im Zeitpunkt der Anmeldung gehörten. Bei der Zusammenlegung gemäss lit. b dagegen besteht der Verzicht darin, dass der ursprüngliche Patentanspruch und damit der Schutzumfang des Patentes eingeschränkt wird. Es wird, sofern in der Verzichtserklärung des Patentinhabers kein gegenteiliger Wille zum Ausdruck kommt, keines der im früheren Patentanspruch und den bisherigen Unteransprüchen genannten Erfindungsmerkmale fallen gelassen, sondern sie werden gesamthaft aufrechterhalten. Es wird lediglich der Schutzumfang dadurch eingeschränkt, dass der ursprünglich definierten Erfindung weitere spezielle, den Unteransprüchen entnommene, kennzeichnende Merkmale beigefügt werden. Damit wird der Schutzanspruch auf eine besondere Ausführungsart beschränkt, die neben den vorher im Patentanspruch genannten Merkmalen noch ein zusätzliches und damit die Erfindung spezialisierendes Merkmal (oder mehrere solcher) aufweist. Im Gegensatz zum Falle gemäss Art. 24 Abs. 1 lit. a PatG kann daher aus der Zusammenlegung nicht ohne weiteres gefolgert werden, dass die im ursprünglichen Patentanspruch genannten Merkmale als Kennzeichen der Erfindung fallen gelassen worden seien und damit als zum Stand der Technik gehörend zu gelten hätten. Vielmehr bilden sämtliche Merkmale, die bis anhin in den kennzeichnenden Teilen des Patentanspruchs und der Unteransprüche BGE 86 II 103 S. 107 enthalten waren, zusammen die Definition der Erfindung. Der so neugebildete Patentanspruch tritt an die Stelle des ursprünglichen Patentanspruches und der früheren Unteransprüche. Dieser neue, zusammengefasste Patentanspruch ist als Ganzes zu betrachten, und die durch ihn umschriebene besondere Ausführungsart ist auf ihre Patentwürdigkeit zu prüfen, wie wenn sie von Anfang an in dieser Gestalt Gegenstand des Patentes gebildet hätte. Etwas anderes gilt nur, wenn der Patentinhaber ausdrücklich erklärt, auf eines der früheren Merkmale des Hauptanspruchs zu verzichten und es durch ein entsprechendes Merkmal eines Unteranspruchs zu ersetzen, das sich zum wegfallenden wie die Art zur Gattung verhält, also sachlich enger ist als jenes (vgl. hiezu: BLUM/PEDRAZZINI Bd. 2, Art. 24 PatG Anm. 2 S. 79). In einem solchen Falle liegt im Verzicht auf das Merkmal des ursprünglichen Patentanspruchs allerdings die Anerkennung, dass dieses des erfinderischen Charakters entbehre und darum ausserhalb des Schutzbereiches stehe. So verhält es sich indessen hier nicht. Der Kläger hat in Ziff. 1 seiner dem eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum am 14. Juli 1956 abgegebenen Erklärung vielmehr ausdrücklich gesagt, zur Bildung eines neuen Patentanspruches werde der bisherige Patentanspruch mit den bisherigen Unteransprüchen 1 und 2 vollinhaltlich zusammengelegt. Damit hat er eindeutig den Willen bekundet, dass die sämtlichen bisherigen Merkmale sowohl des Patentanspruchs wie der bisherigen Unteransprüche aufrecht erhalten bleiben sollen, wie dies dem Wesen der Zusammenlegung entspricht. c) Es ist somit der Vorinstanz beizustimmen, wenn sie gestützt auf die Auffassungen der gerichtlichen Sachverständigen und des Privatgutachtens Troller davon ausgegangen ist, dass der durch die Zusammenlegung gebildete neue Patentanspruch alle Merkmale des früheren Patentanspruchs und der beiden früheren Unteransprüche 1 und 2 umfasse.
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Urteilskopf 136 III 152 22. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit civil dans la cause X. contre Y. et Office des faillites de Genève (recours en matière civile) 5A_673/2009 du 3 décembre 2009
Regeste Art. 36 und 166 Abs. 2 SchKG ; Stillstand der Frist zur Stellung des Konkursbegehrens; Einreichung einer Beschwerde gegen die Konkursandrohung; Gewährung der aufschiebenden Wirkung. Die Frist von 15 Monaten zur Stellung des Konkursbegehrens gemäss Art. 166 Abs. 2 SchKG ruht, wenn eine Beschwerde gegen die Konkursandrohung eingereicht und die aufschiebende Wirkung ( Art. 36 SchKG ) vor Einreichung des Konkursbegehrens gewährt worden ist (E. 4.1 und 4.2).
Sachverhalt ab Seite 152 BGE 136 III 152 S. 152 A. A.a Le 6 novembre 2006, Y. a fait notifier à X. un commandement de payer la somme de 200'000 fr. Le débiteur a fait opposition. Le délai pour requérir la faillite a été suspendu une première fois pendant la durée de la procédure de mainlevée, du 27 novembre 2006 au 15 février 2007. BGE 136 III 152 S. 153 A.b Le 7 mai 2007, X. a déposé une plainte à la Commission de surveillance des offices des poursuites et faillites du canton de Genève contre la commination de faillite qui lui a été notifiée. La Commission a accordé l'effet suspensif à la plainte par ordonnance du 9 mai 2007. Cette décision ayant fait l'objet de deux recours successifs au Tribunal fédéral, la Commission a finalement rejeté la plainte le 5 mai 2008. A.c Le 27 mai 2008, la créancière a requis la faillite du débiteur. Par jugement du 23 juin 2009, le Tribunal de première instance de Genève a déclaré le débiteur en faillite; son prononcé a été confirmé par la Cour de justice du canton de Genève le 3 septembre 2009. B. Le débiteur interjette un recours en matière civile au Tribunal fédéral, contestant la suspension du délai pour requérir la faillite pendant la procédure de plainte. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. (résumé) Erwägungen Extrait des considérants: 4. 4.1 Conformément à l' art. 166 al. 2 LP , le droit de requérir la faillite se périme par quinze mois à compter de la notification du commandement de payer; si opposition a été formée, ce délai ne court pas entre l'introduction de la procédure judiciaire et le jugement définitif. Le délai est suspendu pendant la durée du procès en reconnaissance de dette ( art. 79 et 279 LP ), de la procédure de mainlevée - provisoire ou définitive - de l'opposition (art. 80 à 83 LP), du procès en libération de dette ( art. 83 al. 2 LP ) et de la procédure en constatation du retour ou du non-retour à meilleure fortune ( art. 265a LP ). Il appartient au juge, et non aux autorités de surveillance, de déterminer si la réquisition de faillite a été déposée en temps utile ( ATF 113 III 120 consid. 2 p. 122 et les références). Le but de l' art. 166 al. 2 LP est de prévenir un allongement démesuré de la durée de la poursuite par la déchéance dont il frappe le poursuivant qui s'est désintéressé de la procédure d'exécution forcée. La péremption constituant la sanction de l'inaction du poursuivant, le délai demeure suspendu aussi longtemps que dure l'instance qui vise à la levée de l'opposition et ne recommence à courir que si, après avoir obtenu une décision exécutoire, l'intéressé n'en fait pas usage pour requérir la continuation BGE 136 III 152 S. 154 de la poursuite. Le poursuivant ne peut faire notifier une commination de faillite ( art. 159 ss LP ) qu'en justifiant par titre de la suppression de l'opposition; le délai reste ainsi suspendu tant qu'il ne peut pas obtenir une déclaration authentique établissant le caractère définitif et exécutoire du jugement qui annule l'opposition au commandement de payer ( ATF 106 III 51 consid. 3 p. 55). Il doit en aller de même lorsque, comme en l'espèce, une plainte contre la commination de faillite a été déposée et que l'effet suspensif ( art. 36 LP ) a été octroyé avant le dépôt de la réquisition de faillite; le créancier est, en effet, empêché dans un tel cas de figure de requérir la faillite, faute de commination entrée en force à joindre à sa requête ( art. 166 al. 1 LP ; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, vol. III, 2001, n° 25 ad art. 166 LP ; cf. également NORDMANN, in Kommentar zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, vol. II, 1998, n° 11 ad art. 166 LP , et COMETTA, in Commentaire romand, Poursuite et faillite, 2005, n° 3 ad art. 166 LP , qui traitent uniquement de la suspension du délai de l' art. 166 al. 2 LP en cas de plainte déposée par le poursuivi au sens de l' art. 160 al. 1 ch. 4 LP , lorsque l'effet suspensif a été accordé en conformité avec l' art. 36 LP ). 4.2 Vu ce qui précède, c'est avec raison que la cour cantonale a considéré que le délai pour requérir la faillite du recourant a été suspendu par l'effet suspensif accordé à la plainte déposée contre la commination de faillite, jusqu'au rejet de celle-là, à savoir du 9 mai 2007 au 5 mai 2008. A cet égard, il y a lieu de préciser encore que, contrairement à ce qu'ont admis les juges précédents, l'octroi de l'effet suspensif ne déploie pas un effet ex tunc mais ex nunc, dans la mesure où il appartient au juge de la faillite d'ajourner celle-ci lorsque la suspension de la poursuite a été ordonnée par l'autorité de surveillance saisie d'une plainte ( art. 173 al. 1 LP ). Compte tenu de cette suspension et de celle de la procédure de mainlevée (du 27 novembre 2006 au 15 février 2007), moins de quinze mois se sont écoulés entre la notification du commandement de payer, le 6 novembre 2006, et la réquisition de faillite présentée par l'intimée le 27 mai 2008.
null
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Urteilskopf 116 II 504 92. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 13 décembre 1990 dans la cause dame Biner et ct contre Conseil d'Etat du canton de Vaud (recours de droit administratif)
Regeste Art. 301 Abs. 4 ZGB und Art. 69 Abs. 1 und 2 ZStV . Eintragung eines Familiennamens (angelsächsischer "middle name") als zweiter Vorname im Geburtsregister. Ein Familienname, der nicht auch als Vorname gebräuchlich ist, kann einem Kind als zweiter Vorname gegeben werden, wenn die Eltern dafür ernsthafte Gründe geltend machen können, die auch objektiv achtenswert sind. Dies trifft zu, wenn sie sich auf eine örtliche, religiöse oder familiäre Tradition berufen können (Präzisierung der Rechtsprechung): Bewilligung des auf Familientradition beruhenden "middle name" "Van Vleck" als zweiter Vorname für eine Tochter, die den ersten Vornamen "Julia" trägt.
Sachverhalt ab Seite 504 BGE 116 II 504 S. 504 A.- Russ Van Vleck Bradley, ressortissant des Etats-Unis d'Amérique, et Catherine Lina Marthe Biner, de nationalité suisse, originaire de Zermatt et Bernex, se sont mariés à Zermatt le 13 mai 1988. Ils sont domiciliés à Carouge (canton de Genève). De cette union est issue une fille, née à Lausanne le 7 mai 1989. La direction de la clinique où avait eu lieu l'accouchement déclara BGE 116 II 504 S. 505 à l'Officier de l'état civil de l'arrondissement de Lausanne que les parents souhaitaient que leur enfant portât les prénoms Julia Van Vleck. L'officier de l'état civil refusa d'inscrire Van Vleck, par le motif que le nom intermédiaire ("middle name") anglo-saxon n'est pas accepté comme prénom selon la pratique suisse; seul le prénom Julia fut inscrit dans le registre des naissances. Les parents s'adressèrent vainement à l'état civil cantonal, puis au Département de la justice, de la police et des affaires militaires du canton de Vaud, Service de justice et législation, qui confirma la décision prise par l'officier de l'état civil. B.- Le 25 octobre 1989, le Conseil d'Etat du canton de Vaud a rejeté le recours formé par Catherine Biner Bradley et Russ Van Vleck Bradley. Cette décision est motivée, en résumé, comme il suit: a) Van Vleck est un nom de famille, exclusivement connu comme tel. Dans l'arrêt paru aux ATF 71 I 366 ss, le Tribunal fédéral a rejeté l'inscription, comme troisième prénom, du nom Mayor, considérant qu'il violait de manière évidente l'intérêt des tiers à pouvoir établir des rapports clairs pour ce qui a trait au nom. Certes, il a réservé, dans cette décision, d'anciens usages locaux consistant à donner comme prénom à l'enfant le patronyme de sa mère. Mais un tel usage n'existe ni en Suisse romande, ni dans le canton de Vaud. Même si l'on est enclin à penser que l'enfant Julia Bradley n'utilisera pas le patronyme Van Vleck dans la vie de tous les jours, le risque de confusion entraîné par un tel usage ne peut être exclu. Il se pourrait que, tout comme son père, l'enfant désire plus tard faire figurer le patronyme Van Vleck sur son papier à lettre, créant ainsi le risque d'induire des tiers en erreur. Cela s'est déjà produit: lors de la signature des promesses de mariage par-devant l'Officier de l'état civil de Begnins, ce dernier avait établi les documents nécessaires en indiquant comme nom de famille du recourant: Van Vleck Bradley Junior. b) En vertu de l' art. 43 al. 1 OEC , les noms de famille et prénoms des ressortissants étrangers sont transcrits dans les registres suisses tels qu'ils figurent dans les actes de l'état civil ou, à ce défaut, dans les autres pièces probantes. Cependant, selon le Tribunal fédéral, la manière d'écrire les noms ou prénoms étrangers ne doit pas être en contradiction avec les principes fondamentaux du droit suisse en matière de nom ( ATF 106 II 104 , ATF 110 II 324 ). Le "middle name" est inconnu en droit suisse. Certes, plusieurs cantons admettent de le transcrire comme second BGE 116 II 504 S. 506 prénom lorsqu'il ressort d'un acte étranger ou lorsque les intéressés sont tous étrangers et sans domicile en Suisse, mais tel n'est pas le cas en l'espèce. De plus, il convient de distinguer la transcription du nom d'un ressortissant étranger dans un registre d'état civil suisse de l'inscription du nom d'un enfant de nationalité suisse lors de sa naissance en Suisse. C.- Catherine Biner Bradley et Russ Van Vleck Bradley ont formé un recours de droit administratif au Tribunal fédéral. Ils demandaient que la décision attaquée fût annulée et que l'autorité cantonale fût invitée à faire procéder à l'inscription de l'enfant Julia Van Vleck Bradley au registre des naissances de l'arrondissement de Lausanne. Le Conseil d'Etat du canton de Vaud a déclaré s'en tenir à sa décision. Le Département fédéral de justice et police, Office fédéral de la justice, a estimé que "le nom intermédiaire Van Vleck devrait pouvoir être admis à titre de deuxième prénom". Le Tribunal fédéral a admis le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Enfant de conjoints dont l'un est suisse, Julia Bradley est suisse dès sa naissance ( art. 1er al. 1 let. a LN ); elle possède aussi la nationalité américaine de son père. Comme l'enfant est domiciliée en Suisse, où se trouve le domicile de ses père et mère sous l'autorité parentale desquels elle est placée ( art. 25 al. 1 CC ), son nom est régi par le droit suisse ( art. 37 al. 1 LDIP ). Le fait qu'elle est double nationale n'a pas d'incidence sur ce point (art. 37 al. 2 en relation avec l' art. 23 al. 2 LDIP ). 3. a) Aux termes de l' art. 301 al. 4 CC , les père et mère choisissent le prénom de l'enfant. Cette règle est reprise par l' art. 69 OEC (al. 1), dont l'alinéa 2 précise que les prénoms manifestement préjudiciables aux intérêts de l'enfant ou de tiers, notamment les prénoms choquants ou absurdes, sont refusés et qu'il en est de même lorsque le sexe de l'enfant ne ressort pas clairement de son ou de ses prénoms. b) Les recourants font valoir que leur désir de donner à leur fille comme deuxième prénom le "middle name" Van Vleck s'explique, d'une part, par l'usage très fréquent dans les pays anglo-saxons d'avoir deux prénoms (le second, qui sera dans la suite représenté en la forme écrite par une initiale, étant souvent, aux Etats-Unis BGE 116 II 504 S. 507 et au Canada, le nom de jeune fille de la mère de l'enfant) et, d'autre part, par une tradition familiale ancestrale: des Van Vleeck, originaires de Hollande, ont émigré en Amérique en 1680 environ et leur patronyme (orthographié Van Vleck) a passé de génération en génération comme second prénom de leurs descendants. Les recourants produisent un livre (Jane Van Vleck, Ancestry and Descendants of Tielman Van Vleeck of Niew Amsterdam, New York 1955) où on voit notamment que la trisaïeule de l'enfant, Florence Van Vleck, épousa Harold Hall Bradley et que son fils, Hall Van Vleck Bradley, engendra Russ Van Vleck Bradley, qui eut pour fils le recourant Russ Van Vleck Bradley Jr. C'est pour se conformer à "cette tradition intangible" que les recourants disent souhaiter donner à leur fille le second prénom Van Vleck. Ce prénom, ajoutent-ils, n'est ni choquant, ni absurde, et ne viole pas l'intérêt des tiers. c) Dans sa jurisprudence récente, le Tribunal fédéral a expliqué que, si l' art. 69 al. 2 OEC limite les restrictions au minimum, laissant aux parents un large champ de liberté, ceux-ci ne peuvent cependant user de cette liberté que pour le bien de l'enfant, le respect de la personnalité de ce dernier devant prévaloir sur les particularités de la personnalité de ses parents. Il est notamment dans l'intérêt de l'enfant de n'être pas désigné de manière ambiguë, afin de ne pas être exposé aux moqueries et de ne pas connaître de difficultés pour assumer sa masculinité ou sa féminité. Au surplus, le nom étant fait pour désigner la personne et manifester son identité, dont il est le signe, ce signe ne doit pas être trompeur: l'état civil devant précisément ménager l'insertion de la personnalité dans la communauté, l'intérêt des tiers sur ce point ne saurait être sous-estimé; avec l'intérêt de l'enfant lui-même, il impose les restrictions mises à la liberté de choix des parents ( ATF 109 II 96 /97 consid. 7 et les arrêts cités). Au sujet du nom de famille proposé comme prénom intermédiaire, il n'existe que deux arrêts fédéraux publiés. Le premier, de 1945, cité par le Conseil d'Etat à l'appui de sa décision, concerne un enfant dont le père avait proposé comme troisième prénom, après Guy Louis, Mayor, nom de famille de la mère ( ATF 71 I 366 ss). A l'instar des autorités argoviennes, le Tribunal fédéral a refusé l'inscription de ce patronyme comme prénom. Le prénom, a-t-il dit, ne saurait être refusé du seul fait qu'il existe aussi comme nom de famille: des noms comme Arnold, Ernst, Louis, Martin, etc., sont autorisés indifféremment comme BGE 116 II 504 S. 508 noms de famille et comme prénoms, sans inconvénient pour ceux qui les portent ou pour les tiers. Mais le nom Mayor n'est pas utilisé comme prénom. L'admettre comme tel serait créer la confusion et porter atteinte aux intérêts des tiers, d'autant que, à tout le moins pour les Suisses de langue allemande, il se prononce de la même manière qu'un grade militaire. Sans doute, relève le Tribunal fédéral, dans certaines régions de Suisse, notamment dans les Grisons, il est conforme à un vieil usage de donner à l'enfant comme deuxième prénom le nom de famille de sa mère: là où existe cette coutume, le danger n'est pas décisif. Mais un tel usage n'existe pas dans le canton d'Argovie, dont le recourant est originaire et où il est domicilié. Dans le second arrêt, rendu en 1981, il s'agit de parents qui avaient choisi Wiesengrund comme deuxième prénom de leur fils ( ATF 107 II 26 ss). Le Tribunal fédéral a estimé ce prénom inadmissible eu égard au bien de l'enfant et aux intérêts des tiers: Wiesengrund (prairie, vallon) est avant tout la désignation d'une chose; si ce vocable est parfois un nom de famille dans les régions de langue allemande (ce que peu de gens savent), il n'est en tout cas pas un prénom; à cet égard, il convient de le distinguer de noms tels qu'Arnold, Ernst ou Peter, qui sont utilisés comme noms de famille et comme prénoms. d) Dans ses observations, le Département fédéral de justice et police, Office fédéral de la justice, citant cette jurisprudence, estime que l'interprétation traditionnelle de l' art. 69 al. 2 OEC ne permettrait guère d'inscrire le nom intermédiaire Van Vleck, même à titre de second prénom. Mais il est d'avis qu'on pourrait interpréter cette disposition de manière moins restrictive. Il relève, en particulier, que depuis le 1er janvier 1988, date de l'entrée en vigueur du nouveau droit matrimonial, un système plus libéral existe au sujet du nom de famille, en ce sens que la possibilité d'un choix est donnée dans un certain cadre aux personnes concernées: c'est ainsi que des fiancés peuvent être autorisés à porter, dès la célébration du mariage, le nom de la femme comme nom de famille ( art. 30 al. 2 CC ) et que la fiancée peut déclarer à l'officier de l'état civil vouloir conserver le nom qu'elle portait jusqu'alors, suivi du nom de famille ( art. 160 al. 2 CC ; cf. aussi, en cas de nullité de mariage ou de divorce, la faculté accordée à l'époux qui a changé de nom de conserver le nom de famille qu'il a acquis lors du mariage, art. 134 al. 2 et 149 al. 2 CC). A cela s'ajoute l'admission élargie, dès le 1er janvier 1989, date de l'entrée en vigueur de la loi fédérale BGE 116 II 504 S. 509 sur le droit international privé, dans les registres suisses de l'état civil, de noms de famille et de prénoms formés selon le droit étranger ( art. 37, 39 LDIP ). Le Département pense que "cette évolution importante en matière de noms mène également à une application plus libérale du droit suisse des prénoms". e) Du point de vue juridique, le prénom a deux fonctions: d'une part, permettre d'identifier deux personnes portant le même patronyme, au sein de la famille ou au dehors, et, d'autre part, faire connaître le sexe de chacun (F. STURM, Le choix du prénom. La fantaisie des parents et ses limites, REC 1987 p. 294 ss, spéc. p. 302; cf. B. WERLEN, Das schweizerische Vornamensrecht, thèse Bâle 1981, p. 12 et 14 No 3). Mais, selon l'usage, ce double rôle n'est pas impérativement lié à tous les prénoms s'il y en a plusieurs. Dans le Guide des prénoms en Suisse édité par l'Association suisse des officiers de l'état civil, il est seulement exigé qu'un des prénoms des enfants d'une même famille soit spécifique de l'un deux, sans même qu'il soit prescrit que ce soit le premier (éd. 1986, p. 38 in fine; cf. HEGNAUER, n. 59 ad art. 275a CC ; contra: STURM, op.cit., p. 308). D'autre part, si le Tribunal fédéral a dit que le prénom Amel n'était pas admissible pour une fille parce qu'il n'indique pas clairement le sexe de l'enfant, c'est dans un cas où les parents n'entendaient faire inscrire que ce prénom ( ATF 109 II 98 consid. 12); on peut se montrer moins strict quand vient s'ajouter un autre prénom qui dissipe toute confusion. Ainsi, à supposer que, s'agissant d'une fille, Andrea puisse prêter à équivoque parce que, dans les contrées de langue italienne ou rhéto-romanes, il désigne une personne du sexe masculin, il ne donne plus prise à aucune confusion joint à un prénom féminin sans ambiguïté (dans l'espèce Ursula) ( ATF 82 I 35 ); dans les communautés catholiques, les garçons portent souvent le prénom Marie, non seulement en nom composé (tel Jean-Marie), mais aussi comme prénom intermédiaire (Louis Gonzague Frédéric Marie Maurice de Reynold, cf. Dictionnaire historique et biographique de la Suisse, V, Neuchâtel 1930, p. 463 No 52). Enfin, s'agissant de noms de famille utilisés comme patronymes, on a vu qu'il existe dans les Grisons un vieil usage de donner à l'enfant, comme prénom intermédiaire, le patronyme de sa mère et que le Tribunal fédéral a réservé cette coutume: là où elle existe, a-t-il dit, le risque de confusion n'est pas décisif ( ATF 71 I 368 ). Ainsi, pour le choix d'un prénom intermédiaire, la liberté des parents, consacrée par la loi, a un champ plus large encore qu'en BGE 116 II 504 S. 510 matière de prénom unique ou de premier prénom. Il n'est pas indispensable que ce prénom individualise l'enfant, ou indique son sexe. En matière de patronyme, il sied d'assouplir la jurisprudence, trop restrictive en l'état actuel des moeurs, et d'admettre qu'un nom de famille qui n'est utilisé que comme patronyme peut être donné à un enfant comme prénom intermédiaire dans la mesure où les parents justifient d'une raison sérieuse, objectivement digne d'être prise en considération, telle qu'une tradition locale, religieuse, voire familiale. En revanche, un simple engouement, relevant de la pure fantaisie, comme l'admiration pour une personnalité, ne suffit pas (cf. ATF 107 II 28 /29 consid. 2). f) En l'espèce, l'enfant des recourants porte le premier prénom Julia, qui ne laisse aucun doute sur son sexe. Le nom intermédiaire Van Vleck que désirent lui donner ses parents n'est ni choquant ni absurde. Certes, il n'exclut pas la possibilité d'une confusion, en ce sens qu'un tiers (fonctionnaire ou personne privée) pourrait penser que ce patronyme est en réalité le nom de famille de l'intéressée. Mais ce risque n'est pas suffisant pour faire obstacle au libre choix des parents. En effet, si l'Officier de l'état civil de Begnins a commis une erreur en prenant pour nom de famille du fiancé Van Vleck Bradley, cette erreur a pu être facilement corrigée, et tant le livret de famille délivré aux époux par l'Officier de l'état civil de Zermatt que le permis de séjour remis au mari par le Contrôle de l'habitant de Genève indiquent clairement que son nom est Bradley et ses prénoms Russ Van Vleck. Un prénom formé par un nom et une préposition est sans doute assez rare; la rareté n'est toutefois pas un motif suffisant pour le rejeter ( ATF 71 I 367 ). Il y a d'ailleurs tout lieu de penser que l'intéressée ne se servira pas couramment de ce patronyme comme second prénom du fait de l'aspect composé de celui-ci: la particule Van (qui correspond au "de" français et au "von" allemand) la dissuadera vraisemblablement d'utiliser en Suisse ce second prénom dans la vie de tous les jours. L'enfant pourra faire comme son père, qui abrège Van Vleck en V.V. lorsqu'il signe un acte. Il est du reste d'usage de représenter le "middle name" en la forme écrite par une ou des initiales (les recourants se réfèrent, sur ce point, à la rubrique "Names" de la New Encyclopaedia Britannica, vol. 12, 15e éd., 1975, ainsi qu'à GÖTZ, ZBl 1957, p. 173 No V). Ainsi, bien qu'un nom composé tel que Van Vleck ne soit pas particulièrement idoine pour être admis comme prénom intermédiaire, il n'apparaît pas préjudiciable à l'intérêt de l'enfant; au BGE 116 II 504 S. 511 contraire, il relie celle-ci d'une manière tangible à sa famille paternelle, dans le respect d'une tradition ancestrale. Il résulte de ce qui précède qu'il n'existe pas de raison déterminante, au sens de l' art. 69 al. 2 OEC , de ne pas admettre Van Vleck comme second prénom de l'enfant. g) Il convient encore de relever que l'enfant possède aussi la nationalité américaine de son père, de sorte que, si elle était née aux Etats-Unis, où le prénom Van Vleck aurait été inscrit dans le registre de l'état civil par application du droit étranger ( art. 37 al. 1 LDIP ), l'autorité cantonale de surveillance en matière d'état civil, qui décide de l'inscription de ce fait dans le registre suisse des familles, n'aurait pu, de l'avis de l'Office fédéral de la justice, interdire, en se fondant sur l' art. 40 LDIP , la transcription de ce prénom intermédiaire. Le Département fédéral de justice et police, dans la lettre circulaire qu'il a adressée le 11 octobre 1989 aux autorités cantonales de surveillance en matière d'état civil, a rappelé que les noms de famille et les prénoms sont inscrits tels qu'ils figurent dans les actes de l'état civil, conformément à l' art. 43 al. 1 OEC . Les arrêts du Tribunal fédéral cités par l'autorité cantonale ( ATF 106 II 104 ss et 110 II 325 ss) ne sont pas applicables au présent cas, car ils se rapportent, le premier aux flexions que les règles de la langue étrangère imposent en fonction du sexe de l'intéressé, et le second aux accents que comportent les noms de famille d'origine étrangère; ils ne peuvent justifier la décision du Conseil d'Etat.
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CH_BGE_004
CH
Federation
1ad26e93-036e-464a-a1f8-92950db755fb
Urteilskopf 102 Ib 271 46. Urteil vom 22. Dezember 1976 i.S. Keller gegen Kanton Schwyz und Eidg. Schätzungskommission 9. Kreis
Regeste Enteignung nachbarrechtlicher Unterlassungsansprüche; Minderwertsentschädigung ( Art. 19 lit. a EntG ). Voraussetzungen der von Nationalstrassen ausgehenden übermässigen Lärmeinwirkungen: Begriff der bedeutenden Agglomeration (E. 2); unterschiedliche Beeinträchtigung der einzelnen Gebäudeteile (E. 3b); Minderwert von 10% als schwerer Schaden (E. 4) (Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 271 BGE 102 Ib 271 S. 271 Emil Keller hatte 1953 auf seinem in Altendorf/SZ gelegenen Grundstück GB Nr. 209 ein Zweifamilienhaus gebaut, in welchem er ein Schneideratelier betreibt und mit seiner Familie wohnt. Das Haus befindet sich heute rund 25 m von der Nationalstrasse N 3 entfernt, die am 30. November 1973 dem Verkehr geöffnet wurde. Unter Berufung auf übermässige, vom Betrieb der N 3 herrührende Lärmimmissionen stellte Keller beim Kanton Schwyz das Gesuch um Ausrichtung einer Entschädigung von Fr. 26'000.--; der sich auf Fr. 130'000.-- belaufende Verkehrs- und Handelswert seines Grundstückes sei um mindestens 20% gesunken. BGE 102 Ib 271 S. 272 Am 14. März 1975 beantragte der Kanton Schwyz der Eidg. Schätzungskommission 9. Kreis (ESchK) die Abweisung dieser Forderung. Im Einverständnis mit den Parteien beauftragte die ESchK den Leiter der Lärmbekämpfungsstelle der Stadtpolizei Luzern, im Hause des Enteigneten Lärmmessungen durchzuführen. Der Experte gelangte in seinem am 12. Juni 1975 erstatteten Bericht zum Schluss, der Verkehrslärm im Hause des Enteigneten übersteige heute die Grenze des Erträglichen, vermindere die Leistungsfähigkeit während der Arbeitszeit und störe die Nachtruhe. An der Schätzungsverhandlung schlossen die Parteien einen Teilvergleich ab, worin sie "ohne Präjudiz für eine Entschädigungspflicht zu Lasten des Enteigners" sich damit einverstanden erklärten, den Verkehrswert des Hauses des Enteigneten mit Fr. 135'000.-- anzunehmen. Am 4. Dezember 1976 wies die ESchK das Begehren des Enteigneten ab, überband die Verfahrenskosten dem Enteigner und sprach dem Enteigneten eine Parteientschädigung zu; sie bejahte aufgrund des eingeholten Gutachtens die besondere Schwere und Intensität der Lärmeinwirkung, verneinte dagegen die Spezialität. Keller beantragt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde, das Urteil der ESchK vom 4. Dezember 1975 aufzuheben und den Kanton Schwyz zur Bezahlung einer Entschädigung von Fr. 27'000.--, nebst Zins seit 26. August 1974, zu verurteilen. ESchK und Kanton Schwyz beantragen Abweisung der Beschwerde. Am 25. Mai 1976 führte die Instruktionskommission des Bundesgerichtes zusammen mit dem Oberexperten Prof. W. Furrer an Ort und Stelle einen Augenschein durch, um die Frage der Notwendigkeit von Lärmmessungen zu klären, nachdem sich der von der ESchK eingeholte Expertenbericht als nicht schlüssig erwiesen hatte. Aufgrund der Ergebnisse des Augenscheins und der in früheren Fällen gemachten praktischen Erfahrungen wurde sodann den Parteien ohne vorherige neue Lärmmessungen ein Vergleichsvorschlag unterbreitet, der vom Beschwerdeführer angenommen, vom Kanton Schwyz aber abgelehnt wurde. Daraufhin wurde der Oberexperte Prof. Furrer mit der Durchführung und Auswertung neuer Lärmmessungen betraut. Der Bericht wurde vom Sachverständigen am 14. September 1976 erstattet. Am 23. November 1976 fand in Gegenwart des vorgenannten Experten sowie des Oberexperten Architekt Th. Rimli ein zweiter BGE 102 Ib 271 S. 273 Augenschein statt. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Nach der Rechtsprechung ist eine Entschädigung für Nachteile aus Immissionen nur geschuldet, wenn diese schwer und intensiv sind, den Eigentümer in besonderer Weise treffen und nicht vorhergesehen werden konnten ( BGE 94 I 300 , BGE 95 I 493 , BGE 98 Ib 331 , BGE 100 Ib 201 , BGE 101 Ib 407 ). 2. Die ESchK erklärt in ihrem Entscheid, die Frage der Nichtvorhersehbarkeit des Schadens offen lassen zu wollen. Indessen hat sie unter dem Titel der Spezialität des Schadens ausgeführt, Keller habe das Haus nicht in einer abgeschiedenen und äusserst ruhigen Gegend, sondern am südlichen Dorfrand und damit im Bereich einer Siedlung gebaut. Er habe deshalb "damit rechnen" müssen, dass das Dorf sich ausdehnen und der Verkehr zunehmen werde; Keller könne sich infolgedessen nicht darauf berufen, er werde durch die Immissionen in ganz besonderer Weise betroffen, "weil er ohne den Bau der Autobahn damit habe rechnen können, seinen Beruf weiterhin an einem stillen und abgelegenen Ort ausüben zu können". Das sind jedoch ihrem Inhalt nach Überlegungen, die nicht die Spezialität, sondern die Voraussehbarkeit des Schadens berühren und diese verneinen. Übrigens zielt auch der Kanton Schwyz mit seinem Hinweis auf BGE 98 Ib 331 in dieselbe Richtung. a) Im letztgenannten Entscheid wurde ausgeführt, dass wegen der "concentrations urbaines" und der starken Entwicklung des Automobilverkehrs jeder Eigentümer eines Wohnhauses im Umkreis einer bedeutenden Agglomeration ("importante agglomération") damit rechnen muss, dass Strassen in unmittelbarer Nähe verlegt, verbessert oder vergrössert werden. Damit wurde im damaligen Fall auf die Agglomeration Lausanne und die unmittelbare Nähe einer Kantonsstrasse Bezug genommen. Zudem war schon zuvor in BGE 95 I 495 der Begriff der Agglomeration und ihrer näheren Umgebung dahin verdeutlicht worden, dass darunter das Zentrum einer Ortschaft bzw. der Stadtkern und dessen nächste Umgebung zu verstehen seien. b) Im vorliegenden Fall steht nicht eine bedeutende Agglomeration BGE 102 Ib 271 S. 274 in Frage, und es liegt überdies das Haus des Beschwerdeführers nicht im Ortskern oder in dessen unmittelbarer Umgebung. Vielmehr stellt die ESchK selber fest und wird auch vom Enteigner nicht bestritten, dass es sich am südlichen Rand des Dorfes befindet. Es kann daher nicht gesagt werden, der Beschwerdeführer habe im Jahre 1953, als er das Haus baute, damit rechnen müssen, dass eines Tages in dessen unmittelbarer Nähe eine Autobahn gebaut würde. Daran ändert auch nichts, dass das Haus an der Schlipfstrasse steht. Bei dieser handelt es sich um eine kleinere Quartierstrasse ohne Industrie- und Gewerbeverkehr, die der Zufahrt zu einigen Bauernhöfen und vereinzelten Wohnhäusern dient. 3. a) Die Voraussetzung der Spezialität des Schadens ist nach neuester Rechtsprechung erfüllt, wenn die Einwirkung ausserhalb des Normalen liegt. Das trifft in der Regel zu, wenn sich der Lärm in stochastischen Geräuschen äussert ( BGE 100 Ib 205 ) und er die von der Eidg. Expertenkommission für Lärmfragen aufgestellten Grenzrichtwerte klar übersteigt. Dabei wurde hervorgehoben, dass ein sich in solchen Geräuschen äussernder Lärm vom Menschen nur sehr schwer oder überhaupt nicht programmiert wird, dieser sich also an ihn nicht gewöhnt, und dass vor allem die Lärmspitzen während der Nacht als äusserst störend empfunden werden, wenn sie über die bei 45-50 dB (A) liegende Weckschwelle deutlich hinausgehen. Entsprechend wurde die Übermässigkeit der Lärmeinwirkung als gegeben erachtet, wenn diese Spitzen den Grenzrichtwert um 9 und mehr dB (A) überschreiten ( BGE 101 Ib 407 ). b) Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das Haus des Beschwerdeführers sich vor dem Bau der N 3 in einer ausgesprochen ruhigen Wohnlage befunden hat. Es sind deshalb die für ruhige Wohnzonen gültigen Grenzrichtwerte zugrunde zu legen, nämlich für den Tag L 50 = 55 dB (A) und L 1 = 65 dB (A), für die Nacht L 50 = 45 dB (A) und L 1 = 55 dB (A). Nach dem Expertenbericht Furrer wird auf der der Nationalstrasse zugekehrten Südseite des Erdgeschosses zwar der massgebliche Richtwert L 1 während fünf Wochentagen durchschnittlich um 10 dB (A) überschritten, doch nur zur Nachtzeit (22.00-06.00 Uhr) (Messort 1). Da sich im Erdgeschoss auf der Südseite die Stube und das Schneideratelier BGE 102 Ib 271 S. 275 befinden, die beide abends nicht oder nur während einer kurzen 22.00 Uhr überschreitenden Zeitspanne benutzt werden, kann insoweit von einer speziellen Schädigung nicht gesprochen werden. Die Arbeitstätigkeit während des Tages aber wird durch die Lärmeinwirkung auf die genannten Räume nicht in rechtlich erheblichem Masse beeinflusst, weil der maximal zulässige Schallpegel für Büroarbeiten und vergleichbare Tätigkeiten bei 70 dB (A) liegt und dieser kritische Wert in casu nach den durchgeführten Messungen nicht erreicht wird. Im 1. Stock wurden in den östlich gelegenen Schlafzimmern (Messort 2) keine Überschreitungen der Grenzrichtwerte gemessen, die den Anforderungen eines speziellen Schadens genügen würden. Sie liegen samt und sonders unter 9 dB (A). Dagegen überschreitet die Lärmeinwirkung auf der Westseite, auf welcher sich ebenfalls Schlafzimmer befinden (Messort 3), nachts den Richtwert L 50 um 4-9 dB (A), denjenigen von L 1 um 6-11 dB (A), wobei nach den am zweiten Augenschein vom genannten Experten gemachten ergänzenden Angaben die durchschnittliche Überschreitung des Richtwertes L 1 - ohne Berücksichtigung der am Samstag, den 9. August 1975 gemessenen Spitzenwerte - bei 9 dB (A) liegt. Hinsichtlich der auf der Westseite des 1. Stockwerks gelegenen Schlafzimmer ist demnach der für die Bejahung der Spezialität des Schadens massgebende kritische Wert im Sinne der Rechtsprechung gegeben ( BGE 101 Ib 407 ). Eine Kompensation dieses Wertes durch die an den zwei anderen Messorten ermittelten tieferen Werte fällt ausser Betracht, weil die im oberen Stockwerk bestehende spezielle Schädigung nicht dadurch aus der Welt geschafft wird, dass beispielsweise im Erdgeschoss ein solcher Schaden nicht besteht. c) Die Auffassung der ESchK und des Enteigners, wonach die Voraussetzung der Spezialität zu verneinen sei, weil neben dem Beschwerdeführer auch noch andere Eigentümer in gleicher Weise betroffen würden, geht fehl. Sie würde zu höchst unbilligen Ergebnissen führen und widerspricht auch klarerweise der geltenden Rechtsprechung (vgl. BGE 95 I 491 mit sieben Enteigneten am gleichen Strassenzug, Urteil i.S. Knecht und Kons. vom 8. Mai 1974 mit elf Enteigneten an der gleichen SBB-Linie). 4. Gemäss bundesgerichtlicher Praxis bildet das Ausmass BGE 102 Ib 271 S. 276 der Überschreitung der Grenzrichtwerte auch eine entscheidende Grundlage für die Beurteilung der Frage, ob noch ein rechtlich erheblicher und damit zu entschädigender Minderwert gegeben sei. Der Oberexperte Rimli hat deshalb in Berücksichtigung der von Prof. Furrer ermittelten übermässigen Lärmeinwirkung auf die zwei westlichen Schlafzimmer des oberen Stockwerks sowie des Umstandes, dass eine Zimmerumlegung auf eine ruhigere Gebäudeseite als Möglichkeit einer Schadensabwendung ausser Betracht fällt, den Minderwert auf 10% geschätzt. Dieser Wert hält sich im Rahmen des von der Praxis ausgebildeten Rastersystems und reicht zur Annahme eines schweren Schadens noch aus ( BGE 101 Ib 408 /409). Da der Verkehrswert von den Parteien vergleichsweise auf Fr. 135'000.-- angesetzt worden war, berechnete der genannte Experte die Minderwertsentschädigung auf Fr. 13'500.--. Dieser Betrag entspricht nach der Schätzung des Sachverständigen ungefähr den Kosten, welche der Beschwerdeführer für bauliche Massnahmen (Isolierfenster und Lüftungsaggregat) zur Dämpfung der übermässigen Lärmeinwirkungen aufwenden müsste. Da die Schätzung des Experten weder unhaltbar noch lückenhaft ist, noch gegen den Grundsatz der vollen Entschädigung verstösst, ist dem Beschwerdeführer ein Betrag von Fr. 13'500.-- zuzusprechen.
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de
1,976
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
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1ada3050-9281-45d6-918d-64ed0f8f914c
Urteilskopf 96 III 74 13. Entscheid vom 16. Februar 1970 i.S. Beuret.
Regeste Lastenbereinigung im Konkurs. 1. Frist für die Anfechtung des mit dem Kollokationsplan zur Einsicht aufgelegten und eines nachträglich abgeänderten Lastenverzeichnisses durch Klage oder Beschwerde ( Art. 250 Abs. 1 SchKG ). Die Vorschriften über die Betreibungsferien und deren Einfluss auf den Ablauf der Fristen ( Art. 56 und 63 SchKG ) sind im Konkurs nicht anwendbar (Erw. 1). 2. Sind die Vorschriften über das Verfahren zur Feststellung des Rangverhältnisses zwischen Grundpfandrechten zwingender Natur? (Erw. 2). 3. Voraussetzungen, unter denen der Kollokationsplan, namentlich ein dazu gehörendes Lastenverzeichnis, nachträglich abgeändert werden darf. Fall der nachträglichen Berichtigung des dem Lastenverzeichnis zugrunde liegenden Grundbuchauszugs (Erw. 3). Bereinigungsverfahren im Falle, dass die erfolgte Abänderung des Lastenverzeichnisses nur das Rangverhältnis zwischen Grundpfandrechten betrifft. Verzicht auf die öffentliche Bekanntmachung der Auflegung des abgeänderten Lastenverzeichnisses (Erw. 1, 4). Entsprechende Anwendung der für die Lastenbereinigung im Konkurs grundsätzlich nicht geltenden Art. 37 und 39 VZG . Behandlung einer Beschwerde gegen das Lastenverzeichnis als Bestreitung im Sinne von Art. 37 Abs. 2 VZG (Erw. 4).
Sachverhalt ab Seite 75 BGE 96 III 74 S. 75 Im Konkurs über die Aquasana AG in Fideris erstellte das Konkursamt Jenaz ein Lastenverzeichnis für die Liegenschaft Hotel Aquasana, das die Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. als Gläubigerin eines Inhabertitels im 1. Rang, Harry Beuret und Otto Täschler als Gläubiger von Grundpfandrechten im 2. Rang, Peter Müller als Gläubiger eines Inhabertitels im 3. Rang und vier Bauhandwerker als Gläubiger von Bauhandwerkerpfandrechten im 4. Rang aufführte, ohne die Daten der Eintragung dieser verschiedenen Grundpfandrechte anzugeben. Das Lastenverzeichnis wurde den Grundpfandgläubigern am 19. Februar 1969 unter Verwendung des Betreibungsformulars VZG Nr. 9 Betr. mitgeteilt und als Bestandteil des Kollokationsplans, dessen Auflegung durch das Schweiz. Handelsamtsblatt (Nr. 41 vom 19. Februar 1969) und durch das Amtsblatt des Kantons Graubünden (Nr. 8 vom 21. Februar 1969) öffentlich bekanntgemacht wurde, vom 24. Februar bis 7. März 1969 zur Einsicht aufgelegt. Es blieb unangefochten. Bei der Steigerung vom 2. August 1969 wurde die Hotelliegenschaft der Explica AG zugeschlagen. Da diese die Zahlungsbedingungen nicht erfüllte, erklärte das Konkursamt den Zuschlag am 18. September 1969 als dahingefallen. Gleichzeitig schrieb es den Grundpfandgläubigern, es behalte sich vor, für die zweite Steigerung "eine neue Prüfung der sachdienlichen Unterlagen vorzunehmen." Es erstellte hieraufein neues Lastenverzeichnis, worin an erster Stelle die am 22. Januar/12. Februar 1968 eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechte und hierauf die in den Monaten April bis Juni 1968 eingetragenen vertraglichen BGE 96 III 74 S. 76 Grundpfandrechte im 1. bis 3. Rang aufgeführt wurden. Dieses Verzeichnis wurde den Grundpfandgläubigern am 24. September 1969 durch Formular VZG Nr. 9 Betr. mitgeteilt mit den Bemerkungen: "neu aufgelegt am 26. September 1969"; "Beschwerdefrist bis am 6. Oktober 1969...". Öffentlich bekanntgemacht wurde die Neuauflegung des Lastenverzeichnisses nicht. Am 3. Oktober 1969 führte die Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. Beschwerde mit dem Begehren, das neue Lastenverzeichnis sei aufzuheben und das unangefochtene frühere Lastenverzeichnis als auch für die zweite Steigerung massgebend zu erklären. Am 7. Oktober 1969 führte auch Harry Beuret Beschwerde, mit der er verlangte, die Bauhandwerkerpfandrechte seien in den 4. Rang zu setzen. Die kantonale Aufsichtsbehörde trat am 17. November 1969 auf die Beschwerde Beurets wegen Verspätung nicht ein und wies die Beschwerde der Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. ab. Den Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde hat Beuret an das Bundesgericht weitergezogen, während die Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. nicht rekurriert hat. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. Das Lastenverzeichnis, das zur Feststellung der auf einem Grundstück des Gemeinschuldners lastenden beschränkten dinglichen Rechte nach Bestand, Umfang und Rang erstellt wird ( Art. 125 Abs. 1 VZG , Art. 58 Abs. 2 KV), ist ein Bestandteil des Kollokationsplans ( Art. 125 Abs. 2 VZG ). Der Kollokationsplan kann von den Beteiligten, die mit einer darin enthaltenen Verfügung über eine Konkursforderung oder über den Bestand, Umfang oder Rang eines beschränkten dinglichen Rechts nicht einverstanden sind, durch Klage angefochten werden ( Art. 250 SchKG ). Wegen Verfahrensfehlern, die bei seiner Aufstellung begangen worden sein sollen, können die Beteiligten Beschwerde führen ( Art. 17 SchKG ). Die Frist für beides beträgt zehn Tage seit der öffentlichen Bekanntmachung der Auflegung des Kollokationsplans ( Art. 250 Abs. 1 SchKG ; BGE 93 III 87 ). Die Auflegung des bereinigten Lastenverzeichnisses, gegen das die Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. und der Rekurrent Beuret Beschwerde führten, wurde nicht öffentlich BGE 96 III 74 S. 77 bekanntgemacht, sondern lediglich den beteiligten Grundpfandgläubigern, die zugleich eine Abschrift dieses Verzeichnisses erhielten, angezeigt. Das genügte, da die erfolgte Änderung des Lastenverzeichnisses ausschliesslich das Rangverhältnis unter den Bauhandwerkerpfandrechten einerseits und den vertraglichen Grundpfandrechten anderseits betraf und dieses Rangverhältnis die Kurrentgläubiger in keiner Weise berührt, so dass sie zur Anfechtung des Lastenverzeichnisses in diesem Punkte nicht befugt sind ( Art. 127 Abs. 1 VZG ). Die Frist für die Anfechtung des bereinigten Lastenverzeichnisses, die für alle Beteiligten gleichzeitig beginnen muss (vgl. BGE 62 III 204 , BGE 93 III 87 ), ist unter diesen Umständen vom Tage der - den Beteiligten rechtzeitig angezeigten - Auflegung (26. September 1969) an zu berechnen. Sie lief also, wie in der Mitteilung des Konkursamtes angegeben, mit dem 6. Oktober 1969 ab. Die erst am 7. Oktober 1969 zur Post gegebene Beschwerde Beurets war daher, wie die Vorinstanz angenommen hat, verspätet, was in der Rekursschrift nicht bestritten wird. Die Auflegung des bereinigten Lastenverzeichnisses und deren Anzeige erfolgten freilich während der vom 14. bis 28. September 1969 dauernden Bettags-Betreibungsferien ( Art. 56 Ziff. 3 SchKG ). Die Handlungen des Konkursamtes und der Konkursverwaltung sind jedoch keine Betreibungshandlungen im Sinne von Art. 56 SchKG (JAEGER N. 3 zu Art. 56 SchKG ). Auch Art. 63 SchKG , wonach eine während der Betreibungsferien ablaufende Frist bis zum dritten Tag nach dem Ende der Ferienzeit verlängert wird, ist auf die Fristen im Konkursverfahren nicht anwendbar ( BGE 88 III 33 E. 1). Die Vorschriften über die Betreibungsferien beruhen auf dem Gedanken, dass der Schuldner während bestimmter Zeiten der Sorge um gegen ihn gerichtete Betreibungen enthoben sein soll ( BGE 73 III 92 E. 2). Diese Erwägung ist im Falle des Konkurses gegenstandslos. Es bleibt also dabei, dass die Beschwerde verspätet ist. 2. Die Frage, ob das Konkursamt das frühere Lastenverzeichnis von sich aus abändern durfte, ist trotz der Verspätung der Beschwerde zu prüfen, wenn die Vornahme dieser Änderung gegen Verfahrensvorschriften verstösst, die im öffentlichen Interesse oder im Interesse eines unbestimmten Kreises Dritter aufgestellt wurden und daher zwingend sind (vgl. BGE 93 III 87 mit Hinweisen). In diesem Falle ist das BGE 96 III 74 S. 78 neue Lastenverzeichnis ohne Rücksicht darauf, ob es wegen des begangenen Verfahrensfehlers rechtzeitig durch Beschwerde angefochten wurde, als schlechthin nichtig von Amtes wegen aufzuheben. Ob die Vorschriften über das Verfahren zur Feststellung des gegenseitigen Rangverhältnisses der Grundpfandrechte, die durch die erfolgte Abänderung allenfalls verletzt worden sein könnten, zwingender Natur seien, ist indessen zweifelhaft, weil die Feststellung dieses Verhältnisses, wie schon erwähnt, nur die Grundpfandgläubiger berührt, also nur für einen begrenzten Personenkreis von Bedeutung ist (vgl. BGE 93 III 87 , wo mit entsprechender Begründung angenommen wurde, eine gegen Art. 63 Abs. 1 KV verstossende Kollokationsverfügung sei nicht schlechthin nichtig). Diesen Punkt näher zu prüfen, erübrigt sich jedoch, wenn sich ergibt, dass die erfolgte Abänderung verfahrensrechtlich zulässig war. 3. Als Bestandteil des Kollokationsplans wird das Lastenverzeichnis, wenn es innert der Frist für die Anfechtung des Kollokationsplans ( Art. 250 Abs. 1 SchKG ) nicht angefochten wird, mit dem Ablauf dieser Frist rechtskräftig. Das rechtskräftig gewordene Lastenverzeichnis gilt nach Art. 65 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 130 Abs. 1 VZG grundsätzlich auch für eine allfällige zweite Steigerung. Die Auffassung der Vorinstanz, die Konkursverwaltung könne ein rechtskräftiges Lastenverzeichnis abändern, wenn sich herausstellt, dass eine ihm zugrundeliegende Angabe des Grundbuchamtes unrichtig ist, lässt sich entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht auf Art. 251 Abs. 4 SchKG stützen, wonach die Konkursverwaltung den Kollokationsplan abändert, wenn sie eine verspätete Konkurseingabe für begründet hält. Die Abänderung des Kollokationsplans wegen Zulassung einer verspäteten Konkurseingabe und die Abänderung des zum Kollokationsplan gehörenden Lastenverzeichnisses wegen Entdeckung eines Irrtums des Grundbuchamtes sind verschiedene Dinge. Auch die von den Beschwerdegegnern angerufenen Bestimmungen über die Abänderung des Kollokationsplans während der Beschwerdefrist und im Prozess (Art. 65 f. KV) erlauben die erfolgte Änderung nicht. Der Grundsatz, dass ein rechtskräftiger Kollokationsplan unter Vorbehalt der Berücksichtigung verspäteter Konkurseingaben so wenig wie ein gerichtliches Urteil nachträglich einseitig abgeändert werden kann ( BGE 52 III 121 , BGE 87 III 84 ), BGE 96 III 74 S. 79 gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Vielmehr kann eine vom Konkursbeamten verschuldete Unterlassung eine nachträgliche Ergänzung des Kollokationsplans rechtfertigen ( BGE 55 III 43 E. 1, 44 E. 2 am Ende). Ferner ist bei der Verteilung, die grundsätzlich auf Grund des rechtskräftigen Kollokationsplans zu erfolgen hat ( Art. 261 SchKG ), gegebenenfalls auf eine seit der Kollokation eingetretene Änderung des Rechtsverhältnisses Rücksicht zu nehmen ( BGE 39 I 662 ff., BGE 52 III 121 , BGE 87 III 84 ; vgl. BGE 90 III 47 /48), was sich praktisch gleich auswirkt wie eine Abänderung des Kollokationsplans. Die neueste Rechtsprechung schliesst auch die Möglichkeit einer Revision des Kollokationsplans wegen neuer Tatsachen nicht aus ( BGE 90 III 48 oben; vgl. BGE 33 I 687 E. 5, wo offen gelassen wurde, ob diese Möglichkeit bestehe). Mit Bezug auf die Lastenbereinigung bei der Grundpfandverwertung, die im hier interessierenden Punkte den gleichen Grundsätzen unterliegt wie die Lastenbereinigung im Konkurs, hat das Bundesgericht in BGE 76 III 44 angenommen, eine nach Erstellung des Lastenverzeichnisses eingetretene Änderung der Verhältnisse rechtfertige die Anordnung eines nachträglichen Bereinigungsverfahrens, wenn sich bestimmte Rechteu nd erhebliche Interessen nur so genügend wahren lassen. Im vorliegenden Falle führte der Grundbuchauszug vom 6. Januar 1969, der dem ersten Lastenverzeichnis zugrunde lag, an erster Stelle die vertraglichen Pfandrechte im 1. bis 3. Rang und an zweiter Stelle die Bauhandwerkerpfandrechte auf, ohne deren Rang, der nach Art. 50 und 40 Abs. 1 lit. e GBV im Grundbuch anzugeben ist (vgl. BGE 63 III 3 ), ausdrücklich zu bezeichnen. Obwohl dieser Auszug für die vertraglichen Pfandrechte ein späteres Datum (27. April 1968) angab als für die Bauhandwerkerpfandrechte (22. Januar/12. Februar 1968), legte er den - vom Konkursamt im ersten Lastenverzeichnis daraus gezogenen - Schluss nahe, die Bauhandwerkerpfandrechte seien als den vertraglichen Pfandrechten nachgehende Belastungen eingetragen, zumal da die "zum bessern Verständnis der Situation" beigefügte Aufstellung über die Belastungen, die am 13. Januar 1968 (im Zeitpunkt einer Intervention des Grundbuchinspektors) bestanden hatten, den Bauhandwerkern ausdrücklich den letzten (7.) Rang zuwies. Demgegenüber führte ein neuer Grundbuchauszug vom 24. Juni 1969 zuerst die am 22. Januar/12. Februar 1968 eingetragenen Bauhandwerkerpfandrechte und BGE 96 III 74 S. 80 hierauf die am 27. April/3. Mai/26. Juni 1968 eingetragenen vertraglichen Pfandrechte auf. Wenn dieser zweite Auszug, dem das neue Lastenverzeichnis entspricht, richtig ist und die darin wiedergegebenen Eintragungen ihrerseits stimmen, geniessen die Bauhandwerkerpfandrechte gegenüber den vertraglichen Pfandrechten gemäss Art. 972 Abs. 1 ZGB den Vorrang. Diesen können die Bauhandwerker im Konkurs der Grundeigentümerin nur bei Anordnung eines nachträglichen Bereinigungsverfahrens zur Geltung bringen. Anders als die Frage der richtigen Anwendung des Art. 840 ZGB , der den Bauhandwerkern untereinander den gleichen Anspruch auf Befriedigung aus dem Pfande gewährleistet (vgl. hiezu BGE 63 III 1 ff.), kann nämlich die Frage des Rangverhältnisses zwischen den Bauhandwerkerpfandrechten einerseits und den vertraglichen Pfandrechten anderseits mit einer Beschwerde gegen die Verteilungsliste (Art. 88 KV, BGE 86 III 34 ) nicht mehr aufgeworfen werden, und die Klage aus Art. 841 ZGB , deren Gutheissung gemäss Art. 117/132 VZG bei der Verteilung zu berücksichtigen ist, wenn sie innert der vom Amte gemäss Art. 117 Abs. 1/132 VZG angesetzten Frist eingeleitet wurde, gewährt den Bauhandwerkern nur im Rahmen und unter den besondern Voraussetzungen des Art. 841 ZGB den Ersatz eines allfälligen Ausfalls. Die Bauhandwerker haben also nach dem neuen Grundbuchauszug, der dem Konkursamt nach der Aufstellung des ersten Lastenverzeichnisses zuging, bestimmte Rechte und erhebliche Interessen, die sich nur dann genügend wahren lassen, wenn im Hinblick auf den Eingang des neuen Grundbuchauszuges und die damit eingetretene Änderung der Verhältnisse im Sinne von BGE 76 III 44 ein nachträgliches Bereinigungsverfahren angeordnet wird, d.h. wenn das Konkursamt - wie geschehen - auf Grund des neuen Auszuges ein neues Lastenverzeichnis erstellt und dieses der Anfechtung durch die Beteiligten (d.h. durch die zurückgesetzten Gläubiger der vertraglichen Pfandrechte) unterwirft. Dieses Vorgehen rechtfertigt sich um so eher, als die Bauhandwerker angesichts des dargestellten Inhalts des ersten Grundbuchauszugs (den sie für richtig halten durften) keinen unmittelbaren Anlass hatten, das erste Lastenverzeichnis anzufechten. Auch erscheint von vorneherein als gegeben, dass die Konkursverwaltung, welche die aus den öffentlichen Büchern ersichtlichen Ansprüche von Amtes wegen zu berücksichtigen und zu diesem Zweck einen Grundbuchauszug einzufordern hat ( Art. 226 und 246 SchKG , BGE 96 III 74 S. 81 Art. 26 KV, Art. 34 lit. b VZG ; Formular VZG Nr. 9 K), eine vom Grundbuchamt vorgenommene Berichtigung dieses Auszugs ebenfalls von Amtes wegen berücksichtigt. Einer solchen Berichtigung nicht Rechnung zu tragen und die durch den Irrtum des Grundbuchamtes benachteiligten Gläubiger kurzerhand auf den Weg der Verantwortlichkeitsklage nach Art. 955 ZGB zu verweisen, wäre unbefriedigend. Die erfolgte Abänderung des Lastenverzeichnisses war also verfahrensrechtlich zulässig, womit über die materielle Richtigkeit des neuen Verzeichnisses, welche die Vorinstanz bejahen zu können glaubte, nichts gesagt ist. 4. Da das Lastenverzeichnis ein Bestandteil des Kollokationsplans ist, sind Einwendungen gegen die darin enthaltenen Feststellungen über den Bestand, den Umfang und den Rang von Grundpfandrechten innert der Frist von Art. 250 Abs. 1 SchKG durch Klage geltend zu machen (Erw. 1 Abs. 1 hievor). Nach dem Wortlaut des Gesetzes würde das auch für Einwendungen gegen den Inhalteines nachträglich abgeänderten Lastenverzeichnisses gelten. Im vorliegenden Falle hat jedoch das Konkursamt die Auflegung des abgeänderten Lastenverzeichnisses nicht öffentlich bekannt gemacht. Wie in Erwägung 1 Absatz 2 hievor ausgeführt, durfte es hievon absehen, da die Änderung nur das gegenseitige Rangverhältnis zwischen den Bauhandwerkerpfandrechten und den vertraglichen Pfandrechten betraf. Genügte es demzufolge, dass das Amt die Auflegung des neuen Lastenverzeichnisses unter Zustellung einer Abschrift den Grundpfandgläubigern anzeigte, so ist auch nicht zu beanstanden, dass es den Beteiligten durch Verwendung des Betreibungsformulars VZG Nr. 9 Betr. (Mitteilung des Lastenverzeichnisses) Gelegenheit gab, die im neuen Lastenverzeichnis aufgeführten Ansprüche binnen zehn Tagen vom Empfang der Anzeige (so Ziff. 1 des Vordrucks) oder vielmehr (vgl. Erw. 1 Abs. 2 hievor) vom darin angegebenen Datum der Auflegung an durch Erklärung an das Amt zu bestreiten, obwohl Art. 37 VZG , der die Bestreitung der im Verzeichnis aufgeführten Ansprüche durch Erklärung an das Betreibungsamt vorsieht, für die Lastenbereinigung im Konkursverfahren grundsätzlich nicht gilt. Auf jeden Fall lag in diesem Vorgehen bei der gegebenen Sachlage nicht ein Verfahrensfehler, gegen den von Amtes wegen einzuschreiten wäre. (Dass das Konkursamt das erwähnte Betreibungsformular auch schon verwendete, als es das erste BGE 96 III 74 S. 82 Lastenverzeichnis zusammen mit dem Kollokationsplan auflegte, war dagegen unrichtig, doch entstand daraus praktisch offenbar kein Nachteil und ist dieser Fehler auf jeden Fall heute nicht mehr von Bedeutung.) Die entsprechende Anwendung von Art. 37 VZG zieht diejenige von Art. 39 VZG nach sich. Sofern die Gläubiger vertraglicher Grundpfandrechte, die an der Anfechtung des neuen Lastenverzeichnisses allein interessiert sein können, dieses durch Erklärung an das Konkursamt bestritten haben, ist ihnen nach Art. 39 VZG Frist zur Klage gegen die Bauhandwerker zu setzen. Das entspricht auch der Parteirollenverteilung, wie Art. 127 Abs. 2 VZG sie für die Bestreitung des einem Pfandgläubiger zugewiesenen Rangs durch einen andern auf dem normalen Wege der Kollokationsklage vorsieht. Ob und allenfalls welche Gläubiger vertraglicher Grundpfandrechte den Rang, den das neue Lastenverzeichnis den Bauhandwerkerpfandrechten zubilligt, durch Erklärung an das Konkursamt rechtzeitig bestritten haben, ist aus den vorliegenden Akten nicht ersichtlich. Das Konkursamt hat das anhand der Konkursakten zu prüfen und gegebenenfalls den bestreitenden Grundpfandgläubigern im angegebenen Sinne Frist zur Klage zu setzen. Da die vom Konkursamt am 24. September 1969 erlassenen Mitteilungen des Lastenverzeichnisses den vorgedruckten Bestimmungen über die Bestreitung der Lasten durch Erklärung an das Amt den maschinengeschriebenen Hinweis auf die Beschwerdefrist voranstellten und da das vom Konkursamt eingeschlagene Verfahren immerhin ungewöhnlich war und der Formulartext nicht in allen Teilen der Verwendung im Konkursverfahren angepasst wurde, konnte bei den Gläubigern vertraglicher Grundpfandrechte eine gewisse Unsicherheit darüber entstehen, wie sie vorzugehen hatten. Daher rechtfertigt es sich, die auf dem Beschwerdeweg erfolgten Bestreitungen des neuen Lastenverzeichnisses den an das Konkursamt gerichteten Bestreitungen gleichzustellen, d.h. auch den Gläubigern, die das neue Lastenverzeichnis lediglich durch Beschwerde angefochten haben, wie das für die Spar- und Leihkasse Schmerikon in Liq. und für den Rekurrenten zuzutreffen scheint, Frist zur Klage gegen die Bauhandwerker zu setzen. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.
null
nan
de
1,970
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1adc30a4-a756-4074-a2ba-8488862c552a
Urteilskopf 98 Ia 659 96. Auszug aus dem Urteil vom 29. November 1972 i.S. Immobiliengesellschaft Mühlenplatz Luzern AG gegen Regierungsrat des Kantons Luzern.
Regeste Eigentumsgarantie, Art. 22ter BV . Ehehaftes Tavernenrecht im Kanton Luzern. 1. Das auf einem Haus ruhende Tavernenrecht ist notwendig mit dem Grundstück verbunden und kann nicht losgelöst von diesem allein mit dem Haus verknüpft sein (Erw. 4). 2. Das ehehafte Tavernenrecht ist nach der luzernischen Gesetzgebung ein wohlerworbenes Privatrecht und steht unter dem Schutz der Eigentumsgarantie. Voraussetzungen für dessen Aufhebung (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 660 BGE 98 Ia 659 S. 660 A.- Das luzernische Gesetz betreffend das Wirtschaftsgewerbe und den Handel mit geistigen Getränken vom 16. Februar 1910, abgeändert und ergänzt am 26. Januar 1937, lässt neben den Personalwirtspatenten (§ 10 ff.) noch die alten Realwirtsrechte zu (§ 3 ff.). Das Realwirtsrecht enthält nach § 4 WG entweder die Befugnis zur Beherbergung und zum Betriebe aller übrigen Zweige des Wirtschaftsgewerbes (Gasthäuser) oder das Recht bloss teilweiser Ausübung des Gewerbes (Wein-, Most- und Bierschenken). § 5 lautet: "Neue Realwirtsrechte werden nicht mehr erteilt. Die alten Realwirtsrechte bleiben in ihrem bisherigen Rechtsbestande anerkannt. Der Regierungsrat wird ermächtigt, die allmähliche Ablösung derselben auf dem Wege der freiwilligen Übereinkunft mit den Inhabern herbeizuführen. Die bezüglichen Verträge sind dem Grossen Rate zur Genehmigung vorzulegen." § 7 WG regelt die Erweiterung der zu Wirtschaftszwecken benützten Räumlichkeiten, welche nur mit Bewilligung des Regierungsrats statthaft ist und einer Patenttaxe unterliegt. § 8 WG bestimmt: Die Übertragung eines Realrechtes auf ein anderes Gebäude ist unstatthaft. Ausnahmsweise kann der Regierungsrat die Übertragung bewilligen, wenn die in der gleichen Gemeinde befindlichen neuen Lokalitäten sich für den Wirtschaftsbetrieb wesentlich besser eignen und ein Wechsel in der Person des Wirts nicht eintritt. Sind die neuen Wirtschaftsräumlichkeiten grösser als die bisherigen, so kommt die Bestimmung über die Erweiterung der Realrechte zur Anwendung." B.- Die Immobiliengesellschaft Mühlenplatz Luzern AG ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. 254 GB Luzern, rechtes Ufer. Die Liegenschaft grenzt an den Mühlenplatz, die Rössligasse und den Löwengraben. Das darauf stehende Gebäude trägt die Hausnummern Löwengraben 33 und 35, Mühlenplatz 15 sowie Rössligasse 18 und 20. Früher befand sich auf diesem Grundstück das Hotel Rössli, welches aufgrund eines Realwirtsrechts als Realtaverne betrieben wurde. Das Hotel hatte im Erdgeschoss und im ersten Stock 363 m2 Wirtschaftsräumlichkeiten BGE 98 Ia 659 S. 661 , und mit den Hotelräumlichkeiten von 981 m2 wies es eine totale Nutzfläche von 1344 m2 auf. Im Jahre 1947 wurde das Hotel Rössli abgebrochen, und an seiner Stelle errichtete man ein Warenhaus. Das Gesuch der Grundeigentümerin, aufgrund des alten Realtavernenrechts im neu erbauten Warenhaus ein Selbstbedienungsrestaurant von 90 m2 Grundfläche betreiben zu dürfen, wurde damals bewilligt. In der vom Staatswirtschaftsdepartement namens des Regierungsrats erlassenen Verfügung vom 29. November 1947 wurde das Realtavernenrecht zum Rössli als in seinem bisherigen Umfang von 1344 m2 nutzbarer Wirtschaftsfläche bestehend anerkannt. Sodann wurde festgehalten, dass die beschränkte Ausübung dieses Realtavernenrechts zum Rössli als Selbstbedienungsrestaurant im Warenhaus mit vorläufig 90 m2 Wirtschaftsfläche unter dem Vorbehalt der wirtschaftspolizeilichen Vorschriften ( § 27 WG ) sowie derjenigen über die Konzessionierung eines fachlich ausgewiesenen Wirtes ( § 18 ff. WG ) stehe. Die Durchführung eines Translokationsverfahrens nach § 8 WG falle dahin. C.- Im Jahre 1970 liess die Immobiliengesellschaft Mühlenplatz Luzern AG im Einvernehmen mit der Neuen Warenhaus AG (EPA) als Mieterin das Warenhaus umbauen und erweitern. Zum Umbau gehörte die Beseitigung des bisherigen Selbstbedienungsrestaurants im Erdgeschoss am Löwengraben 33. Dafür wurde im ersten Stock des Gebäudes Mühlenplatz 15/Rössligasse 18/20 ein neues Speiserestaurant mit 241 m2 Wirtschaftsfläche errichtet. D.- Über das Gesuch betreffend die Verlegung des Wirtschaftsbetriebes entschied der Regierungsrat des Kantons Luzern am 20. März 1972, indem er eine Übertragung des Realtavernenrechts z. Rössli vom Haus Löwengraben 33 auf das Haus Mühlenplatz 15/Rössligasse 18 und 20 abwies; zudem wurde festgestellt, dass das Realtavernenrecht z. Rössli durch einseitigen Verzicht der Rechtsinhaberin erloschen sei, was im Grundbuch von Amtes wegen anzumerken sei; den Gesuchstellen wurde dafür die Erteilung eines Wirtschaftspatentes nach § 10 lit. c. WG für den Betrieb des neuen Warenhausrestaurants zugesichert (Beschluss Nr. 1038). Er ging davon aus, dass die nachgesuchte Verlegung des Wirtschaftsbetriebs einer sogenannten Translokationsbewilligung im Sinne von Art. 8 WG bedürfe. Die Realwirtsrechte seien nämlich, entgegen BGE 98 Ia 659 S. 662 der in der früheren regierungsrätlichen Praxis vertretenen Auffassung, mit dem Hause und nicht mit dem Grundstück verbunden. Werde über die Translokation befunden, so sei dabei zu prüfen, ob das alte Realtavernenrecht noch so wie früher bestehe. Das neue Warenhaus am Mühlenplatz/Rössligasse habe mit dem alten Hotel Rössli nichts mehr gemein. Die alte Wirtschaft zum Rössli sei ein Gasthaus mit dem Rechte der Beherbergung und zum Betriebe aller übrigen Zweige des Wirtschaftsgewerbes mit einer Nutzfläche von 1344 m2 gewesen, während die neue Wirtschaft bloss als Wein-, Most- und Bierschenke auf etwa einem Fünftel der Nutzfläche betrieben werde. Da zum Realwirtsrecht auch die Pflicht gehöre, das Recht in vollem Umfange auszuüben, liege in dieser Änderung eine unzulässige Veränderung im Rechtscharakter der Realtaverne und damit ein Verzicht auf das alte Realtavernenrecht zum Rössli. Dieses Recht könne somit auch nicht mehr auf das Warenhaus Mühlenplatz 15/Rössligasse 18/20 übertragen werden. E.- Die Immobiliengesellschaft Mühlenplatz Luzern AG hat gegen diesen Entscheid des Regierungsrats des Kantons Luzern vom 20. März 1972 staatsrechtliche Beschwerde erhoben. Sie macht Verletzungen von Art. 4 BV , wie insbesondere des rechtlichen Gehörs, und der Eigentumsgarantie ( Art. 22ter BV ) geltend und beantragt die Aufhebung von Disp. Ziff. 1 und 2 des angefochtenen Entscheids. Die Begründung der Beschwerde wird, soweit nötig, in den nachstehenden Erwägungen wiedergegeben. F.- Der Regierungsrat des Kantons Luzern beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Der Regierungsrat bestreitet nicht, dass sich die Häuser Löwengraben 33 und Mühlenplatz 15/Rössligasse 18/20 auf dem selben Grundstück Nr. 254 befinden. Nach seiner Ansicht liegt jedoch auch dann eine Übertragung des Realwirtsrechts im Sinne von § 8 WG vor und bedarf es somit einer Translokationsbewilligung, wenn die Wirtschaft in ein anderes Gebäude verlegt wird, das sich auf dem gleichen Grundstück befindet. Dies aufgrund der Annahme, dass das Tavernenrecht nicht mit dem Grundstück, sondern allein mit dem Gebäude verhaftet sei. Der Regierungsrat setzt sich damit in Widerspruch zu BGE 98 Ia 659 S. 663 seiner früheren Praxis, welche auch der Verfügung vom 29. November 1947 betreffend die Umwandlung des alten Hotels Rössli in ein Warenhausrestaurant zugrunde lag. Die Überlegungen, welche ihn im Jahre 1970 zu dieser Praxisänderung veranlassten (Amtliche Übersicht 1970 Nr. 16) und die im angefochtenen Entscheid wiedergegeben sind, haben wohl den Wortlaut von § 8 Abs. 1 WG für sich. Sie gehen jedoch an zwingenden sachenrechtlichen Grundsätzen vorbei und sind deshalb unhaltbar. Nach dem Akzessionsprinzip, welches auch im alten luzernischen Sachenrecht galt (vgl. die Art. 241, 280 des Luzerner B.G.B. und Erläuterungen dazu von Kasimir PFYFFER, insbes. N 1 zu Art. 280), umfasst das Eigentum an Grund und Boden auch die Bauten. Ein auf einem Grundstück errichtetes Gebäude wird kraft zwingenden Rechts dessen Bestandteil und hat kein eigenes rechtliches Schicksal (MEIER-HAYOZ, Komm. zum Sachenrecht, Art. 667 B. S. 246, N 5 S. 250). Das auf einem Haus ruhende Tavernenrecht ist deshalb notwendig mit dem Grundstück verbunden und kann nicht losgelöst von diesem allein mit dem Haus verknüpft sein. Freilich ist die Ausübung des Realwirtsrechts mit dem Haus verbunden, setzt sie doch ein Wirtschaftsgebäude voraus. Das Recht selbst kann aber nur an das Grundstück, zu welchem das Wirtschaftsgebäude zwingend gehört, geknüpft sein (LIVER, a.a.O., Einleitung N 128; Oskar KORNER, Die luzernischen Realwirtsrechte, Luzern 1915, S. 126; Gustav BILLETER, Die ehehaften Tavernenrechte im Kanton Zürich, Diss. Zürich 1928, S. 98 ff.). Eine Übertragung des Rechts liegt demnach einzig dann vor, wenn es auf ein anderes Grundstück verlegt wird. Spricht § 8 Abs. 1 WG von der Übertragung auf ein anderes Gebäude, so kann damit nur ein Gebäude auf einem anderen Grundstück gemeint sein. Die Autoren, welche sich mit den ehehaften Tavernenrechten befassen, verwenden denn auch in diesem Zusammenhang die Begriffe Gebäude und Grundstück bzw. Liegenschaft als gleichbedeutend, was der Regierungsrat verkennt (BILLETER, a.a.O., z.B. S. 104 f.; KORNER, a.a.O., z.B. S. 122 f.). Werden die Wirtschaftsräumlichkeiten vom Löwengraben 33 auf das auf dem gleichen Grundstück Nr. 254 stehende Gebäude Mühlenplatz 15/Rössligasse 18/20 verlegt, so liegt darin keine Übertragung des Realtavernenrechts zum Rössli. Die Verlegung untersteht somit nicht einer Translokationsbewilligung nach § 8 WG . Das von der Beschwerdeführerin BGE 98 Ia 659 S. 664 unterbreitete Projekt ist nur daraufhin zu prüfen, ob eine Erweiterung der Wirtschaftsräumlichkeiten im Sinne von § 7 WG vorliegt. Im übrigen ist das Verlegungsgesuch allein unter wirtschaftspolizeilichen Gesichtspunkten ( § 27 ff. WG ) zu beurteilen. Disp. Ziff. 1 des angefochtenen Entscheids ist daher aufzuheben. 5. Der Regierungsrat hat in Disp. Ziff. 2 des angefochtenen Entscheids überdies verbindlich festgestellt, dass das Realtavernenrecht zum Rössli durch einseitigen Verzicht der Rechtsinhaberin erloschen sei, und dessen Löschung im Grundbuch angeordnet. Damit wurde über den Bestand des Rechts endgültig entschieden. Auf die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge der Verletzung der Eigentumsgarantie ist daher einzutreten ( BGE 80 I 244 , BGE 68 I 157 mit Verweisungen, nicht publ. Entscheid i.S. Brügger vom 20. Oktober 1971). a) Nach der für öffentliche Eigentumsbeschränkungen geltenden Regel sind Eingriffe in wohlerworbene Privatrechte nur zulässig, wenn sie auf gesetzlicher Grundlage beruhen und im öffentlichen Interesse liegen; bei Eigentumsbeschränkungen, die einer Enteignung gleichkommen, ist zudem volle Entschädigung zu leisten ( BGE 97 I 795 ; BGE 96 I 727 mit Verweisungen). Eingriffe in die von der kantonalen Rechtsordnung als Privatrechte anerkannten Realwirtsrechte sind deshalb nur unter diesen Voraussetzungen mit Art. 22ter BV vereinbar. Indem der Regierungsrat das Realwirtsrecht zum Rössli für erloschen erklärte und dessen Löschung im Grundbuch anordnete, hat er es aufgehoben. Das stellt einen besonders schweren Eingriff ins Eigentum dar. Das Bundesgericht prüft daher frei, ob er auf einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage beruht ( BGE 98 Ia 38 mit Verweisungen). b) "Gesetzlich" ist die Grundlage einer Eigentumsbeschränkung dann, wenn sie in einem Gesetz im materiellen Sinne, d.h. in einer allgemeinen, generell-abstrakten Norm enthalten ist, die sich ihrerseits als verfassungsmässig erweist ( BGE 97 I 796 , BGE 90 I 323 mit Verweisungen). Der Regierungsrat erklärt das Realwirtsrecht zum Rössli als erloschen, weil es nicht mehr im gleichen Umfang wie früher ausgeübt wird. Im alten Hotel zum Rössli wurde die zum Tavernenrecht gehörende Befugnis zur Beherbergung ausgeübt, während im neuen Warenhaus nurmehr eine Speisewirtschaft geführt wird. Eine Gesetzesvorschrift, welche vorsieht, dass BGE 98 Ia 659 S. 665 der Inhaber eines Realwirtsrechts dieses Rechts verlustig geht, wenn er es nicht oder bloss teilweise ausübt, wird jedoch nicht genannt und ist auch nicht zu finden. Nach § 5 Abs. 2 WG werden die alten Realwirtsrechte in ihrem bisherigen Rechtsbestande anerkannt. Als Möglichkeit ihrer Aufhebung ist einzig vorgesehen, dass der Regierungsrat ihre allmähliche Ablösung auf dem Wege der freiwilligen Übereinkunft mit den Inhabern herbeiführen kann. Dass die Rechte wegen gänzlicher oder sogar nur teilweiser Nichtausübung untergehen können, bestimmt das Gesetz weder ausdrücklich noch dem Sinne nach. Wenn der Regierungsrat sich auf die zürcherische Rechtsprechung beruft, wonach in Anbetracht einer mit dem Tavernenrecht verbundenen Pflicht zu Wirten die Nichtausübung des Rechts dessen Verwirkung nach sich zieht, so verkennt er, dass im Kanton Zürich diese Folge des Rechtsverlustes ausdrücklich im Gesetz vorgesehen ist ( § 113 WG ZH; vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 29. September 1939, in Zbl 40/1939 S. 559 f.). Der Regierungsrat sieht, offenbar im Bewusstsein, dass im luzernischen Recht kein Rechtssatz die Verwirkung des Tavernenrechts wegen Nichtausübung zulässt, in der nurmehr teilweisen Ausübung des Tavernenrechts zum Rössli durch die Beschwerdeführerin einen einseitigen Verzicht auf das Recht. Er nimmt wohl an, dass damit eine freiwillige Übereinkunft im Sinne von § 5 Abs. 3 WG vorliege, wobei allerdings übersehen würde, dass dazu die Genehmigung des Grossen Rates nötig wäre. Wie man jedoch dazu kommen kann, in einem teilweisen Verzicht auf die Ausübung eines Privatrechts eine unzulässige Veränderung von dessen Rechtscharakter zu erblicken und dies überdies als einen Verzicht auf das Recht selbst, und zwar auf das ganze, zu betrachten, lässt sich mit keinen rechtlichen Überlegungen erklären. Der in Disp. Ziff. 2 des angefochtenen Entscheids ausgesprochenen Aufhebung des Tavernenrechts, das durch einseitigen Verzicht der Rechtsinhaberin für erloschen erklärt wird, fehlt die gesetzliche Grundlage. Der Entscheid verstösst somit gegen Art. 22ter BV und ist aufzuheben. Unter diesen Umständen kann dahingestellt bleiben, ob der Entscheid nicht schon mit Rücksicht auf die Verfügung vom 29. November 1947, welche den Bestand des Tavernenrechts zugesichert hatte, unzulässig gewesen wäre. BGE 98 Ia 659 S. 666 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird gutgeheissen und Disp. Ziff. 1 und 2 des Entscheids des Regierungsrats des Kantons Luzern vom 20. März 1972 werden aufgehoben.
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Urteilskopf 113 Ib 369 58. Estratto della sentenza 28 gennaio 1987 della I Corte di diritto pubblico nella causa Klinge c. Comune di Sonvico e Tribunale amministrativo del Cantone Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Kantonaler Entscheid über eine Entschädigung für materielle Enteignung aufgrund einer Planungsmassnahme gemäss RPG; Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid, der in Anwendung einer kantonalen Bestimmung über die Verjährungs- bzw. Verwirkungsfrist ergangen ist, innerhalb der der Betroffene seine Ansprüche geltend zu machen hat, ist mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde i.S. von Art. 34 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 2 RPG anzufechten; gemäss Art. 34 Abs. 2 RPG sind auch der Kanton und die Gemeinde befugt die Verletzung einer solchen kantonalen Bestimmung zu rügen.
Erwägungen ab Seite 369 BGE 113 Ib 369 S. 369 Dai considerandi: 1. a) La sentenza impugnata costituisce una decisione cantonale d'ultima istanza concernente il rifiuto di un'indennità BGE 113 Ib 369 S. 370 per una restrizione della proprietà che si pretende equivalente ad espropriazione e che deriva da una misura pianificatoria retta dalla LPT: essa è quindi suscettibile d'essere impugnata con ricorso di diritto amministrativo in virtù degli art. 34 cpv. 1 e 5 cpv. 2 LPT, 97 cpv. 1 e 98 lett. g OG ( DTF 109 Ib 261 consid. 1, 107 Ib 229 segg.). La legittimazione del ricorrente, che è colpito da questa sentenza e che ha un interesse degno di protezione al suo annullamento o alla sua modificazione, non dà adito a dubbi e risulta dall' art. 103 lett. a OG . b) Vero è che, nel caso in rassegna, il Tribunale amministrativo ha considerato che la pretesa d'indennità formulata dal ricorrente era innanzitutto perenta ai sensi dell'art. 39 cpv. 1 della legge cantonale d'espropriazione (LCEspr), vale a dire di una norma del diritto ticinese che il Cantone non era tenuto ad adottare in virtù della legislazione federale. Ciò non significa tuttavia che il rimedio esperito sia su tal punto inammissibile e che l'interessato possa prevalersi d'una violazione di codesta norma soltanto nell'ambito di un ricorso di diritto pubblico fondato sugli art. 84 cpv. 1 lett. a e 87 OG . L'art. 39 cpv. 1 LCEspr - che stabilisce il termine entro il quale il leso deve notificare le proprie pretese d'indennità per espropriazione materiale - è intimamente connesso con il diritto federale. La giurisprudenza ha stabilito infatti che, in mancanza d'una regolamentazione cantonale, codeste pretese si prescrivono nel termine di dieci anni dall'entrata in vigore della misura (DTF DTF 112 Ib 511 consid. 3e, DTF 108 Ib 339 /40 consid. 5b): in tal caso, la prescrizione è retta esclusivamente dal diritto federale e, sorgendo contestazione circa il suo verificarsi, tanto il privato quanto l'ente pubblico (Cantone o Comune) possono sottoporre la controversia al giudizio del Tribunale federale con ricorso di diritto amministrativo. Senza dubbio, i Cantoni sono liberi di introdurre termini di prescrizione più brevi ed anche termini di perenzione, come ha fatto appunto il Cantone Ticino ( DTF 112 Ib 510 /11), ma ciò avviene in completazione ed esecuzione del diritto federale. Ora, la conseguenza dell'introduzione di una norma cantonale del genere non può essere quella di escludere il ricorso di diritto amministrativo voluto dal legislatore federale a tutela di Cantoni e Comuni ( art. 34 cpv. 2 LPT ). Il Tribunale federale lo ha del resto già riconosciuto: esso ha rilevato infatti che una conseguenza di questo tipo sarebbe inammissibile poiché il Comune, tenuto a pagare l'indennità, non potrebbe insorgere con ricorso di diritto pubblico contro una decisione BGE 113 Ib 369 S. 371 cantonale che avesse negato l'intervento della prescrizione o della perenzione (cfr. art. 88 OG e DTF 111 Ia 252 /53), ed ha quindi ammesso che una simile decisione è suscettibile di ricorso di diritto amministrativo ( DTF 109 Ib 261 /62 consid. 1, 263/64 consid. 2a). Ne consegue che il gravame del ricorrente è ricevibile nel suo complesso e che il Tribunale federale deve esaminarne il merito. c) Con questo rimedio il ricorrente può far valere la violazione del diritto federale, che comprende i diritti costituzionali del cittadino ( DTF 110 Ib 257 consid. 1, DTF 108 Ib 382 consid. 1e) e l'eccesso o l'abuso del potere di apprezzamento ( art. 104 lett. a OG ), come pure l'accertamento inesatto o incompleto dei fatti rilevanti ( art. 104 lett. b OG ); tuttavia, essendo l'istanza inferiore un Tribunale cantonale, codesto accertamento può essere sindacato dal Tribunale federale soltanto se i fatti sono manifestamente inesatti o incompleti o sono stati constatati violando norme essenziali di procedura ( art. 105 cpv. 2 OG ). Quale organo della giustizia amministrativa, il Tribunale federale non è invece vincolato dai motivi invocati dalle parti né dai considerandi della decisione impugnata, dato che esso esamina liberamente l'applicazione del diritto in ossequio all' art. 114 cpv. 1 OG ( DTF 111 Ib 164 consid. 1c, DTF 107 Ib 353 ).
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Urteilskopf 116 Ia 491 73. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 15 août 1990 dans la cause D. contre Vaud, Commission cantonale de recours en matière de constructions (recours de droit public)
Regeste Lärmschutzmassnahmen; derogatorische Kraft des Bundesrechts. Das Umweltschutzrecht des Bundes schliesst nicht aus, dass kantonales oder kommunales Recht mit Rücksicht auf Wohnzonen einen in einer angrenzenden Industrie- und Gewerbezone gelegenen Betrieb, der abends und nachts zu Ruhestörungen führen kann, untersagt (E. 1a). Verbot eines Dancings gestützt auf kommunales Recht (E. 2a).
Sachverhalt ab Seite 491 BGE 116 Ia 491 S. 491 Francesco D. est propriétaire de la parcelle No 839 du cadastre de Crissier. Celle-ci est occupée par un bâtiment dans lequel le propriétaire exploite un café-restaurant, avec une terrasse destinée aux clients et des places de stationnement pour leurs véhicules. Selon le plan d'affectation communal, l'immeuble appartient à la zone industrielle "D". Celle-ci est destinée aux entreprises industrielles, artisanales ou commerciales dont le voisinage est compatible avec les zones d'habitation; les établissements portant préjudice d'une manière sensible au voisinage y sont interdits. Désireux d'agrandir ses locaux d'exploitation, de compléter le café-restaurant d'un dancing et d'augmenter le nombre des places de stationnement, D. a demandé l'autorisation de remplacer la BGE 116 Ia 491 S. 492 terrasse par un jardin d'hiver, de construire un garage souterrain et d'aménager encore d'autres locaux. La Municipalité de Crissier a refusé l'autorisation au motif que l'exploitation du dancing causerait une agitation nocturne inadmissible au regard de la réglementation de la zone. Cette décision a été confirmée par la Commission cantonale de recours en matière de constructions. Agissant par la voie du recours de droit public pour violation des art. 4 et 22ter Cst. , D. a requis le Tribunal fédéral d'annuler le prononcé de cette autorité et de lui renvoyer la cause. Le Tribunal fédéral a rejeté le recours, dans la mesure où il était recevable. Erwägungen Extrait des considérants: 1. a) En vertu de l' art. 84 al. 2 OJ , le recours de droit public n'est recevable que dans la mesure où les griefs soulevés ne peuvent pas être présentés au Tribunal fédéral par un autre moyen de droit, tel que le recours de droit administratif. Celui-ci est ouvert contre les prononcés qui sont fondés sur le droit public fédéral, ou qui auraient dû être adoptés sur la base de ce droit parce qu'ils concernent une obligation ou une prétention réglée par des dispositions fédérales directement applicables, à distinguer des principes de droit fédéral qui ne s'adressent qu'au législateur cantonal. Le recours de droit administratif est aussi ouvert contre les décisions touchant à la fois au droit cantonal ou communal et au droit fédéral directement applicable, mais seulement dans la mesure où l'application de ce dernier est en cause ( art. 97 al. 1 OJ , 5 al. 1 PA; ATF 116 Ib 162 consid. a, ATF 115 Ib 385 consid. a, 350 consid. b). La protection des personnes contre des atteintes nuisibles ou incommodantes, notamment contre le bruit, est réglée par la législation fédérale sur la protection de l'environnement ( art. 1 al. 1 LPE ). Celle-ci n'exclut la création de nouvelles installations ou exploitations bruyantes que lorsque leurs immissions prévisibles dépassent, dans le voisinage, certaines valeurs ( art. 25 al. 1 LPE ; cf. ATF 116 Ib 167 ). Dans les autres cas, elle impose la limitation des émissions par des mesures concernant en particulier la construction, l'équipement, le trafic et l'exploitation ( art. 11 et 12 LPE ; cf. ATF 113 Ib 401 consid. b). Cette réglementation a abrogé, en principe, les dispositions cantonales et communales tendant en général à la limitation des nuisances sonores (art. 2 Disp. trans. Cst.; ATF 114 Ib 220 BGE 116 Ia 491 S. 493 consid. a, ATF 113 Ib 399 in medio). En revanche, elle laisse subsister les prescriptions concernant des objectifs particuliers d'urbanisme, telles que les règles d'affectation du sol destinées à définir le caractère ou l'ambiance d'un quartier ( ATF 114 Ib 222 /223). Le droit cantonal ou communal peut ainsi interdire, dans un lieu où les activités commerciales doivent coexister avec l'habitation, une exploitation qui par nature s'exerce le soir et la nuit. La décision contestée en l'espèce est fondée uniquement sur ce droit; elle ne peut donc pas faire l'objet du recours de droit administratif. 2. a) L'objectif du plan d'affectation suppose que les autorités compétentes n'autorisent qu'avec circonspection les activités commerciales qui s'exercent aux heures où la tranquillité est de première importance dans les quartiers d'habitation. La Commission cantonale n'a donc pas abusé de son pouvoir d'appréciation en jugeant que le repos nocturne est prépondérant et qu'il serait troublé par les conversations des clients à l'extérieur du bâtiment, avec le démarrage et les manoeuvres des véhicules. Ces bruits ne pourraient pas être évités, alors même qu'une partie des allées et venues serait confinée dans le garage souterrain.
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Urteilskopf 137 I 235 24. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Einwohnergemeinde Erlinsbach gegen A.X. und Mitb. sowie Regierungsrat des Kantons Aargau (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) 1D_1/2011 vom 13. April 2011
Regeste Art. 29a, 50 BV , Art. 14 lit. b, Art. 50 BüG ; Einbürgerung, Gemeindeautonomie, kantonales Gerichtsverfahren, Sprachkenntnisse und Integration. Das kantonale Gericht, das ablehnende Entscheide über Einbürgerungen beurteilt, hat gestützt auf die Rechtsweggarantie eine freie Überprüfung des Sachverhalts und der Rechtsanwendung vorzunehmen. Es wahrt dabei den Gestaltungsbereich der unteren Instanzen und der Gemeinden (E. 2.5). Sprachniveau, das im Regelfall von Einbürgerungswilligen verlangt werden darf (E. 3.4). Verfahrensrechtliche Mindestanforderungen an die Ermittlung der Sprachkenntnisse (E. 3.5).
Sachverhalt ab Seite 236 BGE 137 I 235 S. 236 Am 7. März 2008 reichte A.X. für sich und ihre vier Kinder ein Gesuch um ordentliche Einbürgerung ein. Nachdem A.X. die staatskundliche Prüfung bestanden hatte, fand am 17. April 2009 in Anwesenheit des Gemeindepräsidenten, eines Gemeinderats und einer Gemeindeangestellten (Vorsteherin der Einwohnerkontrolle) ein Gespräch mit A.X. und den vier Kindern statt. Am 28. April 2009 beschloss der Gemeinderat, der Gemeindeversammlung die Nichtzusicherung des Gemeindebürgerrechts zu beantragen. Der Gemeinderat teilte A.X. am 1. Mai 2009 seinen Beschluss mit und gab ihr Gelegenheit, ihr Einbürgerungsgesuch zurückzuziehen. Nachdem A.X. an ihrem Einbürgerungsgesuch (mit Einbezug der unmündigen Kinder) festgehalten hatte, verweigerte die Einwohnergemeindeversammlung Erlinsbach am 27. November 2009 die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts für sie und die vier Kinder. Die gegen den ablehnenden Entscheid erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons Aargau am 9. Juni 2010 ab. Das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau hiess eine gegen den Entscheid des Regierungsrats gerichtete Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit Urteil vom 6. Dezember 2010 gut. Es hob den Beschluss des Regierungsrats auf und wies die Angelegenheit zur weiteren Behandlung im Sinne der Erwägungen an die Einwohnergemeinde Erlinsbach zurück. Aus den Erwägungen ergibt sich insbesondere, dass die Gemeinde die Sprachkenntnisse von A.X. nach den vom Verwaltungsgericht aufgestellten materiellen und verfahrensmässigen Anforderungen beurteilen muss. Sollte sich die Beschwerdeführerin über ausreichende Sprachkenntnisse ausweisen und die Gemeinde weiterhin Bedenken hinsichtlich deren Vertrautheit mit den schweizerischen Verhältnissen hegen, so wären BGE 137 I 235 S. 237 entsprechende zusätzliche Untersuchungen durchzuführen oder Gesichtspunkte zu nennen, welche die Annahme einer unzureichenden Integration als haltbar erscheinen lassen. Mit Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht beantragt die Einwohnergemeinde Erlinsbach, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei aufzuheben und der Beschluss der Gemeindeversammlung Erlinsbach vom 27. November 2009 zu bestätigen. Eventuell sei das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung der Sprachkenntnisse von A.X. an den Gemeinderat Erlinsbach zurückzuweisen. Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung der Gemeindeautonomie ( Art. 50 Abs. 1 BV ) sowie die Verletzung des rechtlichen Gehörs ( Art. 29 Abs. 2 BV ) und Willkür ( Art. 9 BV ). Sie beanstandet insbesondere, dass das Verwaltungsgericht ihr vorschreibe, wie sie die Sprachkenntnisse festzustellen habe. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung) Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. 2.1 Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung der Gemeindeautonomie. Sie macht geltend, sie habe das ihr bei der Einbürgerung zustehende Ermessen pflichtgemäss ausgeübt. Im Rahmen des Einbürgerungsgesprächs sei festgestellt worden, dass A.X. nicht über hinreichende Sprachkenntnisse verfüge. Das Verwaltungsgericht sei nicht berechtigt, dem Gemeinderat Vorgaben für die Feststellung und Beurteilung der Sprachkenntnisse von Einbürgerungswilligen zu machen. Im Übrigen fehle es bei der Gesuchstellerin auch an der für eine Einbürgerung notwendigen Integration. Die Vorinstanz habe sich über die willkürfreie Beurteilung durch die Gemeinde hinweggesetzt und damit die Gemeindeautonomie verletzt. 2.2 Art. 50 Abs. 1 BV gewährleistet die Gemeindeautonomie nach Massgabe des kantonalen Rechts. Nach der Rechtsprechung sind Gemeinden in einem Sachbereich autonom, wenn das kantonale Recht diesen nicht abschliessend ordnet, sondern ihn ganz oder teilweise der Gemeinde zur Regelung überlässt und ihr dabei eine relativ erhebliche Entscheidungsfreiheit einräumt. Der geschützte Autonomiebereich kann sich auf die Befugnis zum Erlass oder Vollzug eigener kommunaler Vorschriften beziehen oder einen entsprechenden Spielraum bei der Anwendung kantonalen oder eidgenössischen BGE 137 I 235 S. 238 Rechts betreffen. Der Schutz der Gemeindeautonomie setzt eine solche nicht in einem ganzen Aufgabengebiet, sondern lediglich im streitigen Bereich voraus. Im Einzelnen ergibt sich der Umfang der kommunalen Autonomie aus dem für den entsprechenden Bereich anwendbaren kantonalen Verfassungs- und Gesetzesrecht ( BGE 136 I 265 E. 2.1 S. 269, BGE 136 I 395 E. 3.2.1 S. 398; BGE 135 I 233 E. 2.2 S. 241 f.; je mit Hinweisen). Die Anwendung von eidgenössischem und kantonalem Verfassungsrecht prüft das Bundesgericht mit freier Kognition, die Handhabung von Gesetzes- und Verordnungsrecht unter dem Gesichtswinkel des Willkürverbots ( BGE 136 I 265 E. 2.3 S. 270; BGE 135 I 302 E. 1 S. 305). 2.3 Nach § 6 der Aargauer Kantonsverfassung vom 25. Juni 1980 (KV/AG; SR 131.227) regelt der kantonale Gesetzgeber das Kantons- und Gemeindebürgerrecht (vgl. Gesetz des Kantons Aargau über das Kantons- und Gemeindebürgerrecht vom 22. Dezember 1992 [KBüG/AG; SAR 121.100]). Eine Zuständigkeit der Gemeinden zum Erlass von Bestimmungen über die Einbürgerungsvoraussetzungen besteht nicht (vgl. KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, 1986, N. 1 zu § 6 KV/AG ). Für die materiellen Voraussetzungen der Einbürgerung knüpft das kantonale Recht an die bundesrechtlichen Anforderungen an und enthält keine zusätzlichen Erfordernisse. Zuständigkeiten und Verfahren zur Einbürgerung von Ausländern sind in § 11 KBüG/AG geregelt. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung trifft der Gemeinderat die Erhebungen, die für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen nötig sind, und legt, wenn die Wohnsitzerfordernisse erfüllt sind, das Gesuch der Gemeindeversammlung zur Beschlussfassung über die Zusicherung des Gemeindebürgerrechts vor. Die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung ergibt sich zudem aus § 20 Abs. 2 lit. k des kantonalen Gesetzes vom 19. Dezember 1978 über die Einwohnergemeinden (Gemeindegesetz, GG/AG; SAR 171.100). Über die Einbürgerung entscheidet abschliessend die Einbürgerungskommission des Grossen Rats, sofern der Grosse Rat den Entscheid nicht an sich zieht (§ 11 Abs. 5 KBüG/AG). 2.4 Die Verleihung des Gemeindebürgerrechts fällt im Kanton Aargau aufgrund der genannten Bestimmungen in den Autonomiebereich der Gemeinden (vgl. ANDREAS BAUMANN, Aargauisches Gemeinderecht, 3. Aufl. 2005, S. 162). Diese sind bei ihrem Entscheid an die Kriterien gemäss Art. 14 lit. a-d des Bundesgesetzes vom 29. September 1952 über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts (Bürgerrechtsgesetz, BüG; SR 141.0) gebunden. Danach ist bei der BGE 137 I 235 S. 239 ordentlichen Einbürgerung vor Erteilung der Einbürgerungsbewilligung zu prüfen, ob der Bewerber zur Einbürgerung geeignet ist, insbesondere ob er in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist, mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist, die schweizerische Rechtsordnung beachtet und die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährdet. Bei der Beurteilung dieser Voraussetzungen steht den zuständigen Behörden ein weiter Ermessensbereich zu, welchen die Rechtsmittelinstanzen beachten müssen. Sie dürfen einzig eingreifen, wenn die Gemeinde ihr Ermessen nicht pflichtgemäss, das heisst in Widerspruch zum Sinn und Zweck der Bürgerrechtsgesetzgebung, ausübt (vgl. BGE 129 I 232 E. 3.3 S. 237 ff. und E. 3.4.2 S. 240 sowie BGE 129 I 217 E. 2.2 S. 224 ff.; siehe ferner Urteile des Bundesgerichts 1D_5/2010 vom 30. August 2010 E. 3.2.4; 1P.788/2006 vom 22. März 2007 E. 3, in: ZBl 109/2008 S. 161; je mit Hinweisen). 2.5 Nach Art. 50 BüG sind die Kantone verpflichtet, Gerichtsbehörden einzusetzen, die als letzte kantonale Instanzen Beschwerden gegen ablehnende Entscheide über die ordentliche Einbürgerung beurteilen. Diese Gerichtsbehörden haben gestützt auf die Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ) eine freie Überprüfung des Sachverhalts sowie der Anwendung des kantonalen und des Bundesrechts vorzunehmen (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_310/2009 vom 17. März 2010 E. 2.2.2 mit Hinweisen; Bericht vom 27. Oktober 2005 der Staatspolitischen Kommission des Ständerats, BBl 2005 6953; ANDREAS KLEY, in: Die schweizerische Bundesverfassung, Kommentar, Bd. I, 2. Aufl. 2008, N. 11 zu Art. 29a BV ). Eine gerichtliche Kontrolle der Angemessenheit der angefochtenen Entscheide verlangt Art. 29a BV nicht. Zulässig ist auch eine richterliche Zurückhaltung bei der Überprüfung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei der Beurteilung von technischen Sachverhalten (KLEY, a.a.O.). Damit sind die Gerichte in der Lage, den Handlungsspielraum der zuständigen unterinstanzlichen Behörden zu respektieren. Der eingeschränkten Justiziabilität von Ermessensentscheiden ist durch eine Anpassung des Kontrollumfangs und der Kontrolldichte sowie durch geeignete Beweismassnahmen Rechnung zu tragen (ESTHER TOPHINKE, Bedeutung der Rechtsweggarantie für die Anpassung der kantonalen Gesetzgebung, ZBl 107/2006 S. 107 f.; WALTER KÄLIN, Die Bedeutung der Rechtsweggarantie für die kantonale Verwaltungsjustiz, ZBl 100/1999 S. 61 f.). Die Rechtsweggarantie verpflichtet die Vorinstanz somit zu einer umfassenden Rechts- und Sachverhaltsprüfung, was BGE 137 I 235 S. 240 nicht ausschliesst, den Gestaltungsbereich der unteren Instanzen und insbesondere der Gemeinden zu wahren. 2.5.1 Das Verwaltungsgericht überprüfte den bei ihm angefochtenen Entscheid im Rahmen der Beschwerdeanträge auf unrichtige oder unvollständige Feststellung des Sachverhalts sowie Rechtsverletzungen (§ 48 Abs. 2 und § 55 Abs. 1 des kantonalen Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 4. Dezember 2007 [VRPG/AG; SAR 271. 200]). In tatsächlicher Hinsicht ist die Kognition des Verwaltungsgerichts nicht beschränkt. In rechtlicher Hinsicht bezeichnet das Verwaltungsgericht seine Kognition als eingeschränkt, weil den Gesuchstellern kein Anspruch auf Einbürgerung zustehe und deshalb den zuständigen Behörden sowohl hinsichtlich der Erteilung des Gemeinde- als auch des Kantonsbürgerrechts ein weiter Spielraum zustehe. Praktisch beschränke sich damit die Kognition des Verwaltungsgerichts in rechtlicher Hinsicht auf die Verletzung von Verfassungsrecht einschliesslich des Willkürverbots ( Art. 9 BV ). 2.5.2 Eine solche Kognitionsbeschränkung in Bezug auf die Rechtsanwendung ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vor dem Hintergrund der Rechtsweggarantie ( Art. 29a BV ) nicht zulässig. Der Gestaltungsspielraum der unteren Instanzen und der Gemeinden darf nicht zu einem Verzicht auf die nach der Rechtsweggarantie erforderlichen Rechts- und Sachverhaltsprüfung führen. Dies gilt insbesondere in Bezug auf die Anforderungen für eine ordentliche Einbürgerung gemäss Art. 14 BüG . Die freie gerichtliche Prüfung dieser bundesrechtlichen Anforderungen obliegt den in Art. 50 BüG genannten kantonalen Gerichtsbehörden. Damit wird den Anforderungen von Art. 29a BV entsprochen. Das Bundesgericht kann in diesem Bereich wegen des Ausschlusses der ordentlichen Beschwerde ( Art. 83 lit. b BGG ) in Bezug auf Sachverhalts- und Rechtsfragen lediglich eine Prüfung der Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gewährleisten ( Art. 113, 116 und 118 BGG ). Ob die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllt sind, prüft das Verwaltungsgericht somit frei. Es beachtet bei der Prüfung der Rechtsfragen, dass die Gemeinden im Rahmen ihrer Autonomie die im Gesetz verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe selbstständig anwenden. Indessen muss das kantonale Gericht die Rechtsanwendung und namentlich die Anwendung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Gemeinde auf die Vereinbarkeit mit den BGE 137 I 235 S. 241 einschlägigen Normen des kantonalen Rechts und des Bundesrechts überprüfen. Dazu gehört neben der Bundesverfassung auch das Bürgerrechtsgesetz. Die freie Prüfung der Anwendung des BüG geht über eine Willkürprüfung hinaus, indem das kantonale Gericht eine Verletzung des BüG zu korrigieren hat und nicht nur dann einschreitet, wenn der bei ihm angefochtene Entscheid im Ergebnis offensichtlich unhaltbar ist, zur tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgrundsatz zuwiderläuft (zum Willkürbegriff vgl. BGE 135 V 2 E. 1.3 S. 4; BGE 133 I 149 E. 3.1 S. 153; BGE 131 I 467 E. 3.1 S. 473 f.; je mit Hinweisen). Das zuständige kantonale Gericht darf auch nicht mit Rücksicht auf die Gemeindeautonomie eine willkürfreie Anwendung des BüG akzeptieren, wenn sich aus diesem Bundesrecht oder anderen Rechtssätzen ergibt, dass eine andere Lösung vorzuziehen wäre. 2.5.3 Die Vorinstanz war somit im Hinblick auf die Anwendung des BüG nicht auf eine Willkürprüfung beschränkt, sondern hatte unter Beachtung des Gestaltungsbereichs der unteren Instanzen eine umfassende Rechts- und Sachverhaltsprüfung vorzunehmen. Diese Aufgabe hat sie, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, wahrgenommen. Dem weiten Gestaltungsbereich der Gemeinde trägt sie Rechnung, indem sie zur Förderung einer rechtsgleichen und willkürfreien Ermittlung und Beurteilung der Sprachkenntnisse die Einhaltung bestimmter Regeln verlangt, welche die nach Art. 50 BüG i.V.m. Art. 29a BV geforderte gerichtliche Überprüfung ermöglichen. Im bundesgerichtlichen Verfahren ist auf Verfassungsbeschwerde hin zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid die von der Gemeinde angerufenen verfassungsmässigen Rechte (Gemeindeautonomie, rechtliches Gehör, Willkürverbot) verletzt. 3. 3.1 Die Gemeinde hat im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens zu prüfen, ob ein Bewerber zur Einbürgerung geeignet ist, insbesondere ob er in die schweizerischen Verhältnisse eingegliedert ist und mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen vertraut ist ( Art. 14 lit. a und b BüG ). Das in Art. 14 lit. b BüG genannte Kriterium der Vertrautheit mit den schweizerischen Lebensgewohnheiten, Sitten und Gebräuchen setzt gewisse Kenntnisse über das Land und seine Bewohner und insbesondere eine der Landessprachen voraus (vgl. VPB 69/2005 Nr. 101 S. 1243 f.; BGE 137 I 235 S. 242 CÉLINE GUTZWILLER, Droit de la nationalité et fédéralisme en Suisse, 2008, Rz. 557). Die Fähigkeit, sich in einer Landessprache zu verständigen, soll im neuen Bürgerrechtsgesetz als Integrationskriterium ausdrücklich genannt werden (Art. 12 Abs. 1 lit. c nBüG gemäss Botschaft des Bundesrates vom 4. März 2011 zur Totalrevision des Bundesgesetzes über das Schweizer Bürgerrecht, BBl 2011 2834 f. Ziff. 1.2.2.5 [nachfolgend: Botschaft Bürgerrecht]). Fehlende Kenntnisse der vor Ort gesprochenen Landessprache können als Indiz für eine mangelnde Integration gewertet werden (vgl. BGE 134 I 56 E. 3 S. 59). Um als Bürgerin bzw. Bürger im politischen System der Schweiz mitwirken zu können, sind auch Kenntnisse über die Grundlagen der politischen und sozialen Ordnung notwendig. Sprachkenntnisse, Kenntnisse des Landes und seines politischen Systems und die Einbindung in die Lebensverhältnisse müssen so weit gehen, dass anzunehmen ist, dass ein Bewerber nach Verleihung des Staatsbürgerrechts angemessen von seiner Rechtsstellung und insbesondere auch von den damit verliehenen Teilnahmerechten am politischen Prozess Gebrauch machen kann (vgl. Botschaft zur Revision des Bürgerrechtsgesetzes, BBl 2002 1943 Ziff. 2.2.1.3; Eidg. Ausländerkommission EKA, Einbürgerung und Sprachnachweis, Empfehlungen an die Gemeinden, die Kantone und den Bund, 2006, S. 4 ff.). 3.2 Das Verwaltungsgericht hält die Abklärungen der Gemeinde über die Sprachkenntnisse der Beschwerdegegnerin 1 A.X. für ungenügend. Es beanstandet zunächst das Fehlen einer Definition des erwarteten Sprachniveaus. Weiter kritisiert es im Hinblick auf das Verfahren, dass keine vorgängige Mitteilung an die Bewerberin über das erwartete Sprachniveau erfolgte, kein definiertes brauchbares Testverfahren angewendet und keine Fachperson oder ein entsprechend geschulter Sachbearbeiter beigezogen worden sei. Zudem fehlten Aufzeichnungen über den Sprachtest, und sei kein individueller Test durchgeführt worden. Die Gemeinde beruft sich auf die in § 11 Abs. 2 KBüG/AG enthaltene Kompetenz, Erhebungen zu treffen, die für die Beurteilung der Einbürgerungsvoraussetzungen nötig sind. Sie leitet daraus ab, die Gemeinden seien bei der Sprachbeurteilung frei, das erforderliche Sprachniveau zu bestimmen und nach den ihr als gut erscheinenden Methoden vorzugehen. 3.3 Bei der Handhabung des Sprachkriteriums stellt sich die Frage nach dem erforderlichen Niveau an Sprachkenntnissen sowie die BGE 137 I 235 S. 243 Frage nach den Methoden zu dessen Ermittlung. Mangels konkreter gesetzlicher Vorgaben stellte das Verwaltungsgericht in seinem Entscheid Grundsätze ("Leitplanken") auf, welche eine willkürfreie und rechtsgleiche Beurteilung der Sprachkenntnisse erlauben sollen. Es ist im Folgenden zu prüfen, ob damit der Beurteilungsspielraum der zuständigen Gemeinde verletzt wurde. 3.4 3.4.1 Das Verwaltungsgericht nimmt im angefochten Entscheid Bezug auf den im Auftrag der Eidg. Ausländerkommission (EKA) erstellten Kurzbericht zu einem Rahmenkonzept für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung (SCHNEIDER UND ANDERE, Rahmenkonzept für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung, 2006, publiziert im Internet: http://www.ekm.admin.ch/de/themen/buergerrecht.php , besucht am 29. März 2011). Dieser Kurzbericht stützt sich bei der Umschreibung des anzustrebenden Sprachniveaus auf den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen des Europarats (GER; Europäisches Sprachenportfolio ESP; abrufbar unter: http://www.coe.int/T/DG4/Portfolio/L=E&M=/main_pages/levels.html , besucht am 28. März 2011). In der erwähnten Publikation von SCHNEIDER UND ANDERE wird für die mündlichen Kompetenzen (Sprechen, Hörverstehen) ein Überprüfungsprofil im Bereich der Referenzniveaus B1.1 bis A2.1 als sinnvoll bezeichnet. Die Prüfung von schriftlichen Kompetenzen (Lesen, Schreiben) wird generell nicht empfohlen. Indes wird vorgeschlagen, dass sich die zuständigen Behörden im Falle einer Prüfung schriftlicher Kompetenzen am Referenzniveau A2.2 für das Lesen und A2.1 für das Schreiben orientieren (SCHNEIDER UND ANDERE, a.a.O., S. 21 f. und Anhang D, Sprachkompetenzprofil "Einstieg in die selbständige Sprachverwendung", S. 35). Unter Berücksichtigung dieses Rahmenkonzepts kommt das Verwaltungsgericht zum Schluss, im Regelfall könnten vom Bürgerrechtsbewerber kommunikative Fähigkeiten (Verstehen, Sprechen) von B1 bis B2 (insbesondere soweit es um Begriffe und Themen aus dem Bereich der Staats- und Landeskunde geht) verlangt werden, ohne dass die zuständige Behörde dadurch den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum verletze. Mit Bezug auf die schriftliche Sprachbeherrschung (Schreiben) dürften hingegen die Anforderungen mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Bildungsfähigkeiten der BGE 137 I 235 S. 244 Gesuchsteller das Niveau A2 nicht überschreiten, ansonsten die Diskriminierung bildungsferner Personen drohe. 3.4.2 Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) hat sich als Bezugsinstrument insbesondere in der Praxis des Fremdsprachenunterrichts etabliert. Er unterscheidet drei Hauptniveaus sprachlicher Kommunikationsfähigkeiten: Die A-Niveaus stehen für eine elementare, die B-Niveaus für eine selbstständige und die C-Niveaus für eine kompetente Sprachverwendung. Innerhalb der verhältnismässig breit angelegten Hauptniveaus A und B werden je zwei Teilniveaus (A1 und A2 sowie B1 und B2 mit weiteren Unterteilungen) unterschieden, was die Genauigkeit des sprachlichen Anforderungsprofils erhöhen soll. Der GER findet auch im Bundesrecht Verwendung. So werden für die vorzeitige Erteilung der Niederlassungsbewilligung Kenntnisse der am Wohnort gesprochenen Landessprache auf dem Niveau A2 des GER verlangt (vgl. Art. 62 Abs. 1 lit. c der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit [VZAE; SR 142.201]). Für die Betreuungs- und Lehrtätigkeit (z.B. religiöse Betreuungspersonen oder Lehrkräfte für heimatliche Sprache und Kultur) sind Kenntnisse der am Arbeitsort gesprochenen Landessprache auf dem Sprachniveau B1 des GER erforderlich ( Art. 7 der Verordnung vom 24. September 2007 über die Integration von Ausländerinnen und Ausländern [VlntA; SR 142.205] ). 3.4.3 Die Beschwerdeführerin legt nicht dar, inwiefern das vom Verwaltungsgericht genannte Sprachniveau mit der Gemeindeautonomie nicht vereinbar wäre. Zur näheren Umschreibung der Anforderungen, die ein Einbürgerungswilliger in sprachlicher Hinsicht erfüllen sollte, erscheint der GER aufgrund des Rahmenkonzepts für den Nachweis der sprachlichen Kommunikationsfähigkeit im Hinblick auf die Einbürgerung als gut geeignet. Es geht darum, einen objektivierbaren Massstab für die Einbürgerungsvoraussetzungen gemäss Art. 14 lit. b BüG festzulegen. Damit wird die Grundlage für einen überprüfbaren Entscheid über die Sprachkenntnisse im Einbürgerungsverfahren geschaffen, was der rechtsgleichen und willkürfreien Handhabung des Sprachenkriteriums dient. Die Sprachniveaus wurden vom Verwaltungsgericht nicht als verbindliche Mindestkenntnisse formuliert, sondern es bleibt weiterhin den Gemeinden überlassen, im Rahmen der genannten Kriterien zu entscheiden, ob die Sprachkenntnisse im konkreten Einzelfall für eine Einbürgerung BGE 137 I 235 S. 245 ausreichen. Damit wird der von der Gemeindeautonomie geschützten Entscheidungsfreiheit der Gemeinde hinreichend Rechnung getragen. Auch können die Gemeinden das Verfahren für Personen, welche die sprachlichen Anforderungen aus bestimmten Gründen nicht erfüllen (z.B. wegen einer geistigen Behinderung oder hohen Alters), individuell bestimmen (vgl. BGE 135 I 49 ). Somit erscheint die Einbürgerung von Personen mit Lern- oder Leistungsschwächen oder Behinderungen durch die Vorgaben des Verwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen (vgl. Botschaft Bürgerrecht, BBl 2011 2832 Ziff. 1.2.2.2; Bericht des Regierungsrats des Kantons Basel-Stadt vom 26. Oktober 2010 zur kantonalen Volksinitiative "für eine faire Einbürgerung [Sprachinitiative]", S. 11, im Internet: http://www.grosserrat.bs.ch/dokumente/100370/000000370752.pdf , besucht am 4. April 2011). 3.5 Soweit das Verwaltungsgericht das in Erlinsbach durchgeführte Verfahren zur Feststellung der Sprachkenntnisse der Beschwerdegegnerin A.X. beanstandet, ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwiefern damit die Gemeindeautonomie verletzt worden sein soll. Die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu den genannten Mängeln werden von der Beschwerdeführerin nicht substanziiert in Frage gestellt (Art. 106 Abs. 2 i.V.m. Art. 117 BGG ). Das Verwaltungsgericht verlangt im Hinblick auf die rechtsgleiche Handhabung des Spracherfordernisses und die Gewährleistung eines fairen Verfahrens, dass den Bürgerrechtsbewerbern zumindest zu einem frühen Zeitpunkt mitgeteilt wird, welches Sprachniveau bei den verschiedenen sprachlichen Fertigkeiten (Verstehen, Sprechen, Schreiben) erwartet wird. Weiter soll die zuständige Behörde die ausreichende Qualität des Evaluationsverfahrens sicherstellen sowie die Evaluation in Bezug auf den Gesuchsteller bzw. die Gesuchstellerin individuell durchführen und dokumentieren. Diese Mindesterfordernisse dienen im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes der rechtsgleichen Behandlung ( Art. 8 BV ) sowie der Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ( Art. 29 Abs. 2 BV ). Das Verwaltungsgericht hat die Gemeinde nicht auf ein bestimmtes Verfahren zur Ermittlung der Sprachkenntnisse verpflichtet, sondern lediglich die verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen an das Verfahren bezeichnet. Damit bleibt es der Gemeinde überlassen, innerhalb des verfassungsrechtlichen Rahmens über die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens zur Beurteilung der Sprachkenntnisse zu BGE 137 I 235 S. 246 entscheiden. Die Autonomie der Gemeinde wird dadurch gewahrt. Da der Gemeinde nach dem angefochtenen Entscheid innerhalb des bundesrechtlichen Rahmens hinreichende Gestaltungsmöglichkeiten für die Feststellung und Beurteilung der Sprachkenntnisse verbleiben, kann auch dem Eventualantrag der Beschwerdeführerin nicht entsprochen werden. 3.6 Schliesslich hat das Verwaltungsgericht auch darauf hingewiesen, dass die Verneinung einer hinreichenden Integration der Beschwerdegegnerin A.X. einer verfassungsrechtlich haltbaren Begründung bedarf. Die entsprechenden Erwägungen der Vorinstanz stimmen mit Art. 15b BüG und der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Begründungspflicht von Einbürgerungsentscheiden überein ( BGE 135 I 265 E. 4.3.1 S. 276; BGE 132 I 196 E. 3.1; BGE 131 I 18 E. 3 S. 20; BGE 129 I 232 E. 3 S. 234 ff.; je mit Hinweisen). Die Gemeinde hat die Gründe, welche zur Ablehnung der Einbürgerung wegen mangelnder Integration führen, im Einzelnen darzulegen. Dadurch werden sowohl die betroffene Gesuchstellerin als auch die Beschwerdeinstanz in die Lage versetzt, sich mit den genannten Gründen auseinanderzusetzen und diese auf ihre Stichhaltigkeit hin zu prüfen. Das Verwaltungsgericht beanstandete zu Recht, dass die Gemeinde die ausreichende Vertrautheit mit den schweizerischen Verhältnissen im Wesentlichen damit verneine, dass die Beschwerdegegnerin A.X. keine Erwerbstätigkeit ausübe. Stattdessen hat sie hier ihre Kinder grossgezogen und begleitet auch heute noch die Entwicklung der jüngeren Kinder. Dass sie - zumindest in beschränktem Rahmen - am Dorfleben teilnimmt, bestreitet die Gemeinde nicht. Unter diesen Umständen gelangte das Verwaltungsgericht ohne Verletzung der Gemeindeautonomie zum Schluss, dass aufgrund der bisherigen Untersuchung des Sachverhalts - vorbehältlich ausreichender Sprachkenntnisse - nicht von einer unzureichenden Vertrautheit mit den hiesigen Verhältnissen ausgegangen werden dürfe.
public_law
nan
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2,011
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Federation
1ae8e4b8-ce88-4578-839d-0540baa8023a
Urteilskopf 95 IV 157 39. Urteil des Kassationshofes vom 13. Juni 1969 i.S. Gablinger gegen Statthalteramt des Bezirkes Zürich.
Regeste Art. 1 Abs. 1 AO . Auf die zeitliche Befristung des in Aussicht gestellten Preisvorteils braucht nicht ausdrücklich hingewiesen zu werden; es genügt, dass die Gesamtheit der verwendeten Werbemittel den Eindruck erweckt, die besonders günstige Einkaufsgelegenheit stehe nur während beschränkter Zeit offen.
Sachverhalt ab Seite 157 BGE 95 IV 157 S. 157 A.- Am 12. Juli 1967 begannen in Zürich die amtlich bewilligten Ausverkäufe. In der Zeit vom 3. bis 12. Juli liess die Modissa AG, Zürich, im "Tagblatt der Stadt Zürich" und im Zürcher "Tagesanzeiger" acht grosse, mehrheitlich ganzseitige Inserate erscheinen, in denen in auffälliger typographischer Aufmachung Mäntel, Kostüme, Kleider, Strandhosen, Jupes, Pulli und Bikini zu billigen Preisen angeboten wurden. Sämtliche Anzeigen enthielten in Fettdruck die Worte "prix choc" und in kleinerer Schrift den Hinweis "auf Extraständern zum Aussuchen"; drei der Inserate verwendeten den Ausdruck "Riesenauswahl". Vom 12. Juli 1967 an waren vor dem Verkaufsgeschäft der Modissa am Limmatquai Aufhängetafeln angebracht, deren Aufschriften ungefähr den Inseraten entsprachen. Überdies waren die Schaufenster mit Streifbändern versehen, die "Extra ständer" ankündeten. B.- Das Statthalteramt des Bezirkes Zürich bestrafte am BGE 95 IV 157 S. 158 6. September 1967 Isy Gablinger als verantwortlichen Leiter der Modissa AG wegen Veranstaltung eines Ausnahmeverkaufes ohne amtliche Bewilligung mit einer Busse von Fr. 90.-. Der Einzelrichter in Strafsachen des Bezirkes Zürich sprach Gablinger auf dessen Einsprache hin frei. Gegen diesen Freispruch erhob das Statthalteramt Nichtigkeitsbeschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich. Dieses fand Gablinger der Übertretung von Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 und 3 sowie Art. 4 Abs. 1 der Ausverkaufsordnung schuldig und verurteilte ihn am 23. Oktober 1968 gestützt auf Art. 20 Abs. 1 lit. a AO zu einer Busse von Fr. 90.-. C.- Gablinger führte gegen dieses Urteil wegen willkürlicher Anwendung kantonalen Prozessrechtes staatsrechtliche Beschwerde, die am 30. Januar 1969 von der staatsrechtlichen Kammer des Bundesgerichts abgewiesen wurde. Mit der beim Kassationshof des Bundesgerichts eingereichten Nichtigkeitsbeschwerde beantragt Gablinger die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils wegen Verletzung von Art. 1 AO und die Rückweisung der Sache zur Freisprechung. Er macht geltend, er habe keine besonderen, zeitlich begrenzten Vergünstigungen in Aussicht gestellt, sondern bloss eine besondere Werbeanstrengung auf Saisonende unternommen. Erwägungen Der Kassationshofzieht in Erwägung: 1. Ausverkäufe und ähnliche Veranstaltungen, die einer behördlichen Bewilligung bedürfen, sind Veranstaltungen des Detailverkaufes, bei denen dem Käufer durch öffentliche Ankündigung in Aussicht gestellt wird, dass ihm vorübergehend besondere, vom Verkäufer sonst nicht gewährte Vergünstigungen zukommen werden ( Art. 1 Abs. 1 AO ). Ob in einer öffentlichen Ankündigung eine zeitlich befristete Sondervergünstigung in Aussicht gestellt werde, ist nicht Tat-, sondern Rechtsfrage, die vom Kassationshof frei überprüft werden kann ( Art. 269 Abs. 1 BStP ; BGE 93 IV 109 ). Bei ihrer Beurteilung kommt es nicht darauf an, welchen Sinn der Veranstalter der Ankündigung beigelegt hat ( BGE 76 IV 184 , BGE 93 IV 109 Erw. 2). Massgebend ist der Eindruck, den die Ankündigung auf das Publikum macht, d.h. ob die Käuferschicht, die angesprochen wird, in den Glauben versetzt wird, die angepriesene Ware später nicht mehr so günstig erwerben zu können wie zur Zeit des Sonderangebots ( BGE 81 IV 195 , BGE 95 IV 157 S. 159 82 IV 114 Erw. 2, 89 IV 220, 90 IV 111 Erw. 1, 91 IV 105, 93 IV 109 Erw. 2). Dabei ist den nach Landesgegend und Geschäftszweigen unterschiedlichen Werbegepflogenheiten Rechnung zu tragen. 2. Es ist unbestritten, dass die Anpreisung von Waren zu einem "prix choc" als besonders günstiges Angebot zu Schlagerpreisen zu verstehen war, was durch die auffällige Hervorhebung der bei den einzelnen Warengattungen in Fettdruck aufgeführten Tiefstpreise noch unterstrichen wurde. Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, dass jeder Hinweis auf eine zeitliche Befristung des preislichen Vorteils fehle. Ein Modegeschäft müsse die Möglichkeit haben, auf Saisonende eine grosse und auffällige Werbeanstrengung zu unternehmen, um das Lager von Saisonartikeln zu räumen, auch wenn es keinen Ausverkauf veranstalte. Nur wenn innerhalb der normalen Verkaufsperiode eines modischen Artikels für eine bestimmte kürzere Zeit ein besonderer Preisvorteil versprochen werde, greife die Ausverkaufsordnung Platz. Dieser Auffassung, mag sie auch in den Erwägungen des in BGE 82 IV 207 ff. veröffentlichten Urteils eine gewisse Stütze finden, kann nicht beigepflichtet werden. Gewiss bleibt es einem Kaufmann, der keinen Ausverkauf durchführen will, unbenommen, vor oder während der Ausverkaufszeit seine Werbeanstrengungen zu verstärken, um gegenüber der Ausverkaufskonkurrenz nicht zu sehr in Rückstand zu geraten. Seine Werbetätigkeit muss jedoch im Rahmen des Erlaubten bleiben und darf nicht so gestaltet werden, dass der Eindruck erweckt wird, auch er führe einen Saisonausverkauf zu vorübergehend herabgesetzten Preisen durch. Das wäre unlauterer Wettbewerb, indem die Kunden durch täuschende Massnahmen irregeführt und die Konkurrenten, die sich an die vorgeschriebene Ausverkaufsdauer halten und die Gebühren bezahlen, benachteiligt würden. Einen Anspruch auf Sonderbehandlung besitzen auch die Modegeschäfte nicht, die darauf angewiesen sind, ihre nur während einer Saison verkäuflichen Artikel auf Saisonende abzustossen. Gerade um den Geschäften mit modebedingten Waren die Räumung der Lager auf Saisonschluss zu ermöglichen, wurden die bewilligungspflichtigen Saisonausverkäufe geschaffen ( Art. 2 Abs. 1 lit. c AO ). Insbesondere ist nicht entscheidend, dass die Werbung des Beschwerdeführers keinen ausdrücklichen Hinweis auf eine BGE 95 IV 157 S. 160 mengenmässige Begrenzung des Angebotes oder eine zeitliche Befristung des in Aussicht gestellten Preisvorteils enthielt, wie es der Regel entspricht (vgl. BGE 76 IV 187 , BGE 78 IV 125 , BGE 83 IV 57 und 105, BGE 89 IV 221 , BGE 90 IV 112 , BGE 93 IV 110 ). Nicht auf die Wirkung des einzelnen Reklamemittels kommt es an, sondern einzig auf den Eindruck, den die Anpreisung gesamthaft macht. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Beschwerdeführer nicht bloss besondere, in den Grenzen des Zulässigen liegende Werbeanstrengungen unternommen. Sowohl die Inserate in Grossformat, in denen in übergrosser Druckschrift, teils auffallend schräg gestellt, Waren schlagwortartig zu Schockpreisen angeboten wurden, wie auch die marktschreierische Gestaltung der Schaufensterfront mit den vielen unübersehbaren Plakaten und breiten Streifbändern und das Aufstellen von Körben und Ständern mit Waren zum Aussuchen entsprachen ihrer Aufmachung nach, wie die Vorinstanz feststellt, dem in Zürich bei Ausverkäufen üblichen Reklamest-il, der zwangsläufig den Eindruck erwecken musste, es finde ein Saisonausverkauf statt. Dieser Schluss drängte sich umsomehr auf, als die Werbung unmittelbar vor und zu Beginn der amtlich bewilligten Sommerausverkäufe einsetzte und sich ausserdem auf Waren bezog, die vorwiegend für die Sommersaison bestimmt waren (Sommermäntel, Sommerjupes, Sommerblusen, Badekleider, Strand-Ensemble usw.) und im Juli wegen Saisonschluss allenthalben verbilligt abgesetzt werden. Unter diesen Umständen lag es in der Natur der Sache, dass das Publikum zur Annahme veranlasst wurde, es biete sich ihm während einer beschränkten Zeit eine besonders günstige Einkaufsgelegenheit, die ihm später nicht mehr offenstehe. Die Verkaufsveranstaltung des Beschwerdeführers, die der in BGE 82 IV 112 beurteilten gleicht und wie diese die Merkmale eines Saisonausverkaufes erfüllte, unterstand daher der Ausverkaufsordnung und war bewilligungspflichtig (Art. 2 Abs. 1 lit. c und Art. 4). Der Beschwerdeführer, der die Veranstaltung unbestrittenermassen vorsätzlich ohne Bewilligung ankündigte und durchführte, wurde zu Recht in Anwendung von Art. 20 Abs. 1 lit. a AO bestraft. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
null
nan
de
1,969
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1ae95ad4-48fd-49fb-8da6-eb284c5d2eaa
Urteilskopf 123 III 152 26. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 27. Februar 1997 i.S. J. H. gegen R. H. (Berufung)
Regeste Art. 9d SchlT ZGB , Art. 206 Abs. 1 und 209 Abs. 3 ZGB; güterrechtliche Auseinandersetzung im Zusammenhang mit einem Grundstück. Das neue Ehegüterrecht ist gemäss Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB auch anwendbar, wenn im Zusammenhang mit einem Grundstücksverkauf vor dem 1. Januar 1988 die Berechnung der Ersatzforderungen anderer Gütermassen ( Art. 206 und 209 ZGB ) zu prüfen ist (E. 5b). Da für die Berechnung der Ersatzforderung nach Art. 209 Abs. 3 ZGB auf den Verkehrswert im Zeitpunkt der Veräusserung abzustellen ist, erübrigt sich eine Hinzurechnung nach Art. 208 ZGB (E. 5c). Die Arbeitsleistung eines Ehegatten, die zur Werterhöhung eines Vermögensgegenstandes führt, rechtfertigt eine entsprechende Ersatzforderung der Errungenschaft des betreffenden Ehegatten gegenüber der Gütermasse, welcher der Vermögensgegenstand angehört (E. 6a). Haben das Eigengut und die Errungenschaft eines Ehegatten den Erwerbspreis aufgebracht, erfolgt die güterrechtliche Zuordnung der Liegenschaft nach dem Grundsatz des Übergewichtes des Beitrages; der anderen Gütermasse steht nach Art. 209 Abs. 3 ZGB eine Ersatzforderung zu. Ist an der Finanzierung zusätzlich ein Drittkredit beteiligt, ist dieser zum Zweck der Aufteilung allfälliger Mehr- oder Minderwerte auf die beteiligten Gütermassen anteilsmässig aufzuteilen (E. 6b).
Erwägungen ab Seite 153 BGE 123 III 152 S. 153 Aus den Erwägungen: 4. Im Rahmen der güterrechtlichen Auseinandersetzung, die mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung nach den Regeln des ordentlichen Güterstandes vorzunehmen ist, sind namentlich die Ansprüche der Parteien im Zusammenhang mit der ehemaligen ehelichen Liegenschaft GB Nr. X. umstritten. Auf diesem Grundstück befindet sich ein Dreifamilienhaus, in welchem die Parteien bis zur Auflösung des gemeinsamen Haushaltes eine Wohnung bewohnten, und in welcher der Beklagte heute noch wohnt. Nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz konnte der Beklagte diese Liegenschaft 1972 von seinem Vater teilweise unentgeltlich übernehmen: während sich der Verkehrswert damals auf Fr. 311'000.-- belief, wurde nur ein Kaufpreis von Fr. 140'000.-- vereinbart, wobei dieser Betrag durch eine Barzahlung von Fr. 30'000.-- sowie durch die Übernahme bzw. Neubegründung einer Hypothek von Fr. 110'000.-- getilgt wurde; im Umfang von Fr. 171'000.-- liegt eine unentgeltliche Zuwendung an den Beklagten vor. Bis zum Verkauf des Grundstückes im Jahr 1987 wurden durch Eigenleistungen der BGE 123 III 152 S. 154 Parteien Verbesserungen an der Liegenschaft vorgenommen, die zu einem Mehrwert von Fr. 210'000.-- führten. Nachdem die Klägerin im September 1987 erstmals den Eheschutzrichter angerufen hatte, verkaufte der Beklagte am 23. November 1987 - d.h. kurz vor dem Inkrafttreten des neuen Eherechtes und wenige Monate vor dem Auszug der Klägerin aus dem gemeinsamen Haushalt - das Dreifamilienhaus seinem Bruder für Fr. 160'000.--. Nach den Feststellungen der Vorinstanz betrug der Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Veräusserung am 23. November 1987 Fr. 675'000.--. 5. Zunächst ist zu prüfen, ob die güterrechtliche Auseinandersetzung in bezug auf das Grundstück GB Nr. X. auf der Grundlage des Verkaufserlöses von Fr. 160'000.-- oder des Verkehrswertes von Fr. 675'000.-- durchzuführen ist. a) Die Vorinstanz ging angesichts des krass tiefen Verkaufspreises von Fr. 160'000.-- für das Dreifamilienhaus davon aus, dass die Hinzurechnungstatbestände von Art. 208 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZGB erfüllt seien, weshalb für die güterrechtliche Auseinandersetzung auf den massgebenden Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt von Fr. 675'000.-- abzustellen sei. Der Beklagte wendet dagegen ein, dass weder Art. 208 ZGB noch die Art. 206 und Art. 209 ZGB übergangsrechtlich zur Anwendung kämen, weshalb die güterrechtliche Auseinandersetzung auf der Basis des Verkaufserlöses von Fr. 160'000.-- durchzuführen sei. b) Gemäss Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB richtet sich die güterrechtliche Auseinandersetzung nach Inkrafttreten des neuen Eherechtes für die ganze Dauer des früheren und des neuen ordentlichen Güterstandes grundsätzlich nach den Vorschriften über die Errungenschaftsbeteiligung. Umstritten ist, ob diese Rückwirkung auch im Fall einer Veräusserung von Vermögensgegenständen vor dem Inkrafttreten des neuen Eherechtes am 1. Januar 1988 gilt, wenn in diesem Zusammenhang eine Hinzurechnung ( Art. 208 ZGB ) oder die Berechnung der Mehrwertanteile anderer Gütermassen ( Art. 206 und 209 ZGB ) in Frage steht. Während sich ein Teil der Lehre gegen eine Rückwirkung dieser Bestimmungen ausspricht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Berner Kommentar, N. 47 Vorbemerkungen vor Art. 181 ff. ZGB und N. 72 zu Art. 208 ZGB mit weiteren Hinweisen), will ein anderer Teil der Literatur eine Rückwirkung zulassen (DESCHENAUX/STEINAUER, Le nouveau droit matrimonial, Bern 1987, S. 576 mit weiteren Hinweisen). Verschiedene Gründe sprechen dafür, Art. 9d Abs. 1 SchlT ZGB uneingeschränkt auf die BGE 123 III 152 S. 155 Art. 206, 208 und 209 ZGB anzuwenden. Einerseits können dem Wortlaut von Art. 9 SchlT ZGB keine Hinweise entnommen werden, dass gerade diese Bestimmungen nicht unter die spezifisch eherechtliche Übergangsregelung fallen sollen. Anderseits ist zu berücksichtigen, dass es der Beklagte in der Hand gehabt hätte, sich durch eine Erklärung nach Art. 9d Abs. 2 SchlT ZGB einer Anwendung der neuen Bestimmungen zu entziehen. Deshalb steht der Anwendung von Art. 206, 208 und 209 ZGB aus intertemporalrechtlicher Sicht nichts entgegen, da Art. 9 Abs. 1 SchlT ZGB als "lex specialis" dem allgemeinen Rückwirkungsverbot nach Art. 1 Abs. 1 und 2 SchlT ZGB vorgeht (vgl. BGE 120 Ia 157 E. 2c S. 162). c) Unbestrittenermassen ist die Liegenschaft GB Nr. X. angesichts des überwiegenden unentgeltlichen Eigentumserwerbes nach Art. 198 Ziff. 2 ZGB dem Eigengut des Beklagten zuzuordnen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 41 zu Art. 198 ZGB ), während denjenigen Gütermassen, die zum Erwerb, zur Verbesserung oder zur Erhaltung der Eigengutsliegenschaft beigetragen haben, Ersatzforderungen für ihre Beiträge zustehen ( Art. 206 Abs. 1 und Art. 209 Abs. 3 ZGB ). Entgegen der Auffassung der Vorinstanz und des Beklagten sind bei einer Veräusserung eines Vermögenswertes des Eigengutes für die Berechnung der Ersatzforderungen der Gütermassen, die einen Beitrag geleistet haben, nicht Art. 208 ZGB , sondern Art. 206 und 209 ZGB massgebend. Nach Art. 209 Abs. 3 ZGB entsteht bei der Investition einer Vermögensmasse in Vermögensgegenstände der anderen Masse des gleichen Ehegatten eine Ersatzforderung, die dem Anteil des Beitrages entspricht und "nach dem Wert des Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt ... der Veräusserung" berechnet wird; da bereits aufgrund dieser Bestimmung auf den Verkehrswert - und nicht etwa auf einen tieferen Erlös aufgrund einer Vermögensentäusserung - abzustellen ist, erübrigt sich eine Hinzurechnung nach Art. 208 Abs. 1 ZGB (WALTER OTT, Der Schutz der Anwartschaft auf den Vorschlagsanteil, FS für Cyril Hegnauer, Bern 1986, S. 294 f.; vgl. auch HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 15 zu Art. 208 ZGB a.E.). Wie es sich im übrigen in bezug auf eine Ersatzforderung nach Art. 206 Abs. 1 ZGB verhält, kann dahingestellt bleiben, weil im vorliegenden Fall die auf Art. 206 ZGB beruhende Forderung in quantitativer Hinsicht unbestritten und nur die Frage derer Massezugehörigkeit Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist (vgl. nachfolgend E. 6a/bb). d) Da nach Art. 209 Abs. 3 ZGB auf den Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt abzustellen ist, hat die Vorinstanz der güterrechtlichen BGE 123 III 152 S. 156 Auseinandersetzung zutreffend den Verkehrswert der Liegenschaft im Zeitpunkt der Veräusserung von Fr. 675'000.-- zugrunde gelegt. 6. Nachdem sich ergeben hat, dass für die güterrechtliche Auseinandersetzung von einem Wert der dem Eigengut des Beklagten angehörenden Liegenschaft von Fr. 675'000.-- auszugehen ist, ist im folgenden zu prüfen, welche güterrechtlichen Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit Beiträgen anderer Gütermassen an der Finanzierung der Eigengutsliegenschaft des Beklagten zustehen. a) In der Zeit zwischen 1972 bis 1987 wurden in der Liegenschaft wertvermehrende Investitionen getätigt, deren Wert sich aufgrund einer Schätzung per 1987 auf insgesamt Fr. 210'000.-- belief. Umstritten ist, ob diese Investitionen zum Eigengut des Beklagten gehören oder der Errungenschaft beider Parteien zuzuordnen sind. aa) Zur Errungenschaft gehören nach Art. 197 Abs. 1 ZGB diejenigen Vermögenswerte, die ein Ehegatte während der Dauer des Güterstandes entgeltlich erwirbt. Dazu zählen nicht nur die Vermögenswerte, die in Art. 197 Abs. 2 Ziff. 1 bis 5 ZGB beispielhaft aufgezählt sind, sondern alle Werte, die nicht nach der abschliessenden Aufzählung von Art. 198 ZGB ins Eigengut eines Ehegatten fallen ( Art. 200 Abs. 3 ZGB ). Als entgeltlicher Erwerb und insofern als Errungenschaft gilt u.a. auch das Erwirtschaften von Vermögen aufgrund des Einsatzes der Ehegatten in der ehelichen Gemeinschaft (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 9 zu Art. 197 ZGB ). Auch wertschöpfende Arbeiten, die zur Erhaltung oder Verbesserung eines Vermögenswertes des Eigengutes beigetragen haben, können wie Geldbeiträge zu einer Ersatzforderung der Errungenschaft gegen das Eigengut führen (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 10 zu Art. 206 ZGB m.w.H.). bb) Im vorliegenden Fall wurden in der Eigengutsliegenschaft des Beklagten Arbeitsleistungen erbracht, die - bewertet im Zeitpunkt des Verkaufs im Jahr 1987 - zu einem Mehrwert von Fr. 210'000.-- führten. Die durch Arbeitsleistung vorgenommenen Verbesserungen, die nach den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz auf Eigenarbeiten beider Parteien und derer Verwandten zurückzuführen sind, rechtfertigen eine Ersatzforderung der Errungenschaft der Klägerin nach Art. 206 Abs. 1 ZGB und der Errungenschaft des Beklagten nach Art. 209 Abs. 3 ZGB gegenüber dem Eigengut des Beklagten. Da der Beklagte nur die Frage der Massenzugehörigkeit beanstandet, sich aber nicht gegen die von der Vorinstanz ermittelte Bewertung der Investitionen wendet, ist der Einwand des Beklagten BGE 123 III 152 S. 157 unbegründet, der Mehrwert von Fr. 210'000.-- falle in sein Eigengut. cc) Die Frage, ob diese Ersatzforderung an einem allfälligen konjunkturellen Mehrwert partizipiert, braucht nicht entschieden zu werden. Immerhin ist darauf hinzuweisen, dass namentlich bei zeitlich gestaffelten Investitionen äusserst aufwendige Berechnungen in bezug auf den Mehrwertanteil vorzunehmen wären (vgl. dazu ein Beispiel bei MARLIES UND HEINZ NÄF-HOFMANN, Das neue Ehe- und Erbrecht im Zivilgesetzbuch, 2. Auflage, Zürich 1989, Rz. 1568 ff.). Die Vorinstanz hat dies vermieden, indem sie der Ersatzforderung nicht den Nominalwert im Zeitpunkt der Investition, sondern den Zeitwert der Wertverbesserungen beim Verkauf der Liegenschaft zugrundegelegt und insoweit einen Mehrwertanteil berücksichtigt hat. Da der Beklagte gegen diese Bewertungsweise keine Einwände erhoben hat, hat sich das Bundesgericht dazu nicht zu äussern ( Art. 55 Abs. 1 lit. c OG ), und auch für eine Rechtsanwendung von Amtes wegen ( Art. 63 Abs. 3 OG ) besteht kein Anlass; einerseits liesse sich der Wert der durch Arbeitsleistung erbrachten Investitionen im Zeitpunkt ihrer Vornahme kaum mehr ermitteln, und anderseits dürfte die praktikable Lösung der Vorinstanz der gesonderten Mehrwertberechnung für jede einzelne Investition sehr nahekommen. Den Errungenschaften der Parteien steht somit eine Ersatzforderung gegen das Eigengut von Fr. 210'000.-- zu. b) Ist von einem Wert der Liegenschaft im Zeitpunkt des Verkaufs von Fr. 675'000.-- auszugehen und stehen diesem Betrag ein Wert beim Erwerb von Fr. 311'000.-- sowie wertvermehrende Investitionen von Fr. 210'000.-- gegenüber, resultiert ein konjunktureller Mehrwert von Fr. 154'000.--. Nachdem die den Errungenschaften der Parteien zuzuordnenden Arbeitsleistungen bereits mehrwertberichtigt in der güterrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt worden sind, stellt sich im folgenden die Frage, wie der konjunkturelle Mehrwert von Fr. 154'000.-- auf die beim Erwerb des Grundstücks zusammenwirkenden Gütermassen aufzuteilen ist. Während der effektiv bezahlte Kaufpreis von Fr. 140'000.-- durch eine Leistung aus der Errungenschaft des Beklagten von Fr. 30'000.-- und durch eine Hypothek in der Höhe von Fr. 110'000.-- getilgt worden ist, ist von einer - dem Eigengut des Beklagten zuzurechnenden - unentgeltlichen Zuwendung von Fr. 171'000.-- auszugehen, weshalb die ganze Liegenschaft wie erwähnt zum Eigengut des Beklagten gehört. Umstritten ist, wie sich die Finanzierung durch ein hypothekarisch gesichertes Darlehen auf die Mehrwertbeteiligung BGE 123 III 152 S. 158 auswirkt: Die Vorinstanz vertritt die Auffassung, dass die Hypothekarschulden zwar dem Eigengut des Beklagten zuzuschlagen, der darauf entfallende Mehrwert aber auf dessen Eigengut und Errungenschaft proportional aufzuteilen sei; demgegenüber macht der Beklagte geltend, dass die Hypothek wie die Liegenschaft als ganzes seinem Eigengut zuzurechnen sei und demnach nur diese Gütermasse - unter Ausschluss seiner Errungenschaft - an dem auf die Hypothek entfallenden Mehrwert partizipiere. aa) Die güterrechtliche Zuordnung einer Hypothek wird durch Art. 209 Abs. 2 ZGB geregelt. Gemäss dieser Bestimmung belastet eine Schuld jene Vermögensmasse, mit welcher sie sachlich zusammenhängt, im Zweifel die Errungenschaft. Der Bestand einer Hypothek führt damit für sich allein im Unterschied zur Rechtsprechung zum alten Eherecht (vgl. BGE 116 II 225 E. 3d S. 231 ff.) nicht ohne weiteres zur Annahme eines entgeltlichen Erwerbs zugunsten der Errungenschaft; vielmehr geht mit der Kreditgewährung eine entsprechende Wertverminderung des mit einem Grundpfandrecht belasteten Investitionsobjektes einher, weshalb es sich rechtfertigt, eine Hypothek als Schuld nach Art. 209 Abs. 2 ZGB der Masse zuzuordnen, der die Liegenschaft angehört (siehe statt vieler HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 54 und 65 zu Art. 196 ZGB ; a.M. PAUL PIOTET, Biens acquis par un conjoint en assumant une dette et remploi partiel, ZSR 115/I [1996], S. 54 m.w.H. und NÄF-HOFMANN, a.a.O., Rz. 1085). Da die Liegenschaft zum Eigengut des Beklagten gehört, ist die darauf lastende Hypothek von Fr. 110'000.-- in Anwendung von Art. 209 Abs. 2 ZGB dem Eigengut des Beklagten zuzuordnen, ohne dass auf ausnahmsweise denkbare, hier aber nicht vorliegende Spezialfälle (siehe dazu HEINZ HAUSHEER, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, Zivilgesetzbuch I, Basel/Frankfurt a.M. 1997, N. 27 ff. zu Art. 209 ZGB m.w.H.) einzugehen wäre. bb) Die Zuordnung der Hypothek zur Gütermasse des Investitionsobjektes sagt indessen noch nichts über die Aufteilung der Mehr- und Minderwerte aus, die auf die Drittfinanzierung entfallen. Keine Probleme ergeben sich, wenn nur eine Gütermasse den Erwerbspreis aufgebracht hat, da mangels Beitrags einer anderen Gütermasse der gesamte Gewinn bzw. der ganze Verlust in diejenige Gütermasse fällt, der die Liegenschaft angehört. Sind hingegen wie im vorliegenden Fall beide Gütermassen eines Ehegatten am Erwerb beteiligt, steht der Vermögensmasse, die einen Beitrag geleistet hat, gemäss Art. 209 Abs. 3 ZGB eine Ersatzforderung zu, die BGE 123 III 152 S. 159 "dem Anteil des Beitrages" entspricht; was hinsichtlich der auf die Hypothek entfallenden Wertveränderungen darunter zu verstehen ist, ist umstritten. Nach der einen Auffassung rechtfertigt das Zusammenwirken beider Gütermassen eines Ehegatten eine anteilsmässige Verteilung von Mehr- und Minderwerten auf die Gütermassen (HAUSHEER, a.a.O., N. 30 zu Art. 209 ZGB ; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 61 und 65 zu Art. 196 ZGB ; PIOTET, a.a.O., S. 54 f., der sowohl eine anteilsmässige Aufteilung der Hypothek als auch der damit verbundenen Mehr- und Minderwerte befürwortet). Im Unterschied dazu lehnt ein anderer Teil der Literatur eine proportionale Verteilung der auf die Drittfinanzierung entfallenden Mehr- oder Minderwerte auf die beteiligten Gütermassen ab und fordert eine ungeteilte Zuordnung dieser Wertveränderungen zu derjenigen Vermögensmasse, der das Investitionsobjekt angehört (SUZETTE SANDOZ, Régime matrimonial de la participation aux acquêts, Acquisition d'un bien à crédit avec constitution de gage, ZBGR 76 [1995], S. 204; grundsätzlich auch DESCHENAUX/STEINAUER, a.a.O., S. 258 ff.). Andere Autoren wiederum möchten zumindest für den Fall von "zufälligen Lösungen" eine proportionale Aufteilung auf die beteiligten Gütermassen vorbehalten (HINDERLING/STECK, Das schweizerische Ehescheidungsrecht, 4. Auflage, Zürich 1995, S. 224 f., Fn. 30a; ELISABETH ESCHER, Wertveränderung und eheliches Güterrecht, Diss. Bern 1989, S. 56 f.). Aus verschiedenen Gründen ist der Begriff "Anteil des Beitrages" im Sinn von Art. 209 Abs. 3 ZGB so auszulegen, dass der auf eine Hypothek entfallende Mehr- bzw. Minderwert proportional auf das Eigengut und die Errungenschaft eines Ehegatten zu verteilen ist. Zunächst ist zu berücksichtigen, dass eine einseitige Massezuordnung der auf eine Hypothek entfallenden Gewinne unter Umständen zu stossenden Ergebnissen führen könnte, wie die in der Literatur erwähnten Beispiele zeigen (z.B. PIOTET, a.a.O., S. 54 f.); dies gilt umso mehr, als die Zuordnung eines Vermögenswertes zu einer Gütermasse nach dem Kriterium des wirtschaftlichen Schwergewichtes von Zufälligkeiten abhängen kann. Zu beachten ist sodann, dass es im Anwendungsbereich von Art. 209 Abs. 3 ZGB im Belieben des betreffenden Ehegatten liegt, wie er seine Vermögensmassen an der Finanzierung beteiligen will, was für die Partizipation des anderen Ehegatten an allfälligen Mehr- oder Minderwerten über seine Beteiligung am Vorschlag von ausschlaggebender Bedeutung ist, ohne dass dieser darauf Einfluss nehmen könnte. Weiter ist zu berücksichtigen, dass im Bereich von Art. 209 ZGB - im BGE 123 III 152 S. 160 Unterschied zu den Verhältnissen im Rahmen von Art. 206 ZGB - das ganze Vermögen des gleichen Ehegatten für die Hypotheken haftet, weshalb sich auch eine anteilsmässige Aufteilung von Wertveränderungen auf die beteiligten Gütermassen rechtfertigt (HAUSHEER, a.a.O., N. 30 zu Art. 209 ZGB ). Schliesslich sieht Art. 209 Abs. 3 ZGB eine zweiseitig variable Ersatzforderung mit Mehr- und Minderwertbeteiligung vor, während im Gegensatz dazu im Bereich von Art. 206 Abs. 1 ZGB die Forderung beim Eintritt eines Minderwertes dem ursprünglichen Betrag entspricht und nur für allfällige Mehrwerte eine Gewinnbeteiligung vorgesehen ist; auch dies spricht im Anwendungsbereich von Art. 209 Abs. 3 ZGB für eine Gleichbehandlung der beteiligten Gütermassen in bezug auf die Verteilung der auf die Drittfinanzierung entfallenden Mehr- oder Minderwerte. Aus diesen Gründen rechtfertigt es sich, beim Zusammenwirken zweier Gütermassen eines Ehegatten den auf eine Hypothek entfallenden Mehr- bzw. Minderwert proportional auf die beteiligten Gütermassen zu verteilen; zum gleichen Ergebnis führt eine Berechnung der Ersatzforderung nach Art. 209 Abs. 3 ZGB , die vom Nettowert der Liegenschaft - d.h. vom Wert minus hypothekarische Belastung - ausgeht (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, a.a.O., N. 61 zu Art. 196 ZGB ). c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Liegenschaft GB Nr. X. zum Eigengut des Beklagten gehört und zu ihrem Verkehrswert im Veräusserungszeitpunkt von Fr. 675'000.-- in der güterrechtlichen Auseinandersetzung zu berücksichtigen ist. Gegenüber dem Eigengut des Beklagten haben die Errungenschaft der Klägerin und diejenige des Beklagten nach Art. 206 Abs. 1 bzw. Art. 209 Abs. 3 ZGB gesamthaft eine Ersatzforderung von Fr. 210'000.-- für die zwischen 1972 und 1987 vorgenommenen wertvermehrenden Investitionen (E. 6a). Weiter ist das Eigengut des Beklagten gemäss Art. 209 Abs. 2 ZGB mit der Hypothek von Fr. 110'000.-- belastet (E. 6b/aa). Schliesslich steht der Errungenschaft des Beklagten für das beim Erwerb bereitgestellte Eigenkapital eine variable Ersatzforderung nach Art. 209 Abs. 3 ZGB am verbleibenden Nettowert der Eigengutsliegenschaft von Fr. 355'000.-- (Fr. 675'000.-- minus Fr. 210'000.-- minus Fr. 110'000.--) zu. Daran partizipieren Errungenschaft und Eigengut nach Massgabe ihrer Beteiligung am Liegenschaftserwerb mit Fr. 30'000.-- und Fr. 171'000.--, d.h. im Verhältnis von 14,91% zu 85,09% (vgl. E. 6b/bb). Der Errungenschaft des Beklagten steht somit eine Ersatzforderung von gerundet Fr. 52'946.-- zu. Die den Errungenschaften der Parteien zustehenden BGE 123 III 152 S. 161 Ersatzforderungen von Fr. 210'000.-- und Fr. 52'946.-- bilden nach Art. 210 Abs. 1 ZGB den Vorschlag, der sich somit auf Fr. 262'946.-- beläuft. Gemäss Art. 215 Abs. 1 ZGB steht jedem Ehegatten die Hälfte des Vorschlags zu, d.h. Fr. 131'473.--. Das Kantonsgericht hat daher die güterrechtliche Auseinandersetzung zutreffend vorgenommen, weshalb die Berufung auch in diesem Punkt abzuweisen ist.
null
nan
de
1,997
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1aea34ad-d8aa-4618-8cb2-2e86c6000f0c
Urteilskopf 85 I 103 17. Auszug aus dem Urteil vom 20. Mai 1959 i.S. Kanton Zürich gegen Kanton Solothurn.
Regeste Interkantonale Rechtshilfe in Strafsachen. Die Kantone sind grundsätzlich verpflichtet, einander auch in kantonalen Strafsachen Rechtshilfe zu leisten (Erw. 2 und 3). Umfang dieser Rechtshilfepflicht. Anwendung auf die Beschlagnahme in einem Strafverfahren wegen Steuerbetrugs (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 104 BGE 85 I 103 S. 104 A.- Im Frühjahr 1957 eröffnete die Bezirksanwaltschaft Zürich gegen die verantwortlichen Organe der B. AG Zürich eine Strafuntersuchung wegen Steuerbetrugs (§ 192 des zürch. Steuergesetzes vom 8. Juli 1951). Die Untersuchung ergab Anzeichen dafür, dass die Organe der Bank X. in Solothurn sich durch Ausstellung inhaltlich unwahrer Belege der Gehilfenschaft zu Steuerbetrug schuldig gemacht haben. Am 2. Dezember 1957 ersuchte die Bezirrksanwaltschaft Zürich die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn, bei der Bank X. gewisse, näher bezeichnete Akten sowie den Inhalt allfälliger Safes zu beschlagnahmen als Beweismittel in der Strafuntersuchung gegen die Organe der B. AG und zur Abklärung der Frage, inwieweit die Bankleitung strafbare Handlungen begangen habe. Sie stützte dieses Rechtshilfegesuch auf eine Gegenrechtserklärung zwischen den Kantonen Zürich und Solothurn vom 4./18. September 1941, welche Gehilfenschaft und Begünstigung bei Steuerbetrug betraf (Solothurner Gesetzessammlung Bd. 75 S. 304). Die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn unterbreitete das Gesuch dem Regierungsrat, der es durch Beschluss vom 17. Januar 1958 abwies mit der Begründung, die Gegenrechtserklärung sei mit dem Inkrafttreten des Schweizerischen Strafgesetzbuches dahingefallen. Im gleichen Sinne äusserte sich der Regierungsrat des Kantons Solothurn am 4. November 1958 zum Ersuchen des Regierungsrats des Kantons Zürich, den Beschluss vom 17. Januar 1958 in Wiedererwägung zu ziehen und die verlangte Rechtshilfe zu gewähren. B.- Daraufhin reichte der Regierungsrat des Kantons BGE 85 I 103 S. 105 Zürich beim Bundesgericht staatsrechtliche Klage ein mit den Begehren: 1. Es sei festzustellen, dass die Gegenrechtserklärung vom 4./18. September 1941 in Kraft steht. 2. Es sei der Kanton Solothurn zu verpflichten, dem Kanton Zürich in der Strafuntersuchung gegen die Organe der B. AG wegen Steuerbetrugs und gegen die Organe der Bank X. wegen Gehilfenschaft zu Steuerbetrug Rechtshilfe zu gewähren, indem er die im Rechtshilfegesuch vom 2. Dezember 1957 genannten Akten und Gegenstände beschlagnahmt und der Bezirksanwaltschaft Zürich zur Verfügung stellt. 3. Eventuell sei der Kanton Solothurn zu verpflichten, nach seiner Wahl entweder die verantwortlichen Organe der Bank X. mit den zu beschlagnahmenden Akten wegen Beihilfe und Begünstigung zu Steuerbetrug dem Kanton Zürich auszuliefern oder die Strafuntersuchung gegen diese Organe selber zu übernehmen und die Akten nach Abschluss des Strafverfahrens der Bezirksanwaltschaft Zürich zuzustellen. Zur Begründung von Haupt- und Eventualbegehren wird auf die Gegenrechtserklärung vom 4./18. September 1941 verwiesen und ausgeführt, dass und weshalb diese Erklärung weder gegen Bundesrecht noch gegen kantonales Verfassungsrecht verstosse, immer noch in Kraft sei und den Kanton Solothurn zur Leistung der nachgesuchten Rechtshilfe verpflichte. C.- Der Regierungsrat des Kantons Solothurn beantragt die Abweisung der Klage. Er hält daran fest, dass die Gegenrechtserklärung dahingefallen sei, weist darauf hin, dass der Steuerbetrug im Kanton Zürich ein Vergehen, im Kanton Solothurn dagegen eine blosse Übertretung darstelle, und erklärt, es widerspreche dem ordre public, wenn sich solothurnische Kantonseinwohner für einen im BGE 85 I 103 S. 106 eigenen Kanton ausschliesslich mit Busse geahndeten Tatbestand einer Strafverfolgung im Kanton Zürich aussetzen, wo sie mit Gefängnis bestraft werden könnten. Das Bundesgericht heisst das Klagebegehren Ziff. 2 gut und weist die beiden andern Begehren als durch die Gutheissung von Klagebegehren Ziff. 2 gegenstandslos geworden ab. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Parteien sind mit Recht darüber einig, dass eine staatsrechtliche Streitigkeit im Sinne von Art. 83 lit. b OG vorliegt. 2. Wie früher Art. 150 des OG vom 22. März 1893 und dann Art. 252 BStP , so verpflichtet nun Art. 352 StGB die Kantone zur gegenseitigen Rechtshilfe in Strafsachen. Diese durch geschriebenes Bundesrecht begründete Rechtshilfepflicht ist jedoch, wenn man von der Vollstreckung der auf Grund des kantonalen Übertretungsstrafrechts ergangenen Urteile mit Bezug auf Bussen, Kosten usw. ( Art. 380 StGB ) absieht, beschränkt auf Strafsachen, die nach eidgenössischem Recht zu beurteilen sind. Sie gilt also nicht für den vorliegenden Fall, wo streitig ist, ob ein Kanton gehalten sei, einem andern bei der Verfolgung von Tatbeständen des in Art. 335 Ziff. 2 StGB vorbehaltenen kantonalen Steuerstrafrechts Rechtshilfe zu leisten. Der Begriff der Rechtshilfe im weiteren Sinne umfasst die Auslieferung des Angeschuldigten, die Urteilsvollstreckung und die Rechtshilfe im engern Sinne. Unter letzterer wird die gesamte, nicht in der Auslieferung und Urteilsvollstreckung bestehende Strafrechtshilfe verstanden. Dazu gehören insbesondere Untersuchungshandlungen wie Fahndung nach dem Täter, Vorladung und Einvernahme von Zeugen, Hausdurchsuchungen, Beschlagnahme von Beweismitteln und andern Gegenständen (vgl. THORMANN, Die Rechtshilfe der Kantone auf dem Gebiete des Strafrechts, ZSR 1928 S. 1a ff; TRÜB, Die internationale Rechtshilfe BGE 85 I 103 S. 107 im schweizerischen Strafrecht, Diss. Zürich 1950 S. 1 ff. und 83 ff.). Mit der vorliegenden Klage ersucht der Kanton Zürich zunächst um die Feststellung, dass die Gegenrechtserklärung zwischen Zürich und Solothurn vom 4./18. September 1941 noch gelte (Klagebegehren Ziff. 1). Sodann verlangt er auf Grund dieser Gegenrechtserklärung in erster Linie, der Kanton Solothurn sei zu verpflichten, auf seinem Gebiet befindliche Akten und Gegenstände zu beschlagnahmen und den Zürcher Strafverfolgungsbehörden für die Zwecke einer in Zürich geführten Strafuntersuchung zur Verfügung zu stellen (Klagebegehren Ziff. 2). Ob sich dieses Begehren auf die Gegenrechtserklärung stützen kann, erscheint indessen als zweifelhaft, da die Erklärung jedenfalls nach dem Wortlaut die Anwendung des Auslieferungsgesetzes vom 24. Juli 1852 auf eine nicht darunter fallende Straftat ausdehnen wollte, dieses Gesetz aber nur zur Auslieferung, nicht auch zu einer auf blosse Untersuchungshandlungen wie Beschlagnahme beschränkten Rechtshilfe verpflichtet. Nun hat die bundesgerichtliche Rechtsprechung aber von jeher anerkannt, dass zwischen den Kantonen eine von besondern Vereinbarungen und Gegenrechtserklärungen unabhängige allgemeine Rechtshilfepflicht in Strafsachen auch bei kantonalrechtlichen Vergehen bestehe (BGE 12 S. 48, BGE 36 I 51 , BGE 53 I 306 ). Da das Bundesgericht im staatsrechtlichen Klageverfahren das Recht von Amtes wegen anzuwenden hat ( BGE 73 I 239 /40), rechtfertigt es sich, zunächst zu prüfen, ob an dieser (auch in der Klage nebenbei angerufenen) Rechtsprechung festzuhalten ist. 3. In BGE 36 I 51 hat das Bundesgericht mit eingehender Begründung entschieden, dass die Kantone verpflichtet seien, einander bei allen Untersuchungen in Strafsachen Rechtshilfe zu leisten ohne Rücksicht darauf, ob die verfolgte Handlung auch im ersuchten Kanton strafbar sei oder nicht. Auf den ersten Blick scheint es, dass das Urteil diese allgemeine Rechtshilfepflicht aus BGE 85 I 103 S. 108 Art. 1 des Bundesgesetzes vom 8. Februar 1872 betreffend die Ergänzung des Auslieferungsgesetzes abgeleitet hat. Indessen hat das Bundesgericht nicht übersehen, dass diese Bestimmung, welche die Kosten- und Gebührenfreiheit der Rechtshilfe anordnet, die Rechtshilfepflicht nicht erst vorschreibt, sondern vielmehr bereits als gegeben voraussetzt, was auch daraus geschlossen wurde, dass schon das Konkordat vom 7. Juni 1810 über die gegenseitige Stellung der Fehlbaren in Polizeifällen besagt, dass die Rechtshilfepflicht in Strafsachen aus "alt-eidgenössischer Übung" hervorgegangen sei. Dem Urteil BGE 36 I 51 liegt demnach die Annahme zugrunde, dass die interkantonale Rechtshilfepflicht in Strafsachen auf Gewohnheitsrecht beruhe. Eine solche gewohnheitsrechtliche Rechtshlfepflicht ist heute, nach weiteren 48 Jahren, unbedenklich zu bejahen, da die Voraussetzungen für die Entstehung von Gewohnheitsrecht offensichtlich erfüllt sind. Die interkantonale Rechtshilfepflicht in Strafsachen ist, wie schon 1810 festgestellt worden ist, aus "alt-eidgenössischer Übung" hervorgegangen, besteht also seit unvordenklicher Zeit. Die Regelmässigkeit der Übung und die ihr zugrunde liegende Rechtsüberzeugung ergeben sich daraus, dass die Rechtshilfepflicht während der 70-jährigen Geltungsdauer des erwähnten Gesetzes von 1872 sogar gesetzlich festgelegt war, dass Anstände während dieser Zeit, in welcher der Rechtshilfe in kantonalen Strafsachen keine geringe Bedeutung zukam, äusserst selten waren und dass das Bundesgericht in den wenigen Fällen, wo es solche Anstände zu beurteilen hatte, die Rechtshilfepflicht jeweils anerkannt hat (BGE 12 S. 48, BGE 36 I 51 , BGE 53 I 306 ). Auch die Rechtslehre hat stets eine (meist ausdrücklich als gewohnheitsrechtlich bezeichnete) allgemeine Rechtshilfepflicht der Kantone in Strafsachen angenommen, und zwar sowohl vor wie nach dem Erlass und Inkrafttreten des StGB (THORMANN, ZSR 1928 S. 17a und 19a; PILLER, a.a.O. S. 143a; BURCKHARDT, Komm. zur BV, 3. Aufl. 1931 S. 605; WAIBLINGER, Das BGE 85 I 103 S. 109 Strafverfahren für den Kanton Bern 1937, N. 2 zu Art. 25; RUCK, Schweiz. Bundesstaatsrecht 3. Aufl. 1957, S. 266). Dass diese Rechtshilfepflicht vom Inkrafttreten des StGB und von der damit verbundenen Aufhebung des Gesetzes von 1872 ( Art. 398 lit. b StGB ) nicht berührt wurde, ist ohne weiteres klar, denn dieses Gesetz betraf nur die Kosten der Rechtshilfe, zu der die Kantone schon vorher verpflichtet waren, während das StGB, das die allgemeine Rechtshilfepflicht für Bundesstrafsachen vorschreibt, an derjenigen für kantonale Strafsachen nichts änderte. Das Weiterbestehen der bisher vom Bundesgericht stets anerkannten Rechtshilfepflicht erscheint übrigens auch als sachlich begründet. Sie hat ihren innern Grund in der engen Verbundenheit der Kantone als Mitglieder eines Bundesstaates und in ihrem gemeinsamen Interesse am Schutz der öffentlichen Ordnung und an der Verfolgung strafbarer Handlungen (vgl. BGE 36 I 54 und PILLER a.a.O. S. 142/43a). Eine Änderung der bisherigen langjährigen Rechtsprechung wäre ein Rückschritt, der nicht zu verantworten wäre. 4. Sind demnach die Kantone grundsätzlich verpflichtet, einander auch in kantonalrechtlichen Strafsachen Rechtshilfe zu leisten, so fragt sich weiter, ob diese Rechtshilfepflicht auch im vorliegenden Falle besteht und sich auf die vom Kanton Zürich verlangten Massnahmen erstreckt. In BGE 36 I 53 Erw. 3 wurde angenommen, die Rechtshilfepflicht gelte auch dann, wenn die verfolgte Handlung im ersuchten Kanton nicht strafbar sei. Ob dies auch heute noch gilt, nachdem das Strafrecht in der Schweiz weitgehend vereinheitlicht worden und den Kantonen nur noch die Gesetzgebung über das Übertretungs- und das Steuerstrafrecht geblieben ist ( Art. 335 StGB ), kann dahingestellt bleiben, da die Tatbestände, um die es im vorliegenden Falle geht, nämlich Steuerbetrug und Gehilfenschaft dazu, auch im Kanton Solothurn strafbar sind (§ 101 und 102 des soloth. Steuergesetzes). Der Umstand, BGE 85 I 103 S. 110 dass der Steuerbetrug im Kanton Solothurn nur mit Busse, im Kanton Zürich dagegen in schweren Fällen auch mit Haft bestraft werden kann, könnte für die Frage einer allfälligen Auslieferung eines solothurnischen Kantonseinwohners zur Aburteilung oder Urteilsvollstreckung von Bedeutung sein, steht aber der verlangten Beschlagnahme nicht entgegen. Aus dem in BGE 36 I 55 enthaltenen Vorbehalt für politische und Pressevergehen lässt sich für den vorliegenden Fall nichts ableiten, da die Gründe, aus denen diese Vergehen mit Bezug auf die Auslieferung von jeher eine Sonderstellung eingenommen haben (vgl. Art. 67 BV und 352 Abs. 2 und 3 StGB), beim Steuerbetrug und für eine Untersuchungshandlung wie die Beschlagnahme nicht zutreffen. In BGE 36 I 55 wurde sodann die Frage offen gelassen, ob die Rechtshilfepflicht auch bestehe bei Delikten, die nicht im ersuchenden Kanton begangen worden sind. Diese Frage müsste heute nur entschieden werden, wenn der Kanton Zürich die streitige Beschlagnahme ausschliesslich oder doch vorwiegend im Hinblick auf die den Organen der Bank X. vorgeworfene Gehilfenschaft zu Steuerbetrug verlangt würde. Das ist jedoch nicht der Fall; die zu beschlagnahmenden Akten sollen vielmehr in erster Linie der Abklärung des Steuerbetrugs dienen, den die Organe der B. AG in Zürich begangen haben sollen. Schliesslich wurde in BGE 36 I 55 noch festgestellt, dass sich die Rechtshilfepflicht nur auf Untersuchungshandlungen, nicht auf die Urteilsvollstreckung beziehe. Auch dieser Vorbehalt ist im vorliegenden Falle bedeutungslos, da der Kanton Zürich mit der Beschlagnahme lediglich eine Untersuchungshandlung verlangt. Soweit Bussen und Kosten in Frage kommen, folgt die Pflicht zur Urteilsvollstreckung übrigens aus dem Konkordat vom 23. August 1912 betreffend die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe zur Vollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche, dem auch der Kanton Solothurn beigetreten ist und nach dessen Art. 1 Ziff. 5 sich die BGE 85 I 103 S. 111 Rechtshilfepflicht auch auf "Bussen und staatliche Kostenforderungen in Straffällen" bezieht. 5. (Gegenstandslosigkeit der Klagebegehren Ziff. 1 und 3).
public_law
nan
de
1,959
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
1aefb6b3-989b-4c53-b09c-bf18f80c071f
Urteilskopf 106 Ia 13 5. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Februar 1980 i.S. Vormundschaftsbehörde X. gegen Y. und Regierungsrat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 4 BV ; unrichtige Rechtsmittelbelehrung, unklarer Gesetzeswortlaut. 1. Wann darf sich eine Partei oder ihr Rechtsvertreter auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlassen? (E. 3; Zusammenfassung der Rechtsprechung.) 2. Behandlung des Falles, in welchem der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers zwar die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung erkennt, aber zusätzlich durch einen unklaren Gesetzeswortlaut irregeführt wird (E. 4).
Sachverhalt ab Seite 14 BGE 106 Ia 13 S. 14 Die Vormundschaftsbehörde X. hatte am 7. Juli 1977 vormundschaftliche Massnahmen gegenüber den vier Kindern der Eheleute Y. angeordnet. Frau Y. hatte gegen diesen Beschluss beim Regierungsstatthalter von Z. Beschwerde erhoben. Als die Eheleute Y. am 23. März 1979 geschieden wurden, stellte der Richter zwei der Kinder unter Vormundschaft, die beiden anderen unter die elterliche Gewalt der Mutter. Der Regierungsstatthalter schrieb in der Folge das Beschwerdeverfahren am 15. Mai 1979 als gegenstandslos ab. Die Rechtsmittelbelehrung lautete: "Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Erhalt beim Regierungsrat des Kantons Bern Beschwerde geführt werden." Die Vormundschaftsbehörde X. liess den Abschreibungsbeschluss beim Regierungsrat anfechten. Die Beschwerde wurde durch die von der Vormundschaftsbehörde beauftragte Anwältin am 27. Tage nach der Zustellung des Beschlusses eingereicht. In seinem Entscheid vom 24. Oktober 1979 verweigerte der Regierungsrat das Eintreten auf die Beschwerde mit der Begründung, die Anfechtungsfrist habe nach Art. 80 Abs. 3 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege (VRPG) zehn Tage betragen. Auf die unrichtige Rechtsmittelbelehrung BGE 106 Ia 13 S. 15 könne sich die Vormundschaftsbehörde nicht berufen, da die Anwältin bei sorgfältiger Prüfung in der Lage gewesen wäre, den Fehler zu erkennen und rechtzeitig zu handeln. Mit fristgerechter staatsrechtlicher Beschwerde lässt die Vormundschaftsbehörde X. beantragen, der Entscheid des Regierungsrates vom 24. Oktober 1979 sei aufzuheben und die Sache zur materiellen Behandlung an den Regierungsrat zurückzuweisen. Die Justizdirektion des Kantons Bern beantragt namens des Regierungsrates die Abweisung der Beschwerde. Frau Y. reicht eine Stellungnahme ein, enthält sich aber eines Antrages in der Sache. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. a) Art. 80 VRPG lautet: "Gegen prozessleitende Verfügungen einer untern Verwaltungsjustizbehörde kann in folgenden Fällen bei der sachlich zuständigen obern Instanz Beschwerde geführt werden wegen: - Verzögerung oder Verweigerung einer gesetzlichen Rechtshilfe; - Bewilligung einer gesetzwidrigen Rechtshilfe; - ungebührlicher Behandlung der Parteien oder dritter Personen im Verfahren; - Formverletzung. Richtet sich die Beschwerde gegen den Präsidenten oder das prozessleitende Mitglied einer Kollegialbehörde, so ist diese zur Beurteilung zuständig. Die Beschwerdefrist beträgt zehn Tage seit Kenntnis des Sachverhalts; wegen Rechtsverzögerung oder Rechtsverweigerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden." b) Die Vertreterin der Beschwerdeführerin legt dar, sie habe keineswegs blind auf die angegebene Rechtsmittelbelehrung vertraut, sondern sogleich den ihr bekannten Art. 80 VRPG zu Rate gezogen. Angesichts des Wortlautes dieser Bestimmung sei sie zum Schluss gelangt, die darin abschliessend aufgeführten Voraussetzungen der auf zehn Tage befristeten Prozessbeschwerde seien allesamt nicht gegeben, sondern es liege ein Fall von Rechtsverweigerung vor. Gemäss Art. 80 Abs. 3 VRPG könne wegen Rechtsverweigerung jederzeit Beschwerde geführt werden; aus dem Gesetzestext ergebe sich jedenfalls nicht zwingend, dass Abschreibungsbeschlüsse innert zehn Tagen anzufechten BGE 106 Ia 13 S. 16 seien, wenn Rechtsverweigerung geltend gemacht werde. Für alle Fälle habe sie jedoch die vom Regierungsstatthalter angesetzte Frist gewahrt. Selbst wenn der Regierungsrat die Praxis zu Art. 80 VRPG inzwischen geändert haben sollte, könne dem Anwalt nicht zugemutet werden, im Rahmen der summarischen Prüfung anlässlich der Mandatsübernahme eingehende Untersuchungen über die bestehende Praxis anzustellen. c) Der Regierungsrat im angefochtenen Entscheid und die Justizdirektion in der Vernehmlassung vertreten im wesentlichen übereinstimmend die Auffassung, eine falsche Rechtsmittelbelehrung dürfe einer Partei zwar grundsätzlich nicht zum Schaden gereichen. Eine Ausnahme gelte indessen dann, wenn es der betreffenden Partei oder deren Anwalt mit der nötigen Sorgfalt möglich gewesen wäre, den Fehler zu erkennen. Dies treffe hier zu. Die Justizdirektion weist darauf hin, dass Art. 80 VRPG zu knapp formuliert sei und ohne Ergänzung durch die Praxis nicht verstanden werden könne. Lehre und Praxis hätten diese Bestimmung mittlerweile aber unmissverständlich konkretisiert (MBVR 1975, S. 317 ff.; BVR 1976, S. 88; BÜRGI, die Prozessbeschwerde, BVR 1978, S. 323 ff., insbesondere 331 ff.), so dass klargestellt sei, dass gegen Abschreibungsbeschlüsse die Prozessbeschwerde auch dann innert zehn Tagen einzureichen sei, wenn damit Rechtsverweigerung geltend gemacht werde. 3. a) Es besteht eine reiche bundesgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Umständen sich eine Partei auf eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung verlassen darf. Im Urteil BGE 78 I 297 f. findet sich eine erste Zusammenfassung. Unter Hinweis auf frühere Entscheide ( BGE 77 I 274 , BGE 76 I 190 ) wird zunächst der Grundsatz aufgestellt, dass einer Partei, welche sich auf eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung verliess und verlassen durfte, daraus kein Nachteil erwachsen darf. Es wird aber betont, dass nur derjenige diesen Vertrauensschutz anrufen darf, der keinen Grund hatte, an der Rechtsmittelbelehrung zu zweifeln oder - sofern die Belehrung missverständlich war - durch sie in einen Irrtum versetzt wurde. Aufgrund dieser Erwägungen wurde die Beschwerde einer Partei abgewiesen, deren Anwalt eine falsche Rechtsmittelfrist durch eine Angestellte ohne jede Kontrolle in die Agenda hatte übertragen lassen und sich erst am letzten Tag der so eingetragenen unrichtigen Frist mit dem Fall befasst hatte. Dem Anwalt wurde zur BGE 106 Ia 13 S. 17 Last gelegt, den angefochtenen Entscheid überhaupt nicht geprüft zu haben; andernfalls hätte er unmittelbar aus dem Gesetz ersehen müssen, dass die Rechtsmittelfrist kürzer sei, als angegeben wurde. Im Urteil BGE 96 II 72 f. wurde die Rechtsprechung zu dieser Frage präzisiert. Das Bundesgericht führte aus, auf eine von der zuständigen Behörde erteilte, sachlich unrichtige Rechtsmittelbelehrung dürfe sich die Partei nur dann nicht verlassen, wenn sie die Voraussetzungen des in Frage stehenden Rechtsmittels tatsächlich gekannt habe, so dass sie durch die falsche Belehrung nicht irregeführt worden sei, oder wenn die Unrichtigkeit für sie Ohne weiteres klar erkennbar gewesen sei. Es trat demgemäss auf eine verspätete Beschwerde ein, da es annahm, auf den ersten Blick, d.h. allein aufgrund des Gesetzestextes, seien gewisse Zweifel an der anwendbaren Frist möglich gewesen. Diese Zweifel hätten sich zwar durch Konsultation veröffentlichter Entscheide und von Hinweisen in der Tages- und Fachpresse beseitigen lassen; doch lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Anwalt des Beschwerdeführers diese Veröffentlichungen vor Fristablauf tatsächlich gelesen habe. Es könne ihm deshalb kein Vorwurf gemacht werden, dass er die vom Gericht erteilte Rechtsmittelbelehrung nicht anhand der ihm zugänglichen Publikationen auf ihre Richtigkeit hin überprüft habe. Ähnlich äussern sich dem Sinne nach BGE 96 III 99 f. und BGE 98 Ia 608 . BGE 98 V 278 f. führt schliesslich aus, es sei jeweils nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu prüfen, ob die betroffene Partei durch den gerügten Eröffnungsmangel tatsächlich irregeführt und dadurch benachteiligt worden sei. Richtschnur sei der auch in diesem prozessualen Bereich geltende Grundsatz von Treu und Glauben, an welchem die Berufung auf Formmängel ihre Grenze finde. Im gegebenen Falle wurde einer Ausgleichskasse die Berufung auf eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung in einem Rekursentscheid verwehrt, weil sie ihrer Funktion entsprechend die Rechtsmittelfristen von Amtes wegen kennen müsse. b) Aus der vorstehenden Darstellung der Rechtsprechung ergibt sich, dass grundsätzlich niemandem, der sich auf eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung verlassen hat und verlassen durfte, daraus ein Nachteil erwachsen darf. Ebenso steht fest, dass derjenige, der die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung kennt, sich nicht darauf berufen kann, denn in diesem Fall BGE 106 Ia 13 S. 18 verstiesse sein Verhalten offensichtlich gegen Treu und Glauben. Dazwischen liegt ein Grenzgebiet, in welchem die jeweilige Lösung nicht ein für allemal der Rechtsprechung entnommen werden kann, sondern durch Abwägung im Einzelfall zu gewinnen ist, wobei wiederum der Grundsatz von Treu und Glauben die Leitlinie bildet. Zu dieser Kategorie gehören namentlich diejenigen Fälle, in denen der Adressat der mit einer falschen Rechtsmittelbelehrung versehenen Verfügung in einen Irrtum versetzt wird, diesen jedoch bei grösserer Aufmerksamkeit hätte vermeiden können. In dieser Situation tritt zum Fehler der Behörde ein solcher der betroffenen Partei (oder ein ihr zuzurechnender Fehler ihres Anwaltes) hinzu. Nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wird ein solcher Fehler in der Regel dann zu einem Nichteintretensentscheid führen, wenn er so schwer wiegt, dass die Fehlleistung der Partei, nämlich die verspätete Eingabe, nicht mehr als natürliche und begreifliche Folge der irrtümlichen Rechtsmittelbelehrung angesehen werden kann. Dies führt dazu, dass nur grobe Fehler der von der Verfügung betroffenen Partei oder ihres Vertreters geeignet sind, eine falsche Rechtsmittelbelehrung aufzuwiegen. In der Regel wird dies praktisch bedeuten, dass sich der Private dann nicht auf das durch diese Rechtsmittelbelehrung erweckte Vertrauen berufen kann, wenn er oder sein Anwalt deren Unrichtigkeit durch Konsultierung des massgebenden Gesetzestextes allein erkennen konnte, dass aber der Vertrauensschutz dort Platz greift, wo neben diesem Text auch Literatur oder Rechtsprechung nachgeschlagen werden muss, um den Fehler mit Sicherheit feststellen zu können. Diese Überlegung entspricht neuzeitlichem, verstärkte Anforderungen an die Pflichten des Staates gegenüber dem Bürger stellendem Rechtsempfinden (vgl. SALADIN, Das Verfassungsprinzip der Fairness, in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, Basel 1975, S. 41 ff., 56 ff.; IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Auflage, Basel 1976, Nr. 86 B II und III). 4. Im vorliegenden Fall wurde die Anwältin der Beschwerdeführerin nach ihren eigenen Angaben nicht durch die Rechtsmittelbelehrung irregeführt, sondern durch den Gesetzestext selbst. Ihr fehlerhaftes Verhalten erscheint daher nicht als unmittelbare Folge der falschen Fristansetzung, wenngleich diese zusätzlich zu ihrer Unsicherheit beigetragen haben mag. BGE 106 Ia 13 S. 19 Die Justizdirektion tut nun überzeugend dar, dass bei eingehenderer Prüfung der Frage für einen Anwalt angesichts der klaren Lehre und Praxis kein Zweifel mehr hätte fortbestehen können, dass die Prozessbeschwerde gegen Abschreibungsbeschlüsse auch dann innert zehn Tagen einzureichen ist, wenn mit ihr Rechtsverweigerung geltend gemacht wird. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Die vorstehend unter Ziffer 3 dargelegte Praxis zu den Folgen falscher Rechtsmittelbelehrung und die ihr zu entnehmenden Leitlinien lassen sich sinngemäss auch auf Fälle der hier zu beurteilenden Art übertragen. Danach können nur solche Fehler zu Ungunsten einer Partei ausschlagen, welche nach den Umständen und nach den Rechtskenntnissen der Partei oder ihres Vertreters als grob anzusehen sind. Dies lässt sich im vorliegenden Fall nicht sagen. Regierungsrat und Justizdirektion anerkennen selber, dass der Wortlaut des Art. 80 VRPG unklar ist. Die richtige Schlussfolgerung aus dem Gesetzestext musste sich nicht auf den ersten Blick aufdrängen. Dafür, dass die Anwältin der Beschwerdeführerin die einschlägigen Entscheide gekannt habe, findet sich in den Akten kein Anhaltspunkt. Hätten demnach zur eindeutigen Klarstellung der Rechtslage Judikatur und Literatur nachgeschlagen werden müssen, so erscheint der Fehler auch bei einer Anwältin nicht als derart grob, dass es sich gerechtfertigt hätte, auf die Beschwerde nicht einzutreten. Dieses Ergebnis trägt namentlich auch dem Gesichtspunkt Rechnung, dass der Anwalt, bei dessen Kanzlei im allgemeinen eine ganze Reihe von Fällen anhängig ist, diese notwendigerweise in einer gewissen Reihenfolge bearbeiten muss, wobei es durchaus sachgemäss ist, sich im Normalfall nach dem Ablauf der Rechtsmittelfrist zu richten. Bei einer derartigen Arbeitsorganisation kann dem Anwalt nicht zugemutet werden, neu eingehende Fälle, bei denen die Ergreifung eines Rechtsmittels in Frage steht, anlässlich ihres Einganges einer die summarische Durchsicht übersteigenden Prüfung zu unterziehen. Demgemäss liegt im angefochtenen Beschluss des Regierungsrates des Kantons Bern eine Verletzung von Art. 4 BV , was zur Gutheissung der Beschwerde führt.
public_law
nan
de
1,980
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1af2ed0f-d86d-4fd6-8248-b970186903b9
Urteilskopf 105 Ib 294 46. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 21. Dezember 1979 i.S. König gegen Bundesanwaltschaft und Eidg. Justiz- und Polizeidepartement (Einsprache gemäss Auslieferungsgesetz)
Regeste Europäisches Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAÜ); Art. 12 AuslG und Art. 19 Ziff. 4 BetmG . Einschränkende Auslegung von Art. 12 AuslG im Lichte des EAÜ und der Tendenzen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen (E. 2a und 3a); bloss subsidiäre Natur von Art. 19 Ziff. 4 BetmG (E. 2b und 3b). Aus beidem ergibt sich, dass die Auslieferung für im Ausland begangene Drogendelikte nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird durch eine in der Schweiz (gestützt auf Art. 19 Ziff. 4 BetmG ) bereits eingeleitete Strafverfolgung (E. 3c).
Sachverhalt ab Seite 295 BGE 105 Ib 294 S. 295 Der bundesdeutsche, in München wohnhafte Wolfgang König wird verdächtigt, in verschiedener Weise gegen das deutsche und schweizerische Betäubungsmittelgesetz verstossen zu haben, zur Hauptsache in der Bundesrepublik und zu einem geringeren Teil in der Schweiz. Anfangs 1979 in der Schweiz verhaftet, wurde er vor dem Bezirksgericht Zürich, 6. Abteilung, angeklagt. Dieses kam an der Hauptverhandlung vom 7. März 1979 zum Schluss, dass die Drogensucht, welcher König verfallen schien, gebieterisch eine Behandlung erfordern könnte, die in der Schweiz kaum durchführbar wäre, weil es hier nur offene Drogenkliniken gebe und zu befürchten wäre, dass sich König, der zur Schweiz keine näheren Beziehungen habe, den notwendigen Massnahmen durch Flucht entziehen könnte. Das Gericht erkundigte sich daher bei den bayerischen Behörden, ob eine von einem schweizerischen Gericht angeordnete Massnahme in einer deutschen Anstalt vollzogen werden könnte. Der leitende Oberstaatsanwalt beim Landgericht München verneinte diese Möglichkeit mangels staatsvertraglicher Vereinbarung, erklärte jedoch die Bereitschaft der Staatsanwaltschaft München, die Strafverfolgung Königs wegen aller ihm im schweizerischen Gerichtsverfahren zur Last gelegten Straftaten aufzunehmen. Am 21. März 1979 stellte das Amtsgericht München gegen König einen Haftbefehl aus wegen der in der Schweiz verfolgten Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz und am 6. April verlangte das Bayerische Staatsministerium der Justiz die Auslieferung für die im Haftbefehl umschriebenen Tatbestände. Gleichentags beschloss das Bezirksgericht Zürich, das bei ihm hängige Strafverfahren zu sistieren. Da für die Einsprache Königs gegen die Auslieferung keine Begründung eintraf, bewilligte das Bundesamt für Polizeiwesen am 10. August 1979 die Auslieferung. Auf die Rechtsmittelbelehrung vertrauend rekurrierte König hiegegen am 11. September an das EJPD. Nach einem Meinungsaustausch mit diesem anerkannte das Bundesgericht seine Zuständigkeit zum Entscheid über die BGE 105 Ib 294 S. 296 "Beschwerde" vom 11. September, soweit mit ihr Einwände erhoben wurden, die im Rahmen einer Einsprache gemäss Art. 23 Abs. 1 AuslG zu behandeln waren. Das Bundesgericht weist die Einsprache ab und bewilligt die Auslieferung aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. a) Die Auslieferung zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik Deutschland beurteilt sich nach dem Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 13. Dezember 1957 (EAÜ). Dieses geht dem AuslG vor. Dessen Vorschriften finden nur Anwendung, wo das Übereinkommen die Bedingungen der Auslieferung nicht abschliessend regelt und soweit sie den Vertragsbestimmungen nicht zuwiderlaufen ( BGE 102 Ia 319 E. 1 und BGE 101 Ia 407 E. 1a, mit Verweisungen). b) Das Bundesgericht ist zum Entscheid über ein Auslieferungsgesuch selbst dann zuständig, wenn eine Einsprache verspätet, aber noch vor Abschluss des verwaltungsrechtlichen Beschwerdeverfahrens erhoben wird ( BGE 101 Ia 535 E. 1). Es prüft im übrigen frei und von Amtes wegen, ob die Voraussetzungen der Auslieferung erfüllt sind, ohne dabei an die Einwendungen des Einsprechers gebunden zu sein ( BGE 101 Ia 421 E. 1c und 536 E. 1, BGE 100 Ia 410 E. 1c, mit Verweisungen). 2. a) Nach Art. 8 EAÜ kann der ersuchte Staat die Auslieferung eines Verfolgten ablehnen, der von ihm wegen Handlungen verfolgt wird, derentwegen um Auslieferung ersucht wird. Entsprechend Art. 1 Abs. 2 des BB vom 27. September 1966 über die Genehmigung von sechs Übereinkommen des Europarates hat die Schweiz zu den Art. 7 und 8 EAÜ folgenden Vorbehalt angebracht (AS 1967, S. 807, RO 1967 p. 847): "Der Schweizerische Bundesrat erklärt hiemit, dass in Berücksichtigung der durch das schweizerische Recht getroffenen Regelung die Auslieferung wegen einer auf schweizerischem Hoheitsgebiet... begangenen strafbaren Handlung nur in Anwendung von Art. 2, Ziffer 2 des Übereinkommens bewilligt werden kann, d.h. wenn der Verfolgte ohnehin wegen anderer, der schweizerischen Gerichtsbarkeit nicht unterworfener Handlungen ausgeliefert wird und die einheitliche Aburteilung aller ihm zur Last liegenden Straftaten vor allem im Interesse seiner Resozialisierung angezeigt erscheint." BGE 105 Ib 294 S. 297 Hinsichtlich des Verhältnisses zur Bundesrepublik Deutschland präzisiert Art. III Abs. 1 des entsprechenden Ergänzungsvertrages vom 13. November 1969 (AS 1977 I 88): "Der ersuchte Staat ist aufgrund dieses Vertrages berechtigt, die Auslieferung wegen Handlungen zu bewilligen, die auch seiner Gerichtsbarkeit unterliegen, wenn der Verfolgte wegen anderer strafbarer Handlungen ausgeliefert wird und seine gleichzeitige Aburteilung durch eine Justizbehörde des ersuchenden Staates angebracht erscheint..." Die Schweiz brachte den erwähnten Vorbehalt an mit Rücksicht auf Art. 12 AuslG , wonach eine Auslieferung nicht bewilligt wird, wenn die strafbare Handlung, wegen der sie verlangt wird, auf dem Gebiet der Eidgenossenschaft begangen, oder zwar im Ausland verübt, aber in der Schweiz endgültig beurteilt worden ist oder daselbst strafrechtlich verfolgt wird. Im Verhältnis zu den Vertragsstaaten des EAÜ ist somit die Tragweite der genannten Bestimmung eingeschränkt worden, indem für die in der Schweiz begangenen oder verfolgten Straftaten eine Auslieferung aufgrund des Übereinkommens - das dem Landesrecht vorgeht - akzessorisch möglich ist. b) Aufgrund der Regeln des internen Rechts über den räumlichen Geltungsbereich ist der schweizerische Richter in erster Linie zuständig zur Beurteilung von Straftaten, die in der Schweiz begangen worden sind ( Art. 3 StGB , Territorialprinzip). Ausserdem ist nach der Sonderbestimmung von Art. 19 Ziff. 4 BetmG , der für den Bereich der Betäubungsmittel das Universalprinzip statuiert ( BGE 103 IV 81 E. 1), ein dem BetmG zuwiderhandelnder Täter gemäss den Strafbestimmungen dieses Gesetzes auch zu bestrafen, wenn er die Tat im Ausland begangen hat, in der Schweiz angehalten und nicht ausgeliefert wird, und wenn die Tat auch am Begehungsort strafbar ist. Wie der Bundesrat in seiner Botschaft über die Revision des früheren Betäubungsmittelgesetzes ausführte (vgl. BBl 1951 I 845 und 865 = FF 1951 I 857 und 878; Entwurf Art. 19 Ziff. 1 letzter Absatz), schlug er diese Bestimmung vor, weil im Internationalen Abkommen vom 26. Juni 1936 zur Unterdrückung des unerlaubten Verkehrs mit Betäubungsmitteln, das er von den eidg. Räten ratifizieren lassen wollte, die Vertragsstaaten sich verpflichtet hatten, die im Ausland begangenen Taten ebenfalls zu verfolgen und zu bestrafen, falls eine Auslieferung nicht möglich wäre (vgl. Text des Abkommens BGE 105 Ib 294 S. 298 und Botschaft hiezu in BBl 1952 II 553 ff. und 561 ff.). Nach diesem Abkommen, das in der Folge ratifiziert wurde (AS 1953, S. 185), hatten die Vertragsstaaten einerseits ihre eigenen Staatsangehörigen - wenn sie diese grundsätzlich nicht auslieferten - für Auslandstaten zu bestrafen (Art. 7) und anderseits in bestimmten Fällen auch Ausländer für Auslandstaten zu bestrafen, falls die verlangte Auslieferung aus einem mit der Tat nicht zusammenhängenden Grunde nicht bewilligt werden konnte (Art. 8). Eine ähnliche Regelung wurde in das von der Schweiz ebenfalls ratifizierte (AS 1970, S. 801) Einheits-Übereinkommen vom 30. März 1961 über die Betäubungsmittel aufgenommen; dessen Art. 36 Ziff. 2 lit. a IV bestimmt (AS 1970, S. 827): "(Unter Vorbehalt der verfassungsrechtlichen Bestimmungen jeder Vertragspartei, ihrer Rechtsordnung und ihrer nationalen Gesetzgebung) werden die oben erwähnten schweren Widerhandlungen, gleichgültig, ob sie von eigenen Staatsangehörigen oder Ausländern begangen wurden, von der Vertragspartei verfolgt, in deren Gebiet die Widerhandlung begangen wurde, oder von der Vertragspartei, in deren Gebiet der Täter sich aufhält, sofern dessen Auslieferung auf Grund der Gesetzgebung der Vertragspartei, an die das Gesuch gerichtet wurde, nicht statthaft ist und sofern der betreffende Täter noch nicht verfolgt und verurteilt worden ist." 3. Im vorliegenden Fall wurde der Einsprecher in der Schweiz für alle Straftaten verfolgt, die Gegenstand des Auslieferungsgesuchs bilden, und zwar einerseits kraft Art. 3 StGB und anderseits aufgrund von Art. 19 Ziff. 4 BetmG . Wenn alle diese Delikte regelmässig der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterlägen, wäre eine Auslieferung nicht möglich; denn mangels anderer Straftaten, die zu einer Auslieferung in der Hauptsache führen könnten, wäre eine akzessorische Auslieferung ausgeschlossen. Eine solche streng wörtliche Auslegung von Art. 12 AuslG und der Vorbehalte zu den Art. 7 und 8 EAÜ würde indessen zu einem unbefriedigenden Ergebnis führen und entspräche nicht dem Sinn, der dem Gesetz vernünftigerweise beizulegen ist. a) Zunächst ist festzuhalten, dass die aus Art. 12 AuslG folgende Regel, wonach eine in der Schweiz eingeleitete Strafverfolgung die Auslieferung hindert, nicht absolut gilt. Sie ist nicht in alle zweiseitigen Staatsverträge der Schweiz aufgenommen worden (SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, S. 478 lit. bb). BGE 105 Ib 294 S. 299 In E. 2a wurde ferner dargelegt, dass sie im Rahmen des EAÜ beschränkt worden ist. Soweit die Regel derart allgemein ausgedrückt wird, ist ihre Nützlichkeit auch nicht offenkundig. Sie scheint vor allem aufgestellt worden zu sein, um die gleichzeitige Verfolgung der selben Straftatbestände im Sinne des Grundsatzes ne bis in idem zu verhindern. Sie ist in dem Masse gerechtfertigt, als der ersuchte Staat bezüglich dieser Tatbestände die Gerichtsbarkeit beansprucht (vgl. SCHULTZ, a.a.O., S. 475 ff.). Hingegen vermögen diese Gründe eine Verweigerung der Auslieferung wohl nicht zu rechtfertigen, wenn die Strafverfolgung lediglich aufgrund einer subsidiären Kompetenzklausel - für den Fall, dass keine Auslieferung stattfindet - angehoben worden ist; dies gilt zumindest dann, wenn die zuständige schweizerische Strafbehörde bereit ist, dem schweizerischen Strafverfahren im Falle einer Auslieferung ein Ende zu setzen. Eine einschränkende Auslegung von Art. 12 AuslG , dessen Formulierung auf das Jahr 1892 - also auf einen Zeitpunkt lange vor Inkrafttreten des StGB - zurückgeht, drängt sich in diesem Punkte umsomehr auf, als sie den neueren Tendenzen der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen Rechnung trägt. Der Entwurf zu einem BG in dieser Materie (IRSG) enthält denn auch bewusst keine solche Bestimmung mehr (vgl. Art. 32 Abs. 1 und 2; BBl 1976 II 462, 489 und 501 = FF 1976 II 448, 475 und 487), sondern erlaubt vielmehr, einem fremden Staat die Verfolgung und Beurteilung an sich der schweizerischen Gerichtsbarkeit unterstehender Straftaten zu übertragen, insbesondere im Interesse an einer besseren sozialen Eingliederung des Täters (Art. 85; a.a.O., S. 518, p. 501). Es ist angezeigt, dass der Richter bei der Auslegung eines alten Gesetzes die neueren Tendenzen der entsprechenden Rechtsmaterie nicht ausser acht lässt. b) In Anbetracht von Ziel und Zweck des Art. 19 Ziff. 4 BetmG ist mit dem Bundesamt für Polizeiwesen anzunehmen, dass diese Bestimmung subsidiärer Natur ist. Diese Subsidiarität kann schon aus dem Gesetzeswortlaut gefolgert werden. Weiter ist das schweizerische Strafrecht im wesentlichen vom Territorialprinzip beherrscht; die fragliche Bestimmung ist davon eine Ausnahme und ihre Tragweite soll daher nicht übermässig ausgedehnt werden. Schliesslich entspräche es auch nicht den Bedürfnissen der Strafverfolgung und der sozialen BGE 105 Ib 294 S. 300 Wiedereingliederung, wenn eine in der Schweiz aufgrund von Art. 19 Ziff. 4 BetmG einmal eingeleitete Strafverfolgung später eine Auslieferung wegen der selben Delikte hindern würde. Das zeigen gerade die Umstände des vorliegenden Falles. Es kann durchaus ein überwiegendes Interesse daran bestehen, dass der Täter am Begehungsort abgeurteilt und geheilt wird, zumal wenn dieser Ort mit dem Lebensmittelpunkt des Täters zusammenfällt. In jenen Fällen, wo die Schweiz im Ausland begangene Drogendelikte - wenn keine Auslieferung stattfindet - nur deshalb verfolgt, um ihren internationalen Pflichten nachzukommen, verhinderte man in Wirklichkeit die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips und gleichzeitig der ordentlichen Zuständigkeitsregeln, wenn man die Auslieferung bloss verweigerte, weil dem Erhalt des Auslieferungsgesuchs die Einleitung einer Strafverfolgung im Inland vorausgegangen war. Im übrigen ist die Gefahr einer doppelten Verfolgung ausgeschlossen: Wird nämlich die Auslieferung bewilligt, so wird die schweizerische Strafverfolgung wegen der subsidiären Bedeutung von Art. 19 Ziff. 4 BetmG gegenstandslos. c) In Berücksichtigung dieser Subsidiarität wäre es unbefriedigend, wenn die Möglichkeit einer Auslieferung von der Raschheit abhinge, mit der die schweizerischen Strafbehörden die Verfolgung einleiteten bzw. die zuständige ausländische Behörde das Auslieferungsgesuch stellte. Angesichts des Umstandes, dass in den meisten Fällen die schweizerische Behörde rascher handeln kann, würde sie mit der Geltendmachung des Strafanspruchs die Anwendung der Hauptregel zugunsten der untergeordneten Regel illusorisch machen. Dem Art. 19 Ziff. 4 BetmG ist daher eine besondere auslieferungsrechtliche Bedeutung zu geben, und es ist anzuerkennen, dass eine Auslieferung für im Ausland begangene Widerhandlungen gegen das BetmG durch eine in der Schweiz gestützt auf Art. 19 Ziff. 4 BetmG bereits eingeleitete Strafverfolgung nicht verhindert werden darf. Der Grundsatz von Art. 12 AuslG und der zu den Art. 7 und 8 EAÜ erklärte Vorbehalt stehen dem hier nicht entgegen. 4. a) Es bleibt die Frage, ob die Schweiz dennoch die Möglichkeit hätte, die Auslieferung für Auslandstaten aufgrund der genannten Bestimmungen zu verweigern. Die Frage braucht indessen nicht entschieden zu werden. Denn im vorliegenden Fall würde kein überwiegender Grund die Ablehnung BGE 105 Ib 294 S. 301 des Auslieferungsgesuchs rechtfertigen: Die Strafverfolgung am Begehungsort ist die Regel. Überdies könnten die therapeutischen Massnahmen, deren der Einsprecher offenbar bedarf, gegebenenfalls mit grösseren Erfolgsaussichten von der Behörde am Begehungsort, der mit dem Lebensmittelpunkt des Einsprechers zusammenfällt, durchgeführt werden; sie wären dann in seinem und der Gesellschaft Interesse mit der sozialen Wiedereingliederung besser verknüpft. b) Die weiteren Voraussetzungen der Auslieferung sind ebenfalls erfüllt. Die fraglichen Drogendelikte sind mit einer Gefängnisstrafe bedroht und stehen in Ziff. 31bis der Liste der strafbaren Handlungen, für die nach schweizerischem Recht die Auslieferung zulässig ist ( Art. 3 AuslG und Anhang zu dem zu Art. 2 Ziff. 1 EAÜ erklärten Vorbehalt, in AS 1967 S. 813). Sie sind zudem in beiden Staaten strafbar. c) Die angeführten Gründe rechtfertigen ebenso eine akzessorische Auslieferung für die in der Schweiz begangenen Straftaten, die klarerweise weniger ins Gewicht fallen als die in der Bundesrepublik Deutschland verübten. 5. (Unzutreffende Einwände des Einsprechers.)
public_law
nan
de
1,979
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
1af34078-0386-4f2d-9e80-5844510931f0
Urteilskopf 112 Ia 155 27. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. April 1986 i.S. Ursula Silberschmidt und Matthias Grauf gegen Gemeinde Ermatingen und Regierungsrat des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 2 ÜbBest. BV; Vorrang des Bundesrechts auf dem Gebiet der Raumplanung. Unvereinbarkeit der Reservebauzone gemäss § 21 i.V.m. § 16 des thurgauischen Baugesetzes vom 28. April 1977 mit Art. 15 und 19 RPG sowie Art. 5 WEG .
Sachverhalt ab Seite 156 BGE 112 Ia 155 S. 156 Ursula Silberschmidt und Matthias Grauf sind Miteigentümer der unüberbauten Parzelle GB Nr. E 536 in der "Setzi" in Ermatingen. Das mitten im Dorf gelegene Grundstück befand sich nach dem früheren Zonenplan der Gemeinde aus dem Jahre 1965 in der definitiven Bauzone für zwei- bis dreigeschossige Wohnbauten. Am 18. Januar 1984 beschloss die Gemeindeversammlung Ermatingen einen neuen Zonenplan. Danach befindet sich die Parzelle GB Nr. E 536 neu in der Reservebauzone für zweigeschossige Wohnbauten. Über diese Änderung beschwerten sich die Eigentümer des Grundstücks beim Regierungsrat des Kantons Thurgau. Dieser wies die Beschwerde mit Beschluss vom 4. Dezember 1984 ab. Ursula Silberschmidt und Matthias Grauf führen mit Eingabe vom 21. Januar 1985 staatsrechtliche Beschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Parzelle GB Nr. E 536 der Beschwerdeführer wurde in der Zonenplanrevision von der definitiven Bauzone für zwei- bis dreigeschossige Wohnbauten in die Reservebauzone für zweigeschossige Wohnbauten umgeteilt. Die Beschwerdeführer machen geltend, dass für diese Massnahme eine rechtsgültige gesetzliche Grundlage fehle. Die Vorschrift des § 21 des Baugesetzes des Kantons Thurgau vom 28. April 1977 (BauG), auf den sich die Umzonung stütze, widerspreche jener von Art. 15 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG). Sie schaffe eine Zone, die das Bundesrecht nicht kenne und mit der die Verwirklichung von Art. 19 Abs. 2 RPG verhindert werden könne. Damit bringen die Beschwerdeführer in erster Linie sinngemäss vor, die Zuteilung ihrer Parzelle zur Reservebauzone sei deshalb BGE 112 Ia 155 S. 157 unzulässig, weil das als Grundlage dienende kantonale Recht wegen des Vorrangs des Bundesrechts nicht angewendet werden dürfe (Art. 2 ÜbBest. BV). a) Ob ein kantonaler Rechtssatz oder die ihm gegebene Auslegung mit dem Bundesrecht vereinbar ist, prüft das Bundesgericht frei ( BGE 109 Ia 74 E. 3 mit Hinweis). b) Gemäss Art. 15 RPG umfassen Bauzonen Land, das sich für die Überbauung eignet und weitgehend überbaut ist (lit. a), oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird (lit. b). Für dieses Land gilt sodann die Erschliessungspflicht gemäss Art. 19 RPG und Art. 5 des Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetzes vom 4. Oktober 1974 (WEG). Die Bauzonen müssen durch das Gemeinwesen zeitgerecht erschlossen werden. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung betont die Erschliessungspflicht ( BGE 109 Ib 25 E. 4c) und leitet hieraus unter Umständen in Verbindung mit der Forderung nach sachgerechter Planung eine Einzonungspflicht ab ( BGE 110 Ia 53 ff. E. 4). Das thurgauische Baugesetz verpflichtet die Gemeinden unter anderem, ein Baureglement mit zugehörigem Zonenplan zu erlassen (§ 11 Abs. 1 BauG). Im Zonenplan ist das Baugebiet nach der mutmasslichen Entwicklung auszuscheiden, und es sind die Landschafts-, Forst- und Schutzgebiete sowie das übrige Gebiet festzulegen (§ 15 BauG). Das Baugebiet besteht aus definitiven Bauzonen und Reservebauzonen; es darf insgesamt nur Land umfassen, das bereits weitgehend überbaut ist oder innert 10 bis 15 Jahren für eine Überbauung benötigt wird und innert dieser Frist erschlossen werden kann (§ 16 BauG). Die definitiven Bauzonen stehen gemäss § 17 BauG der Überbauung offen; es besteht ein Anspruch auf Erteilung der Baubewilligung (Abs. 1). Die Gemeinden sind verpflichtet, die definitiven Bauzonen zu erschliessen (Abs. 2). Demgegenüber werden Reservebauzonen nach § 21 BauG entsprechend der baulichen Entwicklung und dem Baulandbedarf einer späteren Überbauung zugeführt; es besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Baubewilligung (Abs. 1). Die Umwandlung in definitive Bauzonen kann etappenweise durch die zuständige Gemeindebehörde beschlossen werden; der Beschluss ist dem fakultativen Referendum gemäss § 7 Abs. 2 BauG zu unterstellen (Abs. 2). Beschlüsse über die Umteilung von Reservebauzonen in definitive Bauzonen müssen gemäss § 38 BauG während dreissig Tagen öffentlich aufgelegt werden (Abs. 1). Sind nur einzelne kleine Grundstücke betroffen, kann die Auflage durch die schriftliche BGE 112 Ia 155 S. 158 Mitteilung an die betroffenen Grundeigentümer ersetzt werden (Abs. 2). Die Auflage ist öffentlich bekannt zu machen und den betroffenen Grundeigentümern, die in der Gemeinde keinen Wohnsitz oder Sitz haben, schriftlich mitzuteilen, soweit Namen und Adressen bekannt sind (§ 39 BauG). Gemäss § 40 BauG kann während der Auflagefrist jedermann, der ein rechtliches Interesse nachweist, bei der zuständigen Gemeindebehörde Einsprache erheben (Abs. 1). Bewirkt die Gutheissung von Einsprachen erhebliche Änderungen des aufgelegten Plans, so ist das Auflageverfahren von gewissen Ausnahmen abgesehen zu wiederholen (Abs. 4). Nach durchgeführtem Auflageverfahren und nach einer allenfalls erforderlichen Gemeindeabstimmung, die gemäss § 7 Abs. 2 BauG mangels tieferen Quorums gemäss Gemeindeorganisationsreglement von 1/10 der Stimmberechtigten verlangt werden kann, sind die Pläne mit den zugehörigen Vorschriften dem Regierungsrat zur Genehmigung zu unterbreiten; diese wird erteilt, wenn die Pläne den gesetzlichen Vorschriften und der übergeordneten Planung entsprechen und nicht als unzweckmässig erscheinen (§ 41 BauG). Gemäss § 13 Abs. 2 des Baureglements der Gemeinde Ermatingen vom 18. Januar 1984 (BauR) kann die Umwandlung einer Reservebauzone in die entsprechende, im Zonenplan vermerkte definitive Bauzone bei Bedarf etappenweise auf Antrag des Gemeinderates durch die Gemeindeversammlung beschlossen werden. Die Umwandlung obliegt in Ermatingen somit dem obligatorischen Referendum. Sie geschieht nach Art. 13 Abs. 3 BauR nach Vorbereitung der Baureife durch einen Quartierplan beziehungsweise durch den Bau der Erschliessungsanlagen. Diese Vorschrift ist eine Folge des Anspruchs auf Erteilung der Baubewilligung, den das thurgauische Recht den Grundeigentümern in den definitiven Bauzonen gewährt (§ 17 Abs. 1 Satz 2 BauG). c) Nach der dargestellten Regelung des thurgauischen Baurechts bedingt die Umwandlung einer Reservebauzone in die definitive Bauzone ein eigentliches Ein- beziehungsweise Umzonungsverfahren. Diese Voraussetzung besteht, obwohl gemäss § 16 BauG die Reservebauzonen zusammen mit den definitiven Bauzonen das Baugebiet bilden, das mit der Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG praktisch übereinstimmt: Es umfasst - wie erwähnt - das bereits weitgehend überbaute oder innert 10 bis 15 Jahren für die Überbauung benötigte Land, das innert dieser Frist erschlossen werden kann. Die Kantone und Gemeinden sind verpflichtet, ihr Recht und ihre Nutzungspläne so auszugestalten, BGE 112 Ia 155 S. 159 dass die Bauzonen den Grundsätzen von Art. 15 RPG entsprechen. Umfassen aber die Bauzonen in Übereinstimmung mit dieser Vorschrift des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes nur das Land, das weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird, so ist es mit Art. 15 RPG unvereinbar, diese Zonen so zu unterteilen, dass ein Teil davon erst nach Durchführung eines weiteren Ein- beziehungsweise Umzonungsverfahrens der bestimmungsgemässen Nutzung zugeführt werden kann. Das Bauzonenland ist in seiner Gesamtheit für die bauliche Nutzung bereit zu halten, und es dürfen ihrer Verwirklichung nicht Hindernisse in den Weg gestellt werden, die mit einer Neueinzonung vergleichbar sind oder einer solchen nahekommen. d) Im vorliegenden Fall führen diese Erwägungen zum Ergebnis, dass die Reservebauzone gemäss § 21 in Verbindung mit § 16 BauG als bundesrechtswidrig zu betrachten ist, weil sie Bauzonenland im Sinne von Art. 15 RPG enthält, das aber zu seiner bestimmungsgemässen Nutzung in unzulässiger Weise noch einer eigentlichen Um- beziehungsweise Einzonung bedarf, um sie in die definitive Bauzone umzuwandeln. Diese Regelung, die in der Praxis ausserdem derart restriktiv gehandhabt wird, dass nur erschlossenes Land in eine definitive Bauzone eingewiesen wird, gewährleistet kein ausreichendes Bodenangebot und lähmt den Baulandmarkt. Das widerspricht nicht nur Art. 15 lit. b RPG , sondern auch dem Sinn der bundesrechtlichen Erschliessungspflicht gemäss Art. 19 RPG und Art. 5 WEG . e) Die Feststellung der Bundesrechtswidrigkeit führt im vorliegenden Fall nicht zur Aufhebung der Regelung von § 21 in Verbindung mit § 16 BauG, da die Frist zu ihrer Anfechtung längst abgelaufen ist ( Art. 89 OG ). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts kann jedoch die Verfassungswidrigkeit einer kantonalen Vorschrift auch noch bei der Anfechtung eines gestützt darauf ergangenen Anwendungsakts geltend gemacht werden. Erweist sich der Vorwurf als begründet, so führt das freilich nicht zur formellen Aufhebung der Vorschrift; die vorfrageweise Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit im konkreten Anwendungsfall hat nur zur Folge, dass die Vorschrift insoweit auf die Beschwerdeführer nicht angewendet und der gestützt auf sie ergangene Entscheid aufgehoben wird ( BGE 111 Ia 243 E. 4; BGE 104 Ia 87 E. 5 mit Hinweisen). Erweist sich nach dem Gesagten die Regelung von § 21 in Verbindung mit § 16 BauG als unbeachtlich und damit auf die BGE 112 Ia 155 S. 160 Beschwerdeführer nicht anwendbar, so ist der Einbezug der Parzelle GB Nr. E 536 in die Reservebauzone unzulässig. Die Beschwerde ist somit in diesem Punkt gutzuheissen. f) Es wird Sache des thurgauischen Gesetzgebers sein, das Baugesetz an die Grundsätze von Art. 15 und 19 RPG sowie Art. 5 und 6 WEG anzupassen. Dabei ist es ihm nicht verwehrt, innerhalb der Bauzonen eine Erschliessungsetappierung vorzusehen, um die systematische und rationelle Erschliessung der Bauzone sicherzustellen. So wäre etwa eine Regelung denkbar, wonach die Gemeinde zunächst nur in der ersten Etappe die Erschliessung unter Erhebung von Erschliessungsabgaben ausführen oder zulassen würde. Das Bundesrecht stellt es den Kantonen beziehungsweise Gemeinden frei, auch in Gebieten, die späteren Erschliessungsetappen zugewiesen sind, die Möglichkeit einer vorzeitigen Erschliessung vorzusehen. Soweit es mit dem Grundsatz der geordneten Siedlungsentwicklung vereinbar ist, könnte den Eigentümern von Land in diesen Gebieten beispielsweise das Recht eingeräumt werden, die Erschliessungsanlagen nach den von der Gemeinde genehmigten Plänen zu bauen ( Art. 19 Abs. 3 RPG ; vgl. auch BGE 104 Ia 140 E. 4a); nötigenfalls hätte das in Verbindung mit einer Landumlegung zu geschehen ( Art. 20 RPG ; Art. 8 WEG ). Bundesrechtlich wäre es auch nicht ausgeschlossen, ausserhalb der auf den voraussichtlichen Bedarf von 15 Jahren bemessenen Bauzonen sogenannte Bauentwicklungszonen zu bezeichnen ( Art. 18 Abs. 2 RPG ; EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, Art. 18 N. 14, S. 237; vgl. auch BGE 108 Ia 36 E. 3a). g) Entgegen der Auffassung des Regierungsrates stellt die als bundesrechtswidrig zu bezeichnende Reservebauzone kein Instrument der Erschliessungsetappierung dar. Die Reservebauzone erscheint eher als zweite Baugebietsetappe; als solche dürfte sie aber nach dem Gesagten nicht Teil der Bauzone im Sinne von Art. 15 RPG sein.
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Urteilskopf 119 II 173 35. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 28. April 1993 i.S. Bank Kreiss AG gegen Schweizerische Kreditanstalt (Berufung)
Regeste Akkreditiv; Internationales Privatrecht ( Art. 116 und 117 IPRG ). 1. Die blosse Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht im Prozess genügt nach der von Art. 116 Abs. 2 IPRG geforderten Klarheit der Rechtswahl nicht zur Annahme eines Verweisungsvertrags nach dem Vertrauensgrundsatz (E. 1b). 2. Für die Beziehungen zwischen der eröffnenden Bank und der Korrespondenzbank gilt die Leistung der Beauftragten als die für eine objektive Anknüpfung charakteristische (Art. 117 Abs. 3 lit. c. IPRG) (E. 2).
Sachverhalt ab Seite 174 BGE 119 II 173 S. 174 Mit Telex vom 21. März 1989 beauftragte die Schweizerische Kreditanstalt die in Hamburg domizilierte Bank Kreiss AG, der Firma Borak Eléments de Construction SA in Genf die Eröffnung eines Dokumentenakkreditivs im Betrage von US-$ 7'650'000.-- (+0/-5%) zu avisieren ohne dieses gegenüber der Begünstigten zu bestätigen. Der Akkreditivbetrag war für die Bezahlung von drei Stahllieferungen bestimmt. Bei der letzten Lieferung verweigerte die Schweizerische Kreditanstalt Zahlungen aus dem Akkreditiv, indem sie sich u.a. auf ein einstweiliges richterliches Zahlungsverbot berief. Dennoch schrieb die Bank Kreiss AG der Akkreditivbegünstigten einen Betrag von US-$ 3'049'289.78 gut. Die Bank Kreiss AG klagte am 16. November 1989 beim Handelsgericht des Kantons Zürich gegen die Schweizerische Kreditanstalt auf Zahlung dieser Summe nebst Zins. Die Klage wurde am 18. September 1991 abgewiesen. Die Klägerin hat Berufung eingelegt und beantragt dem Bundesgericht, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gutzuheissen; eventuell sei die Streitsache an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung zurückzuweisen. Die Beklagte schliesst auf Abweisung der Berufung, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesgericht weist die Berufung ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. Die Klägerin macht geltend, das Handelsgericht habe zu Unrecht deutsches Recht als anwendbar erklärt. Sie schliesst aus dem Umstand, dass die Parteien im Prozess auf schweizerisches Recht Bezug nahmen, auf eine gültige Rechtswahl. Die Rüge ist nach Art. 43 Abs. 1 OG zulässig ( BGE 72 II 409 E. 2). a) Das Handelsgericht hält fest, die Parteien hätten sich nicht zum anwendbaren Recht geäussert und keine Rechtswahl getroffen. Das Kassationsgericht sah darin keinen Widerspruch. Zwar hätten die Parteien wohl schweizerisches Recht diskutiert und namentlich Literatur- und Judikaturstellen dazu zitiert, allerdings nicht in einem BGE 119 II 173 S. 175 kollisionsrechtlichen Bezug und namentlich nicht unter Berufung auf eine Rechtswahl. Die negative Feststellung des Handelsgerichts sei daher bloss kollisionsrechtlich zu verstehen. Damit kann dem Handelsgericht auch kein vom Bundesgericht im Berufungsverfahren zu korrigierendes offensichtliches Versehen vorgeworfen werden ( Art. 63 Abs. 2 OG ; BGE 113 II 524 E. 4b, BGE 104 II 74 E. 3b). Dagegen ist als Rechtsfrage zu prüfen, ob es nach dem, was in tatsächlicher Hinsicht feststeht, den Abschluss eines Verweisungsvertrags zu Unrecht verneint hat. b) Der Vertrag untersteht dem von den Parteien gewählten Recht ( Art. 116 Abs. 1 IPRG ), wobei die Rechtswahl ausdrücklich sein oder sich eindeutig aus dem Vertrag oder den Umständen ergeben muss ( Art. 116 Abs. 2 IPRG ). Die Bestimmung konsolidiert sowohl hinsichtlich der grundsätzlich freien Rechtswahl (vgl. BGE 111 II 180 ) wie hinsichtlich deren Voraussetzungen (grundlegend BGE 87 II 200 E. d) im wesentlichen die bisherige bundesgerichtliche Rechtsprechung (Botschaft zum IPRG, BBl 1983 I 263ff., 407 ff.; HEINI, Die Rechtswahl im Vertragsrecht und das neue IPR-Gesetz, in Beiträge zum neuen IPR des Sachen-, Schuld- und Gesellschaftsrecht, FS Rudolf Moser, S. 67 ff.). Das Bundesgericht steht seit seiner mit BGE 87 II 200 E. d begründeten Rechtsprechung auf dem Standpunkt, von einer Rechtswahl zugunsten eines bestimmten und von einem Verzicht auf die Anwendung eines andern Rechts könne logischerweise nur dort gesprochen werden, wo den Parteien überhaupt bewusst geworden sei, dass sich die Frage nach dem massgebenden Recht stelle. Denn die Wahl treffen könne nur, wer wisse, dass er die Möglichkeit habe, ein Vertragsverhältnis der einen oder der andern Rechtsordnung zu unterstellen, und ebenso könne auf eine von zwei Möglichkeiten nur verzichten, wer die beiden zu Gebote stehenden Möglichkeiten kenne. Ein auf übereinstimmenden Erklärungen beruhender Verweisungsvertrag, wie er für eine Rechtswahl notwendig sei, setze damit voraus, dass die Parteien einen bewussten Rechtswahl-Willen hätten und diesen äussern wollten. Dächten die Parteien dagegen überhaupt nicht an die Frage des anwendbaren Rechts, so könne darin, dass sie von der inländischen Rechtsordnung ausgingen, für sich allein noch keine Rechtswahl erblickt werden (vgl. BGE 91 II 46 E. 3 und 445 E. 1; vgl. auch VISCHER/VON PLANTA, Internationales Privatrecht, 2. Aufl., S. 170; KELLER/SIEHR, Allgemeine Lehren des internationalen Privatrechts, S. 377/8). Später hat es diese Auffassung insoweit verdeutlicht, als es die gemeinsame Berufung auf ein bestimmtes Recht je nach den Umständen als Ausdruck oder Folge bewusster stillschweigender Rechtswahl oder mindestens als Indiz dafür jedenfalls BGE 119 II 173 S. 176 nicht ausschloss ( BGE 99 II 317 E. 3a; vgl. KNOEPFLER/SCHWEIZER, Précis de droit international privé suisse, S. 164 Rz. 503). Inwieweit dies unter dem eher restriktiven Wortlaut von Art. 116 Abs. 2 IPRG weiter gilt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da der Schluss von einem bestimmten Verhalten der Parteien auf einen tatsächlichen Konsens im einen wie im andern Fall eine vom kantonalen Sachrichter abschliessend zu beantwortende Tatfrage darstellt, die vom Bundesgericht im Berufungsverfahren von hier nicht gegebenen Ausnahmen abgesehen nicht überprüft werden kann. Dies gilt auch insoweit, als eine Rechtswahl durch bestimmte Prozessvorbringen einer Branchenusanz international tätiger Anwälte entsprechen sollte, ist doch auch eine solche Usanz Tatfrage und im vorliegenden Fall vom Handelsgericht nicht festgestellt (POUDRET, COJ, N. 4.6.1 zu Art. 63 OG mit Hinweisen). Zwar bleibt ein hypothetischer Parteiwille als versteckte Anknüpfung grundsätzlich unbeachtlich (dazu SCHWANDER, Zur Rechtswahl im IPR des Schuldvertragsrechts, in FS Max Keller, S. 473 ff., 481), doch reicht auch für den Abschluss eines Verweisungsvertrags ein normativer Konsens aus. Die vom Gesetzgeber geforderte Klarheit der Rechtswahl erfordert hier allerdings eine objektiv hinreichend schlüssige ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung, welche vom Empfänger nach dem Vertrauensgrundsatz unzweideutig als Offerte eines Verweisungsvertrags verstanden werden darf und muss. Im vorliegenden Fall fehlen indessen tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz, dass die Prozessparteien sich im kantonalen Verfahren in einer Art und Weise geäussert hätten, welche nach dem Vertrauensgrundsatz auf eine einvernehmliche Rechtswahl schliessen liesse. Ein solcher Rechtsfolgewillen darf namentlich nicht bereits aus einer Bezugnahme auf ein bestimmtes Recht abgeleitet werden. Vielmehr müssen zusätzlich objektive Anhaltspunkte den Schluss zulassen, damit solle in Abweichung der objektiven kollisionsrechtlichen Anknüpfung ein anderes materielles Recht bestimmt werden. Solche Umstände aber sind im vorliegenden Fall nicht erstellt. 2. Im Eventualstandpunkt hält die Klägerin schweizerisches Recht auch bei objektiver Anknüpfung für anwendbar. Bei Fehlen einer Rechtswahl untersteht der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt ( Art. 117 Abs. 1 IPRG ). Dabei wird vermutet, dieser engste Zusammenhang bestehe im kaufmännischen Rechtsverhältnis mit dem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihre Niederlassung hat ( Art. 117 Abs. 2 IPRG ). Nach schweizerischem Verständnis besteht zwischen der eröffnenden Bank und der Korrespondenzbank ein Auftragsverhältnis, wobei BGE 119 II 173 S. 177 insoweit unerheblich ist, ob die Korrespondenzbank als Avisorin, als Zahlstelle oder als Bestätigungsbank auftritt ( BGE 114 II 48 E. a; OR-KOLLER, Anhang zum 18. Titel, N. 10; MEIER-HAYOZ/VON DER CRONE, Wertpapierrecht, S. 409 Rz. 79; ULRICH, Rechtsprobleme des Dokumentenakkreditivs, Diss. Zürich 1989, S. 164). In diesem Verhältnis gilt die Dienstleistung, d.h. die Leistung der Beauftragten als die für eine objektive Anknüpfung charakteristische (Art. 117 Abs. 3 lit c. IPRG). Kollisionsrechtlich bestimmt mithin die Niederlassung der Korrespondenzbank auch im hier interessierenden Verhältnis das anwendbare Recht (vgl. BGE 115 II 69 E. 1; VISCHER/VON PLANTA, a.a.O., S. 181; VISCHER, Internationales Vertragsrecht, S. 121 ff.; DOHM, Bankgarantien im internationalen Handel, S. 144 Rz. 318; EISEMANN/SCHÜTZE, Das Dokumentenakkreditiv im Internationalen Handelsverkehr, 3. Aufl., S. 213). Ob anderes gilt, wenn die Korrespondenzbank (Zweitbank) sich ihren Remboursanspruch durch eine selbständige Rückgarantie der eröffnenden Bank (Erstbank) sichern lässt, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, da eine solche Garantieverpflichtung weder festgestellt noch behauptet ist (dazu DOHM, a.a.O., S. 145 Rz. 319 ff.). Mithin hat das Handelsgericht das Rechtsverhältnis der Parteien bundesrechtskonform deutschem Recht unterstellt.
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Urteilskopf 93 II 247 35. Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. September 1967 i.S. Schwarzenbach gegen Erben Schubert.
Regeste Kollektivgesellschaft, Auflösung und Liquidation infolge Todes des einen von zwei Gesellschaftern. Sinngemässe Heranziehung der Vorschriften über die Fortsetzung des Geschäftes durch den verbleibenden Gesellschafter (Art. 579 f. OR), wenn dieser als gesetzlicher Liquidator das Geschäft nicht liquidiert, sondern faktisch an sich zieht (Erw. 1). Bestimmung des dem ausscheidenden Gesellschafter bzw. dessen Erben zukommenden Betrages durch den Richter ( Art. 580 OR ); massgebende Grundsätze (Erw. 2).
Sachverhalt ab Seite 247 BGE 93 II 247 S. 247 A.- Die Ingenieure Otto Schubert und Ernst Schwarzenbach betrieben seit 1928 als Kollektivgesellschafter ein Ingenieurbureau für Hoch- und Tiefbau. Die Gesellschaft wurde 1929 in das Handelsregister eingetragen. Einen schriftlichen Gesellschaftsvertrag schlossen die Beteiligten nicht ab. BGE 93 II 247 S. 248 Schubert starb am 24. August 1959. Verhandlungen zwischen Schwarzenbach und den Erben Schubert (Witwe und Tochter) über eine Übernahme des Geschäfts mit Aktiven und Passiven durch Schwarzenbach verliefen ergebnislos. Schwarzenbach verlangte daher mit Schreiben vom 17. November 1959 die Liquidation der Kollektivgesellschaft, die er als einziger Liquidator am 4. Mai 1960 in das Handelsregister eintragen liess. Schwarzenbach hatte sofort nach dem Tode Schuberts in den Geschäftsräumlichkeiten der Kollektivgesellschaft ein eigenes Ingenieurbureau eröffnet. Im Anschluss an die Erklärung, dass er die Liquidation der Gesellschaft verlange, schloss er mit den Angestellten derselben Anstellungsverträge ab. Er übernahm auch den Mietvertrag über die bisher von der Gesellschaft benützten Bureauräume. Die im Zeitpunkt des Todes von Schubert hängig gewesenen Aufträge liess er durch das von ihm eröffnete eigene Bureau vollenden. Im Einvernehmen beider Parteien hatte Architekt Flatz am 4. September 1959 ein Gutachten zur Berechnung und Festsetzung der Ingenieurhonorare aus den vollendeten und den noch in Bearbeitung stehenden Aufträgen erstattet. Als Stichtag wurde der 31. August 1959 vereinbart. Gestützt auf die Liquidationsbilanz vom 30. November 1962 bezahlte Schwarzenbach an die Erben Schubert insgesamt Fr. 255'382.90. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus der Hälfte des Kassabestandes und des Inventarwertes am 31. August 1959, sowie aus der Hälfte der Honorarguthaben gemäss dem Gutachten Flatz, bezogen auf den 30. November 1962. Einen Anspruch der Erben Schubert auf einen Honoraranteil aus nach dem Stichtag geleisteter Arbeit an hängigen Aufträgen und auf Bezahlung eines Kundschaftswertes lehnte Schwarzenbach ab. B.- Mit Klage vom 25. Juni 1963 forderten die Erben Schubert von Schwarzenbach Fr. 70'403.30 nebst Zins. Diese Klagesumme besteht aus zwei Beträgen: a) Fr. 45'413. 30 Verdienstanteil an den nach dem 31. August 1959 verdienten Resthonoraren aus 13 Aufträgen, die am genannten Stichtag hängig waren und vom Beklagten im eigenen Ingenieurbureau beendigt wurden; b) Fr. 25'000.-- für weiteren Geschäftswert, d.h. für den Wert der eingearbeiteten Angestellten, des übernommenen Mietvertrages, der Beleuchtungs- und Telephoninstallationen, BGE 93 II 247 S. 249 des Planarchivs, der Dauerkundschaft, sowie für einen Mehrwert des Geschäftsmobiliars. Die sog. Resthonorare, d.h. die Honorarbeträge, die nach dem Stichtag auf den hängig gewesenen Aufträgen verdient wurden, belaufen sich, wie nicht streitig ist, auf Fr. 287'851.20. Streitig ist nur, welcher Anteil als Reingewinn zu betrachten und allenfalls zwischen dem Beklagten und den Klägerinnen zu teilen ist. Die Klägerinnen gingen vom durchschnittlichen Reingewinn der früheren Jahre aus und ermittelten so einen solchen von 43,33%, was auf die Honorarsumme von Fr. 287'851.20 bezogen einen Reingewinn von Fr. 136'239.97 ausmacht. Bei hälftiger Teilung hätte sich somit ein Anspruch der Klägerinnen von Fr. 68,l 19.68 ergeben. Aus der Einsicht, dass ein Dritter, der die in Frage stehenden Aufträge zur Vollendung übernommen hätte, kaum mehr als 2/3 des Nettoverdienstes aus ihnen bezahlt hätte, setzten sie ihre Forderung auf den oben erwähnten Betrag von Fr. 45'413.30 herab. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. C.- Das Bezirksgericht Zürich sprach am 23. Juni 1964 den Klägerinnen Fr. 40'872.-- nebst Zins als Verdienstanteil an den Resthonoraren zu; im übrigen wies es die Klage ab. Auf Berufung des Beklagten und Anschlussberufung der Klägerinnen hob das Obergericht Zürich am 4. Februar 1965 dieses Urteil auf und wies die Sache zur Einholung eines Gutachtens und zu neuer Entscheidung an die erste Instanz zurück. Es nahm den Standpunkt ein, der Beklagte habe die Kollektivgesellschaft in Wirklichkeit nicht liquidiert, sondern faktisch das ganze Geschäft übernommen; dafür schulde er den Klägerinnen die Hälfte des angemessenen Gegenwertes, und zwar nicht nur für die am 31. August 1959 hängig gewesenen, von ihm übernommenen Aufträge, sondern auch für den übrigen Geschäftswert (eingearbeiteter Angestelltenstab, ungefährdetes Mietverhältnis, Telephoninstallationen und Beleuchtungskörper, Planarchiv, Dauerkundschaft). Einzig einen Mehrwert des Mobiliars lehnte es ab. Der gemäss Weisung des Obergerichts von der ersten Instanz zugezogene Sachverständige, Ingenieur Gruner, kam zum Schluss, der auf die Resthonorare entfallende Gewinnanteil betrage Fr. 99'308.66, der Wert des Angestelltenstabes Fr. 38'000.--, der Wert des Mietvertrages Fr. 10'000.--. Der den Klägerinnen an dem sich daraus ergebenden Gesamtbetrag BGE 93 II 247 S. 250 von Fr. 147'308.66 zustehende Hälfteanteil mache somit Fr. 73'654.33 aus. Gestützt auf dieses Gutachten sprach das Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 23. November 1966 den Klägerinnen den eingeklagten Betrag von Fr. 70'403.30 nebst Zins zu. Das Obergericht Zürich bestätigte diesen Entscheid am 16. März 1967. D.- Der Beklagte erklärte gegen das Urteil des Obergerichts die Berufung an das Bundesgericht mit dem Antrag, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerinnen beantragen, die Berufung abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der angefochtene Entscheid verletzt nach der Ansicht des Beklagten Bundesrecht, weil das Obergericht bei der Ermittlung des den Klägerinnen als Erben des verstorbenen Gesellschafters Schubert zustehenden Anteils Art. 580 Abs. 2 OR herangezogen hat. Der Beklagte macht geltend, nachdem die Liquidation der Gesellschaft eingetragen und durchgeführt worden sei, dürfe die genannte Bestimmung nicht angewendet werden, sondern es sei nach Art. 585 und 588 OR vorzugehen. a) Der Beklagte leitete zwar nach dem Scheitern der Verhandlungen betreffend eine Übernahme des Geschäfts mit Aktiven und Passiven die Liquidation ein, indem er beim Handelsregister die Auflösung der Kollektivgesellschaft anmeldete. Als einziger verbleibender, zur Vertretung der Gesellschaft befugter Gesellschafter war er gemäss Art. 583 OR alleiniger Liquidator. Ein Begehren der Klägerinnen, es sei gestützt auf Art. 583 Abs. 2 OR durch den Richter ein zweiter Liquidator zu bestellen, wurde von den zuständigen Instanzen abgewiesen. Nach den verbindlichen Feststellungen des Obergerichts ging jedoch der Beklagte in der Folge nicht gemäss Art. 585 OR vor. Weder beendete er die laufenden Geschäfte im Namen der Kollektivgesellschaft in Liquidation, noch versilberte er das Vermögen der Gesellschaft, noch veräusserte er das Geschäft als Ganzes an einen Dritten. Er zog vielmehr faktisch das ganze Geschäft an sich, indem er die hängigen Aufträge ab dem Stichtag durch sein eigenes Ingenieurbureau beenden liess, mit den BGE 93 II 247 S. 251 Angestellten der Gesellschaft Dienstverträge abschloss und den Mietvertrag sowie die Geschäftseinrichtung übernahm. Mit diesem Vorgehen, das eine Liquidation lediglich vortäuschte, verschaffte er sich genau das, was er zuvor durch Übernahme des Geschäftes auf dem Verhandlungswege zu erreichen versucht hatte. Bei dieser Sachlage rechtfertigt sich die sinngemässe Anwendung der gesetzlichen Bestimmungen, die beim Ausscheiden des einen von zwei Gesellschaftern unter Fortsetzung des Geschäftes durch den andern gelten ( Art. 579 ff. OR ). In diesem Falle ist gemäss Art. 580 Abs. 2 OR der dem ausscheidenden Gesellschafter zukommende Betrag durch Übereinkunft oder - falls eine Einigung nicht möglich ist - durch den Richter festzusetzen unter Berücksichtigung der Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens. Bei der hier gegebenen Sachlage bedeutet dies, dass der Beklagte den Klägerinnen nicht bloss die Hälfte des Liquidationswertes, sondern die Hälfte des im Zeitpunkt des Todes von Schubert vorhandenen vollen Geschäftswertes auszurichten hat. b) Was der Beklagte in der Berufung vorbringt, ist nicht geeignet, die Heranziehung des Art. 580 OR als unstatthaft erscheinen zu lassen. aa) So kommt nichts darauf an, dass die Übernahme der hängigen Aufträge durch den Beklagten im Interesse einer möglichst vorteilhaften Erledigung lag. Wie der Sachverständige Gruner zwar erklärt, hätten die Hinterbliebenen Schuberts froh sein müssen, wenn die laufenden Verträge ohne Verlust und mit bescheidenem Gewinn hätten beendigt (richtiger: übertragen) werden können, falls der Beklagte seine Tätigkeit aufgegeben und ein Dritter die Aufträge beendigt hätte. Die Übernahme der Aufträge durch den Beklagten wirkte sich aber nicht bloss zugunsten der Klägerinnen, sondern auch zugunsten des Beklagten aus, da die dadurch ermöglichte Vermeidung der mit einer eigentlichen Liquidation verbundenen Unkosten ihm ebenfalls zur Hälfte zugute kommt. Es rechtfertigt sich daher nicht, als Wert der hängigen Aufträge nur den Betrag einzusetzen, der bei ihrer Übernahme durch einen Dritten bezahlt worden wäre, der sich zunächst hätte einarbeiten müssen - sofern der Auftraggeber einer Übertragung überhaupt zugestimmt hätte. Anderseits kann freilich auch nicht bestritten werden, dass einzelne Bauherren den Auftrag möglicherweise widerrufen und ihn einem von ihnen gewählten Dritten übertragen BGE 93 II 247 S. 252 hätten, wenn der Beklagte die Arbeiten nicht durch sein eigenes Bureau hätte beendigen lassen. Eine genaue Berechnung aller Vor- und Nachteile ist überhaupt nicht möglich. Auf jeden Fall ist aber nicht zu sehen, weshalb bei der gegebenen Sachlage die tatsächliche Übernahme des Geschäftes durch den Beklagten den Erben des verstorbenen Gesellschafters nicht in gleicher Weise zugute kommen sollte wie ihrem Erblasser, falls dieser zu Lebzeiten aus der Gesellschaft ausgeschieden wäre und der andere Gesellschafter das Geschäft fortgesetzt hätte. Das verlangt schon das Treueverhältnis unter Gesellschaftern, das sich auch bei der Bemessung des dem Erben zukommenden Vermögensanteils auswirken soll. bb) Unrichtig ist sodann auch die Auffassung des Beklagten, der einer aus zwei Ingenieuren bestehenden, nicht kaufmännischen Kollektivgesellschaft erteilte Auftrag erlösche, sobald die Gesellschaft infolge des Todes des einen Gesellschafters aufgelöst und vom Überlebenden formell nicht weitergeführt werde. Die Auflösung der Gesellschaft bedeutet nicht schon ihre vollständige Beendigung. Sie bewirkt nur das Dahinfallen der durch den Gesellschaftsvertrag begründeten gegenseitigen Pflicht, die Erreichung des Gesellschaftszweckes zu fördern. Die Gesellschaft besteht weiter, aber nur noch mit dem Abwicklungszweck; die sog. Abwicklungsgesellschaft ist jedoch keine neue Gesellschaft, die an Stelle der bisherigen träte ( BGE 59 II 423 f. Erw. 3, BGE 70 II 56 , BGE 81 II 361 f.; WIELAND, Handelsrecht I S. 677; SIEGWART, N. 2 zu Art. 574 OR in Verbindung mit N. 37 zu Art. 545/47, N. 1 zu Art. 582; HARTMANN, N. 1 und 2 zu Art. 574 OR ; ebenso für das deutsche Recht FLECHTHEIM im Kommentar Düringer/Hachenburg zum HGB, 3. Aufl. II/2, Vorbem. zu § 131 Anm. 1 und § 131 Anm. 7; SCHLEGELBERGER, HGB 4. Aufl. 1963, II § 131 N. 1). Besteht die Gesellschaft trotz der eingetretenen Auflösung als Liquidationsgesellschaft weiter, so ist auch der vom Beklagten vertretenen Auffassung der Boden entzogen, dass der erteilte Auftrag mit dem Tod des einen Gesellschafters dahinfalle und die Fortführung durch den andern Gesellschafter einer neuen Auftragserteilung gleichkomme, mit der Folge, dass die Erben des verstorbenen Gesellschafters an dem nach der Auflösung erzielten Reingewinn nicht mehr beteiligt sein könnten. Der verbleibende Gesellschafter ist vielmehr zur einstweiligen BGE 93 II 247 S. 253 Fortführung der hängigen Geschäfte verpflichtet, und die Erben des verstorbenen Gesellschafters haben Anspruch darauf, dass jener seine Fürsorgepflicht erfüllt (Art. 547 Abs. 3; SIEGWART, Art. 545/47 OR N. 36 S. 205); dass er gesetzlich bestimmter Liquidator ist, falls er bisher zur Vertretung der Gesellschaft befugt war, ändert daran nichts. c) Der Anspruch der Erben des verstorbenen Kollektivgesellschafters auf Beteiligung am Reingewinn aus den hängigen Geschäften lässt sich übrigens schon aus dieser Fürsorgepflicht des verbleibenden Gesellschafters allein ableiten: Die Fürsorgepflicht gebietet die bestmögliche Liquidation; diese umfasst aber auch die Beendigung der hängigen Geschäfte, soweit diese dem verbleibenden Gesellschafter zuzumuten ist. Beabsichtigt er, sich vom Geschäft zurückzuziehen, ginge es freilich nicht an, Geschäfte, deren Abwicklung mehrere Jahre erfordert, in die Beendigungspflicht einzubeziehen. Wenn er aber, wie hier, ein gleichartiges Bureau weiterführt, erstreckt sich die Fürsorgepflicht auch auf die Beendigung von Geschäften, deren Durchführung eine Zeit von 2-3 Jahren in Anspruch nimmt. Zieht er das ganze Geschäft faktisch an sich, wie es hier geschehen ist, so genügt er seiner Fürsorgepflicht im Grunde genommen nicht; das führt dazu, dass die von ihm übernommenen Geschäfte zu den Werten einzusetzen sind, die sie für ihn haben, nicht zu denjenigen, die sie für einen Dritten hätten, der sich vorerst einarbeiten müsste. Der Hauptstandpunkt des Beklagten, die Heranziehung des Art. 580 OR verstosse gegen Bundesrecht, ist daher abzulehnen. 2. Der Beklagte macht geltend, selbst wenn die Klägerinnen nicht nur Anspruch auf die Hälfte des Liquidationswertes, sondern auf die Hälfte des vollen Geschäftswertes haben sollten, müsse das angefochtene Urteil aufgehoben werden, weil die Vorinstanz den für die Ermittlung dieses Anteils massgebenden Art. 580 Abs. 2 OR unrichtig ausgelegt habe. Sie stelle nämlich auf den Wert ab, den das Geschäftfür ihn gehabt habe, während nach Art. 580 OR der Verkehrswert massgebend sei, d.h. der Wert, den die Aufträge und die übrigen Aktiven für einen Dritten gehabt hätten. a) Das Obergericht hat seinem Urteil das Gutachten des Sachverständigen Gruner zugrunde gelegt, welches das Bezirksgericht in Befolgung des Rückweisungsentscheides eingeholt hatte. Gruner stellte gemäss dem ihm erteilten Auftrag den BGE 93 II 247 S. 254 Wert der im Zeitpunkt des Todes von Schubert vorhandenen Vermögensbestandteile fest, wobei er als massgebend den Wert betrachtete, den die Aufträge für den Beklagten hatten. Das entsprach offenbar dem Sinn des Rückweisungsurteils des Obergerichts; denn dieses hat in seinem zweiten Urteil bei der Überprüfung des neuen bezirksgerichtlichen Entscheides den Gesichtspunkt, von dem der Sachverständige ausging, nicht beanstandet. b) Art 580 Abs. 2 OR weist den Richter an, die Abfindung an den ausscheidenden Gesellschafter "in Berücksichtigung der Vermögenslage der Gesellschaft im Zeitpunkt des Ausscheidens" festzusetzen (ein allfälliges Verschulden des Ausscheidenden, das nach dem Gesetz ebenfalls zu berücksichtigen wäre, fällt vorliegend ausser Betracht). Das Gesetz sagt aber nicht, ob die Vermögenslage gestützt auf bisherige Betriebsbilanzen oder auf Grund besonderer, im Hinblick auf das Ausscheiden eines Gesellschafters neu zu erstellender Bilanzen zu ermitteln sei, wobei entweder eine Liquidationsbilanz in Frage käme (in welcher die veräusserlichen Werte zu ihrem mutmasslichen augenblicklichen Einzelveräusserungswert eingesetzt werden), oder eine sog. Abfindungsbilanz (bei der die einzelnen Vermögensbestandteile zu höchstzulässigen Werten einzusetzen sind). Das Abstellen auf regelmässige, bisherige Betriebsbilanzen fällt ausser Betracht, da der Ausscheidende (bzw. seine Erben) dadurch um ihren Anteil an den stillen Reserven gebracht würden, zu deren Äufnung der Ausscheidende ebenfalls beigetragen hat. In der Frage, ob eine Liquidationsbilanz oder eine Abfindungsbilanz (auch Abschichtungsbilanz genannt) Grundlage der Berechnung sein soll, gehen die Meinungen auseinander. HARTMANN ( Art. 580 OR , N. 15/16) betrachtet die Abfindungsbilanz als massgebend; er führt aus, es sei nicht der Liquidationswert einzusetzen, sondern der wahre Wert der Aktiven, also der volle Wert des "lebenden Geschäftes", wie er sich für die fortzusetzende Gesellschaft darstelle. Die gleiche Auffassung vertreten WIELAND (op.cit. S. 721), sowie FLECHTHEIM (op.cit. S. 813, Anm. 10 zu § 138 HGB) und SCHLEGELBERGER (op.cit, N. 17 zu § 138 HGB). Demgegenüber hält SIEGWART (N. 8/9 zu Art. 580 OR ) eine Abfindungsbilanz nur dann für voll berechtigt, wenn ein Gesellschafter nur ungern, aber freiwillig zugunsten der andern auf die weitere Beteiligung BGE 93 II 247 S. 255 verzichtet. Andernfalls ist es nach seiner Meinung nicht gerechtfertigt, den Ausscheidenden von der Tatsache der Fortsetzung des Geschäfts profitieren zu lassen; die Abfindung auf Grund einer eigentlichen Abfindungsbilanz stelle jedenfalls ein Maximum dar, dessen Zusprechung nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht komme. Die Auffassung, wonach die Auseinandersetzung auf Grund einer Abfindungsbilanz zu erfolgen hat, verdient den Vorzug. Die Tatsache, dass das Geschäft als Ganzes weitergeführt wird, eine Liquidation also gerade vermieden wird, muss logischerweise zur Folge haben, dass es nicht auf den Liquidationswert der einzelnen Bestandteile des Gesellschaftsvermögens ankommen kann, den ein Dritter allenfalls für sie bezahlen würde, sondern dass der Wert massgebend ist, den die einzelnen Vermögensbestandteile für das weiter bestehende Unternehmen haben. Demgemäss hat der Ausscheidende auch Anspruch auf einen Anteil am mutmasslichen Reingewinn aus hängigen Geschäften, an den Vorteilen, die sich aus dem Vorhandensein eines eingearbeiteten Angestelltenstabes und aus dem Verbleiben in den bisherigen Geschäftsräumen usw. ergeben. Nur diese Berechnungsweise führt zu einem befriedigenden Ergebnis, das den schutzwürdigen Interessen des ausscheidenden Gesellschafters gerecht wird. Zum gleichen Ergebnis führt übrigens auch die folgende Überlegung: Nach Art. 580 Abs. 2 OR hat der Richter bei der Festsetzung der Abfindungssumme auch ein allfälliges Verschulden des Ausscheidenden zu berücksichtigen. Hat dieser durch schuldhaftes Verhalten den guten Gang des Geschäftes gestört, so ist der Richter somit befugt, diesem Umstand in der Weise Rechnung zu tragen, dass er den Ausscheidenden von einer Beteiligung an den Vorteilen aus einer Weiterführung des Geschäfts ausschliesst. Darum muss es umgekehrt auch zulässig sein, dem schuldlos Ausscheidenden diese Vorteile zugute kommen zu lassen, die der bisherigen Zusammenarbeit zu verdanken sind. c) Damit ist auch entschieden, dass beim Ausscheiden des einen von zwei Gesellschaftern der "lebende Geschäftswert" der Wert ist, den ein Vermögensbestandteil für den verbleibenden Gesellschafter hat. Dass der lebende Geschäftswert für einen Dritten, der das ganze Geschäft übernähme, vermutlich nicht so hoch wäre wie für den verbleibenden Gesellschafter, BGE 93 II 247 S. 256 der es weiterführt, ist kein Grund, diesem nicht den Wert anzurechnen, den das Geschäft für ihn hat. Die dadurch bewirkte Besserstellung des Ausscheidenden oder seiner Erben rechtfertigt sich aus dem Treueverhältnis, das auf Grund der gesellschaftlichen Beziehungen zwischen dem Übernehmer und dem Ausgeschiedenen bestand. Im vorliegenden Falle lässt sich diese Begünstigung zudem aus der Fürsorgepflicht ableiten, die dem verbleibenden Gesellschafter während der Liquidation obliegt. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 16. März 1967 bestätigt.
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Urteilskopf 87 I 1 1. Extrait de l'arrêt du 15 mars 1961 dans la cause Zwissig et consorts contre Conseil d'Etat du canton du Valais.
Regeste Kantonale Wahlen und Abstimmungen. Willkür. Kantonales Gesetz, das "gedruckte Wahlzettel, die nicht mit einer der amtlich veröffentlichten Listen übereinstimmen", als nichtig erklärt. Begriff der "Übereinstimmung".
Sachverhalt ab Seite 1 BGE 87 I 1 S. 1 Résumé des faits: Lors des élections au Conseil général de Sion, un certain nombre de bulletins imprimés par un parti différaient de la liste officiellement déposée, en ce que les noms de trois candidats étaient intervertis. Malgré les efforts du parti intéressé pour empêcher les électeurs d'utiliser ces bulletins, on en retrouva 61 dans l'urne. Le bureau électoral les déclara valables et le Conseil d'Etat confirma cette décision. Zwissig et consorts recoururent au Tribunal fédéral pour violation de l'art. 4 Cst. BGE 87 I 1 S. 2 Erwägungen Extrait des motifs: L'art. 64 lit. a de la loi cantonale sur les élections et votations déclare nuls "les bulletins de vote imprimés, non conformes à l'une des listes officiellement publiées". Tout le litige porte sur la notion de conformité: Alors que le Conseil d'Etat estime que des différences sur des points secondaires n'empêchent pas le bulletin d'être conforme à la liste pubh.ée, les recourants voudraient que la ressemblance fût absolue, pour éviter que des divergences permettent de contrôler les votes des électeurs. Mais pour cela, il faudrait exiger une identité absolue, non seulement dans le texte, mais aussi dans la présentation typographique. On ne voit guère comment une telle identité pourrait être obtenue tant que les listes publiées et les bulletins de vote ne sont pas imprimés en une fois sur la même presse. Mais le législateur a ordonné seulement le dépôt des listes et non pas celui des bulletins de vote imprimés. Au reste, conforme ne signifie pas identique. Le Conseil d'Etat a donc pu considérer, en tout cas sans arbitraire, qu'un bulletin de vote imprimé est conforme à la liste déposée lorsqu'il correspond à cette dernière sur tous les points essentiels, qui peuvent déterminer l'électeur. Tel est le cas des 61 bulletins contestés, qui diffèrent seulement en ce que le nom d'un candidat figure au 26e rang au lieu du 24e. Sans doute, cette différence pourrait-elle entraîner la nullité du bulletin si elle était volontaire et destinée à exercer un contrôle du vote. Mais le Conseil d'Etat a estimé que cette éventualité pouvait être exclue en l'espèce et son appréciation n'est manifestement pas arbitraire au vu des circonstances. En effet, les efforts faits par les organes du parti intéressé pour retirer ces listes et en empêcher l'usage montrent bien qu'il s'agissait d'une erreur d'impression involontaire. Dès lors, en refusant de déclarer nuls des bulletins entachés d'une simple erreur matérielle sans importance, le Conseil d'Etat n'a, BGE 87 I 1 S. 3 en tout cas, pas interprété l'art. 64 de façon arbitraire. Les recourants font valoir que cette interprétation est contraire à celle qui est unanimement admise dans le canton et qu'elle crée, de ce fait, une inégalité devant la loi. Mais, ils n'apportent aucune preuve de cette affirmation. Il est vrai que les organes du parti conservateur chrétien-social de Sion paraissent avoir pensé que les bulletins en question pourraient être déclarés nuls. Mais ce fait n'est pas déterminant. D'ailleurs le Conseil d'Etat affirme n'avoir jamais eu à s'occuper d'un cas semblable et les recourants reconnaissent eux-mêmes ne pas pouvoir citer de précédent justifiant leur interprétation. Ils n'ont ainsi pas établi l'inégalité de traitement dont ils se plaignent.
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Urteilskopf 110 Ia 1 1. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. März 1984 i.S. Dr. X gegen Staat Zürich, Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Steuerrechtliche Behandlung von börsenmässigen Komptant- und Termindifferenzgeschäften im Kanton Zürich. 1. Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur rechtsgenügend erhobene Rügen; Anforderungen an die Substantiierung von Verfassungsrügen (E. 2a). 2. Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von börsenmässigen Komptant- und Termindifferenzgeschäften (Gewinne aus ersteren als steuerfreie Kapitalgewinne und Gewinne aus den letzteren als steuerbares Einkommen einzustufen) ist rechtsungleich und verletzt damit Art. 4 BV (E. 4). Wie beim gewerbsmässigen Liegenschaftenhandel können börsenmässige Kapitalgewinne unter Umständen auch dann der Einkommenssteuer unterworfen werden, wenn das anwendbare Steuerrecht keine Kapitalgewinnsteuer kennt (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 2 BGE 110 Ia 1 S. 2 Im Kanton Zürich wurde 1970 die Steuerpflicht für realisierte Kapitalgewinne auf beweglichem Privatvermögen durch Aufhebung von § 23 des zürcherischen Gesetzes über die direkten Steuern vom 8. Juli 1951 (StG; GS 631.1) abgeschafft. Seither werden Gewinne auf börsenmässigen Komptantgeschäften nicht mehr mit der Einkommenssteuer erfasst. Rechtsanwalt Dr. X wurde am 20. September/2. Oktober 1978 für das Steuerjahr 1974 mit einem Reineinkommen von Fr. 435'300.-, 1975 mit einem solchen von Fr. 573'800.- und 1976 mit Fr. 515'000.- eingeschätzt. Dabei waren abweichend von den Steuererklärungen von Dr. X Einkünfte aus börsenmässigen Termindifferenzgeschäften, die der Steuerpflichtige und seine Ehefrau in den Bemessungsjahren 1973-1975 über die Compagnie Luxembourgeoise de la Dresdner Bank AG, Luxemburg, hatten abwickeln lassen, gemäss der Praxis des Zürcher Verwaltungsgerichts als steuerbares Einkommen erfasst sowie Prämien für eine Lebensversicherung als nicht geschäftsmässig begründete Aufwendungen zum Erwerbseinkommen hinzugerechnet worden. Die Steuerkommission Zürich hat diese Einschätzung am 13. Juni 1979 bestätigt. Die Steuer-Rekurskommission I des Kantons Zürich modifizierte diese Einschätzung am 5. Februar 1980 wie folgt: Reineinkommen 1974 Fr. 571'400.-, 1975 Fr. 490'000.- und 1976 Fr. 509'000.-. Die Rekurskommission bestätigte die vorgenommene Einkommensbesteuerung der Termindifferenzgeschäfte und die Aufrechnung der Versicherungsprämien. Die Abweichungen gegenüber der ursprünglichen Einschätzung ergaben sich aufgrund der nunmehr vollständig eingereichten Unterlagen des Dr. X. Das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich hat diese Einschätzung am 13. November 1981 bestätigt. Mit fristgemässer staatsrechtlicher Beschwerde beantragt Dr. X dem Bundesgericht: BGE 110 Ia 1 S. 3 "Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 13. November 1981 sei aufzuheben, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdegegners." Der Beschwerdeführer rügt die Verletzung von Art. 4 BV . Auf seine einzelnen Vorbringen wird, soweit erforderlich, in den Erwägungen eingegangen. Das Verwaltungsgericht sowie die Finanzdirektion des Kantons Zürich beantragen die Abweisung der Beschwerde, sofern darauf einzutreten sei. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Eine staatsrechtliche Beschwerde gegen den letztinstanzlichen Entscheid über die Festsetzung der Veranlagungsfaktoren für die kantonalen Steuern ist, wenn die Steuerrechnung noch nicht vorliegt, verfrüht. Eine solche Beschwerde wird jedoch nach der neusten Praxis des Bundesgerichts nicht durch Nichteintreten erledigt, sondern ihre Behandlung wird ausgesetzt, bis die Steuerrechnung vorliegt ( BGE 108 Ia 286 ff.). Im vorliegenden Fall sind indessen die Steuerrechnungen der Jahre 1974-1976 dem Steuerpflichtigen bereits zugestellt worden, wobei diese Rechnungen als solche nicht angefochten worden sind. Die Beschwerde ist daher an Hand zu nehmen. 2. a) Nach Art. 90 Abs. 1 lit. b OG muss die Eingabe die wesentlichen Tatsachen und eine kurz gefasste Darlegung darüber enthalten, "welche verfassungsmässigen Rechte bzw. welche Rechtssätze und inwiefern sie durch den angefochtenen Erlass oder Entscheid verletzt worden sind". Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht nur klar und detailliert erhobene und, soweit möglich, belegte Rügen. Der Beschwerdeführer hat zu erklären, welches geschriebene oder ungeschriebene verfassungsmässige Individualrecht seiner Ansicht nach verletzt worden sein soll. Wirft der Beschwerdeführer der kantonalen Behörde z.B. vor, sie habe mit der vorgenommenen Anwendung des kantonalen Rechts Art. 4 BV verletzt, so genügt es noch nicht, wenn er einfach behauptet, der angefochtene Entscheid sei willkürlich; bei der Rechtsanwendungsrüge hat der Beschwerdeführer vielmehr die Rechtsnorm, die qualifiziert unrichtig angewandt bzw. nicht angewandt worden sein soll, zu bezeichnen und anhand der angefochtenen Subsumtion im einzelnen zu zeigen, inwiefern der Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in BGE 110 Ia 1 S. 4 klarem und offensichtlichem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft ( BGE 107 Ia 114 mit zahlreichen Hinweisen). Der Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung (iura novit curia) findet somit im Bereiche der Verfassungsbeschwerde keine Anwendung: Der Richter beschränkt sich ausschliesslich auf die Prüfung der rechtsgenügend vorgebrachten Rügen. b) Ungenügend substantiiert ist die Beschwerde zunächst hinsichtlich der nicht zum Abzug zugelassenen Versicherungsprämien. Der Beschwerdeführer, der diesbezüglich willkürliche Gesetzesanwendung zu behaupten scheint, unterlässt es sogar, die Bestimmung des Steuergesetzes zu nennen, die seiner Ansicht nach willkürlich angewendet bzw. willkürlich nicht angewendet worden sein soll. Auf die Rüge ist somit nicht einzutreten. Im übrigen ist entgegen der Ansicht von Verwaltungsgericht und Finanzdirektion auf die Sache einzutreten. 3. Unbegründet ist die Rüge der willkürlichen Verletzung von § 71 StG . Es ist hiefür auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu verweisen, denen nichts Wesentliches beizufügen ist. 4. Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, Gewinne aus Termindifferenzgeschäften wie sie der Beschwerdeführer auf Devisen-, Wertschriften- und Edelmetalltransaktionen erzielt habe, seien generell der Einkommenssteuer nach § 19 StG zu unterwerfen. a) Zunächst ist festzuhalten, dass aus dem Bundesgerichtsentscheid vom 10. März 1983 (publiziert in ASA 1984, S. 511 f.), den das Verwaltungsgericht zitiert und der auch die steuerrechtliche Beurteilung von Termindifferenzgeschäften zum Gegenstand hatte, nichts Wesentliches für den vorliegenden Fall abgeleitet werden kann: Die Praxis des Verwaltungsgerichts konnte wegen der im Sinne von Art. 90 Abs. 1 lit. b OG mangelhaften Eingabe des damaligen Beschwerdeführers nur in einem sehr beschränkten Sinne überprüft werden. b) Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Gesetzesanwendung durch das Verwaltungsgericht, weil es die von ihm erzielten Gewinne steuerlich anders behandle als entsprechende Gewinne aus Komptantgeschäften. Das Verwaltungsgericht erklärt, die steuerlich unterschiedliche Behandlung (Gewinne aus Komptantgeschäften als steuerfreie Kapitalgewinne und Gewinne aus Termindifferenzgeschäften als steuerbares Einkommen einzustufen) BGE 110 Ia 1 S. 5 rechtfertige sich deshalb, weil beim Termindifferenzgeschäft kein Kapital investiert, sondern lediglich eine Kaufpreisschuld begründet werde, die vor Fälligkeit mit dem Verkaufserlös verrechnet werde: Solche Gewinne könnten nicht als Kapitalgewinne qualifiziert werden, da anders als beim Komptantgeschäft gar keine Kapitalanlage erfolge; nur auf einer Kapitalanlage sei aber, so argumentiert das Verwaltungsgericht sinngemäss, ein Kapitalgewinn begrifflich möglich. Mit dieser Unterscheidung verstösst das Verwaltungsgericht indessen gegen Art. 4 BV , lassen sich doch für diese keine sachlich haltbaren Gründe finden. Mit beiden Geschäftsarten erstrebt der Anleger den gleichen wirtschaftlichen Erfolg, nämlich durch das Ausnützen von Kursschwankungen einen Gewinn zu erzielen. Auch das Argument, beim Termindifferenzgeschäft werde anders als beim Komptantgeschäft keine Kapitalanlage getätigt, überzeugt nicht: Zwar begnügen sich die Banken beim Termindifferenzgeschäft mit der Bereitstellung eines Deckungskapitals, welches der Abdeckung allfälliger Verluste dient, doch braucht es auch beim Komptantgeschäft nicht stets eine tatsächliche Investition eigener Mittel; das Komptantgeschäft kann auch mit Krediten durchgeführt werden. Die unterschiedliche Besteuerung von Komptant- und Termindifferenzgeschäften ist rechtsungleich und verletzt damit Art. 4 BV . c) Das Verwaltungsgericht glaubt ferner, Termindifferenzgeschäfte stünden dem Spiel und der Wette sachlich nahe, was, wie bei Lotteriegewinnen, die steuerliche Erfassung als Einkommen gemäss § 19 StG rechtfertige. Der Beschwerdeführer qualifiziert auch diese Gesetzesauslegung zu Recht als willkürlich. Beim Termindifferenzgeschäft riskiert der Anleger substanzielle Vermögensverluste, wogegen der Teilnehmer an einer Lotterie ausser dem Verlust seines Einsatzes nur gewinnen kann. Termindifferenzgeschäfte können aber auch nicht dem Spiel und der Wette gleichgesetzt werden, weil sie angeblich "nicht auf gesicherter Würdigung des Marktes, sondern auf spekulativen Zukunftserwartungen" beruhen (RB 1978 Nr. 29): So gut wie beim Termingeschäft, kann auch der im Komptantgeschäft erzielte Gewinn auf einer "spekulativen Zukunftserwartung" beruhen. Die Bestimmung der Natur eines Gewinnes aufgrund der (vermuteten) Absichten des Veräusserers ist sodann ohnehin nicht sachgerecht und läuft auf eine unerwünschte Gesinnungsschnüffelei der Steuerbehörden hinaus (vgl. dazu THOMAS CHRISTEN, Kapitalgewinne auf BGE 110 Ia 1 S. 6 beweglichem Privatvermögen im basellandschaftlichen und baselstädtischen Steuerrecht, Diss. Basel 1983, S. 14). Damit lässt sich die ungleiche steuerliche Behandlung von Termindifferenz- und Komptantgeschäften auch nicht aufgrund eines Vergleiches mit Spiel und Wette von Art. 4 BV halten. d) Der angefochtene Entscheid ist daher im Hinblick auf die Besteuerung der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Termindifferenzgeschäfte aufzuheben und zur Neubeurteilung dieser Frage an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich zurückzuweisen. 5. Die Aufhebung des angefochtenen Entscheids hinsichtlich der Besteuerung der strittigen Börsengeschäfte bedeutet nun aber noch nicht, dass die dabei erzielten Gewinne nach Ansicht des Bundesgerichts steuerfrei bleiben müssen. Das Verwaltungsgericht wird bei der Neubeurteilung der Sache zu prüfen haben, ob der Beschwerdeführer mit seinen Börsengeschäften nicht über die blosse Verwaltung seines Privatvermögens hinausgegangen und damit einem eigentlichen Nebenerwerb nachgegangen ist. Die Erträgnisse aus dieser Erwerbstätigkeit könnten danach (z.B. nach § 19 lit. b StG ) mit der Einkommenssteuer erfasst werden, wobei der Umstand, dass der Beschwerdeführer die Geschäfte nicht selbst abwickelte, sondern über eine beauftragte Bank tätigen liess, bei der rechtlichen Beurteilung keine entscheidende Rolle spielen dürfte. Mit dieser rechtlichen Konzeption liesse sich eine gleichartige steuerliche Behandlung von Komptant- und Termindifferenzgeschäften verwirklichen. Im übrigen ist hier anzufügen, dass auch Gewinne aus gewerbsmässigem Liegenschaftenhandel etwa im Bereiche der direkten Bundessteuer der Einkommenssteuer und nicht nur den kantonalen bzw. kommunalen Grundsteuern unterliegen; nach der bundesgerichtlichen Praxis ist dabei Gewerbsmässigkeit anzunehmen, wenn ein Steuerpflichtiger über den Rahmen blosser Vermögensverwaltung oder die Ausnützung zufällig sich bietender Gelegenheiten hinaus planmässig Liegenschaften kauft und verkauft (vgl. dazu H. MASSHARDT, Wehrsteuerkommentar, Zürich 1980, S. 85). 6. Gemäss der bundesgerichtlichen Praxis steht dem nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Beschwerdeführer ungeachtet des Umstandes, dass er selbst Rechtsanwalt ist, keine Parteientschädigung zu. BGE 110 Ia 1 S. 7 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Soweit auf die Beschwerde eingetreten werden kann, wird sie im Sinne der Erwägungen teilweise gutgeheissen.
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Urteilskopf 85 II 54 11. Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. März 1959 i.S. Engler & Co. gegen Halpern.
Regeste Art. 140 OG . Auf ein Revisionsgesuch, in dem der Gesuchsteller nicht angibt, welche Abänderung des früheren Entscheides er verlangt, ist nicht einzutreten.
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 85 II 54 S. 54 A.- Doryan Halpern klagte gegen die Firma Engler & Co. beim Handelsgericht des Kantons Zürich auf Zahlung einer Provision aus Agenturvertrag von Fr. 10'500.-- nebst Zins zu 5% seit 1. Januar 1956. Das Handelsgericht verurteilte die Beklagte am 8. Mai 1958, dem Kläger den geforderten Betrag nebst Zins zu zahlen. Die Beklagte erklärte die Berufung. Sie beantragte dem Bundesgericht, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das Bundesgericht wies am 27. November 1958 die Berufung ab und bestätigte das Urteil des Handelsgerichts. Die schriftliche Ausfertigung des bundesgerichtlichen Urteils wurde den Vertretern der Parteien am 21. Januar 1959 zugestellt. B.- Mit Gesuch vom 18. Februar 1959 beantragt die Firma Engler & Co. dem Bundesgericht: "Es sei das Urteil des Bundesgerichtes vom 27. November 1958 aufzuheben unter Kosten- und Entschädigungsfolge". Sie macht geltend, das Bundesgericht habe im Sinne des Art. 136 lit. d OG in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt; es sei ihm wie schon dem Handelsgericht und dem Prozessvertreter der Beklagten entgangen, dass Halpern nicht Agent von Engler & Co., sondern Agent der Firma Engler Ltd. gewesen sei. BGE 85 II 54 S. 55 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Die Gesuchstellerin beantragt nur Aufhebung des bundesgerichtlichen Urteils. Sie sagt nicht, in welchem Sinne hierauf das Bundesgericht neu zu entscheiden habe. Hierüber hätte sie sich aussprechen müssen. Es genügt nicht, dass sie am Schlusse des Gesuches das Bundesgericht ersucht, "die Revision zu schützen, mit den nötigen Konsequenzen". Gemäss Art. 140 OG ist im Revisionsgesuch anzugeben, "welche Abänderung des früheren Entscheides und welche Rückleistung verlangt wird". Schon nach der Rechtsprechung unter der Herrschaft des alten Organisationsgesetzes hatte der Revisionskläger zu sagen, in welchem Sinne das angefochtene Urteil im Falle seiner Aufhebung abgeändert werden solle ( BGE 39 II 824 ). Im Berufungsverfahren, für das Art. 55 Abs. 1 lit. b OG ebenfalls die genaue Angabe der beantragten Abänderungen vorschreibt, lässt das Bundesgericht einen Antrag auf Schutz eines aus der Berufungsbegründung oder aus dem angefochtenen Urteil ohne weiteres ersichtlichen Begehrens genügen ( BGE 78 II 449 , BGE 80 II 245 , BGE 81 II 251 ). Ob entsprechende Nachsicht sich auch im Revisionsverfahren rechtfertigt, kann dahingestellt bleiben. Aus der Begründung des vorliegenden Revisionsgesuches ergibt sich nur, dass der Gesuchstellerin auf Verlangen der Gegenpartei der Konkurs angedroht worden ist, die Gesuchstellerin also anscheinend die geschuldete Summe noch nicht bezahlt hat und folglich Rückforderung zur Zeit nicht geltend macht. Die Gesuchstellerin schweigt sich dagegen darüber aus, welchen neuen Entscheid sie anstrebt. Auch dem bundesgerichtlichen Urteil, dessen Aufhebung beantragt wird, kann das nicht entnommen werden. Das Revisionsverfahren besteht nicht in einer Fortsetzung des Berufungsverfahrens, so dass sich von selbst verstände, dass die für dieses gestellten Anträge auch für jenes gelten sollen. Zumal im vorliegenden Falle versteht sich das nicht von selbst, da die Gesuchstellerin das Gesuch auf einen Einwand BGE 85 II 54 S. 56 stützt, den sie weder im Berufungsverfahren noch vor dem Handelsgericht erhoben hat. Aus dem von der Gesuchstellerin neu vertretenen Standpunkt können sich verschiedene Schlüsse ergeben: Abweisung der Klage, Abweisung angebrachtermassen, blosse Rückweisung an den kantonalen Richter zur Prüfung der Frage usw. Da die Gesuchstellerin nicht sagt, welche dieser Folgen sie begehrt, kann auf das Gesuch nicht eingetreten werden. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Auf das Revisionsgesuch wird nicht eingetreten.
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Urteilskopf 81 IV 54 10. Urteil des Kassationshofes vom 25. März 1955 i.S. Polizeirichteramt der Stadt Zürich gegen Wüger und Lanker.
Regeste Art. 65 Abs. 4 MFG bestimmt nicht, dass die mildere Strafbestimmung des MFG nicht angewendet werden dürfe, wenn der objektive Tatbestand der strengeren Norm erfüllt ist, diese aber mangels der subjektiven Voraussetzungen nicht angewendet werden kann.
Sachverhalt ab Seite 54 BGE 81 IV 54 S. 54 A.- Am Nachmittag des 18. Juli 1953 fuhr Hans Wüger mit einem Personenwagen durch die Hohlstrasse in Zürich stadtauswärts. Als er sich der von rechts einmündenden Zufahrtstrasse zum Güterbahnhof Altstetten näherte, tauchte von dort her ein von Hans Lanker geführter Lastwagen auf. Da Lanker etwas weit in die Hohlstrasse hineinfuhr, ehe er anhielt, um dem Personenwagen den Vortritt zu lassen, bremste Wüger heftig. Der Personenwagen glitt deshalb auf der nassen Fahrbahn nach links, verletzte die auf einem Fahrrad stadteinwärts fahrende Frieda Steiner und prallte an einen Baum. B.- Am 10. November 1953 stellte die Bezirksanwaltschaft Zürich die gegen Wüger und Lanker geführte Strafuntersuchung ein, weil, soweit fahrlässige Körperverletzung in Frage komme, Frieda Steiner auf einen Strafantrag verzichtet habe, und weil die wegen Störung des öffentlichen Verkehrs von Amtes wegen angehobene Untersuchung keinen zuverlässigen Beweis für ein strafrechtlich erhebliches Verschulden der beiden Angeschuldigten ergeben habe. In den Erwägungen führte die Bezirksanwaltschaft aus, die Akten seien dem Polizeirichteramt Zürich zu überweisen zur Prüfung, ob das Bundesgesetz BGE 81 IV 54 S. 55 über den Motorfahrzeug- und Fahrradverkehr übertreten worden sei. Am 21. November 1953 genehmigte die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich die Verfügung. C.- Am 18. Januar 1954 büsste der Polizeirichter der Stadt Zürich Wüger und Lanker wegen Übertretung des Art. 25 MFG mit je Fr. 20.-. Er warf ersterem vor, er sei zu schnell gefahren und habe deshalb sein Fahrzeug nicht beherrscht, letzterem dagegen, er habe es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen. Wüger und Lanker verlangten gerichtliche Beurteilung. D. - Der Einzelrichter des Bezirksgerichtes Zürich sprach am 23. September 1954 beide frei. Er liess offen, ob der Grundsatz "ne bis in idem" es ausschliesse, dass ein bestimmter Tatbestand, der unter dem Gesichtspunkt des Vergehens beurteilt wurde, in einem zweiten Verfahren noch als Übertretung beurteilt werden dürfe. Er begründete die Freisprechung damit, dass die Bestätigung der Bussenverfügungen des Polizeirichters gegen materielles Recht verstossen würde. Durch die rechtskräftig gewordene Einstellungsverfügung der Bezirksanwaltschaft und der Staatsanwaltschaft sei verbindlich festgestellt, dass die objektiven Voraussetzungen gegeben gewesen seien, um auf die Fahrweise der beiden Angeschuldigten Art. 237 StGB anzuwenden. Seien diese der Strafe entgangen, weil ein strafrechtlich erhebliches Verschulden verneint worden sei, so ändere das nichts daran, dass damit die heute den Angeschuldigten vorgeworfenen Übertretungen gemäss Art. 65 Abs. 4 MFG absorbiert blieben und das MFG gesondert nicht mehr angewendet werden könne. E.- Das Polizeirichteramt der Stadt Zürich führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, der Entscheid des Einzelrichters sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung und zur Bestrafung der Angeschuldigten im Sinne der Bussenverfügung zurückzuweisen. F.- Wüger und Lanker beantragen, die Nichtigkeitsbeschwerde sei abzuweisen. BGE 81 IV 54 S. 56 Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: Art. 65 Abs. 4 MFG bestimmt: "Erfüllt eine der in diesem Titel genannten Handlungen einen Tatbestand, für den die eidgenössische oder kantonale Gesetzgebung eine schwerere Strafe vorsieht, so wird dieses angewendet". Darnach darf, wenn ein und dieselbe Tat sowohl eine Bestimmung des Motorfahrzeuggesetzes als auch eine schwerere andere Strafbestimmung erfüllt, nur die letztere angewendet werden ( BGE 71 IV 98 , BGE 76 IV 175 ). Die beiden Bestimmungen konkurrieren unecht: die Bestrafung nach der schwereren schliesst die Anwendung der leichteren aus. Mehr sagt Art. 65 Abs. 4 MFG nicht. Insbesondere bestimmt er nicht, dass in Fällen, in denen der objektive Tatbestand der die schwerere Strafe androhenden Norm erfüllt ist, diese aber mangels der subjektiven Voraussetzungen nicht angewendet werden kann, auch die zutreffende Strafbestimmung des Motorfahrzeuggesetzes nicht angewendet werden dürfe. Dabei macht es keinen Unterschied aus, ob der Richter, der nach kantonalem Prozessrecht zur Anwendung des Motorfahrzeuggesetzes zuständig ist, selber zu beurteilen hat, ob die Voraussetzungen der schwereren Strafbestimmung erfüllt seien, oder ob hierüber ein anderer Richter entschieden hat. Das Motorfahrzeuggesetz verlangt, dass seine Strafbestimmungen immer dann, wenn sie zutreffen, angewendet werden, ausgenommen, wenn der Beschuldigte nach einer schwereren anderen Bestimmung zu Strafe verurteilt wird. Das hat der Einzelrichter verkannt. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben und die Sache zurückzuweisen, damit er beurteile, ob die Beschwerdegegner Art. 25 MFG, wie ihnen das Polizeirichteramt vorwirft, objektiv und subjektiv übertreten haben, und sie gegebenenfalls bestrafe. BGE 81 IV 54 S. 57 Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Einzelrichters in Strafsachen des Bezirksgerichtes Zürich vom 23. September 1954 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen.
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1,955
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CH_BGE_006
CH
Federation
1b10bc0f-fae1-476d-8ff7-ae2338c1daf9
Urteilskopf 123 V 81 14. Urteil vom 6. Juni 1997 i.S. Bundesamt für Sozialversicherung gegen D. und Verwaltungsgericht des Kantons Zug
Regeste Art. 3 Abs. 4 lit. g und Abs. 4bis ELG , Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV : Behinderungsbedingte Mehrkosten. Die in Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV enthaltene Beschränkung der abziehbaren Transportkosten auf solche zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort ist gesetzmässig.
Sachverhalt ab Seite 81 BGE 123 V 81 S. 81 A.- Die 1936 geborene D. ist wegen einer Tetraparese bei Hirnaneurysma im Pflegezentrum X. hospitalisiert. Nebst einer Hilflosenentschädigung wurde ihr ab 1. Januar 1992 eine ordentliche ganze einfache Invalidenrente ausgerichtet. Ihr Ehemann ist seit dem 1. Februar 1994 Bezüger einer Ehepaar-Altersrente und von Ergänzungsleistungen zur AHV. Am 13. April 1995 erkundigte sich dieser bei der Ausgleichskasse des Kantons Zug, ob sie die Kosten für gelegentliche Transporte seiner Ehefrau mit dem Tixi-Taxi vom Pflegeheim bis zu ihm nach Hause übernehme. Seine Frau sei einseitig gelähmt, aber geistig noch präsent, so dass der Aufenthalt im Pflegeheim für sie eine grosse psychische Belastung darstelle. Der behandelnde Arzt BGE 123 V 81 S. 82 habe daher empfohlen, dass man die Versicherte von Zeit zu Zeit nach Hause in die Wohnung oder in den Garten bringe. Mit Verfügung vom 18. April 1995 lehnte die Ausgleichskasse das Begehren ab, da als behinderungsbedingte Mehrkosten nur Kosten für Transporte zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort in Frage kämen. B.- Der Ehemann der Versicherten erhob Beschwerde und erneuerte sein Begehren. Er wies darauf hin, dass er zu Hause die physische Betreuung seiner Ehefrau übernehme, zu welchem Zweck die IV-Stelle Zug - nach vorgängiger Konsultation des behandelnden Arztes, des Ergotherapeuten, des Pflegeheims, der Beratungsstelle SAHP und der Pro Infirmis - die Übernahme der Kosten für die Miete einer Treppenraupe bewilligt habe. Mit Entscheid vom 26. Oktober 1995 hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug die Beschwerde gut und stellte fest, dass die Versicherte Anspruch auf Ersatz der Transportkosten im Sinne der Erwägungen habe. C.- Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde beantragt das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) die Aufhebung des kantonalen Entscheides und die Bestätigung der angefochtenen Verfügung. Die Ausgleichskasse schliesst sich diesem Begehren an, während sich der Ehemann der Versicherten nicht vernehmen lässt. D.- Am 10. Mai 1996 hat sich das BSV auf Ersuchen des Instruktionsrichters zur Frage der Gesetzmässigkeit des Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV geäussert. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 2 Abs. 1 und 5 ELG haben in der Schweiz wohnhafte Schweizer Bürger, denen eine Rente oder eine Hilflosenentschädigung der Alters- und Hinterlassenenversicherung oder mindestens eine halbe Rente der Invalidenversicherung zusteht, Anspruch auf Ergänzungsleistungen, soweit ihr anrechenbares Jahreseinkommen einen bestimmten Grenzbetrag nicht erreicht. Dabei entspricht die jährliche Ergänzungsleistung dem Unterschied zwischen der massgebenden Einkommensgrenze und dem anrechenbaren Jahreseinkommen ( Art. 5 Abs. 1 ELG ). Das anrechenbare Jahreseinkommen wird nach Massgabe der in Art. 3 Abs. 1 lit. a-g sowie Abs. 2 ELG aufgelisteten Bestandteile bestimmt, während das Gesetz in Abs. 4 verschiedene Ausgaben von der Einkommensanrechnung ausnimmt. Darunter fallen auch ausgewiesene behinderungsbedingte Mehrkosten BGE 123 V 81 S. 83 für die allgemeine Lebenshaltung bis zum jährlichen Höchstbetrag von 3600 Franken je Person (lit. g). Laut Art. 3 Abs. 4bis ELG bezeichnet der Bundesrat u.a. die behinderungsbedingten Mehrkosten, die abgezogen werden können. Er hat diese Kompetenz in Art. 19 Abs. 2 ELV (in der bis Ende 1995 geltenden Fassung) dem Eidg. Departement des Innern (EDI) delegiert. Dieses hat in Art. 17 ELKV die behinderungsbedingten Mehrkosten geregelt. Nach Abs. 1 lit. b der betreffenden Bestimmung gelten ausgewiesene Kosten für Transporte zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort als behinderungsbedingte Mehrkosten. Nach dieser Vorschrift werden die Kosten vergütet, die den Preisen der öffentlichen Transportmittel für Fahrten auf dem direkten Weg entsprechen. Ist der Versicherte wegen seiner Behinderung auf die Benützung eines anderen Transportmittels angewiesen, so werden diese Kosten berücksichtigt. Gemäss Abs. 2 von Art. 17 ELKV können Heimbewohnern nur Kosten nach Abs. 1 lit. b vergütet werden. 2. Das kantonale Gericht hat im wesentlichen erwogen, entscheidendes Kriterium für die Vergütung unter dem Titel behinderungsbedingter Mehrkosten sei der Zusammenhang zwischen medizinischer Behandlung und Transportkosten. Im vorliegenden Fall leide die Versicherte derart unter ihrer halbseitigen Lähmung, dass der behandelnde Arzt die gelegentliche Rückkehr nach Hause in die Wohnung des Ehemannes oder in den Garten empfohlen habe; so seien von Januar bis Mitte März 1995 insgesamt sieben Transporte mit dem Tixi-Taxi durchgeführt worden. Ziel solcher Fahrten sei es, die mit der Lähmung verbundene psychische Belastung der Versicherten zu mildern. Die Transporte stünden somit zumindest in einem indirekten Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung im Pflegeheim. Daher seien die entsprechenden Auslagen (im Rahmen der verfügbaren Quote und des jährlichen Maximalbetrages von Fr. 3'600.--) unter dem Titel behinderungsbedingter Mehrkosten zu übernehmen. Ferner wird im kantonalen Entscheid darauf hingewiesen, dass die Invalidenversicherung - wohl aus den gleichen medizinischen Gründen - die leihweise Abgabe einer Treppenraupe bewilligt habe. Dem hält das BSV entgegen, wohl sei es für die Beschwerdegegnerin zweifellos wichtig, hie und da zu ihrem Ehemann nach Hause zurückkehren zu können. Ebensowenig werde die Wünschbarkeit einer Abwechslung zum Alltag im Pflegeheim in Frage gestellt. Dies ändere aber nichts daran, dass die BGE 123 V 81 S. 84 Wohnung bzw. der Garten nicht als medizinischer Behandlungsort zu betrachten sei. Der Ehemann der Versicherten führe dort keine medizinische Behandlung durch; auch sei er weder Arzt, Zahnarzt noch eine medizinische Hilfsperson im Sinne von Art. 5 lit. a ELKV , sondern gelernter technischer Angestellter. 3. Der vorinstanzlichen Auffassung, wonach die Auslagen für die gelegentlichen Transporte der Beschwerdegegnerin mit dem Tixi-Taxi vom Pflegeheim nach Hause zum Ehemann als behinderungsbedingte Mehrkosten im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV zu betrachten sind, kann nicht gefolgt werden. Die fraglichen Kosten sind nicht anlässlich der Überwindung des Weges zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort entstanden. Wie das BSV zutreffend bemerkt, ist unter dem in der erwähnten Bestimmung verwendeten Begriff des medizinischen Behandlungsortes ein Ort zu verstehen, an dem eine medizinische Behandlung durchgeführt wird; dies kann beispielsweise ein Spital, eine Arzt- oder Zahnarztpraxis oder ein Zentrum für Ergotherapie usw. sein; jedoch genügt es nicht, dass der Ort mit einer medizinischen Behandlung in irgendeinem Zusammenhang steht. Vor diesem Hintergrund stellen Wohnung und Garten des Ehemannes keinen medizinischen Behandlungsort dar, auch wenn die zeitweilige Rückkehr der Beschwerdegegnerin nach Hause in die ihr vertraute Umgebung ärztlich empfohlen wurde und an sich zu begrüssen ist. Entgegen den Ausführungen im kantonalen Entscheid vermag ein bloss indirekter Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung im Pflegeheim den in Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV statuierten Voraussetzungen nicht zu genügen. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdegegnerin die leihweise Abgabe einer Treppenraupe bewilligt wurde. 4. Im weiteren stellt sich indes die Frage nach der Gesetzmässigkeit der in Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV enthaltenen Beschränkung der abziehbaren Transportkosten auf solche zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort. a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei (unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung BGE 123 V 81 S. 85 beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV , wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn- oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise hätten berücksichtigt werden sollen ( BGE 122 V 93 f. Erw. 5a/bb, 118 f. Erw. 3a/bb, 303 f. Erw. 4a, 311 f. Erw. 5c/aa, BGE 120 V 457 f. Erw. 2b, je mit Hinweisen). b) Das Eidg. Versicherungsgericht hat mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Art. 3 Abs. 4 lit. g ELG bereits einlässlich dargetan, dass es dem klaren Willen des Gesetzgebers entsprach, behinderungsbedingte Mehrkosten für die allgemeine Lebenshaltung in dem Umfang vom für die EL anrechenbaren Einkommen abzuziehen, als sie insbesondere Kosten enthalten, die nicht schon durch eine Hilflosenentschädigung gedeckt sind. Ferner sollte den EL-Bezügern der Verbleib in der eigenen Wohnung ermöglicht und damit der Zeitpunkt der Einweisung in ein Heim hinausgeschoben werden ( BGE 117 V 30 Erw. 3 f., BGE 115 V 360 Erw. 2c). Diese Auffassung ergibt sich namentlich aus den Voten der Berichterstatter (Votum DOBLER, Amtl.Bull. S 1985 289; Votum ZEHNDER, Amtl.Bull. N 1985 1395). Nationalrat ZEHNDER brachte unter Hinweis auf die Diskussion im Ständerat und in seiner Kommission zum Ausdruck, dass die Kostenabzugsberechtigung nach Art. 3 Abs. 4 lit. g ELG nur jener Gruppe von Behinderten zustehe, die in ihrer eigenen Wohnung oder bei Angehörigen leben, also nicht in einem Heim untergebracht sind. Unter behinderungsbedingten Kosten seien insbesondere solche zu verstehen, die nicht bereits durch eine Hilflosenentschädigung oder durch die Pro-Werke gedeckt seien. Das Bestreben gehe dahin, den Behinderten die Möglichkeit zu bieten, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu bleiben und eine Heimeinweisung zu verhindern (Amtl.Bull. N 1985 1395). c) Die Bestimmung von Art. 3 Abs. 4bis ELG überträgt dem Bundesrat bzw. dieser durch Subdelegation dem EDI die Kompetenz zur Bezeichnung der behinderungsbedingten Mehrkosten, die abgezogen werden können. Die Delegationsnorm enthält keine Richtlinien darüber, nach welchen BGE 123 V 81 S. 86 Gesichtspunkten die nähere Auswahl zu treffen sei. Mit der Verwendung des unbestimmten und dehnbaren Begriffs ( BGE 117 V 31 f. Erw. 4b) der "behinderungsbedingten Mehrkosten" wurde dem Bundesrat, und an seiner Stelle dem Departement, ein weiter Spielraum der Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Der Richter hat sich daher im Rahmen der Prüfung der Gesetzmässigkeit weitgehende Zurückhaltung aufzuerlegen (Erw. 4a hievor). Wenn der Verordnungsgeber in Art. 17 Abs. 1 lit. b ELKV die abzugsfähigen Transportkosten auf solche zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort beschränkt hat, lässt sich nicht sagen, er habe seinen Regelungsauftrag in einer vor dem Gesetz nicht haltbaren Weise erfüllt. Die von ihm gewählte Konkretisierung rechtfertigt sich im wesentlichen aus der Überlegung, dass der Gesetzgeber behinderungsbedingte Mehrkosten für die allgemeine Lebenshaltung nur in dem Umfang zum Abzug zulassen wollte, als sie Kosten enthalten, die nicht schon durch eine Hilflosenentschädigung gedeckt sind. Dieser gesetzgeberischen Absicht liefe ein weitergehender Transportkostenabzug von der Art, wie ihn die Beschwerdegegnerin verlangt, insofern zuwider, als damit Bereiche tangiert wären, die bereits bei der Bemessung der Hilflosenentschädigung zu berücksichtigen sind (alltägliche Lebensverrichtung der Fortbewegung und Kontaktaufnahme). So ist es denn systematisch folgerichtig, dass der Verordnungsgeber im abschliessenden Katalog des Art. 17 Abs. 1 ELKV (CARIGIET, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, Zürich 1995, S. 166) in lit. a (Kosten für die notwendige Hilfe einer Drittperson im Haushalt) und in lit. c (Kosten für die Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung) wesentliche und typische behinderungsbedingte Mehrkosten aufgelistet hat, die durch die Hilflosenentschädigung nicht abgedeckt sind. Sodann läge die verlangte Abzugsberechtigung von Transportkosten für Fahrten vom Heim nach Hause ausserhalb der gesetzgeberischen Zielsetzung, welche namentlich darin besteht, EL-Bezügern den Verbleib in der eigenen Wohnung zu ermöglichen und Heimeinweisungen zu vermeiden (Erw. 4b hievor). Schliesslich ändert an der festgestellten Gesetzmässigkeit der fraglichen Norm auch nichts, dass der erste Verordnungsentwurf einen Abzug von Transportkosten für soziale und kulturelle Kontakte innerhalb eines vernünftigen Rahmens vorgesehen hatte, dieser aber in der definitiven Fassung nicht mehr enthalten ist, weil man den von den Kantonen vernehmlassungsweise vorgetragenen Bedenken (Kostenfolgen) Rechnung tragen wollte (ZAK 1986 S. 379). Der Verordnungsgeber durfte - immer im Rahmen des BGE 123 V 81 S. 87 ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Gestaltungsspielraums - in Berücksichtigung der Ergebnisse des Vernehmlassungsverfahrens Änderungen vornehmen und war nicht verpflichtet, den Inhalt des ersten Entwurfs in den definitiven Verordnungstext zu überführen. 5. Sind die abzugsfähigen Transportkosten nach dem Gesagten auf diejenigen zum nächstgelegenen medizinischen Behandlungsort zu beschränken, kann dem Begehren um Berücksichtigung der Auslagen für Fahrten mit dem Tixi-Taxi vom Pflegeheim nach Hause entgegen der vorinstanzlichen Auffassung nicht entsprochen werden.
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Urteilskopf 114 Ib 268 41. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 6. Dezember 1988 i.S. World Wildlife Fund (Schweiz) gegen Politische Gemeinde Walchwil, Korporation Walchwil, Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Bau einer Walderschliessungsstrasse ausserhalb der Bauzone, innerhalb eines BLN-Objekts; Durchquerung eines Riedgebietes ( Art. 24 RPG ; Art. 7 und 18 NHG ). 1. Notwendigkeit einer Begutachtung durch die Eidg. Natur- und Heimatschutzkommission bei der Erteilung einer Bewilligung nach Art. 24 RPG , wenn das Projekt in einem BLN-Objekt und in einem Moor- bzw. Riedgebiet liegt ( Art. 7 NHG ; E. 2). 2. Bewilligung für den Bau einer Walderschliessungsstrasse ausserhalb der Bauzone; Interessenabwägung ( Art. 24 RPG ; Vorrang der besonderen Bestimmungen zum Schutz der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt ( Art. 18 ff. NHG ; E. 3). 3. Naturschutz; Bau einer Strasse durch ein Riedgebiet ( Art. 18 ff. NHG ; E. 4).
Sachverhalt ab Seite 269 BGE 114 Ib 268 S. 269 Die Korporation Walchwil beabsichtigt, im Gebiet Langmösli-Hagegg-Alpli in der Gemeinde Walchwil eine Walderschliessungsstrasse zu bauen. Die Wälder im Heumoos-Hagegg-Gebiet gehören den Korporationen Walchwil und Zug. Sie sind seit Menschengedenken über die Reistfahrwege ab Langmösli-Chnoden-Heumoosegg-Hagegg sowie Heumoos-Chnoden-Moosegg-Hagegg erschlossen worden. Der Regierungsrat des Kantons Zug hat gestützt auf das kantonale Gesetz über die Erhaltung und Pflege von Naturschutzgebieten vom 2. September 1982 (NSchG) einen Schutzplan für die Gebiete Chnoden und Heumoos erlassen (§ 3 NSchG). Die Bereiche, welche vorliegend von Bedeutung sind, gehören zur Zone A dieser Naturschutzgebiete, d.h. zum eigentlichen Lebensraum der zu schützenden Pflanzen und Tiere bzw. zum Landschaftsteil von besonderer Schönheit und Eigenart (§ 4 Abs. 1 und 2 NSchG). In dieser Zone ist alles untersagt, was den besonderen Charakter des Gebiets beeinträchtigen oder Pflanzen und Tiere gefährden könnte. Verboten ist u.a. insbesondere das Vernichten von Pflanzen, das Errichten von Bauten und Anlagen, Abgrabungen oder Entwässerungen (§ 5 Abs. 1 und 2 NSchG), wobei allerdings die Bewirtschaftung und Nutzung sowie der Unterhalt bestehender Anlagen durch Vertrag näher geregelt werden können (§ 5 Abs. 4 NSchG). Der Vertrag zwischen der Baudirektion des Kantons Zug und der Korporation Walchwil vom 10./18. September 1984 sieht zwar einen entsprechenden Schutz vor, gewährleistet aber die "bisherigen Reistfahrwegrechte". Die Reistwege führen durch die Zone A des Naturschutzgebiets Chnoden und in die Zone A des Naturschutzgebiets Heumoos, wo Holz gelagert und umgeschlagen wird. Das Kantonsforstamt Zug erarbeitete für die Linienführung der Walderschliessungsstrasse vier Varianten (A, B, C, D). Die Varianten B, C und D unterscheiden sich von der Variante A insbesondere dadurch, dass sie das Naturschutzgebiet Chnoden nicht durchqueren. Am 4. November 1986 erteilte der Regierungsrat die Bewilligung für den Bau der Variante A. BGE 114 Ib 268 S. 270 Das Verwaltungsgericht wies eine vom WWF dagegen eingereichte Beschwerde nach Durchführung eines Augenscheins mit Urteil vom 19. November 1987 ab. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde des WWF wird vom Bundesgericht gutgeheissen, nachdem ein Augenschein durchgeführt worden ist. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Wenn bei Erfüllung einer Bundesaufgabe ein Objekt beeinträchtigt werden könnte, das in einem Inventar des Bundes aufgeführt ist, hat die zuständige Stelle rechtzeitig ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) einzuholen ( Art. 7 NHG ). a) Das Gebiet Chnoden, durch welches das streitige Stück der geplanten Erschliessungsstrasse führt, liegt im Raum eines Objektes, das in das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) aufgenommen wurde ( Art. 5 Abs. 1 NHG ; BLN-Objekt Nr. 1607 "Bergsturzgebiet von Goldau"). Das geht aus dessen kartographischer Darstellung (Art. 2 Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (VBLN, SR 451.11)) hervor. Das Verwaltungsgericht verwarf die Begutachtungspflicht insbesondere mit der Begründung, der geplante Strassenbau tangiere dieses BLN-Objekt nicht in seiner Hauptbedeutung, liege das betroffene Chnodenried doch auf dem vom Bergsturz nicht berührten Nordabhang des Rossbergs. Tatsächlich befasst sich die Beschreibung des Objekts im Inventar in erster Linie mit dem eigentlichen Bergsturzgebiet. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass BLN-Objekt könne nur durch Eingriffe in diesen engeren Bereich beeinträchtigt werden, sonst hätte der Einbezug des vom Bergsturz nicht betroffenen Nordabhangs kaum einen Sinn. Das Verwaltungsgericht hat selber darauf hingewiesen, dass gemäss Inventar-Beschreibung auch die vielseitige Pflanzenwelt und Lebensräume einer mannigfaltigen Tierwelt die Bedeutung dieses BLN-Objekts ausmachen. Diese beiden Qualifikationen treffen insbesondere auf das Chnodenried zu. Es wurde denn auch vom Regierungsrat als Naturschutzgebiet und damit als zu den Landschaftsteilen gehörend bezeichnet, die wegen ihrer Schönheit und Eigenart oder als Lebensraum für Pflanzen und Tiere oder aus anderen ökologischen oder naturgeschichtlichen Gründen erhaltenswürdig BGE 114 Ib 268 S. 271 sind (§ 2 NschG). Das Natur- und Heimatschutzgesetz des Bundes schreibt zudem vor, dass Riedgebiete und Moore besonders zu schützen sind ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ; siehe auch Art. 18a und 18b NHG ). Wie sich aus den vom Eidgenössischen Departement des Innern eingereichten Unterlagen, den Äusserungen der ENHK und den Feststellungen am Augenschein ergibt, handelt es sich beim Chnoden um ein solches Riedgebiet, dessen mögliche Beeinträchtigung durch den geplanten Strassenbau offensichtlich ist. Darin ist somit auch eine Beeinträchtigung des BLN-Objekts zu erblicken. b) Die Prüfung der Voraussetzungen und die Handhabung von Art. 24 RPG gilt als Erfüllung einer Bundesaufgabe im Sinne des Natur- und Heimatschutzgesetzes ( Art. 7 NHG ), insbesondere wenn das Bauvorhaben wie hier ein gemäss Bundesinventar zu schützendes Objekt beeinträchtigen könnte ( Art. 2 lit. b NHG ; BGE 112 Ib 72 ff. E. 3 und 4). Auch die allfällige Gewährung von Bundessubventionen für die geplante Walderschliessungsstrasse hätte als Erfüllung einer Bundesaufgabe zu gelten ( Art. 2 lit. c NHG ). c) Seit Erlass des Natur- und Heimatschutzgesetzes haben Gesetzgebung und Praxis zu einem weiten Begriff der Bundesaufgabe geführt und es wurden ausgedehnte Flächen als BLN-Objekte inventarisiert. Die Begutachtungspflicht hat deshalb vor allem in einem Kanton wie Zug, dessen Gebiet von vielen inventarisierten Objekten erfasst wird, eine grössere Bedeutung erhalten. Zu den sich daraus ergebenden Problemen, auf die das Verwaltungsgericht und die Regierung hinweisen, hat das Bundesgericht vorliegend aber nicht Stellung zu nehmen. Jedenfalls im zu beurteilenden Fall ist eine Begutachtung durch die ENHK zu Unrecht unterblieben, wie sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut ergibt. Statt die Sache aus diesem Grunde an die Vorinstanz zurückzuweisen ( Art. 114 Abs. 2 OG ; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Ligue suisse pour la protection de la nature vom 27. Januar 1982, E. 2d), hat das Bundesgericht selber ein entsprechendes Gutachten eingeholt (Art. 113 i.V. mit Art. 95 Abs. 1 OG ). 3. Es ist unbestritten, dass im Bereich des Chnodenrieds weder eine besondere Landwirtschafts- oder Naturschutzzone ausgeschieden noch ein Strassenplan in der Form eines Sondernutzungsplans erlassen wurde. Als ausserhalb der Bauzone gelegene Baute bedarf die projektierte Strasse somit einer Ausnahmebewilligung im Sinne von Art. 24 RPG ( BGE 112 Ib 166 /167 E. 2b; 412 BGE 114 Ib 268 S. 272 E. 1b). Diese setzt voraus, dass der Zweck der Baute einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert ( Art. 24 Abs. 1 lit. a RPG ) und dass keine überwiegenden Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Diese beiden Voraussetzungen müssen kumulativ erfüllt sein ( BGE 113 Ib 141 E. 5 mit Hinweisen). a) Eine zweckmässige Bewirtschaftung von Waldgebieten setzt voraus, dass die dafür nötigen Strassen und Wege vorhanden sind, welche naturgemäss auch Standorte ausserhalb der Bauzonen beanspruchen. Die Standortgebundenheit der vorliegend streitigen Walderschliessungsstrasse ist deshalb grundsätzlich ohne weiteres zu bejahen (vgl. nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. A. vom 29. Juni 1987 E. 4a). Daran ändern auch die vom Beschwerdeführer u.a. aufgeworfenen Fragen der Zweckmässigkeit des geographischen Standortes sowie insbesondere des Natur- und Heimatschutzes nichts. Diese Fragen sind vielmehr bei der Interessenabwägung ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ) zu prüfen ( BGE 112 Ib 30 E. 3; 119 ff. nicht veröffentlichte E. 3a). b) Zu entscheiden ist einzig, ob dem Strassenbauprojekt überwiegende Interessen entgegenstehen ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ). Lenkender Massstab der Interessenabwägung bilden hauptsächlich die Planungsziele und Planungsgrundsätze des Raumplanungsgesetzes ( Art. 1 und Art. 3 RPG ; BGE 112 Ib 33 /34 E. 5a; siehe auch BGE 108 Ib 368 E. 6b). Es schreibt unter anderem vor, mit Raumplanungsmassnahmen Bestrebungen zu unterstützen, welche die natürlichen Lebensgrundlagen und die Landschaft schützen ( Art. 1 Abs. 2 lit. a RPG ), sowie naturnahe Landschaften zu schonen und zu erhalten ( Art. 3 Abs. 2 lit. d RPG ). Soweit das positive Verfassungs- und Gesetzesrecht einzelne Aspekte der allgemeinen Interessenabwägung ( Art. 24 Abs. 1 lit. b RPG ) konkreter regelt, sind Bauvorhaben im Bewilligungsverfahren vorweg nach diesen Sondernormen zu prüfen ( BGE 112 Ib 123 /124 E. 4b; nicht veröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts i.S. Sch. vom 26. Juni 1987 E. 3b). Dementsprechend sind hier die Vorschriften des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz anzuwenden. 4. Um dem Aussterben einheimischer Tier- und Pflanzenarten entgegenzuwirken, sind genügend grosse Lebensräume (Biotope) zu erhalten ( Art. 18 Abs. 1 NHG ). Besonders zu schützen sind u.a. Riedgebiete und Moore ( Art. 18 Abs. 1bis NHG ). Sie gehören zu den Naturgebieten, die besonderen Seltenheitswert haben und deren BGE 114 Ib 268 S. 273 Erhaltung für das Überleben bedrohter Tier- und Pflanzenarten wichtig ist. Diese Standorte bieten vielfältigen Lebensgemeinschaften eine unerlässliche Lebensgrundlage und bilden ein Gegengewicht zu der von Technik und Zivilisation stark geprägten Landschaft. Sie erfüllen im intensiv genutzten Naturhaushalt zudem eine wichtige biologische Funktion (Botschaft zu einem Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 31. Oktober 1979, BBl 1979 III 830). Die Beeinträchtigung derartiger Lebensräume durch technische Eingriffe ist deshalb grundsätzlich zu vermeiden ( Art. 18 Abs. 1ter NHG ). Erst wenn sich Eingriffe unter Abwägung aller Interessen als unvermeidlich erweisen, stellt sich die Frage nach Schutz-, Wiederherstellungs- oder Ersatzmassnahmen. Das Gesetz will somit einen strengen Schutz der besonders seltenen und wichtigen Biotope. Mit Erlass des Art. 24sexies Abs. 5 BV (in Kraft seit 6. Dezember 1987; AS 1988 I 352) und der Art. 18a-18d NHG (in Kraft seit 1. Februar 1988; AS 1988 I 254) wurde der Biotopschutz noch einmal verstärkt und ein Instrumentarium bereitgestellt, das es erlauben soll, die in Art. 18 NHG niedergelegten Ziele besser zu erreichen (Botschaft über die Volksinitiative "zum Schutz der Moore - Rothenthurm-Initiative" und zur Revision der Bestimmungen über den Biotopschutz im Bundesgesetz über den Natur- und Heimatschutz vom 11. September 1985, BBl 1985 II 1445 ff., 1463). a) Beim Naturschutzgebiet "Chnoden" handelt es sich unbestrittenermassen um ein Riedgebiet. Nach den Ausführungen im Gutachten der ENHK begründet sich der Wert dieses Hangriedes im Zusammenspiel und in der Ergänzung der ökologischen, landschaftlichen und bildungswissenschaftlichen Bedeutung. Es ist ein anschauliches Beispiel für die unerwartet hohe Vielfalt an Ausbildungen der Feuchtgebiete in der Bergstufe, verstärkt durch den stark wechselnden Untergrund, der lehrbuchhaft den Einfluss von saurem oder basischem Ausgangsmaterial erkennen lässt. Ausserdem ist auch die Intensität der Nutzung recht unterschiedlich, so dass die Wirkung geringer bis stärkerer Düngung auf feuchte Grünlandstandorte eindrücklich demonstriert werden kann. Trotz Kultivierungsarbeiten im unteren Teil des Hangriedes hat das ausgedehnte, extensiv bewirtschaftete Grünland kaum an Vielfalt eingebüsst. Nach Auffassung der ENHK ist das Gebiet Chnoden somit immer noch von hoher wissenschaftlicher Bedeutung und von bemerkenswertem landschafts-ästhetischem Reiz, weshalb das Hauptziel in dessen Erhaltung liegen müsse. BGE 114 Ib 268 S. 274 Das Eidgenössische Departement des Innern verweist in der ergänzenden Vernehmlassung vom 1. Juni 1988 auf seine bereits abgeschlossenen Untersuchungen der Hoch- und Übergangsmoore. Für das Naturschutzgebiet Chnoden lautet die entsprechende Bewertung wie folgt: "Dieses Teilobjekt stellt wegen der geringen Fläche und schlechten Erhaltungszustand einen Grenzfall zur Aufnahme ins Hochmoorinventar dar. In einer Mähwiese, die immer intensiver bewirtschaftet wird, haben sich zerstreut noch ein paar wenige Quadratmeter grosse Bulten und zwei-drei schlenkenartige Gebilde erhalten. Die Bulten sind sehr stark verheidet und die Schlenken stark abgetrocknet. Bei gleichbleibender Bewirtschaftungsintensität dürften auch diese letzten Reste einer Hochmoorvegetation bald verschwunden sein. Im weiteren sei darauf hingewiesen, dass im Bereich der Heumoosegg ein prächtiges Hangried immer mehr zerstört wird, weil von Jahr zu Jahr ein weiteres Stück (unter den Pflug) genommen wird, um Hafer anzubauen. Auf dem schweren, vernässten Gleyboden dürfte der Ertrag den Aufwand an Betriebsmitteln übertreffen (...)." Daraus ergibt sich einerseits ein erheblicher naturschützerischer, namentlich wissenschaftlicher Wert, auch wenn er nicht als überragend und damit national angesprochen werden kann. Andererseits besteht eine starke Gefährdung durch die heutige Bewirtschaftung, was sich auch am Augenschein zeigte. b) Der Strassenbau nach der vom Verwaltungsgericht bewilligten Variante A hätte zur Folge, dass das Naturschutzgebiet Chnoden ungefähr auf mittlerer Höhe der Zone A auf einer Länge von 120 m durchquert wird. Dies ergibt eine direkte flächenmässige Beanspruchung von rund 400 m2. Nach den Abklärungen am Augenschein kommen dazu berg- und talseits je ein Streifen von etwa 10 m. Gesamthaft würde also in einem Bereich von rund 2800 m2 der Wasser- und Nährstoffhaushalt gestört, wodurch die bisherige Vegetation durch höherwüchsige Pflanzenarten verdrängt würde. Es käme zu einem Wachstum hoher Stauden, welche das Bild des Hangriedes entsprechend verändern würde. Dieses Wachstum hoher Stauden könnte zwar durch einen zweiten Schnitt verhindert werden. Schutzmassnahmen, die zu einer massgeblichen Schonung des Gebietes, allenfalls gar zu einer Behebung der Auswirkungen des Eingriffs führen könnten, sind aber nicht ersichtlich. Das Eidgenössische Departement des Innern liess diese Frage zwar zunächst offen, äusserte am Augenschein aber ebenfalls diese Ansicht. BGE 114 Ib 268 S. 275 Es steht somit fest, dass mit dem Bau der Strasse eine dem Riedgebiet nicht angemessene, atypische Vegetation gefördert würde, und zwar im wichtigsten, zentralen Abschnitt der ohnehin nicht grossen Riedfläche. Es ist auch unbestritten, dass die Variante A die Empfehlungen der Wegleitung des Bundesamtes für Forstwesen und Landschaftsschutz "Natur- und Heimatschutz beim forstlichen Projektwesen" (Bern 1987) nur ungenügend beachtet. Mit der ENHK muss deshalb von einem schweren Eingriff in das Naturschutzgebiet gesprochen werden. c) Die Gewichtung der forstwirtschaftlichen und finanziellen Interessen am Strassenbau durch das Gebiet Chnoden ist im Lichte der dargelegten naturschützerischen Bedeutung dieses Riedes und der zu erwartenden Beeinträchtigungen vorzunehmen. Den Korporationen Walchwil und Zug geht es vorweg um eine ordnungsgemässe Pflege und Bewirtschaftung des Waldes. Freilich war eine solche schon bisher möglich. Auf den bislang benutzten Reistwegen konnte in der Regel auch mit Motorfahrzeugen gearbeitet werden. Das forstwirtschaftliche Interesse geht somit dahin, die hergebrachte beschwerliche durch eine leichtere, rationellere Bewirtschaftung abzulösen. Das fachkundige Eidgenössische Departement des Innern kommt in seinen Vernehmlassungen zudem zum Schluss, dass zwar vom forstlichen Standpunkt aus auch andere Varianten als A vertretbar und machbar sind, welche aber einen grösseren Aufwand für Bau, Unterhalt und Betrieb erfordern. Allein der mit den Varianten B bis D verbundene Mehraufwand ist aber nicht so gewichtig, als dass deshalb eine Beeinträchtigung des Biotops, wie sie die Variante A mit sich brächte, gerechtfertigt wäre. Dazu kommt, dass für eine Subventionierung von vorneherein nur bundesrechtmässige, den Naturschutzanforderungen entsprechende Lösungen in Frage kommen. Mehrkosten für andere Varianten als A dürften deshalb praktisch keine Rolle spielen; auch das spricht gegen die Variante A. An der Unzulässigkeit der Variante A vermag auch der von den Korporationen Walchwil und Zug für den Fall des Zustandkommens dieser Variante in Aussicht gestellte Verzicht auf die bisherigen Reistrechte nichts zu ändern. Das bisherige Reisten ist im Vergleich mit den durch einen Strassenbau verursachten Folgen insofern schonender, als es praktisch keine nicht wieder gutzumachenden Schäden verursacht. Das zeigt der heutige Bestand des Riedes nach langer Koexistenz mit der Forstwirtschaft. Zudem fragt sich ohnehin, ob die traditionelle Reistnutzung weiterhin BGE 114 Ib 268 S. 276 unverändert geduldet werden darf. Die Kantone sind neuerdings verpflichtet, Biotope von regionaler Bedeutung zu schützen ( Art. 18b NHG ). d) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als begründet.
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Urteilskopf 111 Ib 308 56. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 17. Dezember 1985 i.S. B. gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 24 und 25 Fischereigesetz (FG), Art. 25 und 26 FPolV ; Eindolung eines Baches und Rodung der Uferbestockung; Bewilligungspflicht, Interessenabwägung. Soll an einem Fischgewässer eine Uferbestockung gerodet werden, die als Wald zu qualifizieren ist, so ist neben der Bewilligung nach Art. 24 FG eine solche nach Art. 25 und 26 FPolV erforderlich (E. 4). Die kantonale Behörde hat beim Entscheid über die fischereirechtliche Bewilligung eine umfassende Interessenabwägung, d.h. sowohl gestützt auf Art. 25 FG als auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 26 FPolV , vorzunehmen (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 308 BGE 111 Ib 308 S. 308 B. ist Eigentümer der landwirtschaftlichen Parzelle Nr. 1261 in Heiligenschwil, Niederglatt SG. Durch dieses Grundstück fliesst ein Bächlein mit Uferbestockung vom Gütersträsschen in nördlicher Richtung und mündet in den Heiligenschwilbach. Im Unterlauf BGE 111 Ib 308 S. 309 des Bächleins wurde in früheren Jahren eine Strecke von 30 oder 40 m eingedolt, d.h. in ein Rohr gefasst. Auch der Oberlauf des Bächleins beim Gütersträsschen war vor einiger Zeit eingedolt worden; in der Folge wurde er auf einer Länge von etwa 30 m mit Aushubmaterial zugedeckt. Im Verlaufe der Jahre 1982 oder 1983 dolte B. auch den mittleren, bisher offen geführten Abschnitt von 35 oder 40 m Länge ein. Dabei entfernte er die Bäume und Sträucher der Uferpartie und schüttete das Bachbett teilweise zu. Alle diese Veränderungen wurden ohne Bewilligung vorgenommen. Das Finanzdepartement des Kantons St. Gallen verfügte am 24. Februar 1984 gestützt auf die Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Fischerei vom 14. Dezember 1973 (FG), B. werde die nachträgliche Bewilligung für die Eindolung des Bachlaufs und für die Uferrodung verweigert, und es verpflichtete ihn zur Wiederherstellung des gesetzmässigen Zustandes. In teilweiser Gutheissung eines Rekurses entschied der Regierungsrat des Kantons St. Gallen am 5. März 1985, diejenigen Veränderungen, die B. vor Inkrafttreten des Fischereigesetzes, d.h. vor dem 1. Januar 1976, vorgenommen habe, seien nicht bewilligungspflichtig und könnten daher belassen werden; hingegen sei für die nach diesem Zeitpunkt erfolgten Eingriffe eine Bewilligung gemäss Art. 24 FG erforderlich. Er gelangte nach Vornahme einer Interessenabwägung unter dem Gesichtspunkt von Art. 25 Abs. 2 FG zum Schluss, die Interessen des Grundeigentümers erforderten die fragliche Bacheindolung und die Uferrodung nicht bzw. vermöchten gegenüber den öffentlichen Interessen am Bestehenlassen des natürlichen Zustandes nicht aufzukommen, weshalb weder eine Bewilligung für die Eindolung noch eine solche für die Uferrodung erteilt werden könne. B. hat gegen diesen Entscheid des Regierungsrates des Kantons St. Gallen Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Der Beschwerdeführer hat die Uferbestockung des Bächleins ohne Bewilligung entfernt. Die Vorinstanz sieht darin eine Verletzung von Art. 24 Abs. 1 und 2 lit. d FG . Anderseits geniesst Waldwuchs bereits den Schutz der Forstpolizeigesetzgebung des Bundes ( Art. 31 FPolG und Art. 24 ff. FPolV ). Über das gegenseitige Verhältnis dieser beiden Normgruppen ist den Materialien des jüngeren FG kein Hinweis zu entnehmen. Doch ergibt sich aus BGE 111 Ib 308 S. 310 Art. 21 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG) und aus der Botschaft des Bundesrates vom 12. November 1965 zu diesem Gesetz (BBl 1965 III S. 109), dass der Bundesgesetzgeber aus der Perspektive des Naturschutzes der Ufervegetation einen komplementären Schutz verschaffen wollte, der den durch das Forstrecht gewährleisteten Schutz ergänzen soll. Durch die Gesetzgebung über den Naturschutz soll also die Ufervegetation insoweit geschützt werden, als sie nicht bereits durch die Forstgesetzgebung geschützt ist. Das betrifft namentlich Schilf- und Binsenbestände, Einzelbäume und Sträucher. Handelt es sich aber um Wald im Sinne von Art. 1 FPolV , so kommt bei dessen Schutz primär die Forstgesetzgebung zur Anwendung. Soll an einem Fischgewässer eine Uferbestockung gerodet werden, die als Wald zu qualifizieren ist, so ist neben der Bewilligung nach Art. 24 FG eine solche nach Art. 25 und 26 FPolV erforderlich. Im zu beurteilenden Fall wurde eine geschlossene Eschenbestockung von 500 m2 Fläche und einer Breite von 12-15 m gerodet. Sowohl die Vorinstanz wie auch das EDI betrachten diese Bestockung nach der Definition von Art. 1 FPolV als Wald; Ufergehölze werden in Art. 1 Abs. 2 FPolV als Schutzobjekt ausdrücklich aufgeführt. Dieser Rechtsauffassung ist zuzustimmen (vgl. BGE 107 Ib 50 ff.). Der Beschwerdeführer bestreitet denn auch die Waldeigenschaft der eigenmächtig gerodeten Bestockung an sich nicht mehr; die gerodete Fläche blieb ungeachtet der rechtswidrigen Rodung Waldareal ( BGE 110 Ib 148 E. 4, BGE 104 Ib 232 ff.). Der Einwand des Beschwerdeführers, mangels eines eigentlichen Baches könne auch von einer Uferbestockung nicht die Rede sein, geht nach dem oben Gesagten fehl. Die Bestockung wäre zudem nach der Legaldefinition in Art. 1 Abs. 1 FPolV auch dann als Wald zu behandeln, wenn sie nicht als eigentliche Uferbestockung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 FPolV zu qualifizieren wäre. Der Beschwerdeführer hat sich denn auch bereit erklärt, die gerodete Fläche nach dem Entscheid über die Bacheindolung wieder aufzuforsten. 5. Der Beschwerdeführer ist ohne die erforderlichen Bewilligungen vorgegangen. Das allein wäre indessen nach der Rechtsprechung kein genügender Grund, um die Wiederherstellung des früheren Zustandes anzuordnen. BGE 111 Ib 308 S. 311 Die Vorinstanz hat daher zu Recht geprüft, ob das eigenmächtige Vorgehen auf Grund der materiellen Rechtslage nachträglich bewilligt werden könnte. Die Vorinstanz hat diese Frage nach Vornahme einer eingehenden Interessenabwägung verneint. Entgegen der Rüge des Beschwerdeführers hält diese Interessenabwägung, die mit Sorgfalt vorgenommen wurde und auch die Zustimmung der Fachbehörde des Bundes gefunden hat, der Überprüfung stand. Die öffentlichen Interessen an einer offenen Bachführung überwiegen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an der Eindolung. Die Interessenabwägung hätte freilich nicht nur gestützt auf Art. 25 FG , sondern auch unter dem Gesichtspunkt von Art. 26 FPolV vorgenommen werden sollen. Die Sistierung des forstrechtlichen Verfahrens bis zum Ausgang des fischereirechtlichen Verfahrens war fehl am Platz und verstiess gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, wonach Interessenabwägungen umfassend und durch die nämliche Behörde vorzunehmen sind ( BGE 104 Ia 181 ff.; Urteil vom 31. August 1984 i.S. der Gemeinden Wildhaus und Grabs, E. 2 am Ende). Am Ergebnis ändert dies freilich nichts, da der Regierungsrat die Schutzfunktion der Uferbestockung und deren landschaftsgestalterische Bedeutung bereits berücksichtigt hat. Der Einbezug einer umfassenden forstrechtlichen Würdigung, der im bundesgerichtlichen Verfahren nachgeholt worden ist, kann das Ergebnis der vorgenommenen Interessenabwägung nur verstärken ( BGE 108 Ib 178 ). Die Vorinstanz hat mit Grund festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer angestrebten Schutzmassnahmen gegen diffus abfliessendes Oberflächenwasser auch ohne Eindolung des streitigen Abschnittes erreicht werden können.
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Urteilskopf 82 II 388 54. Sentenza 5 luglio 1956 della II Corte civile nella causa Pio Felix Codiga e liteconsorti contro Lodovico Scaroni.
Regeste 1. Selbstkontrahieren eines Beauftragten ist bei Konflikt seiner Interessen mit denen des Auftraggebers nur zulässig, wenn dieser es ausdrücklich bewilligt oder nachher genehmigt hat (Erw. 4). 2. Ordentliche ( Art. 661 ZGB ) und ausserordentliche Ersitzung (Art. 662 Z GB). a) Nicht im "Grundbuch" aufgenommen ist ein Grundstück im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB dann, wenn es sich weder im eidgenössischen Grundbuch noch in einem mit Grundbuchwirkung ausgestatteten kantonalen provisorischen Register eingetragen findet. b) Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, und sind es auch diejenigen des Art. 662 Abs. 2 ZGB nicht, so kommt nur die zehnjährige Tabularersitzung nach Art. 661 ZGB in Frage (Erw. 5).
Sachverhalt ab Seite 389 BGE 82 II 388 S. 389 A.- Il 15 maggio 1911, Caterina Rossi nata Scaroni rilasciava, a Watsonville (California), una procura generale con cui incaricava suo fratello Lodovico Scaroni, a Gordola, di rappresentarla in tutti gli affari relativi ai suoi interessi o diritti nel Ticino. In virtù di questa procura, Lodovico Scaroni sottoscriveva per la sorella assente, nella primavera del 1919, l'atto di divisione dell'eredità lasciata dai genitori, Pietro e Caterina Scaroni-Borradori, e prendeva in consegna i beni a essa assegnati, consistenti in alcuni immobili, in un'azione al portatore di 100 fr. della S. A. Acqua Potabile Gordola nonchè in qualche mobile e capo di biancheria. Pochi mesi dopo, e precisamente il 30 agosto 1919, Lodovico Scaroni vendeva al nipote Camillo Scaroni - fondandosi sempre sulla procura rilasciatagli - tutti i beni immobili toccati a Caterina Rossi-Scaroni; nel contratto di vendita, egli dichiarava di avere ricevuto dal compratore il prezzo convenuto, di 1000 fr., e di averlo spedito in America. Lo stesso giorno, Camillo Scaroni rivendeva detti immobili, al medesimo prezzo di 1000 fr., allo zio Lodovico, dichiarando a sua volta nel nuovo contratto che il prezzo, già pagato dal compratore, era stato spedito in America. Trent'anni dopo e cioè nel 1950, Caterina Rossi - la quale non aveva in realtà ricevuto versamento alcuno a dipendenza delle due stipulazioni sopra indicate - faceva donazione di tutti i suoi beni in Svizzera al nipote Camillo Scaroni, che sin dal 1920 l'aveva raggiunta in America. Questi tornava allora nel Ticino e da qui comunicava alla zia che i beni immobili a lui donati erano passati, sin dal 1919, nella proprietà dello zio Lodovico Scaroni. Insorgeva Caterina Rossi contro l'azione del fratello e, poichè Camillo Scaroni asseriva di essere del tutto estraneo BGE 82 II 388 S. 390 a quei contratti, zia e nipote sporgevano denuncia penale per truffa e falsificazione di firma. Questa non aveva però seguito alcuno, già perchè l'azione penale era da tempo prescritta. Poco tempo dopo che era stata inoltrata la querela penale, Caterina Rossi moriva, lasciando quali eredi legittimi i figli avuti in prime nozze. Questi e Camillo Scaroni promuovevano causa civile, con petizione 15 agosto 1952, direttamente davanti alla Camera civile del Tribunale di appello. Essi chiedevano che Lodovico Scaroni fosse condannato a consegnare loro tutti i beni che erano stati assegnati a Caterina Rossi nella successione dei suoi genitori e a pagare inoltre ai tre figli di Caterina Rossi 5000 fr. a titolo di risarcimento per gli utili illecitamente ricavati dal godimento dei beni medesimi. Circa gli immobili, gli attori facevano valere, anche in sede civile, che il convenuto se li era appropriati mediante contraffazione della firma di Camillo Scaroni e che i contratti di cui si tratta erano comunque simulati giacchè la volontà delle parti non era di trasmettere la proprietà a Camillo Scaroni. Da parte sua, il convenuto contestava che i due negozi del 30 agosto 1919 fossero illeciti, pur ammettendo - come già nel corso dell'istruttoria penale - di non avere mai versato alla sorella, e dunque di ancora doverle, il prezzo stipulato, di 1000 fr. Per ciò che riguarda i beni mobili, egli sosteneva che il loro valore era praticamente nullo, eccezione fatta per l'azione della SA Acqua Potabile Gordola. In ogni modo, ai crediti degli attori era in diritto di opporre la compensazione con i suoi crediti propri, di importo ben maggiore. Del resto, le pretese della controparte erano prescritte mentre, per i beni immobili, egli poteva far valere il pacifico e incontestato possesso trentennale. B.- Con sentenza del 20 marzo 1956, il Tribunale di appello condannava il convenuto a consegnare agli attori l'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola ma respingeva la petizione per il rimanente, considerando in BGE 82 II 388 S. 391 sostanza quanto segue: La formale regolarità degli atti notarili 30 agosto 1919 dev'essere confermata, tanto più che gli attori non hanno nemmeno tentato di provare la contraffazione della firma di Camillo Scaroni. Occorre parimente escludere che i contratti fossero simulati e pertanto nulli. Le due stipulazioni di cui si tratta sono invece annullabili, perchè rappresentano un tipico esempio di "contratto di un rappresentante con se stesso". Cionondimeno, gli immobili compresi in quei contratti non possono più essere assegnati agli attori per il motivo che il convenuto ne è divenuto proprietario a norma dell'art. 662 CCS. Poichè Lodovico Scaroni non può invocare la buona fede, diversa è la questione per ciò che riguarda l'acquisto della proprietà dei beni mobili. Tuttavia, solo la consegna dell'azione di 100 fr. della SA Acqua Potabile Gordola può essere ordinata, in quanto circa gli altri beni mobili mancano indicazioni capaci di permetterne un'identificazione anche solo approssimativa. Infine, la domanda d'indennità per illecito godimento dei beni in discussione non può essere accolta per il motivo che la realtà di un apprezzabile reddito, non dimostrata dagli attori, è in ogni modo assai dubbia. C.- Gli attori hanno interposto in tempo utile un ricorso per riforma al Tribunale federale, chiedendo in via principale che la petizione sia integralmente ammessa e, subordinatamente, che la causa sia rinviata al giudice cantonale per nuovo giudizio a norma dei considerandi, con spese e ripetibili di ambedue le sedi a carico del convenuto. In sede federale, essi hanno rinunciato all'argomento della contraffazione di firma, ma persistono ad affermare che i contratti del 30 agosto 1919 debbano essere dichiarati nulli per simulazione e non soltanto annullabili in quanto "illecita stipulazione di contratto ad opera di una sola persona". L'acquisto della proprietà sui beni immobili da parte del convenuto deve comunque essere negato quand'anche si vogliano applicare le norme sulla prescrizione acquisitiva. Dato che i beni immobili in discussione sono BGE 82 II 388 S. 392 intavolati in un registro fondiario, sia pure provvisorio, non è infatti applicabile l'art. 662 cp. 1 CCS, bensì l'art. 661 CCS relativo alla prescrizione ordinaria decennale. Ora, il convenuto non ha potuto, giusta questo disposto, acquistare la proprietà perchè faceva difetto la sua buona fede. Il convenuto ha concluso per la reiezione del gravame degli attori e ha chiesto, in via adesiva, che la petizione sia dichiarata temeraria nel valore indicato e respinta integralmente. Egli allega tra l'altro che la causa era dapprima stata promossa quale petizione di eredità giusta gli art. 598 sgg . CCS e che solo nelle conclusioni di causa fu trasformata in azione di rivendicazione della proprietà. Ora, l'autorità cantonale avrebbe, accettando tale mutamento sostanziale dell'azione, violato la procedura civile cantonale non meno che il diritto federale. Erwägungen Considerando in diritto: 1, 2, 3. - ..... 4. Nel merito, occorre avantutto esaminare se, contrariamente a quanto ammesso dall'autorità cantonale, il convenuto potesse essere in buona fede all'atto della conclusione dei due contratti 30 agosto 1919. In questo caso, egli sarebbe infatti divenuto proprietario degli immobili litigiosi già in virtù del suo possesso decennale (art. 661 CCS). Dalla sentenza impugnata risulta che il convenuto concluse i due contratti in questione unicamente per procurarsi, con l'intervento formale di una terza persona, la proprietà dei beni ereditati dalla sorella Caterma. Poichè riguardano le circostanze materiali della compravendita (contratti simultanei di cessione e d'acquisto della proprietà in nome proprio, mancato pagamento del prezzo di 1000 fr.) nonchè le intenzioni del convenuto (utilizzazione della procura per vendere a se stesso), questi accertamenti dell'autorità cantonale rientrano nel campo dei fatti e sono dunque vincolanti per il Tribunale federale. Essi dovrebbero però essere ritenuti inoppugnabili anche in BGE 82 II 388 S. 393 caso di riesame, giacchè il comportamento del convenuto può essere spiegato soltanto con la sua preoccupazione di evitare formalmente, mediante la vendita preliminare al nipote Camillo, una stipulazione che materialmente rimane pur sempre un contratto di rappresentante con se stesso. Ora, secondo la giurisprudenza costante del Tribunale federale, il mandatario può validamente concludere un contratto con se medesimo in nome del mandante soltanto quando non vi sia conflitto tra gli interessi del mandante e quelli del mandatario e sia dunque escluso il pericolo di un avvantaggiamento del primo ai danni del secondo. Per questo motivo, sarà per esempio sempre inammissibile, senza l'autorizzazione esplicita del mandante, la vendita da parte del mandatario a se stesso di beni che non hanno un prezzo di mercato o di borsa, che non erano destinati alla vendita, ecc. (cfr. a questo riguardo RU 39 II 568). Certo, una vendita stipulata in queste circostanze non è senz'altro nulla e di nessun effetto, come l'autorità cantonale giustamente ha ritenuto. Affinchè il contratto spieghi i suoi effetti, occorrerà però in ogni modo che il mandante lo ratifichi, analogamente a quanto l'art. 38 CO prevede per il contratto concluso da un rappresentante non autorizzato (RU 63 II 175). Tenuto conto di questa giurisprudenza, l'inammissibilità dei due contratti 30 agosto 1919 appare evidente. Infatti, devesi escludere che la mandante li abbia autorizzati o anche solo ratificati successivamente, quando il convenuto medesimo ha dovuto ammettere che non le ha mai spedito il prezzo convenuto e che non l'ha mai nemmeno informata della situazione creatasi con la conclusione dei contratti medesimi. Vero è che la procura del 1911 conferiva al convenuto poteri apparentemente illimitati ("facoltà di compiere in generale, nel nostro nome o in altro modo, ogni e qualsiasi atto, qualunque ne sia lo scopo o l'effetto"). Tuttavia, è chiaro che una procura non può in nessun caso avere una portata tanto generale BGE 82 II 388 S. 394 da annullare il suo contenuto essenziale e necessario, la tutela cioè degli interessi del mandante. Ma se così stanno le cose, giustamente l'autorità cantonale ha negato l'acquisto della proprietà degli immobili litigiosi in forza dei contratti 30 agosto 1919. Poichè le circostanze in cui furono conclusi non permettono di ammettere nel convenuto neppure una buona fede soggettiva, è però parimente escluso che egli abbia potuto acquistare la proprietà in virtù della prescrizione decennale giusta l'art. 661 CCS. La situazione non sarebbe diversa per il convenuto, a questo riguardo, neppure qualora si volesse ritenere provata la mala fede di Camillo Scaroni, quale controparte contrattuale. Infatti, determinanti rimangono, per l'applicazione dell'art. 661 CCS, i rapporti tra il convenuto e la sorella, non già quelli tra il convenuto e Camillo Scaroni. 5. Se il convenuto fu indebitamente iscritto nel registro fondiario provvisorio di Gordola e non potè in ogni modo acquistare la proprietà in virtù dell'art. 661 CCS perchè faceva difetto la buona fede, l'autorità cantonale è non di meno del parere che l'acquisto della proprietà sarebbe avvenuto a norma dell'art. 662 CCS concernente la prescrizione acquisitiva straordinaria, con o senza buona fede, di fondi "non intavolati nel registro fondiario". Essa rileva in particolare che all'applicazione di questo disposto non si oppone nella fattispecie l'iscrizione del convenuto nel registro fondiario provvisorio, avvenuta il 23 settembre 1919, e cita a questo riguardo il parere di JENNY (Schweizerische Juristenzeitung, vol. 39, pag. 190/191), secondo cui "il possessore dei beni presenta in tale situazione un elemento positivo superiore ai requisiti dell'art. 662 CC, cosicchè non si giustificherebbe di trattarlo peggio del pretendente che ha soltanto il possesso di fatto". Sennonchè, già il contesto dell'art. 662 CCS si oppone all'interpretazione che l'autorità cantonale ha voluto dargli. Infatti, la semplice costatazione che il convenuto BGE 82 II 388 S. 395 "possiede da trent'anni, senza interruzione, pacificamente e come proprietario un fondo" non può avere per risultato che il diritto di proprietà invocato debba senz'altro essere tutelato e l'azione di rivendicazione degli attori respinta. Giusta il capoverso terzo dell'art. 662 CCS, deve in precedenza avvenire la pubblicazione di una grida ufficiale. Solo se non vi fu opposizione o se questa fu respinta, il giudice ordinerà "l'iscrizione" nel registro. Ora, è chiaro che nella fattispecie una pubblicazione di questa natura sarebbe priva di senso, il convenuto già essendo iscritto in un registro, sia pure provvisorio. Privo di senso sarebbe però anche il promovimento di una procedura di opposizione se la persona iscritta in un registro provvisorio potesse in ogni caso invocare la prescrizione acquisitiva straordinaria. Infatti, gli elementi essenziali di questa (possesso ininterrotto e pacifico come proprietario durante trent'anni), che il richiedente non iscritto deve avantutto rendere verosimili e sui quali verte successivamente, se è il caso, la procedura di opposizione, sarebbero già incontrovertibili quando il richiedente è iscritto (cfr. HAAB, nota 22 ad art. 662 CCS; PFISTER, Die Ersitzung nach schweizerischem Recht, pag. 58/59). Comunque, nessun dubbio può sussistere, circa l'inapplicabilità dell'art. 662 CCS se il fondo è intavolato in un registro cantonale, ove si tenga presente il senso che il termine generale "registro fondiario" ha nella sistematica del CCS. Per "iscrizione nel registro fondiario" s'intende di regola quella nel registro fondiario federale o in un registro cantonale che ne fa provvisoriamente le veci. Tale è per esempio senza dubbio il caso quando l'art. 656 cp. 2 CCS dispone che "per l'acquisto della proprietà fondiaria occorre l'iscrizione nel registro fondiario", dato che l'acquisto della proprietà sarebbe altrimenti impossibile nelle regioni prive del registro fondiario federale. Aggiungasi che una precisazione circa la natura del registro fondiario contemplato nemmeno era necessaria, in quanto i Cantoni furono autorizzati, con gli art. 46 e 48 Tit. fin. CCS, a designare BGE 82 II 388 S. 396 i registri cantonali che dovevano provvisoriamente avere effetti analoghi a quelli del registro fondiario federale. Ora, secondo la dottrina e la giurisprudenza questi effetti si estendono in particolare anche alle condizioni che devono essere adempiute per l'acquisto della proprietà mediante la prescrizione ordinaria (cfr. HAAB, nota 8 ad art. 661 CCS) e, a più forte ragione, mediante la prescrizione straordinaria (RU 56 II 182). Vero è che secondo JENNY, citato dal Tribunale di appello, l'art. 662 CCS non potrebbe essere interpretato nel senso che la prescrizione acquisitiva trentennale sarebbe esclusa nel caso di un richiedente in male fede già iscritto. A suo modo di vedere, il fatto di essere iscritto costituirebbe infatti un plus rispetto al richiedente non iscritto. Questa tesi si rivela però inconciliabile con il testo chiaro della legge. In particolare, essa non tiene conto della circostanza che il CCS ha voluto sancire la prescrizione acquisitiva straordinaria soltanto per i casi estremamente rari in cui il registro fondiario non fornisce indicazione alcuna o il precedente proprietario è da tempo morto o scomparso (art. 662 cp. 1 e 2). Se queste condizioni non sono attuate, la prescrizione acquisitiva è invero facilitata giacchè la durata del possesso è ridotta a dieci anni; essa presuppone però sempre la buona fede (cfr. HUBER, Erläuterungen zum Vorentwurf eines schweizerischen ZGB, pag. 82/83). 6, 7. - ..... Dispositiv Il Tribunale federale pronuncia: In quanto ricevibile, il ricorso degli attori Pio Felix Codiga, Dalos Catrine Codiga e Geltrude Hemington è accolto e a questi attori è assegnata la proprietà sui beni immobili trasferiti nel marzo 1919 a Caterina Scaroni mediante divisione ereditaria (iscrizione n. 363 del 17 marzo 1919 del registro fondiario di Locarno). L'ufficiale del registro è autorizzato a procedere all'iscrizione nel registro fondiario di Locarno.
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Urteilskopf 98 Ia 144 21. Urteil vom 29. März 1972 i.S. Dr. X. u. Kons. gegen Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich.
Regeste Art. 4 und 31 BV ; Disziplinarrecht des Anwaltes. Auslegung von § 10 des zürcherischen Anwaltsgesetzes, der eine Beteiligung des Anwaltes am Prozesserfolg verbietet. Wann liegt in der Einschaltung eines Dritten (hier: einer AG) zwischen Klient und Anwalt eine Verletzung dieses Verbotes?
Sachverhalt ab Seite 144 BGE 98 Ia 144 S. 144 A. - Im Februar 1971 gründete Rechtsanwalt Dr. X. die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen (Fusag) mit dem Zweck, im Auftrag von Aktionären der Ursina-Franck AG gegen die geplante Fusion dieser Gesellschaft mit der Nestlé Alimentana AG zu opponieren. Im März 1971 wurden die Aktionäre der Ursina-Franck AG durch Inserate in der Presse aufgefordert, BGE 98 Ia 144 S. 145 die Fusag mit der Wahrung ihrer Interessen zu beauftragen. Mit einem im Inserat enthaltenen Coupon konnten die Interessenten unter Angabe ihres Aktienbesitzes bei der Fusag einen entsprechenden Vertragsentwurf verlangen. B. - Die Fusag, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X., unterbreitete den sich interessierenden Ursina-Franck-Aktionären einen Vertrag, durch welchen diese die Fusag mit der Wahrung ihrer Interessen im Zusammenhang mit der Fusion der Ursina-Franck AG mit der Nestlé Alimentana AG beauftragten. Danach hatte die Fusag durch Vertretung bei den entscheidenden Generalversammlungen vor allem einen besseren Übernahmepreis für die Ursina-Franck-Aktien zu erzielen und hiezu nötigenfalls die Generalversammlungsbeschlüsse gemäss Art. 706 OR gerichtlich anzufechten. Ziff. 3 und 4 des Vertragstextes lauten: "3. Im Falle einer Anfechtungsklage nach Art. 706 OR übernimmt die Beauftragte das gesamte Prozessrisiko allein. Sie klagt ausschliesslich in eigenem Namen, gestützt auf eigenen Aktienbesitz, und zwar mit dem Antrag auf Ungültigerklärung des betreffenden Generalversammlungsbeschlusses. Im Vergleichsfalle verpflichtet sich die Beauftragte, das Ergebnis des Vergleiches allen Auftraggebern gleichmässig zukommen zu lassen, nach Massgabe der in diesem Vertrag aufgeführten Aktien und ohne Unterschied zwischen Inhaber- und Namenaktien. 4. Die Beauftragte berechnet lediglich im Erfolgsfalle eine Entschädigung von 20% des nach Abzug der Spesen den Auftraggebern zukommenden Mehrerlöses. Bei Widerruf dieses Auftrages vor der Klageeinleitung schuldet der Auftraggeber der Beauftragten eine pauschale Entschädigung von Fr. 50.- pro Aktie, nach der Klageeinleitung von Fr. 200.-- pro Aktie." Aus den Akten (S. 2 des angefochtenen Entscheides der Aufsichtskommission) lässt sich entnehmen, dass Ziff. 4 des Vertrages offenbar noch in einer etwas erweiterten Fassung existiert: Die grundsätzliche Regelung der Entschädigungspflicht ist gleich; hingegen wird eine Sicherstellung der Ansprüche der Fusag durch Einzahlung von Fr. 50.- pro Aktie oder Hinterlegung der Aktien bei einer Bank verlangt. Einziges Mitglied des Verwaltungsrates und einziges Organ der Fusag war zunächst Rechtsanwalt Dr. X. Rechtsanwalt Dr. Y. trat als bevollmächtigter Anwalt der Fusag auf; für ein in Bern eingeleitetes Gerichtsverfahren substituierte er einen Anwalt aus Bern. BGE 98 Ia 144 S. 146 C. - Auf Anzeige des Appellationshofes des Kantons Bern leitete die Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte im Kanton Zürich gegen Dr. X. und Dr. Y. ein Disziplinarverfahren wegen Verletzung von § 10 des zürcherischen Anwaltsgesetzes vom 3. Juli 1938 (AG) ein. In einem Entscheid vom 3. November 1971 erkannte die Aufsichtskommission, dass die Mitwirkung bei der Gründung der Fusag und das Einschalten dieser Aktiengesellschaft zwischen Ursina-Franck-Aktionäre als Auftraggeber und bevollmächtigte Anwälte als Beauftragte der Fusag nicht gegen das Anwaltsgesetz verstosse, weil nach den gesamten Umständen die Opposition gegen den geplanten Zusammenschluss eine solche Organisation erfordere und für die Anonymität einzelner Opponenten ein legitimes Interesse bestehe. Hingegen hätten die beiden Rechtsanwälte gegen § 10 Abs. 1 AG verstossen, weil sie in Kenntnis der zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern getroffenen Vereinbarung über eine Erfolgsbeteiligung für diese Gesellschaft tätig geworden seien. Auch wenn die Rechtsanwälte, wie behauptet, von der Fusag laufend gemäss Anwaltstarif bezahlt würden, so stehe doch fest, dass die Fusag dieses Honorar letzten Endes aus dem mit ihren Auftraggebern vereinbarten Anteil am Prozessgewinn begleichen werde. Die Anwälte seien daher indirekt Nutzniesser der mit den Auftraggebern der Fusag vereinbarten Erfolgsbeteiligung, und auch eine derart mittelbare Beteiligung am Prozessgewinn müsse als Verstoss gegen § 10 Abs. 1 AG angesehen werden. Die Aufsichtskommission beschloss, Dr. X. und Dr. Y. mit einer Ordnungsbusse von je Fr. 200.-- zu bestrafen. D. - Gegen diesen Beschluss reichten die beiden betroffenen Rechtsanwälte sowie die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen unter Berufung auf Art. 31 und 4 BV staatsrechtliche Beschwerde ein mit dem Hauptantrag, der angefochtene Entscheid sei vorbehaltlos aufzuheben. Zur Begründung wird vor allem geltend gemacht, die beschuldigten Anwälte hätten kein pactum de quota litis abgeschlossen, sondern seien von der Fusag gemäss Tarif zu bezahlen. Die beanstandete Abmachung über ein Erfolgshonorar bestehe zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern, nicht aber zwischen der Fusag und ihren Anwälten. Dass das Honorar der Anwälte eventuell aus dem Prozessgewinn der Fusag bezahlt werden könnte, verstosse nicht gegen das Anwaltsrecht; die Bezahlung des regulären Anwaltshonorars BGE 98 Ia 144 S. 147 aus dem Prozessgewinn komme häufig vor und sei nicht verboten. E. - In ihren Gegenbemerkungen zur staatsrechtlichen Beschwerde bringt die Aufsichtskommission vor, die beiden Beschuldigten hätten die Fusag selbst gegründet "- möglicherweise auf Anregung einzelner Ursina-Franck-Aktionäre -", wobei die Rollen so verteilt worden seien, dass Dr. X. als Gründer auftrat und einziger Verwaltungsrat wurde, während Dr. Y. das Mandat übernahm. Durch die Schaffung der Fusag sei ihnen eine Kundenwerbung möglich gewesen (Aufrufe in Zeitungsinseraten), welche dem Anwalt persönlich nicht erlaubt sei. Dass es sich bei der Fusag um das Werk der beiden Beschuldigten handle, zeige auch die weitere Entwicklung: E. M. sei am 4. August 1971 anstelle von Dr. X. einziger Verwaltungsrat geworden und L.M., der mit Dr. Y. befreundet sei und ihm für solche Dienste zur Verfügung stehe, habe Einzelprokura erhalten. Wegen dieses engen Verhältnisses der beiden Anwälte zur Fusag sei die von dieser Gesellschaft mit den Auftraggebern vereinbarte Erfolgsbeteiligung als Umgehung des für einen Anwalt geltenden Verbotes und daher als Verletzung von § 10 Abs. 1 AG anzusehen. F. - Namens der Beschwerdeführer verlangte Dr. Y. die Anordnung eines weiteren Schriftenwechsels. Diesem Begehren wurde nicht entsprochen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Dass die beiden Rechtsanwälte Dr. X. und Dr. Y. zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert sind, steht ausser Zweifel. Hingegen ist die AG für Rechtsschutz in Fusionssachen durch den angefochtenen Entscheid nicht betroffen, da die disziplinarische Bestrafung eines Rechtsanwaltes wegen Verstosses gegen das Anwaltsrecht die Rechtsstellung seines Klienten grundsätzlich nicht berührt. Auf die Beschwerde der Fusag ist daher nicht einzutreten. Doch ist dies ohne Belang, da jedenfalls auf die Beschwerden der beiden Anwälte einzutreten ist und ihre Rügen sich mit denjenigen der Fusag decken. 2. Gemäss § 10 Abs. 1 AG ist es dem Rechtsanwalt untersagt, "mit seinem Auftraggeber die Abrede zu treffen, dass er im Falle des Obsiegens in irgendwelcher Form am Prozessgewinn BGE 98 Ia 144 S. 148 teilhabe oder einen ungünstigen Ausgang des Prozesses auf sich nehme". a) In der Beschwerdebegründung wird nicht behauptet, dieses im Anwaltsrecht der Schweiz allgemein übliche Verbot eines Erfolgshonorars (pactum de quota litis) verstosse gegen Art. 31 BV . Offenbar wollen die Beschwerdeführer lediglich geltend machen, die Annahme eines unzulässigen pactum de quota litis im vorliegenden Fall sei willkürlich und verletze die Handels- und Gewerbefreiheit. b) Die Abrede, welche die Fusag mit Ursina-Franck-Aktionären über die Entschädigung traf (Ziff. 4 des Vertrages), ist an sich eine Vereinbarung, welche gemäss § 10 Abs. 1 AG dem Rechtsanwalt untersagt ist. Denn sie sieht vor, dass der Auftraggeber bei einem ungünstigen Ausgang des Prozesses dessen Kosten nicht zu tragen hat, während im Falle des Erfolges die Beauftragte (Fusag) eine Entschädigung von 20% des nach Abzug der Spesen verbleibenden "Mehrerlöses" beanspruchen kann. In welcher Weise als Ergebnis der Bemühungen der Fusag ein Gewinn erzielt werden könnte, braucht hier nicht im einzelnen untersucht zu werden. Auf jeden Fall zeigen der Aufruf an die Ursina-Franck-Aktionäre in Zeitungsinseraten und der Vertragstext, dass man den Auftraggebern durch die Intervention in der Fusionsfrage bestimmte finanzielle Vorteile zu verschaffen hoffte, die Auftraggeber aber vom Kostenrisiko des Vorgehens befreite und lediglich zur Überlassung von 20% des Mehrerlöses verpflichtete. Dass eine solche Vereinbarung gemäss § 10 AG zwischen Anwalt und Klient unzulässig ist, bedarf keiner weitern Begründung. c) Die eben erläuterte Vereinbarung über ein Erfolgshonorar wurde indessen nicht zwischen Dr. X. und Dr. Y. einerseits und Ursina-Franck-Aktionären oder der Fusag anderseits getroffen, sondern es handelt sich hier um eine Abmachung aus dem Vertrag, welchen die Fusag mit den einzelnen Interessenten (Ursina-Franck-Aktionären) schloss. Irgendeinem Privaten, der nicht Anwalt ist, wird durch § 10 AG nicht verwehrt, für die Verfechtung bestimmter Interessen eine Gemeinschaft von Betroffenen zu bilden, den Rechtsstreit jedoch in eigenem Namen und auf eigenes Risiko zu führen und sich von den übrigen Interessenten lediglich für den Erfolgsfall einen Gewinnanteil versprechen zu lassen. Wenn die Initianten, Gründer und Träger der Fusag irgendwelche von den BGE 98 Ia 144 S. 149 beteiligten Anwälten völlig unabhängige Dritte wären, dann läge keine Verletzung von § 10 AG vor, und zwar selbst dann nicht, wenn die bevollmächtigten Anwälte Kenntnis von der zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern getroffenen Vereinbarung hätten, aber selber ohne Rücksicht auf den Erfolg nach Tarif entschädigt würden. Es ist dem Anwalt, entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid, nicht verboten, zu normalen Bedingungen für einen Klienten zu arbeiten, der ihn im Erfolgsfall aus dem Prozessgewinn zu bezahlen gedenkt. Verboten ist lediglich die Abhängigkeit der Honorarberechnung vom Prozesserfolg; hingegen kann sich § 10 AG nicht auf die häufige wirtschaftliche Tatsache beziehen, dass der Klient im Falle des Obsiegens die Anwaltsrechnung aus dem Prozessgewinn begleicht. d) Im vorliegenden Fall ist den Rechtsanwälten Dr. X. und Dr. Y. die Verabredung eines Erfolgshonorars zwischen der Fusag und ihren Auftraggebern zur Last zu legen, sofern sie selber die Fusag gründeten, um Ursina-Franck-Aktionäre als Kunden werben und indirekt ein Erfolgshonorar vereinbaren zu können. Wenn die Beschwerdeführer die Initianten und eigentlichen Träger der Fusag sind, wie in den Gegenbemerkungen zur staatsrechtlichen Beschwerde behauptet wird, dann würde dies bedeuten, dass Gewinne bzw. Verluste der Fusag sich unmittelbar auf sie und ihre allfälligen Anwaltshonorarforderungen auswirkten. Je nach den konkreten Verhältnissen und Abmachungen könnte es sein, dass bei einem Misserfolg der Bemühungen die Bezahlung der Anwaltsrechnungen aus nicht aus dem Vermögen der beiden Anwälte selber stammenden Mitteln gar nicht möglich wäre; die Übernahme des Prozessrisikos durch die Fusag wäre dann im Ergebnis einer nach § 10 AG verbotenen Übernahme des Prozessrisikos durch die beiden Anwälte gleichzusetzen. Ebenso käme bei dieser Annahme ein allfälliges Erfolgshonorar den Anwälten zugute; denn sie wären ja - offen oder durch Strohmänner getarnt - die wirtschaftlichen Träger der Fusag; was der Fusag zuflösse, flösse damit ihnen zu; ob es schliesslich als Anwaltshonorar, Dividende, Tantième oder Liquidationsergebnis ausgeschüttet würde, ist ohne Belang. Aber auch wenn von Dritten zur Verfügung gestellte Mittel der Fusag vorhanden wären, welche im Falle eines Misserfolges die Bezahlung der Anwaltsrechnungen erlauben würden, läge ein Verstoss gegen § 10 AG vor, wenn die beiden Beschwerdeführer an einem BGE 98 Ia 144 S. 150 Gewinn der Fusag direkt oder indirekt beteiligt wären; denn § 10 AG verbietet selbstverständlich auch, dass der Anwalt zwar seine Bemühungen nach Tarif verrechnet, aber darüber hinaus am Erfolgshonorar eines Dritten (hier der Fusag) partizipiert. 3. Ob zwischen den beschuldigten Anwälten und der Fusag derart enge rechtliche oder tatsächliche Bindungen bestehen, dass die Honorarvereinbarungen der Fusag entsprechenden Vereinbarungen der Anwälte gleichzusetzen sind, lässt sich dem angefochtenen Entscheid nicht entnehmen. Die Feststellung, die Fusag wolle die Anwälte letzten Endes aus ihrem Anteil am Prozessgewinn bezahlen, weshalb die Anwälte indirekt Nutzniesser der Erfolgsbeteiligung seien, genügt nach dem Gesagten nicht, um eine Verletzung von § 10 AG anzunehmen; denn damit besteht noch keine Abhängigkeit der Honorarberechnung vom Erfolg. In ihren Gegenbemerkungen scheint dies die Aufsichtskommission anzuerkennen; sie begründet die Disziplinarstrafe nunmehr mit der im ursprünglichen Entscheid nicht enthaltenen Behauptung, die Fusag sei von den Beschuldigten zur Umgehung des Anwaltsgesetzes geschaffen worden und diese seien die eigentlichen Träger der Gesellschaft. Auf diese neue Begründung, die mit Hinweisen auf das Vorgehen von Dr. Y. in anderen Fällen gestützt wird, ist hier nicht einzutreten, weshalb auch ein zweiter Schriftenwechsel über diese Argumentation überflüssig war. Es ist Sache der Aufsichtskommission, genau abzuklären, ob die im konkreten Fall gegebene Beteiligung der Anwälte an der Fusag gegen das Anwaltsrecht verstösst. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Auf die Beschwerde der AG für Rechtsschutz in Fusionssachen wird nicht eingetreten. 2.- Die Beschwerden der Rechtsanwälte Dr. X. und Dr. Y. werden im Sinne der Erwägungen gutgeheissen und der angefochtene Entscheid der Aufsichtskommission vom 3. November 1971 wird aufgehoben.
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Urteilskopf 106 Ib 341 52. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour de droit public du 3 juillet 1980 dans la cause M. c. Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal vaudois (recours de droit public)
Regeste Europäisches Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen, Art. 3. Sicherungs-Beschlagnahme. 1. Solange kein Bundesgesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen besteht, obliegt es den Kantonen, ausländische Rechtshilfeersuchen auszuführen und die Modalitäten und das Ausmass der Rechtshilfe zu bestimmen. Sie tun dies unter - allenfalls analoger - Anwendung ihrer strafprozessualen Vorschriften und unter Beachtung der bundesrechtlichen Anforderungen (E. 2). 2. Die kantonalen Behörden verstossen nicht gegen Bundesrecht, wenn sie eine Sicherungsbeschlagnahme anordnen, obwohl eine solche vom Europäischen Übereinkommen nicht verlangt wird (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 342 BGE 106 Ib 341 S. 342 Le ressortissant français X. fait l'objet d'une enquête ouverte en France à la suite d'une plainte pénale pour escroquerie. Selon la plaignante, une partie du produit des escroqueries aurait été placée en Suisse. A la suite de commissions rogatoires décernées par un juge d'instruction français, le juge d'instruction du canton de Vaud a ordonné, en 1976, le séquestre de tous les avoirs déposés par X. auprès de deux banques de Lausanne. Le 13 mars 1978, X. a demandé la mainlevée des séquestres, saisies et mesures coercitives prises contre lui. Sa requête ayant été rejetée, X. a recouru auprès du Tribunal d'accusation du Tribunal cantonal vaudois, qui a déclaré le recours irrecevable; mais cette décision a été annulée par le Tribunal fédéral, saisi d'un recours de droit public. Statuant à nouveau le 6 mars 1980, le Tribunal d'accusation est entré en matière sur le recours mais l'a rejeté. Par un nouveau recours de droit public, X. demande l'annulation de l'arrêt du Tribunal d'accusation et la mainlevée des séquestres. Il allègue la violation des art. 4 Cst. , 3, 5 et 14 de la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale (CEEJ). Le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Relevant du droit des gens, l'entraide judiciaire internationale en matière pénale rentre dans les attributions législatives de la Confédération ( art. 8, 10 et 102 ch. 8 Cst. ; HAUSER, Das Bankgeheimnis im internationalen Rechtshilfeverkehr in Strafsachen, RPS 1971 p. 150). Celle-ci laisse cependant aux cantons, tant qu'une loi fédérale en la matière n'est pas adoptée (un projet est actuellement en délibération devant les Chambres; cf. FF 1976 II 430 ss.), le soin d'exécuter les demandes d'entraide judiciaire provenant des Etats étrangers. a) En ce qui concerne la procédure à suivre, les cantons BGE 106 Ib 341 S. 343 peuvent, en l'absence de dispositions spécifiques sur ce point, appliquer par analogie les dispositions de leur code de procédure pénale ( ATF 105 Ib 211 ). En l'espèce, le Tribunal d'accusation a implicitement admis qu'en application du droit vaudois, il pouvait réexaminer librement, dans une procédure tendant à la mainlevée du séquestre, si les conditions auxquelles est subordonné l'octroi du séquestre étaient réalisées. Ce point n'étant pas contesté par le recourant, il n'y a pas lieu de rechercher si l'autorité peut revoir en tout temps sa première décision ou si elle ne peut le faire qu'en présence de faits nouveaux. Le Tribunal fédéral doit donc aussi rechercher, dans les limites tracées par le recours, si les conditions originaires à l'octroi de l'entraide judiciaire sont remplies. b) En ce qui concerne le droit matériel, il faut relever que, tant que la Confédération n'avait pas conclu de traités relatifs à l'entraide judiciaire pénale au sens strict, elle transmettait aux cantons les demandes qui lui étaient adressées et s'en remettait à eux quant aux mesures de contrainte admissibles. Le fait que l'Etat requérant ne pouvait pas invoquer de traité - ou ne pouvait invoquer qu'un traité réglant seulement certains points particuliers de l'entraide judiciaire (par exemple la transmission d'objets, dans les traités d'extradition) - ne mettait pas obstacle à l'octroi de l'entraide judiciaire. Actuellement, la Confédération est liée par la Convention européenne (RS 0.351.1), par les accords complémentaires avec la République fédérale d'Allemagne (RS 0.351.913.61) et avec l'Autriche (RS 0.351.916.32), ainsi que par la convention conclue avec les USA (RS 0.351.933.6). Lors de l'adhésion à la Convention européenne, le Conseil fédéral a émis un certain nombre de réserves quant aux conditions auxquelles l'entraide judiciaire en matière pénale peut être accordée. Ces réserves sont l'expression de principes du droit fédéral - repris aussi dans le projet de loi sur l'entraide judiciaire pénale - qui valent à fortiori pour les demandes d'entraide adressées hors convention ( ATF 103 Ia 209 , ATF 99 Ia 87 ; cf. HAUSER, RPS 1971 p. 152). Dans la mesure toutefois où les traités ne règlent pas exhaustivement l'entraide judiciaire, ainsi que dans les relations avec les pays qui ne sont pas liés à la Suisse par un traité, la Confédération laisse encore aux cantons, tant qu'une loi fédérale n'est BGE 106 Ib 341 S. 344 pas adoptée, le soin de déterminer les modalités et l'étendue de l'entraide, dans le respect des exigences du droit fédéral (JAAC 27/1957 No 3, 40/1976 No 88; ATF 98 Ia 231 consid. 4a; MARKEES, RPS 1973 p. 239; HAUSER, RPS 1967 p. 227 et 1971 p. 151). Les cantons doivent donc respecter les principes généraux auxquels la Suisse subordonne l'octroi de l'entraide judiciaire, même s'il s'agit de mesures de contrainte qui ne seraient pas prévues par la Convention européenne. 3. Le recourant prétend qu'un séquestre conservatoire, non prévu par la Convention européenne, ne peut pas être ordonné. On peut en effet se demander si, dans les "actes d'instruction" à exécuter sur le territoire de l'Etat requis ( art. 3 CEEJ ), sont compris aussi les séquestres conservatoires, destinés à empêcher que le délinquant ne profite du produit de son infraction. a) Dans le premier arrêt concernant le recourant ( ATF 105 Ib 216 ss.), le Tribunal fédéral a évoqué cette question, sans la trancher - comme il l'avait déjà évoquée et laissée indécise dans l'arrêt Credito Svizzero ( ATF 99 Ia 91 ); il a toutefois relevé que, selon l'avis exprimé par ROGER DUSSAIX dans une publication du Comité européen pour les problèmes criminels intitulée "Problèmes relatifs à l'application pratique de la Convention européenne d'entraide judiciaire en matière pénale" (Conseil de l'Europe, Strasbourg 1971, p. 35 ss., 43), l' art. 3 CEEJ ne devait être invoqué que pour les besoins de l'instruction et non pour garantir les prétentions civiles d'un lésé, si ce n'est à la rigueur à titre temporaire, le temps de permettre au lésé d'entreprendre lui-même les démarches nécessaires à la protection de ses intérêts. Tenant pour insuffisante la protection des lésés assurée par la Convention européenne, la Suisse a conclu avec la République fédérale d'Allemagne (le 13 novembre 1969) et avec l'Autriche (le 13 juin 1972) des accords complémentaires prévoyant notamment la possibilité d'obtenir le séquestre, par l'Etat requis, du produit d'une infraction et son transfert à l'Etat requérant (art. 2 al. 3 de chacun des accords). Ainsi, pour la Suisse et ses deux partenaires, cette possibilité est donnée par les accords complémentaires et non par la Convention européenne, mais elle n'est pas exclue par celle-ci (cf. à ce sujet FF 1970 II 241 ss., 247 et 248; FF 1973 II 967 ss., 973). En tout cas, on ne saurait déduire de la conclusion de ces BGE 106 Ib 341 S. 345 accords que l' art. 3 CEEJ (lequel vise également les saisies, selon le Rapport explicatif du Conseil de l'Europe, p. 14) exclut la possibilité pour un Etat signataire d'obtenir également - au moins à titre provisoire - un séquestre conservatoire dans l'Etat requis. La question peut cependant rester indécise dans la présente espèce aussi, comme on va le voir ci-dessous. b) En effet, la Convention européenne ne présente pas un caractère exhaustif, en ce sens que les Etats membres s'engageraient non seulement à accorder l'entraide judiciaire aux conditions conventionnelles, mais aussi à ne pas l'accorder d'une manière plus étendue en vertu de leur droit autonome ou de conventions particulières entre Etats. Au contraire, les parties contractantes se sont engagées à s'accorder "l'aide judiciaire la plus large possible" ( art. 1er al. 1 CEEJ ); il est vrai que cet engagement est limité aux mesures prévues par la convention ("selon les dispositions de la présente convention"), mais il n'en exprime pas moins le but, recherché par les signataires, de faciliter autant que possible l'entraide internationale. Par ailleurs, il résulte de l' art. 26 CEEJ que les parties contractantes peuvent conclure des accords spéciaux "pour compléter" la convention ou en faciliter l'application. On a vu que la Suisse a conclu de tels accords avec deux pays voisins, précisément pour compléter la Convention européenne en ce qui concerne le séquestre et la remise à l'Etat requérant du produit d'une infraction. Il faut en inférer que la Convention européenne - à supposer qu'elle ne la prévoie pas - n'exclut en tout cas pas une telle mesure. Ces considérations valent évidemment aussi dans les relations entre la France et la Suisse. Si le Traité d'extradition du 9 juillet 1869 prévoit une remise d'objets dans le cas particulier de l'extradition (art. 5), il n'en résulte pas que, ce faisant, la France et la Suisse aient voulu s'interdire des actes d'entraide sous forme de séquestre conservatoire dans d'autres hypothèses. Déjà avant la ratification de la Convention européenne, les deux pays se prêtaient une large assistance en matière pénale; or leur adhésion à cette convention ne pouvait avoir pour sens qu'ils entendaient, pour l'avenir, exclure toute assistance en dehors des cas expressément prévus par la Convention européenne d'entraide judiciaire et le Traité d'extradition. c) Tant que la loi sur l'entraide judiciaire en matière pénale n'est pas adoptée, il n'existe par ailleurs pas de norme de droit fédéral interdisant en soi un séquestre conservatoire portant sur le produit présumé BGE 106 Ib 341 S. 346 d'une infraction, à titre de mesure d'entraide judiciaire internationale. Il sied au contraire de relever que le projet de loi sur l'entraide judiciaire prévoit expressément à l' art. 71 la remise d'objets dans le cadre d'une telle assistance (FF 1976 II 497); la nécessité s'en était fait sentir en une matière qui n'était pas réglementée ou ne l'était que de manière rudimentaire (MARKEES, RPS 1973 p. 241 ss.). La Confédération transmettant les demandes d'entraide judiciaire aux cantons, ceux-ci décident dès lors à ce sujet en application de leur propre droit, à défaut de règles conventionnelles ou de principes de droit fédéral (consid. 3). d) Ainsi, le canton de Vaud pouvait, en application de son propre droit, accéder à la demande d'entraide dans une mesure plus large que ne l'exigeait la Convention européenne. Sur le vu de la rédaction de l'arrêt attaqué, il faut admettre que le Tribunal d'accusation a voulu appliquer le droit vaudois ( art. 223 CPP ) pour justifier le séquestre conservatoire, dans la mesure où celui-ci n'était pas imposé par la Convention européenne. Le recourant n'a mis en cause l'application du droit cantonal qu'en vertu du principe de la force dérogatoire du droit fédéral, en raison des traités liant la Suisse à la France. Or ce moyen n'est pas fondé. Pour le surplus, l'application du droit cantonal n'est pas attaquée en tant que telle. Le Tribunal fédéral ne peut donc examiner d'office la constitutionnalité de la loi cantonale et de son application.
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Urteilskopf 140 V 538 68. Auszug aus dem Urteil der I. sozialrechtlichen Abteilung i.S. IV-Stelle des Kantons St. Gallen gegen A. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 8C_274/2013 vom 14. November 2014
Regeste Art. 21 Abs. 2 IVG ; Art. 14 IVV ; Ziff. 9.01 und 9.02 HVI-Anhang; Anspruch auf eine elektrische Schiebe- und Bremshilfe. Der Umstand, dass eine gehunfähige Person einen Rollstuhl mit elektrischer Schiebe- und Bremshilfe nicht selbständig bedienen kann, schliesst die Abgabe des Hilfsmittels aus (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 3-6).
Sachverhalt ab Seite 538 BGE 140 V 538 S. 538 A. Die 1992 geborene A. leidet seit Geburt an einer dyskinetischen Cerebralparese bei einem Status nach neonataler Asphyxie (GgV Anhang Ziff. 390) und ist in diesem Zusammenhang bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug angemeldet. Am 10. Mai 2011 beantragte sie von dieser die Übernahme der Kosten einer Schiebe- und Bremshilfe für ihren Handrollstuhl. Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens wies die IV-Stelle des Kantons St. Gallen (nachfolgend: IV-Stelle) das Leistungsbegehren mit Verfügung vom 17. Oktober 2011 ab, da die Versicherte den beantragten Hilfsantrieb nicht selbstständig bedienen könne. BGE 140 V 538 S. 539 B. Die von A. hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 28. März 2013 in dem Sinne teilweise gut, als es den Anspruch im Grundsatz bejahte und die Sache zur weiteren Abklärung des Bedarfs und zu anschliessender Neuverfügung an die IV-Stelle zurückwies. C. Mit Beschwerde beantragt die IV-Stelle, es sei unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides ihre Verfügung vom 17. Oktober 2011 zu bestätigen. Die Vorinstanz und A. schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf einen formellen Antrag, weist aber darauf hin, dass gemäss geltender Rechtsprechung die Versicherte keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer Schiebe- und Bremshilfe für ihren Handrollstuhl hat. Gleichzeitig bezeichnet das BSV indessen diese Praxis als problematisch; das Bundesamt erwägt deshalb, sein Kreisschreiben so anzupassen, dass in Fällen wie dem vorliegenden eine Schiebe- und Bremsvorrichtung zu einem Handrollstuhl abgegeben werden kann. D. Die I. und die II. sozialrechtliche Abteilung des Bundesgerichts führten ein Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 BGG durch. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Es steht fest und ist unbestritten, dass die Versicherte seit Geburt an einer dyskinetischen Cerebralparese bei einem Status nach neonataler Asphyxie (Verordnung vom 9. Dezember 1985 über Geburtsgebrechen [GgV; SR 831.232.21], GgV Anhang Ziff. 390) leidet. Streitig und zu prüfen ist demgegenüber, ob sie einen Anspruch auf einen Elektro-Hilfsantrieb für ihren Handrollstuhl haben kann, obwohl sie auch mit diesem zusätzlichen Gerät nicht wird selbstständig unterwegs sein können. 4. 4.1 Gemäss Art. 21 Abs. 1 Satz 1 IVG haben versicherte Personen im Rahmen einer vom Bundesrat aufzustellenden Liste Anspruch auf jene Hilfsmittel, welche sie für die Ausübung der Erwerbstätigkeit oder der Tätigkeit im Aufgabenbereich, zur Erhaltung oder Verbesserung der Erwerbsfähigkeit, für die Schulung, die Aus- und Weiterbildung oder zum Zwecke der funktionellen Angewöhnung benötigen. Versicherte, die infolge ihrer Invalidität für die BGE 140 V 538 S. 540 Fortbewegung, für die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge kostspielige Geräte brauchen, haben im Rahmen der vom Bundesrat aufzustellenden Liste ohne Rücksicht auf die Erwerbsfähigkeit Anspruch auf solche Hilfsmittel ( Art. 21 Abs. 2 IVG ). In Art. 14 IVV (SR 831.201) hat der Bundesrat dem Eidg. Departement des Innern die Aufgabe übertragen, die Liste der in Art. 21 IVG vorgesehenen Hilfsmittel zu erstellen. Gemäss Art. 2 der Verordnung vom 29. November 1976 über die Abgabe von Hilfsmitteln durch die Invalidenversicherung (HVI; SR 831.232.51) besteht im Rahmen der im Anhang angeführten Liste Anspruch auf Hilfsmittel, soweit diese für die Fortbewegung, die Herstellung des Kontaktes mit der Umwelt oder für die Selbstsorge notwendig sind (Abs. 1). Die im HVI-Anhang enthaltene Liste ist insofern abschliessend, als sie die in Frage kommenden Hilfsmittelkategorien aufzählt ( Art. 21 IVG ; vgl. Art. 2 Abs. 1 HVI ; BGE 131 V 9 E. 3.4.2 S. 14 f.). Mit den Hilfsmitteln für Versicherte, die infolge ihrer Invalidität für die Fortbewegung kostspieliger Geräte bedürfen, befasst sich Ziff. 9 HVI-Anhang (Rollstühle), wobei unterschieden wird zwischen Rollstühlen ohne motorischen Antrieb (Ziff. 9.01) und Elektrorollstühlen (Ziff. 9.02). 4.2 Gemäss Ziff. 9.02 HVI-Anhang besteht ein Anspruch auf Elektrorollstühle nur "für Versicherte, die einen gewöhnlichen Rollstuhl nicht bedienen und sich nur dank elektromotorischem Antrieb selbstständig fortbewegen können" (frz.: "pour les assurés qui ne peuvent utiliser un fauteuil roulant usuel et ne peuvent se déplacer seuls qu'au moyen d'un fauteuil roulant mû électriquement"; ital.: "per gli assicurati che non possono utilizzare una carrozzella usuale e sono in grado di spostarsi soltanto mediante l'impiego di una carrozzella azionata elettricamente"). 4.3 Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der Delegationsnorm eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen ( BGE 131 V 263 E. 5.1 S. 266). Auch ist den Grundrechten und verfassungsmässigen Grundsätzen Rechnung zu tragen und zwar in dem Sinne, dass - sofern durch den Wortlaut (und die weiteren massgeblichen normunmittelbaren Auslegungselemente) nicht klar ausgeschlossen - der Verordnungsbestimmung jener Rechtssinn beizumessen ist, welcher im Rahmen des Gesetzes mit der Verfassung (am besten) übereinstimmt (verfassungskonforme oder BGE 140 V 538 S. 541 verfassungsbezogene Interpretation; BGE 137 V 373 E. 5.2 S. 376; BGE 135 I 161 E. 2.3 S. 163). 4.4 Weichen die verschiedenen Sprachversionen einer Gesetzes- oder Verordnungsbestimmung voneinander ab, so ist jener Fassung der Vorzug zu geben, welche den gesetzgeberischen Willen am besten zum Ausdruck bringt (vgl. etwa SVR 2011 BVG Nr. 30 S. 114, 9C_793/2010 E. 4 sowie das Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 618/04 vom 20. September 2006 E. 4.3). 4.5 Die Änderung einer Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht ( BGE 138 III 359 E. 6.1 S. 361; BGE 137 V 282 E. 4.2 S. 291; BGE 134 V 72 E. 3.3 S. 76). 5. 5.1 Die deutschsprachige Version von Ziff. 9.02 HVI-Anhang beschränkt den Anspruch auf einen Elektrorollstuhl auf jene versicherten Personen, welche sich nur dank elektromotorischem Antrieb selbstständig fortbewegen können. Es stellt sich daher die Frage, welche Bedeutung hiebei dem Wort "selbstständig" zukommt. 5.2 Unproblematisch erscheint diese Formulierung insoweit, als damit alle jene versicherten Personen von einem Anspruch auf einen Elektrorollstuhl ausgeschlossen werden, welche sich bereits mittels eines Handrollstuhls selbstständig fortbewegen können. Selbst wenn auch für diese Personen im Einzelfall ein Elektrorollstuhl nützlich wäre, so lässt sich die Beschränkung mit Blick auf den Grundsatz, wonach die Hilfsmittel zu Lasten der Invalidenversicherung einfach, zweckmässig und wirtschaftlich sein müssen (vgl. Art. 4 Abs. 2 HVI ) ohne weiteres rechtfertigen. Insoweit stellt die deutschsprachige Version mit Verwendung des Begriffes "selbstständig" lediglich eine Verdeutlichung dessen dar, was auch in der französisch- und italienischsprachigen Fassung mitgemeint ist. 5.3 Rechtsprechungsgemäss schliesst Ziff. 9.02 HVI-Anhang einen Anspruch auf einen Elektrorollstuhl auch für jene schwerstbehinderten versicherten Personen aus, welche trotz der Abgabe eines solchen Gerätes weiter nicht in der Lage sind, sich selbstständig BGE 140 V 538 S. 542 fortzubewegen (vgl. SVR 2011 IV Nr. 62 S. 186, 9C_940/2010 E. 4.1 mit Hinweis auf BGE 135 I 161 E. 4.1 S. 164; BGE 121 V 258 E. 3b/bb S. 261 und ZAK 1988 S. 180, I 181/87 E. 2a). Die Vereinigten Abteilungen des Bundesgerichts (I. und II. sozialrechtliche Abteilung) lehnten es mit Beschluss vom 13. Oktober 2014 im Verfahren nach Art. 23 Abs. 1 BGG ab, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen. Dieser Beschluss ist gemäss Art. 23 Abs. 3 BGG für die Antrag stellende Abteilung bei der Beurteilung des Streitfalles verbindlich. 6. Das kantonale Gericht hat erwogen, ein Handrollstuhl werde durch die Abgabe einer elektrischen Schiebe- und Bremshilfe nicht zu einem Elektrorollstuhl. Vielmehr sei eine solche notwendig, damit der Handrollstuhl bedient werden könne. Die Schiebe- und Bremshilfe sei daher als Zubehör zum Handrollstuhl anzusehen, weshalb gestützt auf Ziff. 9.01 HVI-Anhang in Verbindung mit Art. 2 Abs. 3 HVI ein Anspruch bestehen könne, auch wenn die Versicherte das beantragte Gerät nicht selbstständig bedienen könne. Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden: Die Motorisierung eines Rollstuhls "ohne motorischen Antrieb" führt offensichtlich dazu, dass dieser nicht länger als "ohne motorischen Antrieb" betrachtet werden kann. Folgerichtig ging die Rechtsprechung stets davon aus, dass für die Abgabe eines Zuggerätes die Voraussetzungen für eine Abgabe eines Elektrorollstuhles (Ziff. 9.02 HVI-Anhang) erfüllt sein müssen (vgl. SVR 2011 IV Nr. 62 S. 186, 9C_940/2010 E. 3; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I 712/04 vom 13. Oktober 2005 E. 3; ZAK 1988 S. 180, I 181/87 E. 2b). Auch das von der Versicherten beantragte Gerät kann daher nicht als blosses Zubehör im Sinne von Art. 2 Abs. 3 HVI zu einem Rollstuhl ohne motorischen Antrieb betrachtet werden. Da die Beschwerdegegnerin unbestrittenermassen auch mit dem beantragten Gerät nicht in der Lage wäre, sich selbstständig fortzubewegen und somit die Voraussetzungen für die Abgabe eines Elektrorollstuhles nicht erfüllt (vgl. E. 5 hievor), hat die IV-Stelle das Leistungsgesuch zu Recht abgewiesen. Ihre Beschwerde ist demnach gutzuheissen, der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die leistungsablehnende Verfügung zu bestätigen.
null
nan
de
2,014
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CH
Federation
1b1c1eff-4608-4cdf-a7d6-2eaa18cf703f
Urteilskopf 116 Ib 131 17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 28. März 1990 i.S. Werner Oertig gegen Alfred Grossmann, Gemeinde Wangen-Brüttisellen und Verwaltungsgericht (I. Kammer) des Kantons Zürich (staatsrechtliche und Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 16, 22, 24 RPG ; Zonenkonformität einer Gärtnerei; Entscheidungsbereich der Ausnahmebewilligung für Bauten ausserhalb der Bauzone. 1. a) Gärtnereibetriebe in der Landwirtschaftszone sind zonenkonform, wenn sie bei gesamthafter Betrachtung überwiegend bodenabhängig produzieren (E. 3b; Bestätigung der Rechtsprechung). b) Zur Ermittlung der Bodenabhängigkeit genügt es nicht, eine blosse Prozentrechnung anzustellen, die zwischen bodenabhängig und bodenunabhängig bewirtschafteten Flächen unterscheidet. Es ist vielmehr zu prüfen, ob für den Betrieb der gewachsene Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist, d.h. ob er bei einer gesamthaften Betrachtung seines langfristigen Bewirtschaftungskonzepts und der zu dessen Realisierung eingesetzten Mittel grundsätzlich als Freilandgärtnerei bezeichnet werden kann (E. 3d; Präzisierung der Rechtsprechung). 2. Bauten, die wegen ihres Ausmasses und ihrer Auswirkungen auf die Nutzungsordnung nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden können, dürfen nicht nach Art. 24 RPG bewilligt werden (E. 4; Bestätigung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 132 BGE 116 Ib 131 S. 132 Werner Oertig ist Eigentümer des 27'790 m2 umfassenden Grundstückes Kat. Nr. 2512 an der Altwiesenstrasse in der Gemeinde Wangen-Brüttisellen. Anschliessend an dieses Grundstück und nur durch einen Flurweg von ihm getrennt gehört Werner Oertig eine weitere Fläche von 5461 m2, die er als Realersatz aus einer Gewässerkorrektion erhalten hat. Beide Grundstücke liegen in der kantonalen Landwirtschaftszone gemäss den §§ 36 ff. des Planungs- und Baugesetzes vom 7. September 1975/20. Mai 1984 (PBG). In einer Entfernung von ungefähr 200 m von diesen beiden Grundstücken besitzt Oertig schliesslich noch eine weitere Parzelle von ungefähr 2 ha Fläche. Werner Oertig betreibt eine Grossgärtnerei, welche insbesondere auf die Herstellung von Schnittblumen spezialisiert ist. Ein Teil der Gärtnerei befindet sich auf den beiden erstgenannten Parzellen. Der andere Betriebsteil liegt in der Luftlinie ungefähr 5 km und fahrwegmässig ca. 10 km weit entfernt im Oberhauser Ried. Dort muss Oertig in absehbarer Zukunft wegen planerischer und baulicher Veränderungen den Betrieb einstellen; die ganze Gärtnerei soll dann in Wangen-Brüttisellen angesiedelt werden. BGE 116 Ib 131 S. 133 Am 25. November 1982 stimmte das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich letztinstanzlich einer Baubewilligung für fünf Einheiten eines Gewächshauses auf der Parzelle Kat. Nr. 2512 zu. Am 30. Januar 1984 erteilte der Gemeinderat Wangen-Brüttisellen Werner Oertig die Baubewilligung für zwei weitere Gewächshauseinheiten. Das Bundesgericht verweigerte ihm hingegen mit Urteil vom 27. Mai 1987 die Erstellung eines Wohnhauses unmittelbar neben seinem Betrieb. Am 23. März 1987 bewilligte der Gemeinderat Wangen-Brüttisellen unter verschiedenen Bedingungen und Auflagen eine neue Erweiterung der Gewächshausanlage um drei Einheiten; gesamthaft würde die Gewächshausanlage damit aus zehn Einheiten bestehen. Gemäss präzisierter Ziffer 4 der Baubewilligung dürfen nach dem bewilligten Bauprojekt keine weiteren Treibhäuser mehr gebaut werden, in welchen Pflanzenkulturen unter Glas gezogen werden können. Dem Gärtnereibetrieb ist eine Fläche von 70% als Freilandkultur dauernd zur Verfügung zu halten; von dieser Verpflichtung sind nur kurzfristig aufgestellte mobile Folientunnels zur Vermeidung von Frostschäden ausgenommen. Alfred Grossmann, Eigentümer des an die Parzelle Kat. Nr. 2512 angrenzenden Grundstücks Kat. Nr. 3756, welches ebenfalls der Landwirtschaftszone zugeteilt ist, auf dem jedoch schon seit Jahrzehnten ein Einfamilienhaus steht, erhob am 16. April 1987 gegen die Baubewilligung des Gemeinderates Wangen-Brüttisellen Rekurs an die kantonale Baurekurskommission III. Mit Entscheid vom 27. April 1988 hiess die Baurekurskommission den Rekurs gut und hob die Baubewilligung auf. Werner Oertig führte gegen diesen Entscheid Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Dieses wies seine Beschwerde mit Entscheid vom 1. November 1988 ab. Werner Oertig erhob gegen diesen Entscheid sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht tritt auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht ein und weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde im Sinne der Erwägungen ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Beschwerdeführer macht geltend, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, die zehn Gewächshauseinheiten würden rund 26,5% der nutzbaren Fläche bedecken. BGE 116 Ib 131 S. 134 Diese Zahl sei viel kleiner. Das Verwaltungsgericht habe somit den Sachverhalt offensichtlich unrichtig und unvollständig festgestellt ( Art. 104 lit. b, Art. 105 Abs. 2 OG ). Die Feststellung des Verwaltungsgerichts, wonach die Gewächshäuser einen Anteil von 26,5% an der Gesamtbetriebsfläche ausmachen, ist offensichtlich unrichtig. Aus den Akten ergibt sich eine Betriebsfläche des Hauptgrundstückes von total 27'790 m2. Von dieser Fläche sind das Regenwasserbecken (680 m2) sowie der Lager- und Parkplatz (ca. 1200 m2) abzuziehen. Es ergibt sich somit eine totale Anbaufläche des Hauptgrundstückes von 25'910 m2. Ein Gewächshauselement hat eine Fläche von 544 m2, zehn Einheiten ergeben demnach 5440 m2. Damit überdecken die Gewächshäuser lediglich ungefähr 21% des Hauptgrundstückes. Im übrigen kann man sich fragen, ob in allen Gewächshauseinheiten wirklich bodenunabhängig produziert wird. Dieser Frage muss indessen nicht weiter nachgegangen werden, weil sie für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens unerheblich ist. 3. Gemäss Art. 22 Abs. 1 RPG dürfen Bauten und Anlagen nur mit behördlicher Bewilligung errichtet oder geändert werden. Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG setzt für eine Baubewilligung voraus, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck der Nutzungszone entsprechen. Das Verwaltungsgericht hat die Zonenkonformität der vom Gemeinderat bewilligten Gewächshauserweiterung in der Landwirtschaftszone verneint. Ausgehend vom richtiggestellten Sachverhalt ist daher im folgenden zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht zu Recht von der mangelnden Zonenkonformität des Bauvorhabens ausgehen durfte. a) Art. 16 RPG umschreibt Zweck und Inhalt der Landwirtschaftszonen: Landwirtschaftszonen umfassen Land, das sich für die landwirtschaftliche Nutzung oder den Gartenbau eignet oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich genutzt werden soll (Abs. 1 lit. a und b). Landwirtschaftliche Bauten entsprechen diesem Zweck dann, wenn für die Nutzung, der sie dienen, der Boden als Produktionsfaktor unentbehrlich ist; wo landwirtschaftliche Erzeugnisse bodenunabhängig gewonnen werden, liegt keine landwirtschaftliche Nutzung im Sinne von Art. 16 RPG vor. Art. 16 RPG erwähnt ausdrücklich auch den Gartenbau ( BGE 112 Ib 273 E. 3). Das ist indessen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht so zu verstehen, dass dem Gartenbau neben der landwirtschaftlichen Nutzung eine selbständige, privilegierte Bedeutung zukäme ( BGE 112 Ib 372 E. 3). Seine ausdrückliche BGE 116 Ib 131 S. 135 Aufnahme durch den Gesetzgeber in Art. 16 Abs. 1 lit. a RPG war vielmehr notwendig, weil Gartenbau nicht generell zur Landwirtschaft gehört ( BGE 113 Ib 138 nicht publizierte E. 4b). Gartenbau passt bloss dann in die Landwirtschaftszone, wenn er in Arbeitsweise und Landbedarf mit der landwirtschaftlichen Nutzung vergleichbar ist und zur Bewirtschaftung freien Landes eine hinreichend enge Beziehung besteht. b) Kann demnach nur bodenabhängig produzierender Gartenbau in einer Landwirtschaftszone als zonenkonform bezeichnet werden, so fragt sich, nach welchen Kriterien über die Bodenabhängigkeit eines Gartenbaubetriebs und einer zu einem solchen gehörigen Baute zu entscheiden ist. In diesem Zusammenhang hat das Bundesgericht ausdrücklich die Auffassung von LEO SCHÜRMANN (Bau- und Planungsrecht, 2. Aufl., Bern 1984, S. 169 f.) als zu eng abgelehnt, wonach Gewächs- und Treibhäuser nur als "saisonausdehnende" Hilfsmittel zuzulassen seien, nicht aber für die Fortführung des Betriebs auch in den Wintermonaten ( BGE 112 Ib 274 E. 3, 276 E. 4). Nach bisheriger Auffassung des Bundesgerichts ist vielmehr massgeblich, ob bei einer gesamthaften Betrachtung von einer überwiegend bodenabhängigen Produktion gesprochen werden kann ( BGE 112 Ib 274 E. 3). An dieser Rechtsprechung ist grundsätzlich festzuhalten. c) In BGE 112 Ib 270 hat das Bundesgericht das Erfordernis einer gesamthaften Betrachtung zur Bestimmung der Bodenabhängigkeit eines Gartenbaubetriebs freilich in der Weise verstanden, dass es vorrangig auf das Verhältnis der Freiland- und der unter Glas bodenabhängig bewirtschafteten Flächen gegenüber den unter Glas bodenunabhängig bewirtschafteten Flächen abgestellt hat. Bei einem Anteil von 28,5% bodenunabhängig unter Glas bewirtschafteter Fläche an der gesamten Anbaufläche hat das Gericht festgestellt, es liege ein Grenzfall eines Betriebs vor, der bei gesamthafter Betrachtung noch als bodenabhängig betrachtet werden könne ( BGE 112 Ib 276 E. 4). Der vorliegend zu beurteilende Fall zeigt, dass eine solche Reduktion der gesamthaften Betrachtung auf eine Prozentrechnung zwischen bodenabhängig und bodenunabhängig bewirtschafteten Flächen nicht zu befriedigen vermag. aa) Die in BGE 112 Ib 270 dargelegte Lösung erscheint schon insofern als problematisch, als innerhalb der Gewächshäuser zwischen bodenabhängig und bodenunabhängig bewirtschafteten BGE 116 Ib 131 S. 136 Gewächshäusern unterschieden wird. Ein Gewächshaus, in dem zunächst direkt auf dem natürlich gewachsenen Boden Pflanzen gezogen werden, kann ohne grösseren Aufwand derart verändert werden, dass der Anbau nur noch auf Tischen, in bodenunabhängigen Setzkästen oder ähnlichen Behältern erfolgt. Das Abstellen auf die Unterscheidung zwischen bodenabhängig und bodenunabhängig bewirtschafteten Gewächshäusern lässt somit für die Bewilligungsbehörden ein nur schwer lösbares Kontrollproblem entstehen, das die praktische Tauglichkeit des Prozentkriteriums als zweifelhaft erscheinen lässt. bb) Selbst wenn man zur Bestimmung der Bodenabhängigkeit eines Gartenbaubetriebs auf das Verhältnis aller unter Glas bewirtschafteten Flächen zu den Freilandflächen abstellen würde, bliebe doch ein weiterer entscheidender Nachteil des Prozentkriteriums bestehen: Das Prozentkriterium ist - wie gerade der vorliegende Fall zeigt - durch Landzukäufe weithin beeinflussbar; eine solche Beeinflussung ist um so eher zu erwarten, als Inhaber von Gartenbaubetrieben vielfach bereit sind, höhere Landpreise als Landwirte zu bezahlen und damit eine teilweise wirtschaftliche Verdrängung der Landwirtschaft durch Gartenbaubetriebe zu befürchten ist. Je grösser die dem Betreiber eines Gartenbaubetriebs gehörige Landfläche, desto grösser kann auch die Unterglasfläche sein, ohne dass die Bodenabhängigkeit des Betriebs durch neue Bauvorhaben in Frage gestellt wird. Die weitgehende Beeinflussbarkeit des Prozentkriteriums durch die Betroffenen impliziert weitere, rechtspolitisch unerwünschte Folgen. Einerseits wird der Landwirtschaft unnötig wertvolles Kulturland entzogen, handelt es sich doch bei den zugekauften Flächen infolge der Lage der Gartenbaubetriebe nicht selten um Land mit Fruchtfolgeflächenqualität. Und andererseits ist zu befürchten, dass das vom Gartenbaubetrieb hauptsächlich im Hinblick auf die Möglichkeit der Erweiterung der Unterglasflächen erworbene Land vielfach nur einer extensiven Nutzung zugeführt wird. cc) Die dargelegten Nachteile des Prozentkriteriums lassen sich nicht durch eine Senkung der Prozentzahl an mit Gewächshäusern überstelltem Land beheben, oberhalb welcher die Bodenabhängigkeit eines Gartenbaubetriebs verneint wird. Der Ansatz des Verwaltungsgerichts, welches bei einer Unterglasfläche von mehr als 10% der gesamten Betriebsfläche die Bodenabhängigkeit verneinen will, ist daher abzulehnen. Auf das Prozentkriterium ist vielmehr vollständig zu verzichten, und es ist durch eine gesamthafte, BGE 116 Ib 131 S. 137 mehr an qualitativen denn an quantitativen Faktoren anknüpfende Betrachtungsweise zu ersetzen. d) Bei der gesamthaften Betrachtung eines Gartenbaubetriebs ist danach zu prüfen, ob für den Betrieb der gewachsene Boden als erzeugender Produktionsfaktor unentbehrlich ist (EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Bern 1981, N. 9 zu Art. 16 S. 215). Betriebsbauten darf nur eine Hilfsfunktion bei der unter natürlichen Bedingungen erfolgenden Kultivierung des Bodens zukommen. Die Bauten können dabei eine direkte Hilfsfunktion im Hinblick auf die gartenbauliche Bewirtschaftung des natürlichen Bodens erfüllen: So etwa bei Treib- und Gewächshäusern zum Schutz der Pflanzen vor schlechter Witterung oder Bauten zur Akklimatisation vor der Versetzung ins Freiland. Die Hilfsfunktion der Bauten kann freilich nicht auf dieses enge Verständnis beschränkt bleiben. Darüber hinaus kann ein überwiegend bodenabhängiger Gartenbaubetrieb vielmehr auch über Bauten verfügen, denen eine sonstige betriebliche Hilfsfunktion zukommt. Zu denken ist dabei etwa an Einstellräume für Bewirtschaftungsgeräte, Lagerräumlichkeiten für landwirtschaftliche Hilfsstoffe usw. Unabhängig davon, ob sämtlichen Betriebsräumen eine solchermassen umschriebene Hilfsfunktion zukommt, ist indessen letztlich entscheidend, ob der Betrieb bei einer gesamthaften Betrachtung seines langfristigen Bewirtschaftungskonzepts und der zu dessen Realisierung eingesetzten Mittel grundsätzlich als Freilandbetrieb bezeichnet werden kann (vgl. BGE 112 Ib 273 E. 3, BGE 113 Ib 138 nicht publizierte E. 4b, je mit Hinweisen). Nur dann kann von überwiegend bodenabhängigem, in der Landwirtschaftszone zonenkonformem Gartenbau gesprochen werden. e) Kann ein Betrieb in dieser Weise als bodenabhängig bezeichnet werden, so ist bei der Beurteilung von Neubauvorhaben zu prüfen, ob diese sich als notwendige Ergänzung in das verfolgte Bewirtschaftungskonzept einfügen lassen oder ob durch die neue Baute der Charakter des Unternehmens als bodenabhängiger Gartenbaubetrieb verändert wird. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann die Zonenkonformität des Bauvorhabens in der Landwirtschaftszone bejaht werden. f) Beim zu beurteilenden Betrieb fällt zunächst auf, dass zwar nach dem projektierten Treibhausausbau höchstens 21% der Produktionsfläche gänzlich bodenunabhängig genutzt werden sollen. Allein aufgrund dieser Prozentzahl kann indessen wie dargelegt ein Gartenbaubetrieb nicht als bodenabhängig qualifiziert werden. BGE 116 Ib 131 S. 138 Zur Beurteilung, ob es sich um einen bodenabhängigen Betrieb handelt, ist der Betrieb vielmehr einer gesamthaften Betrachtung zu unterziehen. Dabei fällt auf, dass der Betrieb als Schnittblumenbetrieb einen beträchtlichen Teil der Pflanzen in den Gewächshäusern zwar direkt im gewachsenen Boden zieht, die Pflanzen indessen zum einen bis zur Schnittreife im Gewächshaus verbleiben; von einer dem Freilandanbau dienenden Funktion der Gewächshäuser kann somit nicht gesprochen werden. Zum andern wachsen die Blumen in den Gewächshäusern, wie bereits in dem den gleichen Betrieb betreffenden BGE 113 Ib 138 ausführlich dargelegt wurde, weithin unter künstlichen Bedingungen ( BGE 113 Ib 140 E. 4c). Von einem bodenabhängigen Bewirtschaftungskonzept kann somit nicht gesprochen werden. An diesem Ergebnis ändert auch ein Einbezug der Freilandflächen in die Betrachtung nichts. Zwar nimmt die als Freiland bewirtschaftete Fläche bei weitem den grösseren Teil der gesamten Betriebsfläche ein; dieses Verhältnis hat sich nach dem Zuwachs von 5461 m2 als Realersatz aus einer Gewässerkorrektion nochmals weiter zu Gunsten der Freilandfläche verschoben. Indessen lässt sich keineswegs sagen, dass auch nur ein Teil der Unterglasflächen der Bewirtschaftung des Freilandes dient und damit gesamthaft betrachtet das Bewirtschaftungskonzept einer Freilandgärtnerei vorherrsche. Soweit der Freilandcharakter des Betriebs zu bejahen ist, beschränkt sich dieser vielmehr auf die als Freiland bewirtschafteten Flächen. Der unter Glas bewirtschaftete Betriebsteil ist als selbständiger, neben der Freilandbewirtschaftung stehender Betriebsteil zu qualifizieren; von einer dienenden oder gar im Rahmen des Konzepts einer Freilandgärtnerei notwendigen (Ergänzungs)funktion dieses Betriebsteils gegenüber der Freilandbewirtschaftung kann nicht die Rede sein. Unabhängig davon, ob der unter Glas bewirtschaftete Betriebsteil für sich allein wirtschaftlich überlebensfähig wäre, ist daher bei gesamthafter Betrachtung vom Vorliegen eines überwiegend bodenunabhängigen Betriebs auszugehen. g) Wie dargelegt ist der Betrieb des Beschwerdeführers ein überwiegend bodenunabhängig produzierender Gartenbaubetrieb. Als solcher ist er in der Landwirtschaftszone nicht zonenkonform. Dementsprechend kann auch der geplante Ausbau der Gewächshäuser nicht als zonenkonformes Bauvorhaben bezeichnet werden. Eine Bewilligung des Bauvorhabens auf dem Wege des Bewilligungsverfahrens nach Art. 22 RPG fällt damit BGE 116 Ib 131 S. 139 ausser Betracht und die Beschwerde erweist sich insoweit als unbegründet. 4. a) Wie das Bundesgericht bereits in verschiedenen Entscheiden festgehalten hat, haben Ausnahmebewilligungen gemäss Art. 24 RPG den planerischen Stufenbau zu beachten. Ihr Entscheidungsbereich reicht zwar weiter als derjenige der Baubewilligung nach Art. 22 RPG , weil sie für Vorhaben erteilt werden, welche nicht dem Zweck der Nutzungszone ausserhalb der Bauzone entsprechen. Für Bauten und Anlagen, die ihrer Natur nach nur in einem Planungsverfahren angemessen erfasst werden können, dürfen aber keine Ausnahmebewilligungen erteilt werden ( BGE 114 Ib 315 E. 3a mit Hinweisen). b) Das vorliegend zu beurteilende Bauvorhaben bildet Teil eines Gewächshauskomplexes, der nach der beabsichtigten Erweiterung eine Fläche von 5440 m2 einnehmen wird. Ein derart ausgedehnter Gebäudekomplex bringt ein ganz erhebliches Regelungsbedürfnis mit sich (Einfügung in die bestehende Nutzungsordnung, Erschliessung, Lage der Gebäude, deren Anordnung, äussere Abmessungen, innere Aufteilung usw.). Wenn auch der Entscheidungsbereich des Ausnahmebewilligungsverfahrens nach Art. 24 RPG weiter reicht als jener des ordentlichen Baubewilligungsverfahrens nach Art. 22 RPG , so wird er durch dieses ausgedehnte Regelungsbedürfnis doch offensichtlich überschritten. Eine Realisierung der geplanten Gewächshauserweiterung ist daher nur nach einer Änderung der Nutzungsplanung möglich. Nur das Nutzungsplanverfahren verfügt nämlich über das nötige Instrumentarium, um bei einem so umfangreichen Gebäudekomplex wie den Gewächshäusern im Betrieb des Beschwerdeführers zum einen die Verwirklichung der Planungsgrundsätze und Ziele des RPG ( Art. 1 und 3 RPG ) sowie die Abstimmung auf die Richtplanung ( Art. 6 ff. RPG ) zu gewährleisten, und vermag zum andern hinsichtlich der demokratischen Beteiligung an der Lösung raumwirksamer Aufgaben ( Art. 4 RPG ) und des Rechtsschutzes (Art. 33 f. RPG) den Anforderungen des RPG zu genügen ( BGE 113 Ib 374 E. 5; BGE 114 Ib 315 E. 3a). 5. a) Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, die Verweigerung des Bauvorhabens stelle eine rechtsungleiche Behandlung gegenüber den Gärtnereien Peter Meyer in Wangen und Heinz Berstecher in Fällanden dar. Die Rüge erweist sich schon deshalb als unbegründet, weil sich aus der Beschwerde nicht ergibt und auch sonst nicht ersichtlich ist, inwiefern bei den beiden Gärtnereien BGE 116 Ib 131 S. 140 rechtlich gleiche Sachverhalte zu beurteilen waren. Selbst wenn davon auszugehen wäre, würde dies im übrigen nicht zur Gutheissung der Beschwerde führen, da der Umstand, dass das Gesetz in einem oder mehreren Fällen nicht richtig angewendet wurde, keinen Anspruch darauf begründet, ebenfalls vom Gesetz abweichend behandelt zu werden ( BGE 114 Ib 240 E. 4c). b) Der Beschwerdeführer macht schliesslich auch eine Verletzung von Art. 22ter und 31 BV geltend. Auf diese Beschwerdepunkte ist nicht näher einzugehen: Zum einen hat die vorstehende verfassungskonforme Auslegung der einschlägigen Normen des RPG ergeben, dass das Projekt des Beschwerdeführers weder als in der Landwirtschaftszone zonenkonformes Bauvorhaben noch nach Art. 24 RPG bewilligt werden kann. Zum andern wäre es dem Bundesgericht ohnehin verwehrt, den mit den Normen des RPG vereinbaren angefochtenen Entscheid aufzuheben, wenn diese Normen auch nach einer verfassungskonformen Auslegung sich nicht mit den angerufenen Verfassungsbestimmungen vereinbaren liessen ( Art. 113 Abs. 3 BV bzw. 114bis Abs. 3 BV). 6. a) Zusammenfassend ist festzustellen, dass auf die staatsrechtliche Beschwerde nicht eingetreten werden kann (E. 1b). Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist abzuweisen: Dabei erfolgt die Abweisung im Sinne der Erwägungen. Dadurch wird klar gemacht, dass die Realisierung des Projekts durch den vorliegenden Entscheid nicht ausgeschlossen werden soll. Es ist durchaus vorstellbar, dass die beabsichtigte Gewächshauserweiterung nach Schaffung einer besonderen Nutzungszone für den mehrheitlich bodenunabhängigen und daher in einer Landwirtschaftszone nicht zonenkonformen Gartenbau und nach Durchführung eines ordentlichen Baubewilligungsverfahrens nach den für die zu schaffende Zone geltenden Vorschriften realisiert werden kann.
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1,990
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1b1d8f7e-e016-4c5e-977c-23ca8c0b3407
Urteilskopf 102 Ib 182 29. Urteil vom 22. September 1976 i.S. Genossenschaft Hobel gegen SBB und Eidg. Schätzungskommission 10. Kreis.
Regeste Art. 19 lit. c EntG , Grundstückgewinnsteuer. Bei Anlass der Enteignung erhobene Grundstückgewinnsteuern sind dem Enteigneten auch dann nicht zu vergüten, wenn diesem infolge Landabtausch kein Grundstückgewinn in Geld zufliesst (Ergänzung der Rechtsprechung).
Sachverhalt ab Seite 182 BGE 102 Ib 182 S. 182 Die Genossenschaft Hobel, die in Zürich einen Schreinereibetrieb führt, tauschte im November 1970 mit den SBB in einem als Expropriationsvertrag bezeichneten Vergleich eine Parzelle gegen eine andere. Die Parteien vereinbarten ferner: "Die aus diesem Rechtsgeschäft resultierende Grundstückgewinnsteuer ist von der Expropiatin zu alleinigen Lasten zu übernehmen. Sie behält sich jedoch vor, die von ihr zu bezahlende Grundstückgewinnsteuer als mittelbaren Schaden gegenüber der SBB im laufenden Enteignungsverfahren geltend zu machen." Die Stadt Zürich setzte in der Folge die von der Genossenschaft Hobel zu leistende Grundstückgewinnsteuer auf Fr. 93'910.-- fest. Die Genossenschaft war - und ist noch heute - der Auffassung, dass die Steuer in der genannten Höhe geschuldet war, und liess daher die Einschätzung in Rechtskraft erwachsen. Am 30. Januar 1975 meldete sie den Betrag der Steuer als Enteignungsforderung an. Sie wusste zwar, dass das Bundesgericht in BGE 100 Ib 71 ff. bestätigt hatte, dass die anlässlich einer Enteignung erhobenen Grundstückgewinnsteuern nach Art. 19 EntG vom Enteigner nicht zu vergüten sind, hielt aber dafür, dies gelte nur für den Regelfall, dass dem Enteigneten ein Grundstückgewinn in BGE 102 Ib 182 S. 183 Geld zufliesse, nicht dagegen, wenn ihm der Enteigner im Rahmen eines Enteignungsvertrages Realersatz leiste. Die SBB bestritten die Entschädigungspflicht für die Steuern mit der Begründung, die bundesgerichtliche Rechtsprechung sei auch im vorliegenden Fall anwendbar, und zudem habe die Genossenschaft Hobel die Grundstückgewinnsteuer zu Unrecht anerkannt. Der vom Präsidenten der Eidg. Schätzungskommission (ESchK) des 10. Kreises eingeholte Amtsbericht der Finanzdirektion des Kantons Zürich vom 29. Juli 1975 bejahte, dass die der Genossenschaft Hobel auferlegte Steuer tatsächlich geschuldet gewesen sei. Die ESchK entschied darauf, dass die Grundstückgewinnsteuer vom Enteigner nicht zu entschädigen sei, und wies deshalb die Forderung am 11. März 1976 ab. - Mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde verlangt die Genossenschaft Hobel die Aufhebung dieses Entscheides und die Zusprechung des Betrages von Fr. 93'910.-- nebst Zins. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, aus folgenden Erwägungen Erwägungen: 1. Die ESchK konnte ohne Verletzung von Bundesrecht davon ausgehen, die seitens der Stadt Zürich von der Beschwerdeführerin geforderte Grundstückgewinnsteuer sei nach zürcherischem Recht geschuldet; der Amtsbericht der kantonalen Finanzdirektion erbrachte dafür den nach Bundesrecht genügenden Beweis. Es kann nicht Aufgabe des Bundesgerichts sein, im vorliegenden Verfahren die Richtigkeit der Auffassung der Finanzdirektion zu überprüfen. Wohl kann man sich fragen, ob bei einem Landabtausch im Rahmen eines Enteignungsverfahrens überhaupt im Sinne von § 161 Abs. 1 StG des Kantons Zürich ein "Gewinn erzielt" wird; es mag auch stossend sein, wenn das kantonale Steuergesetz einen zwangsweisen Landabtausch im Rahmen eines Enteignungsverfahrens nicht einer Güterzusammenlegung oder Quartierplanung im Sinne von § 161 Abs. 3 lit. e StG gleichstellt (vgl. dazu ERNST HÖHN, Die Problematik der zürcherischen Grundstückgewinnsteuer, ZBl 59/1958, 218; KUTTLER, Die Bodenversteuerung als Rechtsproblem, ZSR 1964 II 214). Allein für das vorliegende Verfahren ist vom Bestehen der Steuerschuld auszugehen. Kein bundesrechtlicher Grundsatz BGE 102 Ib 182 S. 184 hindert den Kanton Zürich, auch bei Tauschgeschäften die Wertsteigerung auf dem in Tausch gegebenen Grundstück zu erfassen. Selbst harte und allenfalls unbillige Entscheide im kantonalen Steuerrecht halten gegebenenfalls vor dem Willkürverbot und der Eigentumsgarantie stand, wenn sie als systemkonforme Auslegungen des kantonalen Steuergesetzes betrachtet werden müssen (vgl. BGE 102 Ia 224 E. c). Auf jeden Fall liegt keine Güterzusammenlegung oder Quartierplanung im Sinne von § 161 Abs. 3 lit. e StG vor. Die Beschwerdeführerin konnte aus Art. 18 EntG auch keinen Rechtsanspruch auf Realersatz ableiten. Zu prüfen ist vielmehr ausschliesslich, ob in Durchbrechung der Grundsätze von BGE 100 Ib 71 ff. ausnahmsweise der Enteigner für die von der Enteigneten bezahlte Grundstückgewinnsteuer aufzukommen hat, wenn die Enteignete für das enteignete Grundstück kein Geld, sondern ein Ersatzgrundstück in annähernd gleicher Grösse und Lage erhalten hat, auf dem sie ihr Gewerbe weiterführen kann. 2. In BGE 100 Ib 74 hat das Bundesgericht bestätigt, dass der Enteignete grundsätzlich weder die volle Grundstückgewinnsteuer überwälzen könne noch jenen Teil, um den die Steuer höher ausfällt, weil infolge der vorzeitigen Veräusserung ein höherer Steuersatz zur Anwendung kommt. In der Regel sei es jedenfalls zu rechtfertigen, dass der Enteignete diesen Nachteil auf sich nehmen müsse, da er dafür auch früher in den Besitz des Gegenwertes des Wertzuwachses gelange. Im genannten Urteil kam dem Beschwerdeführer dieser Vorteil der freien Verfügbarkeit über die Entschädigungssumme zu; das Urteil betraf also einen Regelfall. Die heutige Beschwerdeführerin war hingegen in ihrer Verfügungsbefugnis stärker eingeengt; sie musste froh sein, dass ihr von der Enteignerin überhaupt ein Ersatzgrundstück zum Tausch angeboten wurde. Die SBB und die ESchK halten jedoch dafür, dass es unerheblich sein müsse, ob der Enteigner dem Enteigneten eine Tauschliegenschaft anbieten kann oder ob der Enteignete selbst ein Ersatzgrundstück suchen muss. In beiden Fällen sei die Enteignung nicht der Rechtsgrund, sondern nur der äussere Anlass zur Besteuerung eines Grundstückgewinnes. Diese Steuer beruhe auf dem Wertzuwachs und sei nur nebensächlich mit der Enteignung verbunden - insofern, als der Wertzuwachs BGE 102 Ib 182 S. 185 mit der Enteignung sichtbar werde. Der Bund könne nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass der kantonale Gesetzgeber keine befriedigende Regelung geschaffen habe, etwa indem er einen zeitlichen Aufschub der Besteuerung in Enteignungsfällen gewähre. Also müsse der Enteignete als Steuerpflichtiger diese öffentlichen Lasten tragen. a) Diese Auffassung hat die logische Konsequenz für sich. Es ist schwer einzusehen, weshalb der Enteigner schlechter gestellt werden soll, wenn er dem Enteigneten ein Ersatzgrundstück anbieten kann, als wenn er lediglich Entschädigung bezahlt und es dem Enteigneten überlässt, selbst ein Ersatzgrundstück zu suchen. Im einen wie im andern Fall hat der Enteigner den Wertzuwachs des enteigneten Grundstücks nicht verursacht, und für den Enteigneten als Inhaber des Gewerbebetriebes besteht grundsätzlich die gleiche Zwangslage. Er kommt durch die Enteignung nicht in den Besitz eines frei verfügbaren Gegenwertes, sondern muss sich ein - in der Regel wertgleiches - Ersatzgrundstück beschaffen. Wirtschaftlich gesehen wird deshalb in beiden Fällen kein frei verfügbarer Gewinn realisiert. Wenn der kantonale Steuergesetzgeber Enteignungen mit Landabtausch nicht den Landumlegungen nach Nationalstrassengesetz gleichstellt, sondern die Grundstückgewinnsteuer erhebt (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, N. 166 zu § 161 StG ), ist nicht einzusehen, weshalb bei Enteignungen mit Landabtausch innerhalb der steuerberechtigten Gemeinde eine Steuerüberwälzung auf den Enteigner stattfinden soll, in allen andern Fällen dagegen nicht. Mit oder ohne Zurverfügungstellen eines Ersatzgrundstückes durch den Enteigner löst die zwangsweise Handänderung die Grundstückgewinnsteuer aus. Die Problematik des Kausalzusammenhangs zwischen der Enteignung und der durch die Steuer verursachten Vermögensverminderung des Enteigneten ist in beiden Fällen die gleiche. b) Das Hauptargument der Beschwerdeführerin geht dahin, es sei kein Mehrwert realisiert worden, weil die Beschwerdeführerin ein Grundstück in gleicher Grösse und Lage erhalten habe; wenn ein Steuergesetz so hart sei, dass auch nicht realisierte Mehrwerte versteuert werden müssten, so erscheine die Vermögenseinbusse des Enteigneten als mittelbare Folge der Enteignung. Nach dieser Auffassung ist eine Grundstückgewinnsteuer dann als weiterer Nachteil im Sinne von BGE 102 Ib 182 S. 186 Art. 19 lit. c EntG zu betrachten, wenn sie den Enteigneten besonders hart trifft. Das soll nach Meinung der Beschwerdeführerin bei einem Landabtausch wie hier der Fall sein. Allein der Umstand, ob eine durch die Enteignung ausgelöste Steuer bestimmte Enteignete härter oder schwächer trifft als andere, kann kein taugliches Kriterium dafür sein, ob die Steuer ausnahmsweise als Nachteil im Sinne von Art. 19 lit. c EntG zu betrachten und deshalb vom Enteigner statt vom Enteigneten zu tragen ist. Der blosse Umstand, dass der Enteigner - im vorliegenden Fall der Bund - zahlungskräftiger ist als der Enteignete, kann kein Grund zur Überwälzung von harten Steuerlasten sein. Entweder rechnet das EntG die öffentlichen Lasten zu den Nachteilen im Sinne von Art. 19 lit. c EntG oder nicht; es kann keine Ausnahme gemacht werden nach dem Kriterium, wie schwer die Steuer die Enteigneten trifft. c) Entscheidend ist ferner, dass bei voller Überwälzung der Grundstückgewinnsteuer auf die Enteignerin die Enteignete mehr als den blossen Nachteilsausgleich erhielte. Denn durch die Bezahlung wird eine Steuerschuld gelöscht, die ohne Enteignung weiterhin latent auf dem Grundbesitz der Enteigneten gelastet hätte, auch wenn ungewiss ist, wann es zu einer Realisierung des Grundstückgewinnes gekommen wäre. d) Aus den zivilrechtlichen Lehren über den adäquaten Kausalzusammenhang lässt sich für die Lösung des vorliegenden Falles nichts gewinnen. Steuern wirken für den Steuerträger immer vermögensmindernd und nach dem in BGE 100 Ib 74 erneut überprüften Willen des Gesetzgebers müssen diese Vermögensminderungen nicht vom Enteigner übernommen werden. Die Beschwerdeführerin kann deshalb keine Ausnahmebehandlung beanspruchen, auch wenn sie auf das Ersatzgrundstück angewiesen war und somit wirtschaftlich gesehen nicht die Möglichkeit hatte, über die Gegenleistung für die enteignete Liegenschaft frei zu verfügen. Selbst wenn die Argumentation, die das Bundesgericht in BGE 100 Ib 74 zur Rechtfertigung der Lösung des Gesetzgebers angeführt hat, im vorliegenden Falle nicht durchgreift, muss es dennoch bei der vom Gesetzgeber gewollten Lösung bleiben. Die Beschwerde ist daher abzuweisen.
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1,976
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1b243c51-e05e-4083-a8ff-4e9c8efc6597
Urteilskopf 91 II 151 23. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Juli 1965 i.S. Wenk gegen Vormundschaftsbehörde Schlieren
Regeste Nichteintreten auf eine Berufung mangels Leistung des Kostenvorschusses binnen der angesetzten Frist ( Art. 150 Abs. 4 OG ). Fiktion der Zustellung bei unbenutztem Ablauf der Abholungsfrist (Art. 104 Abs. 1 und 2 der VVI zum Postverkehrsgesetz). Obliegenheiten des Destinatärs bei Abwesenheit vom Wohnort.
Sachverhalt ab Seite 151 BGE 91 II 151 S. 151 E. Wenk legte gegen das seine Entmündigung nach Art. 370 ZGB bestätigende Urteil des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 19. Februar 1965 Berufung an das Bundesgericht ein. Er unterliess dann aber die ihm mit Verfügung vom 21. Juni mit Frist bis zum 5. Juli aufgegebene Leistung des Gerichtskostenvorschusses. Da der Zustellungsbote am 22. Juni in seiner Wohnung weder ihn selbst noch eine andere bezugsberechtigte Person antraf, hinterliess er eine Abholungseinladung mit Frist bis zum 26. Juni (vier Tage Frist gemäss Art. 104 Abs. 1 und 2 der Vollziehungsverordnung I zum Postverkehrsgesetz; jene Bestimmungen sehen in der Fassung vom 12. Mai 1961 keinen zweiten Zustellversuch mehr vor). Wenk liess die Abholfrist unbenützt verstreichen und blieb ebenso säumig mit der Vorschussleistung. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: Die Nichtleistung des Kostenvorschusses binnen der gesetzten Frist hat zur Folge, dass auf die Berufung nicht einzutreten ist ( Art. 150 Abs. 4 OG ), worauf das die Verfügung vom 21. Juni enthaltende Formularschreiben ausdrücklich hinweist. Den Umstand, dass ihm jene Verfügung nicht ausgehändigt werden konnte, hat der Berufungskläger selbst zu vertreten. Wenn er der Abholungseinladung nicht Folge gab und dadurch die Empfangnahme der gerichtlichen Sendung vereitelte, so ist die BGE 91 II 151 S. 152 Zustellung als am letzten Tage der Abholungsfrist, dem 26. Juni, erfolgt zu fingieren (vgl. BGE 85 IV 115 ). Sollte er aber gerade während der Abholungsfrist fern von seinem Wohnorte geweilt haben, so hätte ihm mit Rücksicht auf das von ihm eingeleitete Berufungsverfahren obgelegen, für Nachsendung gerichtlicher Schriftstücke zu sorgen oder einen Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen (vgl. BGE 82 II 167 , BGE 82 III 15 , BGE 86 II 4 /5). Bei Benützung der Abholungsfrist hätte er noch genug Zeit gehabt, um den Vorschuss gemäss der gerichtlichen Verfügung bis zum 5. Juli zu leisten. Die beim Fehlen unverschuldeter Hindernisse von ihm zu verantwortende Säumnis macht die Berufung nach der eingangs erwähnten Vorschrift hinfällig. Dispositiv Demnach beschliesst das Bundesgericht Auf die Berufung wird nicht eingetreten.
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1,965
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1b253d4c-2f2a-45a8-b11d-234bd004317e
Urteilskopf 109 IV 73 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 21. September 1983 i.S. S. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 43 und 44 StGB . 1. Verhältnis der beiden Bestimmungen zueinander. Bei trunksüchtigen Tätern, deren Behandlung zum vorneherein keinen Erfolg verspricht, kommt eine Massnahme nach Art. 44 StGB nicht in Betracht. Sie können nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB verwahrt werden, wenn die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind (E. 3 und 4). 2. Die Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB muss nicht in einer ärztlich geleiteten Anstalt, sondern kann gegebenenfalls auch in einer Strafanstalt vollzogen werden (E. 5).
Sachverhalt ab Seite 74 BGE 109 IV 73 S. 74 A.- Das Bezirksgericht Aarau verurteilte S. am 8. September 1982 wegen Verübung einer Tat in selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit gemäss Art. 263 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 111 StGB zu drei Jahren Gefängnis, abzüglich 259 Tage erstandene Untersuchungshaft. Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe auf und ordnete die Verwahrung gemäss Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB an. Das Obergericht des Kantons Aargau hiess am 10. Juni 1983 eine dagegen eingereichte Berufung des Beschwerdeführers teilweise dahin gut, dass es diesen in Anwendung von Art. 263 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 122 Ziff. 2 StGB zu zwei Jahren Gefängnis, abzüglich die gesamte bis zum zweitinstanzlichen Entscheid erstandene Untersuchungshaft, verurteilte. Im übrigen wies das Gericht die Berufung ab unter gleichzeitiger Überbindung der Hälfte der obergerichtlichen Verfahrenskosten. B.- S. führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei teilweise aufzuheben, und es sei die BGE 109 IV 73 S. 75 Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie eine Massnahme nach Art. 44 Ziff. 1 StGB anordne. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 2. Der Beschwerdeführer hat einen Menschen wegen eines nichtigen Anlasses mit einem Messer getötet. Er befand sich dabei in einem pathologischen Rausch verbunden mit einer Alkoholpsychose, die beide die Folgen eines seit Jahren währenden, schweren chronischen Alkoholmissbrauchs waren und seine Zurechnungsfähigkeit zur Zeit der Tat aufgehoben hatten. Mehrere Alkoholentziehungskuren in Trinkerheilanstalten waren ohne Erfolg geblieben. Nach dem Gutachten des im kantonalen Verfahren beigezogenen Experten bedarf der Beschwerdeführer wegen seiner schweren, durch den chronischen Alkoholismus bedingten körperlichen Schädigungen zeitlebens einer intensiven ärztlichen Betreuung, während eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zu keinem Erfolg führen dürfte. Auch stellte der Gutachter fest, es sei mit grosser Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass S. nach einer Haftentlassung wieder zu Alkoholmissbrauch neigen werde, und es sei jederzeit denkbar, dass erneut ein pathologischer Rausch oder eine Alkoholpsychose auftreten könne, unter deren Einfluss der Beschwerdeführer die öffentliche Sicherheit in schwerwiegender Weise gefährden würde. In der Hauptverhandlung vor erster Instanz bekräftigte und ergänzte der Experte sein Gutachten, wobei er hervorhob, dass er den Beschwerdeführer aufgrund der Vorgeschichte als unheilbar dem Alkohol verfallen betrachte, und dass im übrigen eine Heilung mit Antabus wegen der somatischen Störungen des S. ausser Betracht falle; schliesslich sei der Drang nach Alkohol, auch wenn der Wille, sich von diesem fernzuhalten, vorhanden sein möge, beim Beschwerdeführer derart massiv, "dass er nicht davon wegkommen kann". 3. Gestützt auf diese Feststellungen des Gutachters nahm die Vorinstanz in Übereinstimmung mit dem Bezirksgericht Aarau an, ein erneuter Versuch, den Beschwerdeführer in einer Trinkerheilanstalt von seiner Sucht zu befreien, sei sinnlos, weshalb sie von der Anwendung von Art. 44 Ziff. 1 StGB absah. Dies ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers mit Recht geschehen. Voraussetzung für die Anordnung einer Massnahme nach Art. 44 StGB ist die Behandlungsfähigkeit des Täters. Ist dieser unheilbar und verspricht die Behandlung deshalb von vorneherein keinen BGE 109 IV 73 S. 76 Erfolg, kommt die Massnahme nicht in Frage ( BGE 102 IV 235 ; U. FRAUENFELDER, Die ambulante Behandlung geistig Abnormer und Süchtiger als strafrechtliche Massnahme nach Art. 43 und 44 StGB , Diss. Zürich 1978, S. 70 f.; SCHULTZ, Einführung in den AT des Strafrechts, 4. Auflage, II S. 167). Dass S. unheilbar ist, hat die Vorinstanz in Würdigung der sachverständigen Feststellungen des beigezogenen Experten für den Kassationshof verbindlich festgestellt und wird deshalb in der Beschwerde unzulässigerweise bestritten. Im übrigen trifft es nicht zu, dass zwischen dem schriftlichen Bericht des Gutachters und seinen mündlichen Äusserungen ein Widerspruch besteht. In der Hauptverhandlung hatte jener erklärt, er betrachte den Beschwerdeführer als unheilbar dem Alkohol verfallen. Diese Äusserung findet sich, zwar nicht mit den selben Worten, auch im schriftlichen Gutachten. Dieses besagt sinngemäss nichts anderes, wenn darin festgestellt wird, mehrere Kuren in Trinkerheilanstalten seien erfolglos verlaufen und eine psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung sei sinnlos. Die Vorinstanz hat also kein Bundesrecht verletzt, wenn sie den Beschwerdeführer nicht nach Art. 44 Ziff. 1 StGB in eine Trinkerheilanstalt einwies. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass das Obergericht subsidiär zum Hinweis auf den unheilbaren Charakter der beim Beschwerdeführer bestehenden Suchtkrankheit ausführte, es gebe "abgesehen davon" keine geschlossenen Trinkerheilanstalten, und es bestehe deshalb die Gefahr, dass der Beschwerdeführer - wie früher schon - aus der Anstalt fliehe. Damit ist keineswegs gesagt, dass die Vorinstanz Art. 44 StGB angewendet und damit die Behandlungsfähigkeit bejaht hätte, wenn solche Anstalten vorhanden wären. Darin einen Widerspruch in der Argumentation des Obergerichts zu erblicken, geht nicht an, nachdem sie ausdrücklich die Unheilbarkeit in den Vordergrund gerückt hatte. 4. Hat aber die Vorinstanz von der Anordnung einer Massnahme nach Art. 44 Ziff. 1 StGB im Ergebnis wegen der heute schon feststehenden Nutzlosigkeit derselben abgesehen, dann stellte sich die Frage, ob nicht in analoger Anwendung von Art. 44 Ziff. 3 Abs. 2 StGB eine andere sichernde Massnahme am Platz sei ( BGE 102 IV 235 ). Das wurde vom Obergericht mit der Verwahrung des Beschwerdeführers nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB mit Recht bejaht, sind doch die Voraussetzungen dieser sichernden Massnahme, nämlich der beim Beschwerdeführer festgestellte geistig abnorme Zustand, der Zusammenhang desselben mit der BGE 109 IV 73 S. 77 begangenen Tat, seine erhöhte Sozialgefährlichkeit und die Notwendigkeit seiner Verwahrung aufgrund des psychiatrischen Gutachtens zweifellos gegeben. Der Einwand des Beschwerdeführers, die Vorinstanz habe in ihrem Urteil keinerlei Ausführungen über seine "Gemeingefährlichkeit" gemacht, übersieht, dass das Obergericht im betreffenden Zusammenhang ausdrücklich auf die Erwägungen der ersten Instanz verweist, die sich zur Frage unmissverständlich ausgesprochen hat. Die Behauptung aber, die Gefährlichkeit des S. bestehe lediglich in seinem Alkoholabusus und sie entfalle deshalb mit der Alkoholenthaltsamkeit, wäre nur beachtlich, wenn der Beschwerdeführer seinen Drang zum Alkohol wirklich beherrschen könnte. Gerade das aber trifft nach den Feststellungen des Experten nicht zu, weshalb für den Fall einer Haftentlassung weiterhin mit pathologischen Rauschzuständen und Alkoholpsychosen zu rechnen ist, unter deren Einfluss der Beschwerdeführer eine schwere Gefahr für Leib und Leben anderer darstellt. Da dieser Gefahr mit dem Vollzug der auf zwei Jahre Gefängnis bemessenen Strafe, die infolge Anrechnung der Untersuchungshaft grösstenteils verbüsst wäre, keinesfalls wirksam genug begegnet werden könnte (s. BGE 103 IV 140 E. 3) und auch sonst nicht ersichtlich ist, wie sich die Gefährdung der Öffentlichkeit durch einen weniger schweren Eingriff in die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers beheben liesse, muss es bei der Verwahrung als ultima ratio sein Bewenden haben ( BGE 101 IV 127 E. 3). 5. Schliesslich wendet der Beschwerdeführer ein, die Verwahrung nach Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB dürfe nur in "einer geeigneten Anstalt" vollzogen werden, die keinesfalls eine Vollzugsanstalt für Zuchthaus- und Gefängnisstrafen sein könne, was sich aus Art. 37 Ziff. 2 Abs. 1 Satz 2 StGB ergebe. Es trifft zu, dass aus dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung ein solcher Schluss gezogen werden könnte. Indessen führt die Entwicklungsgeschichte des Art. 43 StGB zu einem anderen Ergebnis. Weil gerade auch gemeingefährliche Täter, deren abnormer geistiger Zustand einer Beeinflussung durch eine Behandlung oder Pflege nicht zugänglich ist, verwahrt werden müssen (s. BGE 102 IV 236 f.; FRAUENFELDER, a.a.O. S. 179; SCHULTZ, a.a.O. S. 158), hat sich unter der Herrschaft des früheren Rechts die vorgeschriebene Einweisung in eine Heil- oder Pflegeanstalt als unzweckmässig und unnötig erwiesen ( BGE 81 IV 8 E. 2; s. auch H. BINDER, Psychiatrische Probleme gemäss Art. 14 und 15 StGB , ZStR 74/1959, S. 56/57). Aus diesem Grunde ist denn auch anlässlich der Revision von 1971 BGE 109 IV 73 S. 78 der im früheren Art. 14 StGB enthaltene Ausdruck der "Heil- und Pflegeanstalt" im neuen Art. 43 Ziff. 1 Abs. 2 StGB durch denjenigen der "geeigneten Anstalt" ersetzt worden. Damit wurde dem Bedürfnis Rechnung getragen, den gemeingefährlichen geistig abnormen Täter in einer auch nicht ärztlich geleiteten Anstalt und gegebenenfalls in einer Strafanstalt unterzubringen (Botschaft des Bundesrates in BBl 1965 I 576; W. HEIM, Justice pénale et délinquants mentalement anormaux, ZStR 95/1978, S. 362; STRATENWERTH, Strafrechtliche Massnahmen an geistig Abnormen, ZStR 89/1973, S. 144/145 mit Kritik). Ob die Strafanstalt Beverin/Realta mit der ihr angegeliederten psychiatrischen Klinik oder die Strafanstalt Lenzburg dem Erfordernis der Eignung für den konkreten Fall genügt, ist hier jedoch nicht zu entscheiden. Der Vollzug ist - einschliesslich der Wahl des Vollzugsorts - Sache der Verwaltung (SCHULTZ, a.a.O. S. 158). Deshalb hat auch die Vorinstanz die Vollzugsanstalt für die von ihr angeordnete Massnahme nicht urteilsmässig bezeichnet, sondern bloss in Form einer Empfehlung Möglichkeiten der Verwahrung aufgezeigt, die jedoch für die Verwaltung nicht verbindlich sind. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.
null
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1b2850a6-8752-4a6f-9632-bd0c7615d971
Urteilskopf 137 III 32 6. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. X. AG gegen A. (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_461/2010 vom 22. November 2010
Regeste Art. 24 Abs. 1 GestG ; arbeitsrechtliche Klagen; doppelrelevante Tatsachen. Begriff der arbeitsrechtlichen Klagen (E. 2.1). Doppelrelevante Tatsachen (E. 2.3); Massgeblichkeit des klägerischen Tatsachenvortrags für den Zuständigkeitsentscheid (E. 2.4).
Erwägungen ab Seite 33 BGE 137 III 32 S. 33 Aus den Erwägungen: 2. Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz vor, sie habe Art. 24 Abs. 1 GestG verletzt, indem sie das Vertragsverhältnis zwischen den Parteien zu Unrecht als Handelsreisenden- und nicht als Agenturvertrag qualifiziert habe. Da zwischen den Parteien lediglich ein Agenturvertrag bestehe, könne der Gerichtsstand von Art. 24 Abs. 1 GestG nicht zur Anwendung kommen. 2.1 Gemäss Art. 24 Abs. 1 GestG (AS 2000 2360) ist für arbeitsrechtliche Klagen das Gericht am Wohnsitz oder Sitz der beklagten Partei oder am Ort, an dem der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gewöhnlich die Arbeit verrichtet, zuständig. Der Begriff der arbeitsrechtlichen Klagen ("actions fondées sur le droit du travail"; "azioni in materia di diritto del lavoro") ist dabei weit zu verstehen. Darunter fallen sämtliche Klagen über Ansprüche, die auf Regeln gründen, welche auf Arbeitsverträge anwendbar sind (Urteil 4P.18/1999 vom 22. März 1999 E. 2c, in: Jahrbuch des schweizerischen Arbeitsrechts [JAR] 2000 S. 390; MARIANNE HRISTIC, Zwingende und teilzwingende Gerichtsstände des Gerichtsstandsgesetzes, 2002, S. 119; BALZ GROSS, in: Gerichtsstandsgesetz, Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Müller/Wirth [Hrsg.], 2001, N. 29 zu Art. 24 GestG ). Dazu gehören namentlich Klagen über Ansprüche aus Einzelarbeitsvertrag gemäss den Art. 319 ff. OR sowie aus Lehr-, Handelsreisenden- oder Heimarbeitsvertrag gemäss den Art. 344 ff. OR (GROSS, a.a.O., N. 31, 35 zu Art. 24 GestG ; FRIDOLIN WALTHER, in: Gerichtsstandsgesetz, Kommentar zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, Kellerhals und andere [Hrsg.], 2. Aufl. 2005, N. 6 zu Art. 24 GestG ; YVES DONZALLAZ, Commentaire de la loi fédérale sur les fors en matière civile, 2001, N. 6 zu Art. 24 GestG ; NOËLLE KAISER JOB, in: Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen [GestG], Kommentar zum Schweizerischen Zivilprozessrecht, Spühler und andere [Hrsg.], 2001, N. 8 zu Art. 24 GestG ). Weiter gehören dazu auch Klagen, die sich auf spezialgesetzliche Normen stützen, welche das einzelarbeitsvertragliche Rechtsverhältnis regeln und den Parteien zivilprozessual durchsetzbare Ansprüche geben, z.B. aus Gleichstellungsgesetz (SR 151) oder Mitwirkungsgesetz (SR 822.14) (GROSS, a.a.O., N. 31 zu Art. 24 GestG ; Botschaft zum Bundesgesetz über den Gerichtsstand in Zivilsachen, BBl 1999 2829, 2862). BGE 137 III 32 S. 34 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts zu aArt. 343 Abs. 1 OR, der Vorgängernorm von Art. 24 Abs. 1 GestG (vgl. Botschaft, a.a.O., S. 2862), liegt eine arbeitsrechtliche Streitigkeit bzw. Klage sodann bereits vor, wenn umstritten ist, ob zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag besteht (Urteil 4P.18/1999 vom 22. März 1999 E. 2c, in: JAR 2000 S. 390; SPÜHLER/VOCK, Gerichtsstandsgesetz, 2000, N. 1 zu Art. 24 GestG ). 2.2 Nach einem allgemeinen prozessualen Grundsatz ist bei der Beurteilung der Zuständigkeit primär auf den vom Kläger eingeklagten Anspruch und dessen Begründung abzustellen. Die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts hängt von der gestellten Frage ab, nicht von deren Beantwortung, die im Rahmen der materiellen Prüfung zu erfolgen hat (Urteil 4P.18/1999 vom 22. März 1999 E. 2c, in: JAR 2000 S. 390). In Bezug auf die rechtliche Würdigung der klägerischen Vorbringen ist das Gericht aber nicht an die Auffassung des Klägers gebunden (Urteil 4P.104/2006 vom 25. September 2006 E. 2.3): Hängt die Zuständigkeit - wie hier - davon ab, ob Ansprüche aus Arbeits- bzw. Handelsreisendenvertrag geltend gemacht werden, sind die klägerischen Tatsachenbehauptungen im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung von Amtes wegen daraufhin zu überprüfen, ob sich aus ihnen auf das Bestehen eines solchen Vertrages schliessen lässt. Erscheint eine derartige rechtliche Qualifikation als ausgeschlossen, ist auf die Klage nicht einzutreten. 2.3 Die vom Kläger behaupteten Tatsachen, die sowohl für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts als auch die Begründetheit der Klage erheblich sind (sog. doppelrelevante Tatsachen), sind für die Beurteilung der Zuständigkeit als wahr zu unterstellen. Sie werden erst im Moment der materiellen Prüfung des eingeklagten Anspruchs untersucht; diesbezügliche Einwände der Gegenpartei sind im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung unbeachtlich ( BGE 136 III 486 ; BGE 134 III 27 E. 6.2.1 S. 34; BGE 133 III 295 E. 6.2 S. 298 f.; BGE 122 III 249 E. 3b/bb S. 252). Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass der klägerische Tatsachenvortrag auf Anhieb fadenscheinig oder inkohärent erscheint und durch die Klageantwort sowie die von der Gegenseite produzierten Dokumente unmittelbar und eindeutig widerlegt werden kann ( BGE 136 III 486 ). Über Tatsachen, die nur für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, nicht aber für die materielle Begründetheit des eingeklagten Anspruchs notwendig sind (sog. zuständigkeitsbegründende oder BGE 137 III 32 S. 35 einfachrelevante Tatsache), ist hingegen Beweis zu führen, wenn deren Vorhandensein von der Gegenpartei bestritten wird ( BGE 122 III 249 E. 3b/cc S. 252; Urteil 4C.73/2000 vom 22. Juni 2000 E. 2b). Im Tatbestand des Art. 24 Abs. 1 GestG sind die Tatsachen von doppelter Relevanz, welche auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses schliessen lassen. Einfachrelevant sind die örtlichen Faktoren, d.h. der Wohnsitz oder Sitz des Beklagten und der Ort der gewöhnlichen Arbeitsverrichtung (ANDRÉ BLOCH, Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit von Amtes wegen und die Folgen bei örtlicher Unzuständigkeit gemäss Art. 34 GestG , 2003, S. 93). 2.4 Gemäss dem vorinstanzlich festgestellten Prozesssachverhalt behauptet der Beschwerdegegner, dass zwischen ihm und der Beschwerdeführerin ein Handelsreisendenvertrag gemäss den Art. 347 ff. OR abgeschlossen worden sei. Die geltend gemachten Forderungen stützt er auf zwingende Bestimmungen des Arbeitsrechts. Wie die Vorinstanz zu Recht ausführt, hängt die Begründetheit der Klage somit davon ab, ob der umstrittene Vertrag als Arbeits- bzw. Handelsreisendenvertrag zu qualifizieren ist. Der Vorinstanz kann dagegen nicht gefolgt werden, soweit sie annimmt, die Zuständigkeit gemäss Art. 24 Abs. 1 GestG sei nur dann gegeben, wenn tatsächlich erwiesen ist, dass zwischen den Parteien ein Arbeits- bzw. Handelsreisendenvertrag vorliegt. 2.4.1 Die Vorinstanz hat verkannt, dass die Tatsachen, aus denen sich das Bestehen eines Handelsreisendenvertrags ergibt, doppelrelevant sind. Anstatt Beweise zu erheben und zu würdigen, um gestützt darauf festzustellen, ob der Vertrag zwischen den Parteien tatsächlich als Handelsreisendenvertrag zu qualifizieren ist, hätte die Vorinstanz für die Prüfung der Zuständigkeit ausschliesslich auf den Tatsachenvortrag des Klägers abstellen müssen. Sie hätte beurteilen müssen, ob die klägerischen Behauptungen - sollten sie erwiesen sein - auf das Bestehen eines Handelsreisendenvertrags schliessen lassen. Bei doppelrelevanten Tatsachen ist der tatsächlich bewiesene Sachverhalt für den Entscheid über die materielle Begründetheit der Klage, nicht aber für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts erheblich. Dementsprechend zielen auch die Rügen der Beschwerdeführerin ins Leere, soweit sie sich gegen die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz richten und die Vertragsqualifikation in Frage stellen, welche die Vorinstanz gestützt auf den beweismässig erhobenen Sachverhalt getroffen hat. BGE 137 III 32 S. 36 2.4.2 Die Beschwerdeführerin macht zu Recht nicht geltend, dass sich der umstrittene Vertrag nach den Vorbringen des Klägers nicht als Handelsreisendenvertrag qualifizieren lasse. Der Beschwerdegegner behauptete vor der Vorinstanz, er sei in seiner Tätigkeit weisungsabhängig und rapportierungspflichtig gewesen, habe regelmässig an obligatorischen Schulungen teilnehmen müssen und sei einem strengen Konkurrenzverbot unterstanden. Schliesslich sei er von der Beschwerdeführerin wirtschaftlich abhängig gewesen, da es ihm nicht möglich gewesen sei, ausserhalb der 8 bis 10 Kundenbesuche pro Woche einer anderen Tätigkeit nachzugehen. Dies sind Elemente, die gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung durchaus auf das für einen Handelsreisendenvertrag typische Subordinationsverhältnis schliessen lassen (vgl. BGE 129 III 664 E. 3.2 S. 667 f.). Die Abgrenzung zum Agenturvertrag mag zwar praktisch schwierig sein (vgl. etwa Urteil 4C.276/2006 vom 25. Januar 2007 E. 4), wird aber erst im Rahmen der materiellen Prüfung der Klage eingehend zu untersuchen sein. Für die Bejahung der Zuständigkeit ist einstweilen genügend, dass sich aus den Vorbringen des Klägers/Beschwerdegegners plausibel auf das Bestehen eines Handelsreisedenvertrags schliessen lässt. 2.5 Die Klage des Beschwerdegegners ist demnach als "arbeitsrechtliche" i.S. des Art. 24 Abs. 1 GestG zu qualifizieren. Danach besteht ein Gerichtsstand am Ort, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich die Arbeit verrichtet. Dass der Beschwerdegegner seine Arbeit gewöhnlich an seinem Wohnsitz verrichtet hat, stellt die Beschwerdeführerin nicht in Frage. Es ist daher davon auszugehen, dass der gewöhnliche Arbeitsort des Beschwerdegegners an dessen Wohnsitz liegt. Das Gericht am Wohnsitz des Beschwerdegegners (Gerichtskreis IX Schwarzenburg-Seftigen) ist folglich zur Beurteilung der Klage örtlich zuständig. Eine allfällige Gerichtsstandsvereinbarung steht dem nicht entgegen, da der Beschwerdegegner als arbeitnehmende Partei gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. d GestG darauf nicht zum Voraus verzichten kann.
null
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de
2,010
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1b29fd86-3e8c-44fb-93da-a6cd9c584fed
Urteilskopf 99 III 41 9. Auszug aus dem Entscheid vom 5. September 1973 i.S. B. und M.
Regeste Art. 8 Abs. 2 SchKG . Anspruch eines Dritten auf Einsichtnahme in die den Schuldner betreffenden Protokolle des Betreibungs- und Konkursamtes. Das Recht eines Dritten auf Einsichtnahme in die den Schuldner betreffenden Protokolle des Betreibungsamtes gemäss Art. 8 Abs. 2 SchKG besteht so lange, als das Betreibungsamt gestützt auf die Verordnung des Bundesgerichts über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten vom 14. März 1938 verpflichtet ist, die fraglichen Akten aufzubewahren. Ist zwischen dem Dritten und dem Schuldner ein Erbteilungsprozess hängig, darf dieses Recht auf Einsichtnahme nicht auf die Zeit nach Eröffnung des Erbganges beschränkt werden.
Sachverhalt ab Seite 42 BGE 99 III 41 S. 42 Gekürzter Tatbestand: A.- Die am 13. August 1958 verstorbene Frau M. und ihr am 13. Dezember 1967 verstorbener Ehemann hinterliessen acht gesetzliche Erben, welche alle ihre Nachkommen sind. Zum Nachlass der Mutter gehörte ein landwirtschaftliches Heimwesen, das von einem der gesetzlichen Erben, H. M., bewirtschaftet wird. Da der Vater die Hälfte der Erbschaft zur Nutzniessung wählte, ging die Liegenschaft in das Gesamteigentum der Nachkommen über. H. M. erhob am 29. April 1968 eine Erbteilungsklage, die heute noch pendent ist und mit der er Anrechnung eines Lidlohnes und die Zuteilung des landwirtschaftlichen Heimwesens an ihn verlangte. Im Laufe des Prozesses liess er das Gesuch um Zuteilung des Heimwesens fallen und beantragte nur noch Feststellung und Teilung des Nachlasses der Mutter unter Anrechnung seines Lidlohnanspruches. Die übrigen Geschwister verlangen Feststellung und Teilung der Nachlässe von Vater und Mutter. Der Anteil des H. M. am unverteilten Erbschaftsvermögen wurde in den Jahren 1971 und 1972 in verschiedenen gegen ihn laufenden Betreibungen gepfändet. B.- Am 6. Dezember 1972 stellten die beiden Erben M. B.-M. und W. M. beim zuständigen Betreibungsamt das Gesuch, es sei ihnen vollständige Einsicht in die gegen H. M. gerichteten Betreibungen und Kopierung aller Dokumente zu gewähren, die sie zur Vervollständigung der Prozessurkundensammlung benötigten. Mit Schreiben vom 11. Dezember 1972 teilte ihnen der Betreibungsbeamte mit, das Interesse an einer solchen Einsicht- und Kopienahme sei nicht in genügender Weise dargetan. Er forderte sie daher auf, entweder diesen Interessennachweis zu leisten oder eine Bestätigung des H. M. beizubringen, wonach sie zur Einsichtnahme berechtigt seien. Gegen diese Verfügung des Betreibungsbeamten reichten die beiden Erben M. B.-M. und W. M. bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs Beschwerde ein. Diese hiess die Beschwerde am 14. Februar 1973 teilweise gut und wies das Betreibungsamt an, den Beschwerdeführern BGE 99 III 41 S. 43 Einsicht in die H. M. betreffenden betreibungsamtlichen Protokolle und Akten in folgendem Umfang zu gewähren: - ab 13. August 1958 in die Unterlagen gemäss Art. 2 der Verordnung des Bundesgerichts über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten vom 14. März 1938, - in die Akten der letzten zehn Jahre vom Datum der Einsichtnahme an gerechnet, soweit es sich um Akten im Sinne von Art. 3 dieser Verordnung handle und - in die Akten der letzten fünf Jahre vom Datum der Einsichtnahme an gerechnet, soweit es sich um Akten im Sinne von Art. 4 dieser Verordnung handle. Die Aufsichtsbehörde wies das Betreibungsamt sodann an, den Beschwerdeführern gegen Vergütung der betreibungsamtlichen Gebühren von den angeführten Akten Abschriften oder Photokopien auszuhändigen, soweit sie dies wünschten, wobei sie es dem Betreibungsbeamten überliess, die Anordnung der Kopienahme zu organisieren. C.- Gegen diesen Beschluss der untern Aufsichtsbehörde führte H. M. Rekurs an die obere kantonale Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs. Auch M. B.-M. und W. M. fochten den Entscheid der untern Aufsichtsbehörde mit einem Rekurs an. Die obere Aufsichtsbehörde vereinigte die beiden Rekurse und wies sie mit Entscheid vom 6. Juli 1973 ab. In Ergänzung von Dispositiv Ziffer 2 des angefochtenen Beschlusses wies sie das Betreibungsamt an, den beiden Erben M. B.-M. und W. M., gegebenenfalls nach Leistung eines entsprechenden Kostenvorschusses, ausschliesslich Einblick in die den Miterben H. M. betreffenden Eintragungen in den Betreibungsprotokollen und Betreibungsakten zu gewähren und ihnen von diesen Auszüge zu geben, wobei ihnen das Amt gestatten könne, die Kopienahme dieser Auszüge und Akten selber in seinen Amtsräumen vorzunehmen. Die Aufsichtsbehörde fügte die Bemerkung an, diese Einsicht dürfe auch in allenfalls trotz Verstreichens der Aufbewahrungsfristen gemäss Art. 2 bis 4 der Verordnung des Bundesgerichts über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten hinaus noch vorhandene, nicht ausgeschiedene Akten gewährt werden. D.- Die beiden Erben M. B.-M. und W. M. erheben Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts BGE 99 III 41 S. 44 und beantragen, den Entscheid der obern Aufsichtsbehörde aufzuheben und ihnen vollständige Einsicht in alle ihren Miterben H. M. betreffenden Akten des zuständigen Betreibungsamtes ohne jede zeitliche Einschränkung zu gewähren. Das Bundesgericht heisst den Rekurs teilweise gut und ändert den angefochtenen Entscheid in dem Sinne ab, dass der Anspruch der Rekurrenten auf Einsichtnahme in die H. M. betreffenden Eintragungen in den Betreibungsprotokollen und Betreibungsakten und auf die Gewährung von Auszügen aus denselben nicht auf die Zeit nach dem 13. August 1958 beschränkt ist. Erwägungen Aus den Erwägungen: 3. Gemäss Art. 8 Abs. 2 SchKG kann jedermann, der ein Interesse nachweist, die von den Betreibungs- und Konkursämtern geführten Protokolle einsehen und sich Auszüge aus ihnen geben lassen. Erforderlich ist nach der Rechtsprechung ein besonderes und gegenwärtiges Interesse ( BGE 94 III 45 Erw. 1 und BGE 93 III 6 Erw. 1 mit Hinweisen). Dieses Interesse braucht nicht notwendigerweise finanzieller Natur zu sein; vielmehr genügt ein rechtliches Interesse anderer Art ( BGE 52 III 75 ). Ein strenger Nachweis des Interesses darf vom Gesuchsteller nicht verlangt werden, sondern die Einsicht ist ihm zu gewähren, wenn ernsthafte Indizien das Bestehen des Interesses wahrscheinlich machen ( BGE 93 III 6 Erw. 1, BGE 58 III 120 undBGE 52 III 78/79). Die Tatsache, dass zwischen dem Gesuchsteller und der Person, in deren Akten er Einsicht nehmen will, ein Prozess hängig ist, genügt, um das Interesse darzutun ( BGE 91 III 96 undBGE 58 III 120). Das Recht, die Akten einzusehen und sich daraus Auszüge geben zu lassen, besteht so lange, als die Betreibungsämter verpflichtet sind, die Register und Protokolle aufzubewahren ( BGE 58 III 120 ). Der Vorinstanz ist beizupflichten, dass im vorliegenden Fall ein solches besonderes Interesse der beiden Rekurrenten an der Einsichtnahme in die ihren Miterben H. M. betreffenden Register und Protokolle des zuständigen Betreibungsamts gegeben ist. Zwischen den Rekurrenten und ihrem Miterben ist ein Erbteilungsprozess pendent. Zum umstrittenen Nachlass gehört die Liegenschaft, welche H. M. bewirtschaftet. Er ist daher im Besitz von Nachlassgegenständen. Im Prozess verlangt er eine Ausgleichung im Sinne von Art. 633 ZGB , woraus zu entnehmen ist, dass er seinen Eltern, den Erblassern, im gemeinsamen BGE 99 III 41 S. 45 Haushalt seine Arbeitsleistung zugewendet hat. Es sind gegen ihn zahlreiche Betreibungen im Gange, und sein Anteil am unverteilten Erbschaftsvermögen ist gepfändet. Dass die beiden Rekurrenten daher ein erhebliches rechtliches Interesse daran haben, in die Register und Protokolle des Betreibungsamts, soweit sie den Miterben H. M. betreffen, Einsicht zu nehmen und sich daraus Auszüge geben zu lassen, ist offenkundig. Und zwar besteht dieses Recht auf Einsicht- und Kopienahme so lange, als das Betreibungsamt gestützt auf die Verordnung des Bundesgerichts über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten vom 14. März 1938 verpflichtet ist, die betreffenden Akten aufzubewahren ( BGE 58 III 119 /120). Hat das Betreibungsamt auch nach Ablauf dieser Fristen die entsprechenden Akten nicht vernichtet, so ist es ihm nicht verwehrt, den Rekurrenten auch dann noch Einsicht und Kopienahme zu gewähren, allerdings ohne dass diese einen diesbezüglichen Anspruch geltend machen können. Die Vorinstanz hat somit den Entscheid der untern Aufsichtsbehörde mit Recht in diesem Sinne ergänzt. Die beiden kantonalen Aufsichtsbehörden haben indessen in ihren Entscheiden das Recht der Rekurrenten auf Akteneinsicht und Kopienahme noch weiter eingeschränkt, indem sie erklärten, in die Unterlagen gemäss Art. 2 der Verordnung des Bundesgerichts vom 14. März 1938 sei die Einsicht erst ab 13. August 1958, d.h. vom Todestage der Erblasserin an zu gewähren. Gemäss Art. 607 Abs. 3 ZGB haben die Miterben bei der Teilung genauen Aufschluss zu geben über ihren allfälligen Besitz von Erbschaftssachen und über ihre allfälligen Schulden gegenüber dem Erblasser. Darüber hinaus haben sie einander nach Art. 610 Abs. 2 ZGB über ihr Verhältnis zum Erblasser alles mitzuteilen, was für die gleichmässige Verteilung der Erbschaft in Berücksichtigung fällt. Ihrem Zweck entsprechend bezieht sich diese Auskunftspflicht nicht bloss auf den Nachlass. Sie erstreckt sich auch auf Zuwendungen unter Lebenden, die möglicherweise zur Ausgleichung nach Art. 626 ff. ZGB zu bringen sind oder der Herabsetzung nach Art. 527 ZGB unterliegen und daher gleichfalls die Teilung beeinflussen ( BGE 90 II 372 undBGE 59 II 129). Daraus ergibt sich, dass die Pflicht des H. M., seinen Miterben bezüglich der Nachlassgegenstände Auskunft zu erteilen, zwar erst entstehen konnte, als der Erbgang eröffnet wurde, dass sie sich aber auf Tatsachen beziehen kann, die schon vor dem Tode der Erblasserin eingetreten sind (vgl. ESCHER, N. 10 zu BGE 99 III 41 S. 46 Art. 607 und N. 2 und 3 zu Art. 610 ZGB ; TUOR/PICENONI, N. 9 zu Art. 607 und N. 5 zu Art. 610 ZGB ). Nachdem im vorliegenden Fall der Miterbe H. M. im Haushalt seiner Eltern lebte und bei der Bewirtschaftung des Heimwesens seiner Mutter mitwirkte, haben die Rekurrenten ein erhebliches Interesse daran, in Register und Protokolle des Betreibungsamts Einsicht zu nehmen, die sich auf die Zeit vor dem Tode der Erblasserin beziehen. Das Recht auf Einsicht- und Kopienahme ist daher nicht erst ab 13. August 1958 zu gewähren. Indessen ist es auf jeden Fall an die Fristen gebunden, die in der genannten Verordnung des Bundesgerichts über die Aufbewahrung der Betreibungs- und Konkursakten in Art. 2 bis 4 aufgestellt sind. Wie bereits ausgeführt, darf das Betreibungsamt aber den Rekurrenten auch Einsicht geben in Akten, die nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist noch nicht vernichtet worden sind.
null
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1b30e03a-2acf-4784-988c-ed46dc1518d1
Urteilskopf 82 II 25 5. Urteil der I. Zivilabteilung vom 7. Februar 1956 i. S. Baily gegen Rosti.
Regeste Schadenersatzpflicht eines Skifahrers wegen fahrlässiger Körperverletzung. a) Art. 41 Abs. 1 OR . Widerrechtlichkeit (Erw. 1). Fahrlässigkeit (Erw. 2). b) Art. 43 Abs. 1 OR . Anpassung der Ersatzpflicht an die Grösse des Verschuldens (Erw. 3, 5). c) Art. 44 Abs. 1 OR . Herabsetzung des Schadenersatzes wegen Mitverschuldens des Geschädigten (Erw. 4, 5). d) Art. 46 OR . Schadenersatz wegen Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens (Erw. 6). Nachklage (Erw. 8). e) Art. 47 OR . Genugtuung wegen Körperverletzung (Erw. 7).
Sachverhalt ab Seite 26 BGE 82 II 25 S. 26 A.- Sonntag, den 13. Januar 1952 etwa um 11 Uhr fuhr der damals fünfzehnjährige Carl Bally mit einer vom Lehrer Schild geleiteten und angeführten Klasse des Lyceum Alpinum in Zuoz auf Skiern über eine von Corviglia nach St. Moritz führende Piste gegen den Weg hinunter, der das Restaurant Salastrains mit der Alp Giop verbindet. Die Piste fiel von einer etwa 50-80 m über dem Weg liegenden Anhöhe sehr steil ab, bog auf einer unmittelbar über dem Weg liegenden flachen Bodenschwelle gegen links und mündete rund 30 m nach der Biegung und etwa 20-50 m vom erwähnten Gasthaus entfernt in den Weg ein. Auf der Bodenschwelle war der Schnee von den abschwingenden Skifahrern ein wenig in den Weg hinaus getrieben worden und bildete einen abfallenden Wall. Hier stand Luigi Rosti, Bankprokurist aus Mailand, auf der dem Berg zugewandten Seite des Weges. Er hatte seine Skier in den Schnee gesteckt, kehrte der Piste den Rücken zu, genoss die Aussicht und betrachtete den Betrieb der Skischule auf dem unterhalb des Weges liegenden flacheren Übungsgelände. Obschon Bally die harte Piste genau kannte und den Rosti von der Anhöhe aus sah, fuhr er, mit Schwüngen den Hang hinunter gleitend, so schnell, dass er auf der Schwelle am Wege beim Abschwingen nach links stürzte, an Rosti und dessen Skier prallte und, sich zweimal überschlagend, über Rosti hinweg bis etwa 2 m unterhalb des Weges geworfen wurde. Der Zusammenstoss war so heftig, BGE 82 II 25 S. 27 dass Rosti über den Weg hinaus mitgerissen wurde und den Hals des linken Oberschenkelknochens brach. Der gebrochene Knochen musste genagelt werden. Rosti blieb bis 1. Februar 1952 im Spital von Samaden. Ab 3. Februar 1952 musste er in Mailand wegen einer Wundinfektion und eines allgemein septischen Zustandes die ärztliche Behandlung fortsetzen lassen. Aus der Infektion entwickelte sich am Oberschenkel eine Venenentzündung. Rosti konnte die Arbeit am 15. April 1952 teilweise und am 16. Juni 1952 ganz wieder aufnehmen. Die Beweglichkeit des linken Beines ist jedoch bleibend beeinträchtigt. B.- Am 2. April 1953 klagte Rosti gegen Bally beim Richteramt Olten-Gösgen auf Bezahlung von Fr. 70'000.-- Schadenersatz und Genugtuung nebst Zins zu 5% seit 13. Januar 1952 und Einräumung eines Nachklagerechtes auf zwei Jahre. Das Amtsgericht Olten-Gösgen hiess am 26. Januar 1955 die Klage dahin teilweise gut, dass es den Beklagten verurteilte, dem Kläger Fr. 27'259.10 nebst 5% Zins seit 13. Januar 1952 zu bezahlen, und den Kläger ermächtigte, binnen zwei Jahren gemäss Art. 46 Abs. 2 OR Nachklage zu erheben. Auf Appellation des Beklagten schützte das Obergericht des Kantons Solothurn am 4. Juli 1955 die Klage im Umfange von Fr. 29'581.65 nebst 5% Zins von Fr. 4859.10 seit 13. Januar 1952 und von Fr. 24'722.55 seit 4. Juli 1955 und räumte dem Kläger ebenfalls das Nachklagerecht ein. C.- Der Beklagte hat die Berufung erklärt. Er beantragt, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Klage abzuweisen, eventuell die Sache zur Ergänzung des Tatbestandes und zu neuer Entscheidung zurückzuweisen, subeventuell die Schadenersatzpflicht des Beklagten erheblich herabzusetzen. D.- Der Kläger beantragt, die Berufung sei abzuweisen und das angefochtene Urteil zu bestätigen. BGE 82 II 25 S. 28 Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nur wer dem andern den Schaden widerrechtlich zufügt, ist nach Art. 41 Abs. 1 OR verpflichtet, ihn zu ersetzen. Das Obergericht sieht die Widerrechtlichkeit des Verhaltens des Beklagten darin, dass er den Kläger in schwerwiegender Weise am Körper verletzt habe, ohne dass irgendwelche Rechtfertigungsgründe vorlägen. Damit stellt es auf die subjektive Theorie der Widerrechtlichkeit ab. Sie widerspricht indessen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, die, auf dem Boden der objektiven Theorie stehend, ein schädigendes Verhalten dann als widerrechtlich ansieht, wenn es gegen geschriebene oder ungeschriebene Gebote oder Verbote der Rechtsordnung verstösst, die dem Schutze des verletzten Rechtsgutes dienen ( BGE 30 II 571 , BGE 47 II 179 , BGE 55 II 334 , BGE 56 II 373 , BGE 75 II 212 ). Der Beklagte geht jedoch fehl, seine Tat im Lichte dieser Rechtsprechung für erlaubt zu halten. Wer einen Zustand schafft, der einen andern schädigen könnte, ist nach allgemein anerkanntem Rechtssatze verpflichtet, die zur Vermeidung eines Schadens erforderlichen Vorsichtsmassnahmen zu treffen (BGE 21 625, 24 II 212, 29 II 65, 33 II 569, 34 II 637, 35 II 441, 45 II 647, 57 II 167, 60 II 40, 66 II 117, 71 II 113, 79 II 69). Der Beklagte hat dieses Gebot verletzt. Das Obergericht führt aus, er habe im kantonalen Verfahren nicht behauptet, dass er den Kläger nicht gesehen habe, und es fügt bei, eine solche Behauptung wäre auch nicht glaubwürdig, da die Sicht von der Anhöhe auf die Strasse gut und früh genug frei sei. Darnach steht verbindlich fest, dass er den Kläger von der etwa 50-80 m über dem Weg liegenden Anhöhe aus gesehen hat. Auch wenn dazu nicht die weitere Feststellung käme, dass der Weg während der Skisaison von Spaziergängern und Skifahrern häufig benützt wurde und dass der Beklagte von früheren Abfahrten her die Abfahrtspiste genau kannte, war er daher verpflichtet, so BGE 82 II 25 S. 29 zu fahren, dass dem Kläger kein Schaden entstehen konnte. Dass der Beklagte die Fahrt mit einer von einem Skilehrer geleiteten Klasse machte, entband ihn nicht von dieser Pflicht. Er hatte selber abzuwägen, mit welcher Geschwindigkeit er angesichts seiner persönlichen Fähigkeiten, der Steilheit der Piste und der ihm bekannten Schneeverhältnisse (harte, abgefahrene und teilweise gefrorene Piste) fahren durfte, um in der Linksbiegung unmittelbar über dem Weg nicht an den Kläger geworfen zu werden. Denn auch wer in einem Verbande fährt, kann und muss die Fahrart seinem persönlichen Können anpassen und dort, wo geschicktere Fahrer die Strecke mit wenigen Schwüngen zurücklegen, deren weitere einschalten oder stemmen, um an einer bestimmten als gefährlich erkannten oder erkennbaren Stelle mit so mässiger Geschwindigkeit anzukommen, dass niemand gefährdet wird. Das hätte der Beklagte bei der Abfahrt von der erwähnten Anhöhe gegen die unmittelbar am Wege liegende Linkswendung der Piste tun können, ohne besondere Fähigkeiten zu haben. Umsomehr war er dazu imstande, wenn er, wie er behauptet, ein guter Skifahrer war. Er hätte es daher tun sollen. Statt dessen fuhr er mit einer Geschwindigkeit, die wesentlich zu hoch war, wie die vom Obergericht verbindlich festgestellte Wucht des schon durch den Sturz gemilderten Anpralles an den Kläger und dessen Skier zeigt. Nur eine erhebliche Geschwindigkeit konnte erfahrungsgemäss nach einem Sturze noch solche Auswirkungen haben. Hätte der Beklagte die Fahrt pflichtgemäss verlangsamt, so wäre er auf der Bodenschwelle nicht ausgerutscht und gestürzt oder durch einen Sturz jedenfalls nicht auf den Weg geschleudert worden. Aus der nach den Verhältnissen übersetzten Geschwindigkeit aber ergibt sich die Widerrechtlichkeit seines Verhaltens. 2. Nur wer den Schaden absichtlich oder fahrlässig zufügt, wird aus Art. 41 Abs. 1 OR ersatzpflichtig. Dem Beklagten wird nur Fahrlässigkeit vorgeworfen. Das Obergericht sieht sie darin, dass er "eine gefährliche, BGE 82 II 25 S. 30 steile Abfahrt auf eine Strasse zu in der Fallrichtung mit offensichtlich ungenügendem technischen Können überhaupt und dann erst noch zu rasch" befahren habe. Dem ist insofern nicht beizupflichten, als dem Beklagten kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er die Abfahrt überhaupt und auch auf dem Teilstück von der letzten Anhöhe bis auf den Weg mitmachte. Er fuhr in einer Klasse, mit der er sie schon öfters ausgeführt hatte, und dass er dieses Mal aus besonderen Gründen austreten müsse, hatte ihm der Leiter der Klasse, der den Stand seiner Ausbildung kannte, nicht befohlen. Der Beklagte durfte sich daher, auch wenn sein technisches Können noch nicht vollkommen gewesen sein sollte, die Fähigkeit zur Abfahrt zutrauen. Das entband ihn aber, wie schon gesagt, nicht von der Pflicht, seine Geschwindigkeit den Verhältnissen anzupassen und auf die Anwesenheit des Klägers Rücksicht zu nehmen. Trotz seiner Jugend musste er als Skifahrer von einiger Erfahrung wissen, dass auf der harten Piste beim Befahren einer steilen Strecke die Geschwindigkeit sehr gross werden konnte, dass er sie aber durch vermehrtes Abschwingen oder durch Stemmbogen verringern konnte. Er musste auch wissen, dass ein Schwung auf der harten Unterlage der Bodenschwelle am Wege viel leichter zu einem Sturze führen konnte als bei anderen Schneeverhältnissen, dass diese Gefahr mit der Grösse der Geschwindigkeit wuchs und dass ein Sturz aus schneller Fahrt heraus auf dem harten Schnee ihn über die Biegung der Piste hinaus an den auf dem Wege stehenden Kläger schleudern konnte. Wenn seine Ausbildung gut sein sollte, wie er es annimmt, musste er umsomehr zu dieser Einsicht kommen. Der Einwand, auch der Fähigste könne stürzen, hilft nicht. Gewiss nimmt auch der gewandte Skifahrer die Gefahr von Stürzen in Kauf. Wenn er dadurch niemanden gefährdet, trifft ihn kein Vorwurf. Wenn er sich aber sagen muss, dass er durch seine Fahrweise jemanden verletzen könnte, muss er alle zumutbare Sorgfalt anwenden, um das zu verhüten. Der Beklagte hätte bedenken können und sollen, BGE 82 II 25 S. 31 dass ein heftiger Zusammenstoss den Kläger erheblich schädigen könnte. Die eingetretenen Folgen liegen nicht ausserhalb allgemeiner Lebenserfahrung und ausserhalb dessen, was auch ein fünfzehnjähriger Gymnasiast voraussehen kann. Der Beklagte ist daher grundsätzlich ersatzpflichtig. 3. In welchem Umfange der Schaden zu ersetzen ist, bestimmt der Richter nach den Umständen und der Grösse des Verschuldens ( Art. 43 Abs. 1 OR ). Leichte Fahrlässigkeit macht also nicht in gleichem Masse ersatzpflichtig wie grobe ( BGE 53 II 430 , BGE 59 II 370 ). Trifft den Ersatzpflichtigen nur ein leichtes Verschulden, so kann sich daher rechtfertigen, den Geschädigten einen Teil des Schadens selber tragen zu lassen, und zwar unbekümmert darum, ob er seinerseits durch ein schuldhaftes Verhalten zur Entstehung oder Grösse des Schadens beigetragen hat. Diese Ordnung ist billig. Ist der Schaden nur auf Umstände zurückzuführen, für die der Schädiger nicht einzustehen hat, so entfällt die Ersatzpflicht überhaupt. Es rechtfertigt sich deshalb durchaus, von ihr teilweise zu entbinden, wenn neben einem leichten Verschulden des Ersatzpflichtigen auch unverschuldete Umstände die Entstehung des Schadens beeinflusst haben. Unter diesem Gesichtspunkt hat der Kläger einen Teil des Schadens selber zu tragen. Das Verschulden des Beklagten ist leicht. Es wird einigermassen dadurch gemildert, dass der Beklagte die Abfahrt in einer kundig geführten Klasse gemacht hat. Obwohl er dadurch der Pflicht nicht enthoben war, seine Fahrweise den Verhältnissen und seinen persönlichen Fähigkeiten anzupassen, ist doch zu berücksichtigen, dass die Versuchung für ihn gross sein musste, nicht hinter dem Lehrer und den Mitschülern zurückzubleiben. Fährt, wie es hier zutraf, der Lehrer voraus, so sind fünfzehnjährige Schüler erfahrungsgemäss auch schon um der Zucht und Ordnung willen bestrebt, seine Geschwindigkeit einzuhalten und seine Bewegungen nachzumachen. Dieses Bestreben trug dazu bei, dass der BGE 82 II 25 S. 32 Beklagte, auf die Anwesenheit des Klägers zu wenig Rücksicht nehmend, mit übersetzter Geschwindigkeit gegen die gefährliche Linksbiegung der Piste fuhr und daher beim Abschwingen stürzte. 4. Art. 44 Abs. 1 OR ermächtig den Richter, die Ersatzpflicht zu ermässigen oder gänzlich von ihr zu entbinden, wenn Umstände, für die der Geschädigte einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert haben. Mit Recht sieht der Beklagte einen solchen Umstand darin, dass der Kläger an einem Orte stehen blieb, an dem die Gefahr eines Zusammenstosses auch für ihn erkennbar war. Die Piste in der Fallinie lief genau auf die Stelle zu, an der er sich aufhielt. Hinter seinem Rücken unmittelbar über dem Wege pflegten die Benützer der Piste nach links abzuschwingen, wodurch der Schnee so weit in den Weg hinausgetrieben worden war, dass ein Wall diesen verengte. Da der Kläger selber Skifahrer war und die Verhältnisse kannte oder mit gehöriger Aufmerksamkeit wahrnehmen konnte, hätte er sich sagen können und sollen, dass hier ein Fahrer über die Piste hinaus geschleudert werden könnte. Einen triftigen Grund, gerade dort und nicht anderswo seine Skier einzustecken und stehen zu bleiben, hatte er nicht. Dass der Weg von Fussgängern und Skifahrern benützt wurde und die Grenze zwischen zwei verschieden gearteten Skigebieten, dem Abfahrtsgelände einerseits und den Übungshängen anderseits, bildete und der Standort des Klägers sich in der Nähe eines Gasthauses befand, ändert nichts. Der Kläger war nichtsdestoweniger verpflichtet, auf die Benützer der Piste Rücksicht zu nehmen, wie sie ihrerseits auf ihn zu achten hatten. Er hätte dort umsoweniger stehen bleiben sollen, als er der Piste den Rücken zuwandte und daher von der Gefahr ohne Möglichkeit der Abwehr überrascht wurde. Er hat den Zusammenstoss mitverschuldet. Immerhin ist der von ihm begangene Fehler leichter als jener des Beklagten. BGE 82 II 25 S. 33 Eine weitere Mitverantwortung für den eingetretenen Schaden trifft ihn dagegen nicht. Dem Beklagten ist nicht beizupflichten, wenn er einen Herabsetzungsgrund im Sinne des Art. 44 Abs. 1 OR darin sieht, dass eine vorzeitige Heimkehr des Klägers nach Mailand zur Verschlimmerung seines Zustandes geführt und den Dauerschaden zur Folge gehabt habe. Das Obergericht stellt auf Grund eines Berichtes des Arztes Dr. Ryffel fest, dass die Operationswunde unmittelbar vor der Überführung aus dem Kreisspital Samaden nach Mailand verheilt war, die postoperativen Schmerzen weitgehend abgeklungen schienen, vorsichtige passive Bewegungen in der operierten Hüfte ohne wesentliche Beschwernis möglich waren und kein Fieber bestand, weshalb die Überführung sich vom ärztlichen Standpunkt aus sehr wohl habe verantworten lassen. Unter diesen Umständen kommt nichts darauf an, dass der Kläger aus geschäftlichen Gründen auf Heimkehr drängte. Er war nicht gehalten, länger in Samaden zu bleiben, als der Arzt es für nötig hielt. 5. Berücksichtigt man die Grösse des Verschuldens des Beklagten und des Mitverschuldens des Klägers, so rechtfertigt es sich, unter beiden Gesichtspunkten zusammen, den Beklagten nur zum Ersatz der Hälfte des Schadens zu verurteilen. 6. Der Beklagte bringt gegen die Zusprechung von Schadenersatz für dauernde Verminderung der Arbeitsfähigkeit vor, die vom Sachverständigen festgestellte und der vorinstanzlichen Schadensberechnung zugrunde liegende zwanzigprozentige Einschränkung der Beweglichkeit des linkes Beines habe für den Kläger keine Erwerbseinbusse zur Folge. Das Obergericht stellt indessen fest, dass der Kläger bis zum Unfall als Prokurist der Banca Agricola Milanese mit der Liegenschaftsverwaltung betraut war, in dieser Eigenschaft fast täglich Reisen zu den neunundzwanzig Zweigniederlassungen zu unternehmen hatte und nun im Innendienst verwendet werden muss, weil er seine frühere Tätigkeit BGE 82 II 25 S. 34 nicht mehr ausüben kann. Der Übertritt des Klägers in den Innendienst als Folge des Unfalles wird denn auch vom Beklagten nicht bestritten. Dieser will nur nicht gelten lassen, dass das Einkommen des Klägers und sein wirtschaftliches Fortkommen dadurch gelitten haben. Aus dem vom Beklagten angerufenen gedruckten Personalverzeichnis des Ufficio economato der Banca Agricola Milanese ergibt sich indessen nur, dass der Kläger an erster Stelle steht. Ob seine Besoldung schon den Höchststand erreicht habe oder ob er in eine obere Gehaltsklasse eingereiht werden könnte, ist der Urkunde nicht zu entnehmen. Auch der angerufene Brief der Bank vom 19. September 1953 sagt nur, dass dem Kläger im Jahre 1952 das in der Klage geltend gemachte Jahreseinkommen von Lire 1'950,000 ausbezahlt werde. Dass er im Innendienst weiter vorwärts kommen werde, steht nicht fest. Gerade der vom Beklagten angerufene, aber nicht vollständig angeführte Nachtrag des ärztlichen Gutachtens vom 16. Dezember 1954 sagt, der Kläger sei nicht so sehr in der Ausübung seiner Tätigkeit als Bankprokurist als vielmehr und insbesondere in seiner Eigenschaft als Oberintendant und Inspektor für Bauarbeiten behindert. Die Auffassung des Obergerichts, die dauernde Beeinträchtigung im Gebrauch des linken Beines vermindere seine Arbeitsfähigkeit um 10% und entsprechend auch sein wirtschaftliches Fortkommen, widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung nicht. Ein körperlich behinderter Mann ist erfahrungsgemäss auch im Innendienst einer Bank in seiner Arbeit beeinträchtigt und hat daher weniger Aussicht auf Beförderung, zumal im vorgerückten Alter des Klägers, der 1908 geboren worden ist. Mit zunehmendem Alter wird der Kläger möglicherweise sogar mit grösseren Schwierigkeiten rechnen müssen. Weitere Einwendungen gegen die vorinstanzliche Schadensberechnung erhebt der Beklagte nicht, insbesondere auch nicht solche gegen die Berechnung des Dauerschadens, die denn auch der neuen bundesgerichtlichen Rechtsprechung zur Ermittlung des Barwertes von Invalidenrenten BGE 82 II 25 S. 35 ( BGE 81 II 42 ff.) entspricht. Das Obergericht hat folgende Schadensposten in Rechnung gestellt: Konkret berechneter Verdienstausfall vom 13. Januar 1952 - 4. Juli 1955 Fr. 4'743.55 Zins davon zu 5% vom 8. Oktober 1953 (mittlerer Termin) - 4. Juli 1955 " 411.70 Barwert einer Rente von jährlich Fr. 1433.50 am 4. Juli 1955 (Alter des Berechtigten 47 Jahre) Fr. 19'567.30 zusammen Fr. 24'722.55 Heilungskosten " 3'859.10 Gesamtschaden Fr. 28'581.65 Von diesem Gesamtbetrage hat der Beklagte dem Kläger die Hälfte, d.h. Fr. 14'290.80, zu ersetzen. Die halben Heilungskosten, nämlich Fr. 1929.55, sind seit dem Unfalltage zu verzinsen, der übrige Schadenersatz seit 4. Juli 1955, beide Beträge zu 5%. 7. Das Obergericht hat dem Kläger Fr. 1000.-- als Genugtuung zugesprochen in der Meinung, dieser Betrag liege an der unteren Grenze dessen, was der Kläger beanspruchen könne, doch bestehe aus prozessualen Gründen keine Möglichkeit der Erhöhung. Demgegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, die Voraussetzungen für den Zuspruch einer Genugtuung fehlten. Die Folgen des Unfalles waren indessen schwer. Der Kläger war an ein langes und schmerzhaftes Krankenlager gebunden. Er konnte seine Arbeit erst nach fünf Monaten vollständig aufnehmen. Dazu kommt die dauernde Beeinträchtigung im Gebrauch des linken Beines. Das leichte Mitverschulden des Klägers am Unfall steht nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung dem Anspruch auf Genugtuung nicht im Wege, da die Fahrlässigkeit des Beklagten deutlich überwiegt ( BGE 54 II 17 f., 469; BGE 55 II 322 ; BGE 63 II 346 ; BGE 72 II 266 ). Auch was die Höhe des zugesprochenen Betrages betrifft, hält das angefochtene Urteil vor BGE 82 II 25 S. 36 Art. 47 OR stand. Der Betrag ist vom Tage des Unfalles an zu 5% zu verzinsen. 8. Der Beklagte beantragt Abweisung der Klage in vollem Umfange, somit auch die Aufhebung des Vorbehaltes einer Nachklage gemäss Art. 46 Abs. 2 OR . Inwiefern dieser Vorbehalt nicht berechtigt sei, führt er aber nicht aus. Das Obergericht hat ihn denn auch mit Recht in das Urteil aufgenommen, stellt es doch verbindlich fest, dass der Jewett-Stift im operierten Oberschenkel entfernt werden müsse und der Kläger somit vor einer Nachoperation stehe, die nicht ganz harmlos sei. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Berufung wird dahin teilweise gutgeheissen, dass der dem Berufungsbeklagten zugesprochene Betrag auf Fr. 15'290.80 nebst Zins zu 5% von Fr. 2929.55 seit 13. Januar 1952 und von Fr. 12'361.25 seit 4. Juli 1955 herabgesetzt wird. 2.- Soweit die Berufung weiter geht, wird sie abgewiesen und das Urteil des Obergerichts des Kantons Solothurn vom 4. Juli 1955 bestätigt.
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Urteilskopf 108 II 405 78. Sentenza del 2 dicembre 1982 della II Corte civile nella causa AX contro BX, CX e II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino (ricorso di diritto pubblico)
Regeste Das Versprechen, einen Erbvertrag abzuschliessen, ist nichtig, gleichgültig ob es in einer Vereinbarung über die Nebenfolgen der Scheidung oder in einem Schiedsgerichtsurteil enthalten ist. 1. Schiedsgerichtsurteile können weder unmittelbar noch im Anschluss an einen kantonalen Rechtsmittelentscheid mit staatsrechtlicher Beschwerde angefochten werden (Bestätigung der Rechtsprechung; E. 1). 2. Das Versprechen, einen Erbvertrag abzuschliessen, ist unvereinbar mit dem Schutz der Persönlichkeit, wie ihn Art. 27 ZGB garantiert (E. 2); die Nichtigkeit einer solchen Verpflichtung ist von Amtes wegen festzustellen (E. 3).
Sachverhalt ab Seite 405 BGE 108 II 405 S. 405 Il matrimonio fra il dott. AX e BX fu sciolto per divorzio l'8 ottobre 1969 dal Pretore, che omologò la convenzione sulle BGE 108 II 405 S. 406 conseguenze accessorie stipulata dalle parti il 7 ottobre 1969. L'unica figlia, CX, fu attribuita all'autorità parentale della madre. Il dott. AX passò a nuove nozze il 15 maggio 1971; dal matrimonio nacque una figlia, DX. Il 2 giugno 1978 BX e CX, da una parte, con AX, dall'altra, sottoscrissero un compromesso arbitrale e deferirono al dott. Z, giudice d'appello, le contestazioni sorte sulla convenzione 7 ottobre 1969. Nella stessa, AX si era obbligato a concludere, fra l'altro, un contratto successorio con la figlia CX e a lasciare a quest'ultima alcuni beni mobili e immobili. L'arbitro unico accertò il diritto della figlia CX di ricevere, alla morte del padre, i beni pattuiti alla stregua di una legataria, riconoscendole in particolare il diritto al risarcimento del valore non percepito ove gli oggetti del legato non fossero stati devoluti liberi da gravami. Il dott. AX insorse alla II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino, cui domandò di annullare il lodo. La corte condivise il giudizio dell'arbitro e respinse il ricorso per nullità il 13 maggio 1982. Introdotto un ricorso di diritto pubblico al Tribunale federale, il dott. AX propone l'annullamento del lodo arbitrale e della sentenza di secondo grado. BX e CX auspicano la reiezione del ricorso. Erwägungen Considerando in diritto: 1. La possibilità di impugnare la decisione della giurisdizione superiore con quella dell'istanza inferiore presuppone, anzitutto, che quest'ultima decisione emani da un'autorità cantonale. La II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino si è pronunciata come giurisdizione di ricorso per nullità giusta gli art. 3 lett. f e 36 del concordato intercantonale sull'arbitrato (SR 279), vigente nel Cantone Ticino a norma dell' art. 455 CPC . Il lodo dell'arbitro non costituisce invece una decisione cantonale a norma dell' art. 84 cpv. 1 OG e non può dunque formare oggetto di un ricorso di diritto pubblico, né direttamente, né attraverso il giudizio di nullità ( DTF 107 Ib 64 consid. 1, DTF 105 Ib 432 consid. 1, DTF 103 Ia 357 consid. 1b con rinvii). Nella misura in cui il ricorrente postula l'annullamento del lodo arbitrale, e non soltanto della sentenza cantonale, il rimedio in esame riesce d'acchito inammissibile. 2. La controversia verte, in questa sede, sull'impegno assunto dal dott. AX, nella convenzione 7 ottobre 1969, di concludere un contratto successorio con la figlia CX. Gli altri punti del lodo non sono in contestazione. BGE 108 II 405 S. 407 a) L'arbitro unico ha giudicato processualmente tardiva e infondata nel merito l'eccezione di nullità sollevata dall'interessato riguardo all'obbligo di stipulare un contratto successorio, rilevando che il requisito formale prescritto dagli art. 512 cpv. 1 e 499 CC non trova applicazione ove il negozio giuridico sia contenuto in una convenzione sulle conseguenze accessorie, divenuta parte integrante della sentenza di divorzio. L'arbitro ha riconosciuto perciò alla figlia CX il diritto di esigere l'adempimento dell'obbligo. L'eventuale lesione della quota legittima spettante alla seconda moglie e alla figlia nata dal secondo matrimonio si sarebbe potuta decidere solo all'apertura della successione. Richiamandosi inoltre alla sentenza pubblicata in DTF 97 II 48 , secondo cui un contratto preliminare consente di chiedere in giudizio la conclusione del contratto principale, l'arbitro ha accertato la medesima facoltà a beneficio di CX, surrogando in proposito la dichiarazione di volontà del padre. Il Tribunale di appello non ha ritenuto arbitraria la conclusione che, nella specie, il lodo sostituisse la dichiarazione di volontà che il promettente si è rifiutato di dare. La sentenza della I Corte civile cui si riferiscono l'arbitro e i giudici ( DTF 97 II 48 ) concerneva una promessa di vendita immobiliare. Il Tribunale federale ha precisato allora che il contratto preliminare ( art. 22 CO ) permette di interporre non soltanto l'azione di risarcimento, ma anche l'azione di condanna alla stipulazione del contratto principale; il giudizio equivale in tal caso alla dichiarazione di volontà rifiutata dal promettente. L'applicazione del medesimo principio a una disposizione per causa di morte si rivela invece apertamente insostenibile. L' art. 509 cpv. 1 CC stabilisce che un testamento può essere revocato o modificato in ogni tempo in una delle forme prescritte per la sua confezione. La norma, di carattere imperativo, tutela la facoltà di disporre del testatore: un ipotetico obbligo di non revocare sarebbe nullo sin dall'inizio (TUOR, Berner Kommentar, 2a edizione, nota 3 ad art. 509 CC ; ESCHER, Zürcher Kommentar, 3a edizione, nota 1 ad art. 509 CC ; PIOTET, Droit successoral, in: Traité de droit privé suisse, vol. IV, pag. 224 nota 1), così come sarebbe nullo un eventuale impegno di far testamento o di costituire una disposizione per causa di morte secondo una determinata forma. Il contratto successorio non soggiace per contro alla libera revoca del disponente e non può essere sciolto che a precise condizioni ( art. 513 a 515 CC): in quest'ambito esso BGE 108 II 405 S. 408 vincola la facoltà di disporre di una persona ( art. 494 cpv. 1 CC ). Talune legislazioni straniere vietano, di conseguenza, la conclusione di patti successori (si veda l' art. 458 del Codice civile italiano), oppure ne limitano l'ammissibilità ai coniugi o alle convenzioni matrimoniali (§ 602, 1049 e 1050 ABGB, art. 1082 e 1093 del Codice civile francese). La circostanza che il disponente possa obbligarsi direttamente a lasciare la sua successione o un legato alla controparte o a un terzo non significa tuttavia ch'egli possa negoziare anche la propria capacità di disporre e impegnarsi in modo indiretto a sottoscrivere, in futuro, un contratto successorio. La sola promessa di concludere un simile contratto lede la capacità di disporre, che è parte della capacità civile (EGGER, Zürcher Kommentar, 2a edizione, note 12 e 13 ad art. 27 CC ). Una pattuizione del genere, contravvenendo alla protezione della personalità, è giuridicamente irrilevante (TUOR, op.cit., nota 12 dell'introduzione all' art. 494 CC ; BECKER, Berner Kommentar, 2a edizione, nota 3 ad art. 22 CO ; VON TUHR/PETER, Allgemeiner Teil des schweizerischen OR, vol. I, pag. 258 nota 55b). La dichiarazione d'ultima volontà, sia essa contenuta in un testamento o in un contratto successorio, è inoltre un diritto altamente personale che esclude ogni forma di rappresentanza (PIOTET, op.cit., pag. 76 e 250; GROSSEN, Das recht der Einzelpersonen, in: Schweizerisches Privatrecht, vol. II, pag. 313). Non può quindi essere espressa da terzi e nemmeno dal giudice, il quale - diversamente dai contratti fra vivi - non può sostituirsi al disponente e decidere, in particolare, che cosa spetti al legatario in base a un contratto mai sorto. Nella Repubblica federale tedesca, che conosce l'istituto del contratto successorio, la capacità di disporre è protetta dal § 2302 BGB, che sancisce la nullità di contratti successori preliminari; tale norma configura persino una prescrizione d'ordine pubblico nell'ambito del diritto internazionale privato (LANGE/KUCHINKE, Lehrbuch des Erbrechts, 2a edizione, pag. 45; cfr. altresì PALANDT, BGB, 41a edizione, pag. 2047; SOERGEL/SIEBERT/JÜRGEN, BGB, vol. VII, 11a edizione, pag. 1066; BGB, Kommentar herausgegeben von den Mitgliedern des Bundesgerichtshofes, 12a edizione, nota 1 al § 2302). Il ricorrente osserva a giusto titolo, del resto, che sarebbe insostenibile condannarlo a stipulare un contratto successorio con la figlia CX proprio quando siffatta disposizione lederebbe con ogni probabilità la quota legittima sia della seconda moglie sia della figlia nata dal secondo matrimonio, e rinvierebbe a priori BGE 108 II 405 S. 409 queste ultime all'azione di riduzione. Né riesce applicabile, in concreto, l' art. 516 CC , che attiene a casi in cui il disponente abbia già costituito un testamento o un contratto successorio prima di passare a nuove nozze. Tale condizione non si è manifestamente verificata. La nullità della promessa di stipulare un contratto successorio rende superfluo esaminare se, come afferma la corte cantonale, simile obbligo sfugga al requisito formale dell' art. 512 CC . 3. L'eccezione di nullità opposta dal convenuto è stata giudicata, per di più, processualmente tardiva dall'arbitro. Nel ricorso per nullità l'interessato ha ribadito l'illiceità dell'impegno assunto, ma non si è espresso sulla tempestività dell'eccezione. Ora, la rinuncia parziale o totale alla capacità civile è nulla nel senso dell' art. 20 CO ( art. 27 cpv. 1 CC ). La nullità di un atto giuridico va rilevata d'ufficio (OSER/SCHÖNENBERGER, Zürcher Kommentar, 2a edizione, nota 55 ad art. 20 CO ; VON TUHR/PETER, op.cit., pag. 225 note 19 e 20; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, pag. 205; KELLER/SCHÖBI, Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, vol. I, pag. 114). Identico principio vige ove un contratto sia contrario all' art. 27 CC e l'interessato rifiuti di adempiere l'obbligo assunto (BUCHER, Schweizerisches OR, Allgemeiner Teil, pag. 238). Ne discende che la nullità della promessa di sottoscrivere un contratto successorio non dipende da eccezioni di sorta e doveva in ogni modo essere ravvisata d'ufficio. 4. La corte cantonale, adita come autorità di ricorso per nullità, non ha considerato arbitrario il lodo impugnato. Omettendo in modo insostenibile di annullare un lodo sorretto da una figura giuridica palesemente illecita (la promessa di costituire un contratto successorio), essa è a sua volta incorsa nell'arbitrio (art. 36 lett. f del concordato intercantonale sull'arbitrato; DTF 105 Ib 436 consid. 4b). La nullità del contratto successorio preliminare implica la decadenza, per la legataria, delle altre pretese di carattere ereditario, e segnatamente della facoltà di esigere il risarcimento del valore non percepito qualora gli oggetti del legato non fossero devoluti liberi da gravami. Dispositiv Per questi motivi il Tribunale federale pronuncia: Nella misura in cui è ammissibile, il ricorso è accolto e la sentenza emanata il 13 maggio 1982 dalla II Camera civile del Tribunale di appello del Cantone Ticino è annullata.
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Urteilskopf 80 II 150 22. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 23. März 1954 i.S. Wydler gegen J. Müller & Co. A.-G.
Regeste Art. 13 und 19 HRAG. Die Nichtigkeit einer Abrede, nach welcher der Auslagenersatz in der Provision eingeschlossen ist, setzt voraus, dass der Reisende in seinen berechtigten Interessen verkürzt wurde.
Sachverhalt ab Seite 150 BGE 80 II 150 S. 150 Vom Dezember 1936 bis Ende Dezember 1950 betätigte sich Hermann Wydler als Reisevertreter der Möbelfabrik J. Müller & Co. A.-G. Die Anstellungsbedingungen gewährten ihm eine Auftragsprovision, welche als Entgelt und Auslagenersatz gedacht war. Nach der Auflösung des Dienstverhältnisses belangte Wydler im März 1951 seine frühere Arbeitgeberin auf Bezahlung von Provisionsguthaben zuzüglich Spesenersatz. Die Gerichte des Kantons Thurgau'das Obergericht mit Urteil vom 22. Oktober 1953, wiesen die Klage ab. Auf die Berufung des Klägers hin, mit welcher nur noch am Provisionsanspruch festgehalten wurde, hebt das Bundesgericht das angefochtene Erkenntnis auf und weist die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. BGE 80 II 150 S. 151 Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Art. 13 Abs. 2 HRAG verbietet im Anwendungsgebiet dieses Gesetzes eine vertragliche Abrede, dass der Ersatz für notwendige Auslagen des Reisenden im festen Gehalt oder in der Provision ganz oder teilweise inbegriffen sein soll. Hiezu wurde in BGE 74 II 62 f. ausgeführt, dass eine abweichende Abmachung als Ganzes dahinfalle, alsdann die Rechtslage gleich sei, wie wenn eine Regelung überhaupt unterblieben wäre, und demzufolge der Richter im Sinne von Art. 3 Abs. 2 und 9 Abs. 2 HRAG neben dem Auslagenersatz die ein angemessenes Entgelt für die Dienstleistung des Reisenden ergebende Provision zu bestimmen habe. Doch hat die Vorinstanz diese Grundsätze zu Unrecht auf die Auseinandersetzung zwischen den Parteien übertragen. Sie stehen unter der selbstverständlichen - und hier, wie die vorgenommenen Erhebungen zeigen, nicht erfüllten - Voraussetzung, dass der Reisende durch das fragliche Abkommen in seinen berechtigten Interessen verkürzt wurde. Sonst ist keine Nichtigkeit gegeben. Das erhellt ohne weiteres aus Art. 19 Abs. 1 HRAG, wo ausdrücklich vorgesehen ist, dass gewisse Vorschriften des Gesetzes, zu denen Art. 13 zählt, nicht "zuungunsten des Reisenden" geändert werden dürfen. Freilich mag es zunächst als einigermassen befremdlich erscheinen, dass dergestalt die Nichtigkeit einseitig nur zum Vorteil des Reisenden eintritt. Allein solche Verschiedenheit in der Wirkung deckt sich mit Inhalt und Zweck dieses betont dem Schutze des Reisenden dienenden Spezialgesetzes. 3. Anhand des Gutachtens Mächler räumt die Vorinstanz zumindest als möglich ein, dass der Kläger bei Zugrundelegung der vereinbarten Provisionsansätze noch eine Restforderung habe. Sie lehnt deren Zuspruch mit der Begründung ab, der Kläger könne sich nicht auf die vertragliche Bindung stützen, da letztere gesamthaft nichtig sei. Beigefügt ist, es werde damit allerdings die Vertragsfreiheit berührt, aber der Kläger, "der sich während BGE 80 II 150 S. 152 des Prozesses bezüglich der Spesenentschädigung auch nicht auf die Vertragsfreiheit berufen hat", müsse das hinnehmen. Diese Auffassung hält nach dem oben Dargelegten nicht stand. Die Vorinstanz verkennt, dass die Parteirechte im Geltungsbereich des HRAG ungleich sind. Weil dem so ist, kann auch nicht gesagt werden, dass ein anderslautender Entscheid die "ungerechte Prämierung eines unkorrekten Verhaltens des Klägers" bedeuten würde. Endlich bleibt, jedenfalls nachdem der Kläger auf die Spesenersatzforderung verzichtet hat, in Ansehung der klaren Bestrebungen des HRAG auch für eine Heranziehung des Art. 2 ZGB vorliegend kein Raum.
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Urteilskopf 133 III 669 92. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit civil dans la cause X. contre N. SA (recours en matière civile) 4A_285/2007 du 8 novembre 2007
Regeste Art. 77 Abs. 1 VVG ; Widerruf einer Begünstigungsklausel. Das Recht, eine Begünstigungsklausel zu widerrufen, erlöscht mit dem Tod des Versicherungsnehmers; es geht nicht auf die Erben über (E. 2-5).
Sachverhalt ab Seite 670 BGE 133 III 669 S. 670 H.Y. et F.Y. se sont mariés en 1965. Ils eurent deux enfants, A.Y. en 1967 et B.Y. en 1975. Par testament daté du 23 avril 1981, H.Y. a attribué l'usufruit de tous ses biens à son épouse et il a institué pour héritiers les deux enfants, à parts égales entre eux. Dès 1986, séparé de son épouse, H.Y. a noué une relation intime avec X.; il vivait désormais avec elle. Il est décédé le 20 novembre 2001 à l'âge de soixante-et-un ans. Le 6 avril 1994, la société d'assurances M. SA a émis une police n° 9400172 relative à une assurance mixte survie et décès sur deux têtes. H.Y. était le preneur d'assurance. Celui-ci et X. étaient l'un et l'autre assurés. L'assureur promettait une rente mensuelle de 1'881 fr. dès le 31 mars 2005 et aussi longtemps que vivrait l'un ou l'autre des assurés. Un capital de restitution, décroissant en fonction des prestations périodiques déjà versées, était dû au décès des deux assurés. Ceux-ci étaient désignés bénéficiaires de la rente; trois autres personnes étaient désignées bénéficiaires du capital de restitution. L'assureur percevait une prime unique au montant de 300'000 francs. Par la suite, M. SA a fusionné avec la société N. SA qui lui a succédé. Le 23 septembre 2002, après le décès de leur père et mari, A.Y., B.Y. et F.Y. ont communiqué à l'assureur qu'ils désignaient cette dernière pour succéder au défunt en qualité de preneur d'assurance. F.Y. se désignait elle-même en qualité de bénéficiaire de la rente; elle désignait les enfants en qualité de bénéficiaires du capital de restitution. Elle exerçait par ailleurs le droit au rachat; en conséquence, l'assureur remboursa 300'000 fr. aux héritiers et il émit une nouvelle police remplaçant celle d'origine. Toujours sur la tête de X. et différée au 31 mars 2005, la rente s'élèverait à 645 fr. par mois; le preneur et les bénéficiaires étaient ceux nouvellement désignés. Le 26 avril 2005, X. a ouvert action contre N. SA devant le Tribunal de première instance du canton de Genève. Sa demande tendait à faire "rétablir" la police n° 9400172 dans sa teneur d'origine. La défenderesse devait être condamnée au versement d'une rente viagère mensuelle au montant de 2'045 fr. dès le 31 mars 2005, à augmenter des "excédents accumulés depuis 2001"; les mensualités échues devaient porter intérêts au taux de 5 % par an dès la date moyenne entre le 31 mars 2005 et le jour du jugement. La défenderesse a conclu au rejet de l'action. BGE 133 III 669 S. 671 Le tribunal s'est prononcé le 23 novembre 2006; il a donné gain de cause à la défenderesse. Selon son jugement, le rapport d'assurance s'est poursuivi après le décès du preneur H.Y.; ses héritiers se sont substitués à lui avec tous les droits et obligations correspondants, y compris le droit de modifier la clause bénéficiaire et de faire racheter le contrat par la défenderesse; par conséquent, au jour de l'événement assuré, soit la survie de la demanderesse au 31 mars 2005, celle-ci ne pouvait plus prétendre à aucune prestation. Statuant le 8 juin 2007 sur l'appel de la demanderesse, la Cour de justice a confirmé ce jugement. Agissant par la voie du recours en matière civile, la demanderesse a saisi le Tribunal fédéral de conclusions semblables à celles prises dans les instances précédentes. Le Tribunal fédéral a partiellement admis le recours; il a réformé l'arrêt de la Cour de justice en ce sens que la défenderesse doit verser à la demanderesse une rente viagère mensuelle de 1'881 fr. dès le 31 mars 2005, avec intérêts au taux de 5 % par an sur les mensualités échues. Erwägungen Extrait des considérants: 2. Il est constant que H.Y. et M. SA se sont liés par un contrat d'assurance dont les clauses étaient celles de la police n° 9400172. La contestation a pour objet de déterminer si F.Y, A.Y. et B.Y. ont valablement pu, en leur qualité d'héritiers du preneur d'assurance, révoquer les clauses prévues en faveur de la demanderesse. La Cour de justice a statué sur la base des art. 76 et 77 al. 1 de la loi fédérale sur le contrat d'assurance (LCA; RS 221.229.1), relatifs à la clause bénéficiaire dans les assurances de somme. Selon ces dispositions, le preneur d'assurance a le droit de désigner un tiers en qualité de bénéficiaire des prestations, même sans l'assentiment de l'assureur (art. 76); s'il a fait usage de cette faculté, il peut néanmoins disposer librement, soit entre vifs soit pour cause de mort, du droit découlant de l'assurance (art. 77 al. 1). La désignation d'un bénéficiaire est une manifestation de volonté unilatérale du preneur, que celui-ci, s'il ne s'est pas lié envers ce bénéficiaire dans la forme prévue par l' art. 77 al. 2 LCA , peut librement révoquer, remplacer ou modifier ( ATF 131 III 646 consid. 2.2 p. 649). Consacré par l' art. 78 LCA , le droit du bénéficiaire prend naissance dès sa désignation; il est grevé d'une condition résolutoire dont l'objet est l'exercice, par le preneur d'assurance, de son droit de révocation ( ATF 112 II 157 consid. 1b p. 160). BGE 133 III 669 S. 672 3. Selon son argumentation principale, la demanderesse soutient qu'en sa qualité d'assurée, c'est elle qui avait le droit de désigner, si elle le souhaitait, un bénéficiaire selon l' art. 76 LCA . Ce droit n'appartenait prétendument pas à H.Y. et, en vertu de l' art. 112 al. 3 CO concernant la stipulation pour autrui parfaite, il ne dépendait plus de celui-ci, ni, après lui, de ses héritiers, de lui retirer ce droit ni aucune des autres prétentions conférées par le contrat. Il est vrai que selon la jurisprudence, le preneur d'assurance peut éventuellement contracter une assurance de somme pour le compte d'un tiers, en ce sens que le droit de désigner un bénéficiaire appartiendra ensuite à ce tiers. Le Tribunal fédéral l'a admis dans le cas de l'éditeur d'un périodique qui, pour stimuler la souscription d'abonnements, contractait une assurance de capitaux à verser aux abonnés par suite des accidents qui leur surviendraient. L'intérêt assuré, soit la protection contre les conséquences économiques des accidents, était propre à chacun des abonnés et entièrement étranger aux affaires du preneur d'assurance ( ATF 61 II 274 consid. 2 p. 277). On ne voit rien de semblable en l'espèce, où H.Y. a souscrit l'assurance pour renforcer sa propre prévoyance vieillesse et celle de la personne dont il partageait alors l'existence. Sa situation et ses objectifs rentraient exactement dans la prévision de l' art. 76 LCA . L' art. 112 CO n'est d'aucune pertinence pour déterminer si après son décès, la clause adoptée en faveur de la demanderesse pouvait encore être révoquée conformément à l' art. 77 al. 1 LCA . 4. Subsidiairement, la demanderesse soutient que le droit de révoquer la clause bénéficiaire, consacré par cette dernière disposition légale, s'est éteint au décès de H.Y. et qu'il ne s'est point transmis à ses héritiers. Elle fait valoir que selon un arrêt rendu en 1986, qui concernait un cas d'assurance au décès sur la tête du preneur, la clause bénéficiaire déploie ses effets alors même que la succession est répudiée et se révèle insolvable; le droit de révocation n'existe plus après le décès du preneur et ce droit n'entre donc pas dans la masse en faillite de sa succession ( ATF 112 II 157 ). La Cour de justice a discuté la portée de ce précédent; elle a retenu qu'il vise seulement le cas de l'assurance au décès sur la tête du preneur, tandis que si, comme en l'espèce, le décès du preneur ne coïncide pas avec l'événement assuré, le rapport d'assurance passe à ses héritiers avec tous les droits qui en dépendent, y compris le droit de révoquer une clause bénéficiaire. Contestant cette distinction, la BGE 133 III 669 S. 673 demanderesse tient le droit de révocation pour intransmissible quel que soit l'événement assuré. Certains auteurs considèrent que le droit de révocation est strictement personnel, ou non pécuniaire, et que par conséquent, ce droit ne passe pas aux héritiers du preneur, cela même si le rapport d'assurance se poursuit après son décès (WERNER BLAUENSTEIN, Jurisprudence récente concernant la désignation d'un bénéficiaire dans un contrat d'assurance sur la vie, Revue suisse d'assurances [RSA] 61/ 1993 p. 148, 150/151; PHILIPPE REYMOND, Contrat d'assurance mixte, clause bénéficiaire et exécution forcée. Quelques réflexions suggérées par l'arrêt Pinkas [ ATF 112 II 157 ss, JdT 1987 I 98 ], JdT 1987 I p. 109, 112; KARL SPIRO, Verpfändung und Begünstigung bei Lebensversicherungen, in Festgabe für Max Gerwig, Bâle 1960, p. 147, 151; CARL JAEGER, Kommentar zum Schweizerischen Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, vol. III, Berne 1933, ch. 6 ad art. 77 LCA ; MARIUS NICOLE, Assurances sur la vie au profit de tiers et créanciers du preneur, thèse Lausanne 1921, p. 40, 43 et 44; WALTHER BRÜHLMANN, Die Stellung des Begünstigten beim Lebensversicherungsvertrage, RDS 1910 p. 35, 72). Le Tribunal fédéral ne s'est pas prononcé à ce sujet; toutefois, selon un arrêt de 1915, la liberté de révoquer une clause bénéficiaire est un droit strictement personnel du preneur d'assurance, en ce sens que si le preneur devient durablement incapable de discernement et que l'exercice des droits civils lui est pour ce motif retiré, son tuteur, même avec le concours de l'autorité tutélaire, n'a pas le pouvoir de révoquer la clause bénéficiaire qu'il avait adoptée avant son incapacité ( ATF 41 II 553 consid. 1 p. 555). Contrairement à ce qu'indique la Cour de justice, le Tribunal fédéral n'a pas abandonné cette jurisprudence par un arrêt du 5 mars 1935. Dans une cause soumise au droit d'un Etat étranger, droit dont la teneur n'était d'ailleurs pas établie, il a seulement jugé que l'ordre public suisse n'empêcherait pas l'application d'une règle étrangère divergeant de ladite jurisprudence (Arrêts de tribunaux civils suisses dans des contestations de droit privé en matière d'assurance, vol. VIII, n° 291). D'autres auteurs préconisent la distinction que la Cour de justice a opérée (RUDOLF KÜNG, Commentaire bâlois, 2001, n. 6 à 8 ad art. 77 LCA ; HANS VIKTOR GAUGLER, Kann bei der Versicherung auf fremdes Leben für den Fall des Todes des Versicherungsnehmers der Übergang des Versicherungsverhältnisses auf den Versicherten oder BGE 133 III 669 S. 674 einen Dritten mittels Begünstigung herbeigeführt werden?, RSA 53/ 1952 p. 281, 284; VILMAR ARNDT, La clause bénéficiaire des contrats d'assurance sur la vie individuels et collectifs et les droits des créanciers du preneur, thèse Neuchâtel 1939, p. 32 et 33; La liquidation par l'office des successions insolvables et ses effets sur la désignation du bénéficiaire d'une assurance sur la vie, RSA 46/1945 p. 360 ss; voir aussi WILLY KOENIG, Uebertragung des Lebensversicherungsanspruches an den Versicherten für den Fall des Ablebens des Versicherungsnehmers, RSA 42/1941 p. 178/179). Ceux-ci admettent que dans le cas de l'assurance au décès du preneur, ses héritiers ne peuvent pas révoquer la clause bénéficiaire en vue de s'approprier la prestation échue; ils n'expliquent pas pourquoi la situation est, selon eux, différente lorsque la prestation n'est pas échue. Plusieurs auteurs tiennent aussi, à l'instar de ceux-là, le droit de révocation pour intransmissible mais leurs études portent uniquement ou surtout sur l'assurance au décès du preneur (PHILIPPE AMSLER, Donation à cause de mort et désignation du bénéficiaire d'une assurance de personnes, thèse Berne 1979, p. 81; HANS HEILMANN, Der Vertrag zugunsten Dritter als schuldrechtliches Verfügungsgeschäft, RSJ 67/1971 p. 169, 173; FRITZ OSTERTAG, Das Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag, Zurich 1928, p. 50; ANDRÉ ROSSEL, Assurances en cas de décès et droit successoral, thèse Lausanne 1919, p. 68). L'arrêt de 1986 et deux autres plus anciens ( ATF 82 I 119 consid. 2 p. 126; 41 II 446 consid. 1 p. 454) se rapportaient aussi à cette hypothèse seulement. La distinction faite par la Cour de justice suppose que le droit de révocation soit en principe transmissible aux héritiers mais que la survenance de l'événement assuré - le décès du preneur - ait pour effet de rendre la clause bénéficiaire irrévocable. Or, il est au contraire admis que le preneur d'assurance, s'il est en vie, peut révoquer la clause bénéficiaire même après l'événement assuré, aussi longtemps que l'assureur n'a pas payé au bénéficiaire désigné ( ATF 82 I 119 consid. 2 p. 126; KÜNG, op. cit., n. 19 ad art. 77 LCA ). La survenance de l'événement n'a donc pas d'incidence sur la clause bénéficiaire. A cela s'ajoute que le preneur peut désigner le bénéficiaire de diverses manières, y compris par une disposition pour cause de mort ( ATF 61 II 274 consid. 3 p. 279; KÜNG, op. cit., n. 3 ad art. 77 LCA ), et qu'en règle générale, les héritiers n'ont en principe pas la possibilité de modifier à leur gré une disposition de ce genre prise par celui à qui ils succèdent. Or, on ne discerne pas pourquoi les héritiers seraient au BGE 133 III 669 S. 675 contraire autorisés à modifier ou à révoquer la clause bénéficiaire lorsque celle-ci, faute d'être subordonnée au décès du preneur, a pris effet déjà avant l'ouverture de sa succession. En considération de ces éléments et du caractère strictement personnel que la jurisprudence a reconnu dès 1915 au droit de révocation régi par l' art. 77 al. 1 LCA , il faut retenir que ce droit ne se transmet pas aux héritiers du preneur d'assurance, cela également lorsque le décès de celui-ci ne coïncide pas avec l'événement assuré. 5. Il s'ensuit qu'en l'espèce, les volontés communiquées à la défenderesse par A.Y., B.Y et F.Y., le 23 septembre 2002, n'ont pu porter aucune atteinte au droit qui appartenait alors à la demanderesse selon l' art. 78 LCA . Ce droit subsiste donc, de sorte que la demanderesse est fondée à réclamer une rente viagère mensuelle au montant de 1'881 fr. dès le 31 mars 2005, selon les clauses initiales de la police n° 9400172; le recours sera admis en ce qui concerne cette prétention. La Cour de justice ne constate pas que M. SA ait promis, au titre de la "participation aux excédents", une rente viagère plus importante que celle spécifiée dans la police. La demanderesse ne prétend pas que les constatations de la Cour soient, sur ce point, incomplètes. Elle n'est donc pas autorisée à réclamer, devant le Tribunal fédéral, une rente mensuelle supérieure à 1'881 fr. Par ailleurs, M. SA a de toute évidence satisfait à son obligation, prévue par l' art. 11 LCA , d'établir et de remettre une police d'assurance; la défenderesse ne saurait donc être condamnée à "rétablir" la police n° 9400172. La demanderesse ayant annoncé ses prétentions déjà avant le 31 mars 2005, la défenderesse s'est trouvée en demeure dès cette date et elle doit donc des intérêts, au taux de 5 % par an, sur chacune des mensualités échues.
null
nan
fr
2,007
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1b413b77-5f2f-42d1-89dd-aff4910aa884
Urteilskopf 105 Ib 385 57. Extraits de l'arrêt de la IIe cour de droit public du 28 septembre 1979 dans la cause J. contre Conseil d'Etat du canton de Fribourg (recours de droit administratif)
Regeste Art. 14 Abs. 2 lit. c SVG . Auswirkung der Einnahme von Betäubungsmitteln und Medikamenten auf die Fähigkeit, ein Fahrzeug zu führen - Bedingungen, unter welchen der Führerausweis einer Person, die physisch oder psychisch von solchen Produkten abhängig ist, entzogen werden muss - Berücksichtigung neuer Tatsachen, insbesondere des Umstandes, dass der Betroffene wahrscheinlich geheilt ist, d.h. dass er während mindestens eines Jahres keine Betäubungsmittel zu sich genommen hat.
Sachverhalt ab Seite 385 BGE 105 Ib 385 S. 385 Le Tribunal fédéral a ordonné une expertise et l'a confiée au prof. P. Kielholz, directeur de la Clinique psychiatrique universitaire de Bâle, aux fins de déterminer les effets de la consommation de stupéfiants sur l'aptitude à conduire, en général et en ce qui concerne J. BGE 105 Ib 385 S. 386 Le 7 avril 1978, le prof. Kielholz et ses collaborateurs les prof. et Dr Rümmele, Ladewig et Hobi ont déposé leur rapport d'expertise qui a été complété encore le 2 mai 1979 par un rapport complémentaire, signé par le prof. Kielholz et par le Dr Rümmele, et consacré plus spécialement au cas concret du recourant. Il ressort en substance de ces expertises que les stupéfiants et parfois les médicaments tels que sédatifs, tranquillisants, neuroleptiques, antidépressifs, combinés anesthésiants, stimulants, narcotiques et hallucinogènes ont un effet négatif - dont la nature varie selon le produit ou la catégorie de celui-ci - sur le comportement du conducteur, au même titre que l'alcool. Il n'est cependant pas aussi facile qu'en cas d'alcoolémie de déterminer la limite à partir de laquelle, dans chaque cas, leur ingestion est incompatible avec la conduite d'un véhicule. En cas de dépendance physique ou psychologique à l'égard de l'un de ces produits, il convient de considérer que le permis de conduire doit être refusé de la même manière qu'en cas d'alcoolisme, car dans les deux hypothèses on est fondé à poser d'une manière générale un diagnostic défavorable sur le comportement de l'intéressé en tant que conducteur de véhicule. Lorsque la consommation des produits précités est répétée sans cependant être régulière ou que tout en étant régulière, elle porte sur de faibles quantités, il y a lieu malgré tout de considérer la dépendance comme probable, même si elle n'est pas établie. On ne saurait donc, dans l'une comme dans l'autre hypothèse, admettre que l'intéressé est vraisemblablement guéri et partant apte à recevoir un permis de conduire qu'au moment où, pendant un an au moins, il s'est abstenu de toute drogue. En ce qui concerne le recourant plus précisément, au moment où la mesure attaquée a été prise, il n'y avait pas un an qu'il avait cessé de s'adonner aux stupéfiants, si bien que même s'il n'est pas établi qu'il était sous dépendance, il répondait aux conditions posées à l'art. 14 al. 1 lettre c LCR. En revanche, il devait être considéré comme vraisemblablement guéri au regard de ce qui précède, lorsqu'il s'est présenté aux experts dans le cadre du complément d'expertise. Erwägungen Considérant en droit: 1. Il sied d'examiner en premier lieu si, au moment où elle a été rendue, la décision attaquée était fondée, du fait que, BGE 105 Ib 385 S. 387 s'adonnant à la boisson ou à tout autre forme de toxicomanie pouvant diminuer son aptitude à conduire (art. 14 al. 2 lettre c LCR), le recourant ne remplissait pas ou plus les conditions légales auxquelles l'octroi du permis de conduire est subordonné (art. 16 al. 1, 1re phrase LCR). a) La loi tient compte de l'incapacité momentanée du conducteur, en lui interdisant de conduire au moment de cette incapacité ( art. 31 al. 2 LCR ) et en sanctionnant la violation de cette interdiction ( art. 90 LCR , art. 16 al. 2 et 3 LCR ); la règle vaut aussi pour les effets momentanés d'une consommation de produits toxiques. b) En revanche, l'art. 14 al. 2 lettre c LCR vise un état plus ou moins durable de toxicomanie impliquant le risque que l'intéressé compromette la circulation routière lorsqu'il conduit. Il n'est de ce point de vue nullement nécessaire qu'il soit incapable de conduire au moment où la décision relative à l'octroi ou au retrait du permis est rendue; c'est le danger potentiel qui est décisif. La simple éventualité d'une mise en danger ultérieure ne suffit cependant pas. Il faut que l'état de dépendance à l'égard des toxiques soit tel que l'intéressé présente plus que toute autre personne le risque de se mettre au volant d'un véhicule dans un état - durable ou momentané - le rendant dangereux pour la circulation. D'une façon générale, la question de savoir si un conducteur est capable de conduire avec sécurité dépend essentiellement de la personnalité de l'intéressé et de l'ensemble des circonstances du cas particulier; elles relèvent dans une mesure importante de l'appréciation de l'administration, aussi le Tribunal fédéral n'intervient-il en cette matière qu'avec retenue ( ATF 103 Ib 33 et cit.). Toutefois, l'examen de l'incidence de la toxicomanie sur le comportement de l'homme comme conducteur en général exige des connaissances spéciales qui justifient le recours à une expertise sur les conclusions de laquelle le Tribunal fédéral est aussi bien en état de se prononcer que l'autorité de première instance. Il n'y a aucune raison en l'espèce de ne pas suivre l'avis des experts commis par le Tribunal fédéral, qui sont réputés dans leur spécialité, aussi bien en ce qui concerne les effets généraux de la toxicomanie que l'appréciation du cas du recourant. La jurisprudence du Tribunal fédéral relative à l'alcoolisme comme cause d'incapacité de conduire ( ATF 104 Ib 46 ) peut s'appliquer mutatis mutandis aux autres toxicomanies, compte tenu des différences dans les effets de ces BGE 105 Ib 385 S. 388 différents toxiques sur l'organisme humain, à la seule réserve que le plus souvent le juge devra faire appel à un expert pour établir les faits déterminants. En l'espèce, il résulte de l'expertise qu'en raison de sa toxicomanie au moment des décisions cantonales, le recourant présentait pour la sécurité routière un danger supérieur à celui d'un autre conducteur. Les décisions cantonales étaient donc fondées; à tout le moins l'autorité cantonale pouvait-elle l'admettre sans abuser de son pouvoir d'appréciation au sens de l' art. 104 lettre a OJ . 2. Il n'en résulte pas nécessairement que le recours doive être rejeté. En effet, en principe, saisi d'un recours de droit administratif contre une décision cantonale (du moins lorsqu'elle n'a pas été rendue par un tribunal cantonal ou une commission de recours selon l' art. 105 al. 2 OJ ), le Tribunal fédéral prend en considération les faits nouveaux et juge du mérite des prétentions qui lui sont soumises, au moment de sa décision (GRISEL, Droit administratif suisse p. 510 lettre a; GYGI, Verwaltungsrechtspflege und Verwaltungsverfahren im Bund, p. 114/115 et les arrêts cités par ces auteurs). En l'espèce, il résulte du second rapport d'expertise que le recourant s'est apparemment libéré de l'emprise des stupéfiants, vraisemblablement depuis 1977; il peut en conséquence être classé dans la catégorie des personnes vraisemblablement guéries au sens du premier rapport d'expertise. Dès lors que la décision attaquée n'est pas encore entrée en force, il n'y a plus de raison de retirer le permis du recourant, si bien que le recours doit être admis. On observe cependant qu'en cas de rechute, l' art. 16 al. 1 LCR sera sans autre applicable et que dans ce cas il ne pourra être restitué avant que le recourant n'ait établi au moyen de contrôles médicaux périodiques, ainsi que le propose l'Office fédéral de la police (cf. aussi ATF 103 Ib 34 ), qu'il s'est abstenu de stupéfiants pendant une année au moins.
public_law
nan
fr
1,979
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
1b48bac3-585b-45ab-bc40-20815b11b0d1
Urteilskopf 92 IV 113 29. Arrêt de la Cour de cassation pénale du 3 juin 1966 dans la cause Bidlingmeyer contre Ministère public du canton de Vaud.
Regeste Art. 21 Abs. 2 StGB . 1. Ist diese Bestimmung analog auf den Gehilfen anwendbar? Frage offen gelassen (Erw. 2). 2. Wo nach dem Gesetz von einer Bestrafung Umgang genommen werden darf, kann der Richter die Strafe auch nach freiem Ermessen mildern (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 113 BGE 92 IV 113 S. 113 A.- Le 20 février 1964, au début de la soirée, Paul Comte et Joseph Germann décidèrent, à l'instigation du second, de cambrioler un commerce de fromages au no 3 de la rue du Pré-du-Marché, à Lausanne. Ils rencontrèrent ensuite Charles Bidlingmeyer. Informé par Germann des intentions de ses deux interlocuteurs, Bidlingmeyer les accompagna. Tandis que Comte entreprenait de forcer la porte de l'arrière-magasin, Germann et Bidlingmeyer le masquèrent de leurs corps. Bidlingmeyer savait parfaitement ce que Comte était en train de faire. Il quitta ses deux comparses avant que la porte ne soit forcée. Cela fait, Germann et Comte entrèrent dans le local, forcèrent une seconde porte avant de pénétrer dans le magasin, où ils dérobèrent 3 fr. et deux saucissons. B.- Le 9 novembre 1965, le Tribunal de police correctionnelle du district de Lausanne a reconnu Germann et Comte, qui avaient perpétré encore d'autres méfaits, coupables de vol, vol manqué et tentative de vol, avec la circonstance aggravante du métier et en qualité d'affiliés à une bande. Il a condamné Bidlingmeyer, pour complicité de vol et, à raison d'autres actes BGE 92 IV 113 S. 114 commis en été et en automne 1963, pour complicité d'abus de confiance, à quatre mois d'emprisonnement, sous déduction de soixante-deux jours de détention préventive. C.- Saisie d'un recours de Bidlingmeyer, qui contestait sa complicité de vol ou prétendait, à tout le moins, qu'il s'était désisté, la Cour de cassation vaudoise l'a rejeté dans sa séance du 31 janvier 1966. D.- Contre cet arrêt, Bidlingmeyer se pourvoit en nullité au Tribunal fédéral. Erwägungen Considérant en droit: 1. (Sur le vu des constatations de l'autorité cantonale, le recourant a prêté assistance à ses deux comparses en sachant que ceux-ci commettaient les premiers actes d'exécution d'un vol; il est donc leur complice au sens de l'art. 25 C.P.). 2. A titre subsidiaire, le recourant prétend que, même si l'on admet qu'il connaissait le but visé par Comte et Germann, il devrait être exempté de toute peine en vertu de l'art. 21 al. 2 CP. Ayant quitté les lieux avant que Comte ait réussi à forcer la porte, il aurait, de son propre mouvement, renoncé à poursuivre jusqu'au bout son activité coupable et devrait bénéficier du traitement de faveur que la loi prévoit en cas de désistement. Point n'est besoin d'examiner aujourd'hui si l'on pourrait appliquer par analogie l'art. 21 al. 2 CP au complice. En masquant de son corps l'auteur de l'infraction, de façon à éviter qu'il ne fût découvert pendant qu'il se livrait aux premiers actes d'exécution de son crime, Bidlingmeyer a prêté intentionnellement assistance à Comte et Germann. Or il suffit, pour que la complicité soit consommée, que le participant secondaire ait favorisé intentionnellement la commission du crime ou du délit par l'auteur principal, même si le résultat eût été atteint sans son intervention (RO 78 IV 7, 88 IV 27). Ni la nature de l'aide apportée, ni les moyens utilisés, ni la durée de l'assistance ne sont déterminants. Peu importe, dès lors, que le recourant n'ait assisté ses comparses que durant un temps limité et non pas tout au long de leur entreprise. Aussi longtemps qu'il a masqué de son corps l'accusé Comte, il a accompli tous les actes qui le rendaient complice. Il a donc poursuivi jusqu'au bout son activité coupable. Le fait qu'il a quitté les lieux avant que Germann et Comte aient pénétré dans l'arrière-magasin BGE 92 IV 113 S. 115 n'équivalait pas à un désistement (arrêt du 9 février 1950 en la cause Oehle, consid. 3). 3. Au surplus, l'art. 21 al. 2 CP fût-il applicable, il demeurait loisible au juge cantonal d'exempter le coupable de toute peine ou de le condamner moins sévèrement en vertu des règles sur l'atténuation libre de la peine (art. 66 CP; cf. RO 74 IV 168). Le recourant ne prétend pas, avec raison, que les juridictions vaudoises aient abusé de leur pouvoir d'appréciation ou qu'elles en aient outrepassé les limites à cet égard. Dispositiv Par ces motifs, la Cour de cassation pénale: Rejette le pourvoi.
null
nan
fr
1,966
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1b50178c-616e-47fd-a83f-686b3b9bb529
Urteilskopf 126 V 1 1. Auszug aus dem Urteil vom 24. Januar 2000 i. S. B. gegen Ausgleichskasse Promea und Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich
Regeste Art. 29sexies Abs. 1 AHVG : Erziehungsgutschriften. Der Vormund, welcher ein unmündiges Kind in seiner persönlichen Obhut hat, ist dem Inhaber der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 29sexies Abs. 1 AHVG gleichzustellen. Er hat daher Anspruch auf Erziehungsgutschriften für die Zeit, während welcher das Kind in seiner Obhut gelebt hat.
Erwägungen ab Seite 1 BGE 126 V 1 S. 1 Aus den Erwägungen: 2. In BGE 125 V 245 hat das Eidg. Versicherungsgericht dargelegt, dass der Gesetzgeber den Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften nicht auf Pflegekindverhältnisse ausdehnen wollte und der Anspruch grundsätzlich davon abhängig ist, dass der Versicherte über eines oder mehrere Kinder die elterliche Gewalt im Sinne von Art. 296 ff. ZGB ausgeübt hat. Nach diesen Bestimmungen haben Pflegeeltern keine elterliche Gewalt, sondern lediglich die Befugnis, die leiblichen Eltern in der elterlichen Gewalt zu BGE 126 V 1 S. 2 vertreten, soweit es zur gehörigen Erfüllung ihrer Aufgaben angezeigt ist ( Art. 300 Abs. 1 ZGB ). Eine Ausnahme von der Voraussetzung der elterlichen Gewalt sieht das AHVG lediglich insofern vor, als der Bundesrat Vorschriften über die Anrechnung von Erziehungsgutschriften u.a. für den Fall erlassen kann, dass Eltern Kinder unter ihrer Obhut haben, ohne die elterliche Gewalt über sie auszuüben ( Art. 29sexies Abs. 1 lit. a AHVG ). Die vom Bundesrat gestützt hierauf erlassene Bestimmung von Art. 52e AHVV beschränkt sich darauf, einen Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften auch für Jahre vorzusehen, in denen Eltern Kinder in ihrer Obhut hatten, ohne dass ihnen die elterliche Gewalt zustand. Geregelt wird damit der Fall, dass den leiblichen Eltern, Stief- oder Adoptiveltern die elterliche Gewalt entzogen wurde, die Kinder jedoch einem Elternteil zur Pflege und Erziehung überlassen werden ( Art. 311 ff. ZGB ; vgl. hiezu BGE 112 II 21 Erw. 5). 3. a) Gesetz und Verordnung enthalten keine Bestimmung darüber, wie es sich hinsichtlich des Anspruchs auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften verhält, wenn ein Kind nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundet ist und faktisch unter der Obhut eines Vormundes oder einer Vormundin lebt. Nach Auffassung der Vorinstanz liegt diesbezüglich eine Lücke im Gesetz vor. Die Beschwerdeführerin bestreitet das Vorliegen einer Gesetzeslücke und macht geltend, sie habe als Vormundin seit dem 10. Mai 1968 im Sinne von Art. 29sexies AHVG die elterliche Gewalt über das Kind ausgeübt. Aus dem Gesetz ergäben sich keine Hinweise, dass nur leibliche Kinder einen Anspruch auf Erziehungsgutschriften zu begründen vermöchten. b) Gemäss Art. 29sexies Abs. 1 AHVG werden den Versicherten Erziehungsgutschriften für Jahre angerechnet, in welchen sie die elterliche Gewalt über eines oder mehrere Kinder ausgeübt haben, die das 16. Altersjahr noch nicht erreicht haben. Der Begriff der elterlichen Gewalt ist im Sinne von Art. 296 ff. ZGB zu verstehen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes und den Materialien beruht der Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften grundsätzlich auf einem Kindesverhältnis im Sinne von Art. 252 ff. ZGB . Anspruchsberechtigt sind daher nicht nur die leiblichen Eltern, sondern auch Adoptiveltern, nicht dagegen die Pflegeeltern ( BGE 125 V 246 Erw. 2a). Entgegen der von der Beschwerdeführerin vertretenen Meinung folgt aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht, dass ein Anspruch auf Anrechnung von Erziehungsgutschriften auch dann besteht, wenn ein Kind in der Obhut (Pflege und Erziehung) eines Vormundes steht. BGE 126 V 1 S. 3 Anderseits schliesst das Gesetz einen solchen Anspruch auch nicht aus. Zwar knüpft Art. 29sexies Abs. 1 AHVG an ein Kindesverhältnis an, setzt ein solches jedoch nicht ausdrücklich voraus. Massgebendes Abgrenzungskriterium bildet die elterliche Gewalt. Unter diesem Gesichtspunkt ist aber nicht von vornherein auszuschliessen, dass ein Anspruch auf Erziehungsgutschriften auch dann gegeben ist, wenn das nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundete Kind in der Obhut eines Vormundes steht, welchem nach Art. 405 Abs. 2 ZGB , unter Vorbehalt der Mitwirkung der Vormundschaftsbehörde, die gleichen Rechte zustehen wie den Eltern. Es liegt diesbezüglich auch kein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers vor, wie es für den Anspruch auf Erziehungsgutschriften bei Pflegeverhältnissen anzunehmen ist ( BGE 125 V 248 Erw. 3). 4. a) Nach Auffassung der Vorinstanz lässt es der klare Wille des Gesetzgebers nicht zu, der Beschwerdeführerin, welche nicht die elterliche Gewalt über ihren Neffen innegehabt und zudem ein Kostgeld erhalten habe, Erziehungsgutschriften anzurechnen. Das Bundesamt für Sozialversicherung hält dem zu Recht entgegen, dass - im Gegensatz zu den Pflegeeltern, welche lediglich die Befugnis haben, die Eltern in der elterlichen Gewalt zu vertreten, soweit es zur gehörigen Erfüllung ihrer Aufgaben angezeigt ist ( Art. 300 Abs. 1 ZGB ) - dem Vormund bei Unmündigkeit des Bevormundeten grundsätzlich die gleichen Rechte wie den Eltern zustehen, unter Vorbehalt der Mitwirkung der vormundschaftlichen Behörden ( Art. 405 Abs. 2 ZGB ). Aus Sinn und Zweck dieser Bestimmung ergibt sich, dass die Vormundschaft die elterliche Gewalt ersetzt und der Vormund (als Elternersatz) auch für den Aufgabenbereich der Eltern einzustehen hat, soweit dieser nicht unmittelbar von einer besonderen Beziehungsnähe oder dem rechtlichen Kindesverhältnis abhängig ist (AFFOLTER, in: Kommentar zum schweiz. Privatrecht, N 4 zu Art. 405 ZGB ). Der Vormund hat zwar nicht die elterliche Gewalt, verfügt jedoch über Befugnisse, welche der elterlichen Gewalt gleichkommen. Er übt diese nicht bloss vertretungsweise, sondern grundsätzlich selbstständig aus, weil die elterliche Gewalt den leiblichen Eltern entzogen worden ist oder aus anderen Gründen (insbesondere wegen des Todes) nicht mehr ausgeübt werden kann. Lebt das Kind - wie im vorliegenden Fall - auch faktisch in der Obhut des Vormundes, so verhält es sich nicht wesentlich anders, als wenn das Kind unter der elterlichen Gewalt der leiblichen Eltern oder eines Elternteils als alleinigen Inhabers der elterlichen Gewalt steht. Anderseits besteht gegenüber BGE 126 V 1 S. 4 einem einfachen Pflegekindverhältnis insofern ein wesentlicher Unterschied, als der Vormund die Rechte und Pflichten des Kindes grundsätzlich selbstständig und nicht wie die Pflegeeltern neben dem Inhaber oder den Inhabern der elterlichen Gewalt (oder einem Vormund) wahrnimmt. Damit entfällt auch die Gefahr eines doppelten Anspruchs auf Erziehungsgutschriften, wie sie der Gesetzgeber mit dem Ausschluss der Pflegekindverhältnisse von der Anspruchsberechtigung verhindern wollte (Amtl. Bull. 1994 S 550). Insgesamt rechtfertigt es sich daher, den Vormund, welcher ein unmündiges Kind in seiner persönlichen Obhut hat, dem Inhaber der elterlichen Gewalt im Sinne von Art. 29sexies Abs. 1 AHVG gleichzustellen. Dementsprechend ist sein Anspruch auf Erziehungsgutschriften zu bejahen, so lange das nach Art. 368 Abs. 1 ZGB bevormundete Kind in seiner Obhut gelebt hat. b) Nach dem Gesagten hat die Beschwerdeführerin für die Jahre ab 1969 ( Art. 52f AHVV ) Anspruch auf Erziehungsgutschriften nach Art. 29sexies AHVG . Hieran ändert nichts, dass die Beschwerdeführerin vom leiblichen Vater des Kindes vorübergehend ein Kostgeld bezogen hat. So werden auch bei geschiedenen Frauen Erziehungsgutschriften unabhängig davon angerechnet, ob und gegebenenfalls inwieweit der geschiedene Mann zu Unterhaltsbeiträgen verpflichtet war.
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Urteilskopf 89 II 444 59. Arrêt de la IIe Cour civile du 20 décembre 1963 dans la cause Bissbort et Zuber contre de Riedmatten et de Preux.
Regeste 1. Der Miteigentümer kann sein Vorkaufsrecht nur ausüben, wenn dessen Gegenstand auf dem Weg eines Verkaufes veräussert wird. (Bestätigung der Rechtsprechung; Erw. 1). 2. Wie wirken sich die zwischen Verkäufer und Käufer vereinbarten Nebenleistungen auf die Ausübung des Vorkaufsrechtes aus? (Erw. 2 und 3).
Sachverhalt ab Seite 445 BGE 89 II 444 S. 445 A.- René Bissbort pour 11/25, l'hoirie Raoul de Riedmatten et Louis de Riedmatten chacun pour 7/25, étaient copropriétaires d'un immeuble sis à la rue du Grand-Pont à Sion. Sur la base d'une convention déposée au registre foncier, la jouissance de l'hoirie Raoul de Riedmatten s'étend au troisième étage, celle de Louis de Riedmatten comprend le deuxième étage et celle de René Bissbort le premier étage et le rez-de-chaussée, où sont aménagés l'atelier et un magasin de boulangerie. Le 24 juillet 1961, Bissbort a vendu à Thomas Zuber sa boulangerie et sa quote-part de l'immeuble pour le prix global de 125 000 fr. Dans la vente sont comprises les machines, les installations, les marchandises et les fournitures se trouvant dans les locaux du vendeur. Zuber, qui est boulanger de profession, s'engageait à exploiter personnellement le commerce vendu avec la faculté d'utiliser l'enseigne existante "boulangerie Bissbort". Louis de Riedmatten, avocat, alors greffier du juge instructeur, à Sion, et les hoirs de Raoul de Riedmatten, à savoir ses enfants Anny de Preux et Pierre de Riedmatten, banquier, ont invoqué le droit de préemption légal des copropriétaires (art. 682 CC) dans le délai prescrit à l'art. 681 al. 3 CC. Bissbort et Zuber se sont opposés à leur prétention. B.- Le 26 octobre 1961, les copropriétaires susnommés ont introduit contre Zuber et Bissbort une action tendant à l'attribution de la propriété des 11/25 de l'immeuble BGE 89 II 444 S. 446 par parts égales, c'est-à-dire 1/2 à Louis de Riedmatten et 1/2 à l'hoirie de Raoul de Riedmatten. Ils ont offert de verser le prix de vente convenu entre Bissbort et Zuber. Ceux-ci ont conclu au rejet de la demande. Statuant le 25 avril 1963, le Tribunal cantonal valaisan a admis les conclusions des demandeurs. C.- Bissbort et Zuber recourent en réforme en reprenant leurs conclusions libératoires. Admettant les conclusions des intimés Louis de Riedmatten, Anny de Preux et Pierre de Riedmatten, le Tribunal fédéral a rejeté le recours. Erwägungen Considérant en droit: 1. Selon la jurisprudence, les conditions et les modalités de l'exercice du droit de préemption énoncées à l'art. 681 CC sont applicables par analogie au droit de préemption des copropriétaires prévu par l'art. 682 CC (RO 73 II 165 consid. 3). Ce droit ne peut être exercé à l'occasion de n'importe quel transfert de propriété, mais seulement lorsque son objet est cédé à un tiers par le moyen d'une vente. Encore faut-il que l'aliénation soit une vente non seulement dans la forme, mais aussi par le sens et le but que lui ont donnés les parties, à savoir l'échange d'une chose contre un prix. En pareil cas, c'est la prestation pécuniaire reçue par le vendeur qui est essentielle, non la personne de l'acquéreur. C'est pourquoi le titulaire ne peut invoquer son droit de préemption lorsque la propriété de la chose est transférée par un échange, une donation, un contrat d'entretien viager, l'apport dans une société, la succession à cause de mort ou un partage successoral, ni à l'occasion d'une cession de biens à un héritier présomptif, considérée comme un cas de succession anticipée malgré la forme extérieure de la vente qu'elle revêt (RO 44 II 369 et 388, 70 II 149, 85 II 481 consid. 2 et 575 consid. 4; LEEMANN, n. 46 et HAAB, n. 32 ad art. 681 CC; MEIER-HAYOZ, RJB 92 (1956) p. 334; COMMENT, Revue suisse du notariat et du registre foncier, 39 (1958) p. 5). En l'espèce, Bissbort a cédé sa part de copropriété de BGE 89 II 444 S. 447 l'immeuble indivis et remis sa boulangerie pour se procurer de l'argent. Certes, il a passé la vente avec Zuber, boulanger de son état, parce que celui-ci était apte à continuer l'exploitation du commerce. Néanmoins, le vendeur a traité en vue de réaliser son bien - la part de copropriété de l'immeuble et le fonds de commerce et non pas transféré la propriété à un tiers en considération de sa personne. Il a donc conclu une vente véritable, qui donne lieu à l'exercice du droit de préemption. 2. Aux termes de l'art. 681 al. 1 CC, le droit de préemption doit être exercé, si les conditions ne sont pas indiquées au registre foncier, aux mêmes conditions que la vente au défendeur. La loi suisse ne renferme aucune règle concernant les prestations accessoires convenues entre le vendeur et le tiers acquéreur et que le titulaire du droit de préemption n'est pas en mesure d'exécuter. En droit allemand, le titulaire doit payer au vendeur la valeur de ces prestations accessoires; si elles ne sont pas appréciables en argent, l'exercice du droit de préemption est exclu, à moins que l'on ne doive admettre que le contrat de vente aurait été conclu même sans les prestations accessoires (§ 507 BGB). La doctrine interprète cette disposition légale en ce sens qu'il ne faut pas exagérer la protection du titulaire du droit de préemption, d'une part, et veiller à ce que l'obligé ne rende pas arbitrairement ce droit illusoire, d'autre part (OSTLER, in Staudingers Kommentar, vol. II/2, 11e éd., 1955, n. 4 in fine ad § 507 BGB p. 451). On négligera donc les prestations accessoires de peu d'importance, purement personnelles (RGR, Kommentar, vol. II/1, 11e éd., 1959, n. 2 ad § 507 BGB p. 275). Pour le droit suisse, les commentateurs HAAB (n. 41 ad art. 681/82 CC) et LEEMANN (n. 73 ad art. 681 CC) estiment que le bénéficiaire du droit de préemption doit au vendeur la valeur des prestations accessoires qu'il n'est pas en mesure d'exécuter personnellement en nature. Cette solution est conforme à l'art. 1271 al. 3 du projet de loi du 3 mars 1905 destinée à compléter le projet de CC, disposition biffée plus tard parce que les art. 681/3 CC la rendaient BGE 89 II 444 S. 448 superflue (Bulletin sténographique, Conseil national, 1909, p. 565). D'autres auteurs préconisent même l'application intégrale des règles énoncées dans le § 507 du code civil allemand (H. P. SCHMID, Das Vorkaufsrecht, thèse Bâle 1934, publiée dans les Basler Studien zur Rechtswissenschaft, vol. 7, p. 82; A. WIEDERKEHR, Das gesetzliche Vorkaufsrecht des Miteigentümers, thèse Zurich 1936, p. 123; MEIER-HAYOZ, RJB 92 (1956) p. 310). Leur opinion mérite d'être adoptée. Elle trouve en effet un appui dans le texte de l'art. 681 al. 1 in fine CC, déjà cité. Elle permet aussi de réaliser l'intention du législateur, qui désirait "mettre le moins d'entraves possible à la cessation de l'indivision ... et rendre moins graves les dangers économiques de toute l'institution" (Exposé des motifs de l'avant-projet du Département fédéral de justice et police, 1902, volume 3, p. 74). Elle sauvegarde enfin l'intérêt du copropriétaire, en évitant qu'il ne subisse un préjudice trop sensible lorsque les autres copropriétaires exercent le droit de préemption que la loi leur reconnaît sans contrepartie et qui limite son pouvoir de disposition quant à la personne de l'acquéreur (cf. WIEDERKEHR, op.cit., p. 119 et 122/123). 3. En l'espèce, Zuber s'est engagé par une clause insérée dans le contrat de vente à exploiter personnellement le commerce vendu, avec la faculté de continuer à utiliser l'enseigne "Boulangerie Bissbort". Les intimés sont évidemment incapables d'exécuter personnellement une pareille obligation. Mais celle-ci est dépourvue de toute sanction en cas d'inexécution. Les parties n'ont pas fait de son observation une condition à laquelle la vente serait subordonnée; elles ne sont pas convenues d'un droit de réméré au cas où Zuber cesserait, de son propre chef ou contraint par des raisons de santé ou de famille, par exemple, d'exploiter le commerce; elles n'ont pas stipulé de clause pénale. La durée de l'obligation n'est pas limitée, de sorte que sa validité même pourrait prêter à discussion. A supposer cependant que l'engagement soit valable et que Bissbort soit en mesure d'en exiger juridiquement BGE 89 II 444 S. 449 l'exécution, il ne mettrait pas d'obstacle à l'exercice du droit de préemption. La Cour cantonale expose en effet que le vendeur a obtenu un prix plus élevé en cédant sa part de l'immeuble indivis, avec le fonds de commerce qui en est l'accessoire, à un boulanger, plutôt qu'en vendant seulement sa part de copropriété à un acquéreur qui n'aurait pas repris la boulangerie. Il en résulte que, dans la mesure où la prestation promise par Zuber est appréciable en argent, le vendeur Bissbort la recevra des intimés, qui lui verseront le prix convenu dans le contrat de vente. La personne de l'acquéreur n'a pas joué un rôle décisif dans la vente, mais seulement le fait qu'il était boulanger. Quant à l'intérêt non pécuniaire qu'aurait éventuellement Bissbort au fait que sa boulangerie continue d'être exploitée par une personne du métier, selon l'engagement pris par Zuber, il concernerait une prestation purement personnelle de peu d'importance, dont l'inexécution - dépourvue de toute sanction - ne saurait empêcher les intimés d'exercer le droit de préemption que leur reconnaît la loi. Rien ne permet en effet de dire que la vente n'aurait pas été conclue sans cette clause. Le jugement attaqué est dès lors bien fondé.
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Urteilskopf 85 IV 80 21. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 12. Juni 1959 i. S. Meier gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern.
Regeste Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . Dieser Tatbestand setzt ein arglistiges Vorgehen nicht voraus (Erw. 1). Der Täter beschuldigt, wenn er der Behörde, auch in einem von dieser veranlassten Verhör, mitteilt, dass eine Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen habe (Erw. 2). Der Beschuldigte muss nicht mit Namen genannt werden, aber bestimmbar sein (Erw. 3).
Sachverhalt ab Seite 80 BGE 85 IV 80 S. 80 A.- Meier wurde 1948 vom Obergericht des Kantons Luzern zu zwanzig Tagen Gefängnis und zu einer Busse verurteilt. Der Vollzug der Gefängnisstrafe wurde auf Gesuch des Verurteilten mehrere Male verschoben und schliesslich versehentlich nicht mehr angeordnet. Als Meier im Sommer 1957 in der Anstalt Wauwilermoos eine neue Freiheitsstrafe verbüsste, machte er aus Rache gegen die Justizbehörden gegenüber dem Anstaltsverwalter Oswald die Bemerkung, er habe den Vollzug einer früheren Gefängnisstrafe durch Bestechung eines Beamten verhindern können. Einige Tage später vom Sekretär des Justizdepartementes darüber befragt, erklärte Meier, er habe die frühere Gefängnisstrafe von zwanzig Tagen nicht absitzen müssen, weil er den Vollzugsbeamten, der Wydin oder ähnlich geheissen habe, gegen Bezahlung von Fr. 500.-- veranlasst habe, den Strafvollzug nicht anzuordnen; er habe gewusst, dass auch in anderen Fällen auf diese Weise Strafen nicht vollzogen worden seien. Meier wiederholte in der Folge seine Anschuldigung vor BGE 85 IV 80 S. 81 der Kantonspolizei und in dem gegen ihn eingeleiteten Strafverfahren. Auf den Vorhalt, dass Wydin sich mit dem Vollzug von Gefängnisstrafen unter 21 Tagen nicht befasse, erwiderte er, dass es sich auch um einen Beamten des Statthalteramtes, Felber oder Brunner, gehandelt haben könne. B.- Am 7. April 1959 verurteilte das Obergericht des Kantons Luzern Meier wegen falscher Anschuldigung ( Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) und wegen Irreführung der Rechtspflege ( Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB ) zu zehn Monaten Gefängnis. C.- Der Verurteilte führt Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, er sei freizusprechen. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 303 Ziff. 1 StGB wird mit Zuchthaus oder Gefängnis bestraft, wer einen Nichtschuldigen wider besseres Wissen bei der Behörde eines Verbrechens oder Vergehens beschuldigt, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen ihn herbeizuführen (Abs. 1), oder wer in anderer Weise arglistige Veranstaltungen trifft, in der Absicht, eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeizuführen (Abs. 2). Beiden Tatbeständen ist gemeinsam, dass der Täter eine Strafverfolgung gegen einen Nichtschuldigen herbeiführen will; sie unterscheiden sich durch das Mittel, das zur Erreichung des gewollten Erfolges angewendet wird. Abs. 1 nennt die direkte Anzeige, und Abs. 2 stellt ihr andere arglistige Veranstaltungen gleich. Aus den Worten "arglistige Veranstaltungen" ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht abzuleiten, dass das Merkmal der Arglist zu den in Abs. 1 genannten Tatbestandsmerkmalen noch hinzutreten müsse. Das Gesetz erwähnt die ausdrückliche Anzeige als wichtigsten und zugleich schwersten Tatbestand an erster Stelle, den es in Abs. 2 durch eine Generalklausel ergänzt. Die darin gebrauchte Wendung "in anderer Weise" bedeutet, dass die bewusst BGE 85 IV 80 S. 82 unwahre Anschuldigung eines Nichtschuldigen bereits als arglistig gilt und dass das Merkmal der Arglist ebenso bei bloss indirekten Veranstaltungen zutreffen muss, damit sie dem in Abs. 1 umschriebenen Hauptfall einer arglistigen Veranstaltung gleichgestellt werden können (vgl. HAFTER, Bes. Teil II, S. 792; LANG, Prot. II. Exp. Komm. 6, 109). 2. Beschuldigen (dénoncer, denunciare) im Sinne von Art. 303 Ziff. 1 Abs. 1 ist gleichbedeutend mit anzeigen gemäss Art. 304 Ziff. 1 Abs. 1 StGB . Der Kassationshof hat in diesem Zusammenhang bereits entschieden, dass die Anzeige nicht an eine bestimmte Form gebunden ist und auch in einem Verhör gemacht werden kann, gleichgültig, ob das Verhör auf Veranlassung der Behörde oder des Anzeigers stattfinde ( BGE 75 IV 178 ). Was der Beschwerdeführer gegen diese Rechtsprechung vorbringt, hält nicht stand. Dass der Täter aus eigenem Antrieb sich in irgendeiner Weise zur Behörde hinbegebe, um einen Nichtschuldigen einer strafbaren Handlung zu bezichtigen, fordert weder der Wortlaut noch der Sinn des Art. 303. Nach dieser Bestimmung genügt, dass der Täter mit hinreichender Bestimmtheit der Behörde mitteilt, dass eine Person ein Verbrechen oder Vergehen begangen habe, vorausgesetzt, dass er im gleichen Augenblick um die Nichtschuld des Beschuldigten weiss und die Absicht hat, gegen ihn eine Strafverfolgung herbeizuführen. Ob er die Beschuldigung auf eigene Initiative vorträgt oder erst auf Befragen der Behörde, macht keinen Unterschied. Im einen wie im anderen Falle ist die Äusserung geeignet, das Einschreiten der Strafverfolgungsbehörden gegen einen Nichtschuldigen zu veranlassen, und derjenige, der einen solchen Erfolg herbeiführen will, einer Strafe würdig. Dass die Tatbestände der falschen Beweisaussage der Partei (Art. 306) und der falschen Zeugenaussage (Art. 307) enger gefasst und mit geringerer Höchststrafe bedroht sind als die falsche Anschuldigung, ist kein Grund, in Abweichung von der bisherigen Auslegung den Begriff der Anzeige einzuschränken. BGE 85 IV 80 S. 83 Indem der Beschwerdeführer in seinen Aussagen vor dem Sekretär des Justizdepartementes, vor der Kantonspolizei und dem Statthalteramt ausdrücklich und in bestimmter Form den Vorwurf erhob, Beamte hätten sich bestechen lassen, hat er diese bei der Behörde eines Verbrechens ( Art. 315 StGB ) beschuldigt. Das hat er auch getan, wenn er die Aussagen, wie er behauptet, in einer Zwangslage gemacht haben sollte, weil er die gegenüber Oswald gegebene Darstellung nicht widerrufen und sich nicht als Lügner blosstellen wollte. Solche Beweggründe können nur beim Strafmass eine Rolle spielen ( BGE 80 IV 120 ). 3. Die Beschuldigung muss gegen eine bestimmte Person gerichtet sein. Das setzt nicht voraus, dass der Beschuldigte mit Namen genannt wird; es genügt, dass die Person, die der Täter bezichtigen will, bestimmbar ist. Das wäre schon der Fall gewesen, wenn der Beschwerdeführer sich auf die Erklärung beschränkt hätte, ein Beamter habe für Geld verhindert, dass er die Strafe von zwanzig Tagen Gefängnis verbüssen musste. Da sich nur der Rechnungsführer des Statthalteramtes mit dem Vollzug von Gefängnisstrafen bis zu zwanzig Tagen befasst, hätte der Verdacht einzig auf diesen Beamten fallen können. Der Beschwerdeführer hat darüber hinaus bestimmte Namen genannt, vorerst Wydin, Vollzugsbeamter des Justizdepartementes, und später, als er erfuhr, dass dieser mit dem Vollzug der Strafe nichts zu tun hatte, Felber und Brunner, die im Rechnungsbüro des Statthalteramtes tätig gewesen waren. Das Erfordernis, dass bestimmte Personen beschuldigt werden, war somit erfüllt. Daran ändert nichts, dass der Beschwerdeführer die genannten Beamten nachträglich entlastet hat. Der Tatbestand des Art. 303 StGB war schon vorher, im Zeitpunkt der mündlichen Anschuldigung bei der Behörde, vollendet. 4. (Folgen Ausführungen darüber, dass der Beschwerdeführer wusste, dass die Anschuldigung falsch war, und dass er in der Eventualabsicht gehandelt hat, BGE 85 IV 80 S. 84 eine Strafverfolgung gegen die bezeichneten Beamten herbeizuführen). 5. (Ausführungen darüber, dass die bewusst falsche Anzeige, es seien noch andere Beamte bestochen worden, den Tatbestand des Art. 304 StGB erfüllt). Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.
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Urteilskopf 82 I 138 19. Urteil vom 29. März 1956 i.S. Flexo SA gegen Eidg. Volkswirtschaftsdepartement.
Regeste Art. 4 Abs. 1 lit. a UB: Der Besitz der notwendigen Kenntnisse genügt nicht; der Gesuchsteller muss ausserdem in der in Frage stehenden Branche eine ausreichende technische und kaufmännische Tätigkeit ausgeübt haben. Art. 4 Abs. 1 lit. b UB: Voraussetzungen für eine Bewilligung zur Auswertung eines "neuen Fabrikationsverfahrens" oder einer "technischen Verbesserung", insbesondere bei der Herstellung von Uhrengläsern aus plastischem Kunststoff. Art.4 Abs. 2UB: Fehlen besonderer Umstände; überwiegende Interessen der gesamten Uhrenindustrie.
Sachverhalt ab Seite 139 BGE 82 I 138 S. 139 A.- Der Direktor und Hauptaktionär der Beschwerdeführerin, Emil Wolfsberger, geb. 1912, hat den Sattlerberuf erlernt. Er arbeitete in der Sattlerei seines Vaters, der im Jahre 1936 lederne Uhrenarmbänder herzustellen begann. Im Jahre 1942 übernahm der Sohn das Unternehmen, und im Jahre 1946 wandelte er es in eine Aktiengesellschaft um. Er verlegte sich hauptsächlich auf die Herstellung von Uhrenarmbändern aus Leder und plastischen Kunststoffen. Am 28. April 1954 stellte die Beschwerdeführerin das Gesuch um Bewilligung der Fabrikation von Uhrengläsern. Sie machte geltend, sie müsse sich umstellen, da heute die meisten Uhren ohne Armband exportiert würden. Da sie in der Verarbeitung plastischer Kunststoffe erfahren sei, habe sie im Laufe der letzten zwei Jahre Versuche zur Fabrikation von Uhrengläsern nach den neuesten Spritzgussverfahren durchgeführt und nun mit Erfolg abgeschlossen. Die nach ihrem Verfahren hergestellten Erzeugnisse seien den gepressten Gläsern qualitativ überlegen und kämen auch billiger zu stehen als diese. Der notwendige Maschinenpark sei vorhanden, so dass die Fabrikation sofort aufgenommen werden könne. Das Gesuch werde von den Uhrenfabriken der Gegend um Langenbruck lebhaft unterstützt. In der Folge brachte die Gesuchstellerin noch vor, sie habe gewisse Uhrenglasfabrikanten über ihre Versuche auf dem laufenden gehalten in der Annahme, ihnen dann ohne Bewilligung liefern zu können. Zwei Firmen hätten sich die von ihr gesammelten Erfahrungen zunutze gemacht und selber nach dem neuen Verfahren zu produzieren begonnen. Es sei recht und billig, dass die Gesuchstellerin ihrerseits aus ihren kostspieligen Bemühungen Nutzen ziehen könne. Es sei ihr nun gelungen, auch farbige Gläser anzufertigen und die Formen (Matrizen und Stempel), die für die Fabrikation der Gläser im Spritzgussverfahren benötigt werden, auf dem Wege der Elektrolyse viel einfacher BGE 82 I 138 S. 140 und billiger herzustellen, als dies bisher möglich gewesen sei. Das eidg. Volkswirtschaftsdepartement (EVD) liess den Fall durch die Herren Samuel Guye, Direktor der Uhrmacherschule des Technikums in La Chaux-de-Fonds, und Hans Gschwend von der Ebauches SA begutachten. Mit Entscheid vom 11. Oktober 1955 wies es das Gesuch ab. B.- Die Flexo SA erhebt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, diesen Entscheid aufzuheben und die nachgesuchte Bewilligung zu erteilen. Sie führt aus, die in Art. 4 Abs. 1 lit. b UB umschriebenen Voraussetzungen der Bewilligung seien gegeben. Die von ihr entwickelten Verfahren zur Herstellung von Uhrengläsern seien neu, und aus der Auswertung der Neuerungen ergebe sich für die Uhrenindustrie ein wesentlicher Fortschritt. Das EVD berufe sich für seinen abweichenden Standpunkt zu Unrecht auf den Bericht der Experten. Das Gesuch werde vom Verband schweizerischer Roskopfuhren-Industrieller nachdrücklich befürwortet. Auch die in Art. 4 Abs. 1 lit. a UB gestellten Anforderungen seien erfüllt. Die Experten hätten ausdrücklich festgestellt, dass die Flexo SA auf Grund ihrer Erfahrungen in der Herstellung von Kunststoffartikeln besser als manche Uhrengläserfabrikanten imstande sei, Gläser im Spritzgussverfahren zu fabrizieren. Eventuell müsste die verlangte Bewilligung gestützt auf Art. 4 Abs. 2 lit. a UB erteilt werden. C.- Das EVD schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Der Direktor und Hauptaktionär der Beschwerdeführerin besässe offenbar die Kenntnisse, die für die Leitung des zu eröffnenden Betriebes erforderlich sind. Art. 4 Abs. 1 lit. a UB verlangt aber vom Gesuchsteller ausserdem den Nachweis, dass er in der in Frage stehenden Branche eine ausreichende technische und kaufmännische BGE 82 I 138 S. 141 Tätigkeit ausgeübt hat. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt. Der Leiter der Flexo SA war nie in einem Unternehmen der in Betracht fallenden oder auch nur einer anderen Branche der Uhrenindustrie beschäftigt. Art. 4 Abs. 1 lit. a UB ist daher nicht anwendbar. 2. Nach Art. 4 Abs. 1 lit. b UB hat Anspruch auf eine Betriebsbewilligung, wer ein Unternehmen der Uhrenindustrie eröffnen will, um eine patentierte Erfindung, ein neues Fabrikationsverfahren oder eine technische Verbesserung auszuwerten, sofern sich hieraus für die Uhrenindustrie ein wesentlicher Fortschritt ergibt. Es muss sich in allen Fällen um eine Neuerung handeln, die das Erzeugnis eines erfinderischen Geistes ist, eine Entdeckung oder eine Vervollkommnung besonderer Art darstellt. Nicht unter die Bestimmung fallen gewöhnliche Verbesserungen des Fabrikationsverfahrens, die laufend und in verschiedenen Unternehmungen zu gleicher Zeit erzielt werden, ebensowenig die blosse Anpassung einer ausserhalb der Uhrenindustrie entwickelten und jedermann zur Verfügung stehenden Neuerung an die Bedürfnisse dieser Industrie. Und wenn ein neues Verfahren durch verschiedene Unternehmungen gleichzeitig entwickelt oder vervollkommnet worden ist und die Verbesserung bei der Uhrenfabrikation bereits angewandt wird, so kann keine dieser Unternehmungen sich mit Grund auf Art. 4 Abs. 1 lit. b berufen, weil dann keine Neuheit im Sinne dieser Bestimmung mehr vorliegt. Schon seit langem werden Artikel aus Plexiglas im Spritzgussverfahren hergestellt. Wie die Experten ausführen, konnte dieses Verfahren freilich bei der Fabrikation von Uhrengläsern aus solchem Material solange nicht angewandt werden, als der aus dem Ausland eingeführte Rohstoff für diesen Zweck nicht rein genug war. Diese Unzukömmlichkeit besteht jedoch schon seit einiger Zeit nicht mehr. Nach dem Bericht der Experten können nun Uhrengläser aus plastischem Kunststoff, jedenfalls für nicht wasserdichte Uhren, ohne besondere Schwierigkeit BGE 82 I 138 S. 142 im Spritzgussverfahren angefertigt werden. Die Experten haben am 17. August 1954 festgestellt, dass dieses Verfahren in der Uhrenbranche nicht mehr im Versuchsstadium sei; "il est appliqué avec succès depuis environ trois ans au moins, suivant les cas, par six fabriques conventionnelles". Im Frühling 1954, als die Beschwerdeführerin ihr Gesuch einreichte, war also das Spritzgussverfahren bei der Herstellung von Uhrengläsern bereits seit längerer Zeit eingeführt. Wie sich aus dem Expertenbericht einerseits und dem Gesuch vom 28. April 1954 anderseits ergibt, sind die Versuche zur Anpassung des Verfahrens an die besonderen Bedürfnisse der Uhrenindustrie ungefähr gleichzeitig von der Beschwerdeführerin und anderen Unternehmungen begonnen und durchgeführt worden. Es ist möglich, dass der eine oder andere der in Frage stehenden Uhrenglasfabrikanten sich die Entwicklungsarbeiten der Beschwerdeführerin mehr oder weniger zunutze gemacht hat. Die Beschwerdeführerin nennt indessen nur zwei Firmen, die so vorgegangen sein sollen. In mehreren, wenn nicht in den meisten Fällen hat es sich anders verhalten; ist doch im Expertenbericht von sechs konventionellen Firmen die Rede. Jene Anpassung erforderte auch keine eigentliche schöpferische Leistung. Sie lag nahe, nachdem es einmal gelungen war, Plexiglas in der für die Zwecke der Uhrenindustrie erforderlichen Qualität herzustellen. Es konnte nicht ausbleiben, dass sie verschiedenen Firmen, die sich alle für die normale Entwicklung der Fabrikation des Uhrenglases interessierten und entsprechend ausgerüstet waren, ungefähr gleichzeitig gelang. Unter diesen Umständen kann nicht von einer Neuheit im Sinne von Art. 4 Abs. 1 lit. b UB gesprochen werden. Nach dem Bericht der Experten ist die Anfertigung von Spritzgussformen durch Elektrolyse offenbar auch nichts Neues. Auf jeden Fall würde sich aus der Auswertung dieses Verfahrens für die Uhrenindustrie kein wesentlicher Fortschritt ergeben. Weder würde die Qualität der BGE 82 I 138 S. 143 Produkte verbessert noch würden die Gestehungskosten gesenkt. Die Beschwerde bringt gegen die dahingehenden Feststellungen der Experten nichts Triftiges vor. Die Beschwerdeführerin hat daher auch keinen Anspruch auf eine Betriebsbewilligung nach Art. 4 Abs. 1 lit. b UB. 3. Selbst wenn die Leitung der Beschwerdeführerin die in technischer wie in kaufmännischer Beziehung für den Betrieb einer Uhrenglasfabrik erforderlichen Fähigkeiten besässe, käme eine Bewilligung nach Art. 4 Abs. 2 UB nur in Frage, falls besondere Umstände sie rechtfertigten ( BGE 78 I 469 ). Die Tatsache, dass das Spritzgussverfahren eine Herabsetzung der Preise der Uhrengläser ermöglicht, kann nicht als solcher Umstand anerkannt werden. Dieses Verfahren ist in der Branche der Uhrenglasfabrikation schon seit längerer Zeit eingeführt, und der Tarif für Uhrengläser ist denn auch, was nicht bestritten ist, bereits wiederholt gesenkt worden. Anderseits stellt die Association des fabricants de verres de montres fantaisie et incassables de toutes formes fest, dass diese Branche seit mehreren Jahren mit Schwierigkeiten zu kämpfen hat, weil ihr Produktionsapparat schon viel zu gross ist. Die Gutheissung des Gesuches würde zu einer weiteren Aufblähung dieses Apparates führen. Sie wäre mit der Gefahr verbunden, dass schliesslich ein Preiszerfall mit allen seinen nachteiligen Folgen einträte. Der Erteilung der nachgesuchten Bewilligung stehen überwiegende Interessen der gesamten Uhrenindustrie entgegen (Art. 4 Abs. 2 UB, Ingress). Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin sich bemüht hat, ein für die Uhrenindustrie nützliches Fabrikationsverfahren zu vervollkommnen, kann unter dem Gesichtspunkte von Art. 4 Abs. 2 UB so wenig berücksichtigt werden wie unter dem des Abs. 1. Die Beschwerdeführerin ist bei ihren Versuchen offenbar von der - unzutreffenden - Voraussetzung ausgegangen, dass sie die Uhrenglasfabrikanten ohne Bewilligung werde beliefern können. Sie hätte sich indessen darüber Rechenschaft geben BGE 82 I 138 S. 144 sollen, dass mindestens einige dieser Fabrikanten in der Lage waren, zu gleicher Zeit und unabhängig von ihr die gleichen Versuche vorzunehmen und mit Erfolg zum Abschluss zu bringen. Auch die schwierige Lage, in der sich die Beschwerdeführerin infolge Rückgangs des Absatzes der Uhrenarmbänder befindet, ist kein Grund zur Erteilung der Bewilligung nach Art. 4 Abs. 2 UB. Die Flexo SA ist nicht eine Unternehmung der Uhrenindustrie und hat daher keinen Anspruch darauf, eine Bewilligung zu erhalten, durch welche die Interessen einer den Schutz des Uhrenstatuts geniessenden Branche dieser Industrie wesentlich beeinträchtigt würden. Übrigens ist nicht dargetan, dass die Beschwerdeführerin ausserstande ist, sich zu erholen, wenn ihr nicht gestattet wird, einen Betrieb der Uhrenindustrie zu eröffnen. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
public_law
nan
de
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CH_BGE_001
CH
Federation
1b5f6150-04ab-493f-bf51-6a0549b8be7f
Urteilskopf 121 V 157 25. Urteil vom 15. Mai 1995 i.S. Bundesamt für Militärversicherung gegen L. und Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
Regeste Art. 23 Abs. 1, Art. 25 Abs. 3 aMVG : Rentenanpassung. Zur Anpassung rechtskräftig festgelegter altrechtlicher Renten der Militärversicherung.
Sachverhalt ab Seite 157 BGE 121 V 157 S. 157 A.- Der 1955 geborene L. absolvierte im Frühjahr 1975 die Rekrutenschule (RS), in deren Verlauf er sich wegen eines Hautausschlages im Bereich des Capillitiums in ärztliche Behandlung begeben musste. Im Herbst des gleichen Jahres während des Abverdienens des Korporalgrades traten erneut Hautbeschwerden auf und machten den Gang zum Arzt notwendig. Die im Rahmen der ersten nachdienstlichen Untersuchung diagnostizierte Psoriasis (Bericht Dr. med. B., Spezialarzt FMH für Dermatologie, vom 8. Dezember 1975) entwickelte sich in der Folge zu einer therapieresistenten Psoriasisarthritis mit Hüft- und Kniegelenksbefall (Bericht Dr. med. A., Chefarzt Rheumaklinik X, vom 30. September 1980). Gestützt auf ein Gutachten des Prof. Dr. med. O., Spezialarzt FMH Dermatologie, vom 4. Mai 1981, anerkannte das Bundesamt für Militärversicherung (BAMV) die volle Bundeshaftung für die während der RS 1975 aufgetretene Psoriasis vulgaris (Schreiben vom 11. Mai 1981) und erbrachte rückwirkend die gesetzlichen Leistungen. Mit Vorschlag vom 9. März 1982 sprach das BAMV L. ab 1. Oktober 1981 eine Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100% zu, BGE 121 V 157 S. 158 womit sich der Versicherte einverstanden erklärte. Im Rahmen eines Teilauskaufs zwecks Ablösung einer Hypothek liess sich L. im Januar 1990 einen Drittel der wegen Überversicherung (gleichzeitiger Bezug einer Invalidenrente) gekürzten Rente auszahlen. Im Mai 1992 stellte L. den Antrag auf Zusprechung einer Integritätsschadenrente. Das BAMV stellte sich im Vorschlag vom 7. August 1992 auf den Standpunkt, sie könne auf das Leistungsbegehren nicht eintreten, da über den geltend gemachten Anspruch bereits 1982 rechtskräftig entschieden worden sei und die Revisionsvoraussetzungen für einen neuen Entscheid fehlten. Auf Einspruch hin erliess das BAMV am 21. Oktober 1992 eine Verfügung, wonach es auf das Begehren um Gewährung einer Integritätsschadenrente nicht eintrete. B.- Die hiegegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, soweit es darauf eintrat, in dem Sinne gut, dass es die angefochtene Nichteintretensverfügung aufhob und das BAMV verpflichtete, die Voraussetzungen für die Zusprechung einer Integritätsschadenrente materiell zu prüfen (Entscheid vom 31. Januar 1994). C.- Das BAMV führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides. L. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Erwägungen Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 1. Gemäss Art. 109 des Militärversicherungsgesetzes vom 19. Juni 1992 (MVG) werden Versicherungsfälle, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes am 1. Januar 1994 noch hängig waren, in jenen Teilen nach dem neuen Recht beurteilt, die nicht anerkannt sind oder über die nicht verfügt wurde. Im vorliegenden Fall hat die Militärversicherung die Verfügung am 21. Oktober 1992 und damit unter der Herrschaft des Gesetzes vom 20. September 1949 erlassen, weshalb die Sache nach altem Recht zu beurteilen ist (aMVG). 2. a) Da es sich bei der angefochtenen Verfügung nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen handelt, hat das Eidg. Versicherungsgericht nur zu prüfen, ob der vorinstanzliche Richter Bundesrecht verletzt hat, einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens, oder ob der rechtserhebliche Sachverhalt offensichtlich unrichtig, unvollständig oder unter Verletzung wesentlicher BGE 121 V 157 S. 159 Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist (Art. 132 in Verbindung mit Art. 104 lit. a und b sowie Art. 105 Abs. 2 OG ). b) Streitgegenstand im System der nachträglichen Verwaltungsrechtspflege ist das Rechtsverhältnis, welches - im Rahmen des durch die Verfügung bestimmten Anfechtungsgegenstandes - den aufgrund der Beschwerdebegehren effektiv angefochtenen Verfügungsgegenstand bildet. Nach dieser Begriffsumschreibung sind Anfechtungsgegenstand und Streitgegenstand identisch, wenn die Verwaltungsverfügung insgesamt angefochten wird. Streitig und als Frage des Bundesrechts frei zu prüfen ( Art. 104 lit. a OG ) ist einzig, ob das kantonale Gericht dadurch Bundesrecht verletzt hat, dass es die angefochtene Nichteintretensverfügung des BAMV aufhob und das Bundesamt verpflichtete, das Gesuch des Beschwerdegegners um Zusprechung einer Integritätsschadenrente materiell zu prüfen (vgl. BGE 117 V 122 Erw. 1). 3. a) Kann von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung keine namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden, so ist eine Invalidenrente auszurichten, wenn der versicherte Gesundheitsschaden eine voraussichtlich bleibende Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit hinterlässt, oder eine Integritätsrente, wenn er eine erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität zur Folge hat ( Art. 23 Abs. 1 aMVG ). Die Rente für erhebliche Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität wird in Würdigung aller Umstände nach billigem Ermessen festgesetzt ( Art. 25 Abs. 1 aMVG ). Bei gleichzeitigem Vorliegen von Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit und erheblicher Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität wird nur eine Rente zugesprochen, bei deren Berechnung jedoch beiden Beeinträchtigungen Rechnung getragen wird ( Art. 25 Abs. 3 aMVG ). b) Die Rechtsprechung hat die Frage der Entschädigung beim Zusammentreffen von Erwerbsunfähigkeit und Integritätseinbusse im Verlaufe der Jahrzehnte unterschiedlich beantwortet. aa) Ausgehend von der gesetzlichen Ordnung, wonach nur eine Rente zuzusprechen ist, wurde ursprünglich der Integritätsschaden je nach dem Ausmass der Erwerbsunfähigkeit überhaupt nicht oder nur teilweise berücksichtigt. Lediglich bei einer geringen Beeinträchtigung der Erwerbsunfähigkeit sollte der Integritätsschaden je nach seiner Art voll zur Anrechnung gelangen. Die Gesamtentschädigung durfte jedoch in keinem Fall den Maximalansatz der Rente (100%) überschreiten. Diese Auffassung BGE 121 V 157 S. 160 wurde damit begründet, die Abgeltung des Integritätsschadens bezwecke nicht in erster Linie die kumulative Entschädigung der erwerblichen und integritätsmässigen Beeinträchtigung; vielmehr habe man verhüten wollen, dass ein Versicherter, der keine erwerbliche Einbusse, wohl aber eine schwere Integritätsverletzung erleide, leer ausgehe (EVGE 1954 S. 253 Erw. 1, 1966 S. 151 Erw. 2; unveröffentlichtes Urteil B. vom 28. Februar 1967. bb) Im Urteil Rey ( BGE 96 V 110 ) hat das Eidg. Versicherungsgericht diese Praxis dahingehend präzisiert, dass nicht nur eine Kumulation, sondern auch eine Kombination von Renten wegen Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und Integritätsschädigung ausgeschlossen sei. Die gesetzliche Regelung, wonach nur eine Rente auszurichten, jedoch beiden Beeinträchtigungen Rechnung zu tragen sei, müsse in dem Sinne verstanden werden, dass der im Einzelfall überwiegende Schaden voll zu entschädigen sei. Dabei sei in der Weise vorzugehen, dass die Rente für beide Schadensarten nach den hiefür massgebenden Bemessungs- und Berechnungsregeln getrennt festgesetzt und dem Versicherten die jeweils höhere Rente zugesprochen werde (vgl. BGE 105 V 322 unten f.). Zur Begründung führte das Gericht an, die Regeln für die Bemessung und Berechnung der beiden Rentenarten wiesen keinerlei Gemeinsamkeiten auf, weshalb eine (rentenerhöhende) Berücksichtigung der geringeren Beeinträchtigung bei der Festsetzung der Rente für den überwiegenden Schaden nicht willkürfrei möglich sei. Die geltende Praxis sei insbesondere mit Blick auf den Umstand, dass die Rente in keinem Fall 100% übersteigen dürfe, stossend, da der geringere Schaden, wie schwer er auch sei, nicht angerechnet werden könne, wenn der höhere Schaden "total" sei ( BGE 96 V 113 Erw. 2d). cc) Diese Rechtsprechung änderte das Eidg. Versicherungsgericht mit dem Urteil Andres ( BGE 110 V 117 ). Seither sind bei gleichzeitiger Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit und der körperlichen oder psychischen Integrität beide Schäden kumulativ - durch Gewährung einer einzigen Rente - zu entschädigen, und nicht nur der überwiegende Schaden. In einem solchen Fall ist die Beeinträchtigung der Integrität durch eine Erhöhung der Invalidenrente zu entschädigen, und zwar mit einem Zuschlag in Franken, der nach billigem Ermessen festgesetzt und nach dem Grad der Beeinträchtigung abgestuft wird (BGE BGE 110 V 124 Erw. 2e und 3; vgl. BGE 112 V 381 Erw. 1c in fine, BGE 117 V 76 Erw. 3a/aa in fine). Dieser Praxisänderung liegt die Überlegung zugrunde, dass es sich bei diesen zwei nach Art, Funktion und BGE 121 V 157 S. 161 Bemessung verschiedenen Renten um selbständige Ansprüche handelt, die voll zu entschädigen sind ( BGE 110 V 124 Erw. 2e). Davon geht im übrigen auch das neue Militärversicherungsrecht aus, indem die Art. 48 ff. MVG eine separate Integritätsschadenrente vorsehen, die gegebenenfalls zusätzlich zur Invalidenrente nach Art. 40 ff. MVG ausgerichtet wird (vgl. BBl 1990 III S. 220 f.). c) Im vorliegenden Fall sprach das BAMV mit Vorschlag vom 9. März 1982, der die Rechtskraft einer endgültigen Verfügung erlangt hat ( Art. 12 Abs. 2 aMVG ), dem Beschwerdegegner ab 1. Oktober 1981 eine unbefristete Invalidenrente aufgrund einer Erwerbsunfähigkeit von 100% zu. Dass bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades auch integritätsmässige und damit nichterwerbliche Gesichtspunkte berücksichtigt worden wären, ist nach Lage der Akten auszuschliessen. Die Rente betrug 90% des anrechenbaren Jahresverdienstes von Fr. 55'640.-- (1981) ( Art. 24 Abs. 1 aMVG ). Da eine allfällige Integritätseinbusse im Maximum mit 85% des Mittelwertes zwischen dem gesetzlichen Verdienstmaximum und dem gesetzlichen Verdienstminimum (Fr. 37'475.--) zu entschädigen gewesen wäre ( Art. 25 Abs. 3 aMVG ; BGE 112 V 383 ff. Erw. 5a; vgl. BGE 117 V 88 Erw. 5a), somit in jedem Fall eine tiefere Leistung ergeben hätte, stellte die gänzliche Erwerbsunfähigkeit gemäss der damals geltenden Rechtspraxis (Erw. 3b/bb) den überwiegenden Schaden dar und war allein abzugelten. Die Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität, wie schwer sie auch sein mochte, war dagegen als der geringere Nachteil in der zur Ausrichtung gelangenden höheren Erwerbsunfähigkeitsrente enthalten und mit dieser abgegolten ( BGE 105 V 324 Erw. 2b). 4. Die Frage, ob das BAMV verpflichtet ist, den Anspruch des Beschwerdegegners auf eine Integritätsschadenrente materiell zu prüfen, ist zu bejahen, sofern die seit dem Urteil Andres ( BGE 110 V 117 ) geltende Rechtspraxis der Kumulierbarkeit der Ansprüche bei gleichzeitiger Erwerbsunfähigkeit und Integritätseinbusse ein Rückkommen auf die (am 9. März 1982) rechtskräftig und fehlerfrei verfügte Invalidenrente gebietet. a) Ob Änderungen des objektiven Rechts seit Verfügungserlass ein Eingreifen in ein rechtskräftig geregeltes Dauerrechtsverhältnis rechtfertigen, wird von der Rechtsprechung differenziert beantwortet. Besteht die Rechtsänderung in einem Eingriff des Gesetzgebers, somit in einer neuen für den Anspruch erheblichen Norm, so ist - die Existenz wohlerworbener Rechte vorbehalten - die Anpassung der Verfügung über ein Dauerrechtsverhältnis BGE 121 V 157 S. 162 nicht nur erlaubt, sondern gefordert. Besteht aber die Änderung des massgebenden Rechts lediglich in einer neuen gerichtlich bestätigten Verwaltungspraxis oder einer neuen Rechtsprechung, so darf die Verfügung über das Dauerrechtsverhältnis grundsätzlich nicht angetastet werden; eine solche Anpassung einer ursprünglich fehlerfreien Verfügung an eine neue gerichtlich bestätigte Verwaltungspraxis oder eine neue Rechtsprechung ist nur ausnahmsweise gerechtfertigt ( BGE 115 V 314 Erw. 4a/dd mit Hinweis). Ein wichtiger Ausnahmefall ist dann gegeben, wenn eine neue Praxis in einem solchen Masse allgemeine Verbreitung erhält, dass deren Nichtbefolgung als Verstoss gegen das Gleichheitsgebot erschiene. Unter dieser Voraussetzung liegt im Ergebnis die gleiche Situation vor wie im Falle einer nachträglichen Änderung des objektiven Rechts, so dass eine Praxisänderung Anlass zur Umgestaltung eines Dauerrechtsverhältnisses geben kann ( BGE 112 V 394 Erw. 3c mit Hinweisen; vgl. BGE 119 V 413 Erw. 3a, b; ULRICH MEYER-BLASER, Die Abänderung formell rechtskräftiger Verwaltungsverfügungen in der Sozialversicherung, in: ZBl 95 [1994] S. 337 ff., S. 350). b) Eine Ausnahmesituation im dargelegten Sinn bejahte das Eidg. Versicherungsgericht bei den reinen "Uralt-Integritätsrenten" der Militärversicherung, welche (bis 1966) nach Massgabe des entgehenden Jahresverdienstes sowie entsprechend dem Personenstand und den Unterstützungspflichten des Versicherten festgesetzt wurden (EVGE 1966 S. 152 Erw. 3 und 1968 S. 95 ff. Erw. 3b). Nachdem das Gericht diese Rechtspraxis mit den Urteilen Gysler (EVGE 1966 S. 148) und Lendi (EVGE 1968 S. 88) geändert hatte, stellte es im Urteil Beiner ( BGE 112 V 387 ) fest, dass laufende reine Integritätsrenten, welche auf der bis 1966 geltenden Praxis beruhen, an die mit den Urteilen Gysler und Lendi eingeleitete, im Urteil Gasser ( BGE 112 V 376 ) in bezug auf ein Bemessungselement modifizierte Rechtspraxis anzupassen sind (BGE BGE 112 V 395 Erw. 4; vgl. BGE 115 V 316 Erw. 5). Denn es ist in höchstem Mass rechtsungleich, Integritätsrenten nach wie vor anhand des (schon in EVGE 1966 S. 152 Erw. 3 [Urteil Gysler]) als sachfremd erkannten Kriteriums des mutmasslich entgehenden Jahresverdienstes festzusetzen und folglich Bezüger von Integritätsrenten bei gleichen körperlichen Beeinträchtigungen unterschiedlich zu entschädigen ( BGE 112 V 394 Erw. 3c). c) Die gleichen Überlegungen erfordern die Anpassung der seit 1. Oktober 1981 laufenden Erwerbsunfähigkeitsrente des Beschwerdegegners an die mit BGE 121 V 157 S. 163 dem Urteil Andres eingeleitete Rechtspraxis im Sinne der kumulativen Berücksichtigung einer erheblichen Beeinträchtigung der körperlichen oder psychischen Integrität. Diese Praxis ist die seither (1984) verbreitete, einzige Entschädigungsweise im Rahmen des bis 31. Dezember 1993 gültig gewesenen, für altrechtliche Invaliden- und Integritätsschadenrenten weiterhin massgeblichen Rechts (Art. 112 f. MVG). Davon geht auch das neue MVG aus (Erw. 3b/cc am Ende). Wird ein gleichzeitig in seiner Erwerbsfähigkeit und in seiner Integrität erheblich beeinträchtigter Versicherter auf Jahr und Tag bloss für den die höhere Rente auslösenden Nachteil entschädigt (Erw. 3b/bb), obwohl längst eine Rechtspraxis sich durchgesetzt und allgemeine Verbreitung gefunden hat, welche die kumulative Abgeltung beider Schäden, Erwerbsunfähigkeit und Integritätseinbusse, berücksichtigt, schafft dies krasse Ungleichheiten. Dies ist insbesondere dann stossend, wenn die Voraussetzungen für eine Revision nach Art. 26 aMVG (vgl. BGE 115 V 313 Erw. 4a/bb mit Hinweisen) auf absehbare Zeit hinaus nicht gegeben sind und damit die in Art. 112 Abs. 1 und Art. 114 Abs. 1 MVG ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Rentenrevision nach neuem Recht entfällt. Ein solcher Sachverhalt liegt hier vor, wie das kantonale Gericht richtig festgestellt hat, indem der Beschwerdegegner seit 1. Oktober 1981 als 100% invalid gilt, gemäss den umfangreichen medizinischen Akten der Gesundheitszustand sich seither verschlechtert hat und eine Besserung nicht zu erwarten ist. Unter diesen Umständen verletzt das Verharren des BAMV auf der formellen Rechtskraft der ursprünglichen Rentenverfügung Art. 4 BV , weil dadurch der Beschwerdegegner zeitlich unbeschränkt im Hinblick auf aktuelle und künftige Lebenssachverhalte von der Anspruchsberechtigung ausgeschlossen bleibt, die bei jedem andern Versicherten in vergleichbarer Lage Anlass zu einer kumulativen Entschädigung gäbe (vgl. ULRICH MEYER-BLASER, Die Bedeutung von Art. 4 Bundesverfassung für das Sozialversicherungsrecht, in: ZSR NF 111 [1992] II S. 299 ff., S. 443 f.). Was das BAMV hiegegen vorbringt, überzeugt nicht, insbesondere nicht sein Hinweis auf das unveröffentlichte Urteil B. vom 30. Oktober 1989. In diesem Entscheid bestätigte das Eidg. Versicherungsgericht die Rechtspraxis bei der Bemessung reiner Integritätsrenten gemäss den Urteilen Gasser, Beiner und W. ( BGE 115 V 308 ), wobei es betonte, dass lediglich die auf dem sachfremden Kriterium des mutmasslich entgangenen Jahresverdienstes festgesetzten Integritätsrenten der ersten Generation (Erw. 4b) anzupassen BGE 121 V 157 S. 164 seien. d) Nach dem Gesagten rechtfertigt es sich, laufende Invaliden- oder Integritätsrenten, welche bei gleichzeitiger Beeinträchtigung von Erwerbsfähigkeit und körperlicher oder psychischer Integrität lediglich einen dieser Nachteile entschädigen, an die seit dem Urteil Andres ( BGE 110 V 117 ) geltende Rechtspraxis der kumulativen Entschädigung von Erwerbsunfähigkeit und Integritätseinbusse anzupassen. Dies betrifft namentlich Renten, welche bloss den überwiegenden Schaden im Sinne der Praxis Rey ( BGE 96 V 110 ) abgelten. 5. Zusammenfassend ist festzustellen, dass das kantonale Gericht zu Recht das BAMV verpflichtet hat, auf das Gesuch des Beschwerdegegners um Zusprechung einer kumulativ zur laufenden Invalidenrente hinzutretenden Integritätsschadenrente einzutreten. Dabei hat die Vorinstanz richtigerweise den Zeitpunkt einer allfällige Rentenanpassung offengelassen (Erw. 2b). Es wird Sache des BAMV sein, falls die Anspruchsberechtigung bejaht werden sollte, diesen Zeitpunkt festzulegen (vgl. dazu BGE 110 V 291 ; ferner BGE 119 V 415 Erw. 5).
null
nan
de
1,995
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1b6336e0-3d71-4452-a691-65488dabcb7a
Urteilskopf 94 I 569 79. Urteil vom 6. Dezember 1968 i.S. Rhätische Bahn gegen Emser Werke AG
Regeste Eisenbahngesetz: Kosten der Verbesserung der Sicherheitseinrichtungen auf einer Niveaukreuzung zwischen einer öffentlichen Strasse und einer Bahn. Begriff der öffentlichen Strasse. Verteilung der Kosten auf die Bahnunternehmung und den Strasseneigentümer.
Sachverhalt ab Seite 569 BGE 94 I 569 S. 569 A.- Das Eisenbahngesetz vom 20. Dezember 1957 (EG, in AS 1958 S. 335) ordnet in Art. 25-29 die Tragung der Kosten von Anlagen auf Kreuzungen zwischen Bahn und Strasse. Es bestimmt in Randtitel: "Neue Kreuzungen zwischen öffentlichen Strassen und Bahnen" ART. 25: "1 Muss ein neues, dem öffentlichen Verkehr dienendes Bahngeleise eine öffentliche Strasse oder eine neue öffentliche Strasse die Bahn kreuzen, so trägt der Eigentümer des neuen Verkehrsweges die Kosten der ganzen Anlage an der Kreuzungsstelle. 2 ..." "Änderung bestehender Kreuzungen zwischen öffentlichen Strassen und Bahnen" ART. 26: "1 Muss ein Niveauübergang durch eine Über- oder Unterführung ersetzt oder infolge Verlegung der Strasse aufgehoben werden, so trägt die Kosten aller Änderungen an der Bahn- und Strassenanlage: die Bahnunternehmung, wenn die Änderung vorwiegend durch die Bedürfnisse des Bahnverkehrs, der Strasseneigentümer, wenn die Änderung vorwiegend durch die Bedürfnisse des Strassenverkehrs bedingt ist. BGE 94 I 569 S. 570 2 Bei allen andern Änderungen einer Kreuzung einschliesslich der Anpassung und Verbesserung von Sicherheitseinrichtungen haben Bahnunternehmung und Strasseneigentümer die Kosten aller Änderungen der Bahn- und Strassenanlage in dem Verhältnis zu tragen, als die Entwicklung des Verkehrs auf ihren Anlagen sie bedingt. 3 ..." "Kreuzung durch neue private Strassen" ART. 28: "Art. 25 findet entsprechende Anwendung auf die Kreuzung einer Bahn durch eine neue private Strasse..." "Gemeinsame Bestimmung" ART.29: "Art. 25 bis 28 finden sinngemäss Anwendung auf die Kosten für Unterhalt und Erneuerung sowie für alle vorübergehenden und dauernden Massnahmen zur Verhütung von Unfällen an der Kreuzungsstelle mit Einschluss der Bedienung der dazu bestimmten Anlagen." B.- Das Geleise der Rhätischen Bahn folgt westlich von Ems unmittelbar südlich der Kantonsstrasse Chur-Reichenau. Früher führten dort mehrere wenig benützte Wege von der Strasse in die Felder im Süden; sie kreuzten die Bahnlinie mit unbewachten Niveauübergängen. Seit 1941 erstellten die Holzverzuckerungs-AG und ihre Rechtsnachfolgerin, die Emser Werke AG, südlich der dortigen Bahnstrecke ihre umfangreichen Fabrikanlagen. Einer der alten Niveauübergänge wurde etwas nach Osten verlegt und ist heute der Hauptzugang zum Werk. Der starke Verkehr auf diesem unbewachten, nur mit einem Andreaskreuz signalisierten Übergang bildete eine Gefahrenquelle, besonders seit im Jahre 1961 die Bahnlinie auf Doppelspur ausgebaut wurde. Es wurde deshalb schon vor diesem Ausbau und namentlich im Hinblick auf ihn eine bessere Lösung gesucht. Der Bau einer Strassenunterführung scheiterte daran, dass sich die Beteiligten über die Verteilung der hohen Kosten nicht einigen konnten. Ähnlich erging es zunächst dem Projekt für eine automatische Barrierenanlage. Schliesslich erstellte die Rhätische Bahn, nachdem sich auf dem Übergang einige, zum Teil tödliche Unfälle ereignet hatten, eine solche Anlage, wobei sie die Frage der Kostentragung zurückstellte. Die Anlage wurde am 29. Januar 1963 dem Betrieb BGE 94 I 569 S. 571 übergeben. Die Verhandlungen zwischen der Rhätischen Bahn und der Emser Werke AG über die Tragung der Erstellungskosten, die rund Fr. 78'000.-- betrugen, sowie der Betriebs-, Unterhalts- und Erneuerungskosten gingen weiter, führten aber zu keiner Einigung. C.- Am 23. Januar 1968 hat die Rhätische Bahn beim Bundesgericht eine verwaltungsrechtliche Klage gegen die Emser Werke AG eingereicht. Sie stellt folgende Rechtsbegehren: "1. Die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin an die Kosten der Barrierenanlage beim Bahnübergang Ems-Werk (km 21.954) folgende Beträge zu bezahlen: a) Fr. 50'000.-- nebst 5 % Zins seit dem 18. September 1964 an die Erstellungskosten, b) Fr. 2975.25 nebst 5% Zins seit dem 1. Januar 1968 an die bis zum 31. Dezember 1967 aufgelaufenen Betriebs- und Unterhaltskosten, c) 80% der ab 1. Januar 1968 anfallenden Betriebs-, Unterhalts- und Erneuerungskosten gemäss von der Klägerin jährlich zu erstellenden Abrechnungen. 2. Eventuell seien die von der Beklagten an die Erstellungs-, Betriebs-, Unterhalts- und Erneuerungskosten zu leistenden Beträge nach richterlichem Ermessen festzusetzen." Es wird geltend gemacht, massgebend seien Art. 26 Abs. 2 und Art. 29 EG. Der Bahnübergang Ems-Werk sei eine öffentliche Strasse im Sinne des Eisenbahngesetzes, da er dem Gemeingebrauch diene. Selbst wenn er als Privatstrasse betrachtet würde, wären die genannten Bestimmungen anwendbar. Das Bundesgericht sei daher nach Art. 40 Abs. 2 EG zur Beurteilung der Streitigkeit zuständig. Auf der in Frage stehenden Bahnstrecke verkehrten heute doppelt so viele Züge wie im Jahre 1941, während der Strassenverkehr auf dem Übergang von vereinzelten landwirtschaftlichen Fahrzeugen auf rund 2000 Motorfahrzeuge und Fahrräder im Tag angestiegen sei. Um der Verdoppelung des Bahnverkehrs Rechnung zu tragen, sei die Klägerin bereit, den durch den Ausbau auf Doppelspur entstandenen Teil der Kosten der Barrierenanlage zu übernehmen. Im übrigen gehe die Verkehrszunahme auf Rechnung der Beklagten, welche daher an die Erstellungskosten Fr. 50'000.-- beizutragen habe. Ferner habe die Beklagte jenen Teil der Betriebs-, Unterhalts- und Erneuerungskosten zu übernehmen, den eine Anlage für BGE 94 I 569 S. 572 Einspur verursachen würde, während die Mehrkosten für Doppelspur zulasten der Klägerin gingen, so dass 20% auf diese und 80% auf die Beklagte entfielen. Die Klägerin habe die Erstellungskosten schon in den Jahren 1962/63 aufgewendet und der Beklagten erstmals am 18. September 1964 einen Vorschlag für die Verteilung unterbreitet; von da an sei der Anteil der Beklagten zu verzinsen. Entsprechend sei der Anteil der Beklagten an den bis Ende 1967 entstandenen Betriebs- und Unterhaltskosten vom 1. Januar 1968 an zu verzinsen. D.- Die Beklagte hat zunächst beantragt, auf die Klage nicht einzutreten, eventuell sie abzuweisen. Sie hat dazu ausgeführt, der Bahnübergang Ems-Werk sei keine öffentliche Strasse, sondern ein Privatweg; daher sei der Streit nicht nach dem Eisenbahngesetz zu entscheiden, so dass nicht das Bundesgericht als Verwaltungsgericht, sondern der ordentliche Zivilrichter zuständig sei. Wäre doch das Bundesgericht zuständig, so hätte es nicht Art. 26 Abs. 2, sondern sinngemäss Art. 26 Abs. 1 und Art. 25 EG anzuwenden. Entscheidend wäre, dass durch den Bau des zweiten Geleises eine neue und schwere Gefahr geschaffen worden sei. Infolge dieses Ausbaus sei der Raum zwischen Bahn und Kantonsstrasse noch schmäler geworden, vor allem aber die Gefahr des Kreuzens von Zügen auf dem Übergang entstanden. Deshalb habe die Barrierenanlage gebaut werden müssen. Tatsächlich hätten sich auf der Kreuzung in den letzten 7 Jahren vor der Erstellung der Doppelspur keine tödlichen Unfälle ereignet, in den anderthalb Jahren zwischen dem Beginn des doppelspurigen Betriebs und der Inbetriebnahme der Barrieren aber deren zwei. Wie der Bau des zweiten Geleises, so sei auch die dadurch notwendig gewordene Erstellung der Barrieren ausschliesslich durch die Bedürfnisse der Bahn veranlasst worden. Daher hätte nach dem Wortlaut und Sinn der Art. 25 und 26 EG allein die Bahn die Kosten zu tragen. Sie sei denn auch im vollen Umfang für die Kosten der ebenfalls durch den Ausbau auf Doppelspur verursachten Einrichtung einer Barrierenanlage bei dem weiter westlich gelegenen, sehr wenig benützten Übergang nach Plong Vaschnaus aufgekommen. Den Emser Werken hätten die Doppelspur und die Barrierenanlage bei der Fabrik nicht nur keine Vorteile, sondern empfindliche Nachteile für den Verkehrsfluss auf der Zufahrtsstrasse BGE 94 I 569 S. 573 gebracht. Sie hätten zudem für die Sicherung des Übergangs seit Jahren freiwillige Leistungen (Überwachung beim Schichtwechsel, Schneeräumung) erbracht, deren Kosten bis gegen Fr. 30'000.-- im Jahr erreicht hätten. Überdies seien sie der beste Kunde der Rhätischen Bahn. E.- Der Instruktionsrichter hat zur Abklärung des Charakters der über die Bahnlinie führenden Wege zwei Zeugen einvernehmen lassen. Darauf hat die Beklagte den Antrag auf Nichteintreten zurückgezogen und die Zuständigkeit des Bundesgerichts anerkannt. Am 15. November 1968 hat eine Delegation des Bundesgerichts einen Augenschein beim Werkübergang vorgenommen. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Die Klage wird beim Bundesgericht gestützt auf Art. 40 Abs. 2 EG erhoben, wonach es als einzige Instanz im verwaltungsrechtlichen Verfahren die aus Art. 25-32 erwachsenden Streitigkeiten über Kosten und deren Verteilung beurteilt. Die Klägerin beruft sich auf Art. 26 Abs. 2 und Art. 29. Nach der Auffassung der Beklagten käme nicht Art. 26 Abs. 2 in Betracht, sondern wären sinngemäss Art. 26 Abs. 1 und Art. 25 (in Verbindung mit Art. 29) anwendbar. Die Beklagte hat zunächst die Zuständigkeit des Bundesgerichtes bestritten mit der Begründung, der Zugang zu ihren Fabrikanlagen, dessen Kreuzung mit der Rhätischen Bahn verbessert wurde, sei keine öffentliche, sondern eine private Strasse, und für diesen Fall sei die Kostentragung im Eisenbahngesetz nicht geordnet. Sie hat dann im Laufe des Verfahrens diese Einrede fallen lassen und die Zuständigkeit des Bundesgerichts anerkannt. Es ist zweifelhaft, ob demzufolge angenommen werden könnte, es sei eine Prorogation im Sinne von Art. 41 lit. c am Ende oder Art. 112 OG zustande gekommen. Diese Frage stellt sich indessen nicht, wenn das Bundesgericht gemäss Art. 40 Abs. 2 EG zuständig ist. In den Randtiteln der Art. 25 und 26 EG wie auch im Text des Art. 25 ist nur von Kreuzungen zwischen Bahnen und öffentlichen Strassen die Rede; Art. 25 bezieht sich auf neue und Art. 26 auf die Änderung bestehender Kreuzungen dieser Art. Die privaten Strassen werden in diesen Bestimmungen nicht erwähnt, wohl aber in Art. 28, doch befasst sich diese Vorschrift nur mit der Kreuzung einer Bahn durch eine neue BGE 94 I 569 S. 574 solche Strasse; hiefür erklärt sie Art. 25 als entsprechend anwendbar. Der vorliegende Streit betrifft aber die Kosten für die Änderung einer bestehenden Kreuzung zwischen Bahn und Strasse. Das Eisenbahngesetz enthält jedoch keine ausdrückliche Bestimmung über die Kostentragung bei der Änderung bestehender Kreuzungen zwischen Bahnen und privaten Strassen. Ob daraus zu schliessen sei, dass ein solcher Fall nicht nach dem Eisenbahngesetz und daher auch nicht vom Bundesgericht im verwaltungsrechtlichen Verfahren gemäss Art. 40 Abs. 2 dieses Gesetzes zu beurteilen sei, kann indessen offen gelassen werden, wenn sich ergibt, dass der Zugang zum Fabrikareal der Beklagten eine öffentliche Strasse im Sinne desselben Gesetzes ist. Dann unterliegt keinem Zweifel, dass der Streit nach dem Eisenbahngesetz zu beurteilen und das Bundesgericht dafür zuständig ist. 2. Das Eisenbahngesetz sagt in Art. 25 und 26 nicht, was es unter öffentlichen Strassen versteht. Deutlicher ist in dieser Beziehung der vorhergehende Art. 24. Nach seinem Abs. 1 bedürfen neue Kreuzungen sowie die Änderung oder Verlegung bestehender Kreuzungen zwischen Bahnen und öffentlichen oder privaten Strassen und Wegen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Nach Abs. 2 muss die Genehmigung für Kreuzungen mit "öffentlichen, dem Gemeingebrauch gewidmeten Strassen" unter bestimmten Voraussetzungen erteilt werden. Mit den Worten "dem Gemeingebrauch gewidmet" wird der Begriff der öffentlichen Strasse im Sinne des Eisenbahngesetzes näher gekennzeichnet. An allen Stellen, wo in den Art. 24-26 von öffentlichen Strassen die Rede ist, hat dieser Begriff die gleiche Bedeutung, obwohl jene verdeutlichenden Worte nur in Art. 24 Abs. 2 stehen, in den nachfolgenden Bestimmungen nicht wiederholt werden. a) Nach der allgemeinen Lehre der Verwaltungsrechtswissenschaft werden Wege in zwei Fällen als öffentlich betrachtet: Entweder muss der Weg dem Gemeingebrauch durch einen Verwaltungsakt gewidmet worden sein, der seinerseits darauf muss gestützt werden können, dass das Gemeinwesen zu solcher Verfügung über das Wegareal kraft eines privat- oder öffentlichrechtlichen Rechtstitels befugt ist, insbesondere wenn der Weg über Grundeigentum Privater führt; oder es wird verlangt, dass der Weg seit unvordenklicher Zeit im öffentlichen Gebrauch steht und dass dieser Zustand als rechtmässig angesehen werden BGE 94 I 569 S. 575 kann (vgl. z.B. FLEINER, Institutionen des deutschen Verwaltungsrechts, 8. Aufl., S. 367/8; HAAB, N. 4 zu Art. 694-696 ZGB ; MEIER-HAYOZ, N. 109 ff. zu Art. 664 ZGB ; BGE 71 I 440 Erw. 6, BGE 74 I 48 /9). Diese Grundsätze sind auch im Kanton Graubünden anerkannt, wie sich aus einem von der Beklagten angeführten Urteil des dortigen Kantonsgerichtes vom 11. Juli/18. August 1958 ergibt (Praxis des Kantonsgerichts 1958 S. 28 ff.). Dort wird insbesondere ausgeführt, dass eine Strasse auch dann öffentlich sein kann, wenn sie Eigentum eines Privaten ist; das Kantonsgericht zieht aus Art. 149 des bündnerischen EG/ZGB, wonach "die nicht nachweislich im Privateigentum stehenden Strassen zum Gemeingebrauch bestimmte Sachen" sind und als Eigentum der Territorialgemeinde oder des Staates gelten, nicht etwa den Schluss, dass Strassen, die nachweisbar Eigentum Privater sind, nicht zum Gemeingebrauch bestimmt sein können. Die (unbestrittene) Tatsache, dass die das Geleise der Rhätischen Bahn kreuzende Zufahrtsstrasse zu den Fabrikanlagen der Emser Werke teils Eigentum der Bahn, teils der Fabrik ist, würde also nicht ausschliessen, dass es sich um eine öffentliche Strasse im Sinne der allgemeinen Lehre des Verwaltungsrechts handelt. Diese - auch im Kanton Graubünden befolgte - Lehre wäre aber für die Beurteilung der vorliegenden Streitigkeit massgebend, wenn den folgenden Ausführungen der Botschaft des Bundesrates zum Eisenbahngesetz (BBl 1956 I S. 245/6), denen sich in den Beratungen des Ständerates Berichterstatter Haefelin angeschlossen hat (StenBull 1957 StR S. 154), zuzustimmen wäre: "Was unter öffentlichen Strassen zu verstehen ist, richtet sich nach kantonalem Recht, welches darüber bestimmt, ob eine Strasse dem Gemeingebrauch gewidmet und damit öffentlich ist." Ob die Voraussetzungen, welche nach jener Lehre erfüllt sein müssten, hier gegeben seien, ist indessen fraglich; doch kann dies offen bleiben, wenn anzunehmen ist, dass die streitige Zufahrtsstrasse auf jeden Fall eine öffentliche Strasse im Sinne des Eisenbahngesetzes darstellt. b) Das Eisenbahngesetz will in den Bestimmungen über Kreuzungen zwischen Bahnen und öffentlichen Strassen der Tatsache Rechnung tragen, dass sich auf solchen Kreuzungen zwei Träger des öffentlichen Verkehrs begegnen und dass dadurch besondere Unfallgefahren entstehen können. Diese Bestimmungen gehen davon aus, dass die den Schienenweg BGE 94 I 569 S. 576 kreuzende Strasse tatsächlich dem öffentlichen Verkehr dient, der Allgemeinheit offensteht. Sie lassen diese Tatsache genügen, weil sie an der Kreuzungsstelle zu häufigen und schweren Unfällen führen kann, die das Eisenbahngesetz just verhüten will. Auch die Bundesgesetzgebung über den Strassenverkehr, die ebenfalls die Sicherheit des Verkehrs auf öffentlichen Strassen gewährleisten soll, versteht unter solchen Strassen diejenigen, die tatsächlich dem allgemeinen Verkehr dienen ( Art. 1 SVG , Art. 1 Abs. 2 VRV ; BGE 92 IV 11 ). Es entspricht dem Sinn und Zweck der Art. 24 ff. EG, dem dort verwendeten Begriff der öffentlichen Strasse die gleiche Bedeutung beizumessen. Die in Art. 24 Abs. 2 EG gebrauchten Worte "dem Gemeingebrauch gewidmet" zwingen nicht zu einer anderen Auslegung; sie besagen hier nicht, dass ein Verwaltungsakt, durch den die Strasse dem Gemeingebrauch gewidmet ist, oder ein den Widmungsakt ersetzender öffentlicher Gebrauch seit unvordenklicher Zeit erforderlich ist, sondern eben nur, dass die Strasse tatsächlich der Allgemeinheit dienen, ihr zugänglich sein muss. Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Der Zeuge Anton Jörger, der in den Jahren 1937-1952 Präsident der Gemeinde Ems war und daher mit den dortigen Wegverhältnissen vertraut ist, hat erklärt, der "hartbekieste" Weg, der beim Bau der Fabrik durch die streitige Zufahrtsstrasse ersetzt worden ist, habe von jedermann benützt werden können und insbesondere der Zufahrt zum Gute Vogelsang gedient, dessen Besitzer als Fuhrmann tätig gewesen sei; beim Landverkauf für den Fabrikbau habe sich die Gemeinde ausbedungen, dass die Einfahrt zu den Werken als Durchgang zum Gute Vogelsang und zum Viehtrieb auf die oberhalb der Werke gelegenen Weiden benützt werden dürfe; über diesen Weg werde auch Holz aus dem Gemeindewald mit Lastwagen abtransportiert. Die Aussagen des Zeugen Fridolin Bargetzi sind zwar etwas weniger bestimmt, stimmen aber im wesentlichen mit denjenigen des Zeugen Jörger überein. Die in Frage stehende Zufahrtsstrasse ist demnach eine "öffentliche, dem Gemeingebrauch gewidmete Strasse" im Sinne des Eisenbahngesetzes. 3. Durch die Erstellung der automatischen Barrierenanlage bei der Fabrik ist ein bestehender Bahnübergang mit einer neuen Sicherheitsvorrichtung versehen worden. Die Tragung der Kosten hiefür ist in Art. 26 Abs. 2 EG geordnet. BGE 94 I 569 S. 577 Die Auffassung der Beklagten, durch den Ausbau der Bahnlinie auf Doppelspur sei eine neue Anlage geschaffen worden, weshalb nicht jene Bestimmung, sondern Art. 26 Abs. 1 und Art. 25 EG anzuwenden seien, lässt sich nicht halten. Wohl ist in Art. 25 Abs. 1 von einem "neuen dem öffentlichen Verkehr dienenden Bahngeleise" die Rede; doch ergibt sich aus dem ganzen Zusammenhang klar, dass darunter eine neue Bahnlinie, nicht aber die Verdoppelung eines bereits bestehenden Geleises zu verstehen ist; das zeigt namentlich der Randtitel: "Neue Kreuzungen zwischen öffentlichen Strassen und Bahnen". Hier entstand weder durch den Bau der Doppelspur im Jahre 1961 noch durch die Erstellung der Barrierenanlage im Jahre 1962 eine neue Kreuzung; vielmehr wurde eine bestehende Kreuzung geändert, was in Art. 26 geordnet ist. Dieser enthält in seinen beiden ersten Absätzen zwei verschiedene Regeln: Abs. 1 sieht für bestimmte Fälle die ausschliessliche Kostentragung durch denjenigen Verkehrsträger vor, durch dessen Bedürfnisse die Änderung vorwiegend bedingt ist. Hier liegt jedoch keiner dieser Fälle vor; weder ist ein Niveauübergang durch eine Über- oder Unterführung ersetzt noch ein solcher infolge Verlegung der Strasse aufgehoben worden. Der Tatbestand fällt vielmehr unter Abs. 2, wonach bei allen anderen Änderungen einer Kreuzung Bahnunternehmung und Strasseneigentümer die Kosten in dem Verhältnis zu tragen haben, als die Entwicklung des Verkehrs auf ihren Anlagen sie bedingt. Und zwar ist der dort noch besonders genannte Fall der Verbesserung von Sicherheitseinrichtungen gegeben, da an Stelle der vorherigen ganz ungenügenden Sicherung durch ein Andreaskreuz eine Barrierenanlage erstellt wurde. 4. Damit erweist sich anderseits der Standpunkt der Klägerin als unbegründet, sie habe nur für die Mehrkosten aufzukommen, welche dadurch verursacht wurden, dass die automatische Barrierenanlage bei einer zweigleisigen statt bei einer eingleisigen Bahnlinie erstellt wurde; denn die Formulierung des Art. 26 Abs. 2 EG - "in dem Verhältnis, als die Entwicklung des Verkehrs auf ihren Anlagen sie bedingt" - sagt unzweideutig, dass es darauf ankommt, wie die beiden Verkehrsträger zu der Notwendigkeit der Änderung beigetragen haben, nicht aber darauf, ob die Kosten infolge von Änderungen an der Strasse oder an der Bahn entstanden sind. Es ist deshalb zu untersuchen, in welchem Verhältnis die Notwendigkeit BGE 94 I 569 S. 578 der automatischen Barrierenanlage durch die Entwicklung des Verkehrs auf der Bahnlinie einerseits und auf der sie überquerenden Strasse anderseits verursacht wurde. 5. Das ist keine Rechtsfrage, aber auch keine technische Frage, die sich für eine Begutachtung eignen würde, weshalb dem Antrag der Klägerin, es sei ein Gutachten darüber einzuholen, nicht stattzugeben ist. Es geht um die Feststellung und Würdigung tatsächlicher Verhältnisse, nämlich des Bahn- und Strassenverkehrs auf dem Übergang - und zwar zu den Zeitpunkten, da er am stärksten ist; denn danach bestimmt sich die Notwendigkeit von Sicherheitsvorrichtungen. Aufschluss darüber gab der durchgeführte Augenschein, der mit einem Schichtwechsel in den Emser Werken zusammenfiel, also zu einer Zeit höchster Beanspruchung des Bahnübergangs stattfand. Er zeigte einen starken Verkehr von Motorfahrzeugen und Fahrrädern vom Werk zur Kantonsstrasse und umgekehrt über die Bahnlinie. (Die Benützer der Bahn, welche auf der unmittelbar neben dem Übergang gelegenen, mit einer Unterführung für Fussgänger verbundenen Haltestelle ein- und aussteigen, haben nur das parallele Werkgeleise der Beklagten, nicht aber die Linie der Rhätischen Bahn zu überqueren.) Gleichzeitig war auch der Bahnverkehr rege: Während drei Viertelstunden verkehrten in jeder Richtung drei fahrplanmässige Züge, von denen drei nach Reichenau und zwei nach Chur fahrende anhielten, so insbesondere kurz nach Beginn des Augenscheins ein Zug in jeder Richtung in einem Abstand von wenigen Minuten, um Arbeiter der beginnenden Schicht aussteigen zu lassen. (Nach übereinstimmender Angabe beider Parteien verkehren in beiden Richtungen zusammen täglich rund 80 Züge.) Der Augenschein vermittelte den bestimmten Eindruck, dass einerseits der starke Strassenverkehr auf dem Übergang unabhängig von der Häufigkeit der Züge und auch schon vor der Erstellung des zweiten Geleises die Sicherung der Kreuzung durch Barrieren erfordert hätte. Daran vermag der glückliche Umstand nichts zu ändern, dass es an der Kreuzungsstelle vor dem Ausbau der Bahnlinie auf Doppelspur jahrelang zu keinen schweren Unfällen kam, während sich in den anderthalb Jahren zwischen dem Beginn des doppelspurigen Bahnverkehrs und der Inbetriebsetzung der Barrierenanlage zwei tödliche Unfälle ereigneten. Anderseits zeigte der Augenschein nicht BGE 94 I 569 S. 579 minder überzeugend, dass die Zugsdichte und namentlich der Ausbau auf Doppelspur - der die mit erhöhten Gefahren verbundene Möglichkeit des Kreuzens zweier Züge auf dem Bahnübergang mit sich brachte - die Erstellung der Barrierenanlage auch notwendig gemacht hätte, wenn der Strassenverkehr nur einen kleinen Bruchteil des bei der Besichtigung festgestellten betrüge. Das wird bestätigt durch die Tatsache, dass die Klägerin an dem 800 m weiter westlich gelegenen Übergang nach Plong Vaschnaus, der unbestrittenermassen nur einen ganz geringen Strassenverkehr aufweist, eine ähnliche Barrierenanlage erstellt hat. Der einzige Unterschied besteht darin, dass man hier auf jeder Seite der Bahnlinie eine einfache Barriere, auf dem wesentlich breiteren Werkübergang dagegen je zwei Halbbarrieren angebracht hat. (Die Kosten der Anlage bei Plong Vaschnaus trug die Klägerin allein; eine Heranziehung der Gemeinde Ems als Strasseneigentümerin kam offensichtlich nicht in Frage, weil keine Rede davon sein kann, dass die Erstellung der Anlage durch die Entwicklung des Verkehrs auf der Strasse bedingt sei; hier wurde die Sicherheitseinrichtung eindeutig ausschliesslich wegen des Bahnverkehrs, insbesondere wegen des Baus des zweiten Geleises, notwendig.) Da die Entwicklung des Verkehrs auf der Zufahrtstrasse zum Werk wie auch auf der Bahnlinie je schon für sich allein die - zu spät erstellte - Barrierenanlage erfordert hätte, ist diesen beiden Gründen das gleiche Gewicht beizumessen. Infolgedessen haben nach Art. 26 Abs. 2 EG Bahnunternehmung und Strasseneigentümer die Kosten der Erstellung der Barrierenanlage zu gleichen Teilen, also je zur Hälfte, zu tragen. Als Strasseneigentümer im Sinne dieser Bestimmung ist einzig die Beklagte zu betrachten, welche Eigentümerin des grössten Teils der Strasse ist. Der Umstand, dass der von der Bahnlinie überquerte Strassenabschnitt im Eigentum der Klägerin steht, vermag eine andere Verteilung der Kosten nicht zu rechtfertigen; denn die Klägerin ist Eigentümerin dieses Abschnitts nur deshalb, weil sie eine Bahnunternehmung ist, und nur in dieser Eigenschaft kann sie nach der gesetzlichen Ordnung mit Kosten belastet werden. Die von der Klägerin eingereichten "Richtlinien für die Kostenverteilung bei der Sanierung von Niveauübergängen", welche das Eidg. Amt für Verkehr im Einvernehmen mit den SBB und dem Eidg. Amt für Strassen- und Flussbau ausgearbeitet BGE 94 I 569 S. 580 hat, sehen allerdings für den Fall der Ersetzung von Andreaskreuzen durch automatische Sicherheitseinrichtungen eine Verteilung der Kosten auf Bahn und Strasse im Verhältnis von 25:75% vor, doch sind sie lediglich als Grundlage für Verhandlungen gedacht und könnten hier auch bei solchen nicht ohne weiteres angewendet werden, weil darin der Ausbau der Bahnlinie auf Doppelspur nicht berücksichtigt ist; würde diesem bei ihrer Anwendung Rechnung getragen, so würde sich ebenfalls die hälftige Verteilung der Kosten auf die Parteien rechtfertigen. Da nach Art. 29 EG die Art. 25 bis 28 sinngemäss auf die Kosten für Unterhalt und Erneuerung sowie für alle vorübergehenden und dauernden Massnahmen zur Verhütung von Unfällen an der Kreuzungsstelle mit Einschluss der Bedienung der dazu bestimmten Anlagen anzuwenden sind, gelten die vorstehenden Ausführungen auch mit Bezug auf die Kosten für den Unterhalt, die Erneuerung und den Betrieb der automatischen Barrierenanlage. Zu den Betriebskosten im Sinne des Art. 29 gehören aber nicht auch die Beträge, welche die Emser Werke nach ihrer Darstellung "freiwillig" für die Überwachung des Werkeingangs bei Schichtwechsel und für Schneeräumung daselbst aufwenden. Das sind nicht Verrichtungen, welche eigentlich von der Bahnunternehmung zu besorgen wären und ihr von den Emser Werken abgenommen werden. 6. Es ist unbestritten, dass die Klägerin für die Erstellung der Barrierenanlage Fr. 78'000.-- und für deren Betrieb und Unterhalt bis zum 31. Dezember 1967 Fr. 3'719.05 aufgewendet hat. Die Beklagte bestreitet auch nicht, dass sie den von ihr zu tragenden Anteil an den Erstellungskosten seit dem 18. September 1964 und ihren Beitrag an jene Betriebs- und Unterhaltskosten seit dem 1. Januar 1968 mit 5% zu verzinsen hat. Dieser Zinssatz erscheint angesichts der heutigen Verhältnisse auf dem Geldmarkt als angemessen (vgl. BGE 93 I 666 Erw. 6). Die Beklagte hat daher der Klägerin Fr. 39'000.-- nebst 5% Zins seit dem 18. September 1964 und Fr. 1'859.50 nebst 5% Zins seit dem 1. Januar 1968 zu bezahlen. Ferner ist festzustellen, dass die Beklagte der Klägerin die Hälfte der vom 1. Januar 1968 an entstehenden Kosten für Betrieb, Unterhalt und Erneuerung der Barrierenanlage zu vergüten hat; darüber wird die Klägerin jährlich abzurechnen haben. BGE 94 I 569 S. 581 Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Klage wird teilweise gutgeheissen und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin zu bezahlen: a) Fr. 39'000.-- nebst 5% Zins seit dem 18. September 1964; b) Fr. 1'859.50 nebst 5% Zins seit dem 1. Januar 1968; c) die Hälfte der ab 1. Januar 1968 entstehenden Kosten für Betrieb, Unterhalt und Erneuerung der Barrierenanlage gemäss jährlich von der Klägerin zu erstellenden Abrechnungen.
public_law
nan
de
1,968
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
1b6b5106-14f9-4764-9c38-225809eafe94
Urteilskopf 118 III 37 12. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 26 novembre 1992 dans la cause X. contre Compagnie d'assurance Y. (recours de droit public)
Regeste Novenverbot im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde; Rückzug des Konkursbegehrens in der Beschwerdeantwort. Das Novenverbot im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde gilt auch für die Beschwerdeantwort (E. 2a). Die besonderen Rechtsfolgen, welche die Gewährung der aufschiebenden Wirkung im Konkursverfahren zeitigt, können nicht dazu führen, dass das Bundesgericht einem in der Beschwerdeantwort erklärten Rückzug des Konkursbegehrens Rechnung trägt (E. 2b).
Erwägungen ab Seite 38 BGE 118 III 37 S. 38 Extrait des considérants: 2. Autre chose est de savoir si l'intimée peut retirer devant le Tribunal fédéral sa réquisition de faillite, après le prononcé cantonal et avant la publication de faillite et les autres opérations d'exécution forcée. C'est en réalité la portée de son acquiescement au recours, l'intimée déclarant expressément le retrait "en tant que de besoin". Il ne s'agit pas de la question, controversée, des "nova" - les vrais - devant la juridiction cantonale de recours ( art. 174 al. 1 LP ; ATF 109 III 78 ss, ATF 102 Ia 158 consid. 3 et les arrêts cités; cf. ROLF WEBER, Rechtsmittelprobleme bei der Konkurseröffnung, in Centenaire de la LP, 1989, p. 320 ss; CH. STOCKER, Die Berufung im Sinne von SchKG Art. 174, unter besonderer Berücksichtigung des Zeitpunktes der Konkurseröffnung und der Zulässigkeit von Nova, BlSchK 1988 p. 41 ss; MARIUS SCHRANER, Neue Tatsachen im Berufungsverfahren gegen das Konkurserkenntnis, RSJ 1980 p. 278 ss; PETER VON SALIS, Probleme des Suspensiveffektes von Rechtsmitteln im Zivilprozess- und Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, thèse Zurich 1980 p. 161 ss). a) Le recours de droit public n'est pas la simple continuation de la procédure cantonale, mais ouvre en tant que moyen de droit indépendant et extraordinaire une procédure nouvelle dont l'objet est d'examiner si la décision cantonale, en soi définitive et exécutoire, viole les droits constitutionnels des citoyens ( ATF 107 Ia 271 ; BGE 118 III 37 S. 39 CLAUDE BONNARD, Problèmes relatifs au recours de droit public, RDS 1962 II p. 387 No 10 et MARTI, Die staatsrechtliche Beschwerde, 4e éd., 1979, p. 27 No 29). S'agissant d'un recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. - et de ceux où le grief de violation d'un autre droit constitutionnel n'a pas de portée propre, se confondant ainsi avec le grief d'arbitraire -, le Tribunal fédéral ne prend pas en considération les allégations, preuves ou faits qui n'ont pas été soumis à l'autorité cantonale: nouveaux, ils sont irrecevables ( ATF 117 Ia 3 consid. 2, ATF 115 Ia 185 consid. 2, ATF 109 Ia 314 consid. 1). Cette règle, l'auteur de la réponse doit aussi la respecter (a contrario KÄLIN, Das Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde, Berne 1984, p. 320 note 156, qui cite ATF 101 Ia 531 consid. 5: les nova lui sont permis s'ils l'étaient au recourant). b) Les opérations de la poursuite sont par nature incompatibles avec des conditions ou toute instabilité, spécialement le jugement de faillite: vu ses effets sur le patrimoine du débiteur et sur les droits des créanciers, il ne doit s'élever aucun doute sur le moment précis de la déclaration de faillite ( art. 175 LP ). Aussi bien lorsque, comme en l'espèce, le prononcé a été muni d'effet suspensif ( art. 36 LP , art. 94 OJ ), la date de l'ouverture de la faillite est, en cas de confirmation, celle de la force de chose jugée de cette décision, pour un arrêt du Tribunal fédéral le jour et l'heure où il est prononcé ( art. 38 OJ ). Cette jurisprudence tend à créer une situation claire et veut garantir de même manière les intérêts du débiteur, des créanciers et des tiers ( ATF 97 I 613 /614). L'arrêt de principe ( ATF 85 III 157 consid. 6) précise bien que la force de chose jugée est suspendue, et non seulement la force exécutoire, savoir les mesures à prendre en raison du prononcé. En réalité, cet aspect particulier de la procédure de faillite en cas d'effet suspensif (dont les conséquences peuvent être très variées: ATF 106 Ia 156 ss) n'exige pas que l'on tienne compte céans d'un retrait de la réquisition par la créancière intimée, parce que les conditions de la faillite devraient être réalisées précisément au moment où le juge la prononce. Si l'on ne peut faire dépendre l'admission des nova devant la juridiction cantonale de recours de l'octroi de l'effet suspensif, a fortiori devant le Tribunal fédéral alors que le principe est l'interdiction dans un recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst.
null
nan
fr
1,992
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1b6da49a-6bec-4085-9f7f-1aca993c2ddd
Urteilskopf 102 Ia 483 67. Auszug aus dem Urteil vom 1. Dezember 1976 i.S. C. und Mitbeteiligte gegen Kanton Bern, Einwohnergemeinde und Kirchgemeinde J. sowie Appellationshof des Kantons Bern
Regeste Art. 4 BV und 2 ÜbBest. BV; definitive Rechtsöffnung für Steuerforderung. 1. Es ist nicht willkürlich anzunehmen, Art. 168 Abs. 2 des bernischen Steuergesetzes, wonach Steuerforderungen in öffentliche Inventare oder auf Rechnungsrufe einzugeben sind, sei eine blosse Ordnungsvorschrift, von deren Einhaltung die Haftung der Erben für diese Forderungen nicht abhänge (E. 4). 2. Die Art. 589/590 ZGB sind auf öffentlichrechtliche Forderungen nicht anwendbar, wenn nicht das öffentliche Recht deren Geltung ausdrücklich vorbehält. Eine abweichende kantonale Regelung oder Praxis verletzt somit den Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht und verstösst auch nicht gegen Sinn und Geist des Bundesprivatrechts (E. 5 und 6).
Sachverhalt ab Seite 484 BGE 102 Ia 483 S. 484 C., J. und T. S. sowie M. sind zu gleichen Teilen (je 1/4) Erben der 1974 verstorbenen W. Über den Nachlass wurde ein öffentliches Inventar errichtet und die Erben traten die Erbschaft unter öffentlichem Inventar (Art. 588/589 ZGB) an. Gegen die Erbschaft der W. wurden von der Staatskasse Bern Steuerforderungen im Gesamtbetrage von Fr. 21'708.05 nebst Zins zu 5 1/2% seit 4. Oktober 1974 geltend gemacht. Es handelt sich um die rechtskräftig veranlagten Staatssteuern 1971 bis 1974, eine Vermögensgewinnsteuer 1972, die Gemeinde- und die Kirchensteuern 1973/74 sowie die Eidg. Wehrsteuer für die 17. Periode. Die Staatskasse Bern leitete wegen dieser Steuerforderungen Betreibung ein. Die Erben erhoben Rechtsvorschlag unter Hinweis darauf, dass die Steuerforderungen nicht rechtzeitig zur Aufnahme ins öffentliche Inventar angemeldet worden seien. Gestützt auf die Rechtskraft der erfolgten Steuerveranlagungen stellte die Staatskasse beim Richteramt Fraubrunnen das Begehren um definitive Rechtsöffnung. BGE 102 Ia 483 S. 485 Im Rechtsöffnungsverfahren erklärten die Erben gegenüber der Schweizerischen Eidgenossenschaft für die Eidg. Wehrsteuer 17. Periode im Betrage von Fr. 680.-- den Abstand. Für den restlichen Betrag wies der Gerichtspräsident von Fraubrunnen das Rechtsöffnungsbegehren ab, da die Erben gemäss Art. 589/590 ZGB für die nicht ins öffentliche Inventar aufgenommenen Steuerschulden der Erblasserin weder persönlich noch mit der Erbschaft hafteten. Die von der Staatskasse namens der Gläubiger gegen diesen Entscheid eingereichte Appellation hatte Erfolg. Der Appellationshof des Kantons Bern erteilte für den ganzen Forderungsbetrag (abzüglich Betreibungskosten) von Fr. 21'549.05 definitive Rechtsöffnung. Die Erben erheben gegen das Urteil des Appellationshofes staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, in einem Nebenpunkt auch wegen Willkür. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Die Höhe der in Betreibung gesetzten Steuerforderungen ist nicht bestritten. Es wird auch nicht geltend gemacht, die gegen die Erblasserin ergangenen rechtskräftigen Verfügungen seien in einer gegen die Erbschaft gemäss Art. 49 SchKG eingeleiteten Betreibung nicht als Rechtsöffnungstitel verwendbar. Die Parteien gingen ohne weiteres davon aus, in einem solchen gegen die Erbschaft gerichteten Zwangsvollstreckungsverfahren könnten gegebenenfalls die aus Art. 590 ZGB sich ergebenden Einreden erhoben werden. Der Appellationshof äusserte Zweifel darüber, ob die Einrede der verspäteten Forderungseingabe im Sinne von Art. 81 SchKG zu einem Urkundenbeweis führen könne, der als Nachweis der Tilgung, Stundung oder Verjährung zu werten sei. Er hat die Frage aber offen gelassen und die Einrede aus andern Gründen als unbehelflich erklärt. Im Verfahren vor Bundesgericht ist die Frage der Zulässigkeit dieser Einrede von keiner Seite aufgeworfen worden. Wird angenommen, in der Betreibung gegen die Erbschaft seien die gegen die Erblasserin bestehenden Rechtsöffnungstitel verwendbar, so dürfte es aus Billigkeitsgründen unumgänglich sein, dann auch die aus besondern BGE 102 Ia 483 S. 486 Haftungsbeschränkungen des Erbrechts sich ergebenden Einreden zu berücksichtigen. Eine weitere Abklärung dieses Problems erübrigt sich jedoch, da von keiner Seite geltend gemacht wird, es sei verfassungswidrig, im hängigen Rechtsöffnungsverfahren den Einwand des Fehlens der Steuerforderungen im öffentlichen Inventar zu beachten. Zusammenfassend ist festzustellen, dass weder die Verwendbarkeit der gegen die Erblasserin bestehenden Rechtsöffnungstitel in der gegen die Erbschaft angehobenen Betreibung noch die Beachtung allenfalls aus Art. 590 ZGB sich ergebender Einreden Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bilden. Die Auseinandersetzung beschränkt sich auf die Frage, ob die Art. 589 und 590 ZGB auch auf die hier umstrittenen Steuerforderungen zur Anwendung kommen müssen, oder ob bei diesen öffentlich-rechtlichen Ansprüchen eine Haftung der Erben auch besteht, wenn deren rechtzeitige Anmeldung für das öffentliche Inventar unterblieb. Die Rüge, die Anwendung kantonalen Rechts (Steuergesetz StG, vom 29. Oktober 1944) anstelle des Bundesrechts (Art. 589/590 ZGB) verstosse gegen das Willkürverbot, deckt sich inhaltlich vollständig mit der Rüge einer Verletzung des Prinzips der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2 Übergangsbestimmungen BV) und hat keine selbständige Bedeutung. 4. Ob Steuerforderungen zum öffentlichen Inventar angemeldet werden müssen und durch Nichtanmeldung untergehen, ist in Doktrin und Praxis seit langem umstritten (GRISEL, A propos de la succession en droit public, in Mélanges Henri Zwahlen, erscheint 1977; ESCHER, Zürcher Kommentar N 10 zu Art. 582 ZGB ; TUOR-PICENONI, Berner Kommentar N 13 zu Art. 582 ZGB mit Hinweisen auf die kantonale Verwaltungspraxis; PLATTNER in SJZ 25 1928/29 S. 96 ff.; ALBISSER in SJZ 36 1939/40 327 ff.; STEINER in Steuer-Revue 1953 S. 226 f.; KRAMER in Steuer-Revue 1953 S. 312 ff.; RÖHRIG, Steuersukzession, Haftung der Erben im Nachsteuer- und Steuerstrafrecht, Diss. Zürich 1952, S. 77 f.; Anmeldungspflicht bejaht in einem Entscheid ZR 28 1929 Nr. 78 S. 161 f.; vgl. auch ZBJV 62 1926 S. 224 ff.; verneint in den Entscheidungen BJM 1968 S. 192 ff., MBVR 70 1972 S. 218 ff., ZBl 75 1974 S. 537 ff.). a) Der Kanton Bern regelt die Steuernachfolge in Art. 16 StG . Danach treten die Erben für die bis zum Todestag geschuldeten Steuern des Erblassers in die Steuerpflicht ein. BGE 102 Ia 483 S. 487 Dass die Steuersukzession damit eine ausreichende gesetzliche Grundlage hat und dass die Beschwerdeführer als Erben der W. gemäss Art. 16 StG grundsätzlich für deren Steuerschulden haften, wird in der vorliegenden Beschwerde nicht bezweifelt. b) Gemäss Art. 168 Abs. 2 des bernischen Steuergesetzes sind Steuerforderungen in öffentliche Inventare oder auf Rechnungsrufe einzugeben. Nach Auffassung der bernischen Behörden handelt es sich dabei um eine Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung nicht den Untergang der Haftung der die Erbschaft unter öffentlichem Inventar antretenden Erben für die gemäss Art. 16 StG von ihnen zu entrichtenden, aber im Inventar nicht enthaltenen Steuern zur Folge hat. Der zweite Satz vom Art. 168 Abs. 2 StG , wonach die selbständige Haftung der Erben für Steuern, Strafsteuern und Bussen ( Art. 16 und 181 Abs. 1 StG ) vorbehalten bleibt, lässt sich als Hinweis auf die beschränkte Funktion der Pflicht zur Anmeldung von Steuerforderungen interpretieren. Auf jeden Fall ist es nicht willkürlich, Art. 168 Abs. 2 1 . Satz StG nur als Ordnungsvorschrift zu verstehen und die Haftung der Erben für Steuerforderungen nicht von der Einhaltung dieser Bestimmung abhängig zu machen. Die Beschwerdeführer machen auch nicht geltend, das kantonale Recht (insbesondere Art. 168 Abs. 2 StG ) führe zum Wegfall der Steuersukzession, wenn bei Erbschaftsantritt unter öffentlichem Inventar die Steuerforderungen im Inventar nicht enthalten seien. c) Die Anfechtung der definitiven Rechtsöffnung stützt sich im vorliegenden Fall ausschliesslich auf das Argument, auch Steuerforderungen müssten kraft Bundesrecht im öffentlichen Inventar enthalten sein, damit die Erben zur Zahlung verpflichtet werden könnten; die Art. 589/590 ZGB hätten auch für öffentlichrechtliche Forderungen Geltung. 5. a) Das Bundesgericht hat 1933 in einer zivilrechtlichen Streitigkeit erklärt, eine Steuerforderung sei als solche unzweifelhaft im öffentlichen Recht begründet. Infolgedessen sei es auch ausschliesslich das öffentliche Recht, das darüber zu bestimmen habe, was für einen Einfluss der Tod des Steuerpflichtigen auf den Bestand der Forderung ausübe, ob und unter welchen Bedingungen sie auf dessen Erben übergehe und insbesondere, ob der Fiskus, um seine Rechte nicht zu verlieren, sie in ein öffentliches Inventar anzumelden habe BGE 102 Ia 483 S. 488 ( BGE 59 II 316 f.). In einem nicht veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtes vom 14. März 1951 i.S. Erben Flury gegen Kanton Solothurn hat die staatsrechtliche Kammer den Grundsatz bestätigt, dass das ZGB als Ordnung privatrechtlicher Art auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse keine Anwendung finde. Eine kantonale Regelung, welche die solidare Haftbarkeit der Erben auch für Nach- und Strafsteuern bis zum Wert der Erbschaft und ohne Beschränkung auf die im Nachlassinventar angemeldeten Steuerforderungen vorsah, wurde in jenem Entscheid für zulässig erklärt. b) Im öffentlichen Recht des Bundes enthält der Wehrsteuerbeschluss in Art. 117 Abs. 3 eine Bestimmung, wonach eine Eingabe der Wehrsteuerforderung in öffentliche Inventare und auf Rechnungsrufe nicht erforderlich ist. Wehrsteuerforderungen können gemäss dieser ausdrücklichen Vorschrift somit gegen Erben auch geltend gemacht werden, wenn diese die Erbschaft unter öffentlichem Inventar angetreten haben und die Steuerforderung im Inventar nicht verzeichnet ist (ASA 19 1950/51 Nr. 70 S. 394 ff., Urteil des Bundesgerichts vom 2. Februar 1951). Im Warenumsatzsteuerrecht fehlt eine analoge Bestimmung, aber aus Art. 12 WUStB , der die Haftung der Erben für Warenumsatzsteuerschulden des Erblassers (bis zur Höhe ihrer Erbteile) statuiert, haben Doktrin und Praxis den Schluss gezogen, die Haftung der Erben bestehe auch, wenn die Steuerverwaltung die Anmeldung der Steuerforderung im öffentlichen Inventar unterlasse (ASA 29 1960/61 Nr. 28 S. 245 ff. und 30 1961/62 Nr. 77 S. 467 ff., 471 ff. E. 4; WELLAUER, Die eidgenössische Warenumsatzsteuer, S. 414 Randziffer 857; HEROLD, Praxis des Umsatzsteuerrechts, Anm. 1 zu Art. 12 WUStB S. 2). Art. 43 der Vollzugsverordnung zum Bundesgesetz über die AHV (AHVV) schreibt zwar die solidarische Haftung der Erben für die vom Erblasser zu seinen Lebzeiten geschuldeten Beträge vor; doch werden die Art. 566, 589 und 593 ZGB ausdrücklich vorbehalten. Aus diesem Vorbehalt hat das Versicherungsgericht den Schluss gezogen, dass die Ausgleichskassen grundsätzlich ihre Beitragsforderungen zur Aufnahme ins öffentliche Inventar anzumelden haben; das ergibt sich folgerichtig aus der Erwähnung von Art. 589 ZGB ( BGE 97 V 221 ). BGE 102 Ia 483 S. 489 c) Sowohl der Bundesgesetzgeber als auch das Bundesgericht haben somit in konstanter Praxis angenommen, die Art. 589/590 ZGB seien an sich auf öffentlich-rechtliche Forderungen nicht anwendbar. Zu einer andern Lösung kam das Eidg. Versicherungsgericht in bezug auf die Bezahlung der AHV-Beiträge, weil dort der massgebende Erlass die Möglichkeit des öffentlichen Inventars durch Hinweis auf Art. 589 ZGB ausdrücklich vorbehält. Hingegen findet sich nirgends ein Anhaltspunkt dafür, dass die Vorschriften der Art. 589/590 ZGB generell auch öffentlich-rechtliche Forderungen betreffen sollen und dass daher von Bundesrechts wegen eine Anmeldungspflicht für die auf die Erben übergehenden Steuerschulden bestehe. 6. a) Für eine Änderung dieser Praxis lässt sich aus der Sicht der Erben geltend machen, der mit dem öffentlichen Inventar verfolgte Zweck einer abschliessenden Zusammenstellung aller mit der Erbschaft verbundenen finanziellen Verpflichtungen und einer klaren Haftungsbeschränkung werde nicht erreicht, wenn die Art. 589/590 ZGB nicht auch die Steuerforderungen beträfen. Die Befürworter einer Anmeldepflicht stützen ihre Kritik am Ausschluss der öffentlich-rechtlichen Schulden vom Beneficium inventarii in erster Linie auf diese Überlegung und fügen regelmässig bei, wenn schon private Gläubiger verpflichtet seien, Aufforderungen zur Forderungseingabe zu befolgen und den Verlust ihrer Ansprüche riskierten, so müsse auch Amtsstellen und Behörden zugemutet werden, solche Ausschreibungen zu beachten. b) Gegen die direkte Anwendbarkeit der Art. 589/590 ZGB sprechen folgende Argumente: aa) Das ZGB regelt die zivilrechtlichen Verhältnisse. Die Art. 589/590 ZGB betreffen den erbrechtlichen Übergang von Verpflichtungen, nicht die im öffentlichen Recht geordnete Steuersukzession. Auch in andern Bereichen verschaffen die zivilrechtlichen Normen dem Betroffenen keinen abschliessenden Überblick über die Rechtslage; er muss stets beachten, ob daneben öffentlich-rechtliche Verpflichtungen und Beschränkungen bestehen. So können öffentlich-rechtliche Beschränkungen und Belastungen des Grundeigentums in der Regel dem Grundbuch nicht entnommen werden. Das unbestreitbare Interesse des Einzelnen, sich möglichst einfach einen abschliessenden Überblick über die bestehenden BGE 102 Ia 483 S. 490 Rechte und Pflichten zu verschaffen, vermag de lege lata eine Ausdehnung der Wirkungen zivilrechtlicher Institute auf öffentlich-rechtliche Verhältnisse nicht zu begründen. bb) Einer solchen Ausdehnung durch Interpretation steht auch die verfassungsrechtliche Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kanton entgegen, die in Art. 6 Abs. 1 ZGB ausdrücklich bekräftigt worden ist. cc) Gegen eine allgemeine Anmeldepflicht der aus einer Erbschaft sich für die Erben kraft Steuersukzession ergebenden Verpflichtungen, welche die Kantone in analoger Anwendung der Art. 589/590 ZGB einführen könnten, bestehen auch gewisse praktische Bedenken: Rechtskräftig veranlagte Steuern könnten zwar ohne weiteres in das öffentliche Inventar aufgenommen werden. Diese Steuerschulden dürften in der Regel auch aus den Papieren des Erblassers und aus öffentlichen Büchern (Steuerregister) ersichtlich sein (vgl. Art. 583 ZGB ); hier besteht also gar kein besonderes Bedürfnis, die Erben vor "Überraschungen" zu schützen. Die eigentliche Problematik besteht bei den noch nicht veranlagten Steuern (im Zeitpunkt des Todes hängige Veranlagungsverfahren) sowie bei Nach- und Strafsteuern, die erst aufgrund der Abklärung der finanziellen Verhältnisse nach dem Hinschied gefordert werden. Diese letzteren Steuern, für welche die Erben von den Steuergesetzen aus praktischen Gründen meistens bis zur Höhe des Erbteils kraft Steuersukzession als haftbar erklärt werden (ZBl 75 1974 S. 538 f. lit. b), sind im Zeitpunkt der Erstellung des öffentlichen Inventars regelmässig noch nicht veranlagt. Formell könnte natürlich in jedem Fall, in welchem eine solche noch nicht feststehende Steuerforderung in Frage kommt, vorsorglich eine entsprechende Position ohne Nennung eines Betrages ins öffentliche Inventar aufgenommen werden. Die Erben wären damit über die möglichen finanziellen Verpflichtungen nicht wesentlich besser informiert, als wenn sie ohne formellen Passivposten im Inventar nach den Umständen einfach wissen, dass noch Steuerforderungen zu erwarten sind. Es dürfe auch kaum gerechtfertigt sein, Nach- und Strafsteuerforderungen ganz oder teilweise wegfallen zu lassen, wenn von der Anmeldung eines solchen vorsorglichen Steueranspruches abgesehen würde, weil im Zeitpunkt der Inventaraufnahme kein entsprechender Steuertatbestand zu vermuten war. BGE 102 Ia 483 S. 491 Diese Erwägungen über die praktische Notwendigkeit und die materielle Begründung einer Anmeldepflicht von Steuerforderungen sind für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens allerdings nicht entscheidend. Abzustellen ist darauf, dass die Art. 589/590 ZGB sich nicht eo ipso von Bundesrechts wegen auf Steuerforderungen beziehen, sondern gemäss dem Ziel und Zweck des ZGB ausschliesslich zivilrechtliche Verpflichtungen betreffen. dd) Auch Steuerschulden, welche im Zeitpunkt des Todes des Steuerpflichtigen rechtskräftig festgesetzt und vollstreckbar sind, werden nicht aufgrund der zivilrechtlichen Norm von Art. 560 Abs. 2 ZGB persönliche Schulden der Erben, sondern gehen gemäss der öffentlichrechtlichen Bestimmung des Art. 16 StG kraft Steuersukzession auf die Erben über (vgl. hiezu GIACOMETTI, Allgemeine Lehren des rechtsstaatlichen Verwaltungsrechts, S. 329 Anm. 48, der sich in überzeugender Weise mit der gegenteiligen Auffassung von BLUMENSTEIN, System des Steuerrechts, 3. Aufl., S. 61 und 264, auseinandersetzt). Auch in bezug auf die im Zeitpunkt des Todes des Steuerpflichtigen rechtskräftig festgesetzten Steuern lässt sich somit aus den zivilrechtlichen Vorschriften der Art. 589/590 ZGB keine Anmeldepflicht für das öffentliche Inventar ableiten (so auch aarg. Steuerrekurskommission ZBl 75 1974 S. 538). c) Wenn demnach die Kantone befugt sind, über den Grundsatz und die Modalitäten des erbrechtlichen Überganges von Steuerforderungen, im besonderen über die Anmeldepflicht im öffentlichen Inventar, eigenes, vom Bundeszivilrecht abweichendes Recht zu setzen, so dürfen sie doch nicht mit ihrer Regelung gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts verstossen oder gar dessen Anwendung vereiteln ( BGE 96 I 716 E. 3; HUBER, Berner Kommentar, Art. 6 ZGB , N 213 f.; DESCHENAUX, Schweiz. Privatrecht II, Einleitungstitel, S. 26 f., 29 f.). So gelten fundamentale Rechtsinstitute und Regelungen des Bundeszivilrechts wie z.B. der Persönlichkeitsschutz nach Art. 27 ff. ZGB (und Art. 49 OR ) als vom öffentlichen Recht her unangreifbar (HUBER, Art. 6 ZGB , N 173). Ob die Erbschaftsausschlagung ( Art. 566 ff. ZGB ) ein derartiges, vor jeder öffentlich-rechtlichen Einwirkung geschütztes Institut des Privatrechts ist, das der kantonale Gesetzgeber auch bei der Rechtsetzung betreffend den erbrechtlichen BGE 102 Ia 483 S. 492 Übergang öffentlich-rechtlicher Forderungen zu beachten hätte, kann hier offen bleiben. Nach der bernischen Rechtsprechung zu Art. 16 StG treten Erben, die die Erbschaft ausgeschlagen haben, nicht in die Steuerpflicht des Erblassers ein (MBVR 53 1955 Nr. 91 S. 277 f.; GRUBER, Handkommentar zum bernischen Gesetz über die direkten Staats- und Gemeindesteuern, Art. 16 StG , N 4). Nicht zu den zivilrechtlichen Regelungen, an die der kantonale Gesetzgeber auch bei der Setzung öffentlichen Rechts gebunden ist, gehören nach dem Gesagten die Bestimmungen über die Annahme der Erbschaft unter öffentlichem Inventar (Art. 580 ff., 589/90 ZGB). Es wäre unverständlich, einer zivilrechtlichen Regelung eine Bedeutung zuzusprechen, welcher der Bundesgesetzgeber selber im Wehrsteuerrecht ausdrücklich derogiert hat (Art. 117 Abs. 3 WstB, oben E. 5b), und welche aus Gründen der Praktikabilität ohnehin für den regelmässig bedeutenderen Teil der Steuerforderungen (noch nicht veranlagte Steuern sowie Nach- und Strafsteuern) keine Anwendung finden könnte (oben E. 6b cc). d) Obschon die Aufnahme der öffentlich-rechtlichen Forderungen ins öffentliche Inventar für die Erben von Vorteil wäre, besteht somit de lege lata kein Grund, in Änderung der Praxis die zivilrechtlichen Vorschriften der Art. 589/590 ZGB als auf öffentlich-rechtliche Ansprüche anwendbar zu erklären. Dogmatische Überlegungen und praktische Bedenken sprechen für die Beibehaltung der bisherigen Auslegung. Durch die auf das öffentliche Recht des Kantons gestützte Verneinung der Anmeldepflicht für Steuerforderungen hat somit der Appellationshof des Kantons Bern den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts nicht verletzt.
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Urteilskopf 122 IV 173 25. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Mai 1996 i.S. P. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 90 Ziff. 2 und Art. 32 Abs. 1 SVG , Art. 4a Abs. 1 lit. c VRV ; grobe Verkehrsregelverletzung, Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit auf einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse. Wer auf einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h oder mehr überschreitet, begeht ungeachtet der konkreten Umstände objektiv eine grobe Verkehrsregelverletzung (E. 2d).
Sachverhalt ab Seite 174 BGE 122 IV 173 S. 174 A.- Am 7. Februar 1995 um 14.29 Uhr überschritt P. mit seinem Personenwagen "Saab 9000 Aero" auf der Autostrasse N13 in Pignia, Richtung Nord, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 31 km/h (nach Abzug der Sicherheitsmarge von 6 km/h). Die nicht richtungsgetrennte, in beiden Fahrtrichtungen je zweispurige Autostrasse weist bei der Messstelle eine leichte Linksbiegung auf und ist übersichtlich. Die beiden Fahrstreifen der Nordspur sind insgesamt 6,1 Meter breit. Im Zeitpunkt der Geschwindigkeitsmessung war die Strasse trocken, die Sicht gut und das Verkehrsaufkommen gering. Konkret gefährdet wurde niemand. B.- Mit Strafmandat vom 23. März 1995 verurteilte der Kreispräsident Schams P. wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG (SR 741.01) zu Fr. 5'000.-- Busse. Auf Einsprache von P. hin bestätigte der Kreisgerichtsausschuss Schams am 21. Juni 1995 den Schuldspruch der groben Verletzung von Verkehrsregeln, reduzierte aber die Busse auf Fr. 4'000.--. C.- Eine von P. dagegen erhobene Berufung wies der Kantonsgerichtsausschuss von Graubünden am 27. September 1995 ab. D.- P. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag das Urteil des Kantonsgerichtsausschusses aufzuheben; er sei der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG schuldig zu sprechen und dafür mit einer angemessenen Busse zu bestrafen. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt. Erwägungen Aus den Erwägungen: 1. (Eintreten). 2. a) aa) Die Geschwindigkeit ist stets den Umständen anzupassen, namentlich den Besonderheiten von Fahrzeug und Ladung sowie den Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen ( Art. 32 Abs. 1 SVG ). Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge beträgt unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen 100 km/h auf Autostrassen (Art. 4a Abs. 1 lit. c der Verkehrsregelnverordnung [VRV; SR 741.11]). Signale sind zu befolgen ( Art. 27 Abs. 1 SVG ). bb) Gemäss Art. 90 Ziff. 1 SVG wird mit Haft oder mit Busse bestraft, wer Verkehrsregeln dieses Gesetzes oder der Vollziehungsvorschriften des Bundesrates verletzt. Nach Art. 90 Ziff. 2 SVG wird mit Gefängnis oder mit BGE 122 IV 173 S. 175 Busse bestraft, wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Gemäss Art. 16 Abs. 2 SVG kann der Führer- oder Lernfahrausweis entzogen werden, wenn der Führer Verkehrsregeln verletzt und dadurch den Verkehr gefährdet oder andere belästigt hat (Satz 1). In leichten Fällen kann eine Verwarnung ausgesprochen werden (Satz 2). Der Führer- oder Lernfahrausweis muss entzogen werden, wenn der Führer den Verkehr in schwerer Weise gefährdet hat ( Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG ). b) aa) Art. 90 Ziff. 2 SVG ist nach der Rechtsprechung objektiv erfüllt, wenn der Täter eine wichtige Verkehrsvorschrift in objektiv schwerer Weise missachtet und die Verkehrssicherheit abstrakt oder konkret gefährdet hat. Subjektiv erfordert der Tatbestand, dass dem Täter aufgrund eines rücksichtslosen oder sonstwie schwerwiegend regelwidrigen Verhaltens zumindest eine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG ist bereits bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung gegeben. Die erhöhte abstrakte Gefahr setzt die naheliegende Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung voraus ( BGE 121 IV 230 E. 2b/aa mit Hinweisen). Wer durch grobe Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Ziff. 2 SVG eine ernstliche Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt, gefährdet in schwerer Weise den Verkehr im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG . Diese beiden Vorschriften stimmen inhaltlich miteinander überein ( BGE 120 Ib 285 ). bb) Nach der Rechtsprechung sind die Voraussetzungen von Art. 90 Ziff. 2 bzw. Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG ungeachtet der konkreten Umstände erfüllt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um deutlich mehr als 30 km/h überschritten wird ( BGE 121 IV 230 E. 2b/bb mit Hinweisen). Eine solche deutliche Überschreitung der Grenze von 30 km/h hat das Bundesgericht bejaht bei einem Fahrzeuglenker, der auf der Autobahn die Höchstgeschwindigkeit um 37 km/h überschritten hatte ( BGE 118 IV 188 ). Wird die Höchstgeschwindigkeit um wenig mehr als 30 km/h überschritten, sind die konkreten Umstände zu prüfen ( BGE 118 IV 188 E. 2b mit Hinweis). Der Kassationshof hat im Herbst 1994 zu Fragen im Zusammenhang mit der Verletzung von Geschwindigkeitsvorschriften Experten angehört und mit ihnen eine Aussprache durchgeführt. Im Anschluss daran äusserte er sich in BGE 121 II 127 zu den besonderen Gefahren übersetzter Geschwindigkeit BGE 122 IV 173 S. 176 innerorts. Er schützte den Entscheid der kantonalen Behörde, die einen mittelschweren Fall nach Art. 16 Abs. 2 Satz 1 SVG annahm bei einer Fahrzeuglenkerin, welche die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h innerorts um 27 km/h überschritten hatte. Er liess offen, ob nicht sogar ein schwerer Fall nach Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG anzunehmen gewesen wäre, da eine Erhöhung der Dauer des Führerausweisentzugs aus prozessualen Gründen ausser Betracht fiel (E. 4d). In BGE 121 IV 230 ging der Kassationshof ein auf die besonderen Gefahren der Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit ausserorts. Er legte dar, dass zu einer Milderung der Rechtsprechung, wonach bei Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um deutlich mehr als 30 km/h ungeachtet der konkreten Umstände eine grobe Verkehrsregelverletzung anzunehmen ist, kein Anlass besteht. Fragen könne man sich höchstens, ob die Praxis zu verschärfen und angesichts der insoweit teilweise abweichenden Gefahrenlage künftig danach zu unterscheiden sei, ob die Geschwindigkeitsvorschriften innerorts, ausserorts oder auf der Autobahn missachtet wurden (E. 2c in fine). c) Die Rechtsprechung, wonach bei Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um deutlich mehr als 30 km/h die Voraussetzungen von Art. 90 Ziff. 2 bzw. Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG ungeachtet der konkreten Umstände gegeben sind, ist entwickelt worden ausgehend von einem Fall, der eine Überschreitung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h auf der Autobahn betraf ( BGE 104 Ib 49 ). Diese Rechtsprechung darf nicht unbesehen auf andere Konstellationen übertragen werden. Die gegenüber der Autobahn abweichende Gefahrenlage ist zu berücksichtigen. Bereits in BGE 104 Ib 49 wurde gesagt, dass es nicht belanglos ist, ob die Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn oder innerorts überschritten wurde, und man nicht im Sinne einer absoluten Regel annehmen kann, dass der, welcher auf der Autobahn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 30 km/h überschreitet, dieselben Gefahren hervorruft wie der, welcher das innerorts tut (E. 3b). d) Das Bundesgericht hat sich in seiner publizierten Rechtsprechung bisher nicht zu den Besonderheiten der Autostrasse geäussert. Autostrassen sind wie Autobahnen dem Motorfahrzeugverkehr vorbehalten und entsprechend signalisiert. Ausschliesslich für Autobahnen gilt dagegen, dass sie eine getrennte Fahrbahn für jede der beiden Richtungen aufweisen und frei sind von höhengleichen Kreuzungen ( Art. 1 Abs. 3 VRV ). Autobahnen haben also richtungsgetrennte Fahrspuren. Der Gegenverkehr ist durch einen BGE 122 IV 173 S. 177 Mittelstreifen, der in der Regel noch durch Leitplanken abgesichert ist, getrennt. Dadurch wird insbesondere das Risiko von Frontalkollisionen massiv eingeschränkt. Im vorliegenden Fall geht es dagegen um eine Autostrasse, deren Besonderheit verglichen mit der Autobahn aufgrund der bei den Akten liegenden Abbildungen deutlich wird: Es handelt sich um eine vierspurige Strasse, bei der die beiden Fahrspuren der einen Richtung von denen der Gegenrichtung lediglich durch eine aufgemalte Sicherheitslinie getrennt sind. Das Risiko einer Frontalkollision mit schweren Folgen ist hier deshalb wesentlich höher als auf der Autobahn. Eine Unfallauswertung von 78,4 km zweispurigen Autostrassen ergab denn auch, dass die Unfallschwere, ausgedrückt durch die Verunfalltenrate, auf solchen Strassen ca. 2,5 mal höher ist als auf den Autobahnen (Zwischentypen, Eine Untersuchung über mögliche Betriebsformen für Hochleistungsstrassen, ETH Zürich, Institut für Verkehrsplanung und Transporttechnik, IVT Bericht Nr. 83/2, S. 30 und 43). Diese Besonderheit im Vergleich zur Autobahn rechtfertigt es, bei einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse ungeachtet der konkreten Umstände eine grobe Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG in objektiver Hinsicht bereits dann anzunehmen, wenn die Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h oder mehr überschritten wurde. Günstige Verhältnisse, die auf der Autobahn zur Verneinung einer groben Verkehrsregelverletzung führen können, wenn der Lenker die Höchstgeschwindigkeit um wenig mehr als 30 km/h überschritten hat, kann es auf der Autostrasse nur geben, soweit sie wie eine Autobahn richtungsgetrennt ist. Wird auf einer nicht richtungsgetrennten Autostrasse die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 30 km/h oder mehr überschritten, ist eine erhöhte abstrakte Gefahr zu bejahen, da die Möglichkeit der konkreten Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer naheliegt. Bei einer derartigen Geschwindigkeit besteht insbesondere ein erhebliches Risiko, dass der Lenker bei einem überraschenden Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer, wie etwa dem Wechsel auf die Überholspur, oder bei Hindernissen (Steine, Öllache usw.) nicht mehr sachgerecht reagieren kann und es deshalb zu einem Unfall kommt, bei dem Fahrzeuge auf die Gegenfahrbahn geraten. Ebenso kann bei einem solchen Tempo bereits eine vorübergehende Unaufmerksamkeit für eine Kollision auch mit entgegenkommenden Fahrzeugen genügen. BGE 122 IV 173 S. 178 e) Die Vorinstanz nimmt an, dass der Beschwerdeführer vorsätzlich gehandelt hat. Dies ist in Anbetracht der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung bundesrechtlich nicht zu beanstanden. f) Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer, soweit er vorbringt, hohe Geschwindigkeiten würden in seinem komfortablen und für eine Spitzengeschwindigkeit von 250 km/h gebauten Fahrzeug nicht wahrgenommen. Wer ein solches Auto fährt, muss gegebenenfalls in bezug auf die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit besondere Vorsicht walten lassen. g) Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen grober Verletzung von Verkehrsregeln gemäss Art. 90 Ziff. 2 SVG verletzt danach Bundesrecht nicht. 3. (Strafzumessung). 4. (Kostenfolgen).
null
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1,996
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1b6e4408-0aa9-4395-a9f1-a3201459ef5c
Urteilskopf 98 Ia 549 81. Arrêt du 17 mai 1972 dans la cause Gehrig contre Commune de Rodovre et Cour de justice civile du canton de Genève.
Regeste Ausländisches Urteil über Unterhaltspflichten gegenüber Kindern. Vollstreckung in der Schweiz, Voraussetzungen. Art. 84 Abs. 1 lit. c OG , Art. 2 Ziff. 2 und Art. 4 Ziff. 3 des Haager Übereinkommens vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiete der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern. Ein ausländisches Urteil, das gefällt wurde, ohne dass der Beklagte ordnungsgemäss geladen oder vertreten war, genügt den Anforderungen nicht, die nach dem Übereinkommen Voraussetzung für die Vollstreckung in der Schweiz sind.
Sachverhalt ab Seite 549 BGE 98 Ia 549 S. 549 A.- Nina Norager Hansen, à Rodovre (Danemark), a mis au monde un enfant le 31 janvier 1964; elle a ouvert action en recherche de paternité devant le Tribunal civil de Rodøvre BGE 98 Ia 549 S. 550 contre Jean-Claude Gehrig, domicilié à Genève. Le tribunal a entendu la demanderesse le 27 octobre 1964 et ordonné l'audition de Gehrig par voie de commission rogatoire. Celui-ci a été entendu par le Tribunal de première instance de Genève le 17 novembre 1965. Il a confirmé, au cours de cette audience, une lettre de son mandataire au président dudit tribunal, aux termes de laquelle il contestait la compétence du Tribunal de Rodovre et, n'ayant jamais reçu d'assignation devant ce tribunal, déclarait "s'opposer à la validité de la procédure"; il ajoutait qu'il était prêt à faire une déclaration par déférence vis-à-vis du Tribunal de première instance, "sans qu'aucune de ses réponses ne puisse être considérée comme le liant à la procédure ou comme un aveu en justice". Sur le fond, il a reconnu avoir eu des rapports sexuels avec dlle Hansen, mais a contesté être le père de l'enfant. Il a accepté, tout en persistant dans ses réserves, de se soumettre à une expertise du sang et a déclaré conclure au rejet de la demande. Le 25 avril 1966, l'Ambassade du Danemark à Berne a remis à Gehrig une note du Tribunal de Rodovre datée du 29 mars 1966, priant l'Ambassade d'aviser le défendeur que ce tribunal se déclarait compétent, que rien ne s'opposait, d'après les analyses du sang, à ce que Gehrig pût être le père de l'enfant, que d'autre part le tribunal, à la suite de l'audition d'un nommé Orlien, qui avait également eu des relations sexuelles avec dlle Hansen avant la naissance de l'enfant, estimait que ce tiers n'était "pas engagé dans l'affaire". L'Ambassade était également priée d'aviser Gehrig que l'audience de plaidoiries était fixée au 29 juillet. A la note du tribunal était jointe une citation pour ladite audience de plaidoiries, annonçant qu'il serait ensuite procédé au jugement; cette citation devait être remise par l'Ambassade au défendeur, en lui demandant d'attester l'avoir reçue et de renoncer ainsi à une notification dans les formes légales. Gehrig a signé l'accusé de réception de la citation, renonçant ainsi à la notification de celle-ci selon la loi suisse; en même temps, il a fait écrire au Tribunal de Rodovre, par son avocat, qu'il protestait contre la procédure suivie et qu'il ne considérait pas la citation comme une assignation valable. Il excipait de la nullité de la procédure, tout en demandant, en présentant à l'appui de sa requête un certificat médical, l'ajournement de l'audience fixée au 29 juillet. BGE 98 Ia 549 S. 551 B.- Gehrig ne s'étant pas présenté à l'audience du 29 juillet 1966, le tribunal a considéré que la cause était suffisamment instruite et qu'il n'était pas nécessaire d'ajourner l'audience. Il a rendu le même jour son jugement, dont le dispositif est le suivant: "Le défendeur Jean-Claude Gehrig doit être considéré comme père de l'enfant de sexe féminin mis au monde le 31.1.1964 par la demanderesse Nina Norager Hansen. Les frais de la cause sont à la charge du Trésor." Ce jugement a été notifié au défendeur en danois et en traduction française le 26 septembre 1966; au jugement étaient jointes des instructions attirant l'attention du défendeur sur le fait qu'appel pouvait être interjeté dans les 4 semaines auprès du "Ostre Landsret" à Copenhague. Gehrig n'a pas appelé du jugement. C.- Le 21 juillet 1969, l'Ambassade du Danemark à Berne a transmis à Gehrig, en danois et en traduction française, une "Bidrags-resolution" (résolution de contribution) du "Kobenhavns amt", datée du 30 avril 1969. Selon cette décision, Gehrig, dont la paternité a été constatée par jugement du Tribunal de Rodovre le 29 juillet 1966, est tenu de payer des contributions à son enfant Astrid Margrethe Norager Hansen, à dater du 6 février 1969. La décision ajoute (selon la traduction de l'Ambassade): "Cette contribution qui, suivant les circonstances, peut être augmentée ou réduite, est fixée à la contribution normale valable à tout temps et qui pour le moment s'élève à cour. dan. 2028.-- par année, jusqu'à 18 ans révolus de l'enfant. La contribution se paie chaque semestre à l'avance à l'anniversaire de l'enfant et à son demi-anniversaire, si bien que la contribution pour la période à partir du 6 février 1969 jusqu'au 31 juillet 1969 est échue tout de suite." Dans sa lettre accompagnant la "resolution", l'Ambassade invitait Gehrig à lui verser la contre-valeur de 985 cour. 83, soit 576 fr. 70 pour la période du 6 février au 31 juillet 1969. Gehrig a fait savoir à l'Ambassade, par lettres des 24 juillet et 8 août 1969, qu'il contestait la validité du jugement de 1966, que d'autre part celui-ci ne contenait pas de condamnation au paiement d'une pension, enfin que la décision de réclamer une pension n'était pas une décision judiciaire. BGE 98 Ia 549 S. 552 L'Ambassade a répondu par lettre du 20 août 1969, dans laquelle elle relève que le jugement de 1966 a été rendu régulièrement, qu'il ne reconnaît - il est vrai - que la paternité du défendeur et ne comprend pas d'obligation explicite de payer des aliments. Cependant, le § 13 de la loi danoise du 18 mai 1960 sur la situation juridique des enfants oblige les deux parents à pourvoir à l'entretien de l'enfant. Dès lors, la constatation de la paternité contient en elle-même la base légale d'un devoir d'entretien. Si l'un des parents n'accomplit pas son devoir d'entretien, l'autorité peut, par résolution de contribution, obliger celui-ci à payer des contributions à l'entretien. Selon le § 14 de la loi, cette contribution est fixée en fonction des intérêts de l'enfant et des moyens économiques des parents; si les deux parents sont sans fortune, la contribution normalement fixée est la contribution usuelle valable en tout temps au domicile de l'enfant. Le 27 mai 1971, l'Ambassade du Danemark a communiqué à Gehrig que les "autorités danoises compétentes" lui réclamaient les contributions arriérées du 6 février 1969 au 31 janvier 1971 pour un montant total de 4111,83 cour. dan., soit de 2277 fr. 95 en monnaie suisse. D.- Par commandement de payer notifié le 31 août 1971, la commune de Rodovre a réclamé à Gehrig le montant de 2289 fr. 05 à titre de "dette de contributions alimentaires, pour la période du 6.2.69 au 31.1.71 pour son enfant illégitime". Gehrig a fait opposition à la poursuite. E.- Par requête du 17 novembre 1971, la commune de Rodovre a demandé au Tribunal de première instance de Genève de prononcer la mainlevée définitive de l'opposition. Le tribunal y a donné suite par jugement du 13 décembre 1971. Sur appel interjeté par Gehrig devant la Cour de justice, cette juridiction a déclaré l'appel irrecevable par arrêt du 11 février 1972. F.- Agissant par la voie du recours de droit public, Gehrig requiert le Tribunal fédéral de prononcer l'annulation de l'arrêt de la Cour de justice, de maintenir l'opposition à la poursuite et de condamner la commune de Rodovre aux frais de première instance et d'appel. Invoquant l'art. 84 al. 1 lettre c OJ, il fait grief au jugement cantonal d'avoir violé l'art. 4 ch. 3 de la Convention de La Haye concernant la reconnaissance et l'exécution BGE 98 Ia 549 S. 553 des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants, du 15 avril 1958. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) ... b) Selon l'art. 84 al. 1 lettre a OJ, le recours de droit public est recevable contre les décisions cantonales pour violation de traités internationaux, sauf s'il s'agit d'une violation de leurs dispositions de droit civil ou de droit pénal. Les dispositions en cause ici ont trait à l'exécution forcée; elles ne relèvent ni du droit civil, ni du droit pénal; comme d'autre part leur violation ne peut être soumise par un autre moyen de droit au Tribunal fédéral ou à une autre autorité fédérale (art. 84 al. 2 OJ), le présent recours est recevable (RO 96 I 390 consid. 1, 95 II 377 s.). c) Le recourant qui se fonde sur l'art. 84 al. 1 lettre c OJ n'est pas obligé d'épuiser préalablement les voies de droit cantonales. S'il le fait néanmoins, comme il en a le droit (art. 86 al. 3 OJ), il n'est cependant pas limité aux moyens qu'il a invoqués devant l'autorité cantonale, mais peut faire valoir des moyens nouveaux (RO 93 I 167 consid. 2, 81 I 142 consid. 1). D'autre part, le Tribunal fédéral revoit librement les questions de fait et de droit; il n'examine cependant que les griefs formulés dans le recours de droit public et n'a pas à rechercher si la décision attaquée présente d'autres vices que ceux qui ont été allégués (RO 85 I 44, 93 I 54 consid. 2). ... 2. La Convention de La Haye du 15 avril 1958 "concernant la reconnaissance et l'exécution des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants" (ROLF 1964 p. 1290) a été ratifiée par la Suisse et par le Danemark; elle est en vigueur, pour les relations entre ces deux pays, dès le 1er janvier 1966 (ROLF 1969 p. 1152). Les prestations sont réclamées pour une période postérieure au 6 février 1969, donc postérieure à l'entrée en vigueur de la Convention pour les relations entre les deux pays en cause. La Convention est applicable au présent litige, alors même que l'enfant est né avant son entrée en vigueur (cf. l'arrêt publié au RO 96 II 9 ss., relatif à la Convention de La Haye du 24 octobre 1956 sur "la loi applicable aux obligations alimentaires envers les enfants"); d'ailleurs, les deux décisions danoises invoquées par l'intimée sont, elles, postérieures à cette entrée en vigueur. BGE 98 Ia 549 S. 554 3. Le recourant allègue essentiellement qu'il n'a pas été régulièrement assigné devant le Tribunal de Rodovre en 1964 et que l'intimée n'a pas produit l'acte introductif d'instance visé par l'art. 4 de la Convention et exigé en cas de défaut du défendeur. Il allègue également, dans l'exposé des faits, qu'il n'a jamais été cité non plus devant le tribunal danois lors de la seconde procédure qui s'est déroulée en 1969... 4. Le commandement de payer notifié le 31 août 1971 n'indique pas le titre sur lequel l'intimée entend fonder sa poursuite. La requête de mainlevée se réfère en revanche à deux décisions: le jugement du Tribunal civil de Rodovre du 29 juillet 1966 et la décision du Tribunal inférieur de Copenhague du 30 avril 1969. a) Pour qu'une décision en matière d'aliments puisse être reconnue et déclarée exécutoire dans un autre Etat, il faut notamment, selon la Convention (art. 2 ch. 2), que la partie défenderesse ait été régulièrement citée ou représentée selon la loi de l'Etat dont relève l'autorité qui a statué. S'il s'agit d'une décision par défaut, la partie qui en demande l'exécution doit produire une copie authentique de l'acte introductif d'instance et les pièces de nature à établir que cet acte a été dûment signifié (art. 4 ch. 3); l'autorité d'exécution peut refuser la reconnaissance et l'exécution d'une telle décision lorsqu'elle estime, au vu des circonstances de la cause, que c'est sans faute de la partie défaillante que celle-ci n'a pas eu connaissance de la procédure ou n'a pas pu s'y défendre (art. 2 ch. 2, 2e phrase). b) Selon l'arrêt de la Cour de justice, le Tribunal de première instance était en droit d'admettre que le jugement du 29 juillet 1966 et celui du 30 avril 1969 "formaient un tout comparable à l'action en paternité du droit suisse", les décisions visées par la Convention de La Haye pouvant être tant judiciaires qu'administratives (FF 1964 I 520 s.). A vrai dire, la procédure suivie dans le procès qui a abouti au jugement du 29 juillet 1966 présente certaines particularités. Il est exact - et d'ailleurs non contesté - que Gehrig n'a jamais reçu d'acte introductif d'instance. Le procès semble s'être ouvert le 27 octobre 1964, jour où la demanderesse Norager Hansen a comparu devant le Tribunal de Rodovre. Il ressort du procès-verbal de cette audience que le juge a décidé de faire interroger le défendeur par l'intermédiaire du Consul du Danemark à Genève. L'audition par voie de commission BGE 98 Ia 549 S. 555 rogatoire n'a pu avoir lieu devant le tribunal genevois - en raison d'un changement d'adresse de Gehrig - que le 17 novembre 1965; lors de cette audition, le défendeur a d'abord fait toutes réserves sur la compétence du tribunal danois et protesté contre le fait qu'il n'avait pas été assigné; par déférence pour le tribunal, il a cependant répondu aux questions posées et accepté de se soumettre à une expertise du sang, tout en persistant dans ses réserves; pour le surplus, il a conclu au rejet de la demande. Sans répondre aux réserves du défendeur, le Tribunal de Rodovre a poursuivi son enquête: le 28 février 1966, il a entendu la demanderesse et le 11 mars 1966 le nommé Orlien, qui avait eu des relations sexuelles avec la demanderesse. C'est seulement après la fin de son enquête que le Tribunal de Rodovre a demandé à l'Ambassade du Danemark en Suisse, le 29 mars 1966, de notifier à Gehrig une assignation à comparaître le 29 juillet 1966 pour l'audience de plaidoiries. Gehrig ayant demandé une remise d'audience pour cause de maladie, le tribunal a refusé de la lui accorder et, estimant la cause suffisamment instruite, a rendu son jugement à cette date. Il n'est donc pas exact de dire, comme le fait le Tribunal de Rodovre dans un mémoire du 29 mars 1966 accompagnant la citation à l'audience de plaidoiries du 29 juillet 1966, que c'est parce qu'il ignorait le domicile du recourant qu'il ne l'a pas convoqué à l'audience du 27 octobre 1964, où la demanderesse a été interrogée; le procès-verbal de cette audience indiquait d'ailleurs l'adresse du recourant; même si cette adresse n'était plus exacte, le dossier démontre que le défendeur n'a pas été recherché en vue de cette audience, ni cité par voie édictale. Il n'a pas non plus été cité pour les audiences des 28 février et 11 mars 1966 - où ont été entendus la demanderesse et le nommé Orlien - alors que son adresse était désormais connue, puisqu'il avait été interrogé par voie de commission rogatoire à Genève le 17 novembre 1965. Quant à l'audience de plaidoiries du 29 juillet 1966, à laquelle il avait été cité, il est vrai que le défendeur aurait pu s'y faire représenter par un avocat, s'il ne lui était pas possible d'y assister personnelement pour des raisons de santé; il lui était également loisible, après le jugement du 29 juillet 1966, d'interjeter appel selon les indications qui lui avaient été fournies. Mais la commune de Rodovre n'a fourni aucune précision sur BGE 98 Ia 549 S. 556 le point de savoir dans quelle mesure le recourant aurait pu, s'il s'était présenté à l'audience du 29 juillet 1966, demander que le tribunal procède à une nouvelle audition de la demanderesse et d'Orlien, et dans quelle mesure aussi les vices de la première procédure auraient pu être réparés dans l'instance d'appel. Il n'est cependant pas nécessaire de résoudre ce problème. En effet, seules la reconnaissance et l'exécution "des décisions rendues à l'occasion de demandes portant ... sur la réclamation d'aliments" doivent être assurées dans les Etats liés par la Convention (art. 1er al. 1 Conv.); "si la décision contient des dispositions sur un point autre que l'obligation alimentaire, l'effet de la convention reste limité à cette dernière" (art. 1er al. 2). Le rapport sur les travaux de la IIIe Commission de la 8e session de la Conférence de La Haye de droit international privé, qui a adopté le projet de convention concernant la reconnaissance et l'exécution des décisions en matière d'obligations alimentaires envers les enfants, précise à ce sujet que "la Convention ne vise que le dispositif de la décision à exécuter portant sur des aliments" (Conférence de La Haye de droit international privé, Actes de la 8e session, 1956, p. 317; cf. aussi FF 1964 I 520). c) Il ne saurait donc être question d'exécuter en Suisse, en application de la Convention de La Haye, le jugement rendu par le Tribunal de Rodovre le 29 juillet 1966, qui ne fait que prononcer la paternité du recourant, sans le condamner à fournir des aliments; le procès lui-même ne portait d'ailleurs pas sur une réclamation d'aliments en faveur de l'enfant, mais consistait en une action introduite par la mère en vue de faire déclarer la paternité du recourant. La Convention de La Haye ne trouve pas application en pareil cas (cf. RO 92 II 88 consid. 4 e). En revanche, la décision du 30 avril 1969, intitulée "résolution de contribution" et rendue par le "Kobenhavns amt", est une décision qui porte sur des obligations alimentaires et peut être en principe exécutée en Suisse, si les conditions prévues par la Convention sont réalisées. Peu importe que l'autorité qui l'a rendue soit qualifiée de "Tribunal inférieur de Copenhague" (lettre de l'Ambassade du Danemark à Berne, du 3 novembre 1971), ou d'"autorité civile régionale" (note de la même ambassade du 20 août 1969): la Convention BGE 98 Ia 549 S. 557 s'applique en effet aux décisions de toute autorité compétente (cf. art. 2 ch. 1 et art. 3 Conv.), par quoi l'on entend aussi bien une autorité administrative qu'une autorité judiciaire (Actes, loc.cit., p. 317; FF 1964 I 520). 5. Au sujet de la décision du 30 avril 1969, le recourant soutient "qu'il n'a jamais été cité devant le tribunal danois lors de cette seconde procédure"; il déclare aussi qu'il "n'avait jamais été assigné devant le Tribunal régulièrement". Malgré le caractère sommaire de son recours, on peut admettre que le recourant invoque implicitement la violation de l'art. 2 ch. 2 de la Convention en même temps que celle de l'art. 4 ch. 3. a) Il convient donc d'examiner si, devant l'autorité qui a pris la décision du 30 avril 1969, le recourant a été, au sens de l'art. 2 ch. 2 de la Convention, régulièrement cité ou représenté selon la loi danoise. Selon le rapport de la Commission de la Conférence de La Haye, il faut que "la décision ait fait l'objet d'une procédure, contradictoire ou par défaut, régulière et respectueuse des droits de la défense". Le rapport ajoute que "le mot cité ne doit pas être entendu dans son sens technique qui implique une assignation, mais doit être compris dans un sens large, citation signifiant, ici, tout mode de saisie d'un tribunal ou d'une autorité administrative" (Actes, loc.cit., p. 317; voir aussi p. 200). Or le recourant n'a été ni "cité" - sous quelque forme que ce soit - devant le "Kobenhavns amt", ni même avisé, avant la décision, de l'existence d'une procédure. C'est plus de trois mois après la fin de celle-ci qu'il en a été avisé, en recevant la décision. L'autorité qui a pris la décision n'a donc pas satisfait aux dispositions de la Convention de La Haye. Même s'il s'agit d'une autorité administrative, cette autorité n'a pas suivi une procédure "respectueuse des droits de la défense", pour reprendre les termes du rapport de la IIIe Commission de la Conférence de La Haye; elle n'a pas donné à l'intéressé l'occasion d'être entendu. b) Au sujet du moyen invoqué par Gehrig, selon lequel la demande d'exequatur porte sur une décision du 30 avril 1969 reposant elle-même sur une procédure à laquelle le recourant n'aurait jamais été assigné, la Cour de justice fait observer que le jugement du 29 juillet 1966 et celui du 30 avril 1969 constituent une décision prise en deux temps, soit une première décision BGE 98 Ia 549 S. 558 portant sur le principe et une seconde, de caractère plus administratif, fixant le montant de la pension. Mais elle omet de considérer que la seule décision dont l'exequatur peut être demandé est la décision fixant la pension et que cette décision est, en procédure, indépendante de la première et ne comporte pas les mêmes parties. Même si le recourant avait comparu à la première procédure, il aurait dû être entendu également dans la seconde, puisque ce droit d'être entendu est assuré au défendeur en vertu de la Convention de La Haye. c) La "résolution de contribution" n'indique pas la base juridique sur laquelle elle repose; il y est seulement déclaré qu'il s'agit de la "contribution normale". Dans sa requête de mainlevée, l'intimée a déclaré que la pension alimentaire avait été fixée, en application des art. 13 et 14 de la loi danoise no 200 du 18 mai 1960 sur la situation juridique des enfants, au montant usuel de 2028 cour. danoises, selon les normes en vigueur à l'époque, et que par la suite cette pension a été augmentée par des allocations générales de renchérissement. Selon la traduction partielle de la loi no 200 produite par l'Ambassade du Danemark, "la contribution est fixée en tenant compte des intérêts de l'enfant et de la situation économique des parents - notamment de leurs possibilités de gain. Si les deux parents n'ont qu'un salaire modeste, la pension alimentaire est en général fixée à la contribution normale décrétée par ordonnance pour la période considérée valable au domicile de l'enfant" (§ 14). Le montant de 2028 cour. a été fixé, d'après les documents produits par l'Ambassade, par une ordonnance du 28 août 1968 du Ministère de la prévoyance sociale à titre de "contributions normales" dues par le père. Il résulte de ces documents que la pension n'est pas fixée automatiquement en vertu de la loi danoise à un montant déterminé. Elle est fixée "en général", dit la loi, au montant de la contribution normale. Mais pour savoir si c'est bien la norme générale qui doit être appliquée à un cas déterminé, il faut que l'autorité danoise ait donné à l'intéressé l'occasion de s'exprimer, ce qu'elle n'a pas fait en l'espèce. d) Ainsi la décision danoise dont la reconnaissance et l'exécution sont demandées ne répond pas aux exigences de la Convention de La Haye, la partie défenderesse n'ayant été ni citée ni représentée devant l'autorité qui a statué. BGE 98 Ia 549 S. 559 Dispositiv Par ces motifs, le Tribunal fédéral: Admet le recours en tant qu'il est recevable; partant, annule la décision attaquée.
public_law
nan
fr
1,972
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1b6f53ee-1921-494c-a6bb-1633e82f545b
Urteilskopf 99 IV 222 51. Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1973 i.S. Polizeiamt der Stadt Winterthur gegen Suter
Regeste Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV . Strassenverzweigung. Eine aus unbebautem Land führende, keinen Durchgangsverkehr aufweisende und als Sackgasse gekennzeichnete Strasse bildet beim Zusammentreffen mit einer Quartierstrasse keine Verzweigung.
Sachverhalt ab Seite 222 BGE 99 IV 222 S. 222 A.- Im sog. Grüzefeld in Winterthur mündet auf der Höhe der Wingertlistrasse die 5, 1 m breite und geteerte alte Seenerstrasse über ein auf die Fahrbahn abgesenktes Trottoir in die 7,1 m breite Etzbergstrasse. Bei der Zufahrt zur alten Seenerstrasse steht am rechten Strassenrand ein Signal Nr. 201 (allgemeines Fahrverbot) mit dem ergänzenden Vermerk "Zubringerdienst gestattet". Darunter ist das Zeichen "Sackgasse" (Signal Nr. 315) angebracht. Suter führte am 24. Juli 1972, ca. 15.50 Uhr, einen Sattelschlepper auf der alten Seenerstrasse gegen die Etzbergstrasse. Als er diese überquerte, um in die Wingertlistrasse einzufahren, wurde er von dem von links auf der Etzbergstrasse herannahenden Personenwagen des Kupper gerammt. An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden. B.- Das Polizeiamt der Stadt Winterthur verurteilte Suter am 19. Oktober 1972 u.a. wegen Widerhandlung gegen die BGE 99 IV 222 S. 223 Art. 31 Abs. 1, 36 Abs. 4 SVG und 15 Abs. 3 VRV zu einer Busse von Fr. 60.-. Mit Urteil vom 25. Januar 1973 sprach ihn das Bezirksgericht Winterthur frei. Eine gegen diesen Entscheid vom Polizeiamt der Stadt Winterthur gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich am 11. September 1973 ab. C.- Das Polizeiamt der Stadt Winterthur führt eidg. Nichtigkeitsbeschwerde und beantragt Schuldigsprechung des Suter im Sinne der am 19. Oktober 1972 erlassenen Strafverfügung. D.- Suter trägt auf Abweisung der Beschwerde an. Erwägungen Der Kassationshof zieht in Erwägung: 1. Die Beschwerde macht geltend, die alte Seenerstrasse stelle im Verhältnis zur Etzbergstrasse bloss eine Ausfahrt im Sinne von Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV dar, weshalb Suter gemäss Art. 15 Abs. 3 VRV zur Gewährung des Vortritts gegenüber Kupper verpflichtet gewesen wäre. 2. Eine mit dem Signal "allgemeines Fahrverbot" (Nr. 201) belegte Verkehrsfläche bildet an der Stelle, wo sie mit einer dem Fahrverkehr geöffneten Strasse zusammentrifft, keine Verzweigung im Sinne von Art. 1 Abs. 8 VRV ( BGE 91 IV 145 Erw. 2). Im vorliegenden Fall galt das allgemeine Fahrverbot aber nicht uneingeschränkt. Das Signal war vielmehr mit dem Zusatz "Zubringerdienst gestattet" versehen. Dadurch wurde das Befahren der alten Seenerstrasse für bestimmte Zwecke allgemein erlaubt. Dieser Umstand konnte aber auf die Anwendung der Verkehrsregeln über das Vortrittsrecht nur Einfluss haben, wenn die beschränkt befahrbare Strasse für den allgemeinen Fahrverkehr eine derart untergeordnete Bedeutung hatte, dass sie im Vergleich mit der Strasse, mit der sie zusammentraf, einer blossen Ausfahrt im Sinne des Art. 1 Abs. 8 Satz 2 VRV gleichzustellen war ( BGE 91 IV 41 , 146). Das trifft im vorliegenden Falle zu. Nach der Feststellung der Vorinstanz handelt es sich bei der alten Seenerstrasse nur noch um ein Reststück der früheren Seenerstrasse, das in unbebautes und grösstenteils landwirtschaftlich genutztes Land führt. Ein Teil davon wird als Kiesdeponie verwendet; am Unfalltag wurde mit einer Erdmaschine Humus geschürft und mit Lastwagen weggeführt. Schon deshalb hat die fragliche Strasse für den Fahrverkehr praktisch keine Bedeutung mehr. Dazu kommt, dass sie als BGE 99 IV 222 S. 224 Sackgasse gar nicht für den Durchgangsverkehr bestimmt ist. Sodann spricht die bauliche Anlage der alten Seenerstrasse dafür, dass sie im Verhältnis zur Etzbergstrasse eine ganz untergeordnete Verkehrsbedeutung hat. Denn im Gebiet, wo sie mit dieser zusammentrifft, ist das der Etzbergstrasse entlangführende Trottoir nicht unterbrochen, sondern bloss abgesenkt. Zudem ist die alte Seenerstrasse an dieser Stelle nicht verbreitert. Es handelt sich also um eine Ausfahrt, deren Verkehrsbedeutung nicht grösser ist als die eines Feldweges ( Art. 15 Abs. 3 VRV ). Dass die alte Seenerstrasse 5,l m breit und geteert ist, ändert daran nichts, ebensowenig der Umstand, dass die Etzbergstrasse keinen starken Verkehr aufweist und bloss eine Quartierstrasse darstellt. Gilt demnach deren Zusammentreffen mit der alten Seenerstrasse nicht als Verzweigung, so stand Suter, der am betreffenden Tag das Gebiet mehrmals zum Wegführen von Humus befahren hat und somit die untergeordnete Verkehrsbedeutung der fraglichen Sackgasse erkennen konnte, gegenüber dem auf der Etzbergstrasse verkehrenden Kupper kein Vortrittsrecht zu. Die Sache ist daher an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie Suter wegen Widerhandlung gegen Art. 36 Abs. 4 SVG (in Verbindung mit Art. 14 Abs. 1 und 15 Abs. 3 VRV) verurteile. Dispositiv Demnach erkennt der Kassationshof: Die Nichtigkeitsbeschwerde wird gutgeheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich - I. Strafkammer - vom 11. September 1973 aufgehoben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückgewiesen.
null
nan
de
1,973
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1b704be6-3f41-490c-aae1-6ca55bd5ff3b
Urteilskopf 89 I 405 58. Auszug aus dem Urteil vom 15. November 1963 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen X. und Steuerrekurskommission des Kantons Schwyz.
Regeste Wehrsteuer: Die von einem "vertraglichen Vertreter" bei der Ausfüllung des Formulars für die Steuererklärung begangene Hinterziehung wird dem Steuerpflichtigen zugerechnet, sofern dieser nicht nachweist, dass er nicht imstande gewesen wäre, die Handlung zu verhindern oder ihre Auswirkung rückgängig zu machen (Art. 130 Abs. 3 WStB). Fall eines Steuerpflichtigen, der das vom Beauftragten ausgefüllte Formular selber unterzeichnet und eingereicht hat.
Sachverhalt ab Seite 405 BGE 89 I 405 S. 405 Aus dem Tatbestand: X. hat seine Steuererklärung für die 10. Wehrsteuerperiode durch einen Beauftragten (Direktor einer Treuhandgesellschaft) aufsetzen lassen. Er hat das ausgefüllte Formular unterzeichnet und eingereicht. Auf Grund der Steuererklärung ist er zu niedrig eingeschätzt worden. Die BGE 89 I 405 S. 406 kantonale Wehrsteuerverwaltung hat den Beauftragten der Hinterziehung beschuldigt. Sie hat X. gestützt auf Art. 130 Abs. 3 WStB verpflichtet, den hinterzogenen Steuerbetrag und ausserdem eine Busse zu bezahlen. Die kantonale Rekurskommission hat die Busse aufgehoben. Sie geht von der Annahme aus, dass Art. 130 Abs. 3 WStB hier nicht anwendbar sei. Gegen ihren Entscheid führt die eidgenössische Steuerverwaltung Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Der Wehrsteuerbeschluss schreibt nicht vor, dass die steuerpflichtige natürliche Person das amtliche Formular für die Steuererklärung selber zu unterzeichnen hat. Die eidgenössische Steuerverwaltung beruft sich für ihren abweichenden Standpunkt zu Unrecht auf Art. 86 Abs. 1 WStB. Nach dieser Vorschrift ist die Wehrsteuererklärung gültig, wenn das amtliche Formular vollständig ausgefüllt und unterzeichnet ist. Die Bestimmung verlangt nicht die persönliche Unterschrift des Steuerpflichtigen. Er kann einen Beauftragten unterzeichnen lassen (vgl. Urteil vom 9. Oktober 1959, ASA Bd. 28 S. 277). Art. 130 Abs. 3 WStB lässt die vertragliche Vertretung ohne Einschränkung zu. Diese Bestimmung ist dann, wenn der Steuerpflichtige jemanden beauftragt hat, das Steuererklärungsformular für ihn auszufüllen, stets anwendbar, gleichgültig, ob das Formular vom Pflichtigen selber oder vom Beauftragten unterzeichnet und eingereicht worden ist. Wird das vom Beauftragten ausgefüllte Formular vom Pflichtigen persönlich unterschrieben und eingereicht, so tritt allerdings der Beauftragte nach aussen nicht als eigentlicher "Vertreter" (im Namen des Auftraggebers) auf; aber er "vertritt" doch die Stelle des Auftraggebers bei der Ausfüllung des Formulars, und das ist ebenfalls eine "Vertretung" im Sinne des Art. 130 Abs. 3 WStB. Für die Besteuerung kommt es vor allem darauf an, wie das Formular ausgefüllt BGE 89 I 405 S. 407 wird. Wer es unterzeichnet und einreicht, ist weniger wichtig. Es ist allenfalls hinsichtlich des nach Art. 130 Abs. 3 WStB vom Steuerpflichtigen zu erbringenden Entlastungsbeweises von Bedeutung: Dieser Beweis wird dem Pflichtigen schwer fallen, wenn er die Erklärung selber unterschrieben hat (vgl. Urteil vom 17. Juni 1960, ASA Bd. 29 S. 133 Z. 3).
public_law
nan
de
1,963
CH_BGE
CH_BGE_001
CH
Federation
1b746718-02db-4fe3-87df-06fc5c5b5e0c
Urteilskopf 140 V 22 4. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. Pensionskasse A. in Liquidation gegen X. AG und Mitb. sowie Y. AG und Mitb. und vice versa (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_135/2013 und andere vom 23. Dezember 2013
Regeste a Art. 53d Abs. 6 BVG ; Verfahren bei Teilliquidation. Auch der Arbeitgeber ist legitimiert, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan einer Teilliquidation der Vorsorgeeinrichtung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen und entscheiden zu lassen (E. 4.2). Regeste b Art. 53b Abs. 2 und Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG ; Information der Destinatäre. Die Aufsichtsbehörde ist nicht gehalten, die Verfügung betreffend die Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung auch deren Destinatären zuzustellen (E. 5.4.1). Indes fällt die Verabschiedung eines Teilliquidationsreglements unter die Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtung gemäss Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG (E. 5.4.4). Regeste c Art. 53b Abs. 1 und Art. 53d Abs. 6 BVG ; Teilliquidationsreglement, Inzidenzkontrolle. Eine Reglementsbestimmung, wonach bei der Teilliquidation einer Gemeinschaftseinrichtung ein versicherungstechnischer Fehlbetrag anteilmässig beim Deckungskapital jedes austretenden Rentenbezügers in Abzug gebracht wird, ist rechtmässig (E. 6). Regeste d Art. 71 Abs. 1 BVG und Art. 48 BVV 2 ; Vermögensbewertung. Die Bewertung der Aktiven einer Vorsorgeeinrichtung erfolgt zu den Marktwerten am Bilanzstichtag, weshalb die Vornahme von Wertberichtigungen auf Hypothekardarlehen, die Dritten gewährt wurden, angezeigt sein kann (E. 7.3).
Sachverhalt ab Seite 23 BGE 140 V 22 S. 23 A. Die Pensionskasse A., im Dezember 2010 in Liquidation versetzt (nachfolgend: Pensionskasse), war bis Ende 2005 eine Gemeinschaftsstiftung mit 182 angeschlossenen Arbeitgebern. Per 1. Januar 2006 wurde sie neu strukturiert, indem sie von einer Gemeinschafts- in eine Sammelstiftung umgewandelt wurde und den Wechsel vom Leistungs- ins Beitragsprimat vollzog. Am 22. Juni 2005 verabschiedete der Stiftungsrat der Pensionskasse das "Reglement Teilliquidation 2005", gültig vom 1. Januar bis BGE 140 V 22 S. 24 31. Dezember 2005 (nachfolgend: Teilliquidationsreglement 2005). Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) genehmigte es am 1. September 2005. Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 informierte die Pensionskasse die angeschlossenen Unternehmungen über das weitere Vorgehen, insbesondere über die Möglichkeit, den Anschlussvertrag bis 30. September 2005 ausserordentlich per Ende 2005 zu kündigen. Sie wies u.a. darauf hin, dass sich der Austritt per 31. Dezember 2005 nach dem Teilliquidationsreglement 2005 richte. Die Q. AG (heute [und nachfolgend]: X. AG) und die R. AG (heute [und nachfolgend]: Y. AG) machten am 22. September 2005 von ihrem ausserordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch. In der Folge kam es zwischen ihnen und der Pensionskasse zu Differenzen betreffend die anwendbare Rechtsgrundlage sowie betreffend die Berechnung des zu übertragenden Kapitals. Beide Unternehmungen sowie ihre aktiv und passiv Versicherten fochten am 16. Oktober 2006 den Verteilungsplan vom 14. September 2006 beim BSV an. Dieses wies die Beschwerden ab und verfügte am 6. resp. 7. Mai 2009 in materieller Hinsicht, dass die Pensionskasse zu Recht das Teilliquidationsreglement 2005 angewendet (Disp.-Ziff. 2) sowie die Bilanz und den einheitlichen Deckungsgrad per 31. Dezember 2005 korrekt ermittelt habe (Disp.-Ziff. 3). Ferner genehmigte es den Verteilungsplan im Sinne der Erwägungen (Disp.-Ziff. 4). B. Das Bundesverwaltungsgericht hiess die Beschwerden, welche die X. AG und ihre Versicherten resp. Leistungsbezüger einerseits sowie die Y. AG und ihre Versicherten resp. Leistungsbezüger andererseits gegen die Verfügungen des BSV vom 6. resp. 7. Mai 2009 eingereicht hatten, teilweise gut und änderte deren Disp.-Ziff. 2 dahin gehend ab, dass für die Abwicklung der Teilliquidation das Teilliquidationsreglement 2005 mit Ausnahme von dessen Art. 2.3.3 Abs. 3 anzuwenden sei. Gleichzeitig hob es Disp.-Ziff. 4 auf und wies die Sache an die - seit Juni 2012 zuständige - Bernische BVG- und Stiftungsaufsicht (BBSA) zurück, damit sie nach Erwägung 10.1 vorgehe und die Pensionskasse dazu anhalte, einen neuen Verteilungsplan zur Genehmigung vorzulegen. Die Disp.-Ziffern 1 (Abweisung eines Ausstandsbegehrens gegen zwei Mitarbeiter des BSV), 3 (korrekte Ermittlung von Bilanz und Deckungsgrad) und 5 (keine Zusprache einer Parteientschädigung) bestätigte es (Entscheide vom 11. Januar 2013). In der (jeweiligen) Verweisungserwägung 10.1 findet sich der Schluss, dass das Rentendeckungskapital BGE 140 V 22 S. 25 vollumfänglich mitzugeben ist, welche Vorgabe es bei der Überarbeitung des Verteilungsplans zu berücksichtigen gelte. C. Sowohl die Pensionskasse als auch die X. AG samt 17 aktiv Versicherten resp. Leistungsbezügern sowie die Y. AG samt 91 aktiv Versicherten resp. Leistungsbezügern (nachfolgend vereinfachend nurmehr X. AG und Y. AG oder Arbeitgeberfirmen genannt) gelangen an das Bundesgericht: C.a Die Pensionskasse beantragt in ihren Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (zum einen gegen die X. AG [Verfahren 9C_135/2013], zum andern gegen die Y. AG [Verfahren 9C_136/ 2013]), es sei der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013 aufzuheben (...). Die X. AG und Y. AG beantragen in der Vernehmlassung die Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei, während die BBSA und das BSV auf deren Gutheissung schliessen. C.b In ihren Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen die X. AG (Verfahren 9C_147/2013) und die Y. AG (Verfahren 9C_148/2013) - separat, aber identisch -, der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013 sei insoweit abzuändern, als Disp.-Ziffern 2-5 der Verfügung des BSV vom 6. resp. 7. Mai 2009 aufzuheben seien und bei der Neuerstellung des Verteilungsplans zu beachten sei, dass die Deckungslücke gemäss Art. 7 Ziff. 3 der Allgemeinen Bestimmungen über den Ein- und Austritt eines Versicherungsnehmers nur auf einer Deckung von 95 % zu berechnen sei und dass die Bilanzposition "nicht-technische Rückstellungen" und die beiden Wertberichtigungen in der Jahresrechnung 2005 wegen Überschreitens der gesetzlichen und/oder reglementarischen Belehnungsgrenzen - die (aktivseitigen) Hypothekardarlehen und gesicherten Anlagen beim Arbeitgeber betreffend - aufzulösen seien; eventualiter sei den austretenden Vorsorgeeinrichtungen ein Anteil an den "nicht-technischen Rückstellungen" bzw. an den vorgenommenen Wertberichtigungen im Verhältnis zum Deckungskapital mitzugeben. In Bezug auf die Pflicht zur vollumfänglichen Mitgabe des Rentendeckungskapitals sei der vorinstanzliche Entscheid vom 11. Januar 2013 zu bestätigen. Die Pensionskasse beantragt in ihren Vernehmlassungen sinngemäss die Abweisung der Beschwerden, soweit darauf einzutreten sei. Die BBSA schliesst auf deren Abweisung. Das BSV verzichtet auf eine Vernehmlassung. BGE 140 V 22 S. 26 C.c Die Pensionskasse reicht am 2. September 2013 weitere Bemerkungen zur Vernehmlassung der Beschwerdegegner in den Verfahren 9C_135/2013 und 9C_136/2013 ein. Das Bundesgericht heisst die Beschwerden der Pensionskasse gut und weist jene der Arbeitgeberfirmen ab. (Auszug) Erwägungen Aus den Erwägungen: 4. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen sowie diejenigen des vorinstanzlichen Verfahrens von Amtes wegen und mit freier Kognition (Urteil 9C_500/ 2012 vom 28. Februar 2013 E. 1, nicht publ. in: BGE 139 V 72 ; BGE 138 V 339 E. 1 S. 340; BGE 136 V 7 E. 2 S. 9). Im Blickpunkt steht die Beschwerdebefugnis der X. AG und der Y. AG als Arbeitgeberfirmen. 4.1 Gemäss Art. 53d Abs. 6 Satz 1 BVG haben die Versicherten und die Rentnerinnen und Rentner das Recht, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen und entscheiden zu lassen. Das Gesetz äussert sich nicht, ob im konkreten Teilliquidationsfall weiteren Personen die Legitimation zukommen kann, die Aufsichtsbehörde anzurufen. Indes regelt Art. 48 Abs. 1 VwVG (SR 172.021) die Beschwerdelegitimation vor dem Bundesverwaltungsgericht ( Art. 37 VGG [SR 173.32]). Massgebend ist u.a. ein Berührtsein und ein schutzwürdiges Interesse ( Art. 48 Abs. 1 lit. b und c VwVG ; sogenannte materielle Beschwer). Da die Legitimation im Verfahren vor der Aufsichtsbehörde nicht enger umschrieben sein kann als im Verfahren vor oberer Instanz (Einheit des Verfahrens; vgl. BGE 135 V 382 E. 4.2 S. 389), lässt sich nicht ausschliessen, dass neben Versicherten und Rentnern auch Arbeitgeber befugt sind, den Verteilungsplan anzufechten (UELI KIESER, in: BVG und FZG, 2010, N. 65 zu Art. 53d BVG ; MARTINA STOCKER, Die Teilliquidation von Vorsorgeeinrichtungen, 2012, S. 179). 4.2 Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch auf Vorsorgeleistungen, aber einen vertraglichen Anspruch darauf, dass die Vorsorgeeinrichtung die ihr obliegenden Vorsorgepflichten gegenüber den bei ihr versicherten Arbeitnehmern korrekt wahrnimmt. Der vertragliche Anspruch umfasst auch, dass die bisherige Vorsorgeeinrichtung die Rechtsfolgen korrekt abwickelt, die sich aus der Kündigung des Anschlussvertrags ergeben. Dazu gehört, dass im Rahmen einer Teilliquidation das zu übertragende Kapital richtig berechnet und wie BGE 140 V 22 S. 27 allenfalls vorhandenes weiteres Vorsorgevermögen zu Gunsten der Arbeitnehmer weitergegeben wird. Im Weiteren ist der Arbeitgeber aufgrund von Art. 331 Abs. 4 OR verpflichtet, dem Arbeitnehmer über die Forderungsrechte, die ihm gegen eine Vorsorgeeinrichtung zustehen, Aufschluss zu erteilen. Aus diesen Gründen hat das Bundesgericht bereits in einem Urteil vom 11. Februar 1998, in welchem es ebenfalls um eine konkrete Teilliquidation ging, festgehalten, dass der Arbeitgeber aus eigenem Recht ein aktuelles schutzwürdiges Interesse daran hat, den Erlass einer aufsichtsrechtlichen Verfügung zu erwirken (Pra 1998 Nr. 70 S. 435, 2A.185/1997 E. 3d; vgl. auch SZS 2006 S. 463, 2A.162/2005 E. 4.1.3). Es besteht kein Anlass, diese Rechtsprechung in Frage zu stellen. Zwar erging sie noch unter altem Regime zur Teilliquidation. Mit der 1. BVG-Revision, die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist (AS 2004 1677 ff.), wurde die Teilliquidation jedoch allein verfahrensrechtlich neu geregelt. Materiell blieb ihr Gehalt unverändert ( BGE 139 V 72 E. 3.1.2 S. 78; BGE 138 V 346 E. 6.3.3 S. 363). 4.3 Mithin ist die Beschwerdelegitimation der X. AG und der Y. AG zu bejahen. Soweit sie jedoch im vorliegenden Verfahren beantragen, es sei zu bestätigen, dass das Rentendeckungskapital vollumfänglich mitzugeben ist, fehlt ihnen das Rechtsschutzinteresse, was im Übrigen auch auf die Aktiven und Rentner zutrifft. Diesbezüglich ist auf die Beschwerden nicht einzutreten. 5. Zu prüfen ist sodann die prinzipielle Anwendbarkeit des Teilliquidationsreglements 2005. 5.1 Der Gesetzgeber hat im Rahmen der 1. BVG-Revision die Gesetzesbestimmungen zur Teilliquidation aus dem Freizügigkeitsgesetz (vgl. aArt. 23 FZG [SR 831.42]) in das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge (vgl. Art. 53b-53d BVG ) überführt und mit einer Bestimmung zur Gesamtliquidation ergänzt (vgl. E. 4.2 in fine). Eine diesbezügliche Übergangsbestimmung erliess er nicht. Mit anderen Worten waren die hier einschlägigen Art. 53b-53d BVG ab 1. Januar 2005 zu beachten. Der Bundesrat statuierte sodann in lit. d der Schlussbestimmungen der Änderung vom 18. August 2004 der Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2 [SR 831.441.1]; in Kraft seit 1. Januar 2005), dass die Anpassung der Reglemente und Verträge spätestens drei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnungsänderung - also Ende 2007 - abgeschlossen sein muss (AS 2004 4279 und 4653 [Berichtigung]). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die BGE 140 V 22 S. 28 gesetzlichen und Verordnungs-Bestimmungen bereits anzuwenden waren. Die besagte lit. d hat ausschliesslich die formelle Umsetzung zum Inhalt (Erläuterungen des BSV vom 1. Juli 2004 zu den Änderungen der BVV 2, S. 50 http://www.bsv.admin.ch/themen/vorsorge/00039/02608/index.html?lang=de unter 1. BVG-Revision/2. Paket [besucht am 16. Dezember 2013]) und stellt demnach - in Übereinstimmung mit der Vorinstanz - bloss eine Ordnungsfrist dar. Dies heisst, dass die Vorsorgeeinrichtungen - unabhängig von der dreijährigen Zeitspanne - verpflichtet sind, vor Durchführung einer Teilliquidation das entsprechende Reglement zu erstellen. 5.2 Der aufsichtsrechtlichen Genehmigung des Teilliquidationsreglements 2005 kommt konstitutive Wirkung zu ( BGE 139 V 72 E. 2.1 S. 74 f.). Das heisst, dieses erlangt grundsätzlich erst mit der Genehmigungsverfügung, welche hier vom 1. September 2005 datiert und unangefochten in Rechtskraft erwuchs, Gültigkeit. Soweit das Bundesgericht in E. 2.2.2 in fine des zitierten Urteils festgehalten hat, "die konstitutive Wirkung bleibt dabei bedeutungslos", so lässt sich daraus nicht ableiten, dass das Teilliquidationsreglement 2005 mit dem Erlass durch den Stiftungsrat in Rechtskraft erwachsen ist, wie die Pensionskasse meint (missdeutend auch CHRISTINA RUGGLI-WÜEST, Aufsichtsbehördliche Tätigkeiten bei der Teil- und Gesamtliquidation in der Praxis, in: Gesamt- und Teilliquidation von Pensionskassen, GEWOS Schriftenreihe, Bd. 5, 2013, S. 38 Fn. 25). Der wiedergegebene Satz steht im ausschliesslichen Zusammenhang mit der Frage nach der Qualifikation der aufsichtsrechtlichen Genehmigung entweder als Rechtssetzungsakt oder als Einzelakt im Sinne einer Feststellungsverfügung und bringt zum Ausdruck, dass die konstitutive Wirkung auf ihre Beantwortung keinen Einfluss hat. Dieses Verständnis ergibt sich klar auch aus der in BGE 139 V 72 E. 2.2.2 S. 76 f. in fine aufgeführten Lehrmeinung. 5.3 Die Voraussetzungen der Teilliquidation sind von vornherein spezifiziert. Raum für einen Entscheid im konkreten Einzelfall besteht nicht ( Art. 53b Abs. 1 BVG ; BGE 138 V 346 E. 6.3 S. 363). Mit diesem fixen Rahmen geht einher, dass sich der Stichtag für die Teilliquidation prinzipiell nach dem die Liquidation auslösenden Ereignis bestimmt ( BGE 139 V 407 E. 4.1.1 S. 411). In concreto wurden die Anschlussverträge per 31. Dezember 2005 aufgelöst. Die Vorsorgeeinrichtung hat den Stichtag (sowohl für die Festlegung des Kreises der Betroffenen als auch für die Beurteilung der tatsächlichen Vermögenslage) auf dieses Datum gelegt, was - zu Recht - BGE 140 V 22 S. 29 nie Anlass zu Diskussionen gegeben hat. Dabei hat es sein Bewenden (vgl. BGE 139 V 407 E. 4.1.2 S. 411). Mithin liegen Tatbestandserfüllung ( Art. 53b Abs. 1 lit. c BVG resp. Art. 2.2 Abs. 1 des Teilliquidationsreglements 2005) und Stichtag nach der Genehmigung des Teilliquidationsreglements 2005 am 1. September 2005. Der Moment der Kündigung des Anschlussvertrages spielt keine Rolle. Vielmehr muss deren Konsequenz - dass das Vertragsverhältnis aufgelöst wird, wie der Wortlaut von Art. 53b Abs. 1 lit. c BVG unmissverständlich normiert - eingetreten sein, damit eine Teilliquidation durchgeführt werden kann (STOCKER, a.a.O., S. 110). Von einer Rückwirkung kann im vorliegenden Fall nicht gesprochen werden. In zeitlicher Hinsicht sind regelmässig diejenigen Rechtssätze massgebend, die bei der Erfüllung des zu Rechtsfolgen führenden Tatbestandes Geltung haben ( BGE 130 V 445 E. 1.2.1 S. 447; BGE 127 V 466 E. 1 S. 467). 5.4 Eine andere Frage ist, ob und inwieweit die Vorsorgeeinrichtung - als Adressatin der Genehmigungsverfügung (vgl. E. 5.4.1 nachfolgend) - das genehmigte Teilliquidationsreglement 2005 den (aktiv und passiv) Versicherten bekannt zu machen hatte, damit es überhaupt verbindlich ist. 5.4.1 Wie das Bundesgericht kürzlich in BGE 139 V 72 entschieden hat, handelt es sich bei der aufsichtsrechtlichen Genehmigung des Teilliquidationsreglements einer Vorsorgeeinrichtung gemäss Art. 53b Abs. 2 BVG nicht um einen Rechtssetzungsakt, sondern um einen Einzelakt im Sinne einer Feststellungsverfügung ( BGE 139 V 72 E. 2.2.2 S. 76 f.), die primär an die Vorsorgeeinrichtung adressiert ist ( BGE 139 V 72 E. 3.1.1 S. 77). Das Gesetz sieht für die Destinatäre bei der Erstellung und rechtsbegründenden Genehmigung des Teilliquidationsreglements, welches Verfahren zwingend und in sich abgeschlossen ist, keine Rolle vor. Erst im Rahmen der Durchführung einer konkreten Teilliquidation wird ihnen Parteistellung zuerkannt, indem sie das Recht haben, die Voraussetzungen, das Verfahren und den Verteilungsplan bei der zuständigen Aufsichtsbehörde überprüfen zu lassen ( BGE 139 V 72 E. 3.1.2 S. 78; vgl. auch E. 4.1 hievor). Ebenso wenig verleiht ihnen das abstrakte Prüfungsverfahren vor der Aufsichtsbehörde in der Regel eine materielle Beschwer ( BGE 139 V 72 E. 3.1.4 S. 80). Die Aufsichtsbehörde ist daher nicht gehalten, die Genehmigungsverfügung betreffend das Teilliquidationsreglement auch den Destinatären zuzustellen (vgl. auch HÄFELIN/MÜLLER/UHLMANN, Allgemeines Verwaltungsrecht, BGE 140 V 22 S. 30 6. Aufl. 2010, S. 377 f. Rz. 1638). Ein solcher - unterbliebener - Akt hat keinen Einfluss auf die Rechtswirkung des Teilliquidationsreglements. 5.4.2 Bei einer Teilliquidation besteht neben dem Anspruch auf die Austrittsleistung ein individueller oder kollektiver Anspruch auf freie Mittel ( Art. 27g Abs. 1 BVV 2 ). Ebenso besteht ein kollektiver Anspruch auf Rückstellungen und Schwankungsreserven ( Art. 27h Abs. 1 BVV 2 ). Art. 2.1 des Teilliquidationsreglements 2005 wiederholt diese Grundsätze. Die gesetzlichen bzw. reglementarischen Bestimmungen verleihen somit den (aktiv und passiv) Versicherten einen Rechtsanspruch auf einen - noch aufzuschlüsselnden - Teil am Teilliquidationsergebnis, falls sie (dereinst) von einem Teilliquidationstatbestand tatsächlich betroffen sind. Gleichermassen ist für sie von vorsorgerechtlicher Relevanz, wie im Falle einer Teilliquidation mit einem allfälligen versicherungstechnischen Fehlbetrag verfahren wird (vgl. dazu E. 6.2 hinten). Da Art. 53b Abs. 1 BVG , wonach die Vorsorgeeinrichtungen in ihren Reglementen u.a. die Voraussetzungen zur Teilliquidation regeln, keinen Raum für einen Entscheid im konkreten Einzelfall belässt, sondern verlangt, dass die einzelnen Voraussetzungen präventiv spezifiziert werden (vgl. E. 5.3), liegt auf der Hand, dass die Versicherten ihre Ansprüche nur durchsetzen können, wenn sie die (vor-)definierten Grundlagen kennen. 5.4.3 Nach der Aktenlage steht fest, dass die Arbeitgeberfirmen seit Ende Juli 2005 über den genauen Inhalt des Teilliquidationsreglements 2005 Bescheid wussten. Die Pensionskasse teilte ihnen in ihrem Schreiben vom 28. Juli 2005, dem das Teilliquidationsreglement 2005 beigelegt war, mit, dass dieses gegenwärtig bei der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung vorliege; sofern sich entgegen den Erwartungen noch Änderungen ergeben sollten, werde dies zur Kenntnis gebracht. Der Empfang ist von keiner Seite bestritten. Nachdem das Teilliquidationsreglement 2005 tel quel genehmigt worden war, erübrigten sich weitere Informationen gegenüber den Arbeitgebern. 5.4.4 Art. 86b Abs. 1 BVG , der auch im überobligatorischen Bereich gilt ( Art. 49 Abs. 2 Ziff. 26 BVG ), handelt von der jährlichen Informationspflicht der Vorsorgeeinrichtung gegenüber den Versicherten . Diesbezügliche Themen sind die Leistungsansprüche, der koordinierte Lohn, der Beitragssatz und das Altersguthaben (lit. a), kurz: die individuelle Versicherungssituation und die zu erwartenden BGE 140 V 22 S. 31 Leistungen; die Organisation und Finanzierung der Vorsorgeeinrichtung (lit. b), zwecks Erhellung ihres Systems (z.B. Beitrags- oder Leistungsprimat) und ihrer Tätigkeit; sowie die Zusammensetzung des paritätischen Organs (lit. c), um bei Problemen einen ersten Ansprechpartner zu haben (Botschaft vom 1. März 2000 zur Revision des Bundesgesetzes über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [BVG], [1. BVG-Revision] BBl 2000 2637, 2701 f.; KURT PÄRLI, in: BVG und FZG, 2010, N. 5 zu Art. 86b BVG ). Die Verabschiedung eines Teilliquidationsreglements fällt zweifellos unter die Informationspflicht gemäss Art. 86b Abs. 1 lit. a BVG (vgl. E. 5.4.2; vgl. auch ISABELLE VETTER-SCHREIBER, Berufliche Vorsorge, 3. Aufl. 2013, N. 25 zu Art. 53b BVG ). In der Praxis der Aufsichtsbehörden ist es denn auch üblich, dass sie die Vorsorgeeinrichtungen in der Genehmigungsverfügung verpflichten, diese und das Teilliquidationsreglement sämtlichen Destinatären mitzuteilen (vgl. BGE 139 V 72 E. 3.1.1 S. 77 und E. 3.1.3 S. 79). Wohl ist gemäss Pensionskassenreglement (Leistungs- und Beitragsprimat), gültig ab 1. Januar 2002 (nachfolgend: Reglemente 2002), der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer - gemeinsam mit der Geschäftsstelle - verpflichtet, seine Versicherten über deren individuelle Vorsorgeverhältnisse und sämtliche Erlasse der Kasse sowie deren allfällige Änderung zu informieren (Art. 73 Ziff. 5 in Verbindung mit Art. 72 Ziff. 1 lit. h). Ob und inwieweit eine solche Delegation dem Gehalt von Art. 86b Abs. 1 BVG genügt, kann jedoch (weiterhin) offenbleiben (vgl. BGE 136 V 331 E. 4.2.3.2 S. 337). Selbst wenn die Vorsorgeeinrichtung selber für die Weitergabe vorsorgerechtlich relevanter Informationen an die Versicherten verantwortlich ist, ergibt sich in concreto daraus nichts zu deren Gunsten, wie die nachfolgende Erwägung zeigt: 5.4.5 Folge der Verletzung von Art. 86b Abs. 1 BVG ist nicht automatisch Unverbindlichkeit. Vielmehr ist die fehlende Information gleich wie eine zu Unrecht unterlassene behördliche Auskunft im Sinne des öffentlich-rechtlichen Vertrauensschutzes zu betrachten ( BGE 136 V 331 E. 4.3 S. 338). Es stellt sich deshalb die Frage, ob die notwendige Mehrheit von aktiven und passiven Versicherten auch für die (ausserordentliche) Auflösung des Anschlussvertrages votiert hätte (vgl. Art. 74 Ziff. 1 der Reglemente 2002), wenn ihnen die Regeln für die Abwicklung eines Wechsels der Vorsorgeeinrichtung "schwarz auf weiss" vorgelegen hätten. Die Vorinstanz hat diesbezüglich keine Feststellungen getroffen. Da die Akten insoweit liquid BGE 140 V 22 S. 32 sind, kann das Bundesgericht den Sachverhalt selber ergänzen (nicht publ. E. 3; BGE 136 V 362 E. 4.1 S. 366). Dazu ist vorab festzuhalten, dass die Pensionskasse das ausserordentliche Kündigungsrecht nicht im Zusammenhang mit den Art. 53b-53d BVG , die seit 1. Januar 2005 zwingend zu beachten sind (vgl. E. 5.1), eingeräumt hat. Vielmehr bilden die grundsätzlichen Änderungen im System und in der Form - Primatwechsel und Umwandlung in eine Sammelstiftung - Hintergrund für die Gewährung des frühzeitigen Kündigungsrechts. Dabei standen aufgrund der massiven Unterdeckung (76,5 % per 31. Dezember 2004) einschneidende Sanierungsmassnahmen ab 1. Januar 2006 bevor, die auf einen Zeithorizont von 15 Jahren angelegt waren: Die aktiv Versicherten hatten einen Sanierungsbeitrag von drei Lohnprozenten zu entrichten, das Alterskapital wurde nurmehr zum gesetzlichen Mindestzins verzinst, der technische Zinssatz für das Rentendeckungskapital von 4,5 auf 3 % gesenkt, Invalidenrenten wurden nur noch gemäss den Bestimmungen der staatlichen Invalidenversicherung gewährt und AHV-Überbrückungsrenten mussten von den Betroffenen oder ihren Unternehmen versicherungsmathematisch voll finanziert sein. Zwar hatte die Pensionskasse - wegen der gegebenen gesetzlichen Grundlagen, des grossen administrativen Aufwands und des geringen Ertrags - auf einen Einbezug der Rentnerinnen und Rentner in die Sanierung verzichtet. Indes war vorgesehen, dass in den nächsten Jahren die Renten nicht der Teuerung angepasst werden sollten. Insgesamt zeichnete sich somit ein beschwerlicher Weg aus einer misslichen (Vorsorge-)Situation ab, der allen Versicherten Opfer abverlangte. Der Erfolg war nicht garantiert, zumal die für die Sanierung der Pensionskasse notwendige durchschnittliche Rendite von 5 % pro Jahr nicht mit einer risikolosen Anlagestrategie erreichbar war. Unter diesen Umständen - zusammen mit der gemachten Erfahrung der beschränkten Einflussmöglichkeit (vgl. Art. 75-77 der Reglemente 2002) - lag das Ziehen eines Schlussstrichs weit näher als die Fortsetzung des Vorsorgeverhältnisses mit der Pensionskasse. Abgesehen davon, dass angesichts des soeben Dargelegten nicht ersichtlich ist, inwieweit den Versicherten durch die Kündigungen ein Nachteil erwachsen sein soll (vgl. zu den Voraussetzungen des Vertrauensschutzes SVR 2013 BVG Nr. 12 S. 47, 9C_419/2011 E. 4.2.1), behaupten sie in ihren Beschwerdeschriften lediglich, den Wortlaut des Teilliquidationsreglements 2005 im Kündigungszeitpunkt nicht gekannt zu haben. E contrario hatten sie also - augenscheinlich via BGE 140 V 22 S. 33 den Arbeitgeber (vgl. E. 5.4.3) - vom Inhalt Kenntnis, was erst recht überwiegend wahrscheinlich macht, dass sie sich auch bei unmittelbarer Information durch die Pensionskasse (mittels Abgabe der Reglementsbestimmungen samt Hinweis auf die wesentlichen Neuerungen [vgl. BGE 136 V 331 E. 4.2.3.1 S. 336 f.]) nicht anders verhalten hätten. 5.4.6 Zusammenfassend steht hier eine (allfällig) mangelnde Bekanntmachung des Teilliquidationsreglements 2005 dessen grundsätzlicher Anwendung nicht entgegen. 5.5 Soweit die Arbeitgeberfirmen schliesslich vorbringen, ein (allgemeiner) Abänderungsvorbehalt wie derjenige von Art. 72 Ziff. 1 lit. h der Reglemente 2002 sei unzulässig - oder anders gesagt, das Teilliquidationsreglement 2005 stelle eine unzulässige einseitige Vertragsänderung dar -, so kann dem nicht gefolgt werden: Das Reglement einer Vorsorgeeinrichtung kann im weitergehenden Bereich - in welchem die Pensionskasse unstreitig tätig war - dann einseitig, ohne Einverständnis des Destinatärs, abgeändert werden, wenn sie sich diese Möglichkeit in einer Klausel vorbehält, die vom Destinatär bei Abschluss des Vorsorgevertrags ausdrücklich oder stillschweigend gebilligt worden ist. Eine Änderung von Statuten oder Reglement ist grundsätzlich zulässig, soweit die neue Regelung mit dem Gesetz vereinbar und nicht willkürlich ist, nicht zu einer ungleichen Behandlung der versicherten Personen führt sowie deren wohlerworbene Rechte nicht beeinträchtigt ( BGE 137 V 105 E. 6.1 S. 109 mit Hinweisen). Dazu kommt, dass die Erstellung eines Teilliquidationsreglements auch für umhüllende Vorsorgeeinrichtungen obligatorisch ist (vgl. Art. 49 Abs. 2 Ziff. 11 BVG ; vgl. auch E. 5.1). Die Arbeitgeberfirmen bezweifeln weder die grundsätzliche Qualität von Art. 72 Ziff. 1 lit. h der Reglemente 2002, wonach sämtliche Erlasse der Kasse sowie allfällige Änderungen dieser Erlasse integrierender Bestandteil des Anschlussvertrages sind, als Abänderungsvorbehalt, noch machen sie geltend, die Kompetenzordnung sei nicht eingehalten worden. Ob und inwieweit das Teilliquidationsreglement 2005 integral gesetzes- und verfassungsmässig ist, ist hier nicht Thema (vgl. E. 5.4.1). Betreffend die Gesetzes- und Verfassungsmässigkeit von Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 wird auf die nachfolgende Erwägung 6 verwiesen. 5.6 Bei dieser Sach- und Rechtslage steht fest, dass das Teilliquidationsreglement 2005 an und für sich anwendbar ist. Die altrechtliche Regelung, wonach ein Deckungsgrad von mindestens 95 % als BGE 140 V 22 S. 34 Deckungsgrad von 100 % betrachtet wird, wie die Arbeitgeberfirmen beantragen, ist überholt (vgl. dazu Art. 7 Ziff. 2 und Art. 8 der Allgemeinen Bestimmungen über den Ein- und Austritt eines Versicherungsnehmers, gültig ab 1. Januar 2003). 6. (Ursprüngliches) Anfechtungsobjekt ist die Schlussabrechnung der Pensionskasse vom 14. September 2006, in welcher - gestützt auf Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 - eine Kürzung des Deckungskapitals der Rentenbezüger enthalten ist. Dabei ist streitig, ob die besagte Norm, die vorsieht, dass ein versicherungstechnischer Fehlbetrag anteilmässig beim Deckungskapital jedes austretenden Rentenbezügers in Abzug gebracht wird, im vorliegenden Anwendungsfall rechtmässig ist. 6.1 Es gibt hinsichtlich des Teilliquidationsreglements, im Zuge seiner Genehmigung bzw. im Anschluss daran, kein abstraktes Normenkontrollverfahren (vgl. E. 5.4.1). Die Überprüfung des Teilliquidationsregelments vorfrageweise im Rahmen des konkreten Anwendungsfalles (Inzidenzkontrolle) auf seine Übereinstimmung mit höherrangigem Recht ist und bleibt - entgegen der Ansicht der Pensionskasse - in jedem Fall zulässig ( BGE 139 V 72 E. 4 S. 81; vgl. auch E. 5.4.1). 6.2 Die Auflösung der jeweiligen Anschlussverträge umfasste den gesamten Bestand, mithin Aktive und Rentenbezüger (vgl. Art. 74 Ziff. 3 lit. a der Reglemente 2002). Entsprechend verliessen sämtliche über die X. AG bzw. die Y. AG (aktiven und passiven) Versicherten die Pensionskasse (vgl. Art. 53e Abs. 4 BVG , für die hier zu beurteilende Konstellation bis Ende April 2007 massgebend). Die Frage nach den Übertragungswerten bei Vorliegen einer Unterdeckung wird im Falle einer Teilliquidation allein in Bezug auf die aktiven Versicherten beantwortet ( Art. 19 FZG in Verbindung mit Art. 53d Abs. 3 BVG und Art. 27g Abs. 3 BVV 2 , je in den bis Ende 2011 gültigen Fassungen). Für die Rentenbezüger finden sich keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. Zwar ist seit 1. Mai 2007 die Regelung in Kraft, dass der Arbeitgeber den Anschlussvertrag - soweit darin vorgesehen ist, dass die Rentenbezüger bei dessen Auflösung die bisherige Vorsorgeeinrichtung verlassen - erst auflösen kann, wenn eine neue Vorsorgeeinrichtung schriftlich bestätigt hat, dass sie die Rentenbezüger zu den gleichen Bedingungen übernimmt (Art. 53e Abs. 4 bis in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Ziff. 12 BVG ). Diese Neuerung läuft darauf hinaus, dass kaum eine BGE 140 V 22 S. 35 Vorsorgeeinrichtung Rentner übernehmen wird, wenn das notwendige Deckungskapital nicht vorgängig gesichert ist. Indes schreibt auch sie - anders als Art. 16a Abs. 1 BVV 2 , der das sogenannte Drehtürprinzip verankert, aber nur für Verträge zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften gilt (vgl. Art. 53e Abs. 1-3 BVG ; KIESER, a.a.O., N. 31 zu Art. 53e BVG ; HANS-ULRICH STAUFFER, Berufliche Vorsorge, 2. Aufl. 2012, S. 549 Rz. 1476 f.) - keinen festen Übertragungswert vor, den die bisherige Vorsorgeeinrichtung den Rentnern mitzugeben hat. Art. 53e Abs. 4 bis BVG soll in erster Linie verhindern, dass die Rentner bei einem Wechsel der Vorsorgeeinrichtung plötzlich "auf der Strasse" stehen und die Auffangeinrichtung dann als Auffangbecken für Risikoselektion missbraucht wird. Dabei nimmt der Gesetzgeber in Kauf, dass ein Arbeitgeber, auch wenn er die Bedingungen der bisherigen Vorsorgeeinrichtung als unbefriedigend betrachtet, unter Umständen bei dieser Vorsorgeeinrichtung verbleiben muss (Bericht der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates vom 26. Mai 2005 zur parlamentarischen Initiative "Wechsel der Vorsorgeeinrichtung", BBl 2005 5941, 5944 Ziff. 2.2). Der nachträglich in Art. 53e BVG eingefügte Abs. 4 bis kann somit - wenn überhaupt (vgl. Urteil 5A_793/ 2011 vom 3. Februar 2012 E. 6.8.3) - nicht als Massstab herangezogen werden. 6.3 Eine ausgerichtete Altersrente der beruflichen Vorsorge hat grundsätzlich den Charakter eines wohlerworbenen Rechts. Wohl darf sie im Rahmen von Sanierungen eingeschränkt werden, aber nur äusserst restriktiv (vgl. Art. 65d Abs. 3 lit. b in Verbindung mit Art. 49 Abs. 2 Ziff. 16 BVG ; vgl. auch BGE 138 V 366 ). Das heisst, die Höhe der Rente bei deren Entstehung ist prinzipiell lebenslänglich gewährleistet. Der blosse Wechsel einer Vorsorgeeinrichtung stellt keinen rechtsgenüglichen Grund dar, sie zu schmälern. Andernfalls würde es sich um eine Neufestsetzung des Rentenanspruchs handeln. Es wird denn auch nicht geltend gemacht und ist auch nicht aktenkundig, dass die Altersrenten der austretenden Passiven (dauernd) gekürzt werden. Von diesem Leistungsanspruch bzw. von dieser - aus Sicht der Vorsorgeeinrichtung - Leistungspflicht ist seine resp. ihre finanzielle Sicherstellung zu unterscheiden. Eine zugesicherte Rentenleistung bedarf wohl eines notwendigen Deckungskapitals. Daraus lässt sich jedoch nicht ableiten, dieses sei in jedem Fall von der Vorsorgeeinrichtung garantiert. BGE 140 V 22 S. 36 6.4 Die Teilliquidation muss unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durchgeführt werden ( Art. 53d Abs. 1 BVG ). Entgegen der Ansicht der Vorinstanz bilden hier die austretenden Versicherten als Ganzes und die verbleibenden aktiven wie passiven Versicherten die beiden Vergleichsgrössen. 6.4.1 Die Pensionskasse stellte im hier fraglichen Zeitpunkt eine Gemeinschaftseinrichtung im engeren Sinne des Wortes dar. Sie zeichnete sich dadurch aus, dass sie keine getrennte Rechnung je angeschlossenen Arbeitgeber führte sowie über ein gemeinsames Reglement und ein gemeinsames Vorsorgevermögen verfügte (vgl. Art. 72 Ziff. 1 lit. a und Art. 73 Ziff. 3 der Reglemente 2002 sowie die Jahresrechnung 2005). Die Vertragskündigung seitens eines Arbeitgebers konnte einzig unter Einbezug aller seiner Versicherten erfolgen, indem sie die Zustimmung von zwei Dritteln der Aktiven und Rentner erforderte (Art. 74 Ziff. 1 der Reglemente 2002). Die Versicherten einer Arbeitgeberfirma konstituieren sich demnach mit Blick auf ihren Austritt zwingend als ein Kollektiv (so auch E. 8.7 in fine des vorinstanzlichen Entscheids). Das verfügbare Vorsorgevermögen ist zwischen ihnen und den verbleibenden Versicherten aufzuteilen. Zeigt die Bilanz zum Teilungsstichtag eine Unterdeckung, so kann von einer Gleichbehandlung der austretenden und der verbleibenden Versicherten ausgegangen werden, wenn nach dem Ausscheiden der austretenden Versicherten die Bilanz der verbleibenden Versicherten den gleichen Deckungsgrad wie die Bilanz zur Feststellung des tatsächlichen Vermögens vor der Teilung aufweist. Dieser in BGE 138 V 303 E. 3.4 S. 309 statuierte Grundsatz hat allgemeine Gültigkeit, unabhängig davon, ob lediglich die Aktivversicherten oder ob sie wie in concreto zusammen mit den Rentnern als ganzes Kollektiv die Vorsorgeeinrichtung verlassen. Zum einen berechnet sich der Deckungsgrad unter Berücksichtigung des Sparkapitals der Aktivversicherten als auch des Deckungskapitals der Passivversicherten (vgl. Art. 44 Abs. 1 BVV 2 ). Zum andern kommt es bei einer rechnerischen Gleichung zwischen Abgangs- und Fortbestand nicht auf den Versichertenstatus als Aktiver oder Passiver an. 6.4.2 Der Umstand, dass das Spar- bzw. Deckungskapital eine individuelle Grösse ist, während die freien Mittel eine kollektive Grösse darstellen ( BGE 138 V 303 E. 3.3 S. 308), spricht nicht für eine andere Lösung. Im Gegenteil wird damit bestätigt, dass nicht in jedem Fall eine Garantie für die finanzielle Sicherheit der BGE 140 V 22 S. 37 subjektiven Rechtsansprüche der Rentner besteht (vgl. E. 6.3). Während sich in Bezug auf die freien Mittel die Frage stellt, wie der Überschuss unter allen Destinatären (Arbeitnehmer, Rentner, Invalide und Ehemalige) zu verteilen ist, stellt sich in Bezug auf die Unterdeckung die Frage nach der Finanzierung des individuellen Spar- bzw. Deckungskapitals ( BGE 138 V 303 E. 3.3 S. 308). Hätte den Rentnern das ungekürzte Deckungskapital mitgegeben werden müssen, wäre der Deckungsgrad der Pensionskasse weiter gesunken. Aufgrund der beschränkten Möglichkeit, Rentenbezüger in die Sanierung einzubinden (vgl. E. 6.3), hätten vor allem die verbleibenden Aktiven eine zusätzliche Mehrlast auferlegt bekommen. Denn die Gründe, die gegen den Einbezug der verbleibenden Rentner in das umfassende Sanierungspaket sprachen (vgl. E. 5.4.5 Abs. 2), blieben nach Durchführung der Teilliquidation die gleichen. Damit wären die verbleibenden Aktiven klar schlechtergestellt als die austretenden, da sie für die Ausfinanzierung aller Renten, (indirekt) auch derjenigen der austretenden Rentner, aufzukommen hätten. 6.4.3 Soweit das Bundesverwaltungsgericht die verbleibenden und austretenden Rentenbezüger als Vergleichsgrössen heranzieht, basiert diese Überlegung auf der Annahme, dass keine Teilliquidation stattgefunden hat, was hier nicht die Problemstellung ist. 6.5 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Art. 2.3.3 Abs. 3 des Teilliquidationsreglements 2005 sich im vorliegenden Anwendungsfall als rechtmässig erweist. Weder lässt sich eine Gesetzesverletzung noch eine Verletzung des verfassungsmässigen Gleichbehandlungsgebots ausmachen. Die Frage, wer das fehlende Deckungskapital der austretenden Rentner letztlich sicherzustellen resp. auszufinanzieren hat - nach dem Gesagten nicht die bisherige Vorsorgeeinrichtung -, insbesondere ob und inwieweit die Arbeitgeberfirmen nachschusspflichtig sind, braucht nicht im vorliegenden Verfahren beurteilt zu werden, da sie über den Streitgegenstand hinausgeht. 7. Abschliessend ist über die Bilanzposition "nicht-technische Rückstellungen" und die Wertberichtigungen in Bezug auf die Hypothekardarlehen (an Dritte) und die gesicherten Anlagen beim Arbeitgeber (in Form von Hypotheken auf deren Betriebsliegenschaften) zu befinden. 7.1 Die Vorinstanz hat die von den Arbeitgeberfirmen beantragte Auflösung resp. teilweise Mitgabe der Bilanzposition BGE 140 V 22 S. 38 "nicht-technische Rückstellungen" abgelehnt, weil sich diese nachvollziehbar und schlüssig erklären lassen würden und sich für den gestellten Antrag in der Beschwerde keine Begründung finde. Insbesondere stellte sie für das Bundesgericht verbindlich fest (nicht publ. E. 3), dass die fraglichen Mittel zweckgebunden sind und den austretenden Unternehmungen entsprechend ihrem (geäufneten) Guthaben mitgegeben werden. Soweit die X. AG und die Y. AG vor Bundesgericht vorbringen, sie hätten im vorliegenden Punkt auf die ausführliche Begründung in der Einsprache vom 19. Juli 2006 an die Pensionskasse verwiesen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, so lassen sie ausser Acht, dass eine rein globale Verweisung der Begründungsanforderung an die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht ( Art. 37 VGG in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 VwVG ) nicht gerecht wird. Die Begründung muss zumindest sachbezogen sein und sich mit den Erwägungen der Vorinstanz auseinandersetzen. Ein Verweis auf eine andere Eingabe sollte deshalb so spezifiziert werden, dass ein gegen die angefochtene Verfügung weitergeltendes Vorbringen erkennbar ist (STEINHALTER/BOCHSLER, in: Praxiskommentar zum Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahren, 2009, N. 72 f. zu Art. 52 VwVG ; RHINOW/KOLLER/KISS/THURNHERR/BRÜHL-MOSER, Öffentliches Prozessrecht, 2. Aufl. 2010, S. 436 Rz. 1614). Ebenso wenig hilft weiter, dass die Arbeitgeberfirmen ihre Ausführungen in der genannten Eingabe vom 19. Juli 2006 nunmehr vor Bundesgericht (fast) wortwörtlich wiedergeben. Anfechtungsgegenstand bilden die Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. Januar 2013. Die Begründung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ( Art. 42 Abs. 2 BGG ) hat sich - genauso wie die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht - mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen. Daran fehlt es regelmässig, wenn bloss der Inhalt von Rechtsschriften wiederholt wird, die bei den vorherigen Instanzen eingereicht wurden. Auch genügt es nicht, bloss die eigene Sicht der Dinge darzutun, ohne dass ein Bezug zu einer Rechtsverletzung hergestellt und aufgezeigt wird, worin diese angeblich liegen soll (LAURENT MERZ, in: Bundesgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2011, N. 52 zu Art. 42 BGG mit zahlreichen Hinweisen auf die Rechtsprechung). Insoweit ist daher auf die Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht einzutreten. 7.2 Gleiches gilt hinsichtlich der streitigen Wertberichtigung bei den gesicherten Arbeitgeberanlagen. Die Arbeitgeberfirmen wiederholen BGE 140 V 22 S. 39 diesbezüglich vor Vorinstanz Gesagtes, ohne dass sie sich mit den konkreten Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen. Im Übrigen kann auf die nachfolgende E. 7.3 verwiesen werden. 7.3 7.3.1 Was die Hypothekardarlehen betrifft, so stellte das Bundesverwaltungsgericht in seiner E. 9.3.2.2 fest, dass die darauf vorgenommene Wertberichtigung auf der Neubewertung gewisser Immobilien mittels einer Schätzungsmethode, die von der bisherigen abweicht, und einer daraus resultierenden Überbelehnung in der Höhe von 5,95 Mio. Fr. (zuzüglich Rückstellung für Zahlungsverzug von 0,23 Mio. Fr.) gründet. Insoweit die Arbeitgeberfirmen vorbringen, die Wertberichtigung basiere auf der Verletzung von Anlagevorschriften resp. des Pensionskassenreglements, so erläutern sie mit keinem Wort, weshalb die vorinstanzliche Feststellung offensichtlich unrichtig, d.h. willkürlich ( BGE 135 II 145 E. 8.1 S. 153) sein soll. Eine allfällige Bundesrechtswidrigkeit springt nicht geradezu ins Auge (nicht publ. E. 3). Wohl hat die Kontrollstelle in ihrem Bericht an den Stiftungsrat vom 5. Mai 2006 vermerkt, "für die entsprechenden Überschreitungen (der gesetzlichen und/oder reglementarischen Belehnungsgrenzen) sind in der vorliegenden Jahresrechnung Wertberichtigungen von rund CHF (...) enthalten". Im Anhang zur geprüften und zur Genehmigung empfohlenen Jahresrechnung 2005 ist jedoch unmissverständlich dargelegt, dass die Hypotheken zum "Nominalwert abzüglich betriebswirtschaftlich notwendige Wertberichtigungen" verbucht sind. "Betriebswirtschaftlich" bedeutet, dass die Wertberichtigungen im Sinne einer - von der Rechnungslegung geforderten - Anpassung an die Marktverhältnisse (vgl. E. 7.3.4 hinten) und nicht an eine gesetzliche oder reglementarische Anlagevorgabe erfolgten. Dass die Neubewertung und die mit ihr einhergehenden Wertberichtigungen (gleichzeitig) zu einer Überschreitung der gesetzlichen bzw. reglementarischen Belehnungsgrenzen führen können, ist denkbar. Wenn die Vorinstanz dies nicht "überbewertet" wissen wollte, so ist daran nichts zu bemängeln, weil der entsprechende Handlungsbedarf und die vorliegend zur Diskussion stehende Teilliquidation zwei voneinander zu unterscheidende Angelegenheiten sind (vgl. E. 7.3.4 hinten). 7.3.2 Durch Bewertungsansätze für gleiche Bilanzpositionen, die sich von Stichtag zu Stichtag unterscheiden, können Glättungseffekte entstehen, welche gemäss Empfehlung 3 von Swiss GAAP BGE 140 V 22 S. 40 FER 26 nicht eingebaut werden dürfen (vgl. auch Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, Bd. 4, 2009, S. 190 ganz oben). Indes sind Änderungen in den Bewertungs- und Berechnungsgrundlagen nicht per se ausgeschlossen (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 191 Abs. 2). Dies gilt hier umso mehr, als weder aktenkundig ist noch geltend gemacht wird, die Bewertungsmethode sei wiederholt und gezielt mit der Absicht gewechselt worden, einen Aufwand- oder Ertragsausgleich zu erreichen. Vielmehr erhellt aus den unbestritten gebliebenen Ausführungen der Vorinstanz, dass die Vergabe des zuvor selber verwalteten Hypothekenportfolios an einen (professionellen) Dritten sachlicher Hintergrund für die Neubewertung bildet. Zudem lässt sich ihnen entnehmen, dass lediglich ein Teil der Immobilien neu bewertet wurde. 7.3.3 Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den aktuellen Wert einer Immobilie zu errechnen. Die Anwendung der von der Vorinstanz erwähnten ökonometrischen oder hedonischen Methode ist nicht bestritten (nicht publ. E. 3 in fine). Auf jeden Fall nicht zugelassen ist die Methode, von den Anschaffungswerten auszugehen und Abschreibungen in Abzug zu bringen (Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 190 Abs. 2). Indem das Bundesverwaltungsgericht in seiner bereits erwähnten E. 9.3.2.2 ausgeführt hat, es handle sich bei der fraglichen Wertberichtigung nicht um eine "Abschreibung von vorhandenem Vermögen", brachte es treffend zum Ausdruck, dass sich der hier streitige Wert - anders als im Steuerrecht - nicht etwa linear entwickelt, sondern Schwankungen per jeweiligem Bilanzstichtag unterliegt (vgl. E. 7.3.4 nachfolgend). 7.3.4 Soweit die Arbeitgeberfirmen meinen, die Bonität des Schuldners und nicht der Wert der belasteten Liegenschaften müsse für die Bewertung einer Forderung massgebend sein, ist darauf hinzuweisen, dass ein Hypothekardarlehen dem Schuldner mit Blick auf die Sicherheit, das heisst auf die Immobilie gewährt wird, die letztlich beim Ausfall des Schuldners zum Tragen kommt. Die Sicherheit der Vermögensanlage steht für Vorsorgeeinrichtungen an erster Stelle. Dabei ist die Bonität des Schuldners nur eines von mehreren zu beachtenden Elementen ( Art. 71 Abs. 1 BVG ; Art. 50 Abs. 2 und 3 BVV 2 ). Sofern die Sicherheit an Wert verliert, muss folgerichtig auch das Hypothekardarlehen entsprechend wertberichtigt werden. Diese Reflexwirkung zwischen dem Wert der Immobilie und dem Wert des Hypothekardarlehens besteht losgelöst von der Verletzung gesetzlicher oder reglementarischer Anlagegrenzen. Sie ist Ausfluss BGE 140 V 22 S. 41 der - auch im Rahmen einer Teilliquidation (vgl. Art. 27g Abs. 1 bis BVV 2 in der vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2011 geltenden Fassung) - anzuwendenden Rechnungslegungsprinzipien gemäss Swiss GAAP FER 26, wonach die Bewertung der Aktiven zu den tatsächlichen Werten, d.h. Marktwerten, am Bilanzstichtag erfolgt ( Art. 48 BVV 2 ; Schweizer Handbuch der Wirtschaftsprüfung, a.a.O., S. 189 f.). Dass die Werte schwanken, liegt in der Natur der Sache, ohne dass deswegen von systematischer Ungleichbehandlung der austretenden Versicherten gesprochen werden kann. Je nach Wertberichtigung - ob nach unten oder oben - liegt der "Profit" bei den verbleibenden Versicherten (Wertberichtigung nach unten: noch keine Realisierung des Verlustes) oder bei den austretenden Versicherten (Wertberichtigung nach oben: Realisierung des Gewinns). 7.3.5 Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, im Vorgehen der Pensionskasse (betreffend die Hypothekardarlehen) könne keine unrechtmässige Bildung von Rückstellungen erblickt werden, erweist sich demnach als bundesrechtskonform. Mit dem Hinweis, dass auch der Pensionsversicherungsexperte nach den internen Einspracheverfahren keinen Anstoss daran gefunden habe, hat das Bundesverwaltungsgericht seine - grundsätzlich volle - Kognition (vgl. Art. 49 VwVG ) nicht eingeschränkt oder abgetreten.
null
nan
de
2,013
CH_BGE
CH_BGE_007
CH
Federation
1b7e2bcf-f07e-4998-af51-db7980dee27f
Urteilskopf 98 Ib 512 75. Auszug aus dem Urteil vom 22. Dezember 1972 i.S. Stuckle gegen Regierungsrat des Kantons Zürich
Regeste Ausweisung. Berücksichtigung neuer Tatsachen im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.
Erwägungen ab Seite 512 BGE 98 Ib 512 S. 512 Aus den Erwägungen: 1. a) Die auf Grund von Art. 10 und 11 ANAG ergangene Ausweisungsverfügung des Regierungsrates kann vom Bundesgericht nur auf Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch von Ermessen ( Art. 104 lit. a OG ) und auf unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes ( Art. 104 lit. b OG ), nicht jedoch auf ihre Angemessenheit hin überprüft werden ( Art. 104 lit. c OG , BGE 98 I/b 3 ff.). b) Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind nach der Praxis grundsätzlich auch Tatsachen zu berücksichtigen, BGE 98 Ib 512 S. 513 die erst nach Fällung des angefochtenen Entscheides eingetreten sind (BGE 98 I/b 178 mit Hinweisen). Von diesem Grundsatz sind die eidgenössischen Gerichte in einzelnen Bereichen abgewichen, so bei der Anwendung des Bankengesetzes ( BGE 96 I 136 ) und im Sozialversicherungsrecht ( BGE 96 V 144 ). Die Berücksichtigung neuer Tatsachen durch das Bundesgericht wird in der Regel mit der Befugnis des Gerichts begründet, die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz zu überprüfen ( BGE 55 I 173 /174 Erw. 1; BGE 92 I 327 Erw. 2). Diese Begründung überzeugt allerdings in den Fällen nicht, in denen das Bundesgericht auf Grund von Art. 105 Abs. 2 OG grundsätzlich an die Feststellung des Sachverhaltes durch die Vorinstanz gebunden ist. Die Berücksichtigung auch nach Fällung des angefochtenen Entscheides eingetretener Tatsachen durch das Bundesgericht rechtfertigt sich aber jedenfalls dort, wo die Verwaltung ihrerseits auf Grund der neuen Tatsachen jederzeit eine neue Verfügung treffen könnte. Es hiesse in der Tat das Verfahren bis zum sachlich richtigen Endentscheid unnötig verlängern, würde das Gericht es der Verwaltung überlassen, aus den neueingetretenen Tatsachen die notwendigen Schlüsse zu ziehen und eine neue Verfügung zu treffen, die wiederum der Verwaltungsgerichtsbeschwerde unterliegen würde. Diese Überlegung gilt gerade auch für den vorliegenden Fall. Entschiede das Bundesgericht nämlich ohne Berücksichtigung des am 6. September 1972 gegen Stuckle ergangenen Strafurteils, die Ausweisung sei nicht gerechtfertigt, so würde das den Regierungsrat nicht hindern, auf Grund eben dieser letzten Verurteilung Stuckles unverzüglich einen neuen Beschluss auf Ausweisung zu fassen. Vorzuziehen ist deshalb, schon in diesem Verfahren auch das letzte Urteil gegen Stuckle zu berücksichtigen, soweit es rechtserheblich ist.
public_law
nan
de
1,972
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
1b82956e-7fe0-4deb-a7d7-8d89a0479312
Urteilskopf 106 Ia 191 36. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20. Juni 1980 i.S. Escor Automaten AG und Mitbeteiligte gegen Grosser Rat des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste Art. 31 BV ; Verbot von Geldspielautomaten; abstrakte Normenkontrolle. 1. Ein vollständiges Verbot von Geldspielautomaten verstösst nicht gegen Art. 31 BV ; Bestätigung der Rechtsprechung (E. 5 und 6). 2. Verfassungsmässigkeit der Übergangsfrist von drei Monaten zur Entfernung der bereits aufgestellten Geldspielautomaten (E. 7). 3. Die Vorschrift, dass Jugendlichen unter 18 Jahren der Zutritt zu Spielsalons untersagt ist, verstösst nicht gegen die Verfassung (E. 8a).
Sachverhalt ab Seite 191 BGE 106 Ia 191 S. 191 Der Grosse Rat des Kantons Basel-Stadt verabschiedete am 19. Oktober 1978 ein Gesetz über Spielautomaten und Spielsalons (Spielsalongesetz), das unter anderem folgende Vorschriften enthält: BGE 106 Ia 191 S. 192 § 13 Das Aufstellen und der Betrieb von Geldspielautomaten im Gebiet des Kantons Basel-Stadt ist verboten. § 14 Jugendlichen unter 18 Jahren ist der Zutritt zu Spielsalons untersagt. Dies ist für jedermann sichtbar beim Spielsaloneingang anzuschlagen. ... § 20 Gastwirtschaftsbetrieben und Spielsalons wird eine Frist von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft dieses Gesetzes eingeräumt, innert der die Geldspielautomaten zu entfernen sind. Das Gesetz wurde in der Volksabstimmung von 21./23. September 1979 angenommen. Gegen das Spielsalongesetz erheben die Escor Automaten AG und Mitbeteiligte insgesamt vier staatsrechtliche Beschwerden. Gerügt wird eine Verletzung von Art. 4 und 31 BV , im wesentlichen mit der Begründung, es bestünden keine hinreichenden Gründe für ein vollständiges Verbot von Geldspielautomaten. Ferner wird die zur Beseitigung der bereits aufgestellten Geräte gesetzte Übergangsfrist als verfassungswidrig angefochten. Das Bundesgericht weist die Beschwerden ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 5. a) Nach Art. 35 BV und Art. 1 des Bundesgesetzes über die Spielbanken (SBG) sind die Errichtung und der Betrieb von Spielbanken verboten. Art. 2 SBG bestimmt, dass als Spielbank jede Unternehmung gilt, die Glücksspiele betreibt (Abs. 1), d.h. Spiele, bei welchen gegen Leistung eines Einsatzes ein Geldgewinn in Aussicht steht, der ganz oder vorwiegend vom Zufall abhängt (Abs. 2). Nach Art. 3 Abs. 1 SBG gilt das Aufstellen von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten als Glückspielunternehmung, sofern nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Wie das Bundesgericht in BGE 97 I 753 entschieden hat, fallen Geldspielautomaten dann unter das bundesrechtliche Verbot, wenn sie nach ihrer Konstruktion für das reine Glücksspiel verwendet werden können; ebenso auch dann, wenn für den Spieler nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob der Zufall oder die Geschicklichkeit den überwiegenden Einfluss auf den Spielausgang hat, und das Verhältnis durch geringfügige technische Umstellungen leicht manipuliert werden kann (vgl. auch BGE 101 Ib 318 ff.). Ob ein Geldspielautomat unter BGE 106 Ia 191 S. 193 das bundesrechtliche Verbot fällt, beurteilt das EJPD, gegen dessen Verfügung die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig ist. b) Wie das Bundesgericht zudem mehrfach entschieden hat, hindert das Spielbankengesetz die Kantone nicht, Spiele und namentlich den Betrieb von Geldspielautomaten, die bundesrechtlich nicht verboten sind, zu untersagen ( BGE 101 Ia 338 E. 4 ; 90 I 323 E. 2 ; 80 I 352 E. 1). Ob derartige Einschränkungen zulässig sind, ist nach Massgabe der Handels- und Gewerbefreiheit zu beurteilen. Nach der Rechtsprechung zu Art. 31 BV dürfen die Kantone die Ausübung einer Tätigkeit, die wie das gewerbsmässige Aufstellen und Betreiben von Geldspielautomaten unter dem Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit steht, aus polizeilichen sowie aus sozialen und sozialpolitischen Gründen einschränken. Die Einschränkung muss auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen und sie darf nicht über das hinaus gehen, was erforderlich ist zur Erreichung des polizeilichen oder sozialpolitischen Zwecks, durch den sie gedeckt ist ( BGE 101 Ia 340 E. 5 mit Hinweisen). c) Im vorliegenden Fall ist die gesetzliche Ordnung selber angefochten, die die Grundlage für das Verbot von Geldspielautomaten im Kanton Basel-Stadt bildet. Es kann sich daher nur fragen, ob diese Einschränkung auf hinreichenden polizeilichen, sozialen oder sozialpolitischen Gründen beruhe und verhältnismässig sei. 6. a) Das Bundesgericht entschied bereits in BGE 80 I 353 E. 2c, dass ein vollständiges Verbot von Geldspielautomaten nicht gegen Art. 31 BV verstosse, da der Schutz der Bevölkerung vor den Gefahren der Spielsucht ein haltbarer polizeilicher Grund für eine solche Beschränkung sei. Diese Rechtsprechung wurde in BGE 90 I 322 E. 2 bestätigt. In BGE 101 Ia 341 E. 5c wies das Bundesgericht darauf hin, dass seit den beiden früheren Entscheiden die Bewilligungspraxis zu Art. 3 SBG verschärft worden sei. Das Gericht führte aus, aufgrund der strengeren, in BGE 97 I 753 E. 5 neu umschriebenen Kriterien dürfte die Gefahr der Spielsucht für Jugendliche und sozial benachteiligte Personen erheblich vermindert worden sein, sofern wirklich nur Geräte aufgestellt und betrieben würden, die nach der heutigen Rechtsprechung Geschicklichkeitsgeräte im Sinne von Art. 3 SBG seien. Wer die erforderliche Geschicklichkeit nicht besitze, werde das in der Regel bald feststellen BGE 106 Ia 191 S. 194 und das Spiel aufgeben. Der wirklich geschickte und daher erfolgreiche Spieler aber habe bei echten Geschicklichkeitsgeräten erhebliche Gewinnchancen und werde daher nicht zu Verlust kommen. Das Bundesgericht liess aber schliesslich dahingestellt, ob der Schutz des Publikums gegen grosse Verluste und gegen die Gefahren der Spielsucht auch nach der Verschärfung der bundesrechtlichen Zulässigkeitskriterien ein allgemeines Verbot der Geldspielautomaten zu rechtfertigen vermöge. Die Frage brauchte nicht entschieden zu werden, da das Gericht zum Schluss gelangte, dass ein gänzliches Verbot schon deshalb zulässig sei, weil die Gefahr der Umwandlung von als Geschicklichkeitsgeräten zugelassenen Automaten in reine Glücksspielgeräte als erheblich erscheine und ihr nicht durch bloss gelegentliche, ohne übertriebenen Verwaltungsaufwand durchführbare Kontrollen begegnet werden könne ( BGE 101 Ia 341 E. 6). Es besteht kein Anlass, diese Frage weiterhin offen zu lassen. Sie ist zu bejahen, und es ist festzuhalten, dass das allgemeine Verbot von Geldspielautomaten auf hinreichenden sozialen und sozialpolitischen Erwägungen beruht. Wenn das Bundesgericht die Frage, ob der Schutz des Publikums gegen Verluste und gegen die Gefahr der Spielsucht nach wie vor ein Verbot der Geldspielautomaten rechtfertige, in BGE 101 Ia 341 E. 5c offen liess, so geschah das in der Annahme, dass künftig nur mehr "echte Geschicklichkeitsgeräte" bewilligt würden, d.h. solche Automaten, bei denen die Realisierung eines Gewinns oder der Eintritt eines Verlustes ganz oder zumindest überwiegend von der Geschicklichkeit der Spieler abhängt. Würden nur mehr derartige Geräte aufgestellt, so liesse sich in der Tat sagen, dass der geschickte Spieler nicht zu Verlust komme und dass zu seinem Schutz kein Verbot der Geldspielautomaten erforderlich sei. Ob sich freilich auch sagen liesse, der nicht über eine genügende Geschicklichkeit verfügende Spieler werde bald feststellen, dass er keine Aussicht auf Gewinn habe und dass er das Spiel daher nach kurzer Zeit aufgeben werde, erscheint mehr als fraglich. Mit grösserer Berechtigung ist anzunehmen, dass die in Aussicht stehenden, scheinbar leicht zu erlangenden Geldgewinne nicht nur zu einzelnen Spielversuchen, sondern zu wiederholtem Spielen und damit zu nicht unerheblichen Verlusten verleiten. Wenn der kantonale Gesetzgeber das verhindern will, in der Annahme, an derartigen Geräten würden vor allem Jugendliche und sozial benachteiligte BGE 106 Ia 191 S. 195 Personen einen beträchtlichen Teil ihres Geldes verlieren, so ist das durch hinreichende soziale und sozialpolitische Gründe gedeckt und mit der Handels- und Gewerbefreiheit vereinbar. Ob daneben noch Kontrollgründe ein Verbot sämtlicher Geldspielautomaten zu rechtfertigen vermöchten, spielt bei dieser Sachlage keine Rolle. 7. a) Es ist ferner nicht verfassungswidrig, wenn § 20 Abs. 1 des Spielsalongesetzes bestimmt, dass die bereits aufgestellten Spielautomaten innert einer Frist von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Gesetzes zu entfernen seien. Diese Frist ist für sich allein zwar sehr knapp bemessen, und die Beschwerdeführer berufen sich zu Recht darauf, dass sie nicht schon vor der Verabschiedung des Gesetzes im Grossen Rat hätten erkennen können, dass wahrscheinlich in naher Zukunft ein vollständiges Verbot von Geldspielautomaten ergehen werde. Der Regierungsrat hatte dem Grossen Rat nämlich lediglich Antrag auf eine zahlenmässige Beschränkung dieser Apparate gestellt, und es schien zunächst, dass die Vorlage unbestritten sei. Erst bei der Beratung des Gesetzes im Grossen Rat wurde vorgeschlagen, die Geldspielautomaten seien vollständig zu verbieten, welchen Antrag der Grosse Rat am 19. Oktober 1978 annahm. In der Folge wurde gegen das neue Gesetz aber das Referendum ergriffen, und die Volksabstimmung fand erst am 21./23. September 1979 statt. Rechnet man die Zeit zwischen der Beschlussfassung im Grossen Rat und der Volksabstimmung sowie die in § 20 Abs. 1 des Gesetzes vorgesehene Übergangsfrist zusammen, so ergibt sich eine Zeitspanne von mehr als einem Jahr, innert der sich die Aufsteller von Geldspielautomaten auf das Verbot einrichten konnten. Das hält vor dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit stand (vgl. Urteil vom 13. Juli 1977 i.S. Versari, E. 3 ff., in ZBl. 79/1978, S. 81 ff.). Im übrigen wurde den staatsrechtlichen Beschwerden aufschiebende Wirkung erteilt, und zwar nach Antrag des Kantons Basel-Stadt in dem Sinne, dass § 20 Abs. 1 des Spielsalongesetzes erst nach der allfälligen Abweisung der staatsrechtlichen Beschwerden angewendet werden dürfe. Damit wurde der Zeitpunkt für die Entfernung der in Betrieb stehenden Apparate noch weiter und in erheblichem Masse hinausgeschoben. b) Die hinsichtlich des Beschwerdeführers Kim gemachten Einwendungen, dieser Aufsteller habe kurz vor der Beschlussfassung im Grossen Rat einen Spielsalon mit Geldspielautomaten BGE 106 Ia 191 S. 196 eröffnet und einen langfristigen Mietvertrag eingegangen, geben keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Das gilt schon deshalb, weil eine Aufhebung der gesetzlichen Übergangsordnung im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nur dann in Frage kommen kann, wenn sich die Regelung nicht bloss bei Vorliegen besonderer Umstände, sondern bezogen auf normale Gegebenheiten als unverhältnismässig erweist (Urteil i.S. Versari, a.a.O., E. 3, S. 81). Im übrigen erschiene die Zeitspanne, wie sie sich nach Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens ergibt, auch bezogen auf die Verhältnisse des Beschwerdeführers Kim als verfassungsmässig. Unbegründet ist schliesslich auch die Rüge, § 20 Abs. 1 des Spielsalongesetzes verletze den Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz schützt nicht vor einer Änderung der Gesetzgebung, es sei denn, der Gesetzgeber selber habe eine gegenteilige Zusicherung gegeben ( BGE 102 Ia 336 E. 3c; BGE 101 Ia 450 E. 4c mit Hinweisen). Das ist hier jedoch offenkundig nicht der Fall. 8. a) Nach § 14 Abs. 1 des Spielsalongesetzes ist Jugendlichen unter 18 Jahren der Zutritt zu Spielsalons untersagt. Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, diese Grenze hätte tiefer angesetzt werden müssen. Wie es sich damit verhält, ist eine Frage, die weitgehend von einer Beurteilung der örtlichen Verhältnisse abhängt, die der kantonale Gesetzgeber besser kennt als das Bundesgericht. Überdies belässt die Festlegung einer Altersgrenze dem kantonalen Gesetzgeber schon an sich einen erheblichen Beurteilungsspielraum. Das Bundesgericht auferlegt sich bei der Prüfung einer entsprechenden Norm Zurückhaltung ( BGE 104 Ia 177 f.; BGE 103 Ia 41 ; BGE 101 Ia 481 ). Wenn § 14 Abs. 1 des Spielsalongesetzes die fragliche Altersgrenze auf 18 Jahre festlegt, so kann nicht gesagt werden, dass dafür keine hinreichenden Gründe gegeben seien.
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Urteilskopf 117 II 349 64. Extrait de l'arrêt de la IIe Cour civile du 19 mars 1991 dans la cause R. contre R. et consorts (recours de droit public)
Regeste Art. 87, 50 und 57 Abs. 5 OG . Die gegen einen letztinstanzlichen Zwischenentscheid gerichtete staatsrechtliche Beschwerde ist aus der Sicht von Art. 87 OG zulässig, falls gleichzeitig eine im Sinne von Art. 50 OG zulässige Berufung erhoben worden ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
Erwägungen ab Seite 349 BGE 117 II 349 S. 349 Extrait des considérants: 1. Prise en dernière instance cantonale, la décision attaquée n'est pas finale: le partage des deux successions n'est pas terminé une fois connu le sort des immeubles compris dans la seule ( ATF 113 II 496 ss consid. 3) succession paternelle. Il s'agit donc d'une décision incidente au sens de l' art. 87 OJ , qui ne peut être portée au Tribunal fédéral par la voie du recours de droit public pour violation de l' art. 4 Cst. que s'il en résulte un dommage irréparable pour le recourant. Cette restriction, pour l'économie de la procédure, vise à empêcher que l'instance cantonale ne soit inutilement interrompue et que le Tribunal fédéral ne puisse être saisi du même procès à plusieurs reprises. Le dommage irréparable qui ouvre exceptionnellement la voie doit être juridique; un préjudice de pur fait tel BGE 117 II 349 S. 350 que la prolongation ou le renchérissement de la procédure ne suffit pas. Vu ces principes, le présent recours de droit public serait irrecevable, puisque le recourant pourrait encore faire valoir ses griefs en attaquant le jugement final de la Cour d'appel ( ATF 108 Ia 204 consid. 1 principio et les arrêts cités). 2. Toutefois, le recourant interjette simultanément un recours en réforme. En vertu de l' art. 50 al. 1 OJ , celui-ci est exceptionnellement recevable contre des décisions préjudicielles ou incidentes - autres que celles de l'art. 49 - prises séparément du fond lorsqu'une décision finale peut ainsi être provoquée immédiatement et que la durée et les frais de la procédure probatoire seraient si considérables qu'il convient de les éviter en autorisant le recours immédiat au Tribunal fédéral. a) Le jugement entrepris s'insère dans une procédure de partage successoral. Il ne tranche que la question - de droit fédéral - de l'attribution des biens-fonds agricoles à leur valeur de rendement, en application de l' art. 620 al. 1 CC . Il apparaît comme une décision partielle et préjudicielle, non comme une décision finale au sens de l' art. 48 OJ . Toutefois, pour l'économie de la procédure, spécialement dans les différends du droit des successions, la jurisprudence admet la recevabilité du recours en réforme quand une décision partielle tranche au fond, et de manière définitive en procédure cantonale, le sort d'une prétention qui aurait pu faire à elle seule l'objet d'un procès distinct et dont le jugement est préjudiciel à celui des autres conclusions encore litigieuses ( ATF 107 II 353 consid. 2, ATF 104 II 287 /288 et les arrêts cités). Tel est le cas en l'espèce. Malgré son caractère apparemment préjudiciel, le jugement cantonal équivaut à une décision finale, car il statue définitivement sur l'éventuelle attribution, à la valeur de rendement, d'immeubles relevant de la succession paternelle. Comme l'application de l' art. 620 al. 1 CC a été examinée dans son ensemble, et non sous certains aspects seulement, il n'y a pas lieu de craindre une nouvelle décision ayant le même objet. L'économie de la procédure est manifeste. Il convient donc d'entrer en matière. C'est d'ailleurs aussi par souci d'économie, comme on l'a vu, que l' art. 50 al. 1 OJ prévoit, à titre exceptionnel, la recevabilité du recours en réforme contre des décisions préjudicielles ou incidentes lorsqu'une décision finale peut ainsi être provoquée immédiatement pour éviter une durée et des frais de procédure trop considérables. En l'espèce toutefois, il n'est pas certain, malgré les BGE 117 II 349 S. 351 transactions partielles, que les questions encore litigieuses seraient liquidées à l'amiable, de sorte qu'une solution finale pourrait être trouvée sur la base de l'arrêt fédéral. Selon la jurisprudence ( ATF 84 II 80 consid. 2, ATF 42 II 428 consid. 1), le litige qui concerne l'attribution entière d'une exploitation agricole à un héritier à la valeur de rendement n'est pas de nature pécuniaire. C'est discutable, mais peu importe car, en l'espèce, la valeur litigieuse est certainement suffisante au regard de l' art. 46 OJ . b) L'entrée en matière sur le recours en réforme implique cependant, du moins en règle générale, l'examen préalable du recours de droit public ( art. 57 al. 5 OJ ); or, la jurisprudence relative à l' art. 87 OJ s'oppose à cet examen, ainsi qu'il est dit ci-dessus. Dans ce conflit manifeste, l' art. 50 OJ doit l'emporter. On ne saurait admettre qu'une partie perde la faculté de recourir en réforme lorsqu'elle interjette simultanément un recours de droit public. Cela étant, il y a lieu d'examiner le mérite du recours de droit public, soit qu'on renonce dans ce cas à l'exigence d'un dommage juridique au sens de la jurisprudence, soit que le dommage réside dans la perte du droit de recourir en réforme prévu à l' art. 50 OJ ( ATF 108 Ia 204 /205 consid. 1a et b).
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Urteilskopf 125 II 402 39. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 23. Juni 1999 i.S. A. gegen Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Art. 4 BV , Art. 4 Ziff. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, Art. 14 Abs. 7 UNO-Pakt, Art. 16 Abs. 3 lit. a, Art. 17 Abs. 1 lit. c, Art. 90 SVG ; Führerausweisentzug, Verletzung des Grundsatzes «ne bis in idem»? Wird einem vom Strafrichter Verurteilten aufgrund des gleichen Sachverhalts im Verwaltungsverfahren eine Administrativmassname auferlegt, verstösst dies nicht gegen den Grundsatz «ne bis in idem» (E. 1).
Sachverhalt ab Seite 402 BGE 125 II 402 S. 402 A. fuhr am 18. April 1996 auf der Autobahn von Lausanne in Richtung St. Maurice und überschritt dabei die signalisierten Höchstgeschwindigkeiten von 100 und 120 km/h um 39 beziehungsweise BGE 125 II 402 S. 403 31 km/h. Wegen dieser Geschwindigkeitsüberschreitungen und anderer Regelwidrigkeiten büsste der Préfet du district de Vevey A. am 12. Juni 1996 in Anwendung von Art. 90 Ziff. 1 des Bundesgesetzes über den Strassenverkehr (SVG; SR 741.01) mit Fr. 800.--. Der Strafbefehl erwuchs in Rechtskraft. Die Direktion für Soziales und Sicherheit des Kantons Zürich entzog A. am 13. August 1997 den Führerausweis wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit in Anwendung von Art. 16 Abs. 3 lit. a und Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG für die Dauer von sechs Monaten. Einen Rekurs des Betroffenen wies der Regierungsrat des Kantons Zürich am 4. März 1998 ab. Eine Beschwerde gegen diesen Entscheid wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich am 29. Januar 1999 ab. A. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde und beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und von einer Administrativmassnahme sei abzusehen; eventuell sei ein zweimonatiger Entzug anzuordnen. Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab Erwägungen aus folgenden Erwägungen: 1. a) Der Beschwerdeführer verweist auf BGE 121 II 22 , wonach der Entzug des Führerausweises zu Warnzwecken ein Entscheid über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage im Sinne von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist. Somit sei es nach dem rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens einerseits unzulässig, den Täter für dieselbe Tat eines anderen (schwereren) Delikts zu bezichtigen. Dies ergebe sich auch aus der Unschuldsvermutung ( Art. 6 EMRK ). Anderseits ergebe sich nach dem Grundsatz «ne bis in idem» gemäss Art. 4 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK, dass nach einem rechtskräftigen Abschluss eines Strafverfahrens jegliche weitere Bestrafung bzw. die erneute Durchführung eines Verfahrens mit Strafcharakter verboten sei. Solange die Schweiz die Kompetenz zur Anordnung von Führerausweisentzügen nicht derselben (richterlichen) Behörde übertragen habe, die zur Ausfällung einer Busse oder Freiheitsstrafe zuständig sei, erweise sich die parallele bzw. nachträgliche Anordnung eines Führerausweisentzugs als staatsvertragswidrig. Diese Beurteilung ergebe sich «aus den Entscheiden des EGMR in Sachen Schmautzer, Umlauft und Gradinger/A (A/328-A, A/328-B, A/328-C = NL 95/5/10) und Pramstaller, Palaoro und Pfarrmeier/A BGE 125 II 402 S. 404 (A/329-A, A/329-B, A/329-C = NL 95/5/10) gegen Österreich sowie aus dem einstimmigen Beschluss der Europäischen Kommission für Menschenrechte vom 9. April 1997, Nr. 822541/93 Marte und Achberger gegen Österreich, welch letzterer in der Zwischenzeit zur Vermeidung eines negativen Präjudizes durch den EGMR von Österreich durch Vergleich erledigt worden» sei. Diesen Entscheiden lasse sich entnehmen, dass nach der Auffassung der Strassburger Organe die Beurteilung ein und desselben äusseren Sachverhalts durch Straf- und Verwaltungsbehörden gegen den Grundsatz «ne bis in idem» verstiesse. b) Der Grundsatz «ne bis in idem» gilt zunächst als materielles eidgenössisches Strafrecht und besagt, dass niemand wegen der gleichen Tat zweimal verfolgt werden darf ( BGE 120 IV 10 E. 2b; BGE 116 IV 262 E. 3a). Er leitet sich sodann aus Art. 4 BV her und besagt entsprechend, dass eine nach kantonalem Recht vorgenommene rechtskräftige Beurteilung in einem Kanton einer erneuten Beurteilung in einem andern Kanton entgegensteht ( BGE 116 IV 262 E. 3a). Schliesslich folgt er auch aus Art. 4 Ziff. 1 des Protokolls Nr. 7 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (SR 0.101.07) sowie Art. 14 Abs. 7 des UNO-Paktes (SR 0.103.2) und verbietet, den rechtskräftig Verurteilten oder Freigesprochenen in einem Strafverfahren desselben Staats erneut vor Gericht zu stellen oder zu bestrafen ( BGE 123 II 464 E. 2b). Die Anwendung des Grundsatzes «ne bis in idem» setzt unter anderem voraus, dass dem Richter im ersten Verfahren die Möglichkeit zugestanden haben muss, den Sachverhalt unter allen tatbestandsmässigen Punkten zu würdigen ( BGE 119 Ib 311 E. 3c mit Hinweisen). Diese Voraussetzung trifft hier aufgrund der beschränkten Beurteilungskompetenz der verschiedenen Behörden nicht zu. Der Strafrichter, der die Busse ausgesprochen hat, ist sachlich nicht zuständig, einen Führerausweisentzug anzuordnen, und die Administrativbehörden sind nicht befugt, die Strafbestimmungen des SVG (Art. 90 ff.) anzuwenden. Insoweit ist die Beurteilungskompetenz der zuerst entscheidenden Behörde immer beschränkt. Nur beide Behörden zusammen können den Sachverhalt in seiner Gesamtheit unter allen rechtlichen Gesichtspunkten beurteilen. Zu den in der Beschwerdeschrift angeführten Urteilen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte in Sachen Gradinger vom 23. Oktober 1995 (Série A, 328-C [siehe dazu Gabriele Kucsko-Stadlmayer, Das «Gradinger-Urteil» des EGMR, ecolex 1996, S. 50 ff.]), Oliveira vom 30. Juli 1998 (84/1997/868/1080 BGE 125 II 402 S. 405 [siehe dazu MARTIN SCHUBARTH, Schweizerisches Bundesgericht oder Oberlandesgericht Schweiz? in: Festschrift für ROGER ZÄCH, Zürich 1999, S. 821 ff., insbesondere 827 ff.]) und der Europäischen Kommission für Menschenrechte in Sachen Marte und Achberger vom 9. April 1997 (Recueil, Nr. 66, 1998, S. 493 ff., insbesondere S. 499 ff.) braucht vorliegend nicht Stellung genommen zu werden. Diese Urteile befassen sich mit der Frage, ob mit dem Begriff der strafbaren Handlung in Art. 4 Ziff. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK der zu beurteilende Lebenssachverhalt als Ganzes oder bloss ein bestimmter Tatbestand gemeint ist. Nach einer Verurteilung durch den Strafrichter aufgrund des SVG (und eventuell zusätzlich des StGB) geht es bei der (in der Regel nachträglichen) Anordnung einer strassenverkehrsrechtlichen Administrativmassnahme durch die Verwaltungsbehörde «nur» noch um die Bestimmung der Rechtsfolge(n), wobei die Verwaltungsbehörde je nach Umständen in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht an das Strafurteil gebunden ist ( BGE 119 Ib 158 E. 3). Insoweit sind die zitierten Fälle, wo in den beiden Verfahren die gleichen Sanktionen ausgesprochen wurden (Geldbussen [Oliveira] und subsidiär Freiheitsstrafen [Gradinger sowie Marte und Achberger]), nicht mit den hier zu beurteilenden Fällen vergleichbar. Folglich kann der Beschwerdeführer auch aus den neueren Entscheiden der Strassburger Organe nichts zu seinen Gunsten ableiten. Sein Hinweis auf die Entscheide des EGMR in Sachen Schmautzer und Umlauft vom 23. Oktober 1995 (Série A, 328 A und B) sowie in Sachen Pramstaller, Palaoro und Pfarrmeier vom 23. Oktober 1995 (Série A, 329 A, B und C) ist im Zusammenhang mit dem Grundsatz «ne bis in idem» bedeutungslos, weil diese Fälle lediglich den Art. 6 Ziff. 1 EMRK betreffen. 2. Der Beschwerdeführer rügt, nachdem der Strafrichter die Geschwindigkeitsüberschreitung rechtskräftig und damit endgültig als einfache Verkehrsregelverletzung ( Art. 90 Ziff. 1 SVG ) beurteilt habe, stelle es einen Verstoss gegen den Grundsatz «ne bis in idem» dar, wenn die Verwaltungsbehörde denselben Sachverhalt als schwere Verkehrsgefährdung ( Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG ) einstufe. Nach der Rechtsprechung ist die Verwaltungsbehörde in Bezug auf die Rechtsanwendung an die rechtliche Qualifikation des Sachverhalts durch das Strafurteil gebunden, wenn die rechtliche Würdigung sehr stark von der Würdigung von Tatsachen abhängt, die der Strafrichter besser kennt als die Verwaltungsbehörde ( BGE 119 Ib 158 E. 3c/bb). Das trifft im Fall des Beschwerdeführers offensichtlich nicht zu. Das Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit BGE 125 II 402 S. 406 von 100 um 39 km/h durch den Beschwerdeführer hat die Vorinstanz zu Recht als schwere Verkehrsgefährdung gemäss Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG angesehen ( BGE 123 II 106 E. 2c, insbesondere S. 112/113). Da beim Beschwerdeführer auch die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG erfüllt sind, ist die Anordnung eines sechsmonatigen Führerausweisentzugs von Bundesrechts wegen nicht zu beanstanden. 3. (Kostenfolgen)
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Urteilskopf 115 Ib 328 43. Estratto della sentenza della Corte di cassazione del 9 giugno 1989 nella causa A. c. Dipartimento di polizia del Cantone Ticino (ricorso di diritto amministrativo)
Regeste Entzug des Führerausweises wegen Konsums von Betäubungsmitteln. Wie das Fahren in angetrunkenem Zustand kann auch das Führen eines Motorfahrzeuges nach dem Konsum von Betäubungsmitteln mit einem Warnungsentzug geahndet werden, wenn die Voraussetzungen eines Sicherungsentzugs nicht erfüllt sind. Es ist hingegen unzulässig, einen Warnungsentzug mit Verpflichtungen zu verbinden, die typischerweise mit einem Sicherungsentzug einherzugehen pflegen, wie zum Beispiel die Pflicht zur periodischen Vorlage von ärztlichen Zeugnissen, die bestätigen, dass der Betroffene keine Betäubungsmittel mehr konsumiert hat. Die zwei Typen des Führerausweisentzugs haben unterschiedliche Funktionen, und die Vollzugsmodalitäten können nicht miteinander kombiniert werden.
Sachverhalt ab Seite 329 BGE 115 Ib 328 S. 329 Il 13 settembre 1988, in territorio di B., A. era fermato da una pattuglia di guardie di confine a bordo dell'autovettura del padre, dopo aver fumato dello hascisch. Chiamati da tale pattuglia, intervenivano sul posto agenti della Polizia cantonale di C. che invitavano A. a condurre il proprio veicolo sino alla sede della polizia a C. (distante circa 3 km dal luogo in cui era stato fermato); qui si procedeva alle debite formalità e alla redazione del rapporto di polizia. Da questo risultava che A. s'era appartato, unitamente ad una amica, nell'autovettura di quest'ultima, per fumare uno spinello: dopo di che, era salito a bordo della vettura del padre, dirigendosi verso C.; giunto all'altezza dell'acquedotto, era stato fermato dalle guardie di confine. L'avvenuta consumazione di hascisch nelle descritte circostanze era confermata a verbale d'interrogatorio dall'amica con cui si era appartato. In precedenza, la Polizia cantonale di C. aveva denunciato A. in due circostanze alla Procura pubblica per acquisto di hascisch; A. aveva peraltro negato ogni addebito. In data 15 novembre 1985 il Dipartimento di polizia del Cantone Ticino (Ufficio giuridico della circolazione) gli aveva già inflitto un ammonimento per infrazione alla legge federale sugli stupefacenti. Terminato il rapporto di polizia, A. veniva rilasciato in possesso della sua licenza di condurre e ripartiva con il veicolo con cui era arrivato. Dalla fine del 1985 ad oggi sono state inflitte ad A., prescindendo dall'avvenimento testé menzionato e dal procedimento litigioso, tre multe e un ammonimento per infrazione alle norme della circolazione stradale. Con decisione del 14 ottobre 1988, il Dipartimento di polizia del Cantone Ticino, ritenuto che A. aveva guidato "sotto l'influsso di sostanze stupefacenti, e pertanto in palese stato d'inidoneità psicofisica" e che "secondo il parere di eminenti esperti in materia il consumo di stupefacenti compromette la normale capacità di guida di qualsiasi conducente" e che, "malgrado avesse già ricevuto un'ammonimento nel gennaio 1985 per consumo di stupefacenti, egli aveva nuovamente ripreso a far uso di tali sostanze", gli revocava la licenza di condurre veicoli a motore per la durata di due mesi, imponendogli altresì l'obbligo di presentare ogni mese, e per la durata di sei mesi, un certificato medico attestante che, in seguito a regolari e frequenti controlli, più non BGE 115 Ib 328 S. 330 ha fatto uso di sostanze stupefacenti, nemmeno a scopo terapeutico, a partire dalla data del provvedimento di revoca. Adito da A., il Consiglio di Stato del Cantone Ticino ne respingeva il gravame. Con tempestivo ricorso di diritto amministrativo, A. è insorto contro la decisione del Consiglio di Stato, di cui chiede l'annullamento. Il Tribunale federale ha accolto il ricorso, annullato la decisione impugnata e rinviato la causa all'autorità cantonale per nuova decisione. Erwägungen Considerando in diritto: 1. Ai sensi dell'art. 31 cpv. 2 LCS, chi è in stato di ebrietà o di spossatezza o è inabile alla guida per altri motivi, non deve condurre un veicolo. L'uso, anche solo occasionale, di stupefacenti, e sia pure soltanto di una certa quantità di hascisch, può alterare la capacità di condurre (v. sul problema generale della rilevanza per l'idoneità alla guida dei psicofarmaci, delle sostanze psicotrope e degli stupefacenti, SCHAFFHAUSER, Grundrisse des schweizerischen Strassenverkehrsrechts, vol. I, pag. 141-143; BUSSY & BERNASCONI, Commentaire du Code suisse de la circulation routière, 2a ed. ad art. 14 LCS, pag. 96). I provvedimenti da adottare eventualmente, nell'ambito della disciplina della circolazione stradale, nei confronti di un consumatore, occasionale od abituale, di stupefacenti sono, in linea di principio, gli stessi di quelli applicabili a chi guida con un'alcolemia superiore ai limiti ammessi o a chi è dedito al bere ( DTF 105 Ib 387 ). L'ebrietà da alcol può essere accertata con la prova del sangue, eccezionalmente e con le dovute cautele anche in base ad altre prove (v. SCHAFFHAUSER, op.cit., pag. 139-140; BUSSY & RUSCONI, op.cit., ad art. 91 LCS, pag. 449). L'inidoneità alla guida per consumo di stupefacenti può essere accertata in base a conclusioni fondate sulla presenza di tracce di stupefacenti nell'urina e, di regola cumulativamente, sui dati scientifici basati sull'esperienza e possibilmente corroborati da constatazioni mediche effettuate sul soggetto stesso. Ciò significa, in pratica, che, in materia di sospetto d'inidoneità alla guida per consumo di stupefacenti, l'intervento di persone specializzate (che garantiscano esami di laboratorio corretti e conclusioni medico-legali scientificamente provate) è indispensabile, ancor più che per BGE 115 Ib 328 S. 331 quanto concerne la prova dell'ebrietà da alcol. Questo principio vale sia per il consumo occasionale, che suole comportare provvedimenti a scopo di ammonimento, che (e ancor in maggior misura) per la determinazione di un consumo cronico o addirittura di una tossicodipendenza, implicanti generalmente provvedimenti a scopo di sicurezza. La necessità di procedere a tali accertamenti non esclude ovviamente, sia nel caso d'incapacità per sospetta alcolemia accessiva, sia in quello di sospetto consumo di stupefacenti, che gli organi di polizia possano, ove esistano segni manifesti d'inidoneità alla guida, sequestrare sul posto e a titolo provvisorio la licenza anche prima che detti accertamenti siano stati effettuati (v. art. 38 dell'ordinanza sull'ammissione alla circolazione di persone e veicoli, OAC). 2. a) Nella fattispecie è litigioso se l'autorità cantonale potesse revocare la licenza e imporre al ricorrente determinati obblighi senza aver proceduto previamente ad accertamenti corrispondenti a quelli evocati nel considerando precedente. A torto l'autorità cantonale ritiene che essi non fossero necessari, e ciò tanto nel caso in cui la revoca, come afferma essere avvenuto nella fattispecie, fosse dovuta a scopo di ammonimento, quanto in quello in cui lo fosse a scopo di sicurezza (non occorre, essendo le due nozioni correnti nella pratica, soffermarsi qui sulla distinzione tra queste due categorie, che si caratterizzano più per la loro funzione prevalente, che per una netta delimitazione concettuale, risaputo essendo che una revoca a scopo di ammonimento tutela anche, sia pure accessoriamente, la sicurezza del traffico, e che una revoca a scopo di sicurezza suole spesso costituire anche un ammonimento per l'interessato). b) Nella decisione emanata in prima istanza, il Dipartimento di polizia aveva dichiarato che il ricorrente aveva guidato "sotto l'influsso di sostanze stupefacenti, e pertanto in palese stato d'inidoneità psicofisica". A ragione il ricorrente contesta la perentorietà di tale constatazione. Se, contrariamente al senso comune che suole attribuirsi all'espressione "sotto l'influsso", il Dipartimento ha semplicemente voluto dire "dopo aver ingerito", può anche essere ammessa tale ambigua frase; se invece ha voluto far intendere, come devesi normalmente interpretare l'espressione, che tale influsso era in certo modo percettibile, esso è flagrantemente contraddetto dal fatto che gli agenti di polizia si son ben guardati dal sequestrare al ricorrente la licenza di condurre e dall'impedirgli l'ulteriore guida; essi l'hanno invece BGE 115 Ib 328 S. 332 addirittura invitato a condurre l'autovettura per 3 km fino all'ufficio di polizia, lasciandolo poi partire con la licenza e alla guida della stessa vettura. Ancor meno sostenibile è quanto detto nella frase successiva "e pertanto in palese stato d'inidoneità psicofisica", e ciò per le stesse ragioni, giustamente rilevate dal ricorrente. Nulla agli atti lascia supporre che gli agenti intervenuti avessero dubbi sull'apparente capacità di guidare del ricorrente. Se così non fosse stato, essi avrebbero proceduto scorrettamente, invitandolo a condurre e lasciandolo partire al volante della sua vettura e con la licenza di condurre. È invece comprensibile che la polizia abbia voluto verbalizzare i fatti e l'accertato consumo di hascisch in vista di un'eventuale futura procedura intesa ad accertare se, in modo generale, A. fosse idoneo alla guida o se, tenuto conto anche di certi suoi precedenti, non si giustificasse una revoca a scopo di sicurezza. L'ulteriore considerando contenuto nella decisione di prima istanza è puramente dichiaratorio ed è nella fattispecie privo di qualsiasi rilevanza concreta: è certamente vero che "secondo il parere di eminenti esperti in materia, il consumo di stupefacenti compromette la normale capacità di guida di qualsiasi conducente", ma tale verità non esime in alcun modo l'autorità dal procedere agli accertamenti individuali menzionati nel consid. 1 della presente sentenza. Se è vero che l'hascisch è (v. art. 1 cpv. 2 n. 4 della legge federale sugli stupefacenti) uno stupefacente proibito (anche se purtroppo ampiamente diffuso in quantità più o meno pericolose), ciò non significa ancora che qualsiasi quantità, anche minima, ingerita dia luogo senz'altro e immediatamente ad un'inidoneità a guidare; potrebbe al proposito addursi l'esempio dell'assenzio che è pure una sostanza alcolica proibita (per ragioni medicosociali), ma che agli effetti dell'alcolemia va trattata come qualsiasi altra bevanda alcolica. Il fatto che A. abbia ammesso d'aver fumato con la sua amica lo spinello, e che tale fumata sia stata da essa confermata, non prova ancora una sua inidoneità concreta o quanto meno (come sembra pretendere il Dipartimento) presunta. Altro è proscrivere il consumo dello hascisch, altro è considerarlo, senza differenziazione alcuna, in particolare secondo quantità, durata del consumo, risposta dell'organismo, ecc., come comportante in ogni caso un'inidoneità alla guida. Neppure lo specifico precedente del ricorrente, ammonito nel 1985 dallo stesso Dipartimento per il consumo di stupefacenti, poteva esimere detta autorità dal far capo ad accertamenti medico-legali; tale precedente avrebbe, al BGE 115 Ib 328 S. 333 contrario, dovuto indurlo a ricorrervi, come già s'è accennato, in vista di un'eventuale revoca a scopo di sicurezza. Da quanto sopra discende che sia il Dipartimento, in prima istanza, che il Consiglio di Stato, il quale ha fatto, in sostanza, proprie le tesi di quell'autorità, hanno violato il diritto federale, per non aver ordinato gli accertamenti medico-legali indispensabili sia per esigenze elementari in materia di prova e di proporzionalità, sia per la tutela dei diritti del cittadino. Già per questa ragione la risoluzione impugnata dev'essere annullata e la causa rinviata all'autorità competente per nuova decisione. 3. Per ragioni di economia procedurale, in particolare per evitare malintesi in sede di nuovo giudizio da parte dell'autorità cantonale, giova rilevare che anche l'obbligo di certificazione medica imposto al ricorrente è, in una revoca a scopo di ammonimento quale è stata espressamente qualificata dal Consiglio di Stato quella litigiosa, manifestamente lesivo del diritto federale. L'autorità cantonale ha al proposito frainteso la differenza tra i due tipi di revoca, i cui singoli elementi concreti non possono essere combinati in alcun caso. Se l'art. 14 cpv. 3 LCS e l' art. 7 OAC consentono effettivamente, come ricordato dal Consiglio di Stato nelle proprie osservazioni sul ricorso, di imporre controlli medici non solo in occasione degli esami di guida teorici o pratici, ma anche durante la validità della licenza di condurre, quando possa apparire dubbio se le condizioni richieste per il rilascio esistano tuttora, va pur rilevato che tale controllo durante il periodo di validità della licenza non può mai essere ordinato accessoriamente ad una revoca a scopo di ammonimento. Trattasi invero di un controllo tipicamente richiesto da ragioni di sicurezza e, come già si è menzionato, provvedimenti a scopo di ammonimento e a scopo di sicurezza non possono essere tra di loro combinati. Ognuno di essi va preso nella propria sede, seguendo le procedure ed osservando le garanzie per essi previste. Appare sconcertante che l'autorità cantonale, la quale non si è nemmeno peritata, pur avendone ampiamente l'occasione e il motivo, di procedere al buon momento ad accertamenti medico-legali imposti dalle circostanze, metta poi a carico del ricorrente precisi e circostanziati obblighi di tal fatta, giustificati certo nell'ambito di una revoca a scopo di sicurezza, ma esclusi in quello di una revoca a scopo di ammonimento.
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Urteilskopf 110 Ib 88 14. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2. Mai 1984 i.S. G. und M. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen (RVUS). Befugnisse der Bundesbehörde und der ausführenden kantonalen Behörden nach dem Bundesgesetz zum RVUS; Sonderregelung zu Beginn des Verfahrens (E. 2a). Rechtsschutz gegenüber Anordnungen der Bundesbehörde und der ausführenden kantonalen Behörden; Verhältnis zwischen den bundesrechtlichen und den kantonalen Rechtsmitteln (E. 2c).
Erwägungen ab Seite 89 BGE 110 Ib 88 S. 89 Aus den Erwägungen: 2. ... Das Bundesgesetz zum Staatsvertrag mit den Vereinigten Staaten von Amerika über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen vom 3. Oktober 1975 (im folgenden BG-RVUS) enthält keine dem Art. 23 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG) entsprechende Vorschrift, welche die Kantone verpflichtet, gegen die Verfügungen der ausführenden Behörden ein Rechtsmittel einzuräumen. Art. 17 Abs. 1 BG-RVUS sieht indes vor, dass Verfügungen der "letzten Instanzen der Kantone" der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegen, und Art. 19 Abs. 1 BG-RVUS ermächtigt die Zentralstelle, gegen Verfügungen einer kantonalen Behörde selbständig die "einschlägigen kantonalen Rechtsmittel" zu ergreifen. Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass die Verfügungen, welche die kantonalen Behörden in Ausführung eines amerikanischen Rechtshilfebegehrens treffen, mit dem nach dem anwendbaren kantonalen Recht vorgesehenen Rechtsmittel anfechtbar sind. ... a) Die Befugnisse der Zentralstelle und jene der ausführenden kantonalen Behörden werden in den Art. 10-12 BG-RVUS umschrieben. Diesen Vorschriften in Verbindung mit den Art. 3, 5 und 8 BG-RVUS ist zu entnehmen, dass die Zentralstelle (gemäss Art. 28 Ziff. 1 RVUS und Art. 1 Ziff. 4 BG-RVUS das Bundesamt für Polizeiwesen) nicht bloss zu prüfen hat, ob ein Ersuchen den Formerfordernissen des Vertrages entspricht und die Leistung der Rechtshilfe nicht als offensichtlich unzulässig erscheint. Sie hat ausserdem aufgrund des im Ersuchen geschilderten Sachverhaltes zu beurteilen, ob die dem amerikanischen Verfahren zugrunde liegenden Handlungen nach schweizerischem Recht strafbar sind BGE 110 Ib 88 S. 90 ( Art. 10 BG-RVUS ). Im weitern kann sie nötigenfalls vorsorgliche Massnahmen nach Art. 8 BG-RVUS verfügen, und sie hat - ohne Anhören der Beteiligten - die Anordnungen für die Ausführung des Ersuchens nach Art. 5 BG-RVUS zu treffen ( Art. 10 BG-RVUS ). Diese bestehen u.a. darin, die Straftaten zu bezeichnen, für deren Verfolgung die Rechtshilfe gewährt wird, zu bestimmen, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen die Rechtshilfe geleistet wird, soweit dazu nicht das Departement zuständig ist, und darüber zu befinden, ob eine weitere Verwendung von Informationen aufgrund von Art. 5 Ziff. 2 RVUS zulässig ist (Art. 5 Abs. 2 lit. a, b und h BG-RVUS). Erst wenn die Zentralstelle diese Anordnungen getroffen hat, überweist sie die Akten an die ausführende Behörde ( Art. 10 BG-RVUS ). Ihre Aufgaben sind demnach um einiges weiter gefasst als jene, die das Bundesamt aufgrund von Art. 78 IRSG zu erfüllen hat, bevor es ein Ersuchen (das sich auf alle Formen von Rechtshilfe mit Ausnahme der Auslieferung beziehen kann) an die kantonale Behörde zum Vollzug weiterleitet. Dementsprechend haben im Einspracheverfahren nach Art. 16 BG-RVUS das Bundesamt - und in der Folge allenfalls das Bundesgericht auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin - von Anfang an über die Zulässigkeit der Rechtshilfe zu befinden, während der Entscheid über diese Frage im Rahmen von Art. 79 IRSG in erster Linie den kantonalen Behörden zusteht. Diese im Rechtshilfeverkehr mit den USA geltende Sonderregelung wurde im Hinblick auf die Verschiedenheit der Rechtssysteme der beiden Vertragsstaaten getroffen. Es wäre in Anbetracht der Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben konnten, kaum angebracht gewesen, den Entscheid über die Zulässigkeit der Rechtshilfe in erster Linie den kantonalen, also dezentralisierten Behörden zu übertragen. Für die Schweiz drängte es sich auch mit Rücksicht auf eine einheitliche Rechtsanwendung auf, der Zentralstelle von Beginn des Verfahrens an ausgedehnte Kompetenzen einzuräumen. Nicht zufällig wird übrigens im Rechtshilfevertrag mit den USA und im dazugehörigen Ausführungsgesetz immer von der Zentralstelle gesprochen, während im IRSG, dessen Vorentwurf ungefähr zur gleichen Zeit erstellt wurde wie der RVUS, vom Bundesamt die Rede ist. c) Das Bundesgesetz zum Rechtshilfevertrag mit den USA gewährt der durch eine Rechtshilfehandlung berührten Person einen ausgedehnten Rechtsschutz. Sie kann gegen die Anordnungen der BGE 110 Ib 88 S. 91 Zentralstelle Einsprache erheben ( Art. 16 BG-RVUS ), und gegen die Verfügungen der ausführenden kantonalen Behörden steht ihr, wie dargelegt wurde, ein kantonales Rechtsmittel zur Verfügung. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Betroffene berechtigt wäre, mit dem kantonalen Rechtsmittel einfach jene Argumente vorzubringen, die er mit der Einsprache geltend gemacht hat und die vom Bundesamt - und allenfalls vom Bundesgericht auf Verwaltungsgerichtsbeschwerde hin - beurteilt worden sind. Damit würde die Aufgabe verkannt, die den ausführenden kantonalen Behörden gemäss Art. 3 BG-RVUS zugedacht ist. Diese greifen nach Art. 12 BG-RVUS erst dann in das Rechtshilfeverfahren ein, wenn die Zentralstelle ihnen die Akten überwiesen hat, d.h. nachdem das Bundesamt die erforderlichen Anordnungen getroffen hat (vgl. E. 2a). Ob diese vertrags- und gesetzeskonform sind, muss auf Einsprache hin zwingend durch das Bundesamt überprüft werden, das sie erlassen hat. Es wäre sinnwidrig, wenn die ausführenden kantonalen Behörden ihrerseits hierüber zu befinden hätten, wie wenn diesbezüglich kein Entscheid vorläge. Bei einem solchen Vorgehen könnte es, da der Einspracheentscheid der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht unterliegt, dazu kommen, dass sich die kantonalen Behörden über den Entscheid des Bundesgerichts hinwegsetzen könnten, was mit Art. 39 OG und wohl auch mit Art. 38 OG unvereinbar wäre. Es muss demnach davon ausgegangen werden, dass der Betroffene jene Rügen, die er im Einspracheverfahren vorgebracht hat und die vom Bundesamt beurteilt wurden, im Ausführungsverfahren nicht mehr geltend machen kann. Das kantonale Rechtsmittel, das gegen den Ausführungsentscheid der ersten Instanz bei der oberen kantonalen Behörde eingelegt werden kann, dient anderen Zwecken als die Einsprache. Die Ausführung eines Ersuchens vollzieht sich in erster Linie nach dem kantonalen Recht; dieses bestimmt Zuständigkeit, Organisation und Amtsführung der ausführenden kantonalen Behörden, soweit Vertrag, Gesetz oder übriges Bundesrecht nichts anderes vorsehen ( Art. 3 Abs. 1 BG-RVUS ). Der Betroffene kann sich daher mit dem kantonalen Rechtsmittel zunächst über eine Verletzung des kantonalen Verfahrensrechts beklagen. Im weitern kann er aber auch noch eine Verletzung des Rechtshilfevertrages oder des Ausführungsgesetzes rügen, soweit es dabei um Fragen geht, die im Einspracheverfahren nicht abgeklärt oder die dem Bundesamt nicht unterbreitet wurden, weil das beim damaligen Stand des Verfahrens noch nicht BGE 110 Ib 88 S. 92 möglich war. Die wahre Tragweite der Rechtshilfeleistung wird manchmal erst im Ausführungsverfahren konkret ersichtlich. So kann es vorkommen, dass gewisse Fragen, die im Einspracheverfahren in abstrakter Form behandelt wurden, z.B. die Frage der Verhältnismässigkeit der verlangten Erhebungen oder jene der Beachtung des Spezialitätsprinzips, beim Vollzug des Ersuchens durch das Auftauchen neuer Tatsachen in einem veränderten Licht erscheinen. In solchen Fällen muss den Betroffenen gestattet sein, diese Fragen unter dem neuen Gesichtspunkt, der sich durch die Vollzugshandlung ergeben hat, mit dem kantonalen Rechtsmittel vorzubringen. Schliesslich kann bei der kantonalen Rechtsmittelbehörde auch noch eingewendet werden, der Ausführungsakt stehe mit den Anordnungen der Zentralstelle nicht im Einklang.
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Urteilskopf 105 Ia 296 56. Extrait de l'arrêt de la Cour de cassation pénale du 14 décembre 1979 dans la cause W. contre Ministère public du canton de Vaud (recours de droit public)
Regeste Anspruch auf einen Offizialverteidiger; Art. 4 BV und Art. 6 EMRK . 1. Art. 4 BV , der jedem Bürger ein bestimmtes Mindestmass an Rechtsschutz und gewährleistet, gibt dem Angeklagten kein Recht, so oft den Wechsel seines Offizialverteidigers zu verlangen, bis er den ihm passenden erhalten hat. Die zur Bezeichnung des Verteidigers zuständige Behörde hat allerdings die Verhältnisse des einzelnen Falles einer zweckdienlichen Prüfung zu unterziehen (E. 1c und d). 2. Die erwähnte verfassungsmässige Garantie ist nicht schon dann verletzt, wenn der bestellte Offizialverteidiger es ablehnt, als blosses Sprachrohr seines Klienten aufzutreten, es ergebe sich denn klarerweise aus den Umständen, dass diese Haltung des Verteidigers für den Angeklagten erhebliche Nachteile mit sich gebracht hat (E. 1e). 3. Art. 6 EMRK enthält in diesem Bereich keine Garantien, die über jene hinaus gehen, welche das Bundesgericht aus Art. 4 BV abgeleitet hat. Insbesondere verleiht er dem Angeklagten nicht das Recht, den Offizialverteidiger oder die Art und Weise der Verteidigung zu bestimmen (E. 1f).
Sachverhalt ab Seite 298 BGE 105 Ia 296 S. 298 A.- Par jugement du 27 octobre 1978, le Tribunal criminel du district d'Aubonne a condamné W., pour crime manqué d'assassinat, séquestration, viol, attentat à la pudeur avec violence, attentat à la pudeur des enfants avec circonstance aggravante, à la réclusion à vie. W. ayant recouru, la Cour de cassation pénale du Tribunal cantonal du canton de Vaud l'a débouté le 9 avril 1979 et elle a maintenu le jugement du Tribunal criminel. B.- Agissant par l'entremise de deux avocats qui lui avaient été désignés comme défenseurs d'office en deuxième instance, le recourant forme un recours de droit public au Tribunal fédéral. Se fondant sur l' art. 4 Cst. et sur l'art. 6 de la Convention européenne des droits de l'homme (CEDH), il conclut à l'annulation de l'arrêt du Tribunal cantonal, et au renvoi de la cause aux autorités judiciaires vaudoises avec diverses instructions pour la reprise de la procédure. Le recourant a de plus, personnellement, adressé au Tribunal fédéral quatre mémoires, que ses avocats qualifient de moyens complémentaires à leur recours de droit public et tendant comme celui-ci à l'annulation de l'arrêt cantonal. L'autorité cantonale et le procureur général du canton de Vaud se réfèrent à l'arrêt attaqué. C.- Le recourant demande l'assistance judiciaire; il a déposé également un pourvoi en nullité au Tribunal fédéral, sur lequel il sera, au besoin, statué séparément et ultérieurement. Erwägungen Considérant en droit: 1. a) Le recourant, dans le mémoire motivé par le soin de ses avocats, invoque en premier lieu la violation du droit au défenseur d'office et celle du droit d'être entendu, au sens des art. 104 ss. et 411 lettre b CPP vaud. (ci-après: PP), ainsi que des art. 4 Cst. et 6 CEDH. Selon le recourant, étant donné la manière dont il a été défendu en première instance, il a été condamné par le Tribunal criminel sans avoir été entendu valablement. Il formule un certain nombre de reproches sur la façon dont son avocat d'office d'alors s'est acquitté de sa mission: celui-ci n'a rendu que deux visites à son client; contrairement aux voeux de celui-ci, il a renoncé à déposer des conclusions tendantes à une contre-expertise et à l'assignation des experts psychiatres à BGE 105 Ia 296 S. 299 l'audience; il n'a communiqué le dossier à son client que trois semaines au plus avant l'audience de jugement; il a admis la culpabilité de son client, malgré les dénégations de celui-ci; il a plaidé brièvement, soit moins d'une demi-heure; il n'existait aucun rapport de confiance entre le recourant et son défenseur. Le recourant estime que, conscient de cette situation, le président du Tribunal criminel devait relever le défenseur d'office de sa mission et en désigner un autre, ainsi que le recourant l'a d'ailleurs demandé à plusieurs reprises. Ne l'ayant pas fait, il aurait viole l'art. 104 PP qui prescrit impérativement la désignation d'un défenseur d'office dans toutes les causes où intervient le Ministère public. En effet, selon le recourant, cette disposition garantirait l'égalité de la défense et de l'accusation, Or cette garantie serait illusoire lorsqu'en raison de l'absence de toute relation de confiance mutuelle, l'avocat d'office est dans l'incapacité de se faire l'interprète des sentiments et des moyens dont son client entend se prévaloir. Le recourant soutient enfin que le droit pour un prévenu ou pour un accusé de demander le remplacement d'un défenseur en qui il n'a pas confiance serait garanti en outre tant par l' art. 4 Cst. que par l' art. 6 CEDH . D'une part, le droit d'être entendu protégé par l' art. 4 Cst. ne saurait être respecté là où un défenseur d'office refuse d'être l'interprète de son client; d'autre part, la garantie d'une relation de confiance minimum entre le justiciable et son défenseur d'office résulterait sans autre de l'art. 6 ch. 3 lettre c CEDH. b) Le principe, l'étendue et les limites du droit d'un accusé à un défenseur d'office sont déterminés au premier chef par les prescriptions du droit cantonal de procédure. Ce n'est que si le droit cantonal ne contient aucune disposition, ou seulement des dispositions n assurant pas au citoyen dépourvu de moyens financiers une protection suffisante de ses droits, que l' art. 4 Cst. peut alors être invoqué. Cet article garantit en effet à tout citoyen un minimum de protection juridique et, en particulier, de moyens de défense. Si le Tribunal fédéral examine sous l'angle de l'arbitraire seulement l'application du droit cantonal, il dispose d'un libre pouvoir d'examen lorsqu'il examine si le droit à l'assistance judiciaire gratuite, déduit directement de l' art. 4 Cst. , a été respecté (cf. ATF 103 Ia 3 ; HAEFLIGER, Festgabe Schultz, RDS 94, p. 288). c) Il convient dès lors d'examiner en premier lieu si l'autorité BGE 105 Ia 296 S. 300 cantonale a fait preuve d'arbitraire en appliquant les art. 104 ss. PP qui traitent du problème du défenseur d'office en procédure pénale vaudoise. Ces dispositions énoncent d'une part le principe de l'assistance d'un défenseur d'office, et les conditions auxquelles celle-ci est accordée et elles prévoient d'autre part la procédure de nomination du défenseur d'office ainsi que les hypothèses dans lesquelles la mission de celui-ci prend fin. Selon l'art. 104 al. 1 PP, le prévenu doit être pourvu d'un défenseur dans toutes les causes où le Ministère public intervient; à l'art. 108 al. 1 PP, il est précisé que lorsque les circonstances qui ont justifié la désignation d'un défenseur d'office viennent à disparaître, le président peut relever le défenseur d'office de sa mission; à l'art. 109 PP enfin il est rappelé que le prévenu conserve en tout temps le droit de se faire assister du défenseur de son choix et que, si le prévenu fait usage de ce droit, le défenseur d'office est relevé de sa mission. Selon une jurisprudence constante, une décision est arbitraire lorsqu'elle viole gravement une norme ou un principe juridique clair et indiscuté, ou lorsqu'elle contredit d'une manière choquante le sentiment de la justice et de l'équité ( ATF 100 Ia 6 ; ATF 97 I 24 , 352 et arrêts cités). Pour être taxée d'arbitraire, la violation incriminée doit être manifeste et reconnue d'emblée ( ATF 96 I 627 consid. 4). Or, au vu du contenu des art. 104 ss. PP, il est évident que ces dispositions n'ont été violées en rien, et qu'à fortiori elles ne l'ont pas été gravement, aussi bien dans la lettre que dans l'esprit. Sur le premier point, on constate que le recourant a bien été pourvu d'un défenseur d'office, et qu'il ne prétend nullement que les circonstances qui ont justifié cette décision auraient disparu à un moment quelconque, ni qu'il aurait lui-même fait usage de son droit de se faire assister à ses frais du défenseur de son choix. Quant à l'esprit de la réglementation précitée, il n'y a rien d'insoutenable, et partant, rien d'arbitraire à avoir considéré comme l'a fait en substance l'autorité cantonale, qu'elles ne garantissent nullement à l'accusé le droit d'exiger un changement de défenseur d'office jusqu'à ce qu'il obtienne enfin celui qui accepterait de soutenir sa thèse, quelle qu'elle soit. En effet, il ressort des art. 104 ss. PP que l'accusé peut être pourvu d'un défenseur d'office, même contre son gré, et que par conséquent les conditions posées par la loi à la nomination ou au maintien du défenseur d'office n'impliquent aucunement l'existence des BGE 105 Ia 296 S. 301 mêmes relations de confiance que celles qui existent généralement entre un prévenu et le défenseur qu'il a choisi. C'est donc à tort que le recourant prétend déduire de la loi cantonale un principe garantissant clairement à l'accusé le droit d'être muni d'un nouveau défenseur d'office lorsque, toute confiance mutuelle faisant défaut, il reproche à son défenseur actuel de ne pas pouvoir se faire l'interprète des sentiments et des moyens dont il entend se prévaloir. Un tel droit ne ressortant pas de manière indiscutable de la loi cantonale, on ne saurait évidemment taxer d'insoutenable le rejet par l'autorité cantonale des moyens que le recourant fondait sur les art. 104 ss. PP. d) Il convient d'examiner ensuite si, les normes du droit cantonal étant insuffisantes, un droit plus étendu découlant directement de l' art. 4 Cst. a été violé. La jurisprudence a déduit du droit constitutionnel d'être entendu plusieurs règles et prétentions: le justiciable doit ainsi avoir la faculté de s'expliquer avant qu'une décision ne soit rendue à son détriment, celle de fournir des preuves quant aux faits de nature à influer sur le sort de la décision, celle d'avoir accès au dossier, celle de participer à l'administration des preuves, d'en prendre connaissance et de se déterminer à leur propos, celle de se faire représenter et assister et finalement celle d'obtenir une décision de la part de l'autorité compétente ( ATF 101 Ia 296 et arrêts cités). Or l'existence d'un défenseur d'office, même s'il n'a pas été agrée par l'accusé, ou s'il se trouve en désaccord avec lui, ne met en cause aucun des droits énumérés ci-dessus. Contrairement à l'avocat mandaté par le prévenu, le défenseur d'office est en effet davantage un assistant qu'un représentant, et le droit de l'accusé de formuler lui-même les requêtes ou propositions à la place de son défenseur, ou en complément de celles formulées par ce dernier, est reconnu en tout cas pour les moyens, voies et droits essentiels ( ATF 102 Ia 27 ; 95 I 362 ). C'est sur le terrain de la protection juridique minimale conférée au citoyen par l' art. 4 Cst. que doit être placé le moyen soulevé dans le recours. Cette protection découle du droit à l'assistance judiciaire gratuite, déduit du même art. 4 Cst. Or, de par sa nature, la défense d'office, en particulier lorsque comme en l'espèce elle est obligatoire et nécessaire en vertu du droit cantonal, ne se caractérise pas comme un mandat donné par l'accusé, mais comme une mission conférée par l'Etat. Bien BGE 105 Ia 296 S. 302 que cette mission crée entre l'accusé et le défenseur des relations pouvant se rapprocher des relations contractuelles, elle n'en constitue pas moins une relation de droit public. Si l'autorité chargée de désigner le défenseur ne peut arbitrairement refuser de tenir compte dans la mesure du possible des voeux de l'accusé quant à la personne du défenseur, la diversité des situations qui peuvent se présenter exclut d'accorder à l'accusé un droit inconditionnel au choix de son défenseur d'office (BURKHART, Die amtliche Verteidigung nach Schweiz. Strafprozessrecht, thèse Zurich 1972, p. 38/39). Un tel droit ne peut en tout cas pas être déduit de la protection juridique minimale déduite de l' art. 4 Cst. Il en est de même de la relation de confiance qui doit exister entre un défenseur d'office et l'accusé. Elle doit être recherchée chaque fois qu'il est possible; mais la notion de confiance est une notion à la fois vaste et subjective, qui peut reposer aussi bien sur des facteurs dignes d'être pris en considération que sur des éléments non déterminants, difficilement saisissables, voire incompatibles avec l'institution même de la défense d'office nécessaire. Il serait dès lors déraisonnable de vouloir poser une règle de principe à cet égard et de tirer de l' art. 4 Cst. la garantie d'une relation de confiance minimum, qui donnerait à l'accusé le droit d'obtenir le remplacement de tout défenseur d'office qui aurait perdu sa confiance pour des raisons purement subjectives. Aussi, dans un domaine comme celui-ci, doit-on s'en tenir au principe selon lequel, sans qu'il soit nécessaire de poser une réglementation légale systématique et obligatoire, la protection juridique minimale garantie par la Constitution peut être atteinte par un examen approprié des conditions du cas particulier (cf. ATF 100 Ia 188 ). e) Si l'on se réfère alors au cas particulier de la présente espèce, on doit rappeler les conditions dans lesquelles sont intervenus la désignation du défenseur d'office du recourant puis le refus de le relever de sa mission. Le 12 octobre 1977, le président du Tribunal compétent a désigné un premier défenseur d'office. Le 27 mars 1978, le recourant a écrit au juge informateur qu'il révoquait ce défenseur et qu'il avait chargé un avocat de son choix d'assurer sa défense. Le 12 avril 1978, le premier défenseur, constatant que, dans ces conditions, il ne lui était plus possible d'assumer sa mission, a demandé à en être relevé. L'incertitude régnant quant à l'acceptation du mandat par l'avocat constitué, le président du Tribunal, après avoir BGE 105 Ia 296 S. 303 relevé le premier de sa mission, a désigné le 18 avril 1978 un deuxième défenseur d'office. Le 20 avril 1978, le recourant a immédiatement réagi en écrivant au président qu'il ne comprenait pas la désignation d'un autre avocat d'office, étant donné qu'il avait décidé de constituer à ses frais un avocat de son choix, que celui-ci étudiait le dossier et que s'il ne pouvait accepter le mandat, un autre avocat s'en chargerait. Le 25 avril 1978, le président a répondu en substance que tant qu'il ne serait pas informé par l'avocat constitué de l'acceptation du mandat, le deuxième défenseur d'office restait en fonction. Le 10 mai 1978, le défenseur d'office a écrit au recourant qu'à sa connaissance aucun avocat n'avait jusqu'ici accepté cette défense, que l'avocat pressenti avait refusé ce mandat, et que dans ces conditions il continuait sa mission. Le 29 mai 1978, le recourant a écrit au président pour lui demander de relever l'avocat d'office de sa mission: il invoquait des contacts très difficiles ainsi qu'un désaccord sur la façon de procéder, et il demandait la désignation d'un avocat stagiaire dont il indiquait le nom. Le 5 juin 1978, l'avocat d'office écrivait au recourant pour l'informer qu'avant de demander, éventuellement, d'être déchargé de sa défense, il attendait qu'un avocat mandaté prenne contact avec lui et que, s'il n'avait pas de nouvelles avant une dizaine de jours, il partirait de l'idée qu'il restait défenseur d'office. Le 20 juin 1978, le président a informé le recourant qu'il n'envisageait pas de désigner un troisième défenseur d'office. Le 19 juin puis le 21 juin 1978, le recourant est revenu à la charge en demandant derechef la nomination de l'avocat stagiaire précité, en faisant état d'incompatibilité avec l'avocat d'office, de sa contestation des chefs d'accusation et du déroulement de l'instruction. Le 28 juin 1978, le président a répondu qu'il confirmait sa précédente correspondance, qu'il n'entendait pas relever l'avocat d'office de son mandat, et qu'il n'entendait pas non plus désigner l'avocat d'office désiré par le recourant, en précisant: "Il n'est en effet pas admissible de désigner un simple stagiaire comme avocat d'office dans une affaire criminelle où le procureur général intervient en personne." On peut encore ajouter que le 2 octobre 1978, le recourant s'est plaint de n'avoir pas encore eu la possibilité de consulter le dossier et de n'avoir reçu qu'une visite de l'avocat d'office au début de son mandat; que ce même 2 octobre 1978, l'avocat d'office lui envoyait le dossier et annonçait sa visite en BGE 105 Ia 296 S. 304 ajoutant: "J'ai pris acte de ce que, après m'avoir écrit à plusieurs reprises que vous ne vouliez pas me voir, vous avez changé d'avis." Il est vrai que le recourant n'avait pas voulu voir son avocat d'office et que le 5 octobre 1978, il s'en est excusé en précisant qu'il avait agi de la sorte parce qu'il voulait choisir lui-même son défenseur et ne pas s'en voir imposer un de force par la justice. Au vu de ce qui précède, on constate que le manque de confiance que le recourant allègue à l'égard de son défenseur d'office ne repose sur aucun élément objectif et en particulier sur aucun grief précis touchant à la personne ou à un comportement qui exclurait à l'évidence toute relation de confiance entre le défenseur et l'accusé. Au contraire, on constate que si la confiance fait défaut, c'est uniquement parce que le recourant souhaitait être défendu par un avocat de son choix, ou par un défenseur d'office de son choix. Comme il ne s'est pas trouvé de défenseur qui accepte le mandat du recourant et que la seule personne que celui-ci a proposée pour assurer sa défense d'office était un stagiaire, on ne peut reprocher au président d'avoir repoussé de manière arbitraire une requête raisonnable du recourant en refusant de remplacer un défenseur d'office chevronné par un avocat stagiaire. Il n'y a dès lors, au vu de semblables circonstances, aucune violation de la protection juridique minimale garantie par l' art. 4 Cst. La garantie constitutionnelle précitée n'est pas davantage violée par le seul fait que le défenseur d'office ne se fait pas l'interprète des sentiments et moyens de son client. A défaut d'une évidence et de circonstances faisant apparaître de manière patente qu'une telle attitude du défenseur a été gravement préjudiciable à l'accusé, on ne peut envisager d'entrer en matière sur un tel moyen. Là également il n'est pas possible de poser des règles systématiques et obligatoires. Tout ce que l'on peut dire c'est que par définition le défenseur d'office sait mieux que l'accusé quels sont les moyens propres à assurer la défense et à contrebalancer l'action du Ministère public et qu'on ne saurait lui imposer une conduite du procès qui selon lui conduirait à l'échec. Au surplus l'accusé a tout loisir, on l'a vu, de développer sa propre argumentation. En l'espèce, le recourant aurait voulu que le défenseur d'office soutienne sa thèse de l'innocence. Or, comme le relève l'autorité cantonale, il ne pouvait imposer cela à son défenseur BGE 105 Ia 296 S. 305 qui, comme avocat et en vertu de son serment, était tenu par la promesse faite de ne pas user de moyens contraires à la bonne foi et de ne pas soutenir une cause réputée mal fondée. Or ce devoir existe même si, contrairement à l'avocat constitué, le défenseur d'office ne peut refuser d'assister et de défendre l'accusé, notamment lorsqu'il est en désaccord avec lui sur la façon de présenter la défense. L'avocat d'office ne saurait être contraint de plaider - non pas ce qui lui paraît comme peu vraisemblable voire comme contraire à sa conviction - mais ce qu'il considère comme insoutenable. Il était in casu du devoir strict d'un défenseur d'office, quel qu'il soit, de représenter à son client qu'il se défendait mal et d'une manière vouée à l'échec, et que lui-même ne soutiendrait en tout cas pas des moyens aussi évidemment mal fondés. En effet, les moyens qu'entendait faire valoir le recourant, auxquels se référait l'autorité cantonale, et qui ressortent également des mémoires déposés à titre personnel par le recourant dans la présente procédure, peuvent être considérés comme insoutenables par un défenseur sans que l'on puisse lui en faire sérieusement grief ni juger que son attitude était à l'évidence préjudiciable à l'accusé. On ne saurait en tout cas - et c'est ici l'essentiel - reprocher à la Cour cantonale et au juge compétent pour désigner ou révoquer le défenseur d'office de n'avoir pas, au vu des circonstances, reconnu que la protection juridique minimale de l'accusé n'était pas assurée. f) L' art. 6 CEDH , dont le recourant essaie de se prévaloir, n'a pas non plus été viole. Le ch. 3 lettre c de cette disposition, qui est d'ailleurs le seul à être invoqué avec précision, consacre en effet le libre choix d'un défenseur dans le seul cas où l'accusé possède les moyens de le rémunérer et dans l hypothèse inverse, le droit pour l'accusé d'être assisté par un avocat d'office lorsque les intérêts de la justice l'exigent. Cette disposition ne consacre aucune garantie allant au-delà de celles qui ont été déduites par le Tribunal fédéral de l' art. 4 Cst. , de telle sorte que tout ce qui vient d'être dit à propos de l'application de cette disposition constitutionnelle reste pleinement valable pour l'application de la CEDH. On relève enfin que la Commission européenne des droits de l'homme a clairement posé, dans sa jurisprudence, que l'art. 6 ch. 3 lettre c CEDH, lorsque l'accusé ne possède pas les moyens de rémunérer un défenseur, se limitait à l'assistance gratuite d'un avocat d'office lorsque les intérêts BGE 105 Ia 296 S. 306 de la justice l'exigent et qu'il ne conférait aucun droit au libre choix dudit défenseur d'office (décisions de la Commission No 509/59 et 646/59, Annuaire 3, p. 177 et 277/278). La convention ne garantit donc pas le droit de choisir le défenseur commis par le Tribunal, pas plus qu'elle ne garantit le droit d'être consulté à propos du choix d'un défenseur d'office (Cour européenne, cas No 6946/75, Décisions et rapports, vol. 6, p. 119). Enfin la convention ne garantit nullement à l'accusé le droit de décider lui-même de quelle manière sa défense sera assurée (Décision 2676/65 in Recueil de décisions, vol. 23, p. 35; 5923/72, in Décisions et rapports, vol. 3, p. 45; 7138/75, ibidem, vol. 9, p. 54). Au vu de ces principes, on ne peut en aucun cas tirer de la Convention européenne, comme le voudrait le recours, un droit absolu, indépendant des circonstances, au remplacement du défenseur d'office qui aurait perdu la confiance de l'accusé. Pour tous les motifs qui précédent le premier moyen de recours, fondé sur la violation des art. 104 ss. PP, 4 Cst. et 6 CEDH, doit ainsi être rejeté. g) On peut d'ailleurs sérieusement douter de la recevabilité du moyen soulevé. Il consiste en effet à reprocher au juge compétent de n'avoir pas remplacé le défenseur d'office. Comme le relève l'autorité cantonale, le droit de procédure cantonal (art. 327 PP) prévoit que, lorsque dans la phase des opérations préliminaires aux débats le président a écarté une réquisition, la partie qui l'avait présentée peut la renouveler aux débats, par voie incidente, immédiatement après l'ouverture de ceux-ci. Or, en l'espèce, le recourant n'a nullement renouvelé devant le Tribunal criminel les réquisitions tendant au remplacement ou à la révocation de son défenseur d'office qu'il avait formées devant le président. Il paraît dès lors douteux que l'on puisse admettre, dans de telles circonstances, que l'exigence d'épuisement des instances cantonales a été satisfaite. L'autorité cantonale étant toutefois entrée en matière sur le moyen, qui est de toute manière mal fondé, la question peut demeurer indécise.
public_law
nan
fr
1,979
CH_BGE
CH_BGE_002
CH
Federation
1b9da1ba-9496-43fd-9264-124b2cbba82b
Urteilskopf 81 III 7 3. Entscheid vom 10. März 1955 i.S. Bollinger.
Regeste Der Streit über das Retentionsrecht des Vermieters an zugunsten eines andern Gläubigers gepfändeten Gegenständen ist auch dann im Widerspruchsverfahren gemäss Art. 106 /107 SchKG auszutragen, wenn nach der Pfändung eine Retentionsurkunde aufgenommen und Pfandbetreibung eingeleitet worden ist (Bestätigung der Rechtsprechung). Aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen eine Klagefristansetzung? ( Art. 36 SchKG ).
Sachverhalt ab Seite 7 BGE 81 III 7 S. 7 In der Betreibung Nr. 5187 des Christian Iten in Freiburg gegen Josef Graf pfändete das Betreibungsamt Luzern am 23. Juni 1954 eine komplette Doppelschlafzimmereinrichtung und zwei Eisenbetten. Am 7. Juni 1954 retinierte das Betreibungsamt die gleichen Gegenstände auf Begehren von A. Bollinger für fälligen Mietzins von Fr. 70.- und laufenden Mietzins von Fr. 175.--. Für diese beiden Beträge leitete Bollinger rechtzeitig Betreibung auf Pfandverwertung ein (Betreibungen Nr. 7443 und 11403). Auf Grund der von Iten und Bollinger gestellten Verwertungsbegehren wurden die gepfändeten und retinierten Gegenstände am 7. Dezember 1954 öffentlich versteigert. Am 3. Januar 1955 teilte das Betreibungsamt dem Retentionsgläubiger Bollinger unter Bezugnahme auf die Betreibung Nr. 5187 mit, dass der Pfändungsgläubiger Iten sein Retentionsrecht an den verwerteten Gegenständen BGE 81 III 7 S. 8 bestreite, und setzte ihm eine zehntägige Frist zur Klage auf Anerkennung jenes Rechtes an. Gegen diese Verfügung führte Bollinger Beschwerde mit den Anträgen, sie sei in dem Sinne abzuändern, dass die Klagefrist nicht ihm, sondern Iten angesetzt werde; im Falle der Abweisung der Beschwerde sei ihm eine neue Klagefrist anzusetzen. Von der untern und am 12. Februar 1955 auch von der obern kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen, erneuert er vor Bundesgericht seine Anträge. Erwägungen Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung: 1. In Abweichung von BGE 50 III 113 , wo der Prozess über das vom Pfändungsgläubiger bestrittene Retentionsrecht des Vermieters in das Kollokationsverfahren gemäss Art. 146 ff. SchKG verwiesen worden war, hat das Bundesgericht in BGE 54 III 5 ff. entschieden, dieser Streit sei im Widerspruchsverfahren auszutragen, wobei die Klägerrolle mit Rücksicht auf den Gewahrsam des Schuldners gemäss Art. 106/107 SchKG dem Vermieter zufalle. In BGE 68 III 57 ff. und BGE 77 III 163 ff. wurde sodann erklärt, dass dieser Grundsatz auch dann anwendbar sei, wenn der Vermieter sich nicht damit begnügt, sein Retentionsrecht in der Pfändungsbetreibung geltend zu machen, wie es in den früher beurteilten Fällen geschehen war, sondern wenn er die bereits gepfändeten Gegenstände in ein Retentionsverzeichnis aufnehmen lässt und für seine Mietzinsforderung Pfandbetreibung einleitet. Dieser Praxis entspricht das Vorgehen des Betreibungsamtes Luzern im heutigen Falle, der in allen wesentlichen Punkten genau gleich liegt wie die Fälle, mit denen sich das Bundesgericht in den beiden zuletzt genannten Entscheiden zu befassen hatte. Von dieser gefestigten Rechtsprechung abzugehen, geben die Ausführungen des Rekurrenten, der sich (wie übrigens auch STUDER in den Blättern f. Schuldbetreibung und Konkurs 1952 S. 163/65) mit den BGE 81 III 7 S. 9 beiden neuesten Entscheiden überhaupt nicht auseinandersetzt, keinen Anlass. Der Umstand, dass der Streit zwischen dem Pfändungs- und dem Retentionsgläubiger über das Retentionsrecht erst nach der Verwertung auszutragen ist ( BGE 50 III 113 , BGE 54 III 7 , BGE 65 III 8 ), hindert keineswegs, diesen Streit ins Widerspruchsverfahren zu verweisen; denn dieses kann sich nach ausdrücklicher Gesetzesvorschrift auch noch auf den unverteilten Verwertungserlös beziehen ( Art. 107 Abs. 4 SchKG ). Auch der Hinweis des Rekurrenten darauf, dass das Retentionsrecht des Vermieters ein "gesetzliches" Recht ist, steht der Anwendung von Art. 106 ff. SchKG selbstverständlich nicht im Wege. Die Tatsache, dass der Retentionsgläubiger insofern das stärkere Recht besitzt denn der Pfändungsgläubiger, als seine Forderung im Falle der Anerkennung oder gerichtlichen Feststellung des Retentionsrechts vor derjenigen des Pfändungsgläubigers gedeckt wird, zwingt ebenfalls nicht dazu, den Streit über den Bestand des Retentionsrechts nicht dem Widerspruchs-, sondern dem Kollokationsverfahren zu unterwerfen. Die Befürchtung des Rekurrenten, dass der Retentionsgläubiger bei Anwendung von Art. 107 SchKG unter Umständen in einem weit entlegenen Kanton (gemeint: am Wohnsitz eines vom Ort der Retention entfernt wohnenden Pfändungsgläubigers) prozessieren müsse, kann schon deshalb kein stichhaltiges Argument gegen den Austrag des Streits über das Retentionsrecht im Widerspruchsverfahren abgeben, weil mit Unzukömmlichkeiten, wie der Rekurrent sie befürchtet, praktisch kaum zu rechnen ist. Der Gerichtsstand der Widerspruchsklage bestimmt sich mangels einer bundesgesetzlichen Vorschrift hierüber unter Vorbehalt von Art. 59 BV und der für interkantonale Konflikte geltenden Regeln nach kantonalem Prozessrecht. Art. 59 BV kommt in Fällen wie dem vorliegenden nicht zur Anwendung, weil die Widerspruchsklage um Sachen nicht als persönliche Ansprache gilt. Dass das kantonale Prozessrecht im Kanton, wo die streitigen Sachen liegen und retiniert BGE 81 III 7 S. 10 wurden, und im andern Kanton, wo der Pfändungsgläubiger wohnt, für die Widerspruchsklage nach Art. 107 SchKG übereinstimmend den Wohnsitz des beklagten Pfändungsgläubigers als ausschliesslichen Gerichtsstand vorsieht, dürfte nur selten vorkommen, weil viele kantonale Prozessgesetze für solche Klagen den Gerichtsstand des Betreibungsortes oder denjenigen des Sachortes kennen (vgl. GULDENER, Das schweiz. Zivilprozessrecht, I S. 72 Anm. 31 und 32, S. 69 Anm. 15 b und S. 70 Anm. 16, 17). Stehen aber die Zuständigkeitsvorschriften der in Frage kommenden Kantone miteinander im Widerspruch, so geniesst von Bundesrechts wegen der Gerichtsstand des Sachortes den Vorrang (vgl. BGE 58 I 233 , wo dies für den Fall des Konfliktes zwischen den Gerichtsständen des Sach- und des Betreibungsortes gesagt wurde, und BGE 34 I 729 , wo festgestellt wurde, dass im Konfliktsfall der Gerichtsstand des Wohnortes des Beklagten höchstens neben demjenigen des Sachortes, jedenfalls aber nicht als ausschliesslicher in Betracht komme). - Gegen die Zuweisung der Klägerrolle an den Retentionsgläubiger lässt sich schliesslich auch nicht die Tatsache ins Feld führen, dass der Verwertungserlös, um den der Streit praktisch geht, nicht im Gewahrsam des Schuldners, sondern des Betreibungsamtes ist. Für die Verteilung der Parteirollen im Widerspruchsverfahren ist der Gewahrsam zur Zeit der Pfändung massgebend ( BGE 80 III 115 ), und in diesem Zeitpunkt befand sich das verwertete Mobiliar eben im Gewahrsam des Schuldners ( Art. 106 SchKG ). 2. Auch der Eventualantrag des Rekurrenten auf Ansetzung einer neuen Klagefrist kann nicht geschützt werden. Die Einreichung einer Beschwerde gegen eine Fristansetzung hemmt den Ablauf der Frist nicht von selbst, sondern nur dann, wenn die Aufsichtsbehörde oder deren Präsident der Beschwerde aufschiebende Wirkung erteilt ( Art. 36 SchKG ). Eine solche Anordnung, die zu treffen oder nicht zu treffen im freien Ermessen der angegangenen Behörde steht ( BGE 59 III 208 ), ist im vorliegenden BGE 81 III 7 S. 11 Falle nicht erlassen worden. Die Ansetzung einer neuen Frist ist daher nicht möglich. Dispositiv Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer: Der Rekurs wird abgewiesen.
null
nan
de
1,955
CH_BGE
CH_BGE_005
CH
Federation
1ba1dfc0-d3ad-4152-996c-e26d7f8c03b1
Urteilskopf 81 I 385 61. Urteil vom 16. Dezember 1955 i.S. Gass und von Graffenried gegen eidg. Justiz- und Polizeidepartement.
Regeste Kautionen im Auslieferungsrecht. 1. Unter Art. 98 OG fallen auch Entscheide der Bundesverwaltung über Kautionen zur Sicherstellung der Auslieferung von Beschuldigten an das Ausland. 2. Zulässigkeit des Vollzugs der Auslieferungshaft in einer Klinik gegen Leistung einer Kaution. Verfall der Kaution infolge Flucht des Häftlings.
Sachverhalt ab Seite 385 BGE 81 I 385 S. 385 A.- Stoyan Redjoff wurde im September 1952 in Zürich auf Begehren Belgiens in Auslieferungshaft gesetzt. Seine BGE 81 I 385 S. 386 Anwälte Dr. von Graffenried, Bern, und Dr. Gass, Zürich, ersuchten die Polizeiabteilung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, seine vorläufige Freilassung anzuordnen. Da Redjoff leidend war, erschien als zweifelhaft, ob er den Aufenthalt im Gefängnis ertragen könne. Die Ärzte waren darüber nicht einig. Der Verhaftete war bereit, eine Kaution zu leisten. Die Polizeiabteilung lehnte jenes Gesuch ab, erklärte sich aber damit einverstanden, dass Redjoff in die Klinik Hirslanden in Zürich verlegt werde, wobei sie vorschrieb, dass gewisse Massnahmen zur Verhinderung einer Flucht ergriffen würden. Der Verhaftete wurde in die Klinik aufgenommen. Der die Verlegung überwachende Offizier der Zürcher Kantonspolizei stellte jedoch fest, dass die von der Bundesbehörde vorgesehenen Sicherheitsmassnahmen sich nicht durchführen liessen; die Leitung der Klinik lehnte jede Verantwortung für eine allfällige Flucht des Patienten ab. Darauf ordnete der Polizeioffizier die Sicherheitsvorkehren an, die er für durchführbar hielt. Insbesondere empfahl er den Anwälten Redjoffs, dafür zu sorgen, dass ihr Klient keinen unerlaubten Besuch erhalte. Dr. Gass und sein Mitarbeiter teilten dem Beamten mit, sie nähmen davon Kenntnis, dass Redjoff in der Klinik verhaftet bleibe, und sie würden alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Weisungen der Polizei Nachachtung zu verschaffen. Der Polizeioffizier verlangte auch, dass eine Summe von Fr. 10'000.-- als Sicherheit für den Fall der Flucht hinterlegt werde. Der Betrag wurde von Dr. Nedkoff, einem Bekannten Redjoffs, zur Verfügung gestellt und dem Polizeioffizier ausgehändigt. Die eidg. Polizeiabteilung genehmigte alle diese Massnahmen. Am 4. März 1953, dem Tage, an dem das Bundesgericht die Auslieferung Redjoffs bewilligte, entfloh dieser. Die eidg. Polizeiabteilung erklärte darauf die Kaution als der Eidgenossenschaft verfallen. Dr. Gass und Dr. von Graffenried liessen die Kautionssumme bis zum Betrage von Fr. 7500.-- für ihre Honorarforderungen gegenüber Redjoff mit Arrest belegen und BGE 81 I 385 S. 387 sodann pfänden. Sie behaupteten, ihr Schuldner Redjoff besitze gegenüber der Eidgenossenschaft einen Anspruch auf Rückerstattung dieser Summe, und machten diesen Anspruch auf Grund einer Abtretung nach Art. 131 Abs. 2 SchKG geltend. Die eidg. Polizeiabteilung lehnte die Auszahlung ab. Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement, an das die Anwälte darauf gelangten, bestätigte mit Schreiben vom 13. April 1955 die Stellungnahme der Polizeiabteilung. Es führte aus, infolge der Flucht Redjoffs sei die geleistete Kaution verfallen und könne nur zurückgegeben werden, wenn er sich innerhalb der Verjährungsfrist stelle; für die Deckung der Honorarforderungen seiner Anwälte könne sie nicht herangezogen werden. B.- Mit verwaltungsgerichtlicher Beschwerde beantragen Dr. Gass und Dr. von Graffenried, den Entscheid des Departements aufzuheben und die zuständige Instanz anzuweisen, ihnen einen Betrag auszuzahlen, der zur Deckung ihrer Honorarforderungen von Fr. 5514.50 nebst Zins und Kosten ausreiche. Sie machen unter Berufung auf ein Gutachten von Prof. Schultz geltend, die Entgegennahme der streitigen Kaution durch die Behörde ermangle der gesetzlichen Grundlage und die Verweigerung der Rückerstattung verletze Bundesrecht. Nach schweizerischem Auslieferungsrecht könne eine Kaution in Geld höchstens im Falle der provisorischen Freilassung gefordert werden, nicht aber, wenn die Haft, sei es auch anders als in der üblichen Form, aufrecht erhalten werde. C.- Die Beschwerdeführer haben auch Beschwerde beim Bundesrat erhoben. Im Meinungsaustausch sind Bundesrat und Bundesgericht zur Auffassung gelangt, dass dieses zuständig sei. D.- Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 98 OG , auf den die Beschwerdeführer sich stützen, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig BGE 81 I 385 S. 388 gegen Entscheide der Bundesverwaltung über Ansprüche auf Leistung oder Rückerstattung öffentlichrechtlicher Kautionen. Ist diese Bestimmung anwendbar und handelt es sich um einen Entscheid einer eidg. Amtsstelle in einer ihr zur selbständigen Erledigung übertragenen Sache ( Art. 102 lit. a OG ), so ist das Bundesgericht als Beschwerdeinstanz zuständig. Gegebenenfalls wäre die Streitigkeit vom Bundesgericht als einziger Instanz nach Art. 110 OG zu beurteilen, wenn der Weg der Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausgeschlossen wäre ( Art. 113 lit. a OG ). 2. Die Beschwerdeführer haben eine Pfändung erwirkt, deren Gegenstand nach der darüber aufgenommenen Urkunde ein beim eidg. Justiz- und Polizeidepartement hinterlegter Barbetrag wäre. Indessen ist ihnen nach Art. 131 Abs. 2 SchKG eine Forderung gegenüber der Eidgenossenschaft auf Rückzahlung dieses Betrages zur Eintreibung überwiesen worden, und nach der bezüglichen Bescheinigung des Betreibungsamtes ist Objekt der Pfändung diese Forderung. Unter diesen Umständen sind die Beschwerdeführer berechtigt, einen Entscheid der Bundesverwaltung, durch den der in Frage stehende Rückerstattungsanspruch bestritten wird, mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anzufechten ( Art. 103 OG ). Sie wären auch legitimiert, die ihnen überwiesene Forderung durch verwaltungsrechtliche Klage gegen den Bund nach Art. 110 OG geltend zu machen. 3. Die streitige Kaution ist nach den Akten geleistet worden als Sicherheit zuhanden der Eidgenossenschaft dafür, dass Redjoff sich der Auslieferung nicht durch Flucht entziehe. Es steht auch fest, dass die Bestellung der Kaution durch die eidg. Polizeiabteilung genehmigt worden ist. Die Beschwerdeführer behaupten, die Sicherheitsleistung sei mangels gesetzlicher Grundlage ungültig, so dass der hinterlegte Betrag zurückzuerstatten sei. Prof. Schultz wendet in seinem Gutachten ferner ein, der Entscheid darüber, ob die Sicherheit infolge der Flucht Redjoffs verfallen sei, wäre nicht Sache der Bundesverwaltung, BGE 81 I 385 S. 389 sondern des Bundesgerichts gewesen, bei dem der Auslieferungsfall am Tage der Flucht hängig gewesen sei. Diese Frage stellt sich indessen nicht; denn es ist nicht bestritten und kann nicht bestritten werden, dass die Kaution, wenn sie gültig bestellt worden ist, infolge des Entweichens Redjoffs der Eidgenossenschaft verfallen ist und verfallen bleibt, sofern Redjoff sich nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist stellt und so die Auslieferung doch noch ermöglicht. Der Streit dreht sich darum, ob die von der Polizeiabteilung genehmigte Kautionsstellung gültig sei. Diese Behörde und ihr folgend das vorgesetzte Departement haben anerkannt, dass diese Frage auch noch anlässlich der Beurteilung des von den Beschwerdeführern gestellten Rückerstattungsbegehren geprüft werden könne. Den Bescheid des Departements über dieses Begehren haben die Beschwerdeführer binnen der gesetzlichen Frist mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde gestützt auf Art. 98 OG angefochten. Das Bundesgericht hat daher zu prüfen, ob die Sicherheitsbestellung auf einem - nicht an den Bundesrat weiterziehbaren - Entscheid der Bundesverwaltung beruhe, ob dieser Entscheid die Leistung einer öffentlichrechtlichen Kaution im Sinne des Art. 98 OG betreffe und ob er mit dem Bundesrecht übereinstimme. 4. Das Bundesgesetz betreffend die Auslieferung gegenüber dem Auslande (AG) enthält in Art. 16 ff. Bestimmungen über die Verhaftung und die Freilassung der Person, deren Auslieferung begehrt wird. Nach Art. 25 kann die provisorische Freilassung gestattet werden, wenn sie nach den Umständen geboten erscheint. Das Gesetz sieht nicht ausdrücklich vor, dass diese Massregel an Bedingungen geknüpft werden kann. Immerhin ist in Lehre und Praxis, auch des Bundesgerichts, allgemein anerkannt, dass sie von der Bestellung genügender Sicherheit abhängig gemacht werden darf (Botschafft des Bundesrates, BBl 1890 III 360; BGE 38 I 162 lit. E; SCHULTZ, Das schweiz. Auslieferungsrecht, S. 199 f.; BARDET, Das formelle Auslieferungsrecht der Schweiz, S. 43). BGE 81 I 385 S. 390 Der Auffassung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements, die Verlegung Redjoffs in die Klinik sei praktisch auf eine provisorische Freilassung hinausgelaufen, kann indessen nicht gefolgt werden. Vielmehr wurde die Haft nach der Verlegung aufrecht erhalten, wenn auch in anderer Form, indem die Einschliessung im Gefängnis ersetzt wurde durch eine mit gewissen Sicherungsvorkehren verbundene Verwahrung in der Krankenanstalt. Der Vollzug der Auslieferungshaft ist Sache der kantonalen Behörden und richtet sich nach den Vorschriften der kantonalen Gesetzgebung, soweit nicht das Bundesgesetz besondere Vorschriften darüber aufstellt (Art. 18 Abs. 2 AG; nicht veröffentlichtes Urteil vom 14. September 1909 i.S. Ellensohn, Erw. 3, s. BURCKHARDT, Bundesrecht Nr. 1769 I, SCHULTZ, a.a.O. S. 197 N. 190). Dagegen sind die Voraussetzungen der Verhaftung und der Freilassung der Person, deren Auslieferung verlangt wird, ausschliesslich durch das Bundesrecht geregelt, und die Anordnung (oder Genehmigung) dieser Massnahmen ist den Bundesbehörden vorbehalten (Art. 15 ff., insbesondere Art. 16 Abs. 3, 4, Art. 17, 18 Abs. 1, 3, Art. 19, 20, 25, 26 Abs. 2, Art. 28 AG). Ebenfalls Sache des Bundesrechts und der Bundesbehörden ist die Ordnung der Fragen, ob die Einschliessung im Gefängnis durch eine Verwahrung an einem anderen Orte, insbesondere in einer Krankenanstalt, ersetzt werden kann, und welche Sicherungsmassnahmen in diesem Falle vorzukehren sind. Das Auslieferungsgesetz enthält freilich auch hierüber keine Bestimmung. Aber es verpflichtet die Bundesbehörden, dafür zu sorgen, dass die Person, die ausgeliefert werden muss oder mit deren Auslieferung jedenfalls ernsthaft zu rechnen ist, unter allen Umständen - abgesehen vom Fall der provisorischen Freilassung - verhaftet wird und es bis zum ordnungsgemässen Vollzug (oder bis zur Verweigerung) der Auslieferung auch bleibt, weil nur dann Gewähr dafür besteht, dass die Auslieferungspflicht erfüllt werden kann. Anderseits ist zu beachten, dass das Gesetz ungerechtfertigte BGE 81 I 385 S. 391 Beschränkungen der persönlichen Freiheit vermeiden will, wie die Bestimmungen über die (vorläufige oder endgültige) Entlassung aus der Haft zeigen (Art. 17 Abs. 2, Art. 19 Abs. 3, Art. 20 Abs. 2, Art. 25, 26 Abs. 2, Art. 28 AG). Wenn im einzelnen Fall die Einschliessung im Gefängnis sich, wegen des Gesundheitszustandes des Beschuldigten oder aus anderen triftigen Gründen, als undurchführbar erweist und die Voraussetzungen der provisorischen Freilassung fehlen, so müssen daher die Bundesbehörden Massnahmen anordnen können, die den Vollzug der unumgänglichen Haft auf andere geeignete Weise ermöglichen. Wäre es anders, so müsste in vielen Fällen die an sich mögliche Auslieferung daran scheitern, dass die Haft auf die gewöhnliche Art nicht vollstreckbar ist, was nicht der Sinn des Auslieferungsgesetzes, das den Vollzug der Auslieferung auch für solche Verhältnisse sicherstellen will, sein kann. In Betracht kommen Ersatzmassnahmen, wie sie im Strafprozessrecht mitunter durch ausdrückliche Gesetzesvorschrift vorgesehen sind (SANDMEYER, Die Untersuchungshaft im schweiz. Strafprozessrecht, S. 166 ff.) oder nach einer verbreiteten Lehrmeinung (LÖWE-ROSENBERG, Komm. der deutschen StPO, 19. Aufl., N. 1a zu § 112, N. 2 a zu § 118) auch beim Fehlen einer solchen Bestimmung als zulässig gelten (Belassung in der Wohnung oder Einweisung in eine Krankenanstalt unter entsprechenden Sicherheitsmassnahmen usw.). Da Redjoff mit Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand in eine Klinik verlegt werden musste und dort nicht genügend beaufsichtigt werden konnte, lag es nahe, zur Sicherheit - wie es im Falle der provisorischen Freilassung des Auslieferungshäftlings nach feststehender Praxis zulässig und üblich ist - die Leistung einer Kaution zu fordern. Diese Massnahme war unter den gegebenen Umständen geeignet, die Fortdauer der Auslieferungshaft zu gewährleisten. Die Bundesbehörde durfte daher die Kaution verlangen und entgegennehmen; sie verstiess damit nicht gegen die gesetzliche Ordnung. BGE 81 I 385 S. 392 5. Nach dem Auslieferungsgesetz ist zur Anordnung der Verhaftung der Bundesrat zuständig, ebenso zur Bewilligung der provisorischen Freilassung, solange der Fall nicht beim Bundesgericht hängig ist (Art. 25 Abs. 2). Die gleichen Behörden haben auch darüber zu befinden, ob die gewöhnliche Haft durch einen Zwangsaufenthalt in einer Krankenanstalt mit entsprechenden Sicherheitsmassnahmen zu ersetzen sei. Indessen hat der Bundesrat die ihm im Auslieferungsgesetz zugewiesenen Geschäfte an die Polizeiabteilung des eidg. Justiz- und Polizeidepartements zur selbständigen Erledigung delegiert, mit Ausnahme der grundsätzlichen Entscheide, die dem Departement vorbehalten worden sind (Art. 17 Abs. 1 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 12 Ziff. 7 des gestützt auf Art. 23 BG vom 26. März 1914 über die Organisation der Bundesverwaltung erlassenen BRB vom 17. November 1914, BS 1, 289). (Wenn das Bundesgericht zur Beurteilung der Streitigkeit zuständig ist, so war es offenbar nicht notwendig, zunächst Beschwerde beim Departement zu führen: Art. 23 Abs. 2 BG über die Organisation der Bundesverwaltung und Art. 102 lit. a OG ; immerhin schadet die Begrüssung des Departements den Beschwerdeführern nicht; vgl. Art. 86 Abs. 3 OG ). Daher ist der Beschluss der Polizeiabteilung, die Bestellung einer Kaution für Redjoff anzuordnen (oder zu genehmigen), ein Entscheid der zuständigen eidg. Verwaltungsbehörde. Dieser Entscheid betrifft die Leistung einer öffentlichrechtlichen Kaution im Sinne des Art. 98 OG . Dass unter diese Bestimmung auch Kautionen zur Sicherstellung der Auslieferung wie überhaupt der Strafverfolgung fallen, bestätigt Abs. 2 daselbst, der als Beispiele u.a. die Kautionen gemäss den gesetzlichen Bestimmungen über das Verfahren bei Übertretung fiskalischer Bundesgesetze nennt. Das Bundesgericht ist mithin befugt, im vorliegenden Beschwerdeverfahren zu prüfen, ob jener Entscheid der Polizeiabteilung gesetzmässig sei. Die Frage ist nach dem Ausgeführten zu bejahen. BGE 81 I 385 S. 393 6. Selbst wenn anzunehmen wäre, das Auslieferungsgesetz verbiete, den Häftling im Falle der Überführung in eine Klinik zur Stellung einer Kaution zu zwingen, so wäre die Behörde doch berechtigt gewesen, das gewünschte Ergebnis durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages zu erreichen. Tatsächlich hat sich ein zugunsten Redjoffs einspringender Dritter, wenn nicht Redjoff selbst, freiwillig anerboten, eine Kaution dafür zu leisten, dass dieser sich dem Vollzug der Haft in der Klinik nicht entziehe, und die Bundesverwaltung hat dieses Angebot angenommen, nachdem gewisse von ihr zunächst vorgesehene Massnahmen sich als undurchführbar erwiesen hatten. Die so zustande gekommene Vereinbarung wäre als zulässig anzusehen (vgl. BGE 78 II 27 Erw. 5). Sie stände im Einklang mit dem System der gesetzlichen Ordnung, die einerseits den Vollzug der Auslieferung gewährleisten, anderseits aber zu weit gehende Eingriffe in die persönliche Freiheit vermeiden will. Hätte man es mit einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zu tun, so wäre die Bundesverwaltung, als Partei, nicht befugt gewesen, in einer Streitigkeit über dessen Ausführung einen eigentlichen Entscheid zu fällen. Dazu wäre einzig das Bundesgericht im direkten verwaltungsrechtlichen Prozess nach Art. 110 OG zuständig. Aber auch wenn es den Anstand unter diesem Gesichtspunkt zu beurteilen hätte, könnte seine Entscheidung nicht anders ausfallen. Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung ist auf jeden Fall unbegründet. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
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Federation
1ba20388-108d-454a-850e-b8c7624df1a9
Urteilskopf 109 Ib 276 46. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 30. November 1983 i.S. Aletsch AG, Dixence AG und Mattmark AG gegen Erben Bumann und Eidg. Schätzungskommission, Kreis 4 (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste Enteignung ehehafter Wasserrechte, Umfang der Rechte. Der Umfang ehehafter Wasserrechte bemisst sich im Kanton Wallis, sofern kein besonderer Rechtstitel vorliegt, nach den seit jeher vorhandenen Ausnützungsmöglichkeiten, d.h. nach der ausnützbaren durchschnittlichen Wassermenge und dem ausnützbaren Gefälle zwischen dem Ort der Wasserentnahme und jenem der Wasserrückgabe.
Sachverhalt ab Seite 276 BGE 109 Ib 276 S. 276 Die Rechtsvorgänger der heutigen Beschwerdegegner betrieben in Kalpetran, Gemeinde Embd (VS), mittels der Wasserkraft der Vispe eine mechanische Schreinerei. Um die Jahrhundertwende gingen sie vom mechanischen auf den elektrischen Antrieb über. In der Folge verwendeten sie den aus der Wasserkraft gewonnenen Strom ausser für den Eigenbedarf auch zur Belieferung der übrigen Bevölkerung des Weilers. Die durchschnittliche Nettoleistung ihres Kleinkraftwerkes betrug gemäss Eintrag im kantonalen Wasserrechtskataster vom 1. Januar 1928 im Winter 3,5 PS während 1500 Std. und im Sommer 4,5 PS während 1200 Std. Am 30. September 1928 erhielt Alex Bumann von der Urversammlung der Gemeinde Embd die Bewilligung, das Kleinkraftwerk und den Zuleitungskanal zu verlegen. Gleichzeitig verstärkte BGE 109 Ib 276 S. 277 er die Leistung. Das kantonale Baudepartement bewilligte ihm am 4. Dezember 1929 die Errichtung eines kleinen Turbinenhauses. Am 18. Juni 1957 wurde der Zuleitungskanal infolge eines Murganges teilweise verschüttet. Seither liegt das Kleinkraftwerk still. Der Strombedarf der bisherigen Bezüger wird durch die Aletsch AG befriedigt. Im Jahre 1905 erwarb die Lonza AG durch Ingenieur Boucher von der Gemeinde Embd die dieser an der Mattervispe zustehenden Wasserrechte. Der Walliser Staatsrat genehmigte die Konzession am 15. Januar 1905, wobei die bestehenden Rechte Dritter ausdrücklich vorbehalten wurden. 1909 nahm die Lonza AG das Kraftwerk Ackersand I in Betrieb. 1954 begann sie mit den Vorarbeiten für das Kraftwerk Ackersand II an der Mattervispe. Sie und ihre Tochtergesellschaft, die Aletsch AG, führten in der Folge mit den Gebrüdern Bumann Verhandlungen über die Ablösung des privaten Wasserrechts. Da eine Einigung nicht zustande kam, liessen schliesslich die Konzessionärinnen Aletsch AG, Grande Dixence AG und Mattmark AG im Jahre 1961 ein Enteignungsverfahren einleiten. Innert der Eingabefrist verlangten die Gebrüder Bumann Realersatz in dem Sinne, dass ihnen - basierend auf einer Wassermenge von 800 l/sec und einem Gefälle von 21 m - Gratisstrom zur Verfügung gestellt werde. Die Enteignerinnen widersetzten sich diesem Begehren und machten geltend, die Enteigneten hätten nur ein ehehaftes Wasserrecht zum Betrieb einer Sägerei besessen, hingegen keine Konzession zum Bau eines Kraftwerkes. Sie verlangten daher wiederholt, dass zunächst die Rechtslage untersucht würde. Beide Parteien erklärten sich gestützt auf Art. 69 Abs. 2 EntG damit einverstanden, dass die Schätzungskommission über den Bestand und Umfang des den Enteigneten zustehenden Wasserrechts befinde. In der Folge entschied die Eidgenössische Schätzungskommission, Kreis 4, dass die Wasserrechte der Erben Bumann an der Mattervispe das Recht zum Betrieb eines Kleinkraftwerkes mit einer Wassermenge von 480 l/sec und einem Nutzgefälle von 13 m umfassten. Zur Begründung führte die Kommission im wesentlichen aus, zwar habe den Enteigneten ursprünglich nur ein ehehaftes Recht des Inhalts zugestanden, wie er im Wasserrechtskataster umschrieben sei, doch müsse ihnen unter dem Gesichtswinkel von Treu und Glauben auch ein Recht an der Kraftwerkanlage von 1930 eingeräumt werden, da diese in guten Treuen und mit Bewilligung der Gemeinde gebaut worden sei und die BGE 109 Ib 276 S. 278 Lonza AG als Konzessionärin jahrzehntelang nie gegen das Werk eingesprochen habe. Gegen den Entscheid der Schätzungskommission haben die Aletsch AG, die Grande Dixence AG und die Mattmark AG Verwaltungsgerichtsbeschwerde erhoben und verlangt, es sei festzustellen, dass es sich beim zu enteignenden Recht um ein ehehaftes Wasserrecht handle, dessen Umfang durch den Eintrag im kantonalen Kataster über die Wasserrechte an der Mattervispe festgelegt sei. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab. Erwägungen Aus den Erwägungen: 2. Es ist unbestritten, dass den heutigen Beschwerdegegnern ein ehehaftes Wasserrecht an der Mattervispe zusteht, das Gegenstand der Enteignung bildet. Die Schätzungskommission hat den Umfang dieses Rechts entsprechend dem Eintrag im kantonalen Wasserrechtskataster, welcher den Stand von 1903 wiedergibt, auf 3,5 PS im Winter (1500 Std.) und 4,5 PS im Sommer (1200 Std.) festgelegt. Der Entscheid ist in dieser Hinsicht nicht beanstandet worden. Das Bundesgericht hat hier indessen das Recht von Amtes wegen anzuwenden und Aufsichtspflichten wahrzunehmen ( Art. 63 EntG ). Es ist daher vorerst zu prüfen, ob Inhalt und Umfang des zu enteignenden ehehaften Rechtes richtig bestimmt worden sind. a) Die Schätzungskommission hat sich bei der Umschreibung des ehehaften Wasserrechtes im wesentlichen auf ein von Prof. Liver der Lonza AG erstattetes Gutachten vom 21. April 1959 gestützt. In diesem Gutachten wird ausgeführt, ein Rechtstitel, aus dem sich der genaue Umfang sowie die Zweckbestimmung des umstrittenen Rechtes ergeben würden, fehle offenbar. Es stelle sich daher die Frage, ob die Inhaber der abzulösenden Rechte lediglich Anspruch auf Entschädigung für die damals bestehende Anlage, d.h. die tatsächlich genutzte Wassermenge und das tatsächlich genutzte Gefälle hätten, oder ob bei der Festsetzung der Entschädigung auf die potentiell vorhandenen Ausnützungsmöglichkeiten, d.h. auf die gesamte zur Verfügung stehende Wassermenge und das ganze zur Verfügung stehende Gefälle (Bruttogefälle) abzustellen sei. Wo alte (ehehafte) private Wasserrechte zur Diskussion stünden, sei von der Tatsache auszugehen, dass diese Rechte nicht als selbständige Berechtigungen zur Ableitung einer bestimmten Wassermenge und zur Ausnützung eines bestimmten Gefälles BGE 109 Ib 276 S. 279 begründet worden seien, sondern lediglich als Nebenrechte zu dem vom Grundherrn oder Gerichtsherrn verliehenen (erblichen) Recht, eine Mühle, ein Sägewerk oder eine Hammerschmiede auf einem bestimmten Grundstück zu erstellen und zu betreiben. Das Wasserrecht bestimme sich daher durch die Grösse und den Kraftbedarf der fraglichen Anlage. Zwar habe man sich im 19. Jahrhundert, als in den kantonalen Gesetzgebungen nach und nach festgelegt worden sei, dass Wasserkraftrechte an öffentlichen Gewässern nur noch durch Konzession begründet werden könnten, in den meisten Kantonen damit begnügt, die ehehaften Rechte anzuerkennen; nur in wenigen Kantonen seien die für den Umfang eines ehehaften Wasserrechtes massgebenden Faktoren umschrieben worden. Doch habe überall der Grundsatz gegolten, dass die ehehaften Rechte in dem Umfang bestünden, in welchem sie im gegebenen Zeitpunkt in bestehenden rechtmässigen Anlagen tatsächlich ausgenutzt worden seien. Dies werde auch in der Wissenschaft und Praxis anerkannt. Im einzelnen sei auszugehen von der Wassermenge, die von den Kraftanlagen des Werkes aufgenommen werde (Schluckfähigkeit der Wassermotoren), dagegen sei das durch den Oberwasserkanal fliessende Wasser, das die Aufnahmefähigkeit der Anlage übersteige und deshalb überlaufe, nicht miteinzubeziehen. Eine solche Regelung sei denn auch ausdrücklich im zürcherischen Gesetz über die Erteilung von Wasserrechten und Bestimmung der Wasserzinse vom 21. März 1836 sowie in der aargauischen Vollziehungsverordnung zum WRG (1856) vom 21. Juli/11. September 1857 getroffen worden. Diese Gesetze wiesen ebenfalls die erforderlichen Bestimmungen über das anrechenbare Gefälle auf, und zwar werde festgelegt, dass nur das tatsächlich ausgenutzte Gefälle in Betracht zu ziehen sei, nämlich der senkrechte Abstand vom Wasserspiegel im Zuflusskanal bis zum Wasserspiegel im Abflusskanal unmittelbar vor bzw. nach der Anlage. Lediglich die Wasserkraft, die der Wasserrechtsinhaber durch technische Verbesserungen zusätzlich gewinne, ohne die Wassermenge oder das Gefälle zu erhöhen, könne bei der Bestimmung des Umfangs des Wasserrechtes mitberücksichtigt werden. b) In den kantonalen Gesetzgebungen finden sich indessen auch Regelungen, die den Darlegungen Livers nicht entsprechen. So wird in § 38 des basellandschaftlichen Gesetzes über die Gewässer und die Wasserbau-Polizei vom 9. Juni 1856 bestimmt, bei bestehenden Gewerbs- und Wässerungskanälen dürfe die Wassermenge beim Einlauf nur mit Bewilligung des Regierungsrates BGE 109 Ib 276 S. 280 vermehrt oder vermindert werden. Hingegen sei es gestattet, das Wasser nach Gutdünken zu beliebigen industriellen oder landwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen, die Zahl der Wasserräder zu vergrössern oder zu verkleinern und jede beliebige Veränderung in hydrotechnischer Beziehung oder hinsichtlich der Natur des Gewerbes vorzunehmen. Nach der luzernischen Verordnung über die Fixierung und Beaufsichtigung bestehender Wasserrechte an öffentlichen und privaten Gewässern vom 24. Februar 1880 sind für bestehende Wasserwerke, welche keine oder nur ungenügend formulierte Konzessionen besitzen, zur Festlegung des Rechtes Akten und Pläne einzureichen, die "über das Gefälle des Flusses oder Kanals, über das Nutzgefälle, die Stauhöhe und Stauweite, die Flussbreite und die Anlagen der Staueinrichtung und des Motors" Aufschluss zu geben haben (§ 5 Abs. 2). Im Tessiner Gesetz über die Nutzung der öffentlichen Gewässer (legge sulla utilizzazione delle acque pubbliche) vom 17. Mai 1894 und im Reglement über den Wasserrechtskataster (catasto dei diritti d'acqua) vom 31. Mai 1899 werden die Kriterien zur Umschreibung der "diritti acquisiti" ausdrücklich festgelegt, und zwar in dem Sinne, dass die fragliche Wasserkraft anhand der durchschnittlichen zur Verfügung stehenden Wassermenge und des Gefälles zwischen Wasserentnahme und -rückgabe zu bemessen sei ("moltiplicando la quantità media di acqua disponibile per la differenza di livello fra la presa e la restituzione"; Art. 18 § 1 des Gesetzes in Verbindung mit Art. 5 des Reglementes). Die gleiche Berechnungsart scheint im Kanton Waadt Anwendung gefunden zu haben (BONARD, Origines et caractères du double régime d'exploitation de la force hydraulique en droit vaudois, thèse Lausanne 1943, S. 111) und gilt offenbar auch im französischen Recht zur Bestimmung der Bruttowasserkraft der "usines fondées en titre" (L'HUILLIER, Energie hydraulique, Enc. Dalloz, N. 1 und 183). c) Das Bundesgericht hat sich im nicht publizierten Entscheid i.S. Aluminium-Industrie-Aktiengesellschaft gegen Kt. Schaffhausen vom 17./18. Mai 1935 mit der Frage des Bestands und des Umfanges ehehafter Wasserrechte eingehend auseinandergesetzt (vgl. die Hinweise auf dieses Urteil bei BONARD, a.a.O., S. 110 N. 1, und LIVER, Die ehehaften Wasserrechte in der Schweiz, Festschrift Gieseke, S. 242 N. 42). Es hat zunächst dargelegt, dass die Verlegung des Wasserrechts für eine Mühle auf die Nachbarliegenschaft, auf welcher ein Wasserrecht für ein Eisenwerk besteht und die seit längerer Zeit dem BGE 109 Ib 276 S. 281 selben Eigentümer gehört, als zulässig betrachtet werden müsse. Die Zusammengehörigkeit der beiden Parzellen erlaube es, die Verlegbarkeit des einen Rechtes so zu beurteilen, wie wenn der Eigentümer eines Grundstückes den Ausnutzungsort des darauf bestehenden alten Wasserrechts innerhalb der Liegenschaft etwas hätte verschieben wollen, was ihm nicht verwehrt werden könne. So sei denn schon in BGE 27 II 672 ff. angenommen worden, dass die früheren Wasserrechte der einzelnen Mühlen der Stadt Luzern bei Errichtung des neuen Wasserwerks der Korporationsgemeinde Luzern vereinigt worden seien und seither als einheitliches (privates) Wasserrecht weiterlebten, obschon das für mehrere Einzelrechte eine örtliche Verschiebung bedeutete. Im weiteren wird ausgeführt, der Umfang der sich aus den vereinigten alten Rechten ergebenden Wassernutzungsbefugnis bestimme sich nach den Grundsätzen, die in Schaffhausen über die Festlegung des Inhalts unvordenklicher Wasserrechte ausgebildet worden seien. Dabei könnten ergänzend die entsprechenden gemeinrechtlichen Lehren und die verwandten partikularrechtlichen Regelungen berücksichtigt werden. Die in Betracht kommende allgemeine Theorie und Praxis habe sich einheitlich zu dem Grundsatz bekannt, dass private Wasserrechte, die auf unvordenklicher Ausübung beruhten, in der Regel nur im Umfang ihrer Verwirklichung in einem konkreten Werk anzuerkennen seien und daher durch Momente bestimmt werden sollten, die der geschaffenen Anlage "entsprächen"; dieser Grundsatz dürfe auch hier als unbestritten gelten. Fraglich sei indessen, in welcher Weise die alten Rechte mit den Werkanlagen in Beziehung zu setzen seien. Die Begrenzung alter Wasserrechte nach einer bestimmten Nettowasserkraft falle, wie das Bundesgericht schon in BGE 27 II 672 ff. festgestellt habe, ausser Betracht. Das Wasserrecht sei vielmehr unabhängig von der technischen Leistungsfähigkeit der maschinellen Einrichtung zu umschreiben, und zwar einerseits durch ein bestimmtes Gefälle, andererseits durch eine feste, auf Grund von Werkanlagen ermittelte Wassermenge. Nun stelle sich die Frage, welche Werkanlagen für die Umschreibung der Wassermenge massgebend sein sollten. Einerseits werde die Auffassung vertreten, dass es auf die Schluckfähigkeit der Maschinen ankomme, andererseits, es sei auf die äusseren Werkanlagen abzustellen. Aus der Literatur und Praxis (die eingehend dargestellt werden) ergebe sich keine eindeutige Lösung. Allerdings scheine sich im Kanton Zürich die Gesetzgebung und besonders BGE 109 Ib 276 S. 282 entschieden die Praxis des letzten Jahrhunderts zur Auffassung bekannt zu haben, dass alte Wasserrechte nur im Umfang des Wasserbedarfs der Maschinen anerkannt werden sollten. Dass die zürcherische Auffassung zu allgemein schweizerischer Anerkennung gelangt wäre, sei jedoch nicht dargetan worden. Die zürcherische Regelung sei denn auch vom schaffhausischen Gesetzgeber, der sich sonst weitgehend an die zürcherische Ordnung angelehnt habe, gerade nicht übernommen worden, so dass anzunehmen sei, er habe eine strenge Beschränkung der alten Rechte nach Massgabe des in die Maschinen fliessenden Wassers vermeiden und einer Lösung den Vorzug geben wollen, nach welcher die Begrenzung unter Berücksichtigung aller Verhältnisse nach billigem Ermessen erfolgen solle. Hieraus ergebe sich für den vorliegenden Fall, dass die Wassermenge nach den Einläufen bei niederem und mittlerem Wasserstand zu bestimmen sei. Da damit der Rechtsinhaberin neben dem ausgenützten in gewissem Umfange auch das bloss ausnützbare Wasser zuerkannt werde, sei folgerichtig auch das Gefälle nicht nach dem seinerzeit ausgenützten, sondern nach dem durch die Einläufe bestimmten ausnützbaren Höhenunterschied festzusetzen. d) Das Walliser Gesetz vom 27. Mai 1898 betreffend die Konzessionierung von Wasserkräften enthält - wie auch das heute in Kraft stehende Gesetz über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte - keine Vorschriften über die Begrenzung ehehafter Wasserrechte. In Art. 1 Abs. 3 wird lediglich erklärt, die Rechte Dritter blieben vorbehalten. Auch das Zivilgesetzbuch vom 1. Dezember 1853, das sein Vorbild im französischen Code civil fand (vgl. HUBER/MUTZNER, System und Geschichte des Schweizerischen Privatrechts, S. 101) hält in Art. 484 einzig fest, Mühlen und Hüttenwerke dürften die zur Wässerung der Güter bestimmten Wasser, entgegengesetzte Gebräuche oder Gegenverträge vorbehalten, nicht ableiten. Dass die Rechtsprechung bestimmte Grundsätze über die Umschreibung ehehafter Wasserrechte entwickelt hätte, ist nicht bekannt. Indessen ist nicht anzunehmen, dass sich der Walliser Gesetzgeber oder Richter bei der Bestimmung des Umfangs ehehafter Rechte an die Regelungen der Kantone Zürich und Aargau angelehnt hätte: Wie schon im zitierten Entscheid Aluminium-Industrie-Aktiengesellschaft festgestellt worden ist und durch abweichende kantonale Vorschriften (oben lit. b) belegt wird, ginge es offensichtlich zu weit, in den beiden Kodifikationen ein Ausdruck gesamtschweizerischer Rechtsüberzeugung sehen zu BGE 109 Ib 276 S. 283 wollen. Wahrscheinlicher ist, dass im Wallis jene Auffassung galt oder übernommen worden wäre, die in der Gesetzgebung und Praxis der Kantone Waadt und Tessin sowie im französischen Recht seinen Ausdruck fand. Es ist deshalb davon auszugehen, dass hier der Umfang des umstrittenen Wasserrechtes nach der seit jeher ausnützbaren Wassermenge und dem seit jeher ausnützbaren Gefälle zu bestimmen sei, d.h. nach der durch den Oberwasserkanal fliessenden mittleren Wassermenge und dem Nutzgefälle, das sich zwischen dem Ort der Wasserentnahme und jenem der Wasserrückgabe ergibt. Was übrigens den möglichen Einwand betrifft, das Recht der Enteigneten habe ursprünglich nur dem Betrieb einer Sägerei, nicht aber der Versorgung von Dritten mit Elektrizität gedient, so kann übereinstimmend mit der Lehre angenommen werden, dass solche Zweckänderungen - jedenfalls soweit sie stillschweigend oder ausdrücklich gestattet wurden - gewohnheitsrechtlich sanktioniert und unanfechtbar geworden sind (LIVER, Die ehehaften Wasserrechte in der Schweiz, a.a.O., S. 246; derselbe, Kommentar zum ZGB, N. 32 zu Art. 737; DUBACH, Die wohlerworbenen Rechte im Wasserrecht, S. 62). 4. Die Enteigneten haben dargelegt, dass sich die Wasserfassung und der Rückfluss des Wassers in die Mattervispe stets an den selben Stellen befunden hätten und im Jahre 1928 nur der Maschinenraum weiter nach unten in den Fels verlegt worden sei. Die Vertreter der Enteignerinnen haben eingeräumt, dass diese Darstellung aufgrund der topographischen Verhältnisse glaubwürdig sei. Es darf daher angenommen werden, dass das Bruttogefälle seit unvordenklicher Zeit und jedenfalls seit anfangs Jahrhundert gleich geblieben ist. Das Nutzgefälle, das sich hieraus ergibt und das für den Umfang des ehehaften Rechtes bestimmend ist, beträgt nach Auffassung des bundesgerichtlichen Experten 16 m. Die Enteigneten haben im weiteren ausgeführt, die Wasserfassung sei nie vergrössert worden; es habe ihnen und ihren Rechtsvorgängern seit jeher sehr viel Wasser zur Verfügung gestanden. Auch diesen Angaben haben die Enteignerinnen nicht widersprochen. Nach einem Schreiben der Grande Dixence AG vom 21. August 1963 hat einer ihrer Ingenieure im Jahre 1956 festgestellt, das Höchstschluckvermögen des Oberwasserkanals betrage 480 l/sec. Der bundesgerichtliche Experte hat daraus geschlossen, es dürfe mit einer durchschnittlichen Wassermenge von 400 l/sec gerechnet werden. Nun haben zwar die Enteigneten gegen diese BGE 109 Ib 276 S. 284 Folgerung eingesprochen und geltend gemacht, der durchschnittliche Zufluss sei höher gewesen, doch erübrigen sich weitere Abklärungen zu diesem Punkte: Wird nämlich den Enteigneten der Auffassung des Experten gemäss ein ehehaftes Recht auf Ausnutzung einer Wassermenge von 400 l/sec und eines Gefälles von 16 m zuerkannt, so weicht dies im Ergebnis nur unwesentlich vom Entscheid der Schätzungskommission ab, mit welchem festgestellt wurde, dass die Erben Bumann zum Betrieb eines Kleinkraftwerkes mit einer Wassermenge von 480 l/sec und einem Nutzgefälle von 13 m berechtigt seien. Mehr kann den Enteigneten, die den Kommissionsentscheid nicht angefochten haben, ohnehin nicht zugestanden werden. Der Urteilsspruch der Schätzungskommission erweist sich somit - wenn auch mit anderer Begründung - als richtig. Die Beschwerde ist abzuweisen.
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nan
de
1,983
CH_BGE
CH_BGE_003
CH
Federation
1ba585af-f1fe-485c-a1c4-4b04b657919e
Urteilskopf 117 IV 349 62. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. August 1991 i.S. G. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich und Generaldirektion PTT (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste Art. 1, Art. 3, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1, Art. 20 Abs. 2, Art. 42 Ziff. 1, Art. 43 Abs. 1, Art. 46 Abs. 2 TVG ; Art. 4-4c der Verordnung (3) des Bundesrates zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz (Telefonordnung, SR 784.103); Art. 2 der Verordnung des EVED über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate (SR 784.103.2) . Die Einschränkung des privaten Handels mit technisch nicht genehmigten Sprechapparaten durch Statuierung einer Exportnachweispflicht gemäss der bundesrätlichen Telefonordnung und der vom EVED gestützt darauf erlassenen Exportnachweisverordnung ist gesetzwidrig.
Sachverhalt ab Seite 350 BGE 117 IV 349 S. 350 A.- Mit Strafverfügung vom 13. Februar 1990 büsste die Generaldirektion PTT, Hauptabteilung Rechtsdienste, Sektion 3, G. in Anwendung von Art. 43 Abs. 1 und 45 Abs. 2 TVG mit einer Busse von Fr. 250.--. Der Einzelrichter in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich sprach G. auf dessen Einsprache hin mit Urteil vom 2. August 1990 der vorsätzlichen Widerhandlung gegen Art. 2 der Verordnung des EVED vom 19. Oktober 1987 über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate (SR 784.103.2) in Verbindung mit Art. 43 Abs. 1 TVG schuldig und büsste ihn mit Fr. 250.--. G. wird vorgeworfen, das Apparate- und das Käuferbuch nicht ordnungsgemäss geführt zu haben. Er wird beschuldigt, - er habe die laut Käuferblättern verkauften sowie die 13 im Laden ausgestellten Apparate nicht gemäss Art. 2 Abs. 2 der Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate im Apparatebuch eingetragen; - er habe das als gestohlen gemeldete "Fluraphone" sowie die zwei bei der Irotronia erworbenen Apparate "Neon Phone" und "Porta Phone" nicht ordnungsgemäss ins Apparatebuch eingetragen; - er habe zwei Käuferblätter nicht ordnungsgemäss ausgefüllt; BGE 117 IV 349 S. 351 - er sei seiner Aufbewahrungspflicht gemäss Art. 2 Abs. 1 der Verordnung in bezug auf drei Käuferblätter nicht nachgekommen. B.- Der Gebüsste führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit den Anträgen, es sei festzustellen, dass Art. 2 der Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate der gesetzlichen Grundlage entbehre, dass daher die Strafbestimmung von Art. 42 TVG nicht anwendbar und seine gestützt darauf erfolgte Verurteilung aufzuheben sei, dass demzufolge die Sache zu seiner Freisprechung an den Einzelrichter in Strafsachen zurückzuweisen sei. C.- Die Generaldirektion PTT beantragt die Abweisung der Nichtigkeitsbeschwerde. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich hat auf Gegenbemerkungen verzichtet. Erwägungen Auszug aus den Erwägungen: 2. Das Post- und Telegrafenwesen ist gemäss Art. 36 Abs. 1 BV im ganzen Umfang der Eidgenossenschaft Bundessache. Die PTT-Betriebe haben das ausschliessliche Recht, Sende- und Empfangseinrichtungen sowie Anlagen jeder Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, zu erstellen und zu betreiben ( Art. 1 TVG ). Zur Erstellung und zum Betrieb von Einrichtungen für elektrische und radioelektrische Zeichen-, Bild- und Lautübertragung können Konzessionen erteilt werden ( Art. 3 TVG ). Die PTT-Betriebe bewilligen Anschlüsse an ein bestehendes Telefonnetz, sofern ihnen die Errichtung und Verbindung der verlangten Stationen und allfälliger Zusatzeinrichtungen auf den Grundstücken des Bewerbers ungehindert und unentgeltlich gestattet wird ( Art. 17 Abs. 1 TVG ). Die PTT-Betriebe beziehen für die Erstellung und den Unterhalt der Anschlussleitung zwischen der Zentrale und dem Gebäude, worin die Teilnehmerstation errichtet werden soll, sowie für die Lieferung und den Unterhalt der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate eine jährliche Abonnementstaxe ( Art. 18 Abs. 1 TVG ). Der Teilnehmer darf ohne Zustimmung der PTT-Betriebe keine andern Leitungen oder Apparate mit denen der PTT-Betriebe verbinden ( Art. 20 Abs. 2 TVG ). Wer konzessions- oder bewilligungspflichtige Sende- und Empfangseinrichtungen und Anlagen irgendwelcher Art, die der elektrischen oder radioelektrischen Zeichen-, Bild- oder Lautübertragung dienen, ohne Konzession oder BGE 117 IV 349 S. 352 Bewilligung oder in Widerspruch dazu erstellt, betreibt oder benützt, wer ohne amtliche Zustimmung Leitungen, Apparate oder Geräte mit Anlagen der Fernmeldedienste verbindet oder an solchen Anlagen Änderungen vornimmt, wird gemäss Art. 42 Ziff. 1 Abs. 1 und 3 TVG , sofern nicht nach Art. 151 StGB eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Haft oder Busse bis zu 10'000 Franken bestraft. Gemäss Art. 43 Abs. 1 TVG wird, wer trotz Mahnung und Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels einer Vorschrift dieses Gesetzes oder einer dazu erlassenen Verordnung oder einer aufgrund einer solchen Vorschrift getroffenen amtlichen Verfügung nicht nachkommt, mit Busse bis zu 1'000 Franken bestraft. Nach Art. 46 Abs. 2 Satz 1 TVG werden die zur Vollziehung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften in der vom Bundesrat zu erlassenden Telegrafen- und Telefonordnung und in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen aufgestellt. Die vom Bundesrat gestützt auf Art. 46 Abs. 2 TVG erlassene Verordnung (3) zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz (Telefonordnung) vom 13. September 1972 (SR 784.103) enthält unter anderen die folgenden, durch Verordnung vom 9. Juli 1987 eingefügten Bestimmungen: Art. 4 (Haupt- und Zweiganschlüsse): Der Hauptanschluss umfasst die Anschlussorgane in der Ortszentrale, die Anschlussleitung, die Hausleitung und die Hauptsprechstelle des Abonnenten. Als Hauptsprechstelle gilt der Sprechapparat auf dem Hauptanschluss. Weitere Sprechapparate der gleichen Abonnentenanlage heissen Zweigsprechstellen. Die Leitungen, die sie mit der Hauptsprechstelle verbinden, heissen Zweigleitungen. Art. 4a (Abgabe von Sprechapparaten): Hauptsprechstellen und Sprechapparate mit Vermittlungsfunktionen werden von den PTT im Abonnement abgegeben (Abs. 1). Zweigsprechstellen werden von den PTT und von Privaten angeboten (Abs. 2). Art. 4b (Technische Genehmigung): Sprechapparate dürfen nur erstellt und betrieben werden, wenn sie von den PTT-Betrieben technisch genehmigt worden sind (Abs. 1). Das EVED regelt die Voraussetzungen und das Verfahren der Genehmigung; es kann Einzel- und Typengenehmigungen vorsehen (Abs. 2). Art. 4c (Exportnachweispflicht): Sprechapparate, die zur Ausfuhr bestimmt sind, müssen nicht technisch genehmigt werden (Abs. 1). Das EVED kann verlangen, dass die Ausfuhr solcher Apparate nachgewiesen wird. Es regelt die Modalitäten des Exportnachweises (Abs. 2). Die vom EVED gestützt auf Art. 4c der Telefonordnung erlassene Verordnung über den Exportnachweis nicht genehmigter Sprechapparate vom 19. Oktober 1987, in Kraft seit 1. Januar 1988, bestimmt in Art. 2 (Aufzeichnungspflicht der Anbieter) folgendes: BGE 117 IV 349 S. 353 Wer nicht genehmigte Sprechapparate anbietet, muss ein Apparate- und ein Käuferbuch führen und während drei Jahren aufbewahren. Im Apparatebuch sind festzuhalten: a) Typ und Stückzahl der nicht genehmigten Apparate; b) wenn der Anbieter die Apparate von einem Dritten erworben hat: Name und Adresse des Lieferanten sowie eine Bestätigung der Angaben nach Buchstabe a) durch den Lieferanten oder durch die Zollverwaltung. Im Käuferbuch sind festzuhalten: a) Name, Adresse und, bei in der Schweiz wohnhaften natürlichen Personen, Art und Nummer des vom Käufer vorgewiesenen Ausweises; b) Typ und Stückzahl des vom Käufer erworbenen Apparates; c) das Verkaufsdatum; d) die Bestätigungen des Käufers nach Art. 1 Abs. 1 und 2. Art. 1 der Verordnung des EVED bestimmt unter anderem folgendes: Wer einen nicht genehmigten Sprechapparat erwirbt, muss dem Verkäufer gegenüber schriftlich bestätigen, dass er den Apparat nicht an das Telefonnetz der PTT-Betriebe anschliessen wird. Wenn er den Apparat zur Ausfuhr oder zum Weiterverkauf erwirbt, muss er dem Verkäufer überdies innert 6 Monaten eine entsprechende Bescheinigung zustellen. 3. Der Beschwerdeführer macht im Verfahren vor dem Bundesgericht nicht mehr geltend, dass die Vorschriften in den Verordnungen des Bundesrates bzw. des EVED bezüglich der Exportnachweispflicht betreffend nicht genehmigte Apparate verfassungswidrig ( Art. 31, 36 Abs. 1 BV ) seien. Er ist aber nach wie vor der Auffassung, dass die fraglichen Vorschriften eine Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinn (TVG) erfordern und dass eine solche gesetzliche Grundlage fehle. a) Aus Art. 4c Abs. 1 der Telefonordnung, wonach Sprechapparate, die zur Ausfuhr bestimmt sind, nicht von den PTT-Betrieben technisch genehmigt werden müssen, ergibt sich folgendes: Sprechapparate, die nicht zur Ausfuhr bestimmt sind, die also in der Schweiz bleiben und an das Telefonnetz der PTT-Betriebe angeschlossen werden (vgl. dazu Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Exportnachweisverordnung), müssen von den PTT-Betrieben technisch genehmigt sein; der Verkauf von technisch nicht genehmigten Sprechapparaten, die an das Telefonnetz der PTT-Betriebe angeschlossen werden sollen, ist verboten und, wie sich aus Art. 43 Abs. 1 TVG ergibt, strafbar. Es stellt sich die Frage, ob diese in der bundesrätlichen Telefonordnung enthaltene Regelung einer Grundlage in einem formellen BGE 117 IV 349 S. 354 Gesetz bedarf und ob eine solche allenfalls erforderliche gesetzliche Grundlage vorliegend gegeben ist. b) Aufgrund des Fernmelderegals im Sinne von Art. 36 Abs. 1 BV als solchen sowie auch aus anstaltspolizeilichen Gründen ist der Bund berechtigt, repressive Massnahmen gegen bereits erfolgte oder unmittelbar drohende Störungen zu ergreifen. Hingegen bedürfen präventive Massnahmen wie etwa die Unterwerfung der Herstellung von Geräten unter eine vorgängige Einzel- oder Typenkontrolle einer besonderen gesetzlichen Grundlage ( BGE 105 Ib 397 ). Als präventive Massnahme in diesem Sinne sind nach den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil auch die dem Verkäufer auferlegten Pflichten zur Führung von Büchern (Apparate- und Käuferbuch) betreffend Exportnachweis bezüglich technisch nicht genehmigter Geräte zu qualifizieren, durch die verhindert werden soll, dass nicht genehmigte Sprechapparate, welche das einwandfreie Funktionieren des Fernmeldewesens in Frage stellen könnten, an das schweizerische Telefonnetz angeschlossen werden. Die Exportnachweispflicht in bezug auf Sprechapparate, die nicht von den PTT-Betrieben technisch genehmigt worden sind, bzw. das damit verbundene Verbot des Verkaufs von solchen Sprechapparaten in der Schweiz ohne Vorliegen eines Exportnachweises stellt mithin eine präventive Massnahme dar, zu deren Erlass der Bund nicht schon direkt gestützt auf das Fernmelderegal gemäss Art. 36 Abs. 1 BV bzw. aus anstaltspolizeilichen Gründen, sondern nur aufgrund einer Ermächtigung in einem Gesetz im formellen Sinne berechtigt ist. Eine entsprechende Regelung in einer bundesrätlichen Verordnung allein reicht mithin nicht aus, sondern bedarf einer Grundlage in einem formellen Gesetz. c) Die Telefonordnung stützt sich laut ihrem Ingress auf Art. 46 Abs. 2 TVG . Danach werden die "zur Vollziehung des Gesetzes erforderlichen Vorschriften" in der vom Bundesrat zur erlassenden Telegrafen- und Telefonordnung und in den zugehörigen Ausführungsbestimmungen aufgestellt. Diese Delegationsnorm ist damit zwar weit gefasst; Art. 46 Abs. 2 TVG , der insoweit etwa mit Art. 106 Abs. 1 SVG vergleichbar ist, ermächtigt den Bundesrat aber nicht zum Erlass von sogenannten gesetzesvertretenden Verordnungen, sondern lediglich zum Erlass von Vollziehungsvorschriften. Durch eine Vollziehungsverordnung können die gesetzlichen Bestimmungen konkretisiert und präzisiert und in diesem Sinne ergänzt werden; hingegen können durch eine Vollziehungsverordnung nicht grundlegend neue Verbote oder Pflichten statuiert BGE 117 IV 349 S. 355 werden, für die sich im zu vollziehenden Gesetz keine klare Grundlage findet, und zwar auch dann nicht, wenn diese Pflichten bzw. Verbote an sich mit dem Zweck des Gesetzes durchaus noch vereinbar wären ( BGE 103 IV 194 mit Hinweisen, vgl. auch BGE 116 IV 237 ). Die Statuierung solcher neuen Pflichten bzw. Verbote ist nur im Gesetz im formellen Sinne selber oder, aufgrund einer besonderen Delegation in diesem Gesetz, in einer gesetzesvertretenden Verordnung möglich. Die dem Verkäufer auferlegte Pflicht, in bezug auf den Verkauf von Sprechapparaten, die von den PTT-Betrieben nicht technisch genehmigt worden sind, durch Führung bestimmter Bücher einen Exportnachweis zu erbringen, und vor allem das damit verbundene Verbot des Verkaufs von nicht zur Ausfuhr bzw. von zum Anschluss an das schweizerische Netz bestimmten technisch nicht genehmigten Sprechapparaten können gemäss einer zutreffenden Bemerkung in der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil insbesondere auch nicht als blosse Anpassung an die rasch ändernden technischen oder wirtschaftlichen Verhältnisse begriffen werden, zu deren Vornahme der Verordnungsgeber schon durch eine relativ allgemein gehaltene Delegationsnorm betreffend Vollziehung des Gesetzes ermächtigt werden kann (siehe dazu BGE 109 Ib 292 E. 3d mit Hinweisen). Durch die fraglichen Verordnungsbestimmungen wird vielmehr der Handel Privater mit Sprechapparaten umfassend geregelt und erheblich eingeschränkt. Auch wenn gerade infolge umwälzender Änderungen der technischen Verhältnisse auf dem Gebiet des Fernmeldewesens der Handel mit Sprechapparaten für private Anbieter interessant geworden ist, stellt die Regelung des privaten Handels keine blosse Anpassung an die veränderten Verhältnisse dar, die möglichst rasch vorgenommen werden muss und aus diesem Grunde in einer allgemeinen Delegationsnorm dem Verordnungsgeber überlassen werden kann. Die Änderung der Verhältnisse infolge der technischen Entwicklungen wirft im Gegenteil grundsätzliche Fragen auf, die der Klärung in einem Gesetz im formellen Sinne bedürfen (vgl. auch die Botschaft des Bundesrates vom 7. Dezember 1987 zu einem Fernmeldegesetz, BBl 1988 I 1311ff., 1327 f., 1334 f.). d) Weder in Art. 1 TVG (betreffend Umfang des Telegrafen- und Telefonregals) noch in Art. 3 TVG (betreffend Konzessionen), noch in Art. 42 TVG (betreffend Verletzung des Telegrafen- oder Telefonregals und anderer Fiskalrechte) ist vom Handel mit Sprechapparaten die Rede. Die genannten Bestimmungen erwähnen BGE 117 IV 349 S. 356 lediglich das Erstellen und Betreiben von Einrichtungen und Anlagen. "Erstellen" bedeutet betriebsfertig machen, d.h. Anschliessen an Stromquelle, Antenne oder Erdleitung; "Betreiben" heisst gebrauchen, unabhängig davon, ob mit Erfolg gesendet oder empfangen wird (vgl. Art. 1 lit. e und f der Verordnung 1 zum Telegrafen- und Telefonverkehrsgesetz vom 17. August 1983, SR 784.101). Das Telefonregal, wie es in den genannten Bestimmungen des TVG umschrieben ist, umfasst mithin lediglich die Installation und den Betrieb von Teilnehmeranlagen, etwa Sprechapparaten; der Handel mit Sprechapparaten ist dagegen nicht regalisiert (BENNO BERNET, Die schweizerischen PTT-Betriebe und ihre wettbewerbsrechtliche Stellung als Anbieter, insbesondere im Bereich der Massenkommunikation, Diss. Zürich 1989, S. 103 mit Hinweisen; Botschaft des Bundesrates, BBl 1988 I 1328; ferner VEB 1933 Nr. 168). Allerdings haben die PTT-Betriebe in den vergangenen Jahrzehnten ihr rechtliches Installationsmonopol, wie es im TVG festgelegt ist, unter anderem aus anstaltspolizeilichen Gründen, zur Gewährleistung eines möglichst störungsfreien Telefonverkehrs, dazu benützt, ein faktisches Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten zu schaffen, indem sie keine anderen als die von ihnen bereitgestellten bzw. technisch genehmigten Apparate an das öffentliche Fernmeldenetz anschliessen liessen (BENNO BERNET, a.a.O., TUASON/ROMANENS, Das Recht der schweizerischen PTT-Betriebe, herausgegeben von der Generaldirektion PTT, 1980, S. 140). Zwar könnte der Gesetzgeber aufgrund von Art. 36 Abs. 1 BV wohl ein rechtliches Monopol auch in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten schaffen; entscheidend ist aber, dass im TVG, in welchem lediglich vom Erstellen und vom Betreiben von Anlagen und Einrichtungen, nicht auch vom Handel mit solchen die Rede ist, ein rechtliches Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten jedenfalls nicht ausdrücklich geschaffen worden ist. Wohl ist, wie das Bundesgericht in BGE 73 I 337 ff. unter Berufung auf die Voten des Bundespräsidenten Haab bei der Beratung von Art. 3 TVG (Sten.Bull. 1922 NR S. 225, SR S. 365) ausführte, den PTT-Betrieben "das Monopol für die Lieferung der beim Teilnehmer aufzustellenden Telefonapparate vorbehalten, weil nur so das einwandfreie Funktionieren des Telefonbetriebes gewährleistet werden kann" (S. 340); diese Erwägung sowie die Voten von Bundespräsident Haab betreffen aber nur die Lieferung "der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate", also mit andern Worten die Frage, BGE 117 IV 349 S. 357 welche Apparate installiert, d.h. an das Telefonnetz angeschlossen werden können, mithin das Installationsmonopol, und nicht das Problem des Handels mit Sprechapparaten als solchen. Den Materialien zum TVG von 1922, denen übrigens schon angesichts der inzwischen verstrichenen langen Zeit keine allzu grosse Bedeutung mehr zukommen könnte, kann entgegen den Andeutungen in BGE 73 I 340 nicht entnommen werden, dass der historische Gesetzgeber mit der Schaffung des TVG gestützt auf Art. 36 Abs. 1 BV neben dem Erstellen und dem Betreiben von Anlagen und Einrichtungen auch den Handel mit solchen habe regalisieren wollen (vgl. dazu eingehend und überzeugend KARIN SUTTER-SOMM, Zum Apparatemonopol der PTT-Betriebe, in ZBl 88/1987 S. 441 ff., 444 ff.). e) Die Vorinstanz sieht allerdings in Art. 20 Abs. 2 TVG eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Einschränkung des Handels mit Sprechapparaten durch die bundesrätliche Telefonordnung bzw. durch die vom EVED gestützt darauf erlassene Exportnachweisverordnung. Art. 20 Abs. 2 TVG richtet sich indessen, wie in der Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend eingewendet wird, ausdrücklich an den Teilnehmer. Dieser darf ohne Zustimmung der PTT-Betriebe keine andern Leitungen oder Apparate mit denen der PTT-Betriebe verbinden; dies dient der Vermeidung von Störungen des Telefonverkehrs (siehe BGE 73 I 341 ). Aus Art. 20 Abs. 2 TVG kann nicht ein Verbot des Handels beispielsweise mit nicht genehmigten Sprechapparaten abgeleitet werden (KARIN SUTTER-SOMM, op.cit., S. 444). Art. 20 Abs. 2 TVG bildet damit entgegen der von der Generaldirektion PTT in der Vernehmlassung zur Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Ansicht keine gesetzliche Grundlage für Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung bzw. für die gestützt darauf vom EVED erlassene Exportnachweisverordnung. Ein solches Verbot bzw. ein rechtliches Monopol des Bundes in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten ergibt sich auch nicht aus dem im angefochtenen Urteil am Rande erwähnten Art. 18 Abs. 1 TVG , wonach die PTT-Betriebe unter anderem "für die Lieferung und den Unterhalt der beim Teilnehmer aufzustellenden Apparate eine jährliche Abonnementstaxe" beziehen. Durch diese Bestimmung wird nicht einmal ein Installationsmonopol (vgl. KARIN SUTTER-SOMM, op.cit., S. 444 oben), geschweige denn ein Monopol in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten geschaffen. Es kann höchstens allenfalls gesagt werden, dass Art. 18 Abs. 1 TVG , entsprechend den BGE 117 IV 349 S. 358 im Jahre 1922 herrschenden tatsächlichen Verhältnissen, das Bestehen eines faktischen Monopols der PTT-Betriebe in bezug auf den Handel mit Sprechapparaten gewissermassen stillschweigend voraussetzt. f) Es ginge im übrigen auch nicht an, unter Berufung auf die "ratio legis", die unter anderem in der Verhinderung von Störungen des Telefonverkehrs durch nicht genehmigte Sprechapparate besteht, den Verkauf von nicht zum Export bestimmten bzw. von zum Anschluss an das schweizerische Netz bestimmten nicht genehmigten Apparaten als nach dem TVG verboten zu betrachten. Darin läge nicht mehr eine - extensive - Auslegung von gesetzlichen Bestimmungen (etwa von Art. 1, 18 Abs. 1, 20 Abs. 2 TVG), sondern eine Lückenfüllung "praeter legem"; die Schaffung neuen Rechts und damit der erforderlichen gesetzlichen Grundlage für die Verordnungsbestimmung, aufgrund welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, durch Lückenfüllung "praeter legem" ist im Strafrecht unzulässig. g) Es ergibt sich demnach zusammenfassend, dass der Handel mit Sprechapparaten im TVG nicht geregelt ist. Er ist nicht regalisiert, sondern nach dem TVG vielmehr frei. Die Einschränkung des Handels mit Sprechapparaten durch Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung und durch die vom EVED gestützt darauf erlassene Exportnachweisverordnung, gemäss welcher der Beschwerdeführer verurteilt worden ist, entbehrt der gesetzlichen Grundlage. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob die in Art. 4c der bundesrätlichen Telefonordnung enthaltene Subdelegation den bundesrechtlichen Anforderungen an eine solche genüge.
null
nan
de
1,991
CH_BGE
CH_BGE_006
CH
Federation
1baade7f-1301-4866-9e91-9508621845ae
Urteilskopf 98 Ib 314 46. Urteil vom 29. September 1972 i.S. X. gegen Rekurskommission des Kantons Bern.
Regeste Wehrsteuer: Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Aktiengesellschaft. - Zeitpunkt für die Zwischenveranlagung wegen Berufswechsels des Einzelunternehmers, der Verwaltungsratspräsident der neugegründeten Aktiengesellschaft wird. - Stellt der Verzicht auf Abschreibungen in dem zwischen dem letzten steuerlich massgebenden Rechnungsabschluss und der Liquidation liegenden Geschäftsjahr und die Verlagerung des Gewinns in die Bemessungslücke eine Steuerumgehung dar?
Sachverhalt ab Seite 315 BGE 98 Ib 314 S. 315 A.- Der Beschwerdeführer betrieb unter seinem Namen ein Bauunternehmen in N. Zusammen mit seinen zwei Söhnen gründete er in der Folge die X. Bau AG. Die Gründer übernahmen sämtliche Aktiven und Passiven des Einzelunter nehmens und liessen am 31. August 1965 die Gründung der Aktiengesellschaft rückwirkend auf den 1. Januar 1965 in das Handelsregister eintragen. Der Beschwerdeführer wurde Präsident des Verwaltungsrates der neugegründeten Aktien gesellschaft. In der Folge veranlagte die zuständige Steuerbehörde den Beschwerdeführer wie folgt: Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB: Steuerbare Kapitalgewinne und Wertvermehrungen: 1963: Fr. 243'149.--: 1964: Fr. 497'949.-- 1965: Fr. 151'105.-- = Fr. 892'203.-- abz. steuerfreier Betrag: Fr. 2'000.-- = Fr. 890'203.-- Jahressteuerpflichtiges Einkommen total: Fr. 890'200.-- Ordentliche Veranlagung 1965/66: Steuerbares Einkommen für die Zeit vom 1.1.1965-31.8.1965: Fr. 244'200.-- ab 1.9.1965 (Zwischenveranlagung): Fr. 106'800.-- BGE 98 Ib 314 S. 316 B.- Der Beschwerdeführer erhob gegen diese Veranlagung Einsprache, jedoch ohne Erfolg. Daraufhin rekurrierte er an die kantonale Rekurskommission. Seinen Anträgen, es sei die Zwischenveranlagung auf den 1. Januar 1965 vorzunehmen und es sei die Jahressteuer herabzusetzen, wurde mit Entscheid vom 2. Juli 1971 teilweise stattgegeben. Als massgeblicher Zeitpunkt für die Zwischenveranlagung wurde zwar der 1. September 1965 festgelegt, hingegen wurden die der Jahressteuer unterliegenden Kapitalgewinne und Wertvermehrungen auf Fr. 595'300.-- herabgesetzt; das ordentliche Einkommen für die ersten acht Monate der 13. Wehrsteuerperiode wurde auf Fr. 392'600.--, für den Rest der Veranlagungsperiode auf Fr. 106'800.-- veranlagt. C.- Gegen den Entscheid der kantonalen Rekurskommission richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheides, soweit er die ordentliche Einkommensveranlagung für die 13. Wehrsteuerperiode betrifft, und die Vornahme einer Zwischenveranlagung auf den 1. Januar 1965. D.- In ihrer Vernehmlassung vom 7. Dezember 1971 beantragt die kantonale Rekurskommission die Abweisung der Beschwerde. Die Eidg. Steuerverwaltung (EStV) beantragt ebenfalls die Abweisung der Beschwerde; darüber hinaus begehrt sie, dass das der Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB unterliegende Einkommen auf Fr. 770'200.--, das steuerbare ordentliche Einkommen für die Wehrsteuer der 13. Periode auf Fr. 305'100.-- bzw. Fr. 106'800.-- festzusetzen sei. In der Folge wurde dem Beschwerdeführer Gelegenheit zur Replik auf die von der EStV beantragte reformatio in peius eingeräumt. In der Replik beantragt der Beschwerdeführer die Abweisung des Begehrens der EStV. Erwägungen Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 1. Nach Art. 104 OG kann der Beschwerdeführer mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde einerseits Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens (lit. a), anderseits unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes (lit. b) rügen; ferner kann er gewisse Verfügungen wegen Unangemessenheit anfechten (lit. c). BGE 98 Ib 314 S. 317 Der angefochtene Entscheid kann nicht gemäss Art. 104 lit. c OG wegen Unangemessenheit angefochten werden. In Frage kommen nur die Beschwerdegründe von Art. 104 lit. a und b OG . Ausserdem ist das Bundesgericht im vorliegenden Fall an die Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz gebunden, sofern der Sachverhalt weder offensichtlich unrichtig oder unvollständig noch unter Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen festgestellt worden ist ( Art. 105 Abs. 2 OG ). In Abgabestreitigkeiten kann das Bundesgericht zugunsten oder zuungunsten der Parteien über deren Begehren hinausgehen, sofern der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt oder auf einer unrichtigen oder unvollständigen Feststellung des Sachverhaltes beruht ( Art. 114 Abs. 1 OG ). 2. a) Die Wehrsteuer vom Einkommen wird im allgemeinen nach den Einkünften bemessen, die der Steuerpflichtige in der Berechnungsperiode, d.h. in den beiden Jahren, die der Veranlagungsperiode vorausgegangen sind, erzielt hat; massgebend ist der Jahresdurchschnitt des Einkommens in der Berechnungsperiode (Art. 41 Abs. 1 und 2 WStB). Von dieser Berechnungsweise, welche die Regel bildet, nimmt das Gesetz bestimmte Tatbestände aus. So ist im Falle, da die Voraussetzungen der subjektiven Steuerpflicht (Art. 3 WStB) erst in der Veranlagungsperiode eintreten oder nicht während der ganzen Berechnungsperiode bestanden haben, der Steuer das nach Eintritt der Voraussetzungen erzielte, auf ein Jahr berechnete Einkommen zugrunde zu legen (Art. 41 Abs. 4 WStB). Ferner ist dann, wenn sich das Einkommen im Laufe der Berechnungs- oder Veranlagungsperiode aus bestimmten Gründen, u.a. wegen Berufswechsels, dauernd verändert hat, für die Bemessung der von der Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile Art. 41 Abs. 4 WStB sinngemäss anzuwenden. Ist die Veränderung erst während der Veranlagungsperiode eingetreten, so ist ihr durch eine Zwischenveranlagung für den Rest der Periode Rechnung zu tragen (Art. 42 und 96 WStB). Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer mit der Überführung seines Einzelunternehmens in eine Aktiengesellschaft einen Berufswechsel im Sinne von Art. 96 WStB vollzogen und damit Grund für eine Zwischenveranlagung gesetzt hat. Streitig ist, in welchem Zeitpunkt der Berufswechsel stattfand. BGE 98 Ib 314 S. 318 b) Gemäss Art. 643 Abs. 1 OR erlangt die Aktiengesellschaft das Recht der Persönlichkeit erst durch die Eintragung in das Handelsregister. Die Steuerpflicht beginnt bei der juristischen Person grundsätzlich mit deren zivilrechtlichen Entstehung (vgl. Urteil vom 29. Februar 1940 i.S. B., in ASA 9, 42, und vom 4. Juni 1941 i.S. E.B., in ASA 10, 83). Neugegründete Handelsgesellschaften und Genossenschaften werden demgemäss mit dem Tag, an dem die Eintragung in das Handelsregister erfolgt, subjektiv steuerpflichtig. Dies gilt grundsätzlich auch für eine im Verlaufe der Veranlagungsperiode gegründete Kapitalgesellschaft, die - wie hier - aus einem Einzelunternehmen durch Übernahme der Aktiven und Passiven hervorgegangen ist und zwar auch dann, wenn die Umwandlung bzw. Gründung rückwirkend erfolgt und der Beginn des ersten Geschäftsjahres auf ein früheres Datum zurückverlegt wird (vgl. KÄNZIG, Wehrsteuer, N. 5 zu Art. 8; MASSHARD, Wehrsteuer, N. 2 zu Art. 8). Der Beschwerdeführer kann solange nicht als Angestellter der Aktiengesellschaft und somit als unselbständig Erwerbender behandelt werden, als die Aktiengesellschaft zivilrechtlich und steuerrechtlich nicht besteht. Hat als rechtlich relevantes Datum für die Entstehung der X. Bau AG der Handelsregistereintrag vom 31. August 1965 zu gelten, kann der Beschwerdeführer auch erst ab diesem Zeitpunkt für ein Gehaltseinkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit besteuert werden. Der Zeitpunkt der Zwischenveranlagung wegen Berufswechsels ist von der kantonalen Rekurskommission zu Recht auf den 1. September 1965 festgesetzt worden. Ab diesem Zeitpunkt wird einerseits die Gesellschaft aufgrund ihres Geschäftsertrages, anderseits der Beschwerdeführer für sein Einkommen aus unselbständigem Erwerb (Verwaltungsratspräsidium) besteuert. Die Feststellung der kantonalen Rekurskommission, dass der Beschwerdeführer auf den 31. August 1965 seine (selbständige) Erwerbstätigkeit aufgegeben habe, erscheint demnach als richtig. Eine Zwischenveranlagung auf den Beginn der Veranlagungsperiode käme ohnehin nicht in Frage ( BGE 81 I 295 ; Urteil vom 31. Mai 1968 i.S. KWK Schaffhausen, Erw. 1). Das Begehren des Beschwerdeführers, die Zwischenveranlagung sei auf den 1. Januar 1965 vorzunehmen, ist somit abzuweisen. 3. Es bleibt zu prüfen, ob der angefochtene Entscheid entsprechend dem Antrag der EStV zuungunsten des Steuerpflichtigen abzuändern ist. Das Begehren der EStV betrifft BGE 98 Ib 314 S. 319 zwar nicht die Gegenstand der Anfechtung durch den Beschwerdeführer bildende Zwischenveranlagung, sondern die Veranlagung zur Jahressteuer gemäss Art. 43 WStB. Die Veranlagung zur Jahressteuer steht aber mit der Zwischenveranlagung in derart nahem Zusammenhang, dass auf den Antrag der EStV nach Art. 114 Abs. 1 OG einzutreten ist (vgl. BGE 97 I 276 und 434). a) Wie die EStV in der Begründung ihres Begehrens um Abänderung der angefochtenen Verfügung zutreffend geltend macht, wird bei der Vornahme einer Zwischenveranlagung der normale Bemessungs- und Veranlagungszyklus in künstlicher Weise unterbrochen. Auf den Zeitpunkt der Zwischenveranlagung wird für die von der Veränderung betroffenen Einkommensbestandteile von der Vorjahrs- zur Gegenwartsbemessung des Einkommens übergegangen (Art. 96 in Verbindung mit Art. 41 Abs. 4 WStB). Statt auf das ordentlicherweise für die Steuerberechnung massgebliche, in der 2-jährigen Berechnungsperiode erzielte Einkommen (Art. 41 Abs. 1 bis 3 WStB) wird auf die seit Eintritt der Voraussetzungen für die Zwischenveranlagung erzielten, auf ein Jahr berechneten Einkünfte abgestellt (Art. 41 Abs. 4 WStB). Diese Umstellung hat zur Folge, dass die Einkünfte jener Jahre, die nicht mehr oder nur noch teilweise in Betracht fallen, überhaupt nie oder nur für den Teil der Veranlagungsperiode besteuert werden, der bis zum Zeitpunkt der Zwischenveranlagung verflossen ist. Damit entsteht die sog. Bemessungslücke. Der Steuerpflichtige wird nun insbesondere, wenn er - wie hier - durch Überführung seines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft den Zeitpunkt und die Modalitäten des Zwischenveranlagungsgrundes (hier Berufswechsel) selbst bestimmen kann, die für ihn steuerlich günstigste Lösung auswählen; namentlich wird er versuchen, durch entsprechende Vorkehren möglichst hohe Gewinne in die Bemessungslücke zu verlagern. Er spart damit Steuern. Halten sich solche Massnahmen im Rahmen der normalen Betriebs- und Geschäftsführung, stellen sie eine legale Steuerersparnis dar; aussergewöhnliche Massnahmen sind hingegen daraufhin zu überprüfen, ob sie als Steuerumgehung zu qualifizieren sind. b) Der Beschwerdeführer hat sein Einzelunternehmen in die am 31. August 1965 gegründete Aktiengesellschaft eingebracht. Auf diesen Zeitpunkt ist eine Zwischenveranlagung vorzunehmen. BGE 98 Ib 314 S. 320 Das hat zur Folge, dass auf dem vom Einzelunternehmen in den Jahren 1963/64 erzielten Geschäftseinkommen nur ein Drittel der normalerweise geschuldeten Wehrsteuer (pro rata temporis für 8 Monate statt für volle 2 Jahre) zu entrichten ist. Die Jahre 1963/64 bilden somit in concreto die Bemessungslücke. Geschäftsjahr Buchwert der Anlagen zu Beginn des Geschäftsjahres Abschreibungen Geschäftsertrag gemäss Gewinn- und Verlustrechnung Fr. in Fr. in % Fr. 1955 50'420.– 35'497.– 70.4 24'244.– 1956 67'660.– 29'244.– 43,2 21'859.– 1957 63'760.– 25'374.– 39,7 57'875.– 1958 72'290.– 29'578.– 40,3 56'339.– 1959 335'270.– 114'798.– 34,2 92'895.– 1960 279'680.– 135'943.– 48,6 125'026.– 1961 521'486.– 209'007.– 40,0 85'170.– 1962 452'432.– 202'288.– 44,7 114'112.– 1963 374'000.– 242'829.– 64,9 283'846.– 1964 543'424.– — — 855'684.– Die Vorinstanz hat zur Frage der unterlassenen Abschreibungen in ihrem Entscheid selbst nicht ausdrücklich Stellung genommen. Sie hat bezüglich der Berechnung des der Jahressteuer unterliegenden Einkommens auf den Bericht ihres Experten abgestellt. BGE 98 Ib 314 S. 321 Die EStV geht nun davon aus, dass, wenn der Beschwerdeführer im Geschäftsjahr 1964 seine Betriebsrechnung mit den prozentual gleich hohen Abschreibungen belastet hätte, um die er seine Anlagen in den Vorjahren jeweils regelmässig herabgesetzt hat, das Geschäftsergebnis dieses Jahres um Fr. 224'894.-- niedriger ausgefallen wäre. Dieses Vorgehen steht - so die Auffassung der EStV - nicht nur mit der persönlichen, bis 1964 vom Beschwerdeführer konsequent eingehaltenen Geschäftspolitik in krassem Gegensatz, sondern widerspricht allgemeinen Buchführungs- und Bilanzierungsgrundsätzen. Das völlige Unterlassen der Abschreibungen, einzig mit dem Zweck Steuern zu ersparen, müsse als Steuerumgehungsmanöver qualifiziert werden. Solch offensichtlichem Missbrauch könne aufgrund von Art. 43 WStB entgegengetreten werden. Der Beschwerdeführer habe dank früher vorgenommener, übersetzter Abschreibungen Reserven gebildet, die es ihm gestatteten, die im Jahre 1964 eingetretenen Wertverminderungen aufzufangen. Durch das Unterlassen der Abschreibung seien die bestehenden Reserven teilweise aufgelöst worden, was im überhöhten Geschäftsergebnis des Jahres 1964 zum Ausdruck gekommen sei. In diesem Geschäftsergebnis sei mithin ein Gewinnbestandteil enthalten, der aus diesen realisierten Mehrwerten stamme. Diese Mehrwerte seien nach Art. 43 WStB mit einer Jahressteuer zu belegen. c) Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Richtig ist, dass die Jahressteuer auf Kapitalgewinnen und Wertvermehrungen nach Art. 43 WStB die Sicherstellung der uneingeschränkten Besteuerung aller vor dem Eintritt des Zwischenveranlagungsgrundes realisierten Mehrwerte bezweckt. Es soll über die in den letzten Jahren der Betriebsführung aufgelösten, bisher nicht als Gewinne versteuerten Reserven abgerechnet werden. Gegenstand der Jahressteuer nach Art. 43 WStB sind daher alle in der Berechnungsperiode oder in der Veranlagungsperiode im Betrieb eines zur Führung kaufmännischer Bücher verpflichteten Unternehmens durch Veräusserung oder Verwertung von Vermögensgegenständen erzielten Kapitalgewinne (Art. 21 Abs. 1 lit. d WStB) sowie die auf solchen Sachen und Rechten eingetretenen und verbuchten Wertvermehrungen (Art. 21 Abs. 1 lit. f; vgl. auch KÄNZIG, Wehrsteuer, N. 5 zu Art. 43 und derselbe, Ergänzungsband, N. 5 zu Art. 43). So entsteht beispielsweise bei der Umwandlung einer Personengesellschaft BGE 98 Ib 314 S. 322 in eine Aktiengesellschaft, wo die gesamten Aktiven und Passiven zu den bisherigen Buchwerten auf die neu gegründete Gesellschaft übertragen werden, kein Gewinn, der der Sondersteuer nach Art. 43 WStB zu unterwerfen wäre. Dagegen unterliegt der besondern Jahressteuer der Gewinn, den die Personengesellschaft vor der Umwandlung in der Berechnungs- und in der Veranlagungsperiode durch Auflösung von stillen Reserven erzielt hat ( BGE 93 I 187 Erw. 2). Zweck und Notwendigkeit einer solchen Sonderbesteuerung ergeben sich aus dem zeitlichen Auseinanderklaffen von Berechnungsperiode und Veranlagungsperiode bei der ordentlichen Besteuerung. Damit soll verhindert werden, dass während der Betriebsführung zu Lasten des steuerbaren Reinertrages geschaffene Reserven bei ihrer Realisierung der Besteuerung entgehen (MASSHARD, Wehrsteuer, N. 2 zu Art. 43 mit Hinweisen). Die Frage, die sich im vorliegenden Fall stellt, ist daher vorerst, ob - wie die EStV behauptet - der Beschwerdeführer dadurch Reserven aufgelöst bzw. Mehrwerte realisiert hat, dass er in dem der Umwandlung vorausgehenden Geschäftsjahr keine Abschreibungen vornahm. Es ist durchaus einleuchtend, dass, wenn auf Gegenständen des Geschäftsvermögens durch Abnützung oder zufolge anderer Ursachen ein Minderwert eingetreten ist, dieser Substanzverlust bzw. Minderwert in denGeschäftsbüchern durch Abschreibungen ausgeglichen werden muss. Nicht so vorzugehen bedeutet in der Regel, dass ein den Geschäftstatsachen nicht entsprechender Gewinn ausgewiesen, mithin die wirtschaftliche Lage des Unternehmens in Verletzung des Prinzips der Bilanzwahrheit zu günstig dargestellt wird. Davon kann aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Der Beschwerdeführer hat zwar im Jahre 1964 keine Abschreibungen vorgenommen; er hat aber damit nicht in Verletzung des Grundsatzes der Bilanzwahrheit die wirtschaftliche Lage seines Einzelunternehmens zu günstig dargestellt. Aufgrund der in früheren Jahren vorgenommenen grossen - doch von den Steuerbehörden anerkannten - Abschreibungen hat er durch den Verzicht auf Abschreibungen im Geschäftsjahr 1964 auf Ende dieses Geschäftsjahres jene Buchwerte erreicht, die den effektiven Unternehmungswerten entsprachen. Es liegen weder ein Kapitalgewinn noch eingetretene und verbuchte Wertvermehrungen im Sinne von BGE 98 Ib 314 S. 323 Art. 43 in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 lit. d bzw. f WStB vor. d) Nachdem der Beschwerdeführer mit seinem Vorgehen Steuern gespart hat, stellt sich jedoch die Frage, ob sein Verhalten als Steuerumgehung zu qualifizieren ist. Hierzu ist vorab festzuhalten, dass es grundsätzlich jedermann freisteht, sich wirtschaftlich so zu betätigen, dass möglichst wenig Steuern geschuldet werden, d.h. zwischen mehreren Möglichkeiten rechtlicher Gestaltung jene zu wählen, welche die geringste Steuerbelastung zur Folge hat. Wird jedoch um der Steuerersparnis willen ein ungewöhnliches Vorgehen, eine dem wirtschaftlichen Tatbestand nicht entsprechende zivilrechtliche Konstruktion gewählt, so wird dies steuerrechtlich als Rechtsmissbrauch betrachtet und entsprechend gewürdigt (vgl. dazu GEERING, Von Treu und Glauben im Steuerrecht, in Festschrift E. Blumenstein, Zürich 1946, S. 138; sowie Urteil in ASA 19, 91). Nach der Rechtsprechung (der verwaltungsrechtlichen Kammer) des Bundesgerichts liegt eine Steuerumgehung vor, wenn die von den Beteiligten gewählte Rechtsgestaltung als ungewöhnlich ("insolite"), sachwidrig oder absonderlich, jedenfalls der wirtschaftlichen Gegebenheit völlig unangemessen erscheint, anzunehmen ist, dass diese Wahl missbräuchlich, lediglich deshalb getroffen worden ist, um Steuern einzusparen, welche bei sachgemässer Ordnung der Verhältnisse geschuldet wären und das gewählte Vorgehen tatsächlich zu einer erheblichen Steuerersparnis führen würde, sofern es von der Steuerbehörde hingenommen würde. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so wird der Besteuerung auch dann, wenn die gewählte Rechtsform unter dem Gesichtspunkt des Zivilrechts als gültig und wirksam erscheint, nicht diese Gestaltung zugrunde gelegt, sondern die Ordnung, welche der sachgemässe Ausdruck des von den Beteiligten erstrebten wirtschaftlichen Zwecks gewesen wäre ( BGE 73 I 75 ; BGE 80 I 34 ; BGE 93 I 725 ; Urteil vom 20. Juni 1969 i.S. EStV und vom 29. März 1972 i.S. K.). Dies ist hier nicht der Fall. Die vom Beschwerdeführer gewählte Rechtsgestaltung ist - worauf bereits hingewiesen worden ist - weder sachwidrig noch erscheint sie den wirtschaftlichen Gegebenheiten völlig unangemessen. Im Gegenteil, wenn der Beschwerdeführer im Geschäftsjahr 1964 nicht gemäss seiner in den vorhergehenden Jahren gewohnten Praxis BGE 98 Ib 314 S. 324 abgeschrieben hat, hat er wohl Steuern erspart, zugleich aber - und dies ist entscheidend - damit den wirtschaftlich reellen Wert seines Unternehmens für den Zeitpunkt der Geschäftsübergabe erreicht. Die Unterlassung der Abschreibung wirkt sich somit zwar einseitig zu seinen Gunsten aus; das Vorgehen kann jedoch steuerrechtlich nicht als Rechtsmissbrauch qualifiziert werden. Hätte der Beschwerdeführer im Geschäftsjahr 1964 wie nach der in den vorhergehenden Jahren geübten Praxis abgeschrieben, hätte er damit stille Reserven geschaffen. Der Liquidationserlös hätte alsdann die Buchwerte überstiegen. Ein solches Vorgehen erscheint unternehmungswirtschaftlich keineswegs angezeigt. Treu und Glauben im Steuerrecht verlangen vom Unternehmer, der sein Geschäft aufgibt, bzw. dieses in eine andere Rechtsform umwandelt, nun aber keineswegs, dass er stille Reserven schafft, damit sie als Liquidationsgewinn steuerlich erfasst werden können (vgl. ZBl 71/1970, S. 315). So vorzugehen kann selbst dann nicht verlangt werden, wenn zahlreiche Jahre vor der Liquidation übersetzte Abschreibungen vorgenommen wurden. (Dabei ist im vorliegenden Fall keineswegs nachgewiesen und nicht wahrscheinlich, dass der Beschwerdeführer in den der Liquidation vorgehenden Geschäftsjahren einzig mit dem Ziel stark abgeschrieben hat, bei der Geschäftsübergabe nicht abschreiben zu müssen und einen massiven Gewinn in die Bemessungslücke verlagern zu können.) Verhindert werden soll die steuerfreie Auflösung von früher zulasten des steuerbaren Gewinnes gebildeten stillen Reserven durch Aufwertungen. e) Wenn die kantonale Rekurskommission somit die unterlassenen Abschreibungen nicht zum Anlass einer Sonderbesteuerung genommen hat, hat sie damit weder Bundesrecht verletzt noch den Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder unvollständig festgestellt. Zu einer Abänderung des angefochtenen Entscheids zuungunsten des Beschwerdeführers besteht mithin kein Anlass. Dispositiv Demnach erkennt das Bundesgericht: 1.- Die Beschwerde wird abgewiesen. 2.- Das weitergehende Begehren der Eidg. Steuerverwaltung wird abgewiesen.
public_law
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Federation
1bac9c11-ed0b-4c68-9be0-d2ceac15f89c
Urteilskopf 121 II 93 15. Extrait de l'arrêt de la Ire Cour de droit public du 8 février 1995 dans la cause Office fédéral de la police contre X., banque Y. et Chambre d'accusation du canton de Genève (recours de droit administratif)
Regeste Rechtshilfe; Rechtskraft einer Abschlussverfügung. Ein Rechtshilfeentscheid, der nicht von einer richterlichen Behörde ergangen ist, kann, wie alle Verwaltungsverfügungen, geändert werden, wenn er sich als rechtswidrig erweist und kein schutzwürdiges Interesse entgegensteht.
Sachverhalt ab Seite 94 BGE 121 II 93 S. 94 Dans le cadre d'une procédure d'entraide judiciaire ouverte à la requête des autorités allemandes, le juge d'instruction du canton de Genève, chargé de l'exécution, a rendu, le 14 février 1994, deux ordonnances de clôture: - la première, notifiée à la banque Y. et à l'OFP, aux fins de transmettre aux autorités allemandes un procès-verbal d'audition, du 17 octobre 1993, ainsi qu'une lettre de la banque Y. du 2 novembre 1993 et ses annexes; - la seconde, notifiée au conseil de K., inculpée en Allemagne, au conseil d'un sieur X. et à l'OFP, aux fins de transmettre aux autorités allemandes un procès-verbal d'audition de X., du 18 janvier 1994. Par lettre du 15 juillet 1994, le Procureur général du canton de Genève invita le juge d'instruction à transmettre à l'OFP, comme le désirait l'autorité requérante, des documents bancaires non caviardés. Par décision du 25 juillet 1994, le juge d'instruction rendit une nouvelle ordonnance de clôture prévoyant dans son dispositif: "Décide de transmettre aux autorités allemandes les documents remis par la banque Y. sans caviarder les documents faisant allusion à des virements en faveur de tiers ou les documents d'ouverture de compte de tiers à la banque." Sur recours de la banque Y., la Chambre d'accusation du canton de Genève, par ordonnance du 28 octobre 1994, a annulé l'ordonnance de clôture du 25 juillet 1994 et constaté que la procédure d'entraide avait pris fin en vertu de l'ordonnance de clôture du 14 février 1994. Sur recours de X., la Chambre d'accusation, par ordonnance du même jour, statua de la même façon. Contre chacune de ces ordonnances, l'OFP interjette un recours de droit administratif, par lequel il demande le rétablissement de l'ordonnance de clôture du 25 juillet 1994, ainsi que l'autorisation de transmettre à l'autorité requérante, en vertu de l' art. 83 EIMP (RS 351.1), les documents bancaires non caviardés de la banque Y. Le Tribunal fédéral a admis les recours. Erwägungen Extrait des considérants: 3. a) L'autorité recourante ne fait point valoir que la violation (prétendue) de l' art. 83 al. 1 EIMP aurait entraîné la nullité des décisions de clôture du 14 février 1994 et que cette disposition autoriserait l'OFP à faire rouvrir une procédure close en dehors d'une BGE 121 II 93 S. 95 procédure de recours contre la décision de clôture. En effet, son seul argument repose sur une fausse application du principe de la chose jugée. Il y a donc lieu d'examiner exclusivement cette question. b) La cour cantonale et les intimés argumentent comme si la décision de clôture de la procédure d'entraide judiciaire était à assimiler à un jugement civil ou pénal, jouissant de l'autorité formelle et matérielle de la chose jugée, méconnaissant ainsi la différence de nature entre l'institution du jugement et celle de la décision administrative. Les décisions relatives à l'entraide judiciaire, à l'instar des décisions de procédure, ressortissent au droit administratif ( ATF 118 Ib 440 consid. 4a et les arrêts cités); elles se distinguent des jugements civils ou pénaux en ce sens que la procédure d'entraide judiciaire ne tend pas à fixer définitivement la situation juridique de sujets de droit privé, entre eux ou à l'égard de la collectivité, mais à déterminer dans quelle mesure l'Etat requis doit prêter sa collaboration en vue d'une procédure étrangère, en fonction de l'intérêt public lié au bon fonctionnement de la collaboration internationale dans ce domaine (GRISEL, Traité de droit administratif, Neuchâtel 1984 p. 948, MOOR, Droit administratif, Berne 1991, vol. II p. 214 ss). Par nature, de telles décisions ne jouissent pas de l'autorité matérielle de la chose jugée (KÖLZ/HÄNER, Verwaltungsverfahren und Verwaltungsrechtspflege des Bundes, Zurich 1993 p. 104, GYGI, Zur Rechtsbeständigkeit von Verwaltungsverfügungen, ZBl 1982 p. 149 ss). Elles peuvent être modifiées à l'égal des autres décisions administratives et aux mêmes conditions. Or la jurisprudence reconnaît que des décisions administratives peuvent être revues, en particulier lorsqu'elles apparaissent contraires au droit et que leur modification ne se heurte pas à des intérêts supérieurs dignes de protection, du moins lorsque ces décisions n'ont point fait l'objet d'un contrôle devant une autorité judiciaire, et sous réserve des droits acquis des particuliers (cf. par ex. ATF 120 Ib 46 consid. 2b, ATF 117 V 12 et les arrêts cités, ATF 116 Ia 440 consid. 5). En l'occurrence, les décisions de clôture du 14 janvier 1994 n'ont pas été attaquées devant l'autorité cantonale de recours ( art. 23 EIMP ), qui dans le canton de Genève présente un caractère judiciaire; en revanche l'activité exercée par le magistrat instructeur - même si celui-ci a un statut indépendant de l'administration - est essentiellement de nature administrative. Ses décisions peuvent donc être soumises à un réexamen. Les conditions auxquelles est subordonné le réexamen d'une décision étaient BGE 121 II 93 S. 96 remplies. La décision initiale apparaissait, en effet, insuffisante, en ce qu'elle ne se prononçait pas formellement sur ce qui faisait l'objet essentiel de la troisième demande complémentaire; il y avait au demeurant un intérêt majeur à ce que la question fût enfin évoquée et élucidée après une procédure dont la durée totale avait duré beaucoup trop longtemps spécialement eu égard à la nature de l'affaire pénale en cause. Aucun intérêt prépondérant ne s'opposait non plus à ce réexamen, la décision de clôture ne créant aucun droit subjectif en faveur des parties. Il en résulte que l'ordonnance attaquée est viciée, parce que la cour cantonale s'est fondée sur une conception erronée de la chose jugée, eu égard à la nature de la procédure en cours. Cela étant, il n'est point besoin d'examiner plus avant si les décisions du 14 février 1994 pourraient être considérées comme partielles ou incomplètes, ce qui permettrait de les compléter par de nouvelles décisions, sans les modifier.
public_law
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fr
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CH_BGE
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